Sie sind auf Seite 1von 654

Ralf T.

Kreutzer

Praxisorientiertes
Marketing
Grundlagen – Instrumente – Fallbeispiele
6. Auflage
Inklusive
SN Flashcards
Lern-App
Praxisorientiertes Marketing
Ralf T. Kreutzer

Praxisorientiertes Marketing
Grundlagen – Instrumente – Fallbeispiele

6. Auflage
Ralf T. Kreutzer
Hochschule für Wirtschaft und Recht
Berlin, Deutschland

ISBN 978-3-658-35306-3    ISBN 978-3-658-35307-0 


(eBook)
https://doi.org/10.1007/978-3-658-35307-0

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte
bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Springer Gabler
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2006, 2008, 2010, 2013, 2017, 2022
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich
vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere
für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verar-
beitung in elektronischen Systemen.
Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem
Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung
unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen
Zeicheninhabers sind zu beachten.
Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem
Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder
die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder
Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröf-
fentlichten Karten und Institutionsadressen neutral.

Planung/Lektorat: Angela Meffert


Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist
ein Teil von Springer Nature.
Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany
„Wer fertig ist, dem ist nichts recht zu machen,
ein Werdender wird immer dankbar sein.“
Johann Wolfgang von Goethe
Vorwort zur 6. Auflage

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,


die Anforderungen an die Unternehmensführungen ändern sich immer schneller. Dies
gilt auch für das Marketing. Allerdings sind die Basics des Marketings wichtiger denn je,
um im zunehmend globalen und digitalen Wettbewerb bestehen zu können. Unternehmen,
die diese Grundlagen nicht beherrschen, Trends nicht erkennen und keine konsequente
Kundenorientierung anstreben, werden vom Markt und damit von den Kunden konsequent
abgestraft.
Jahr für Jahr, Monat für Monat schließen Unternehmen, die die Gunst ihrer Kunden
verloren haben. Dagegen schützen weder Größe noch eine beeindruckende Unterneh-
menshistorie. Dagegen schützt nur eine nachhaltige Unternehmensführung, die Marke-
ting konsequent für das Schaffen von Wert für die Kunden wie auch das Schaffen von
Wert für das Unternehmen einsetzt.
Die heutige Herausforderung besteht darin, Marketing als Werttreiber für Kunden
und Unternehmen gleichermaßen zu verstehen und umzusetzen.
Damit dies gelingen kann, muss die in vielen Unternehmensbereichen nach wie vor
beobachtbare Silo-Mentalität abgebaut werden. Im Marketing selbst sind die vielfach
noch zu beobachtenden Gräben zwischen Online- und Offline-Welt zu überwinden. Un-
ternehmen müssen heute zwingend „noline“ denken und handeln, wenn sie den Erwartun-
gen der Kunden gerecht werden wollen.
Auch die Spannungen zwischen Marketing und Vertrieb wirken aus der Zeit gefal-
len. Viel zu häufig blockieren sich die hier verantwortlichen Personen noch gegenseitig,
statt wertschöpfend für Kunden und Unternehmen gleichermaßen zu wirken.
Marketing-Verantwortliche sind als Netzwerker gefordert, als Brückenbauer zwi-
schen den Kunden und allen anderen Unternehmensbereichen. Hier können sich die Mar-
keters als Kreativpartner, als Initiator, als Supporter, als Marktforscher etc. profilieren –
zum Wohle des gesamten Unternehmens.
Unternehmen, die keine konsequente Kundenorientierung betreiben, werden lang-
fristig nicht überleben. Deshalb ist das Wissen um den Kern des Marketings, um seine
Ziele, Strategien und Maßnahmen für alle Leistungsträger von Bedeutung – auch über den
Marketing-Bereich hinaus.

VII
VIII Vorwort zur 6. Auflage

Dieses wichtige Wissen zu vermitteln, ist die Zielsetzung dieses Werkes, das inzwi-
schen in der 6. Auflage vorliegt. Neu hinzugekommen sind in dieser Auflage Kapitel zu
den Themen Customer Journey Map, spezielle Marktforschungs-Konzepte und Sonder-
formen der statischen Preis- und Konditionengestaltung. Außerdem wurden „Merk-­
Boxen“ und „Denkanstöße“ integriert. Seit dieser Auflage kann der Leser des Print-Buchs
mit der Springer Nature Flashcards-App sein Wissen prüfen.
Ich danke allen meinen Lesern und Leserinnen, die mich mit ihren positiven Rückmel-
dungen und ihren Ideen zum Start dieser Neuauflage motiviert haben. Ich danke meinem
bewährten Lektoren-Team Barbara Roscher und Angela Meffert vom Springer Gabler
Verlag, die mich auch dieses Mal wieder mit Akribie, vor allem aber mit Herz und Geist
unterstützt haben.
Mit den besten Wünschen

Königswinter/Berlin, Deutschland Ralf T. Kreutzer


Vorwort zur 1. Auflage

Am Anfang der Entwicklung dieses Lehrbuchs stand eine Idee: ein Buch nicht nur für,
sondern auch mit den Lernenden, d. h. der im Fokus stehenden Zielgruppe zu verfassen.
Ausgehend von einem intensiven Gespräch mit Rolf-Günther Hobbeling, Marketingleiter
des Gabler Verlages, Wiesbaden, und vertieft durch gute Gespräche mit der mich betreu-
enden Lektorin, Barbara Roscher, wurde diese Idee innerhalb eines Jahres immer weiter
verfeinert und konkretisiert.
Deshalb wurden, nachdem der Titel „Praxisorientiertes Marketing“ den Fokus dieses
Lehrbuchs gesetzt hatte, Studierende an der Fachhochschule für Wirtschaft, Berlin (seit
01.04.2009: Hochschule für Wirtschaft und Recht, Berlin), zu ihren Erwartungshaltungen
bzgl. eines Marketing-Lehrbuchs befragt. Denn dieses Werk soll nicht nur die relevante
Marketing-Substanz transportieren, sondern idealerweise beim Studium auch Spaß berei-
ten – sicherlich ein ehrgeiziger Anspruch an ein Lehrbuch.
Orientiert an mehr als 300 Fragebögen, die mit wertvollen Anregungen für Konzeption
und Ausgestaltung bestückt von den Studenten zurück kamen, wurde das Buch entwickelt.
Dies war allerdings nur der erste Teil, die Zielgruppe in den Entstehungsprozess einzubin-
den. Zusätzlich wurden alle Teile des Buches von Katharina Burgdorff, Stefanie Jägerling
und Steffen Grunwald, Studenten der Fachhochschule für Wirtschaft, Berlin, hinsichtlich
Verständnis, Motivationskraft und Lesespaß überprüft. Außerdem haben sie intensiv an
der Recherche von überzeugenden Praxisbeispielen mitgewirkt. Ihnen möchte ich an die-
ser Stelle meinen besonderen Dank aussprechen, weil ich durch sie viele wichtige Anre-
gungen erhalten habe. Schließlich wurden in meinen Vorlesungen viele der integrierten
Fallbeispiele und Fragestellungen diskutiert, um deren Aussagekraft und Transferleistung
kritisch zu hinterfragen. Mein Dank gilt deshalb meinen Studenten, die durch die kritische
Diskussion der vielfältigen Aspekte des Marketings immer wieder neue Anregungen zur
Weiterentwicklung und Präsentation des Stoffs gegeben haben.
Basierend auf dem vielfältigen Austausch mit den Studenten wurden jedem Kapitel
nicht nur Lernziele vorangestellt, sondern auch Kontrollfragen erarbeitet. Auf diese Weise
erhalten Sie die Möglichkeit, den erlernten Stoff zu rekapitulieren. Auf Musterlösungen
habe ich bewusst verzichtet, weil Sie den Austausch über die „optimale“ Lösung mit an-
deren Studenten suchen sollten. Ein Stoff wie Marketing, zu dem jeder aufgrund seines

IX
X Vorwort zur 1. Auflage

individuellen Erfahrungsschatzes viel beitragen kann, erschließt sich nicht durch stures
Auswendiglernen – und auch nicht, wenn – wie geschehen – der Stoff zum regelmäßigen
Wiederholen auf MP3 gesprochen wird. Um Marketing verstehen, verinnerlichen und an-
wenden zu können, bedarf es des Dialogs. Dazu sollen die Wiederholungsfragen Anre-
gung liefern.
Eine besondere Dankbarkeit empfinde ich gegenüber meinen akademischen Lehrern
Prof. Dr. Hans Raffée und Prof. Dr. Erwin Dichtl, Universität Mannheim, die meine Be-
geisterung für das Marketing geweckt haben, die noch heute anhält …
Ein herzliches Dankeschön gilt auch meiner Frau Sabine, die über viele Monate dafür
Verständnis zeigte, dass ich auch unzählige Abend-, Nacht- und Wochenendschichten für
dieses Werk eingelegt habe.
Es stellt sich bei einem Lehrbuch wie diesem die Frage, wie ein korrekter Umgang mit
dem Thema „Gender“ erfolgen soll? Muss jedes Mal vom Kunden und der Kundin, vom
Entscheidungsträger und der Entscheidungsträgerin gesprochen werden? Ich hoffe, meine
Leser und – an dieser Stelle auch – Leserinnen verzeihen mir, wenn ich auf derartige Lese-
bremsen verzichte und auch die Varianten KundenInnen oder Mitarbeiter/in nicht einsetze,
weil eine saubere Deklination den Text m. E. unnötig holprig machen würde. Ebenfalls ver-
zichte ich auf die Variante „Studierende“, die häufig eingesetzt wird, um scheinbar elegant
die Genderfrage zu umgehen. Diese Form ist zwar sehr geläufig, nur leider grammatikalisch
falsch. Denn ein Studierender ist nur so lange Studierender, wie er tatsächlich studiert, sei es
den Wöhe, ein Vorlesungsskript oder die Speisekarte. Davor und danach ist er oder sie Stu-
dent, aber kein Studierender. So ist ein Schwimmender auch nur so lange Schwimmender,
solange er/sie schwimmt. Folglich ist auch der beste Student einmal Relaxender, Tanzender,
Lesender, Chattender, SMS-Verfassender etc. Wie schwer sich selbst der Gesetzgeber mit
der Genderfrage tut, zeigt § 1 UWG: „Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der
Verbraucherinnen und der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauterem
Wettbewerb …“ Warum nicht auch Mitbewerberinnen, Marktteilnehmerinnen etc.?
Ich hoffe, meinen Respekt und meine Hochachtung gegenüber dem weiblichen Ge-
schlecht auf andere Weise ausdrücken zu können als durch die Endung „Innen“ an allen
möglichen Begriffen dieses Lehrbuchs.
Bei den Literaturhinweisen habe ich mich  – neben zentralen Ursprungsquellen  –
schwerpunktmäßig auf solche Werke konzentriert, die für den Leser weitere Hintergrund-
informationen bereitstellen, eine hohe Aktualität aufweisen und eine große Verbreitung
gefunden haben. Ein Anspruch, alle Autoren oder Werke zu zitieren, die zu den jeweiligen
Themen bereits einmal etwas veröffentlicht haben, wird nicht erhoben.
Ob sich meine Mühe insgesamt gelohnt hat, können Sie, lieber Leser, liebe Leserin,
selbst entscheiden. Für einen konstruktiven Dialog mit Ihnen finden Sie bei mir immer ein
offenes Ohr.
Herzlichst Ihr

Königswinter/Berlin, Deutschland Ralf T. Kreutzer


Oktober 2006
Stimmen zum Buch

Die 6. Auflage des Buches „Praxisorientiertes Marketing“ wurde umfassend überarbeitet


und um wichtige, aktuelle Themen des Online-Marketings und der Digitalisierung er-
gänzt. Dadurch werden die Stärken der vorherigen Auflagen noch ausgebaut. „Praxisori-
entiertes Marketing“ ist sehr anschaulich, kompakt und zugleich fundiert. Die klare Spra-
che und die vielen aktuellen Fallbeispiele motivieren alle Leser, sich mit der spannenden
Praxis des Marketings konzeptionell auseinanderzusetzen.
Prof. Dr. Klaus Gutknecht, Professor für Handels-, Dienstleistungs- und E-Marketing,
Hochschule für Angewandte Wissenschaften München
Auch in der inzwischen 6.  Auflage seines „Praxisorientiertes Marketing“ ist es Ralf
Kreutzer wieder gelungen, die richtigen Schwerpunkte zu setzen. Er macht überzeugend
deutlich, dass die bewährten Basics im Marketing auch im Online- und Digital-Zeitalter
Gültigkeit haben. Gleichzeitig wird in dieser vollständig überarbeiteten Auflage sichtbar,
wie stark die Digitalisierung das gesamte Marketing durchdrungen hat. Viele aktuelle Bei-
spiele und Studien belegen dies und runden das Werk ab. Prädiktat: besonders lesenswert!
Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Wolfgang Fritz
Technische Universität Braunschweig und Universität Wien
Die Neuauflage des Buches „Praxisorientiertes Marketing“ ist mehr als empfehlens-
wert: Denn sie integriert nicht nur die aktuellsten Entwicklungen und Konzepte dieses
ohnehin hochdynamischen Fachgebiets, sondern arbeitet genau die Themen heraus, die
für die unternehmerische Praxis besonders wichtig sind. Darüber hinaus beeindruckt die
Neuauflage durch eine nochmals höhere Prägnanz in der Darstellung, mit noch klarer
Struktur, präziseren Zwischenergebnissen und wichtigen Merkboxen. Ein weiterer Beweis
für die besondere Kompetenz von Ralf T. Kreutzer im Marketing, seine hohe Leidenschaft
für die bestmögliche Vermittlung von Wissen und seine besondere Fähigkeiten zur Identi-
fikation der wirklich relevanten Themen.
Prof. Dr. Wolfgang Merkle, UE – University of Europe for Applied Sciences, Präsident
Marketing Club Hamburg
Mit seinem Buch „Praxisorientiertes Marketing“ hat Ralf Kreutzer ein Marketing-­
Lehrbuch geschrieben, das sowohl den Anspruch an die Vermittlung fundierter Theorie als
auch den der Praxisorientierung erfüllt. Sicher und kompetent führt er den Leser durch die

XI
XII Stimmen zum Buch

Grundlagen des Marketings und es gelingt ihm dabei stets, den Lehrstoff lebendig darzu-
stellen und an vielen Beispielen erfassbar zu machen. Ein gut strukturiertes, vielfältiges,
anschauliches und sehr aktuelles Buch! Der Autor fördert durch die Nutzung von
„Merk-Boxen“ und „Denkanstößen“ die kritische Auseinandersetzung mit den präsentier-
ten Inhalten. Sehr gut!
Prof. Dr. Sabine Haller, Hochschule für Wirtschaft und Recht, Berlin
Das Buch bietet eine unverzichtbare Orientierung im sich immer schneller wandelnden
Marketingalltag. Es liefert umsetzungs- und praxisnahes Know-how, ohne sich in Details
zu verlieren. Jeder Marketingstudent und Marketer sollte die Inhalte beherrschen. Der
Autor hat in dieses Werk die aktuellen Entwicklungen der Digitalisierung sowie die Wei-
terentwicklungen im Online-Marketing kompetent integriert! In so kurzer Zeit bereits die
6. Auflage zu gestalten, belegt das außerordentlich hohe Interesse, das dieses Werk völlig
zu Recht genießt!
Univ.-Prof. Dr. Michael Lingenfelder, Philipps-Universität Marburg
Dieses Buch ist bereits ein Klassiker der Marketingfachbücher. Kollege Kreutzer ge-
lingt es hervorragend, sehr gut strukturiert die wichtigen und aktuellen Aspekte des Mar-
ketings zu beleuchten und diese mit Fallbeispielen zu unterlegen. Es ist sehr gut verständ-
lich geschrieben und deshalb aus meiner Sicht eine Pflichtlektüre für jeden
Marketingentscheider.
Prof. Dr. Tatjana Steusloff, Fachbereich Wiesbaden Business School der Hochschule
RheinMain
Marketing-Verantwortliche sind in erster Linie Netzwerker. Sie verbinden die Kun-
den immer wieder auf’s Neue mit dem Unternehmen. Praxisorientiertes Marketing von
Ralf T. Kreutzer liefert das Rüstzeug für zukunftsfähiges Marketing: Klar strukturiert,
anschaulich erklärt und beispielhaft verdeutlicht. Besonders hervorzuheben ist die Er-
weiterung des klassischen Marketingmix um das fünfte P für Personal. Denn am Ende
sind es nach wie vor die Mitarbeiter, die gutes Marketing machen! Hierfür werden die
wichtigsten Marketing-Ansätze – von A wie Aided Recall über M wie Marktsegmentie-
rung bis Z wie Zieldefinition – anschaulich erklärt. Mit diesem Buch ist der Markterfolg
vorprogrammiert!
Prof. Dr. Karsten Kilian, Hochschule Würzburg-Schweinfurt und Markenlexikon.com
Marketing-Lernen mit Spaß – die im Vorwort von Kreutzer selbst formulierte Zielset-
zung wird tatsächlich konsequent umgesetzt: Prägnante Sprache, überzeugende Gedan-
kenführung, anschauliche Beispiele und zielführende Transfertragen bilden eine geradezu
ideale Grundlage, um sich die Welt des Marketings zu erschließen. Und immer auf der
Höhe der Zeit, was bspw. die Herausforderungen des Online-Marketings betrifft. Deshalb
für Praktiker wie Studenten gleichermaßen zu empfehlen.
Univ.-Prof. Dr. Klaus-Peter Wiedmann, Professor für Marketing und Management so-
wie Direktor des Instituts für Marketing & Management an der Leibniz Universität
Hannover
Stimmen zum Buch XIII

Ein tolles Buch für jeden, der faszinierendes Marketing lebt: Brillant klare Strukturen,
Aktualität und Anwendungsbezug bilden zusammen mit der eigenen Kreativität eine per-
fekte Symbiose. Exzellent, um neue Ideen erfolgreich in die Welt zu tragen.
Dr. Astrid Martini, Dozentin Hochschule Fresenius in München
Inhaltsverzeichnis

1 Allgemeine Grundlagen des Marketings ������������������������������������������������������������  1


1.1 Begriffliche Grundlagen des Marketings������������������������������������������������������   2
1.1.1 Was ist Marketing?���������������������������������������������������������������������������   2
1.1.2 Wie hat sich die Bedeutung des Marketings im Laufe der
Zeit verändert?����������������������������������������������������������������������������������  10
1.1.3 Definition des Marketings����������������������������������������������������������������  15
1.1.4 Arten des Marketings������������������������������������������������������������������������  18
1.1.4.1 Differenzierung nach der Gewinnerzielungsabsicht
von Unternehmen��������������������������������������������������������������  18
1.1.4.2 Differenzierung nach dem fokussierten Markt������������������  19
1.1.4.3 Differenzierung gemäß der internen oder externen
Ausrichtung des Marketings����������������������������������������������  20
1.1.5 Tauschobjekte im Marketing������������������������������������������������������������  21
1.1.5.1 Differenzierung der Tauschobjekte nach Inhalt bzw.
Verwendungsart�����������������������������������������������������������������  21
1.1.5.2 Differenzierung der Tauschobjekte nach Art der
Informationsbeschaffung ��������������������������������������������������  23
1.1.5.3 Differenzierung der Tauschobjekte nach Kaufverhalten������  24
1.1.5.4 Differenzierung der Tauschobjekte nach dem Grad
des Produktinteresses ��������������������������������������������������������  26
1.1.5.5 Differenzierung der Tauschobjekte nach
Markierung bzw. Branding������������������������������������������������  27
1.1.6 Kategorien von Kaufentscheidungen������������������������������������������������  33
1.1.7 Kaufverhalten von Organisationen ��������������������������������������������������  36
1.2 Marketingrelevantes Umfeld������������������������������������������������������������������������  41
1.2.1 Kennzeichnung von Märkten������������������������������������������������������������  41
1.2.2 Makro-Umwelt des Unternehmens ��������������������������������������������������  46
1.2.2.1 Faktoren der politischen, rechtlichen Umwelt ������������������  46
1.2.2.2 Faktoren der sozialen, kulturellen und ökologischen
Umwelt������������������������������������������������������������������������������  47

XV
XVI Inhaltsverzeichnis

1.2.2.3 Faktoren der ökonomischen Umwelt ��������������������������������  49


1.2.2.4 Faktoren der technologischen Umwelt������������������������������  49
1.2.3 Mikro-Umwelt des Unternehmens����������������������������������������������������  50
1.3 Verhaltenswissenschaftliche Einflussfaktoren des Marketings��������������������  52
1.3.1 Soziologische Einflussfaktoren des Kaufverhaltens ������������������������  53
1.3.2 ­­Psychologische Einflussfaktoren des Kaufverhaltens����������������������  57
1.3.2.1 Aktivierung und Information Overload ����������������������������  57
1.3.2.2 Erkenntnisse des Neuro-Marketings����������������������������������  64
Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  71
2 Marketing-Planung und ­Marketing-­Forschung ������������������������������������������������ 75
2.1 Grundlagen der Marketing-Planung ������������������������������������������������������������  76
2.1.1 Kennzeichnung von Planung und Planungsprozessen����������������������  76
2.1.2 Bildung von strategischen Geschäftseinheiten ��������������������������������  78
2.1.3 Strategische und operative Planung��������������������������������������������������  81
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung������������������������  84
2.2.1 Das 5-D-Konzept der Marketing-Forschung������������������������������������  85
2.2.1.1 Definitionsphase����������������������������������������������������������������  86
2.2.1.2 Designphase ����������������������������������������������������������������������  87
2.2.1.3 Datengewinnungsphase������������������������������������������������������  92
2.2.1.4 Datenanalysephase������������������������������������������������������������ 104
2.2.1.5 Dokumentationsphase�������������������������������������������������������� 106
2.2.2 Erkenntnisziele der Marketing-Forschung���������������������������������������� 106
2.2.3 Übergreifende Methoden der Marketing-Forschung������������������������ 111
2.2.3.1 SWOT-Analyse������������������������������������������������������������������ 112
2.2.3.2 Portfolio-Analyse�������������������������������������������������������������� 124
2.2.3.3 Benchmarking�������������������������������������������������������������������� 130
2.2.3.4 Wertkettenanalyse�������������������������������������������������������������� 134
2.2.3.5 Customer Journey Map������������������������������������������������������ 138
2.2.4 Marketing-Forschung im Vorfeld von Produkteinführungen
und/oder Kommunikationsmaßnahmen�������������������������������������������� 142
2.2.4.1 Konzepttests und Produkttests ������������������������������������������ 143
2.2.4.2 Blickregistrierung�������������������������������������������������������������� 145
2.2.4.3 Testmarktuntersuchungen�������������������������������������������������� 147
2.2.5 Laufende Marketing-Forschung�������������������������������������������������������� 148
2.2.5.1 Kundenbefragungen���������������������������������������������������������� 148
2.2.5.2 Mystery Market Research�������������������������������������������������� 149
2.2.5.3 Panel-Untersuchungen ������������������������������������������������������ 151
2.2.5.4 Spezielle Marktforschungs-Konzepte�������������������������������� 154
Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 158
3 Marketing-Ziel ���������������������������������������������������������������������������������������������������� 161
3.1 Relevanz und Funktionen von Zielen ���������������������������������������������������������� 162
Inhaltsverzeichnis XVII

3.2 Anforderungen an die Formulierung von Zielen������������������������������������������ 164


3.3 Unternehmens- und Marketing-Ziele������������������������������������������������������������ 168
3.4 Markenwertschöpfungskette als Ausgestaltung eines Marketing-­
Zielsystems �������������������������������������������������������������������������������������������������� 175
3.4.1 Kennzeichnung der Markenwertschöpfungskette���������������������������� 175
3.4.2 Phasen der Markenwertschöpfungskette������������������������������������������ 182
3.4.2.1 Phase 1: Aided Recall�������������������������������������������������������� 182
3.4.2.2 Phase 2: Unaided Recall���������������������������������������������������� 183
3.4.2.3 Phase 3: Kaufinteresse ������������������������������������������������������ 184
3.4.2.4 Phase 4: Kaufbereitschaft�������������������������������������������������� 186
3.4.2.5 Phase 5: Nachfrage������������������������������������������������������������ 187
3.4.2.6 Phase 6: Erstkauf��������������������������������������������������������������� 189
3.4.2.7 Phase 7: Nutzung �������������������������������������������������������������� 190
3.4.2.8 Phase 8: Nachkauf������������������������������������������������������������� 191
3.4.2.9 Phase 9: Empfehlung �������������������������������������������������������� 194
3.5 Einbettung der Marketing-Ziele in eine Balanced Scorecard ���������������������� 196
3.5.1 Grundkonzept der Balanced Scorecard�������������������������������������������� 196
3.5.2 Marketing-Scorecard������������������������������������������������������������������������ 199
Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 202
4 Marketing-Strategie�������������������������������������������������������������������������������������������� 203
4.1 Kennzeichnung von Strategie ���������������������������������������������������������������������� 203
4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing ������������������������������ 204
4.2.1 Wettbewerbsorientierte Strategien���������������������������������������������������� 204
4.2.2 Kundenorientierte Strategien������������������������������������������������������������ 211
4.2.2.1 Marktfeldstrategie�������������������������������������������������������������� 212
4.2.2.2 Marktstimulierungsstrategie���������������������������������������������� 218
4.2.2.3 Marktsegmentierungsstrategie ������������������������������������������ 223
4.2.2.4 Marktarealstrategie������������������������������������������������������������ 243
4.3 Business Model Canvas zur Strategieentwicklung �������������������������������������� 249
Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 254
5 Marketing-Instrumente�������������������������������������������������������������������������������������� 257
5.1 Produkt- und Programmpolitik �������������������������������������������������������������������� 257
5.1.1 Entscheidungsfelder der Produkt- und Programmpolitik ���������������� 258
5.1.2 Erweiterter Produktlebenszyklus als Orientierungsrahmen�������������� 262
5.1.2.1 Konzept des Produktlebenszyklus ������������������������������������ 262
5.1.2.2 Entstehungsphase: Produktinnovationsprozess������������������ 264
5.1.2.3 Marktpräsenzphase: Produktlebenszyklus im
engeren Sinne�������������������������������������������������������������������� 285
5.1.2.4 Marktpräsenzphase: Produktmodifikationsprozess������������ 288
5.1.2.5 Entsorgungsphase: Produkteliminationsprozess���������������� 290
5.1.3 Marken-Management������������������������������������������������������������������������ 291
XVIII Inhaltsverzeichnis

5.1.3.1 Markenstrategien���������������������������������������������������������������� 291


5.1.3.2 Marken-Konzepte und Markennamen������������������������������� 295
5.1.3.3 Produkt-Marken-Portfolio�������������������������������������������������� 296
5.1.4 Servicestrategien ������������������������������������������������������������������������������ 298
5.2 Preis- und Konditionenpolitik���������������������������������������������������������������������� 302
5.2.1 Entscheidungsfelder der Preis- und Konditionenpolitik ������������������ 303
5.2.2 Rechtliche Rahmenbedingungen der Preis- und Konditionen-
politik������������������������������������������������������������������������������������������������ 306
5.2.3 Konzepte zur Preisfestlegung������������������������������������������������������������ 312
5.2.3.1 Kostenorientierte Preisgestaltung�������������������������������������� 312
5.2.3.2 Nachfrageorientierte Preisgestaltung �������������������������������� 315
5.2.3.3 Konkurrenzorientierte Preisgestaltung������������������������������ 323
5.2.4 Statische Preisstrategien�������������������������������������������������������������������� 325
5.2.4.1 Instrumente der statischen Preis- und
Konditionengestaltung ������������������������������������������������������ 325
5.2.4.2 Preisdifferenzierung als Spezialinstrument der
statischen Preis- und Konditionengestaltung �������������������� 331
5.2.4.3 Kalkulatorischer Ausgleich als Spezialinstrument
der statischen Preis- und Konditionengestaltung �������������� 338
5.2.4.4 Sonderformen der statischen Preis- und
Konditionengestaltung ������������������������������������������������������ 340
5.2.5 Dynamische Preisstrategien�������������������������������������������������������������� 341
5.2.6 Produktübergreifende Aspekte der Preis- und Konditionen-
politik������������������������������������������������������������������������������������������������ 345
5.3 Distributionspolitik �������������������������������������������������������������������������������������� 350
5.3.1 Entscheidungsfelder der Distributionspolitik ���������������������������������� 350
5.3.2 Absatzwege und Absatzorgane �������������������������������������������������������� 351
5.3.2.1 Direktvertrieb�������������������������������������������������������������������� 351
5.3.2.2 Indirekter Vertrieb�������������������������������������������������������������� 355
5.3.2.3 Bedeutungsverschiebungen in den Vertriebskanälen �������� 364
5.3.2.4 Multi-Channel- bzw. Omni-Channel-Vertrieb ������������������ 366
5.3.3 Absatzwege- und Absatzorgane-Management���������������������������������� 370
5.3.4 Distributionslogistik�������������������������������������������������������������������������� 373
5.4 Kommunikationspolitik�������������������������������������������������������������������������������� 377
5.4.1 Kennzeichnung der Kommunikationspolitik������������������������������������ 378
5.4.2 Ziele, Zielgruppen und Informationsfelder der Kommunika-
tionspolitik���������������������������������������������������������������������������������������� 383
5.4.3 Instrumente und Medien der Kommunikationspolitik���������������������� 390
5.4.3.1 Übergreifende Begrifflichkeiten der
Kommunikationspolitik ���������������������������������������������������� 390
5.4.3.2 Werbung ���������������������������������������������������������������������������� 407
5.4.3.3 Public Relations ���������������������������������������������������������������� 420
Inhaltsverzeichnis XIX

5.4.3.4 Verkaufsförderung������������������������������������������������������������� 422


5.4.3.5 Direkt- bzw. Dialogkommunikation���������������������������������� 423
5.4.3.6 Online-Kommunikation ���������������������������������������������������� 443
5.4.3.7 Sponsoring ������������������������������������������������������������������������ 451
5.4.3.8 Messen, Ausstellungen, Events und
Markeninszenierungen������������������������������������������������������ 453
5.4.3.9 Lobbyismus������������������������������������������������������������������������ 455
5.4.4 Budgetierung der Kommunikation��������������������������������������������������� 455
5.4.5 Systeme der Kommunikationspolitik������������������������������������������������ 458
5.4.5.1 Corporate Identity�������������������������������������������������������������� 458
5.4.5.2 Kundenbindungssysteme �������������������������������������������������� 463
5.5 Personalpolitik���������������������������������������������������������������������������������������������� 473
5.5.1 Plädoyer für das „5. P“ im Marketing-Mix�������������������������������������� 474
5.5.2 Konzept zur Schaffung des Internal Brandings�������������������������������� 486
5.5.2.1 Grundüberlegungen������������������������������������������������������������ 486
5.5.2.2 Führung������������������������������������������������������������������������������ 488
5.5.2.3 Personalmanagement �������������������������������������������������������� 495
5.5.2.4 Kommunikation nach innen ���������������������������������������������� 499
5.5.2.5 Systeme eines Internal Brandings�������������������������������������� 508
5.5.2.6 Wirkungsanalyse des Internal Brandings�������������������������� 509
Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 514
6 Entwicklung einer geschlossenen Marketing-­Konzeption ������������������������������ 523
6.1 Erstellung eines strategischen und operativen Marketing-Plans������������������ 524
6.2 Zuordnung von Aktivitäten zum Produktlebenszyklus �������������������������������� 527
Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 529
7 Marketing-Controlling���������������������������������������������������������������������������������������� 531
7.1 Kennzeichnung und Ziele des Marketing-Controllings�������������������������������� 532
7.2 Strategisches Marketing-Controlling������������������������������������������������������������ 536
7.3 Operatives Marketing-Controlling���������������������������������������������������������������� 537
Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 545
8 Marketing-Organisation�������������������������������������������������������������������������������������� 547
8.1 Grundlagen der Unternehmensorganisation������������������������������������������������� 548
8.2 Unternehmerische Ablauf- und Aufbauorganisation������������������������������������ 548
8.3 Ausgestaltung der Marketing-Organisation�������������������������������������������������� 555
Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 559
Glossar�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 561
Stichwortverzeichnis���������������������������������������������������������������������������������������������������� 603
Über den Autor

Prof. Dr. Ralf T. Kreutzer  ist seit 2005 Professor für Marke-


ting an der Hochschule für Wirtschaft und Recht/Berlin School
of Economics and Law. Parallel ist er als Trainer, Coach sowie
als Marketing und Management Consultant tätig. Er war 15
Jahre in verschiedenen Führungspositionen bei Bertelsmann
(letzte Position Direktor des Auslandsbereichs einer Tochter-
gesellschaft), Volkswagen (Geschäftsführer einer Tochterge-
sellschaft) und der Deutschen Post (Geschäftsführer einer
Tochtergesellschaft) tätig, bevor er 2005 zum Professor für
Marketing berufen wurde.
Prof. Kreutzer hat durch regelmäßige Publikationen und
Keynote-Vorträge (u. a. in Deutschland, Österreich, Schweiz, Frankreich, Belgien, Singa-
pur, Indien, Japan, Russland, USA) maßgebliche Impulse zu verschiedenen Themen rund
um Marketing, Dialog-­Marketing, CRM/Kundenbindungssysteme, Database-Marketing,
Online-Marketing, Social-­Media-Marketing, Digitaler Darwinismus, Digital Branding,
Dematerialisierung, Change-Management, digitale Transformation, Künstliche Intelli-
genz, Agiles Management, strategisches sowie internationales Marketing gesetzt und eine
Vielzahl von Unternehmen im In- und Ausland in diesen Themenfeldern beraten. Zusätz-
lich ist Prof. Kreutzer als Trainer und Coach im Einsatz.
Seine jüngsten Buchveröffentlichungen sind „Dematerialisierung – Die Neuverteilung
der Welt“ (2015, zusammen mit Karl-Heinz Land), „Digital Darwinism – Branding and
Business Models in Jeopardy“ (2015, zusammen mit Karl-Heinz Land), „Digitaler Darwi-
nismus – der stille Angriff auf Ihr Geschäftsmodell und Ihre Marke“ (2. Auflage, 2016,
zusammen mit Karl-Heinz Land), „Kundenbeziehungsmanagement in digitalen Zeitalter“
(2016), „Digital Business Leadership  – Digitale Transformation  – Geschäftsmodell-­
Innovation – agile Organisation – Change-Management“ (2017, zusammen mit Tim Neu-
gebauer und Annette Pattloch), „Führung und Organisation im digitalen Zeitalter kom-
pakt“ (2018), „Digital Business Leadership, Digital Transformation, Business Model
Innovation, Agile Organization, Change Management“ (2018, zusammen mit Tim Neuge-
bauer und Annette Pattloch), „Toolbox für Marketing und Management“ (2018), „Toolbox

XXI
XXII Über den Autor

for Marketing and Management“ (2019), „Künstliche Intelligenz verstehen“ (2019, zu-
sammen mit Marie Sirrenberg), „Understanding Artificial Intelligence“ (2019, zusammen
mit Marie Sirrenberg), „B2B-­ Online-­
Marketing und Social Media“ (2.  Aufl., 2020,
zusammen mit Andrea Rumler und Benjamin Wille-Baumkauff), „Voice-Marketing“
­
(2020, zusammen mit Darius Vousoghi), „Die digitale Verführung“ (2020), „Kundendia-
log online und offline“ (2021), „Praxisorientiertes Online Marketing“ (4.  Aufl, 2021),
„Toolbox für Digital Business“ (2021), „Social-Media-Marketing kompakt“ (2.  Aufl.,
2021), „E-Mail-Marketing kompakt“ (2. Aufl., 2021), „Online-Marketing – Studienwis-
sen kompakt“ (3. Aufl., 2021) und „Digitale Markenführung“ (2021, zusammen mit Kars-
ten Kilian).
Kontakt:
Prof. Dr. Ralf T. Kreutzer
Professor für Marketing an der Berlin School of Economics and Law; Trainer, Coach
sowie Marketing und Management Consultant
Alter Heeresweg 36
53639 Königswinter
0171-8668285
kreutzer.r@t-online.de
www.ralf-kreutzer.de
Abkürzungsverzeichnis

ag.ma Arbeitsgemeinschaft Mediaanalyse


AOV Average Order Value
ATL Above the Line
AUMA Ausstellungs- und Messeausschusses der deutschen Wirtschaft
AWA Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse
B2B Business-to-Business
B2B2B Business-to-Business-to-Business
B2B2C Business-to-Business-to-Consumer
B2C Business-to-Consumer
BDD Bundesverband Direktvertrieb Deutschland
BSC Balanced Scorecard
bspw. beispielsweise
BTL Below the Line
B-to-B Business-to-Business
B-to-B-to-B Business-to-Business-to-Business
B-to-B-to-C Business-to-Business-to-Consumer
B-to-C Business-to-Consumer
bzgl. bezüglich
bzw. beziehungsweise
C2C Consumer-to-Consumer
CB Corporate Behavior
CC Corporate Communications
CD Compact Disc
CD Corporate Design
CI Corporate Identity
CLV Customer Lifetime Value
CM Category-Management
CMO Chief Marketing Officer
CoC Code of Conduct
CPC Cost per Coupon

XXIII
XXIV Abkürzungsverzeichnis

CPI Cost per Interest


CPL Cost per Lead
CPM Cost per Mille
CPO Cost per Order
CPR Cost per Redemption
CRM Customer-Relationship-Management
CRR Customer-Retention-Rate
CSR Corporate Social Responsibility
C-to-C Consumer-to-Consumer
CTOR Click-to-Open-Rate
d. h. das heißt
d. V. der Verfasser
D-to-C Direct-to-Consumer
DAX Deutscher Aktienindex
DB Deckungsbeitrag
DDR Deutsche Demokratische Republik
DDV Deutscher Dialogmarketing Verband
DIW Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung
DMP Data Management Platform
DR Direct Response
DSGVO Datenschutz-Grundverordnung
EA Efficient Assortment
EBIT Earnings before Interest, Tax
EBITDA Earnings before Interest, Tax, Depreciation and Amortisation
EBT Earnings before Tax
ECR Efficient Consumer Response
EDR elektrodermale Reaktion
EEG Elektroenzephalogramm
EP Efficient Promotions
EPI Efficient Product Introduction
ERP Efficient Replenishment
ERP Enterprise Resource Planning
ESG Environment, Social und Governance
EU Europäische Union
F&E Forschung & Entwicklung
FAS Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung
FMCG Fast Moving Consumer Good
FMOT First Moment of Truth
fMRT funktionelle Magnetresonanztomographie
FTD Financial Times Deutschland
GAFA Google, Amazon, Facebook und Apple
Abkürzungsverzeichnis XXV

GfK Gesellschaft für Konsumforschung


ggf. gegebenenfalls
grds. grundsätzlich
GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
HGB Handelsgesetzbuch
HR Human Resource
i. d. R. in der Regel
i. d. S. in dem Sinne
i. S. im Sinne
insb. insbesondere
IPO Initial Public Offering
IVW Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von
Werbeträgern
KEK Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich
KI Künstliche Intelligenz
KPI Key Performance Indicator
LAE Leseranalyse Entscheidungsträger
LOHAS Lifestyle of Health and Sustainability
M&A Mergers & Acquisitions
m. E. meines Erachtens
MStV Medienstaatsvertrag
o. V. ohne Verfasser
OEM Original Equipment Manufacturer
OKR Operational Key Results
PAF Preis-Absatz-Funktion
PAngV Preisangabenverordnung
PET Positronen-Emissions-Tomographie
PF Purchase Frequency
PGR psychogalvanische Reaktion
POP Point of Purchase
POS Point of Sale
PPO Profitability per Order
PR Public Relations
QR Quick Response
RFID Radio Frequency Identification
ROAS Return on Advertising-Spend
ROCE Return on Capital Employed
ROI Return on Investment
ROMI Return on Marketing Invest
ROS Return on Sales
RPV Revenue per Visit
RPV Revenue per Visitor
XXVI Abkürzungsverzeichnis

RR Redemption-Rate
RStV Rundfunkstaatsvertrag
RTB Realtime Bidding
SEA Search Engine Advertising
SEO Search Engine Optimization
SGE strategische Geschäftseinheit
SGF strategisches Geschäftsfeld
SMOT Second-Moment-of-Truth
SoA Share of Advertising
SOEP Sozio-ökonomisches Panel
SoV Share of Voice
SPI Strategic Planning Institute
SWYN Share with your network
TCO Total Cost of Ownership
TKP Tausend-Kontakt-Preis
u. Ä. und Ähnliches
u. a. und andere
u. a. unter anderem
u. U. unter Umständen
UAP Unique Advertising Proposition
UPP Unique Passion Proposition
URL Uniform Resource Locator
USP Unique Selling Proposition
UWG Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
UX User Experience
VDZ Verband Deutscher Zeitschriftenverleger
vfa Verband forschender Arzneimittelhersteller
vgl. vergleiche
VKF Verkaufsförderung
VUCA Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity
VuMA Verbrauchs- und Medienanalyse
WTO World Trade Organization
z. B. zum Beispiel
z. T. zum Teil
ZMOT Zero Moment of Truth
Abbildungsverzeichnis

Abb. 1.1 Wertvollste Marken der Welt – 2021. (Quelle: Interbrand, 2021)��������������  2
Abb. 1.2 Marken aus Deutschland unter den wertvollsten Marken der Welt.
(Quelle: Interbrand, 2021)��������������������������������������������������������������������������  4
Abb. 1.3 Kennzeichnung von Verkäufer- und Käufermärkten����������������������������������  6
Abb. 1.4 Mikro- und Makro-Umwelt des Unternehmens������������������������������������������  7
Abb. 1.5 Prozess des Marketing-Managements��������������������������������������������������������  9
Abb. 1.6 Entwicklung der Bedeutung des Marketing������������������������������������������������ 11
Abb. 1.7 Pyramide des Marketings. (Quelle: Nach Becker, 2019, S. 5)�������������������� 17
Abb. 1.8 Marketing-Diamant ������������������������������������������������������������������������������������ 17
Abb. 1.9 Typologie von Produkten und Dienstleistungen nach Art der
Informationsbeschaffung���������������������������������������������������������������������������� 24
Abb. 1.10 Kennzeichnung von Angeboten nach Kaufverhalten���������������������������������� 25
Abb. 1.11 Kennzeichnung von Angeboten nach Produktinteresse������������������������������ 27
Abb. 1.12 Kennzeichnung von Markenartikeln, Handelsmarken und No-Names������ 29
Abb. 1.13 Relative Qualitäts- und Preis-Positionierung verschiedener Marken-
konzepte������������������������������������������������������������������������������������������������������ 31
Abb. 1.14 Vom Bedürfnis zum Kaufakt���������������������������������������������������������������������� 33
Abb. 1.15 Phasen eines extensiven Kaufentscheidungsprozesses ������������������������������ 34
Abb. 1.16 Buying Center des Kaufverhaltens in Organisationen�������������������������������� 39
Abb. 1.17 Begriffe zur Beschreibung von Märkten ���������������������������������������������������� 42
Abb. 1.18 Schema der Marktformen���������������������������������������������������������������������������� 44
Abb. 1.19 Altersstruktur der Bevölkerung in Deutschland – 2021, 2040 und 2060.
(Quelle: Destatis, 2021a)���������������������������������������������������������������������������� 48
Abb. 1.20 Privathaushalte nach Haushaltsgrößen in Deutschland – in %.
(Quelle: Destatis, 2021b)���������������������������������������������������������������������������� 48
Abb. 1.21 Schema des S-O-R-Modells – Stimulus, Organismus, Response �������������� 52
Abb. 1.22 Einflussfaktoren des Kaufverhaltens von Konsumenten���������������������������� 53
Abb. 1.23 Sinus-Milieus in Deutschland 2021 – Soziale Lage und
Grundorientierung. (Quelle: Sinus-­Institut, 2021)�������������������������������������� 54
Abb. 1.24 Beziehung zwischen Aktivierung und Leistung������������������������������������������ 58

XXVII
XXVIII Abbildungsverzeichnis

Abb. 1.25 Buchcover mit erotischen Reizen. (Quelle: © Springer Fachmedien


Wiesbaden GmbH)������������������������������������������������������������������������������������  59
Abb. 1.26 Information Overload als Determinante des Käuferverhaltens����������������  61
Abb. 1.27 Aufmerksamkeitsspanne im Vergleich������������������������������������������������������  63
Abb. 1.28 Funktionsweisen von Pilot und Autopilot. (Quelle: Scheier,
2008, S. 310) ��������������������������������������������������������������������������������������������  67
Abb. 1.29 Emotions- und Motiv-Systeme. (Quelle: In Anlehnung an
Häusel, 2019b, S. 52 f.)����������������������������������������������������������������������������  67

Abb. 2.1 Mindset des agilen Managements ������������������������������������������������������������  78


Abb. 2.2 Bildung von strategischen Geschäftseinheiten������������������������������������������  80
Abb. 2.3 5-D-Konzept der Marketing-Forschung����������������������������������������������������  86
Abb. 2.4 Grundkonzept des Net Promotor Scores ��������������������������������������������������  94
Abb. 2.5 Delphi-Methode����������������������������������������������������������������������������������������  97
Abb. 2.6 Arten der Stichprobenziehung������������������������������������������������������������������ 102
Abb. 2.7 Grundansatz der Erfolgsfaktorenforschung���������������������������������������������� 107
Abb. 2.8 Erfahrungskurveneffekt���������������������������������������������������������������������������� 108
Abb. 2.9 Weitere erklärende Faktoren der ROI-Entwicklung���������������������������������� 110
Abb. 2.10 Grundkonzept der SWOT-Analyse������������������������������������������������������������ 112
Abb. 2.11 Ergebnis der Stärken-Schwächen-Analyse im Wettbewerbsvergleich������ 115
Abb. 2.12 Johari-Fenster zur Selbst- und Unternehmensanalyse������������������������������ 115
Abb. 2.13 Grundkonzept der 5-Forces-Analyse von Porter �������������������������������������� 117
Abb. 2.14 SWOT-Matrix – Synthese der externen und internen Perspektive im
Rahmen der SWOT-Analyse �������������������������������������������������������������������� 122
Abb. 2.15 Beispiel einer SWOT-Synthese aus dem Konsumgütermarkt������������������ 123
Abb. 2.16 Grundkonzept der Portfolio-Analyse�������������������������������������������������������� 124
Abb. 2.17 Unterschiedliche Produkt-Portfolios als Trigger der
Unternehmensentwicklung������������������������������������������������������������������������ 126
Abb. 2.18 Marktattraktivitäts-Wettbewerbsvorteils-Portfolio������������������������������������ 127
Abb. 2.19 Technologie-Portfolio ������������������������������������������������������������������������������ 129
Abb. 2.20 Stufenkonzept eines Benchmarking-Ansatzes������������������������������������������ 132
Abb. 2.21 Grundkonzept einer Wertkette������������������������������������������������������������������ 135
Abb. 2.22 Beispiel einer Customer Journey – von online und offline zu noline ������ 140
Abb. 2.23 Grundkonzept einer Customer Journey Map�������������������������������������������� 141
Abb. 2.24 Alltagsstudio. (Quelle: Concept M 2021) ������������������������������������������������ 144
Abb. 2.25 Blickregistrierung am Beispiel eines Mailings ���������������������������������������� 146

Abb. 3.1 Ermittlung EBITDA���������������������������������������������������������������������������������� 171


Abb. 3.2 Hierarchisches Zielsystem eines Unternehmens�������������������������������������� 173
Abb. 3.3 Visualisierung von Zielbeziehungen �������������������������������������������������������� 173
Abb. 3.4 Marketing-Zielsystem ������������������������������������������������������������������������������ 174
Abb. 3.5 Trigger für und Aktivitäten der Nutzer im Conversion Funnel ���������������� 175
Abbildungsverzeichnis XXIX

Abb. 3.6 Kernphasen der Markenwertschöpfungskette ������������������������������������������ 176


Abb. 3.7 Dominante Faktoren entlang der Markenwertschöpfungskette���������������� 178
Abb. 3.8 Positionierung des ZMOT������������������������������������������������������������������������ 180
Abb. 3.9 Markenidentität und Markenimage. (Quelle: Inspiriert durch
Burmann et al. 2018, S. 15)���������������������������������������������������������������������� 181
Abb. 3.10 Marken-Steuerrad. (Quelle: Nach Esch, 2019, S. 100)���������������������������� 182
Abb. 3.11 Beziehungsgeflecht innerhalb des Awareness Sets ���������������������������������� 184
Abb. 3.12 Abbau von „Passivität“ zugunsten von „Aktivität“ entlang der
Markenwertschöpfungskette �������������������������������������������������������������������� 188
Abb. 3.13 Gewinnsteigerungspotenzial durch Stammkunden. (Quelle:
In Anlehnung an Reichheld & Sasser, 2003, S. 153)�������������������������������� 192
Abb. 3.14 Operationalisierung der Kundenbindung. (Quelle: In Anlehnung
an Homburg & Krohmer, 2003, S. 99)������������������������������������������������������ 193
Abb. 3.15 Konfirmations-Diskonfirmations-Paradigma zur Ermittlung von
Zufriedenheitswerten. (Quelle: Nach Homburg, 2020, S. 46)������������������ 193
Abb. 3.16 Motivierende und demotivierende Faktoren entlang der
Markenwertschöpfungskette �������������������������������������������������������������������� 195
Abb. 3.17 Kano-Modell der Kundenzufriedenheit���������������������������������������������������� 195
Abb. 3.18 Grundkonzept der Balanced Scorecard für ein Unternehmen������������������ 198
Abb. 3.19 Marketing-Scorecard für das Customer-Relationship-Management�������� 199

Abb. 4.1 Strategietypen nach Porter������������������������������������������������������������������������ 206


Abb. 4.2 Stoßrichtung einer wettbewerbsstrategischen Überholstrategie��������������� 211
Abb. 4.3 Kundenorientierte Strategie���������������������������������������������������������������������� 212
Abb. 4.4 Produkt-Markt-Matrix – Ansoff-Matrix���������������������������������������������������� 212
Abb. 4.5 Formen der Diversifikation ���������������������������������������������������������������������� 218
Abb. 4.6 Klassisches Schichtenmodell eines Marktes�������������������������������������������� 219
Abb. 4.7 Raster zur Ausgestaltung der Marktstimulierungsstrategie���������������������� 219
Abb. 4.8 Ausgestaltungsformen der Marktsegmentierung�������������������������������������� 224
Abb. 4.9 Ausgewählte Kriterien der Marktsegmentierung im B2C-Markt������������� 228
Abb. 4.10 Ausgewählte Kriterien der Marktsegmentierung im B2B-Markt������������� 230
Abb. 4.11 Persona-Gründungsdokument ������������������������������������������������������������������ 234
Abb. 4.12 Konzept des Kundenbeziehungslebenszyklus������������������������������������������ 235
Abb. 4.13 Kernprozesse der Marketing-Automation������������������������������������������������ 236
Abb. 4.14 Dreiklang der Kundenbetreuung �������������������������������������������������������������� 238
Abb. 4.15 Ausgewählte Merkmale zur Beschreibung der eigenen
Interessenten und Kunden im B2C-Markt������������������������������������������������ 240
Abb. 4.16 Entscheidungsfelder der Marktarealstrategie�������������������������������������������� 243
Abb. 4.17 Strategien für die internationale Expansion���������������������������������������������� 244
Abb. 4.18 Wasserfall-Strategie zur internationalen Produkteinführung�������������������� 247
Abb. 4.19 Sprinkler-­Strategie zur internationalen Produkteinführung���������������������� 247
Abb. 4.20 Konzept des Business Model Canvas�������������������������������������������������������� 249
XXX Abbildungsverzeichnis

Abb. 5.1 Prozess zur Ausgestaltung der Produkt- und Programmpolitik���������������� 259
Abb. 5.2 Konzept des erweiterten Produktlebenszyklus������������������������������������������ 262
Abb. 5.3 Klassifizierung von Innovationen�������������������������������������������������������������� 265
Abb. 5.4 Ausgewählte Trigger und Quellen des Innovationsprozesses ������������������ 267
Abb. 5.5 Wasserfall-Konzept ���������������������������������������������������������������������������������� 269
Abb. 5.6 Mindset des agilen Managements ������������������������������������������������������������ 270
Abb. 5.7 Time-to-Market ���������������������������������������������������������������������������������������� 270
Abb. 5.8 Time-to-Value�������������������������������������������������������������������������������������������� 271
Abb. 5.9 Zusammenführung von Design Thinking, Lean Start-up und Scrum ������ 273
Abb. 5.10 Attribute Listing zur Entwicklung eines Fachbuches������������������������������� 274
Abb. 5.11 Subjektive Bewertung der Vor- und Nachteile von Innovationen ������������ 275
Abb. 5.12 Analyseraster für Innovationen ���������������������������������������������������������������� 276
Abb. 5.13 Closed-Innovation-­Modell������������������������������������������������������������������������ 277
Abb. 5.14 Open-Innovation-­Modell�������������������������������������������������������������������������� 278
Abb. 5.15 Unternehmens-Kunden-Interaktion im Innovationsprozess���������������������� 278
Abb. 5.16 Trichtermodell zur Bewertung und Auswahl von Neuproduktideen�������� 279
Abb. 5.17 Scoring-Modell zur Neuproduktbewertung���������������������������������������������� 281
Abb. 5.18 Break-even-Analyse���������������������������������������������������������������������������������� 283
Abb. 5.19 Diffusionsmodell bei Innovationen ���������������������������������������������������������� 286
Abb. 5.20 Entscheidungsfaktoren bei einer Angebotsmodifikation bzw. -elimi-
nation�������������������������������������������������������������������������������������������������������� 290
Abb. 5.21 Primäre und sekundäre Markenelemente. (Quelle: Orientiert an
Kilian & Kreutzer, 2022)�������������������������������������������������������������������������� 292
Abb. 5.22 Vorteile von Einmarken- und Mehrmarken-Strategien ���������������������������� 292
Abb. 5.23 Ausgestaltungsoptionen der Markenstrategien. (Quelle: Orientiert
an Kilian & Kreutzer, 2022)���������������������������������������������������������������������� 293
Abb. 5.24 Markenhierarchie bei Beiersdorf. (Quelle: Kilian & Kreutzer, 2022)������ 295
Abb. 5.25 Orientierungspunkte für die Findung von Markennamen ������������������������ 296
Abb. 5.26 Produkt-Marken-Portfolio am Beispiel von Alphabet������������������������������ 296
Abb. 5.27 Serviceleistungen als Teil der Produkt- und Programmpolitik ���������������� 299
Abb. 5.28 Einflussfaktoren und Gestaltungsfelder der Preis- und
Konditionenpolitik������������������������������������������������������������������������������������ 304
Abb. 5.29 Idealtypische Preis-Absatz-Funktion�������������������������������������������������������� 317
Abb. 5.30 Preisveränderung im elastischen Bereich der Preis-Absatz-Funktion������ 318
Abb. 5.31 Preisveränderung im unelastischen Bereich der
Preis-Absatz-Funktion������������������������������������������������������������������������������ 319
Abb. 5.32 Auswirkungen des Preises auf die Kaufwahrscheinlichkeit �������������������� 323
Abb. 5.33 Konkurrenzorientierte Preisgestaltung – längerfristige Ausrichtung�������� 324
Abb. 5.34 Rabattarten������������������������������������������������������������������������������������������������ 326
Abb. 5.35 Ausgestaltungsmöglichkeiten des Couponings���������������������������������������� 327
Abb. 5.36 Arten der Preisdifferenzierung������������������������������������������������������������������ 332
Abb. 5.37 Servitization: vom Produkt zum Service – vom Service zum Service������ 340
Abbildungsverzeichnis XXXI

Abb. 5.38 Dynamische Preisstrategien���������������������������������������������������������������������� 342


Abb. 5.39 Einflussfaktoren und Entscheidungsfelder der Distributionspolitik��������� 350
Abb. 5.40 Grundformen des Vertriebs ���������������������������������������������������������������������� 352
Abb. 5.41 Umsatz mit Waren im Online-Handel in Deutschland bis 2020
(in Mrd. €). (Quelle: Statista, 2021b)�������������������������������������������������������� 353
Abb. 5.42 Funktionen des Handels���������������������������������������������������������������������������� 354
Abb. 5.43 Betriebsformen des Absatzgroßhandels���������������������������������������������������� 357
Abb. 5.44 Betriebsformen des Einzelhandels������������������������������������������������������������ 358
Abb. 5.45 Betriebsformate des stationären Einzelhandels – I ���������������������������������� 359
Abb. 5.46 Betriebsformate des stationären Einzelhandels – II���������������������������������� 359
Abb. 5.47 Anteil des Einzelhandels an den privaten Konsumausgaben in
Deutschland bis 2019. (Quelle: Statista, 2021c) �������������������������������������� 364
Abb. 5.48 Flächenproduktivität der führenden Vertriebslinien im
Lebensmittel-Einzelhandel in Deutschland 2018 und
2019 – Bruttoumsatz pro Quadratmeter. (Quelle: Statista, 2020a) ���������� 365
Abb. 5.49 Marktanteile von Hersteller- und Handelsmarken in Deutschland
nach Markengattungen in den Jahren 2013 bis 2020.
(Quelle: Statista, 2021d)��������������������������������������������������������������������������� 366
Abb. 5.50 Grundkonzept der Multi-Channel-Vertrieb ���������������������������������������������� 367
Abb. 5.51 Beispielhafte Zuordnung von Kanälen zu den einzelnen Phasen
eines Kauf- und Nutzungszyklus im Omni-Channel-Konzept������������������ 369
Abb. 5.52 Kriterien zur Auswahl von Absatzkanälen und Absatzorganen���������������� 371
Abb. 5.53 Zielkonflikte im Absatzkanal�������������������������������������������������������������������� 372
Abb. 5.54 Strategien des Efficient Customer Response�������������������������������������������� 373
Abb. 5.55 Wertschöpfungskette der Logistik������������������������������������������������������������ 374
Abb. 5.56 Prozess zur Ausgestaltung der Kommunikationspolitik���������������������������� 378
Abb. 5.57 Entscheidungsfelder der Kommunikationspolitik������������������������������������ 381
Abb. 5.58 Prozess der Kommunikation �������������������������������������������������������������������� 382
Abb. 5.59 Abgrenzung von Marketing, Kommunikation und Werbung�������������������� 383
Abb. 5.60 Zielgruppen der unternehmerischen Kommunikation������������������������������ 385
Abb. 5.61 Push- und Pull-Strategie���������������������������������������������������������������������������� 386
Abb. 5.62 Zuschauermarktanteile der TV-Sender in Deutschland im April 2021.
(Quelle: Statista, 2021e)���������������������������������������������������������������������������� 387
Abb. 5.63 Ausgewählte Werbeträger und ihre Werbemittel (Auswahl)�������������������� 391
Abb. 5.64 Marktanteile der Mediengattungen im Bruttowerbemarkt 2021.
(Quelle: Statista, 2021f)���������������������������������������������������������������������������� 392
Abb. 5.65 Muster von Kommunikationsstrategien – Beispiel Fernsehen – I������������ 399
Abb. 5.66 Muster von Kommunikationsstrategien – Beispiel Fernsehen – II ���������� 399
Abb. 5.67 Multisensorisches Marketing�������������������������������������������������������������������� 403
Abb. 5.68 Markenaufbau durch Markierung und markenbezogene
Kommunikation���������������������������������������������������������������������������������������� 405
XXXII Abbildungsverzeichnis

Abb. 5.69 Tägliche Nutzungsdauer ausgewählter Medien in Deutschland


2020 – in Minuten. (Quelle: Statista, 2021h)�������������������������������������������� 414
Abb. 5.70 Arten der Verkaufsförderung�������������������������������������������������������������������� 422
Abb. 5.71 Einsatzfelder des Mobile Marketings aus Unternehmenssicht ���������������� 427
Abb. 5.72 Erfassung des QR-Codes�������������������������������������������������������������������������� 430
Abb. 5.73 Erscheinungsformen des Online-Marketings�������������������������������������������� 444
Abb. 5.74 Content-Marketing – „Kommunikation über Bande“ ������������������������������ 448
Abb. 5.75 Handlungsfelder und Wirkungsdimensionen des Rating- und
Review-Managements ������������������������������������������������������������������������������ 449
Abb. 5.76 Einflussfaktoren von durch Unternehmen initiierten viralen
Kampagnen ���������������������������������������������������������������������������������������������� 451
Abb. 5.77 Bereiche der Corporate Identity���������������������������������������������������������������� 459
Abb. 5.78 Treiber der Kundenbindung���������������������������������������������������������������������� 464
Abb. 5.79 Kernfragen zur Entwicklung einer Kundenbindungsstrategie������������������ 467
Abb. 5.80 Konzept des Internal Brandings zur Erreichung von Brand Behavior������ 474
Abb. 5.81 Paradigmenwechsel in der Personalführung �������������������������������������������� 477
Abb. 5.82 Einordnung der Gallup-Fragen in eine Bedürfnispyramide���������������������� 478
Abb. 5.83 Ergebnisse zum Engagement Index in Deutschland �������������������������������� 479
Abb. 5.84 Anteil der Wirtschaftsbereiche an der Gesamtbeschäftigung in
Deutschland 1950 bis 2020. (Quelle: Statista, 2021k)������������������������������ 481
Abb. 5.85 Sicherstellung einer Balance zwischen Vertriebs- und
Kundenorientierung bei M ­ itarbeitern und Führungskräften �������������������� 482
Abb. 5.86 Ansatzpunkte zur Erreichung von Uniqueness ���������������������������������������� 482
Abb. 5.87 Passionsgetriebene Marketing-Excellence-Turbine���������������������������������� 483
Abb. 5.88 Angestrebter Gleichklang von Brand Behavior���������������������������������������� 484
Abb. 5.89 Strategische Qualifizierungslücke ������������������������������������������������������������ 485
Abb. 5.90 SIIR-Modell eines markenorientierten Veränderungsprozesses���������������� 487
Abb. 5.91 Start with the „Why“! ������������������������������������������������������������������������������ 488
Abb. 5.92 Instrumente zum Aufbau von Brand Behavior������������������������������������������ 489
Abb. 5.93 Wirkungsweisen transaktionaler und transformationaler Führung ���������� 490
Abb. 5.94 Ausprägungen des Brand Citizenship Behaviors�������������������������������������� 493
Abb. 5.95 Eisberg-Modell der Leistungserbringung ������������������������������������������������ 494
Abb. 5.96 Dialogaufbau muss auf zwei Ebenen erfolgen������������������������������������������ 496
Abb. 5.97 Faktoren der Sach- und Beziehungsebene������������������������������������������������ 496
Abb. 5.98 Portfolio zur Analyse der Kundenorientierung von Mitarbeitern ������������ 497
Abb. 5.99 Wirkungskette der internen Kommunikation�������������������������������������������� 501
Abb. 5.100 Ausgestaltung der dialogischen Kommunikation im Unternehmen �������� 504
Abb. 5.101 Instrumente der internen Kommunikation������������������������������������������������ 505
Abb. 5.102 Marken-Identifikations-Portfolio�������������������������������������������������������������� 510
Abb. 5.103 Engagement-Portfolio zur Beziehung zwischen Employee
Engagement und Customer Engagement�������������������������������������������������� 511
Abbildungsverzeichnis XXXIII

Abb. 6.1 Grobstruktur eines strategischen Marketing-Plans ���������������������������������� 524


Abb. 6.2 Grobstruktur eines operativen Marketing-Plans��������������������������������������� 526
Abb. 6.3 Idealtyptische Zuordnung von Aktionsbausteinen eines
Marketing-Plans in Abhängigkeit von den jeweils erreichten
Phasen des Produktlebenszyklus�������������������������������������������������������������� 527

Abb. 7.1 Funktionen des Marketing-Controllings �������������������������������������������������� 532


Abb. 7.2 Konzepte eines umfassenden Controlling-Ansatzes �������������������������������� 534
Abb. 7.3 Closed Loop des Marketing-Controllings������������������������������������������������ 538
Abb. 7.4 Ausgewählte Fragestellungen eines Instrument-Audits des
Marketing-Diamanten ������������������������������������������������������������������������������ 539
Abb. 7.5 ABC-Analyse des Angebotsprogramms �������������������������������������������������� 540
Abb. 7.6 Altersstrukturanalyse eines Produktprogramms (in den Balken
„Anzahl der Produkte“)���������������������������������������������������������������������������� 542

Abb. 8.1 Organigramm eines Unternehmens���������������������������������������������������������� 549


Abb. 8.2 Einflussfaktoren und Entscheidungsfelder der
Organisationsentwicklung������������������������������������������������������������������������ 552
Abb. 8.3 Grundform einer produktbezogenen Organisation������������������������������������ 552
Abb. 8.4 Grundform einer funktionalen Organisation �������������������������������������������� 553
Abb. 8.5 Grundform einer kundenbezogenen Organisation������������������������������������ 554
Abb. 8.6 Grundform einer Matrixorganisation�������������������������������������������������������� 555
Abb. 8.7 Grundform einer funktionalen Marketing-Organisation �������������������������� 556
Abb. 8.8 Grundform einer produktorientierten Marketing-Organisation���������������� 556
Abb. 8.9 Grundform einer kundenorientierten Marketing-Organisation ���������������� 557
Abb. 8.10 Grundform einer Marketing-Matrixorganisation�������������������������������������� 557
Tabellenverzeichnis

Tab. 4.1 Bewertung der Servicequalität von Fluggesellschaften���������������������������� 222

XXXV
Allgemeine Grundlagen des Marketings
1

„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt
und der uns hilft zu leben!“
Hermann Hesse

Lernziele
Fähigkeit,
• Marketing in seinen unterschiedlichen Ausprägungen zu erkennen
• Entwicklung des Marketings nachzuvollziehen
• verschiedene Marketing-Konzeptionen zu unterscheiden
• marketingrelevante Einflussfaktoren zu ermitteln
• unterschiedliche Kategorien von Produkten und ihre Relevanz für den Marketing-­
Einsatz zu erkennen
• Begriffe zur Beschreibung von Märkten anzuwenden
• Marktformen und ihre Implikationen für das Marketing zu erfassen
• verhaltenswissenschaftliche Aspekte des Marketings zu verstehen und bei der
Ausgestaltung des Marketings zu berücksichtigen
• Erkenntnisse des Neuro-Marketings bei der Ausgestaltung des Marketings sicher
zu berücksichtigen
• Unterschiede zwischen B2B- und B2C-Marketing zu beherrschen

Elektronisches Zusatzmaterial Die elektronische Version dieses Kapitels enthält Zusatzmaterial,


das berechtigten Benutzern zur Verfügung steht. https://doi.org/10.1007/978-­3-­658-­35307-­0_1.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2022 1
R. T. Kreutzer, Praxisorientiertes Marketing,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-35307-0_1
2 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

1.1 Begriffliche Grundlagen des Marketings

1.1.1 Was ist Marketing?

Ein Blick auf die Hitliste der wertvollsten Marken 2021 zeigt, dass mit Apple eine
Marke auf Platz 1 gelandet ist, die die Online- und Offline-Welt in einer für die Nutzer
besonders überzeugenden Weise miteinander verwoben hat (vgl. Abb. 1.1). Apple ist es
gelungen, ein Eco-System aufzubauen, um die Kunden mit immer neuen Produkten und
Dienstleistungen zu begeistern und hierdurch in der eigenen Welt „gefangen“ zu halten.
Auf Platz 2 findet sich mit Amazon ein Konzern, der mit seinem Fokus auf Customer Ob-
session – einer schon fast übertriebenen Kundenorientierung – konsequent immer neue
Leistungsfelder erschlossen hat. Auf dem 3. Platz findet sich Microsoft, ein Unternehmen,
das sich diesen Platz durch eine beeindruckende Neuausrichtung erarbeitet hat. Auf dem
4. Platz ist Google, eine Marke, die ursprünglich als reine Suchmaschine gestartet ist und
ihr Angebot konsequent weiterentwickelt hat. Der koreanische Elektronik-Konzern Sam-
sung belegt Platz 5. Die Spitzenreiter im Marken-Ranking sind alle in der Hard- und
Software-Branche sowie im Dienstleistungssektor aktiv. Erst auf den Folgeplätzen fin-
den sich „klassische“ Industrien wieder, wie bspw. die Automobilunternehmen und klas-
sische Markenartikler. Coca-Cola hatte viele Jahre Platz 1 abonniert, ist inzwischen aber
„nur noch“ auf Platz 6 zu finden.

Abb. 1.1  Wertvollste Marken der Welt – 2021. (Quelle: Interbrand, 2021)
1.1 Begriffliche Grundlagen des Marketings 3

Ein hoher Markenwert geht häufig mit einer hohen Markt- bzw. Börsenkapitalisierung
einher. Die Börsenkapitalisierung besagt, wie hoch der Wert eines Unternehmens in den
Augen der Investoren veranschlagt wird – gemessen an der Höhe des Aktienkurses. Folg-
lich muss zur Ermittlung des Börsenwertes die Anzahl der im Umlauf befindlichen Ak-
tien mit dem jeweiligen Aktienkurs multipliziert werden.
Im April 2021 lag der Börsenwert von Apple bei über zwei Billionen US-$. Amazon
erreichte einen Wert von 1,6, Microsoft von 1,9 und Alphabet – der Mutterkonzern von
Google – von 1,5 Billionen US-$. Diese Unternehmen gehören damit zu den wertvollsten
Unternehmen der Welt.

cc Merk-Box  Ein entscheidender Werttreiber ist das Marketing  – und als Teil
davon – auch das Marken-Management!

Welche Marken aus Deutschland es in die Top 100 der Welt geschafft haben, zeigt
Abb. 1.2. Hier wird deutlich, welche Bedeutung die Automobilindustrie für Deutschland
auch im Jahr 2021 noch hat.
Im Vergleich zu den bereits genannten Börsenwerten werden von den deutschen Kon-
zernen nur vergleichsweise geringe Börsenwerte erzielt: SAP 126  Mrd.  €, Daimler
80 Mrd. € und BMW 57 Mrd. € – Stand April 2021. Auch hier sind das Marketing und das
Marken-Management entscheidende Werttreiber.
Der in den Abb. 1.1 und 1.2 dokumentierte Markenwert resultiert aus der Relevanz der
Marke für den Kaufentscheidungsprozess des Kunden. In Tests wird immer wieder fest-
gestellt, dass bei einer Blindverkostung, d. h., wenn der Konsument nicht weiß, welche
Cola er trinkt, i. d. R. Pepsi-Cola am besten schmeckt. Ganz anders fällt das Ergebnis je-
doch aus, wenn der Konsument über die Information verfügt, welche Cola er trinkt; dann
schmeckt ihm auf einmal Coca-Cola besser (o.  V. 14.10.2004; vgl. vertiefend
Abschn. 1.3.2.2). In der Konsequenz bedeutet dies, dass der Markenname und das über
verschiedene Werbemaßnahmen aufgebaute Image das Geschmackserlebnis des Konsu-
menten beeinflussen. Hier zeigt sich die Bedeutung der Marken- und Kommunikations-
politik als eines der Aufgabenfelder des Marketings.
Wenn im Jahr 2021 weltweit immer mehr Menschen Filme und Musik durch Strea-
ming konsumieren, dann ist das ein Ergebnis der Weiterentwicklung der Angebote von
Unternehmen wie Amazon, Disney+, Netflix und Spotify. Diese können sich sowohl auf
Produkte wie auch auf Dienstleistungen beziehen. Hier werden die spannenden Möglich-
keiten einer überzeugenden Produktpolitik als weiteres Handlungsfeld des Marketings
sichtbar.
Wir werden täglich – online wie offline – mit Preisvorteilen, Rabatt-Coupons und wei-
teren Sonderangeboten umworben. Die Zielsetzung besteht darin, uns möglichst schnell
zu einem Kauf zu motivieren. Die hier eingesetzten Instrumente gehören zu einem weite-
ren Tätigkeitsfeld des Marketings: der Preispolitik.
Die stärkste Marke, ein überzeugendes Produkt und eine attraktive Preisstellung rei-
chen für den Erfolg allein nicht aus. Die Kunden müssen auch eine Möglichkeit haben, die
4 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

Abb. 1.2  Marken aus Deutschland unter den wertvollsten Marken der Welt. (Quelle: Inter-
brand, 2021)

Produkte zu erwerben. Dies ist das Aufgabenfeld der Distributionspolitik als weiterer
Säule des Marketings. Es geht darum, die unternehmerischen Angebote dort zu präsentie-
ren, wo die Kunden diese erwarten – online und/oder offline.
Die Hotelgruppe Ritz-Carlton überzeugt seit Jahren durch eine exzellente, weit über
dem Durchschnitt liegende Service-Qualität. Eine wesentliche Ursache hierfür ist, dass
den Mitarbeitern der Hotels hinsichtlich Auswahl, Qualifikation und Schulung eine be-
sondere Bedeutung zugemessen und diese durch ein entsprechendes Qualitätsmanagement
gesichert wird. Jeder Mitarbeiter ist gehalten, das Credo und die Grundsätze von Ritz-­
Carlton, die in einem Folder in Visitenkartengröße dokumentiert sind, immer „am Mann“
zu haben. Hierdurch soll der „Geist des Hauses“ allzeit präsent sein. Bei den Service Va-
lues (Ritz-Carlton, 2021) heißt es bspw.:
„I am proud to be Ritz-Carlton

1. I build strong relationships and create Ritz-Carlton guests for life.


2. I am always responsive to the expressed and unexpressed wishes and needs of
our guests.
3. I am empowered to create unique, memorable and personal experiences for our guests.
1.1 Begriffliche Grundlagen des Marketings 5

4. I understand my role in achieving the Key Success Factors, embracing Community


Footprints and creating The Ritz-Carlton Mystique.
5. I continuously seek opportunities to innovate and improve The Ritz-Carlton ex-
perience.
6. I own and immediately resolve guest problems.
7. I create a work environment of teamwork and lateral service so that the needs of our
guests and each other are met.
8. I have the opportunity to continuously learn and grow.
9. I am involved in the planning of the work that affects me.
10. I am proud of my professional appearance, language and behavior.
11. I protect the privacy and security of our guests, my fellow employees and the compa-
ny’s confidential information and assets.
12. I am responsible for uncompromising levels of cleanliness and creating a safe and
accident-free environment.“

Zusätzlich gilt bei Ritz-Carlton (2021) ein Motto, das mich immer wieder begeistert:
„We are Ladies and Gentlemen serving Ladies and Gentlemen.“
Dieses Motto steht beispielhaft für den vorausschauenden Service aller Mitarbeiter.
Hier wird die Bedeutung der Mitarbeiter als zentralen Leistungsträgern und damit auch
der Personalpolitik als wesentliche Säule des Marketings deutlich.
Alle diese Aktivitäten zielen letztendlich darauf ab, eine positive Customer Expe-
rience zu schaffen, um Kunden zu einer langfristigen Bindung zu motivieren. Hier wird
auch von User Experience (UX) gesprochen.

cc Merk-Box  Als Customer Experience werden die Erlebnisse bzw. die Er-
fahrungen eines Kunden bezeichnet, die dieser an den verschiedenen Custo-
mer Touchpoints eines Unternehmens gesammelt hat, also am POS, auf der
Website, im Online-Shop, im Service-Center etc.

Marketing-Aktivitäten sind immer sehr eng mit den Unternehmensstrategien ver-


bunden. Schließlich dienen alle Strategien eines Unternehmens – direkt oder indirekt –
dazu, Wert für die Kunden und dadurch auch Wert für das Unternehmen zu schaffen. Bei
dem Börsengang von Unternehmen wird diese Verbindung besonders deutlich, weil der
erstmalige Börsengang (IPO  – Initial Public Offering) zunächst eine unternehmens-
strategische Entscheidung darstellt. Ihre Umsetzung beinhaltet in hohem Maße
Marketing-Aufgaben, so bspw. die für den IPO notwendige Kommunikation zur Gewin-
nung interessierter Anleger. Es ist auch darzustellen, in welchen Geschäftsfeldern das
Unternehmen aktiv sein möchte und welche Marketing-Strategien eingesetzt werden sol-
len. Je marktorientierter Unternehmen agieren, desto stärker ist die Verbindung zwischen
Unternehmens- und Marketing-­Strategien ausgeprägt.
6 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

cc Merk-Box  Marketing ist wesentlich mehr als Werbung, die uns als Konsu-
menten bzw. als Endverbrauchern allgegenwärtig ist.

Marketing stellt zunächst einmal – wenn man den Begriff Marketing analysiert – mit
„Market“ den „Markt“ und damit die Kunden in den Mittelpunkt. Dies können Konsu-
menten oder Unternehmen als ­Abnehmer sein. Hier sprechen wir von Absatzmärkten,
d. h. von Märkten, auf denen Produkte oder Dienstleistungen verkauft werden. Eine Aus-
richtung auf die Absatzmärkte ist dann besonders erforderlich, wenn diese den Engpass
der unternehmerischen Aktivität darstellen. Dann erfolgt der Absatz der Güter nicht
„von selbst“, wie das bspw. noch in der Nachkriegszeit in Deutschland der Fall war. Da-
mals war nicht der Absatz der Engpass, sondern die Rohstoffbeschaffung und die
Produktion.
Weil damals der „Verkäufer“ i. S. des anbietenden Unternehmens (sei es der Hersteller
selbst oder ein Händler) in der dominanten Marktposition war, wird von einem Verkäufer-
markt gesprochen. Dem Verkäufer werden die Produkte von den Kunden quasi aus den
Händen gerissen  – deshalb gibt er dieser Marktform seinen Namen. Welche weiteren
Merkmale mit einem Verkäufermarkt einhergehen, zeigt Abb.  1.3. In den entwickelten
Industrienationen der heutigen Zeit stellt allerdings nicht mehr der Verkäufer den Engpass
dar, sondern der Käufer. Deshalb spricht man vom sogenannten Käufermarkt. Hier hat
der Käufer die dominierende Marktposition – und deshalb gibt der „Käufer“ hier dieser
Marktform seinen Namen. Der Käufer entscheidet darüber, welches Produkt er kauft, wel-
chen Preis er akzeptiert, über welchen Distributionskanal (etwa Online-Shop oder Waren-

Merkmal Verkäufermarkt Käufermarkt

Stadium der wirtschaft- Mangelwirtschaft Überfluss-/Wohlstands-


lichen Entwicklung gesellschaft

Relation von Angebots- zu Nachfrage > Angebot Nachfrage < Angebot


Nachfragemenge (Nachfrageüberhang) (Angebotsüberhang)

Engpassbereich und damit Beschaffung, Fertigung Vermarktung, Absatz


Fokus des Unternehmens

Vorrangige Aufgabe des Vergrößerung der Aktivierung und Lenkung von


Unternehmens Beschaffungs- und Nachfrage
Produktionskapazitäten
Aktivitätsschwerpunkt Nachfrager ist aktiver als Anbieter ist aktiver als
Anbieter Nachfrager

Beispiele Häuser und Wohnungen, Handys, Streaming-Angebote,


bspw. in München und Seife, Shampoo, viele
Stuttgart Lebensmittel

Abb. 1.3  Kennzeichnung von Verkäufer- und Käufermärkten


1.1 Begriffliche Grundlagen des Marketings 7

haus) er einkauft und von welcher kommunikativen Ansprache und von welcher Service-
qualität er sich angezogen fühlt. Die notwendigen Antworten hierauf liefert das
Absatz-Marketing.
Die Dominanz der Käufermärkte in den entwickelten Industrienationen hat zu folgen-
den Entwicklungen geführt: Marketing als unternehmerische Grundorientierung
(i. S. der Ausrichtung des Unternehmens an den Anforderungen des Marktes) wurde in
immer mehr Organisation zum Leitprinzip. Um diese Orientierung umzusetzen, wurde
Marketing als betriebliche Teilfunktion (z.  T. als eigene Abteilung oder als ein-
gebundener Bereich in der Unternehmensorganisation) installiert.
Wie heißt es in Bezug auf wirtschaftlich entwickelte Länder in einer These so treffend?

cc Merk-Box  Wir haben heute keinen Mangel an Produkten, wir haben einen
Mangel an Bedürfnissen!

Heute stellen vielfach nicht nur Absatzmärkte einen Engpass für die unternehmerische
Tätigkeit dar. Auch Beschaffungsmärkte können zum Engpass werden, wenn bspw. in
bestimmten Branchen qualifizierte und hochmotivierte Mitarbeiter fehlen (Stichworte
„War for Talents“, Fachkräfte-Mangel). Auch Rohstoffe, wie sauberes Wasser, seltene
Erden (das sind bestimmte Metalle) oder Öl können (temporär) knapp werden. Deshalb ist
es notwendig, dass sich das Marketing auch auf die Beschaffungsmärkte ausrichtet. Hier
wird vom Beschaffungs-Marketing gesprochen.
Aber auch diese erweiterte Perspektive reicht heute für die Ausgestaltung des Marke-
tings nicht mehr aus. Gefordert ist vielmehr die Ausrichtung der unternehmerischen Tätig-
keiten und damit auch des Marketings an den Anforderungen der sogenannten Mikro- und
Makro-Umwelt (vgl. Abb. 1.4). Die aufgeführten Bereiche sind unternehmensspezifisch
daraufhin „abzuklopfen“, welche der dort zuzuordnenden Einflussfaktoren auf das unter-

Abb. 1.4  Mikro- und


Makro-Umwelt des
Unternehmens

Unter-
nehmen
8 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

nehmerische Geschehen wirken bzw. welche bei der Ausgestaltung der Unternehmens-
aktivitäten zu berücksichtigen sind.
Konkret bedeutet dies, dass in der Mikro-Umwelt neben den Absatz- und Beschaffungs-
märkten (direkte und indirekte Kunden, Lieferanten) auch die Wettbewerber mit ihren
Aktivitäten zu berücksichtigen sind. Heute kann quasi kein im Konkurrenzkampf stehen-
des Unternehmen seine Aktivitäten ausgestalten, ohne die relevanten Wettbewerber zu
berücksichtigen. Auch die Kapitalgeber, seien es echte Anteilseigner (Shareholder) oder
die durch Kredite finanzierenden Banken, müssen mit ihren Interessen bei der Umsetzung
des Marketings berücksichtigt werden. Durch die Diskussion des Shareholder Values,
d. h. der Schaffung von Werten für die Anteilseigner, wurden deren Interessen besonders
in den Mittelpunkt gerückt und die Unternehmensleitung dazu aufgefordert, besonders an
einer Wertsteigerung für diese Zielgruppe zu arbeiten (vgl. weiterführend Rappap-
ort, 1998).
Die Berücksichtigung der Anforderungen von unterschiedlichen Interessengruppen der
Mikro-Umwelt reicht heute allerdings nicht mehr aus, um langfristig erfolgreich am Markt
agieren zu können. Immer mehr Anforderungen werden an das Unternehmen auch seitens
der Makro-Umwelt gestellt. Diese Anforderungen reichen von den Wünschen der politi-
schen Entscheidungsträger und Teilen der aktiven Öffentlichkeit bzgl. der Schaffung und
Erhaltung von Arbeitsplätzen über die Förderung der nationalen Wirtschaft durch den Auf-
bau weiterer Standorte über die Berücksichtigung ökologischer Anforderungen bis zum
Transfer bestimmter Technologien in Schwellenländer.
Vor diesem Hintergrund ist das Shareholder-Konzept, welches einseitig die Anteils-
eigner zum Orientierungspunkt des unternehmerischen Handelns macht, zum Stakeholder-­
Konzept weiterentwickelt worden.
Die Stakeholder sind nicht „Teilhaber“ im rechtlichen Sinne, wie es die wörtliche
Übersetzung von „to have a stake in something“ als „einen Anteil an etwas haben“ er-
warten lässt. Es geht vielmehr im übertragenen Sinne darum, dass auch weitere Gruppen
an den Aktivitäten des Unternehmens interessiert sind und deshalb als relevante Ziel-
gruppen zu berücksichtigen sind. Es gilt, deren unterschiedliche Interessen und An-
forderungen an das Unternehmen bei der Ausgestaltung des Marketings zu berücksichtigen
(vgl. vertiefend Wiesner, 2020).
Teilweise wird in der Literatur bzgl. der Analyse der Makro-Umwelt auch von der
PEST- oder PESTEL-Analyse gesprochen. PEST als Akronym steht mit „P“ für „Politi-
cal“, „E“ für „Economic“, „S“ für „Social“ und „T“ für „Technological“. Bei PESTEL
kommen noch das „E“ für „Environmental“ und „L“ für „Legal“ hinzu (vgl. vertiefend zur
entsprechenden Analyse Kap. 2).
Vor dem Hintergrund der beschriebenen Entwicklungen wird Marketing als unter-
nehmerische Führungskonzeption gekennzeichnet, die alle Unternehmensbereiche
durchdringen soll (vgl. Meffert et  al., 2019, S.  12  f.; Homburg, 2020, S.  6–11; Bruhn,
2019, S. 14–16; Weis, 2018, S. 21–29; Kotler et al., 2017, S. 10 f.). Hierbei bedient sich
das Marketing folgender „Werkzeuge“:
1.1 Begriffliche Grundlagen des Marketings 9

• Informationsbeschaffende und -verarbeitende Instrumente und Analysen (als Be-


standteil der Markt- und Marketing-Forschung),
• Planungssysteme zur Festlegung von Marketing-Zielen, zur Ableitung von
Marketing-­Strategien sowie zur Ausgestaltung verschiedener Marketing-­
Instrumente (konkret der Preis-, Produkt-, Kommunikations-, Distributions- und
­Personalpolitik, die in einer konkreten Ausgestaltung zusammen den Marketing-­
Diamanten bilden),
• Implementierungs- und Controlling-Systeme zur Umsetzung des Marketings bzw.
zur Überwachung von Prozessen sowie der Zielerreichung (Marketing-Controlling),
• Organisationskonzepte, um Marketing in der Unternehmensstruktur zu verankern
(Marketing-Organisation).

Diese Werkzeuge fließen im Prozess des Marketing-Managements zusammen, wie


Abb. 1.5 zeigt. Hier wird deutlich, dass das Marketing-Controlling die Gesamtheit des
Marketings kritisch analysieren soll und nicht auf eine Ergebniskontrolle am Ende eines
Geschäftsjahres beschränkt sein darf (vgl. Kap. 7).
Ein solches umfassendes Konzept des Controllings besitzt nicht nur für Unternehmen
eine große Relevanz. Die zur Anwendung kommenden Systeme und Prozesse können in
ihren Grundzügen ebenfalls auf einen Lernenden angewandt werden, etwa an der Hoch-
schule oder als Ausdruck des „Lifelong Learnings“ im Beruf:

• Welche Ziele möchte ich persönlich erreichen? Geht es mir um den reinen Wissens-
erwerb oder strebe ich bestimmte Noten- und Abschlüsse an (etwa einen Bachelor-
oder Master-Abschluss, den akademischen Grad des MBA oder eine Promotion)? Oder
soll der Spaß-Faktor dominieren?

Marketing-
Marketing- Ziele
Forschung
Marketing-
Strategien
Marketing-
Controlling
Marketing-
Marketing- Instrumente
Planung
Marketing-
Umsetzung

Marketing-Organisation

Abb. 1.5  Prozess des Marketing-Managements


10 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

• Auf welchen Wegen und damit durch welche Strategien möchte ich diese Ziele ver-
wirklichen – durch ein Fern-, Abend- oder Ganztagsstudium?
• Möchte ich den täglichen Lernprozess und damit die Umsetzung/Implementierung
als Einzelkämpfer oder als Teamplayer (bspw. mit Lerngruppen) gestalten? Beteilige
ich mich aktiv an den Vorlesungen, oder bin ich ein passiv Lernender?
• Wie sieht die Organisation meines Studiums aus? Welche Zeiten reserviere ich für das
Lernen? In welchen Räumlichkeiten lerne ich – in der Bibliothek, zu Hause?
• Wie erfolgt die Kontrolle meiner Lernfortschritte?

Dieser gesamte Prozess gelingt dann besonders gut, wenn vorher die Bedürfnisse der
Arbeitswelt analysiert und bspw. ermittelt wurde, welche Schlüsselqualifikationen von
der Wirtschaft gefordert werden, indem bspw. Stellenangebote und einschlägige Literatur
intensiv ausgewertet wurden.

cc Merk-Box  Das Marketing-Management umfasst den Prozess der Marketing-­


Forschung, um in einem Planungsprozess die Marketing-Ziele, die Marketing-­
Strategien, die Marketing-Maßnahmen sowie den Prozess zur Implementierung
zu definieren. Der Implementierungsprozess wird durch die Marketing-Organi-
sation getragen und im Hinblick auf die Erreichung der definierten Ziele durch
ein Marketing-­Controlling überwacht.

1.1.2 W
 ie hat sich die Bedeutung des Marketings im Laufe der
Zeit verändert?

Bei der Kennzeichnung von Verkäufer- und Käufermärkten wurde bereits deutlich, das
Marketing nicht immer eine so dominante Position wie heute innehatte. Am Beispiel von
Deutschland soll aufgezeigt werden, wie sich der Unternehmensfokus innerhalb der letz-
ten Jahrzehnte verschoben hat (vgl. Abb. 1.6).
In der Nachkriegszeit stand zuerst die Sicherung der Grundversorgung der Be-
völkerung im Mittelpunkt des Interesses, da bei der breiten Mehrheit zunächst „… einige
Scheiben Brot, vielleicht ein Tupfer Margarine, zwei kleine Kartoffeln, etwas Milch-
suppe …“ (Wiegrefe, 2005, S. 48) als Tagesration ausreichen mussten. Damit wurden die
unternehmerischen Tätigkeiten von einer Produkt-Perspektive dominiert. Damals stan-
den den erst im Aufbau befindlichen landwirtschaftlichen und industriellen Produktions-
kapazitäten eine riesige Nachfrage gegenüber – und zwar über Branchengrenzen hinweg.
Bei Bekleidung, Nahrungsmitteln, Möbeln, Wohnraum, Unterhaltung etc. bestand ein gro-
ßer Nachholbedarf.
Besonderen Ausdruck fanden diese Produkt-Perspektive und der zugrunde liegende
Mangel in Lebensmittelkarten sowie weiteren Bezugsscheinen, die allein zum Erwerb
bestimmter Produkte berechtigten. Während der sogenannten Hamsterfahrten von Stadt-
bewohnern zu Bauern im Umland wurde versucht, Pelze, Besteck oder Schmuck gegen
1.1 Begriffliche Grundlagen des Marketings 11

Handels- Strategisches Interaktives Global Digitalisierung/


Marketing Marketing Marketing/CRM Marketing/CRM/ Vernetzung/
Online- CRM
Marketing
Massen- Kunden- Digitalisie-
Produkt- Handels- Strategische Globale
markt- bindungs- rungs-
Perspektive Perspektive Perspektive Perspektive
Perspektive Perspektive Perspektive

Trend in Richtung
„Nachhaltigkeit“
Überflussgesellschaft

Konsumgesellschaft
Digitalisierung
Mangelgesellschaft

Dominanz der Verkäufermärkte Dominanz der Käufermärkte

50er Jahre 60er Jahre 70er Jahre 80er Jahre 90er Jahre 2000er Jahre 2010er Jahre

Zeit

Abb. 1.6  Entwicklung der Bedeutung des Marketing

Grundnahrungsmittel wie Mehl, Kartoffeln oder Eier einzutauschen. Andere Anbieter


boten ihre Produkte lieber auf dem Schwarzmarkt an, als diese zu festgesetzten Preisen
abzuliefern. Schließlich stand vielen Milliarden Reichsmark nur ein sehr reduziertes
Warenangebot gegenüber. Dieser immense Kaufkraftüberhang wurde erst durch die
Währungsreform am 20. Juni 1948 überwunden, bei der jede Person 40 Deutsche Mark
erhielt und Sparguthaben drastisch abgewertet wurden. In vielen Bereichen löste die
D-Mark die Zigarette als Währung ab. Die Care-Pakete aus den USA trugen ebenfalls dazu
bei, Versorgungsmängel im Nachkriegsdeutschland zu lindern.
Die Überwindung der Mangelwirtschaft zeigte sich durch die Abschaffung der
Lebensmittelrationierung und der Lebensmittelkarten. Diese erfolgte 1950 im Westen und
1958 im Osten Deutschlands. Die Freigabe eines Großteils der Preise stellte sicher, dass
sich das Produzieren und Verkaufen wieder lohnte. Dies führte in den Folgejahren zu
einem fortschreitenden Aufbau von Produktionskapazitäten, sodass allmählich eine
­
Massenmarkt-­Perspektive ins Zentrum rückte. Zielsetzung war bei vielen Unternehmen,
möglichst große Mengen identischer Produkte kostengünstig für einen Massenmarkt zu
produzieren, um die Versorgung breiter Bevölkerungsschichten sicherzustellen.
So rollte im Westen Deutschlands bei Volkswagen am 3. Juli 1953 der 500.000ste Käfer
vom Band, dessen Standardmodell 4150 DM kostete. Schon 1955 wurde dort der Mil-
lionste Käfer gefeiert. Parallel dazu wurden sechs Millionen Neubauwohnungen für 16
Millionen Menschen gebaut. Gefördert wurde dieser ökonomische Aufschwung u.  a.
durch eine sehr hohe Motivation der Bevölkerung zur Überwindung der Notsituation
sowie durch eine Sechs-Tage-Woche bei einem Urlaubsanspruch von zwei Wochen im
Jahr (vgl. Wiegrefe, 2005, S. 59–61, 47).
In der DDR wurde 1957 die Produktion des Trabants in Zwickau begonnen, von dem
bis 1991 rund 3,1 Millionen Stück  – über die Jahrzehnte technisch weitgehend unver-
ändert und mit fast identischem Aussehen  – verkauft wurden. Allerdings musste der
12 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

Durchschnittsbürger in der DDR rund zwölf Jahre auf seinen „Trabi“ warten. Bei der
„planmäßigen Wohnraumbewirtschaftung“ mussten sich die DDR-Bürger ebenfalls in Ge-
duld üben. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit entsprechender Anträge belief sich auf
fünf Jahre.
In die Zeit der sich entwickelnden Konsumgesellschaft in Westdeutschland fallen ei-
nige der Gründungen sowie die großen Wachstumsphasen der Universalversender Quelle
(Gründung 1927), OTTO (Gründung 1949) und Neckermann (Gründung 1950; Erstauflage
des Neckermann-Kataloges 100.000 Exemplare). Die Versender versorgten den Markt zu-
nächst mit einem einheitlichen Angebot. Ausdruck dieses Massen-Marketings waren die
zweimal im Jahr erscheinenden Hauptkataloge der Versender. Gleichzeitig existierten we-
nige große, auf breite Zielgruppen ausgerichtete Medien. Im Fernsehmarkt waren dies
ARD und ZDF – das sogenannte 1. und 2. Programm. Mehr Programm gab es damals
nicht. Auch wurde nicht rund um die Uhr gesendet. Bei den Zeitschriften dominierten
HÖRZU (erste Auflage 1946), Der Spiegel (erste Auflage 1947) und Stern (erste Auf-
lage 1948).
In den 1960er-Jahren „… brausen die Westdeutschen mit Vespas oder tuckern im Gog-
gomobil durch Neubausiedlungen, in denen Kühlschränke und Waschmaschinen oft schon
zum Standard zählen. Sie erleichtern sich das Kochen mit dem Elektroherd, sehen im
Fernsehen die ‚Tagesschau‘ und pendeln morgens aus den Vorstädten zur Arbeit. 1-2-3-4
lautet die Erklärungsformel dieser Welt: ein Ehepartner, zwei Kinder, drei Räume, vier
Räder“ (Wiegrefe, 2005, S. 61).
Mit dem weiter fortschreitenden Aufbau der Produktionskapazitäten und dem Engage-
ment von immer mehr Unternehmen – zunehmend auch aus dem Ausland – wurde in den
1970er-Jahren in vielen Bereichen der Engpass Produktion überwunden. Jetzt tat sich ein
neuer Engpass auf: der Handel. Die Handelsunternehmen nahmen aufgrund eines zu-
nehmenden Waren- und Dienstleistungsangebotes der entstehenden Überflussgesell-
schaft eine immer wichtiger werdende Mittlerposition zwischen den Herstellern und den
Kunden ein.
Mehr und mehr Anbieter suchten, i. d. R. unter Einbindung von Handelsunternehmen
(wie bspw. Warenhäusern und Supermärkten), den Weg zum Kunden. Der Regalplatz im
Handel war und ist nach wie vor ein knappes Gut. Folglich wurde es eine vorrangige Auf-
gabe des Handels, aus der Vielzahl der angebotenen Produkte die relevanten für die jeweils
betreute Zielgruppe auszuwählen. Der Engpass Handel in Verbindung mit dessen Zugang
zum Endkunden führte dazu, dass ein neues Wort auftauchte: Handelsmacht.
Der Handel konnte aufgrund seiner Machtposition in hohem Maße frei darüber ent-
scheiden, welche Güter in das Angebot aufgenommen wurden. Diese Macht wurde bei der
Durchsetzung von Lieferkonditionen gegenüber Herstellern auch deutlich sichtbar. Auch
wenn die Handelsmacht in jenem Jahrzehnt „entstanden“ ist, blieb ihre Bedeutung in vie-
len Bereichen bis heute erhalten bzw. wuchs noch weiter. Dies wird bspw. an der Konzen-
tration der großen Handelsketten in Deutschland deutlich sichtbar. Der Marktanteil der
größten vier Anbieter – Edeka, Rewe, Aldi und der Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kauf-
land – liegt heute bei mehr als 85 %. Der dominierende Marktführer ist Edeka. Dieses
1.1 Begriffliche Grundlagen des Marketings 13

Unternehmen verfügt über mehr als 100.000 Lebensmittelmärkte und einen Umsatz von
über 55 Mrd. €. Es ist leicht vorstellbar, welche Einkaufsmacht diese Unternehmen auch
gegenüber großen Herstellern wie Beiersdorf, Procter & Gamble sowie Unilever ein-
setzen können. Wie wenig Einfluss dann lokale Molkereien in den Preisverhandlungen
einbringen können, können Sie sich leicht vorstellen!
In den 1980er-Jahren rückte durch den zunehmenden Wettbewerb die strategische
Perspektive in den Mittelpunkt des Marketings. Die Unternehmen waren viel stärker als
zuvor gezwungen über die langfristige Ausrichtung des Unternehmens zu entscheiden.
Hierzu trug auch der zunehmend internationalere Wettbewerb bei. Es wurden zentrale
Konzepte der Unternehmensstrategie eingeführt. Hierzu zählt bspw. die Portfolio-­
Analyse, deren Grundkonzept von der Boston Consulting Group in den 1970er-Jahren
entwickelt wurde. Durch die Werke von Michael Porter rückte die Wettbewerbsanalyse
stärker ins Zentrum.
Da der Wettbewerb um die Kunden mit immer ausgefeilterer Technik ausgetragen
werden musste, wurde das strategische Marketing geboren. Ein zentraler Einflussfaktor
war auch die erstmals auf breiter Front aufkommende Forderung nach einem stärker öko-
logisch orientierten Marketing. Die veränderten Erwartungshaltungen wurden durch
einen Wertewandel in Teilen der kritischen Öffentlichkeit untermauert. Dazu trug die
Anfang 1979 neu gegründete Partei Die Grünen bei. Deren Kernforderungen wurden nach
und nach auch von den großen Volksparteien aufgegriffen. Unternehmen begannen z. T. für
das gesamte Unternehmen bzw. für einzelne Produkte sogenannte Öko-Bilanzen aufzu-
stellen, um ein umweltbewusstes Agieren nach außen besser kommunizieren zu können.
Mit der Entwicklung des Internets zum Massen-Kommunikationsmedium in den
1990er-Jahren begann zunächst ein wahrer Internet-Hype. An dessen Höhepunkt wurde
das generelle Überleben der „Old Economy“ durch die internetgestützte „New Economy“
in Frage gestellt. Konferenzen und Seminare wurden unter den Titel „Old economy meets
new economy“ veranstaltet. Hierdurch sollte deutlich gemacht werden, dass zwei ganz
unterschiedliche Philosophien aufeinandertrafen.
Bei vielen Internet-Start-ups wurde der Erfolg zunächst in „Cash-Burning-Raten“ ge-
messen, orientiert an der Frage: Wie lange benötigt das Unternehmen, um das durch einen
Börsengang gewonnene Geld durch das Geschäftsmodell zu vernichten? Allerdings be-
wahrheitete sich hier – und auch später – wieder einmal die These:

Technology changes, economic laws don’t!


Schließlich wurde nach dem Zusammenbruch der Internet-Blase der Slogan zu „Old eco-
nomy eats new economy“. Die vermeintlich überholten Geschäftsmodelle der Vergangen-
heit bedienten sich der Internet-Technologie als Instrument. In Gestalt des interaktiven
Marketings bedienten sich bspw. Versender, Verlage, der stationäre Handel sowie die
Fluggesellschaften der neuen Kommunikations- und Vertriebswege. Nur wenige der da-
mals neugegründeten Unternehmen – wie bspw. Amazon, eBay, Google, Zappos – schaff-
ten es, zum dominanten (globalen) Player zu werden.
14 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

Parallel dazu verlief eine andere Entwicklung, die den Fokus von der Kundenakquisition
immer stärker in Richtung Kundenbindung verschob. Die Gründe hierfür lagen zum
einen in dem Trend einer generell abnehmenden Kundenloyalität. Auch zufriedene Kun-
den wechselten immer häufiger „ihren“ Lieferanten, weil Kunden „Spaß an der Ab-
wechslung“ hatten. Viele Käufer waren mit einer gleichförmigen und damit austausch-
baren Produktqualität immer weniger zufrieden. Zum anderen stiegen die Kosten für die
Kundengewinnung kontinuierlich an.
Immer mehr Unternehmen orientierten sich an der Erkenntnis, dass es sieben- bis neun-
mal teurer ist, einen neuen Kunden zu gewinnen, als einen bestehenden zu halten. Deshalb
begannen viele Unternehmen, Budgets von der Akquisition zur Betreuung zu verlagern.
Die gesamte Entwicklung lief und läuft unter dem Schlagwort CRM (Customer-­
Relationship-­Management). Den deutlichsten Ausdruck fand dieser Trend in der
­Gründung unternehmensspezifischer Kundenbindungsprogramme (etwa Lufthansa
Miles & More, Mercedes Card) sowie in unternehmensübergreifenden Kunden-
bindungsprogrammen, deren erfolgreichsten Vertreter das Payback-System darstellt.
Der Gesetzgeber hatte durch den Wegfall von Rabattgesetz und Zugabeverordnung im
Juni 2001 eine wichtige rechtliche Rahmenbedingung für diese Entwicklung geschaffen
(vgl. vertiefend zum CRM Kreutzer, 2021a).
Die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte wirken in der gegenwärtigen Unter-
nehmensrealität immer noch nach. Die Anforderungen der Kunden und der breiten
Öffentlichkeit hinsichtlich der unternehmerischen Verantwortung haben sich u. a. in der
Diskussion um die Corporate Social Responsibility (CSR) von Unternehmen nieder-
geschlagen. Mit CSR ist die von den Unternehmen wahrgenommene soziale Ver-
antwortung gemeint, die den freiwilligen, von Unternehmen übernommenen Beitrag zu
einem nachhaltigen Wirtschaften beschreibt, der über die bloße Orientierung an den
gesetzlichen Vorschriften hinausgeht (vgl. grundlegend hierzu Wiesner, 2016; zu ent-
sprechenden KPIs Krause, 2016).
Gleichzeitig spüren fast alle Unternehmen die Auswirkungen der Globalisierung.
Diese zeigt sich in der Abwanderung ihrer Kunden zu ausländischen Anbietern, der stei-
genden Nachfrage nach knappen Rohstoffen sowie in der Konkurrenz durch Produkte und
Dienstleistungen aus Niedriglohnländern. Hier ist bspw. an Kinderspielzeug und Textilien
aus China sowie an die Software-Entwicklung und Call-Center-Services aus Indien zu
denken. Gleichzeitig eröffnet die Globalisierung den Unternehmen die Möglichkeit, in
anderen Ländern (kostengünstiger) zu produzieren oder dort die eigenen Leistungen zu
verkaufen. Diese Entwicklungen haben über die letzten Jahrzehnte zu einem steigenden
Wohlstand in vielen Ländern der Welt geführt.
Die Phase, in der wir uns heute befinden, ist geprägt durch eine immer weiter um sich
greifende Digitalisierung und Vernetzung – auch über Branchengrenzen hinweg. Neue
Geschäftsmodelle – vielfach durch Start-ups entwickelt – haben das Potenzial, viele bisher
erfolgreiche und etablierte Unternehmen zu verdrängen. Das ist Amazon bei Quelle (Li-
quidation 2009) und Neckermann (Insolvenz 2012) schon gelungen. Die Angebote von
Airbnb, Uber und Tesla fordern die bisherigen Platzhirsche in ihren angestammten Ge-
1.1 Begriffliche Grundlagen des Marketings 15

schäftsfeldern heraus! Hier kommt es zum Phänomen des digitalen Darwinismus. Der
damit umschriebene Auswahlprozess belohnt die Unternehmen, die sich schnell an die
veränderten Rahmenbedingungen anpassen können. Wer sich nicht anpasst, wird  – wie
häufig schon geschehen – vom Markt aussortiert (vgl. vertiefend Kreutzer & Land, 2015,
2016; Kreutzer, 2021c). Das Motto lautet hier:

Adapt or die!
Darüber hinaus müssen sich die Unternehmen immer professioneller im Online-Bereich
generell und insb. auch in den sozialen Medien bewähren. Hier entscheidet sich immer
häufiger, welche Unternehmen den Kampf um die Kunden gewinnen werden. Um eine
überzeugende Leistung zu erbringen, ist vielfach eine umfassendere Kooperation – ggf.
sogar mit strategischen Wettbewerbern – angesagt.
Gleichzeitig zeigt sich eine zunehmende Forderung an Unternehmen, ihre gesamten
Aktivitäten stärker auf Nachhaltigkeit auszurichten. Nicht zuletzt durch die „Fridays for
Future“-Bewegung sehen sich immer mehr Unternehmen gezwungen, bei ihren Aktivi-
täten die sogenannten ESG-Kriterien zu berücksichtigen. Diese Abkürzung steht für En-
vironment, Social und Governance. Hiermit wird vor allem durch Investoren das Verhalten
von Unternehmen in Sachen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung bewertet. Insti-
tutionellen Investoren – und damit auch denjenigen, für die diese ihr Geld zur Verfügung
stellen – geht es bei der Geldanlage teilweise nicht mehr nur um Profit, sondern zunehmend
auch um Nachhaltigkeit. Deshalb wird schon verstärkt geprüft, welche sozialen oder öko-
logischen Folgen mit einem Investment verbunden sind. Außerdem wird analysiert, ob die
Entscheidungsträger nach den Regeln einer guten Unternehmensführung handeln. Unter-
nehmen, die hier negativ auffallen, werden perspektivisch von den Investoren sowie von
den Kunden abgestraft werden.

1.1.3 Definition des Marketings

Heute wird Marketing angesichts der aufgezeigten Entwicklungen als ein Konzept der
marktorientierten Unternehmensführung gekennzeichnet (vgl. Becker, 2019, S. 1–4;
Meffert et al., 2019, S. 12 f.; Homburg, 2020, S. 1387–1389). Hierbei ist Markt nicht allein
als Synonym für „Absatzmarkt“ zu verstehen. „Markt“ ist Ausdruck für alle Bereiche, in
denen ein – über marktliche Mechanismen – geregelter Austausch mit anderen Leistungs-
trägern stattfindet. Dieser Austausch erfolgt in den folgenden Bereichen:

• Absatzmarkt, konkretisiert durch Unternehmen und/oder Konsumenten als Abnehmer


einerseits sowie andererseits der Anbieter, die im Wettbewerb zueinander stehen
• Beschaffungsmarkt, bspw. zum Erwerb von Rohstoffen, Energie, Zulieferteilen, Ma-
schinen, aber auch zur Gewinnung von Kapital, Lizenzen und Mitarbeitern; auch hier
stehen die Unternehmen im Wettbewerb – allerdings als „Käufer“
16 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

Darüber hinaus sind weitere Interessengruppen (Stakeholder) zu berücksichtigen,


deren Einfluss auf das Unternehmensgeschehen einzukalkulieren und ggf. aktiv zu ge-
stalten ist (bspw. durch PR- und Lobbyarbeit):

• Allgemeine Öffentlichkeit
Hier geht es bspw. um die Akzeptanz von Atomenergie oder Windrädern, Gen-­
Produkten und neuen Technologien.
• Gesetzgeber
Die rechtlichen Rahmenbedingungen haben bspw. Auswirkungen auf die Forschungs-
möglichkeiten sowie die Industrieansiedlung. Außerdem können durch Subventionen
oder Steuervorteile ausgewählte Projekte bewusst gefördert werden, bspw. die Gewin-
nung von „grünem Wasserstoff“. Dies ist Wasserstoff, der unter Einsatz erneuerbarer
Energien gewonnen wurde.
• Kooperationspartner
Viele Herausforderungen können heute – auch von großen Unternehmen – nur noch
gemeinsam bewältigt werden. Hier ist bspw. an das autonome Fahren oder die Ent-
wicklung einer länderübergreifenden Daten- und Cloud-Lösung für ein europäisches
digitales Ökosystem zu denken (Stichwort Gaja-X-Projekt). Auch die Erschließung
von Auslandsmärkten kann eine Kooperation notwendig machen.
• Mitarbeiter
Eine häufig vernachlässigte Stakeholder-Gruppe sind die eigenen Mitarbeiter. Diese
tragen nicht nur im Unternehmen zur Wertschöpfung bei. Sie können auch außerhalb
des Unternehmens – gleichsam als Marken-Botschafter – wirken und Image sowie Um-
satz fördern.

Bei der weiteren Beschreibung des Marketings ist eine Orientierung an einer Pyramide
sinnvoll (vgl. Abb. 1.7). Zunächst sind an deren Spitze die Marketing-Ziele zu definieren.
Hier werden die zu erreichenden „Wunschorte“ festgelegt (vgl. Kap. 2). Zur Erreichung
dieser Ziele stellt das Marketing verschiedene Strategien bereit. Diese können als „Routen
zum Ziel“ verstanden werden (vgl. Kap. 4). Die Strategien wiederum beeinflussen nach-
haltig den Einsatz der sogenannten Marketing-Instrumente. Hier kann von der „Wahl
der Beförderungsmittel“ gesprochen werden (vgl. Kap. 5; so auch Becker, 2019, S. 4 f.).
Diese Instrumente werden häufig in folgende Kategorien unterteilt:

• Produkt- und Programmpolitik


• Preis- und Konditionenpolitik
• Kommunikationspolitik
• Distributionspolitik

Meines Erachtens ist die Beschränkung der Marketing-Instrumente auf diese Kate-
gorien des sogenannten Marketing-Mix – häufig auch als „4 Ps“ (Product, Price, Promo-
tion, Place) bezeichnet – zu kurz gedacht.
1.1 Begriffliche Grundlagen des Marketings 17

Marketing- Wohin wollen wir?


1. Ebene Ziele
„Bestimmung der
Wunschorte“

Marketing-Strategien
2. Ebene
Wie kommen wir dorthin?
„Festlegung der Route zu den
Wunschorten“

Marketing-Instrumente
3. Ebene Was müssen wir
„Wahl der Beförderungsmittel“ dafür einsetzen?

Abb. 1.7  Pyramide des Marketings. (Quelle: Nach Becker, 2019, S. 5)

Preis- und Kommunikations-


Konditionenpolitik politik
Personal-
politik
Distributions- Produkt- und
politik Programmpolitik

Abb. 1.8 Marketing-Diamant

Hierfür gibt es mehrere Gründe. Zum einen ist festzustellen, dass in Volkswirtschaften
wie Deutschland der Anteil der Beschäftigten im Dienstleistungssektor kontinuierlich an-
steigt. Zum anderen wird es für viele Unternehmen immer wichtiger, sich durch über-
zeugende Serviceangebote von Wettbewerbern zu differenzieren. Die Fokussierung auf
die Produkte allein reicht hierzu nicht mehr aus.

cc Merk-Box  Die Zeit ist reif für die Aufnahme eines „5. Ps“ in den Marketing-Mix.
Dieses P steht für People und soll die immer größer werdende Bedeutung der
Mitarbeiter eines Unternehmens für dessen Erfolg zum Ausdruck bringen.

Hierdurch wird der Marketing-Mix zum Marketing-Diamanten (vgl. Abb. 1.8). Da


alle Leistungen eines Unternehmens und folglich auch die im Marketing direkt oder in-
direkt von der Kreativität, der Motivation und dem Leistungspotenzial „des Personals“
abhängig ist, gebührt der Personalpolitik m. E. dort sogar die zentrale Position.
18 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

cc Merk-Box  Marketing kennzeichnet das Konzept der marktorientierten


Unternehmensführung und umfasst die Planung, Organisation, Durchführung
und Kontrolle aller marktorientierten Aktivitäten. Marketing kann somit sowohl
als Leitbild des Managements wie auch als Unternehmensfunktion (neben Be-
schaffung, Produktion, Human Resources u. a.) verstanden werden.

1.1.4 Arten des Marketings

Die Grundorientierung des Marketings sowie die zugrunde liegenden Werten und Prinzi-
pien werden als Marketing-Philosophie bezeichnet. Diese prägt zusammen mit den be-
reits kurz angesprochenen Strategien und Instrumenten des Marketings das unter-
nehmerische Handeln. Um zu zeigen, wie diese Prägung ausfällt, werden nachfolgend
verschiedene Arten des Marketings vorgestellt.

1.1.4.1 Differenzierung nach der Gewinnerzielungsabsicht


von Unternehmen
Im Hinblick auf die Gewinnerzielungsabsicht eines Unternehmens ist zwischen dem
sogenannten Business- bzw. kommerziellen Marketing und dem Non-Profit- bzw.
nicht-kommerziellen Marketing zu unterscheiden. Wenn bei einem Unternehmen eine
Gewinnerzielungsabsicht vorliegt, spricht man vom Business-Marketing. Hier wird
­Marketing mit dem Ziel eingesetzt, für das Unternehmen einen Gewinn zu erwirtschaften.
Beispiele hierfür sind Adidas, Apple, Beiersdorf, Deutsche Bank, dm Drogeriemarkt,
Facebook, Galeria Karstadt Kaufhof, Google, Montblanc, Tesla und Volkswagen.

cc Denkanstoß  Wir sollten bei allem, was wir als Unternehmen tun, zwischen „Good
Profits“ und „Bad Profits“ unterscheiden! Auf den ersten Blick vielleicht verwirrend,
da Gewinne doch – eigentlich – immer etwas Gutes sind. Aber nein: Good Profits
erzielen wir mit überzeugenden Leistungen, die unsere Kunden gerne zu honorieren
bereit sind. Bad Profits erwirtschaften wir, wenn wir den Kunden durch intrans-
parente, verwirrende oder sogar unfaire Angebote mehr Geld abnehmen, als sie
für die Leistung normalerweise bezahlen müssten. Hierzu zählen bspw. schwer ver-
ständliche Abonnement-Verträge und unklare Geschäftsbedingungen. Wird ein
Kunde „hochberaten“, also zu teureren Angeboten verführt und dazu verleitet, deut-
lich mehr zu kaufen als geplant, dann trägt auch das Risiken in sich.

Solche Maßnahmen können den Gewinn steigern – zumindest kurzfristig. Bleibt beim
Kunden jedoch ein „blödes Gefühl“ zurück, fühlt er sich schlecht behandelt oder sogar
betrogen, dann sind es Bad Profits. Gewinne, die perspektivisch zum Kundenverlust füh-
ren können. Solche Bad Profits sollten wir in Marketing und Vertrieb konsequent
vermeiden.
1.1 Begriffliche Grundlagen des Marketings 19

Fairness ist hier ein guter Navigator!


Non-Profit-Unternehmen verfolgen im Gegensatz zu den gewinnorientierten Unter-
nehmen u. a. folgende Ziele:

• Soziale Ziele
Aktion Mensch (u. a. Betreuung von behinderten Menschen); UNICEF (weltweite Lin-
derung der Not von Kindern); Amnesty International (Hilfe für Gefangene); Bundes-
ministerium für Gesundheit (bspw. zum Alkohol- und Nikotin-Missbrauch, zur AIDS-­
Prävention sowie zur Vermeidung von Social-Media-Burnout)
• Umweltbezogene Ziele
BUND, Greenpeace, WWF
• Glaubensbezogene Ziele
Kirchen
• Bildungs- und Kulturziele
Museen, Theater, Opernhäuser, Hochschulen, Universitäten
• Politische Ziele
Parteien, Gewerkschaften, Verbände

Bei diesen Non-Profit-Institutionen steht keine Gewinnerzielung im Mittelpunkt. Es


werden vielmehr eine Veränderung von Verhaltensweisen angestrebt, ein Kultur-
angebot unterbreitet und/oder auf Missverhältnisse aufmerksam gemacht, um diese
idealerweise zu beseitigen. Auch die Durchsetzung gemeinsamer Ziele kann an-
gestrebt werden.
Um diese Vorhaben zu erreichen, sind auch Non-Profit-Organisationen auf Geldflüsse
angewiesen. Solche Geldflüsse werden bspw. durch den Aufruf zu Spenden ausgelöst.
Dieser Prozess wird Fundraising genannt. Die so agierenden Unternehmen heißen
Fundraiser.

1.1.4.2 Differenzierung nach dem fokussierten Markt


Erfolgt der Einsatz der Marketing-Instrumente auf dem Absatzmarkt, spricht man von Ab-
satz-Marketing. Ist das Marketing auf den Beschaffungsmarkt ausrichtet, wird von Be-
schaffungs-Marketing gesprochen. Hier steht die Beschaffung von Ressourcen im
Mittelpunkt, die ein Unternehmen für seine Wertschöpfung benötigt. Dies können be-
sonders qualifizierte Mitarbeiter (für Verwaltung und Lehre) sein, die im Zuge eines
Hochschul-­Marketings gezielt gewonnen werden. Im Produktionsbereich werden dagegen
qualifizierte Fach- oder Führungskräfte benötigt. Beim Beschaffungs-Marketing kann
auch der Zugang zu Technologien, zu Rohstoffquellen oder zu Wirtschaftsförderungsmaß-
nahmen und Steuervorteilen bei einer Unternehmensansiedlung im Zentrum stehen.
Eine weitere Differenzierung orientiert sich an den unterschiedlichen Absatzmärkten
selbst. Stehen Konsumenten im Fokus, so wird vom Business-to-Consumer-Marketing
(B-to-C oder B2C) gesprochen. Beispiele hierfür sind etwa McDonald’s und Aldi, die mit
ihrem Marketing primär den Konsumenten ansprechen.
20 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

cc Merk-Box  Für die hier angesprochene Zielgruppe wird konsequent der Begriff
Konsumenten verwendet. Diese Personen konsumieren Produkte und Dienst-
leistungen. Das heißt, dass sie diese Güter nicht einsetzen, um andere Produkte
und Dienstleistungen zu erzeugen.

Ist das Marketing dagegen auf Unternehmen als Kunden ausgerichtet, wird dies als
Business-to-Business-Marketing (B-to-B oder B2B) bezeichnet. Dies ist bspw. der Fall
in der Beziehung zwischen Volkswagen und seinen Zulieferern, konkret von Continental
für Reifen und Bosch für die Fahrzeugelektronik. Volkswagen kauft hier Produkte ein, um
damit eigene Leistungen zu erzeugen. Es geht folglich nicht um eine konsumtive, sondern
um eine produktive Nutzung.

cc Merk-Box  Deshalb sollte im B2B-Marketing immer von Kunden und nicht


von Konsumenten gesprochen werden.

Eine Weiterentwicklung finden diese Konzepte in Form des B2B2B-Marketings bzw.


des B2B2C-Marketings. Dies ist eine besonders elegante Form der Kundenorientierung.
Im Mittelpunkt stehen bei der Ausgestaltung des Marketings nicht nur die Erwartungen
der direkten Kunden, sondern auch die Erwartungen der Kunden unserer Kunden (in-
direkte Kunden). Berücksichtigt ein Anbieter auch die Bedürfnisse der indirekten Kunden,
kann er seinen unmittelbaren Abnehmern idealerweise ein überzeugenderes Angebot
unterbreiten. Dann geht es nicht darum, dem Abnehmer „die Produkte ins Regal zu drü-
cken“, sondern diesem bei der weiteren Vermarktung zu helfen. Hierdurch können häufig
langfristig werthaltige Kundenbeziehungen aufgebaut werden (vgl. vertiefend Kreut-
zer, 2021a).
In den letzten Jahren hat eine Form des Marketings an Bedeutung gewonnen: das Con-
sumer-to-Consumer-Marketing (C-to-C oder C2C). Hierbei geht es um die Aus-
gestaltung von Geschäftsbeziehungen direkt zwischen Konsumenten. Customer-to-­
Customer-­ Märkte werden durch das Internet gefördert, weil dieses eine leichte
Kontaktaufnahme und Geschäftsabwicklung zwischen Privatpersonen ermöglicht. Unter-
nehmen betreiben auch entsprechende Plattformen, um Privatpersonen als Anbieter und
Nachfrager zusammenzuführen. Hier ist bspw. an Amazon Marketplace, eBay und Za-
lando Zircle, aber auch an Airbnb zu denken. Diese Plattformen ermöglichen ein C2C-Mar-
keting. Hier ist allerdings darauf hinzuweisen, dass auch Profi-Händler bzw. Unternehmen
auf diesen Plattformen tätig sind. Dieser Teil gehört dann entweder zum B2C- oder zum
B2B-Marketing.

1.1.4.3 Differenzierung gemäß der internen oder externen Ausrichtung


des Marketings
Die Ausrichtung des Marketings insb. auf den Markt, aber auch auf die anderen Felder der
Mikro- und Makro-Umwelt und damit das externe Marketing, ist für die große Mehrheit
der Unternehmen bereits an der Tagesordnung. Dagegen besteht bei vielen Unternehmen
1.1 Begriffliche Grundlagen des Marketings 21

hinsichtlich des internen Marketings oder des Marketings nach innen noch ein großer
Nachholbedarf. Durch eine solche Ausrichtung des Marketings nach innen, hier insb. der
unternehmerischen Kommunikation, sind Mitarbeiter über die strategische Ausrichtung
und die zentralen Ziele des Unternehmens frühzeitig zu informieren. Hierdurch soll bspw.
vermieden werden, dass die eigenen Mitarbeiter existenzielle Entscheidungen des Unter-
nehmens (etwa bei Personalabbau und Standortverlagerungen) nicht erst aus der Presse
erfahren.
Demotivierend für die Mitarbeiter (bspw. in einem Customer-Service-Center) ist es,
wenn diese nicht im Vorfeld mit Hinweisen auf geplante Werbeaktionen versorgt werden.
Dann sind Kunden, die bspw. per Chat, sozial Media oder Telefon mit dem Unternehmen
Kontakt aufnehmen, besser informiert als die betreuenden Mitarbeiter. Aufgrund des stei-
genden Wettbewerbsdrucks und des damit verbundenen „Werbens um jeden einzelnen
Kunden“ wird die Bedeutung des internen Marketings in Zukunft noch steigen. Deshalb
wurde die Personalpolitik als eigenständiges Instrument in den Marketing-Diamanten
integriert (vgl. Abschn. 5.5). Eine Aufgabe besteht etwa darin, eigene Kunden zu Marken-­
Botschaftern bzw. zu Brand Ambassadors zu machen.

1.1.5 Tauschobjekte im Marketing

Marketing kann sich auf verschiedene Tauschobjekte (i. S. der Gegenstände der markt-
lichen Austauschprozesse) beziehen. Deren Charakteristika haben einen entscheidenden
Einfluss auf den Einsatz der verschiedenen Marketing-Methoden. Diese Tauschobjekte
werden nach folgenden Kriterien differenziert:

• Inhalt/Verwendungsart
• Art der Informationsbeschaffung
• Kaufverhalten
• Grad des Produktinteresses
• Markierung/Branding

1.1.5.1 Differenzierung der Tauschobjekte nach Inhalt


bzw. Verwendungsart
Im Hinblick auf den Inhalt bzw. die Verwendungsart ist zwischen Konsum- und Industrie-
gütern (auch Sachleistungen genannt) einerseits und Dienstleistungen andererseits zu
unterscheiden. Konsumgüter sind körperliche Produkte. Diese werden von Einzel-
personen oder privaten Haushalten gekauft, um sie einer konsumtiven Verwendung zu-
zuführen. Das bedeutet, dass diese Produkte für den eigenen Ge- oder Verbrauch bestimmt
sind und keiner gewerblichen Nutzung unterliegen. Hierzu gehören Waschmittel und Tex-
tilien ebenso wie das privat genutzte Smartphone und der selbst genutzte Pkw. Hier wird –
wie schon erwähnt – von Konsumenten gesprochen.
22 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

Industriegüter, die teilweise auch Investitionsgüter genannt werden, sind die von
Einzelpersonen oder Organisationen erworbenen, körperlichen Produkte, die zur Er-
zeugung von Sach- oder Dienstleistungen eingesetzt werden (vgl. Backhaus & Voeth,
2014, S.  3–6; auch Seebacher, 2021). Diese Produkte werden einer produktiven Ver-
wendung zugeführt. Beispiele hierfür sind Produktionsanlagen und Fabrikgebäude, aber
auch Waschmittel, Textilien, Smartphones und Pkws, die in Produktionsprozesse ein-
gebunden sind.
Es wird deutlich, dass es Industriegüter gibt, die „von Natur aus“ für den gewerblichen
Einsatz bestimmt sind. Hierzu zählen bspw. Produktionsanlagen und Fabrikgebäude. Hier
spricht man von geborenen Industriegütern. Bei anderen Produkten hängt die Zu-
ordnung zum Konsum- oder Industriegut von der Art des Einsatzes ab. Kauft eine Reini-
gung Waschmittel, ein Krankenhaus weiße Polo-Shirts, ein Beratungsunternehmen Smart-
phones und die Deutsche Post Pkws für die Briefzusteller, handelt es sich auch hier um
Industriegüter. Genauer gesagt sind dies gekorene Industriegüter, weil erst die Art der
Verwendung aus dem Produkt ein Industriegut macht.
Ein Spezifikum von Industriegütern liegt darin, dass es sich bei diesen um einen ab-
geleiteten Bedarf handelt. Das bedeutet, dass die zu beschaffenden Leistungen vom zu
erzeugenden Endprodukt des kaufenden Unternehmens abhängen. Welches Waschmittel
eine Reinigung einkaufen muss, ist von dessen Leistungsangebot abhängig. Welche Fahr-
zeuge die Deutsche Post erwerben möchte, ist von den zu erbringenden Leistungen ab-
hängig. Deshalb sprechen wir von „abgeleitetem Bedarf“.
Dienstleistungen sind nicht-gegenständliche Güter. Hier kann bspw. an die Beratung
eines Unternehmens, die Planung eines Hauses durch einen Architekten, die Inanspruch-
nahme eines Friseurs, den Besuch eines Restaurants, die Entwicklung einer Wer­
bekampagne, die Stadtreinigung oder das Unterrichten von Studenten gedacht werden
(vgl. vertiefend Haller & Wissing, 2020).
Hierbei ist allerdings darauf hinzuweisen, dass diese Dienstleistungen teilweise auch
mit anfassbaren Produkten einhergehen. Die Unternehmensberatung wird oft mit einer
auch ausgedruckten Präsentation und/oder einem Konzeptpapier abgeschlossen. Die
Dienstleistung eines Architekten ist ein schriftlich dokumentierter Bauplan. Auch beim
Friseur und beim Restaurantbesuch entsteht ein „anfassbares“ Ergebnis. Dennoch domi-
niert vielfach der nicht-gegenständliche Anteil. Dies wird auch am Beispiel einer Ver-
sicherungspolice deutlich. Das Papier, auf dem die Lebensversicherungs-Police aus-
gedruckt ist, stellt nur die vertragliche Grundlage für eine Leistung dar, in die über
Jahrzehnte einzuzahlen ist, um idealerweise weitere Jahrzehnte eine finanzielle Leistung
zu beziehen.
Dienstleistungen können ebenfalls entweder einer produktiven oder einer konsumti-
ven Verwendung dienen. Ein Restaurantbesuch kann als privates Rendezvous oder als
Geschäftsessen erfolgen. Die Arbeit eines Architekten kann sich einem Privathaus oder
einem Bürogebäude widmen. Ein Friseurbesuch kann den Auftritt von Daniel Radcliffe
oder Emma Watson bei einer Gala vorbereiten  – ober aber der eigenen Hochzeit
vorausgehen.
1.1 Begriffliche Grundlagen des Marketings 23

Einige Besonderheiten der Dienstleistungen liegen darin, dass sie in hohem Maße
personenabhängig sind. Ein Friseurtermin ohne meine Anwesenheit gelingt ebenso
wenig wie ein Vortrag oder eine Vorlesung ohne Zuhörer (von Aufzeichnungen einmal
abgesehen). Außerdem sind Dienstleistungen i. d. R. nicht „lagerfähig“. Hier ist bspw. an
die Hotelzimmer oder die Restauranttische zu denken, die gestern nicht genutzt wurden.
Auf eine Doppelnutzung am Tag danach sollte man eher verzichten!
Vielfach werden Dienstleistungen auch erst zum Zeitpunkt des Verbrauchs erzeugt.
Dies gilt bspw. bei Live-Konzerten oder in Coaching-Sessions. Hier wird vom „Uno-­
actu“-Prinzip gesprochen – der Prozess der Erzeugung und Nutzung findet ohne Unter-
brechung statt, quasi in einem Akt. Diese Aspekte sind bei der Ausgestaltung des
Dienstleistungs-­Marketings zu berücksichtigen.

1.1.5.2 Differenzierung der Tauschobjekte nach Art


der Informationsbeschaffung
Tauschobjekte können auch danach unterschieden werden, in welcher Form Informatio-
nen über sie beschafft werden können. Bei einem Suchgut (auch Inspektionsgut; engl.
„Search Good“) kann ein potenzieller Käufer bspw. schon vor dem Kauf Kenntnisse über
die Qualität des Angebotes erlangen. So genügt ein Blick in den Kofferraum eines Pkws,
um dessen Größe festzustellen. Mit dem Begriff Suchgut werden folglich Güter be-
zeichnet, deren Merkmale und Eigenschaften vor dem Kauf leicht bewertet werden kön-
nen. Hierzu zählen bspw. Teppichböden, Bekleidung, Möbel, Schuhe und Schmuck.
Von einem Erfahrungsgut (engl. „Experience Good“) spricht man, wenn die Quali-
tät erst nach dem Gebrauch festgestellt werden kann. Dies ist etwa beim Einsatz eines
Tablet-­PCs oder eines Smart-TVs, aber auch bei einem Streaming-Dienstleister der Fall,
weil sich die Vor- und Nachteile dieser Güter erst im täglichen Einsatz offenbaren. Auch
die Qualität der Dienstleistung eines Friseurs oder eines Restaurants kann erst im Pro-
zess selbst erkannt werden. Hier können die Nutzer folglich erst im Zuge der Inan-
spruchnahme von Leistungen Lerneffekte erzielen, die sich auf zukünftiges Kaufver-
halten auswirken. Die Merkmale eines Erlebnisguts (insb. die Qualität) lassen sich im
Vorfeld folglich kaum bewerten. Im Erleben selbst ist die Qualität dagegen sehr gut zu
erkennen.
Beim Vertrauensgut (engl. „Credence Good“) handelt es sich um Sach- oder Dienst-
leistungen, deren Qualität auch nach dem Kauf bzw. nach der Verwendung nicht sicher
festgestellt werden kann. In diese Kategorie fallen bspw. alle Nahrungsergänzungsmittel
(etwa Vitaminpräparate). Auch viele Formen der medizinischen Behandlung, Reparaturen
am Auto (bspw. der Austausch von Bremsscheiben) sowie Dienstleistungen zur Instand-
haltung von Häusern (etwa Klempnerarbeiten) stellen Vertrauensgüter dar. Bei einem Ver-
trauensgut ist die Nutzenwirkung für den Kunden selbst nach dem Kauf bzw. während
oder nach dem Ge- oder Verbrauch nur schwer oder gar nicht feststellbar. Hier ist häufig
eine asymmetrische Informationslage zwischen dem Kunden und dem Leistungserbringer
gegeben. Hier muss der Nutzer in vielen Fällen schlicht darauf vertrauen, dass die (ver-
meintlichen) Spezialisten einen guten Job machen.
24 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

Anteil der
Vertrauensqualitäten 100 %
Ein Arztbesuch ist
Arzt- ein Vertrauensgut
besuch
Der Restaurant-
Haushaltsbürsten besuch ist ein
sind ein Suchgut Erlebnisgut

Haushalts- Restaurant-
bürsten besuch

Anteil der Anteil der


Suchqualitäten Erlebnisqualitäten
100 % 100 %

Abb. 1.9  Typologie von Produkten und Dienstleistungen nach Art der Informationsbeschaffung

Die verschiedenen Kategorien sind in Abb. 1.9 dargestellt. Haushaltsbürsten gehören


zur Gruppe der Suchgüter. Hier kann beim Kauf ein erster guter Eindruck der Qualität
gewonnen werden. Ganz anders sieht das bei einem Restaurantbesuch aus. Hier handelt es
sich um ein Erlebnisgut. Die Räumlichkeiten, die vor der Bestellung und vor dem Genuss
einer Speise bewertet werden können, sagen noch nichts über den Service und den Ge-
schmack des Essens aus. Dieses erschließt sich erst im Zuge des Erlebnisses. Beim Arzt-
besuch handelt es sich um ein Vertrauensgut. Der Arzt kann noch so zugewandt und
sympathisch sein, die Praxisräume können hochwertig ausgestattet sein und die Aura eines
5-Sterne-Hotels versprühen. Ob der Arzt ein Scharlatan oder ein genialer Heiler ist, lässt
sich häufig erst später – oft nach Jahren – feststellen.
Die Relevanz dieser Klassifizierung liegt darin, dass die Informationsbeschaffung beim
Erwerb von Such-, Erfahrungs- und Vertrauensgütern ganz unterschiedlich ausfällt, um zu
einer guten Kaufentscheidung zu kommen. Dem haben Unternehmen in ihrer Kommuni-
kation entsprechend Rechnung zu tragen (vgl. Nelson, 1970, S. 311 f.; Weiber & Adler,
1995, S. 107).

1.1.5.3 Differenzierung der Tauschobjekte nach Kaufverhalten


Hinsichtlich des Kaufverhaltens lassen sich ebenfalls verschiedene Kategorien unter-
scheiden. Es gibt Impulskäufe (auch Spontankäufe genannt). Bei diesen entscheidet sich
der Kunde  – angeregt durch das konkrete Angebot  – spontan und damit ungeplant für
einen Kauf. Hierzu sollen nicht nur die Angebote von Süßigkeiten in der sogenannten
„Quengelzone“ an den Kassen im Handel beitragen, sondern auch Zweitplatzierungen von
Produkten. Mit Zweitplatzierung ist eine weitere Platzierung eines Produktes im gleichen
Geschäft gemeint – parallel zur „Standardplatzierung“ im Regal.
Das Leistungsversprechen von Tchibo, „jede Woche eine neue Welt“, soll neugierig
machen und Kunden ebenfalls zu spontanen Käufen motivieren. Das gilt auch für die
wöchentlich wechselnden Hartwaren-Angebote der Discounter. Schließlich sind die heute
angebotenen Produkte in der nächsten Woche schon nicht mehr im Angebot. Da viele
1.1 Begriffliche Grundlagen des Marketings 25

Kriterium Impulsprodukte Convenience Goods Shopping Goods Specialty Goods


Planungsintensität Keine Planung Gering Hoch Hoch
Finanzieller Einsatz Gering Gering Hoch Hoch
Kaufhäufigkeit Abhängig vom Angebot Regelmäßig Selten Selten
Habitualisierungsgrad Unterschiedlich Hoch Gering Gering
Sorgfältiger Vergleich der Intensive Suche nach
Angebote einem bereits bekannten
Offen für Kaufimpulse und Anbieter/Produkt
Informationen Preisvergleich bzgl. des
gleichen Angebotes
Angebotspräferenz Keine Gegeben Offen für passende Gegeben
Angebote
Ziel des Käufers vor dem Keines Bequemlichkeit im Einkauf Einkaufen aus Spaß Suche nach einem
Kauf bestimmten Angebot
Beispiele Kaugummi Viele Lebensmittel Möbel Möbel
Marmelade Süßigkeiten Z. T. Kleidung Z. T. Kleidung
Schokolade Zigaretten Schuhe Schuhe
Nutella Tageszeitung Elektroartikel Elektroartikel
Tchibo-Produkte PKW Pkw
Konsequenzen aus Auffallende, ansprechende Hohe Erhältlichkeit Selektive Vertriebswege Selektive Vertriebswege
Anbietersicht Angebotspräsentation am (Ubiquität) möglich möglich
POS Einkaufswiderstände Aufmerksamkeit am POS Service/Beratung wird
„Funke“ soll spontan abbauen (bspw. leicht erregen nicht unbedingt erwartet,
überspringen aufzufinden) Service/Beratung wird z. da Präferenzen bereits
Starke Marke hilfreich Service/Beratung nicht T. erwartet vorliegen
Kunden mit Angebot relevant Eher Auswahlbestätigung
überraschen hilfreich

Abb. 1.10  Kennzeichnung von Angeboten nach Kaufverhalten

Millionen Konsumenten jede Woche bei Aldi, Lidl, Tchibo & Co. „vorbeischauen“, mit
der Bereitschaft, bei passenden Angeboten „zuzuschlagen“, kann man m. E. von einem
nur scheinbar widersprüchlichen geplanten Impulskauf sprechen. Hier wird tatsächlich
die Bereitschaft zum impulsiven Kaufen geplant (vgl. zusammenfassend Abb. 1.10).
Convenience Goods sind um Produkte, bei denen die Bequemlichkeit beim Einkauf
im Mittelpunkt steht. Allerdings wird der gleiche Begriff auch für Produkte verwendet, bei
denen die Bequemlichkeit bei der Zubereitung angesprochen ist (bspw. Fertiggerichte,
Tiefkühlpizzas, Tütensuppen). Diese sind hier jedoch nicht gemeint. Da der Kunde die
erstgenannten Produkte regelmäßig kauft, möchte er keinen großen Such- und Auswahl-
aufwand betreiben. Deshalb werden diese Produkte gewohnheitsmäßig bzw. habitualisiert
gekauft. Habitualisiert bedeutet, dass der Kaufvorgang zur Routine, zur Gewohnheit (engl.
„habit“) geworden ist.
So vergleicht ein Konsument nicht bei jedem Joghurtkauf wieder von neuem, welche
Marke mit welchem Fettgehalt in welcher Verpackungsgröße mit welcher Geschmacks-
richtung etc. zu wählen ist. Man greift zu Fruchtzwerge oder Landliebe oder entscheidet
sich für Weihenstephan – weil man dies schon häufiger getan hat und zufrieden war. Die
Habitualisierung des Verhaltens führt, wie in anderen Feldern auch, zu einer Komplexi-
tätsreduktion und spart dadurch Zeit und „geistige Energie“. Aus Anbietersicht ist es hier
wichtig, dass diese Produkte leicht zu finden und möglichst immer vorrätig sind. Eine
gleichbleibende Qualität und eine vertrauensbildende Preisstrategie tragen zusätzlich zur
gewünschten Habitualisierung bei.
Viele Convenience Goods gehören zu der Gruppe der Fast Moving Consumer Goods
(FMCGs). Dies sind „schnelldrehende“ Konsumgüter, die nur eine kurze Verwendungs-
zeit haben (wie bspw. Lebensmittel, Körperpflegemittel, Tierfutter, Getränke) und deshalb
26 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

eine hohe Kaufhäufigkeit aufweisen. Davon zu unterscheiden sind die Durable Goods
i. S. der langlebigen Konsumgüter, wie bspw. TV-Geräte, Smartphones und Tablet-PCs.
Bei Shopping Goods, die seltener gekauft werden und häufig auch im höheren Preis-
segment liegen (bspw. Anzüge, Schuhe, Möbel), ist der Kunde bereit, tendenziell mehr
Zeit und Energie für das Einkaufen zu investieren. Er vergleicht verschiedene Angebote,
sucht unterschiedliche Einkaufsstätten auf und ist offen für Informationen und Beratung.
Sein Präferenzsystem steht noch nicht fest. Deshalb können eine ansprechende Produkt-
präsentation und ein guter Service am POS – online wie offline – zur Ausbildung dieser
Präferenzen beitragen. POS steht für Point of Sale i.  S. des Verkaufspunktes, bspw. in
einem Einzelhandelsgeschäft oder im Online-Shop. Teilweise wird auch vom POP als
Point of Purchase i. S. des Kaufpunktes gesprochen.
Der Unterschied der Shopping Goods zu den Specialty Goods liegt lediglich darin,
dass bei Letzteren das Präferenzsystem des Kunden schon ausgebildet ist. Bei Specialty
Goods hat sich der Kunde bspw. für Schuhe der Marke Camper entschieden und sucht
diese jetzt in verschiedenen Handelsformaten. Findet er sie in einem Schuhgeschäft oder
einem Online-Shop nicht, geht er zum nächsten. Allerdings darf man die Geduld des Kun-
den nicht überstrapazieren. Wenn die Produkte zu selten zu finden sind, kann das auch als
mangelnde Attraktivität des Produktes interpretiert werden und zu einem Überdenken der
eigenen Präferenzen führen.
Wichtig ist, sich bewusst zu machen, dass diese Klassifizierungen nur Tendenzen dar-
stellen, die im Zuge einer Marktsegmentierung für die Definition von Zielgruppen rele-
vant sind (vgl. Abschn.  4.2.2.3). Für Einzelpersonen oder bestimmte Gruppen können
bspw. auch Lebensmittel zum Specialty Good werden, wenn ganz bestimmte Anbieter
präferiert werden (bspw. Saucenfonds von Lacroix oder Mehl von Demeter). Es kann auch
passieren, dass ein bisher auf Bequemlichkeit basierender Kaufvorgang auf einmal mit
mehr Sorgfalt und Bedacht vollzogen wird, weil bspw. bestimmte Lebensmittel durch
Lebensmittelskandale in Verruf kommen. Es ist auch schon vorgekommen, dass jemand
eigentlich nur Erdbeeren kaufen wollte und mit einem Gebrauchtwagen zurückkam (ein
eher untypisches Beispiel für einen Spontankauf!).

1.1.5.4 Differenzierung der Tauschobjekte nach dem Grad


des Produktinteresses
Angebote können auch nach dem Grad des Produktinteresses seitens der Kunden unter-
schieden werden. Hierbei wird zwischen Low- und High-Interest-Produkten differenziert.
Low-Interest-Produkte sind Güter des täglichen Bedarfs, denen die Kunden – auch auf-
grund der häufig niedrigen Preisstellung – keine hohe Bedeutung beimessen. Hierzu zäh-
len bspw. Marmelade, Margarine und Fruchtsaft. High-Interest-Produkte sind dagegen
solche, denen der Kunde aus verschiedenen Gründen eine höhere Aufmerksamkeit
schenkt. Dies ist bspw. bei der Wohnungs- und Arbeitssuche, beim Kauf teurer Möbel und
Kameras oder beim Autokauf der Fall (vgl. Abb. 1.11).
Eine besondere Bedeutung hat in den Augen der Kunden das Risiko einer Fehlent-
scheidung. Je höher dieses ist, desto mehr Wert legt der potenzielle Käufer auf einen sorg-
1.1 Begriffliche Grundlagen des Marketings 27

Kriterium Low-Interest-Produkte High-Interest-Produkte


Subjektiv empfundenes Kaufrisiko Niedrig Hoch
Höhe des finanziellen Aufwandes Niedrig Hoch
Sichtbarkeit des Konsums nach außen Niedrig Hoch
Beeinflussbarkeit der Kaufentscheidung Gering Hoch
Beispiele Süßigkeiten Pkw
Strom Oberbekleidung
Margarine Geldanlagen
Urlaubsreisen
IT-Anlagen
Hochschule
Konsequenzen aus Kundensicht Schwache Aktivierung Hohe Aktivierung
Oberflächliche Aktive Informations-
Beschäftigung mit beschaffung
Produktinformationen Hohe Ich-Beteiligung
Geringe Ich-Beteiligung
Konsequenzen aus Anbietersicht Relevanz muss erst Anbieter kann auf aktiven
aufgebaut werden Kunden setzen

Abb. 1.11  Kennzeichnung von Angeboten nach Produktinteresse

fältigen Entscheidungsprozess. Zu dieser Kategorie gehört häufig der Kauf von höher-
wertiger bzw. „gewagterer“ Kleidung, von Pkws, von Haushaltselektronik und IT-­Geräten,
die mehrere Jahre genutzt werden. Dienstleistungen, wie Finanzanlagen oder Ver-
sicherungen sowie die Wahl der Hochschule, gehören ebenfalls in diese Kategorie.
Allerdings gilt auch hier, dass diese Klassifizierung nur Tendenzen darstellt. So können
Lebensmittel für besonders ernährungsbewusste Konsumenten auch High-Interest-­
Produkte darstellen, weil nur biologisch angebaute Produkte mit Gütesiegel konsumiert
werden. Dagegen kann Bekleidung von diesen allein nach Preis vom Wühltisch ge-
kauft werden.
Aus Unternehmenssicht ist diese Produktklassifizierung für die Frage relevant, wie viel
Zeit und Energie der Kunde in die Beschäftigung mit dem Angebot investieren möchte.
Bei Low-Interest-Produkten ist die Bereitschaft dazu eingeschränkt. Hier möchte der
Kunde finden, nicht suchen. Bei High-Interest-Produkten kann dagegen von einem aktiv
suchenden Kunden ausgegangen werden.

1.1.5.5 Differenzierung der Tauschobjekte nach Markierung


bzw. Branding
Bevor auf die Markierung eingegangen wird, ist zunächst der Begriff der Marke selbst zu
klären. Für den Aufbau der Marke können verschiedene Elemente verwendet werden.
Hierzu zählen der Name, eingesetzte Begriffe, Farben, Abbildungen, Zeichen, Symbole,
Logos (visuell/akustisch), Düfte, Symbole oder eine Kombination von diesen. Durch die
Marke soll ein Angebot identifizierbar werden und sich gleichzeitig vom Wettbewerb
abgrenzen.
Durch Marken wird zum einen ein entscheidender Beitrag zur Identifikation von An-
geboten und damit eine Orientierungshilfe beim Kauf geschaffen. Um sich positiv von
28 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

Wettbewerbsangeboten abzuheben, sind mit der Marke zum anderen konkrete Nutzen-
bündel zu verbinden, die für die Nachfrager eine Relevanz aufweisen. Die Gesamtheit
dieser Aufgaben wird als Markenführung bzw. Branding bezeichnet (vgl. zu weiteren
Definitionen Meffert et al., 2019, S. 265 f.; Baumgarth, 2014, S. 1–7; Burmann et al., 2018;
Esch, 2017; Kilian, 2021; Schmidt, 2016; zum Digital Branding Kilian & Kreutzer, 2022).
Für die Inhaber der Markenrechte (Hersteller und/oder Handelsunternehmen) stehen
folgende Ziele der Markenführung im Mittelpunkt:

• Rechtlicher Schutz vor einer unautorisierten Verwendung der eigenen Marke


• Aufbau von Markentreue bei den Kunden durch Sicherstellung einer Wiedererkenn-
barkeit des eigenen Angebotes im Wettbewerbsumfeld
• Schaffung eines Preis-Premiums durch eine attraktive Marke, bei der Kunden für ein
Markenprodukt bereit sind, einen höheren Preis zu bezahlen (abhängig von der Art der
Markenpositionierung)
• Ermöglichung einer differenzierten Marktbearbeitung, weil Marketing-Maß-
nahmen (bspw. Werbung, Verkaufsförderung) gezielt auf eine Marke – und bspw. nicht
auf eine Produktkategorie – ausgerichtet werden können; potenzielle Kunden erkennen
durch die Markierung, welches Angebot genau gemeint ist

Für die Kunden sind folgende Funktionen der Marke relevant:

• Orientierungshilfe
Eine Markierung ermöglicht den Kunden ein leichteres Erkennen eines spezifischen
Angebots und leistet dadurch eine Orientierungshilfe bei der Auswahl.
• Qualitätsindikator
Die Marke liefert – in Abhängigkeit ihrer Positionierung – einen Beitrag als Qualitäts-
indikator. Dies reicht von einer Primark-Hose für 5,95 € (in einfacher Qualität) über ein
H&M-Shirt (in einfacher bis mittlerer Qualität) bis zur Armani-Hose (mit einem hohen
Qualitätsanspruch, bspw. hinsichtlich Material und modischem Schnitt). Durch die
Positionierung der Marke wird auf die Qualität des Produktes geschlossen.
• Vertrauensfunktion
Marken können die Kaufunsicherheit reduzieren, wenn sie ein spezifisches Leistungs-
versprechen vermitteln. Dies kann von „günstig“ (etwa bei ja!-Produkten) bis „extrem
hochwertig“ (bspw. bei Dom Pérignon Champagner) reichen. Das Risiko eines Fehl-
kaufs wird dadurch in den Augen der Käufer reduziert.
• Image-/Prestigefunktion
Kunden können – bei image- und prestigeträchtigen Marken – aus der Nutzung selbst
in den eigenen Augen oder in denen der jeweiligen Bezugsgruppe einen psycho-
logischen Nutzen ziehen und sich dadurch gleichsam „erhöhen“. Dies gelingt bspw.,
wenn man eine Uhr der Marke Lange & Söhne oder einen Apple-Laptop besitzt.

Die Marke kann somit durch die Art der Markierung bzw. des Branding einen wich-
tigen Beitrag zur Differenzierung von Produkten leisten (vgl. vertiefend Abschn. 5.1.3).
1.1 Begriffliche Grundlagen des Marketings 29

Kriterium Markenartikel Handelsmarken No-Names


Kennzeichnung Markierung/Markenname für Markierung/Markenname für Markierung für eine Vielzahl von
einzelne Produkte/ einzelne Produkte/Produktgruppen Produkten aus unterschiedlichen
Produktgruppen „Kopieren“ häufig erfolgreiche Kategorien
Markenartikel sind vielfach Markenartikel Einzelprodukte innerhalb der
Impulsgeber von Innovationen, Heute teilweise auch als Kategorien tragen keinen eigenen
die oft „kopiert“ werden Innovatoren am Markt Markennamen
„Kopieren“ häufig erfolgreiche und
schnell drehende Markenartikel
Relative Qualität/QualitätsanspruchHohe/höchste Qualität Mittlere bis hohe/höchste Qualität U. U. schwankende Qualität
Relative Preisstellung Hohe/höchste Preise Mittlere bis hohe Preise Niedrigste Preise
Erhältlichkeit I. d. R. in verschiedenen Konzentration auf einen Konzentration auf einen
Vertriebskanälen Vertriebskanal oder auf Kanäle einer Vertriebskanal oder auf Kanäle einer
Handelsgruppe Handelsgruppe
„Absender“ des Produktes Hersteller Handel Handel
Zielsetzung des Absenders Sicherstellung der Sicherstellung der Sicherstellung der
Wiedererkennung des eigenen Wiedererkennung des eigenen Wiedererkennung des eigenen
Angebotes Angebotes Angebotes
Differenzierung des eigenen Differenzierung des eigenen Differenzierung des eigenen
Angebotes im Wettbewerbs- Angebotes im Umfeld anderer Angebotes im Umfeld anderer
umfeld von Herstellern und Händler und gegenüber Händler
Handel Herstellern Dominante Kommunikation des
Emotionale Aufladung des Emotionale Aufladung des Preisvorteils
Angebotes Angebotes Bindung des Kunden an den
Bindung des Kunden an das Bindung des Kunden an den eigenen Vertriebskanal
eigene Produkt eigenen Vertriebskanal Habitualisierung des
Habitualisierung des Habitualisierung des Kaufverhaltens bzgl. des eigenen
Kaufverhaltens bzgl. des eigenen Kaufverhaltens bzgl. des eigenen Vertriebskanals
Angebotes Vertriebskanals Antwort des klassischen Handels
Höhere Wertschöpfung durch auf die Angebote der Discounter
Eigenkonzeption der Marke
Beispiele Boss Aldi: Alpenmark, Choceur, Fair & Edeka: Gut & Günstig
Brax Gut, Karlskrone, Tandil Rewe: ja!
Coca-Cola Anson´s, Peek & Cloppenburg:
Eastpack Christian Berg, McNeal, Abrams
Gucci C&A: Westbury
Head & Shoulders DM-Markt: Balea, Das gesunde
iPhone Plus, alverde
Miele Lidl: Bellarom, Freeway, Maribel,
Montblanc Milbona, Perlenbacher
Nivea Penny: Butcher´s, Naturgut
Nutella
Pampers
Persil
Rolex
Swarovski
Riedel
Tempo
Tommy Hilfiger

Abb. 1.12  Kennzeichnung von Markenartikeln, Handelsmarken und No-Names

An dieser Stelle werden drei für den Einzelhandel in Deutschland besonders relevante
Klassen dargestellt:

• Markenartikel
• Handelsmarken
• No-Names

In Abb.  1.12 werden die zentralen Unterschiede dieser Klassen zusammengefasst.


Markenartikel sind Produkte, die sich durch eine Markierung und/oder einen Marken-
namen auszeichnen und damit eine – häufig auch über Ländergrenzen und über längere
Zeitspannen hinweg – einheitliche Aufmachung aufweisen. Sie zeichnen sich durch eine
hohe Qualität bzw. präziser durch einen hohen eigenen Qualitätsanspruch aus, der mit
einer relativ hohen Preisstellung korrespondiert. Das „relativ“ bezieht sich auf die Wett-
bewerbsangebote. „Absender“ der Markenartikel ist das herstellende Unternehmen,
welches den Markenartikel konzipiert und produziert bzw. produzieren lässt (deshalb auch
30 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

Herstellermarke genannt). Die Mehrheit der bekannten Marken gehört zu den Marken-
artikeln. Deren Hersteller versuchen, die Zielpersonen durch umfassende Werbemaß-
nahmen für ihre Produkte zu gewinnen und haben hierdurch vielfach eine hohe Bekannt-
heit erreicht.
Die Verantwortung für Handelsmarken liegt bei den Handelsunternehmen selbst. Die
Handelsmarken werden auch als die Markenartikel des Handels bezeichnet, weil sie
viele Merkmale erfüllen, die auch auf Markenartikel zutreffen. So weisen sie bspw. eine
eindeutige Markierung sowie einen eigenen Markennamen auf. Auch hinsichtlich der Ver-
packung sind sie von Markenartikeln nicht zu unterscheiden. Preislich und i. d. R. auch
qualitativ sind sie meist unterhalb der Markenartikel angesiedelt. Allerdings versuchen
sowohl die Discounter wie auch die klassischen Lebensmittelhändler verstärkt, auch
höherwertige Handelsmarken aufzubauen. Bei Lidl werden diese unter der Marke Deluxe
und bei Rewe unter der Marke Rewe Feine Welt positioniert.
Ein entscheidender Unterschied dieser Handelsmarken zu den Markenartikeln liegt
im Distributionskanal, d.  h. in den Vertriebsstätten, in denen die Produkte angeboten
werden. Markenartikel streben i. d. R. eine hohe Erhältlichkeit – auch über verschiedene
Vertriebsformen hinweg  – an. Dagegen ist die Erhältlichkeit von Handelsmarken auf
den ­„herausgebenden“ Handelskanal beschränkt – oder aber auf die zu einem Handels-
konzern gehörenden Unternehmen. So ist die Handelsmarke Christian Berg nur bei An-
son’s und Peek & Cloppenburg verfügbar, die gesellschaftsrechtlich verbunden sind.
Das sehr erfolgreiche Vollwaschmittel Tandil gibt es entweder bei Aldi, Aldi oder Aldi.
So kann eine starke Bindung zufriedener Kunden an den Vertriebskanal Aldi er-
zeugt werden.
Die dritte Kategorie stellen No-Names dar. Diese Angebote werden auch Generics,
„Weiße“, markenlose Artikel, Private Brands, Eigenmarken oder Gattungsmarken ge-
nannt. Hierbei handelt es sich um eine übergreifende Namensgebung für einen größeren
Sortimentsteil des Handels. In dieses Sortiment wird häufig nur ein Produkt aus ver-
schiedenen Kategorien aufgenommen. Das Angebot reicht dabei von Apfelmus über
Kartoffelchips, Katzenfutter, Mehl, Milch, Papiertaschentücher und Toilettenpapier bis zu
Zitronentee und Zucker.
Die auf den ersten Blick irreführende Bezeichnung „No-Names“ wird nachvollziehbar,
wenn man sieht, dass das einzelne Produkt eben nur „Joghurt mild“ oder „zarte Hafer-
flocken“ heißt, und nicht Landliebe oder Köllnflocken. Die Bezeichnung kann auch „Caffé
Crema“ lauten und nicht Dallmayr oder Lavazza. Eine Markierung ist hier somit nur
produktgruppenübergreifend gegeben.
Ein konkretes Qualitätsversprechen wird bei den No-Name-Produkten nur teilweise
gegeben. Die jeweils eingebundenen Produzenten können durchaus einmal wechseln. Al-
lerdings werden viele der No-Name-Produkte von den Herstellern der Markenartikel
selbst produziert. Der herausgestellte Kundenvorteil ist eindeutig der relativ niedrige
Preis. Bei der Ausgestaltung der Produkte sieht man, dass die Handelsunternehmen in den
letzten Jahren die Wertigkeit der Verpackung deutlich erhöht haben.
1.1 Begriffliche Grundlagen des Marketings 31

cc Merk-Box  Die No-Name-Produkte sind die Antwort der etablierten Lebens-


mittelketten auf den Siegeszug der Discounter. Deshalb finden sich in den Re-
galen der Discounter selbst auch keine No-Name-Produkte.

Handelsunternehmen versuchen mit Handelsmarken und No-Names, drei zentrale


Ziele zu erreichen. Zunächst soll die Bindung der Kunden an die eigenen Vertriebs-
kanäle erhöht werden. Gleichzeitig wird eine Profilierung der Handelsunternehmen im
Wettbewerb angestrebt. Zusätzlich wird eine Ertragsverbesserung anvisiert, indem viele
Funktionen der Markenführung selbst übernommen werden.
Auch wenn bei Handelsmarken und No-Names der Handel „Absender“ des Produktes
ist, so bedeutet dies mehrheitlich nicht, dass die Handelsunternehmen selbst Hersteller der
Produkte sind. Entweder kaufen sie kostengünstig – „undercover“ – Produkte der etablier-
ten Markenartikel-Hersteller, um sie unter eigener Marke preisgünstig anzubieten. Alter-
nativ werden von den Händlern Drittlieferanten eingebunden. Nur in wenigen Ausnahmen
produzieren die Handelsunternehmen die Produkte selbst.
Es gibt regelmäßig Versuche, die Marken hinter den Handelsangeboten zu identi-
fizieren. Hieran sind die Markenartikel-Hersteller natürlich nicht interessiert sind, soweit
sie selbst die Produzenten sind. Zu einer Transparenz bzgl. der relativen Produktqualität
leisten die monatlichen Tests der Stiftung Warentest einen wichtigen Beitrag. Bei diesen
hersteller- und anbieterunabhängigen vergleichenden Warentests erreichen immer wieder
auch No-Names oder Handelsmarken gute oder sehr gute Beurteilungen. Sie schneiden
z. T. sogar besser ab als die häufig sehr viel teureren Markenartikel. Folglich fällt die Posi-
tionierung der verschiedenen Markenkonzepte bzgl. ihrer Qualität sehr unterschiedlich
aus (vgl. Abb. 1.13). Welche Marktanteile die verschiedenen Kategorien in Deutschland
erreicht haben, zeigt Abb. 5.49.
Hoch
Relative Qualität

No-Names Handelsmarken Markenartikel


Niedrig

Niedrig Relativer Preis Hoch

Abb. 1.13  Relative Qualitäts- und Preis-Positionierung verschiedener Markenkonzepte


32 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

cc Denkanstoß  Wenn Sie wissen möchten, ob ein No-Name-Produkt vom gleichen


Hersteller kommt wie der Markenartikel oder die Handelsmarke, müssen Sie nur die
Veterinärkontrollnummer (kurz: Veterinärnummer) auf den Produkten ver-
gleichen. Die Veterinärnummer ist eine vorgeschriebene Deklaration der
Produktionsstätte. Sie wird EU-weit auf allen Produkten tierischer Herkunft ein-
gesetzt. Stammen das No-Name-Produkt und der Markenartikel bzw. die Handels-
marke vom gleichen Hersteller, findet sich auf den Produkten meist auch die identi-
sche Veterinärnummer.

Es stellt sich die Frage, warum Konsumenten nicht nur preisgünstigere Handelsmarken
und No-Name-Produkte kaufen, wenn objektive Testergebnisse à la Stiftung Warentest
immer wieder deren hohe Qualität beweisen. Dies ist vor allem bei Lebensmitteln, bei
Elektrogeräten sowie bei Kosmetikprodukten der Fall. Die Antwort auf diese Frage ist
ganz einfach: Wir kaufen Produkte nicht nur aufgrund ihres Grundnutzens. Häufig wird
die Kaufentscheidung vom Zusatznutzen dominiert.

cc Merk-Box  Mit Nutzen wird das Maß an Bedürfnisbefriedigung bezeichnet,


das bei einem Individuum, einer Gruppe oder einer organisatorischen Einheit
aus der Inanspruchnahme einer Leistung, dem Kauf eines Produktes oder dem
Erwerb einer Dienstleistung entsteht. Hierbei wird zwischen Grund- und Zu-
satznutzen unterschieden. Beim Kauf eines Produktes kommt es nicht allein auf
dessen Grundnutzen, d. h. den technisch-funktionalen Leistungsbeitrag, an.

Der Grundnutzen bei Seife ist die Reinigungsfunktion, der von Bekleidung eine
Schutz- und Wärmefunktion. Der Grundnutzen einer Uhr ist die Möglichkeit, die aktuelle
Zeit abzulesen. Der eines Autos ist es, möglichst sicher und geschützt von A nach B zu
gelangen. In der heutigen Zeit erbringen fast alle Produkte diesen Grundnutzen. Folglich
reicht deren Erfüllung für eine erfolgreiche Positionierung von Angeboten in Käufer-
märkten nicht aus.

cc Merk-Box  Wichtiger als der Grundnutzen ist heute der sogenannte Zusatz-
nutzen – auch ästhetischer Nutzen oder Prestige- und Geltungsnutzen ge-
nannt. In der heutigen Zeit wird die Produktwahl immer stärker durch den Zu-
satznutzen dominiert.

Es macht in den Augen vieler Kunden – und nur darauf kommt es an – einen großen
Unterschied, ob auf einer Daunenjacke sichtbar das Branding Abrams von Anson’s zu
sehen ist oder das von Tommy Hilfiger, BOSS oder Armani. Für diesen Unterschied ist der
Kunde selbst bei identischer Grundnutzenerfüllung vielfach bereit, ein mehr oder weniger
hohes Preis-Premium zu bezahlen. Als Preis-Premium wird folglich dieser Unterschied
bzw. Preisaufschlag bezeichnet.
1.1 Begriffliche Grundlagen des Marketings 33

Gründe für die Akzeptanz eines solchen Preisaufschlags können sein, dass sich ein
Kunde in einem höher positionierten Markenprodukt wohler fühlt und/oder sich damit
lieber im Freundeskreis zeigt. Der Käufer kann sich mit der Marke und deren Philosophie
identifizieren. Deshalb wird es auch immer Kunden geben, die gewillt sind, für einen Fül-
ler der Marke Montblanc 146 Meisterstück 600 € zu bezahlen, obwohl Füller anderer Mar-
ken oder ohne Markierung mitunter schon für weniger als 10  € zu erwerben sind. Die
Nutzung des Montblanc-Schreibgerätes ist mit einem ganz anderen Prestige- oder
Geltungsnutzen im Gebrauch verbunden als bei einem Füller für 5,95 €. Hierfür ist der
Kunde bereit, entsprechend mehr zu bezahlen. Von dieser Bereitschaft profitieren eine
große Zahl von Unternehmen und die dort beschäftigen Mitarbeiter. Premium- bzw.
Luxusmarken wie Apple, Audi, BMW, Hermés, Louis Vuitton, Mercedes, Montblanc, Ne-
spresso, Riedel, Rolex und Swarovski kultivieren diesen kaufentscheidenden Zusatznutzen
auf höchstem Niveau!

cc Merk-Box  Die Käufer von Premium- bzw. Luxusmarken freuen sich über Pro-
dukte mit „Mehrwert“ – und die Unternehmen über höhere Deckungsbeiträge
pro Produkt!

1.1.6 Kategorien von Kaufentscheidungen

Bevor unterschiedliche Arten von Kaufentscheidungen skizziert werden, ist zunächst zu


klären, welche Prozesse dem Kaufakt vorausgehen (vgl. Abb. 1.14). Initialfaktor für einen
Kaufprozess ist ein Bedürfnis. Ein Bedürfnis ist ein „Spannungszustand mit Antriebs-
charakter“ im inneren System eines Individuums. Dieses Bedürfnis, sei es Hunger oder
Durst, „schreit“ gleichsam nach Befriedigung. Deshalb stellt der Organismus zur
„Problemlösung“ Energie bereit.
Konkretisierungsebene

Bedürfnis Hunger
Spannungsebene

Bedarf Mars, Twix

Nachfrage Aktion

Kaufakt

Abb. 1.14  Vom Bedürfnis zum Kaufakt


34 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

Das Bedürfnis ist zunächst noch ungerichtet und erfährt eine weitere Konkretisierung
erst als Bedarf. Ein Bedarf ist eine „objektorientierte Handlungsabsicht“. Die Be-
friedigung wird hier durch ein ganz bestimmtes Objekt gesucht. Das kann bei Hunger
Mars oder Twix, eine Karotte, eine Banane oder der FrüchteTraum von Ehrmann sein.
Dieser Bedarf wird erst als Nachfrage handlungswirksam, wenn das Individuum das
entsprechende Produkt erwerben möchte. Die Nachfrage ist so definiert, dass sie kauf-
kraftgestützt sein muss. Das heißt, ein potenzieller Kunde, der gerne ein Mars erwerben
möchte, aber nicht über das notwendige Geld verfügt, übt in diesem Sinne keine Nach-
frage aus. Beim Kaufakt handelt es sich um den vollzogenen Kauf. Nicht jede Nachfrage
führt zum Kauf. Geschäfte können geschlossen haben oder der gewünschte Artikel kann
nicht vorrätig sein (vgl. vertiefend Abschn. 3.4).
Dieser Prozess läuft nicht bei allen Gütern gleich ab. Vielmehr lassen sich die folgen-
den Arten von Kaufentscheidungsprozessen unterscheiden:

• Extensiver Kaufentscheidungsprozess
Ein extensiver (ausgedehnter) Prozess wird nur für Anschaffungen durchgeführt, die zu
den Shopping Goods oder den High-Interest-Produkten gehören. Es besteht aus der
subjektiven Perspektive des Kunden die Notwendigkeit, sich intensiv mit den An-
gebotsalternativen zu befassen. Bevor ein Gut zum Specialty Good wird, erfolgt
i. d. R. auch ein solch extensiver Such- und Bewertungsprozess. Der Einstieg in diesen
beginnt mit der Anregungsphase, die durch Werbung in einer Zeitung, einen Hinweis
auf Facebook oder Instagram, ein Online-Banner, ein Gespräch mit einem Bekannten
oder durch ein konkretes Bedürfnis ausgelöst werden kann (vgl. Abb. 1.15).
Im Zuge der Suchphase werden verschiedene Wege beschritten, um sich einen
Überblick über das Angebot zu verschaffen. Dies gilt für das Thema Urlaubsreisen und
Riester-­Rente ebenso wie für ein Fortbildungsangebot oder den Kauf eines Smart-TVs.
Die Informationsbeschaffung kann online und/oder offline erfolgen. In der Bewer-
tungs- und Auswahlphase werden die Alternativen hinsichtlich ihrer Eignung zur Be-

Anregungsphase
Such-
phase

Nachkauf- Bewertungs-
phase und
Auswahl-
phase
Kaufakt-
phase

Abb. 1.15  Phasen eines extensiven Kaufentscheidungsprozesses


1.1 Begriffliche Grundlagen des Marketings 35

friedigung des Bedürfnisses geprüft und über Bedarf und Nachfrage zur Kaufaktphase
weitergeführt, wenn die notwendige Kaufkraft vorhanden ist.
Eine besonders wichtige, in vielen Geschäftsfeldern noch vernachlässigte Phase
schließt sich an den Kaufakt an: die Nachkaufphase. Hier tauchen bei vielen Kunden
die sogenannten Nachkauf-Dissonanzen auf (engl. „Post-Decisional Regret“). Hier-
bei handelt es sich um ein Bedauern nach der Entscheidung (vgl. Kroeber-Riel &
Gröppel-­Klein, 2019, S. 265–267). Was liegt dem zugrunde? Der Kunde hat sich – ggf.
nach einem längeren Entscheidungsprozess  – für eine Alternative entschieden und
damit gegen andere, vielleicht gleichwertige Angebote. Deshalb können jetzt Fragen
auftauchen, wie bspw.:
–– Habe ich das richtige Angebot ausgewählt?
–– Habe ich alle wesentlichen Kriterien bei der Auswahl berücksichtigt?
–– Hätte ich mich nicht doch besser für das andere Angebot entscheiden sollen?
–– Wären nicht noch andere Alternativen verfügbar gewesen?
–– Habe ich alle relevanten Informationen im Vorfeld beschafft?
–– Hätte ich mit der Entscheidung nicht noch etwas warten sollen?
–– Etc.
Wie sollte ein Unternehmen auf erwartbare Nachkauf-Dissonanzen reagieren?

cc Merk-Box  Der Kunde sucht in dieser Nachkaufphase nach Kaufbestätigung.

Eine solche Kaufbestätigung kann dadurch erfolgen, dass dem Produkt ein Schrei-
ben beigefügt ist mit dem Tenor: „Herzlichen Glückwunsch zum Kauf dieses Produk-
tes! Sie gehören damit zu über 100.000 Kunden, die sich Jahr für Jahr für unser Unter-
nehmen entscheiden …“ Es können auch nochmals die besonderen Garantiebedingungen
des Anbieters herausgestellt werden. Beim Versender Land’s End ist dies etwa die
lebenslange Garantie). Auch der Hinweis auf einen 24/7 erreichbare Hotline-Support
kann zur Vermeidung dieser Dissonanzen beitragen. Auch ein nach Vertragsabschluss
versandtes Schreiben, in dem auf positive Testergebnisse der Stiftung Warentest hin-
gewiesen wird, hilft dem Kunden beim Abbau seiner Dissonanzen. Ein solches Vor-
gehen findet regelmäßig bei der Cosmos Direkt Versicherung statt. Gleichzeitig wird
ein möglicher Folgekauf vorbereitet. Schließlich vermitteln solche Angaben dem Kun-
den das gewünschte gute Gefühl.
• Habitueller Kaufentscheidungsprozess
Der habituelle, gewohnheitsmäßige Kaufentscheidungsprozess kommt oft bei Conve-
nience Goods und bei Low-Interest-Produkten zum Tragen. Für Angebote wie Zeit-
schriften, Zahncreme, Shampoo und Waschmittel entscheidet man sich i. d. R. einmal:
Dann werden diese Produkte häufig über mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte gekauft,
ohne dass die Produktwahl nochmals hinterfragt wird. Der Such-, Bewertungs- und
Auswahlprozess entfällt nach dieser initialen Entscheidung ganz oder wird zumindest
stark verkürzt.
36 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

Für Unternehmen ist es ein dominantes Ziel, ihre Angebote in solchen gewohnheits-
mäßigen Kaufprozessen zu etablieren. Dazu gehört nicht nur eine Markenpflege, die
auf Kontinuität hinsichtlich Positionierung und Produktentwicklung setzt. Zusätzlich
wird vielfach eine große Distribution in verschiedenen Handelskanälen angestrebt,
damit der Käufer nicht lange suchen muss. Ein treffendes Beispiel hierfür ist die im
Jahre 1911 entwickelte Nivea-Creme, die allen Modeströmungen zum Trotz nach 100
Jahren nach wie vor eine große Attraktivität und Dynamik ausstrahlt – und dies weit
über das Creme-Segment hinaus.
• Impulsiver Kaufentscheidungsprozess
Bei impulsiven Kaufentscheidungen durchläuft der Konsument keinen geplanten Pro-
zess. Hier wird der Käufer durch das konkrete Angebot am POS (Point of Sale) bzw.
POP (Point of Purchase) zum Kauf angeregt. Auf solchen Impulskäufen basiert teil-
weise die Geschäftspolitik des Bekleidungshauses Zara. Unter Verzicht auf Werbung
werden hier im Abstand von zwei bis drei Wochen immer wieder wechselnde Kollek-
tionen präsentiert. In Summe sind das mehrere Tausend neue Artikel pro Jahr. Der
Kunde muss sich relativ spontan entscheiden, weil die Kollektion nächste Woche schon
ausverkauft sein kann.
Hierauf bauen neben dem schon erwähnten Tchibo-Konzept auch die wöchentlich
wechselnden Hartwaren-Angebote von Aldi, Penny, Lidl und Norma auf. Da in Deutsch-
land inzwischen die Mehrheit der Haushalte über Beistelltische, Grillausstattungen,
Bügeleisen und Nordic-Walking-Stöcke verfügt, stoßen derartige Angebote immer
stärker an ihre Grenzen.
Das Geschäftsmodell von IKEA ist ebenfalls auf Spontankäufer ausgerichtet. Wer
nach einem bestimmten Möbelstück sucht, soll auf dem Weg durch das Geschäft mög-
lichst noch viele weitere Dekorationsartikel spontan erwerben  – und wird deshalb
durch die Wegeführung möglichst lange im Geschäft gehalten.

1.1.7 Kaufverhalten von Organisationen

In Unternehmen sind es ebenfalls einzelne Personen, die Entscheidungen treffen. Diese


können sich auf die Einstellung von neuen Mitarbeitern, die Installation einer ERP-­
Software (ERP steht für Enterprise Resource Planning), den Kauf einer Druckmaschine,
den Kauf von Büromaterial oder von Rohstoffen und Zulieferteilen beziehen. Dennoch
gibt es wichtige Unterschiede zwischen dem B2C- und dem B2B-Kaufverhalten:

• Höherer Formalisierungsgrad
Grundsätzlich weisen Einkaufsprozesse in größeren Organisationen einen höheren
Formalisierungsgrad auf. Vielfach gibt es umfassende Einkaufsrichtlinien, die in Ein-
kaufshandbüchern dokumentiert sind. Vorstände, Geschäftsführer und Mitarbeiter der
Einkaufsabteilungen verpflichten sich teilweise bereits in ihren Anstellungsverträgen,
die im Unternehmen jeweils gültigen Richtlinien zu berücksichtigen.
1.1 Begriffliche Grundlagen des Marketings 37

Was ist der Grund für diese Reglementierung der Einkaufsprozesse? Je größer ein
Unternehmen ist, desto umfangreicher werden die Losgrößen für den Einkauf, sei es
bei Büroklammern, PCs, Büromöbeln, Fahrzeugen oder Maschinen. Mit diesen stei-
genden Losgrößen wächst die Begehrlichkeit der Lieferanten, solche Aufträge zu
­akquirieren – und sei es mit unlauteren Maßnahmen. Die schriftlich dokumentierten
Anweisungen, ab einer bestimmten Auftragshöhe (bspw. ab 1000 €) grds. drei Liefe-
ranten anzufragen und den günstigsten auszuwählen. Zusätzlich können Vorgaben er-
folgen, ab welchem Betrag eine nationale oder europaweite Ausschreibung vorzu-
nehmen ist. Hierdurch sollen „Kungeleien“ mit Lieferanten vermieden werden. Dass
dies nicht immer gelingt, kann regelmäßig der Presse entnommen werden.
Ein weiteres Argument für die stärkere Reglementierung der Prozesse ist im Pooling
von Einkaufsmacht zu sehen. Würde jede einzelne Abteilung oder – in einem größe-
ren Konzern  – jede Tochtergesellschaft die Einkaufsprozesse autonom durchführen,
könnten häufig nur deutlich ungünstigere Konditionen bei den Lieferanten „heraus-
geholt“ werden. Die Zusammenführung von Nachfrage bspw. in einer gesonderten Ein-
kaufsabteilung ermöglicht es, entsprechende Mengenrabatte zu erzielen und ggf. sogar
eine VIP-Betreuung als Großkunde zu erreichen.
• Abweichende Entscheidungskriterien
Neben dem Preis werden bei Kaufentscheidungen in Unternehmen häufig noch andere
Kriterien angewandt. Die Investitionssicherheit stellt ein solches Kriterium dar. Hie­
runter wird die Gewissheit verstanden, dass es bspw. bestimmte Produkte, seien es
Möbel, Maschinen oder Software, auch noch in mehreren Jahren am Markt geben wird.
Auch mehrere Jahre nach dem Kauf noch auf Wartungsleistungen sowie eine Be-
lieferung mit Ersatzteilen vertrauen zu können, gehört zur Investitionssicherheit.
Dies stellt einen Grund dafür dar, warum sich kleinere und neue Unternehmen häu-
fig schwerer tun, Aufträge von Großunternehmen zu erhalten. Dort ist man sich häufig
unsicher, ob es den Lieferanten auch in zwei Jahren noch geben wird. Deshalb fallen
Entscheidungen für langlebige Güter häufig zugunsten größerer und bekannterer Liefe-
ranten aus, selbst wenn diese nicht das optimale Angebot aufweisen. So lautete in der
Hochphase von IBM ein bekannter Ausspruch: „Nobody ever got fired for buying IBM“.
Auch Imageaspekte können bei der Auswahl des Leistungspartners eine Rolle spie-
len. Wer schmückt sich als Entscheidungsträger nicht gerne damit, mit Consultants von
Boston Consulting Group oder McKinsey & Company zusammenzuarbeiten? Dies
klingt deutlich besser als die Kooperation mit „Mr. Nobody & Co.“. Das gilt selbst
dann, wenn Letztere vielleicht die deutlich bessere Leistung, ggf. sogar zu attraktiveren
Konditionen, anbieten kann. Hierbei spielt die Investitionssicherheit wiederum eine
Rolle: Es wird einem Manager wohl kaum vorgeworfen werden können, sich für
McKinsey entschieden zu haben. Aber wer kann beim Scheitern eines Projektes noch
rechtfertigen, „Mr. Nobody & Co.“ ausgewählt zu haben?
Kooperationsüberlegungen können bei der Wahl des Partners ebenfalls eine Rolle
spielen. So wird in der Pharmaindustrie sowie in der Automobilindustrie aufgrund der
Höhe der Entwicklungskosten in vielen Bereichen intensiv zusammengearbeitet. Stra-
38 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

tegische Wettbewerber wie BMW und Mercedes haben sich bspw. zusammengefunden,
um beim Thema autonomes Fahren zu kooperieren.
• Höhere Rationalität
Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass beim Kaufverhalten von Unternehmen ein
höheres Maß an Rationalität erreicht wird. Zwar wird u.  a. durch den bereits be-
schriebenen höheren Formalisierungsgrad sowie das nachfolgend beschriebene Buying
Center versucht, eine höhere Rationalität quasi zu erzwingen. Eine Garantie ist das je-
doch keineswegs. Der Wirtschaftspresse ist regelmäßig zu entnehmen, dass Ent-
scheidungen in Unternehmen häufig auf persönlichen, eher auf Image-, Prestige- oder
Machtausbau zielenden Gründen basieren, die von rationalen Verhaltensmustern aus
Unternehmenssicht weit entfernt sein können.
• Fremdbestimmter, abgeleiteter Bedarf
Die Nachfrage von Unternehmen ist fremdbestimmt bzw. abgeleitet von dem Leistungs-
portfolio, welches das Unternehmen selbst anbietet. Bietet ein Unternehmen, wie bspw.
DHL, FedEx, Hermes oder UPS, Logistikleistungen an, werden dafür entsprechende
Fahrzeuge benötigt. Stellt ein Unternehmen die Bodenwanne für Kraftfahrzeuge her, so
werden dafür nicht nur Stahl, sondern auch Press-, Schweiß- und Schneidewerkzeuge
sowie Schutzbekleidung für die Mitarbeiter benötigt. In all diesen Fällen leitet sich die
Nachfrage des Unternehmens von den gefertigten Produkten bzw. den angebotenen
Dienstleistungen ab.
• Höheres Ausmaß an Individualisierung – Erbringung von flankierenden Service-
leistungen
Bei organisatorischen Kaufprozessen kann es in höherem Maße zu einer Individualisie-
rung von Leistungen kommen, wenn bspw. eine Druckmaschine speziell für einen
Kunden entwickelt bzw. an dessen Anforderungen adaptiert wird. Flankierend hierzu
werden bspw. bei Investitionsentscheidungen Serviceverträge angeschlossen, um bspw.
Wartungsleistungen oder eine schnelle Ersatzteillieferung sicherstellen zu können.
Teilweise werden vom Lieferanten auch Finanzierungsleistungen angeboten, um dem
kaufenden Unternehmen ein attraktives Gesamtpaket anbieten zu können.
• Entscheidungen im Kollektiv treffen
Entscheidungen in Unternehmen werden häufig im Kollektiv getroffen, d. h. von meh-
reren Personen. Um diesen Sachverhalt zu verdeutlichen, hat sich der Begriff des Buy-
ing Centers eingebürgert (vgl. grundlegend Webster & Wind, 1972). Hierbei geht es
um ein gedankliches Konstrukt, das den multipersonalen Ansatz im Kaufverhalten
von Organisationen zum Ausdruck bringt. Das Buying Center stellt meist keine organi-
satorische oder prozessual definierte Einheit dar. Es ist vielmehr ein Denkkonzept, um
die in einen Entscheidungsprozess mehr oder weniger stark involvierten Personen zu
erkennen und zu benennen (vgl. Abb. 1.16). Durch diesen Ansatz wird deutlich, dass
nicht die Einkäufer bzw. die Einkaufsabteilung allein in das Zentrum der vertrieblichen
Aktivitäten gerückt werden sollte. Auch andere Personen können – mehr oder weniger
sichtbar – Einfluss auf die Kaufentscheidung nehmen.
1.1 Begriffliche Grundlagen des Marketings 39

Gatekeeper

Influencer Nutzer

Einkäufer Entscheider

Abb. 1.16  Buying Center des Kaufverhaltens in Organisationen

An erster Stelle sei der Gatekeeper genannt, hinter dem sich der Chef-Sekretär oder
der Assistent des Einkäufers verbergen kann. Dieser auch als Informationsregulator
bezeichnete Rollenträger bestimmt in hohem Maße, welche Informationen, bspw. in
Gestalt von Mailings, Angeboten etc., auf dem Tisch des Vorgesetzten landen. Der
­Gatekeeper entscheidet auch darüber, ob ein Vertriebsmitarbeiter telefonisch durch-
gestellt wird und ob dieser einen Termin bekommt. Deshalb ist es aus vertrieblicher
Sicht entscheidend, sich mit diesem Rollenträger „gutzustellen“.
Der Rollenträger Einkäufer stellt die klassische Anlaufstelle für den Vertrieb dar.
Hier ist zumindest formal die Einkaufsmacht gebündelt. De facto kann dies aber ganz
anders aussehen, wenn bspw. Influencer, seien es externe oder interne Berater, die
„graue Eminenz“ des Unternehmens (etwa der Eigentümer) oder andere Meinungs-
führer aus dem Hintergrund die Fäden ziehen und damit maßgeblich bestimmen, wie
die Entscheidung ausfällt. Häufig ist es schwierig, die Inhaber dieser „faktischen
Macht“ zu identifizieren. Die Mühe lohnt sich aber oft, weil nur dann die Möglichkeit
besteht, diese in den Vertriebs- und damit Überzeugungsprozess einzubinden.
Wie weit die formale Macht des Einkaufs geht, ist auch davon abhängig, ob der
letztendliche Entscheider im Einkauf sitzt. Dies ist der Fall, wenn der Leiter Einkauf
die finale Entscheidung trifft. Diese kann aber auch vom Vorstand oder der Geschäfts-
leitung gefällt werden. Der Einkauf hat dann lediglich die Aufgabe, eine solche Ent-
scheidung vorzubereiten.
Ein aus Sicht der Betroffenen häufig vernachlässigter Rollenträger des Buying
Centers ist der Nutzer selbst. Nicht selten „darf“ dieser lediglich seinen Bedarf an-
40 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

melden, ohne konkreter nach genaueren Anforderungen gefragt zu werden. Für wel-
chen Lieferanten sich das Unternehmen entscheidet und welche Produkte oder
Dienstleistungen letztendlich anhand welcher Kriterien ausgewählt werden, ist für
den Nutzer oft nicht t­ransparent. Bei größeren Einkaufsentscheidungen ist es nicht
nur im Interesse des Verkäufers, sondern von allem auch des Einkäufers, die Nutzer
einzubinden.

cc Merk-Box  Das Buying Center fasst diese unterschiedlichen Rollenträger ge-


danklich zusammen. Man kann sie sich durch das Akronym GENIE für Gatekee-
per, Entscheider, Nutzer, Influencer und Einkäufer gut merken.

Wie bereits erwähnt, kann eine Person mehrere Rollen ausfüllen. So kann der Ein-
käufer auch der Entscheider sein. Eine Rolle kann aber auch von mehreren Personen
wahrgenommen werden. Beispielsweise kann sich hinter „Einkäufer“ ein Ein-
käufer-Team verbergen oder hinter „Influencer“ eine Consulting-Einheit, die wiederum
aus mehreren Personen besteht.
Die große Relevanz erfährt das Buying-Center-Konzept durch die Klarstellung, dass
die Anforderungen der einzelnen Rollenträger an einen Lieferanten gänzlich unter-
schiedlich ausfallen können. Der Nutzer interessiert sich bspw. für die Wartungsfreund-
lichkeit und die Lautstärke einer Maschine, die Schnelligkeit des Zugriffs auf Ersatz-
teile und die Verständlichkeit des Manuals. Der Einkäufer ist eher an den Zahlungszielen,
möglichen Rabatten oder anderen Nachlässen interessiert. Der Influencer wie auch der
letztendliche Entscheider können ganz eigene Interessen haben. Diese können der Ge-
winnung eines besonders imageträchtigen Partners gelten, der für seine wichtigsten
Kunden interessante Events gestaltet. Ebenso schmückt man sich besonders gerne mit
„großen Namen“, die bei unternehmensübergreifenden Meetings „in die Runde ge-
worfen“ werden können.
Zumindest bei der Gewinnung größerer Aufträge kann es für das anbietende Unter-
nehmen ein großer Vorteil sein, wenn es dem Buying Center ein Selling Center ent-
gegenstellt. Das Pendant zum Einkäufer ist der klassische Verkäufer, der sich auch um
die Gunst des Gatekeepers bemühen muss. Dem Nutzer können Referenzkunden als
Ansprechpartner präsentiert werden. Oder es wird der direkte Kontakt zu Technikern
des anbietenden Unternehmens hergestellt, um die aufkommenden Fragen möglichst
kompetent beantworten zu können.
Für den Entscheider bietet sich häufig – um der hierarchischen Ebene Rechnung zu
tragen – die Einbindung der Geschäftsführung des anbietenden Unternehmens in
das Selling Center an. Auf diese Weise kann, u. U. auf dem Golfplatz oder bei einem
Geschäftsessen, ganz nebenbei über Geschäftliches gesprochen werden. Hierdurch
kann eine wichtige Vertrauensbasis durch die zum Ausdruck gebrachte Wertschätzung
aufgebaut werden. Der Influencer selbst sollte, je nach Ausrichtung, bspw. durch eigene
Vertriebsberater betreut werden.
1.2 Marketingrelevantes Umfeld 41

cc Merk-Box  Der Akquisitionserfolg bei größeren Projekten kann nachhaltig ge-


steigert werden, wenn das Buying Center als Denkmodell berücksichtig wird.
Der Aufwand hierfür ist natürlich höher und muss durch das angestrebte Um-
satz- bzw. Ergebnispotenzial des Kunden gerechtfertigt sein.

1.2 Marketingrelevantes Umfeld

1.2.1 Kennzeichnung von Märkten

Der Markt – sei es als Beschaffungs- oder Absatzmarkt – hat für Unternehmen eine zen­
trale Bedeutung. Doch was versteht man unter Markt? Beim Markt handelt es sich um:

• eine (gedankliche) Zusammenfassung


• aller Geschäftsbeziehungen zwischen aktuellen bzw. potenziellen Anbietern und
Nachfragern
• für ein bestimmtes Gut bzw. ein bestimmtes Güterspektrum
• zu einem bestimmten Zeitpunkt
• bezogen auf einen bestimmten Raum.

Der Markt kann so konkret Gestalt annehmen wie der Wochenmarkt auf dem Markt-
platz in Bonn oder der Weihnachtsmarkt auf dem Gendarmenmarkt in Berlin, auf dem
sich Anbieter und Nachfrager zu bestimmten Zeiten für einen eingeschränkten Sortiments-
bereich treffen. Er kann aber auch so abstrakt sein wie der globale Arbeitsmarkt, der die
Wanderungsbewegungen von Arbeitnehmern zwischen Ländern und die unterschiedlichen
Preise für Arbeitsleistungen beschreibt. Eine globale Perspektive liegt auch dem welt-
weiten Energie- und Kapitalmarkt zugrunde.
Zwischen diesen beiden Extrempositionen angesiedelt sind bspw. der deutsche Pkw-­
Markt oder der Tourismusmarkt in Österreich. Die beiden letzten Beispiele können
verdeutlichen, dass diese regionale Abgrenzung von Märkten in einer zunehmend globali-
sierten Welt an Bedeutung verliert. So treffen auf dem deutschen Pkw-Markt alle relevan-
ten Hersteller der Welt aufeinander und stehen in einem harten Wettbewerb. Das Angebot
der österreichischen Tourismuswirtschaft konkurriert in Sachen Wintersport nicht nur mit
St. Moritz und den Langlaufregionen in Finnland, sondern auch mit dem Heliskiing in den
Rocky Mountains – und mit einem Badeurlaub in Südafrika. Unter Umständen konkurrie-
ren diese Angebote auch mit der Frage, ob das Urlaubsbudget nicht besser für einen Flat-
Screen-Fernseher eingesetzt werden sollte.
Für jedes Unternehmen ist es wichtig, den für sich relevanten Markt abzugrenzen.
Diese Abgrenzung ist nicht nur räumlich zu interpretieren, sondern kann auch bestimmte
Zielgruppen umfassen. Erst wenn Märkte präzise definiert werden, lassen sich sinnvoll
weitere marktrelevante Termini einsetzen. Zur Kennzeichnung von Märkten werden ver-
42 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

Absatz-/Umsatzvolumen
eines Unternehmens

Marktvolumen
(realisierter/geplanter Absatz/Umsatz)

Marktpotenzial
(gesamte Aufnahmefähigkeit eines Marktes für ein
Gut; gemessen als Absatz/Umsatz)

Abb. 1.17  Begriffe zur Beschreibung von Märkten

schiedene Begriffe verwendet, die die Größe von Märkten und den Anteil einzelner Unter-
nehmen daran beschreiben (vgl. Abb.  1.17). Es werden teilweise Umsatzgrößen (bspw.
in €) oder Absatzmengen (in Stück) zur Bestimmung herangezogen.
Das Marktpotenzial beschreibt die potenzielle Aufnahmefähigkeit eines Marktes für
ein Gut und kennzeichnet die maximal mögliche Absatzmenge bzw. den maximal erreich-
baren Umsatz (bspw. für Smartphones in Deutschland). Das Absatzpotenzial beschreibt –
als Teilmenge davon  – die maximal denkbare Absatzmenge, die ein Unternehmen er-
reichen zu können glaubt. Bei der Bestimmung des Marktpotenzials können Analogien zu
anderen Ländern hergestellt werden, um daraus eine Annäherung an die zu erwartende
Marktgröße für Deutschland vorzunehmen. So kann aus der Nutzung von Smart Speakern
(Lautsprechern mit integriertem digitalen Assistenten) in den USA auf deren zukünftige
Verbreitung in Europa und Deutschland geschlossen werden.

cc Merk-Box  Die Größe des Marktpotenzials stellt einen Prognosewert dar und
ist folglich mit Unsicherheit behaftet.

Legendär ist die 1901 veröffentlichte Prognose von Gottlieb Daimler, dem Erfinder des
Automobils: „Die weltweite Nachfrage nach Kraftfahrzeugen wird eine Million nicht
überschreiten – allein schon aus Mangel an verfügbaren Chauffeuren.“ Auch die Prognose
des Gründers von IBM, Thomas J. Watson, aus dem Jahr 1943 hat sich nicht bewahrheitet:
„Ich denke, dass es einen Weltmarkt für vielleicht fünf Computer gibt.“ Ebenso wenig ist
die Prognose von Bill Gates, dem Gründer von Microsoft, eingetroffen, der 1981 prognos-
tiziert hat: „Mehr als 640 Kilobyte Speicher werden Sie niemals benötigen“ (Radecke,
2010, S. 9–12).
1.2 Marketingrelevantes Umfeld 43

Das Marktvolumen bezieht sich auf den bereits realisierten Umsatz oder Absatz für
ein entsprechendes Gut (bspw. Umsatz mit Tablet-PCs in Deutschland im Jahr 2020) oder
auf einen prognostizierten Umsatz/Absatz, bspw. für ein Jahr (Umsatz/Absatz im Jahr
2022). Es wird deutlich, dass das Marktvolumen wesentlich konkreter ist als das Markt-
potenzial.

cc Merk-Box  Umsatz ist der Applaus für ein Unternehmen.

Das Verhältnis von Marktvolumen und Marktpotenzial kennzeichnet den Marktaus-


schöpfungsgrad. Dieser liefert Anhaltspunkte dafür, welches Marktwachstum in Zukunft
noch erreicht werden kann. So ist bspw. der Marktausschöpfungsgrad für „weiße Ware“,
d. h. bspw. für Kühlschränke, Waschmaschinen und Küchenherde, in Deutschland nahezu
100 %. Folglich dominiert hier der Ersatzbedarf – und ein Wachstum einzelner Anbieter
kann nur auf Kosten der Wettbewerber erfolgen. Dies erklärt u. a. den hohen Preisdruck
auf dem deutschen Markt.

Marktvolumen

Marktausschopfungsgrad  100
Marktpotenzial

Der absolute Marktanteil eines Unternehmens kennzeichnet den Teil, den ein Unter-
nehmen an einem spezifischen Markt realisiert hat und der Absatz- bzw. Umsatzvolumen
genannt wird (vgl. Abb. 1.17). In der Regel wird dafür der Umsatz des Unternehmens – in
seltenen Fällen auch die Absatzmenge – herangezogen. Für die Ermittlung des Marktan-
teils ist es wiederum wichtig, den für ein Unternehmen relevanten Markt zu definieren. Ein
Berliner Unternehmer, der auf dem dortigen Weihnachtsmarkt handgefertigte Seifen an-
bietet, kann dort selbst bzgl. derartiger Seifen bspw. einen Marktanteil von 7 % erreicht
haben. Würde er seinen Markt mit „hand- und industriell gefertigte Seifen“ definieren,
würde sein Marktanteil auf einen kleinen Promillewert sinken. Wird nicht Berlin, sondern
Deutschland als relevanter Markt definiert, ist dieser Anbieter nicht mehr wahrnehmbar.
Deshalb ist bei der Bewertung von Marktanteilen entscheidend, wie der relevante Markt
und damit das entsprechende Marktvolumen definiert werden.

Umsatz des eigenen Unternehmens


Marktanteil  100
Marktvolumen

Der relative Marktanteil ergibt sich aus der Relation zwischen dem eigenen Marktan-
teil und dem des größten Wettbewerbers. Die Relevanz dieser Größe zeigt sich an folgen-
dem Beispiel: Hat ein Unternehmen A einen Marktanteil von 20 %, so mag dies auf den
ersten Blick ein gutes Ergebnis sein. Tatsächlich ist eine Bewertung dieses Marktanteils
aber erst im Vergleich zu den Wettbewerbern möglich. Hat der größte Wettbewerber B
einen Marktanteil von 40 %, so ist der relative Marktanteil des Unternehmens A lediglich
0,5. Bei gleichem Marktanteil beider Unternehmen ist der relative Marktanteil 1. Dieser
Wert ergibt sich, wenn 20 % durch 20 % dividiert wird. Wenn der größte Wettbewerber B
lediglich auf einen Marktanteil von 5 % kommt, so beträgt der relative Marktanteil des
44 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

Unternehmens A 4. Diese Größe sagt viel mehr über die Bedeutung des Unternehmens im
Markt aus als der absolute Marktanteil. Zu berücksichtigen ist, dass der relative Marktan-
teil keine Maßeinheit aufweist.

Umsatz des eigenen Unternehmens


Relativer Marktanteil 
ten Wettbewerbers
Umsatz des gro

In Abhängigkeit von der Anzahl der Anbieter und Nachfrager auf einem Markt ist zwi-
schen neun verschiedenen Marktformen zu differenzieren. Diese Marktformen weisen
unterschiedliche Wettbewerbsintensitäten auf (vgl. Abb. 1.18). Die jeweilige Marktform
beeinflusst nicht nur, wie Unternehmen ihr Marketing-Instrumentarium einsetzen, sondern
auch, in welchem Ausmaß mit Reaktionen der Wettbewerber auf eigene Aktivitäten zu
rechnen ist.
Ein klassisches Beispiel für ein Angebotsmonopol ist der Markt für Suchmaschinen.
Hier erreicht Google in Deutschland einen Marktanteil von über 95 %. Die Alternativen
Bing, DuckDuckGo, Ecosia und Yahoo führen nur ein Schattendasein. Viele Millionen
Computer-Nutzer in Deutschland vertrauen ihre Daten jeden Tag Google an – und machen
das Unternehmen hiermit immer mächtiger!
Das Bestreben von marktwirtschaftlich orientierten Regierungen zielt auf die Über-
windung von Monopolen. Der Grund ist sehr einleuchtend: Unternehmen in einer
Monopol-­Situation sind häufig weniger innovativ und weniger kundenorientiert. Außer-
dem können sie aufgrund des fehlenden Wettbewerbs tendenziell höhere Preise am Markt
durchsetzen. In diesem Zusammenhang sind auch die Liberalisierungsbestrebungen auf
europäischer Ebene zu sehen, die darauf abzielen, den Wettbewerb zu fördern. Das deut-

Nachfrager
Viele Wenige Einer
(atomistisch) (oligopolistisch) (monopolistisch)
Anbieter

Viele Zweiseitiges Nachfrageoligopol Nachfragemonopol


(atomistisch) Polypol (Oligopson) (Monopson)

Beschränktes
Wenige Angebotsoligopol Zweiseitiges Oligopol Nachfragemonopol
(oligopolistisch)

Beschränktes Zweiseitiges
Einer Angebotsmonopol Angebotsmonopol Monopol
(monopolistisch)

Abb. 1.18  Schema der Marktformen


1.2 Marketingrelevantes Umfeld 45

sche Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz) zielt darauf ab, die


Entstehung sowie den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung einzelner Unter-
nehmen zugunsten eines funktionierenden Wettbewerbs zu verhindern (vgl. vertiefend
Abschn. 5.2.2).
Ein Beispiel für ein Angebotsoligopol stellt der Markt für großvolumige Passagier-
flugzeuge dar. Den Anbietern Airbus und Boeing steht hier die Nachfrage einer Vielzahl
nationaler und internationaler Fluggesellschaften gegenüber. Diese beiden Unternehmen
treffen bei allen wichtigen Nachfragern aufeinander. Häufig ist das Ausmaß der politi-
schen Unterstützung durch die Regierungen der Anbieternationen maßgeblich für Kauf-
entscheidungen nationaler Fluggesellschaften.
Der Mineralölhandel in Deutschland stellt ebenfalls ein Angebotsoligopol dar. Hier
dominieren die Anbieterketten Aral/BP, Shell, Jet, Esso, Avia und Total den Mineralöl-
markt. Bei den Benzinpreisen wird besonders gut sichtbar: Wenn ein Anbieter die Preise
verändert, „müssen“ die anderen schnell reagieren, um keine Marktanteile zu verlieren.
Außerdem wird immer wieder festgestellt, dass die Preisveränderungen im Tagesverlauf
bei allen Anbietern sehr ähnlich ausfallen.
Die schon zitierte Einkaufskonzentration der großen Handelsketten führt in Deutsch-
land im Lebensmittelhandel zu einem Angebotsoligopol. Die Top-5-Unternehmen er-
reichen zusammen einen Marktanteil von 75,6 % (vgl. Müßigmann, 2020). Edeka domi-
niert den Markt mit einem Umsatz von rund 61,9  Mrd.  € und einem Marktanteil von
24,5 %. Den zweiten Platz erreicht Rewe mit einem Umsatz von 44,7 Mrd. € (Marktanteil
17,7  %). Die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland liegt mit einem Umsatz von
41,7 Mrd. € auf dem dritten Platz (Marktanteil 16,5 %). Die Aldi-Gruppe (Aldi Süd und
Aldi Nord) liegt mit einem Umsatz von 29,5 Mrd. € auf Platz vier (Marktanteil 11,7 %).
Auf dem fünften Platz findet sich Metro mit einem Umsatz 13,2  Mrd.  € (Marktan-
teil 5,2 %).
Auf dem deutschen Strommarkt besteht ebenfalls ein Oligopol. Hier dominieren die
Unternehmen E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW den Markt. Der weltweite Markt der
Ratingagenturen wird ebenfalls von nur drei großen Unternehmen dominiert: Fitch,
Standard & Poor’s sowie Moody’s. Auch hier liegt ein Oligopol vor.
Der Bücher- und Zeitschriftenmarkt ist ein zweiseitiges Polypol. Einer großen Zahl
von Verlagen stehen viele Millionen Buchkäufer gegenüber. Dabei ist allerdings zu be-
rücksichtigen, dass im Buchhandel selbst eine zunehmende Konzentration zu verzeichnen
ist und sich Amazon bei Preisverhandlungen mit den Verlagen schon (fast) wie ein Mono-
polist verhält. Ein zweiseitiges Polypol besteht auch bei vielen Nahrungsmitteln, da eine
Vielzahl von Anbietern auf Millionen Nachfrager trifft (bspw. bei Softdrinks oder Müsli).
Ein Nachfrageoligopol liegt bspw. bei bestimmten Anbietern in der Kfz-­
Zulieferindustrie vor. Den Anbietern steht hier in vielen Bereichen nur eine überschau-
bare Anzahl von global agierenden Automobilunternehmen gegenüber.
Ein zweiseitiges Oligopol existiert bei Hochgeschwindigkeitszügen. Den wenigen
Ländern, die zurzeit als Nachfrager aktiv sind, stehen die Angebote aus China (CRRC,
heute Marktführer), Deutschland (ICE), Frankreich (TGV) und Japan (Shinkansen)
46 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

gegenüber. Analysiert man die Vertriebsaktivitäten der dahinterstehenden Unternehmen,


wird deutlich, dass Vermarktungserfolge häufig nur durch massive politische Unter-
stützung der eigenen Regierungen zu erreichen sind. Häufig werden Abschlüsse durch
attraktive Finanzierungsprogramme gefördert und teilweise durch das Anbieterland ab-
gesichert.
Ein (beschränktes) Nachfragemonopol entsteht häufig dann, wenn der Staat als
Nachfrager aktiv wird. Dies ist bspw. bei Rüstungsprojekten der Fall. Ein zweiseitiges
Monopol liegt bspw. bei Tarifverhandlungen vor, wenn sich die jeweiligen Arbeitgeber-­
Verbände und die Gewerkschaften gegenübersitzen. Aufgrund der hier deutlich werden-
den Machtkonzentrationen wird nachvollziehbar, warum Gewerkschaften tendenziell
­gegen und Arbeitgeberverbände tendenziell für Vereinbarungen auf Unternehmensebene
sind. Durch solche würden Machtpositionen der Gewerkschaften abgebaut.
Um die Frage zu beantworten, in welcher Marktform ein Unternehmen tätig ist, hilft
wiederum die Abgrenzung des relevanten Marktes. Der Handwerker, der in Pankow/
Prenzlauer Berg handgezogene Kerzen produziert und verkauft, ist nicht nur in diesem
Teil von Berlin ein Angebotsmonopolist, sondern sogar in ganz Berlin. Hier gibt es nur
noch einen einzigen Kerzenzieher. Werden als relevanter Markt alle Unternehmen defi-
niert, die in Berlin Kerzen produzieren und/oder verkaufen, handelt es sich bereits um ein
Polypol – dem eine Vielzahl von potenziellen Nachfragern gegenübersteht.
Die Frage hinsichtlich der Abgrenzung des relevanten Marktes wird auch gestellt, wenn
es darum geht, ob ein Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung innehat. Werden
im Medienbereich TV-, Radio-, Zeitungs- und Zeitschriften-Werbung als Produkte an-
gesehen, die sich gegenseitig subsituieren können, wird es viel unwahrscheinlicher, dass
ein Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung einnimmt, als wenn der Zeitungs-
markt isoliert als relevanter Werbemarkt betrachtet wird und die Marktanteile der dort
agierenden Unternehmen analysiert werden.

cc Merk-Box  Die Definition des relevanten Marktes hat Auswirkungen auf die
Genehmigung bzw. das Verbot von Unternehmenszusammenschlüssen und
Akquisitionen.

1.2.2 Makro-Umwelt des Unternehmens

In Abb.  1.4 wurden die relevanten Bereiche der Makro-Umwelt des Unternehmens be-
nannt. Diese Faktoren, die sich in hohem Maße auf die Mikro-Umwelt des Unternehmens
auswirken, werden hier näher analysiert.

1.2.2.1 Faktoren der politischen, rechtlichen Umwelt


Die Attraktivität eines Landes als Standort bzw. als Zielmarkt für ein Unternehmen wird
maßgeblich durch diesen Teil der Makro-Umwelt geprägt. Zentrale Faktoren sind:
1.2 Marketingrelevantes Umfeld 47

• Wirtschaftspolitische Ausrichtung
Regelungen zur Mitbestimmung und Tarifautonomie; Förderung von Unternehmens-
gründungen; Marktwirtschaft oder Planwirtschaft
• Schutz von Privateigentum
Rechtliche Absicherung von geistigem Eigentum wie Patenten, Markennamen
• Rechtssicherheit
Position und Unabhängigkeit von Rechtsinstitutionen; Möglichkeit, sein Recht durch-
zusetzen; Sicherstellung von „fairen“ Verfahren
• Gesetze
Kodifizierung von Regelungen durch Steuergesetze, Gesetz gegen den unlauteren Wett-
bewerb, Preisangabenverordnung, Markengesetz, Gesetz gegen Wettbewerbs-
beschränkung, Produkthaftung, Umweltschutzgesetze etc.

Diese Aufzählung vermittelt einen Eindruck davon, welche Aspekte diesem Bereich
zugeordnet werden. Einen besonders nachhaltigen Einfluss übt in Europa die ­Zugehörigkeit
zur EU (Europäische Union) bzw. zum Euro-Raum aus. Durch die EU-Gremien in
Brüssel werden nicht nur viele rechtliche Rahmenbedingungen definiert, sondern auch
Handelsschranken zwischen den EU-Mitgliedern abgebaut und einheitliche Rahmen-
bedingungen für Unternehmen in der EU geschaffen.

1.2.2.2 Faktoren der sozialen, kulturellen und ökologischen Umwelt


In diesem Bereich geht es u. a. um die kulturellen Werte und Normen, auf denen eine
Gesellschaft aufbaut. Eine zentrale, wertestiftende Bedeutung kommt hierbei – wenn auch
in unterschiedlicher Intensität  – den vorherrschenden Religionen, den Familien sowie
den für Ausbildung verantwortlichen Institutionen zu. Auch die Bedeutung, die in der
Gesellschaft unterschiedlichen Produkten, Tätigkeiten und Organisationen zugeschrieben
wird, ist durch derartige Werte geprägt. Diese wirken sich bspw. auf die Nutzbarkeit von
Gen- und Atom-Technologie wie auch auf die Bereitschaft aus, für gesellschaftliche und
ökologische Ziele zu spenden.
Zusätzlich sind die folgenden Kriterien zur Beschreibung von Gesellschaften hin-
sichtlich des Status quo und der zu erwartenden Veränderungen zu analysieren:

• Altersstruktur der Bevölkerung


• Durchschnittliche Familiengröße
• Bildungsniveau
• Ausmaß der Berufstätigkeit

Die in Abb.  1.19 sichtbare Verschiebung im Altersaufbau der Bevölkerung wird


durch die längere Lebensdauer sowie durch die niedrige Geburtenrate in Deutschland
verursacht. In Zukunft stehen immer weniger jungen Menschen solche in höherem Lebens-
alter gegenüber. Diese Entwicklung stellt nicht nur eine Herausforderung für die sozialen
Sicherungssysteme dar, sondern auch für solche Unternehmen, deren Angebote bisher
48 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

Abb. 1.19  Altersstruktur der Bevölkerung in Deutschland – 2021, 2040 und 2060. (Quelle: Desta-
tis, 2021a)

Abb. 1.20  Privathaushalte nach Haushaltsgrößen in Deutschland – in %. (Quelle: Destatis, 2021b)

stärker auf das Jugendsegment ausgerichtet waren und die für den wachsenden Senioren-
markt bisher nur wenige Produkte anbieten. Außerdem ist die Kommunikations- und auch
Personalpolitik der Unternehmen stärker auf die Anforderungen der älteren Zielkunden
auszurichten, weil in Deutschland ein Arbeitskräftemangel bereits absehbar ist.
Mit der Verschiebung der Altersstruktur geht in Deutschland auch eine Veränderung
der durchschnittlichen Haushaltsgröße einher. Diese zeigt Abb. 1.20. Während die An-
zahl der Ein- und Zwei-Personen-Haushalte seit 1991 angestiegen ist, ist die Zahl der
Drei- und Vier-Personen-Haushalte deutlich gefallen. Diese Entwicklung hat ebenfalls un-
mittelbaren Einfluss auf das Marketing. Ein-Personen-Haushalte fragen bspw. andere Ver-
packungsgrößen nach. Erwerbstätige Single-Haushalte erwarten auch andere Öffnungs-
zeiten von Geschäften, um nach der Arbeit noch einkaufen zu können. Alternativ wenden
sich diese Personen – auch beim Lebensmittelkauf – den Online-Anbietern zu. Gleich-
zeitig hat die Abnahme der Anzahl größerer Haushalte Auswirkungen auf den benötigten
Wohnraum und die Ausstattung mit Möbeln. Gleichzeitig sinkt der Bedarf an großen Por-
zellan-Services und umfassenden Besteck-Garnituren.
1.2 Marketingrelevantes Umfeld 49

1.2.2.3 Faktoren der ökonomischen Umwelt


Die ökonomische Umwelt beeinflusst die unternehmerische Tätigkeit in besonderer Weise.
Diese stellt sowohl bei der Produktion wie auch bei der Vermarktung den relevanten Hand-
lungshintergrund dar. Zu den besonders wichtigen Einflussgrößen gehören u. a.:

• Wirtschaftliches Wachstum des Landes, gemessen am Bruttosozialprodukt


• Kaufkraft und Verteilung der Kaufkraft in der Bevölkerung
• Haushaltseinkommen (netto und brutto)
• Inflationsrate (interne Währungsstabilität)
• Wechselkurs (externe Währungsstabilität)
• Arbeitslosenquote

Einen besonderen Stellenwert nimmt in diesem Bereich für Deutschland die Zuge-
hörigkeit zur EU ein. Durch die Einführung des Euro im Jahr 2002 ist jegliches Wechsel-
kursrisiko zwischen den Ländern der Euro-Zone weggefallen ist. Gleichzeitig befinden
sich die Länder der Euro-Zone in einer starken wirtschaftlichen und damit auch einer
umfassenden politischen Abhängigkeit. Für Standortentscheidungen innerhalb Deutsch-
lands wie auch in den einzelnen Städten ist zu berücksichtigen, wie sich die Kaufkraft
verteilt. Hierzu liefern Kaufkraftkarten  – bspw. von der GfK, dem größten deutschen
Marktforschungs-Institut – wichtige Informationen (vgl. GfK, 2021).

1.2.2.4 Faktoren der technologischen Umwelt


In diesen Bereich fällt u. a. die harte und weiche Infrastruktur, die Unternehmen für Pro-
duktion und Vermarktung vorfinden. Zur sogenannten harten Infrastruktur gehören:

• Leistungsfähige Transportsysteme (sei es über Straße, Schiene, Wasser oder Luft)


• Zuverlässige und bezahlbare Energie- und Wasserversorgung
• Leistungsstarke Telefon- und Internet-Anschlüsse (bspw. mit 5G-Netzen).
Zur weichen Infrastruktur zählen die folgenden Bereiche:
• Ausbildungsinstitutionen zur Qualifizierung der Bevölkerung und damit auch von
potenziellen Mitarbeitern und Kunden
• Flächendeckende und bezahlbare Gesundheitsversorgung
• Rechtssysteme, auf die zur Durchsetzung der vom Gesetzgeber verabschiedeten Regu-
larien zugegriffen werden kann

Schwächen in Bereich der Infrastruktur können von den Unternehmen nur teilweise
überwunden werden. Dies ist bei Industrieansiedlungen bspw. durch den Bau eigener Ver-
sorgungseinrichtungen sowie durch die Ansiedlung von Ausbildungseinheiten möglich.
Ein Blick auf die „Großwetterlage“ zeigt, dass die beschriebenen Bereiche der
Makro-­Umwelt sich heute viel dynamischer verändern als in der Vergangenheit. Um die
damit verbundenen Herausforderungen zu beschreiben, wird von einer VUCA-Welt ge-
sprochen. Hinter diesem Akronym verbergen sich die folgenden Inhalte (vgl. vertiefend
Kreutzer, 2021c):
50 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

• Volatility
Volatility beschreibt i. S. einer Unbeständigkeit die zunehmende Häufigkeit, die hohe
Geschwindigkeit sowie das Ausmaß der (vielfach ungeplanten) Veränderungen, auf die
sich alle Marktteilnehmer immer wieder und immer wieder neu einstellen müssen. Dies
gilt bspw. für die hohen Schwankungen bei den Aktienindizes (bspw. DAX und Dow
Jones), aber auch für die Preise für Öl, Gas und Gold.
Mit Volatility ist auch eine Flüchtigkeit gemeint, weil bestimmte Phänomen kurz-
fristig sehr viel Aufmerksamkeit erfordern, um anschließend schnell wieder in der Ver-
senkung zu verschwinden.
• Uncertainty
Mit Uncertainty ist die Unsicherheit gemeint, durch die eine Vorhersagbarkeit von Er-
eignissen und deren Effekten sowohl im privaten wie auch im beruflichen Leben immer
kleiner wird. Noch vor kurzem wurde von den „Spezialisten“ eine Dollar-­Euro-­Parität
vorausgesagt  – und ein Ende des Höhenflugs des Goldpreises prognostiziert. Es ist
ganz anders gekommen.
• Complexity
Die Komplexität bezieht sich auf die zunehmende Anzahl von Verknüpfungen und
Abhängigkeiten, welche fast alle Lebens- und Arbeitsbereiche schwerer durchschau-
bar machen. Die Aussage „everything goes“ verdeutlicht dieses Phänomen. Gleich-
zeitig gilt, dass immer mehr mit immer mehr verbunden wird. Hier ist an das Internet
of Everything sowie an grenzüberschreitende Wertschöpfungsketten zu denken. Ein
anderes Beispiel ist die schier unüberschaubare Anzahl von Tools, die einem Marketing-­
Manager heute zur Verfügung stehen.
• Ambiguity
Die Ambiguität beschreibt die Mehrdeutigkeit von Fakten und Sachverhalten, die
eine korrekte Interpretation und darauf basierende Entscheidungen immer schwerer
macht. Diese Mehrdeutigkeit ist auch der Nährboden für alle möglichen Verschwörungs-
theorien – so abstrus diese bei einer faktenbasieren Analyse auch aussehen mögen. Mit
Mehrdeutigkeit sind hier allerdings nicht die euphemistisch „alternativen Fakten“ ge-
nannten Aussagen gemeint. Denn bei diesen geht es ganz einfach nur um widerleg-
bare Lügen!

cc Merk-Box  Der Begriff VUCA-Welt beschreibt die heutigen Herausforderungen


für Unternehmen.

1.2.3 Mikro-Umwelt des Unternehmens

Im Mittelpunkt der Mikro-Umwelt des Unternehmens (vgl. Abb. 1.4) stehen die – aktuel-
len und/oder potenziellen – Kunden. Ihre Bedürfnisse und Erwartungen zu ermitteln, ist
1.2 Marketingrelevantes Umfeld 51

zentrale Aufgabe der Marktforschung (vgl. Kap. 2). Hier stellt sich u. a. die Frage, auf
welchen Typ von Kunden das unternehmerische Marketing fokussiert:

• Konsumenten
Konsumenten sind Endverbraucher von Produkten und Dienstleistungen.
• Gewerbliche Abnehmer
Gewerbliche Abnehmer sind Produktions- oder Dienstleistungs-Unternehmen.
• Öffentliche Abnehmer
Öffentliche Abnehmer sind u. a. staatliche Hochschulen, Museen und Behörden.

In wettbewerbsintensiven Märkten muss die kundenorientierte Perspektive durch eine


umfassende Beschäftigung mit den relevanten Wettbewerbern ergänzt werden. Aus der
Unternehmensperspektive kann im relevanten Markt geprüft werden, welche anderen An-
bieter ein vergleichbares Konzept realisieren. Dieses kann sich an folgenden Kriterien
orientieren (vgl. vertiefend zur strategischen Gruppe Kap. 2):

• Gleichartiger Qualitätsanspruch
Beispielsweise bei den Premium-Anbietern im Bekleidungssegment (u.  a. Baldessa-
rini, Lagerfeld, Armani, Bugatti und Strellson)
• Vergleichbare Preisstellung und Angebotskonzeption
Etwa bei den Fluggesellschaften im Low-Cost-Segment (Eurowings, Ryanair, easyJet)
oder bei den Lebensmittel-Discountern (Aldi, Lidl, Netto, Norma, Penny)
• Gemeinsamer Kernmarkt
So bei den Automobilherstellern im Volumen-Markt (u. a. Volkswagen, Toyota, Hyun-
dai, Ford, Opel)

Zusätzlich sind bei der Analyse der Mikro-Umwelt die Lieferanten zu berücksichtigen.
Hierzu zählen im Hinblick auf Arbeitskräfte vor allem die Schulen und Hochschulen
sowie weitere Ausbildungsbetriebe. Aber auch Wettbewerbsunternehmen sind als „Liefe-
ranten“ von Bedeutung, wenn von diesen Mitarbeiter abgeworben werden sollen. Weitere
wichtige Partner sind die Zulieferer, deren Produkte und Dienstleistungen in die eigene
Wertschöpfungskette integriert werden sollen (bspw. Rohstoffe, Komponenten, Techno-
logien, Patente).
Schließlich sind die Kapitalgeber im Rahmen der Analyse der Mikro-Umwelt zu be-
rücksichtigen. Dies können Banken sein, die Unternehmen mit Krediten versorgen. Dazu
zählen aber auch die Aktionäre, die Anteile am Unternehmen erwerben und dadurch eben-
falls Geldmittel zur Verfügung stellen.
Um alle im Rahmen der Mikro- und Makro-Umwelt angesprochenen Felder abzu-
decken, wurde die Marktforschung zur Marketing-Forschung weiterentwickelt (vgl. ver-
tiefend Kap. 2).
52 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

1.3 Verhaltenswissenschaftliche Einflussfaktoren


des Marketings

Um das Verhalten von Menschen zu verstehen, hilft eine Orientierung am sogenannten


S-O-R-Modell. Die Buchstaben stehen für folgende Inhalte:

• S: Stimulus (Reiz)
• O: Organismus (Innenleben des Menschen)
• R: Reaktion bzw. Response

Dieses Modell basiert auf der Annahme, dass externe Stimuli im Innenleben des Men-
schen bestimmte Prozesse anstoßen, die dann zu einer Reaktion führen können (vgl.
Abb.  1.21). Solche Stimuli können aus der allgemeinen Umwelt der Person stammen.
Marketing-Stimuli sind bspw. ein Plakat oder ein Online-Banner, ein Vorteils-Coupon
oder eine Anzeige. Auch die Zweitplatzierung eines Produktes im Laden oder ein TV-Spot
gehören zu diesen Stimuli.
Diese Stimuli werden im Innenleben einer Person verarbeitet. Die hier ablaufenden
Prozesse stellen gleichsam eine Black Box dar. Schließlich kann nicht einfach erfasst
werden, wie die Stimuli im Innenleben verarbeitet werden. Hier wird zwischen ver-
schiedenen Prozessen unterschieden. Kognitive Prozesse unterstützen die Wahrnehmung
sowie das Denken, Entscheiden und Lernen. Hier geht es um einen Erkenntnisgewinn.
Aktivierende Prozesse versorgen den menschlichen Organismus mit Handlungsenergie.
Hier spielen Emotionen, Motive und Einstellungen eine zentrale Rolle (vgl. grundlegend
Kroeber-Riel & Gröppel-Klein, 2019).

S: Stimulus O: Organismus R: Response


Text

Direkt beobachtbare Nicht direkt Direkt beobachtbare


Reize beobachtbare Prozesse Prozesse

Stimuli aus der Aktivierende Prozesse Prozess der


allgemeinen Umwelt Informationsbeschaffung
Kognitive Prozesse Markenwahl
Spezifische Marketing- Wahl der Einkaufsstätten
Stimuli Konative Prozesse Preisakzeptanz
Kaufmenge

Black Box

Abb. 1.21  Schema des S-O-R-Modells – Stimulus, Organismus, Response


1.3 Verhaltenswissenschaftliche Einflussfaktoren des Marketings 53

Zusätzlich finden in der Black Box auch konative Prozesse statt. Diese beinhalten eine
entscheidungsbezogene Absicht bzw. eine Intention, um aus eigenem Antrieb heraus eine
Handlung vorzunehmen. Diese kann zu einer Handlung führen, die in Abb. 1.21 als Res-
ponse sichtbar wird (vgl. vertiefend Bruhn et al., 2019, S. 566 f.).
Nachfolgend werden die soziologischen und psychologischen Einflussfaktoren näher
analysiert, die hier wirksam werden.

1.3.1 Soziologische Einflussfaktoren des Kaufverhaltens

Das Entscheidungs- und Kaufverhalten wird zunächst beeinflusst durch die Umwelt und
die Gesellschaft, in die Personen hineingeboren wurden und in der sie aufgewachsen sind
und leben. Bei diesen soziologischen (gesellschaftlichen) Einflussfaktoren spielen die
Werte und Normen hinein. Diese werden durch Religion und/oder Erziehung als Be-
standteil der jeweiligen Kultur vermittelt und von den Menschen verinnerlicht (vgl.
Abb. 1.22; vertiefend Kroeber-Riel & Gröppel-Klein, 2019; Foscht et al., 2017; Solomon
et al., 2019; Raab et al., 2016). Dazu gehören gesetzliche Ge- und Verbote, bspw. das
Alkoholverbot in arabischen Ländern. Auch Sitten, Gebräuche und Gewohnheiten prä-
gen das Verhalten. Diese schlagen sich in Ess- und Kleidungsgewohnheiten (etwa mit und
ohne Kopftuch, Niqab etc.) nieder. Daneben finden sich oft Subkulturen und unterschied-
liche soziale Schichten und Milieus, deren Werteausprägungen sich von den generellen
Strömungen der Kultur deutlich unterscheiden können.
Solche Milieus werden in Verbindung mit spezifischen Wertemustern bspw. vom
Sinus-­Institut (2021) verwendet, um dadurch die gesamte Bevölkerung von Deutschland

Soziologische Einflussfaktoren

Psychologische Einflussfaktoren
Meinungs-
Kultur
führer

Aktivierung Kaufentscheidung Motive Subkultur


Meinungs-
folger Wahrnehmung Text
- Extensiv Stimmungen
Soziale
Denken - Habituell Emotionen Schicht
Gruppen-
druck Lernen - Impulsiv Einstellungen
Soziales
Konformitäts-
Milieu
zwang Werte und Normen des Individuums

Werte und Normen der Gesellschaft/der Bezugsgruppe

Abb. 1.22  Einflussfaktoren des Kaufverhaltens von Konsumenten


54 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

zu klassifizieren. Das Ziel der Sinus-Milieus besteht darin, ein möglichst wirklichkeits-
getreues Bild der soziokulturellen Vielfalt in Gesellschaften zu vermitteln. Hierzu wer-
den die Befindlichkeiten und Orientierungen der Menschen sowie ihre Werte, Lebensziele,
Lebensstile und Einstellungen beschrieben. Gleichzeitig werden auch die sozialen Hinter-
gründe ausgeleuchtet.
Die Sinus-Milieus gruppieren Menschen in „Gruppen Gleichgesinnter“. Hierzu kom-
men die Dimensionen soziale Lage und normative Grundorientierung zum Einsatz. Die
Überschneidungen der „Kartoffeln“ (vgl. Abb. 1.23) zeigen an, dass die Übergänge zwi-
schen den Milieus fließend sind. Außerdem ist hier ausgewiesen, welchen Anteil die ver-
schiedenen Milieus an der Gesamtbevölkerung in Deutschland haben.
Bei der Grundorientierung werden folgende Klassen unterschieden:

• Tradition (Festhalten, Bewahren)


• Modernisierung/Individualisierung (Haben & Genießen, Sein & Verändern)
• Neuorientierung (Machen & Erleben sowie Grenzen überwinden)

In Verbindung mit der sozialen Lage, die maßgeblich durch Alter, Bildung, Beruf und
Einkommen geprägt wird, werden unterschiedliche Segmente sichtbar. Diese differenzie-
ren sich deutlich hinsichtlich ihres Informations- und Kaufverhaltens. Hier werden fol-
gende Schichtungen vorgenommen:
Oberschicht /
Mittelschicht

Liberal-
Obere

Intellektuelle
Performer
7%
Konservativ- 8%
Etablierte Expeditive
10% Sozialökologische
Mittlere Mittelschicht

9%
7%
Adaptiv-
Pragmatische
Bürgerliche 11%
Mitte
Traditionelle
13%
11%
Untere Mittelschicht /

Hedonisten
Unterschicht

15%
Soziale Lage

Prekäre
9%

© SINUS 2021

Grundorientierung

Festhalten Bewahren Haben & Genießen Sein & Verändern Machen & Erleben Grenzen überwinden
Tradition Modernisierung / Individualisierung Neuorientierung

Traditions- Modernisierte Lebensstandard, Selbstverwirklichung, Multioptionalität, Exploration,


verwurzelung Tradition Status, Besitz Emanzipation, Authentizität Beschleunigung, Refokussierung,
Pragmatismus neue Synthesen

Abb. 1.23  Sinus-Milieus in Deutschland 2021  – Soziale Lage und Grundorientierung. (Quelle:
Sinus-­Institut, 2021)
1.3 Verhaltenswissenschaftliche Einflussfaktoren des Marketings 55

• Unterschicht/untere Mittelschicht
• Mittlere Mittelschicht
• Obere Mittelschicht/Oberschicht

Im Einzelnen konkretisieren sich die verschiedenen Sinus-Milieus in Abb.  1.23 wie


folgt (vgl. Sinus-Institut, 2021):

• 1: Konservativ-Etablierte (10 %)
Dieses Segment umfasst das klassische Establishment – gekennzeichnet durch Ver-
antwortungs- und Erfolgsethik, Exklusivitäts- und Führungsansprüche, Standes-
bewusstsein und einem zunehmenden Wunsch nach Ordnung und Balance.
• 2: Liberal-Intellektuelle (7 %)
Dies ist die aufgeklärte Bildungselite mit einer kritischen Weltsicht, einer liberalen
Grundhaltung und postmateriellen Wurzeln. Hier dominiert der Wunsch nach Selbst-
bestimmung und Selbstentfaltung.
• 3: Performer (8 %)
Diese multi-optionale, effizienzorientierte Leistungselite zeichnet ein globalöko-
nomisches Denken sowie das Selbstbild als Konsum- und Stil-Avantgarde aus. Es
herrscht eine hohe Technik- und IT-Affinität. Gleichzeitig zeigt sich eine Etablierungs-
tendenz, die mit einer Erosion des visionären Elans einhergeht.
• 4: Expeditive (9 %)
Die ambitionierte kreative Avantgarde umfasst die transnationalen Trendsetter, die
mental, kulturell und geografisch mobil sind. Sie sind online und offline vernetzt,
non-konformistisch und immer auf der Suche nach neuen Grenzen und neuen Lösungen.
• 5: Adaptiv-Pragmatische (11 %)
Die moderne junge Mitte weist einen ausgeprägten Lebenspragmatismus und ein
Nützlichkeitsdenken aus. Die hier positionierten Personen sind leistungs- und an-
passungsbereit, haben aber auch den Wunsch nach Spaß und Unterhaltung. Sie sind
­zielstrebig, flexibel, weltoffen  – zeigen gleichzeitig aber auch ein starkes Bedürfnis
nach Verankerung und Zugehörigkeit.
• 6: Sozialökologische (7 %)
Dieses engagierte gesellschaftskritische Milieu zeichnet normative Vorstellungen
vom „richtigen“ Leben aus. Das ökologische und soziale Gewissen ist stark ausgeprägt.
Hier finden sich die Globalisierungs-Skeptiker wie auch die Vorkämpfer für dis-
kriminierungsfreie Verhältnisse und Diversität.
• 7: Bürgerliche Mitte (13 %)
Dieses Segment umfasst den leistungs- und anpassungsbereiten bürgerlichen Main-
stream. Die gesellschaftliche Ordnung wird generell bejaht. Hier herrscht der Wunsch
nach beruflicher und sozialer Etablierung, nach gesicherten und harmonischen Verhält-
nissen – begleitet von einer wachsenden Überforderung und Abstiegsängsten.
56 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

• 8: Traditionelle (11 %)
Hier findet sich die Sicherheit und Ordnung liebende ältere Generation. Sie ist ver-
haftet in der kleinbürgerlichen Welt bzw. in der traditionellen Arbeiterkultur. Sparsam-
keit und Anpassung an die Notwendigkeiten wie auch eine zunehmende Resignation
und ein Gefühl des Abgehängtseins kennzeichnen dieses Segment.
• 9: Prekäre (9 %)
Hier ist die um Orientierung und Teilhabe („dazu gehören“) bemühte Unterschicht zu
finden. Es besteht der Wunsch, Anschluss zu halten an die Konsumstandards der breiten
Mitte. Allerdings häufen sich hier die sozialen Benachteiligungen – begleitet von Aus-
grenzungserfahrungen, Verbitterung und Ressentiments.
• 10: Hedonisten (15 %)
Diese spaß- und erlebnisorientierte moderne Unterschicht bzw. die untere Mitte
fokussiert ein Leben im Hier und Jetzt, unbekümmert und spontan. Häufig verhalten
sich die Angehörigen dieses Milieus angepasst im Beruf – und brechen in der Freizeit
aus den Zwängen des Alltags aus.

cc Denkanstoß  Prüfen Sie einmal, in welchem Milieu Sie sich selbst verorten würden.
Wo würden Sie Ihre Eltern in dieser Grafik wiederfinden? In welchen Milieus wür-
den sich Vorgesetzte von Ihnen positionieren? Wo finden sich ehemalige Mitschüler,
Arbeits- oder Studienkollegen?
Denken Sie auch einmal darüber nach, welche Parteien in welchen dieser Milieus
wohl schwerpunktmäßig gewählt werden. Welche Medien werden in welchen Mi-
lieus verstärkt genutzt – online wie offline?

Die auf den Lebenswelten und Lebensstilen der Verbraucher basierenden Sinus-Milieus
sind in einem umfassenden Informationssystem verankert, das für die Zielgruppen-
optimierung genutzt werden kann. Dies gilt für alle Bereiche des Marketings, ins-
besondere für die Produktentwicklung und die Markenpositionierung, ebenso wie für
die Kommunikations- und Mediaplanung.
Einen wichtigen Einfluss auf das individuelle Kaufverhalten haben auch die Gruppen,
denen eine Person angehört oder anzugehören strebt. Es wird von Bezugsgruppen oder
Peer Groups gesprochen. Hierunter sind Gruppen ähnlicher Ausprägung hinsichtlich
Alter, Studienrichtung, Hobbys etc. zu verstehen. Diese Personen haben einen Einfluss auf
die Entscheidungen des Einzelnen. Derartige Bezugsgruppen können für einen Studenten
die anderen Studenten, Kollegen im Praktikum, die Bekannten aus Fitness- oder Fußball-­
Club oder generell der Freundeskreis darstellen. Auch in den sozialen Netzwerken finden
sich solche Gruppen gleichgesinnter Personen. Sie üben einen maßgeblichen Einfluss auf
das eigene Entscheidungs- und Kaufverhalten aus. Problematisch ist, wenn sich derartige
Gruppen rund um Verschwörungstheorien bilden und sich von der generellen Wahrheit
abkoppeln (vgl. vertiefend Kreutzer, 2020).
Beim Austausch von Informationen über Musik, Mode, Literatur, die angesagten Knei-
pen und sonstige Freizeitaktivitäten kommt Meinungsführern eine besondere Bedeutung
zu. Meinungsführer sind an einem Fachgebiet besonders interessiert und beschäftigen
1.3 Verhaltenswissenschaftliche Einflussfaktoren des Marketings 57

sich i. d. R. viel intensiver mit den entsprechenden Angeboten als andere Personen. Dies
zeigt sich bspw. durch Abonnements entsprechender Zeitschriften und Newsletter sowie
durch ein hohes Engagement in den sozialen Medien. Dies kann sich bei Facebook und
Twitter zeigen, aber bspw. auch durch das Mitwirken bei Blogs und in Online-­Communitys
(vgl. weiterführend Kreutzer, 2021b, S. 406–550; Kilian & Kreutzer, 2022).
Eine Meinungsführerschaft kann sich u. a. auf Literatur, Musik, Mode, Geldanlagen,
Wearables, Smartphones, Urlaubsdestinationen oder Partys beziehen. Solche Personen
werden von anderen Personen (den Meinungsfolgern) häufig um Rat gebeten und neh-
men damit unmittelbaren Einfluss auf deren Entscheidungsverhalten.

cc Merk-Box  Die große Bedeutung von Meinungsführern – vor allem in den so-
zialen Medien  – hat zum Siegeszug des sogenannten Influencer-Marketings
geführt.

1.3.2 ­­Psychologische Einflussfaktoren des Kaufverhaltens

1.3.2.1 Aktivierung und Information Overload


Bei den psychologischen Einflussfaktoren, d. h. den im Individuum selbst liegenden As-
pekten, ist zunächst zwischen Aktivierung und Wahrnehmung zu unterscheiden. Eine zen-
trale Voraussetzung für einen Wahrnehmungsprozess stellt die Aktivierung der Ziel-
person dar. Ohne deren Aktivierung kann keine erfolgreiche Wahrnehmung und
Informationsverarbeitung stattfinden. Erst über die Aktivierung wird der Organismus mit
Energie versorgt. Deshalb versuchen viele Marketing-­Instrumente  – schwerpunktmäßig
die Werbung –, eine Aktivierung mit dem Ziel einer Bereitstellung von Energie sicherzu-
stellen. Die Bedeutung der Aktivierung wird anhand der Abb. 1.24 deutlich. Dort wird
die Beziehung zwischen dem Ausmaß der Aktivierung und der Leistungsfähigkeit des
Organismus darstellt. Die sogenannte Lambda-Hypothese postuliert, dass bei zu-
nehmender Stärke der Aktivierung die Leistung eines Individuums zunächst ansteigt, ab
einer bestimmten Aktivierungsstärke aber wieder abfällt (vgl. Kroeber-Riel & Gröp-
pel-Klein, 2019, S. 92).
Die Messung der Aktivierung kann auf verschiedene Weise erfolgen. Auf der subjektiven
Ebene kann das Ausmaß der Aktivierung durch verbale Angaben der Untersuchungsperson
erhoben werden. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Person bei der Befragung
u. U. nicht die Wahrheit sagt, weil eine Erregung bspw. durch erotische Reize oder Gewaltdar-
stellungen mit deren Wertesystem in Konflikt stehen kann. Man spricht bei einem solchen
Antwortverhalten vom Phänomen der sozialen Erwünschtheit. Dieses Phänomen besagt,
dass eine befragte Person dazu tendiert, auf Fragen das zu antworten, wovon sie glaubt, dass es
den gesellschaftlichen Normen und Erwartungen entspricht (vgl. auch Abschn. 2.2).
Auf der motorischen Ebene kann das Aktivierungsniveau durch das unmittelbar be-
obachtbare Verhalten ermittelt werden. Hiermit sind Mimik, Gestik und Körperhaltung
gemeint. Allerdings halten sich solche Veränderungen in Mimik, Gestik und Körper-
haltung bei werblichen Ansprachen eher in engen Grenzen.
58 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

Leistung

Aktivierung
entspannte wache starke
Schlaf Panik
Wachheit Aufmerksamkeit Erregung

Abb. 1.24  Beziehung zwischen Aktivierung und Leistung

Auf physiologisch-biologischer Ebene kann die Aktivierung durch folgende Messver-


fahren ermittelt werden:

• Hirnströme (Elektroenzephalogramm, EEG)


• Gehirnaktivität
Diese Aktivitäten werden durch Positronen-Emissions-Tomographie (PET) bzw. durch
die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) erfasst. Hierdurch werden die
aktiven Gehirnregionen sichtbar gemacht (vgl. vertiefend zum Neuro-Marketing
Abschn. 1.3.2.2).
• Hautwiderstand (EDR: elektrodermale Reaktion bzw. PGR)
Bei der sogenannten psychogalvanischen Reaktion macht man sich das Phänomen zu-
nutze, dass ein Körper mit zunehmender Aktivierung mehr Schweiß absondert. Dieser
erhöht die Leitfähigkeit für Strom auf der Haut. Diese Veränderungen können erfasst
werden und werden auch beim Lügendetektor verwendet.
• Pupillengröße
Die Pupille erweitert sich zunächst, wenn große Aufmerksamkeit gefordert ist. Ab einer
kritischen Grenze verengt sie sich wieder und zeigt dadurch Überforderung an.
• Stimmfrequenz
Bei vielen Menschen wird die Stimme bei zunehmender Erregung „höher“. Solche Ver-
änderungen können ermittelt werden.

cc Merk-Box  Die Aktivierung stellt eine notwendige, aber keine hinreichende Be-
dingung für die Erzielung einer Wirkung (bspw. durch Werbung) dar.

Ohne die Erreichung einer Minimalaktivierung ist die Gefahr groß, dass werbliche Bot-
schaften nicht wahrgenommen und verarbeitet werden. Deshalb versuchen Unternehmen
1.3 Verhaltenswissenschaftliche Einflussfaktoren des Marketings 59

durch eine Vielzahl von Reizen, eine Aktivierung zu erreichen. Eine Aktivierung über
innere Reize liegt allein in der Hand der Einzelpersonen, sei es über Alkohol, Koffein,
Tein oder Nikotin. Unternehmen versuchen deshalb, eine Aktivierung durch äußere
Reize sicherzustellen. Bei den äußeren Reizen sind folgende Arten zu unterscheiden:

• Emotionale Reize
Zu diesen Reizen gehört der Einsatz des Kindchenschemas (vgl. Kroeber-Riel &
Gröppel-Klein, 2019, S. 20 f.). Dahinter verbirgt sich die Erkenntnis, dass kleine Vögel,
Hunde, pausbäckige Kindergesichter, ein großer Kopf und Kulleraugen beim Be-
trachter automatische Reaktionen wie Sympathie und Pflegeverhalten auslösen. Diesen
Mechanismus machen sich Unternehmen bei der werblichen Verwendung dieser Reize
zunutze.
Außerdem fallen erotische Reize in diese Kategorie, die im Vergleich zu anderen
Schlüsselreizen die stärksten Aktivierungswirkungen entfalten. Bei ihrem Einsatz ist
jedoch darauf zu achten, dass diese nicht von der eigentlichen Intention der Werbung
ablenken und keine Reaktanz oder Irritation auslösen. Abb. 1.25 zeigt den Einsatz ero-
tischer Reize.

Abb. 1.25 Buchcover
mit erotischen Reizen.
(Quelle: © Springer
Fachmedien
Wiesbaden GmbH)
60 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

• Kognitive Reize
Hier wird mit gedanklichen Konflikten, mit Widersprüchen und Überraschungen
gearbeitet. Auf diese Weise soll der Betrachter zur Beschäftigung mit der Werbebot-
schaft angehalten werden. Ein Beispiel für einen m. E. besonders gelungenen Einsatz
kognitiver Reize ist der in der Werbung für die Zeitschrift Geo verwendete Satz:
Das große Geheimnis unseres Fortschritts: Fehler.
• Physische Reize
Eine Aktivierung der Zielperson kann auch durch eine besondere Größe oder Farbe
des Werbemittels (hier einer Anzeige, eines Prospektes oder eines Plakats erreicht
werden. Auch eine ungewöhnliche Lautstärke oder Signaltöne (wie bspw. das Klin-
geln des Telefons oder das Martinshorn eines Polizeifahrzeugs) können die Aufmerk-
samkeit der Zielpersonen stimulieren. Im Online-Marketing werden bspw. animierte
Werbebanner oder selbst anlaufende Videos genutzt, um eine Aufmerksamkeit zu
erzwingen.
Bei Werbebriefen kommen auch sogenannte 3-D-Mailings zum Einsatz, bei denen
der Empfänger fühlt, dass in einer Versandhülle nicht nur ein Brief, sondern noch etwas
anderes zu finden ist. Genau dies soll neugierig machen und zum Öffnen des Briefes
anregen. Das Gleiche kann auch gelingen, wenn die Anschrift in Handschrift erfolgt
(vertiefend Kreutzer, 2021a, S. 197 f., 286–290).

Der Aktivierung kommt auch deshalb eine besondere Bedeutung zu, weil die Ziel-
personen heute in einer Informationsflut versinken und an einer Informationsüberlastung
(Information Overload) leiden. Von allen Informationen, die auf Kunden einwirken – sei
es über TV, Radio, Plakate, Zeitungen, Zeitschriften, Telefon, Mailings, Apps, soziale Me-
dien (Blogs, soziale Netzwerke), Banner etc.  – wird heute lediglich noch ein Bruchteil
wahrgenommen.

cc Merk-Box  Eine Person nimmt heute deutlich weniger als 1  % der in ihrem
Sichtbereich vorhandenen Informationen wahr.

Alle anderen Botschaften verfehlen schon das erste kommunikative Ziel: zumindest
wahrgenommen zu werden (vgl. Abb. 1.26). Der Grund hierfür ist, dass alle Menschen
einen Filter aufgebaut haben, um sich vor dieser Informationsflut zu schützen. Dieser
Schutz ist überlebenswichtig, weil unser Gehirn ein „Dauerfeuer von Informationen“
nicht bewältigen kann!
Welches Ausmaß nimmt die Informationsüberlastung heute an? Einige Zahlen kön-
nen diese Situation für Deutschland veranschaulichen (vgl. KEK, 2021; VDZ, 2020, S. 6;
Statista, 2021a):

• 5537 Fachzeitschriften, 1569 Publikumszeitschriften und 100 konfessionelle Titel


kämpfen um die Gunst und die Zeit der Leser.
• Die Kunden können zwischen 347 Tageszeitungen, 27 Wochenzeitungen und sieben
Sonntagszeitungen auswählen.
1.3 Verhaltenswissenschaftliche Einflussfaktoren des Marketings 61

<<< 1 %

Sensoren

Abb. 1.26  Information Overload als Determinante des Käuferverhaltens

• 468 TV-Programme, davon 21 öffentlich-rechtliche und 421 private, kämpfen um die


Aufmerksamkeit der Zuschauer. Die Zahl der deutschsprachigen, bundesweiten, privaten
TV-Sender in Deutschland setzt sich aus 12 Vollprogrammen, 80 Free-TV-­Spartensendern,
108 Pay-TV-Programmen sowie 21 Teleshoppingprogrammen zu­sammen.
• 534 Rundfunksender wollen Gehör finden.
• Im Bundesgebiet gibt es knapp 300.000 Großflächen für Außenwerbung. Hierzu zäh-
len u. a. Großflächen, City-Light-Poster, Mega-Lights, Ganzsäulen und digitale City-­
Light-­Boards.

cc Merk-Box  Zum Information Overload kommt ein Choice Overload – gleichsam


eine Orgie mit Optionen.

Die niedrige durchschnittliche Betrachtungszeit bei Werbung unterstreicht das ge-


ringe Interesse, auf das werbliche Botschaften bei den Zielpersonen treffen (vgl. Sta-
tista, 2021b):

• TV-Spot: 19,9 Sekunden


• Online-Video: 9,3 Sekunden
• Printanzeige: 3,9 Sekunden
• Werbebanner (Medium Rectangle): 0,8 Sekunden

Die Wahrnehmung der Zielpersonen lässt sich zusammenfassend mit drei zentralen
Begriffen beschreiben (vgl. Kroeber-Riel & Gröppel-Klein, 2019, S. 384–391):
62 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

• Subjektivität
Die Wahrnehmung hängt von den subjektiven Eigenschaften und Prädispositionen
ab. Dies sind Voreinstellungen der Menschen, die durch Wertungen, Wünsche und Vor-
urteile geprägt werden. So entwickelt jede Person ihre „ganz eigene Welt“, die sich von
der „realen Welt“ mehr oder weniger deutlich unterscheiden kann. Und wer definiert
überhaupt, was die „reale Welt“ ist?
• Aktivität
Wahrnehmung setzt immer einen aktiven Prozess der Informationsaufnahme und
der Informationsverarbeitung voraus. Ohne die Mitwirkung der Zielperson kann
vielfach keine Werbewirkung erzielt werden. Diese Einschätzung wird durch die Er-
kenntnisse des Neuro-Marketings relativiert (vgl. Abschn. 1.3.2.2).
• Selektivität
Die Wahrnehmung von Menschen fokussiert immer nur auf einen kleinen Ausschnitt
der Wirklichkeit. Erst eine selektive Wahrnehmung erlaubt es dem Menschen, die
Informationsüberlastung zu meistern. Bei diesem Prozess gilt: „Wir sehen nur das, was
wir kennen!“

cc Merk-Box  Damit wird deutlich: Kaum ein Kunde wartet darauf, von einem
Unternehmen werblich angesprochen zu werden.

Das bedeutet:

• Wir texten für Nicht-Leser – bei Mailings, E-Mails, Websites, Anzeigen etc.
• Wir komponieren für Nicht-Hörer – bspw. bei TV- und Rundfunk-Spots.
• Wir inszenieren für Nicht-Seher – etwa auf Messen, im Handel sowie bei TV-Spots.

Der zu durchdringende persönliche Wahrnehmungsfilter wird immer dichter. Dieser


Filter ist aktiv und selektiert irrelevante Informationsangebote aus, wie das online bereits
automatisch durch SPAM-Filter oder AdBlocker erfolgt. Allerdings kann ohne Wahr-
nehmung weder ein Lernen erfolgen noch eine Verhaltensänderung erzielt werden.
Um den Wahrnehmungsfilter zu überwinden, dominiert heute ein Kommunikations-
stil, der immer stärker die folgenden Merkmale aufweist:

• Geringe Komplexität
• Starke Aktivierungskraft
• Bildbetont und sinnlich

Informationsüberflutung bedeutet heute vor allem eine Bilder- und Videoüberflutung.


Warum? Weil wir Menschen Bilder und Videos wesentlich schneller verarbeiten können
als Text. Um in der Bilderflut überstehen zu können, müssen Bilder mit immer stärkerer
Aktivierungskraft eingesetzt werden. Auf diese Weise entsteht eine regelrechte
Aktivierungsspirale. Diese dreht sich immer schneller und führt zu immer drastischeren
1.3 Verhaltenswissenschaftliche Einflussfaktoren des Marketings 63

2000 2015

13 Sekunden 9 Sekunden 8 Sekunden 3-5 Sekunden

Durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne Durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne


Aufmerksamkeitsspanne eines eines Goldfisches Aufmerksamkeitsspanne eines Internet-Nutzers
Menschen im Jahr 2000 eines Menschen im Jahr 2015

Abb. 1.27  Aufmerksamkeitsspanne im Vergleich

Ausprägungen. Dies hat dazu geführt, dass vermitteltes Wissen und dadurch ausgelöste
Gefühle immer weniger sprachlich und immer mehr in Bildern abgespeichert werden.
Eine durchaus kritisch zu hinterfragende Studie von Microsoft liefert hierzu ein inte-
ressantes Ergebnis. Abb.  1.27 zeigt, dass die Aufmerksamkeitsspanne im Jahr 2000
noch bei durchschnittlich 13 Sekunden lag. Im Jahr 2015 reduzierte sie sich auf acht
Sekunden. Die Aufmerksamkeitsspanne eines Internet-Nutzers liegt heute sogar bei
nur drei bis fünf Sekunden. Im Vergleich dazu stellt der Goldfisch mit einer Aufmerk-
samkeitsspanne von – wie auch immer gemessenen – neun Sekunden geradezu den In-
begriff von Konzentrationsfähigkeit dar (vgl. Milano, 2019). Wie gesagt: Selbst wenn
wir den Zahlen nicht im Detail vertrauen, ein Aufmerksamkeitsschwund lässt sich
überall feststellen.

cc Merk-Box  Ein Goldfisch kann sich heute länger konzentrieren als ein
Internet-­Nutzer.
Aktivierende Botschaften treffen auf Zielpersonen, deren Denken und
Lernen von verschiedenen Stimmungen und Emotionen beeinflusst werden.
Das Verhalten dieser Personen wird wiederum durch ein Set von Werten,
Einstellungen und Motiven beeinflusst (vgl. Abb. 1.22).

Die Herausforderung für die kommunizierenden Unternehmen besteht darin, den „rich-
tigen Ton zu treffen“ bzw. die „passende Saite zum Klingen zu bringen“, um die Ziel-
personen zum gewünschten Handeln zu motivieren. Es geht um Relevanz – in den Augen
des Empfängers. Dann ist es gleichgültig, ob ein werblicher Anstoß zum Kauf eines
Montblanc-­Füllfederhalters, zum Abschluss eines Netflix-Abonnements, zur Spende für
UNICEF oder zum Einkauf bei Zalando auffordert.
64 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

cc Merk-Box  Um heute bei Kunden auf Interesse zu stoßen, sind drei Dinge un-
verzichtbar: Relevanz, Relevanz, Relevanz!

1.3.2.2 Erkenntnisse des Neuro-Marketings


Neuro-Marketing ist ein Forschungsgebiet mit interdisziplinärer Ausrichtung. Um für
die Ausgestaltung des Marketings relevante Erkenntnisse zu gewinnen, wurden Erkennt-
nisse und Verfahren aus verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen zusammengeführt.
Neuro-­Marketing umfasst zum einen die Analyse von Prozessen zur Informationsauf-
nahme und Informationsverarbeitung. Bei diesen Entscheidungsprozessen im
menschlichen Gehirn handelt es sich um den informationsbeschaffenden Aspekt des
Neuro-Marketings. Zum anderen gehört zum Neuro-Marketing auch die Ausgestaltung
der Marketing-Instrumente, soweit sich diese der durch die genannten Vorgehensweisen
gewonnenen Erkenntnisse bedient. Hierbei handelt sich um den informationsnutzenden
Aspekt des Neuro-Marketings (vgl. Kenning, 2020; Häusel, 2019a; Schwarz, 2018; Brie-
semeister, 2016).
Bei der Analyse der informationsbeschaffenden Aspekte des Neuro-Marketings kommt
den bildgebenden Verfahren eine besondere Bedeutung zu. Darunter ist insb. der Einsatz
der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT; engl.: „Functional Magnetic
Resonance Imaging“) zu verstehen. Dies ist ein Untersuchungsverfahren zur Erzeugung
von Hirnstrombildern. Hierdurch können Hirnregionen identifiziert werden, in denen er-
höhte oder reduzierte Aktivitäten der Nervenzellen auftreten.
Im Kern geht es bei der Analyse der informationsbeschaffenden Aspekte des Neuro-­
Marketings darum, das Ausmaß der Gehirnaktivitäten in verschiedenen Regionen zu
ermitteln. Hierdurch sollen Rückschlüsse auf die laufenden Prozesse der Informationsver-
arbeitung von Menschen gezogen werden. Mittels fMRT entstehen dreidimensionale
Farbbilder, mit deren Hilfe aktive Hirnregionen bei der Präsentation von Werbung, Mar-
ken, POS-Platzierungen etc. präzise ermittelt werden können. Da derartige Analysen hin-
sichtlich der notwendigen Technologien sowie der zur Auswertung erforderlichen Spezia-
listen sehr aufwändig und kostensintensiv sind, ist deren Einsatz immer noch limitiert.
Um die zentralen Erkenntnisse der informationsbeschaffenden Aspekte des Neuro-­
Marketings zu verstehen, bedarf es einer kurzen Einführung in die zentralen Begrifflich-
keiten der Hirnforschung. Das Großhirn (Neokortex) wird klassischerweise in acht Re-
gionen unterteilt, denen unterschiedliche Aufgabenfelder zugeschrieben werden. Dem
präfrontalen Kortex kommt bei Kaufentscheidungen eine besondere Bedeutung zu, weil
dieser die Verbindung zwischen dem emotionalen Wollen und einer konkreten Umsetzung
in Handlungen und deren Planung herstellt. Die Funktionsweise entspricht der eines
Rechenzentrums, um schnell einen Abgleich zwischen den eigenen Wünschen und den
durch die Rahmenbedingungen definierten Möglichkeiten vorzunehmen.
Die Hirnforschung unterscheidet beim präfrontalen Kortex zwischen zwei dominieren-
den Funktionseinheiten:
1.3 Verhaltenswissenschaftliche Einflussfaktoren des Marketings 65

• In der funktional-rationalen Funktionseinheit werden u.  a. das Arbeitsgedächtnis,


die Aufnahme von neuen Stimuli und das Aufgabenmanagement verortet.
• In der emotionalen Funktionseinheit dominiert das sogenannte limbische System. In
diesem entstehen Wünsche – etwa in Bezug auf das Kauf- und Konsumverhalten. Teil-
weise wird diese emotionale Funktionseinheit als die „eigentliche Macht- und Ent-
scheidungszentrale“ im menschlichen Gehirn bezeichnet. Einem Amygdala genannten
Teil im limbischen System kommt eine zentrale Rolle zu, weil dieser an der Entstehung
von Stimulanz, Balance und Dominanz beteiligt ist. Das limbische System stellt somit
den Mittelpunkt der emotionalen Verarbeitung dar und ist durch eine Vielzahl von
Nervensträngen mit der Großhirnrinde verbunden, wo die Bewusstseinsprozesse Den-
ken, Lernen, Analysieren, Entscheiden etc. stattfinden (vgl. Häusel, 2019c, S. 213–221).

Eine zentrale Erkenntnis des Neuro-Marketings sei hier herausgestellt:

cc Merk-Box  Die häufig in der klassischen und neo-klassischen Wirtschaftstheorie


anzutreffende Fiktion eines Homo oeconomicus ist unzutreffend. Menschen,
die ausschließlich wirtschaftlich denken und handeln, gibt es nicht. Menschen
fehlt auch die Fähigkeit zu uneingeschränkt rationalem Verhalten auf dem Weg
zur Nutzenmaximierung.

Ganz im Gegenteil zeigt sich, dass keine Entscheidung ohne eine – häufig dominie-
rende – emotionale Bewertung getroffen wird. Emotionen bestimmen das Informations-
und Kaufverhalten damit viel umfassender, als dies bisher in vielen Konzepten und Kauf-
verhaltensmodellen herausgearbeitet wurde. Folglich wird unser Verhalten nicht von
reflektierten Kosten-Nutzen-Abwägungen gesteuert.
In diesem Kontext wurde auch das über Jahrzehnte dominierende Hemisphären-­
Modell des Gehirns widerlegt, das von einer rechten emotionalen und einer linken ratio-
nalen Gehirnhälfte ausging. Beide Gehirnhälften sind nicht nur miteinander vernetzt, son-
dern alle Entscheidungen eines Menschen haben auch eine emotionale Komponente.
Außerdem stellen Ratio und Emotio im Entscheidungsverhalten keine Gegensätze dar,
sondern sie beeinflussen sich gegenseitig. Es wird heute sogar davon ausgegangen, dass
der Anteil des Unterbewusstseins an einer Entscheidung bei 80 bis 95 % liegt (vgl. Häusel,
2019d, S. 14).

cc Merk-Box  Allerdings ist es dem Neuro-Marketing nicht gelungen, im Kopf der


Kunden den sogenannten Buy Button zu finden, dessen Aktivierung auto-
matisch den gewünschten Kaufvorgang auslösen würde.

Die Informationsaufnahme und -aufbereitung sowie die darauf basierenden Ent-


scheidungsprozesse sind so komplex, dass einfache Lösungen bisher nicht entdeckt wur-
den. Gleichwohl hat die Neuro-­Forschung interessante Ergebnisse geliefert, die auch für
die Ausgestaltung des Marketings von Bedeutung sind. Die in Abb. 1.21 gezeigte Black
Box wurde zumindest in Teilaspekten erhellt.
66 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

Diese Relevanz der Erkenntnisse des Neuro-Marketings soll an einem legendären Bei-
spiel verdeutlicht werden, das bereits in Abschn. 1.1.1 kurz angesprochen wurde. Bereits
seit den 1980er-Jahren wird ein Geschmackstest zwischen Coca-Cola und Pepsi-Cola in
regelmäßigen Abständen wiederholt. Hierbei zeigt sich immer wieder das gleiche Bild: Im
Blindtest schneidet Pepsi-Cola grds. besser ab als Coca-Cola. Sind den Probanden die
Marken bekannt, fällt das Ergebnis umgekehrt aus.
Ein Experiment unter Einsatz eines Hirnscanners lieferte hierzu folgende Ergeb-
nisse: Beim Blindtest zeigte sich nur beim Konsum von Pepsi-Cola eine erhöhte Aktivi-
tät in dem Gehirnareal, welches für belohnende Erfahrungen bekannt ist. Bei Bekannt-
heit der entsprechenden Marken wurde dagegen lediglich bei Coca-Cola eine verstärkte
Aktivität in Regionen festgestellt, die für anspruchsvollere kognitive Funktionen zu-
ständig sind. In der Interpretation der Ergebnisse wurde herausgearbeitet, dass durch die
Marke Coca-­Cola offensichtlich positive Assoziationen und Selbstwertgefühle aus-
gelöst werden, gegenüber denen der Geschmack selbst an Bedeutung verliert (vgl.
Friebe, 2008, S.  22). Die Ergebnisse der Kernspintomographie konnten folglich eine
schlüssige Begründung dafür liefern, warum Pepsi-Cola in diesen Tests regelmäßig
Coca-Cola unterlag.
Die Gesamtheit der aufgezeigten Aspekte ist bei der Ausgestaltung des Marketings im
Hinblick auf die Verarbeitung von Informationen im menschlichen Gehirn zu berück-
sichtigen. Danach müssen wir zwischen dem impliziten und dem expliziten System unter-
scheiden (vgl. Scheier, 2008, S. 307 f.).

• Das implizite System (quasi der Autopilot) verarbeitet hohe Informationsmengen pa-
rallel, hoch effizient und unbewusst. Man geht davon aus, dass hier mehr als 11 Millio-
nen Bits (i.  S. von Informationseinheiten bzw. Sinneseindrücken) pro Sekunde ver-
arbeitet werden können. Hierzu gehören die Sinneswahrnehmungen, seien es
Lernvorgänge bei der Werbung, Emotionen, Stereotypen, Markenassoziationen, un-
bewusste Markenimages, spontanes Verhalten oder intuitive Entscheidungen.
• Das explizite System (der Pilot) kann dagegen nur etwa 40 bis 50 Bits pro Sekunde
verarbeiten, was in etwa einem Satz oder fünf bis sechs Zahlen entspricht. Die
Informationsverarbeitung erfolgt hier schrittweise, es werden Kosten-Nutzen-Analy-
sen ­angestellt oder die Zukunft wird geplant. Genauso werden rationale Abwägungen
(Preis versus Qualität) vorgenommen (Scheier & Held, 2018, S. 53 f.). Wie Abb. 1.28
zeigt, führen ein Information Overload, Zeitdruck, eine hohe Komplexität und ein Low
Involvement bei der Zielperson dazu, dass der „Autopilot“ aktiviert wird und maßgeb-
lich auf die Kaufentscheidung (hier zu 90 bis 95 %) einwirkt.

Die Konsequenz für das Marketing lautet:

cc Merk-Box  Wir müssen Botschaften stärker auf das implizite System und
damit auf den Autopiloten ausrichten, um einen umfassenderen Einfluss auf
die Bewertungen der Zielpersonen zu erhalten.
1.3 Verhaltenswissenschaftliche Einflussfaktoren des Marketings 67

Pilot
Overload Bewusst-explizite 5-10%
Markensignale Kom- Wirkung
(Werbung, plexität
Verpackung,
POS-Maß- Autopilot Kauf
nahmen, …)
Automatisch-implizite 90-95%
Wirkung
Zeitdruck
Low
involvement

Abb. 1.28  Funktionsweisen von Pilot und Autopilot. (Quelle: Scheier, 2008, S. 310)

Emotions- und Motiv-Systeme

Stimulanz-System Dominanz-System Balance-System

Durch Exploration und Durch Konkurrenz und Durch fürsorgliches und auf
Entdeckung suchen die Kunden Verdrängung suchen die Kunden Bindung ausgerichtetes Verhalten
nach: nach: suchen die Kunden nach:

Abwechslung, Macht/Status, Sicherheit,


Erregung und Durchsetzung und Stabilität und
Belohnung Autonomie Geborgenheit

sowie ein Vermeiden von sowie ein Vermeiden von sowie ein Vermeiden von

Langeweile und Ausgeliefertsein und Angst und


Reizarmut Fremdbestimmung/Unterdrückung Unsicherheit

Abb. 1.29  Emotions- und Motiv-Systeme. (Quelle: In Anlehnung an Häusel, 2019b, S. 52 f.)

cc Folglich sind Werbebotschaften eher bildhaft, mit leicht verständlichen Texten


und einfachen Botschaften zu formulieren. Dann können diese vom Autopiloten
leicht aufgenommen und schnell verarbeitet werden.

Basierend auf den Erkenntnissen des Neuro-Marketings wurde ein Emotionsmodell


mit drei Emotions- und Motiv-Systemen entwickelt (vgl. Abb. 1.29). Beim Stimulanz-­
System geht es im Kern darum, durch Exploration und Entdeckung Abwechslung, Er-
regung und Belohnung zu erfahren und gleichzeitig Langeweile und Reizarmut zu ver-
meiden. Das Dominanz-System ist darauf ausgerichtet, durch Konkurrenz und
Verdrängung Macht, Status, Durchsetzung und Autonomie zu erreichen. Gleichzeitig wird
versucht, ein Ausgeliefertsein sowie Fremdbestimmung und Unterdrückung zu unter-
binden. Das Balance-­System wiederum steuert ein fürsorgliches und auf Bindung aus-
68 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

gerichtetes Verhalten, um Angst und Unsicherheit zu verhindern und Sicherheit, Stabilität


und Geborgenheit zu erreichen (vgl. Häusel, 2019b, S. 47–64).
Diese unterschiedlichen Emotions- und Motiv-Systeme arbeiten in einer über-
geordneten Systemlogik zusammen. Dominanz- und Stimulanz-System drängen bspw.
auf „Action“ – auch unter bewusster Inkaufnahme von Risiken. Sie stehen für Optimismus
und Aktivierung. Das Balance-System wirkt dagegen mäßigend und risikovermeidend
und übt eher eine blockierende Wirkung aus. Die Frage ist nun, welche Signale eine be-
stimmte Kommunikation oder ein ganz konkretes Produkt hinsichtlich Stimulanz, Domi-
nanz und Balance aussendet (vgl. Häusel, 2019b, S.  52–54)? Es ist leicht nachzuvoll-
ziehen, dass ein Porsche eher Signale Richtung Stimulanz und Dominanz aussendet als
bspw. ein Golf. Und eine Finca im Landesinneren von Mallorca zahlt eher auf Balance ein
als ein Appartment im Herzen von Manhattan.
Interessant für das Marketing ist die Frage, ob sich Menschen hinsichtlich des Vor-
herrschens von bestimmten Emotions- und Motiv-Systemen unterscheiden. Hierzu ist zu-
nächst herauszustellen, dass die Psychologie zwischen dauerhaften Persönlichkeits-
merkmalen (sogenannten „Traits“) und momentanen Stimmungen (sogenannten
„States“) unterscheidet. Während die States je nach Situation stark schwanken können,
zeigen die durch angeborene und insb. bis zur Pubertät erlernten Persönlichkeitsmerkmale
eine hohe Stabilität. Die Ausprägung der Emotions- und Motiv-Systeme zählt zu den
dauerhaften Persönlichkeitsmerkmalen.
Folglich können Kunden zumindest grob nach den Schwerpunkten in ihren Emotions-
und Motiv-Systemen klassifiziert werden. Hier sind die folgenden Segmente zu unter-
scheiden:

• Hedonisten
• Abenteurer
• Performer
• Disziplinierte
• Traditionalisten
• Harmoniser
• Offene

Die Namen der einzelnen Typen stellen die jeweils dominierende Kernemotionali-
tät heraus. Beim Harmoniser ist dies bspw. eine starke Sozial- und Familienorientierung.
Beim Abenteurer dominiert die Risikobereitschaft – beim Disziplinierten das Pflicht-
bewusstsein (vgl. Häusel, 2019b, S.  53). Welche Emotions- und Motivstrukturen ein
Produkt oder eine Marke ansprechen soll, ist im Zuge der Markenführung festzu-
legen. Diese Aspekte werden im Abschn.  5.4.3.1 im Kontext der Kommunikation
vertieft.
1.3 Verhaltenswissenschaftliche Einflussfaktoren des Marketings 69

Was es zu behalten gilt

• Das Konzept einer marktorientierten Unternehmensführung wird mit dem Be-


griff „Marketing“ beschrieben.
• Marketing-Ziele werden durch einen Planungsprozess in Marketing-Strategien
und Marketing-Instrumente heruntergebrochen und im Zuge der Implementie-
rung durch konkrete Maßnahmen angestrebt.
• Die Marketing-Instrumente umfassen die Produkt- und Programmpolitik, die
Preis- und Konditionenpolitik, die Distributionspolitik, die Kommunikations-
politik und die Personalpolitik.
• Der Marketing-Diamant ist die Weiterentwicklung des Marketing-Mix.
• Jedes Unternehmen ist in eine Makro- und eine Mikro-Umwelt eingebettet, die
Ausgangs- und Endpunkt aller unternehmerischen Aktivitäten darstellen.
• Auf Märkten treffen Angebot und Nachfrage aufeinander.
• Es sind unterschiedliche Marktformen zu unterscheiden.
• Markenartikel, Handelsmarken und No-Names sind zentrale Ausgestaltungen
der Marken-Politik von Unternehmen.
• Die VUCA-Welt bringt für die Unternehmen besondere Herausforderungen
mit sich.
• Auf die Kaufentscheidungen von Menschen wirken soziologische und psycho-
logische Faktoren ein.
• Das S-O-R-Modell beschreibt das Verhalten von Menschen.
• Die heutige Informationsüberlastung der Menschen erschwert eine wirkungs-
volle Kommunikation.
• Erkenntnisse des Neuro-Marketings unterstreichen die Relevanz von Emotio-
nen im menschlichen Entscheidungsprozess.

Fragen zur Überprüfung Ihres Wissensstandes

1. Anhand welcher Merkmale lassen sich Käufer- von Verkäufermärkten unter-


scheiden? Welche Bedeutung haben diese unterschiedlichen Marktformen für das
unternehmerische Marketing? Nennen Sie zwei aktuelle Beispiele für beide
Marktformen.
2. Was sind die Inhalte der Mikro- und der Makro-Umwelt eines Unternehmens?
Worin liegt die Bedeutung dieser spezifischen Umweltbetrachtung für ein heute
agierendes Unternehmen? Verdeutlichen Sie Ihre Überlegungen am Beispiel der
Automobil-­Industrie und der Mode-Branche.
3. Was versteht man unter dem Stakeholder-Konzept und wie grenzt es sich gegen-
über dem Shareholder-Ansatz ab? Warum reicht vielfach die reine Share-
holder-Perspektive nicht mehr aus?
70 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

4. Wie kann Marketing heute definiert werden und welche Teilbereiche fließen in den
Prozess des Marketing-Managements ein?
5. Welche Güterkategorien unterscheidet man nach dem Kaufverhalten? Zeigen Sie
die Relevanz dieser Kategorien aus Sicht eines Herstellers und aus Sicht eines
Einzelhandelsunternehmens auf.
6. Wodurch unterscheiden sich Such-, Erfahrungs- und Vertrauensgüter? Welchen
Einfluss hat diese Klassifikation auf die Kommunikation eines Unternehmens?
7. Welche Bedeutung hat die Unterscheidung von Low- und High-Interest-Produkten
für das Marketing eines Unternehmens?
8. Was sind die zentralen Merkmale von Markenartikeln, Handelsmarken und No-­
Names? Gehen Sie zu Aldi, Edeka, Lidl, Rewe und Spar und prüfen Sie, welche der
dort angebotenen Produkte in diese unterschiedlichen Kategorien fallen.
9. Suchen Sie Galeria Karstadt Kaufhof und Sinn auf und ermitteln Sie, welche der
angebotenen Marken Handelsmarken und welches Herstellermarken (Marken-
artikel) sind.
10. Arbeiten Sie anhand der vorgestellten Kriterien heraus, worin die Relevanz der
verschiedenen Markenkonzepte für ein Handelsunternehmen liegt.
11. In welcher Beziehung stehen Marktvolumen und Marktpotenzial zueinander? Wo-
durch werden diese beiden Größen beeinflusst?
12. In welcher Beziehung stehen Absatzvolumen und Absatzpotenzial zueinander?
Wodurch werden diese beiden Größen beeinflusst?
13. Wie unterscheiden sich der absolute und der relative Marktanteil? Welche Be-
deutung kommt den beiden Messgrößen zu? Errechnen Sie diese Marktanteile für
folgenden Datensatz:
–– Marktpotenzial: 100.000 €
–– Marktvolumen: 30.000 €
–– Umsatz Unternehmen A: 10.000 €, Absatzmenge 1000 Stück
–– Umsatz Unternehmen B: 5000 €, Absatzmenge 600 Stück
–– Umsatz Unternehmen C: 2000 €, Absatzmenge 300 Stück
14. Skizzieren Sie das Marktformenschema und ordnen Sie jedem Feld mindestens
eine Branche bzw. entsprechende Unternehmen zu. Analysieren Sie, über welche
Aktivitäten dieser Unternehmen bzw. Branchen in den nächsten Wochen berichtet
wird. Prüfen Sie, welche Verhaltensweisen ihre Begründung in der entsprechenden
Marktform haben.
15. Wodurch unterscheiden sich die Einkaufsprozesse im B2C- und B2B-Bereich?
16. Was ist unter einem Buying Center zu verstehen? Welche Relevanz hat dieses für
den Verkaufsprozess und wie kann ein anbietendes Unternehmen die Konzeption
des Buying Centers zur Steigerung der Abschlusswahrscheinlichkeit nutzen?
17. Wie lassen sich Märkte kennzeichnen?
18. Welche Bereiche sollten bei der Analyse der Makro-Umwelt eines Unternehmens
ausgeleuchtet werden?
19. Was versteht man unter der VUCA-Welt?
Literatur 71

20. Spielen Sie den Entwicklungsprozess vom Bedürfnis zum Kaufakt für die
Spannungszustände „Durst“ und den „Wunsch nach neuer modischer Kleidung“
hinsichtlich Ihrer eigenen Person durch. Welche Einflussfaktoren werden für Sie
sichtbar? Wodurch wird Ihr ganz persönlicher Kaufentscheidungsprozess beein-
flusst und warum?
21. Was ist der Inhalt des S-O-R-Modells? Was können wir von diesem Modell lernen?
22. Welche Gruppen von Einflussfaktoren wirken sich auf den Entscheidungsprozess
aus? Welche davon können Sie bei sich selbst besonders deutlich ausmachen?
23. Was ist unter Meinungsführer- und -folgerschaft zu verstehen? In welchen Be-
reichen sind Sie eher Meinungsführer, in welchen eher Meinungsfolger?
24. Welche Bedeutung kommt der Aktivierung der Zielperson zu und warum? Wie ist
der Zusammenhang zwischen dem Aktivierungsniveau und der Leistung?
25. Welche Arten gibt es, um eine Aktivierung herbeizuführen?
26. Wie kann das Aktivierungsniveau gemessen werden?
27. Was ist unter Information Overload zu verstehen und in welchen Bereichen ist
dieser besonders ausgeprägt?
28. Was verbirgt sich hinter dem Konzept des Sinus-Instituts? Für welche Frage-
stellungen kann dieses relevant sein?
29. Wodurch lässt sich die Wahrnehmung von Konsumenten beschreiben? Welche Re-
levanz hat dies für das Marketing?
30. Was versteht man unter dem Begriff Neuro-Marketing?
31. Durch welche analytischen Methoden werden die Erkenntnisse des Neuro-Marke-
tings primär gewonnen?
32. Welche Bedeutung ist nach Erkenntnissen des Neuro-Marketings dem Homo oe-
conomicus zuzuschreiben? Wie bewerten Sie diese Erkenntnisse?
33. Warum gilt das Hemisphären-Modell des menschlichen Gehirns als überholt?
34. Wodurch unterscheiden sich die Konzepte „Pilot“ und „Autopilot“ in der mensch-
lichen Informationsverarbeitung? Welche Bedeutung kommt dieser Erkenntnis für
die Ausgestaltung des Marketings zu?
35. Welches Emotionsmodell wurde erarbeitet und welche Emotions- und Motiv-­
Systemen lassen sich darin unterscheiden? Welche Bedeutung haben diese?
36. Welche Emotions- und Motiv-Systeme werden bei Produkten wie Aktienoptionen
bzw. Bausparverträgen angesprochen?

Literatur

Backhaus, K., & Voeth, M. (2014). Industriegütermarketing (10. Aufl.). Vahlen.


Baumgarth, C. (2014). Markenpolitik. Markenwirkungen – Markenführung – Markencontrolling (4.
Aufl.). Springer Gabler.
Becker, J. (2019). Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen
Marketing-­Managements (11. Aufl.). Vahlen.
72 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

Briesemeister, B.  B. (2016). Die Neuro-Perspektive. Neurowissenschaftliche Antworten auf die


wichtigsten Marketingfragen. Haufe.
Bruhn, M. (2019). Marketing, Grundlagen für Studium und Praxis (14. Aufl.). Springer Gabler.
Bruhn, M., Meffert, H., & Hadwich, K. (2019). Handbuch Dienstleistungsmarketing. Planung  –
Umsetzung – Kontrolle (2. Aufl.). Springer Gabler.
Burmann, C., Halaszovich, T., Schade, M., & Piehler, R. (2018). Identitätsbasierte Marketing-
führung. Grundlagen – Strategie – Umsetzung – Controlling (3. Aufl.). Springer Gabler.
Destatis. (2021a). Bevölkerungsvorausberechnung für Deutschland. https://service.destatis.de/bevo-
elkerungspyramide/index.html. Zugegriffen am 01.04.2021.
Destatis. (2021b). Privathaushalte nach Haushaltsgröße. https://www.destatis.de/DE/Themen/
Gesellschaft-­­Umwelt/Bevoelkerung/_Grafik/_Interaktiv/haushalte-­familien-­haushaltsgroesse.
html. Zugegriffen am 01.04.2021.
Esch, F.-R. (2017). Strategie und Technik der Markenführung (8. Aufl.). Vahlen.
Foscht, T., Swoboda, B., & Schramm-Klein, H. (2017). Käuferverhalten. Grundlagen – Perspekti-
ven – Anwendungen (6. Aufl.). Springer Gabler.
Friebe, H. (2008). Marktforschung per Kernspintomographie. Gdi impuls, 3, 22–23.
GfK. (2021). GfK updatet digitale Landkarten für Deutschland, Österreich und die Schweiz auf
Stand 2021. https://www.gfk.com/insights/gfk-­updatet-­digitale-­landkarten-­fuer-­deutschland-­
oesterreich-­und-­die-­schweiz-­auf-­stand-­2021. Zugegriffen am 12.04.2021.
Haller, S., & Wissing, C. (2020). Dienstleistungsmanagement. Grundlagen  – Konzepte  – Instru-
mente (8. Aufl.). Springer Gabler.
Häusel, H.-G. (Hrsg.). (2019a). Neuromarketing: Erkenntnisse der Hirnforschung für Marken-
führung, Werbung und Verkauf (4. Aufl.). Haufe.
Häusel, H.-G. (2019b). Limbic: Das Navigationssystem für erfolgreiche emotionale Markenführung.
In H.-G. Häusel (Hrsg.), Neuromarketing: Erkenntnisse der Hirnforschung für Markenführung,
Werbung und Verkauf (4. Aufl., S. 47–64). Haufe.
Häusel, H.-G. (2019c). Methoden der Neuromarketing-Forschung. In H.-G. Häusel (Hrsg.), Neuro-
marketing: Erkenntnisse der Hirnforschung für Markenführung, Werbung und Verkauf (4. Aufl.,
S. 197–221). Haufe.
Häusel, H.-G. (2019d). Einführung. In H.-G.  Häusel (Hrsg.), Neuromarketing. Erkenntnisse der
Hirnforschung für Markenführung, Werbung und Verkauf (4. Aufl., S. 9–16). München.
Homburg, C. (2020). Marketingmanagement. Strategie – Instrumente – Umsetzung – Unternehmens-
führung (7. Aufl.). Springer Gabler.
Interbrand. (2021). Best global brands. https://interbrand.com/best-­global-­brands/. Zugegriffen am
30.03.2021.
KEK. (2021). Mediendatenbank. https://www.kek-­online.de/medienkonzentration/mediendaten-
bank#/. Zugegriffen am 01.04.2021.
Kenning, P. (2020). Consumer Neuroscience: Ein transdisziplinäres Lehrbuch. Springer Gabler.
Kilian, K. (2021). Marken erfolgreich managen: Antworten auf Schlüsselfragen der Markenführung.
Kohlhammer.
Kilian, K., & Kreutzer, R. (2022). Digitale Markenführung. Springer Gabler.
Kotler, P., Keller, K.  L., & Opresnik, M.  O. (2017). Marketing-Management. Konzepte  – Instru-
mente – Unternehmensfallstudien (15. Aufl.). Pearson.
Krause, H.-U. (2016). Controlling-Kennzahlen für ein nachhaltiges Management: Ein umfassendes
Kompendium kompakt erklärter Key Performance Indicators. De Gruyter.
Kreutzer, R.  T. (2020). Die digitale Verführung. Selbstbestimmt leben trotz Smartphone, Social
Media & Co. Springer Gabler.
Kreutzer, R. T. (2021a). Kundendialog online und offline, Das große 1x1 der Kundenakquisition,
Kundenbindung und Kundenrückgewinnung. Springer Gabler.
Literatur 73

Kreutzer, R. T. (2021b). Praxisorientiertes Online-Marketing. Konzepte – Instrumente – Checklisten


(4. Aufl.). Springer Gabler.
Kreutzer, R. T. (2021c). Toolbox für Digital Business. Springer Gabler.
Kreutzer, R. T., & Land, K.-H. (2015). Dematerialisierung. Die Neuverteilung der Welt in Zeiten des
digitalen Darwinismus. FutureVisionPress.
Kreutzer, R. T., & Land, K.-H. (2016). Digitaler Darwinismus. Der stille Angriff auf Ihr Geschäfts-
modell und Ihre Marke (2. Aufl.). Springer Gabler.
Kroeber-Riel, W., & Gröppel-Klein, A. (2019). Konsumentenverhalten (11. Aufl.). Vahlen.
Meffert, H., Burmann, C., Kirchgeorg, M., & Eisenbeiß, M. (2019). Marketing, Grundlagen markt-
orientierter Unternehmensführung. Konzepte – Instrumente – Praxisbeispiele (13. Aufl.). Sprin-
ger Gabler.
Milano, D. (2019). No, you don’t have the attention span of a goldfish. https://www.ceros.com/ori-
ginals/no-­dont-­attention-­span-­goldfish/. Zugegriffen am 01.04.2021.
Müßigmann, L. (2020). Edeka bleibt Spitzenreiter. https://www.horizont.net/planung-­analyse/nach-
richten/top-­liste-­lebensmittelhandel-­edeka-­bleibt-­spitzenreiter-­186519. Zugegriffen am
01.04.2021.
Nelson, P. (1970). Information and consumer behavior. The Journal Political Economy, 78(2),
311–312.
o. V. (14. Oktober 2004). Pepsi oder Coke: Die Erinnerung trinkt mit. Spiegel Online. https://www.
spiegel.de/wissenschaft/mensch/pepsi-­oder-­coke-­die-­erinnerung-­trinkt-­mit-­a-­323066.html. Zu-
gegriffen am 30.03.2021.
Raab, G., Unger, A., & Unger, F. (2016). Marktpsychologie. Grundlagen und Anwendung (4. Aufl.).
Springer Gabler.
Radecke, H.-D. (2010). Lieber Mainstream als Minderheit. Ventura, 3, 9–13.
Rappaport, A. (1998). Shareholder Value. Ein Handbuch für Manager und Investoren (2. Aufl.).
Schäffer-Poeschel.
Ritz-Carlton. (2021). Gold standards. https://www.ritzcarlton.com/en/about/gold-­standards. Zu-
gegriffen am 30.03.2021.
Scheier, C. (2008). Neuromarketing – über den Mehrwert der Hirnforschung für das Marketing. In
R. T. Kreutzer & W. Merkle (Hrsg.), Die neue Macht des Marketing. Wie Sie Ihr Unternehmen
durch Emotion, Innovation und Präzision profilieren (S. 301–323). Wiesbaden.
Scheier, C., & Held, D. (2018). Wie Werbung wirkt. Erkenntnisse des Neuromarketing (3.
Aufl.). Haufe.
Schmidt, H. J. (2016). Markenführung. Studienwissen kompakt. Springer Gabler.
Schwarz, E. (2018). Neuro-Advertising: Gehirngerechte Werbung für mehr Erfolg in Ihrem Markt.
Springer Gabler.
Seebacher, U. (Hrsg.). (2021). Praxishandbuch B2B-Marketing: Neueste Konzepte, Strategien und
Technologien sowie praxiserprobte Vorgehensmodelle. Springer Gabler.
Sinus-Institut. (2021). Sinus-Milieus Deutschland. https://www.sinus-­institut.de/sinus-­loesungen/
sinus-­milieus-­deutschland/. Zugegriffen am 01.04.2021.
Solomon, M. R., Bamossy, G., Askegaard, S., & Hogg, M. K. (2019). Consumer behavior. A Euro-
pean perspective (7. Aufl.). Pearson.
Statista. (2021a). Stellenbestand der Außenwerbeträger in Deutschland in den Jahren 2018 bis 2021.
https://de-­statista-­com.ezproxy.hwr-­berlin.de/statistik/daten/studie/75756/umfrage/stellenbestand-­
in-­der-­plakatwerbung-­seit-­2008/. Zugegriffen am 01.04.2021.
Statista. (2021b). Durchschnittliche Betrachtungsdauer von Werbung in verschiedenen Medien in
Sekunden. https://de-­statista-­com.ezproxy.hwr-­berlin.de/statistik/daten/studie/271067/umfrage/
betrachtungsdauer-­von-­werbung-­in-­verschiedenen-­medien/. Zugegriffen am 01.04.2021.
VDZ. (2020). VDZ-Jahrespressekonferenz 2020. VDZ.
74 1  Allgemeine Grundlagen des Marketings

Webster, F. E., & Wind, Y. (1972). Organizational buying behavior. Prentice-Hall.


Weiber, R., & Adler, J. (1995). Positionierung von Kaufprozessen im informationsökonomischen
Dreieck. ZFBF, 47(2), 107.
Weis, H. C. (2018). Marketing (18. Aufl.). Kiehl.
Wiegrefe, K. (2005). Blühende Landschaften. Der Spiegel, 48, 46–64.
Wiesner, K. A. (2016). Faires Management und Marketing. de Gruyter.
Wiesner, K.  A. (2020). 360-Grad-Marketing: Potenziale der integrierten Stakeholderinteraktion
voll ausschöpfen. Kohlhammer.
Marketing-Planung und
­Marketing-­Forschung 2

„Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern
auch für das, was wir nicht tun.“
Molière

Lernziele
Fähigkeit,

• die Bedeutung der Planung für Unternehmen nachzuvollziehen


• unterschiedliche Planungskonzepte einzusetzen
• die Bedeutung strategischer Geschäftseinheiten zu erkennen
• zwischen strategischer und operativer Planung in ihren Inhalten und ihren Fris­
tigkeiten zu unterscheiden
• Erkenntnisziele, Aufgabenstellungen und Methoden der Marketing-Analyse im
Rahmen der Marketing-Forschung sicher zu beherrschen

Elektronisches Zusatzmaterial Die elektronische Version dieses Kapitels enthält Zusatzmaterial,


das berechtigten Benutzern zur Verfügung steht https://doi.org/10.1007/978-­3-­658-­35307-­0_2.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2022 75
R. T. Kreutzer, Praxisorientiertes Marketing,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-35307-0_2
76 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

2.1 Grundlagen der Marketing-Planung

„Wenn sich die Fakten ändern, ändere ich meine Meinung.“


John Maynard Keynes

2.1.1 Kennzeichnung von Planung und Planungsprozessen

Die Prozesse der Marketing-Planung sind Bestandteil der Marketing-Organisation (vgl.


Kap.  8). Planung stellt das Bindeglied zwischen Information und Aktion dar. Pla-
nung ist ein

• informationsbeschaffender,
• informationsverarbeitender,
• willensbildender Prozess.

Bei Planung geht es u. a. um Entscheidungen, welche Projekte in Angriff genommen


und welche verworfen werden. Hierbei kann es sich um Neuproduktideen, die Gründung
von Produktions- oder Vertriebsstandorten im Ausland oder den Aufbau eines Online-­
Shops handeln. Bei diesen Entscheidungen wird jeweils versucht, durch Wirkungs- oder
Entwicklungsprognosen deren Konsequenzen „vorherzusehen“. Deshalb kann auch ge-
sagt werden, dass Planung Entscheidungen unter gleichzeitiger Antizipation (i. S. der
Vorwegnahme) der damit verbundenen Wirkungen beinhaltet. Planung stellt folglich
eine geistige Vorwegnahme zukünftigen Handelns dar. Die Planung stellt eine echte
Managementaufgabe dar und hat maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensent-
wicklung.
Beim Planungsprozess gibt es verschiedene Vorgehensweisen. Beim Top-down-­
Ansatz verläuft der Planungsweg hierarchisch von oben nach unten. Auf der Ebene des
Top-Managements werden die Ziele, die Maßnahmenpläne sowie die relevanten Rahmen-
bedingungen definiert, die für die nachgeordneten Hierarchien als Fixpunkte gelten. Diese
stellen die Grundlage für die weitere Planung sowie deren Ausführung durch die nach-
gelagerten Hierarchieebenen dar.
Die Vorteile eines Top-down-Ansatzes liegen darin, dass die Interessen des Gesamt-
unternehmens im Mittelpunkt stehen. So können Strategien zur langfristigen Weiter-
entwicklung des gesamten Unternehmens erarbeitet werden. Bei diesem Planungsansatz
entfallen zeit- und ressourcenintensive Abstimmungsprozesse. Nachteile eines Top-
Down-Ansatzes sind darin zu sehen, dass eine große „Ferne vom Tagesgeschäft“ vor-
liegen kann, die zu Fehlentscheidungen des Top-Managements führt. Außerdem läuft man
bei Top-down Gefahr, dass die Motivation des Middle-Managements leidet, da dieses
nicht umfassend in den Planungsprozess eingebunden ist.
Beim Bottom-up-Ansatz verläuft der Planungsweg umgekehrt – von unten nach oben.
Die Ziel- und Maßnahmen-Planungen werden vom Middle-Management erstellt und auf
2.1 Grundlagen der Marketing-Planung 77

der Top-Unternehmensebene lediglich konsolidiert. Hier wird das Geschäft quasi aus der
unternehmerischen Mitte heraus geplant – orientiert an den dort ermittelten Chancen und
Risiken des Marktes.
Ein Vorteil des Bottom-up-Ansatzes liegt darin, dass eine größere Praxisnähe erreicht
werden kann. Außerdem kann die Motivation zur Zielerreichung steigen, wenn die be-
troffenen Manager diese Ziele selbst erarbeitet haben. Gleichzeitig liegt ein Risiko des
Bottom-­up-Vorgehens darin, dass die Zieldefinition von Ressort-Egoismen geprägt ist.
Solche Egoismen verengen den Fokus auf den jeweiligen Verantwortungsbereich – ohne
den „Blick für das große Ganze“ zu haben. Außerdem können Ziele u. U. weniger ehr-
geizig ausfallen. Schließlich stellen diese Ziele die Messlatte für die Erreichung leistungs-
bezogener Vergütungsbestandteile (u. a. von Tantiemen) für das Middle-Management dar.
Da der Planung des Middle-Managements keine zentralen Orientierungspunkte „von
oben“ vorgegeben werden, läuft ein so planendes Unternehmen u.  U.  Gefahr, dass be-
stehende Pläne lediglich fortgeschrieben und keine das gesamte Unternehmen heraus-
fordernden Aufgaben definiert werden. Eine solche Perspektive ist – vor allem angesichts
der digitalen Herausforderungen – viel zu eng (vgl. Kreutzer, 2021c).
Der sogenannte Gegenstrom-Ansatz versucht, die Vorteile beider Konzepte mit-
einander zu verbinden. Hierbei gibt das Top-Management die Rahmenbedingungen
bzgl. der anzustrebenden Ziele vor. Das Middle-Management muss sich bei seiner Pla-
nung an diesen Rahmenvorgaben orientieren, besitzt aber gleichwohl einen großen Ein-
fluss auf die Ausgestaltung der Planungsinhalte. Eine Konsolidierung findet auf Top-­
Unternehmensebene statt. Ein solcher Planungsprozess ist allerdings sehr viel
zeitintensiver als bspw. der Top-­down-­Ansatz. Dies hat zur Folge, dass die Planung des
Folgejahres häufig schon im ersten Quartal eines laufenden Geschäftsjahres angestoßen
wird. Gleichzeitig sind bei der Umsetzung der Planung aufgrund einer größeren Markt-
nähe allerdings auch weniger „Überraschungen“ zu erwarten, weil Kompetenzen „von
oben und unten“ in die Planung einfließen.

cc Merk-Box  Ein reiner Top-down-Ansatz ist heute primär in inhabergeführten,


auf Einzelpersonen ausgerichteten Unternehmen zu finden. Das Leitmotto lau-
tet hier: „Wo’s langgeht, bestimmt der Chef allein!“ In anderen Unternehmen
wird dagegen regelmäßig ein dem Gegenstrom-Ansatz entsprechendes
Planungskonzept verwendet.

Heute gewinnt das Konzept des agilen Managements zunehmend an Bedeutung. Hier-
bei geht es vor allem darum, die Flexibilität von unternehmerischen Entscheidungen
zu erhöhen. Starre Planungskonzepte, die häufig mehrere Monate in Anspruch nehmen,
werden der Notwendigkeit zu schnellen Entscheidungen immer weniger gerecht. Die Me-
thoden des agilen Managements streben eine höhere Entscheidungsgeschwindigkeit an –
verbunden mit einer konsequenten Kundenorientierung.
Das Mindset des agilen Managements ist in Abb. 2.1 zu sehen. Dreh- und Angelpunkt
ist eine konsequente Kundenorientierung  – in allen Unternehmensbereichen. Bei der
78 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

Abb. 2.1  Mindset des Konsequente Inkrementelles


agilen Managements Kundenorientierung Vorgehen

Agiles
Management
Iteratives
Schnelligkeit
Vorgehen

Planung wird ein inkrementelles Vorgehen gewählt. Innovationen werden Schritt für
Schritt vorangetrieben – und immer wieder im Markt getestet. Prozessschritte werden in
einem iterativen Vorgehen so lange wiederholt, bis die gewünschten Ergebnisse erzielt
werden. Das wichtigste Ergebnis ist ein Bestehen in den Augen der Kunden. Gleichzeitig
sind alle Prozesse auf Schnelligkeit getrimmt. Deshalb ist es wichtig, sich die zentralen
Ideen der Konzepte Design Thinking, Lean Start-up und Scrum zu erschließen (vgl. ver-
tiefend Kreutzer, 2018, S. 207–235, 2021c).

cc Merk-Box  Um Planungsprozesse – auch über das Marketing hinaus – erfolg-


reich zu gestalten, ist auch die Unternehmensorganisation i. S.  einer ge-
wünschten Agilität weiterzuentwickeln. Zur Erreichung der Kunden-
orientierung ist es unverzichtbar, dass die Unternehmen durchlässiger für
Impulse von außen werden.

cc Denkanstoß  Prüfen Sie einmal in den Unternehmen, in denen Sie aktiv sind, wie
„agil“ dort Entscheidungsprozesse bereits ablaufen – oder eben nicht!

2.1.2 Bildung von strategischen Geschäftseinheiten

Die Planung setzt – insb. in international oder angebotsspezifisch breit aufgestellten Unter-
nehmen – eine Planbarkeit voraus. Um diese zu erreichen, wird in den Unternehmen eine
Komplexitätsreduktion angestrebt. Unternehmen wie Alphabet, Amazon, BASF, Siemens
oder Volkswagen lassen sich nicht als Ganzes planen. Deshalb wird eine Reduktion dieser
Komplexität angestrebt. Diese wird durch die unternehmensinterne Isolierung von in sich
geschlossenen Einheiten erreicht. Das bedeutet, dass das Unternehmen für die Planung
wie für die Führung generell in strategisch relevante Einheiten aufgeteilt wird.
Hier spricht man von der Bildung strategischer Geschäftseinheiten (SGEs). Teil-
weise wird auch von strategischen Geschäftsfeldern (SGFs) gesprochen. Die SGF werden
z. T.auch als Übergruppe der SGEs definiert. Geschäftseinheiten umfassen jeweils einen
Ausschnitt aus dem unternehmerischen Tätigkeitsbereich. Bei deren Bildung wird ver-
sucht, möglichst homogene Produkt-Markt-Kombinationen zu finden. Diese sollen
eine eigenständige, kundenbezogene Marktaufgabe umfassen. Hierdurch bestimmen die
strategischen Geschäftseinheiten, wie der Markt gesehen wird!
2.1 Grundlagen der Marketing-Planung 79

Auf diese Weise wird eine zweckmäßige Grundlage für die Planung geschaffen und
gleichzeitig die zu bewältigende Komplexität reduziert. So wird es möglich, eigenständige
Strategien zum Aufbau bzw. zur Ausschöpfung von Erfolgspotenzialen zu entwickeln.
Wichtig ist, dass die Schaffung von SGEs in einem Unternehmen nicht zwangsläufig mit
einer Veränderung der Aufbauorganisation einhergehen muss. Wie diese ist auch die Bil-
dung von SGEs von den Unternehmenszielen und dem relevanten Wettbewerbsumfeld
abhängig. Deshalb sind Anpassungen im Zeitablauf, bspw. alle drei bis fünf Jahre,
zweckmäßig.
Zur Abgrenzung von strategischen Geschäftseinheiten, die nicht mit organisatori-
schen Grenzen übereinstimmen müssen (vgl. Kap.  8), bieten sich verschiedene Kri-
terien an:

• Produkte/Produktgruppen; Dienstleistungen/Dienstleistungsgruppen
• Kunden
• Regionen
• Eingesetzte Unternehmensressourcen (bspw. gleiche Produktionsanlagen)
• Vertriebskanäle

So kann bei einem Automobilunternehmen bspw. eine angebotsorientierte SGE-­


Abgrenzung zum Tragen kommen. Die Daimler AG ist bspw. in die folgenden drei Ge-
schäftsfelder gegliedert (vgl. Daimler, 2021a):

• Mercedes-Benz Cars & Vans


• Daimler Trucks & Buses
• Daimler Mobility (hierzu zählen Finanzierung, Leasing, Flottenmanagement, Geld-
anlagen, die Vermittlung von Versicherungen sowie innovative Mobilitätsdienst-
leistungen)

Im Jahr 2021 wurde verkündet, dass die Geschäftseinheit Daimler Trucks & Buses als
eigenständige Einheit an die Börse gebracht werden soll. Die Lösungen von Daimler Mo-
bility sollen auf die Einheiten Mercedes-Benz Cars und Daimler Trucks & Buses aufgeteilt
werden (vgl. Daimler, 2021b). Hier zeigt sich, dass Unternehmensorganisation in Ab-
hängigkeit der strategischen Ziele immer wieder anzupassen ist.
Auch bei Siemens (2021) erfolgt die Abgrenzung der einzelnen Geschäftseinheiten an-
hand der jeweiligen Angebote:

• Digital Industries (Fokus: Technologien und Innovationen für die industrielle Auto-
matisierung und die Digitalisierung)
• Smart Infrastructure (Fokus: intelligente Verknüpfung von Energiesystemen, Ge-
bäuden und Industrien)
• Mobility (Fokus: Transportlösungen für Menschen und Güter)
• Siemens Advanta (Fokus: digitale Transformation)
80 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

• Portfolio Companies (Fokus: spezifische Angebote für unterschiedliche Branchen)


• Siemens Healthineers (Fokus: Gesundheitswesen)

Es können auch kundenorientierte SGE-Abgrenzungen erfolgen. Hier kann die Or-


ganisation auf Großkunden und Kleinkunden ausgerichtet werden. Dies ist bspw. bei vie-
len Banken der Fall. Hier wird bspw. zwischen institutionellen Investoren, Unternehmen
und Privatkunden unterschieden, für die jeweils eigene Geschäftseinheiten gebildet wer-
den. Eine kundenorientierte Ausrichtung mit dem Schwerpunkt Branchen ist bspw. bei
Beratungsunternehmen gegeben. Hier gibt es häufig eigene Beratungseinheiten für Einzel-
handel, Pharma-Markt, Finanzdienstleister und Automobilbau.
Hierbei können mehrere Produkte und/oder Dienstleistungen in einer strategischen Ge-
schäftseinheit zusammengeführt werden (vgl. Abb. 2.2 links). Es gibt allerdings auch or-
ganisatorische Lösungen, bei denen identische Produkte in verschiedenen SGEs eingesetzt
werden (vgl. Abb.  2.2 rechts). So können bspw. identische Software-Lösungen in den
SGEs „Unternehmen“ und „private Haushalte“ eingesetzt werden.
Welche Kriterien zur Bildung von SGEs herangezogen werden, ist von den unter-
nehmerischen Zielen sowie von der angestrebten Autonomie der zu bildenden Einheiten
abhängig. Wenn ausgewählte Kundengruppen (etwa die Zielgruppe 50+) oder die Aus-
landsaktivitäten (so bspw. in Südamerika) besonders fokussiert werden sollen, kann die
Bildung derartiger SGEs nach Kundengruppe bzw. nach Ländern zielführend sein. Dies ist
insb. dann gegeben, wenn eine SGE nicht nur eine eigenständige Angebots- und/oder
Zielgruppen-­Kombination darstellt, sondern mit eigener Gewinn- und Verlustver-
antwortung als sogenanntes Profit Center ausgestaltet ist.
Ein Profit Center ist eine organisatorische Einheit im Unternehmen, die über eine
eigenständige Marktaufgabe sowie einen gewissen strategischen Entscheidungsspielraum
zur Ausgestaltung des Geschäftes verfügt. Diese Einheit trägt außerdem die volle Gewinn-
und Verlust-Verantwortung. Das bedeutet, dass ein Profit Center Umsätze erzielen und
auch die eigenen Kosten beeinflussen kann. Das Management dieser Einheit wird persön-

Abb. 2.2  Bildung von Mehrere Produkte Ein Produkt in mehreren SGEs,
strategischen in einer SGE bspw. nach Kunden differenziert
Geschäftseinheiten

SGE Produkt

Produkt 1 SGE 1

Produkt 2 SGE 2

... ...
Produkt n SGE n
2.1 Grundlagen der Marketing-Planung 81

lich an den Ergebnissen des entsprechenden Bereichs gemessen – und diese Ergebnisse
haben einen direkten Einfluss auf die erfolgsabhängigen Vergütungsbestandteile.
Ein Cost Center ist eine organisatorische Einheit im Unternehmen, die keine eigen-
ständige Marktaufgabe wahrnimmt, keine eigenen Umsätze erzielt und deshalb auch keine
Gewinn- und Verlustverantwortung trägt. Cost Center, wie bspw. das Personalwesen (auch
Human-Resource-Management bzw. kurz HR genannt) oder das Controlling, erzielen
keine unmittelbaren Markterfolge. Deshalb kann ein Cost Center nicht durch profit-
orientierte Ziele geführt werden. Die Führung erfolgt hier über Budgets, mit deren Einsatz
bestimmte Ziele zu erreichen sind. Weil diese Einheiten quasi „nur Kosten verursachen“
und keine marktgängige Leistung erbringen, werden sie Cost Center genannt.

cc Merk-Box  Profit Center tragen die volle Gewinn- und Verlust-Ver-


antwortung, weil sie eigene Umsätze erzielten. Cost Center werden über Bud-
gets und Ziele gesteuert.

cc Denkanstoß  Prüfen Sie einmal, in welchen Profit Centern und Cost Centern Sie
schon gearbeitet haben. Haben Sie dabei Unterschiede in der Art der Führung fest-
gestellt?

In vielen Unternehmen wurden in den letzten Jahren ursprünglich als Cost Center orga-
nisierte Einheiten zu Profit Centern. Hierdurch sollte auch bei der Bedienung interner
Kunden eine stärkere Leistungsorientierung erreicht werden. Außerdem sollen zusätzliche
(externe) Umsatzpotenziale erschlossen werden. Hierzu mussten sich interne Dienstleister
im externen Wettbewerb bewähren. Dies war insb. im IT-Bereich sowie bei Logistikauf-
gaben zu beobachten – und vielfach nicht sonderlich erfolgreich.

2.1.3 Strategische und operative Planung

Die strategische Planung lässt sich durch folgende Merkmale kennzeichnen (vgl. Müller
& Wrobel, 2021, S. 28 f.; Dillerup & Stoi, 2021; Welge et al., 2017; Tomczak et al., 2014):

• langfristige Orientierung (Zeithorizont drei Jahre und mehr)


• ganzheitliche Betrachtung (oft des gesamten Unternehmens oder größerer Unter-
nehmenseinheiten)
• Setzen von Schwerpunkten i.  S.  von strategischen Stoßrichtungen, die verfolgt
werden sollen
• Entwurf von Systemen, die längerfristige Gültigkeit aufweisen (bspw. die Unter-
nehmensorganisation oder Planungs- und Controlling-Systeme)
• Erarbeitung von Konzepten zur langfristigen Sicherung und Ausschöpfung von
bestehenden sowie zur Schaffung von neuen Erfolgspotenzialen
• Fixierung von Rahmenbedingungen für die operative Planung
82 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

Die damit verbundenen strategischen Entscheidungen können sich entweder auf das ge-
samte Unternehmen, auf einzelne Funktionsbereiche oder auf SGEs beziehen. Nachfolgend
sind Beispiele für strategische Entscheidungen auf Unternehmensebene aufgelistet:

• Entscheidung zur Durchführung eines IPO (Initial Public Offering i.  S.  eines
Börsengangs) bei Daimler Trucks & Buses. Ein solcher Prozess erstreckt sich von der
Idee bis zur erstmaligen Listung des Unternehmens an der Börse häufig über meh-
rere Jahre.
• Einstieg in den stationären Einzelhandel durch das Unternehmen Amazon  – u.  a.
durch den Kauf der Bio-Supermarkt-Kette Whole Foods und den Aufbau eigener statio-
närer Geschäfte.
• Eine Ergänzung der Angebotspalette ist bei Zalando erfolgt. Dieser Online-­Versender
hat die Plattform Zalando Zircle zur Vermarktung gebrauchter Modeartikel aufgebaut.
• Eine Neuausrichtung der Angebotspalette auf Elektrofahrzeuge findet bei den etab-
lierten Automobilanbietern statt, u. a. bei Daimler, BMW und Volkswagen. Der Fleisch-
und Wurstanbieter Rügenwalder Mühle hat seine Produktpalette durch die verstärkte
Herstellung vegetarischer und veganer Produkte ebenfalls weiterentwickelt.
• Einstieg in neue Leistungsfelder bei Airbus. Um Lösungen für den „fliegenden Nah-
verkehr“ zu entwickeln, wurde der Bereich Urban Air Mobility gegründet.
• Akquisition eines Unternehmens: Im Jahr 2014 hat Facebook den Kurzmitteilungs-
dienst WhatsApp für 19  Mrd. US-Dollar gekauft. Bayer hat 2016 das Unternehmen
Monsanto für knapp 50  Mrd. € erworben. Microsoft erwarb 2016 für 26  Mrd. US-­
Dollar das Karriere-Netzwerk LinkedIn und 2021 für knapp 10 Mrd. US-Dollar das auf
Spracherkennung spezialisierte Unternehmen Nuance. Salesforce hat 2020 für knapp
28 Mrd. US-Dollar das Unternehmen Slack erworben.
• Eine Aufspaltung des Unternehmens erfolgte 2017 bei Metro. Der Handelskonzern
Metro Group wurde in den Lebensmittelhandel unter dem Namen Metro und den
Elektronikhandel mit Namen Ceconomy (mit Media Markt und Saturn) geteilt.
• Die Gründung eines Joint Ventures (d.  h. eines Gemeinschaftsunternehmens) er-
folgte zwischen BMW und Daimler im Jahr 2019. In dieses Share Now genannte Unter-
nehmen wurden die bis dahin konkurrierenden Carsharing-Anbieter car2go und Drive-
Now eingebracht. Das Joint Venture von Geely und Volvo entwickelt Hybrid- und
Elektroautos unter der Marke Polestar. Das Joint Venture von Geely und Daimler pro-
duziert gemeinsamen einen eSmart.
• Aufbau von eigenständigen Produktionsstandorten durch Tesla in Brandenburg
sowie zur Herstellung von Batterien durch Volkswagen.
• Den Einstieg in einen neuen Markt plant Opel in Japan.

Anhand dieser Beispiele wird deutlich, dass derartige strategische Entscheidungen


nachhaltige Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen haben und es teilweise vieler
Jahre bedarf, um diese Entscheidungen umzusetzen. In der Regel sind mehrere oder sogar
alle Unternehmensbereiche von diesen strategischen Entscheidungen betroffen. Man
2.1 Grundlagen der Marketing-Planung 83

spricht deshalb auch von der Corporate Strategy. Davon zu unterscheiden sind die so-
genannten Business Strategies, in deren Rahmen strategische Entscheidungen auf Ge-
schäftsfeldebene getroffen werden.
Stehen Entscheidungen auf funktionaler Ebene an, die sich schwerpunktmäßig auf
betriebliche Teilbereiche beschränken, spricht man von Functional Strategies. Hier sind
einige Beispiele zu diesen Functional Strategies:

• Funktionsbereich Produktion
Verlagerung der Produktion von Deutschland in kostengünstigere östliche Länder, wie
sie von den Unternehmen der sogenannten „weißen Ware“ (u. a. Kühlschränke, Wasch-
maschinen, Herde) vollzogen wurde.
• Funktionsbereich Beschaffung/Procurement
Aufbau eines Global Multiple Sourcings, d. h. eines Beschaffungsprozesses, bei dem –
oft ab einer bestimmten Auftragshöhe  – eine globale Ausschreibung zu erfolgen hat
(Global Sourcing). Gleichzeitig sind Aufträge auf mehrere strategische Partner zu ver-
teilen, um die Abhängigkeit von einzelnen Zulieferern zu reduzieren (Multiple
Sourcing).
• Funktionsbereich Marketing
Einführung eines wertorientierten Customer-Relationship-Managements, durch das in-
tensivere Geschäftsbeziehungen zu den Kunden aufgebaut und eine One-to-One-­
Kommunikation, d.  h. eine auf den einzelnen Kunden individuell ausgerichtete An-
sprache, erreicht werden sollen (weiterführend Kreutzer, 2021a).
• Funktionsbereich IT
Ausrichtung der gesamten IT auf Cloud-Computing. Die IT-Prozesse werden aus dem
eigenen Rechenzentrum in das von Dienstleistern verlegt. Der Zugriff auf diese ex-
ternen Rechenzentren erfolgt über das Internet. Um den Anforderungen der digitalen
Transformation gerecht zu werden, kann eine IT der zwei Geschwindigkeiten installiert
werden (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021c).

Anhand der genannten Beispiele wird sichtbar, dass derartige strategische Ent-
scheidungen, auch wenn sie schwerpunktmäßig nur einzelne Unternehmensbereiche be-
treffen, häufig auch Auswirkungen auf andere Teile des Unternehmens haben. Deshalb
sollte hier eine umfassende Vernetzung der angestrebten Bereichsziele erfolgen. Dies kann
bspw. über eine Balanced Scorecard sichergestellt werden (vgl. Abschn. 3.5).
In Abgrenzung zur strategischen Planung lässt sich die operative Planung durch fol-
gende Merkmale kennzeichnen:

• Hierarchisch der strategischen Planung untergeordnet


Die operative Planung muss dazu beitragen, die strategische Planung zu verwirklichen.
• Kurz- bis mittelfristige Orientierung
Der Zeithorizont ist weniger als drei Jahre. Klassischerweise entspricht der Zeithorizont
der operativen Planung einem Jahr und ist deckungsgleich mit dem Geschäftsjahr eines
Unternehmens.
84 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

• Umsetzung von Konzepten zur Schaffung, Sicherung und Ausschöpfung von


Erfolgspotenzialen
Hier geht es im Kern darum, die Leistungen des Unternehmens zu erbringen und zu
vermarkten.

Häufig wird bei der operativen Planung das vorgedacht, was von den verantwortlichen
Führungskräften und Mitarbeitern im Tagesgeschäft umgesetzt werden muss. Gerade bei
der operativen Umsetzung kommt den schon angesprochenen Instrumenten des agilen
Managements eine große Bedeutung zu (vgl. Abschn. 2.1.1).

cc Merk-Box  In welchem Umfang die Marketing-Planung schwerpunktmäßig


im operativen oder im strategischen Bereich angesiedelt wird, ist abhängig
vom Stellenwert des Marketings im Unternehmen. Wird Marketing als
Führungskonzeption im Unternehmen umgesetzt, sind Marketing- und
Unternehmens-Planung in hohem Maße deckungsgleich. Wird Marketing als
Teilfunktion definiert und ggf. sogar auf Werbung reduziert, beinhaltet die
Marketing-Planung schwerpunktmäßig operative Aufgabenstellungen. Dann
geht es beim Marketing bspw. um die Erhöhung des Bekanntheitsgrades bei
einzelnen Produkten oder die Förderung des Verkaufs bestimmter Produkte
und Dienstleistungen.

cc Denkanstoß  Versuchen Sie einmal zu erkennen, welche Bedeutung dem Marketing


in der Organisation beigemessen wird, in der Sie momentan tätig sind, oder in denen,
in denen Sie schon tätig waren. Anhand welcher Kriterien können Sie den Stellen-
wert des Marketings erkennen?

Da im Rahmen dieses Werkes von einem umfassenden Marketing-Verständnis aus-


gegangen wird, das auf das ganze Unternehmen ausstrahlt, bedürfen die Ausgestaltung der
Marketing-Planung und deren Konkretisierung in Strategien und Maßnahmen eines brei-
ten informatorischen Fundaments. Ausgewählte Methoden zur Erlangung planungs-
relevanter Informationen werden im nachfolgenden Abschnitt vorgestellt.

2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung

Eine umfassende Analyse von Unternehmen und Umwelt stellt eine zwingende Voraus-
setzung für eine erfolgreiche Planung dar. Das Wissen über die Aktivitäten der Wett-
bewerber und Kunden, die Veränderungen in der eigenen Branche sowie der weiteren
Umwelt liefern den relevanten Informationshintergrund für Unternehmen (vgl. zu dieser
Mikro- und Makro-Ebene Abb. 1.3).
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 85

Gleichzeitig ist der Blick aber auch nach innen zu richten, um die Stärken und Schwä-
chen des eigenen Unternehmens in den Planungsprozess einfließen lassen zu können. Des-
halb wird der Begriff Marktforschung (mit dem Schwerpunkt auf den von Unternehmen
bearbeiteten Beschaffungs- und Absatzmärkten) durch den übergeordneten Begriff
Marketing-­Forschung ergänzt.
Die Marketing-Forschung umfasst neben der Marktforschung auch die weiteren Felder
der Mikro- und Makro-Ebene eines Unternehmens, die über den „Markt“ hinausgehen.
Eine so angelegte Forschung wird dem Informationsbedarf der Mitarbeiter und Führungs-
kräfte umfassender gerecht. Marketing-Forschung kann folglich als die Gewinnung,
Aufbereitung, Analyse und Interpretation von Informationen definiert werden, die in den
Prozess des Marketing-Managements eingebunden ist (vgl. weiterführend Koch & Ried-
müller, 2021; Kuß et al., 2018; Raab et al., 2018; Altobelli, 2017).
Im Kern geht es bei der Marketing-Forschung einerseits darum, die Stärken und
Schwächen des eigenen Unternehmens im Wettbewerb zu ermitteln. Andererseits sind
die Chancen und Risiken im Umfeld des Unternehmens zu ermitteln, die durch die
unterschiedlichsten Entwicklungen verursacht werden. Außerdem ist frühzeitig zu er-
kennen, welche Chancen und Risiken mit neuen Produkten, Dienstleistungen, Prozes-
sen und Geschäftsmodellen verbunden sind. Dazu gehört auch die einfache Frage, wie
gut ein neuer Online-Banner werblich arbeiten wird.
Hier wird deutlich, warum zwischen der operativen und der strategischen Ausrichtung
der Marketing-Forschung unterschieden wird. Bei der operativen Marketing-Forschung
steht das täglich Tun im Mittelpunkt (bspw. bei der Analyse der Wirkungen eines Online-­
Werbe-­Banners). Durch die strategische Marketing-Forschung werden längerfristige
Vorhaben des Unternehmens auf ihre Tragfähigkeit abgeklopft (bspw. ein Engagement in
Indien). Das zeigt erneut, dass eine gut funktionierende Marketing-Forschung für die
kurz- und langfristige Unternehmenssteuerung unverzichtbar ist.

cc Merk-Box  Wir sollten die Marketing-Forschung nicht nutzen wie ein Be-
trunkener den Laternenpfahl: Also nicht, um uns festzuhalten, sondern, um uns
erleuchten zu lassen.
Die Ergebnisse der Marketing-Forschung sollen unsere Entscheidungen
fundieren, aber keine Entscheidungen ersetzen. Wir brauchen nach wie vor
mutige und visionäre Manager, um unsere Unternehmen auch in kritischen
Zeiten voranzubringen. Die Ergebnisse der Marketing-Forschung können und
sollen hierbei unterstützen.

2.2.1 Das 5-D-Konzept der Marketing-Forschung

Eine wichtige Orientierung für die Ausgestaltung eines Forschungsprojektes liefert das in
Abb.  2.3 aufgezeigte 5-D-Konzept der Marketing-Forschung. Hier wird sichtbar, in
welchen Schritten ein solches Projekt ablaufen sollte.
86 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

Daten- Daten- Dokumen-


Definition Design
gewinnung analyse tation

Definition der Design des Auswertung von Auswertung der Dokumentation der
Forschungsfrage Forschungsansatzes Sekundärquellen gewonnenen Daten Forschungs-
(bspw. explorative, ergebnisse
despriptive, kausale Einsatz von Interpretation der
Definition der Ziele
Studie) Methoden der Daten Präsentation der
der Marketing-
Forschung Primärforschung Ergebnisse
Qualitative und/oder (Befragung, Prüfung der
quantitative Studie Beobachtung, prognostischen Kontrolle des
Definition der
Experiment) Relevanz der Daten gesamten
Verantwortlichen für
das Projekt Einsatz von Primär- Forschungsprojektes
und/oder Sekundär- Kontrolle möglicher
forschung Störgrößen, um
Definition des Validität, Reliabilität,
Forschungsbudgets
Design der und Objektivität
sowie des Timings
sicherzustellen und
einzusetzenden
ggf. eine Repräsen-
Methoden (bspw.
tativität zu erreichen
SWOT, Benchmark,
Marktstudie,
Fokusgruppe,
Expertenbefragung)

Abb. 2.3  5-D-Konzept der Marketing-Forschung

2.2.1.1 Definitionsphase
Den ersten Schritt eines jeden Forschungsprojekts stellt die Definitionsphase dar. Hier
wird insb. die Forschungsfrage bzw. werden die Forschungsfragen geklärt. Es können
bspw. folgende Themen im Mittelpunkt stehen:

• Welches Image weist das eigene Unternehmen auf?


• Durch welche Merkmale lässt sich die eigene Zielgruppe beschreiben?
• Wie sehen die Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen verschiedenen Marketing-­
Instrumenten und dem Umsatz des eigenen Unternehmens aus?
• Was sind Ursachen des Umsatz- und Gewinneinbruchs des eigenen Unternehmens?
• Wie steht das eigene Unternehmen im Wettbewerbsumfeld da?
• Was sind die Gründe für den unerwarteten Erfolg eines neuen Wettbewerbers?
• Welche Motivstrukturen liegen dem Kauf eines bestimmten Produktes zugrunde?
• Mit welchen Herausforderungen ist in den nächsten Jahren in der eigenen Branche auf-
grund der Digitalisierung zu rechnen?
• In welchen Bereichen kann das eigene Unternehmen von Wettbewerbern oder anderen
Unternehmen lernen, um Kosten zu reduzieren oder einen höheren Nutzenbeitrag für
Kunden zu erzielen?
• Welche Produkt- und Dienstleistungsangebote sind die überzeugende Antwort auf die
älter werdende Bevölkerung?
• Welche Kommunikationskonzepte werden in Zukunft einen Zugang zur jüngeren Ziel-
gruppe ermöglichen?
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 87

• Welche Bedeutung kommt den sozialen Medien zu?


• Soll TikTok in die Kommunikation eingebunden werden?
• Soll ein Corporate Blog aufgebaut werden – und was ist dabei zu berücksichtigen?
• In welchen Ländern sollen neue Produktionskapazitäten aufgebaut werden?
• Auf welche Länder sollte sich die Vertriebsstrategie fokussieren?
• Welche Unternehmen sind interessante Kandidaten für Akquisitionen?

Erst wenn diese Fragen formuliert sind, kann festgestellt werden, ob diese Fragen be-
reits anhand der vorliegenden Informationen beantwortet werden können. Durch diese
Prüfung können mögliche Defizite im Hinblick auf den aktuellen Informationsstand er-
mittelt werden. Basierend auf den so festgestellten Defiziten werden die Forschungsziele
herausgearbeitet. An diesen müssen sich die Ergebnisse des Forschungsprojekts später
messen lassen.
Zusätzlich sind in dieser Phase die Verantwortlichkeiten für das Forschungsprojekt zu
definieren. Hierbei ist u. a. zu klären, ob eine eigene Marketing-Forschungs-Abteilung die
Aufgabe übernimmt und/oder für bestimmte Teile des Projekts eine Marketing-­Forschungs-­
Gesellschaft eingebunden werden soll. Zusätzlich ist die Budgethöhe zu klären und der
zeitliche Horizont des Forschungsprojektes zu definieren, um bspw. anstehende Ent-
scheidungen rechtzeitig informatorisch zu unterstützen.

cc Merk-Box  Eine Studie beginnt mit der genauen Definition der Forschungs-
fragen und der Ziele der Studie – nicht mit dem Design des Fragebogens!

2.2.1.2 Designphase
In der Designphase wird – abhängig von den Forschungsfragen und den angestrebten Zie-
len  – festgelegt, ob eine explorative, eine deskriptive oder eine kausale Studie zur Be-
antwortung der Forschungsfragen notwendig ist (vgl. Abb. 2.3). Bei einer explorativen
Studie gilt es, ein Themenfeld zu erforschen bzw. zu erkunden („zu explorieren“). Hier
besteht das Ziel darin, erste Erkenntnisse und Einsichten zu gewinnen, ohne dass bspw.
repräsentative Ergebnisse erwartet werden. Eine explorative Studie kann sich bspw. mit
dem Phänomen beschäftigen, wie sich neue Modelabels im Internet präsentieren. Hierzu
können Beobachtungen des vorhandenen Online-Auftritts oder Befragungen von Experten
oder Online-Shop-Betreibern stattfinden. Außerdem können bspw. bestimmte Fallstudien
von Online-Shops der Modelabels ausgewertet werden. Im Mittelpunkt steht hier der
„Entdeckungszusammenhang“. Der Informationsbedarf ist eher qualitativ als quantitativ
ausgerichtet. Das Ziel besteht darin, ein Phänomen besser zu verstehen.
Im Zuge einer deskriptiven Studie gilt es, bestimmte Marketing-Phänomene näher zu
beschreiben und mögliche Erklärungsmuster zu erkennen. Hier kann bspw. eine um-
fassende Analyse stattfinden, die den Stand der Online-Aktivitäten von Modelabels syste-
matisch erfasst und mögliche Erklärungsansätze ableitet. Darauf basierend können Vor-
hersagen über mögliche Entwicklungen erstellt und Handlungsbedarfe abgeleitet werden.
Ein Sachverhalt wird damit viel genauer umrissen als bei einer explorativen Studie. Es
88 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

gilt, genau zu beschreiben, was in einem bestimmten Bereich momentan passiert. Das
Forschungsinteresse ist deutlich quantitativer ausgerichtet, weil zur Deskription (Be-
schreibung) sowohl qualitative als auch quantitative Angaben gehören.
Bei einer kausalen Studie gilt es, Kausalhypothesen im Hinblick auf ihre Gültigkeit zu
überprüfen. Hypothesen sind Annahmen über bestimmte Beziehungen, die durch eine Stu-
die überprüft werden sollten. Kausalhypothesen beziehen sich auf Wirkungszusammen-
hänge zwischen verschiedenen Variablen (bspw. Höhe des Online-Werbebudgets von
Modelabels als „Ursache“ und Umsatzhöhe der Modelabels als „Wirkung“). Im Rahmen
von kausalen Studien werden insb. Experimente eingesetzt, um die Ursache-Wirkungs-­
Beziehungen zu ermitteln.
In der Designphase stellt sich somit auch die Frage, ob ein eher qualitativ oder quanti-
tativ ausgerichteter methodischer Ansatz Verwendung finden soll. Bei der quantitativen
Marketing-Forschung wird angestrebt, die Ergebnisse exakt numerisch auszudrücken.
Hierzu zählen bspw. die Angaben Kaufhäufigkeit, durchschnittlich bezahlte Preise, präfe-
rierte Informations- und Informationskanäle sowie Alter, Geschlecht, Kaufkraft, Wohn-
situation etc. der Kunden.
Bei einer Website-Analyse (bspw. mit Google Analytics) wird bspw. gemessen, wie
lange ein Nutzer auf der Website war, welche Links angeklickt wurden, von welcher ande-
ren Website er kam etc. Schließlich können auch die quantitativen Kriterien Marktanteil,
Marktvolumen, Marktpotenzial des eigenen Unternehmens im Wettbewerbsumfeld er-
mittelt werden. Häufig – aber nicht immer – wird bei der quantitativen Marketing-For-
schung eine Repräsentativität der Ergebnisse angestrebt.
Repräsentativität bedeutet, dass von den Ergebnissen einer Stichprobe (i. S. einer Teil-
menge der relevanten Grundgesamtheit) auf die Grundgesamtheit geschlossen werden
kann. Hierbei spricht man von einer statistischen Repräsentativität. Das bedeutet, dass
sich die Ergebnisse aufgrund der statistischen Analyse der erhobenen Daten „belegen“
lassen. Um solche Ergebnisse zu erzielen, erfolgt die Datenerhebung vielfach in einem
eher statischen und geschlossenen Schema, in dem die Fragen sowie auch die Antwort-
kategorien in hohem Maße standardisiert sind.
Da größere Stichproben mit höheren Kosten einhergehen, wird allerdings bei vielen
Studien auf repräsentative Aussagen verzichtet. Hierzu sollten Sie sich merken: Wann
immer Sie keinen Hinweis auf eine „repräsentative Studie“ bei der Beschreibung des
Forschungsdesigns finden, handelt es sich um eine Studie, die nicht repräsentativ ist. Das
bedeutet, dass die hier präsentierten Ergebnisse nicht verallgemeinert werden können. Auf
einen expliziten Hinweis auf die fehlende Repräsentativität verzichten die Autoren von
Studien meistens, weil damit deren Relevanz gemindert würde.
Die Ergebnisse der qualitativen Marketing-Forschung sind eher beschreibender,
nicht-numerischer Art. Es geht bspw. um die Ermittlung von Motivstrukturen, die dem
Kaufverhalten zugrunde liegen. Dafür werden bspw. Expertengespräche oder Fokus-
gruppen eingesetzt. Die Auswahl der Studienteilnehmer erfolgt oft nicht zufällig, wie das
bei der quantitativen Marketing-Forschung meistens der Fall ist. Bei der qualitativen
Marketing-­Forschung werden dagegen bspw. ganz gezielt einzelne Experten für ein Ge-
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 89

spräch gewonnen oder verschiedene Kundentypen für eine Fokusgruppe ausgewählt.


Außerdem werden im Zuge der qualitativen Marketing-Forschung häufig viel kleinere
Stichproben eingesetzt. Hierbei wird keine statistische, sondern eine strukturelle Re-
präsentativität angestrebt. Es geht darum, typische Muster und Strukturen zu erkennen,
die für die Ausgestaltung des Marketings wichtig sind (vgl. auch Steffen & Doppler, 2019).
Um solche Muster und Strukturen zu erkennen, ist der Prozess der qualitativen
Marketing-­Forschung auch viel offener gestaltet, um dynamisch auf interessante Ergeb-
nisse noch im Rahmen der Untersuchung einzugehen. Hierfür gibt es bei den Experten-
befragungen bspw. nur einen Fragebogen-Leitfaden und keinen ausformulierten Frage-
bogen. So können im Zuge des Gesprächs einzelne Fragen übersprungen oder neue
Themenfelder ergänzt werden, wenn diese sich im Dialog als relevant herausstellen. Bei
der qualitativen Marketing-Forschung wird folglich viel stärker auf die jeweiligen Teil-
nehmer eingegangen  – statt nur einen vordefinierten Fragebogen „abzuarbeiten“. Hier-
durch wird es möglich, weitere relevante Sachverhalte zu erkennen und zu berücksichtigen,
die bei der Konzipierung der Untersuchung nicht „vorgedacht“ waren. Die hier ge-
wonnenen Erkenntnisse können ggf. in einem zweiten Schritt in einer quantitativen Studie
auf ihre Relevanz überprüft werden.
In Summe kann festgestellt werden, dass zwischen diesen beiden Ausrichtungen der
Forschung keine klare Trennung vorliegt. Vielfach weisen Methoden einen fließenden
Übergang auf. Trotzdem gibt es in Unternehmen immer noch Anhänger der rein quantita-
tiven Marketing-Forschung, die allein auf „hard facts“ setzen. Allerdings können nicht alle
Sachverhalte quantitativ erfasst werden, sodass es für viele Fragestellungen zielführend
ist, qualitative und quantitative Methoden zu kombinieren. Nachfolgend werden einige
wichtige Instrumente der beiden Ausrichtungen präsentiert. Hierbei wird auch sichtbar,
wie kreativ verschiedene Konzepte miteinander verbunden werden können.
In der Designphase wird auch festgelegt, ob lediglich die Sekundärforschung oder
alternativ bzw. zusätzlich die Primärforschung genutzt werden soll. Die Sekundär-
forschung (auch Desk Research) umfasst die Gewinnung von Informationen über inte­
ressierende Sachverhalte, wobei auf bereits vorliegende Erkenntnisse und/oder Studien
zugegriffen wird. In Summe können bei der Sekundärforschung folgende Informations-
quellen unterschieden werden:

• Interne Informationsquellen
Hierzu gehören die Informationen, die bereits im Unternehmen vorhanden sind. Dazu
zählen die durch einen direkten Kontakt mit Kunden, Lieferanten, Wettbewerbern,
Dienstleistern etc. gewonnenen Informationen, die aufgrund des täglichen Geschäfts-
betriebs gewonnen wurden. Diese müssen im Zuge eines Forschungs-Projekts aller-
dings häufig erst ermittelt und für die jeweilige Fragestellung aufbereitet werden.
Hierbei ist es immer noch zu häufig notwendig, die unternehmensinternen
Informations-­Silos aufzubrechen. Diese Informations-Silos werden von Managern
aufgebaut, um bspw. ihre eigene Macht und ihre Unverzichtbarkeit im Unternehmen zu
90 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

untermauern. Wenn das Aufbrechen solcher Silos nicht gelingt, bleiben wichtige
Informationsquellen für das Unternehmen ungenutzt.
Zu den internen Informationsquellen zählen auch die Studien, die bereits in der Ver-
gangenheit durchgeführt wurden und ggf. einige der jetzt anstehenden Forschungs-
fragen beantworten können. Damit diese Chance auf eine mögliche Zweitverwertung
der Informationen gelingen kann, bedarf es einer sauberen Dokumentation dieser Stu-
dien – an einer zentralen Stelle (bspw. in einer Abteilung Marketing-Forschung). Auch
um einen solchen Zugriff zu ermöglichen, sind die Informations-Silos aufzubrechen.
• Externe Informationsquellen
Bei den externen Informationsquellen ist zwischen den allgemein zugänglichen öffent-
lichen Quellen und kommerziellen Quellen zu unterscheiden. Für die meisten Projekte
der Marketing-Forschung gilt, dass zunächst einmal versucht wird, Antworten auf die
jeweiligen Forschungsfragen durch einen Zugriff auf die allgemein zugänglichen öf-
fentlichen Quellen zu erhalten. Hierzu dient vor allem das Internet als zentraler Zu-
gang zu solchen Informationen.
Viele Unternehmen, wie bspw. die strategischen Unternehmensberatungen (u.  a.
Boston Consulting Group, Gartner, McKinsey etc.), aber auch Dienstleister aus den
Bereichen Marketing, Logistik etc. stellen regelmäßig informative White Paper und
Studien zur Verfügung. Ein guter Marktforscher studiert zunächst die hier verfügbaren
Informationen, bevor kommerzielle Quellen herangezogen werden. Zu diesen kom-
merziellen Quellen gehören Anbieter wie Statista (2021), die einen kostenpflichtigen
Zugriff auf eine sehr umfassende Datenlandschaft ermöglichen.

Die Vorteile der Sekundärforschung sind die schnelle Verfügbarkeit und der leichte
Zugriff  – auch „Desk Research“ genannt, weil die Gewinnung und Verarbeitung quasi
vom eigenen Schreibtisch aus erfolgen können. Weil keine neue Erhebung von Daten er-
folgen muss, ist der Einsatz auch deutlich kostengünstiger als eine Primärforschung.
­Zusätzlich stellen Informationen der Sekundärforschung wichtige Grundlagen zur Ver-
feinerung der Forschungsfrage sowie zur Interpretation eigener erhobener Daten dar.
Allerdings sind auch die folgenden Nachteile der Sekundärforschung zu berück-
sichtigen. Dazu zählt, dass die so gewinnbaren Informationen häufig keine präzisen Ant-
worten auf die eigenen Forschungsfragen liefern. Zudem können durch allgemein verfüg-
bare Informationen häufig keine Wettbewerbsvorteile gewonnen werden, da diese aufgrund
einer fehlenden Exklusivität grds. auch für Konkurrenten zugänglich sind. Zusätzlich sind
Sekundärdaten häufig veraltet und lassen sich schwer mit anderen Daten vergleichen.
Außerdem – und dies ist ein weiterer entscheidender Nachteil – ist häufig nicht mehr er-
kennbar, wer die Daten erhoben hat, wie die Daten gewonnen wurden, in welchem Zeit-
raum dies erfolgte und welche Erhebungseinheiten (bspw. befragte Konsumenten oder
Unternehmen) im Mittelpunkt standen. Damit lässt sich nicht sicher feststellen, ob die
Daten „belastbar“ sind, d. h., ob darauf wichtige Unternehmensentscheidungen aufgebaut
werden sollten.
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 91

Deshalb kommt der Primärforschung (auch Feldforschung oder Field Research)


eine besondere Bedeutung zu. Bei der Primärforschung erfolgt die (u. U. erstmalige) Ge-
winnung von Informationen über interessierende Sachverhalte. Es können bspw. Be-
fragungen, Beobachtungen und/oder Experimente durchgeführt werden. Weil man hierzu
„ins Feld“ gehen muss, um die gewünschten Informationen zu erheben, werden die Be-
griffe Feldforschung bzw. Field Research genutzt. Erst durch diese können häufig aktuelle
Daten in der gewünschten Form präzise auf die Forschungsfrage ausgerichtet, „belast-
bar“ – und häufig auch exklusiv – gewonnen werden.
Unternehmen können eine Primärforschung eigenständig durchführen, wenn sie über
das notwendige Know-how sowie die erforderliche Infrastruktur (Räumlichkeiten,
Technologie etc.) verfügen. Da für die meisten Unternehmen die Marketing-Forschung
allerdings nicht zum Kerngeschäft gehört, werden in vielen Fällen nationale und inter-
nationale Markt- und Marketing-Forschungs-Unternehmen in die Informations-
gewinnung eingebunden. Es gehört zu den wichtigsten Entscheidungen in der Design-
phase, welche Methoden der Primär- und Sekundärforschung verwendet werden und ob
ggf. externe Forschungs-Unternehmen eingebunden werden
Die Methoden der Datenerhebung stellen sich damit wie folgt dar:

• Primärforschung
–– Befragung
• Qualitative Befragung
• Quantitative Befragung
–– Beobachtung (bspw. Eyetracking)
–– Experiment (häufig als Mischform aus Beobachtung und Befragung)
• Sekundärforschung
–– Interne Quellen
–– Externe Quellen
• Öffentlich zugängliche Quellen
• Kommerzielle Quellen

Zusätzlich stellt sich in der Designphase die Frage, welche Methoden zum Einsatz
kommen sollen (etwa die SWOT-Analyse, ein Benchmarking oder ein Testmarkt). Es wird
auch festgelegt, wer bei einer Befragung angesprochen werden soll. Sollen bestehende
Kunden oder eher Wunsch-Kunden angesprochen werden  – oder ist die Befragung auf
Branchen- oder Technologie-Experten auszurichten?
Außerdem ist zu klären, welche Variablen zu erheben sind. Die Bandbreite reicht hier
von der Anzahl der Käufe eines bestimmten Produktes pro Monat und Haushalt über das
durchschnittliche Einkommen in der eigenen Zielgruppe bis zur Entwicklung des Brutto-
sozialprodukts, der Kaufkraft und der Inflationsrate sowie des Ausmaßes der Korruption
eines Landes, in dem investiert werden soll.
92 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

2.2.1.3 Datengewinnungsphase
In der Datengewinnungsphase sind häufig zunächst die Sekundärquellen auszuwerten,
um den Bedarf an Primärforschung zu ermitteln (vgl. Abb. 2.3). Für die Primärforschung
selbst stehen grds. drei Konzepte zur Verfügung, die häufig kombiniert eingesetzt werden:

• Befragung
• Beobachtung
• Experiment

Befragung
Bei der primären Informationsgewinnung kommt der Befragung eine besondere Be-
deutung zu. Die Befragung (auch Meinungsumfrage bzw. Interview) ist eine Forschungs-
methode, bei der ein Gespräch mit dem Ziel geführt wird, systematisch Informationen
über Einstellung, Meinungen, Verhaltensweisen, Wissen, Motive und Absichten von Per-
sonen zu gewinnen. In Hinblick auf die Methodik der Befragung können bei quantita-
tiven Befragungen die folgenden Formen unterschieden werden:

• Persönliche Befragung (Face-to-Face oder per Telefon)


• Schriftliche Befragung (unter Einsatz eines zur Verfügung gestellten Fragebogens,
wobei dieser entweder offline oder online bereitgestellt werden kann)

Es werden i. d. R. standardisierte Fragebögen eingesetzt, um eine größere Zahl von


vergleichbaren Antworten auf gleichartige Fragen zu erhalten. Diese können im Anschluss
bspw. durch multivariate Verfahren aufwändig ausgewertet werden.
Im Hinblick auf die Teilnehmer der Befragung können folgende Arten unter-
schieden werden:

• Interessenten-Befragung (um zu ermitteln, durch welche Ansprachen oder Angebote


ein Interessent zum Kunden entwickelt werden kann)
• Kunden-Befragung (um durch Tiefeninterviews die Motive beim Kauf von Putz-
mitteln zu erfassen)
• Experten-Befragung (durch eine Befragung von Spezialisten des Online-Marketings
sollen zukünftige Entwicklungen erforscht werden)
• Lieferanten-Befragung (etwa zur Ermittlung, wie die eigene Wertschöpfungskette mit
der von Lieferanten verzahnt werden kann)
• Abnehmer-Befragung (etwa zur Analyse, wie die eigene Wertschöpfungskette mit der
der Abnehmer verzahnt werden kann)

Eine besondere Bedeutung kommt in der Marketing-Forschung den Kunden-


befragungen zu. Diese können repräsentativ ausgelegt sein, indem eine ausreichend
große Stichprobe der eigenen Kunden befragt wird. Die Ziehung der Stichprobe kann nach
verschiedenen Kundensegmenten geschichtet erfolgen, bspw. nach einer ABC-Klassi-
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 93

fizierung. Die Notwendigkeit zu einer solchen Schichtung ergibt sich daraus, dass bei
einer Zufallsstichprobe Kunden der Kategorien A und B in Relation zu ihrer Bedeutung
für das Unternehmen deutlich unterrepräsentiert wären, weil es wesentlich mehr C-Kun-
den in einer entsprechenden Datei gibt. Dies ist ein Beispiel für die geschichtete Zufalls-
auswahl, die später in diesem Abschnitt beschrieben wird.
Kundenbefragungen stellen ein regelmäßig einzusetzendes Instrument dar, um die viel-
fach angestrebte Customer Centricity – die konsequente Kunden-Orientierung – erfolg-
reich umzusetzen (vgl. vertiefend Zerr, 2021). Im Mittelpunkt der Kundenbefragung
könnten bspw. folgende Fragen stehen:

• Wer kauft das entsprechende Produkt bzw. eine bestimmte Dienstleistung?


• Wie informiert sich der Kunde über das Angebot (bspw. offline in Zeitschriften und
Zeitungen, oder online innerhalb der sozialen Netze, auf Produktvergleichsplattformen,
auf Anbieter-Websites)?
• Wie lange dauert die Entscheidungsfindung? Was verkürzt bzw. was verlängert diesen
Prozess?
• Wer entscheidet über den Kauf und wer wirkt wie darauf ein (Relevanz des Buying
Centers bei Einkaufsprozess von Unternehmen)?
• Welche Alternativen werden erwogen und welche Kriterien werden bei der Auswahl
herangezogen?
• Wo wird eingekauft (bspw. online und/oder offline)?
• Wann wird eingekauft?
• Welche Erwartungen bestehen an die Leistungspartner (etwa bzgl. der Öffnungszeiten,
der Preisgestaltung sowie der Zahlungsmodalitäten, der Umtauschmöglichkeiten, der
Breite und Tiefe des Sortiments, der Beratungsleistung und ggf. weiterer Services)?

Kundenbefragungen können auch ad hoc durchgeführt werden, wenn bspw. sichtbar


wird, dass bestimmte Kundentypen verstärkt abwandern und deren Wechselmotivation
ermittelt werden soll. Dabei kann aufgrund eines spezifischen Erkenntnisziels auf eine
Repräsentativität der erreichbaren Aussagen verzichtet werden, wenn eine solche Studie
eher explorativen Charakter hat.
Ein gleichermaßen einfaches wie leistungsstarkes Instrument der Kundenbefragung
stellt der Net Promotor Score (NPS) dar. Hierdurch kann das Ausmaß der emotionalen
Bindung und damit des Vertrauens von Kunden zu Ihrem Unternehmen ermittelt werden.
Im Kern geht es bei der Ermittlung des NPS um die einfache Frage, wie viele der eigenen
Kunden das eigene Unternehmen (netto) weiterempfehlen würden. Das Grundkonzept des
NPS ist in Abb. 2.4 beschrieben.
Zur Ermittlung des Net Promotor Scores wird eine einzige Frage gestellt: „Wie wahr-
scheinlich ist es, dass Sie dieses Unternehmen, diesen Service, dieses Produkt, diese
Marke einem Freund oder Kollegen weiterempfehlen?“ Die Antworten können auf einer
Skala von „0“ („überhaupt nicht wahrscheinlich“) bis „10“ („sehr wahrscheinlich“) ge-
geben werden.
94 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

Frage: Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie dieses Unternehmen, diesen Service, dieses Produkt,
diese Marke einem Freund oder Kollegen weiterempfehlen?

Detraktoren Indifferente Promotoren

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
überhaupt nicht neutral sehr
wahrscheinlich wahrscheinlich

NPS = % Promotoren - % Detraktoren

Abb. 2.4  Grundkonzept des Net Promotor Scores

Promotoren eines Unternehmens oder einer Marke sind nur diejenigen, die den Wert
„9“ oder „10“ vergeben. Detraktoren (Kritiker) sind diejenigen, die hinsichtlich der
Weiterempfehlung lediglich Werte zwischen „0“ und „6“ vergeben. Indifferente sind die-
jenigen, die den Wert „7“ oder „8“ vergeben. Bei der Berechnung des Netto-Wertes der
Empfehlenden wird der Prozentsatz der Detraktoren vom Prozentsatz der Promotoren ab-
gezogen. Die Gruppe der Indifferenten bleibt unberücksichtigt. Folglich lautet die Be-
rechnungsformel des NPS:

NPS = Promotoren ( in % ) − Detraktoren ( in % )



Die Werte des NPS können im besten Fall bei „100 %“ liegen, wenn alle Kunden den
Wert „9“ oder „10“ vergeben haben. Im schlechtesten Fall liegt das Ergebnis bei „−100 %“,
wenn alle Kunden nur Werte zwischen „0“ und „6“ vergeben haben.
Am Beispiel des Automobil-Marktes werden die erreichten Brandbreiten beim NPS
aufgezeigt (vgl. Reidel, 2021, S. 60):

• Ferrari: 28,6
• Ford: 23,6
• Porsche: 22,0
• Toyota: 21,7
• Honda: 19,1
• Mercedes-Benz: 16,2
• Audi: 14,5
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 95

• Volkswagen: 12,0
• BMW: 11,3
• Tesla: 5,2

Wichtig ist, dass vor Veränderung bisheriger Strukturen und Abläufe zunächst der Aus-
gangswert des eigenen Unternehmens ermittelt wird. Dieser Wert dokumentiert die Null-
messung des Unternehmens. Durch vertiefende Analysen ist herauszuarbeiten, warum
gerade dieser Wert zustande kam und durch welche Maßnahmen er ggf. zu verbessern ist.
Hierfür sollten Sie die Frage nach der Weiterempfehlungswahrscheinlichkeit um eine
„Warum-Frage“ ergänzen. Durch diese kleine Zusatzfrage erhält man häufig spannende
Erkenntnisse über geschätzte und kritisierte Leistungen des eigenen Unternehmens.
Die Befragung kann auch bei qualitativen Studien eingesetzt werden. Hierbei kön-
nen die folgenden Formen unterschieden werden:

• Einzelinterview mit Interessenten/Kunden (bspw. als Tiefeninterview, um Motiv-


strukturen und Einstellungen des Befragten zu erkennen)
• Einzelinterview mit Experten/Expertengespräch (Gespräch mit einem aus-
gewiesenen Experten, um ein bestimmtes Themenfeld umfassend zu beleuchten, etwa
die Auswirkungen der sozialen Medien auf die Gesellschaft allgemein)
• Gruppeninterview (etwa in Form von Gruppendiskussionen)
• Fokusgruppen (ggf. mit kreativen Aufgabenstellungen, um bspw. neue Produkt- oder
Serviceideen zu erarbeiten)

Hierbei handelt es sich um nicht-standardisierte Befragungen, weil sich bspw.


Fragenbereiche u. U. erst aus den Antworten der Teilnehmer ergeben. Der Moderator hat
hier die Aufgabe, den Informationsfluss der Teilnehmer durch bestimmte Stimuli (bspw.
Fragestellungen oder die Übergabe von Mustern) zu fördern, um ggf. Kreativprozesse an-
zustoßen.
Dies ist bspw. beim Tiefeninterview (auch Intensivinterview) der Fall. Dies ist eine
nicht-standardisierte bzw. nur teilstrukturierte mündliche Befragung. Das Tiefeninterview
gehört zu den intensivsten und ergiebigsten Befragungsarten. Hier hat der Interviewer eine
relativ große Freiheit, je Richtung, Inhalt und Gestaltung des Interviews nach dessen Ver-
lauf individuell zu variieren. Durch ein möglichst flexibles Eingehen auf den Befragten
sollen dessen Auskunftsbereitschaft und Spontaneität gefördert werden. Durch ein non-­
direktives, eher persönlich anmutendes Gespräch sollen vor allem Motive, Einstellungen
und Meinungen unverfälscht und umfassend ermittelt werden. Häufig dauern solche Inter-
views zwischen ein und zwei Stunden, in denen der Befragte immer tiefer in bestimmte
Themenstellungen eintaucht und quasi Zeit und Raum vergisst. Durch die Schaffung einer
behaglichen Atmosphäre soll der Interviewpartner die „Befragungssituation“ vergessen
und sich ganz in bestimmte Themengebiete vertiefen. So können möglichst ungefilterte
Antworten erzielt werden, die auch unbewusste Denk- und Handlungsstrukturen
offenbaren.
96 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

Bei Tiefeninterviews geht man von der Hypothese aus, dass der Gesprächspartner über
tiefere und damit implizite Bewusstseinsinhalte verfügt, die Denken und Handeln leiten,
ohne dass sich die betreffenden Personen darüber im Klaren sind. Deshalb entziehen sich
diese Inhalte einer direkten „Abfrage“. Folglich kann man sich diesen nicht auf direktem
Wege annähern, sondern muss diese vorsichtig, Stufe für Stufe, erschließen. Um sich die-
sen tieferen Bewusstseinsinhalten anzunähern, wird ein teil-strukturiertes Vorgehen ein-
gesetzt. Hierbei orientiert sich die Verwendung vorbereiteter Stimuli sowie der ange-
dachten Fragenbereiche hinsichtlich Reihenfolge und Tiefe an den Ausführungen des
Befragten. Erst durch das Vermeiden einer strikten Abfolge der Fragen kann es gelingen,
dass für das Gespräch eine Vertrautheit geschaffen wird, die zu einer immer stärkeren
Öffnung des Interviewpartners führt  – und damit „tiefere Wahrheiten“ bei Meinungen,
Einstellungen und Motivstrukturen sichtbar werden. Häufig sind sich die Befragten dieser
Meinungen, Einstellungen und Motivstrukturen selbst nicht bewusst – oder versuchen zu-
mindest, diese zu verbergen. Die generell notwendige Zielorientierung erreicht ein Tiefen-
interview durch das vorgegebene Thema und einen Gesprächsleitfaden.
Eine Offenheit im Tiefeninterview wird durch eine entspannte Gesprächsatmosphäre
erreicht. Deshalb ist es zielführend, solche Gespräche eher im vertrauten Wohnzimmer
oder in einem Alltagsstudio zu führen als in einer „Befragungsbox“ (vgl. zum Alltags-
studio Concept M 2021; vgl. Abb. 2.24). Zu einer positiven Gesprächsatmosphäre trägt
auch der Interviewer durch seine wertschätzende Haltung bei. Hierdurch soll es dem Inter-
viewten leicht gemacht werden, auch tiefere Emotionen und unangenehme, ggf. sogar
unterdrückte Sachverhalte anzusprechen. Da die Gesprächsführung bewusst offengehalten
wird, bleibt Raum für – allerdings nur scheinbare – Abschweifungen, die ggf. wichtige
Hinweise auf Themenbereiche liefern können oder deutlich machen, in welchem Kontext
ein Befragter ein bestimmtes Thema sieht.
Die große Erkenntnistiefe in Tiefeninterviews wird durch eine bestimmte Fragen-
technik erzielt. Projektive Fragetechniken („Was würde Ihr bester Freund dazu sagen …?“,
„Wie würde Ihr Vorgesetzter Sie beschreiben?) und assoziative Fragen („Woran denken
Sie beim Begriff Hochzeit?“, „Was verbinden Sie mit dem Begriff Verantwortung?“) er-
möglichen einen leichteren Zugang zu häufig nicht bewussten Einstellungen und Motiven
des Gesprächspartners. Die hier gefundenen Erkenntnisse können anschließend weiter be-
sprochen werden. Wichtig ist generell, dass man den Probanden zum Erzählen bringt,
damit auch ggf. sonst unterdrückte und/oder vermiedene Aspekte eines Themas sichtbar
werden. Um die Auswertung der Tiefeninterviews zu erleichtern, werden diese meist
aufgezeichnet und anschließend verschriftlicht. Anschließend können sie inhaltsanalytisch
ausgewertet und interpretiert werden (vgl. zur Auswertung Abschn. 2.2.1.4).
Ein tiefes Eintauchen in ein bestimmtes Themengebiet durch Experten wird durch die
sogenannte Delphi-Methode erreicht. Man spricht häufig auch von einer Delphi-Studie
oder einer Delphi-Befragung. Der Namensgeber dieser Vorgehensweise ist das antike Ora-
kel von Delphi, das durch seine mehrdeutigen Vorhersagen für manche historische Über-
raschung sorgte. Heute wird die Delphi-Methode meist für die Prognose von Trends, die
Abschätzung technologischer Entwicklungen sowie zur Vorhersage des zukünftigen Kom-
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 97

munikations-, Mobilitäts- und/oder Wohnverhaltens größerer Bevölkerungskreise oder


sogar der Menschheit eingesetzt.
Im Kern geht es bei der Delphi-Methode um eine systematische und mehrstufige Be-
fragung – meist von Experten des untersuchten Gebietes. Einen wesentlichen Bestandteil
stellen die Rückkopplungen zwischen den verschiedenen Befragungsrunden dar. Hier
werden den befragten Spezialisten die konsolidierten Ergebnisse der anderen in die
Delphi-­Studie eingebundenen Experten als Input für die nächste Vorhersagerunde zur Ver-
fügung gestellt.
Konkret gestaltet sich der Ablauf wie folgt (vgl. Abb. 2.5): Nach der Definition des
Untersuchungsobjekts und einer Formulierung von Forschungsfragen werden rele-
vante Experten des jeweiligen Forschungsgebietes definiert und für die Befragung ge-
wonnen. Häufig nehmen zehn oder mehr Experten an einer solchen Delphi-Studie teil.
Diesen werden Fragen- und/oder Thesenkataloge im Hinblick auf das Untersuchungs-
objekt vorgelegt. In zwei oder mehr Befragungsrunden erhalten die Experten die
Möglichkeit, ihre Meinung anonym zum Ausdruck zu bringen. Hierdurch soll eine Ab-
stimmung zwischen den Studienteilnehmern vermieden werden.
Nach der ersten Befragungsrunde erfolgt ein Feedback an alle Teilnehmer, um so den
Kreativprozess weiter anzuregen. Hierzu werden bestimmte Thesen, Mittelwerte und an-
dere Formen von Ergebniszusammenfassungen präsentiert, die auf den Einschätzungen
aller Experten basieren. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, extreme Ansichten und Ein-
schätzungen zu hinterfragen.

Definition des Untersuchungsobjekts


Stufe 1
Ableitung der zentralen Forschungsfragen

Definition der gewünschten Interview-Partner


Stufe 2
Gewinnung der Interview-Partner zur Teilnahme an der Studie

Durchführung der individuellen Interviews


Stufe 3
Interviews können persönlich, telefonisch und/oder schriftlich erfolgen

Zusammenführung und Auswertung der Ergebnisse


Stufe 4
Häufig Ableitung erster zentraler Erkenntnisse

Bereitstellung konsolidierter Ergebnisse an die Interview-Partner


Stufe 5
Oft finden zwei bis drei entsprechende Feedback-Schleifen statt

Finale Analyse der Ergebnisse


Stufe 6
Dokumentation und Veröffentlichung der Studie

Abb. 2.5 Delphi-Methode
98 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

Dieser Konformitätsdruck stellt allerdings auch einen Kritikpunkt an der Methode


dar, weil Meinungen und Extrempositionen ggf. „glattgeschliffen“ werden. Basierend auf
den konsolidierten Ergebnissen haben die Experten erneut die Möglichkeit, ihre Be-
wertungen und Aussagen vorzunehmen. Oft schließt sich jetzt ein zweiter und ggf. auch
dritter Feedback-Durchgang an. Nach Abschluss der letzten Befragungsrunde werden die
Ergebnisse konsolidiert und dokumentiert. In Abhängigkeit der Zielsetzung der Studie
werden die Ergebnisse öffentlich publiziert oder nur einer kleineren Leserschaft zur Ver-
fügung gestellt.

Beobachtung
Bei der Beobachtung erfolgt eine an der Forschungsfrage orientierte und damit ziel-
gerichtete Wahrnehmung von Subjekten und/oder Objekten. Dies können bspw. Kunden
in Online-Shops oder stationären Geschäften, Leser von Zeitungen, Zeitschriften und
Mailings oder Fernsehzuschauer sein. Auch Prozesse können im Zentrum der Beobachtung
stehen, bspw. bei der Prüfung der Benutzerfreundlichkeit einer Website, die durch eine
Beobachtung des Such- und Kaufverhaltens auf der Site erfolgt (vgl. vertiefend zum Eye-
tracking Kreutzer, 2021b, S. 184–188; vgl. vertiefend Abschn. 2.2.4.2).
Im Rahmen der Beobachtung können verschiedene technische Hilfsmittel eingesetzt
werden. Da bei der Beobachtung primär eine Erfassung von sicht- und damit messbaren
(quantitativen) Phänomenen erfolgt, bedarf es zur Interpretation häufig einer flankieren-
den Befragung der handelnden Personen, um die richtigen Schlüsse aus dem beobacht-
baren Verhalten zu ziehen. Beobachtungen mit anschließenden Befragungen stellen ein
zentrales Element von Assessment-Centern dar, in denen die Befähigung von Bewerbern
systematisch ermittelt werden soll.

Experiment
Das Experiment ist eine methodisch angelegte, wiederholbare, unter kontrollierten und
vorher definierten Rahmenbedingungen vorgenommene Untersuchung, um systematisch
Daten über Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen Variablen zu gewinnen. Ziel kann
es sein, bestimmte Hypothesen (bspw. über den Zusammenhang zwischen Preisver-
änderungen und Nachfrageverhalten) zu überprüfen. Hierzu können bspw. eine oder meh-
rere unabhängige Variable(n) (bspw. der Preis) planmäßig variiert werden, um deren Ein-
fluss auf eine oder mehrere andere abhängige Variable(n) (bspw. die Nachfrage) zu
ermitteln. Es gilt, alle übrigen Variablen, die sonst noch einen Einfluss haben könnten,
konstant zu halten.
Durch Experimente gelingt es in besonderem Maße, kausale bzw. Ursache-­Wirkungs-­
Beziehungen zwischen Variablen zu identifizieren. Durch Beobachtungen und Be-
fragungen können solche Beziehungen lediglich vermutet, aber nicht nachgewiesen wer-
den. Folglich bilden Ergebnisse von Beobachtungen und Befragungen häufig die Grundlage
für die Erarbeitung von Hypothesen, die durch Experimente überprüft werden.
Um „belastbare“ Erkenntnisse zu gewinnen, auf denen auch folgenreiche Ent-
scheidungen aufbauen können, müssen in der Marketing-Forschung bei der Anlage eine
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 99

Studie sowie insb. bei der Messung von Sachverhalten die folgenden Gütekriterien der
Marketing-­Forschung berücksichtigt werden:

• Validität
• Reliabilität
• Objektivität
• Repräsentativität

Die Validität (i. S. von „Gültigkeit“) bringt zum Ausdruck, ob im Zuge einer Unter-
suchung tatsächlich das gemessen wurde, was zu messen vorgegeben wurde. Sie be-
zeichnet damit das Ausmaß, in welchem die Ergebnisse der Messung tatsächlich Aussagen
über den zu messenden Sachverhalt erlauben. Eine direkte Befragung, ob sich Kunden
durch „Marken“ verführen lassen und bereit sind, dafür mehr zu bezahlen, wird häufig
nicht zu validen Ergebnissen führen.
Der Grund dafür kann in dem Phänomen der sozialen Erwünschtheit gesehen wer-
den. Danach geben Befragte bei bestimmten Fragen (etwa nach der „Beeinflussbarkeit
durch Werbung“ oder nach der „Stimulierung durch Gewalt“) Antworten, von denen die
Befragten annehmen, dass diese gesellschaftlich akzeptiert und damit „sozial erwünscht“
sind. Auf die Frage nach der Wirkung von Werbung auf sich selbst könnte die Antwort
lauten: „Nein, natürlich lasse ich mich weder von Werbung noch von Marken beein-
flussen“, obwohl dies nicht den Tatsachen entspricht. Das Phänomen der sozialen Er-
wünschtheit tritt auch bei der Frage nach der Häufigkeit des Zähneputzens oder von Be-
suchen bei McDonald’s auf. Mit unehrlichen Antworten ist auch – je nach Zielgruppe – zu
rechnen, wenn gefragt wird, ob man die Bild-Zeitung liest.
Bei der Reliabilität (i. S. von „Zuverlässigkeit“ bzw. der „Genauigkeit“) geht es um
die Frage, ob unter gleichen Rahmenbedingungen bei einer erneuten Datenerhebung die
gleichen Ergebnisse erzielt würden. Hier geht es folglich um die Reproduzierbarkeit
eines Ergebnisses unter identischen Bedingungen. Um dies sicherzustellen, sind zu-
fällige Fehler  – bspw. durch die Art der Versuchsanordnung  – zu vermeiden. Werden
bspw. „junge Männer“ durch „attraktive junge Frauen“ zu ihren Sport- und Freizeit-
aktivitäten befragt, so können die Ergebnisse durch die „Interviewerinnen“ ungewollt
verzerrt werden, weil sich die Probanden besonders positiv darstellen möchten. Eine
gleiche Befragung durch ältere Männer/Frauen könnte ggf. zu ganz anderen Ergeb-
nissen führen. Um diesen Effekt zu vermeiden, werden bspw. die Interviewer in einer
Versuchsanordnung systematisch gewechselt. Findet bspw. eine Befragung zu Soft-
drinks einmal in einem überhitzten Forschungsstudio und einmal unter normalen Be-
dingungen statt, so können unterschiedliche Ergebnisse die Folge sein. Die Studie wäre
folglich nicht „zuverlässig“, weil bei einer vergleichbaren Untersuchung unterschied-
liche Ergebnisse erzielt würden.
Die Objektivität des Forschers stellt eine notwendige Bedingung für die Gewinnung
von „belastbaren“ Informationen dar. Eine Objektivität – und damit das Fehlen von sub-
jektiven Einflüssen – bedeutet, dass die gleichen Ergebnisse erreicht werden, unabhängig
100 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

davon, welcher Forscher tätig war. Die Objektivität bezieht sich auf die Durchführung, die
Auswertung und die Interpretation der Ergebnisse.
Zusätzlich ist zu prüfen, welches die relevanten Erhebungseinheiten sind. Dies können
bspw. Konsumenten, Mitarbeiter von Unternehmen, ausgewiesene Experten oder speziali-
sierte Institutionen sein. Werden alle relevanten Erhebungseinheiten befragt, die zu-
sammen als Grundgesamtheit bezeichnet werden, liegt eine Vollerhebung vor.
Beschäftigt ein Unternehmen bspw. 400.000 Mitarbeiter, kann statt einer solchen Voll-
erhebung eine Teilerhebung angezeigt sein, weil eine Vollerhebung undurchführbar oder
aufgrund der zu erwartenden Kosten ökonomisch nicht sinnvoll wäre. Um auch bei einer
Teilerhebung zu aussagefähigen Informationen zu gelangen, sind die Erhebungseinheiten
möglichst repräsentativ auszuwählen.
Ein weiteres Qualitätskriterium für die Marketing-Forschung ist die Repräsentativi-
tät. Um dieses Kriterium zu erklären, sind zunächst einige Hintergrundinformationen zu
präsentieren. Die Repräsentativität ist bei der Primärforschung verbunden mit der Frage,
ob eine Vollerhebung erforderlich oder ob eine Teilerhebung ausreichend ist. Diese Ent-
scheidung hat nicht nur Auswirkungen auf die Qualität der zu erzielenden Ergebnisse,
sondern vor allem auch auf den Zeit- und Budgetbedarf einer entsprechenden Studie.
Die Vollerhebung (auch Totalerhebung, Zensus) ist eine Form der Befragung, bei der
alle Mitglieder einer Grundgesamtheit oder Zielgruppe erfasst werden. Die Grund-
gesamtheit bezeichnet alle Personen oder andere Objekte (bspw. Unternehmen, Märkte),
über die Informationen gewonnen werden sollen. Diese Grundgesamtheit wird auch mit
den Begriffen Ausgangsgesamtheit, Kollektiv, Population und statistische Masse be-
schrieben. Im Kern handelt es sich hierbei um die Menge aller Elemente, auf die eine
Untersuchung ausgerichtet ist. Um relevante Erkenntnisse zu erzielen, ist es unverzichtbar,
diese Grundgesamtheit präzise sachlich, räumlich und zeitlich abzugrenzen. Ist diese nicht
der Fall, so kommt es zu einem Coverage-Fehler (i. S. einer fehlerhaften Abdeckung).
Welche Größe diese Grundgesamtheit annehmen kann, wird deutlich, wenn bspw. die
Lebenssituation aller in Deutschland lebenden Menschen erfasst werden soll. In diesem
Falle wären ca. 83 Millionen Menschen zu befragen. Um Coverage-Fehler zu vermeiden,
ist bspw. genau zu beschreiben, wer zu befragen ist:

• Alle in Deutschland lebenden Menschen.


• Alle in Deutschland lebenden Menschen ab 18 Jahre.
• Alle in Deutschland lebenden deutschsprachigen Menschen ab 18 Jahre.
• Alle Menschen, die eine deutsche Staatsangehörigkeit aufweisen, unabhängig davon,
wo diese zurzeit wohnen.
• Alle deutschsprechenden Menschen, unabhängig davon, wo diese leben (bspw. in
Österreich, der Schweiz, im Frankreich, in den Niederlanden, in Polen).

Bereits dieses kleine Beispiel verdeutlich, wie wichtig eine präzise Beschreibung der
Grundgesamtheit ist, um genau die Informationen zu erhalten, die für eine Forschungs-
frage benötigt werden.
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 101

Eine Studie, die die Herausforderungen von Vorständen und Geschäftsführern in Unter-
nehmen der Euro-Zone angesichts des digitalen Wandels ermitteln möchte, müsste bei
einer Vollerhebung viele 100.000 Personen befragen. Hier wird nochmals deutlich, dass
Vollerhebungen aus organisatorischen sowie aus finanziellen Gründen in der Regel nur in
kleinen Grundgesamtheiten durchgeführt werden sollten. Eine solche kleinere Grund-
gesamtheit können bspw. alle Master-Studenten sein, die im 2. Halbjahr 2021 an der HWR
ihr Studium begonnen haben. Eine Vollerhebung ist auch in einem Unternehmen möglich,
wenn dieses bspw. nur 200 Mitarbeiter hat – und nicht über 600.000 wie bei Volkswagen
oder über zwei Millionen wie bei Walmart.
Vollerhebungen sind im Vergleich zu Teilerhebungen meist sehr viel teurer, weil bspw.
viel mehr Interviews durchgeführt und ausgewertet werden müssen. Allerdings sind die
durch eine Vollerhebung gewonnenen Daten auch viel aussagekräftiger. Schließlich ent-
fällt bei einer Vollerhebung die Stichprobenziehung, weil alle relevanten Personen in der
Studie berücksichtigt werden. Deshalb können die Daten auch sehr fein analysiert werden,
da die notwendigen Daten (bei einer korrekten Durchführung der Studie) für jede einzelne
Person der Zielgruppe vorliegen.
Ist die Grundgesamtheit sehr groß, kommt eine Teilerhebung zum Einsatz. Hierfür
bedarf es einer Stichprobenziehung. Durch diese wird ermittelt, welche Personen oder
Objekte der Grundgesamtheit in die Studie einbezogen werden sollen. Diese ausgewählten
Personen oder Objekte bilden die Teilgesamtheit. Eine Teilerhebung ist folglich immer
dann angesagt, wenn die Grundgesamtheit sehr groß, der Zeitdruck hoch und/oder die
Budgets knapp bemessen sind. Dann muss man sich mit einer Stichprobe zufriedengeben.
Dies ist auch der Fall, wenn bspw. eine zerstörende Prüfung durchgeführt wird. Dies ist
bspw. bei Crashtests von Autos der Fall. Hier werden meist nur ganz wenige Fahrzeuge
„gegen die Wand gefahren“, um bspw. den Insassenschutz zu prüfen. Auch die Unter-
suchungen der Stiftung Warentest arbeiten mit Stichproben der untersuchten Objekte, weil
bspw. nicht die Gesamtzahl der am Markt befindlichen Toaster getestet werden kann.
Für die Stichprobenziehung können die in Abb.  2.6 gezeigten Varianten verwendet
werden (vgl. auch Kuß et al., 2018, S. 72–77; zur Bestimmung des Stichprobenumfangs
Altobelli, 2017, S. 156–158). Zunächst einmal ist zwischen einer Zufallsstichprobe und
einer nicht zufälligen Stichprobe sowie einer willkürlichen Auswahl zu unterscheiden. Bei
einer Zufallsstichprobe (auch Zufallsauswahl oder Random Sample) hat jedes Element
der Grundgesamtheit die gleiche, angebbare Wahrscheinlichkeit (hier > 0), in die Stich-
probe zu gelangen. Die Elemente werden zufällig aus der Grundgesamtheit gezogen. Hier-
bei kann noch weiter zwischen einer einfachen Zufallsstichprobe (ohne Unterteilung der
Grundgesamtheit) und einer Zufallsstichprobe mit Unterteilung der Grundgesamtheit dif-
ferenziert werden.
Eine einfache Zufallsstichprobe liegt vor, wenn jedes Element der Grundgesamtheit
die gleiche Wahrscheinlichkeit aufweist, in die Stichprobe zu gelangen (vgl. Abb. 2.6). Bei
der Zufallsstichprobe mit Unterteilung der Grundgesamtheit sind wiederum drei Aus-
prägungen möglich. Bei einer geschichteten Zufallsstichprobe wird die Grundgesamt-
heit vor der Stichprobenziehung in sinnvolle Gruppen (sogenannte Schichten) eingeteilt.
102 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

Stichprobenziehung

Zufallsstichprobe Nicht zufällige Stichprobe Willkürliche Auswahl


(häufig: Quotenstichprobe)

Zufallsstichprobe ohne Zufallsstichprobe mit


Unterteilung der Unterteilung der
Grundgesamtheit Grundgesamtheit
(einfache Zufallsstichprobe)

Geschichte Klumpenstichprobe
Zufallsstichprobe

Abb. 2.6  Arten der Stichprobenziehung

Eine solche Gruppierung ist dann sinnvoll, wenn diese Schichten hinsichtlich eines oder
mehrerer für die Forschungsfrage relevanten Merkmale in sich relativ homogen sind und
sich gleichzeitig möglichst deutlich voneinander unterscheiden (vgl. die schon an-
gesprochene ABC-Kategorisierung der Kunden). Für die psychologische Marketing-For-
schung relevante Schichten für eine Konsumentenbefragung können bspw. an den Krite-
rien Geschlecht, Alter, Einkommen, Bildungsabschluss, Wohnort gebildet werden.
Die zufällige Auswahl der Stichprobenelemente wird nun insofern eingeschränkt, als
man pro Schicht die jeweils gewünschten Stichprobenumfänge vorgibt. So kann es bspw.
heißen, dass aus der Grundgesamtheit jeweils 50 Personen aus der Schicht „Männer“ und
50 Personen aus der Schicht „Frauen“ zu ziehen sind, auch wenn die Aufteilung von Män-
nern und Frauen in der Grundgesamtheit bspw. 80 % zu 20 % ist. Ohne eine solche ge-
schichtete Stichprobenziehung wären bei einer einfachen Stichprobenziehung mit hoher
Wahrscheinlichkeit ca. 80  % der Stichprobe männlichen und ca. 20  % weiblichen Ge-
schlechts gewesen. Je nach Größe der gezogenen Stichproben wären dann die Ergebnisse
für die Stichprobe der Frauen aufgrund der geringeren Fallzahl weniger belastbar.
Nach der Definition der jeweils gewünschten Anzahl der Probanden pro Schicht erfolgt
die Zufallsstichprobenziehung für jede Schicht getrennt. In Anschluss an die Daten-
gewinnung erfolgt eine Auswertung getrennt nach den gebildeten Schichten, bevor man
die Ergebnisse  – so zielführend  – für die Grundgesamtheit zusammenfasst. Mit einer
­geschichteten Stichprobenziehung lässt sich bei gleicher Ergebnisgenauigkeit der Um-
fang der Gesamtstichproben gegenüber einer einfachen Zufallsstichprobenziehung redu-
zieren, wodurch die Kosten der Datenerhebung sinken. Der Grund für diesen Effekt ist
eine geringere Varianz der Ergebnisse innerhalb der definierten Schichten, weil diese in
sich eine höhere Homogenität aufweisen als die Grundgesamtheit.
Die Klumpenstichprobe (Cluster-Stichprobe; vgl. Abb. 2.6) ist ebenfalls um eine Zu-
fallsstichprobe mit Unterteilung der Grundgesamtheit. Vor der Stichprobenziehung wird
die Grundgesamtheit in Teilgesamtheiten zerlegt. Diese werden Klumpen oder Cluster
genannt. Diese sollen im Hinblick auf das zu untersuchende Merkmal ein möglichst ähn-
liches, allerdings verkleinertes Abbild der Grundgesamtheit darstellen. Kommt eine
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 103

Klumpenstichprobe zum Einsatz, so werden nur einige der Klumpen zufällig ausgewählt.
Findet innerhalb der ausgewählten Klumpen eine Totalerhebung statt, nennt man dies eine
einstufige Klumpenstichprobe. Findet in den ausgewählten Klumpen eine zufalls-
gesteuerte Teilerhebung statt, ist es eine zweistufige Klumpenstichprobe.
Die Klumpenbildung wird häufig anhand von regionalen Kriterien vorgenommen. So
können für eine deutschlandweite Studentenbefragung alle Studenten von zufällig aus-
gewählten Präsenz- und Fernhochschulen befragt werden. Jede Hochschule stellt hierfür
einen „Klumpen“ bzw. ein „Cluster“ dar, der komplett bzw. in Teilen befragt wird. Eine
solche Umfrage in 15 Hochschulen wäre viel leichter zu organisieren als eine Befragung
von bspw. jeweils 50 Studenten an 100 verschiedenen Hochschulen in Deutschland.
Vielfach stellt die Verringerung der Erhebungskosten den Hauptgrund für den Einsatz
von Klumpenstichproben dar. Die Entscheidung darüber, ob eine solche Stichproben-
ziehung eingesetzt werden soll, ist davon abhängig, ob die Klumpen hinsichtlich der inte-
ressierenden Merkmale größere Unterschiede aufweisen. Dies kann bei der Analyse von
Hochschulen aus Bremen im Vergleich zu Hochschulen aus Bayern oder Baden-­
Württemberg der Fall sein. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass zwischen privaten und
öffentlichen Hochschulen systematische Unterschiede bestehen können.
Eine weitere Möglichkeit der Stichprobenziehung stellt die Quotenstichprobe (Quota-­
Sample) dar. Im Vergleich zu den bisher beschriebenen Verfahren der Stichprobenziehung
handelt es sich bei der Quotenstichprobe nicht um eine Zufallsstichprobe. Bei der Quoten-
stichprobe erfolgt eine bewusste Auswahl von Zielpersonen bzw. von Zielobjekten. Hierzu
wird bei einer Quotenstichprobe versucht, eine möglichst repräsentative Zusammen-
setzung der Stichprobe dadurch zu erreichen, dass Quoten anhand bestimmter Merkmale
definiert werden. Hierfür ist es unverzichtbar, dass die Verteilung dieser Merkmale in der
Grundgesamtheit bekannt ist. So kann bspw. Interviewern für eine Befragung in der Innen-
stadt von Berlin genau vorgegeben werden, dass nur weibliche Personen im Alter zwi-
schen 25 und 35 zu befragen sind, die alleinerziehend sind. Hierfür werden sogenannte
Screening-Fragen eingesetzt. Diese werden nach einer Kontaktaufnahme gestellt, um
herauszufinden, ob die angesprochene Person ins Raster fällt. Wenn nicht, wird das Ge-
spräch beendet; wenn ja, wird das Interview durchgeführt.
Um die Güte einer so gewonnenen Quotenstichprobe zu überprüfen, kann bspw. die
Verteilung von Merkmalen, die nicht für die Quotenbildung verwendet wurden, zwischen
Stichprobe und Grundgesamtheit verglichen werden. Im obigen Beispiel wurden für die
Gruppenbildung Geschlecht und Alter verwendet. Um zu prüfen, ob eine qualitativ gute
Stichprobe gezogen wurde, kann jetzt ermittelt werden, ob die Verteilung der Kriterien
Kaufkraft oder Wohnortgröße in Stichprobe und Grundgesamtheit ähnlich ausfällt. Wenn
ja, kann von einer hohen Güte der Stichprobe gesprochen werden. Im Beispiel ist aller-
dings zu erwarten, dass bei einer Kontaktaufnahme in der City von Berlin Personen über-
repräsentiert sind, die in die größte Wohnortgröße fallen.
Bei der willkürlichen Auswahl (auch willkürliche Stichprobe, Auswahl aufs Gerate-
wohl, Convenience-Sampling; vgl. Abb. 2.6) werden Elemente aus der Grundgesamtheit
(bspw. durch einen Interviewer) mehr oder weniger willkürlich in die Stichprobe über-
104 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

nommen. Hierbei liegt es allein im Verantwortungsbereich des Studienverantwortlichen


selbst, wie diese Auswahl erfolgt. Deshalb lassen sich keine Wahrscheinlichkeiten an-
geben, mit denen bestimmte Elemente in die Stichprobe gelangen.
Der Begriff Convenience-Sample macht plastisch deutlich, worum es bei dieser Art
der Stichprobenziehung geht: um Einfachheit. Häufig findet diese Methode bei Bachelor-
und Masterarbeiten statt, bei denen besonders enge Zeit- und Budgetgrenzen zu berück-
sichtigen sind. Die hier gewonnenen Erkenntnisse haben eher einen explorativen Charak-
ter; d. h., sie erforschen einen bestimmten Sachverhalt. Allerdings lassen sich aus diesen
Erkenntnissen keine generalisierbaren Aussagen ableiten. Außerdem können keine Aus-
sagen darüber getroffen werden, auf welche Grundgesamtheit sich die so gebildete Stich-
probe bezieht. Folglich können keinerlei Hinweise auf eine mögliche Repräsentativität
gegeben werden.
Besonders problematisch an der willkürlichen Auswahl sind systematische Ver-
zerrungen, die durch den Auswahlmechanismus verursacht werden. Veröffentlicht ein
Student einen Fragebogen über seine Social-Media-Kontakte, dann ist die Wahrschein-
lichkeit groß, dass alle Teilnehmer mehr oder weniger der gleichen Alters-, ggf. sogar der
gleichen Bildungskohorte entstammen. Ein weiteres Risiko geht mit der Selbstselektion
durch die Angesprochenen einher. Sind bspw. Männer weniger gewillt, an einer Befragung
teilzunehmen, dann werden die Aussagen der Damenwelt das Ergebnis systematisch ver-
zerren. Bei anderen Stichprobenziehungen würden Männer so lange kontaktiert werden,
bis die notwendige Männer-Quote erfüllt ist.
Anhand dieser Verfahren zur Stichprobenziehung wird deutlich, welcher Aufwand ge-
trieben werden muss, um eine Repräsentativität von Studienergebnissen zu erreichen.

2.2.1.4 Datenanalysephase
In der Datenanalysephase werden die erhobenen Daten ausgewertet (vgl. Abb. 2.3). Bei
quantitativen Studien werden Verfahren der uni-, bi- und multivariaten Datenanalyse
eingesetzt.

• Bei der univariaten Datenanalyse wird bei einer statistischen Berechnung nur eine
Variable analysiert (bspw. die Häufigkeitsverteilung der Kunden nach Alter oder Ge-
schlecht).
• Bei der bivariaten Datenanalyse werden genau zwei Variablen simultan analysiert
(bspw. die Verteilung der Kunden nach Alter und Geschlecht in einer Kreuztabelle).
• Die multivariate Datenanalyse beinhaltet die simultane Auswertung von mehr als
zwei Variablen (bspw. das Alter, das Geschlecht und das Einkommen).

Zu den bekanntesten Verfahren der multivariaten Datenanalyse mit dem Ziel der Klassi-
fikation zählen die Multidimensionale Skalierung sowie die Cluster- und Diskriminanz-
analyse. Hierbei geht es darum, bspw. Gruppen von unterschiedlichen Kunden zu bilden
bzw. die Gruppenzugehörigkeit zu überprüfen. Andere multivariable Verfahren versuchen,
die Beziehungen zwischen mehreren Variablen zu ermitteln. Dazu zählen die Regres­
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 105

sions-, Varianz- und Kausalanalyse. Die Conjoint-Analyse sowie die Multidimensionale


Skalierung werden als Verfahren zur Messung von Präferenzen eingesetzt. Die Faktoren-
analyse ist ein Verfahren, das zur Datenreduktion dient (vgl. vertiefend Altobelli, 2017,
S. 223–354; Raab et al., 2018, S. 227–259; Weis & Steinmetz, 2012, S. 281–293; Back-
haus et al., 2021).
Um die Ergebnisse von qualitativen Befragungen strukturiert auszuwerten, kann die
qualitative Inhaltsanalyse eingesetzt werden. Das Ziel dieser Analyse liegt darin, die ge-
wonnenen Inhalte zu ordnen und zu strukturieren. Da diese Inhalte in unterschiedlichster
Form vorliegen können – bspw. als Transkript von Interviews oder als Videos – kommt
eine systematische und nachvollziehbare Methode zur Textanalyse zum Einsatz. Während
eine quantitative Inhaltsanalyse die Ergebnisse in Zahlen auszudrücken versucht, versucht
die qualitative Inhaltsanalyse die wichtigsten Strukturen in den gewonnenen Daten heraus-
zuarbeiten. Im Kern geht es hierbei um folgende Aspekte (vgl. Mayring, 2019, S. 3):

• Die qualitative Inhaltsanalyse ist kategoriengeleitet. Das bedeutet, dass die Erkennt-
nisinhalte auf sprachliche Kurzformeln gebracht und Kategorien zugeordnet werden.
• Inhalte, die in keine Kategorie gehören, werden nicht weiter ausgewertet. Die Textaus-
wertung ist folglich selektiv.
• Die qualitative Inhaltsanalyse orientiert sich an Fragestellungen, die aus den Zielen
des Forschungsprojektes abgeleitet werden. Diese schlagen sich in den zu ana-
lysierenden Kategorien nieder und fokussieren so die Auswertung.
• Der Ablauf der qualitativen Inhaltsanalyse orientiert sich an präzisen Ablaufmodellen,
die die einzelnen Arbeitsschritte beschreiben (vgl. vertiefend Mayring, 2015).

Durch dieses Vorgehen können die wichtigsten Erkenntnisse herausgearbeitet werden,


auch wenn das auszuwertende Material sehr heterogen ist.
Bei der Dateninterpretation kommt der angesprochenen Objektivität eine besondere
Bedeutung zu, weil bei der Interpretation häufig größere Spielräume vorhanden sind. Des-
halb sollte sich der Leser von Studien immer fragen, ob einer Studie  – präsentiert von
einem bestimmten Absender – u. U. eine Hidden Agenda (i. S. von „Hintergedanken“
oder „verborgenen Motiven“) zugrunde liegt. Darunter ist der Sachverhalt zu verstehen,
dass bspw. eine Studie eines auf die Suchmaschinen-Optimierung spezialisierten Unter-
nehmens die Absicht haben kann, die Vorteilhaftigkeit der eigenen Leistung zu dokumen-
tieren – auch unabhängig von den tatsächlich erzielten Ergebnissen. Dies kann auch der
Fall sein, wenn eine Studie zur Werbewirkung von Printanzeigen, TV-Spots oder Coupon-
beilagen von einem Unternehmen präsentiert wird, das damit sein Geld verdient.

cc Merk-Box  Der geschulte Forscher analysiert deshalb zunächst die Herkunft


der Daten: „Sender“, Art der Erhebung, Umfang der Stichprobe, Zeitraum der
Datengewinnung. Erst dann wird entschieden, ob diesen Daten „vertraut“ wird
und diese u. U. für die Prognose weiterer Entwicklungen zugrunde gelegt oder
in einer Abschlussarbeit zitiert werden.
106 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

2.2.1.5 Dokumentationsphase
In der Dokumentationsphase ist die gesamte Studie, inkl. des Studiendesigns, der ein-
gebundenen Partner (bspw. eines externen Marketing-Forschungs-Unternehmens) sowie
der erzielten Ergebnisse anschaulich zu dokumentieren (vgl. Abb. 2.3). Hierdurch werden
die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass sich diese Studie als Sekundärquelle für Nach-
folgestudien eignet.
Außerdem erfolgt hier die Präsentation der Ergebnisse bspw. gegenüber dem Auftrag-
geber (z. B. dem Vorstand, der Geschäftsführung oder der Marketing-Abteilung). Damit
die Ergebnisse der Marketing-Forschung ihre inspirierende Wirkung entfalten kön-
nen, ist es wichtig, dass die hier gewonnenen Erkenntnisse – soweit möglich – offen im
Unternehmen kommuniziert werden. Nur so kann erreicht werden, dass sich die In-
vestitionen in die Marketing-Forschung für das gesamte Unternehmen lohnen. Außerdem
wird auf diese Weise vermieden, dass – vor allem in Großunternehmen – verschiedene
Bereiche an vergleichbaren Fragestellungen forschen, ohne voneinander zu wissen.
Um diese Kommunikation zu fördern, können die wichtigsten Erkenntnisse über das
Intranet kommuniziert werden. Außerdem kann es interessant sein, dass bspw. auch in
unternehmensweiten Informationsveranstaltungen des Managements (heute häufig
Townhall-Meetings genannt) die Auftraggeber der Studien bzw. Vertreter der Marketing-­
Forschung diese Erkenntnisse präsentieren – so ein generelles Interesse der Mitarbeiter
vorausgesetzt werden kann.
Nur eines sollte nicht passieren, dass teuer bezahlte Studien zur Schrank-Ware wer-
den (in Ergänzung zur Hard- und Software), die online oder offline abgelegt und nicht
wieder zur Entscheidungsunterstützung oder zur kreativen Inspiration genutzt werden.
Der Prozess der Marketing-Forschung sollte durch ein Controlling des gesamten
Forschungsprojektes abgeschlossen werden, um ggf. Optimierungsmöglichkeiten für
Folgestudien zu ermitteln. Dies kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass das Unter-
nehmen tatsächlich zu einer lernenden Organisation wird.

2.2.2 Erkenntnisziele der Marketing-Forschung

Die Beschaffung von Informationen im Rahmen der Marketing-Forschung darf nicht plan-
los erfolgen, sondern muss sich auf wichtige Aspekte der Umwelt, der Branche, der Wett-
bewerber, der Kunden und/oder des eigenen Unternehmens fokussieren, die im Rahmen
der Definitionsphase festgelegt wurden (vgl. Abb. 2.3). Eine wichtige Leitschnur hierfür
können auch die Ergebnisse sein, die im Zuge der Erfolgsfaktorenforschung in den letz-
ten Jahren und Jahrzehnten gewonnen wurden.
Erfolgsfaktoren, auch kritische oder strategische Erfolgsfaktoren genannt, stellen
Schlüsselgrößen dar, die für die Erreichung der Ziele eines Unternehmens von zentraler
Bedeutung sind. Die Berücksichtigung dieser Erfolgsfaktoren bei der Entwicklung von
Marketing-Konzepten hat somit einen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg eines Unter-
nehmensbereichs oder des ganzen Unternehmens.
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 107

Wichtige Grundlagen der Erfolgsfaktorenforschung wurden seit den 1970er-Jahren


im Rahmen des sogenannten PIMS-Projektes (Profit Impact of Market Strategies) durch
das Strategic Planning Institute (SPI) in Boston im Rahmen einer Langzeitstudie systema-
tisch erforscht. Das Ziel dieser Forschungsaktivitäten bestand in der Identifikation unter-
nehmensübergreifend gültiger Erfolgsfaktoren. Die methodische Grundlage hierfür stell-
ten insb. regressions- und kausalanalytische Verfahren dar.
Die im Zuge der Analyse berücksichtigten Daten umfassten zunächst die Zielkriterien
ROI (Return on Investment), ROS (Return on Sales), Cashflow sowie weitere Wachstums-
kennzahlen. Darüber hinaus wurden folgende „erklärende“ Variablen in die Analysen
einbezogen, die sich auf die Zielkriterien auswirken (vgl. Abb. 2.7):

• Marktverhältnisse
u.  a. Marktwachstum, Preisentwicklung, Anzahl und Umsatzbedeutung der Kunden,
Kaufhäufigkeiten und Kaufvolumina
• Wettbewerbsposition und Strategie der eigenen strategischen Geschäftseinheit
u. a. absoluter und relativer Marktanteil, relative Produkt- und Servicequalität, Höhe
der Investitionen, bspw. in F&E, Intensität der vertikalen Integration, Auslastung der
Produktionskapazitäten, Produktivität der Leistungserbringung, Budgethöhe für Wer-
bung, Verkaufsförderung, persönlichen Verkauf, Veränderung bei der relativen Preis-
gestaltung, der Aufwendungen für Kommunikation

Zielsetzung war es, sogenannte Laws of the Market Place zu identifizieren, die Unter-
nehmen bei der strategischen Planung berücksichtigen sollten. Im Rahmen dieser
Forschungsaktivitäten wurden drei zentrale Erkenntnisse gewonnen, die nachfolgend ana-
lysiert werden:

• negativer Zusammenhang zwischen Investitionstätigkeit und ROI


• positiver Zusammenhang zwischen dem relativen Marktanteil und dem ROI
• positiver Zusammenhang zwischen der relativen Produktqualität und dem ROI

Unternehmenserfolg
(ROI, ROS, Cashflow, Wachstum)

Marktverhältnisse Wettbewerbsposition/Strategien
(u. a. Wachstum, Kundenstruktur, (Marktanteil, Preis/Qualität, Marketing-
Preisentwicklung, Kaufvolumina) Investitionen, Produktionssystem, F&E-Budget)

Abb. 2.7  Grundansatz der Erfolgsfaktorenforschung


108 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

Die Gründe für einen negativen Zusammenhang zwischen Investitionstätigkeit und


ROI können zum einen in der Ergebniswirksamkeit von Investitionen durch Ab-
schreibungen gesehen werden, da sich Letztere ergebnisverschlechternd auswirken. Zum
anderen zwingen hohe Investitionen (bspw. in Produktionsanlagen) Unternehmen dazu,
eine hohe Auslastung dieser anzustreben, indem bspw. auch preislich weniger attraktive
Aufträge angenommen werden. Eine kritische Analyse dieser Ergebnisse erfolgt später.
Im Rahmen des PIMS-Projektes wurde auch ein positiver Zusammenhang zwischen
dem relativen Marktanteil und dem ROI ermittelt. Ursachen hierfür können in der zu-
nehmenden Marktmacht von Unternehmen mit einem hohen relativen Marktanteil ge-
sehen werden. Diese Marktmacht kann sich in der Beziehung zu Lieferanten aufgrund
einer besseren Verhandlungsposition positiv auf die erreichbaren Konditionen auswirken.
In der Beziehung zu Kunden kommt teilweise der „The winner takes it all“-Effekt
zum Ausdruck, da Angebote vom Marktführer Kunden häufig attraktiver und risikoärmer
erscheinen und gleichzeitig häufig ein Preis-Premium (i. S. einer höheren Preisstellung)
realisiert werden kann. Diese Wirkungsbeziehungen wurden allerdings immer wieder kri-
tisch hinterfragt. Die wesentlichen Erklärungsfaktoren für den genannten positiven Zu-
sammenhang sind jedoch im Erfahrungskurveneffekt und in den Economies-of-Scale
zu finden.
Der Erfahrungskurveneffekt beschreibt das Phänomen, dass mit jeder Verdopplung
der im Zeitablauf kumulierten Produktionsmenge eines Produktes ein auf dessen Wert-
schöpfung bezogenes Kostensenkungspotenzial der Stückkosten von 20 bis 30  %
­einhergeht (vgl. Abb.  2.8). Das heißt, je größer die Menge, die ein Unternehmen vom
identischen Produkt erzeugt, desto günstiger kann dessen Produktion tendenziell erfolgen.
Entscheidend ist beim Erfahrungskurveneffekt, dass es sich um ein Potenzial zur
Kosteneinsparung handelt. Die entsprechenden Effekte stellen sich folglich nicht auto-
matisch ein, sondern müssen erschlossen werden. Die Ursachen für die Kostensenkungs-
potenziale liegen in generellen Lerneffekten, in verbesserten Produktionstechnologien
und/oder in einer Veränderung der Produkte, die eine effizientere Produktion erlauben.
Bei der Erfahrungskurve wird der gesamte Produktionszeitraum eines Erzeugnisses be-

Abb. 2.8 Erfahrungskurveneffekt
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 109

trachtet – nicht nur ein Geschäftsjahr. Am Beispiel des Flugzeugbaus wird die Relevanz
dieses Effektes deutlich: Wurden für den Bau des ersten Airbus noch 280.000 Arbeits-
stunden eingesetzt, waren es beim 100. Exemplar weniger als 100.000 (vgl. Braunberger,
2005, S.  50). Dadurch wird deutlich, dass beträchtliche Kostensenkungspotenziale bei
Airbus „gehoben“ werden konnten.

cc Merk-Box  Erfahrungskurveneffekte muss man sich verdienen. Sie stellen sich


nicht automatisch ein.

Economies of Scale (auch Skalenerträge, Betriebsgrößen- bzw. Größenkostenerspar-


nisse genannt) können sich mit steigender Unternehmensgröße einstellen – jeweils ge-
messen an der Anzahl der Mitarbeiter, der produzierten und vermarkteten Produkte
sowie der Umsatzhöhe. Die Ursachen hierfür liegen bspw. in der Möglichkeit, speziali-
sierte und damit leistungsstärkere Produktionstechnologien einzusetzen, die zu ent-
sprechenden Kostenvorteilen führen. Außerdem kann in größeren Unternehmen die
Arbeitsteilung stärker ausgeprägt werden, wodurch – zumindest in bestimmten Dimen-
sionen – Spezialisierungsvorteile erreichbar werden.
In Summe trägt auch die Verteilung von Fixkosten auf eine größere Ausbringungs-
menge zu Kostenvorteilen und damit zu Economies of Scale bei. Eine solche Fixkosten-
degression kann durch die gemeinsame Nutzung von Ressourcen (bspw. von Marken,
Vertriebskanälen oder Werbung) für eine breite Produktpalette sowie durch die Aufteilung
von angefallenen F&E-Kosten (bspw. im Automobil- und Flugzeugbau oder in der
­Pharmaindustrie) auf eine größere Ausbringungsmenge erreicht werden. Dabei sinkt der
Anteil der Fixkosten pro Stück mit steigender Produktionsmenge.
Gleiches gilt für die Aufteilung von Infrastrukturkosten (etwa in der Telekom­
munikationsbranche für den Netzaufbau). Hier besteht ein großer Unterschied, ob ein in
Deutschland tätiges Unternehmen die Kosten für ein flächendeckendes Mobilfunknetz auf
30 oder nur auf 13 Millionen Kunden verteilen kann. Das bedeutet konkret, dass allein die
Unternehmensgröße zu Kostenvorteilen führen kann. Deshalb wird von Betriebsgrößen-
ersparnissen gesprochen. Weitere Ursachen für Kostenersparnisse aufgrund der Unter-
nehmensgröße liegen in Preisvorteilen beim Einkauf (etwa auf Basis von Mengenrabatten)
oder in Preisvorteilen beim Verkauf aufgrund einer dominierenden Marktposition.
Während sich die beschriebenen Erfahrungskurveneffekte auf die gesamte Produktions-
dauer eines Produktes beziehen, werden Economies of Scale für eine Periode ermittelt
(i. d. R. für ein Geschäftsjahr). Derartige Betriebsgrößenersparnisse stellen bspw. ein zen-
trales Argument für Unternehmenszusammenschlüsse und Akquisitionen dar. Häufig sol-
len aufgrund der erreichbaren Unternehmensgröße Potenziale zur Kosteneinsparung er-
schlossen werden. Diese liegen etwa im gemeinsamen Einkauf, im integrierten Vertrieb,
gemeinsamen F&E-Aktivitäten oder der gemeinsamen Nutzung von Produktionsstätten.
Bei der zu beobachtenden Konsolidierung im Flugverkehr durch Akquisitionen und
Kooperationen werden solche Skaleneffekte angestrebt. So erwarb Lufthansa u. a. die na-
110 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

tionalen Gesellschaften Swiss Air, Austrian Airlines und Brussels Airlines. Durch die Mer-
ger von Air France und KLM zu Air France KLM sowie von British Airways und Iberia
zur International Airlines Group wurden Economies of Scale angestrebt. Dies Ziel liegt
auch den strategischen Allianzen im Luftverkehr – so bei oneworld, SKYTEAM und STAR-
ALLIANCE – zugrunde. Diese Allianzen betreiben jeweils nicht nur gemeinsame Kunden-
bindungsprogramme, sondern kaufen teilweise auch gemeinsam ein. Hierdurch erhöht
sich deren Verhandlungsposition.

cc Merk-Box  Economies of Scale sind ein wichtiger Treiber für Kooperationen und
Unternehmenszusammenschlüsse.

Allerdings kann es ab einer bestimmten Größe auch zu Diseconomies of Scale kom-


men. Dann steht die Komplexität des Unternehmens der Ausschöpfung von Größenvor-
teilen im Wege. Man spricht dann auch von den Costs of Complexity. Solche Effekte
können teilweise bei global agierenden Unternehmen beobachtet werden, die ihre gesamte
Wertschöpfungskette über eine Vielzahl von Ländern verteilt haben und gleichzeitig ein
sehr breites und tiefes Produktprogramm vermarkten, das nur schwer zu managen ist.
Im Rahmen des PIMS-Projektes wurde auch ein positiver Zusammenhang zwischen
der relativen Produktqualität und dem ROI ermittelt. Einerseits erleichtert eine über-
legene Produktqualität die Durchsetzung höherer Preise und wirkt sich auch auf die
Wiederkaufquote positiv aus. Höhere Absatzmengen strahlen  – gemäß der Erfahrungs-
kurve – wiederum positiv auf die erreichbaren Produktionskosten aus. Andererseits kön-
nen Aufwände für die Reklamationsbearbeitung sowie Rückstellungen für Gewährleistung
reduziert werden, weil überlegene Produkte weniger Serviceansprüche verursachen.
Darüber hinaus wurden weitere Erfolgsfaktoren als erklärende Größen für die Ent-
wicklung des ROI ermittelt, die in Abb. 2.9 dargestellt sind. Auch wenn die Erkenntnisse

Marktwachstum

Konzentration von Relation von


Angebot und Marketing-Budget zu
Nachfrage Umsatz

ROI
als
Zielgröße

Weitere Kriterien
Intensität der
(Unternehmensgröße,
vertikalen Integration
Umsatz pro Kopf u. a.)

Ausmaß der
Kapazitätsauslastung

Abb. 2.9  Weitere erklärende Faktoren der ROI-Entwicklung


2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 111

des PIMS-Projektes immer wieder kritisch hinterfragt wurden, haben sie den Blick ge-
schärft für die Relevanz einer Fokussierung auf kritische Erfolgsfaktoren bei der Ent-
wicklung von Unternehmens- und Bereichsstrategien. Diese können bei der Ausgestaltung
der Unternehmens- und Marketing-Analysen sowie bei der Auswahl der einzusetzenden
Instrumente eine wichtige Orientierung leisten.
Es ist anzumerken, dass die PIMS-Studien von Wissenschaft und Praxis nicht unkritisch
aufgenommen wurden. Kritik wurde bspw. laut an der Datengrundlage, die als nicht re-
präsentativ angesehen wurde (bspw. Dominanz durch US-amerikanische Unternehmen).
Hinsichtlich der Untersuchungsmethodik wurde kritisiert, dass Korrelationen kausal
interpretiert wurden. Das bedeutet, dass statistisch feststellbare Beziehungen so ausgelegt
wurden, als sei ein Phänomen die Ursache des anderen, obwohl diese vielleicht nicht
in einem Ursache-Wirkungs-Zusammenhang standen. Schließlich wurden auch die
Strategieempfehlungen kritisiert, da diese eine zu starke Dominanz des ROI heraus-
stellten (vgl. Homburg, 2020, S. 476–478).
Im digitalen Zeitalter hat sich ein weiteres Kriterium als kritischer Erfolgsfaktor etabliert:
die Skalierbarkeit. Unter Skalierbarkeit versteht man die Eigenschaft eines Geschäfts-
modells, den Umsatz signifikant steigern zu können, ohne kontinuierlich in gleichem Um-
fang in Produktion, Marketing, Vertrieb, Personal und/oder Infrastruktur investieren zu müs-
sen. Die Fixkosten und auch die variablen Kosten nehmen hier weit langsamer zu als der
Umsatz. Online-Geschäftsmodelle weisen oft eine hohe Skalierbarkeit auf, sodass der Um-
satz auch ohne größere Investitionen signifikant gesteigert werden kann.
Ein überzeugendes Beispiel für ein perfekt skalierbares Geschäftsmodell liefert Zoom,
ein Unternehmen, das Software für Video-Konferenzen anbietet. Vor der Corona-­
Pandemie war Zoom nur wenigen Menschen bekannt und auf den Einsatz in Unternehmen
beschränkt. Während der Pandemie stieg allerdings nicht nur der Einsatz im Homeoffice.
Auch viele Privatpersonen erschlossen sich die Möglichkeiten von Zoom, um digitale
Sportkurse, Gottesdienste, Diskussionen, Geburtstagsfeiern und vieles mehr über Zoom zu
organisieren. So wurden im April 2020 ca. 300 Mio. Videokonferenzteilnehmer ver-
zeichnet – täglich. Im Dezember 2019 lag diese Zahl noch bei ca. 10 Mio. Auch wenn
Zoom für dieses Wachstum zusätzliche Investitionen tätigen musste, waren diese von einer
Verdreißigfachung meilenweit entfernt!

cc Merk-Box  Skalierbarkeit ist ein wichtiger Erfolgsfaktor, weil die für das Wachs-
tum eines Unternehmens notwendigen Investitionen im Vergleich zum Umsatz
weit unterdurchschnittlich steigen.

2.2.3 Übergreifende Methoden der Marketing-Forschung

Nachfolgend werden ausgewählte Methoden präsentiert, die in die Toolbox jedes


Marketing-­Managers gehören, um Entscheidungen informatorisch gut vorzubereiten (vgl.
vertiefend Kreutzer, 2018).
112 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

2.2.3.1 SWOT-Analyse
Das Ziel der SWOT-Analyse (auch TOWS-Analyse) besteht darin, eine Einschätzung der
eigenen Leistungsfähigkeit im Lichte der relevanten Wettbewerber bei gleichzeitiger Be-
wertung der zukünftigen Markt- und Umweltgegebenheiten vorzunehmen. „SW“ steht für
Strengths/Weaknesses (Stärken/Schwächen) i. S. von komparativen Vor- oder Nachteilen
des Unternehmens und deckt damit die interne Perspektive der Analyse ab. „OT“ steht
für Opportunities/Threats (Chancen/Risiken) und integriert die externe Perspektive in die
Analyse. Erst aus der Synthese von externer und interner Perspektive können strategische
Ableitungen für die Weiterentwicklung des Unternehmens gewonnen werden (vgl.
Abb.  2.10). Bei einem Ein-Produkt-Unternehmen kann diese Analyse für das gesamte
Unternehmen erfolgen. Wurden dagegen SGEs gebildet, ist eine entsprechende Analyse
für jede strategische Geschäftseinheit durchzuführen.

cc Merk-Box  Entscheidend ist, dass die Ermittlung von unternehmerischen Stär-


ken und Schwächen zwingend immer nur im Vergleich mit relevanten Wett-
bewerbern erfolgen kann.

Erst im unmittelbaren Vergleich mit Wettbewerbern wird bspw. sichtbar, ob ein Markt-
anteil von 12 % eine Stärke des Unternehmens ist oder eine Schwäche. Weisen alle Wett-
bewerber Marktanteile zwischen 1 und 3 % auf, so stellt der genannte Marktanteil eine
Stärke dar. Der relative Marktanteil liegt hier zwischen 4 und 12. Wird der Markt dagegen

Ermittlung der unternehmensspezifischen


Stärken und Schwächen

Interne
Ermittlung von Chancen und

Perspektive Eigene Eigene


Externe Stärken Schwächen
Risiken des Marktes

Perspektive

Chancen
im Markt ? ?

Risiken
im Markt ? ?

Synthese

Ableitung von Maßnahmen

Abb. 2.10  Grundkonzept der SWOT-Analyse


2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 113

von drei Unternehmen mit Marktanteilen von jeweils ca. 25  % dominiert, liegt beim
Marktanteil eine Schwäche vor (relativer Marktanteil von 0,48).
Wie kann die Identifikation der relevanten Wettbewerber erfolgen, um so auch die
Definition des relevanten Marktes vorzunehmen? Durch Anwendung eines kunden-
orientierten Vorgehens wird das Relevant Set aus der Kundenperspektive erhoben. Das
Relevant Set umfasst die Angebotsalternativen, die der Kunde als gleichwertig erachtet
und zwischen denen er sich beim Kauf entscheidet. Um das Relevant Set zu ermitteln,
werden die Kunden befragt. Hier gilt es herauszufinden, mit welchen anderen Unter-
nehmen bzw. Angeboten das eigene unmittelbar konkurriert. Zur Ermittlung dieses Re-
levant Sets aus Kundenperspektive können die folgenden Fragen gestellt werden:

• Welche Anbieter sieht der Kunde als austauschbar an?


• Zwischen welchen Produkten/Dienstleistungen wechselt der Kunde?
• Welche Produkte/Dienstleistungen sieht der Kunde als ähnlich an?

Durch ein solches Vorgehen kann bspw. sichtbar werden, dass ein Kunde bei Fast Food
nicht nur zwischen McDonald’s und Burger King wechselt, sondern aus seiner Sicht auch
eine Tiefkühl-Pizza oder der Döner-Stand um die Ecke eine relevante Alternative darstellt.
Diese Angebotsformen wären folglich bei einer entsprechenden Wettbewerbsanalyse zu
berücksichtigen. Die kundenorientierte Vorgehensweise kann dazu führen, dass ganz an-
dere Unternehmen in die Analyse einfließen als zunächst geplant.
Beim anbieterorientierten Vorgehen wird dagegen die strategische Gruppe er-
mittelt, der das eigene Unternehmen angehört. Die strategische Gruppe ist die gedankliche
Zusammenführung solcher Unternehmen, die in einer bestimmten Branche ein vergleich-
bares strategisches Konzept zur Anwendung bringen (vgl. Porter, 1999, S. 177). Es können
in jeder Branche verschiedene strategische Gruppen parallel existieren. Zu ihrer Er-
mittlung können die folgenden Fragen eingesetzt werden:

• Welche Unternehmen verfolgen eine vergleichbare Strategie?


• Welche Unternehmen weisen ein ähnliches Leistungsversprechen gegenüber den End-
kunden auf?

Im Pharma-Markt gibt es bspw. die strategische Gruppe der Generika-Anbieter. In


dieser finden sich die Anbieter Ratiopharm, Hexal und Stada. Außerdem kann dort die
strategische Gruppe der Unternehmen mit eigener Forschung ausgemacht werden. Zu
diesen zählen bspw. Schering, Sanofi-Aventis, Novartis und Merck.
Bei den Fluggesellschaften bilden die Low-Cost-Fluggesellschaften wie Eurowings,
easyJet und Ryanair aufgrund des gleichartigen Geschäftsmodells eine solche strategische
Gruppe. Sie grenzen sich dadurch von den Premium-Anbietern wie Singapore Airlines,
Emirates, Cathay Pacific und Qantas ab.
Zur Durchführung einer Stärken-Schwächen-Analyse für das eigene Unternehmen ist
hinsichtlich der zu berücksichtigenden Aspekte eine Orientierung an den kritischen
114 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

Erfolgsfaktoren des jeweiligen Geschäftsfeldes erforderlich. Bei der Ermittlung dieser


kann die Frage helfen, welche Faktoren den Erfolg eines Unternehmens oder einer SGE
maßgeblich beeinflussen. Durch eine solche Fragestellung kann die Informations-
beschaffung und -verdichtung fokussiert werden. Häufig orientiert sich die Ermittlung der
unternehmerischen Stärken und Schwächen an den folgenden kritischen Erfolgsfaktoren,
deren Relevanz durch Erkenntnisse der Erfolgsfaktorenforschung bestätigt wurde:

• Art, Image, Marktstellung, Innovationsgrad und Qualität der Produkte/Dienstleistungen


• Leistungsfähigkeit der Produktion/der Dienstleistungserbringung
• Vertriebsstärke (Organisation, Größe, Effizienz, Qualifikation)
• Produktivität der Gesamtorganisation und der Teilbereiche
• Kostensituation (F&E, Beschaffung, Produktion, Vertrieb, Logistik, Personal ins­gesamt)
• Finanzkraft (u. a. Abhängigkeit von externen Geldgebern)
• F&E-Stärke (bspw. Qualifikation des entsprechenden Personals, verfügbare Bud­gethöhe)
• Resilienz (i. S. von Widerstandsfähigkeit) des eigenen Geschäftsmodells
• Skalierbarkeit des Geschäftsmodells
• Zugang zu wichtigen Entscheidungsträgern in Politik und Gesellschaft
• Qualifikation, Loyalität und Motivation der Mitarbeiter
• Marktpräsenz (regional, international, global) bzgl. Beschaffung und Vertrieb
• Organisationsstruktur (Flexibilität, Kundenorientierung, Schnelligkeit)
• Strategische Allianzen (i. S. von Verbindungen, die das Unternehmen bspw. bzgl. Ver-
trieb, Einkauf, Forschung, Produktion u. a. eingegangen ist)

Bei Vergleichen mit anderen Unternehmen ist es bei bestimmten Kriterien not-
wendig, eine Relativierung der Größen vorzunehmen. So ist es bspw. nicht ziel-
führend, Werbe- oder F&E-Budgets absolut zu vergleichen  – etwa zwischen einem
mittelständischen Chemieunternehmen und der BASF. Hier ist es sinnvoll und not-
wendig, die Höhe des Werbe- und F&E-Budgets als Prozentwert des Umsatzes anzu-
geben und erst dann zu vergleichen. Ähnlich verhält es sich, wenn die Anzahl der an-
gemeldeten Patente zur Bewertung der F&E-Leistungsfähigkeit heranzogen wird. In
diesem Fall ist eine Division durch die Anzahl der Mitarbeiter insgesamt oder besser
noch der in der F&E-Abteilung beschäftigten Mitarbeiter vorzunehmen. In Summe
können die häufig in Teams erarbeiteten Ergebnisse wie in Abb. 2.11 aufbereitet wer-
den. Das eigene Unternehmen ist hier im Vergleich zu den beiden Wettbewerbern A und
B dargestellt.
Bei der Analyse von Stärken und Schwächen ist ein Problemfeld zu berücksichtigen,
das sich häufig auch bei gruppendynamischen Prozessen zeigt. Es handelt sich um die
Diskrepanz von Eigen- und Fremdbild. Die Relevanz dieser Kontrastierung kann an-
hand des Johari-Fensters veranschaulicht werden. „Johari“ ist abgeleitet von den Namen
der Autoren Joseph Luft und Harry Ingham (vgl. Rechtien, 1999, S. 95 f.).
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 115

Kriterien Stärken und Schwächen


-- - +- + ++
Strategischer Ansatz B A

Unternehmens-
B A
reputation

Marktposition B A

Produktionsanlagen B A

Produktportfolio B A

Intensität der
A B
Kundenbeziehungen

Finanzieller Ausblick
B A

Abb. 2.11  Ergebnis der Stärken-Schwächen-Analyse im Wettbewerbsvergleich


Kunden, Wettbewerber, Öffentlichkeit

I. II.
I.
anderen nicht bekannt anderen bekannt

anderen nicht bekannt anderen bekannt

II. Öffentlich Blinder Fleck


Öffentliche
Blinder Fleck präsentiertes des Unter-
Person
Unternehmen nehmens
Andere

III. IV.
III. IV. Interna – Unbekannte
Privatperson Unbekanntes Geschäfts- Stärken und
geheimnisse Schwächen

mir selbst bekannt mir selbst nicht im Unternehmen im Unternehmen nicht


bekannt bekannt bekannt
Ich Unternehmen

Abb. 2.12  Johari-Fenster zur Selbst- und Unternehmensanalyse

Bezüglich der Selbst- und Fremdwahrnehmung im persönlichen Bereich ist zwi-


schen vier Quadranten zu unterscheiden (vgl. linke Darstellung in Abb. 2.12). Im I. Qua­
dranten sprechen wir von der öffentlichen Person, weil es sich um die Verhaltensweisen
und Motive handelt, die mir selbst und meiner Umwelt bekannt bzw. für diese wahrnehm-
bar sind. Der blinde Fleck im II. Quadranten umfasst die Verhaltensweisen, die andere bei
mir wahrnehmen können, die ich selbst jedoch nicht kenne (bspw. eingefahrene Gewohn-
heiten, sprachliche Marotten). Die Privatperson des III. Quadranten beinhaltet Aspekte,
die ich zwar selbst kenne, anderen gegenüber aber verborgen halte bzw. diesen nicht be-
kannt machen möchte. Dem IV. Quadranten ist das Unbekannte vorbehalten, über das ich
116 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

mir nicht bewusst bin und das auch anderen nicht bekannt ist. Häufig wird hierbei vom
Unbewussten gesprochen.
Übertragen auf den Unternehmensalltag zeigt sich im I. Quadranten die geplante und
damit bewusst inszenierte Selbstdarstellung des Unternehmens nach außen und innen
(vgl. rechte Darstellung in Abb. 2.12). Der III. Quadrant beinhaltet die Interna des Unter-
nehmens. Diese sind im Innenverhältnis bekannt und werden dort bspw. zur Unter-
nehmenssteuerung eingesetzt. Nach außen hin können und sollen sie verborgen bleiben.
Zu den unbekannten Faktoren des IV.  Quadranten zählen unausgeschöpfte Stärken,
bspw. bestimmte Mitarbeitertalente, die im Verborgenen schlummern. Die nicht wahr-
genommenen Schwächen gehören auch in diese Kategorie. Hier ist etwa an Defizite im
F&E-­Bereich zu denken, die bisher weder im Unternehmen noch im Markt aufgefallen sind.
Im Rahmen der Stärken-Schwächen-Analyse gilt es in besonderem Maße, sich mit dem
II. Quadranten und damit dem blinden Fleck des eigenen Unternehmens zu befassen.
Was wissen andere von uns als Unternehmen, was uns selbst unbekannt ist? Was sehen
andere, was wir nicht sehen? Dies kann ein überzeugendes Image bei einer spezifischen
Kundengruppe sein, die im Unternehmen nicht bekannt ist. Dies kann auch eine „lausige“
Qualität im Customer-Service-Center oder im Online-Auftritt. Auch eine weit unter­
durchschnittliche Produktqualität kann dazu gehören, über die jeder spricht – nur nicht das
betreffende Unternehmen selbst.

cc Merk-Box  Die Johari-Analyse soll dazu beitragen, dass der II. Quadrant keine
„terra incognita“ (i.  S.  eines unbekannten Landes bzw. eines unerforschten
Wissensgebietes) bleibt, sondern im Idealfall in Richtung des I. Quadranten ent-
wickelt wird oder dass entsprechende Schwachstellen beseitigt werden.

cc Denkanstoß  Begeben Sie sich einmal auf die Suche nach Ihren blinden Flecken.
Welche Sprachmarotten – wie äh, gell, halt etc. – nutzen Sie laufend, ohne es zu
wissen? Welche Gesten haben Sie sich angewöhnt, die andere irritieren, weil diese
Gesten häufig völlig unpassend sind? Nur ein guter – besser ein ehrlicher – Freund
wird es Ihnen verraten.
Auch eine Kamera, die Sie objektiv aufzeichnet, erlaubt es Ihnen, sich durch die
Augen Dritter zu sehen. Es lohnt sich!

Der nächste Schritt der SWOT-Analyse besteht darin, die Chancen und Risiken der
Branche i. S. der zu erwartenden zukünftigen Entwicklungen zu bewerten.

cc Merk-Box  Bei der Ermittlung der Chancen und Risiken innerhalb der SWOT-Ana-
lyse geht um die Chancen und Risiken der gesamten Branchen  – nicht des
konkreten Unternehmens allein! Das wird sehr häufig noch falsch gemacht.

Zur Ermittlung der Chancen und Risiken für die SWOT-Analyse kann die Bedeutung
der folgenden Bereiche für die gesamte Branche untersucht werden (vgl. vertiefend zu
diesen Entwicklungen Kreutzer, 2021c):
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 117

• Marktentwicklung (Wachstum, Stagnation, Schrumpfung; ggf. auch Wegfall der Ge-


schäftsgrundlage durch konkurrierende Geschäftsmodelle)
• Zugang zu neuen bzw. zu alten Vertriebskanälen
• Relevanz neuer Technologien für die eigene Branche (bspw. die Künstliche Intelligenz,
Konzepte des Internet of Things)
• Wahrscheinlichkeit des Eintritts neuer oder des Austritts etablierter Wettbewerber
• Wahrscheinlichkeit der Vorwärts- oder Rückwärtsintegration anderer Unternehmen
• Preisentwicklung bei zentralen Rohstoffen
• Förderungen oder Behinderungen durch gesetzliche Initiativen (bspw. durch die
DSGVO, ein Lieferkettengesetz)
• Verfügbarkeit bzw. Auslauf von Förderprogrammen
• Wahrscheinlichkeit der Marktreife von alternativen Technologien oder Produkten
• Veränderungen des Informations- und Kaufverhaltens (u.  a. bedingt durch Werte-
wandel, demografische Entwicklungen, Internet)

Hierbei sind Analysefelder angesprochen, die auch in der klassischen 5-Forces-­


Analyse von Porter (2004) diskutiert werden. Diese Branchenstrukturanalyse konzen­
triert sich auf fünf Triebkräfte des Branchenwettbewerbs. Im Rahmen der SWOT-Analyse
kann – unterstützt durch dieses Konzept – die Umweltanalyse zur Ermittlung der Chancen
und Risiken erfolgen, die ein Unternehmen in einer spezifischen Branche berück-
sichtigen muss.
Das Analysekonzept von Porter basiert auf der Vorstellung, dass die Attraktivität
einer Branche primär durch die fünf in Abb. 2.13 gezeigten Wettbewerbskräfte geprägt
wird. Diese wiederum wirken unmittelbar auf das strategische Verhalten der dort agieren-
den Unternehmen ein. Je stärker die fünf Wettbewerbskräfte ausgestaltet sind, desto
­geringer ist die Attraktivität der entsprechenden Branche. Denn dann fällt es besonders
schwer, dauerhafte Wettbewerbsvorteile zu erzielen.

Bedrohung
Bedrohung
durch
durch
neue Anbieter
neue Anbieter

Verhandlungsstärke
Rivalität
Verhandlungsstärke
der Lieferanten innerhalb der der Abnehmer
Branche

Bedrohung
durch
Ersatzprodukte

Abb. 2.13  Grundkonzept der 5-Forces-Analyse von Porter


118 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

Eine strategische Konsequenz einer geringen Branchenattraktivität kann darin be-


stehen, sich nicht in einer entsprechenden Branche zu engagieren oder das eigene Engage-
ment zu beenden. Es kann aber auch der Versuch gestartet werden, die Spielregeln der
Branchen zu verändern oder durch Innovationen ausgetretene Pfade der Marktbearbeitung
zu verlassen. Die einzelnen Triebkräfte des Branchenwettbewerbs, die diese Ent-
scheidungen beeinflussen, werden nachfolgend diskutiert.

cc Merk-Box  Die 5-Forces-Analyse bzw. die Branchenstrukturanalyse von Por-


ter ermittelt die Attraktivität einer Branche anhand von fünf Triebkräften. Um
diese Analyse für das eigene Unternehmen anzuwenden, positionieren Sie Ihr
Unternehmen im Zentrum der Analyse.

Eine erste Triebkraft des Branchenwettbewerbs wird durch die Rivalität der Unter-
nehmen selbst bestimmt, die schon heute in der Branche tätig sind. Diese ist u.  a. be-
sonders groß, wenn

• viele und große Wettbewerber im Markt tätig sind, die sich einen harten Wett-
bewerb bieten.
• nur ein niedriges oder negatives Marktwachstum zu verzeichnen ist, sodass eigenes
Wachstum primär durch Verdrängung im Wettbewerb zu erzielen ist.
• Unternehmen eine hohe Fixkostenbelastung aufweisen und deshalb auch preislich
wenig attraktive Aufträge akzeptieren, wodurch sich der Druck auf die Verkaufs-
preise erhöht.
• signifikante Kostenunterschiede zwischen den Anbietern vorherrschen, die den Preis-
wettbewerb verschärfen.
• die Produkte und Services weitgehend standardisiert und damit für die Kunden aus-
tauschbar sind; eine solche Standardisierung führt zu niedrigen Wechselkosten bzw.
Switching Costs (das sind die Kosten, die bei einem Anbieterwechsel anfallen).
• hohe Marktaustrittsbarrieren existieren; dann verbleiben auch Grenzanbieter im
Markt, weil bestehende Anlagen, Gebäude etc. nicht lukrativ verkauft werden können.

Im Kern geht es bei der Rivalität der Unternehmen auch um die Frage, welche Wett-
bewerbsposition ein Unternehmen innerhalb der eigenen Branche erzielt hat: Nimmt es
eine dominierende Marktposition ein? Liegt es eher im Mittelfeld? Oder verfügt es über
eine schwer zu verteidigende Wettbewerbsposition? Gleichzeitig sind die strategischen
Stoßrichtungen der relevanten Wettbewerber zu ermitteln: Welche Unternehmen pla-
nen einen deutlichen Ausbau ihrer Marktposition? Welche setzen auf „Halten“ oder „Ern-
ten“? Welche bereiten einen Austritt aus dem Markt vor? Werden die hier ermittelte Posi-
tion und die strategische Stoßrichtung des eigenen Unternehmens im Lichte der weiteren
Triebkräfte des Branchenwettbewerbs beleuchtet, können strategische Entscheidungen
sehr fundiert abgeleitet werden. Die hier gewonnenen Ergebnisse können in den Stärken-­
Schwächen-­Part der SWOT-Analyse integriert werden.
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 119

Von einer Bedrohung durch neue Anbieter als zweiter Triebkraft des Branchenwett-
bewerbs wird gesprochen, wenn neue Unternehmen mit vergleichbaren Angeboten in den
Markt eindringen. Die Wahrscheinlichkeit hierfür ist besonders groß, wenn

• nur niedrige Betriebsgrößenersparnisse erzielt werden können und deshalb auch


kleine Unternehmen schnell wettbewerbsfähig arbeiten können.
• geringe Erfahrungskurveneffekte zu erschließen sind, sodass bereits lang am Markt
agierende Unternehmen keinen deutlichen Kostenvorteil aufweisen.
• aufgrund niedriger Switching Costs nur eine niedrige Kundenloyalität vorherrscht
und damit die Akzeptanz von neuen Anbietern erhöht ist.
• auf dem Markt nur schwache Markenpersönlichkeiten vertreten sind, die eine Aus-
tauschbarkeit der Produkte und Dienstleistungen in den Augen der Kunden weiter er-
leichtern.
• lediglich ein geringer Kapitalbedarf besteht, um ein neues Unternehmen zu gründen
(bspw. einen Verlag im Vergleich zu einem Automobilhersteller).
• ein leichter Zugang zu den relevanten Vertriebskanälen besteht.
• ein niedriger Reglementierungsgrad (durch Gesetze etc.) vorliegt, sodass sich auch
Newcomer ohne große Vorinvestitionen auf dem Markt bewegen können.
• nur geringe Kosten zu erwarten sind, wenn man den Markt wieder verlassen muss
(niedrige Exit Costs).

Verfügen die Lieferanten der Unternehmen im Zentrum der Analyse über eine große
Anbietermacht, reduziert dies wiederum die Attraktivität der Branche. Die Anbieter-
macht als dritte Triebkraft des Branchenwettbewerbs ist groß, wenn

• einem Anbieter oder wenigen Anbietern eine heterogene Abnehmerschaft gegenüber-


steht (Angebotsmonopol oder -oligopol); hier können die Anbieter die Liefer-
bedingungen zu ihren Gunsten beeinflussen.
• nur eine niedrige Wettbewerbsintensität zwischen verschiedenen Anbietern vor-
liegt, weil sich deren Lieferprogramme deutlich unterscheiden.
• keine adäquaten Ersatzprodukten existieren.
• die Lieferanten relativ unabhängig von ihren Kunden sind, weil es eine ausreichende
Anzahl von potenziellen Käufern gibt.
• bei den Abnehmern im Falle eines Lieferantenwechsels hohe Switching Costs auf-
treten (bspw. bei der Ablösung der ERP-Software von SAP).
• die gelieferten Leistungen für die einzelnen Kunden einen hohen Individualisierungs-
grad aufweisen, sodass Letztere nur schwer die Bezugsquelle wechseln können.
• die heutigen Anbieter durch eine Vorwärtsintegration leicht zum Wettbewerber der
heutigen Abnehmer werden können.

Die Branchenattraktivität leidet auch, wenn die bestehenden Unternehmen einer Be-
drohung durch Ersatzprodukte ausgesetzt sind. Ersatzprodukte grenzen sich von neuen
120 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

Anbietern dadurch ab, dass bei Ersatzprodukten für ein bestimmtes Kundenproblem ein
anderes Lösungskonzept angeboten wird.
Mechanische Uhren wurden durch das Aufkommen von Quarz-getriebenen Uhren fast
vollständig verdrängt. Für die klassischen Buchverlage stellt bspw. das E-Book eine
große Bedrohung dar, soweit der Verlag nicht selbst E-Books anbietet. Zeitungen und
Zeitschriften werden zunehmend durch Online-Quellen substituiert, die häufig kostenlos
genutzt werden können. Die Autos mit Verbrennungsmotor werden perspektivisch
durch Elektrofahrzeuge ersetzt werden. In der Hotelindustrie gelten insb. die neuartigen
Produkte der sogenannten „Sharing Economy“ – wie Airbnb – als große Bedrohung. Sta-
tionäre Einzelhändler werden zunehmend durch Online-Shops – allen voran durch Ama-
zon – in ihrer Existenz bedroht. Der Verkauf von CDs und DVDs ist bereits weitgehend
durch das Aufkommen von Streaming-Diensten wie Amazon Prime Music/Video, Apple
TV+, Disney+, Netflix und Spotify substituiert worden.
Insgesamt ist von einem großen Bedrohungsszenario durch Ersatzprodukte als vier-
ter Triebkraft des Branchenwettbewerbs auszugehen, wenn

• Alternativangebote leicht verfügbar sind.


• Substitute gegenüber dem „Original“ große Preis-, Leistungs- und/oder Convenience-­
Vorteile aufweisen.
• vorhandene Produkte und Leistungsangebote durch neue Technologien ganz oder
teilweise entwertet werden können.
• die Zielpersonen einen Wechselwillen aufweisen und es einfach ist, einen solchen
Wechsel vorzunehmen.

Eine große Nachfragemacht bedeutet, dass die Nachfrager in der dominierenden


Marktposition sind und bspw. einen deutlichen Einfluss auf die Konditionen ausüben kön-
nen. Diese fünfte Triebkraft des Branchenwettbewerbs ist insb. dann anzutreffen, wenn

• ein Nachfrage-Monopol vorliegt (bspw. der Staat als einziger Abnehmer).


• sich die Nachfrage in einem Nachfrage-Oligopol auf wenige Abnehmer konzentriert
(bspw. im Lebensmittelhandel auf wenige große Handelsketten oder im Automobil-
sektor auf wenige große Automobilhersteller).
• eine hohe Preiselastizität der Nachfrage vorliegt; eine solche ist gegeben, wenn
bspw. Substitute leicht verfügbar sind und die Käufer deshalb auf Preiserhöhungen mit
einem deutlichen Nachfragerückgang bei dem entsprechenden Anbieter antworten.
• standardisierte Produkte vermarktet werden, bei denen der Lieferant aufgrund von
niedrigen Switching Costs leicht gewechselt werden kann.
• eine schlechte wirtschaftliche Lage vorherrscht, in der die Abnehmer unter hohem
Kostendruck stehen.
• die Abnehmer durch eine Rückwärtsintegration zu Wettbewerbern ihrer bisherigen
Lieferanten werden können.
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 121

• für Abnehmer Bezugsalternativen transparent und leicht verfügbar sind (diese Ent-
wicklung wird durch online verfügbare Informationen über alternative Angebote mas-
siv verstärkt).

Die 5-Forces-Analyse von Porter ist sehr mächtig und muss deshalb sehr präzise ein-
gesetzt werden. So ist immer genau zu definieren, welches Unternehmen im Mittelpunkt
der Analyse steht. Wird eine solche Analyse bspw. für den Volkswagen-Konzern durch-
geführt, ist zunächst die intensive Rivalität der am Markt aktiven Hersteller zu ana-
lysieren (bspw. zwischen Volkwagen und Hyundai, Toyota, Ford, Opel). Zusätzlich wird
Volkswagen durch neue Anbieter in Gestalt der chinesischen Automobilindustrie heraus-
gefordert. Die Lieferanten von Volkswagen (u.  a. Bosch, Continental, Recaro) weisen
häufig eine nur eingeschränkte Verhandlungsstärke auf, weil diese Lieferanten häufig stark
von Volkswagen abhängig sein können.
Substitute für die klassischen Antriebsformen von Volkswagen stellen jetzt schon
Elektro- und Hybridfahrzeuge dar. Hier ist besonders Tesla als zentraler Wettbewerber zu
nennen. Zukünftig werden auch selbstfahrende Autos ein Substitut darstellen. Substitute
für den klassischen Verkauf von Kraftfahrzeugen stellen Mobilitätskonzepte dar, die über
Car Sharing versuchen, den Nutzern Mobilität zu ermöglichen, wenn diese benötigt wird.
Hierzu zählen bspw. die Angebote von BlaBlaCar, Flinkster und ShareNow. Im weiteren
Bereich kann auch ein – gut ausgebauter und zuverlässiger – öffentlicher Nah- und Fern-
verkehr als Substitut angesehen werden.
Die direkten Abnehmer für Volkswagen sind zunächst die Vertragshändler und die
durch diese betreuten Kunden. Aber auch Großabnehmer, wie Polizei, die Deutsche Post
oder die Sixt Autovermietung, gehören zu diesen Kundengruppen. Die indirekten Ab-
nehmer sind Privatkunden, die ihre Fahrzeuge beim Händler erwerben. Durch Online-­
Plattformen können Kunden in Zukunft immer häufiger ihre Fahrzeuge auch direkt beim
Hersteller erwerben. Tesla setzt heute schon exklusiv auf den direkten Vertrieb.
Wird eine solche Analyse der Triebkräfte des Branchenwettbewerbs für das Unternehmen
Bosch durchgeführt, sind ganz andere Machtkonstellationen gegeben. Hier wird Volkswagen
neben Daimler und BMW zum Kunden von Bosch, während Substitute für Bosch-eigene An-
gebote bspw. Solarantriebe darstellen, solange diese nicht selbst von Bosch angeboten wer-
den. Eine Analyse für die Sixt Autovermietung wiederum macht Volkswagen zum Lieferanten,
während Substitute bspw. in privaten Car-Sharing-­Konzepten zu sehen sind. Die Kunden der
Autovermietung stellen dann Unternehmen, deren Mitarbeiter und Privatpersonen dar.

cc Merk-Box  Die große Herausforderung bei der Analyse von Chancen und Risi-
ken besteht darin, den überall hörbaren Lärm von den wichtigen Ver-
änderungen zu trennen. Nur dadurch kann es gelingen, sich auf die ent-
scheidenden Herausforderungen zu konzentrieren.
Schließlich gilt:
Wir dürfen nicht und wir müssen nicht jeder Sau hinterherlaufen, die
gerade wieder einmal durchs Dorf getrieben wird.
122 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

Hier die richtigen Schwerpunkte zu setzen, ist eine zentrale Aufgabe der
Strategiearbeit eines Unternehmens (vgl. weiterführend McKeown, 2014).

Ein Beispiel für eine Konzentration aufs Wesentliche liefert Amazon. Hier wurde
nicht vorrangig gefragt, was sich in Zukunft verändern wird. Man konzentrierte sich statt-
dessen auf die Frage: Welche Kundenerwartungen werden auch in Zukunft bestehen?
Das Ergebnis lautete:

• Kunden werden auch in Zukunft an preisgünstigen Angeboten interessiert sein.


• Kunden werden auch in Zukunft auf eine schnelle Lieferung Wert legen.
• Kunden werden auch in Zukunft eine große Auswahl schätzen.

Hier wird deutlich: Manche Erwartungen verändern sich nicht  – aber es gibt immer
wieder neue Möglichkeiten, diese noch besser zu erfüllen.
Die durch die Analyse der Triebkräfte „neue Anbieter“, „Lieferanten“, „Ersatz-
produkte“ und „Abnehmer“ gewonnenen Erkenntnisse fließen in die Analyse der Chan-
cen und Risiken ein. Entscheidend ist, dass diese Ermittlung zwar mit einem Branchen-
fokus, aber unabhängig von den Stärken und Schwächen des jeweiligen Unternehmens
selbst durchzuführen ist. Auch wenn umgangssprachlich häufig von Chancen und Risiken
eines Unternehmens gesprochen wird, muss bei der SWOT-Analyse zwingend eine Be-
trachtung unabhängig vom jeweiligen Unternehmen erfolgen. Nur dann kann die Syn-
these von interner und externer Perspektive logisch und konsistent erfolgen. Würden
bereits bei der externen Perspektive Unternehmensspezifika einfließen, verfälschte sich
das Bild bei der Synthese bzw. diese wäre nicht mehr konsistent darstellbar. Welche Fra-
gen innerhalb der Synthese zu beantworten sind, zeigt Abb. 2.14.

Interne
Perspektive Eigene Eigene
Externe Stärken Schwächen
Perspektive

Welche Chancen im Markt Von welchen Chancen im


Chancen können wir aufgrund Markt können wir aufgrund
im Markt unserer Stärken optimal unserer Schwächen nicht
nutzen? profitieren?

Von welchen Risiken im Welche Risiken im Markt


Risiken
Markt können wir aufgrund treffen uns aufgrund unserer
im Markt unserer Stärken profitieren? Schwächen besonders hart?

Abb. 2.14  SWOT-Matrix  – Synthese der externen und internen Perspektive im Rahmen der
SWOT-Analyse
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 123

Interne
Perspektive
Eigene Eigene
Externe Stärken Schwächen
Perspektive

Hohe Online-Kompetenz und Zugang Keine adäquaten Produkt


zu bzw. Besitz von eigenen im eigenen Angebot
Chancen Online-Vertriebskanälen
im Markt Hohe Nachfrage nach Trend zu Bioprodukten
Konsumgütern über Online- sowie zu vegetarischen und
Vertriebsplattformen veganen Produkten

Innovative Produktlinie Eigene Angebote fokussieren


für die Generation 50+ die mittleren und gehobenen
Risiken im Markt eingeführt Preis- und Qualitäts-
im Markt segmente
Drastische Ver- Zunehmend preis-
schiebung der Altersstruktur bewusstes Einkaufen

Abb. 2.15  Beispiel einer SWOT-Synthese aus dem Konsumgütermarkt

Das Beispiel einer solchen Synthese findet sich für den Konsumgütermarkt in
Abb. 2.15. Hier wird nochmals deutlich, dass Chancen im Markt bzw. in der Branche nicht
von allen Unternehmen genutzt werden können. Eine optimale Situation ist dagegen ge-
geben, wenn Chancen oder Risiken der Branche auf eigene Stärken treffen. Hierdurch
können Wettbewerbsvorteile erzielt werden. Besonders gefährdet sind Unternehmen,
wenn Risiken auf eigene Schwächen treffen oder Chancen im Markt aufgrund eigener
Schwächen nicht genutzt werden können. Hierdurch wird ein Unternehmen an Wett-
bewerbsstärke verlieren.
Handlungsbedarf besteht für das hier analysierte Unternehmen im Bereich der Bio-­
Produkte sowie bei vegetarischen und veganen Angeboten. Um von dieser Entwicklung zu
profitieren, sind bspw. eigene Produkte für dieses Segment zu entwickeln. Diesen Weg hat
bspw. das ursprünglich rein auf Fleischprodukte ausgerichtete Unternehmen Rügenwalder
Mühle konsequent eingeschlagen. Im Hinblick auf den Trend zum preisbewussten Ein-
kaufen könnte sich das hier analysierte Unternehmen fragen, ob bspw. eine preisgünstigere
Zweitmarke aufgebaut werden sollte.

cc Merk-Box  Durch die SWOT-Analyse können für das Unternehmen (über-


lebens-)wichtige Erkenntnisse für die strategische Ausrichtung gewon­
nen werden.
Wichtig ist der Hinweis, dass die Erkenntnisse, die durch eine SWOT-­Analyse
ermittelt wurden, durch die nachfolgend beschriebenen Portfolio-Analysen
visualisiert werden können. Dies ist insb. bei den Ausprägungen der Portfolio-
Analyse der Fall, die eine Vielzahl von Kriterien zur Beschreibung der
Unternehmens- bzw. der Marktposition einbeziehen (vgl. Abb. 2.18).
124 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

2.2.3.2 Portfolio-Analyse
Der Grundstruktur der klassischen Portfolio-Analyse der Boston Consulting Group (so-
genanntes BCG-Portfolio, auch Marktanteils-Marktwachstums-Portfolio) liegen zwei
Treiber der Positionierung zugrunde (vgl. Abb.  2.16). Dies ist zum einen das Markt-
wachstum. Das Marktwachstum zeigt die generelle Akzeptanz eines Angebotes durch die
Kunden. Wann von einem hohen oder geringen Marktwachstum gesprochen werden kann,
ist abhängig von den analysierten Branchen. Die spezifische Marktposition eines Unter-
nehmens wird durch den relativen Marktanteil ausgedrückt. Dieser dient als Indikator für
das Ausmaß der Erzielung von Erfahrungskurveneffekten (vgl. Abschn. 2.2.2).
Um den relativen Marktanteil zu ermitteln, ist der eigene Marktanteil durch den des
größten Wettbewerbers zu dividieren.

cc Merk-Box  Der relative Marktanteil hat keine Einheitsbezeichnung (weder %


noch €)!

In diesem Portfolio können einzelne Produkte oder strategische Geschäftseinheiten


(SGEs) eines Unternehmens positioniert werden. Es können in Konzernen auch selbst-
ständige Unternehmen oder bei einer internationalen Tätigkeit auch Länder ver-
ortet werden.
Den durch die Achsen „relativer Marktanteil“ und „Marktwachstum“ – jeweils mit den
Ausprägungen „niedrig“ und „hoch“ – gebildeten vier Quadranten wurden Namen für die
dort positionierten Objekte zugewiesen (vgl. Abb.  2.16). Gleichzeitig wurden für die
einzelnen Felder Normstrategien definiert (u. a. Desinvestitionsstrategie, Abschöpfungs-

Markt-
wachstum
Fragezeichen Stars
(Nachwuchsprodukte) (Starprodukte)

?
Hoch

Offensiv- oder Investitionsstrategie


Rückzugsstrategie?

Arme Hunde Cashcows


(Problemprodukte) (Erfolgsprodukte)

Niedrig
Desinvestitions- Abschöpfungs-
strategie strategie Relativer
Marktanteil
Niedrig 1,0 Hoch

Abb. 2.16  Grundkonzept der Portfolio-Analyse


2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 125

strategie). Diese Normstrategien sollen bei einer entsprechenden Positionierung der SGEs
Anwendung finden bzw. eine Idee für deren strategische Ausrichtung vermitteln. Aller-
dings sind diese Normstrategien nicht unkritisch zu übernehmen. Vor ihrem Einsatz ist
systematisch zu prüfen, welche Beiträge eine im entsprechenden Feld positionierte Ein-
heit erbringt.
Die in Abb. 2.16 als Stars identifizierten SGEs erfordern vom Unternehmen weiterhin
hohe Investitionen. Nur so kann die erreichte Marktposition in einem wachsenden Markt
gehalten oder sogar ausgebaut werden. Solche Investments können im Produktionsbereich,
aber bspw. auch bei der Produktpalette sowie in Vertrieb und Kommunikation notwendig
werden. In Summe kann das zu einem negativen Cashflow führen. Bei den Cashcows liegt
nur noch ein geringes Marktwachstum vor. Deshalb besteht hier tendenziell ein geringer
Investitionsbedarf. Gegebenenfalls können hier bereits die Produktionskapazitäten sowie
Investitionen in F&E, Vertrieb und Kommunikation zurückgefahren werden. Folglich kön-
nen solche SGEs einen positiven Cashflow erzeugen.
Bei den Armen Hunden (Poor Dogs) sind vertiefende Analysen notwendig, um kon-
krete Anhaltspunkte für die strategische Ausrichtung dieser SGEs zu erzielen. Unter
­Umständen sind die hier positionierten Aktivitäten zwar nicht profitabel, aber dennoch für
das Gesamtunternehmen unverzichtbar. Ist dies nicht der Fall, können entsprechende
SGEs geschlossen, verkauft oder in Joint Ventures mit anderen Unternehmen eingebracht
werden. Möglicherweise können auch verstärkte F&E-Investitionen den hier zu findenden
SGEs eine neue Dynamik geben. Die als Fragezeichen (Question Marks) gekenn-
zeichneten SGEs haben aufgrund des starken Marktwachstums einen hohen Investitions-
bedarf. Nur so lässt sich die noch schwache Marktposition in einem wachsenden Markt
ausbauen. Die Namensgebung „Fragezeichen“ bringt zum Ausdruck, dass noch nicht ab-
sehbar ist, ob es sich bei den hier positionierten SGEs um zukünftige Stars oder um zu-
künftige Poor Dogs handelt. Dies gilt es, durch vertiefende Analysen festzustellen.
Durch den Einsatz der Portfolio-Analyse kann insb. festgestellt werden, ob ein Unter-
nehmen einen ausgewogenen Mix an Produkten, SGEs oder Länderengagements auf-
weist. Hierzu gehört die Frage, ob insb. ausreichend viele „Nachwuchsprodukte“ oder
„Nachwuchsmärkte“ in der Pipeline sind, um ein erfolgreiches Agieren am Markt auch in
Zukunft sicherzustellen.
Das Erreichen einer solchen Ausgewogenheit der Unternehmensaktivitäten stellt die
zentrale Leitidee der Portfolio-Analyse dar. Diese wurde aus der Finanzwirtschaft ab-
geleitet (grundlegend Markowitz, 1952). Bei der Geldanlage gilt es, ein hinsichtlich ver-
schiedener Kriterien ausgewogenes Wertpapier-Portfolio (Portefeuille) zu erstellen. Die
herangezogenen Kriterien sind insb. Ertrag und Risiko. Wie bereits verdeutlicht, wurde
dieser Ansatz von der Finanz- auf die Realwirtschaft übertragen. Durch die Analyse des
eigenen Leistungs-Portfolios soll erkannt werden, ob bereits ein hinsichtlich der zu-
künftigen Chancen und Risiken ausgewogenes Angebotsprogramm vorliegt oder ob ent-
sprechend gegengesteuert werden muss.
In Abb. 2.17 sind zwei verschiedene Konstellationen von Portfolios dargestellt, um
diese Handlungsrelevanz aufzuzeigen. Im linken Portfolio beim Unternehmen A ist eine
126 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

Unternehmen A Unternehmen B
Markt- Markt-
wachstum wachstum
Fragezeichen Stars Fragezeichen Stars

Hoch Hoch

Arme Hunde Cashcows Arme Hunde Cashcows

Niedrig Niedrig

Niedrig 1,0 Hoch Niedrig 1,0 Hoch


Relativer Marktanteil Relativer Marktanteil

Abb. 2.17  Unterschiedliche Produkt-Portfolios als Trigger der Unternehmensentwicklung

relativ ausgewogene Gesamtstruktur gegeben. Dagegen wird im rechten Portfolio beim


Unternehmen B deutlich, dass die Zukunftsvorsorge i.  S.  der frühzeitigen Platzierung
neuer Produkte am Markt ungenügend ist. Beim Unternehmen B fehlen zum einen Nach-
wuchsprodukte im Feld der „Fragezeichen“. Zum anderen besitzt das Unternehmen B nur
wenige Star-Produkte. Diese haben außerdem nur eine geringe Umsatzgröße erreicht (er-
kennbar an der Größe der Kreise).
Folglich hat das Unternehmen B zeitnah entsprechende Innovationsprozesse zu begin-
nen, um das diagnostizierte Defizit zu überwinden. Die durch die Cashcows produzierten
Gewinne des Unternehmens B sind deshalb auch in entsprechende zukunftsorientierte
Innovationsprojekte zu investieren. Gleichzeitig wird deutlich, dass Unternehmen B heute
noch hohe Umsätze mit Produkten erzielt, denen langfristig keine große Bedeutung mehr
beigemessen werden kann (Produkte im Feld „Arme Hunde“).
Beim Einsatz der BCG-Portfolio-Analyse sind allerdings auch deren Grenzen zu be-
rücksichtigen. Zum einen muss konstatiert werden, dass die zugrunde liegende Zwei-
dimensionalität der Betrachtung zu kurz greift. Ein Branchen- und Marktgefüge nur über
die Kriterien relativer Marktanteil und Marktwachstum abzubilden, wird der relevanten
Komplexität nicht gerecht. So fließen Wettbewerbsaspekte bspw. nur indirekt bei der Er-
mittlung des relativen Marktanteils ein. Zum anderen erfolgt eine Überbetonung von
Wachstum und Erfahrungskurveneffekten, die der Auswahl der Kriterien „Markt-
wachstum“ und „relativer Marktanteil“ zugrunde lagen. Außerdem weisen die präsentier-
ten Normstrategien keine zwingende Allgemeingültigkeit auf, sodass sie einer Relativie-
rung vor dem Hintergrund der spezifischen Unternehmens- und Marktsituation bedürfen.
Gleichwohl liegt der Verdienst der Portfolio-Analyse darin, in einer hoch verdichteten
Form einen Überblick über die Unternehmensaktivitäten zu geben, um auf diese Weise die
strategische Planung eines Unternehmens zu unterstützen. Außerdem wurde dieser grund-
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 127

Markt-
attraktivität

Investition
Hoch Marktführerschaft
oder Investition halten
Rückzug

Mittel Abschöpfung
und stufenweise Übergang Wachstum
Desinvestition

Niedrig Abschöpfung
Desinvestition und stufenweise Abschöpfung
Desinvestition
Relative
Niedrig Mittel Hoch Wettbewerbsvorteile

Abb. 2.18 Marktattraktivitäts-Wettbewerbsvorteils-Portfolio

legende Portfolio-Ansatz durch eine Vielzahl von Konzepten weiterentwickelt. Besonders


hervorzuheben ist hier das Marktattraktivitäts-Wettbewerbsvorteils-Portfolio von
McKinsey (vgl. Abb.  2.18). Dieses überwindet die kritisierte Zweidimensionalität des
BCG-Portfolios und lässt sich durch die Auswahl der Markt- und Wettbewerbsposition
beschreibenden Merkmale individuell auf die jeweilige Unternehmenssituation zu-
schneiden.
Zur Ermittlung der relativen Wettbewerbsvorteile werden u. a. die folgenden Krite-
rien herangezogen:

• Relative Marktposition (u. a. Marktanteil, Wachstumsrate, Rentabilität und Größe des


Unternehmens)
• Relatives Produktionspotenzial (u. a. Kostenvorteile, Know-how, Lizenzen, Standort-
faktoren, Innovationsgrad der eingesetzten Technologien)
• Relatives F&E-Potenzial (u.  a. Budget, Mitarbeiter im Forschungsbereich, Inno­
vationsfähigkeit der Organisation, Anzahl der eigenen Patente)
• Relative Qualifikation von Führungskräften und Mitarbeitern

Das Adjektiv „relativ“ bringt hier zum Ausdruck, dass diese Kriterien immer im Ver-
gleich zu den relevanten Wettbewerbern zu bewerten sind.
Um die Marktattraktivität zu ermitteln, können wiederum mehrere Kriterien ver-
wendet werden. Dazu zählen u. a.:

• Marktwachstum und Marktgröße


• Marktqualität (u.  a. Rentabilität der Anbieter in dieser Branche, Phase im Markt-
lebenszyklus, Wettbewerbsintensität, Anzahl und Struktur der Abnehmer, Marktein-
trittsbarrieren, Bedrohung durch Substitutionsprodukte)
128 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

• Energie- und Rohstoffversorgung (u. a. Verhandlungsstärke der Lieferanten, Sicher-


heit der Ressourcenversorgung)
• Umfeldsituation (u. a. Abhängigkeit von Konjunktur, Gesetzgebung, öffentlicher Mei-
nung, Arbeitnehmervertretern, Förderung bzw. Bedrohung durch neue Technologien)

Aufgrund der Vielzahl der zu berücksichtigenden Kriterien wird eine solche Portfolio-­
Analyse häufig durch strategische Beratungsgesellschaften erstellt. Diese verfügen meist
über umfassende einschlägige Datenbanken. Eine Verknüpfung der Informationen zu
einem Wert, der eine Positionierung innerhalb der Darstellung erlaubt, erfolgt durch
Scoring-­Modelle (vgl. vertiefend Abschn. 5.1). Durch die Vielzahl der eingesetzten Kri-
terien wird die zuvor kritisierte Zweidimensionalität der Betrachtung überwunden. Gleich-
zeitig kann die Auswahl der Kriterien unternehmensspezifisch erfolgen. Hierdurch kann
die jeweilige Unternehmenssituation angemessen berücksichtigt werden. Wesentliche Zu-
satzerkenntnisse durch die differenzierteren Normstrategien werden dagegen nicht
gewonnen.
Eine spezifische Ausgestaltung der Portfolio-Analyse erfolgt in Gestalt des Technologie-­
Portfolios. Dieses wird durch die Achsen Technologieattraktivität und Ressourcenstärke
gebildet (vgl. Pepels, 2016, S. 125–157; Bruhn & Hadwich, 2017, S. 153 f.). Das Ausmaß
der Technologieattraktivität wird bestimmt durch die wirtschaftlichen und technischen
Vorteile, die mit der Weiterentwicklung einer bestimmten Technologie im Markt ver-
bunden werden. Zur Bewertung der Attraktivität der Technologie selbst werden insb. die
folgenden Kriterien herangezogen:

• Entwicklungspotenzial der Technologie


• Art und Umfang der Einsatzfelder der Technologie
• Entwicklung des Technologie-Einsatzes (Diffusionsverlauf der Technologie), ab-
hängig von der Akzeptanz der Technologie (bspw. Gen-, Nano-Technologie, Künst-
liche Intelligenz)
• Zeit- und Budgetbedarf bis zur Marktreife der Technologie (Time-to-Market; vgl.
Abschn. 5.1.2.2)
• Zeit- und Budgetbedarf, bis die Technologie für die Nutzer ersten Wert stiften kann
(Time-to-Value; vgl. Abschn. 5.1.2.2)

Die technologische Ressourcenstärke beschreibt, wie gut ein Unternehmen eine


Technologie nutzen kann. Auch hier wird die (wirtschaftliche) Beherrschung der Techno-
logie in Relation zum stärksten Wettbewerber bewertet. Sie wird anhand der folgenden
Kriterien erfasst:

• Finanzstärke des Unternehmens insgesamt


• Höhe des F&E-Budgets im Unternehmen (absolut und in Prozent vom Umsatz oder
vom Gewinn)
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 129

• Kontinuität der Mittelbereitstellung für F&E im Unternehmen (Entwicklung der


entsprechenden Kennzahlen in der Vergangenheit und Prognose für die Zukunft)
• Stand und Entwicklung des Innovationspotenzials des Unternehmens (u. a. Anzahl
der entsprechenden Mitarbeiter insgesamt und in Prozent der Gesamtbelegschaft)
• Ergebnisse des bisherigen Innovationsengagements (Anzahl der angemeldeten Pa-
tente pro Jahr, Anteil von neuen Technologien am Jahresumsatz  – absolut und in
Prozent)
• Effizienz des Innovationsengagements (Anzahl von neu angemeldeten Patenten pro
Jahr und F&E-Mitarbeiter bzw. in Relation zum eingesetzten F&E-Budget)
• Rechtliche Kompetenz im Innovationsmanagement
• Aufgeschlossenheit der eigenen Mitarbeiter für Innovationen

Die Zusammenführung der Bewertungen anhand der vorgenannten Kriterien erfolgt


auch hier über ein Scoring-Modell. Die als relevant erachteten Produkt- und Prozess-­
Technologien können in einem Technologie-Portfolio dargestellt werden (vgl. Abb. 2.19).
Wichtig ist die Erkenntnis, dass die technologische Ressourcenstärke eines Unternehmens
nicht für alle Technologien gleich ausgeprägt ist. Ein Unternehmen ist bspw. ein Vorreiter
in der Künstlichen Intelligenz, während es beim Industrial Internet of Things deutlich
hinterherhinkt (vgl. hierzu Kreutzer & Sirrenberg, 2019; Kreutzer, 2021b). Auch die Posi-
tionierungen im Technologie-Portfolio weisen wiederum die relative Position zu den re-
levanten Wettbewerbern auf.
Anhand der Positionen in Abb. 2.19 kann ein Unternehmen leicht erkennen, dass die
Technologien 1 und 5 für das Unternehmen die größte Bedeutung besitzen und – bei einer
umfassenden Vereinbarkeit mit den Unternehmenszielen  – für die weitere Bearbeitung
auszuwählen sind. Bei den Technologien 4 und 6 stellt sich dagegen die Frage, ob das
Unternehmen hier eine Desinvestition vornehmen sollte. Die Technologien 2 und 3 müs-

Technologie-
attraktivität

Technologie 2
Technologie 5
Hoch

Technologie 1

Technologie 3

Technologie 4
Niedrig
Technologie 6
Relative
Ressourcenstärke
Niedrig Hoch

Abb. 2.19 Technologie-Portfolio
130 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

sen weiter analysiert werden, um zu erkennen, ob in diese Technologien weiter zu in-


vestieren ist oder nicht.

cc Merk-Box  Der Künstlichen Intelligenz kommt in vielen Unternehmen in Zu-


kunft eine große Bedeutung zu. Deshalb ist jedes Unternehmen aufgerufen, die
Einsatzfelder der Künstlichen Intelligenz hinsichtlich ihrer Relevanz für die eige-
nen Aktivitäten zu durchleuchten.

2.2.3.3 Benchmarking
Beim Benchmarking handelt es sich um einen einmalig oder kontinuierlich vor-
genommenen Vergleich von eigenen Produkten, Dienstleistungen oder Prozessen mit
denen eines oder mehrerer anderer Unternehmen oder ein anderer Teile des eigenen Unter-
nehmens. Hier gilt es, die eigene Leistungslücke zum Best-in-Class-Unternehmen
(auch Best-of-­Breed genannt) zu identifizieren. Unter Best-in-Class-Unternehmen sind
solche zu verstehen, die eine deutlich überlegene Leistung erbringen und deshalb als Vor-
bild dienen können. Im Anschluss an einen detaillierten Vergleich gilt es, Ideen zur
Schließung der identifizierten Leistungslücken zu erarbeiten. Der Begriff „Bench-
mark“ steht hier für „Maßstab“ bzw. als „Vergleichsgröße“.

cc Merk-Box  Das Ziel des Benchmarkings ist die Ermittlung von Optimierungs-
potenzial in den Bereichen Produkte, Dienstleistungen und Prozesse – orien-
tiert an bereits eingesetzten und damit bewährten Konzepten anderer
Unternehmen.

Die Fragestellungen des Benchmarkings können wie folgt umrissen werden:

• Was kann mein Unternehmen von anderen lernen?


• Was leisten andere Unternehmen, was mein eigenes Unternehmen bisher nicht erreicht
hat, aber erreichen sollte?
• Welche der aufgezeigten Bereiche können dazu beitragen, zusätzliche Kundenvorteile
zur weiteren Leistungsdifferenzierung im Wettbewerb aufzubauen?
• In welchen Feldern kann durch die Orientierung am Vorgehen anderer Unternehmen
ein Kostenvorteil erarbeitet werden?

In Abhängigkeit des gewählten Fokus können verschiedene Benchmarking-Varianten


unterschieden werden.

• Produkt-/Dienstleistungs-Benchmarking
Bei dieser Form werden eigene Produkte und/oder Dienstleistungen mit denen der bes-
ten Wettbewerber verglichen.
• Prozess-Benchmarking
Hier liegt der Fokus darauf, Optimierungspotenziale für eigene Prozesse zu erschließen.
Das können Forschungs- und Entwicklungsprozesse, aber auch die Abläufe im Ein-
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 131

kauf, bei der Rekrutierung von Mitarbeitern, in der Produktion oder der Logistik sein.
• Internes Benchmarking
Beim internen Benchmarking werden Leistungsvergleiche mit anderen Bereichen des
eigenen Unternehmens (Konzernteilen, Abteilungen, Profit Centern, SGEs) durch-
geführt. Die Zielsetzung ist hier, von den „intern Besten“ zu lernen.
• Externes Benchmarking
Beim externen Benchmarking erfolgt ein Vergleich über die Grenzen des eigenen
Unternehmens hinaus. Externe Benchmarks können zwischen Unternehmen auch auf
Gegenseitigkeit beruhen. Dabei stellen sich die beteiligten Unternehmen untereinander
Informationen zur Verfügung, um die Benchmark-Analysen durchzuführen. In der
Regel finden externe Benchmarks aber in der Form statt, dass das als Benchmark defi-
nierte Unternehmen nicht über seine Funktion als „Vergleichsmaßstab“ informiert ist.
Dann finden bspw. Expertengespräche durch „neutrale Dritte“ (etwa Mitarbeiter von
Beratungsgesellschaften) statt, ohne dass der dahinterstehende Benchmark-Prozess
deutlich wird.
• Branchenbezogenes Benchmarking
Werden die zum Vergleich herangezogenen Unternehmen aus der eigenen Branche ge-
wählt, liegt ein branchenbezogenes Benchmarking vor. Bei einem solchen Ansatz be-
steht das große Risiko, dass man ein Vorgehen – mehr oder weniger intelligent – ko-
piert, das Wettbewerber heute erfolgreich macht. Wenn das eigene Unternehmen den
gleichen Stand erreicht hat, ist dieses Verhaltensmuster im schlimmsten Fall schon
wieder überholt. Wenn es ganz schlecht läuft, vergleich man Schlendrian mit Schlen­
drian, weil kein Unternehmen der eigenen Branche wirklich überzeugende Leistungen
erbringt.
• Branchenübergreifendes Benchmarking
Werden als Vergleichsmaßstab dagegen Unternehmen aus anderen Branchen gewählt,
können spannende Kreativimpulse erzielt werden. Man springt sozusagen „aus der
Rille“ einer eingespielten Schallplatte und denkt Produkte, Dienstleistungen und Pro-
zesse ganz neu. Das ist ein schönes Beispiel für einen Outside-in-Innovationsprozess,
der etablierte Denkmuster überwindet (vgl. Abschn.  5.1.2.2; vgl. vertiefend Kreut-
zer, 2021c).

Das bei den unterschiedlichen Versionen zugrunde liegende Stufenkonzept eines


Benchmarking-Ansatzes zeigt Abb. 2.20.
In der 1. Stufe ist zunächst der Fokus des Benchmarkings festzulegen. Dieser kann –
wie aufgezeigt – Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse umfassen. Für die weitere Vor-
gehensweise ist es hilfreich, wenn die Analyseobjekte im Hinblick auf ihre jeweiligen
Schlüsselkomponenten (bspw. Marketing, Vertrieb, Logistik, Produkte, HR, Einkauf,
F&E) heruntergebrochen werden. Hierdurch wird die Auswahl der Benchmarks (i. S. der
heranzuziehenden Vergleichsobjekte) erleichtert. Damit wird deutlich, dass beim Bench-
marking kein Betriebsvergleich, sondern ein Vergleich spezifischer Leistungselemente im
Mittelpunkt steht.
132 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

Festlegung des Benchmark-Fokus (inkl. Ermittlung der jeweiligen Schlüsselkomponenten):


Produkte
Stufe 1
Dienstleistungen
Prozesse

Definition des Wettbewerbsbereiches (entweder aus Kunden- oder Unternehmenssicht)


Bestimmung der Unternehmensbereiche oder der Unternehmen, mit denen ein Vergleich erfolgen soll
Stufe 2 (d. h. welcher Unternehmensbereich oder welches Unternehmen wird als „Best-in-Class“ angesehen?)
Auswahl des sogenannten Benchmarks aus dem eigenen Unternehmen, der eigenen Branche und/oder
dem eigenen Land oder aus anderen Branchen und/oder anderen Ländern

Gewinnung der notwendigen Daten durch Sekundär- und/oder Primärforschung


Stufe 3 U. U. Einschaltung von Beratungsunternehmen zur Durchführung der Informationsgewinnung und der
Analyse sowie zur Ableitung von Empfehlungen

Ermittlung der vorhandenen Leistungsunterschiede (Leistungslücken, mögliche „Überleistungen“)


Erfassung der Ursachen für Leistungslücken und Überleistungen
Stufe 4 Bewertung der ermittelten Leistungsunterschiede bzgl. ihrer Implikationen für
Kostensituation des eigenen Unternehmens
Zusätzliche Nutzenkomponenten für die eigenen Kunden

Analyse, in welcher Form das gewonnene Wissen genutzt werden kann, um die eigene Leistungspalette
Stufe 5 oder die zugrunde liegenden Prozesse weiterzuentwickeln
Erarbeitung eines Masterplans zur Umsetzung

Abb. 2.20  Stufenkonzept eines Benchmarking-Ansatzes

In Abhängigkeit von dieser Festlegung erfolgt in der 2. Stufe die Definition des rele-
vanten Wettbewerbsbereichs. Dieser kann innerhalb eines Unternehmens liegen, wenn
bspw. im Zuge eines internen Benchmarkings unterschiedliche Unternehmensbereiche
oder Tochtergesellschaften miteinander verglichen werden sollen. Für ein externes Bench-
marking kann zur Definition der relevanten Wettbewerber bei einem ­Produkt-/Dienst-
leistungs-Benchmarking ein kundenorientiertes oder ein anbieterorientiertes Vorgehen
gewählt werden (vgl. Abschn. 2.2.1.1).
Häufig ist es auf der Suche nach Angebots- oder Prozessinnovationen sinnvoll, nicht
nur die eigene Branche, sondern auch das eigene Land bei der Suche nach dem oder den
„Best-of-Class“-Unternehmen zu verlassen. Wenn die Benchmark-Partner aus diesem
weiteren Feld gewonnen werden, entfällt auch das schon angesprochene Risiko, durch
Benchmarking maximal so gut werden zu können wie der beste Wettbewerber. Bei der
Auswahl der Benchmark-Partner kann es folglich zielführend sein, für die in Stufe 1
definierten Komponenten jeweils verschiedene Unternehmen als Vorbilder heranzuziehen.
Führt bspw. Galeria Karstadt Kaufhof ein entsprechendes Benchmarking zur Ermittlung
von Angebots- und Serviceinnovationen durch, so können für jeden Untersuchungsbereich
unterschiedliche Benchmarks definiert werden. Hinsichtlich der Beschaffungsprozesse im
Bekleidungssegment kann dies Zara. Beim individualisierten Kundenservice kann Ama-
zon als Benchmark dienen. Bei individualisierten Produkten und Angeboten können krea-
tive Anleihen bei mymuesli.com oder Outfittery gewonnen werden. Bei der Warenlogistik
kann DHL als Benchmark fungieren.
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 133

In der 3. Stufe des Benchmarkings erfolgt die umfassende Informationsbeschaffung.


Es gilt, eine möglichst weitgehende Transparenz über die in den als Benchmarks definier-
ten Unternehmen anzutreffenden Konzepte und Produkte/Dienstleistungen als Teile der
Wertschöpfungskette zu ermitteln. Zusätzlich sind die zugrunde liegenden Erfolgsfaktoren
zu erfassen. Aufgrund dieser häufig sehr zeitaufwändigen Phase wird deutlich, warum
Benchmarks die Domäne von Beratungsgesellschaften darstellen. Häufig können nur
diese einen umfassenden Zugang zu den erforderlichen Informationen sicherstellen und
die aufwändigen Vergleichsprozesse leisten.
In der 4. Stufe steht die Ermittlung der vorhandenen Leistungsunterschiede. Dies
können zum einen Leistungslücken sein, bei denen eine Unterlegenheit der eigenen
Konzepte und Vorgehensweisen gegenüber denen der Benchmarks festgestellt wird.
Leistungslücken können zum anderen darin bestehen, dass bspw. Prozesse oder Kompo-
nenten von Produkten oder Dienstleistungen nicht effizient genug erbracht werden. Es
können aber auch „Überleistungen“ sein, indem bspw. festgestellt wird, dass Leistungen
des Unternehmens keinen entsprechenden Kundenutzen stiften. In Summe geht es hier
folglich um die Bewertung der ermittelten Leistungsunterschiede bzgl. ihrer Implikatio-
nen für die Kostensituation des Unternehmens und für den erzielten bzw. erzielbaren
Kundennutzen.
In der abschließenden 5. Stufe gilt es, aus der Kontrastierung der Best-Practice-­
Ansätze mit den eigenen Konzepten Optimierungsbereiche zu identifizieren und ent-
sprechende Maßnahmen zu ihrer Umsetzung zu definieren. Bei einem branchenüber-
greifenden Benchmarking wird es dann sogar möglich, einen überlegenen Wettbewerber
nicht nur einzuholen, sondern durch die Verknüpfung der Überlegenheitskonzepte ver-
schiedener Unternehmen i. S. eines Outpacing-Ansatzes sogar zu überholen (vgl. Kap. 3).
Outpacing ist vom englischen Begriff „to outpace“ für „überholen, überbieten, abhängen“
abgeleitet. Als Ergebnis eines solchen Vergleichsprozesses erhält ein Unternehmen Infor-
mationen darüber, durch welche Prozesse und/oder spezifische Ausgestaltungen der Pro-
dukte oder der Dienstleistungen andere Unternehmen, aber auch Wettbewerber eine
Kostenführerschaft oder eine überzeugende Differenzierung im Konkurrenzumfeld er-
reicht haben. Diese Erkenntnisse können zur Einleitung einer Überholstrategie (Outpa-
cing) für das eigene Unternehmen nutzbar gemacht werden. Hierdurch kann bspw. eine
bereits erreichte Qualitätsstrategie ausgebaut und mit einer Kostenführerschaft ver-
knüpft werden.
Um dies zu erreichen, sind die identifizierten Leistungslücken zu füllen und mög-
liche Überleistungen abzustellen. Hierfür empfiehlt sich die Aufstellung eines ent-
sprechenden Masterplans. Ziel des Benchmarkings ist es, einen organisatorischen Ver-
änderungsprozess im Unternehmen anzustoßen. Benchmarking kann in besonderer
Weise Glaubwürdigkeit für die Setzung von hohen Standards schaffen, weil als Mess-
latte die von anderen Unternehmen oder Unternehmensteilen bereits erreichten Leistun-
gen herangezogen werden. Damit kann dem Management sowie den eigenen Mit-
arbeitern gegenüber herausgestellt werden, dass nichts „Unmögliches“ verlangt bzw.
angestrebt wird.
134 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

cc Merk-Box  Benchmarking leistet sehr präzise Anhaltspunkte für die strategi-


sche Weiterentwicklung eines Unternehmens. Der Fokus kann hierbei auf den
Leistungsprozessen und/oder auf der Ausgestaltung von Produkten oder
Dienstleistungen liegen.

2.2.3.4 Wertkettenanalyse
Die Wertkettenanalyse basiert auf dem von Porter (2004, S. 59–163) entwickelten Kon-
zept der Wertkette (auch Value Chain). Teilweise wird auch von Wertschöpfungskette
und korrespondierend von einer Wertschöpfungskettenanalyse gesprochen. Die Wert-
kettenanalyse verfolgt zusammengefasst diese beiden Ziele:

• Ermittlung der Ursachen von Wettbewerbsvorteilen  – sowohl beim eigenen wie


auch bei anderen Unternehmen
• Erkennen von Potenzialen zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen für das eigene
Unternehmen (Fokus: Quellen von zusätzlichem Kundennutzen und/oder Ansatz-
punkte zur Verbesserung der eigenen Kostensituation)

Bei der Wertkettenanalyse geht es im Kern darum, Ansatzpunkte zur Erzielung von
Wettbewerbsvorteilen für das eigene Unternehmen zu ermitteln. Hierdurch soll der Pro-
zess der strategischen Planung informatorisch untermauert werden. Aufgrund dieser Ziel-
setzung wird eine partielle Überschneidung zum Benchmarking sichtbar. Im Gegensatz
zum Benchmarking wird bei der Wertkettenanalyse allerdings der gesamte Leistungser-
stellungsprozess analysiert und mit dem Prozess anderer Unternehmen verglichen. Dies ist
beim Benchmarking häufig nicht der Fall.
Die Wertkettenanalyse ist auf die zentralen Unternehmenstätigkeiten zu fokussieren,
um eine Handhabbarkeit des Analyseprozesses zu gewährleisten. Zu diesen zentralen
Tätigkeiten zählen solche mit einem hohen kundenspezifischen Differenzierungspotenzial
und/oder mit einem beträchtlichen Kostenanteil. Diese Aktivitäten können den unter-
schiedlichsten Unternehmensbereichen entstammen. Jede dieser Aktivitäten ist einem der
folgenden Typen zuzuordnen:

• Kernprozesse (auch direkte Aktivitäten genannt)


Die den Kernprozessen zuzuordnenden Aktivitäten sind unmittelbar an der Wert-
schöpfung für den Kunden beteiligt.
• Flankierende Prozesse (auch indirekte Aktivitäten genannt)
Hierzu zählen Aktivitäten, die zur Leistungserstellung insgesamt notwendig sind,
denen im jeweiligen Unternehmen aber keine herausgehobene Bedeutung beizumessen
ist. Ein klassisches Beispiel hierfür stellt die Unternehmensinfrastruktur dar, zu der
bspw. das Personalwesen, das Controlling oder der F&E-Bereich gehören.
• Qualitätssicherung
In diese Kategorie fallen die Aktivitäten, die zur Sicherstellung einer hohen Qualität in
den unterschiedlichsten Unternehmensbereichen beitragen. Hierzu zählen bspw. Quali-
tätstests sowie die laufende Überwachung der Produktion.
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 135

Flankierende Prozesse

Unternehmensinfrastruktur G
e
Personalwesen – Marktforschung – w
i
Controlling – Forschung & Entwicklung – IT n
n
s
p
a
Beschaffung Produktion Vertrieb Ausgangs- Service
logistik n
n
e

Kernprozesse

Abb. 2.21  Grundkonzept einer Wertkette

Bei der Einordnung der Aktivitäten zu einer dieser Kategorien sind die spezifische
Unternehmenssituation sowie die jeweils analysierte Branche zu berücksichtigen. Deshalb
stellt die in Abb. 2.21 auf Porter (2004, S. 120) zurückgehende Zuordnung nur eine bei-
spielhafte Umsetzung dar.
Bei Consulting-Unternehmen stellt das Personalwesen einen Kernprozess dar.
Schließlich stehen und fallen die Reputation und der Erfolg in der Beratung mit der Quali-
fikation der eigenen Mitarbeiter. In Marktforschungsunternehmen gehört die Markt-
forschung – ausdifferenziert in verschiedenen Angeboten – zu den wertschöpfenden Kern-
prozessen. In forschenden Pharma-Unternehmen gehört der F&E-Bereich zwingend zu
den Kernprozessen, während dies bei einem Generika-Hersteller nicht der Fall ist. Bei
einem IT-Dienstleister zählt die IT-Infrastruktur zu den Kernprozessen.

cc Merk-Box  Grundlage für die Zuordnung zu den flankierenden Prozessen


bzw. zu den Kernprozessen ist die Wertschöpfungskette des jeweiligen
Unternehmens.

Die so definierte Wertkette basiert auf dem Kerngedanken von Porter, (2004, S. 63),
dass sich jedes Unternehmen als eine Ansammlung von Tätigkeiten beschreiben lässt,
durch die Produkte oder Dienstleistungen entwickelt, produziert, kommuniziert, ver-
trieben, ausgeliefert und unterstützt werden können. Die Art und Weise der unter-
nehmensspezifischen Ausgestaltung der Wertkette wirkt sich unmittelbar auf die er-
reichbare Gewinnspanne des Unternehmens aus. Jede Veränderung in der Ausgestaltung
der flankierenden Prozesse bzw. der Kernprozesse kann folglich auch die erreichbare
Gewinnspanne beeinflussen. Die Gewinnspanne ergibt sich aus der Differenz zwischen
dem erzielten Umsatz und den zur Werteschaffung eingesetzten Kosten. Je effizienter
bzw. effektiver der Mitteleinsatz erfolgt, desto größer ist die für das Unternehmen er-
zielte Wertschöpfung i.  S.  des erreichten Gewinns. Jede Art von Aktivität kann eine
Quelle von Wettbewerbsvorteilen sein. Allerdings ist der Hebel bei den Kernprozessen
besonders groß.
136 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

Wichtig ist die Tatsache, dass die Wertkette eines Unternehmens nicht isoliert steht.
Häufig ist die eigene Wertkette in vielfältiger Weise mit den vor- und nachgelagerten Wert-
ketten von Lieferanten und Abnehmern verknüpft. Zusammen bilden sie ein System von
Wertketten (auch Wertschöpfungsnetz), welches von Branche zu Branche unterschied-
lich ausgestaltet ist (vgl. Porter, 2004, S. 59–61). Die Kenntnis der vor- und nachgelagerten
Wertketten liefert einem Unternehmen interessante Ansatzpunkte zur Ausgestaltung der
eigenen Wertkette, um hierdurch weitere strategische Vorteile zu erzielen. Dies kann durch
eine optimale Verknüpfung der eigenen Wertkette mit der von vor- und nachgelagerten
Leistungspartnern (Lieferanten und Kunden) erfolgen. Dieser Aspekt der Verknüpfung
verschiedener Wertketten wird im Kontext von Industrie bzw. Wirtschaft 4.0 sowie dem
Internet of Things bzw. dem Internet of Everything intensiv diskutiert (vgl. vertiefend
Kreutzer, 2021c).
Die Wertkettenanalyse kann sich bei größeren Unternehmen auf einen Servicebereich,
eine Produktgruppe oder auf einzelne strategische Geschäftseinheiten konzentrieren. Erst
ein solcher Fokus ermöglicht es, spezifische Ansatzpunkte zur Verbesserung der eigenen
Wettbewerbsposition zu erreichen. Im ersten Schritt der Analyse werden folgende
Fragenbereiche bearbeitet, um den Status quo des eigenen Unternehmens zu erfassen:

• Welche Aktivitäten sind im Rahmen der Wertschöpfung zu unterscheiden?


• Welche dieser Aktivitäten stellen Kernprozesse, flankierende Prozesse oder quali-
tätssichernde Prozesse dar?
• Welche Kosten sind mit den unterschiedlichen Aktivitäten verbunden?
• In welchem Ausmaß tragen diese Aktivitäten zur Verbesserung der Wettbewerbs-
position bei?
–– Welcher Kundennutzen wird generiert?
–– Welche Kostenvorteile werden dadurch erzielt?
• Sind die Aktivitäten branchenüblich? Wenn nein, generieren sie einen sichtbaren
Kundennutzen?
• Sind die Aktivitäten der eigenen Wertkette optimal aufeinander abgestimmt und
miteinander verknüpft?
• Ergeben sich Überschneidungen, vermeidbare Abhängigkeiten und/oder bleiben
Synergien ungenutzt?
• Ist die eigene Wertkette abgestimmt auf die Wertkette der eigenen Lieferanten?
• Ist die eigene Wertkette abgestimmt auf die eigene Wertkette der eigenen
Abnehmer?
• Berücksichtigt die eigene Wertkette die Kaufkriterien der Endkunden?

Die Antworten auf diese Fragen liefern erste Hinweise auf die Optimierung der
Kostenstruktur bzw. auf die Hebung von Differenzierungspotenzial. Hierdurch kön-
nen Wettbewerbsvorteile erzielt werden. Die Wertkettenanalyse kann auch weitere An-
haltspunkte liefern, in welcher Weise das eigene System der Wertkette weiterentwickelt
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 137

werden sollte. Hierzu können im zweiten Schritt der Analyse im unmittelbaren Vergleich
zu relevanten Wettbewerbern die folgenden Fragen beitragen:

• Welche Optionen zur Ausgestaltung der Wertkette gibt es innerhalb oder außerhalb
der eigenen Branche?
• Welchen Kosten einer Wertschöpfungsstufe stehen im eigenen Unternehmen welche
Wettbewerbsvorteile gegenüber?
• Welchen Kosten einer Wertschöpfungsstufe stehen im eigenen Unternehmen welche
Kundenvorteile gegenüber?
• Wie gestaltet sich der gleiche Wertschöpfungsprozess bei Wettbewerbern?
• Welche Wertschöpfungsstufen muss das eigene Unternehmen selbst erbringen und
welche können ausgelagert werden (an Lieferanten, an Outsourcing-Partner oder an
Abnehmer)?

Auf Basis der hier ermittelten Unterschiede in der Ausgestaltung der Wertketten bzw.
Wertschöpfungsketten können im dritten Schritt der Analyse konkrete Handlungsfelder
zur Verbesserung der eigenen Wettbewerbsposition identifiziert werden. Hier sind zum
einen Anhaltspunkte zur Reduktion von Kosten zu ermitteln. Dazu sind bspw. Produkt-
features und/oder Dienstleistungsfelder zu ermitteln, die zwar Kosten, aber keinen rele-
vanten Kundennutzen generieren. Ebenfalls können sich Anhaltspunkte ergeben, wie Kos-
ten durch eine Reduktion der Variantenvielfalt, durch eine modulare Fertigung oder eine
Zusammenführung von Produktionsvolumina reduziert werden können. Zum anderen
zeigen sich Handlungsfelder zur Differenzierung der eigenen Leistungen im Wett-
bewerb. Schließlich können auch Anhaltspunkte zur Optimierung der Schnittstellen
von Wertschöpfungsketten – innerhalb und außerhalb des eigenen Unternehmens – er-
mittelt werden. So können sich Aktivitäten zeigen, die zweckmäßigerweise außerhalb des
eigenen Verantwortungsbereichs an Lieferanten oder Abnehmer zu delegieren sind. Zu-
sätzlich werden u. U. bisher ausgelagerte Aktivitäten erkannt, die wertschöpfend und/oder
kostensenkend reintegriert werden sollten.
Diese Handlungsfelder verdeutlichen, in welcher Weise die Wertkettenanalyse mit der
Strategieentwicklung verbunden ist. Einen wichtigen ergänzenden Beitrag bei der Aus-
gestaltung der hier ermittelten Handlungsoptionen liefern die Erkenntnisse, die durch den
Einsatz der SWOT-Analyse bzw. durch ein Benchmarking erzielt werden. Hierdurch wird
die Entwicklung der Formulierung von Wettbewerbsstrategien weiter informatorisch
untermauert.
Basierend auf einer Wertkettenanalyse bei Fluggesellschaften kann bspw. festgestellt
werden, warum einige der Low-Cost-Carrier genannten Fluggesellschaften (wie easyJet
und Ryanair) bei häufig deutlich niedrigeren Ticketpreisen im Vergleich zu klassischen
Fluggesellschaften wie Lufthansa oder Air France KLM signifikante Gewinne erwirt-
schaften können. Ursachen für deutlich niedrigere Kosten innerhalb der Wertschöpfungs-
kette von Low-Cost-Carriern – sie liegen ca. 50 % unter denen der klassischen Flug-
gesellschaften – können in folgenden Bereichen erkannt werden:
138 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

• Konzentration auf wenige Flugzeugmodelle bzw. auf ein einziges Modell (das er-
leichtert den Service, die Ersatzteilversorgung sowie das Training und den Einsatz von
Flugpersonal)
• Angebot von Punkt-zu-Punkt-Verbindungen (d. h. direkte Flugverbindungen zwi-
schen einzelnen Städten, ohne regionale oder globale Netzwerke, wodurch zeit- und
damit kostenintensive Transfers von Personal und Gepäck entfallen)
• Deutlich niedrigere Turn-around-Zeiten (die Zeitspanne zwischen der Landung und
dem Neustart liegt häufig bei 25 Minuten)
• Mehr Flugstunden pro Tag (das ermöglicht höhere Umsätze und verursacht weniger
Standgebühren an den Flughäfen)
• Verzicht auf viele Serviceleistungen (kein Vielfliegerprogramm, kein Angebot von
Gratis-Zeitungen und -Zeitschriften, keine kostenlose Verköstigung der Passagiere; die
kostenpflichtige Verköstigung während des Flugs wird zur Umsatzquelle)
• Höhere Sitzdichte (pro Flug können mehr Passagiere transportiert werden)
• Reine Online-Prozesse (Verzicht auf Vertriebsniederlassungen; wenn Tickets über
Reisebüros vertrieben werden, müssen die Kunden dafür i.  d.  R. an die Reisebüros
einen Betrag entrichten; Gepäckangaben sowie Check-in-Prozesse zum Erhalt der
Bordkarten können nur online getätigt werden; am Flughafen fallen für deren Er-
stellung – bspw. bei Ryanair – zusätzliche Kosten an)
• Anflug von Randflughäfen (teilweise werden weniger frequentierte und damit auch
kostengünstigere Flughäfen angeflogen)

Durch die Vielzahl von Unterschieden in der Leistungserbringung entlang der Wert-
schöpfungskette gelingt es den Low-Cost-Carriern, die Dienstleistung „Flug“ häufig deut-
lich kostengünstiger anzubieten als die sogenannten Netzwerk-Carrier und trotzdem pro-
fitabel zu agieren. Wer einmal die Wertschöpfungskette intensiv analysiert hat, versteht,
warum trotz deutlich niedrigerer Preise häufig attraktive Gewinne erwirtschaftet werden.

cc Denkanstoß  Definieren und analysieren Sie einmal die Wertschöpfungskette Ihres


Unternehmens. Wo wird auf welche Weise Wert für die Kunden geschaffen? Wo
werden ggf. Leistungen erbracht, die zwar Kosten, aber keinen Kundennutzen
erbringen?

2.2.3.5 Customer Journey Map


Ein weiteres wichtiges Analysewerkzeug stellt die Customer Journey Map dar. Sie visu-
alisiert den Prozess, den eine Person vom ersten latenten Bedürfnis bis zum Kauf und zur
Verwendung eines Produktes oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung bis zum
möglichen Wiederkauf bzw. zu einem Feedback zu Ihren Leistungen durchläuft (vgl. auch
Kaplan, 2016). Die Visualisierung dieser Customer Journey hilft, die relevanten Kunden-
bedürfnisse sowie mögliche „Pain Points“ zu erkennen. So können überzeugendere An-
sprachen und Angeboten entwickelt werden.
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 139

Ein Pain Point ist ein „Schmerzpunkt“, den Kunden normalerweise vermeiden und/
oder überwinden möchten. Wir unterscheiden zwei Arten von Pain Points. Pain Points
können zunächst im Alltag des Kunden begründet sein. Hierbei kann es bspw. um ein
spezifisches Kundenproblem gehen, das dieser gerne ausräumen oder gänzlich vermeiden
möchte. Ein Kunde hat bspw. das Gefühl, für eine Leistung mehr zu bezahlen als nötig
(bspw. bei Strom und Gas). Für bestimmte Prozesse ist ein höheres Zeitinvestment not-
wendig, als eine Person zu erbringen bereit ist (etwa bei der Geldanlage). Andere Personen
können sich durch bestimmte Informationen überfordert fühlen, möchten die Sachverhalte
aber dennoch verstehen (Stichwort „leichte Sprache“). Wieder andere möchten gerne ein
Ziel erreichen, tun sich damit aber momentan schwer (etwa mit einer Fortbildung). Im
Kern geht es bei den Pain Points aus dem Alltag der Kunden um Bedürfnisse, die noch
nicht (optimal) befriedigt werden.
Pain Points können allerdings auch während der Customer Journey auftreten. Dies
ist bspw. dann der Fall, wenn der Kunde auf seiner „Reise zum Unternehmen“ enttäuscht
wird, weil Erwartungen in hohem Maße nicht erfüllt werden (Stichwort „Moment of
Truth“, vgl. Abschn.  3.4.1). Die Bandbreite reicht von unfreundlichem Personal bis zu
einer ungenügenden Leistung der erworbenen Produkte bzw. der in Anspruch genommenen
Dienstleistungen. „Schmerzen“ können auch durch umständliche Prozesse verursacht
werden. Hier ist bspw. an aufwändige Registrierungen im Online-Shop mit komplexen
Passwörtern oder an lange Wartezeiten bei Anrufen oder Schriftwechseln zu denken.
Um diese Paint Points zu ermitteln, wird eine Pain-Point-Analyse eingesetzt. Diese
stellt ein zentrales Element der Customer Journey Map dar. Zum einen gilt es für die Paint
Points im Alltag überzeugende Lösungen zu finden. Zum anderen sind Paint Points, die
durch das Unternehmen auf der Customer Journey verursacht werden, konsequent zu
vermeiden.
Ausgangspunkt bei der Erstellung einer Customer Journey Map sind die in
Abschn. 4.2.2.3 definierten Personas. Pro Persona gilt es, eine spezifische Customer Jour-
ney Map zu erarbeiten. Dazu ist zunächst auf einer groben Zeitleiste zu definieren, von
welchem Szenario (bspw. von welchen Pain Points) auszugehen ist. Hierbei ist zu klären,
mit welchen Zielen die Persona die Customer Journey beginnt und welche Aktionen in
dieser zum Tragen kommen. Wichtig ist, dass in der hier zu erarbeitenden Landkarte auch
die Gedanken und Emotionen der Benutzer berücksichtigt werden, die in den ver-
schiedenen Phasen vorherrschen.
Die Gesamtheit dieser Erkenntnisse fließt in das Design der Customer Journey Map
ein. Hierzu werden zwei Instrumente  – Storytelling und Visualisierung  – miteinander
verknüpft. Wenn Geschichten aus der Sicht der Kunden erzählt und diese auch noch illus-
triert werden, gelingt eine „nutzerfreundliche“ Aufbereitung relevanter Informationen.
Das Journey Mapping vermittelt zusätzlich eine eindrückliche und ganzheitliche Sicht
auf die Kundenerfahrung. Wie vielfältig die Customer Touchpoints heute sind, wird in
Abb. 2.22 sichtbar. Dort zeigt sich auch eine wichtige Anforderung ans Marketing: Da die
Kunden innerhalb einer Customer Journey permanent zwischen der Online- und der
140 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

Re-Targeting
Online-Magazin
Online Preisvergleichsseite
YouTube App-Einsatz In-App-Service
Corporate Website
Suchmaschine
Online-Community
(E-)Newsletter Rating
N
Snapchat
Digital-OOH
Online-Ad
Pinterest
Facebook
Online-Shop
App-Einsatz
Review o
Blogs
l
E-Mail Amazon WhatsApp

Bekanntheit Abwägung Kauf Bindung Empfehlung

Verkäufer Rechnung MGM


i
Empfehlung Mailing
n
Hotline
Verpackung Gebrauchsanleitung
PR Radio-Spot Prospekt
Produkt
e
TV-Spot Plakat/OOH Angebot Service-Hotline
Produktpräsentation
Anzeige Preisliste Support
Katalog POS Dialog-Programm
Offline Kunden-Magazin

Abb. 2.22  Beispiel einer Customer Journey – von online und offline zu noline

Offline-­Welt hin und her wechseln, müssen die Unternehmen diese ganzheitliche Sicht
durch einen Noline-Ansatz berücksichtigen.

cc Merk-Box  Die Grenze zwischen online und offline verliert für Interessenten
und Kunden an Bedeutung verliert. Diese wechseln  – gerade auch mobil  –
kontinuierlich zwischen den verschiedenen Welten hin und her. Interessenten
und Kunden sind heute „noline“ unterwegs.
Folglich sind vor allem Marketing- und Vertriebs-­ Konzepte „noline“ zu
entwickeln und zu implementieren. Dann müssen nicht erst die Empfänger die
einzelnen Kommunikationshappen und Prozessschritte zusammenfügen – um
dann ggf. festzustellen, dass diese gar nicht zusammenpassen!
Bei dieser Noline-Kommunikation geht es vor allem um eine
Einheitlichkeit der Aussagen – nicht um die Identität der Wörter und Bilder.

Um eine Customer Journey Map zu erstellen, versetzen sich die Anwender in die
Rolle des Kunden. Hierbei gilt: Auch wenn die Journey Maps sich je nach dem spezi-
fischen Kontext unterscheiden, folgen sie häufig einem allgemeinen Modell. Dieses ist in
Abb. 2.23 zu finden. Im ersten Teil der Customer Journey Map werden das „Wer?“ und das
„Was?“ definiert. Hier ist zu ermitteln, mit welchem Anliegen, welchen Zielen und mit
welchen Erwartungen eine Persona die Reise startet.
Im zweiten Teil  – dem Herzstück der Customer Journey Map  – werden die ver-
schiedenen Phasen, die Aktionen und Kanäle wie auch die Gedanken und Gefühle des
Nutzers während der gesamten Journey mit Zitaten und/oder Videos aus der Markt-For-
schung ergänzt. Hier ist zu prüfen, an welchen Customer Touchpoints die Persona genau
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 141

1. Teil: Startpunkt der Customer Journey

Szenario einer spezifischen Persona Ziele und Erwartungen einer spezifischen Persona

2. Teil: Erfahrungen während der Customer Journey


Wissen Bewertung Kauf Bindung Empfehlung

Aktionen/Kanäle Aktionen/Kanäle Aktionen/Kanäle Aktionen/Kanäle Aktionen/Kanäle

Gedanken/Gefühle Gedanken/Gefühle Gedanken/Gefühle Gedanken/Gefühle Gedanken/Gefühle

3. Teil: Erkenntnisse und Verantwortlichkeiten für das betroffene Unternehmen

Chancen/Risiken Chancen/Risiken Chancen/Risiken Chancen/Risiken Chancen/Risiken

Aktionen Aktionen Aktionen Aktionen Aktionen

Abb. 2.23  Grundkonzept einer Customer Journey Map

das findet, was sie gesucht hat. Wo wird vielleicht sogar echte Kundenbegeisterung er-
reicht? An welchen Touchpoints ist die Persona von den bereitgestellten Inhalten dagegen
eher enttäuscht? Und wo sind gravierende Pain Points vorhanden, die es zu vermeiden
oder zu überwinden gilt?

cc Merk-Box  Die Erstellung einer Customer Journey Map ist ein gutes Training in
Empathie. Zusätzlich sollten hier die Ergebnisse von einschlägigen Kunden-
befragungen einfließen, um ein möglichst lebendiges Bild der Kundenrealität
zu haben!

Um die relevanten Inhalte für die Customer Journey Map zu finden, sind folgende
Fragen zu beantworten:

• Wie entsteht ein Bedürfnis bei der Persona nach den eigenen angebotenen Produkten
und Dienstleistungen (Suche nach initialen Pain Points)?
• Welches sind für den Start der Customer Journey besonders starke Trigger?
• Wie und wo informiert sich die Persona im „Zero Moment of Truth“ (bspw. auf Be-
wertungsplattformen, im Freundeskreis, in Foren), bevor sie die unternehmenseigenen
Touchpoints besucht?
• Welche Bedeutung kommt dem Freundeskreis und den sozialen Medien bei der
Informationsbeschaffung zu?
142 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

• Welche weiteren Medien nutzt die Persona – online wie offline?


• Für wie glaubwürdig hält die Persona die verschiedenen Informationsangebote?
• Welche Bedeutung haben die verschiedenen unternehmenseigenen und unternehmens-
fremden Touchpoints innerhalb der Customer Journey?
• Welche Wettbewerbsangebote werden in welchem Ausmaß und über welche Medien
analysiert?
• Mit welchen Erwartungen trifft die Persona auf die Angebote des eigenen Unternehmens?

Neben den Aktionen selbst sind vor allem auch die Gedanken und Gefühle der Persona
zu ermitteln. Diese Emotionen lassen sich in der Customer Journey Map in Abb. 2.23 mit
Werten von ++ (sehr positiv) bis −− (sehr negativ) darstellen. Eine kurze Skizzierung der
zugrunde liegenden Gedanken rundet das Bild ab (Stichwort Storytelling). Zusätzlich
kann in der Journey Map vermerkt werden, welche Bedeutung die Customer Touch­
points für die Persona jeweils haben. Hierzu können Werte von 1 (geringe Bedeutung) bis
5 (hohe Bedeutung) vergeben werden.
Bewerten Kunden wichtige Phasen der Customer Journey sehr negativ, ergibt sich
dringlicher Handlungsbedarf im 3. Teil. Hier werden die Handlungsfelder für das
Unternehmen abgeleitet. Dazu werden die Chancen und Risiken umfassend be-
schrieben. Aus diesen sind konkrete Aktionen abzuleiten und die dafür verantwortlichen
Manager zu benennen (vgl. Abb. 2.23). Um die Customer Experience zu verbessern,
gilt es zunächst, mögliche negative Erlebnisse zu identifizieren und zu beseitigen.
Hierzu ist es wichtig, dass die Erwartungshaltungen bekannt sind, mit denen Kunden
ihre Customer Journey beginnen. Nur dann können Sie diese Erwartungen auch be-
friedigen (vgl. Abb. 2.23).

cc Merk-Box  Customer Journey Maps helfen dabei, unternehmerische An-


gebote auf die Kundenerwartungen auszurichten. In die Erarbeitung der Cus-
tomer Journey Maps sind Mitarbeiter aus den Bereichen Kommunikation, Ser-
vice, Vertrieb und Produktmanagement einbeziehen. Hierdurch entsteht ein
ganzheitliches Bild auf den Weg des Kunden zum eigenen Unternehmen.

2.2.4 M
 arketing-Forschung im Vorfeld von Produkteinführungen
und/oder Kommunikationsmaßnahmen

Nachfolgend werden einige besonders wichtige Methoden der Marketing-Forschung


aufgezeigt, die im Vorfeld des Einsatzes von Marketing-Maßnahmen (etwa einer
Produkteinführung) zur Abschätzung des Markterfolges eingesetzt werden. So soll
bspw. ermittelt werden, wie Kunden auf ein neues Angebot reagieren, um die Markt-
chancen eines Produktes zu bewerten. Zusätzlich sind Erkenntnisse für eine mögliche
Modifikation des Produktes, der Verpackung oder der kommunikativen Kunden-
ansprache zu gewinnen.
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 143

2.2.4.1 Konzepttests und Produkttests


Um eine erste Einschätzung der Zielkunden zu einem neuen Angebot zu gewinnen, wer-
den Konzepttests und Produkttests eingesetzt. Für die Durchführung eines Konzepttests
wird kein physisch vorliegendes Produkt benötigt. Hierzu reicht die Dokumentation der
Produktkonzeption aus, um dem Probanden durch eine entsprechende Beschreibung (oft
mit Zeichnungen) eine Produktvorstellung zu vermitteln, auf der die Bewertung aufsetzt.
Im Kern geht es beim Konzepttest darum, die Kaufabsicht und ihre Ursachen zu ermitteln.
Zusätzlich können Ideen für eine Modifikation des Konzepts gewonnen werden.
Im Gegensatz dazu muss bei Produkttests ein hinsichtlich Produkt und Verpackung
komplett fertiggestelltes Angebot bzw. ein entsprechender Prototyp vorliegen. Beim
Produkttest geht es darum, neue oder modifizierte Produkte durch Testpersonen (An-
gehörige der Zielgruppe) nach Ansicht und/oder Ge- oder Verbrauch bewerten zu lassen.
Potenzielle Käufer beurteilen Produkte bspw. hinsichtlich der folgenden Kriterien:

• Haptik, Geschmack, Geruch, Aussehen (Farbe, Design, Größe) und Klang des
Produktes
• Erwartete und/oder im Gebrauch wahrgenommene Qualität, Handhabbarkeit und
Funktionalität des Produktes
• Qualität einer möglichen Verpackung
• Erwartete und/oder in der Nachfragesituation einer Dienstleistung wahrgenommene
Qualität, Professionalität und Kundenorientierung
• Namensgebung (inkl. möglicher Qualitäts- oder Produktassoziationen)
• Preisbereitschaft und mögliche Preis-Qualitäts-Assoziationen (vgl. zum Preis als
Qualitätsindikator Abschn. 5.2.3.2).

Ein solcher Produkttest kann außer im Teststudio auch im privaten/betrieblichen Um-


feld des Nutzers stattfinden. Werden mehrere Personen befragt, kann ein aussagekräftiges
Gesamtbild gewonnen werden.
Ein innovativer Ansatz besteht darin, die Produktnutzung von Konsumgütern in einem
Alltagsstudio stattfinden zu lassen. Hierdurch wird eine möglichst reale Nutzungs-
situation mit einer Beobachtung verbunden. Ein solches Alltagsstudio wird bspw. von
Concept M in Berlin in Gestalt eines Interview-Test-Studios betrieben. Hier ist zu be-
obachten, dass sich die Testpersonen – auch bei Interviews – viel schneller in die Situatio-
nen und Stimmungen der jeweiligen Produktanwendung hineinversetzen können, wenn
diese in nachempfundenen Wohn- und Esszimmern oder in Bad und Küche stattfinden
(vgl. Concept M 2021). Einen Einblick in dieses Alltagsstudio zeigt Abb. 2.24).
Da sich im Rahmen der Produktnutzung die Stärken und Schwächen des Produktes
deutlich zeigen, ist dies die „härteste“ Form des Produkttests. Solche Tests werden häufig
für FMCG-Produkte durchgeführt. Auch Software-Unternehmen binden ihre Nutzer ein,
um durch den Test von sogenannten Beta-Versionen Fehler in der Software noch vor der
Markteinführung erkennen und beheben zu können.
144 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

Abb. 2.24  Alltagsstudio. (Quelle: Concept M 2021)

Häufig werden im Zuge solcher Produkttests auch Interviews und Gruppengespräche


durchgeführt. So werden zusätzliche Aspekte ermittelt, die bei der Bewertung eines Pro-
duktes eine Rolle spielen. Außerdem können hier wichtige Informationen über die Be-
wertung des eigenen Marketing-Auftritts im Wettbewerbsumfeld gewonnen werden.
Eine spezielle Ausprägung der Gruppengespräche stellen Fokusgruppen dar. Hier
können bspw. ausgewählte Innovationsprojekte mit den Kunden diskutiert werden.
Ein speziell im Automobilbereich eingesetztes Verfahren ist die sogenannte Car Cli-
nic. Die Testpersonen werden hierzu in ein Studio eingeladen, um ein neues Modell zu
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 145

bewerten, das als Prototyp präsentiert wird. Ist dieser einsatzbereit, kann die Car Clinic
auch Testfahrten einschließen. Um eine Konditionierung der Befragten auf eine bestimmte
Marke oder einen bestimmten Hersteller zu vermeiden, bleibt generell oder zumindest
möglichst lange verborgen, wer der Hersteller des Prototyps ist.
Deshalb werden Car Clinics i. d. R. von neutralen Marktforschungsinstituten organi-
siert und durchgeführt. Im Anschluss an die Fahrzeugpräsentation und ggf. auch eine
Probefahrt wird durch Interviews ermittelt, welchen Eindruck das Fahrzeug im Hinblick
auf relevante Imagedimensionen vermittelt hat. Zu diesen gehören u.  a. Aspekte wie
Innovationsgrad, Zuverlässigkeit, Robustheit, Design, Verarbeitungsqualität, Dynamik,
Sportlichkeit. Zusätzlich kann die Anmutungsqualität des Fahrzeugs insgesamt sowie
von einzelnen Ausstattungselementen ermittelt. Die erwarteten oder erlebten Fahreigen-
schaften werden ebenfalls erhoben. Schließlich kann erfasst werden, ob eine Kaufabsicht
hinsichtlich des vorgestellten Modells besteht und/oder was die potenziellen Kunden beim
Kauf zu investieren bereit wären.
Weitere Methoden zur Ermittlung der Anmutungs- und/oder Gebrauchseigenschaften
von Produkten, aber bspw. auch von Werbemitteln, setzen den Einsatz von apparativer
Technik voraus. Durch den Einsatz eines Tachistoskops werden bspw. Abbildungen oder
Anzeigen/Plakate nur für eine kurze Zeit (zwischen einer 1/1000 Sekunde und drei Sekun-
den) eingeblendet. Hierdurch können Aspekte der vorbewussten Wahrnehmung er-
mittelt werden. Diese decken folgende Bereiche ab:

• Erste Erwartungen bzgl. des gezeigten Produktes hinsichtlich der Zugehörigkeit zu


einer bestimmten Warengruppe bzw. Kategorie (etwa Shampoo, Softdrink oder
Spülmittel)
• Positionierung eines Angebots, bspw. im Premium- oder Economy-Bereich
• Aggressivität bzw. Sanftheit eines Mittels (so bei Waschmitteln)

Durch den Einsatz eines Tachistoskops gelingt es, die Perzeption (Wahrnehmung)
einzelner Elemente zu ermitteln. Hierdurch wird der Anmutungs- und Aufforderungs-
charakter eines Produktes im vorbewussten Raum zu erkennen, d. h. noch bevor eine ver-
standesmäßige Bewertung stattfinden konnte (vgl. Raab et al., 2018, S. 321–323; Kroe-
ber-Riel & Gröppel-Klein, 2019).

2.2.4.2 Blickregistrierung
Bei der Ausgestaltung von jeglicher Form der Kommunikation – online wie offline – sind
die Erkenntnisse der Blickregistrierung (auch Blickverlaufsanalyse oder Eyetracking)
zu berücksichtigen. Hierbei wird mit einer Augenkamera der Blickverlauf des Betrachters
von Mailings, Plakaten, Flyern, aber auch von Websites und Newslettern sowie des Online-­
Shops aufgezeichnet und anschließend ausgewertet. Durch die Blickregistrierung kann
auch festgestellt werden, welche Informationen auf einer Verpackung oder auf einem Pro-
dukt wahrgenommen und gelesen werden. Die dafür notwendige Augenkamera kann
bspw. in einem Headset für den Probanden integriert sein.
146 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

Abb. 2.25 Blick-
registrierung am Beispiel Logo des Absender
eines Mailings

Adresse

Betreffzeile

Anrede

Text – idealerweise mit Hervorhebungen

(Fettdruck, Unterstreichungen, Bildern)

Unterschrift

PS: ?
Wichtig ist bei allen Analysen der Blickregistrierung, dass Vertreter der Zielgruppe
in die Untersuchung eingebunden werden, um einen authentischen Eindruck des tatsäch-
lichen Nutzerverhaltens zu gewinnen. Allerdings können die Erkenntnisse der Blick-
registrierungsforschung auch genutzt werden, ohne selbst solche Tests durchzuführen.
Die Forschung in diesem Bereich hat zentrale Empfehlungen für die Gestaltung von
Werbemitteln abgeleitet, die bei der Gestaltung zu berücksichtigen sind.
Eine wichtige Erkenntnis dieser Forschung lautet, dass heute kaum ein Leser ein
Werbemittel von oben links bis unten rechts durchliest. Das Auge scannt vielmehr über die
angebotenen Informationen und macht nur an bestimmten Punkten Halt. Die in Abb. 2.25
gekennzeichneten Punkte signalisieren eine Fixation. Diese bezeichnen einen kurzen
Stillstand der Augenbewegung. Nur an diesen Stellen kann eine Informationsaufnahme
erfolgen. Die Striche stellen die Blicksprünge (auch Sakkaden genannt) des Betrachters
dar. Hier gelingt es dem Auge nicht, Informationen konkret wahrzunehmen.

cc Merk-Box  Damit ist eine Aufgabe für die Gestaltung von jeglicher Art von Kom-
munikation definiert: Es gilt, dem Auge Haltepunkte anzubieten, um den
Scan-Prozess zu stoppen. Die Herausforderung besteht darin, eine gute Scann­
ability sicherzustellen.

Diese kann durch Hervorhebungen (etwa durch Fettdruck oder ­Unterstreichungen)


gefördert werden. Auf den umfassenderen Einsatz von Versalien (Großbuchstaben) sollte
dagegen verzichtet werden, weil diese den Lesefluss erschweren (vgl. vertiefend Kreutzer,
2021a, S. 165–168). Auch Bilder lenken den Lesefluss, weil der Betrachter generell zu-
nächst die Bilder anschaut, bevor er sich mit den Texten beschäftigt. Deshalb sollten die
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 147

zur Lenkung des Blickverlaufs eingesetzten Bilder links oder oberhalb von wichtigen
Textinformationen stehen  – und nicht rechts davon oder darunter. Das Auge scannt in
unserem Kulturkreis tendenziell von links oben nach rechts unten. Für jeden Marketing-Ver-
antwortlichen ist es folglich u­nverzichtbar, vor dem Einsatz von verschiedenen
Kommunikations-­Maßnahmen deren Scannability zu überprüfen.

2.2.4.3 Testmarktuntersuchungen
Um zu ermitteln, wie sich ein neues Produkt im unmittelbaren Wettbewerb im Handel
durchsetzt, können verschiedene Testmarktuntersuchungen zum Einsatz kommen. Hier
soll festgestellt werden, wie gut sich die Produkte im – mehr oder weniger realen – Wett-
bewerbsumfeld behaupten und welche Umsätze erzielt werden können. Es werden fol-
gende Konzepte unterschieden:

• Regionaler Markttest
• Ladentest (Storetest)

Im Rahmen von regionalen Markttests erfolgt eine temporäre Einführung eines Pro-
duktes in einem regional begrenzten Teilmarkt. Dies kann bspw. ein Bundesland oder eine
Stadt mit Einzugsgebiet sein. Voraussetzung für die Übertragbarkeit der hierbei erzielten
Ergebnisse auf den Gesamtmarkt ist die Repräsentativität des Teilmarktes für diesen.
Durch solche Markttests lassen sich nicht nur die Reaktionen der Käufer, sondern auch die
Akzeptanz im Handel sowie mögliche Reaktionen der Wettbewerber ermitteln.
Beim sogenannten Ladentest (auch Storetest) werden Produkte in einer beschränkten
Anzahl von Geschäften (häufig 10 bis 30) innerhalb des realen Sortiments eines Handels-
geschäfts testweise verkauft. Durch dieses Konzept soll möglichst schnell ermittelt wer-
den, wie die Akzeptanz eines neuen Produktes ausfällt (vgl. Weis & Steinmetz, 2012,
S. 231 f.).
Ein innovatives Storetest-Konzept für die Markenartikelindustrie bietet go2market
(2021). Dies ist ein Real-Life-Tool zur Marktforschung. Dieses Tool arbeitet mit statio-
nären Supermärkten und realen Konsumenten. Die Konsumenten, die in diesen Stores
einkaufen können, werden nach der Soziodemografie der Bevölkerung des Ziellandes ab
18 Jahre ausgewählt. Die Gruppe dieser Konsumenten umfasst in Österreich 1500 und in
Deutschland 3000 Personen. In den Geschäften wählen diese Konsumenten die ge-
wünschten Produkte wie beim herkömmlichen Einkauf aus dem Sortiment des stationären
Test-Supermarktes aus. Nach der Verwendung der Testprodukte werden die Käufer hierzu
befragt.
Das Konzept der Teststores ermöglicht durch eine digitale Preisauszeichnung die Er-
mittlung der Preiselastizität der Nachfrage. Außerdem erlaubt die Auswertung von
soziodemografischen Merkmalen eine präzise Zielgruppenanalyse. Hierbei können Pro-
dukte getestet werden, die noch nicht am Markt erhältlich sind. Aber auch bereits im
Handel gelistete Produkte können untersucht werden. Diese Testmärkte sind momentan in
Wien und Köln zu finden (vgl. go2market, 2021).
148 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

2.2.5 Laufende Marketing-Forschung

2.2.5.1 Kundenbefragungen
Eine besondere Bedeutung im Rahmen der flankierenden Marketing-Forschung kommt
den z. T. bereits angesprochenen Kundenbefragungen zu. Diese können repräsentativ
ausgelegt sein, indem eine ausreichend große Stichprobe der eigenen Kunden befragt
wird. Die Ziehung der Stichprobe kann nach verschiedenen Kundensegmenten geschich-
tet erfolgen, bspw. nach einer ABC-Klassifizierung (vgl. Abschn. 2.2.1.3).
Die Notwendigkeit zu einer geschichteten Zufallsstichprobe erklärt sich wie folgt.
Bei einer einfachen Zufallsstichprobe hätten alle Kunden die gleiche Wahrscheinlichkeit,
gezogen zu werden. Bei diesem Vorgehen wären Kunden der Kategorien A und B in Rela-
tion zu ihrer Bedeutung für das Unternehmen deutlich unterrepräsentiert. Schließlich exis-
tieren in einer Kundendatei deutlich mehr C-Kunden als A- und B-Kunden. Um dies zu
vermeiden, wird pro Schicht (hier die Kundengruppen A, B und C) eine bestimmte Anzahl
von Kunden ausgewählt. Dies ist ein Beispiel für eine geschichtete Zufallsstichprobe.
Im Mittelpunkt der Kundenbefragung könnten bspw. folgende Fragen stehen:

• Wer kauft das entsprechende Produkt bzw. eine bestimmte Dienstleistung?


• Wie informiert sich der Kunde über das Angebot (bspw. offline in Zeitschriften und
Zeitungen oder online innerhalb der sozialen Netze, auf Produktvergleichsplattformen,
auf Anbieter-Webseiten)?
• Wie lange dauert die Entscheidungsfindung? Was verkürzt bzw. was verlängert diesen
Prozess?
• Wo gibt es mögliche Pain Points?
• Wer entscheidet über den Kauf und wer wirkt wie darauf ein (Relevanz des Buying
Centers – in Unternehmen und privaten Haushalten)?
• Welche Alternativen werden erwogen (Stichwort Relevant Set) und welche Kriterien
werden bei der Auswahl herangezogen?
• Wo wird eingekauft (bspw. online oder offline)?
• Wann wird eingekauft?
• Welche Erwartungen bestehen an die Leistungspartner (etwa bzgl. der Öffnungszeiten,
der Zahlungsmodalitäten, der Umtauschmöglichkeiten, der Breite und Tiefe des Sorti-
ments, der Beratungsleistung)?

Es gibt auch Ad-hoc-Kundenbefragungen. Solche Befragungen werden eingesetzt,


wenn Kunden verstärkt abwandern. Hier wird deren Wechselmotivation ermittelt. Durch
solche Ad-hoc-Befragungen kann auch ermittelt werden, wie bspw. ein neues Konkurrenz-
angebot bewertet wird. Auf Repräsentativität kann hierbei verzichtet werden, wenn eine
solche Studie eher explorativen Charakter hat.
Zusätzlich können Kunden zu spontanen Bewertungen der erbrachten Leistungen
motiviert werden. Hierzu werden bspw. Fragebögen eingesetzt, die Produkten beiliegen
oder im Dienstleistungsbereich ausliegen (etwa in Hotels, Restaurants oder Fitness-Clubs).
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 149

Der in Abschn. 2.2.1.3 vorgestellte Net Promotor Score leistet hierzu auch einen wichti-
gen Beitrag.
Im Automobilsektor findet teilweise nach jedem Servicekontakt mit einem Autohaus
eine telefonische Befragung des Kunden statt. So wird ermittelt, wie zufrieden der Kunde
mit verschiedenen Serviceaspekten war. Die auf diese Weise ermittelte Kundenzufrieden-
heit hat vielfach unmittelbare Auswirkungen auf die Margen, die ein Automobilhersteller
seinen Vertragspartnern gewährt.
Zusätzlich sollten sich die Unternehmen darum bemühen, auf den verschiedenen
Online-­Plattformen mit positiven Bewertungen präsent zu sein (bspw. bei Google oder
Qype). Da diese Bewertungen als Teil des ZMOT (vgl. Abschn.  3.4.1) von großer Be-
deutung sind, ist jedes Unternehmen aufgerufen, ein entsprechendes Rating- und Review-­
Management aufzubauen (vgl. vertiefend Kilian & Kreutzer, 2022).

2.2.5.2 Mystery Market Research


In Ergänzung hierzu können Mystery-Market-Untersuchungen erfolgen, um authenti-
sche Einblicke in das eigene Unternehmen durch die „Augen seiner Kunden“ zu erzielen.
Hierbei werden als normale Kunden „getarnte“ Personen im Auftrag eines Markt-
forschungsinstituts aktiv, um aus Sicht eines Interessenten bzw. eines Kunden zu doku-
mentieren, wie das „Serviceerleben“ wahrgenommen wird. Durch dieses Vorgehen kann
ermittelt werden, in welchem Ausmaß die bei Kunden oder Interessenten aufgebauten
Erwartungen im direkten Kontakt mit den Serviceeinrichtungen, den Mitarbeitern sowie
den weiteren Leistungen des Unternehmens erfüllt werden.
Gerade der Servicequalität kommt an den Kundenschnittstellen eine besondere Be-
deutung zu, weil aus Sicht der Kunden viele Angebote austauschbar geworden sind. Die
gewünschte Qualität kann an diesen Kundenschnittstellen nicht allein durch ein gutes
­Briefing der beteiligten Instanzen erreicht werden. Erst ein geschlossener Feedback-Kreis-
lauf, der die „echte“ Interessenten- und Kundenperspektive einschließt, liefert die not-
wendigen Informationen zur Überwachung der gesamten Leistungserbringung. Derartige
Mystery-­Analysen liefern die notwendigen Informationen, um die Qualität an den rele-
vanten Customer Touchpoints zu erfassen.
Beim Mystery Shopping begibt sich der Test-Kunde bspw. in die Filiale einer
Einzelhandel-­Kette wie H&M oder Zara und lässt sich hinsichtlich der Kleiderwahl für
einen ganz bestimmten Anlass beraten. Anschließend dokumentiert er ausführlich seine
Serviceerfahrungen. Häufig lautet die ergänzende Anweisung, die gekauften Kleidungs-
stücke zwei Stunden später ohne Kommentar wieder zurückzubringen. Hierbei ist festzu-
halten, wie die Reaktionen des Verkaufspersonals auf dieses Ansinnen ausfallen. Im Rah-
men einer solchen Studie stehen u. a. folgende Fragen im Mittelpunkt:

• Wie lange musste auf Verkaufspersonal gewartet werden?


• Wie gut war das Verkaufspersonal als solches erkennbar?
• Nahm das Verkaufspersonal von sich aus Kontakt auf oder musste der Kunde
aktiv werden?
150 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

• Wie freundlich wurde der Kunde begrüßt?


• Wie intensiv wurde der Kunde nach seinen konkreten Wünschen gefragt?
• In welchem Ausmaß wurden diese Wünsche bei der Präsentation von Produkten be-
rücksichtigt?
• Wie stark wurde versucht, den Kauf auf teure Produkte zu lenken?
• Wie umfassend konnte das Verkaufspersonal Produktvorteile darstellen?
• Wie ausführlich konnte das Verkaufspersonal über Stärken und Schwächen der Pro-
dukte im Wettbewerbsvergleich informieren?
• Wie sicher war das Verkaufspersonal beim Abschluss des Kaufes?
• Wie freundlich war die Verabschiedung?
• Wie souverän ging das Verkaufspersonal mit der Rückgabe der gekauften Ware um?

Wenn in derartigen Untersuchungen nicht nur das eigene Unternehmen im Mittelpunkt


steht, sondern die besten Wettbewerber der eigenen Branche, so wird aus diesem Vorgehen
ein Benchmarking (vgl. Abschn. 2.2.1.3). Sind in die eigene Wertschöpfungskette wei-
tere Servicepartner eingebunden, so können die hier gewonnenen Ergebnisse in Bonus-
und Malus-Systeme bei der Honorierung von deren Leistungen einfließen.
Durch Mystery Calls kann bspw. die Servicequalität einer Hotline, der Unternehmens-
zentrale oder auch der eigenen Pressestelle überprüft werden. Bei der Erhebung stehen oft
folgenden Fragen im Mittelpunkt:

• Wie häufig klingelte das Telefon, bis abgehoben wurde? Wie lange war der Anrufer in
der Warteschleife?
• Wie konkret stellte sich der Gesprächspartner vor?
• Ließ sich der Gesprächspartner den Sachverhalt ausführlich schildern?
• In welchem Ausmaß versuchte der Gesprächspartner, andere (bspw. Kollegen, Be-
reiche oder den Anrufer selbst) für das Problem verantwortlich zu machen?
• Argumentierte der Gesprächspartner problem- oder lösungsorientiert?
• In welchem Ausmaß wurde konkrete Unterstützung angeboten?
• Konnte das Problem durch einen Anruf gelöst werden oder waren weitere Anrufe
notwendig?
• Wurden versprochene Maßnahmen in der vereinbarten Frist umgesetzt?
• In welchem Umfang vermittelte der Gesprächspartner den Eindruck, tatsächlich an der
Lösung des Problems interessiert zu sein?
• Wie freundlich erfolgte die Verabschiedung?

Um derartige Analysen nicht nur aus der Interessenten-, sondern auch aus der Kunden-
perspektive durchführen zu können, müssen teilweise entsprechende Kundendaten als
Dummy-Adressen in den Datenbanken angelegt werden. Erst hierdurch kann erfasst wer-
den, ob Kunden i.  S.  der definierten Vorgaben betreut werden. Um eine vergleichbare
Datengrundlage zu erhalten, ist in diesem Fall  – wie auch bei den anderen Mystery-­
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 151

Ansätzen – jeweils ein konkretes Szenario für die Ansprache vorzugeben (bspw. Vertrags-
wechsel, Kündigung, Produktdefekt).
Die Bandbreite dieser Mystery-Analysen umfasst außer den bereits genannten Be-
reichen auch Mystery Mail, Mystery E-Mail und Mystery Surfing (zum Check der
Kommunikationsqualität), Mystery Dining und Mystery Sleeping (zur Überwachung
von Gastronomie- und Hotellerie-Gewerbe) bis hin zum Mystery Travelling (zur Über-
prüfung der Servicequalität im Tourismus).
Authentische Erkenntnisse über die „Marketing-Performance“ können gewonnen wer-
den, wenn (leitende) Mitarbeiter regelmäßig Filialen besuchen. Durch sogenannte Mys-
tery Visits kann ein eigener Eindruck von Erscheinungsbild und Serviceorientierung ge-
wonnen werden. Eine Selbstverständlichkeit sollte sein, dass die Mitarbeiter, die solche
Besuche durchführen, in den Filialen nicht bekannt sind und derartige Kontrollbesuche
auch nicht angekündigt werden. Wenn dies teilweise dennoch erfolgt, ist das ein Zeichen
dafür, dass manche Entscheidungsträger vielleicht gar nicht so genau wissen, wo bzw. in
welchem Ausmaß etwas im Argen liegt. Durch Mystery Visits können bspw. auch die
Arbeitsbedingungen bei Zulieferern überprüft werden. Der Betriebsrat ist über solche
Maßnahmen zu informieren.

2.2.5.3 Panel-Untersuchungen
Eine wichtige Entscheidungsgrundlage für Unternehmen stellen die sogenannten Panel-­
Untersuchungen dar. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass ein gleicher Kreis von Adres-
saten (Konsumenten/Haushalte, Unternehmen oder Experten) in regelmäßigen Abständen
zu identischen Themen befragt wird. So gelingt es, Veränderungen im Verhalten über die
Zeit bei einer identischen Stichprobe zu identifizieren. Bei entsprechender Anlage der
Panels können die Ergebnisse repräsentativ für die Grundgesamtheit sein und damit auf
diese hochgerechnet werden. Es wird insb. zwischen folgenden Panel-Arten unterschieden:

• Verbraucherpanel (Food und Non-Food, TV)


• Einzel- und Großhandelspanel (Food und Non Food)
• Expertenpanel, Spezialpanel

Verbraucherpanel (auch Consumer Panel) verschaffen Unternehmen ein hohes Maß


an Transparenz über das Kaufverhalten von Einzelpersonen oder Haushalten. Die ge-
wonnenen Daten liefern präzise Aussagen zum Informations- und Einkaufsverhalten.
Diese können sich auf Verbrauchs- und Gebrauchsgüter sowie auf Dienstleistungen be-
ziehen. Durch ein Verbraucherpanel können insb. die folgenden Fragen beantwortet wer-
den (vgl. Kuß et al., 2018, S. 169 f.; GfK, 2021a):

• In welchem Rhythmus werden bestimmte Produkte eingekauft bzw. Dienstleistungen


nachgefragt?
• Welche Merkmale zeichnen verschiedene Kundengruppen aus?
–– Wenig-, Mittel- und Vielverwender
152 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

–– Erst- und Wiederkäufer


–– Markentreue und markenwechselnde Kunden
–– Parallelverwender verschiedener Marken
–– Wechsler von Marke A zu Marke B etc. (Gain- und Loss-Analysen)
–– Einkäufer bei verschiedenen Einkaufsstätten (online, offline)
• Welchen Anteil hat eine Marke an den Gesamteinkäufen einer Warengruppe?
• Wie groß ist der getätigte Umsatz insgesamt?
• Welche Wettbewerbsprodukte sind die stärksten?
• Wie sieht das Relevant Set aus, aus denen ein Käufer auswählt?
• In welchen Einkaufsstätten werden zu welchen Preisen welche Mengen gekauft?
• Welche Verpackungsgrößen werden in welchen Mengen nachgefragt?
• Wie hoch sind die erzielten Durchschnittspreise?
• Was beeinflusst deren Kaufentscheidungen?

Um diese Fragen zu beantworten, kombiniert die GfK Daten aus dem GfK Consumer
Panel mit zusätzlichen Primärquellen und Analysen. Hierdurch können zentrale Fragen
beantwortet werden, die im Zuge des Produktlebenszyklus (vgl. Abb. 5.2) auftreten – on-
line wie offline (GfK, 2021a):

• Wie wird eine Produktinnovation zum Erfolg?


• Welche Personen kaufen heute mein Produkt und welche Kunden werden dies mor-
gen sein?
• Welche Faktoren treiben das Markenwachstum in einer Warengruppe (Kategorie) an
und welche Faktoren bremsen das Wachstum?
• An welche Wettbewerber werden Kunden verloren, von welchen Wettbewerbern wer-
den Kunden gewonnen?
• Wie loyal sind die Kunden? Welche Produkte werden wo alternativ erworben?
• Welche Trends im Kauf- und Nutzungsverhalten zeichnen sich ab?

Für vertiefende Fragestellungen bietet GfK mit „why2buy“ die Möglichkeit zu


Ad-hoc-Umfragen. Hierdurch können in FMCG-Märkten u. a. die folgenden Fragen be-
antwortet werden (vgl. GfK, 2021b):

• Welche Motive liegen einer Kaufentscheidung zugrunde?


• Wodurch hat sich das Kaufverhalten in einer bestimmten Warengruppe verändert?
• Wie werden die eigenen Produkte von den Käufern genutzt?
• Entspricht die Nutzung den vorgedachten Einsatzbereichen?
• Wie zufrieden sind Käufer bzw. Nutzer mit den eigenen Produkten?

Eine große Bedeutung für die werbetreibende Wirtschaft kommt dem AGF-/GfK-­
Fernsehpanel zu (vgl. agma, 2021). Dieses Panel stellt ein verkleinertes Abbild aller
Privathaushalte mit mindestens einem Fernsehgerät in Deutschland dar, deren Hauptein-
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 153

kommensbezieher deutschsprachig ist. Innerhalb dieser Haushalte wird die Fernseh-


nutzung aller Personen ab drei Jahren erfasst. Das Fernsehpanel setzt sich aus 5400 Haus-
halten (Fernsehpanel deutschsprachig) zusammen. In diesen leben rund 11.000 Personen.
Ein Haushalt dieses Panels steht stellvertretend für durchschnittlich rund 7200 Haushalte
in Deutschland. Hierdurch wird die Fernsehnutzung von 75,3 Mio. Personen ab 3 Jahren
bzw. von 38,8 Mio. TV-Haushalten abgebildet.
Zur Erhebung der TV-Nutzung wird eine spezielle Messtechnik verwendet. Diese
protokolliert und speichert je Fernsehgerät sekundengenau, welche Fernsehprogramme
am Fernseher oder über Zusatzgeräte wie Videorekorder, Satellitenreceiver, DVD-­
Rekorder, Festplattenrekorder und digitale Set-Top-Boxen live oder zeitversetzt gesehen
werden. Ein Bestandteil der Messung ist auch die Wiedergabe von Leih- oder Kauf-
kassetten sowie von geliehenen oder gekauften DVDs. Auch die Nutzung von DVD-Play-
ern oder Videospielen sowie die Nutzung von programmbegleitenden Angeboten wie TTX
oder EPG wird erfasst.
Zur Messtechnik gehört eine spezielle Fernbedienung. Auf dieser wird jeder Person
im Haushalt eine bestimmte Taste zugewiesen. Die Personen im Haushalt müssen sich
über diese Fernbedienung an- und abmelden, wenn sie fernsehen. Bis zu 16 Gäste (mit
Alters- und Geschlechtsangabe) haben ebenfalls die Möglichkeit, sich über eine eigene
Taste an der Fernbedienung an- und abzumelden. Die Gästenutzung gilt als Äquivalent der
Außer-Haus-Nutzung der Panelteilnehmer (vgl. agma, 2021).
Die Korrektheit der Bedienung stellt eine unverzichtbare Voraussetzung für die Qualität
der so gewonnenen Daten über die Sehbeteiligung bzw. Einschaltquoten der Gesamt-
bevölkerung dar. Die hier ermittelten Quoten stellen eine zentrale Orientierungsgröße –
insb. für die kommerziellen TV-Sender – zur Ausgestaltung ihres Programms dar. Gleich-
zeitig stellt die Quote  – in Verbindung mit den Charakteristika der jeweils erreichten
Zielgruppen  – den Planungshintergrund für die Unternehmen dar, die TV-Werbung
einsetzen.
Eine weitere wichtige Informationsquelle sind die sogenannten Handelspanels (vgl.
NielsenIQ, 2021). Hierzu werden bei den gleichen Absatzmittlern in regelmäßigen Ab-
ständen gleiche Sachverhalte erhoben, um durch diese Form der Längsschnittanalysen
Veränderungen im Zeitablauf erkennen zu können. Durch diese Panels wird ermittelt, was
Verbraucher einkaufen und wie sie sich verhalten. Hierzu werden verschiedene Tools ein-
gesetzt, um die wichtigsten Geschäftstrends nach Produkt, Kategorie oder Markt zu unter-
suchen. Dabei wird auch auf die Scanner-Daten zugegriffen, um die Handelsabsätze zu
erfassen. Darüber hinaus werden wöchentlich weiterführende Informationen in Tausenden
von Handelsfilialen gesammelt.
Durch Handelspanels kann ermittelt werden, wie erfolgreich sich einzelne Produkte
im Markt durchsetzen. Hierzu werden die relevanten Informationen zu Absatz, Marktan-
teil, Preisstruktur und Promotion-Aktivitäten einbezogen. Basierend auf diesen Informa-
tionen werden Marketing-/Vertriebs-Entscheidungen erleichtert. In Summe können u. a.
die folgenden Informationen bereitgestellt werden:
154 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

• Welche Gesamtumsätze und Absatzmengen werden in unterschiedlichen Waren-


gruppen erzielt?
• Welche Marktanteile weisen einzelne Produkte innerhalb einer Produktgruppe auf?
• Welche Durchschnittswerte werden je Geschäft bei Umsatz, Absatz und Verkaufs-
preis erzielt?
• Wie hoch sind die numerischen und gewichteten Distributionswerte?
• Welche Distributionswanderungen lassen sich feststellen?
• In welchem Ausmaß liegen Distributionsüberschneidungen vor?
• Welche Hits existieren bei Produkten und Marken?
• Wie verläuft die Preiselastizität der Nachfrage?

Diese Art der Informationen liefern wichtige Hinweise darauf, in welchen Segmenten
des Marktes ein Unternehmen erfolgreich ist. Durch die regelmäßige Befragung gleicher
Untersuchungseinheiten können Veränderungen im Zeitablauf systematisch erfasst werden.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin betreibt mit dem sozio-­
ökonomischen Panel (SOEP) eine der größten und am längsten laufenden multi-
disziplinären Panelstudien weltweit. Für dieses Panel werden jährlich etwa 30.000 Men-
schen in knapp 15.000 Haushalten befragt. Die Befragungsdaten werden so aufbereitet,
dass sie von Wissenschaftlern aus der ganzen Welt für eigene Forschungen genutzt werden
können – bspw. zum gesellschaftlichen Wandel (vgl. DIW, 2021).
Bei einem Expertenpanel werden ausgewiesene Spezialisten über einen längeren Zeit-
raum zu Entwicklungen in ihrem Fachgebiet befragt. Hierdurch sollen ebenfalls Ver-
änderungen im Zeitablauf sichtbar werden, die von den Experten ausgemacht werden.

2.2.5.4 Spezielle Marktforschungs-Konzepte


Für die Feinsteuerung von Marketing-Maßnahmen werden häufig sehr zeitnah Informatio-
nen benötigt. Dies gilt bspw. für den Einsatz von Display-Materialien im Handel wie auch
für die Akzeptanz von Produktinnovationen. Hierfür werden die bisher vorgestellten Maß-
nahmen durch innovative Marktforschungs-Konzepte ergänzt.
POSpulse (2021) ermöglicht es, dass heute Marktforschungsfragen definiert werden,
auf die schon morgen Antworten vorliegen. Wie wird diese Schnelligkeit erreicht? Das
Unternehmen POSpulse hat eine Community von mehr als 800.000 aktiven Konsumenten
aufgebaut  – die sogenannten „Spotr“. Diese beantworten zeitnah Fragen der beauf-
tragenden Unternehmen. Hierdurch kann die häufig noch vorhandene „Blackbox Handel“
zumindest partiell ausgeleuchtet werden. Dies wird möglich durch die App Streetspotr.
Die eingebundenen Konsumenten erhalten über diese App europaweit Aufträge am und
abseits des POS der Kunden. Diese Aufträge reichen von Store Checks über Mystery-­
Shopping-­Aufgaben bis zu Online-Umfragen.
Da Fragen und Antworten unmittelbar in die App eingegeben werden, können spezi-
fische Fragestellungen direkt am POS, Out-of-Home oder von zu Hause aus beantwortet
werden. Die Qualität der erhobenen Daten wird durch GPS-basierte Check-ins,
Geo-Fencing, Zeitstempel und/oder Beweisbilder überprüft. Die Auftraggeber von PO-
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 155

Spulse erhalten die Antworten  in Echtzeit. Hierdurch wird ein schnelles Handeln er-
möglicht.
Unilever bspw. setzte das POSpulse ein, um den Launch eines neuen Reinigungs-
produktes in Echtzeit zu überwachen. Über die Streetspotr-App wurden Besuche in statio-
nären Geschäften zur Ermittlung der Käuferwahrnehmung und zur Überprüfung der Pro-
dukte und Promotions vor Ort angestoßen und dokumentiert. Durch diese Analyse können
die folgenden Fragen beantwortet werden (vgl. POSpulse, 2021):

• Wie kann der Prozess der Einführung eines Neuproduktes weiter optimiert werden?
• Wie nehmen Konsumenten das neue Produkt wahr?
• Welche Faktoren und Barrieren beeinflussen die Kaufentscheidung?
• Wo wird das Produkt am POS platziert?
• Wie sind Promotions für das Produkt platziert?
• Sind die Promotions in allen Stores verfügbar und optimal umgesetzt?
• Nehmen Shopper die Promotion wahr?
• Wie sind die Produkte der Wettbewerber im Vergleich positioniert?
• Wie beurteilen Endnutzer die neuen Produkte?
• Wie erfolgreich sind einzelne Promotion-Elemente? Welchen Einfluss haben
Promotion-­Elemente und -Kombinationen auf den Sales-Uplift? (Hierzu werden
Nielsen-­Daten in die Auswertung eingebunden.)

Die Antworten auf diese Fragen liefern die Gründe für die erzielten Verkaufszahlen –
und bieten wesentlich mehr „Futter“ für die Optimierung laufender und zukünftiger Kam-
pagnen. Durch die immer größere Dynamik der Veränderungsprozesse wird es für die
Unternehmen immer wichtiger, schnell handlungsrelevante Informationen zu erhalten.
Nur dann kann schnell reagiert werden. Durch solche Konzepte werden die hierfür be-
nötigten Informationen quasi in Echtzeit geliefert!

Was es zu behalten gilt

• Planung stellt eine unverzichtbare Voraussetzung für eine zielorientierte Unter-


nehmenssteuerung dar.
• Die Bildung strategischer Geschäftseinheiten reduziert die im Planungsprozess
zu bewältigende Komplexität eines Unternehmens.
• Die operative Planung wird aus der strategischen Planung abgeleitet und soll
dazu beitragen, diese umzusetzen.
• Der Planungsprozess ist durch umfassende Unternehmens-, Markt-, Wett-
bewerbs- und Umweltanalysen informatorisch zu untermauern.
• Die notwendige Orientierung für die Informationsgewinnung liefert das
5-D-Konzept der Marketing-Forschung.
156 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

• Die SWOT-Analyse verbindet die interne und externe Analyseperspektive.


• Der 5-Forces-Ansatz von Porter stellt ein wichtiges Werkzeug zur Branchenana-
lyse dar.
• Die Portfolio-Analyse kann sehr flexibel ausgestaltet werden und leistet einen
wertvollen Beitrag zur Untermauerung strategischer Entscheidungen.
• Durch Benchmarking und die Analyse von Wertschöpfungsketten wird ver-
sucht, konkrete Anhaltspunkte zur Kostenreduktion bzw. zur Steigerung des
Kundennutzens im Vergleich mit anderen Unternehmen zu ermitteln.
• Die Customer Journey Map erfasst, wie Kunden den Weg zum Unternehmen
gehen und bewerten.
• Marktstudien, Kundenbefragungen und Mystery-Market-Research-Kon-
zepte können flexibel zur Ermittlung relevanter Marktinformationen ein-
gesetzt werden.

Fragen zur Überprüfung Ihres Wissensstandes

1. Wie lässt sich Planung kennzeichnen?


2. Was sind die zentralen Inhalte von Planungsprozessen?
3. In welcher Form können Planungsprozesse im Unternehmen ablaufen? Welche
Vor- und Nachteile sind mit verschiedenen Varianten verbunden?
4. Welches sind die Kernideen des agilen Managements?
5. Was versteht man unter einer strategischen Geschäftseinheit? Welche Ziele sind
mit deren Bildung verbunden?
6. Wodurch unterscheiden sich Cost Center und Profit Center? In welchen Unter-
nehmensbereichen sind diese jeweils zu finden?
7. Wie lassen sich operative und strategische Planung kennzeichnen?
8. Welche Beispiele fallen in den Bereich der strategischen Planung?
9. Was versteht man unter Marketing-Forschung? Grenzen Sie die Begriffe Markt-
und Marketing-Forschung voneinander ab.
10. Welche Phasen unterscheidet das 5-D-Konzept der Marketing-Forschung? Welche
Fragen sind in diesen einzelnen Phasen zu klären?
11. Worin liegen die Unterschiede zwischen explorativen, deskriptiven und kausalen
Studien?
12. Worin liegt der Unterschied zwischen der qualitativen und der quantitativen
Marketing-­Forschung? Wann kommt welche Methode zum Einsatz?
13. Wodurch unterscheiden sich Primär- und Sekundärforschung? Welche Bedeutung
kommt den beiden Forschungsarten zu?
14. Unterscheiden Sie die Methoden Befragung, Beobachtung und Experiment und
machen Sie deutlich, wann welche Methode eingesetzt wird bzw. werden sollte.
2.2 Aufgabenstellung und Methoden der Marketing-Forschung 157

15. Was versteht man unter Validität, Reliabilität und Objektivität? Welche Bedeutung
kommt diesen Kriterien im Rahmen der Marketing-Forschung zu?
16. Was versteht man unter Repräsentativität? Warum ist diese von großer Wichtigkeit?
17. Was ist mit dem Begriff „Hidden Agenda“ gemeint? Wann ist mit einer solchen zu
rechnen?
18. Welche Methoden der Stichprobenziehung können unterschieden werden?
19. Welche Bedeutung kommt der Erfolgsfaktorenforschung im Kontext der
Marketing-­Analyse zu?
20. Was verbirgt sich hinter dem PIMS-Projekt und welche zentralen Erkenntnisse
wurden durch dieses ermittelt?
21. Welche Beziehung wurde zwischen der Investitionstätigkeit und dem ROI er-
mittelt? Welche Ursachen kann diese Beziehung haben?
22. Welche Beziehung wurde zwischen dem relativen Marktanteil und dem ROI er-
mittelt? Welche Ursachen kann diese Beziehung haben?
23. Welche Beziehung wurde zwischen der relativen Produktqualität und dem ROI
ermittelt? Welche Ursachen kann diese Beziehung haben?
24. Welche weiteren zentralen Einflussfaktoren auf den ROI wurden ermittelt?
25. Worin sind die Kritikpunkte des PIMS-Projektes zu sehen?
26. Was ist unter Erfahrungskurveneffekten zu verstehen? Wodurch werden sie er-
reicht und welche Bedeutung haben sie für Unternehmen? Nennen Sie konkrete
Beispiele ihrer Umsetzung.
27. Was versteht man unter Economies of Scale? Wodurch werden sie erreicht und
welche Bedeutung haben sie für Unternehmen? Nennen Sie konkrete Beispiele.
28. Was ist der zentrale Inhalt einer SWOT-Analyse? Bei welchen unternehmerischen
Entscheidungen kann ihr Einsatz sinnvoll sein?
29. Welche Kriterien können zur Ermittlung von Stärken und Schwächen eingesetzt
werden?
30. Welche Möglichkeiten existieren, um die relevanten Wettbewerber zu ermitteln?
Wie wird konkret vorgegangen?
31. Was versteht man unter einer „strategischen Gruppe“? Nennen Sie hierfür kon-
krete Beispiele.
32. Welchen Beitrag kann das Johari-Fenster zur Unternehmensanalyse leisten?
Warum ist dessen Einsatz so wertvoll?
33. Welche Triebkräfte werden bei der Branchenanalyse von Porter unterschieden?
Welche Ursachen können unterschiedlichen Machtkonstellationen zu-
grunde liegen?
34. Führen Sie eine solche Branchenanalyse für Buchverlage in Deutschland durch.
Welche Faktoren sind hier zu berücksichtigen? Wie sind die Machtkonstellationen
ausgeprägt?
35. Kennzeichnen Sie die Grundlagen der Portfolio-Analyse. Welche Überlegungen
liegen dieser zugrunde? Welche Ziele werden durch deren Einsatz angestrebt?
158 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

36. Beschreiben Sie das Grundkonzept, die Vorgehensweise, mögliche Erkenntnisse


und die Grenzen der BCG-Portfolio-Analyse.
37. Wie stellt sich im Vergleich zur BCG-Portfolio-Analyse das Konzept von McKin-
sey dar? Welche Vor- und Nachteile sind mit Letzterem verbunden?
38. Kennzeichnen Sie Konzept und Erkenntnisziele des Technologie-Portfolios. Bei
welchen Fragestellungen wird es eingesetzt?
39. Was verbirgt sich hinter Benchmarking? In welchen Fällen kann es eingesetzt
werden, wo liegen die Grenzen?
40. Welche Arten von Benchmarking sind zu unterscheiden? Wann sollte welche
Form eingesetzt werden?
41. Welche Stufen sind bei der Durchführung eines Benchmarkings zu durchlaufen?
Welche Fragestellungen sind jeweils zu bearbeiten?
42. Welche Erkenntnisse wurden im Zuge des Benchmarkings bei Low-Cost-Carriern
ermittelt? Welche Bedeutung haben diese Resultate?
43. Welche Marketing-Analysen können im Vorfeld einer Produkteinführung ein-
gesetzt werden?
44. Kennzeichnen Sie ausgewählte Methoden (u. a. Konzepttest, Produkttest, Markt-
test, Storetest) und verdeutlichen Sie deren Stärken und Schwächen.
45. Welche Erkenntnisse lassen sich durch den Einsatz eines Tachistoskops sowie der
Blickregistrierung erzielen? Welche Bedeutung kommt den so gewonnenen Re-
sultaten zu?
46. Welche weiteren Formen der Kundenbefragung kommen zum Einsatz? Mit wel-
chen Arten wurden Sie bereits selbst konfrontiert?
47. Charakterisieren Sie ein Panel.
48. Welche Arten von Panels können unterschieden werden? Welche Erkenntnisziele
sind mit deren Einsatz jeweils verbunden?

Literatur

agma. (2021). Datenerhebung der TV-Nutzung. https://www.agma-­mmc.de/media-­analyse/fern-


sehen/datenerhebung. Zugegriffen am 07.04.2021.
Altobelli, C. F. (2017). Marktforschung. Methoden – Anwendungen – Praxisbeispiele (3. Aufl.). UVK.
Backhaus, K., Erichson, B., Gensler, S., Weiber, R., & Weiber, T. (2021). Multivariate Analyse-
methoden: Eine anwendungsorientierte Einführung (16. Aufl.). Springer Gabler.
Braunberger, G. (2005). Kaufen und Kopieren. Wie China mit Airbus spielt. Frankfurter Allgemeine
Sonntagszeitung, 11. Dezember 2005, S. 50.
Bruhn, M., & Hadwich, K. (2017). Produkt- und Servicemanagement (2. Aufl.). Vahlen.
Concept, M. (2021). Das Alltagsstudio. https://conceptm.eu/alltagsstudio/. Zugegriffen am 07.04.2021.
Daimler. (2021a). Daimler im Überblick. https://www.daimler.com/konzern/ueberblick.html. Zu-
gegriffen am 06.04.2021.
Daimler. (2021b). Daimler plant Aufteilung des Geschäfts in zwei unabhängige Unternehmen.
https://www.daimler.com/investoren/berichte-­news/finanznachrichten/20210203-­projekt-­focus.
html. Zugegriffen am 06.04.2021.
Literatur 159

Dillerup, R., & Stoi, R. (2021). Unternehmensführung. Management & Leadership (6. Aufl.). Vahlen.
DIW. (2021). Kurzporträt. https://www.diw.de/de/diw_01.c.615551.de/forschungsbasierte_infra-
struktureinrichtung__sozio-­­oekonomisches_panel__soep.html. Zugegriffen am 17.05.2021.
GfK. (2021a). GfK Shopper Behavior. Das Wer, Was und Wo des Kaufverhaltens. https://www.gfk.com/
de/produkte/markt-­und-­retail-­intelligence/gfk-­shopper-­behavior. Zugegriffen am 12.04.2021.
GfK. (2021b). GfK Why2Buy. https://www.gfk.com/de/produkte/The-­Why-­behind-­the-­Buy. Zu-
gegriffen am 12.04.2021.
Go2market. (2021). Wir sehen Produkte mit den Augen der Konsumenten. https://go2.markets/
industriepartner. Zugegriffen am 12.04.2021.
Homburg, C. (2020). Marketingmanagement. Strategie – Instrumente – Umsetzung – Unternehmens-
führung (7. Aufl.). Springer Gabler.
Kaplan, K. (2016). When and how to create customer journey maps. https://www.nngroup.com/ar-
ticles/Customer Journey Mapping/. Zugegriffen am 12.04.2021.
Kilian, K., & Kreutzer, R. (2022). Digitale Markenführung. Springer Gabler.
Koch, J., & Riedmüller, F. (2021). Marktforschung. Grundlagen und praktische Anwendungen
(8. Aufl.). de Gruyter.
Kreutzer, R. T. (2018). Toolbox für Marketing und Management. Kreativkonzepte – Analysewerk-
zeuge – Prognoseinstrumente. Springer Gabler.
Kreutzer, R. T. (2021a). Kundendialog online und offline, Das große 1x1 der Kundenakquisition,
Kundenbindung und Kundenrückgewinnung. Springer Gabler.
Kreutzer, R. T. (2021b). Praxisorientiertes Online-Marketing. Konzepte – Instrumente – Checklisten
(4. Aufl.). Springer Gabler.
Kreutzer, R. T. (2021c). Toolbox für Digital Business. Springer Gabler.
Kreutzer, R.  T., & Sirrenberg, M. (2019). Künstliche Intelligenz verstehen. Grundlagen  – Use-­
Cases – unternehmenseigene KI-Journey. Springer Gabler.
Kroeber-Riel, W., & Gröppel-Klein, A. (2019). Konsumentenverhalten (11. Aufl.). Vahlen.
Kuß, A., Wildner, R., & Kreis, H. (2018). Marktforschung. Grundlagen der Datenerhebung und
Datenanalyse (6. Aufl.). Springer Gabler.
Markowitz, H. (1952). Portfolio selection. Journal of Finance, 7(1), 77–91.
Mayring, P. (2015). Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken (12. Aufl.). Beltz.
Mayring, P. (2019). Qualitative Inhaltsanalyse – Abgrenzungen, Spielarten, Weiterentwicklungen.
Forum Qualitative Sozialforschung, 20(3). http://www.qualitative-­research.net/. Zugegriffen am
07.03.2021.
McKeown, G. (2014). Essentialism: The disciplined pursuit of less. Random House.
Müller, H.-E., & Wrobel, M. (2021). Unternehmensführung. Strategie  – Management  – Praxis
(4. Aufl.). Oldenbourg.
NielsenIQ. (2021). Entscheiden Sie mit Überzeugung. https://nielseniq.com/global/de/solutions/.
Zugegriffen am 07.04.2021.
Pepels, W. (2016). Produktmanagement: A. Neue Produkte am Markt einführen – B. Marken erfolg-
reich managen – C. Produktprogramme planen und kontrollieren – D. Strukturen und Prozesse
implementieren (7. Aufl.). Duncker & Humblot.
Porter, M. E. (1999). Wettbewerbsstrategie. Campus.
Porter, M. E. (2004). Wettbewerbsvorteile. Campus.
POSpulse. (2021). Wer wir sind und was wir tun. https://www.pospulse.com/ueber-­uns?hsCtaTrack
ing=0d4c020b-­06b2-­4c11-­93fa-­6d518e65ea0d%7C51b1e2b5-­1921-­4b13-­91ce-­5cfa9a1af7c7.
Zugegriffen am 12.04.2021.
Raab, G., Unger, A., & Unger, F. (2018). Methoden der Marketing-Forschung: Grundlagen und
Praxisbeispiele (3. Aufl.). Springer Gabler.
Rechtien, W. (1999). Angewandte Gruppendynamik (3. Aufl.). Beltz.
Reidel, M. (2021). Ein Jahr in vier Grafiken. Horizont, 21, 60.
160 2  Marketing-Planung und Marketing-Forschung

Siemens. (2021). Management. https://new.siemens.com/global/de/unternehmen/ueber-­uns/ma-


nagement.html. Zugegriffen am 06.04.2021.
Statista. (2021). Global No.1 business data platform. https://de.statista.com/. Zugegriffen am
07.04.2021.
Steffen, A., & Doppler, S. (2019). Einführung in die Qualitative Marktforschung, Design – Daten-
gewinnung – Datenauswertung. Springer Gabler.
Tomczak, T., Kuß, A., & Reinecke, S. (2014). Marketingplanung. Einführung in die marktorientierte
Unternehmens- und Geschäftsfeldplanung (7. Aufl.). Springer Gabler.
Weis, H. C., & Steinmetz, P. (2012). Marktforschung (8. Aufl.). Kiehl.
Welge, M., Al-Laham, A., & Eulerich, M. (2017). Strategisches Management. Grundlagen – Pro-
zess – Implementierung (7. Aufl.). Springer Gabler.
Zerr, K. (2021). Irrweg customer centricity. Planung & Analyse, 2, 4–6.
Marketing-Ziel
3

„Für ein Schiff, das seinen Hafen nicht kennt, weht kein Wind
günstig.“
Seneca
„Erfolgreich zu sein, setzt zwei Dinge voraus: klare Ziele und
den brennenden Wunsch, sie zu erreichen.“

Lernziele
Fähigkeit,

• die Relevanz von Zielen für das Marketing und darüber hinaus zu erkennen
• spezifische Anforderungen für die Zielformulierung umzusetzen
• verschiedene Zielkonzepte in ihrer Bedeutung zu verstehen
• die Markenwertschöpfungskette als konkreten Zielrahmen einzusetzen
• Key Performance Indicators für unterschiedliche Phasen der Markenwert-
schöpfungskette hinsichtlich ihrer Relevanz zu bewerten
• die Bedeutung und den Aufbau einer Balanced Scorecard für das Unternehmen
und das Marketing zu verstehen

Elektronisches Zusatzmaterial Die elektronische Version dieses Kapitels enthält Zusatzmaterial,


das berechtigten Benutzern zur Verfügung steht. https://doi.org/10.1007/978-3-658-35307-0_3.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2022 161
R. T. Kreutzer, Praxisorientiertes Marketing,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-35307-0_3
162 3 Marketing-Ziel

3.1 Relevanz und Funktionen von Zielen

Ziele stellen eine Konkretisierung angestrebter Zustände in der Zukunft dar. Sie ste-
hen damit an der Spitze der Marketing-Pyramide. Sie konkretisieren, welche „Wunsch-
orte“ erreicht werden sollen (vgl. Abb. 1.6). Ziele liefern damit – im unternehmerischen
Bereich wie im privaten Leben – die zentralen Orientierungspunkte für menschliches
Handeln.

cc Merk-Box  Ohne konkrete Zielsetzung kann kein gerichteter Ressourcenein-


satz erfolgen, weil nicht bekannt ist, was eigentlich erreicht werden soll.

Während Zielen in Unternehmen eine große Bedeutung beigemessen wird, finden


sich konkrete, im Idealfall auch schriftlich formulierte Ziele bei Privatpersonen nur sel-
ten. Aber wie soll ich bspw. mein Studium organisieren, wenn ich mir nicht klar darüber
bin, welche Ziele ich im Studium und im späteren Berufsleben anstrebe? Stelle ich das
Studium unter das Maximalziel „Freizeitoptimierung“ und versuche, so viele angenehme
Dinge wie möglich zu erleben, während Dauer des Studiums und Abschlussnote eher
zweitrangig sind? Oder plane ich, nach Abschluss des Studiums einen Master anzu-
schließen im Wissen, dass ich bei guten Hochschulen nur mit einem Notendurchschnitt
besser als 1,5 aufgenommen werde und mich deshalb stärker auf die Lehre und das Lernen
konzentrieren sollte?
Ein Teil der Studenten „stolpert“ nach wie vor ohne große Zielorientierung durchs Stu-
dium, wählt Kurse nach dem „professoralen Nasenfaktor“ oder nach dem geringstmög-
lichen Widerstand aus. Anschließend ist die Überraschung groß, dass weder das Studium
so richtig in Fahrt kommt noch sich gute Noten einstellen. Häufig wird auch das Privat-
leben ähnlich „professionell“ gemanagt. Es bewahrheitet sich auch hier:

cc „Du bist heute, was Du gestern gedacht hast.“ (Buddha)

cc Merk-Box  Im privaten wie im unternehmerischen Umfeld kommt Zielen eine


zentrale Bedeutung zu.

Folgende Funktionen von Zielen werden unterschieden:

• Orientierungs- und Lenkungsfunktion


Ziele liefern zunächst einmal wichtige Hinweise darauf, „wohin die Reise gehen soll“.
Da bekannt ist, was erreicht werden soll, können die Ressourcen zielgerichtet ein-
gesetzt werden (bspw. Personal, Kapital, Technologien). Im Idealfall wird eine „kon-
zertierte Aktion“ aller Mitarbeiter und Führungskräfte erreicht. Dann ziehen alle nicht
nur am gleichen Strang, sondern auch in die gleiche Richtung!
3.1 Relevanz und Funktionen von Zielen 163

Nur wenn der Kapitän und die gesamte Mannschaft wissen, wohin die Reise gehen
soll, können er und sein gesamtes Team die Strategien und den Einsatz der Instrumente
in allen Unternehmensbereichen auf dieses Ziel ausrichten. Bei der Verteilung knapper
Ressourcen, seien es Mitarbeiter, Kapital, Anlagen etc., liefern die definierten Ziele den
zwingend erforderlichen Orientierungsrahmen.
• Kontrollfunktion
Erst durch das Setzen und das möglichst schriftliche Fixieren von Zielen wird die
Möglichkeit geschaffen, den Erfolg eines Unternehmens zu bewerten – bspw. am Ende
eines Geschäftsjahres. Durch einen Vergleich zwischen den angestrebten Zielen und
den erreichten Ergebnissen wird deutlich, in welchen Bereichen das Unternehmen
erfolgreich war und in welchen nicht. Ohne Zielsetzung ist keine Erfolgskontrolle
möglich!

cc Merk-Box  „You can’t manage what you don’t measure!“

• Motivationsfunktion
Ziele können und sollen Mitarbeiter und Führungskräfte gleichermaßen motivieren.
Dies gelingt besonders dann, wenn an die Erreichung bestimmter Ziele nicht-monetäre
Anreize (etwa Aufstiegschancen) oder monetäre Belohnungen (wie Provisionen, Tan-
tiemen oder Gewinnbeteiligungen) gekoppelt werden. Den Betroffenen wird so deut-
lich, dass sie mit ihrem eigenen Verhalten unmittelbaren Einfluss auf ihr Jahres-
gehalt haben.
Je höher man in der Unternehmenshierarchie angesiedelt ist, desto größer fällt die-
ser sogenannte variable Anteil des Gehaltes aus. Die Bandbreite kann sich auf 40 bis
80 % des Jahresgehaltes belaufen. Bei einer Kopplung der Tantieme an den Aktienkurs
wird auch ein Mehrfaches des Jahresgehaltes erreichbar.
Diese Motivationsfunktion setzt allerdings voraus, dass die Ziele aus Sicht der Mit-
arbeiter und Führungskräfte realistisch sind. Sonst schlägt die Motivationsfunktion
genau ins Gegenteil um. Dann müssen die Betroffenen befürchten, dass sie auch bei
höchstem Engagement ihre Ziele nicht erreichen können. Bei der Definition der Ziele
ist wichtig, dass die Anreize auf eine längerfristig erfolgreiche Unternehmensent-
wicklung abzielen und nicht eine kurzfristige Ergebnismaximierung fördern.
Die Motivationsfunktion von Zielen kann über das eigene Unternehmen hinaus aus-
strahlen. Hier ist an die Bewertung eines Unternehmens durch Analysten und an den
Börsenwert zu denken. Werden ehrgeizige Ziele kommuniziert, kann das die Börsen-
phantasie anregen. Diese wiederum befeuert die Börsenkapitalisierung, d.  h. den
durch den Aktienkurs bestimmten Wert des Unternehmens (vgl. Abschn. 1.1.1). Neue
Mitarbeiter und Führungskräfte können durch motivierende Ziele angelockt und die
bestehende Mannschaft zum Bleiben angeregt werden.
164 3 Marketing-Ziel

3.2 Anforderungen an die Formulierung von Zielen

Damit Ziele die skizzierten steuernden und motivierenden Funktionen erfüllen können,
sind mehrere Anforderungen an eine Zielformulierung zu berücksichtigen. Eine Ana-
lyse von Zielen – im privaten wie im geschäftlichen Bereich – zeigt immer wieder, dass
eine ausreichende Präzisierung der Zielsetzung sehr häufig nicht erfolgt. Eine umfassende
Verbindlichkeit der Ziele wird dann nicht erreicht. Die nachfolgenden vier Anforderungen
sind bei der Definition von Zielen zu berücksichtigen, wenn die beschriebenen Funktionen
der Ziele erreicht werden sollen:

• Zielinhalt: Was soll erreicht werden?


Zunächst einmal ist das angestrebte Ziel inhaltlich zu konkretisieren. Auf ein Ziel
Kundenzufriedenheit kann man sich im Unternehmen sicherlich leicht verständigen.
Aber was genau ist damit gemeint? Und wie soll die Zielerreichung gemessen werden?
Soll die Messung über den Anteil der „Mehrfachtäter“ in Gestalt von loyalen Kunden
erfolgen, die dem Unternehmen seit zwei oder drei Jahren die Treue halten? Oder wird
die Kundenzufriedenheit anhand der Reklamationsquote ermittelt, die durch Rück-
sendung der Produkte oder durch Anrufe im Customer-Service-Center gemessen wird?
Ist angedacht, eine spezielle Studie zur Kundenzufriedenheit durchzuführen, bei der
eine konkrete Frage nach der „Zufriedenheit“ gestellt wird? Ist die Zufriedenheit der
eigenen Kunden in Relation zu der bei wichtigen Wettbewerbern zu messen? Es wird
deutlich: Ein Ziel wie „Kundenzufriedenheit“ bedarf einer präzisen Definition, um die
steuernden und motivierenden Funktionen zu erreichen.
Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Ziel Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit.
Im Unternehmen kann sicherlich schnell Einigkeit über die Wichtigkeit eines solchen
Zieles erreicht werden. Entscheidend ist jedoch, wie die Wettbewerbsfähigkeit ge-
messen werden soll. Hierfür gibt es wieder eine breite Palette von Key Performance
Indicators (KPIs). KPIs ermöglichen eine Messung und damit auch eine Bewertung
der wichtigsten unternehmerischen Leistungen. Hier eine kleine Auswahl von KPIs:
–– Absoluter und relativer Marktanteil
–– Umsatz
–– Umsatz- und Eigenkapitalrentabilität (Return on Sales, Return on Investment)
–– Gewinn, EBIT
–– Cashflow
–– Markenwert
–– Durchschnittliche Kundenwerte
–– NPS-Werte
–– Produktionskosten pro Stück
–– Durchlaufzeit für die Herstellung eines Pkws
Diese Kriterien beschreiben wichtige Leistungsfelder des Unternehmens  – deshalb
„Key Performance Indicators“. Sie können im eigenen Unternehmen im Zeitablauf
verglichen werden und signalisieren, ob sich die Performance des Unternehmens ver-
3.2 Anforderungen an die Formulierung von Zielen 165

bessert oder verschlechtert. Die KPIs dienen auch zur Bewertung verschiedener Stand-
orte oder SGEs eines Unternehmens. Anhand der KPIs ist auch ein Vergleich mit Kon-
kurrenten möglich. So kann die Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Unternehmens
ermittelt werden.
Hier sollte zwischen den Zielinhalten „Effektivität“ und „Effizienz“ sauber unter-
schieden werden.

cc Merk-Box  Bei der Effektivität geht es um die Frage:


„Are we doing the right things?“

Im Kern geht es bei der Effektivität um die Frage, ob eine Maßnahme zum gewünschten
Ergebnis führt, ob ein definiertes Ziel erreicht wird. Wir ermitteln hier den „Grad der
Wirksamkeit“. So könnte man bspw. diskutieren, ob die Lebensmittel-Discounter ein
Kundenbindungsprogramm erarbeiten sollten. Wahrscheinlich eher nicht. Warum? Dis-
counter binden ihre Kunden eher durch ein überzeugendes Preis-Leistungs-­Verhältnis als
mit einer Kundenkarte. Deshalb wäre die Entwicklung eines Kundenbindungsprogramms
für Discounter eher nicht effektiv. Umsatz und Gewinn ließen sich durch ein solches Pro-
gramm voraussichtlich wenig steigern – bei hohen Kosten.

cc Merk-Box  Bei der Effizienz geht es um die Frage:


„Are we doing the things right?“

Bei der Effizienz geht es um das Wirtschaftlichkeitsprinzip („Grad der Wirtschaft-


lichkeit“), also um die Input-Output-Relation  – unabhängig davon, ob das Ergebnis
dieses Prozesses zur unternehmerischen Zielerreichung beiträgt. Bei der Effizienz kann
am Beispiel „Kundenbindungsprogramm“ geprüft werden, wie ökonomisch die Mit-
gliedergewinnung und die Abwicklungsprozesse laufen. Die Frage, ob ein solches Pro-
gramm zur Erreichung der übergeordneten Ziele eines Discounters beiträgt – hier ginge
es um die Effektivität – wird dagegen nicht gestellt.
• Zielausmaß: Wie viel soll erreicht werden?
Jedes Ziel bedarf einer Operationalisierung. Hiermit ist die Messbarmachung des
Zielinhaltes gemeint. Erst eine Operationalisierung ermöglicht ein präzises Ansteuern
von Zielen – wie auch eine genau Kontrolle der Zielerreichung. Es geht um die Fragen:
Wie viel Umsatz oder Gewinn soll erzielt werden? Wie viele Neukunden sind zu ge-
winnen? Wie viel Prozent der Kunden sollen mit dem Unternehmen „sehr zufrieden
oder zufrieden“ sein? Wie groß soll der angestrebte „relative Marktanteil“ genau sein?
Es wird zwischen Maximierungs- bzw. Minimierungszielen einerseits und
Satisfaktionszielen andererseits unterschieden. Bei den Maximierungszielen gilt es
bspw., einen maximal hohen Marktanteil oder einen maximal hohen Gewinn zu er-
reichen. Entsprechend wird bei den Minimierungszielen angestrebt, „minimale
Produktionskosten“ zu erreichen oder ein Fahrzeug in „möglichst kurzer Zeit“ zu bauen.
166 3 Marketing-Ziel

Problematisch an Maximierungs- und Minimierungszielen ist, dass „am Ende des


Tages“ niemand wirklich feststellen kann, ob diese Ziele tatsächlich erreicht wurden.
Denn woran kann man in der Praxis erkennen, ob wirklich die niedrigsten Produktions-
kosten erreicht wurden? Selbst wenn ein Unternehmen günstiger als alle Wettbewerber
produziert, heißt das nicht automatisch, schon die geringstmöglichen Kosten erreicht
zu haben. Und wer kann im Unternehmensalltag darüber entscheiden, ob wirklich der
„maximale Gewinn“ erzielt wurde?

cc Merk-Box  Die wichtigen Steuerungs- und Kontrollfunktionen können Maxi-


mierungs- bzw. Minimierungsziele nicht erreichen. Aufgrund ihrer nicht zu si-
chernden Erreichbarkeit leidet auch die Motivationsfunktion. Deshalb werden
Maximierungs- bzw. Minimierungsziele in gut geführten Unternehmen
nicht eingesetzt.

Formulieren Sie Ziele als Satisfaktionsziele. Das Umsatzziel lautet dann 450 Mil-
lionen €. Oder die Produktionskosten für die Grundversion eines E-Automodells wer-
den auf 27.000  € festgelegt. Bei einem Studium kann das Satisfaktionsziel heißen,
einen Notenschnitt von 1,3 anzustreben. Bei so formulierten Zielen kann genau über-
prüft werden, ob sie erreicht wurden. Außerdem können Maßnahmen sehr genau
daraufhin analysiert werden, welchen Beitrag sie zur Erreichung eines solchen Ziels
leisten.
• Zeithorizont eines Ziels: Bis wann soll es erreicht werden?
Hier geht es um die Frage, in welchem Zeitraum ein bestimmtes Ziel umgesetzt werden
soll. Strategische Ziele (bspw. in Gestalt des Aufbaus mehrerer Produktionsnieder-
lassungen für Batterien durch Volkswagen in Europa) weisen häufig einen Zeitbezug
von drei bis fünf Jahren auf. Operative Ziele orientieren sich dagegen am Geschäfts-
jahr der Unternehmen. Sie sind folglich meist auf zwölf Monate oder eine noch kürzere
Zeitspanne ausgerichtet.
Die Relevanz des zeitlichen Bezugs ergibt sich wieder aus der Kontrollfunktion.
Wenn kein zeitlicher Eckpunkt für die Zielerreichung fixiert wird, bleibt unklar, wann
die Erfüllung eines Ziels erreicht sein soll. Deshalb ist es zu wenig, sich als Ziel eines
Bachelor-­Studiengangs die Note 1,3 vorzunehmen, ohne zu konkretisieren, ob dieses
Ziel in der Regelstudienzeit oder in acht oder zehn Semestern erreicht werden soll.
Auch das Ziel, das eigene Gewicht um 10 kg zu reduzieren, bleibt kraftlos ohne die
Ergänzung „innerhalb der nächsten sechs Monate“.
Empfehlenswert ist es im Privatbereich wie im Unternehmen, nicht nur strategische
Ziele in operative Ziele herunterzubrechen, sondern diese weiter als Quartalsziele zu
formulieren. Nur so wird eine präzise Ausrichtung der Aktivitäten möglich. Im persön-
lichen Bereich wie auch im Projektmanagement kann sich diese Zielplanung zur Er-
reichung einer besonders effektiven Vorgehensweise auf Monats-, Wochen- und/oder
Tagesbasis konkretisieren.
3.2 Anforderungen an die Formulierung von Zielen 167

• Geltungsbereich eines Ziels: Wo soll es erreicht werden?


Wenn ein Unternehmen eine Marktführerschaft anstrebt, dann wirkt dieses Ziel unter-
schiedlich ehrgeizig, je nachdem, ob diese Position in Mecklenburg-Vorpommern, in
Deutschland, in der EU oder auf dem Weltmarkt erreicht werden soll. Es ist auch unter-
schiedlich anspruchsvoll, je nachdem, ob diese Marktführerschaft für das gesamte
Unternehmen oder lediglich in einem definierten Geschäftsbereich (bspw. bei Süß-
waren im Premiummarkt) angestrebt wird.

cc Merk-Box  Damit durch ein Ziel Orientierung/Lenkung, Kontrolle und Motiva-


tion möglich werden, sind Zielinhalt, Zielausmaß sowie der zeitliche und
räumliche Bezug präzise zu definieren.

Teilweise wird bzgl. der Anforderungen an die Zielformulierung auch von sogenannten
SMART-Zielen gesprochen. Dieses Akronym (Sonderfall einer Abkürzung) setzt sich aus
den Anfangsbuchstaben der folgenden Wörter zusammen:

• Specific (genaue Angabe des angestrebten Ergebnisses)


• Measurable (Messbarkeit der Zielerreichung)
• Achievable (Erreichbarkeit des Ziels)
• Relevant (Wichtigkeit des Zieles) bzw. Realistic (Übereinstimmung des Vorhabens
mit der Realität)
• Targeted (sachliche Konkretisierung) bzw. Time-Oriented (zeitliche Präzisierung)

Bis auf die Erreichbarkeit bzw. Realistik sowie die Relevanz von Zielen sind alle
Aspekte durch die bereits beschriebenen Anforderungskriterien abgedeckt. „Erreichbar-
keit/Realistik“ und „Relevanz“ liegen m. E. allerdings auf einer anderen logischen Ebene.
Bei diesen Kriterien geht es nicht um die Definition eines Ziels, sondern um eine Be-
wertung des Ziels. Es stellt sich die Frage, wer die Erreichbarkeit und Relevanz von
Zielen bewerten soll? Schließlich stellen Ziele angestrebte Zustände in der Zukunft dar,
deren Erreichung auch mit den besten Prognoseinstrumenten nicht vorhergesagt werden
kann. Auch die Bedeutung eines Ziels kann sich erst viel später abzeichnen.
Stellen Sie sich eine Gesprächssituation zwischen einem Vorgesetzten und einem Mit-
arbeiter über die Zielvereinbarung vor, bei der 40 % des Mitarbeiter-Jahresgehaltes von
der Erzielung eines Zieles abhängen. Hier wird deutlich: Die Bewertung der „Erreichbar-
keit“ dieses Zieles wird von den Gesprächspartnern gänzlich unterschiedlich ausfallen.
Der Vorgesetzte möchte möglichst anspruchsvolle Ziele festlegen, damit sich der Mit-
arbeiter kraftvoll engagiert. Der Mitarbeiter selbst möchte die Messlatte eher nicht so hoch
legen, um das Ziel auch sicher erreichen zu können.

cc Merk-Box  Erreichbarkeit und Relevanz von Zielen sind wichtig, um eine an-
gestrebte Motivationswirkung zu erzielen. Eine objektive Messgröße zu ihrer
Bewertung existiert allerdings nicht. Deshalb stellen die sogenannten SMART-
Ziele m. E. keine geeignete Orientierung zur Festlegung von Zielen dar.
168 3 Marketing-Ziel

Im Zusammenhang mit Zielen wird häufig über den OKR-Ansatz gesprochen. Die Ab-
kürzung OKR steht für „Objectives and Key Results“. Hierbei wird zwischen den Ziel-
objekten Objectives und Key Results unterschieden. Die hier „Objectives“ genannten
Ziele werden aus der Vision oder dem Purpose des Unternehmens abgeleitet. Die Key
Results beschreiben, welche Maßnahmen einzuleiten sind und wie deren Umsetzung ge-
messen werden kann. Die Objectives werden folglich über die anzustrebenden Key Re-
sults weiter operationalisiert. Ein Objective gilt dann als erreicht, wenn alle zugeordneten
Key Results erfüllt wurden.
Ein Beispiel soll den Prozess verdeutlichen. Das „Objective“ besagt, dass der Umsatz
in der Region A innerhalb der nächsten sechs Monate für das Produkt X um 15 % zu stei-
gern ist. In den „Key Results“ fließen die Tätigkeiten und die zu erreichenden Zwischen-
ergebnisse zusammen. Bei dem hier angestrebten Ziel könnten die Key Results wie
folgt lauten:

• Zwei Vertriebsmitarbeiter zusätzlich in der Region A einsetzen.


• Erarbeitung einer integrierten Online- und Offline-Marketing-Kampagne, um 250 zu-
sätzliche Leads zu generieren.
• Aufstockung des Service-Centers um einen Mitarbeiter, um die Anfragen im Back-
office zügig zu bearbeiten.

Die OKRs werden in einem rollierenden Prozess zunächst auf Unternehmensebene


definiert. Häufig liegt hierbei eine Beschränkung auf wenige Ziele vor. Anschließend wer-
den diese OKRs auf die einzelnen Unternehmensbereiche sowie auf Teams herunter-
gebrochen. Hierdurch soll ein strukturierterer Zielvereinbarungsprozess entstehen.
Gleichzeitig soll durch diesen Prozess eine hohe Transparenz über die angestrebten Ziele
erreicht werden. Eine Leitidee hierbei ist, dass Ziele und die Wege zur Zielerreichung ge-
meinsam im Team erarbeitet werden. Hierdurch sollen eine größere Identifikation mit
den Zielen und eine höhere Motivation zur Erreichung gesichert werden.
Außerdem werden die Ziele beim OKR-Ansatz meist nicht für ein komplettes Ge-
schäftsjahr definiert, sondern eher für ein Quartal oder ein Halbjahr. So wird eine höhere
Flexibilität in der Planung erreicht. Auf Veränderungen in Markt und Umfeld kann hier-
durch schneller reagiert werden.

3.3 Unternehmens- und Marketing-Ziele

Die Marketing-Ziele selbst stellen die Grundlage einer Marketing-Konzeption dar (vgl.
Abb.  1.6). Deren weitere Elemente sind die Marketing-Strategien und die Marketing-­
Instrumente. Strategien und Instrumente sind den Zielen hierarchisch untergeordnet und
auf die Erreichung der Ziele ausgerichtet.
Hier wird von einer Ziel-Mittel-Relation gesprochen. Die Umsetzung der Marketing-­
Strategien soll die Erreichung der Marketing-Ziele sicherstellen. Der Einsatz der
3.3 Unternehmens- und Marketing-Ziele 169

Marketing-­Instrumente stellt die Umsetzung der Marketing-Strategien dar. Die Erreichung


der Marketing-Ziele selbst soll dazu beitragen, die Ziele des gesamten Unternehmens zu
erreichen. Folglich sind die Marketing-Ziele den Unternehmenszielen hierarchisch unter-
geordnet und werden aus diesen abgeleitet. Die Ziele und die anderen Elemente der
Marketing-­Konzeption sowie die flankierenden Systeme (bspw. das Marketing-­Controlling
sowie die Marketing-Organisation) werden in einem Planungskonzept erarbeitet und fest-
gelegt (vgl. Abb. 1.4).
Den Unternehmenszielen übergeordnet sind die Vision und die Mission eines Unter-
nehmens. Beide basieren häufig auf bestimmten Kernwerten des Unternehmens. Die
Unternehmensvision beschreibt in eher allgemeiner Form in einem anspruchsvollen Zu-
kunftsentwurf. Hier wird beschrieben, was das Unternehmen langfristig erreichen möchte.
IKEA (2021) formuliert die folgende Vision und Geschäftsidee:
„Unsere große Leidenschaft ist das Leben zu Hause. Wir suchen stets nach neuen, bes-
seren Arbeitsweisen, angefangen damit, wie wir einen Schaukelstuhl entwickeln, der in
ein flaches Paket passt, bis hin zu LED-Lampen, die für alle erschwinglich sind. Unsere
Vision ist es, den vielen Menschen einen besseren Alltag zu schaffen – für die Kunden,
aber auch für unsere Mitarbeiter und die Menschen, die bei unseren Lieferanten arbeiten.“
Volkswagen (2021) formuliert die Vision wie folgt:
„Shaping mobility – for generations to come.
Volkswagen ermöglicht seit jeher individuelle und bezahlbare Mobilität für Millionen
Menschen. Unter der Vision „Shaping mobility – for generations to come.“ geben wir mit
unserer geschärften Konzernstrategie TOGETHER 2025+ Antworten auf die Heraus-
forderungen von heute und morgen.
Unser Ziel: Mobilität noch aktiver gestalten und nachhaltig sicherstellen – für heutige
und kommende Generationen.
Unser Versprechen: Mit dem elektrischen Antrieb, der digitalen Vernetzung und dem
autonomen Fahren machen wir das Automobil sauberer, leiser, intelligenter und sicherer.
Unser Kernprodukt wird zugleich noch emotionaler und bietet ein ganz neues Fahrerleb-
nis. So kann das Auto auch künftig ein Eckpfeiler nachhaltiger, individueller und bezahl-
barer Mobilität sein.“
Solche Visionen sollen im Zusammenwirken mit dem aktuellen Stand des Unter-
nehmens eine kreative Spannung erzeugen. Diese soll Führungskräfte und Mitarbeiter
gleichermaßen motivieren, auf die Erreichung der Vision hinzuarbeiten. Damit wird deut-
lich, dass die Vision eine wichtige generelle Orientierungsfunktion für das Unternehmen
leistet.
Die Unternehmensmission konkretisiert die Vision des Unternehmens häufig und
nennt wichtige Aktivitäten oder Kernkompetenzen, die das Unternehmen zur Erreichung
der Vision zugrunde legt. Die Mission gibt – in Verbindung mit der Vision – dem Unter-
nehmen sowohl einen bestimmten Handlungsrahmen als auch eine bestimmte Handlungs-
richtung. Mission und Vision stellen damit gleichsam den Startpunkt jeder Unternehmens-
und Marketing-Planung dar. Unternehmensvision und Unternehmensmission werden auch
170 3 Marketing-Ziel

als Unternehmenszweck bzw. als Purpose des Unternehmens bezeichnet (vgl. ver-
tiefend Kreutzer, 2021c).
Zusätzlich werden in vielen Unternehmen sogenannte Unternehmenswerte (auch
Corporate Core Values) definiert, auf denen das gesamte unternehmerische Tun aufbaut
bzw. aufbauen soll. Bei Volkswagen (2021) heißt es dazu:
„Wir wollen, dass Volkswagen ein durch und durch integres, im besten Sinne achtbares
Unternehmen ist. … Unser Versprechen an unsere Kunden, Aktionäre, Geschäftspartner
und uns selbst haben wir in sieben Grundsätzen zusammengefasst. Sie beschreiben, wofür
der Konzern in allen Marken, Gesellschaften und Ländern steht:

• Wir tragen Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft.


• Wir sind aufrichtig und sprechen an, was nicht in Ordnung ist.
• Wir wagen Neues.
• Wir leben Vielfalt.
• Wir sind stolz auf die Ergebnisse unserer Arbeit.
• WIR statt ich.
• Wir halten Wort.“

Teilweise werden Vision, Mission und/oder Werte von den Unternehmen in einem
Claim bzw. einen Slogan für die gesamten Aktivitäten des Unternehmens zusammen-
geführt. Hier ein paar prägnante Beispiele:

• Adidas: Own the game.


• Mercedes C-Klasse: Upgrade your comfort zone.
• Miele: Immer besser.
• Milka: Weil Zartes besser schmeckt.
• Procter & Gamble: Gemeinsam stärker.
• S. Oliver: Fashion for life.
• Tchibo: Wirklich Gutes entdecken.
• TikTok: Wir sind mehr als du denkst.
• Uber Eats: Eat local. Support local.
• Varta: Empowering independence.
• Vodafone: Together we can.
• Zalando: Here to stay.

Der Vision und Mission untergeordnet ist die Festlegung der allgemeinen Erfolgs-
erwartungen an die unternehmerische Tätigkeit. Es geht im Kern um die – häufig auf ein
Jahr bezogene  – Konkretisierung dessen, was ein Unternehmen quantitativ erreichen
möchte. Es wird nochmals deutlich: Ohne eine Festlegung solcher Ziele kann bspw. nicht
vierteljährlich festgestellt werden, ob ein Unternehmen „auf Kurs“ ist. Hierbei stehen häu-
fig die folgenden Unternehmens- bzw. Marketing-Ziele im Mittelpunkt:
3.3 Unternehmens- und Marketing-Ziele 171

Abb. 3.1 Er- Gewinn (Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit)


mittlung EBITDA + Steuern („Tax“)
= EBT (Earnings before Tax)
+ Zinsen („Interest“)
= EBIT (Earnings before Interest and Tax)
+ Abschreibungen auf Sachanlagen („Depreciation“)
+ Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte („Amortisation“)
= EBITDA (Earnings before Interest, Tax, Depreciation and Amortisation)

• EBITDA (Earnings before Interest, Tax, Depreciation and Amortisation)


EBITDA ist eine Kennzahl zur Messung der Unternehmensrentabilität. Bei ihrer
Berechnung wird der Gewinn (Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit) vor Zin-
sen („Interest“), vor Steuern („Tax“) sowie vor Abschreibungen auf Sachanlagen („De-
preciation“) und vor Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte („Amortisa-
tion“) ermittelt.
Folglich wird EBITDA wie in Abb. 3.1 gezeigt ermittelt.
Der größte Vorteil dieser Kennzahl ist die internationale Vergleichbarkeit des
EBITDA-­Wertes. Wie gelingt das? Da der „Gewinn vor Zinsen“ ermittelt wird, bleibt
die Finanzstruktur des Unternehmens unberücksichtigt. Da der „Gewinn vor Steuern“
kalkuliert wird, haben länderspezifische Steuergesetze keinen Einfluss auf den er-
mittelten EBITDA-Wert. Durch die Kalkulation „Gewinn vor Abschreibungen auf
Sachanlagen“ sowie „Gewinn vor Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte“
bleiben die unternehmens- und/oder länderspezifischen Abschreibungsmodalitäten un-
berücksichtigt. So erhält man eine Kenngröße, die international gut vergleichbar ist.
EBITDA bewertet den Kernbereich der Unternehmensleistung.
• EBIT (Earnings before Interest and Tax)
• EBT (Earnings before Tax)
• Gewinn
• Umsatz
• Absatz
• Marktanteil (absolut)
Um den absoluten Marktanteil zu ermitteln, wird der eigene Umsatz in Relation zum
Marktvolumen gesetzt.

Umsatz Unternehmen A
Absoluter Marktanteil Unternehmen A  100
Marktvolumen

Ein höherer Marktanteil geht häufig mit Economies of Scale einher und ist damit
zielführend.
• Marktanteil (relativ)
Um den relativen Marktanteil zu ermitteln, wird der eigene Umsatz oder der eigene
Marktanteil in Relation zum Umsatz oder zum Marktanteil des größten Wettbewerbs
gesetzt. Kleiner Hinweis: Wenn das eigene Unternehmen der dominante Anbieter ist,
hat es dennoch einen größten Wettbewerber!
172 3 Marketing-Ziel

Umsatz Unternehmen A
Relativer Marktanteil Unternehmen A =
ßten Wettebewerbers
Umsatz des gro

Wichtig: Der relative Marktanteil hat keine Einheitsbezeichnung. Ein relativer Markt-
anteil von „2“ sagt aus, dass das eigene Unternehmen doppelt so viel Umsatz erzielt
bzw. einen doppelt so hohen Marktanteil aufweist wie der größte Wettbewerber. Ein
relativer Marktanteil von „0,5“ zeigt, dass der eigene Umsatzanteil am Markt halb so
groß ist wie der des größten Wettbewerbers.
• Return on Investment (ROI), Kapitalrentabilität
Um die Rentabilität i. S. der Verzinsung einer Investition zu ermitteln, wird der ROI
berechnet. Hierzu wird der erzielte Gewinn in Relation zum investierten Kapital gesetzt.

Gewinn
Return on Investment  100
Investment

Je höher dieser Wert ist, desto profitabler war ein Investment.
• Return on Capital Employed (ROCE), Gesamtkapitalrentabilität
ROCE misst, in welchem Umfang das eingesetzte Kapital verzinst wurde. Es ist damit
eine Messgröße für die Gesamtkapitalrentabilität.

Gewinn
Return on Capital Employed  1100
Eingesetztes Gesamtkapital

Je höher dieser Wert ist, desto profitabler war ein Investment.
• Return on Sales (ROS), Umsatzrentabilität
ROS misst, wie profitabel der erzielte Umsatz ist.

Gewinn
Return on Sales  100
Umsatz

Je höher dieser Wert ist, desto mehr Gewinn wird durch den erzielten Umsatz erwirt-
schaftet.

Die Gesamtheit der Ziele eines Unternehmens sind in einer Zielhierarchie miteinander
verbunden. Die Definition der Unternehmensziele orientiert sich an der Vision, der Mis-
sion und den Kernwerten des Unternehmens. Bei einer funktionalen Organisation (vgl.
Kapitel 8) – werden die Unternehmensziele auf der nachfolgenden Ebene auf Bereichs-
ziele heruntergebrochen. Diese Ableitung kann sich auf die Funktionsbereiche Personal,
Produktion, Marketing, Vertrieb und Beschaffung beziehen. Im Marketing können diese
Ziele weiter konkretisiert werden (vgl. Abb. 3.2).
Dieses Zielsystem verdeutlicht die Mittel-Zweck-Beziehung zwischen den Zielen der
hierarchischen Ebenen. Das bedeutet, dass die Erreichung eines bestimmten Marktanteils
für ein Produkt dazu beitragen soll, die Ziele des Marketing-Bereichs insgesamt zu er-
reichen. Die Erreichung der Marketing-Ziele wie auch der Ziele der anderen Funktions-
bereiche soll wiederum auf die Erreichung der Unternehmensziele einzahlen.
3.3 Unternehmens- und Marketing-Ziele 173

Vision, Mission,
Kernwerte

Unternehmensziele

Umsatz – Gewinn – Marktanteil –


EBITDA – ROI – ROS

Ziele von Unternehmensbereichen

Personal – Produktion – Marketing – Vertrieb – Beschaffung

Konkrete Marketing-Ziele

Gewinn – Umsatz – Marktanteil – Brand Awareness – Wiederkaufraten –


Anzahl Neukunden – Kundenloyalität – Kundenwerte

Abb. 3.2  Hierarchisches Zielsystem eines Unternehmens

Zielkomplementarität Zielkonflikt Zielneutralität


(Zielharmonie) (Zielkonkurrenz) (Zielindifferenz)
Ziel B Ziel B Ziel B
10 10 10

8 8 8

6 6 6

4 4 4

2 2 2

2 4 6 8 10 2 4 6 8 10 2 4 6 8 10
Ziel A Ziel A Ziel A

Abb. 3.3  Visualisierung von Zielbeziehungen

Bei der Definition der Ziele ist darauf zu achten, dass die in einer hierarchischen Be-
ziehung zueinander stehenden Ziele komplementär zueinander sind. Das bedeutet, dass
die Erreichung der Marketing-Ziele zur Erfüllung der Unternehmensziele beiträgt. Diese
Zielkomplementarität (auch Zielharmonie genannt) ist auch innerhalb und zwischen
den Zielen der einzelnen Funktionsbereiche wichtig (vgl. Abb.  3.3, links). Eine solche
Zielharmonie besteht bspw. zwischen der „Reduktion der Produktionskosten“ einerseits
und der „Senkung der Verkaufspreise“ andererseits. Auch zwischen den Zielen „Steige-
rung der Werbewirkung“ und der „Erreichung von Umsatzwachstum“ liegt eine solche
Zielharmonie vor. Die Ziele „vertragen“ sich.
Allerdings finden sich in unternehmerischen Zielsystemen – z. T. auch gewollt – Ziel-
konflikte. Hier wird auch von Zielkonkurrenz gesprochen (vgl. Abb. 3.3, Mitte). Eine
174 3 Marketing-Ziel

solche Zielkonkurrenz liegt bspw. zwischen den Zielen „Senkung der Kosten im Customer-­
Service-­Center“ und „Erhöhung des Servicelevels gegenüber den Kunden“ vor. Ein Ziel-
konflikt liegt auch zwischen der „Senkung der Werbeaufwendungen pro Kunde“ und der
„Erhöhung der Kundenbasis“ vor. Solche Widersprüche im Zielsystem können ganz be-
wusst provoziert werden. Solche Zielkonflikte sollen Mitarbeiter motivieren, über neue
Wege der Leistungserbringung nachzudenken und ausgetretene Pfade zu verlassen.

cc Merk-Box  Zielkonflikte können in Unternehmen gezielt eingesetzt werden,


um Veränderungsprozesse anzustoßen.

Eine Zielneutralität (auch Zielindifferenz genannt) ist gegeben, wenn die Erreichung
eines Zieles keinen Einfluss auf die Erreichung anderer Ziele hat (vgl. Abb. 3.3, rechts).
Ein Beispiel wären die Ziele „Einführung von Englisch als Unternehmenssprache“ und
„Steigerung des Marktanteils des Unternehmens“. Bei einer genaueren Analyse dieser
Ziele stellt man allerdings fest, dass durch Englisch als Unternehmenssprache der Einstieg
in andere Länder oder das Eingehen von Kooperationen mit ausländischen Partnern leich-
ter fallen kann. Hierdurch kann der Marktanteil erhöht werden.

cc Merk-Box  Es ist davon auszugehen, dass alle Ziele eines Unternehmens – di-
rekt oder indirekt  – in einer positiven oder negativen Beziehung zueinander
stehen. Dies ist bei der Formulierung von Zielen zu berücksichtigen.

Im Marketing werden verschiedenste Ziele angestrebt. Häufig werden diese Ziele in


einem Zielsystem wie in Abb. 3.4 dargestellt. In der Abb. 3.4 werden die Zielinhalte ledig-
lich grob ­umschrieben. Für den konkreten Einsatz sind die Zielinhalte weiter zu präzisie-
ren und um Zielausmaß sowie den räumlichen und zeitlichen Bezug zu ergänzen.

Marketing

Produkt-/ Preis-/ Kommunikations-


Distributionspolitik Personalpolitik
Programmpolitik Konditionenpolitik politik

Erhöhung des Erhöhung des Steigerung von


Entwicklung eines Reduktion der
Umsatzanteils Deckungsbeitrages Markenbekanntheit/
Online-Shops Fluktuationsquote
neuer Produkte pro Produkt Markensympathie

Aufbau produkt- Etablierung eines Ausbau der Steigerung des


Installation eines
begleitender Freemium- Präsenz in den Mitarbeiter-
Franchise-Systems
Dienstleistungen Preismodells sozialen Medien engagements

Nutzung von Aufbau eines Key- Entwicklung von


Verbreiterung des Gewinnung von
Couponing- Account- Mitarbeitern zu
Produktangebots Neukunden
Strategien Managements Markenbotschaftern

... ... ... ... ...

Abb. 3.4 Marketing-Zielsystem
3.4 Markenwertschöpfungskette als Ausgestaltung eines Marketing-­Zielsystems 175

In Abb. 3.4 stehen die einzelnen Ziele relativ unverbunden nebeneinander. Sinnvoller


ist es m. E., wenn die Beziehungen zwischen verschiedenen Zielen systematisch heraus-
gearbeitet werden. Dies kann bspw. in der Markenwertschöpfungskette erfolgen (vgl.
Abschn.  3.4). Um zu signalisieren, dass mehrere Ziele gleichzeitig angestrebt werden,
werden sogenannte Scorecards eingesetzt (vgl. Abschn. 3.5).

3.4  arkenwertschöpfungskette als Ausgestaltung eines


M
Marketing-­Zielsystems

3.4.1 Kennzeichnung der Markenwertschöpfungskette

Kunden- und vertriebsorientierte Marketing-Ziele stehen nicht unverbunden neben-


einander. Sie weisen eine bestimmte zeitliche und inhaltliche Beziehung zueinander auf.
Eine spezifische Abfolge von Zielen wird als Markenwertschöpfungskette bezeichnet.
In der Literatur wird z. T. auch von Brand Pipeline, Kauftrichter und Branding Funnel ge-
sprochen. Im Online-Marketing wird meist von einem Conversion Funnel – einem Kon-
versionstrichter – gesprochen. Schließlich soll der potenzielle Käufer – Stufe für Stufe –
zu einer bestimmten Handlung (einer Konversion oder Conversion) geführt werden. Dieser
übergreifende Conversion Funnel ist in Abb. 3.5 zu sehen.

cc Denkanstoß  Prüfen Sie einmal, welche Trigger Sie von zwei Ihrer Lieblingsmarken
in den letzten Monaten erhalten haben. Mit welchen Aktivitäten haben Sie darauf
jeweils reagiert?

Flyer E-Mails/E-Newsletter
Kataloge Website/Online-Shop
Anzeigen White Paper
Bekanntheit Online-Banner How-to-Videos
(Awareness Stage) TV-/Radio-Spots Webinare, Podcasts
Coupons Blog-Posts
Influencer …

Kundenbewertungen/ Website/Online-Shop/Chat
Kundenreviews, Testimonials Gespräche mit Freunden
Abwägung Demo-Videos, Webinare FAQ-Seiten, Kataloge, Flyer
Social-Media-Auftritte
(Consideration Stage) Virtuelle/reale Ladenbesuche
Samples
Preisvergleichsseiten
Kunden-Foren, Podcasts …

Coupons Chats Test-Käufe


Response-Elemente Live-Demos Käufe
Kauf Test-Angebote Kostenlose Beratung …
Kostenloses Testen Websites
(Purchase Stage) Stationäre Geschäfte Preisvergleichsseiten
Online-Shops Social-Media-Auftritte
Telefon-Verkauf Messenger-Dienste

Opt-ins für Telefon/E-Mails Social-Media-Posts Wettbewerber


Bindung Opt-ins für Push-Notifications On-/Offline-Dialog Gewinnspiele
(Bonding) Opt-ins für Geo-Localisierung E-Mails …
Opt-ins für Fotos-/Kontakte-Zugriff E-Newsletter
Empfehlungen Telefonate
Kundenbewertungen/ Gespräche
Kundenreviews Events

Abb. 3.5  Trigger für und Aktivitäten der Nutzer im Conversion Funnel
176 3 Marketing-Ziel

%
100
90
- 27 %
80
70
- 22 %
60
- 27 %
50
40
- 46 %
30
- 41 %
20 - 25 %
-9%
10 - 48 %
- 73 %
0
Gesamt Aided Unaided Kauf- Kauf- Nach- Erst- Nutzung Nach- Em-
Recall Recall interesse bereit- frage kauf kauf pfehlung
schaft

Abb. 3.6  Kernphasen der Markenwertschöpfungskette

Die Kernphase der Markenwertschöpfungskette zeigt Abb. 3.6.

cc Merk-Box Die Markenwertschöpfungskette misst im Zeitablauf differen-


ziert den Erfolg des Einsatzes verschiedener Marketing-Instrumente anhand
von KPIs. Die Markenwertschöpfungskette gibt Aufschluss über den Erfolg der
eingesetzten Marketing-Instrumente in der jeweiligen Zielgruppe und definiert
gleichzeitig die als besonders relevant erachteten Ziele.
Von einer Markenwertschöpfungskette ist zu sprechen, weil sie zum einen
wertschaffende Aktivitäten beinhaltet. Hierzu zählen die Investitionen zum
Aufbau von Markenbekanntheit, zur Imagepflege, aber auch zur Präsenz von
eigenen Angeboten in Online- und Offline-Shops. Zum anderen beinhaltet sie
wert(ab)schöpfende Aktivitäten. Ein Unternehmen erzielt ein „Return on
Investment“ durch Käufe, aber auch durch Kundenempfehlungen.

Die Markenwertschöpfungskette stellt damit m. E. den Königsweg des Marketings


dar. Hier konkretisieren sich ergebniswirksam die Umsetzung der Marketing-Strategie wie
auch der Einsatz der Marketing-Instrumente. Die Markenwertschöpfungskette beginnt
marketingmäßig in der „Stunde null“. Diese „Stunde null“ beschreibt den Zeitpunkt, zu
dem bei den Zielpersonen noch keinerlei Kenntnisse, Erfahrungen etc. bzgl. des An-
gebotes bzw. des Unternehmens vorliegen.
Die Markenwertschöpfungskette zeigt im Zeitablauf, in welchem Ausmaß sich Un­
ternehmens- bzw. Produkt-/Dienstleistungs-Nichtkenner zu loyalen Kunden und
Mund-zu-Mund-Propagandisten entwickeln. Dies wirft die Fragen auf, wodurch ein
Unternehmen diese Entwicklung erreicht hat und welche unterschiedliche Bedeutung die
verschiedenen Marketing-Instrumente im Laufe der Wertschöpfungskette aufweisen. Der
3.4 Markenwertschöpfungskette als Ausgestaltung eines Marketing-­Zielsystems 177

Stand der „Überzeugung“ einer Einzelperson, der Zielgruppe insgesamt wie auch des
Gesamtmarktes gegenüber einem bestimmten Angebot wird durch die Markenwert-
schöpfungskette ausgedrückt.
Die Markenwertschöpfungskette definiert sich über die KPIs in den einzelnen Phasen.
Diese KPIs messen jeweils die Effektivität der Maßnahmen vorgelagerter Prozessstufen.
Das übergeordnete Ziel liegt hier darin, möglichst viele Personen von einer Stufe der
Wertschöpfungskette zur nächsten zu entwickeln. Die Markenwertschöpfungskette in
Abb. 3.6 zeigt, wie viel Prozent der relevanten Zielgruppe von einer Stufe zur anderen
verloren gehen. Dort ist zu sehen, dass das betreffende Angebot 27 % der Zielgruppe
­(entspricht 100 %) bei einer gestützten Befragung (auch „aided recall“) nicht bekannt ist.
Außerdem zeigt Abb. 3.6, dass von den Nutzern des betreffenden Angebotes 48 % keinen
Wiederkauf tätigen. Die entsprechenden Informationen können über verschiedene Markt-
studien ermittelt werden (vgl. Abschn. 2.2.4).
Eine Bewertung der Effizienz von eingesetzten Marketing-Maßnahmen wird möglich,
wenn die Zielerreichung in Relation

• zum eingesetzten Budget,


• zu Aktivitäten der Wettbewerber,
• zu vorhergehenden Aktionen und
• zu vergleichbaren Maßnahmen für andere Angebote

ermittelt wird. Eine solche Analyse zeigt auf, wie wirtschaftlich der Einsatz der ver-
schiedenen Marketing-Instrumente war.
Jede Maßnahme entlang der Markenwertschöpfungskette zahlt auf das Image des
Unternehmens oder der beworbenen Leistung ein – positiv wie negativ. Die Zielsetzung
aller Marketing-Maßnahmen ist es, bei den Angehörigen der Zielgruppe ein möglichst
positives Image aufzubauen. Ein negativer Imageaufbau bei Nicht-Zielgruppen-An-
gehörigen kann bzw. muss akzeptiert werden und ist z.  T.  Ausdruck der erwünschten
Differenzierungsleistung im Wettbewerberumfeld.
Wer nicht „everybody’s darling“ werden will, muss durch seine Ansprache auch be-
stimmte Personen ausgrenzen. Idealerweise sollten dies aber keine Personen aus der eige-
nen Zielgruppe sein. Diese Abgrenzungsfunktion wird am Beispiel von Fisherman’s
Friend deutlich. Mit dem Slogan „Sind sie zu stark, bist du zu schwach“ präsentiert man
sich mit „Ecken und Kanten“ und „verstört“ ganz bewusst und gewollt bestimmte Kunden-
segmente, um sich deutlich zu positionieren.

cc Merk-Box  Mein persönliches Lieblingsmotto dazu lautet:


„Lieber ein eckiges Etwas als ein rundes Nichts!“

Das Image ist eine zentrale „erklärende“ Variable für den Abschmelzungsprozess
bzw. den Verlust von Personen entlang der Wertschöpfungskette. Im Zuge des Fort-
schreitens in der Markenwertschöpfungskette wird das Image – im positiven wie im nega-
178 3 Marketing-Ziel

tiven Bereich – immer differenzierter und kann damit „erklären“, warum Personen sich zu
einem Angebot hingezogen oder davon abgestoßen fühlen. Die Imageposition verfestigt
und konkretisiert sich immer weiter. Deshalb zeigen Personen teilweise ein immer stärke-
res Interesse an einem Angebot. Oder aber sie verlieren das Interesse und bauen u. U. Ag-
gression und Ablehnung auf und wenden sich anderen Angeboten zu. Beide Wirkungen
können durch die gleiche TV-Werbung von Mercedes-Benz mit dem Slogan „Das Beste
oder nichts“ hervorgerufen werden.

cc Merk-Box  Aufgrund dieser Stellung des Zielkriteriums „Image“ wird deut-


lich: Image ist kein Indikator, der an einer bestimmten Stelle der Markenwert-
schöpfungskette positioniert werden könnte. Die Imageeinschätzung kann in
jeder Phase der Wertschöpfungskette ermittelt werden.

Bei einer weiteren Analyse der Wertschöpfungskette wird deutlich, dass es im Laufe
der einzelnen Phasen zu einem Wechsel von der virtuellen zur konkreten Auseinander-
setzung mit dem Angebot kommt. Am Anfang steht die Awareness. Hier geht es zunächst
um die Wahrnehmung der von außen kommenden Informationen – online wie offline. Erst
zu einem späteren Zeitpunkt kommt es zur Experience i. S. einer konkreten Erfahrung mit
dem Angebot (vgl. Abb. 3.7).
In den ersten Phasen der Awareness in Abb. 3.7 dominieren visuell und auditiv ver-
mittelte Reize. Diese können durch Anzeigen, Radio- und TV-Spots, über Online-Banner,
durch Posts in den sozialen Medien wie auch über Mailings und E-Mails vermittelt wer-
den. Hierzu zählen die folgenden Inhalte:

Awareness Experience

Gesamt Aided Unaided Kauf- Kauf- Nach- Erst- Nutzung Nach- Em-
Recall Recall interesse bereit- frage kauf kauf pfehlung
schaft

Dominanz der visuellen Dominanz des haptischen, olfaktorischen und


und auditiven Wahrnehmung gustatorischen Erlebens

Abb. 3.7  Dominante Faktoren entlang der Markenwertschöpfungskette


3.4 Markenwertschöpfungskette als Ausgestaltung eines Marketing-­Zielsystems 179

• Logo, Schrift, Schriftzug


• Farben, Fotos, Grafiken
• Design des Produktes und der Verpackung
• Jingle (etwa der Deutschen Telekom)
• Informationen über das Angebot, offline (bspw. durch den Freundeskreis, die Hersteller
selbst) oder online (etwa durch Anbieter-Websites, soziale Netze und Produktvergleichs-­
Websites)

Eine konkrete Begegnung mit dem Angebot selbst wird seitens der potenziellen Kun-
den in den ersten Phasen nicht bewusst gesucht. Erst das Kaufinteresse lenkt den Fokus
des potenziellen Kunden auf die konkrete Begegnung mit dem Produkt oder der Dienst-
leistung. Auch eine „körperliche“ Begegnung mit dem Angebot – bspw. im Supermarkt
oder bei Zara – kann Kaufinteresse auslösen. In dieser Experience-Phase können weitere
sinnliche Eindrücke vermittelt werden. Hierzu können vom Anbieter gustatorische
­(geschmackliche), olfaktorische (geruchliche) oder haptische (zu ertastende) Reize ein-
gesetzt werden (vgl. Abb. 3.7).
Im Online-Zeitalter haben sich einige Facetten des klassischen Kaufprozesses ver-
schoben. Bisher wurde in der Marketing-Forschung nach dem Stimulus im Zuge des
Kaufentscheidungsprozesses nur zwischen dem First und dem Second Moment of Truth
unterschieden. Der First Moment of Truth (FMOT) bezeichnet den Zeitpunkt, zu dem
ein potenzieller Käufer ein Produkt oder eine Dienstleistung zum ersten Mal (körperlich)
in Augenschein nehmen kann. Hier treffen die durch Werbung etc. aufgebauten Er-
wartungen auf die „harte Realität“ des Produktes oder der Dienstleistung.
Der Second Moment of Truth (SMOT) bezeichnet den Zeitpunkt, zu dem der Käufer
ein Produkt oder eine Dienstleistung tatsächlich nutzt. Hier kontrastieren wiederum die
durch Werbung sowie durch die erste Inaugenscheinnahme aufgebauten Erwartungen mit
den tatsächlichen Leistungen und Erfahrungen der Produktnutzung bzw. der Inanspruch-
nahme der Dienstleistung.
Vom „Moment der Wahrheit“ wird gesprochen, weil sich in diesen beiden „Momen-
ten“ zeigt, ob insb. die durch die Werbung, die Angebotspräsentation sowie ggf. die durch
die Beratung am POS geschaffenen Erwartungen tatsächlich auch erfüllt werden.
Zum First und Second Moment of Truth ist im Online-Zeitalter der Zero Moment of
Truth (ZMOT) hinzugekommen (vgl. Abb. 3.8; vgl. Lecinski, 2011). Hiermit ist der – den
beiden anderen „Momenten“ vorgelagerte – Online-Zugriff auf eine nahezu unüberschau-
bare Vielzahl von Informationen Dritter gemeint. Einen Teil des sogenannten User-­
generated Contents stellen Inhalte anderer Personen dar, die über ihre Erfahrungen vor,
während und nach Kauf und Nutzung berichten. Die Informationen aus Blogs, C­ ommunitys,
Kommentaren bei Facebook, HolidayCheck, TripAdvisor, Yelp oder über Twitter ermög-
lichen einem Kaufinteressenten eine „Selbstbedienung in fremder Erfahrung“.
180 3 Marketing-Ziel

First Moment Second Moment


Stimulus
of Truth of Truth
(Regal) (Erfahrung)

Abb. 3.8  Positionierung des ZMOT

cc Merk-Box  Der Kern des ZMOT ist die „Selbstbedienung in fremder Erfahrung“.

Durch den ZMOT werden eigene mögliche Erfahrungen durch den Zugriff auf Be-
richte, Fotos und Videos häufig von unbekannten Dritten „antizipiert“. Noch bevor der
potenzielle Käufer sich eigene Eindrücke vom Zielobjekt verschafft, kann dieser eine Viel-
zahl von Informationen anderer Personen erhalten. Deren Berichte und Bewertungen kön-
nen sich auf die Pre-Sales-, Sales-, Post-Sales- und Usage-Phase beziehen.
Dieser ZMOT zwingt Unternehmen dazu, sich intensiv auch mit den Informationen zu
beschäftigen, die potenzielle Kunden in der ZMOT-Phase finden können. Hierzu zählen
vor allem die schon angesprochenen Kundenbewertungen und -kommentare. Diese Art
der Kommunikation durch die eigenen Kunden ist nicht zu unterbinden. Allerdings sind
die Unternehmen selbst aufgerufen, dieses Kunden-Feedback durch ein Web-­Monitoring
zu erfassen (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021b, S. 87–90). Außerdem sollten sich die Unter-
nehmen darum bemühen, zufriedene Kunden zur Abgabe von positiven Bewertungen zu
motivieren (vgl. vertiefend zum Rating- und Review-Management Kilian & Kreut-
zer, 2022).
Abb. 3.9 zeigt, wie sich eine Markenidentität insgesamt aufbaut und wie ein Marken-
image entsteht. Die Markenidentität stellt das „Selbstbild der internen Zielgruppe“ dar.
Es beschreibt, wie die Marke aus der Perspektive der für den Markenaufbau verantwort-
lichen Mitarbeiter eines Unternehmens aussehen soll. Orientiert an den eigenen Kompe-
tenzen (Was können wir?), den Werten (Woran glauben wir?), der Persönlichkeit (Wie
treten wir auf?) und der Vision (Wohin wollen wir?) werden die Leistungen definiert
(Was tun wir?). Hier kommt der Aussage „Zukunft braucht Vergangenheit“ eine wichtige
Rolle zu. Die Herkunft (Woher kommen wir?) stellt deshalb die Basis aller Ent-
scheidungen dar. Das so definierte Selbstbild der Marke wird anschließend über die 5Ps
des Marketings in den Markt hinein übermittelt.
3.4 Markenwertschöpfungskette als Ausgestaltung eines Marketing-­Zielsystems 181

Vision
Markenerwartungen
Wohin wollen wir?

User-generated
Product Content
Persönlichkeit Symbolische
Wie treten wir auf? Price Nutzenassoziationen

Markenattribute
Was tun wir?
Leistungen
(„Sinn“) der Marke
Werte User Brand
Promotion
Woran glauben wir? Experience
Funktionale
Kompetenzen Place Nutzenassoziationen
Was können wir? der Marke
Interaktionen Dritter
People
mit der Marke

Herkunft
Markenbekanntheit
Woher kommen wir?

Selbstbild der internen Zielgruppen Fremdbild der externen Zielgruppen

Abb. 3.9  Markenidentität und Markenimage. (Quelle: Inspiriert durch Burmann et al. 2018, S. 15)

Im Zuge des Aufbaus einer Marke-Kunden-Beziehung entsteht bei den externen Ziel-
gruppen (hier insb. den Kunden, aber auch bei anderen Stakeholdern) ein durch viele Fa-
cetten beeinflusstes Markenimage. Dieses stellt das „Fremdbild der externen Zielgruppe“
dar. Die Voraussetzung für den Aufbau eines Markenimages stellt die Markenbekannt-
heit dar. Über die Kommunikation werden Markenattribute als funktionale und symbo-
lische Nutzenassoziationen der Marke vermittelt. Alle diese Elemente schlagen sich in
den Markenerwartungen der externen Zielgruppen nieder (vgl. Abb. 3.9).
Bei der Markenführung im digitalen Zeitalter (vgl. vertiefend Kilian & Kreutzer,
2022) müssen weitere Aspekte berücksichtigt werden. Nach wie vor steht allerdings die
Brand Experience des Kunden im First und Second Moment of Truth im Mittelpunkt
(vgl. Abb.  3.9). Diese Brand Experience wird allerdings auch geprägt durch die Inter-
aktionen Dritter mit einer Marke. Andere Personen können über analoge, vor allem
aber über digitale Kanäle ihre Erfahrungen verbreiten. Diese ergänzen die Brand Expe-
rience des Kunden.
Zusätzlich bieten die digitalen Medien den Stakeholdern – und hier insb. den Kunden –
Plattformen für eine eigene markenbezogene Kommunikation. Hier können Menschen –
unabhängig vom Unternehmen  – eigene Inhalte entwickeln und verbreiten. Dieser
User-generated Content umfasst Kommentare und Bewertungen auf den entsprechenden
Plattformen (bspw. Yelp, HolidayCheck, TripAdvisor). Zu diesen nutzergenerierten Inhal-
ten gehören auch anspruchsvollere Kreationen auf Instagram, Pinterest, TikTok und You-
Tube. Auch die Aktivitäten in (kundeneigenen) Blogs oder Communitys zählen hierzu.
Abb. 3.9 verdeutlicht diese Entwicklung. Diese ganzen Inhalte speisen nicht nur den in
Abb. 3.8 ausgewiesenen Zero Moment of Truth, sondern begleiten auch die ganze Brand
Experience insgesamt.

cc Merk-Box  Bei der (digitalen) Markenführung sind weitere Einflussfaktoren zu


berücksichtigen, die ebenfalls auf die Brand Experience und damit das
Markenimage einwirken.
182 3 Marketing-Ziel

Markennutzen
Was biete ich an?

Funktionaler Nutzen
Psychosozialer Nutzen
Welche Eigenschaften
Markenattribute

Wie biete ich an?


Markentonalität:
habe ich?

Eigenschaften der Marken- Persönlichkeits-


Angebote Kompetenz merkmale
Wer bin ich? Beziehungsmerkmale
Eigenschaften des
Erlebnisse
Unternehmens
Optik
Haptik
Geruch
Geschmack
Klang

Markenbild
Wie trete ich auf?

Abb. 3.10  Marken-Steuerrad. (Quelle: Nach Esch, 2019, S. 100)

Zum Aufbau der Markenidentität kann eine Orientierung an dem in Abb. 3.10 prä-
sentierten Marken-Steuerrad erfolgen. Orientiert an der eigenen Markenkompetenz
(Wer bin ich?), die die in Abb. 3.9 aufgeworfenen Fragen aufgreift, erfolgt jetzt eine Kon-
kretisierung der Marke im Hinblick auf

• Markennutzen,
• Markentonalität,
• Markenbild und
• Markenattribute.

3.4.2 Phasen der Markenwertschöpfungskette

3.4.2.1 Phase 1: Aided Recall


In der ersten Phase wird ermittelt, wie hoch die gestützte Markenbekanntheit (Aided
Recall) eines Angebotes ist. Hierzu wird ermittelt, in welchem Ausmaß eine Marke auf
einer Liste von Markennamen erkannt wird. Die Frage lautet hier:
Welche der Marken auf dieser Liste kennen Sie, zumindest dem Namen nach?
Ein Erkennen bringt zum Ausdruck, dass die Marke zumindest zum passiven Marken-­
Wortschatz einer Person gehört. Wird eine Marke hier nicht erkannt, zeigt dies die ge-
ringe Relevanz, die diese Marke für den Kunden bisher erreicht hat.
Ein weiteres Messkriterium in dieser Phase ist die gestützte Werbeerinnerung (Aided
Advertising Recall). Es wird erhoben, ob dem Befragten die Werbung (bspw. eine An-
zeige, ein TV-Spot, ein Banner) bei Präsentation bekannt vorkommt. Darüber hinaus wird
3.4 Markenwertschöpfungskette als Ausgestaltung eines Marketing-­Zielsystems 183

in dieser – wie sinnvollerweise auch in allen nachfolgenden Stufen – das Unternehmens-,


Produkt- und Markenimage erhoben.

3.4.2.2 Phase 2: Unaided Recall


Bei der Messung der ungestützten Markenbekanntheit (Unaided Recall) wird ermittelt,
wie viel Prozent der relevanten Zielgruppe eine Marke einer bestimmten Kategorie ken-
nen – allerdings ohne Vorlage einer Liste. Die Frage lautet hier:
Welche Marken für Marmelade, Waschmittel, Zahnpasta etc. kennen Sie?
Eine Nennung signalisiert, dass die Marke bereits zum aktiven Marken-Wortschatz
gehört. Folglich hat die Marke bereits wichtige Lernstufen im „Kopf der Zielpersonen“
absolviert. Man spricht hierbei auch von „Top of Mind“.

cc Merk-Box  In einer konkreten Befragung muss zunächst die ungestützte


Bekanntheit ermittelt werden  – dann erst die gestützte Bekanntheit. Nur so
kann eine Konditionierung des Interview-Partners durch die Nennung von
Markennamen vermieden werden. Die Abfolge in der Markenwertschöpfungs-
kette muss allerdings umgekehrt erfolgen. Schließlich ist die ungestützte
Markenbekanntheit maximal so hoch wie die gestützte, meist jedoch deutlich
niedriger.

Eine weitere wichtige Zielgröße stellt die ungestützte Werbeerinnerung (Unaided


Advertising Recall) dar. Hier wird ermittelt, an welche TV-Spots, Anzeigen, On-
line-Banner, Facebook-Ads etc. sich ein Proband erinnert, ohne dass etwas vorgelegt wird.
Jede Marke und jedes Angebot hat das Ziel, zur First Choice des Kunden zu werden.
Allerdings ist der Weg dorthin sehr weit und steinig. Dies zeigt Abb. 3.11. Die Gesamtheit
der vorhandenen Kaufalternativen wird als Available Set bezeichnet. Dazu zählen alle
vorhandenen Angebote für Deos, Hautcreme, Shampoos, Smartphones, Tablets,
Streaming-­Dienstleister, Zeitschriften und Zeitungen. Die einer Zielperson bekannten
Leistungen bilden das Awareness Set. Die Person ist sich dieser Angebote bewusst. Die
unbekannten Alternativen zählen zum Unawareness Set.
Das Awareness Set lässt sich wiederum in ein Foggy Set und ein Processed Set auf-
teilen (vgl. Abb. 3.10). Zum Foggy Set gehören die Möglichkeiten, die dem potenziellen
Kunden zwar bekannt sind. Allerdings wurden zu diesen Angeboten keine klaren Vor-
stellungen entwickelt. Aufgrund der eingeschränkten Möglichkeiten zur Informationsauf-
nahme und -gewinnung befassen sich die Zielpersonen meist nur mit einer Teilmenge der
vorhandenen und bekannten Alternativen. Diese Teilmenge wird Processed Set genannt.
Das Processed Set beinhaltet sowohl die zurückgewiesenen Angebote (Rejected Set) als
auch die für gut befundenen Alternativen (Accepted Set).
Unter Umständen werden aus dem Accepted Set bestimmte Angebote zurückgestellt
(Hold Set). So können bestimmte Rahmenbedingungen einen Erwerb ausschließen, bspw.
weil die Kaufkraft fehlt. Zum Relevant Set bzw. zum Evoked Set gehört eine begrenzte
Zahl von Alternativen. Diese stellen für einen Käufer die engere Wahl dar. Schließlich ent-
184 3 Marketing-Ziel

Available Set

Awareness Set Unawareness Set

Foggy Set Processed Set

Rejected Set Accepted Set

Relevant Set – Hold Set


Evoked Set

First Choice Second, Third … Choice

Abb. 3.11  Beziehungsgeflecht innerhalb des Awareness Sets

scheidet sich die Person für eine Alternative, die nachgefragt wird (First Choice). Die
anderen Möglichkeiten landen dagegen auf den Plätzen 2, 3 und folgenden (Second,
Third … Choice).
Beim geplanten Kauf eines Cabriolets verfügt eine Person bspw. über das Wissen,
dass Cabrios von Audi, BMW, Mercedes, Peugeot, Porsche, SEAT und Volkswagen an-
geboten werden (Awareness Set). Keine Informationen hat die Person darüber, dass bspw.
auch Bentley, Rolls-Royce und Lexus Cabrios anbieten (Unawareness Set). Das Awaren-
ess Set umfasst sowohl die zurückgewiesenen Angebote im Rejected Set (hier bspw.
BMW, Mercedes, Peugeot, Porsche, SEAT) als auch die für gut befundenen Alternativen
des Accepted Sets (hier Audi Cabrio A3, A5, A7, Volkswagen Golf).
Unter Umständen werden aus dem Accepted Set bestimmte Angebote im Hold Set
zurückgestellt (etwa A7), weil die Kaufkraft fehlt. Zum Relevant Set bzw. zum Evoked
Set gehören hier bspw. Audi Cabrio A3, A5 sowie das Golf Cabrio. In diesem Beispiel
entscheidet sich die Person für das Audi Cabrio A5, das als First Choice nachgefragt wird.
Die anderen in die engere Wahl genommenen Möglichkeiten landen auf den Plätzen 2, 3
und folgende (hier Audi Cabrio A3, Volkswagen Golf).

cc Denkanstoß  Erstellen Sie für sich doch einmal ein Awareness Set am Beispiel
Smartphone und Streaming-Dienstleister.

3.4.2.3 Phase 3: Kaufinteresse


Die Phase des Kaufinteresses bringt zum Ausdruck, dass sich ein allgemeines Bedürfnis
(bspw. Hunger) bereits zum Bedarf hinsichtlich eines bestimmten Angebotes (bspw.
3.4 Markenwertschöpfungskette als Ausgestaltung eines Marketing-­Zielsystems 185

Mars oder Müller Milchreis) konkretisiert hat. Die entsprechenden Marken gehören
damit zum Relevant Set der Zielperson, wenn es um die Befriedigung eines bestimmten
Bedürfnisses geht. Wenn eine Marke diese Position erreicht hat, waren viele der vor-
gelagerten Marketing-­Aktivitäten erfolgreich. Schließlich ist es dadurch gelungen, bei
der Zielperson eine Relevanz für das eigene Angebot aufzubauen. Diese Relevanz kann
sich auf die folgenden Bereiche beziehen, die in Summe den erwarteten Kundennutzen
ausmachen:

• Lösungskompetenz
• Image
• Preis-Leistungs-Relation

Das Ausmaß der erreichten Relevanz für die Zielperson hängt in hohem Maße davon
ab, ob eine Differenzierung des eigenen Angebotes im Wettbewerberumfeld gelingt. Es
geht um das Erreichen einer Unique Selling Proposition/Unique Selling Point (USP).
Wenn eine USP vorliegt, dann unterscheidet sich die eigene Leistung deutlich vom Wett-
bewerber. Die Voraussetzungen einer USP sind:

• Unique
Das Nutzenversprechen muss in den Augen der Zielperson entweder als einmalig oder
im Vergleich zu anderen Alternativen zumindest als überlegen angesehen werden.
• Selling
Das Nutzenversprechen muss für die Zielperson wichtig sein, damit dieses Versprechen
bei der Kaufentscheidung berücksichtigt wird.
• Proposition
Das Produkt bzw. die Dienstleistung muss das Nutzenversprechen auch tatsächlich
erfüllen.

Einer USP liegen damit reale, gleichsam beweisbare Sachverhalte zugrunde, die
Unternehmen teilweise geheim halten. Hierzu gehört etwa die Rezeptur von Coca-Cola
und Underberg oder das Originalrezept einer Soße bei Kentucky Fried Chicken. Andere
Unternehmen beantragen einen Patentschutz (etwa in der Pharma-Branche, im
Maschinenbau oder in der Elektrotechnik), um sich längerfristig einen Wettbewerbsvorteil
zu sichern. So hat Amazon bereits im Jahr 1999 das Patent für die 1-Click-Zahlung er-
worben und kann diese exklusiv einsetzen.
Von einem USP abzugrenzen ist die Unique Advertising Proposition/Unique Selling
Point (UAP). Hier wird die Alleinstellung der Marke allein durch den werblichen Auftritt
des Unternehmens angestrebt. Konkret bedeutet dies, dass eine Differenzierung weniger
im Angebot selbst liegt. Die Differenzierung wird durch eine werblich aufgebaute Positio-
nierung erzielt. Dann können  – selbst bei mehr oder weniger identischen Produkten  –
deutlich unterschiedliche Preisstrategien eingesetzt werden. Ein Blick auf die Preis-
setzung von Poloshirts aus reiner Baumwolle zeigt dies:
186 3 Marketing-Ziel

• McNeal (Handelsmarke von Anson’s, Peek & Cloppenburg): 19,95 €


• Esprit: 19,99 €
• Christian Berg (Handelsmarke von Anson’s, Peek & Cloppenburg): 29,95 €
• Marc O’Polo: 59,95 €
• Joop, Tommy Hilfiger: 69,99 €
• BOSS, Lacoste: 79,95 €
• Paul & Shark, Ralph Lauren: 99,99 €

Auch wenn die Anbieter dies anders sehen mögen: Die Preisunterschiede sind hier
nicht auf signifikante Qualitätsunterschiede zurückzuführen. Häufig werden die Kleidungs-
stücke sogar in den gleichen Fabriken gefertigt. Die Differenzierung der Angebote erfolgt
hier über eine UAP – konkret durch die Entwicklung von starken Marken.
Eine solche UAP liegt auch der Positionierung von Red Bull mit dem Slogan „Red
Bull verleiht Flügel“ zugrunde. Allerdings kann die Marke dieses Versprechen nicht wirk-
lich einlösen. Weil hier ein werbliches Versprechen nicht eingelöst werden konnte, wurde
das Unternehmen in den USA wegen irreführender Werbung verklagt. Um eine Massen-
klage zu vermeiden, bezahlte Red Bull im Jahr 2014 13 Millionen US-$. Jeder, der zwi-
schen 2002 und 2014 eine Dose Red Bull gekauft hat, soll zehn US-$ Entschädigung be-
antragen können (vgl. o. V. 9.10., 2014).
Ein Kaufinteresse kann in der Experience-Phase vor allem durch eine haptische, ol-
faktorische und/oder gustatorische Begegnung mit dem Angebot erreicht bzw. ausgebaut
werden (zur multisensualen Markenführung vgl. Abschn. 5.4). Der Anstoß hierzu kann
durch Sampling ausgelöst werden. Sampling bezeichnet eine kostenlose Verteilung von
Produkten oder Produktproben, um eine direkte Beschäftigung mit dem Angebot
auszulösen.
Beim Sampling lautet das Motto:

„Wenn der Kunde nicht zum Produkt kommt, kommt das Produkt zum Kunden.“

Samples werden in vielen Geschäften präsentiert, vor allem in Parfümerien, aber auch
in Lebensmittelgeschäften. Parfum- oder Creme-Muster finden sich in Anzeigen von
Publikumszeitschriften. Teilweise findet auch Hausverteilung von Probepackungen (etwa
eines neuen Orangensafts) statt, um die Aufmerksamkeit von Haushalten zu wecken. Viel-
fach werden auch kostenlos Zeitschriften und Zeitungen an interessante Zielpersonen ver-
sendet. Die Zustellung dieser Printprodukte ist dann mit der Aufforderung versehen, das
Produkt zu testen und idealerweise auch gleich zu abonnieren (vgl. weiterführend Kreut-
zer, 2021a, S. 188–195).

3.4.2.4 Phase 4: Kaufbereitschaft


Die Kaufbereitschaft wird gemessen durch die vom potenziellen Kunden zum Ausdruck
gebrachte Kaufwahrscheinlichkeit. Sie kennzeichnet damit diejenigen Zielpersonen, die
beabsichtigen, eine bestimmte Marke zur Bedarfsdeckung zu erwerben. Hier ist aus dem
3.4 Markenwertschöpfungskette als Ausgestaltung eines Marketing-­Zielsystems 187

Relevant Set der ins Auge gefassten Alternativen ein Angebot zur First Choice geworden
(vgl. Abb.  3.11). In dieser Phase dominieren damit die Kriterien: Produkt der „ersten
Wahl“, Höhe der Kaufwahrscheinlichkeit und die Preisbereitschaft. Die Preisbereitschaft
kennzeichnet den Willen, für den Erwerb des Angebotes einen bestimmten Preis zu
bezahlen.
In dieser Phase ist es besonders wichtig, konsonante Informationen über das Angebot
zu finden. „Konsonant“ bedeutet hier „übereinstimmend“. Konsonant sind Informationen
folglich dann, wenn diese eine Bewertung durch den potenziellen Käufer bestätigen. Hier
wirken in hohem Maße auch die Informationen, die im Zuge des Zero Moment of Truth
(vgl. Abb. 3.8) gewonnen werden. Zu diesen Informationen zählen bspw. folgende Aus-
prägungen:

• Positive Testurteile der Stiftung Warentest


• Einsatz von positiv bewerteten Testimonials und Influencer
• Testimonials können Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sein, wie bspw. George
Clooney oder Jennifer Lopez. Aber auch Meinungsführer qua Profession, bspw. Taxi-
fahrer zum Thema Auto oder Zahnärzte zum Bereich Zahnpflege, können hier werblich
eingebunden werden. Wichtige Impulse können auch von Social-Media-Influencern
ausgehen.
• Positive Mund-zu-Mund-Propaganda
• Diese auch Word-of-Mouth genannten Informationen können direkt aus dem eigenen
Freundes- und Bekanntenkreis stammen. Hierbei kann es sich aber auch um online
bereitgestellte Erfahrungsberichte von unbekannten Dritten handeln, die sich bspw. bei
den Angeboten von Amazon in Gestalt von Rezensionen wiederfinden. Hier wird dann
von Word-of-Mouse gesprochen.
• Hintergrundinformationen
• Weitere wichtige Informationen kann das Unternehmen selbst online und offline bereit-
stellen. Dies können Hinweise auf die Verwendung organischer Rohstoffe oder auf den
Verzicht von Tierversuchen im Entwicklungsprozess von neuen Produkten sein. Auch
die Fairness im Umgang mit Lieferanten oder die Reduktion der Emissionen im
Produktionsprozess gehören dazu und können die Kaufentscheidung verstärken.

Die Kaufbereitschaft wird schließlich auch in hohem Maße dadurch beeinflusst, ob der
Zielperson die möglichen Bezugsquellen (online oder offline) bekannt bzw. ob diese leicht
festzustellen sind. Da immer mehr stationäre Einkäufe online vorbereitet werden, ist eine
Online-Auffindbarkeit der stationären Geschäfte unverzichtbar.

3.4.2.5 Phase 5: Nachfrage


Von Nachfrage wird gesprochen, wenn die Kaufbereitschaft kaufkraftgestützt ist und
ein Angebot folglich konkret verlangt wird. Dies kann online wie offline erfolgen. Die
Unterscheidung zwischen Nachfrage und Kaufbereitschaft ist deshalb wichtig. Schließ-
188 3 Marketing-Ziel

Gesamt Aided Unaided Kauf- Kauf- Nach- Erst- Nutzung Nach- Em-
Recall Recall interesse bereit- frage kauf kauf pfehlung
schaft
Aktivitäts- und Passivitätsgrad im
Zeitablauf
Bereich der Aktivität
Bereich der Inaktivität

Abb. 3.12 Abbau von „Passivität“ zugunsten von „Aktivität“ entlang der Markenwert-
schöpfungskette

lich bringt nicht jeder, bei dem bspw. ein Tesla Model 3 oder eine Uhr von Lange & Söhne
„First Choice“ ist, auch die notwendige Kaufkraft auf.
In der Nachfrage-Phase ist das Engagement des Suchenden  – im Vergleich zu den
vorangegangenen Prozessstufen  – meist am stärksten ausgeprägt. Hier bemüht sich der
potenzielle Käufer konkret darum, ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Dienst-
leistung zu kaufen (vgl. Abb. 3.12).
In der Nachfragephase kommt es zu dem schon angesprochenen First Moment of
Truth. Hier treffen die in der Awareness-Phase aufgebauten Erwartungshaltungen und die
Online- bzw. Offline-Realität aufeinander. Das möglicherweise entstehende Delta, d. h.
die Abweichung zwischen den Erwartungshaltungen einerseits und dem Einkaufserlebnis
andererseits, beeinflusst den gesamten weiteren Prozess.
Zum Abbruch des Prozesses kann es kommen, wenn das Produkt nicht in der ge-
wünschten Variante und/oder Menge vorrätig ist. In der Offline-Welt kann es zum Ab-
bruch des Kaufprozesses kommen, wenn Mitarbeiter im Verkauf die Produktvorteile nicht
kennen oder das vom Kunden erwartete Servicelevel nicht erbracht wird. In der Online-­
Welt kann ein aufwendiger Einkaufsvorgang, hohe Versandkosten und/oder das Fehlen
präferierter Zahlungswege zum Abbruch führen.
In der Nachfragephase können die folgenden KPIs zur Erfassung der Zielerreichung
herangezogen werden:

• Gewählter Kanal (online, bspw. im E-Shop oder offline per Bestellung aus einem Ka-
talog oder durch den Besuch eines stationären Geschäftes)
• Genutzte Bezugsquelle (u. a. Discounter, Supermarkt, Warenhaus)
• Wahrgenommene Produktqualität (auf Basis von Anmutung, Haptik)
• Wahrgenommene Preispositionierung
3.4 Markenwertschöpfungskette als Ausgestaltung eines Marketing-­Zielsystems 189

• Nachgefragte Menge
• Wahrgenommene Qualifikation und Serviceorientierung des Verkaufspersonals
• Emotionale Stimmigkeit zwischen (Marken-)Botschaften und der POS-Realität
• Image des Ladengeschäfts bzw. des Online-POS

Aufgrund des Wechsels von der Awareness- zur Experience-Phase fließen hier andere
Kriterien zur Erfolgsmessung ein. Entscheidend ist immer, was der Kunde wahrnimmt.
Dies kann sich von der „Realität“ aus Sicht eines Anbieters deutlich unterscheiden.

3.4.2.6 Phase 6: Erstkauf


Die Marketing-Aktivitäten eines Unternehmens haben im Business-Marketing mehrheit-
lich ein Ziel: bei bisher nicht betreuten Personen einen Erstkauf zu initiieren. Wird dieser
Kauf tatsächlich vollzogen, so kommt es zu einer Deckung von Angebot und Nachfrage.
Hierfür ist es entscheidend, dass die unterschiedlichen, stark durch die unternehmerische
Kommunikation geprägten Erwartungshaltungen mit der subjektiv wahrgenommenen
Realität übereinstimmen. In dieser Phase stehen folgende KPIs im Mittelpunkt:

• Anzahl der insgesamt kaufenden Kunden


• Anteil erstmalig kaufender Personen (an der Gesamtzahl der Kunden)
• Anteil an Neukunden in dieser Produktkategorie
• Marktanteil in Relation zur Distributionsdichte
• Zufriedenheit des Kunden mit dem Angebot (vor Nutzung)
• Zufriedenheit des Kunden mit der Betreuung/Abwicklung am Online-/Offline-POS

Häufig ist es ein zentrales Ziel in dieser Phase, die Kontakt- und Profildaten des
Kunden zu erfassen. Diese gilt es in eine Kundendatenbank aufzunehmen, um weitere
Dialogschritte einzuleiten. Dies kann folgende Schritte umfassen (vgl. vertiefend zum
Customer-Relationship-Management Kreutzer, 2021a):

• Ermöglichen einer direkten Kommunikation mit dem Kunden


Hier kann es zu einer After-Sales-Betreuung kommen. Es können allerdings auch An-
stöße erfolgen, um weitere Käufe durch den gleichen Kunden auszulösen.
• Räumliche Identifikation der erreichten Kunden
Durch die Auswertung der Postleitzahl der Kunden das eigene Einzugsgebiet ermittelt
werden, aus dem die Mehrheit der Kunden stammt. Durch die Bestimmung des Kern-
absatzgebietes kann die gewünschte Reichweite der Online- und Offline-­Kommunikation
definiert werden.
• Inhaltliche Identifikation der Kunden
Idealerweise werden bei der Adressaufnahme bereits weitere Daten erfasst, bspw. das
Geburtsdatum, der Familienstand und die Haushaltsgröße. Bei Unternehmen ist dies
die Branche, die Unternehmensgröße und ggf. die Rechtsform. Durch eine Auswertung
der Online- und/oder Offline-Aktivitäten können weitere Bedarfe ermittelt werden.
190 3 Marketing-Ziel

Bei der Erhebung von Kontakt- und Profildaten muss deutlich herausgestellt wer-
den, wie das Unternehmen diese nutzen möchte. Hier ist zwischen einer Verwendung nur
für Marktforschung, für Werbung, zur Ermittlung von Kundenwertigkeiten und/oder auch
zur Weitergabe an Dritte zu unterscheiden. Diese Einsatzfelder sind dem Kunden mitzu-
teilen. Vielfach ist für eine solche Datennutzung eine Einwilligung des Kunden erforder-
lich. Diese Einwilligung wird auch Permission genannt (vgl. vertiefend Abschn. 5.4.3.5).
Unternehmen können verschiedene Konzepte zur Gewinnung von Kontakt- und
Profildaten einsetzen (vgl. vertiefend Abschn. 5.4.5.2):

• Gewinnspielkarten am POS
• On-Pack-Karten
Diese Karten werden direkt am Produkt befestigte. Hiermit wird der Kunde auf-
gefordert, seine Adresse mitzuteilen. Der Anreiz hierzu kann in der Teilnahme an einem
Gewinnspiel oder im Erhalt weiterer Informationen vom Hersteller liegen.
• Online-Gewinnspiele
• Einladungen zum Abonnement eines Newsletters
Hierzu wird sehr häufig beim Besuch auf Websites der Anbieter aufgerufen.
• Qualifizierungsfragebögen
Durch Fragebögen werden weitere Informationen über Kunden gewonnen. Diese
Fragebögen können online und offline eingesetzt werden.
• Kundenkarten
Ein Antrag zum Erhalt einer Kundenkarte fragt häufig wichtige Informationen ab. Das
ist bspw. bei den Kartenkonzepten von Payback, BSW, Esprit, Douglas der Fall.

Welche Informationen über Kunden erhoben werden, hängt von der angestrebten
Dialogintensität ab. Wird eine umfassende, ganzheitliche, einzelkundenorientierte Be-
treuung angestrebt, sind viele Informationen zu gewinnen. Diese ermöglichen ein
leistungsstarkes Customer-Relationship-Management (CRM; vgl. Abschn. 4.2.2.3; ver-
tiefend Kreutzer, 2021a).

3.4.2.7 Phase 7: Nutzung


Nicht jeder Kauf führt automatisch zur Nutzung des entsprechenden Produktes bzw. zur
Einlösung des erworbenen Dienstleistungsanspruchs. Unter Umständen hat man sich bei
modischen Produkten (wie etwa Schuhen) „verkauft“ oder hat – etwa bei Büchern – das
eigene Interesse an bestimmten Themen überschätzt.
Eine wichtige Frage lautet:
Ist es für das verkaufende Unternehmen überhaupt wichtig, ob das verkaufte Produkt
auch genutzt wird? Schließlich ist der Umsatz bereits erzielt worden.
Eine hohe Zufriedenheit des Kunden mit einer Leistung wird oft nur über eine (posi-
tive) Nutzungserfahrung erzielt. Ein Nach- oder Wiederkauf setzt bei Verbrauchsgütern
(etwa Lebensmittel oder Kosmetika) oder Gebrauchsgütern (bspw. Eierkocher oder Bohr-
maschine) i.  d.  R. ebenfalls eine Nutzung voraus. Deshalb ist es für die Unternehmen
3.4 Markenwertschöpfungskette als Ausgestaltung eines Marketing-­Zielsystems 191

wichtig zu erfahren, ob bzw. warum ein Produkt genutzt wird  – oder eben nicht. Eine
Nicht-Nutzung kann bspw. auf eine schlechte Beratung durch das Verkaufspersonal oder
auf eine – aus Sicht des Kunden – irreführende Werbung zurückzuführen sein. In diesem
Fall kann die Nicht-Nutzung nicht nur zur Abwanderung vom Produkt, sondern auch vom
entsprechenden Anbieter (hier des Händlers) führen. Außerdem können Kunden über ihre
schlechten Erfahrungen in den sozialen Medien berichten. Diese Berichte werden von
potenziellen Kunden ggf. im ZMOT gelesen.

cc Merk-Box  Jedes Unternehmen sollte ein Interesse daran haben, dass die Kun-
den ein positives Nutzungserlebnis erzielen.
The experience is the product!

Bei der Nutzung treffen die Erwartungshaltungen, die in der Awareness-Phase auf-
gebaut wurden, auf die Realität. Dies ist der Second Moment of Truth. Die möglicher-
weise auftretenden Diskrepanzen steuern den weiteren Nutzungs-, Nachkauf- und
Empfehlungsprozess. Hier stellen sich mehrere Fragen:

• Wie erlebt der Kunde die Nutzung bzw. den Ge- und Verbrauch des Produktes bzw. der
Dienstleistung?
• Werden dem Kunden die in Aussicht gestellten Serviceleistungen angeboten?
• Ist eine Hilfestellung im Ernstfall auch tatsächlich verfügbar?

Um diese Phänomene zu erfassen, werden die folgenden KPIs eingesetzt:

• Anteil der Personen, die das Produkt nach dem Kauf nutzen (Nutzer- vs. Sleeper-Quote,
etwa bei Büchern, Schuhen, Kleidung)
• Anteil der Personen, die eine Dienstleistung nach dem Erwerb in Anspruch nehmen
(bspw. in einem Fitness-Studio)
• Gebrauchsintensität
• Ort des Gebrauchs
• Wahrgenommene Produkt- und Servicequalität im Einsatz
• Störfallquote
• Anteil reklamierender Kunden an der Gesamtzahl der Kunden
• Zufriedenheit mit dem Produkt/der Dienstleistung
• Ausmaß der Erfüllung von Kundenerwartungen

3.4.2.8 Phase 8: Nachkauf


In dieser Phase wird ein Produkt oder eine Dienstleistung nochmals erworben. Ein wieder-
holter Kauf durch denselben Kunden beinhaltet für Unternehmen i. d. R. nicht nur ein
großes Umsatzpotenzial, sondern vor allem ein wesentliches Gewinnsteigerungs-
potenzial. Ein Kunde, der erneut kauft, muss nicht erst von der Leistungsfähigkeit des
192 3 Marketing-Ziel

Gewinn durch Preisaufschläge

Gewinn durch Weiterempfehlungen

Gewinn aus erhöhter Kauffrequenz/


gestiegenen Rechnungsbeträgen

Gewinn aufgrund geringerer


Verwaltungs- und Vertriebskosten

Basisgewinn

Akquisitionskosten
1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr n. Jahr

Gewinnungs-
periode

Abb. 3.13  Gewinnsteigerungspotenzial durch Stammkunden. (Quelle: In Anlehnung an Reichheld


& Sasser, 2003, S. 153)

Unternehmens bzw. der Qualität eines Angebotes überzeugt werden. Das anbietende
Unternehmen kann vielmehr auf entsprechendem Vorwissen aufbauen.

cc Merk-Box  Es gilt als Faustregel, dass es sieben- bis neunmal teurer ist, einen
neuen Kunden zu akquirieren, als einen bestehenden zu halten und zum
Wiederkauf zu motivieren.

Gleichzeitig weisen „Wiederholungstäter“ ein höheres Gewinnpotenzial auf. Dies ist


darauf zurückzuführen, dass diese oft häufiger kaufen, höhere Beträge investieren und
weniger empfindlich auf Preisaufschläge reagieren. Außerdem können loyale Kunden
auch aktivere Freundschaftswerber sein, die für das Unternehmen weitere Kunden wer-
ben. In Abb. 3.13 ist dieser Zusammenhang schematisch aufgezeigt.
Die hier angesprochene Kundenbindung konkretisiert sich in den in Abb. 3.14 auf-
gezeigten Dimensionen. Im bisherigen Verhalten zeigt sie sich durch das vergangene
Kaufverhalten und das Ausmaß an vorgenommenen Empfehlungen. Bezüglich der Ver-
haltensabsicht bezieht sich die Kundenbindung auf die Wiederkaufabsicht (More Sell),
die Absicht, andere und/oder höherwertige Produkte zu erwerben (Cross-Sell, Up-Sell)
und auch in Zukunft als Freundschaftswerber aktiv zu sein. Darüber hinaus kann auch die
Bereitschaft, zukünftige Preiserhöhungen zu akzeptieren, ohne die Beziehung zum Unter-
nehmen in Frage zu stellen, als relevante Verhaltensabsicht definiert werden.
Die Verhaltensabsichten als Ausdruck der Loyalität eines Kunden hängen vom Ergeb-
nis der bereits angesprochenen Vergleichsprozesse ab: Hier werden die durch Vor-
informationen aufgebauten Erwartungen und die dadurch geprägte Soll-Leistung mit der
durch die Nutzungsrealität (Gebrauchs-/Nutzungserfahrung) bestimmten Ist-Leistung ver-
glichen. Diese Beziehung wird im Konfirmations-Diskonfirmations-Paradigma (auch
Confirmation-­Disconfirmation-Paradigma) in Abb. 3.15 sichtbar.
3.4 Markenwertschöpfungskette als Ausgestaltung eines Marketing-­Zielsystems 193

Kunden-
bindung Konstrukt

Bisheriges Verhaltens- Dimensionen


Verhalten absichten

Weitere Weiter-
Wieder- Preiser-
Weiter- Kauf- empfeh-
Kauf- kauf höhungs-
empfeh- absicht lungs- Faktoren
verhalten absicht akzeptanz
lungen (Cross/ absicht
(More Sell)
Up Sell)

Abb. 3.14  Operationalisierung der Kundenbindung. (Quelle: In Anlehnung an Homburg & Kroh-
mer, 2003, S. 99)

Wahrgenommene
Vergleichsstandard
Leistung
(Leistung)
(Ist-Leistung)

Vergleichsprozess

Negative Diskonfirmation Konfirmation Positive Diskonfirmation


(Ist < Soll) (Ist = Soll) (Ist > Soll)

Zufriedenheit unter Zufriedenheit auf Zufriedenheit über


Konfirmationsniveau Konfirmationsniveau Konfirmationsniveau
(Unzufriedenheit) (hohe Zufriedenheit)

Abb. 3.15  Konfirmations-Diskonfirmations-Paradigma zur Ermittlung von Zufriedenheitswerten.


(Quelle: Nach Homburg, 2020, S. 46)

Wird das erwartete Soll nicht erreicht, so entsteht durch diese negative Diskonfirmation
(i. S. einer Nicht-Bestätigung) Unzufriedenheit. Bei einer Deckungsgleichheit von er-
warteter und wahrgenommener Leistung liegt eine Konfirmation (i. S. einer Bestätigung)
vor. Hier stellt sich Zufriedenheit ein. Bei einer positiven Diskonfirmation wird sich
beim Kunden Begeisterung einstellen. Schließlich liegt hier eine Soll-Übererfüllung vor.
Erst diese lässt relativ valide Aussagen hinsichtlich einer zu erwartenden Loyalität eines
Kunden zu (vgl. Homburg, 2020, S. 46 f.).
194 3 Marketing-Ziel

Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Zusammenhänge wird deutlich, warum Unter-
nehmen gut beraten sind, folgende KPIs einzusetzen:

• Bisheriges Verhalten hinsichtlich Weiterempfehlung, Wiederkauf, Kauf von anderen/


höherwertigen Produkten
• Beabsichtigtes Verhalten hinsichtlich Weiterempfehlung, Wiederkauf, Kauf von ande-
ren/höherwertigen Produkten
• Ausmaß der Kundenzufriedenheit (negative bzw. positive Diskonfirmation, Kon-
firmation)
• Anteil der Stammkunden am gesamten Kundenbestand, differenziert nach Länge der
Kundenbeziehung
• Anteil der unzufriedenen Kunden, die ihre Unzufriedenheit artikulieren

3.4.2.9 Phase 9: Empfehlung


Kunden können als Botschafter der Marke bereits unmittelbar nach dem Kauf und/oder
der Nutzung aktiv werden. Der Nutzer des Produktes bzw. einer Dienstleistung spricht in
seinem Umfeld Empfehlungen bzgl. des von ihm genutzten Angebotes aus. Hierdurch be-
treibt ein Kunde Mund-zu-Mund-Propaganda oder eben Word-of-Mouse in den sozia-
len Medien. Hier wird auch von Freundschaftswerbung gesprochen (vgl. Kreutzer,
2021a, S.  245–247). Der Kunde kann diese Informationen auch in Form von User-­
generated Content über die unterschiedlichen Plattformen der sozialen Medien kommu-
nizieren (vgl. weiterführend Kreutzer, 2021b; Kilian & Kreutzer, 2022). Diese Form der
persönlichen Kommunikation von Kunden weist eine hohe Glaubwürdigkeit auf. Hier
wird keine vorrangig wirtschaftliche Motivation unterstellt (vgl. vertiefend Abschn. 5.4.3.2).
Zur Erfolgsmessung in dieser Phase werden folgende KPIs eingesetzt:

• Anzahl der Personen, die ein Produkt oder eine Dienstleistung erfolgreich weiter-
empfohlen haben
• Anzahl der gewonnenen Neukunden über Freundschaftswerbung nach Kanal
• Anteil dieser Freundschaftswerber an der Gesamtzahl der Kunden
• Umsätze, die durch Freundschaftswerbung erzielt wurden

In Abb.  3.16 sind zusammenfassend zentrale Faktoren aufgezeigt, die entlang der
Markenwertschöpfungskette motivieren und demotivieren können. Für jedes Unter-
nehmen ist herauszuarbeiten, an welchen Stellen möglicherweise Optimierungsbedarf
besteht. Dazu können unterschiedliche Marktforschungskonzepte beitragen, die in
Abschn. 2.2.4 präsentiert wurden.
Welche Bedeutung unterschiedlichen Leistungen eines Unternehmens bei der Er-
zielung von Kundenzufriedenheit zukommen kann, zeigt das sogenannte Kano-Modell
(vgl. Abb. 3.17). Kano untersuchte dazu die Beziehung zwischen der Erfüllung unter-
schiedlicher Kundenanforderungen und der Erzielung von Kundenzufriedenheit (vgl.
Berger et al., 1993). Hierbei zeigte sich, dass ein Teil der Kundenanforderungen keinen
3.4 Markenwertschöpfungskette als Ausgestaltung eines Marketing-­Zielsystems 195

Glaubwürdiges Meinungsführer
Sympathischer Überzeugendes
Testimonial nutzt gleiches Produkt
Influencer Testergebnis
Aktivierende Gutes Produkterleben
Ansprache Freunde loben Exzellenter
durch Sampling Produktwahl Service

Langsame
Werbung POS-Platzierung Enttäuschender
Website
schreckt ab entspricht nicht Erwartungen Produktgebrauch
Personal kann Produkt fehlt
Fragen nicht beantworten am POS Verkäufer empfiehlt
anderes Produkt

Abb. 3.16  Motivierende und demotivierende Faktoren entlang der Markenwertschöpfungskette

Kunde ist
zufrieden
Leistungsanforderungen
− artikuliert
− spezifisch
Begeisterungsanforderungen − messbar
− artikuliert
− spezifisch
− messbar

Anforderungen Anforderungen
nicht erfüllt Zeit erfüllt

Basisanforderungen
− implizit
− selbstverständlich
− nicht artikuliert
− offensichtlich
Kunde ist
unzufrieden

Abb. 3.17  Kano-Modell der Kundenzufriedenheit

oder nur einen geringen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit hat (vgl. die untere
Kurve in Abb. 3.17).
Die Nichterfüllung dieser sogenannten Basisanforderungen führt zwar zu Un-
zufriedenheit. Eine Erfüllung der Basisanforderungen führt aber nicht zu Zufriedenheit
oder Begeisterung. Kunden setzen eine Erfüllung dieser Basisanforderungen folglich vo­
raus. Dazu zählen bei Flugreisen bspw. die Sicherheit der Flugzeuge und dass man tat-
sächlich am gewünschten Zielort ankommt. Bei Büchern wird erwartet, dass sich die Blät-
ter beim mehrfachen Durcharbeiten eines Lehrbuchs nicht aus der Bindung lösen.

cc Merk-Box  Die Erfüllung von Basisanforderungen führt nicht zur Begeisterung.


196 3 Marketing-Ziel

Leistungsanforderungen bewertet der Kunde nach dem Prinzip „je mehr, desto bes-
ser“. Ein Mehr an erfüllten Leistungsanforderungen steigert die Zufriedenheit (vgl. die
mittlere Linie in Abb. 3.17). Hierzu zählen bei Flugreisen bspw. eine höherwertige Ver-
kostung auch in der Economy-Class oder die Gratisauswahl von Zeitungen und Zeit-
schriften. Bei einem Lehrbuch kann dies eine Online-Plattform sein, auf der weitere wich-
tige Lehrinhalte bereitgestellt werden.

cc Merk-Box  Je mehr Leistungsanforderungen erfüllt werden, desto zufriedener


wird der Kunde.

Erst die dritte Kategorie in Gestalt der Begeisterungsanforderungen kann beim Kun-
den Begeisterung auslösen. Der Grund ist ganz einfach: Hier werden Leistungen erbracht,
die nicht erwartet wurden (vgl. die obere Kurve in Abb. 3.17). Bei einem Lehrbuch könnte
die tagesaktuelle Bereitstellung von einschlägigen Artikeln, Videos, Fallstudien etc. zur
Begeisterung führen. Allerdings gilt für die Begeisterungsanforderungen: Werden diese
regelmäßig erbracht, werden daraus Leistungsanforderungen, die als selbstverständlich
angesehen werden.
Dies zwingt nicht nur Unternehmen zu einer kontinuierlichen Weiterentwicklung der
eigenen Leistungen. Auch Wettbewerber können sich dazu gezwungen sehen, Be-
geisterungsanforderungen zu bedienen, wenn diese zu Leistungsanforderungen geworden
sind. Heute fühlen sich bspw. viele Online-Händler gezwungen, einen kostenlosen Ver-
sand und Rückversand anzubieten. Schließlich ist dieser Service – einst eine echte Be-
geisterungsanforderung – mittlerweile zu einer selbstverständlichen Leistungsanforderung
geworden.

cc Merk-Box  Erst die Erfüllung von Begeisterungsanforderungen kann zur Be-


geisterung führen. Allerdings besteht ein Risiko: Werden diese Begeis­
terungsanforderungen regelmäßig erbracht, werden sie leicht zu Leistungsan-
forderungen.

cc Denkanstoß  Prüfen Sie einmal, welche Leistungen Ihres Unternehmens für Sie
persönlich in welche Kategorie gehören. Was sind für Sie Basis-, Leistungs- und
Begeisterungsanforderungen Ihres Unternehmens?

3.5 Einbettung der Marketing-Ziele in eine Balanced Scorecard

3.5.1 Grundkonzept der Balanced Scorecard

In den letzten Jahren ist ein Planungs- und Steuerungsinstrument auf Unternehmensebene
stärker in den Mittelpunkt gerückt: die Balanced Scorecard (vgl. grundlegend Kaplan &
3.5 Einbettung der Marketing-Ziele in eine Balanced Scorecard 197

Norton, 2018; Müller & Wrobel, 2021, S.  74–79). Es handelt sich um die Zusammen-
führung verschiedener Sichtweisen und Schichten von Unternehmens- oder Bereichs-
zielen. Zusammen ergeben diese einen mehrdimensionalen Zielrahmen und damit das
Steuerungs-­Cockpit eines Unternehmens.

cc Merk-Box  In der Balanced Scorecard werden nicht nur wirtschaftliche Zie-


len für ein Unternehmen definiert. Zusätzlich werden hier prozess-, kunden-
und mitarbeiterbezogene Ziele festgelegt.

Für eine solche Ausrichtung gibt es eine einfache Erklärung: Ein Unternehmen oder ein
Geschäftsbereich lässt sich auf oberster Leitungsebene nicht allein durch finanzielle Kenn-
zahlen führen. Die Balanced Scorecard visualisiert gleichzeitig, dass die Ziele ver-
schiedener Unternehmensbereiche in hohem Maße miteinander verzahnt sind. Deshalb
versucht die Balanced Scorecard bei der Leistungsbewertung mehrere strategische Pers-
pektiven zu berücksichtigen. Das Attribut „Balanced“ bringt zum Ausdruck, dass ein
Unternehmen nur dann langfristig erfolgreich sein wird, wenn es eine „ausgewogene“
Zielerreichung in den unterschiedlichen Leistungsbereichen sicherstellt.
Durch die Balanced Scorecard wurde die klassische Zielpyramide (vgl. Abb. 3.2) zu
einem Ziele-Cockpit weiterentwickelt. Hierdurch wird gleichzeitig dem Gedanken des
Stakeholder-Konzeptes Rechnung getragen. Das Unternehmen hat sein Gesamtziel erst
dann erreicht, wenn über alle in der Scorecard definierten Felder eine ausgewogene Ziel-
erreichung sichergestellt ist. Hierdurch wird eine Optimierung von Teilbereichen zu Las-
ten des Ganzen zumindest reduziert. Die Erreichung eines „ausbalancierten“ Ergebnisses
wird verstärkt, wenn die variablen Bestandteile der Vergütung breiter Mitarbeiterkreise –
und nicht nur des Top- und Middle-Managements – an die Erreichung der in der Scorecard
definierten Ziele gekoppelt werden.
Den Ausgangspunkt bei der Entwicklung einer Balanced Scorecard stellt die Vision,
die Mission und/oder der Purpose des Unternehmens dar. Hiervon werden in den in
Abb.  3.18 definierten vier Bereiche Ziele, Kennzahlen bzw. Vorgaben definiert. Diese
orientieren sich an den folgenden Fragen:

• Finanzperspektive
Wie wollen wir gegenüber unseren Teilhabern unsere finanziellen Erfolge doku-
mentieren?
• Kundenperspektive
Wie wollen wir messen, in welchem Ausmaß wir bei der Umsetzung unserer Vision die
Kunden überzeugen?
• Prozessperspektive
Wie wollen wir bei welchen Prozessen erfassen, ob diese effizient und effektiv sind?
• Mitarbeiterperspektive
Wie wollen wir ermitteln, ob wir unsere Führungskräfte und Mitarbeiter von unserer
Vision überzeugen und ob diese tatkräftig bei deren Umsetzung mitwirken?
198 3 Marketing-Ziel

Finanzperspektive Kundenperspektive

Marktanteil (absolut/relativ) Anzahl an Neukunden


Umsatz Gesamtzahl der Kunden
EBIT/EBITDA, Gewinn Kundenloyalität
ROI, ROCE, ROS Social-Media-Engagement
Börsenkapitalisierung Kundenwerte
Eigenkapitalquote Vision, Mission, Quote der Weiterempfehlungen
Purpose des
Unternehmens

Dauer der Auftragsbearbeitung Mitarbeiterzufriedenheit


Dauer der Reklamationsbearbeitung Mitarbeiteridentifikation
Dauer des Produktionsprozesses Mitarbeiterfluktuation
Dauer von Entwicklungsprozessen Mitarbeiterengagement (bspw.
Einhaltung von Service-Levels beim Vorschlagswesen)
Prozessperspektive Mitarbeiterperspektive

Abb. 3.18  Grundkonzept der Balanced Scorecard für ein Unternehmen

Durch eine solche Balanced Scorecard können zentrale Unternehmensziele für ein Ge-
schäftsjahr definiert werden. Durch den Zielfindungsprozess bei einer Balanced Score-
card wird erreicht, dass mehrere unternehmensrelevante Sichtweisen gleichzeitig berück-
sichtigt werden. So kann bspw. geprüft werden, welche Auswirkungen besonders
anspruchsvolle finanzielle Ziele auf Kunden und Mitarbeiter haben werden. Quartalsweise
oder nach Ablauf des Geschäftsjahres kann basierend auf den hier definierten Zielen über-
prüft werden, welche Bereiche auf Kurs liegen und in welchen Feldern Handlungsbedarf
besteht.
Die innerhalb der Balanced Scorecard aufgezeigten unternehmerischen Teilziele sind
im Planungsprozess mit Maßnahmenprogrammen zu hinterlegen. Diese sollen eine Ziel-
erreichung unterstützen. Für jedes Teilziel ist regelmäßig zu überprüfen, ob das Unter-
nehmen dieses erreichen wird. Gegebenenfalls sind bereits im laufenden Geschäftsjahr
zusätzliche Maßnahmen einzuleiten, um eine Zielerreichung sicherzustellen. Aufgrund
der Dokumentation innerhalb einer Scorecard können mögliche Wechselwirkungen mit
anderen Zielen frühzeitig überprüft werden.
In einer lernenden Organisation werden sowohl bei einer Zielerreichung wie auch bei
einer Zielverfehlung die jeweiligen Ursachen identifiziert. Die hierbei gewonnenen Er-
kenntnisse sind im folgenden Planungsprozess zu berücksichtigen. Unter Umständen
waren Planungsprämissen unzutreffend. Oder die Wettbewerberaktivitäten wurden über-
oder unterbewertet. Gegebenenfalls wurden auch die Marktpotenziale falsch eingeschätzt.
Nur wenn die Erfolgs- und Misserfolgsursachen ermittelt und dokumentiert werden
und in neue Planungsprozesse einfließen, können von Planungsrunde zu Planungsrunde
die Ergebnisse verbessert werden. Hier kann von geschlossenen Wirkungskreisläufen
gesprochen werden, wie sie in Abb. 1.4 zum Ausdruck kommen.

cc Merk-Box  Zukünftig können in die Balanced Scorecard die bereits an-


gesprochenen ESG-Kriterien als weiteres Zielfeld integriert werden (vgl.
Abschn. 1.1.2). So werden Ziele aus den Bereichen Environment, Social und Go-
vernance auf höchster Ebene bei der Unternehmensführung berücksichtigt.
3.5 Einbettung der Marketing-Ziele in eine Balanced Scorecard 199

3.5.2 Marketing-Scorecard

Die Balanced Scorecard auf Unternehmensebene sollte in den zentralen Funktions-


bereichen weiter heruntergebrochen werden. Schließlich sind meist auch dort mehrere
Ziele gleichzeitig umzusetzen. In einer Marketing-Scorecard können  – abgeleitet aus
den übergeordneten Unternehmens- und Marketing-Zielen – für den Bereich CRM die in
Abb. 3.19 genannten Kennzahlen dargestellt werden.
Bei der Entwicklung einer solchen CRM-Marketing-Scorecard erfolgt eine Orientie-
rung an folgenden Fragen:

• Akquisitions-Fokus
Wie gut gelingt es uns in unterschiedlichen Kanälen und mit verschiedenen Aktionen,
Interessenten und Kunden für unser Unternehmen zu gewinnen? Welche Kosten sind
mit der Interessenten- und Kundengewinnung verbunden?
• Interessenten-Fokus
Wie erfolgreich sind wir, gewonnene Interessenten in Kunden zu verwandeln? Wie gut
funktionieren hier unsere Informationsangebote?
• Kunden-Fokus
Wie treu sind uns die gewonnenen Kunden? Welchen Wert generieren diese für unser
Unternehmen? Wie erfolgreich sind unsere Kunden als Freundschaftswerber unterwegs?
• Kündiger-Fokus
Wie leidet die Kundenbeziehung im Zeitablauf? Wie wirken unsere Maßnahmen, um
Kundenbeziehungen „lebendig“ zu halten? Wie früh bekommen wir mit, ob ein Kunde
inaktiv wird bzw. zu kündigen gedenkt?

Die in der CRM-Scorecard definierten Ziele sind ebenfalls mit Maßnahmen-


programmen zu hinterlegen. Auch hier ist kontinuierlich sowie am Ende eines Geschäfts-
jahres zu überprüfen, ob die Ziele erreicht werden.

Akquisitions-Fokus Kunden-Fokus

Cost per Interest (CPI) nach Anzahl an Neukunden


Kanal/Aktion Verteilung der Kunden nach
Cost per Order (CPO) nach – Wiederkäufer
Kanal/Aktion – Weiterempfehlungen
Kundenwertigkeit nach – Kundenwert
Kanal/Aktion – Engagement
CRM

Nutzung von Informations- Verteilung der Kunden nach


angeboten nach Kanal/Aktion – Inaktivität
Umwandlungsquoten von – abnehmendem Umsatz
Interessenten zu Kunden nach Wechsler-Rate
Kanal/Aktion Kündigungs -Quote
Interessenten-Fokus Kündiger-Fokus

Abb. 3.19  Marketing-Scorecard für das Customer-Relationship-Management


200 3 Marketing-Ziel

Für das Brand-Management kommen spezifische Marken-Scorecards bzw. Brand


Scorecards zum Einsatz. Diese können bspw. Ziele für die folgenden Bereiche definieren:

• Markenbekanntheit
• Markenimage (u. a. Vertrauen, Sympathie, Innovationskraft)
• Markenzufriedenheit
• Markenloyalität/Markenbindung

Insgesamt zeigt sich, dass der Einsatz der Balanced Scorecard zur Steuerung von
Unternehmen bzw. von einzelnen Funktionsbereichen erst auf dem Vormarsch ist. Ein
stärkerer Einsatz von solchen integrierten Planungs- und Steuerungselementen trägt
dazu bei, auf Unternehmensebene den ganzheitlichen Blick auf die relevanten Stakeholder
zu erlangen und auf funktionaler Ebene verschiedene Kriterien simultan im Blickfeld zu
haben. Dies kann bspw. im gesamten Marketing-Bereich oder auf der Ebene der Marken-
wertschöpfungskette gelingen. Dort werden alle relevanten Stufen von der Zielperson bis
zu Wiederholungskäufer und Markenempfehler systematisch durchleuchtet. In Summe
wird die ganzheitliche Performance-Orientierung im Unternehmen durch Planungs- und
Steuerungswerkzeuge wie die Balanced Scorecard untermauert.

cc Merk-Box  Für alle Bereiche eines Unternehmens, in denen mehrere Ziele


gleichzeitig zu erreichen sind, kann eine Balanced Scorecard entwickelt
werden. 

Was es zu behalten gilt

• Ziele sind für den persönlichen und unternehmerischen Alltag unverzichtbar,


um – im wahrsten Sinne – nicht ziellos zu agieren.
• Bei der Zielformulierung sind spezifische Anforderungen zu berücksichtigen.
• Ziele sollten immer schriftlich niedergelegt werden – auch im privaten Bereich.
• Die Markenwertschöpfungskette stellt eine zeitliche und inhaltliche Ver-
bindung zwischen verschiedenen Marketing-Zielen dar. Sie ermöglicht es, die
Effektivität verschiedener Marketing-Instrumente zu ermitteln und deren ziel-
orientierten Einsatz zu fördern.
• Mit dem ZMOT ist eine wichtige „Erkenntnisquelle“ für Interessenten und Kun-
den entstanden, die von Unternehmen „gemanagt“ werden muss.
• Eine „moderne“ Unternehmensführung sollte durch Balanced Scorecards ge-
steuert werden. Diese stellen eine umfassende Berücksichtigung verschiedener
Stakeholder sicher.
• Im Marketing-Bereich kann eine spezifische Scorecard die relevanten Ziel-
kriterien auf Kundenebene zusammenführen – bspw. im CRM-Bereich oder als
Marken-­Scorecard.
3.5 Einbettung der Marketing-Ziele in eine Balanced Scorecard 201

Fragen zur Überprüfung Ihres Wissensstandes

1. Warum sind Ziele so wichtig?


2. Welche Funktionen weisen Ziele auf? Veranschaulichen Sie sich diese Funktionen
anhand von konkreten Beispielen sowohl aus Ihrem privaten Umfeld und aus dem
Unternehmensbereich.
3. Welche Anforderungen sind bei der Zielformulierung zu berücksichtigen? Be-
schreiben Sie die Relevanz dieser Anforderungskriterien.
4. Formulieren Sie drei Marketing-Ziele. Orientieren Sie sich bei der Zielformulierung
an den diskutierten Anforderungskriterien.
5. Was ist der wesentliche Unterschied zwischen Maximierungs- und Minimierungs-
zielen einerseits und Satisfaktionszielen andererseits? Welche Ziele lassen sich
besser kontrollieren und warum?
6. Skizzieren Sie den Unterschied zwischen Effektivität und Effizienz. Verdeutlichen
Sie sich die Relevanz dieses Begriffspaares anhand eines Unternehmensbeispiels
und anhand des Alltags eines Studenten. Woran sollte im Einzelfall eine Aus-
richtung vorgenommen werden?
7. Was versteht man unter den sogenannten SMART-Zielen? Wie bewerten Sie die
darin zum Ausdruck kommenden Anforderungen an eine Zielformulierung?
8. Wodurch grenzen sich Unternehmensvision, Unternehmensmission und Unter-
nehmenswerte voneinander ab – und was verbindet diese?
9. Definieren Sie die Begriffe EBITDA, ROS, ROI und ROCE und verdeutlichen Sie
sich deren Relevanz für die Unternehmensführung. Suchen Sie im Internet nach
diesen Kriterien für drei verschiedene Unternehmen.
10. Skizzieren Sie das Zielsystem eines Unternehmens und gestalten Sie die Ziele der
einzelnen Ebenen für die Unternehmen Siemens und McDonald’s exemplarisch aus.
11. Was versteht man unter der Mittel-Zweck-Beziehung von Zielen? Warum ist sie
von großer Bedeutung?
12. Welche Arten von Zielbeziehungen werden unterschieden? Verdeutlichen Sie Ihre
Aussagen anhand von jeweils zwei konkreten Beispielen.
13. Skizzieren Sie die Grundidee der Markenwertschöpfungskette und arbeiten Sie
deren Relevanz für die heutige Markenführung heraus.
14. Beschreiben Sie die einzelnen Phasen der Markenwertschöpfungskette. Definieren
Sie die relevanten KPIs. Welchen spezifischen Anforderungen muss die Aus-
gestaltung des Marketing-Diamanten in den einzelnen Phasen gerecht werden?
15. Warum führen „Bekanntheit“ und „Sympathie“ nicht zwangsläufig zu „Besitz“?
16. Erklären Sie den Unterschied zwischen Awareness und Unawareness Set. Verdeut-
lichen Sie sich die Bedeutung der Untergliederungen des Awareness Sets.
17. Was verbirgt sich hinter dem Kano-Konzept? Welche Relevanz hat dieses für die
Ausgestaltung der verschiedenen Marketing-Instrumente? Analysieren Sie für
einen Restaurantbesuch, was für Sie zu den Basis-, Leistungs- und Begeisterungs-
anforderungen gehört.
202 3 Marketing-Ziel

18. Kennzeichnen Sie das Konzept der Balanced Scorecard. Welche Dimensionen wer-
den hier abgedeckt? Warum hat die Balanced Scorecard in den letzten Jahren an
Bedeutung gewonnen?
19. Welchen Zusammenhang sehen Sie zwischen dem Konzept der Balanced Score-
card und dem Stakeholder-Ansatz?
20. Auf welchen Ebenen werden Scorecards heute eingesetzt? Warum ist eine Nutzung
auf verschiedenen Unternehmensebenen sinnvoll?
21. Welche Bereiche können in einer Marketing-Scorecard abgedeckt werden?
22. Welche Felder sollte eine Marken-Scorecard abdecken?
23. Worin sehen Sie die Vorteile von solchen Planungs- und Steuerungselementen?

Literatur

Berger, C., Blauth, R., Boger, D., Bolster, C., Burchill, G., DuMouchel, W., Pouliot, F., Richter, R.,
Rubinoff, A., Shen, D., Timko, M., & Walden, D. (1993). Kano’s methods of understanding cus-
tomer-defined quality. Center for Quality of Management Journal, 2(4), 3–36.
Burmann, C., Halaszovich, T., Schade, M., & Piehler, R. (2018). Identitätsbasierte Marketing-
führung. Grundlagen – Strategie – Umsetzung – Controlling (3. Aufl.). Springer Gabler.
Esch, F.-R. (2019). Identität der Corporate Brand entwickeln und schärfen. In F.-R. Esch, T. Tomc-
zak, J. Kernstock, T. Langner & J. Redler (Hrsg.), Corporate Brand Management, Marken als
Anker strategischer Führung von Unternehmen (4. Aufl.). Springer Gabler.
Homburg, C. (2020). Marketingmanagement. Strategie – Instrumente – Umsetzung – Unternehmens-
führung (7. Aufl.). Springer Gabler.
Homburg, C., & Krohmer, H. (2003). Marketingmanagement. Strategie  – Instrumente  – Um-
setzung – Unternehmensführung. Gabler.
IKEA. (2021). Unsere Vision und Geschäftsidee. https://www.ikea.com/de/de/this-­is-­ikea/about-­us/
vision-­geschaeftsidee-­ikea-­pub9cd02291. Zugegriffen am 14.04.2021.
Kaplan, R.  S., & Norton, D.  P. (2018). Balanced Scorecard. Strategien erfolgreich umsetzen.
Schäffer-­Poeschel.
Kilian, K., & Kreutzer, R. (2022). Digitale Markenführung. Springer Gabler.
Kreutzer, R. T. (2021a). Kundendialog online und offline, Das große 1x1 der Kundenakquisition,
Kundenbindung und Kundenrückgewinnung. Springer Gabler.
Kreutzer, R. T. (2021b). Praxisorientiertes Online-Marketing. Konzepte – Instrumente – Checklisten
(4. Aufl.). Springer Gabler.
Kreutzer, R. T. (2021c). Toolbox für Digital Business. Springer Gabler.
Lecinski, J. (2011). ZMOT. Winning the zero moment of truth. Google.
Müller, H.-E., & Wrobel, M. (2021). Unternehmensführung. Strategie – Management – Praxis (4.
Aufl.). Oldenbourg.
o. V. (2014). Humorlose Kläger in Amerika: Red Bull verleiht gar keine Flügel (9.10.2014). http://
www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/humorlose-­klaeger-­in-­amerika-­red-­bull-­verleiht-­
gar-­keine-­fluegel-­13200029.html. Zugegriffen am 20.4.2021.
Reichheld, F., & Sasser, E. W. (2003). Zero-Migration: Dienstleister im Sog der Qualitätsrevolution.
In M.  Bruhn & C.  Homburg (Hrsg.), Handbuch Kundenbindungsmanagement. Strategien und
Instrumente für ein erfolgreiches CRM (S. 147–161). Gabler.
Volkswagen. (2021). Unsere Vision. https://www.volkswagenag.com/de/group/strategy.html. Zu-
gegriffen am 14.04.2021.
Marketing-Strategie
4

„Kreativität ohne Strategie ist wie der Kanonendonner vor der


Niederlage!“

Lernziele
Fähigkeit,
• verschiedene Strategiekonzepte kritisch zu bewerten und einzusetzen
• die Ausgestaltung der wettbewerbsorientierten Strategien nachzuvollziehen
• kundenorientierte Strategien für verschiedene Unternehmen zu entwickeln
• unterschiedliche Konzepte der Marktsegmentierung zu erläutern und einzusetzen

4.1 Kennzeichnung von Strategie

Um die strategischen Unternehmens- und Marketing-Ziele zu erreichen, müssen diese in


verschiedenen Schritten heruntergebrochen und damit konkretisiert werden. Es geht  –
orientiert an der Abb. 1.6 – um die „Festlegung der Route zu den Wunschorten“. Vielfach
können anspruchsvolle Ziele nur durch Programme erreicht werden, die auf längere
Sicht angelegt sind und damit eine Grundausrichtung der Unternehmensaktivitäten
fixieren. Häufig haben solche Programme, die als Strategien bezeichnet werden, eine

Elektronisches Zusatzmaterial Die elektronische Version dieses Kapitels enthält Zusatzmaterial,


das berechtigten Benutzern zur Verfügung steht. https://doi.org/10.1007/978-­3-­658-­35307-­0_4.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2022 203
R. T. Kreutzer, Praxisorientiertes Marketing,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-35307-0_4
204 4 Marketing-Strategie

Laufzeit von mehreren Jahren. Strategien werden im Rahmen der strategischen Planung
erarbeitet und festgeschrieben (vgl. Kap. 2).

cc Merk-Box  Eine Strategie beschreibt das längerfristig angestrebte Marktver-


halten eines Unternehmens, mit dem das Unternehmen seine Ziele erreichen
möchte. Strategien sind gekennzeichnet durch ihre langfristige Orientierung,
der häufig ein Zeithorizont von drei Jahren und mehr zugrunde liegt. 

4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing

Die nachfolgend im Marketing-Kontext diskutierten strategischen Ansätze werden häufig


auch auf Unternehmensebene und damit als Teil des strategischen Managements dis-
kutiert. Diese Art der Überschneidung und Überlagerung ist bei strategischen Konzeptio-
nen von Unternehmen dann unvermeidbar, wenn Marketing als strategische Führungs-
konzeption verankert ist. Dann werden Marketing- und unternehmensbezogene
Entscheidungen gemeinsam geplant und umgesetzt.
Im strategischen Kontext wird häufig zwischen kunden- und wettbewerbsorientierten
Strategien unterschieden. Die kundenorientierten Strategien wählen die Kunden als
Ausgangs- und Zielpunkt der strategischen Überlegungen. Bei den wettbewerbs-
orientierten Strategien dominiert die Abgrenzung gegenüber den Wettbewerbern. Zu-
nächst soll hier das Konzept der wettbewerbsorientierten Strategien vorgestellt werden.

4.2.1 Wettbewerbsorientierte Strategien

„Wenn Du den Feind kennst und Dich selbst, musst Du auch hundert Schlachten nicht
fürchten.
Wenn Du Dich selbst kennst, aber den Feind nicht, wirst Du für jeden Sieg auch eine
Niederlage einstecken.
Wenn Du weder den Feind kennst noch Dich selbst, wirst Du in jeder Schlacht unterliegen.“
Sun Tzu (2017)

Der Fixpunkt der wettbewerbsorientierten Strategien ist die Erzielung von komparativen
Wettbewerbsvorteilen. Hiermit ist die Erreichung einer Überlegenheit im Vergleich zu
Konkurrenzangeboten gemeint. Der Begriff „komparativ“ steht für „auf Vergleichen be-
ruhend“. Bei diesen komparativen Wettbewerbsvorteilen handelt es sich um

• wahrnehmbare,
• wichtige/relevante und
• dauerhafte

Nutzenvorteile gegenüber den Angebotsalternativen. Erst, wenn diese drei Faktoren


zusammenkommen, kann darauf eine langfristige Strategie aufgebaut werden.
4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing 205

cc Merk-Box  Die Nutzenvorteile sind jeweils aus der Perspektive der Kunden zu
definieren.

Bei der Definition von komparativen Wettbewerbsvorteilen ist Folgendes zu beachten:

• Leistungsbestandteile, die der Kunde nicht sieht oder erkennen kann, generieren keinen
Nutzen. Dies gilt bspw. für hochwertige Inhaltsstoffe, die nicht deutlich deklariert wer-
den. Sie bleiben für den Kunden unsichtbar.
• Leistungsmerkmale, denen der Kunde keine Bedeutung beimisst, sind ebenfalls ir-
relevant. Sie schaffen keinen Nutzen.
• Angebotselemente, die vom Wettbewerb leicht kopiert werden können, stellen keine
tragfähige Grundlage dar, um darauf eine langfristig ausgerichtete Wettbewerbs-
strategie aufzubauen. Dies gilt bspw. für eine verlängerte Garantieleistung, die von
Konkurrenten schnell kopiert werden kann.

Als „geistiger Vater“ einer solchen wettbewerbsorientierten Strategie wird Michael


Porter genannt, der mit den Erstausgaben seiner Werke Wettbewerbsstrategie (1999; Erst-
ausgabe 1980) und Wettbewerbsvorteil (2004; Erstausgabe 1985) die Diskussion um die
Wettbewerbsorientierung von Marketing und Management maßgeblich prägte.
Porter unterscheidet in seinem Konzept zwischen zwei Ansätzen, wie ein strategischer
Vorteil gegenüber Konkurrenzunternehmen erzielt werden kann. Ein strategischer Vorteil
kann zum einen über eine Kostenführerschaft und zum anderen über eine Differenzierung
erreicht werden:

• Die Kostenführerschaft zielt darauf ab, einen Wettbewerbsvorteil durch eine über-
legene Kostenposition in Relation zu den Wettbewerbern aufzubauen. Der strategische
Vorteil ist ein entsprechender Kostenvorsprung, der durch niedrige Preise an die Kun-
den weitergegeben werden kann.
• Die Differenzierungsstrategie strebt danach, sich durch andere Leistungsmerkmale
vom Wettbewerber abzuheben. Hier gilt es, einen strategischen Vorteil durch Singulari-
tät (Einzigartigkeit) des Angebots aus Sicht des Käufers zu erreichen.

Nach Porter können diese beiden strategischen Ansätze auf einen breiten Zielmarkt
oder auf ein eng umgrenztes Marktsegment ausgerichtet sein. In Abhängigkeit dieses stra-
tegischen Zielobjektes erfolgt eine branchenweite oder eine fokussierte/konzentrierte
Marktbearbeitung (vgl. Abb. 4.1).

cc Merk-Box  Unternehmen müssen nach Porter entscheiden, ob sie auf Differen-


zierung oder Kostenführerschaft setzen. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob
diese Strategie im Gesamtmarkt oder in einem Segment des Marktes um-
gesetzt werden soll. Dieser Entscheidungen haben strategischen Charakter,
weil sie das Unternehmen und seine Aktivitäten langfristig prägen und nicht
leicht umkehrbar sind.
206 4 Marketing-Strategie

Branchenweit
Strategisches Zielobjekt Branchenweite Branchenweite
Differenzierung Kostenführerschaft

Singularität aus Sicht des Kunden Kostenvorsprung

Fokus auf ein Segment


Konzentrierte Konzentrierte
Differenzierung Kostenführerschaft

Strategischer Vorteil

Abb. 4.1  Strategietypen nach Porter

Die branchenweite Kostenführerschaft kann durch verschiedene Maßnahmen an-


gestrebt werden (vgl. Porter, 1999, 2004). Hierzu zählen u. a.:

• Ausschöpfung von Erfahrungskurveneffekten


Um die in Abschn. 2.2.1 beschriebenen Erfahrungskurveneffekte zu nutzen, versuchen
Unternehmen, große Mengen möglichst standardisierter Produkte weltweit zu ver-
markten (bspw. Sportschuhe, T-Shirts, Hosen), aber auch Lebensmittel. Andere An-
bieter streben danach, gleiche Produktbestandteile für unterschiedliche Angebote zu
verwenden. Für Letzteres wird der im Automobilbau geprägte Begriff Platt-
form-Strategie (auch Baukasten-Prinzip genannt) verwendet. Der Begriff Platt-
form-Strategie ist darauf zurückzuführen, dass verschiedene Fahrzeuge auf einer glei-
chen Plattform aufbauen. Diese Plattform kann bspw. die Bodenwanne, Motoren,
Getriebe, Achsen, Schaltung, Abgasanlage etc. umfassen.
Der neue Baukasten des Volkswagen-Konzerns wird Scalable System Plattform
genannt. Die Modelle Enyaq (Skoda), Q4 E-Tron (Audi), ID.4 (Volkswagen) und Cupra
Tavascan (Seat) basieren auf der gleichen Plattform. Gleichwohl unterscheiden sie sich
deutlich in der für den Endkunden sicht- und fühlbaren Form (vgl. Diess, 2021, S. 26).
In Weiterführung dieser Strategie wird – auch außerhalb der Automobilindustrie –
von einem Komponenten-Mix bzw. einer Modulstrategie gesprochen. Eine solche
Modulstrategie strebt danach, eine hohe Anzahl an Gleichteilen für die Herstellung
unterschiedlichster Produkte einzusetzen. Hierdurch reduzieren sich die Stückkosten
­aufgrund der steigenden Ausbringungsmenge identischer Teile. Dieser Prozess kann
sich über viele Jahre erstrecken.
• Erschließung von Skalenerträgen (vgl. Abschn. 2.2.1)
• Verzicht auf eigene Investitionen in Forschung und Entwicklung (F&E)
Unternehmen können eine Kostenführerschaft erreichen, indem sie auf eigene F&E-­
Bemühungen verzichten. Dies ist bei den Generika-Anbietern im Pharmamarkt der
4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing 207

Fall. Unternehmen wie ratiopharm, Hexal und Stada produzieren Medikamente erst
dann, wenn der Patentschutz für die forschenden Pharmaunternehmen abgelaufen ist.
Dann können die Generika-Hersteller die Medikamente „einfach“ nachbauen.
Die eingesparten Forschungsinvestitionen lassen sich im Markt als Preisvorteile an
den Kunden weitergegeben. So kosten 100 Schmerztablette von ASS ratiopharm 4,78 €
(500 mg). 80 Tabletten von Aspirin (Bayer) kosten dagegen 12,56 €.
• Effizientes Kostenmanagement
Ein besonders gutes Kostenmanagement kann ebenfalls zur Erreichung einer Kosten-
führerschaft beitragen. Dies kann durch niedrige Investitionen am POS sowie durch
eine Konzentration auf schnelldrehende Produkte erfolgen. Das ist der Kern des Ge-
schäftsmodells von Discountern wie Aldi und Lidl.
Im Flugverkehr wurde durch die Low-Cost-Carrier ein neues Marktmodell mit
dem No-Frills-Ansatz („No Frills“ bedeutet „kein Schnickschnack“) eingeführt. Wer
einmal mit Ryanair geflogen ist, hat gespürt, was damit gemeint ist.
Durch eine konsequente Beschränkung des Angebots auf Punkt-zu-Punkt-Flüge von
A nach B haben es Unternehmen wie Ryanair, easyJet und Eurowings geschafft, erfolg-
reich in die Domäne der klassischen Fluggesellschaften einzudringen (vgl. hierzu die
Wertkettenanalyse in Abschn. 2.2.1.4). Das Verkaufsargument ist – vor allem bei Ryan-
air – Preis, Preis und Preis!
• Vermeidung von marginalen Kunden
Unternehmen verzichten hier ganz gezielt auf die Betreuung von Kunden, deren Ge-
winnung und Bindung einen überdurchschnittlich hohen Aufwand bei gleichzeitig mi-
nimaler Wertschöpfung erfordert. Solche Kunden können u.  U. einen negativen
Kundenwert für das Unternehmen aufweisen (vgl. vertiefend zum Kundenwert Kreut-
zer, 2021a, S. 28–43).
Um solche marginalen Kunden „abzuschrecken“ und bspw. kostenintensive Kleinst-
bestellungen zu vermeiden, haben viele Online-Shops Mindestbestellmengen eingeführt.
Teilweise bieten Versender eine portofreie Lieferung auch erst ab einem bestimmten Be-
stellvolumen an. Ebenso können pauschale Gebühren für Kunden eingeführt werden, die
bestimmte Mindestumsätze auf ihrem Giro-Konto nicht erreichen.

Unternehmen können einzelne oder mehrere der genannten Faktoren zur Erreichung
einer Kostenführerschaft anstreben. Das Kostensenkungspotenzial ist entlang der ge-
samten Wertkette des Unternehmens auszuloten (vgl. zur Wertkettenanalyse
Abschn. 2.2.1.4). Im Handel sind die Discounter Aldi und Lidl Beispiele für eine konse-
quente Umsetzung einer Strategie der Kostenführerschaft. Diese Unternehmen führen
in ihren Sortimenten nur sogenannte Schnelldreher. Dazu gehören bspw. Milch, Butter,
Brot, Marmelade und Honig. Von diesen Produkten finden sich jeweils nur wenige Varian-
ten im Sortiment. In Summe wird nur ein kleines Sortiment angeboten.
Hierzu heißt es bei Aldi Süd (2021): „Unser Basissortiment, das du in weiten Teilen
dauerhaft in unseren Filialen findest, besteht derzeit aus rund 1650 Produkten. Ergänzt
werden diese durch circa 130 Aktionsartikel pro Woche, die wir montags, donnerstags und
208 4 Marketing-Strategie

samstags verkaufen.“ Die Discounter verzichten auch auf fachlich qualifiziertes Verkaufs-
und Beratungspersonal. Eine aufwändige Ladengestaltung und teure Innenstadtlagen wer-
den ebenfalls vermieden. Die hierdurch erzielten Kostenvorteile werden konsequent an die
Kunden weitergegeben.
Das KaDeWe in Berlin dagegen beeindruckt durch Warenpräsentation, Beratungsquali-
tät und nicht zuletzt durch die große Angebotsbreite und Angebotstiefe. So sind ca. 3500
unterschiedliche Weine und Spirituosen verfügbar. Und an der Käsetheke sollen über 1000
verschiedene Sorten im Angebot sein … Hierdurch wird nachvollziehbar, warum das
KaDeWe keine Kostenführerschaft anstrebt!
Die Strategie der Kostenführerschaft wird auch von Unternehmen wie Fielmann
sowie von den Textil-Discountern KiK, Primark und Takko verfolgt. In dieses Segment
gehören auch die Ein-Euro-Shops sowie Anbieter wie Action, Mäc-Geiz, Rusta und TEDi.
In diesen Unternehmen werden die Kunden primär über die erzielten Preisvorteile an
einen Anbieter gebunden. Deshalb wechseln diese Kunden auch schnell, wenn ein anderes
Unternehmen ein noch besseres Preis-Leistungs-Verhältnis anbietet.
Im Gegensatz zur Strategie der Kostenführerschaft stehen bei der Differenzierungs-
strategie nicht die Kosten im Mittelpunkt. Zur Erreichung der gewünschten Differenzie-
rung können Unternehmen eine Vielzahl von Handlungsoptionen nutzen. Zu den wichtigs-
ten Ansätzen, um sich von den Wettbewerbern zu unterscheiden, gehören die folgenden
(vgl. Porter, 1999):

• Aufbau einer starken Marke bzw. Markenpersönlichkeit


Eine starke Marke grenzt sich deutlich gegenüber Wettbewerbern ab. Die Kunden bin-
den sich hier freiwillig an eine Marke, die ihnen einen einzigartigen „Benefit“ i. S. eines
Kundennutzens bietet. Das kann ein Füller von Montblanc, das Parfum Chanel Nr. 5,
ein Apple-Computer oder eine Louis-Vuitton-Tasche sein. Aufgrund der starken, vor
allem auch durch Werbung aufgebauten Imageposition dieser Produkte können diese
nur schwer von Wettbewerbern kopiert werden. Hier werden die Kunden auch leichter
Preiserhöhungen akzeptieren. Denn aus der subjektiven Sicht der Kunden gibt es zum
jeweiligen Angebot keine „echten“ Alternativen.
• Nutzung leistungsfähiger/überlegender Technologien
Unternehmen wie Apple, Audi, BASF, BMW, Bosch, Continental, Henkel, IBM, Intel,
Microsoft, Samsung, SAP, Siemens und Tesla, aber auch Amazon, Google und Facebook
positionieren sich in den von ihnen bedienten Märkten als Innovations- und Techno-
logieführer. Diese Unternehmen heben sich durch innovative Technologien von ihren
Wettbewerbern ab. Hierdurch können sie ihre Kunden an sich binden.
• Aufbau einer spezifischen Design-Kompetenz
Apple und Bang & Olufsen wie auch Gucci, Prada und Tod’s positionieren sich mit
ihrem Design im Premium-Bereich und haben dadurch überzeugte Anhänger gefunden.
Gleichzeitig ist es Apple gelungen, Lifestyle-Produkte zu entwickeln, die durch Ein-
fachheit in der Benutzerführung überzeugen – auch bei einer hohen Komplexität der
zugrunde liegenden Anwendungen.
4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing 209

• Inszenierung der Warenpräsentation


Peek & Cloppenburg versteht es, in seinen Häusern für den Kleidungskauf eine
spezifische Erlebniswelt durch einen regelrechten „Markentempel“ aufzubauen
(bspw. in Köln). In diesem bleibt kaum ein Wunsch nach hochwertigen Beklei-
dungslabels unerfüllt. Das Spektrum reicht hier von Armani über Baldessarini, René
Lezard und van Laack bis Windsor. Verbunden mit einer hohen Beratungsqualität
erfolgt hierdurch eine deutliche Differenzierung gegenüber Anbietern wie C&A,
H&M, Sinn oder Zara.
• Schaffung einer einzigartigen Servicequalität
Der Erfolg der Hotelkette Ritz-Carlton ist in hohem Maße auf den exzellenten Service
zurückzuführen, den der Kunde hier erfährt. Gäste dieser Hotelkette wählen ungern
andere Häuser, weil sie sonst auf die spezifischen Vorteile einer exzellenten Betreuung
verzichtet müssten. Star-Friseure und Anbieter von Maßkonfektion differenzieren sich
ebenfalls durch eine überzeugende Servicequalität.
• Aufbau eines attraktiven Kundenbindungsprogramms
Ein überzeugendes Kundenbindungsprogramm kann auch zur Differenzierung von
Wettbewerbern beitragen. Hierdurch werden künstliche Wechselbarrieren aufgebaut.
Dies gelingt durch die Herausgabe einer Vielfliegerkarte, die Zugang zu den Flughafen-­
Lounges ermöglicht. Wer mit der „falschen“ Fluggesellschaft fliegt, verliert diese Vor-
teile (vgl. vertiefend zu solchen Programmen Kreutzer, 2021a, S. 267–350).

Gemäß Porter (1999, S. 66) schirmt eine so ausgerichtete Differenzierung gegen den
Wettbewerb ab. Die Kunden werden hier emotional an die Marke bzw. den Anbieter ge-
bunden. Hierdurch reagieren die Kunden auch weniger stark auf Preiserhöhungen. Des-
halb müssen die so agierenden Unternehmen auch nicht so strikt auf die Kosten achten.
Die erreichte „Einzigartigkeit“ des Angebotes baut gegenüber den Wettbewerbern auch
Markteintrittsbarrieren auf. Den Konkurrenten fällt es dann schwerer, Kunden abzu-
werben. Auch gegenüber Ersatzprodukten kann durch eine erfolgreiche Differenzierung
eine gewisse Immunisierung erreicht werden.
Nach Porter kann sowohl die Strategie der Kostenführerschaft wie auch die Strategie
der Differenzierung entweder auf den Gesamtmarkt ausgerichtet sein oder sich auf
Schwerpunkte (Nischen) konzentrieren. Diese Schwerpunkte können anhand der folgen-
den Kriterien definiert werden:

• Auswahl bestimmter Abnehmergruppen


• Konzentration auf einen Teil des „üblichen“ Angebotsprogramms
• Fokus auf einen geografisch abgegrenzten Markt

Beispiele für die Differenzierungsstrategie mit Fokus auf ein Kundensegment stellen
Weleda sowie die Dr. Hauschka Kosmetik der Wala Heilmittel GmbH dar. Diese
­Unternehmen haben sich auf Naturkosmetik spezialisiert. Folglich decken diese Anbieter
nur einen kleinen Teil des Kosmetik-Gesamtmarktes ab.
210 4 Marketing-Strategie

Der Süßwarenhersteller HARIBO konzentriert sich mit seinem Angebot von Frucht-
gummi, Lakritz und Schaum ebenfalls nur auf einen Teil des Süßwarenmarktes. Auf einen
Einstieg mit eigenen Produkten in das größte Süßwarensegment  – den Schokoladen-­
Markt – hat das Unternehmen seit seiner Gründung im Jahr 1920 in Bonn bisher konse-
quent verzichtet.
Auch die Automobilhersteller Lamborghini, Bentley und Rolls-Royce fokussieren mit
der Fertigung von Sportwagen bzw. extrem hochwertigen Fahrzeugen ein kleines Markt-
segment. Sie versuchen nicht, unter der gleichen Marke auch Modelle für den Massen-
markt herzustellen.
In Deutschland haben viele Brauereien ihren Aktionsschwerpunkt auf ein lokales Ein-
zugsgebiet oder auf wenige Spezialitäten konzentriert. Sie scheuen den kostenintensiven
„Auftritt“ auf der nationalen Bühne gegen starke Marken wie Krombacher, Jever oder
König-Pilsner. Eine solche Konzentrationsstrategie folgt der Prämisse, dass die strategi-
schen Ziele des Unternehmens durch eine Konzentration auf Teilmärkte besser erreicht
werden können als bei einer Abdeckung des Gesamtmarktes.
Der skizzierte Strategieansatz von Porter wurde vielfach kritisch hinterfragt. Zum
einen ist darauf hinzuweisen, dass sich Differenzierung und Kostenführerschaft auf zwei
verschiedene Betrachtungsebenen beziehen: Bei der Kostenführerschaft liegt der Fokus
auf der Erreichung einer überlegenen Kostenposition. Bei der Differenzierungsstrategie
streben Unternehmen eine qualitative Abgrenzung von Konkurrenten an – in den Augen
der Kunden. Es werden folglich zwei unterschiedliche Perspektiven miteinander ver-
woben. Außerdem gilt: Eine Differenzierung des Leistungsangebots kann auch durch eine
überragende Kostenposition, übertragen in attraktive Preise, erreicht werden.

cc Merk-Box  Die Verfolgung einer Strategie der Differenzierung und der Kosten-
führerschaft schließen sich nicht gegenseitig aus. Diese Strategien können
auch gleichzeitig umgesetzt werden.

Adidas verfolgt einen Global-Sourcing-Ansatz. Durch eine international ausgerichtete,


kostenorientierte Beschaffungspolitik erwirtschaftet das Unternehmen wichtige Kosten-
vorteile in der Herstellung. Die Optimierung der Kostensituation wird von adidas parallel
zum Aufbau einer starken Markenpersönlichkeit angestrebt.
Ein Industriegüteranbieter kann durch ein Baukasten-Prinzip sicherstellen, dass im
Fertigungsbereich durch eine hohe Gleichteilquote eine Kostenführerschaft erreicht wird.
Gleichzeitig kann das Unternehmen die neuesten Technologien einsetzen und/oder eine
hohe Individualisierung des Angebotes leisten. Hierdurch wird eine Differenzierung im
Wettbewerbsumfeld erreicht.
Bei strategischen Konzepten, die Differenzierung und Kostenführerschaft gleichzeitig
anstreben, wird von Outpacing gesprochen. Outpacing steht für das „Überholen der Wett-
bewerber“. Bei dieser Strategie wird versucht, Wettbewerbsvorteile auf mehreren Wegen
zu erzielen (vgl. zum Outpacing-Ansatz Gilbert & Strebel, 1987). Es kann deshalb für
Unternehmen ein sinnvolles Konzept darstellen, einen Markt bspw. durch eine qualitative
4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing 211

Phase 2

Kosten-
führer
Strategischer Vorteil

Phase 1 Kosten- und


Qualitäts-
Kosten- führerschaft
führer

Qualitäts-
führer

Qualitäts-
führerschaft
Qualitäts-
führer
Zeit

Abb. 4.2  Stoßrichtung einer wettbewerbsstrategischen Überholstrategie

Überlegenheit des Angebotes zu erobern und die Marktposition anschließend über den
Aufbau einer Kostenführerschaft abzusichern. In diesem Fall wird von einer Outpacing-­
Strategie bzw. einer Überholstrategie gesprochen (vgl. Abb. 4.2).

cc Merk-Box  Bei der Outpacing-Strategie verbinden Unternehmen die Quali-


tätsführerschaft mit einer Kostenführerschaft, um Wettbewerber zu überholen.

Im folgenden Abschn. 4.2.2 wird deutlich, dass der Porter-Ansatz sich komplett auch
in das Konzept der kundenorientierten Strategien von Becker (2019) integrieren lässt und
die vorhandenen Unschärfen dadurch überwunden werden können.

4.2.2 Kundenorientierte Strategien

Der maßgeblich durch Becker (2019) geprägte Ansatz der kundenorientierten Strate-
gien stellt nicht die Wettbewerber, sondern die Kunden in den Mittelpunkt der strategi-
schen Konzeption. Es werden vier eng miteinander verwobene Entscheidungsebenen defi-
niert, auf denen das Unternehmen Entscheidungen bzgl. der angestrebten strategischen
Position treffen muss (vgl. Abb. 4.3).
Im Zuge der Marktfeldstrategie geht es um die Frage, „Was“ das Unternehmen
anbieten soll. Im Rahmen der Marktsegmentierungsstrategie wird als „Wer“ die
Zielgruppe der eigenen Aktivitäten festgelegt. Die Marktstimulierungsstrategie be-
stimmt, „Wie“ die Zielpersonen zum Kauf der eigenen Leistungen motiviert werden
sollen. Schließlich legt die Marktarealstrategie fest, „Wo“ das Unternehmen tätig
sein möchte.
212 4 Marketing-Strategie

Abb. 4.3 Kunden-
Marktfeld- Marktstimulierungs-
orientierte Strategie strategie strategie
„Was?“ „Wie?“

Kundenorientierte
Strategien

Marktsegmen- Marktareal-
tierungsstrategie strategie
„Wer“ „Wo?“

Produkte

bestehende neue
bestehende

Marktdurchdringungs- Produktentwicklungs-
strategie strategie
Märkte

neue

Marktentwicklungs- Diversifikations-
strategie strategie

Abb. 4.4  Produkt-Markt-Matrix – Ansoff-Matrix

cc Merk-Box  Bei der Umsetzung der kundenorientierten Strategien muss ein


Unternehmen gleichzeitig das Marktfeld (Was?), das Marktsegment (Wer?),
die Marktstimulierung (Wie?) und das Marktareal (Wo?) festlegen. Erst durch
Entscheidungen in allen vier Bereichen entsteht eine vollständige Marke-
ting-Strategie.

4.2.2.1 Marktfeldstrategie
Die Grundlage der Diskussion über alternative Marktfeldstrategien stellt die von Ansoff
(1966) geprägte Produkt-Markt-Matrix (auch Ansoff-Matrix) dar (vgl. Abb.  4.4).
Orientiert an den Kriterien „Produkte“ und „Märkte“ mit den jeweiligen Ausprägungen
„bestehende“ und „neue“ können vier unterschiedliche Felder identifiziert werden, auf
denen sich ein Unternehmen bewegen kann. Im Kern geht es um die Frage, in welchen
Marktfeldern ein Unternehmen tätig sein möchte. Das Feld „bestehende Produkte und
4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing 213

bestehende Märkte“ stellt bei dieser Betrachtung den Ausgangspunkt dar. Die Pfeile kenn-
zeichnen die möglichen Entwicklungsrichtungen bei einer Expansionsstrategie.

cc Merk-Box  Auch wenn hier von einer Produkt-Markt-Matrix gesprochen wird,


greift die gezeigte Logik in gleicher Weise auch für Dienstleistungen.

Marktdurchdringungsstrategie
Eine Konzentration auf dieses Feld der Matrix hat das Ziel, den bereits bearbeiteten
Markt mit dem vorhandenen Produktprogramm noch stärker zu durchdringen bzw. zu
penetrieren (vgl. Abb. 4.4). Zur Erreichung dieses Vorhabens gibt es unterschiedliche An-
satzpunkte:

• Erhöhung der Verwendungsrate des Produktes beim Kunden


Durch Werbung kann bspw. ein Shampoo als „Shampoo für jeden Tag“ dargestellt wer-
den. Dadurch kann die Verwendungsintensität und entsprechend der Umsatz für das
angebotene Produkt steigen.
Ein anderer, besonders kritisch zu bewertender Ansatz ist die künstliche Obsoles-
zenz bzw. die künstliche Veralterung. Hier versucht ein Hersteller den Ersatzbedarf
vorsätzlich zu beschleunigen. Hierfür werden in Produkte sogenannte Sollbruchstellen
eingebaut. Diese sollen das Produkt – vor dem eigentlich zu erwartenden ­Nutzungsende –
entwerten und somit einen Neukauf auslösen. Beliebte Beispiele sind die auf eine kurze
Lebensdauer ausgelegten Akkus bei Handys. Meist werden diese kurz nach Ablauf von
Garantiefristen defekt. Auch Drucker geben häufig – kurz nach Ablauf der Garantie –
ihren „Geist“ auf.
Aufgrund des Vorwurfs von „geplantem Verschleiß“ wurden Apple und Samsung in
Italien zu Millionenstrafen verurteilt. Beiden Unternehmen wurde vorgeworfen, die Leis-
tung älterer Geräte gezielt gedrosselt zu haben. Deshalb musste Samsung fünf Mio. €
Strafe bezahlen. Apple wurde zur Zahlung von zehn Mio. € verurteilt. Weltweit hatten
sich Nutzer über die nachlassende Leistung älterer Smartphones beklagt. Die Ursache
hierfür lag in Updates der Betriebssysteme. Diese Updates verursachten schwerwiegende
Fehlfunktionen und reduzierten die Leistung deutlich. Auf diese Weise – so der Vorwurf –
sollten die Kunden gedrängt werden, schneller neue Geräte zu kaufen (vgl. o. V., 2018).
Der größte Treiber der künstlichen Veralterung ist die Mode. Stoffe, Farben und
Schnitte werden unmodern und machen Kleidungsstücke „untragbar“ – auch wenn sie
noch mehrere Jahre genutzt werden könnten. Wenn wir sehr modisch unterwegs sein
wollen, unterwerfen wir uns diesem Mode-Diktat jeden Tag!
Ein besonderer Treiber ist hier das Fast Fashion genannte Geschäftsmodell. Die
Kollektionen werden laufend geändert und deren Präsenzzeit in den Filialen stark ver-
kürzt. Hierdurch werden die Kunden motiviert, regelmäßig die Filialen aufzusuchen
und immer wieder zu kaufen. Gleichzeitig wird die Haltbarkeit der Materialen ver-
schlechtert. Das liefert einen zusätzlichen Anreiz, etwas Neues zu kaufen. Aufgrund
der hohen Umweltbelastung durch die Modeproduktion werden diese Konzepte von
214 4 Marketing-Strategie

Unternehmen wie H&M, Inditex (Bershka, Massimo Dutti, Zara), KiK und Primark
inzwischen zunehmend kritisch bewertet.
Zur Erhöhung der Verwendungsrate kann auch eine Vergrößerung der Verkaufs-
einheiten beitragen. Durch größere Packungen soll über die verkaufte Menge des Pro-
duktes gleichzeitig der Konsum gesteigert werden. Hier ist an das 800-Gramm-Glas
von nutella oder die 1,5 kg Großpackung von Celebrations zu denken. Auch die Super-­
Size-­Menüs der Fastfood-Anbieter oder die Mega-Portionen von Cola und Popcorn in
Kinos verführen uns dazu, mehr zu kaufen und zu konsumieren, als uns guttut. So
wurden bspw. die bei McDonald’s verkauften Portionen von Pommes Frites und Soft-
drinks kontinuierlich so gesteigert, dass eine durchschnittliche Fastfood-Mahlzeit heute
fast schon den Kaloriengehalt von drei normalen Mahlzeiten aufweist  – mit ent-
sprechenden Konsequenzen für das Körpergewicht.
• Abwerbung von Kunden der WettbewerberEin weiterer Schritt zur stärkeren Markt-
durchdringung im definierten Markt besteht darin, gezielt Personen anzusprechen, die
bisher nicht zur eigenen Kundschaft zählen. Dies können Kunden der Wettbewerber sein,
die etwa durch eine aggressive Preispolitik anzusprechen sind. Oder es werden neue Ver-
triebswege eingebunden. Hierzu können Kunden gewonnen werden, die ihren Bedarf
bisher über andere Kanäle gedeckt haben. So können Online-Anbieter stationäre Ver-
kaufsstätten eröffnen. Alternativ können klassische Händler Online-Shops aufbauen und
damit einen Multi-Channel- bzw. Omni-Channel-Vertrieb starten (vgl. Abschn. 5.3.2.4).
Ein solcher Schritt zur Gewinnung von Wettbewerbskunden wird seit mehreren
Jahren konsequent von Markenartiklern vollzogen. Unternehmen wie Coca-Cola, Hen-
kel, Nestlé und Procter & Gamble vertreiben ihre Produkte inzwischen auch über Dis-
counter. Diese Hersteller änderten ihre über Jahrzehnte sehr erfolgreiche Vertriebs-
strategie mit einem Fokus auf den traditionellen Einzelhandel, um nicht auf die Kunden
der Discounter verzichten zu müssen.
• Gewinnung von bisherigen Nicht-VerwendernZusätzlich kann versucht werden, bis-
herige Nicht-Verwender der eigenen Angebote zum Erwerb zu motivieren. So kann
bspw. von Fastfood-Unternehmen werblich herausgestellt werden, dass bestimmte
Menüs auch „gesund“ sind. Ein Bekleidungsunternehmen kann kommunizieren, dass
es in bestimmten Kundensegmenten als „chic“ gilt, ein bestimmtes Produkt zu tragen.
Auch Preisanpassungen oder das Angebot von Finanzierungen beim Kauf von lang-
lebigen Konsumgütern oder von Urlaubsreisen können dazu beitragen, Kundenkreise
zu erschließen, die bisher aus Kostengründen auf einen Kauf verzichtet haben (vgl.
vertiefend Abschn. 5.2).

Schließlich tragen alle Formen von Werbung und Verkaufsförderung dazu bei, den
Verkauf der bestehenden Produkte und Dienstleistungen zu fördern. Hierdurch soll eine
Steigerung von Gewinn, Umsatz, Absatz und/oder Marktanteil erreicht werden (vgl.
vertiefend Abschn. 5.4.3).
4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing 215

Produktentwicklungsstrategie
Bei diesem Marktfeld geht es darum, das bestehende Angebotsprogramm im bisher be-
arbeiteten Markt auszuweiten (vgl. Abb. 4.4). Dies kann durch die Weiterentwicklung
­bestehender Produkte und Dienstleistungen sowie durch die Ausweitung der Produkt-
palette erfolgen. Diese Themenfelder werden in Abschn. 5.1 als Kernbestandteil der Pro-
dukt- und Programmpolitik intensiv diskutiert und deshalb hier nicht vorgestellt.

Marktentwicklungsstrategie
Bei der Marktentwicklung werden für die bestehenden Produkten neue Märkte er-
schlossen (vgl. Abb. 4.4). Hierzu können Unternehmen wie folgt vorgehen:

• Gewinnung bisher nicht abgedeckter Absatzräume im Kernabsatzgebiet


Eine zentrale Aufgabe liegt hier im Schließen von weißen Flecken. Solche „weißen
Flecken“ sind Regionen im bisherigen Kernabsatzgebiet, die durch die vorhandenen
Vertriebskanäle und/oder durch die bisherige Kommunikation nicht erreicht wurden.
Solche Lücken können gezielt geschlossen werden.
Dies kann durch die Eröffnung weiterer Ladengeschäfte oder Servicebüros erreicht
werden. Auch eine intensivere Werbung in diesen Regionen trägt zur Ausschöpfung
vorhandener Marktpotenziale bei.
• Erschließung von funktionalen Zusatzmärkten („Funktionserweiterungen“)
Um neue Märkte zu gewinnen, kann den (potenziellen) Kunden vermittelt werden, dass
ein Produkt oder eine Dienstleitung auch in anderen Bereichen genutzt werden kann.
Hierdurch werden Zusatzmärkte erschlossen.
Ein Beispiel hierfür sind die Kinder-Produkte von Ferrero, die auch von Er-
wachsenen konsumiert werden. Die für Babys entwickelten Produkte von Penaten kön-
nen auch von Erwachsenen verwendet werden. Die in den 1930er-Jahren von HARIBO
vorgenommene Positionierung „HARIBO macht Kinder froh“ wurde Mitte der 1960er-
Jahre um den Zusatz „und Erwachsene ebenso“ ergänzt. Hierdurch erschloss sich HA-
RIBO einen weiteren großen Zielmarkt für das bestehende Produktprogramm (vgl. Ha-
ribo, 2021).

Die Marktentwicklung wird auch als Market Stretching bezeichnet. Hierbei werden
zweierlei miteinander verbundene Ziele angestrebt (vgl. Becker, 2019, S. 161):

• Zunächst sollen New Users erreicht werden, um durch neue Verwender für bestehende
Produkte die Abnehmerbasis zu verbreitern. Hierzu zählen die genannten Beispiele von
Ferrero, Penaten und HARIBO. Sicherlich hat sich kaum einer vorstellen können, dass
das 2010 vorgestellte iPad auch einmal im Kindergarten verwendet wird.
• Außerdem sollen – teilweise parallel zu den neuen Nutzern – New Uses gefunden wer-
den. Hierbei geht es um neuen Einsatzfelder oder zusätzliche Verwendungszwecke für
vorhandene Angebote. Hier wird auch von Funktionserweiterungen gesprochen. So
wurden für das iPad in den letzten Jahren immer wieder neue Einsatzfelder er-
schlossen – und damit auch neue Zielgruppen.
216 4 Marketing-Strategie

Diversifikationsstrategie
Diversifikation beschreibt den Eintritt von neuen Produkten in neue Märkte. Hier-
durch können Unternehmen nicht nur Wachstumsfelder erschließen, sondern auch das
Risiko ihrer Aktivitäten streuen (vgl. Abb.  4.4). Ist ein Unternehmen in verschiedenen
Märkten mit unterschiedlichen Angeboten vertreten, können Einbrüche in einem produkt-
oder länderspezifischen Markt durch starkes Wachstum in anderen Märkten ausgeglichen
werden (vgl. hierzu die Ausführungen zur Portfolio-Analyse in Abschn. 2.2.1.1).
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die nachfolgend beschriebenen Diversifikations-
strategien oft auch mit hohen Risiken verbunden sind. Je weiter die neuen Aktivitätsfelder
vom bisherigen Tätigkeitsschwerpunkt entfernt sind, desto größer ist das unternehmerische
Risiko. Schließlich können die Führungskräfte und Mitarbeiter nicht in allen Marktfeldern
gleich qualifiziert sein.
Folgenden Formen der Diversifikation werden unterschieden:

• Horizontale Diversifikation
Bei dieser Strategie wird das bestehende Produktprogramm um verwandte Produkte
auf der gleichen wirtschaftlichen Leistungsstufe (deshalb „horizontal“) ergänzt.
Hierdurch wird eine tendenziell gleiche Abnehmerschaft angesprochen. Das Unter-
nehmen agiert folglich weiterhin auf der gleichen Wirtschaftsstufe.
Handelsunternehmen sind weiterhin als Handelsunternehmen tätig, Hersteller als
Hersteller, Berater als Berater, Forschungsunternehmen als Forschungsunternehmen.
Folglich liegt hier m. E. keine echte Diversifikation vor. Im Kern geht es primär um eine
Erweiterung bzw. Ergänzung des Leistungsprogramms.
• Vertikale Diversifikation
Bei dieser Variante integriert ein Unternehmen vor- oder nachgelagerte Produktions-
und/oder Vermarktungsstufen und vergrößert so die Wertschöpfungskette des Unter-
nehmens. Konkret führt das dazu, dass Unternehmen auf einer anderen Wirtschafts-
stufe aktiv werden.
Wenn Benetton als Textilhersteller beginnt, eigene Schafherden zur Gewinnung von
Wolle zu halten, ist dies eine vertikale Diversifikation. Der Schritt von Volkswagen,
eigene Fabriken zur Herstellung von Batterien zu errichten, statt diese von Zuliefer-
unternehmen zu kaufen, stellt ebenfalls eine vertikale Diversifikation dar. In diesen
Fällen spricht man von einer Rückwärtsintegration. Aus Kundensicht betrachtet wer-
den dem eigenen Tätigkeitsfeld rückgelagerte Produktionsstufen hinzugefügt.
Der Kosmetikhersteller Beiersdorf hat im Jahr 2006 das erste Nivea-Haus in Ham-
burg eröffnet. Über einen eigenen Vertriebskanal  – und damit als Händler  – bietet
Beiersdorf die Produkte der Nivea-Familie sowie Dienstleistungen im Wellness-Seg-
ment (u. a. Kosmetik-Anwendungen und Massagen) in einem eigenen Format – dem
Nivea-Haus – an. Sehr viele Hersteller verschiedenster Branchen bieten heute eigene
Online-Shops an. So können sie ihre Leistungen direkt online an die Kunden ver-
markten. Beispiele hierfür sind BOSS, Faber-Castell, HARIBO, Heidelberg Druck-
4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing 217

maschinen, Hermès, Montblanc, Springer Gabler und Tesla. Zusätzlich haben viele
Hersteller stationäre Geschäfte eröffnet, wo nur eigene Marken angeboten werden.
Dies ist bspw. bei Adidas, BOSS, HARIBO, Montblanc, Nike, Ritter Sport und Rolex der
Fall. Hier wird auch von Mono-Label-Shops gesprochen – da nur jeweils Produkte
einer Marke angeboten werden.
In allen diesen Fällen liegt eine vertikale Diversifikation vor. Diese wird auch
Vorwärtsintegration genannt, da auf dem Weg zum Kunden eine vorwärts angesiedelte
Wirtschaftsstufe (hier die Handelsfunktion) integriert wird.
• Laterale Diversifikation
Die laterale Diversifikation ist eine Diversifikation im engeren Sinne. Hier erfolgt ein
Vorstoß in völlig neue Produkt- und Marktbereiche. Ein sachlicher Zusammenhang
der neuen Aktivitäten zum bisherigen Tätigkeitsschwerpunkt fehlt.
Eine laterale Diversifikation stellt bspw. der Erwerb einer Banklizenz durch Siemens
im Jahr 2010 dar. Die Leistungen einer Bank haben mit dem Kernaktivitäten von Sie-
mens zunächst nichts zu tun. Allerdings kann das Unternehmen hierdurch Finanzierungs-
dienstleistungen für ausgewählte institutionelle Inverstoren und eigene Kunden
anbieten.
Aktivitäten der lateralen Diversifikation sehen wir auch beim Mutterkonzern von
Google – Alphabet. Die Entwicklung von Technologien für autonome Fahrzeuge im
Tochterunternehmen Waymo hat mit dem Kerngeschäft „Suchmaschine“ nichts ge-
meinsam – außer dem Handling großer Datenmengen. Der chinesische Hersteller von
Consumer Electronics Xiaomi hat 2021 angekündigt, in die Herstellung von Elektro-
fahrzeugen einzusteigen. Auch das stellt eine laterale Diversifikation dar.

Die unterschiedlichen Diversifikationsformen sind in Abb.  4.5 am Beispiel eines


Kosmetikherstellers dargestellt. Eine horizontale Diversifikation kann durch den Ein-
stieg in die Parfumproduktion oder den Kauf eines anderen Herstellers von kosmetischen
Produkten erfolgen. Eine vertikale Diversifikation kann durch die Aufnahme einer eige-
nen Rohstoffherstellung gelingen. Dies wäre eine Rückwärtsintegration. Baut der
Kosmetikhersteller eigene Verkaufsstellen auf, ist dies eine Vorwärtsintegration. Eine
laterale Diversifikation kann der Kosmetikhersteller betreiben, indem dieser eine Ko-
operation mit einem Lebensmittelkonzern eingeht, um Nahrungsmittel mit kosmetischer
Wirkung herzustellen.
Überzeugende Beispiele für eine laterale Diversifikation liefert Amazon. Aus der Kom-
petenz „Management von Server-Farmen“ wurde das Geschäftsfeld Amazon Web Services
entwickelt. Basierend auf den Erfahrungen mit Lagerrobotern wurde das Unternehmen
Amazon Robotics entwickelt, das mobile Roboter-Fulfillment-Systeme anbietet. Beide
neuen Geschäftsbereiche haben mit dem Kern des Unternehmen Amazon – Einzelhandel –
nur wenig gemeinsam (vgl. vertiefend zu dieser Geschäftsmodell-Entwicklung Kreut-
zer, 2021c).
218 4 Marketing-Strategie

Vertikale Diversifikation Laterale Diversifikation


Kooperation mit
Nahrungsmittelkonzern
zur Fertigung von
Nahrungsmitteln mit
Einstieg in die kosmetischer Wirkung
Rohstoff-
herstellung

Beteiligung Aufnahme
Kosmetik-
an einem der Horizontale
Kosmetik- hersteller Herstellung Diversifikation
hersteller von Parfum

Aufbau
eigener
Verkaufs-
stellen

Abb. 4.5  Formen der Diversifikation

cc Merk-Box  Bei der Diversifikation unterscheidet man zwischen horizontaler,


vertikaler und lateraler Diversifikation.

4.2.2.2 Marktstimulierungsstrategie
Bei der Marktfeldstrategie geht es darum, in welchen Produkt-Markt-Kombinationen das
Unternehmen tätig sein möchte. Ergänzend dazu legt die Marktstimulierungsstrategie
fest, in welcher Art und Weise die Marktbeeinflussung und -steuerung und damit die
­„Stimulierung der Zielpersonen zum Kauf“ erfolgen soll. Hierbei geht es auch um die an-
gestrebte Positionierung im Markt.
Eine zentrale Frage hierbei lautet: In welcher Weise lassen sich Märkte aufteilen? Wel-
che Schichten im Markt sind zu unterscheiden? Die Definition solcher Schichten ist not-
wendig, damit Unternehmen ihre Angebote entsprechend ausrichten können. Basierend
auf den Festlegungen im Rahmen der Marktstimulierungsstrategie erfolgt auf der operati-
ven Ebene eine Ausgestaltung durch die verschiedenen Marketing-Instrumente. Vielfach
wird das in Abb. 4.6 dargestellte Schichtenmodell eingesetzt. In diesem Schichtenmodell
lassen sich die Premium- von den Markenkäufern und die Promotion- von den Handels-
marken- und No-Name-Käufern grob unterscheiden.
Ein Unternehmen kann sein Angebot meist nur auf eine dieser Schichten ausrichten –
oder sich zwischen zwei Schichten positionieren. Hierbei handelt es sich um eine strategi-
sche und damit längerfristig gültige Festlegung.

cc Merk-Box  Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.
„Everybodys darling“ zu sein, kann nicht funktionieren!

Abb.  4.7 zeigt die möglichen preis- und qualitätsbezogenen Positionierungen im


Wettbewerberumfeld. Das Adjektiv „relativ“ bei Preis und Qualität bezieht sich jeweils
auf die relevanten Wettbewerber, von denen sich das eigene Unternehmen unterscheidet.
4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing 219

Höchste Preis-Qualitäts-Lage
- Premiumkäufer
- Extrem hohes Anspruchsniveau Top-
- Sehr hohe Preisbereitschaft Markt

Obere Preis-Qualitäts-Lage
- Markenkäufer
- Hohes Anspruchsniveau Oberer Markt
- Hohe Preisbereitschaft

Mittlere Preis-Qualitäts-Lage
- Promotion-, z. T. Handelsmarken-Käufer Mittlerer Markt
- Mittleres Anspruchsniveau
- Mittlere Preisbereitschaft
Untere Preis-Qualitäts-Lage
- Handelsmarken-/No-Name-Käufer Unterer Markt
- Niedrigeres Anspruchsniveau
- Niedrige Preisbereitschaft

Abb. 4.6  Klassisches Schichtenmodell eines Marktes

Dominante Präferenz -
(Marktpotenzial wird
hoch

Strategie/
nicht ausgeschöpft)
„Premium-Strategie“
Relative Qualität

Mittellagen-Strategie/
mittel

„Mittelklasse-Strategie“

Dominante Preis-
(Übervorteilung der
niedrig

Mengen-Strategie/
Kunden)
„Economy-Strategie“

niedrig mittel hoch


Relativer Preis

Abb. 4.7  Raster zur Ausgestaltung der Marktstimulierungsstrategie

Bei der Definition der „relativen Qualität“ geht es nicht allein um die Produkt- bzw.
Dienstleistung selbst. Die „Qualität“ umfasst den gesamten Auftritt des Angebots. Dieser
beginnt bei der Auswahl des Papiers für Mailings, Flyer und Kataloge. Zur Qualität ge-
hören auch die Art und das Material der Verpackung, die Qualifizierung und das Outfit der
Mitarbeiter (etwa der Zusteller bei DHL vs. Amazon). Auch die Art der Warenpräsentation
sowie die Ausgestaltung der Verkaufsräume gehören hier dazu.

cc Denkanstoß  Gehen Sie einmal kurz nacheinander zu Aldi, Lidl und Penny – und an-
schließend in die Lebensmittelabteilung des KaDeWe. Besuchen Sie einmal die Out-
lets von KiK, Primark und Takko – und anschließend Peek & Cloppenburg. Sie werden
die unterschiedlichen Qualitätsdimensionen sehen, hören, fühlen und riechen!
220 4 Marketing-Strategie

Die Bandbreite in Abb.  4.7 beginnt an der Spitze mit der dominanten Präferenz-
strategie. Hier wird auch von einer Premiumstrategie gesprochen. Dort sind Premium-­
Marken wie Audi, BMW, Emirates, Hermès, KaDeWe, Louis Vuitton, Lange & Söhne,
Mercedes, Miele, Montblanc, Ritz-Carlton und Rolex angesiedelt.
In der Mitte von Abb.  4.7 finden wir die Mittellagenstrategie. Dort trifft sich die
„Mittelklasse“ – sowohl beim Angebot wie auch auf der Nachfragerseite. Klassische Ver-
treter dieser Mittellagenstrategie sind Edeka, Esprit, HARIBO, Galeria Karstadt Kaufhof,
Lufthansa, Rewe und Zara.
Die Economy-Strategie mit einer dominanten Preis-Mengen-Strategie verbindet
einen relativ niedrigen Preis mit einer relativ niedrigen Qualität. Hier finden sich sowohl
die Lebensmittel-Discounter (wie Aldi, Lidl, Netto, Norma, Penny) wie auch die Textil-­
Discounter (KiK, Takko, Primark). Die Billig-Airlines EasyJet, Eurowings und Ryanair
fallen ebenso in dieses Segment.

cc Merk-Box  Unternehmen müssen sich für eine preis- und qualitätsbezogene


Positionierung im Wettbewerberumfeld entscheiden.

Bei der Kombination „relativ hohe Qualität und relativ niedriger Preis“ in Abb. 4.7 wird
das vorhandene Marktpotenzial nicht ausgeschöpft. Hier wird auf den ersten Blick eine
überragende Qualität zu günstig verkauft. Ein solche Strategie kann zu Eroberung neuer
Märkte sinnvoll sein (vgl. hierzu die Penetrationspreis-Strategie in Abschn.  5.2.5). Die
Gegenposition – „relativ niedrige Qualität und relativ hoher Preis“ – ist nicht erfolgver-
sprechend. Kunden werden hier „übervorteilt“, d. h. benachteiligt. Berichte von Kunden
in den sozialen Medien (vgl. hierzu die Ausführungen zum ZMOT in Abschn. 3.4.1)
wie auch vergleichende Warentests (etwa der Stiftung Warentest) machen eine solche
Schlechtleistung schnell transparent. Hierdurch können Kunden abwandern bzw. abge­
schreckt werden.
Welche relative Position ein Unternehmen im Markt anstrebt, ist das Ergebnis von stra-
tegischen Entscheidungen. Diese leiten sich aus der Unternehmensvision bzw. der Unter-
nehmensmission ab (vgl. Abschn. 3.3). Viele Unternehmen verfolgen einen klaren Fokus
und setzen – auch wenn sie mehrere Marken anbieten – auf eine einzige Positionierung.
Hierzu zählen die schon angesprochenen Premium-Marken Audi, BMW, Hermès, KaDeWe,
Louis Vuitton, Lange & Söhne, Mercedes, Miele, Montblanc und Rolex.
Bei Audi, BMW und Mercedes liegen auch die „preiswerteren“ Einstiegsmodelle im
höchsten Preislevel des jeweiligen Marktsegments. „Preiswerte“ Produkte von Montblanc
und Rolex gibt es nicht. Dagegen gibt es weder bei KiK, Takko noch bei Primark echte
Premium-Produkte. Auf einen VIP-Service müsste man bei Ryanair auch lange warten!
Weniger klar ist die Fokussierung im Lebensmittel-Handel. Hier versuchen vor allem
die klassischen Anbieter Edeka und Rewe, verschiedene Kundensegmente anzusprechen.
In diesen Geschäften finden sich neben exklusiven Marken auch die Mittelklasse-­Marken
und – als preisgünstige Varianten – No-Name-Produkte.
4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing 221

Gleichzeitig findet bei den Discountern ein Trading-up genannter Prozess statt. Von
Trading-up wird gesprochen, wenn Handelsunternehmen ihr Leistungsangebot verbessern.
Ein solcher Prozess ist bei vielen Discountern zu sehen. Lebensmittel-Discounter bieten
heute oft nicht nur Kreditkartenzahlung an, sondern auch Tiefkühlware, ­Bio-­Produkte und
Frischware. Durch dieses Vorgehen versuchen die Lebensmittel-­Discounter, anspruchs-
vollere Kundensegmente zu erreichen.
Dem Schreibwaren-Hersteller Faber-Castell ist es gelungen, mit seinem Sortiment das
gesamte Schreibwaren-Spektrum abzudecken. Dieses startet beim Bleistift Castell 9000
für 1,40  € und reicht bis zum „Perfekten Bleistift Jubiläumsedition 260 Jahre Faber-­
Castell“ aus Titan für 490 €. Hinter dem „perfekten Bleistift“ verbirgt sich übrigens ein
Bleistiftverlängerer.
Auch der Accor-Hotelgruppe gelingt es, die unterschiedlichen Marktsegmente jeweils
durch mehrere Marken abzudecken. Diese Marken ordnen sich den verschiedenen Seg-
menten wie folgt zu (vgl. Accor, 2021):

• Luxury
Raffles, Orient-Express, Banyan Tree, Delano, Fairmont, SLS, SO/, Sofitel, The House
of Originals, Rixos, onefinestay
• Premium
Mantis, MGallery Hotel Collection, Art Series, Mondrian, Pullman, Swissotel, Ang-
sana, 25hours, Hyde, Mövenpick, Grand Mercure, Peppers, The Sebel
• Midscale
Mantra, Novotel, Mercure, Aparthotel Adagio, Mama Shelter
• Economy
Breakfree, ibis, ibis Styles, greet, ibis budget, JO&JOE, hotelF1

Das Motto der Accor-Gruppe (Accor, 2021) lautet entsprechend:


„The Accor group’s brands welcome you to over 100 countries throughout the world,
in over 3,700 hotels for the most unforgettable stays. From luxury to economy, from
Aparthotels to Thalasso, make the most of a wide choice of destinations to compose your
vacations, live your dreams and rediscover the meaning of world travel.“
Auch die im Januar 2021 durch die Fusion der Automobil-Konzerne Groupe PSA und
Fiat Chrysler Automobiles entstandene Automobilholding Stellantis spricht mit einem
umfangreichen Marken-Portfolio ganz unterschiedliche Marktsegmente an (vgl. Stellan-
tis, 2021). Die Bandbreite reicht hier von Abarth, Alfa Romeo, Fiat, Lancia, Citroen, DS
Automobiles, Peugeot und Opel bis zu Chrysler, Dodge, Vauxhall, Maserati und RAM
(Trucks). Der Konzern ist mit seinen Marken der viertgrößte Automobilhersteller der
Welt – gemessen in verkauften Fahrzeugen.
Analysiert man den Markt der in Europa agierenden Fluggesellschaften, wird deutlich,
dass mit den Low-Cost-Carriern eine ganz neue Form von Economy-Strategie gestartet
wurde. In Europa wurde dieses Segment 1985 durch die irische Fluggesellschaft Ryanair
eröffnet und hat in den letzten Jahren kontinuierlich an Bedeutung gewonnen. Dies doku-
222 4 Marketing-Strategie

Tab. 4.1  Bewertung der Servicequalität von Fluggesellschaften

Bewertung Fluggesellschaften
***** ANA All Nippon Airways, Cathay Pacific Airways, Garuda Indonesia, Lufthansa,
Qatar Airways, Singapore Airlines u. a.
**** Air Lingus, Air Canada, Aeroflot Russian Airlines, Aire France, Air New Zealand,
British Airways, China Airlines, Emirates, easyJet u. a.
*** Air China, Air India, American Airlines, China Eastern Airlines, Delta Air Lines,
Eurowings, Jet2, Ryanair u. a.
** PIA Pakistan International Airlines, LAM Mozambique Airlines, Tunisair u. a.
* –

mentieren die Anzahl der in diesem Segment tätigen Fluggesellschaften sowie das
kontinuierlich steigende Passagieraufkommen. Ryanair hat durch seine Strategie eine
neue strategische Gruppe definiert (vgl. hierzu Abschn.  2.2.3.1). Andere Fluggesell-
schaften versuchen dagegen, durch Tarife von Economy über Premium-Economy, Busi-
ness bis First Class, alle relevanten Marktsegmente zu adressieren.
Wie die Fluggesellschaften insgesamt von Skytrax (2021) klassifiziert werden, zeigt
Tab. 4.1. Diese Darstellung basiert auf einer Analyse der Produkt- und Servicequalität. Zu
deren Bewertung wurden bis zu fünf Sterne vergeben. Aus dieser Bewertung kann die
übergreifende Marktstimulierungsstrategie – orientiert an Abb. 4.7 – abgelesen werden.
Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass die beschriebene Aufteilung der Märkte
in unterschiedliche Schichten zwar nach wie vor Bedeutung hat (vgl. Abb. 4.6). Allerdings
lassen sich diesen Schichten nicht mehr durchgängig in sich homogenen Konsumenten-
gruppen zuordnen. Es ist ein Kundentypus entstanden, der als hybrider Konsument be-
zeichnet wird. „Hybrid“ steht für „gemischt i. S. von zweierlei Herkunft“. Ein hybrider
Konsument kauft morgens bei Aldi ein, um ein paar Cent zu sparen, und gibt am Nach-
mittag für eine Edeljeans 319 € aus. Oder er gönnt sich nach dem Lidl-Einkauf ein Essen
in einem Top-Restaurant. Da sich die Kunden, die in den verschiedenen Marktschichten
agieren, vermischt haben, werden diese auch Cross-Shopper genannt.

cc Merk-Box  Handel ist Wandel! 


Allerdings ändern sich nur nicht im Handel die Geschäftsmodelle. Auch in
allen anderen Branchen entstehen und vergehen Geschäftsmodelle.
Ein freier Wettbewerb von Unternehmen zeichnet sich durch Vorstoß
und Verfolgung aus. Ein Unternehmen bricht im Wettbewerb mit innovativen
Leistungen aus – und andere Anbieter müssen oder wollen folgen, um von den
Kunden nicht „aussortiert“ zu werden.
Vorstoß und Verfolgung ist der Kern jeder freien, auf Wettbewerb
basierenden Wirtschaft!

cc Denkanstoß  Überlegen Sie einmal, welche Wellen Tesla durch die Entwicklung
eines schönen E-Automobils in der globalen Automobil-Branche ausgelöst hat.
4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing 223

Welche Effekte und damit welchen Wettlauf um die Vorherrschaft hat die Vorstellung
eines selbstfahrenden Autos durch Google im Jahr 2014 in der Branche ausgelöst?
Welche Schockwellen hat Apple durch das iPhone (Einführung 2007) und das iPad
(Einführung 2010) ausgelöst  – und wie viel investieren Wettbewerber, um Apple
wieder einzuholen oder sogar zu überflügeln?
Vorstoß und Verfolgung at its best!

4.2.2.3 Marktsegmentierungsstrategie
Der Kern der Marktsegmentierung ist die Aufteilung eines Marktes in einzelne Seg-
mente. Diese Segmente stellen klar abgegrenzte Untergruppen von Zielobjekten dar. Diese
Zielobjekte können im B2C-Markt Personen und im B2B-Markt Unternehmen sein. Die
definierten Segmente werden jeweils als eigener Zielmarkt angesehen und mit einem
spezifisch ausgestalteten Marketing-Diamanten bearbeitet.
Diese Aufteilung des Marktes wird als taxonomische Marktsegmentierung be-
zeichnet. Der Begriff „Taxonomie“ steht für „Einordnung“. Die Auswahl sowie die diffe-
renzierte Bearbeitung verschiedener Segmente werden managementorientierte Markt-
segmentierung genannt.
Voraussetzung für eine erfolgreiche Marktsegmentierung ist die interne Homogenität
(d.  h. eine große Ähnlichkeit) der zu Segmenten zusammengefassten Zielobjekte. Nur
dann ist es sinnvoll, alle in einem Segment zusammengeführten Personen oder Unter-
nehmen mit einem gleichen Marketing-Ansatz anzusprechen.
Gegenüber anderen Segmenten wird dagegen eine externe Heterogenität (d. h. eine
große Unähnlichkeit) angestrebt. Folglich sollen zwischen verschiedenen Segmenten
möglichst deutliche Unterschiede bestehen. Wenn solche Unterschiede nicht beständen,
warum sollten die Segmente dann verschieden angesprochen werden?
Bei der Marktsegmentierung stellen sich für ein Unternehmen die folgenden Fragen:

• Nach welchen Kriterien und in welche und wie viele Segmente soll der Markt auf-
geteilt werden?Welche Kriterien sind aus Unternehmenssicht für eine zweckmäßige
Aufteilung des Marktes relevant? Welche Marktsegmente sind sinnvollerweise zu
unterscheiden? Wie viele verschiedene Marktsegmente sollten gebildet werden?
• In welchem Ausmaß soll der Markt durch eigene Angebote abgedeckt wer-
den?Konzentriert sich das Unternehmen auf einen Marktausschnitt? Oder sollen
mehrere Ausschnitte oder sogar der gesamte Markt mit unterschiedlichen Angeboten
bedient werden? Hierbei geht es folglich um die Festlegung, welcher Teil des Marktes
durch Angebote des eigenen Unternehmens bedient werden soll.
• In welchem Umfang soll das eigene Angebot differenziert werden?
Wie stark sollen sich die Angebote des eigenen Unternehmens für verschiedene Seg-
mente unterscheiden? Wird nur der Preis differenziert? Oder nur die Kommunikation?
Sollen für verschiedene Segmente unterschiedliche Verkaufskanäle eingesetzt werden?
Oder sollen für die verschiedenen Zielgruppen unterschiedliche Produkte bzw. ver-
schiedene Dienstleistungen entwickelt werden?
224 4 Marketing-Strategie

Die erste Frage gehört zur taxonomischen Marktsegmentierung. Die beiden folgenden
Fragen beschreiben die Kernaufgabe der managementorientierten Marktsegmentierung.
Diese Fragestellungen sind unmittelbar mit der Dimension „strategisches Zielobjekt“ des
Porter-Konzepts verbunden (vgl. Abb. 4.1).
Die grundlegenden Entscheidungsmöglichkeiten der Marktsegmentierung zeigt
Abb. 4.8.
Beim undifferenzierten Marketing wird der Gesamtmarkt mit einem spezifisch aus-
gestalteten Marketing-Mix abgedeckt. Hier liegt eine Massenmarkt-Strategie vor. Ein
solches Vorgehen können sich meist nur Unternehmen „erlauben“, die eine monopolartige
Situation im Markt erreicht haben – sei es aufgrund des Fehlens von Wettbewerbern oder
aufgrund einer dominierenden Marktstellung. Allerdings kann ein Monopolist zur Er-
reichung seiner Wachstumsziele gezwungen sein, verschiedene Segmente zu unter-
scheiden und differenziert zu bearbeiten.

cc Denkanstoß  Überlegen Sie einmal, ob diese Massenmarkt-Strategie bei Microsoft-­


Produkten wie Word und PowerPoint vorliegt. Agieren nicht auch Facebook (mit
Instagram und WhatsApp) und Google (mit YouTube) wie Monopolisten, die sich
um die verschiedenen Interessen der Nutzer kaum mehr kümmern müssen?
Hier gilt vielfach: Too big to care!
Diese Aussage gilt in zwei Richtungen. Zum einen können es sich diese Unter-
nehmen aufgrund ihrer Größe und der damit verbundenen Dominanz erlauben, den
Nutzern nach Belieben Bedingungen zur Gewinnung und zum Einsatz von Daten
aufzuzwingen. Sie müssen sich um die Belange der Kunden (bspw. bzgl. der Daten-
nutzung) nicht wirklich kümmern. Zum anderen können es sich auch die meisten
Nutzer schlicht und ergreifend nicht erlauben, auf diese Dienste zu verzichten. In
bestimmten Feldern haben die Kunden schlicht keine andere Wahl – oder Alter-
nativen sind viel mühsamer zu nutzen.

Undifferenziertes Differenziertes Konzentriertes


Marketing Marketing Marketing

Marketing- Marketing-
Mix 1 für Mix 1 für
Segment 1 Segment 1
Segment 4
Marketing-

Ein Marketing-Mix
Segment 2

Marketing-
Mix 4 für

Mix 2 für

zur Abdeckung des


Gesamtmarktes
Marketing-
Mix 3 für
Segment 3

Abb. 4.8  Ausgestaltungsformen der Marktsegmentierung


4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing 225

Ein differenziertes Marketing liegt vor, wenn für alle oder für eine Vielzahl der defi-
nierten Segmente des Marktes unterschiedliche Marketing-Ansätze verwendet werden.
Unternehmen, die so agieren, versuchen, mehrere oder alle Kundengruppen eines Marktes
mit eigenen Angeboten zu bedienen.
Ein Beispiel für diese Strategie stellt die schon erwähnte Accor-Hotelgruppe mit ihrem
breitgefächerten Angebot dar. Auch der Ansatz von Faber-Castell praktiziert ein differen-
ziertes Marketing.
Das Angebot des Volkswagen-Konzerns unterstreicht ebenfalls das Streben nach einer
umfassenden Marktabdeckung durch ein differenziertes Marketing. Die Angebotspalette
des Volkswagen-Konzerns startet hier mit den preisgünstigsten Modellen Skoda Fabia
(Einstiegspreis ca. 15.000) und Seat Ibiza (Einstiegspreis ca. 16.000 €). Der VW Golf hat
einen Einstiegspreis von ca. 21.000 €, der Volkswagen id.4 beginnt bei 37.000 €. Einen
Audi A5 Sportback bekommt man ab 39.000 €. Wer zur Marke Porsche wechselt und sich
für den Panamera entscheidet, muss mehr als 94.000 € anlegen. Einen Bentley Mulsanne
gibt es ab 310.000  €. Wer sich für den Lamborghini Adventador entscheidet, muss
ca. 330.000 € investieren. Für einen Bugatti Chiron Sport sind es sogar über drei Mio. €.
Und alle diese Marken gehören zum Volkswagen-Konzern.
Beim konzentrierten Marketing wählt ein Unternehmen aus den identifizierten
Marktsegmenten nur eines oder einige wenige Segmente für die Bearbeitung aus. Bei-
spiele wurden bereits bei der Vorstellung der Fokussierungsstrategie nach Porter erwähnt
(u. a. Dr. Hauschka Kosmetik). Auch Montblanc, Louboutin oder Hermès setzen im oberen
Markt eine klare Konzentrationsstrategie um. KiK und Takko tun dies im unteren Markt.
Im B2B-Bereich zählt zu den Unternehmen mit einer konzentrierten Marketing-Strategie
bspw. Linde, die „nur“ Industrie- und Medizingase produziert. Bei Linde wird – etwa im
Vergleich zu einem „chemischen Vollsortimenter“ wie der BASF  – ein deutlich unter-
schiedlicher Unternehmensfokus sichtbar.
Was bewegt Unternehmen, sich mit der Marktsegmentierung auseinanderzusetzen? In
entwickelten Märkten, wie sie in den Industrienationen heutzutage mehrheitlich anzu-
treffen sind, weisen die Kundengruppen unterschiedliche Bedarfe auf. Die Kunden kön-
nen es sich in diesen Käufermärkten angesichts des Überangebotes – im Vergleich zu
Verkäufermärkten – leisten, sehr wählerisch zu sein.
Unternehmen müssen deshalb in ihrer Marktstimulierungsstrategie zunächst definie-
ren, welches Leistungsangebot sie besonders glaubwürdig präsentieren können. Dann gilt
es im Rahmen der Marktsegmentierungsstrategie, die „passenden“ Zielsegmente zu identi-
fizieren. Diese beiden Entscheidungsfelder sind sehr stark miteinander verbunden: Einmal
kann ein überzeugendes Leistungsangebot definiert werden, um erst anschließend nach
dem „passenden“ Zielsegment zu suchen. Hier liegt ein eher angebots- oder produkt-
getriebenes Vorgehen vor. Ein anderes Mal wird durch die Marketing-Forschung ein in-
teressantes und ggf. noch nicht durch Wettbewerber besetztes Zielsegment identifiziert,
für das ein maßgeschneidertes Angebot entwickelt werden soll. Dies wäre ein markt-
getriebenes Vorgehen.
226 4 Marketing-Strategie

Beim differenzierten und konzentrierten Marketing gelingt eine stärkere Ausrichtung


auf die Bedürfnisse einzelner Kunden. Hierdurch wird eine stärkere Differenzierung im
Wettbewerberumfeld erreicht. Diese Differenzierung ist die Voraussetzung dafür, dass
sich Kunden dem entsprechenden Anbieter zuwenden. Eine hierdurch erreichbare höhere
Kundenorientierung kann Kundenzufriedenheit oder sogar -begeisterung schaffen. Beides
sind wichtige Voraussetzungen für eine längere Kundenbindung (vgl. vertiefend zum
Thema Kundenbindungskonzepte Kreutzer, 2021a, S. 267–350).
Unternehmen können heute häufig eine Vielzahl von individuellen Informationen aus
der Beziehung zu Interessenten und Kunden im Marketing berücksichtigen. Dann wird ein
Zielgruppen-Marketing zum Zielpersonen-Marketing. Im Mittelpunkt steht dann das
Segment of One. Deshalb wird auch von One-to-One-Marketing gesprochen. Diese Ent-
wicklung wird unter dem Schlagwort Customer-Relationship-Management diskutiert
und hat Einzug in eine große Zahl von Unternehmen gehalten. Beim Customer-­Relationship-­
Management steht die Pflege von Geschäftsbeziehungen zu einzelnen Zielpersonen im
Mittelpunkt. Für diese werden die Ansprache und teilweise auch die Angebote maß-
geschneidert. Viele Unternehmen schreiben sich ein solches One-to-One-Marketing heute
schon auf die Fahnen, obwohl sie von einer differenzierten Kundenansprache und -be-
treuung teilweise noch weit entfernt sind (vertiefend zum CRM Kreutzer, 2021a).

cc Merk-Box  In vielen Märkten ist eine Entwicklung hin zum One-to-One-­


Marketing festzustellen. Allerdings ist ein One-to-One-Marketing kein
Selbstzweck! Jedes Unternehmen muss für sich entscheiden, ob ein „mehr an
Individualisierung“ nicht nur zu einem höheren „Wert für die Kunden“, sondern
auch zu einem höheren „Kundenwert“ führt.
Sprich: Wenn Kunden nicht bereit sind, für eine höhere Individualisierung
zu bezahlen, lohnt sich ein solcher Schritt für die Unternehmen langfristig
nicht.

Welche Anforderungen müssen die Kriterien einer akquisitionsorientierten Seg-


mentierung im B2C- und im B2B-Markt erfüllen. Von einer akquisitionsorientierten
Segmentierung wird hier gesprochen, weil die folgenden Kriterien bei einer Segmentie-
rung zur Gewinnung neuer Kunden dienen:

• Verhaltensrelevanz der Kriterien


Die Kriterien müssen einen Bezug zum Verhalten der jeweiligen Zielgruppe aufweisen.
Sie müssen folglich etwas über deren Informations-, Kauf- oder Gebrauchsverhalten
aussagen. Sonst wäre es nicht sinnvoll, eine Segmentierung daran auszurichten. Ein
solche Information ist bspw., dass sich Kunden primär online über bestimmte Platt-
formen über die zu verkaufenden Produkte informieren.
• Aussagefähigkeit der Kriterien für den Einsatz der Marketing-Instrumente
Idealerweise liefern die Kriterien auch Anhaltspunkte für die Ausgestaltung des
Marketing-­Diamanten. Die Information, dass Konsumenten in Familien mit kleinen Kin-
dern leben, liefert wichtige Ideen für die Ansprache und die Ausgestaltung des Angebotes.
4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing 227

• Messbarkeit der Kriterien


Es muss möglich sein, die Merkmalsausprägungen bei den einzelnen Zielobjekten zu
messen, um so die Segmente unterscheiden zu können. Nur dann kann ein solches Kri-
terium bei der Definition der Segmente berücksichtigt werden.
• Sicherstellung einer Zugänglichkeit der definierten Segmente
Die anhand der Kriterien beschriebenen Segmente sollten für das Unternehmen er-
reichbar sein. So kann zwar ein spannendes Segment beschreiben werden, bspw. das
Segment der „Non-Konformisten“. Dies sind Personen, deren Verhalten und Lebens-
einstellungen nicht in Übereinstimmung mit dem Lebensstil, den Werten, der Etikette
etc. des Mainstreams stehen. Allerdings existieren auch keine Medien, mit denen man
dieses Segment gezielt ansprechen könnte.
• Zeitliche Stabilität der gebildeten Segmente
Die anhand der Kriterien gebildeten Segmente sollten eine gewisse Dauerhaftigkeit
aufweisen. Nur dann kann eine Ausrichtung der Marketing-Instrumente auf die ent-
sprechenden Segmente wirtschaftlich vertretbar vorgenommen werden. Die Digitali-
sierung in vielen Bereichen des Marketings sowie auch in der Leistungserstellung
haben dazu geführt, dass heute auch „flüchtigere“ Segmente wirtschaftlich bedient
werden können.
• Schaffung von wirtschaftlich bearbeitbaren Segmenten
Durch die eingesetzten Kriterien sollten Segmentgrößen entstehen, die eine Be-
arbeitung zur Erreichung der Unternehmensziele sinnvoll erscheinen lassen. Die Digi-
talisierung hat in vielen Branchen dazu geführt, dass heute auch kleinere Segmente
wirtschaftlich bearbeitet werden können. Jedes Unternehmen muss hier für sich die
relevanten Größen definieren.

Für die Segmentierung im B2C-Markt haben sich verschiedene Gruppen von Krite-
rien bewährt. Diese können in unterschiedlicher Kombination eingesetzt werden (vgl.
Abb. 4.9). Die demografischen und psychografischen Merkmale beschreiben die gene-
relle Lebenssituation und verhaltensbeeinflussende Faktoren. Die akquisitionsorientierte
Segmentierung nutzt diese Faktoren, um Hypothesen im Hinblick auf das Kaufverhalten
zu entwickeln. So kann ein Touristik-Unternehmen aus dem Lebensalter einer Zielperson
(bspw. über 80 Jahre) einen Bedarf an Reisen unter ärztlicher Begleitung ableiten. Junge
Familien dürften dagegen eher an (preiswertem) Familienurlaub interessiert sein. Eine
Segmentierung nach den Marketing-Diamant-bezogenen Kriterien liefert unmittelbare
Anhaltspunkte darüber, wie die Marketing-Instrumente einzusetzen sind.
Teilweise reichen bereits wenige Merkmale aus, um eine Zielgruppe prägnant zu be-
schreiben. Beim Anbieter Hirmer GROSSE GRÖSSEN ist dies die Konfektionsgröße der
Damen und Herren. Für den Anbieter von Möbeln und Spielsachen JAKO-o ist es wichtig,
dass junge Kinder im Haushalt sind. Wer Damenkosmetikprodukte verkauft, kann sich am
Geschlecht der potenziellen Kunden orientieren. Für den Hersteller von Tiernahrung ist es
entscheidend, dass bspw. Katzen oder Hunde gehalten werden.
228 4 Marketing-Strategie

Auf den Marketing-


Demografische Psychografische
Diamanten
Kriterien Kriterien
bezogene Kriterien
Geschlecht Persönlichkeitsmerkmale Produktebene
Soziale Orientierung Qualitäts-/Marken-
Familien-Lebenszyklus Risikofreude/-scheu orientierung
Alter Entscheidungsverhalten Ver- bzw. Gebrauchs-
Familienstand intensität
Haushaltsgröße Lifestyle, geprägt durch Verbundkaufverhalten
Haushaltsstruktur Werte Anbieterloyalität
Aktivitäten Preisebene
Soziale Schicht Interessen Preisorientierung/
Bildung Meinungen -bewusstsein
Beruf Preisschwellen
Einkommen Bonität
Werteorientierung Distributionsebene
Subkultur Einkaufsstätten-
präferenzen
Geografische Merkmale Online-/Offline-Affinität
Wohnortsgröße Distributorloyalität
Region Kommunikationsebene
Kaufkraftniveau Informationsquellen
Stadt/Land Informationssuch-
Infrastrukturdichte verhalten
Personenebene
Qualifikationsniveau
Service-Orientierung

Abb. 4.9  Ausgewählte Kriterien der Marktsegmentierung im B2C-Markt

Ein Verlag wie Taschen, der hochwertige Kunstbücher verlegt, kann bei seiner Markt-
segmentierung auf die Merkmale Bildung und Kaufkraft nicht verzichten. Denn wer sonst
könnte sich das Werk „Helmut Newton. BABY SUMO“ leisten, das in einer Sonderedition
von 10.000 Exemplaren (mit Buchständer und Podest) für 1000 € angeboten wird?
In den USA stellen sich immer mehr Unternehmen auf die sogenannten XXL-Bürger
ein. Zwei Drittel der US-Amerikaner sind übergewichtig. Das sind bei einer Gesamt-
bevölkerung von 330 Mio. schon 220 Mio. Bürger. 36 % der Erwachsenen sind dort sogar
adipös. Bei den Kindern liegt der Anteil der Adipösen bei 17 %. Ab einem Body Mass
Index von 25 gelten Menschen als übergewichtig. Bei einem Body Mass Index von 30
gelten Menschen als adipös. Diese Zielgruppe der Adipösen hat Bedarf an speziellen Pro-
dukten, auf die sich Unternehmen spezialisiert haben. Hier sind übergroße Kleiderbügel
und Särge, besonders stabile Stühle und Betten, aber auch „Leg Lifter“, eine Ein- und
Ausstiegshilfe fürs Auto, im Angebot.
Unternehmen haben inzwischen auch die Zielgruppe der 50plus-Generation ent-
deckt. Diese wird auch liebevoll Forever Young, Best Ager, Generation Silver oder auch
Silver Surfer genannt. Anbieter erkennen in zunehmendem Maße die Relevanz dieser
Zielgruppe. Schließlich stellt diese nicht nur spezifische Anforderungen an Produkte und
Dienstleistungen, sondern weist auch eine überdurchschnittlich hohe Kaufkraft im Ver-
gleich zur Gesamtbevölkerung auf.
4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing 229

Dieser älteren Zielgruppe stehen die Digital Natives entgegen (geboren ab 1980). Mit
diesem Begriff werden diejenigen Personen bezeichnet, die in vielen Ländern in eine um-
fassend digitalisierte Welt hineingeboren wurden. Diese denken bei Lexikon eher an Wiki-
pedia statt an Brockhaus, spielen eher online statt offline, schauen TV auf einem Laptop
und lesen Zeitungen und Zeitschriften eher online auf dem Smartphone oder einem Tab-
let-­PC als in einer Printausgabe. Fotos des letzten Urlaubs werden hier eher in Facebook
und Instagram hochgeladen, als klassisch in ein Fotoalbum geklebt zu werden. Vielleicht
wird hier auch eher einmal auf das Smartphone geschaut, um nach dem Wetter zu sehen –
statt aus dem Fenster!
Daneben gewinnen Zielgruppen wie die LOHAS (Lifestyle of Health and Sustaina-
bility) an Bedeutung. Diese Zielgruppe legt Wert auf Gesundheit und Nachhaltigkeit,
möchte aber gleichzeitig auf Luxus und guten Geschmack nicht verzichten. Viele Anbieter
haben sich auf dieses Segment spezialisiert. Die handgeschöpfte Schokolade von Zotter
steht nicht nur für ein außergewöhnliches Geschmackserlebnis, sondern auch für bio-
logisch erzeugte Rohstoffe und Fair Trade. Die Verpackung besteht aus umweltfreund-
lichem Papier, bedruckt mit umweltfreundlichen Farben. Damit entspricht sie exakt den
Erwartungen dieser Zielgruppe: höchster Genuss ohne Reue (einmal abgesehen von
möglichen Auswirkungen auf das eigene Gewicht!).
Im B2B-Markt können Zielunternehmen im Zuge der akquisitionsorientierten Segmen-
tierung zunächst anhand von Makro-Kriterien selektiert werden. Diese leiten sich vom
Produkt-/Dienstleistungsangebot des anbietenden Unternehmens ab. Eine daran aus-
gerichtete Grobsegmentierung kann im folgenden Schritt durch die Berücksichtigung von
Mikro-Kriterien verfeinert werden. Es ist zu prüfen, für welche Unternehmen das eigene
Angebot besonders relevant ist. Zusätzlich kann versucht werden, bereits erste Informatio-
nen über das zu berücksichtigende Buying Center zu gewinnen (vgl. Abschn. 1.1.7). Die
Marketing-Diamant-bezogenen Kriterien kommen analog wie im B2C-Markt zum Ein-
satz (vgl. Abb. 4.10).

cc Denkanstoß  Es wird immer wieder hinterfragt, ob es noch zeitgemäß ist, Personen


und Unternehmen durch Segmentierungsansätze in bestimmte „Schubladen zu ste-
cken“. Können Unternehmen hierdurch der Individualität ihrer Zielgruppen ge-
recht werden? Werden Veränderungen bei Personen und Unternehmen aus-
reichend berücksichtigt?

Wichtig ist, dass die meisten Unternehmen ihren Aufgaben nur durch die Verringerung
von Komplexität gerecht werden können. Und die Marktsegmentierung trägt hierzu ent-
scheidend bei. Weder die zur GAFA-Gruppe zusammengefassten Digitalkonzerne Google,
Amazon, Facebook und Apple noch die Luxushersteller und auch nicht die Automobil-­
Produzenten können es sich leisten, jeden einzelnen Kunden ganz individuell zu betreuen.
Die Möglichkeit hierzu besteht auch nur in wenigen Bereichen des B2B-­Marktes. Hier
können Individual-Software, Spezialmaschinen und maßgeschneiderte Versicherung- und
Finanzierungsangebote für einzelne Kunden entwickelt werden. Warum? Weil der Markt
230 4 Marketing-Strategie

Auf den Marketing-


Makro-Kriterien Mikro-Kriterien Diamanten
bezogene Kriterien
Gründungsjahr Strategische Ausrichtung Produktebene
Innovationsführer/-folger Qualitäts-/Marken-
Branche Regionaler, nationaler, orientierung
internationaler Fokus Ver- bzw. Gebrauchs-
Unternehmensgröße intensität
Umsatz Vorhandensein von Verbundkaufverhalten
Mitarbeiter Faktoren, die ab bestimmte Anbieterloyalität
Bedarfe hinweisen
Einkaufsvolumen Fuhrpark Preisebene
F&E-Abteilung Preisorientierung/
Rechtsform Werbe-Abteilung -bewusstsein
Personal-Abteilung Preisschwellen
Standort Produktionstätten Bonität

Bonität Distributionsebene
Einkaufsstätten-
Führungkräfte/Entscheider präferenzen
Online-/Offline-Affinität
Buying-Center-Struktur Distributorloyalität
Gatekeeper
Entscheider Kommunikationsebene
Beeinflusser Informationsquellen
Einkäufer Informationssuch-
Nutzer verhalten

Personenebene
Qualifikationsniveau
Hierarchische Position
Service-Orientierung

Abb. 4.10  Ausgewählte Kriterien der Marktsegmentierung im B2B-Markt

hier vielfach deutlich kleiner ist und die Anforderungen der Kunden sehr viel transparenter
sein können.
Allerdings ist eines im B2C- und B2B-Markt unverzichtbar: Die definierten Ziel-
segmente dürfen nicht auf Dauer festgeschrieben sein. Die ermittelten Segmente sind viel-
mehr im Abstand von ca. ein bis drei Jahren auf ihre Gültigkeit zu überprüfen. Wie häufig
das im Einzelfall geschehen sollte, ist von der Veränderungsgeschwindigkeit der betreuten
Märkte abhängig. Notwendig ist deshalb eine dynamische Segmentierung. Diese trägt
den Veränderungen der Zielpersonen und Zielunternehmen Rechnung.

cc Merk-Box  In Summe bleibt jedoch festzuhalten: Segmentierungskonzepte,


um die Komplexität der Märkte zu reduzieren, gehören zwingend zum erforder-
lichen Handwerkszeug jedes Unternehmens.

Die Zielgruppendefinition der akquisitionsorientierten Segmentierung ist eine unver-


zichtbare Voraussetzung, um folgende Fragen zu beantworten:
4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing 231

• Welche Medien sollen zur Kundengewinnung eingesetzt werden? Zeitschriften, Zei-


tungen, Plakatflächen, Online-Plattformen? Welche TV- und Radio-Sender sind für
werbliche Botschaften auswählen?
• In welchen Geschäften und/oder auf welchen Online-Plattformen sind die Leistun-
gen anzubieten?
• Welche Preisstellungen sind angemessen?
• Durch welche Anreize können die potenziellen Kunden zum Kauf motiviert werden?
• Welche Leistungselemente sind herauszustellen, weil sie für die Kunden besonders
wichtig sind?

Bei dieser sogenannten akquisitionsorientierten Segmentierung kann von der Ent-


wicklung eines „Beuterasters“ gesprochen werden. In diesem Beuteraster wird fest-
gelegt, auf welche Zielgruppe oder Zielgruppen das Marketing auszurichten ist.
Ist diese Festlegung erfolgt, so können von Adressverlagen wie BeDirect, Deutsche
Post Direkt, Riek oder Schober entsprechende Unternehmensadressen zur direkten An-
sprache erworben werden. Teilweise können – zusätzlich zur postalischen Adresse – wei-
tere Profildaten und Informationen über Entscheider zur Verfügung gestellt werden. Hier-
bei kann eine Auswahl an folgenden Merkmalen erfolgen:

• Entscheider der 1. und 2. Führungsebene (nach Funktion)


• Führungskräfte – mit Privat- und Geschäftsadresse
• Firmenneugründungen
• Messeaussteller
• Small Office/Home Office (SOHOs), d. h. kleinere Unternehmen
• Unternehmen mit Börsennotierung, Online-Shops, Export, Fuhrpark etc.

Schon an diesen Kriterien wird deutlich, welche Bedeutung einer intelligenten Defini-
tion der angestrebten Zielgruppen zukommt (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021a, S. 116 f.).
Adressverlage wie AZ Direct, BeDirect, Deutsche Post Direkt und Schober bieten
Adres­sen von Privatpersonen für die werbliche Ansprache an (vgl. vertiefend Kreutzer,
2021a, S. 101–115). Es ist notwendig, den Zielmarkt – das Beuteraster – im ersten Schritt
sauber beschrieben zu haben. Anschließend kann entschieden werden, welche der nach-
folgend exemplarisch nach Alphabet sortierten Zielgruppen angesprochen werden sollen:

• Absolventen von Hochschulen


• Alba-Moda-Kunden
• Audi-Besitzer
• Brillenträger
• Dessous- und Wäschekäufer
• Haustierbesitzer
• Heimwerkerzubehör-Käufer
• Käufer nach Einkaufsstätte (etwa Aldi, Edeka etc.)
232 4 Marketing-Strategie

• Leser der Frankfurter Allgemeinen Zeitung


• Österreich-Urlauber
• Reihenhausbewohner
• Sammler von Briefmarken
• TV-Shopping-Käufer
• Zigarrenraucher

Teilweise kann bei Konsumenten-Adressen zusätzlich selektiert werden, ob diese Per-


sonen zum momentanen Zeitpunkt konkrete Kaufabsichten haben. Auch Informationen
darüber, ob Personen in Mehrpersonenhaushalten wohnen, eine ausreichende Kaufkraft
und eine gute Zahlungsmoral aufweisen, können bei den Adress-Selektionen berück-
sichtigt werden.
Adressverlage und Listbroker (diese makeln Adresslisten, die anderen Unternehmen
gehören, bspw. Versandhäusern oder Verlagen) bieten Adressdaten z. T. auch auf Basis von
mikrogeografischen Segmentierungsansätzen an. Hierbei wird auf flächendeckende
Datenbanken zugegriffen. Diese führen Informations- und Kaufverhalten auf klein-
räumiger Basis zusammen. Haushalte und Personen, die in einer sogenannten räumlichen
„Mikrozelle“ zusammengefasst werden, betrachtet man gemäß dem Motto „Gleich und
gleich gesellt sich gern!“ als Einheit (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021a, S. 109–112).
Im Online-Marketing wird ebenfalls versucht, das „Beuteraster“ für die Kunden-
gewinnung präzise zu definieren. Hier spricht man von Targeting i. S. der Zielbestimmung.
Die wichtigsten Arten des Targetings finden sich hier (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021b,
S. 219–224):

• Soziodemografisches Targeting
Ausgangspunkt: Personenmerkmale des Internet-Nutzers
• Geo Targeting/IP Targeting
Ausgangspunkt: regionale Herkunft des Internet-Nutzers
• Technisches Targeting
Ausgangspunkt: technische Spezifikationen der eingesetzten Hardware des
Internet-­Nutzers
• Context Targeting/Content Targeting/semantisches Targeting
Ausgangspunkt: durch den Internet-Nutzer aufgesuchte Websites
• Behavioral Targeting
Ausgangspunkt: Surf- und Suchverhalten des Internet-Nutzers in der Vergangenheit
• Predictive Behavioral Targeting/Lookalike Audiences
Ausgangspunkt: Surf- und Suchverhalten von Internet-Nutzern; hier werden so-
genannte Lookalike Audiences gesucht
• Keyword Targeting/Suchwort-Targeting
Ausgangspunkt: verwendete Suchbegriffe des Internet-Nutzers; diese kommen insb.
bei Keyword-Anzeigen zum Einsatz (vgl. Abschn. 5.4.3)
4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing 233

• Social-Media-Targeting
Ausgangspunkt: Profil- und Präferenzdaten der Nutzer von sozialen Netzwerken

Die unterschiedlichen Targeting-Arten, die einer Auslieferung von Online-­Werbemitteln


zugrunde liegen können, werden häufig in verknüpfter Form eingesetzt. Dies ist bspw. bei
einer regional ausgerichteten Auslieferung von Werbung in Suchmaschinen der Fall.

cc Merk-Box  Die akquisitionsorientierten Segmentierungskonzepte und -krite-


rien werden zur Zielgruppendefinition genutzt. Hier geht es darum, die Ziel-
kunden i. S. eines Beuterasters möglichst präzise zu beschreiben: Wer soll auf
den Erwerb der eigenen Angebote angesprochen werden?

Heute werden im Zuge der akquisitionsorientierten Segmentierung verstärkt so-


genannte Persona-Konzepte eingesetzt. P ­ ersonas sind fiktive Archetypen, die die Ziel-
gruppe repräsentieren und ihnen „ein Gesicht“ geben. Sie werden beschrieben wie echte
Personen. Personas verfügen über eine Lebensgeschichte, Hobbys, eine Lebensphilo-
sophie sowie einen Namen und ein Bild. Durch diese sehr anschauliche Beschreibung der
Zielgruppe soll es den verantwortlichen Mitarbeitern wie auch den eingebundenen Agen-
turen leichter fallen, sich auf eine bestimmte Zielgruppe einzustellen.
Anhand der jeweiligen Persona sind bspw. die folgenden Fragen zu beantworten:

• Würde Maja (23) dieses Produkt nutzen?


• Wie viel wäre sie bereit dafür auszugeben?
• Welche Features bringen Maja den größten Nutzen?
• Welche Pain Points möchte Maja gerne überwinden?
• Wo würde Maja das Produkt kaufen?
• Über welche Medien würde sich Maja über das Angebot informieren?
• Welche Alternativen würde Maja in ihrem Entscheidungsprozess anschauen?
• Etc.

Bei der Arbeit mit Personas kann das in Abb. 4.11 dargestellte Gründungsdokument
eingesetzt werden (vgl. hierzu auch Pruitt & Adlin, 2006, S. 230–234).
Die anhand dieses Gründungsdokuments erarbeiteten Ergebnisse werden dokumentiert
und mit einem Foto versehen. Bei allen Maßnahmen der akquisitorischen Segmentierung
sollten die Verantwortlichen die entsprechende Persona als Zielperson vor Augen haben
(vgl. vertiefend Kreutzer, 2018, S. 63–68).

cc Merk-Box  Die Persona stellt die personifizierte Variante des Beuterasters dar.

Hat ein Unternehmen bereits Interessenten und Kunden gewonnen, ist eine trans-
aktionsorientierte Segmentierung vorzunehmen. Diese setzt allerdings voraus, dass ein
Unternehmen im Zuge der Geschäftsabwicklung Informationen über die eigenen Inte­
234 4 Marketing-Strategie

Merkmal Ausprägung
Identifizierende Details
Typischer Name für die Alterskohorte (ggf. basierend auf einer Online-
Name
Recherche bei der Gesellschaft für deutsche Sprache unter http://gfds.de)
Alter Typisches Alter
Tag-Line
Tag-Line Slogan, Lebensmotto oder eine häufig getätigte Aussage
Aussage mit Bezug zum Produkt/Service, für das diese Persona geschaffen
Zitat (zum Produkt/Service) wurde, bspw. über Qualität, Nutzung oder besondere Merkmale des
Angebots
Herkunftsfamilie der Persona: Eltern, Geschwistern, evtl. auch zum „Clan“
Familie
gehörige weitere Personen mit prägendem Einfluss
Eigene familiäre Situation, bspw. in Partnerschaft lebend, verheiratet,
Familienstand
geschieden, Single
Aktueller geografischer Lebensmittelpunkt (Stadt/Land, Großstadt/Kleinstadt
Wohnort
etc.)
Rollen und Aufgaben
Bezeichnung des Arbeitgebers oder Benennung der selbstständigen
Unternehmen
Tätigkeit
Rolle am Arbeitsplatz, bspw. hierarchische Einordnung,
Position
Verantwortungsbereich
Aktivitäten und Arbeiten, die die Persona regelmäßig ausführt und die für
Typische Aktivitäten
das Produkt bzw. die Dienstleistung relevant sein könnten
Aktivitäten und Arbeiten, die man der Persona zunächst nicht „zutrauen“
Wichtige atypische Aktivitäten würde, bspw. besonders seltene Hobbys, Extremsportarten,
gesellschaftliches oder politisches Engagement
Herausforderungen, Anforderungen, denen sich die Persona in ihrem Beruf bzw. in ihrem
Schmerzpunkte täglichen Leben stellen muss
Verantwortlichkeiten Zuständigkeiten im Beruf und Alltag
Kontakte mit anderen Personas im Rahmen der beruflichen Tätigkeit oder
Interaktion mit anderen Personas, des Alltags, die eine besondere Bedeutung für das Produkt bzw. das
Systemen und Produkten/Services Serviceangebot haben; Beschreibung von Systemen und
Produkten/Dienstleistungen, die für die Rolle der Persona wichtig sind
Ziele
Lebensziele kurz-, mittel- und Ziele in materieller und geistiger Beziehung, ggfs. nach zeitlicher Dimension
langfristig geordnet
Ziele in Bezug auf das Produkt
Ziele, die mit dem Produkt bzw. der Dienstleistung erreicht werden (sollten)
bzw. die Dienstleistung
Arbeitsbezogene Ziele Ziele im Beruf
Grundsätzliche Lebensziele,
Fundamentale angestrebte Ziele, Wünsche, Hoffnungen, Erwartungen
Sehnsüchte
Fähigkeiten und Wissen
Allgemeine Computerkenntnisse
Know-how und Nutzungsintensität von Hard-und
Hard Software
und Online-Nutzung
Fachgebiete Expertise in einem oder mehreren Fachgebieten
Häufig genutzte Im Einsatz befindliche Produkte bzw. nachgefragte Dienstleistungen für
Produkte/Dienstleistungen Beruf und Alltag
Spezialkenntnisse Besonderes Wissen, bspw. in Bezug auf Beruf und im privaten Bereich
Kenntnis von Alternativen zu den angebotenen Produkten bzw.
Wissen über Wettbewerber
Dienstleistungen
Kontext
Ausrüstung, bspw. beruflich oder privat relevante Technik, Materialien,
Ausstattung
Hilfsmittel
Darstellung eines typischen Tages der Persona; dieser „typische Tag“ muss
in der Gänze nicht der Realität entsprechen, sondern umfasst die
„A day in the life“-Beschreibung
relevanten, häufig wiederkehrenden und damit typischen Tätigkeiten und
Kontakte
Orte, an denen das zu entwickelnde Produkt eingesetzt bzw. die zu
Spezifische Nutzungsorte
erarbeitende Dienstleistung in Anspruch genommen wird
Haushalt und
Typischen Aktivitäten in Freizeit und Urlaub
Freizeitbeschäftigungen
Benennung der Personas, die nicht zum Berufsleben, sondern zum
Beziehungen zu anderen Personas
persönlichen Alltag gehören
Psychografische und persönliche Details
Beschreibung der Persönlichkeit anhand menschlicher Eigenschaften
Charakterzüge
(Ehrlichkeit, Treue, Neugierde, Abenteuerlust etc.)
Werte und Einstellungen Überzeugungen in Bezug auf Politik und Religion
Ängste, Hindernisse, Ärgernisse Emotionale Zustände, die das Denken und Fühlen der Persona prägen
Beschreibung von Gegenständen, die für die Persona besondere Bedeutung
Persönliche Artefakte (Auto,
in Bezug auf das zu entwickelnde Produkt bzw. die zu konzipierende
Spielereien)
Dienstleistung haben

Abb. 4.11 Persona-Gründungsdokument
4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing 235

ressenten und Kunden gewinnen konnte. Stationären Einzelhändlern ohne Kundendatei


und/oder ohne Kundenkarte ist dies nicht möglich. Auch Restaurant- und Barbetreiber
kennen ihre Kunden zwar oft von Angesicht zu Angesicht – aber nicht datengestützt. Dies
gilt für viele weitere Anbieter – Hersteller und Dienstleister (inkl. Händlern) gleichermaßen!

cc Merk-Box  Unternehmen ohne Kundendaten können keine transaktions-


orientierte Segmentierung vornehmen.

Die Kernaufgabe der transaktionsorientierten Segmentierung besteht darin, auf


Basis der bisher bereits erfolgten Transaktionen auf Interessen und mögliche weitere Be-
darfe der Interessenten und Kunden zu schließen. Hierdurch sollen – aus Kundensicht –
relevantere Angebote ermöglicht werden. Diese wiederum sollen zu weiteren Käu-
fen führen!
Die Relevanz der transaktionsorientierten Segmentierung kann anhand des auf Stauss
(2000, S. 16) zurückgehenden Konzepts des Kundenbeziehungslebenszyklus verdeut-
licht werden (vgl. Abb. 4.12).
Innerhalb des Kundenbeziehungslebenszyklus sind drei Phasen zu unterscheiden:

• Interessenten-Management
• Kundenbindungs-/Kundenentwicklungs-Management
• Rückgewinnungs-Management

Wir sollten uns vor Augen führen, dass die Interessenslage sowie der Informations-
bedarf von Personen in diesen verschiedenen Phasen ganz unterschiedlich ausfallen. Dies
gilt für Konsumenten und Repräsentanten von Unternehmen gleichermaßen. Außerdem
strebt das anbietende Unternehmen je nach Phase auch andere Ziele an. Dies wurde an-
hand der Markenwertschöpfungskette in Abschn. 3.4.
Beziehungsintensität
(bspw. Kundenwert)

Zeit

Interessenten- Kundenbindungs-/Kundenentwicklungs- Rückgewinnungs-


Management Management Management

Abb. 4.12  Konzept des Kundenbeziehungslebenszyklus


236 4 Marketing-Strategie

In der Phase des Interessenten-Managements geht es primär darum, Personen oder


Unternehmen für die eigene Leistung zu interessieren. Hier steht die erstmalige Akquisi-
tion im Mittelpunkt. Um einen Dialog mit den Zielpersonen aufbauen zu können, sollte
das anbietende Unternehmen frühzeitig in die Gewinnung von Kontaktdaten einsteigen.
Hierzu zählen die postalische Adresse, die E-Mail-Adresse sowie die Telefonnummer. Nur
wenn solche Kontaktdaten vorliegen, können Interessenten, etwa im Rahmen eines
Interessenten-­Dialogprogramms, durch eine stufenweise Kommunikation zum Kunden
entwickelt werden (vgl. weiterführend Kreutzer, 2021a, S. 153–261).
Wie kann ein solches Dialogprogramm aussehen? Ein Interessent kann über die Web-
site einen Newsletter abonnieren, einen Katalog oder ein Angebot anfordern. Wurde ein
Katalog bzw. ein Angebot angefordert und übermittelt  – und nach einer gewissen Zeit
noch nichts bestellt – kann (automatisiert) ein „Nachfass-Mailing“ erfolgen. Mit diesem
soll der Interessent zum Kauf motiviert werden. Ähnliche Programme laufen an, wenn ein
potenzieller Kunde bei einem Online-Shop den Newsletter abonniert und anschließend in
mehreren Stufen per E-Mail angesprochen wird, um ihn als Kunden zu gewinnen.
Hierbei werden Prozesse der Marketing-Automation eingesetzt. Als Marketing-­
Automation wird die automatisierte Auslösung von wiederkehrenden Marketing-­
Aktivitäten bezeichnet. Das Ziel der Marketing-Automation besteht in der Steigerung
der Effizienz von Marketing-Prozessen und Steigerung der Effektivität der
Marketing-­Maßnahmen. Im Kern geht es hierbei meistens um Kommunikationsanstöße,
die systemseitig (d. h. ohne weitere menschliche Eingriffe) aufgrund des Vorliegens be-
stimmter Trigger (Auslösefaktoren) erfolgen. Durch den Einsatz der Marketing-­
Automation können vor allem Prozesse des Kundendialogs effizienter gestaltet werden
(vgl. vertiefend Kreutzer, 2021a, S.  136–148). Wie die einzelnen Prozess-Stufen zu-
sammenhängen, zeigt Abb. 4.13.
Sowohl beim Interessenten- wie auch beim Kunden-Management geht es um die
Beantwortung der folgenden Fragen:

Datenquellen Verarbeitung Zielpersonen Inhalte Kanäle


Angebot
Kundendaten
Zusatzangebot Mailing
(First, Second,
Third Party) Nachfass Newsletter
Zuleitung eines E-Mail
Analyse der Samples E-Newsletter
Angebotsdaten Identifi-
Daten zur Preisreduktion Telefonanruf
kation der Zufriedenheits- Messenger-
Generierung
Erkenntnisse relevanten befragung kontakt

aus früheren von Aufforderung Außendienst-


Personen
Aktionen Triggern zur Bewertung besuch
Aufforderung Push-
zur Freund - Notification
Kontext-Daten
(Wetter etc.) schaftswerbung …

Abb. 4.13  Kernprozesse der Marketing-Automation


4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing 237

• Welche Personen oder Unternehmen wurden als Interessenten und Kunden gewonnen?
• Welche Merkmale weisen diese Gruppen auf?
• Wurden diejenigen erreicht und zum Handeln motiviert (sei es Informationsabforderung,
E-Newsletter-Abonnement oder Kauf), die im „Beuteraster“ beschrieben wurden?

Nach einem erfolgten Kauf beginnt die Phase des Kundenbindungs- und
Kundenentwicklungs-­Managements (vgl. Abb. 4.12). Hier gilt es zunächst, die Kunden
umfassend mit dem Angebot und dem dahinterstehenden Unternehmen vertraut zu ma-
chen. Hierdurch soll bereits ein möglicher Folgekauf vorbereitet werden. Diese Betreuung
sieht bei der Bestellung eines Herren-Pullovers natürlich gänzlich anders aus, als wenn ein
Konsument einen Tablet-PC oder eine Heimkino-Anlage erworben hat. Wurde von einem
Unternehmen eine komplexe ERP-Software erworben oder werden jetzt Cloud-Services
eines Anbieters genutzt, ergeben sich wiederum andere Handlungsnotwendigkeiten.
In der ersten Phase des Kundenbindungs- und Kundenentwicklungs-Managements
steht zunächst die Sozialisation des Kunden im Mittelpunkt. Hier soll sich der neue
Kunde mit seinem Leistungspartner vertraut machen. Darüber hinaus sollten die folgen-
den, für die weitere Kundenbetreuung sowie für die Neukundengewinnung zentralen Fra-
gen beantwortet werden:

• Welche der angesprochenen Personen, Personengruppen bzw. Unternehmen sind als


Käufer aktiv geworden?
• Welche Erst- und Folgeumsätze wurden getätigt?
• Welcher Warenkorb mit welchen Deckungsbeiträgen wurde nachgefragt?
• Welche Kaufmuster lassen sich erkennen?
• Aus welchem Einzugsgebiet kommen die Kunden?
• Welche Sortimentsteile werden von Kunden aus welchem Einzugsgebiet nachgefragt?
• Welche Gewinnungswege führen zu welchen Kundenwerten (bspw. bzgl. der Umsatz-
höhe und der erzielten Deckungsbeiträge)?
• Wie hohe ist die Treue zu bestimmten Einkaufsstätten?
• Welche Akquisitionsquoten sind bei personalisierter Ansprache (bspw. über Mailings)
im Vergleich zur nicht personalisierten Ansprache (bspw. über per Zeitung verteilte
Coupons, durch Online-Banner oder TV- und Radio-Spots) zu erreichen?
• Welche Akquisitionskosten sind zur Gewinnung der Kunden angefallen?

Verfügt ein Unternehmen über ein breites Produkt- und/oder Dienstleistungsangebot,


sollte sehr schnell der Dreiklang der Kundenbetreuung eingeleitet werden (vgl.
Abb. 4.14).

• More Sell
Das Ziel bei „More Sell“ besteht darin, dass ein einmal gewonnener Kunde dem An-
bieter treu bleibt und immer wieder die gleichen Leistungen nachfragt.
238 4 Marketing-Strategie

Abb. 4.14 Dreiklang Up Sell


der Kundenbetreuung
Cross Sell
Stoßrichtungen
des Kunden-
Managements
More Sell

• Motto: „Mehr vom Gleichen.“


Das gelingt, wenn ein Kunde seinen Wein regelmäßig bei Jacques’ Wein-Depot er-
wirbt  – oder immer bei der gleichen Aral-Station tankt. Ein Unternehmen kann alle
seine Pakete über Deutsche Post DHL zustellen lassen. Hierdurch steigt der Kundenwert!
• Cross-Sell
Hier wird versucht, den Käufer eines Produktes bzw. den Nutzer einer Dienstleistung
zum Erwerb anderer Leistungen des eigenen Unternehmens zu motivieren. Das Ziel
besteht darin, den Kundenwert zu erhöhen, indem ein Kunde weitere Angebote des
gleichen Unternehmens in Anspruch nimmt.
• Motto: „Zusatzkäufe von anderen Leistungen.“
Cross-Sell gelingt, wenn ein Kunde bei Jacques’ Wein-Depot nicht nur Wein, sondern
bspw. auch einen Präsentkorb erwirbt. Bei der Aral-Tankstelle kann der Kunde zusätz-
lich Zeitungen und Zeitschriften kaufen, einen Snack erwerben oder eine Autowäsche
buchen. Ein Unternehmen kann vor dem Versand seiner Pakete über Deutsche Post
DHL die Adressen durch das Tochterunternehmen Deutsche Post Direkt überprüfen
lassen. Hierdurch steigt der Kundenwert zusätzlich!
• Up-Sell
Ziel des Up-Sells ist es, einen Kunden zum Erwerb höherwertiger und damit meist auch
renditestärkerer Leistungen zu motivieren.
• Motto: „Kauf von renditestärkeren Leistungen.“
Ein Up-Sell liegt vor, wenn der Kunde bei Jacques’ Wein-Depot den Wein Jadot Aloxe-­
Corton 2015 für 47,50 € statt den Le Tapie Rouge 2019 für 4,60 € erwirbt. Hier ist leicht
vorstellbar, dass das Wein-Depot beim Jadot mehr verdienen wird. Die Aral-Tankstelle
kann eine höherwertige Wagenwäsche anbieten. Die Deutsche Post DHL kann Werbe-
kunden motivieren, statt unpersonalisierte Werbesendungen PostwurfSpezial oder voll-
adressierte Mailings einzusetzen. Hierdurch steigt der Kundenwert weiter!

Damit ein Ein-Produkt-Unternehmen nicht nur auf More Sell setzen kann, kann es –
orientiert an der Ansoff-Matrix (vgl. Abb. 4.4) – eine Produktentwicklung für das eigene
Unternehmen einleiten. Hierdurch kann möglicherweise verhindert werden, dass Kunden
aus der eigenen Produktpalette „herauswachsen“ und zu Wettbewerben wechseln
„müssen“.
4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing 239

Parallel zu diesen Maßnahmen der Kundenbetreuung streben viele Unternehmen eine


möglichst lange und profitable Kundenbeziehung an.

cc Merk-Box  Kundenbindung allein hat keinen Selbstwert. 

Das Ziel der Kundenbindung sollte sich auf die Kunden beschränken, die dem
Unternehmen bereits heute zu attraktiven Deckungsbeiträgen verhelfen. Zusätzlich zie-
len Maßnahmen der Kundenbindung auf die Kunden ab, die in Zukunft profitable Ge-
schäfte erwarten lassen. So werden Kunden mit negativem Deckungsbeitrag (etwa Stu-
denten) bei Banken bspw. durch das Angebot einer kostenlosen Kontoführung bewusst
gewonnen und gehalten  – in der Erwartung, dass daraus zukünftig profitable Kun-
den werden.
Um beim Dreiklang der Kundenbetreuung (More Sell, Cross-Sell und Up-Sell) sowie
bei der Kundenbindung die richtigen Akzente zu setzen, sind kundenbezogene Informa-
tionen unverzichtbar. Diese sind eine notwendige Bedingung für ein leistungsstarkes Cus-
tomer-Relationship-Management. Das Ziel des ­Customer-Relationship-­Managements
ist eine ganzheitliche, wertschöpfende Betreuung über den gesamten Kundenbe-
ziehungslebenszyklus.
Über die europäischen Marketing-Verbände wurden knapp 4700 Chief Marketing Offi-
cer (CMOs), Senior Marketing Executives und Marketing-Vorstände zu den wichtigsten
Aufgabenstellungen für 2021 und die folgenden Jahre befragt. Hierbei kristallisierten
sich die folgenden Top-3-Themen heraus – jeweils mit Angabe der Nennungen in Prozent
(vgl. Strauss, 2021, S. 10):

1. digitales Marketing/Online-Marketing (insgesamt) – 43,1 %


2. CRM-Datenbanken und Customer-Relationship-Management – 38,8 %
3. Optimierung der Marketing-Ausgaben (Return on Marketing Investment) – 31,5 %

Hier wird deutlich, welche Herausforderungen die Marketing-Manager in Europa zu


bewältigen haben. Um beim Customer-Relationship-Management erfolgreich zu sein,
sind im Rahmen der Kundenakquisition bzw. der Kundenbetreuung möglichst viele der
folgenden Informationskategorien mit Inhalt zu füllen (vgl. Abb. 4.15).
Die in Abb. 4.15 aufgelisteten Merkmale liefern die erforderlichen Informationen für
die transaktionsorientierte Segmentierung. Hier können bspw. folgende Segmente
unterschieden werden:

• Top-Kunden mit hohem Wachstumspotenzial


• Top-Kunden ohne weiteres Wachstumspotenzial
• Neu-Kunden mit hohem Wachstumspotenzial
• Neu-Kunden ohne weiteres Wachstumspotenzial
• Kunden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit demnächst kündigen werden
240 4 Marketing-Strategie

Adress- und
Aktionsdaten Reaktionsdaten
Profildaten
Adresse, inkl. Vornamen, Ansprache-Formen Anlagedatum
ggf. Titel (Kanal, Inhalt), u. a. Gewinnungsweg (etwa
- Angebots-Mailings Mailing, Coupon, Online-
Telefon-/Fax-Nummern/ - Mitgliedschafts- Banner, Freundschafts-
E-Mail-Adresse, Social- Angebot werbung, angemietete
Media-Kontakte Adresse, Social-Media-
- Einladung zu einer Post/-Ad)
(idealerweise mit Produktpräsentation
Permission zur Erzielte Umsätze (inkl.
entsprechenden - Zuleitung von Coupons Sortimentsschwerpunkte)
Kontaktaufnahme) - E-Mail-Anstöße Kaufverhalten (u. a.
- (E-)Newsletter Schnäppchenjäger;
Geburtsdatum/Alter - Anrufe Coupon-Nutzer,
Konzentration auf
- Push Notifications Aktionsware)
Familienstand/Haushalts- - WhatsApp -Nachrichten Umtauschverhalten
größe - SMS Kaufkanal (präferierte
- Social-Media-Posts Filiale, online/offline)
Interessensgebiete Zahlungsart (Barzahlung,
Ansprache-Zeitpunkt Kreditkarte, Finanzierung)
Haushaltseinkommen Bonität (Einhaltung von
Zahlungsverpflichtungen)
Haushaltsausstattung Fan in einem sozialen
Netzwerk, Follower bei
Twitter etc.

Abb. 4.15  Ausgewählte Merkmale zur Beschreibung der eigenen Interessenten und Kunden im
B2C-Markt

• Kunden, die seit drei Monaten nicht mehr gekauft haben


• Kunden, die als Freundschaftswerber sehr aktiv sind
• Kunden, die zu Freundschaftswerbern entwickelt werden können
• Kunden, die viel reklamieren
• Kunden, die viel retournieren
• Kunden, die schlecht zahlen
• Kunden, die ein hohes Kaufpotenzial aufweisen
• Interessenten ohne großes Kaufpotenzial

Für jedes definierte Segment können unterschiedliche Maßnahmen definiert werden:


Kunden, die viel reklamieren und retournieren oder schlecht zahlen, können von weiteren
Ansprachen ausgeschlossen werden. Interessenten, die eine hohes Kaufpotenzial aus-
weisen, sind besonders intensiv zu bewerben.

cc Merk-Box  Der Kreativität der transaktionsorientierten Segmentierung


sind kaum Grenzen gesetzt. Es geht immer nur um eines:
Die Effektivität und Effizienz von Kundengewinnung und Kundenent-
wicklung soll optimiert werden.
4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing 241

Anhand der in Abb. 4.15 genannten Kriterien kann auch ermittelt werden, in welchen
Segmenten das Unternehmen mit seinem Angebot besonders erfolgreich war. Genau aus
diesen Segmenten sollten – orientiert an der Maxime „Stärken verstärken“ – weitere
Kunden gewonnen werden. Das bedeutet, dass in den Marktbereichen, in denen das Unter-
nehmen bisher besonders erfolgreich war, weitere Kunden „gefischt“ werden sollen. Dies
gilt so lange, bis ein Markt „überfischt“ ist und eine weitere Akquisition nicht mehr
wirtschaftlich vertretbar ist.
Neukunden in ganz anderen Segmenten zu gewinnen, stellt eine oft wesentlich teurere
Alternative dar. Schließlich haben sich die dort angesiedelten Kunden  – aus ganz be-
stimmten Gründen – bisher nicht vom Angebot angesprochen gefühlt. Deshalb müsste viel
passieren, um deren Interesse dennoch zu gewinnen. Oder es sind sehr umfassende
Marketing-­Investitionen notwendig, die sich negativ auf die Rentabilität der Kunden
auswirken.
Die Maxime „Stärken verstärken“ muss dann aufgegeben werden, wenn die
Marketing-­Strategie oder die Ausgestaltung des Marketing-Diamanten deutlich verändert
werden. Dies ist auch der Fall, wenn die Geschäftsstrategie eines Unternehmens neu aus-
gerichtet wird (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021c).
Die in Abb. 4.15 genannten Merkmale werden durch Scoring-Modelle häufig auch zu
einer umfassenden Interessenten- und Kundenbewertung herangezogen (vgl. zum Kon-
zept des Scoring-Modells Abschn.  5.1.2.2). Durch die gleichzeitige Berücksichtigung
­verschiedener Merkmale kann für jeden einzelnen Kunden ein Kundenwert ermittelt
werden. Anhand der Kundenwerte wird für viele Unternehmen erstmalig sichtbar, welches
die besten und welches die schlechtesten Kunden eines Unternehmens sind  – mit ent-
sprechenden Ableitungen für die weitere Betreuung (vgl. vertiefend zum Kundenwert
Kreutzer, 2021a, S. 28–43).
Eine unkritische und planlose Sammlung von Informationen über Kunden und In-
teressenten ist zu vermeiden. Eine Jäger-und-Sammler-Mentalität ist hier nicht ge-
wünscht. Eine zielorientierte Informationsgewinnung orientiert sich am besten an den
folgenden Schlüsselfragen:

• Hilft dieses Merkmal, das gegenwärtige oder zukünftige Potenzial eines Kunden zu
bewerten?
• Ist geplant, Marketing-Maßnahmen an diesem Merkmal auszurichten?
• Besteht eine Möglichkeit, die Aktualität dieses Merkmals in regelmäßigen Abständen
zu überprüfen, um eine möglichst korrekte Ansprache des Kunden sicherzustellen?

Werden Daten anhand dieser Fragen gewonnen, werden keine Informationen erhoben,
die entweder keine Relevanz haben oder die nicht wirtschaftlich aktualisiert wer-
den können.
242 4 Marketing-Strategie

cc Merk-Box  Erfahrungsgemäß reichen fünf bis sieben Profildaten im B2C- und


B2B-­Markt aus, um eine Differenzierung der Interessenten- und Kunden-
betreuung über mehrere Jahre sicherzustellen. 

Bei der Informationsgewinnung und -nutzung ist darauf zu achten, dass die relevan-
ten Aspekte des Datenschutzes berücksichtigt werden. Dies gilt sowohl für das Einholen
der erforderlichen Erlaubnisse (Permissions) wie auch für die Datennutzung selbst. Beim
Einholen dieser Permissions muss die Zielperson bspw. über den Zweck der Speicherung
und einer ggf. vorgesehenen Nutzung und/oder Übermittlung aufgeklärt werden (vgl.
Abschn. 5.4.3.5; vertiefend Blind & Stumpfrock, 2021, S. 387–410; vgl. Kreutzer, 2021a,
S. 71–80).

cc Merk-Box  Unternehmen müssen eine datenschutzkonforme Erhebung und


Verarbeitung der personenbezogenen Daten sicherstellen. Diese Heraus-
forderung hat einen Namen: DSGVO bzw. Datenschutz-Grundverordnung. 

Im Mittelpunkt der letzten Phase des Kundenbeziehungslebenszyklus steht das Rück-


gewinnungs-Management (vgl. Abb. 4.12). Unternehmen versuchen teilweise im Zuge
einer Kündigungsprävention oder einer Churn Prevention, aus der Analyse des Ver-
haltens eines Kunden auf eine mögliche Kündigungs- oder Wechselabsicht zu schließen.
„Churn“ ist ein Kunstwort, welches sich aus den englischen Begriffen „Change“ und
„Turn“ zusammensetzt. „Change“ besagt, dass ein Kunde den Anbieter wechseln möchte.
„Turn“ deutet an, dass der Kunde von diesem Vorhaben abgebracht werden soll.
Voraussetzung für eine Kündigungsprävention ist auch hier das Vorhandensein von
Kundenadressen und weiteren Informationen. Zu diesen zählen bspw. die letzten Umsätze
sowie die Reaktionen auf die letzten Ansprachen. Hier zeigt sich nochmals die Bedeutung
von CRM-Konzepten und Kundenbindungsprogrammen. Werden in diesen Systemen
die Käufe sowie die Reaktionen der Kunden auf Ansprachen des Unternehmens erfasst,
können sehr leicht entsprechende Kündiger-Scorekarten erstellt werden. Diese zeigen auf,
welche Personen die höchste Wahrscheinlichkeit aufweisen, demnächst zu kündigen.
So kann man Payback-Kunden „mit vierwöchiger Inaktivität“ bei einem sonst intensiv
genutzten Vertriebskanal direkt anschreiben, um diese gezielt zu reaktivieren. Auch
Online-­Shops verfügen über eine Vielzahl von Daten, die für ein Kündiger-Scoring ein-
gesetzt werden können. Kunden mit dem höchsten Gefährdungspotenzial können so
identifiziert und entsprechend mit „Streichel-Maßnahmen“ zum Bleiben motiviert wer-
den (weiterführend Kreutzer, 2021a, S. 355–363).
Diese Ansatzpunkte unterstreichen, welche strategische Bedeutung eine intelligente
Marktsegmentierung für die Ausgestaltung des unternehmerischen Marketings nach wie
vor aufweist:

• Je dynamischer die Märkte oder die Kunden sich entwickeln, desto flexibler müssen
Unternehmen darauf durch eine dynamische Markt- und Kundensegmentierung
reagieren.
4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing 243

• Es gilt, die mit einer Marktsegmentierung verbundenen Kosten sowie die erwarteten
Mehrerträge zu kalkulieren.
• Denn nicht nur die taxonomische Marktsegmentierung verursacht durch die not-
wendigen Marktstudien und Analysen Kosten.
• Insbesondere die differenzierte Markt- und Segmentbearbeitung der management-
orientierten Marktsegmentierung verursacht Kosten, die durch Mehrerträge zu über-
kompensieren sind. Dies gilt bspw. für segmentspezifische Produktanpassungen, für
eine differenzierte Kommunikation und die Ausgestaltung unterschiedlicher Ver-
triebsformate.

cc Merk-Box  Die Marktsegmentierung ist eine unverzichtbare Marketing-Strate-


gie. Deren Einsatz ist zielorientiert zu planen und kontinuierlich im Hinblick auf
die erreichten Erfolge zu bewerten.

4.2.2.4 Marktarealstrategie
Die Marktarealstrategie stellt eine unverzichtbare Abrundung der Entscheidungen im
Hinblick auf das zu bearbeitende Marktfeld, die einzusetzende Marktstimulierungs-
strategie sowie die Marktsegmentierung dar. Durch die Marktarealstrategie wird definiert,
welches Marktareal das Unternehmen abdecken möchte (vgl. weiterführend Becker, 2019,
S. 312–344). Ansatzpunkte für die räumliche Expansion sind in Abb. 4.16 dargestellt.
Die Definition des abzudeckenden Marktareals wird maßgeblich durch die die Unter-
nehmensziele und die vorhandenen Ressourcen beeinflusst. Auch die Wettbewerbs-
situation und die wirtschaftliche Entwicklung in den bisherigen Schwerpunktmärkten wir-
ken sich auf diese Entscheidung aus.

Stadtteil Unter-
Einzugsgebiet Stadt
nehmen
lokal

einer Stadt Ballungsgebiet


Mehrere
Ballungsgebiete Mehrere
Bundesländer
Bundesland
regional

Schweiz,
Region Europa
Deutschland
Norddeutschland
Deutschland,
Schweiz,
Frankreich,
Europa/
national

Deutschland Spanien
Amerika

West-
Europa Welt

national international global

Abb. 4.16  Entscheidungsfelder der Marktarealstrategie


244 4 Marketing-Strategie

Ein nur schwach wachsender oder kleiner Binnenmarkt hat viele deutsche Unter-
nehmen motiviert, ihr Wachstum im Ausland zu suchen. Dies war für viele deutsche
Unternehmen des Maschinenbaus sowie der Automobilindustrie der Fall. Ausländische
Märkte ermöglichen aufgrund einer geringeren Wettbewerbsdichte und/oder einer stark
expandierenden nationalen Wirtschaft (etwa in China) deutlich höhere Wachstumsraten
als im Binnenmarkt.
Der Zugang zu neuen Märkten, zu Rohstoffen, Kapital, Arbeitskräften und Produktions-
möglichkeiten ist eine zentrale Ursache der Globalisierung. Verstärkt und erleichtert wur-
den die entsprechenden Schritte durch die weltumspannenden Kommunikationstechno-
logien, die vernetzte Produktions- und Wertschöpfungsketten ermöglichten  – über
nationale und kulturelle Grenzen hinaus. Der kontinuierliche Ausbau von Transport-
technologien für Menschen, Geld, Rohstoffe und Produkte hat den Globalisierungs-
prozess weiter beschleunigt.

cc Merk-Box  Leistungsstarke Kommunikationstechnologien, vernetzte Produkti-


ons- und Wertschöpfungsketten sowie kostengünstige Transporttechnologien
sind die zentralen Treiber der Globalisierung.

Unternehmen können für ihre internationale Expansion verschiedene Strategien ein-


setzen. Diese Expansionsstrategien werden im Hinblick auf zwei Kriterien unterschieden
(vgl. Abb. 4.17):

• Anteil des Kapital- und Management-Einsatzes im Herkunftsland


• Anteil des Kapital- und Management-Einsatzes im Gastland
Kapital-/Management-Anteil im Herkunfsland

Export
hoch

Lizenzierung Strategische
Allianzen
Kontrakt-
produktion

Franchising

Joint
Venture
Direkt-
Produktions-
investition niederlassung
niedrig

Tochter-
gesellschaft
niedrig hoch

Kapital-/Management-Anteil im Gastland

Abb. 4.17  Strategien für die internationale Expansion


4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing 245

• Export
Beim Export wird weiterhin im Heimatmarkt produziert. Ausländische Märkte werden
mit oder ohne Einbindung von weiteren Partnern aus dem Herkunftsland beliefert.
Druckmaschinen von Heidelberg, Fahrzeuge von Daimler wie auch Kosmetik-
produkte von Beiersdorf werden in Deutschland gefertigt und ins Ausland exportiert.
• Lizenzierung
Durch eine Lizenzierung wird einem anderen Unternehmen gegen Entgelt das Recht
eingeräumt, bestimmte Produkte für einen ausländischen Markt zu produzieren und zu
vermarkten.
• Kontraktproduktion
Bei der Kontraktproduktion wird dem ausländischen Partner das produktionstechnische
Know-how geliefert, um Produkte nach genauer Anweisung zu produzieren. Hiermit ist
meist eine Abnahmegarantie verbunden. So kann das Unternehmen den Qualitäts-
standard und die Mengen steuern, ohne selbst im Ausland Produktionskapazitäten
aufzubauen.
Diese Strategie der Kontraktproduktion setzt Apple ein, um seine Produkte durch
Foxconn in China produzieren zu lassen. Auch die Unternehmen Adidas und Nike wie
auch H&M, KiK und Zara lassen in ihrem Namen Drittunternehmen die eigenen Pro-
dukte in Niedriglohnländern fertigen.
• Franchising
Eine weit verbreitete Strategie zur internationalen Expansion ist das Franchising (vgl.
Abschn. 5.3.2.2).

Die genannten Vorgehensweisen sind Beispiele für strategische Allianzen. Hier arbei-
ten die Partner auf einer vertraglichen Basis längerfristig zusammen, ohne dass es zu einer
Kapitalverflechtung zwischen diesen kommt.
Die Umsetzung der nachfolgend genannten strategischen Konzepte geht mit deutlich
höheren Investitionen im Gastland einher. Diese werden als Direktinvestition (auch
Foreign Direct Investment) bezeichnet. Dies kann auch beim Franchising der Fall sei,
wenn im Gastland bspw. eine eigene Franchise-Zentrale zur Steuerung der Franchise-
partner aufgebaut wird.

• Joint Venture
Beim Joint Venture bauen zwei oder mehrere Unternehmen gemeinsam ein neues
Unternehmen auf, ohne ihre Selbstständigkeit aufzugeben. Teilweise erwarten Gast-
länder (wie bspw. China und Indien), dass ausländische Unternehmen mit ein-
heimischen Unternehmen Gemeinschaftsunternehmen gründen. Hierdurch möchte das
Gastland u. a. Einfluss auf die Unternehmensaktivitäten nehmen und gleichzeitig einen
Know-how-­Transfer fördern. Ein Joint Venture kann sich auf reine Vertriebsaufgaben
konzentrieren. Meistens werden Joint Ventures allerdings zur gemeinsamen Aufnahme
von Produktionsaktivitäten gegründet.
246 4 Marketing-Strategie

Der Markteintritt von Volkswagen in den chinesischen Markt erfolgte im Jahr 1984
durch die Gründung eines Joint Ventures mit dem Namen SAIC Volkswagen. Diese
Joint Venture ist die Grundlage für den jahrzehntelangen Erfolg von Volkswagen in
China (vgl. Volkswagen, 2021).
• Produktionsniederlassung
Eine eigene Produktionsniederlassung geht mit einem hohen Kapital- und Management-­
Transfer ins Gastland einher. Hier bindet sich das Unternehmen langfristig an das
Gastland.
Tesla hat in Brandenburg in den Jahren 2020/2021 eine Giga-Factory aufgebaut, um
dort jährlich 500.000 E-Fahrzeuge zu produzieren.
• Tochtergesellschaft
Der Aufbau einer Tochtergesellschaft stellt eine weitere Form dar, um sich langfristig
in einem Zielland zu engagieren. Eine Tochtergesellschaft ist eine von einer Mutter-
gesellschaft abhängige Kapitalgesellschaft. Meist sind diese als GmbH oder AG ge-
bildet. Das Kapital der Tochtergesellschaft ist meist zu 100 % im Besitz der herrschen-
den Gesellschaft.

Zur Beschleunigung des Expansionsprozesses können u. U. bereits im Gastland tätige


Produktionseinheiten oder ganze Unternehmen erworben werden. Man spricht hier von
Akquisitionen. Durch diese kann oft ein leichterer, vor allem auch ein schnellerer Markt-
zugang erzielt werden. Beim Zusammenschluss von zwei oder mehr Unternehmen handelt
es sich um Merger. Dieser Begriff ist abgeleitet von „to merge“ für „fusionieren“ bzw.
„zusammenführen“. Bei einem Merger verschmelzen die vorher eigenständigen Unter-
nehmen zu einem neuen Unternehmen. Über Akquisitionen und Merger wird häufig unter
dem Begriff M&A berichtet.
Unternehmen setzen im Zeitablauf häufig mehrere der beschriebenen Strategien ein,
um die sich entwickelnden Märkte immer umfassender zu bedienen (vgl. vertiefend zu
den unterschiedlichen Strategien im internationalen Marketing Glowik, 2020; Green &
Keegan, 2020; Hollensen, 2020; Swoboda et al., 2021).
Ist ein Unternehmen in mehreren internationalen Märkten gleichzeitig tätig, stellt sich
die Frage: Wie sollen neue Produkte und Dienstleistungen in diesen Märkten eingeführt
werden? Eine Möglichkeit ist die Einführung nach dem Wasserfall-Konzept (vgl.
Abb. 4.18). Hier wird ein Land nach dem anderen erschlossen. Ein solches Vorgehen ist
ressourcenschonend. Allerdings bietet es Wettbewerbern die Möglichkeit, die noch nicht
erschlossenen Märkte mit eigenen Angeboten zu besetzen.
Viele US-Unternehmen  – auch die GAFA-Unternehmen  – führen Innovationen zu-
nächst auf dem großen Heimatmarkt ein. Weitere Märkte werden erst in der Folgezeit er-
schlossen. Während das bei Produktionsunternehmen oft noch Jahre sind, vergehen zwi-
schen der Einführung einer digitalen Leistung in andere Länder oft nur wenige Monate.
Auch viele chinesische Unternehmen erschließen erst den gigantischen Heimatmarkt, be-
vor andere Länder nach und nach erobert werden.
4.2 Kategorien von strategischen Konzepten im Marketing 247

Eintritt

Deutschland

Österreich

Frankreich

Spanien

Italien

Groß-
britannien
1 2 3 4 5 6 7 8
Jahre

Abb. 4.18  Wasserfall-Strategie zur internationalen Produkteinführung

Abb. 4.19 Sprinkler-­
Strategie zur
internationalen Deutschland USA Japan
Produkteinführung
Österreich Kanada Südkorea

Frankreich China Indonesien

Spanien Taiwan Kanada

Italien Indien

Groß-
britannien Argentinien

1 2
Jahre

Procter & Gamble führte die Einwegwindel Pampers in den USA bereits 1961 ein. In
Deutschland erfolgte die Markteinführung erst 1973 – zwölf Jahre später! Ein solches Vor-
gehen ist heute nur noch schwer vorstellbar.
Heute sind international tätige Unternehmen angesichts der globalen Wettbewerbs-
intensität zunehmend gezwungen, eine zeitlich parallelisierte Produkteinführung vorzu-
nehmen. Dieses Vorgehen wird als Sprinkler-Strategie bezeichnet (vgl. Abb. 4.19). Eine
solche Vorgehensweise ist dann geboten, wenn Innovationen von Wettbewerbern leicht
kopiert werden können – legal oder illegal.
Bei der Sprinkler-Strategie sind die Anforderungen an die notwendigen Produktions-
kapazitäten sowie an den internationalen Vertrieb viel höher. Hier muss gewährleistet wer-
248 4 Marketing-Strategie

den, dass die strategisch relevanten Märkte innerhalb eines kleinen Zeitfensters bedient
werden. Auch die Konsequenzen eines Misserfolges sind um ein Vielfaches höher. Schließ-
lich besteht aufgrund der engen zeitlichen Taktung des Vorgehens keine Möglichkeiten,
aus den Erfahrungen der Markteinführung in einem Land Ableitungen für die weitere
Expansion vorzunehmen. Die Sprinkler-Strategie wurde in den letzten Jahren in immer
mehr Branchen eingesetzt, weil über neue Produkte und Dienstleistungen häufig weltweit
berichtet wird und dadurch ein entsprechender Bedarf geschaffen wird. Wenn ein Unter-
nehmen diesen nicht selbst bedient, können Wettbewerber in diese Lücken hineinstoßen.

cc Denkanstoß  Achten Sie in den nächsten Monaten einmal darauf, wie neue Smart-
phones, Tablets, Fahrzeuge, Filme, Spielkonsolen etc. eingeführt werden. Häufig
wird versucht, innerhalb von wenigen Wochen den Weltmarkt mit Produkten zu
versorgen.

Ein Unternehmen muss beim Einsatz der kundenorientierten Marketing-Strategien


in folgenden Bereichen Entscheidungen treffen:

• Marktfeldstrategie
• Marktstimulierungsstrategie
• Marktsegmentierungsstrategie
• Marktarealstrategie

Die hier erfolgten Festlegungen bilden den strategischen Rahmen für die Marketing-­
Aktivitäten. Diese wird anschließend im Zuge der operativen Planung auf der Ebene des
Marketing-Diamanten konkretisiert. Dafür werden Maßnahmen für das Tagesgeschäft
abgeleitet. Gleichzeitig strahlen die im Zuge der strategischen Marketing-Planung erfolg-
ten Festlegungen auf weitere Unternehmensbereiche aus, bspw. auf den Einkauf, die Pro-
duktion, das Personal-Management etc.
Ein zentraler Aspekt der Strategieentwicklung sei hier herausgestellt. Wie im „richtigen
Leben“ beinhalten auch strategische Entscheidungen sogenannte Trade-offs (vgl. Porter,
1996, S. 63). Darunter ist wörtlich ein Ausgleich, eine Abwägung oder ein Kompromiss zu
verstehen. Diese Trade-offs haben Konsequenzen:

• Die Entscheidung, in Brasilien eine Produktionsniederlassung zu errichten, führt dazu,


dass die Ressourcen für die Erschließung des indischen Marktes nicht mehr ausreichen.
• Die Konzentration auf das Premium-Segment durch Hermès führt dazu, dass der
volumenstarke Markt der Mitte nicht durch eigene Angebote abgedeckt wird.
• Das Eingehen eines Joint Ventures zur Markterschließung führt dazu, dass ein Unter-
nehmen nicht mehr allein entscheiden kann.

cc Merk-Box  Die „Entscheidung für etwas“ geht folglich häufig auch mit einer
„Entscheidung gegen etwas“ einher. Die jeweils langfristige „richtige“ Ab-
wägung und damit auch das Treffen „harter Entscheidungen“ stellt den Kern der
strategischen Planung dar
4.3  Business Model Canvas zur Strategieentwicklung 249

„Strategy is making trade-offs in competing. The essence of strategy is choo-


sing what not to do.“ (Porter, 1996, S. 70)

4.3 Business Model Canvas zur Strategieentwicklung

Bei der Strategieentwicklung wird häufig das Business Model Canvas eingesetzt (vgl.
Osterwalder & Pigneur, 2011). Dieses Modell kann zur Dokumentation und Weiter-
entwicklung bestehender Geschäftsmodelle eingesetzt werden. Auch die Entwicklung
neuer Geschäftsmodelle und Marketing-Konzepte wird durch dieses Konzept unter-
stützt. Der Begriff Canvas steht für Leinwand bzw. Arbeitsfläche und unterstreicht einen
wichtigen Aspekt dieser Tools: die Visualisierung. Komplexe strategische Frage-
stellungen, die bei jeder Diskussion von Geschäftsmodellen auftauchen, werden visuali-
siert und hierdurch einfacher diskutierbar.
Das in Abb.  4.20 abgebildete Konzept kann im Strategieprozess auf ein Whiteboard
übertragen werden. In einem Gruppenprozess können gemeinsam die Inhalte dieser visu-
ellen Landkarte erarbeitet werden. Diese Landkarte zeigt die neun Elemente, die im
Zuge der Strategieentwicklung mit Inhalt zu füllen sind. Diese Elemente werden auch
Bausteine oder Building Blocks genannt.

cc Merk-Box  Das Business Model Canvas ist ein strukturierter Kreativprozess, mit
dem Geschäftsstrategien im Team erarbeitet werden können. 

Die einzelnen Bausteine des Business Model Canvas in Abb. 4.20 sind wie folgt zu
verstehen (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021c):

Wichtige Schlüssel- Leistungs- Kunden- Kunden-


Partner aktivitäten versprechen beziehungen segmente

Schlüssel- Vertriebskanäle
ressourcen

Kostenstrukturen Erlösstrukturen

Abb. 4.20  Konzept des Business Model Canvas


250 4 Marketing-Strategie

• Wichtige Partner
Unternehmen schaffen Beziehungen zwischen Lieferanten und weiteren Dienstleistern,
um die eigenen Prozesse zu optimieren und/oder um Risiken des Geschäftsmodells zu
reduzieren. Hierzu gehören auch das Eingehen von strategischen Allianzen sowie die
Gründung von Joint Ventures – auch mit strategischen Wettbewerbern. Hier stellt sich
die Frage, mit welchen (strategischen) Partnern ein Unternehmen (in Zukunft) zu-
sammenarbeiten möchte.
Die Kernfragen lauten hier:
–– Welches sind unsere wichtigsten Partner?
–– Welche Schlüsselressourcen beziehen wir von diesen?
–– Welche Schlüsselaktivitäten üben Partner aus?
–– Was sind die Beweggründe für die Partnerschaften?
• Schlüsselaktivitäten
Bei dem Baustein Schlüsselaktivitäten wird ermittelt, welches die wichtigsten Aktivi-
täten entlang der unternehmerischen Wettschöpfungskette sind, um Wettbewerbsvor-
teile zu erzielen. Eine Wertkettenanalyse kann hierfür wichtige Impulse liefern (vgl.
Kreutzer, 2018, S. 136–142).
Die Kernfragen lauten hier:
–– Welche Sch lüsselaktivitäten erfordern uns ere Wertangebote und Dis-
tributionskanäle?
–– Welche Schlüsselaktivitäten erfordern unsere Kundenbeziehungen und Ein-
nahmequellen?
–– Welche Aktivitäten sind am wichtigsten in Vertriebskanälen, Kundenbeziehungen,
Einnahmequellen …?
• Schlüsselressourcen
Zu den unternehmerischen Schlüsselressourcen gehört alles, was im Kern zur Schaf-
fung von Wert für die Kunden notwendig ist. Die relevanten Ressourcen umfassen
bspw. Mitarbeiter, finanzielle Mittel, Patente, Produktionsanlagen, Technologien. Hier
wird untersucht, welches die wichtigsten Ressourcen zur Erstellung, Anreicherung
und/oder Weiterentwicklung des eigenen Geschäftsmodells sind.
Die Kernfragen lauten hier:
–– Welche Schlüsselressourcen erfordern unsere Wertangebote und Distributionskanäle?
–– Welche Ressourcen erfordern unsere Kundenbeziehungen und Einnahmequellen?
–– Welche dieser Ressourcen sind am wichtigsten für Produktion, Vertriebskanäle,
Kundenbeziehungen, Einnahmequellen …?
• Leistungsversprechen
Als Leistungsversprechen (auch Value Proposition) werden die Produkte und Dienst-
leistungen bezeichnet, die das Angebotsportfolio des Unternehmens ausmachen. Wich-
tig ist, dass sich die hier zu definierende Value Proposition etwa hinsichtlich Neuig-
keitsgrad, Performance, Kundenorientierung, Preis-Qualität-Relation und Convenience
idealerweise deutlich von den Wettbewerberangeboten unterscheidet. Hier stellt sich
die zentrale Frage, welche (weiteren) Erwartungen die Kunden an einen Anbieter haben
oder wodurch für Kunden ein zusätzlicher Mehrwert geschaffen werden könnte.
4.3  Business Model Canvas zur Strategieentwicklung 251

Die Kernfragen lauten hier:


–– Welchen Wert vermitteln wir unseren Kunden?
–– Was ist der Kern unseres Leistungsversprechens?
–– Welche Produkt- und Dienstleistungspakete bieten wir jedem Kundensegment an?
–– Welche Kundenbedürfnisse befriedigen wir?
• Kundensegmente
Jedes Unternehmen muss präzise definieren, auf welche Kundensegmente sich das An-
gebot ausrichten soll. Eine saubere Markt- und Kundensegmentierung ist hier eine
wichtige Erfolgsvoraussetzung. Hierfür sollten Persona-Konzepte eingesetzt werden
(vgl. Abschn. 4.2.2.3).
Die Kernfragen lauten hier:
–– Für wen schöpfen wir Wert?
–– Wer sind unsere wichtigsten Kunden?
• Kundenbeziehungen
Das Überleben und damit der Erfolg eines jeden Unternehmens hängen in ent-
scheidendem Maße von der Fähigkeit ab, langanhaltende und profitable Kundenbe-
ziehungen aufzubauen. Hier kommt der Ermittlung des Kundenwertes eine zentrale
Bedeutung zu (vgl. Abschn. 4.2.2.3).
Die Kernfragen lauten hier:
–– Welche Art von Beziehungen erwartet jedes Kundensegment?
–– Welche Intensität von Kundenbeziehungen konnten wir aufbauen?
–– Wie sind diese Kundenbeziehungen in unser Geschäftsmodell integriert?
• Vertriebskanäle
Unternehmen können eine Value Proposition gegenüber ihren Kunden über ver-
schiedene Kanäle kommunizieren. Auch können unterschiedliche Distributionswege
für die Bereitstellung der unternehmerischen Leistungen eingesetzt werden. Hier ist zu
entscheiden, durch welche Vertriebskanäle dies am besten gelingen kann (etwa online
und/oder offline) – idealerweise verbunden mit zusätzlichem Mehrwert für die Kunden.
Die Kernfragen lauten hier:
–– Über welche Kanäle wollen unsere Kundensegmente angesprochen werden?
–– Wie erreichen unsere Angebote die verschiedenen Kundensegmente?
–– Welche Kanäle funktionieren am besten bzw. sind am kosteneffizientesten?
–– Wie sind unsere Kanäle in das Geschäftsmodell und untereinander integriert?
–– Wie lassen sich unsere Kanäle am besten in die Abläufe unserer Kunden integrieren?
• Kostenstrukturen
In der Kostenstruktur eines Unternehmens schlagen sich alle bereits beschriebenen
Faktoren nieder. Die Kostenstruktur hat auch einen deutlichen Einfluss darauf, welche
Strategien ein Unternehmen am Markt einsetzen kann.
Die Kernfragen lauten hier:
–– Welches sind die wichtigsten mit unserem Modell verbundenen Kosten?
–– Welche Schlüsselaktivitäten und Schlüsselressourcen sind am teuersten?
252 4 Marketing-Strategie

• Erlösstrukturen
In den Erlösstrukturen dokumentiert sich der Erfolg oder Misserfolg des Geschäfts-
modells und damit des Unternehmens insgesamt. Hier ist bspw. kontinuierlich zu prü-
fen, welche Gewinne und Verluste mit welchen Kundensegmenten und Angeboten er-
zielt werden können.
Die Kernfragen lauten hier:
–– Welche Gewinne bzw. Verluste werden mit welchen Kundensegmenten erzielt?
–– Welche Gewinne bzw. Verluste werden mit welchen Angeboten erzielt?
–– Für welche Werte sind unsere Kunden bereit zu bezahlen?
–– Wie viel trägt jede Einnahmequelle zu unseren Gesamteinnahmen bei?
–– Welche Treiber fördern den Erlösfluss?
–– Welche Bereiche (Aktivitäten, Prozesse, Strukturen etc.) behindern den Erlösfluss?

Das Business Model Canvas stellt ein einfaches und hoch wirksames Tool dar, mit
dem das bestehende Geschäftsmodell sowie der Marketing-Ansatz analysieren werden
können. Unter Einsatz des Business Model Canvas können auch systematisch neue Ideen
für den Strategieprozess sowie für neue Geschäftsmodelle gewonnen werden.

cc Merk-Box  Das Business Model Canvas erlaubt es, das eigene Geschäfts-
modell in der Tiefe zu verstehen. Auf diesem Verständnis aufbauend erfolgt die
Weiterentwicklung des bestehenden Geschäftsmodells. Gleichzeitig kann
das Konzept zur E ­ ntwicklung neuer Geschäftsmodelle sowie zur Analyse
der Geschäftsmodelle von Wettbewerbern (etwa von Start-ups) eingesetzt
werden. 

Was es zu behalten gilt

• Strategien definieren die langfristige Ausrichtung eines Unternehmens.


• Strategien werden auf den Ebenen des Gesamtunternehmens sowie der unter-
nehmerischen Teilbereiche erarbeitet.
• Porter unterscheidet bei seiner Wettbewerbsstrategie zwischen Kostenführer-
schaft und Differenzierung.
• Der Erfahrungskurve kommt bei der Kostenführerschaft eine zentrale Stellung zu.
• Outpacing-Ansätze führen Kostenführerschaft und Differenzierung in einem
strategischen Ansatz zusammen.
• Beim Konzept der kundenorientierten Strategien wird zwischen vier Handlungs-
feldern unterschieden, die parallel zu bearbeiten sind: Marktfeld-, Marktstimulie-
rungs-, Marktsegmentierungs- und Marktarealstrategie.
• Bei der Marktfeldstrategie wird festgelegt, mit welchen Produkten ein Unter-
nehmen in welchen Märkten aktiv sein möchte.
• Die Marktstimulierungsstrategie definiert, wodurch die Kunden zum Kauf moti-
viert werden sollen.
4.3  Business Model Canvas zur Strategieentwicklung 253

• Im Zuge der Marktsegmentierung wird definiert, welche Teile des Marktes be-
dient werden sollen.
• Dem Kundenbeziehungslebenszyklus kommt eine zentrale Bedeutung bei der
Gewinnung und der Bindung von Kunden zu.
• Im Zuge der Marktarealstrategie legt das Unternehmen seinen räumlichen
Aktionsradius fest.
• Im Rahmen der strategischen Planungen müssen Trade-offs akzeptiert werden.
• Das Business Model Canvas wird zur Weiterentwicklung bestehender Geschäfts-
modelle eingesetzt.
• Mit dem Business Model Canvas wird auch die Entwicklung neuer strategischer
Konzepte unterstützt.

Fragen zur Überprüfung Ihres Wissensstandes

1 . Wie lässt sich „Strategie“ kennzeichnen?


2. Wodurch unterscheiden sich operative und strategische Planung? Wie sind diese
miteinander verbunden?
3. Recherchieren Sie Beispiele für Unternehmensstrategien einerseits und Bereichs-
strategien andererseits. Arbeiten Sie die Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei
Ihren Beispielen deutlich heraus.
4. Kennzeichnen Sie das Konzept der wettbewerbsorientierten Strategien nach Por-
ter. Nennen Sie die zentralen Überlegungen, die diesem Ansatz zugrunde liegen.
5. Was versteht man unter „komparativen Wettbewerbsvorteilen“ und welche Be-
deutung kommt ihnen im Ansatz von Porter zu?
6. Was versteht man unter der Plattform-Strategie? Welche Ziele werden mit ihr ver-
folgt und wodurch werden sie erreicht?
7. Beschreiben Sie die Grundzüge der kundenorientierten Strategien nach Becker.
Welche Entscheidungsfelder sind zu unterscheiden und wie sind diese mit-
einander verwoben?
8. Erläutern Sie die Produkt-Markt-Matrix von Ansoff. Bei welchen strategischen
Entscheidungen kann diese Matrix genutzt werden?
9. Führen Sie eine Internet-Recherche zu Beiersdorf und L’Oréal durch und ana-
lysieren Sie deren strategische Expansion anhand der Produkt-Markt-Matrix.
10. Welche Entscheidungsfelder sind bei der Marktstimulierungsstrategie zu unter-
scheiden? Welche Aspekte sind zu berücksichtigen?
11. Analysieren Sie das Produktprogramm von Tesla und Volkswagen hinsichtlich der
eingesetzten Marktstimulierungsstrategie und vergleichen Sie diese Ergebnisse
mit einer Analyse der Angebotspalette von Rolls-Royce.
12. Untersuchen Sie die aktuellen Entwicklungen im Markt der Fluggesellschaften
hinsichtlich des Einsatzes der verschiedenen Marktstimulierungsstrategien. Wel-
che Strategien sind momentan besonders erfolgreich und warum?
254 4 Marketing-Strategie

13. Was versteht man unter der Outpacing-Strategie? Wann kann deren Einsatz sinn-
voll sein?
14. Kennzeichnen Sie die Strategie der Marktsegmentierung. Welche Ziele werden
damit verfolgt?
15. Was bedeutet „taxonomische Marktsegmentierung“ und wodurch unterscheidet
sie sich von der „managementorientierten Marktsegmentierung“?
16. Welche Kriterien können zur Bildung von Marktsegmenten herangezogen wer-
den? Welchen Anforderungen müssen diese Kriterien Rechnung tragen?
17. Analysieren Sie das Produktprogramm der Konzerne BMW und Toyota und arbei-
ten Sie heraus, welche Segmente durch welche Marken- bzw. Produktangebote
angesprochen werden sollen.
18. Analysieren Sie die Strategie der Hotelgruppe Accor im Hinblick auf die An-
sprache unterschiedlicher Marktsegmente.
19. Waruim hat die Marktsegmentierung für Unternehmen eine große Bedeutung?
20. Anhand welcher Kriterien kann im B2C- bzw. im B2B-Markt segmentiert werden?
21. Was versteht man unter mikrogeografischer Marktsegmentierung und in welchen
Bereichen kann sie zum Einsatz kommen?
22. Was bedeutet Targeting und welche unterschiedlichen Formen gibt es?
23. Was verbirgt sich hinter den Begriffen More Sell, Cross-Sell und Up-Sell?
24. Skizzieren Sie für ein Versicherungsunternehmen, für ein Autohaus und für einen
Online-­Shop Strategien, die auf More Sell, Up-Sell und Cross-Sell abzielen. Was
ist zu berücksichtigen?
25. Was ist der Unterschied zwischen der akquisitions- und der transaktions-
orientierten Segmentierung?
26. Was versteht man unter Kundenbeziehungslebenszyklus? In welche Phasen glie-
dert sich dieser und welche Maßnahmen sind in den einzelnen Phasen besonders
wichtig?
27. Welche Entscheidungsfelder sind im Rahmen der Marktarealstrategie zu dis-
kutieren?
28. Wodurch lassen sich die Sprinkler- und die Wasserfall-Strategie voneinander ab-
grenzen? Welche Vor- und Nachteile sind mit deren Einsatz verbunden?
29. Was versteht man unter „Trade-offs“? Welche Bedeutung kommt ihnen in der
strategischen Planung zu?
30. Für welche Fragestellungen wird das Business Model Canvas eingesetzt?
31. Welches sind die zentralen Bausteine des Business Model Canvas?
32. Analysieren Sie das Geschäftsmodell eines Ihnen vertrauten Unternehmens an-
hand des Business Model Canvas.

Literatur

Accor. (2021). Accor brands. https://group.accor.com/en/brands. Zugegriffen am 23.04.2021.


Aldi Süd. (2021). Wie viele Produkte gibt es bei Aldi Süd? https://www.aldi-­sued.de/de/faq/
frage.000008070.html. Zugegriffen am 20.04.2021.
Literatur 255

Ansoff, H. I. (1966). Management-Strategie. mi.


Becker, J. (2019). Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen
Marketing-­Managements (11. Aufl.). Vahlen.
Blind, J., & Stumpfrock, R. (2021). Rechtliche Rahmenbedingungen des Kundendialogs. In
R. T. Kreutzer (Hrsg.), Kundendialog online und offline (S. 387–410). Springer Gabler.
Diess, H. (27.03.2021). Eine Perle wie Porsche gibt man nicht aus der Hand. Frankfurter Allgemeine
Zeitung, S. 26.
Gilbert, X., & Strebel, P. J. (1987). Strategies to outpace the competition. Journal of Business Stra-
tegy, 8(1), 28–36.
Glowik, M. (2020). Market entry strategies: Internationalization theories, concepts and cases. De
Gruyter.
Green, M. C., & Keegan, W. J. (2020). Global marketing (10. Aufl.). Pearson.
Haribo. (2021). 100 Jahre Haribo. Von der Hinterhof-Waschküche zum Weltmarktführer. https://
www.haribo.com/de-­de/ueber-­uns/geschichte. Zugegriffen am 23.04.2021.
Hollensen, S. (2020). Global marketing (8. Aufl.). Pearson.
Kreutzer, R. T. (2018). Toolbox für Marketing und Management. Kreativkonzepte – Analysewerk-
zeuge – Prognoseinstrumente. Springer Gabler.
Kreutzer, R. T. (2021a). Kundendialog online und offline, Das große 1x1 der Kundenakquisition,
Kundenbindung und Kundenrückgewinnung. Springer Gabler.
Kreutzer, R. T. (2021b). Praxisorientiertes Online-Marketing. Konzepte – Instrumente – Checklisten
(4. Aufl.). Springer Gabler.
Kreutzer, R. T. (2021c). Toolbox für Digital Business. Springer Gabler.
o. V. (2018). Apple und Samsung müssen in Italien Millionenstrafen zahlen. https://www.spiegel.de/
wirtschaft/unternehmen/apple-­u nd-­s amsung-­m uessen-­i n-­i talien-­m illionenstrafen-­w egen-­
obsoleszenz-­zahlen-­a-­1234943.html. Zugegriffen am 12.05.2021.
Osterwalder, A., & Pigneur, Y. (2011). Business Model Generation: Ein Handbuch für Visionäre,
Spielveränderer und Herausforderer. Campus.
Porter, M. E. (November–December 1996). What is strategy? Harvard Business Review, S. 61–78.
Porter, M. E. (1999). Wettbewerbsstrategie. Campus.
Porter, M. E. (2004). Wettbewerbsvorteile. Campus.
Pruitt, J., & Adlin, T. (2006). The persona lifecycle – Keeping people in mind throughout product
design. Elsevier.
Skytrax. (2021). Certified ratings. https://skytraxratings.com/search/easyjet/?stars=5. Zugegriffen
am 23.04.2021.
Stauss, B. (2000). Perspektivwandel: Vom Produkt-Lebenszyklus zum Kundenbeziehungs-­
Lebenszyklus. Thexis, 17(2), 15–18.
Stellantis. (2021). Group. https://www.stellantis.com/en. Zugegriffen am 09.06.2021.
Strauss, R. E. (2021). European marketing agenda 2021. https://www.marketingverband.de/mediacenter/
studien/european-marketing-agenda-2021. Zugegriffen am 26.04.2021.
Swoboda, B., Schramm-Klein, H., & Halaszovich, T. (2021). Internationales Marketing
(4. Aufl.). Vahlen.
Tzu, S. (2017). Die Kunst des Krieges. Knaur.
Volkswagen. (2021). Volkswagen Group China. https://www.volkswagen-­newsroom.com/de/
volkswagen-­group-­china-­5897. Zugegriffen am 27.04.2021.
Marketing-Instrumente
5

„Der beste Weg, die Zukunft vorzubereiten, ist es, sie zu erfinden.“
Alan Kay, Professor für Informatik

Orientiert an der Marketing-Pyramide in Abb.  1.6 erfolgt nach der Festlegung der
„Wunschorte“ („Ziele“) und der „Festlegung der Route zu den Wunschorten“ („Stra-
tegien“) nun die „Wahl der Beförderungsmittel“ i. S. der Marketing-Instrumente (vgl.
Becker, 2019, S. 4 f.). Damit sind im Kern die fünf Marketing-Instrumente des Marketing-­
Diamanten gemeint. Diese werden in ihren grundlegenden Entscheidungsfeldern nach-
folgend praxisorientiert aufbereitet.

5.1 Produkt- und Programmpolitik

„Good design uses only what is necessary to be the best.“

Gordon Bruce

Elektronisches Zusatzmaterial Die elektronische Version dieses Kapitels enthält Zusatzmaterial,


das berechtigten Benutzern zur Verfügung steht. https://doi.org/10.1007/978-­3-­658-­35307-­0_5.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2022 257
R. T. Kreutzer, Praxisorientiertes Marketing,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-35307-0_5
258 5 Marketing-Instrumente

Lernziele
Fähigkeit,

• die Relevanz des Produktlebenszyklus für das Marketing zu erkennen


• unterschiedliche Ausgestaltungsmöglichkeiten von Produkten und Dienst-
leistungen zu beherrschen
• Methoden und Konzepte zur Gewinnung und Bewertung von Innovationen
einzusetzen
• Scoring-Modelle eigenständig zu erarbeiten
• verschiedene Markenstrategien kritisch zu bewerten
• Methoden zur Analyse des Produktprogramms anzuwenden

5.1.1 Entscheidungsfelder der Produkt- und Programmpolitik

Die Ziele der Produkt- und Programmpolitik leiten sich aus den generellen Unternehmens-
zielen sowie den Marketing-Zielen und -Strategien ab. Die Produkt- und Programmpolitik
steht hier in einer Zweck-Mittel-Relation zu diesen Zielen und Strategien. Das bedeutet,
die Produkt- und Programmpolitik soll zur Erreichung der Marketing- und Unternehmens-
ziele sowie zur Umsetzung der diskutierten Marketing-Strategien beitragen. Auch wenn
hier von „Produktpolitik“ gesprochen wird, sind in vielen Fällen nicht nur physische Pro-
dukte, sondern auch Dienstleistungen bzw. Services als Angebot des Unternehmens
gemeint.
Den Prozess der Ausgestaltung der Produkt- und Programmpolitik, zeigt Abb. 5.1
dargestellt (vgl. auch Homburg, 2020, S. 599–719; Aumayr, 2019; Meffert et al., 2019,
S.  393–485; Pepels, 2016). Hier zeigt sich, wie die Ausgestaltung der Produkt- und
Programmpolitik aus den vorgelagerten Zielen abzuleiten ist.
Tests, die vor der Einführung (bspw. eines Produktes) durchgeführt werden, heißen
Pretests („pre“ engl. für „vor“). Bei erfolgreichen Tests bzw. nach einer Weiterentwicklung
der Angebote aufgrund der Testergebnisse erfolgt die Produkteinführung auf dem definier-
ten Markt. Auch nach diesem Schritt sind die Ergebnisse der produkt- und programm-
politischen Entscheidungen regelmäßig (bspw. quartalsweise oder jährlich) hinsichtlich
der Zielerreichung zu überprüfen. Dann kann bei Bedarf frühzeitig gegengesteuert wer-
den. Hierdurch wird der in Abb.  7.3 gezeigte Regelkreis mit Informationen versorgt.
Durch diesen Closed-Loop-Ansatz werden die Ergebnisse der eingesetzten Maßnahmen
kontinuierlich überprüft. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse fließen laufend in die
Weiterentwicklung ein.
Im Mittelpunkt der Produkt- und Programmpolitik steht die Kernleistung des Unter-
nehmens. Dies sind entweder Konsum- bzw. Industriegüter oder Dienstleistungen.
5.1 Produkt- und Programmpolitik 259

8QWHUQHKPHQV0DUNHWLQJ=LHOH

3URGXNW XQG
SURJUDPPSROLWLVFKH=LHOH

)HVWOHJXQJGHU3URGXNW XQG
3URJUDPPSROLWLN

$XVJHVWDOWXQJ

.RQWUROOHGHU:LUNXQJHQ 3UHWHVW

'XUFKIKUXQJ

.RQWUROOH

Abb. 5.1  Prozess zur Ausgestaltung der Produkt- und Programmpolitik

Wenn im Folgenden von Produkt gesprochen wird, gelten diese Ausführungen i. d. R. ana-
log für Dienstleistungen.
Die Ausgestaltung dieses Marketing-Instrumentes wird inhaltlich stark geprägt durch
die Festlegungen der Marktfeld- und Marktstimulierungsstrategien. Aber auch Ent-
scheidungen der Marktsegmentierung sowie der Marktarealstrategie wirken sich unmittel-
bar auf die Produkt- und Programmpolitik aus. Die Entscheidungsfelder der Produkt-
und Programmpolitik sind zu bearbeiten:

• Leistungsumfang des einzelnen Produktes/der Dienstleistung (inkl. Qualität,


Funktionalität, Design)
• Programmgestaltung (i. S. von Breite, Tiefe und Genre des Angebotes)
• Verpackungsgestaltung des Produktes
• Markierung der Leistung

cc Merk-Box  Es ist immer von Produkt- und Programmpolitik zu sprechen, weil es


bei diesem Marketing-Instrument nicht allein um das Produkt oder die Dienst-
leistung geht. Hier stellt sich auch die Frage nach dem Angebotsprogramm –
oder im Handel nach dem Sortiment.

Die beschriebenen Entscheidungsfelder der Produkt- und Programmpolitik sind


nicht nur einmalig, bspw. zum Zeitpunkt der Einführung einer Leistung am Markt, zu be-
antworten (statische Perspektive). Sie sind hinsichtlich ihrer jeweiligen Ausprägungen
260 5 Marketing-Instrumente

während der gesamten Vermarktungsphase der Angebote kritisch zu hinterfragen und ggf.
weiterzuentwickeln (dynamische Perspektive). Hierbei geht es u. a. um die folgenden
Fragestellungen:

• Entwicklung und Einführung neuer Angebote


• Pflege bereits eingeführter Leistungen
• Modifikationen der am Markt platzierten Angebote
• Elimination von Angeboten bzw. Angebotsbereichen

Hinsichtlich der Programmpolitik geht es zunächst um die Frage, wie breit und wie
tief das Angebotsprogramm eines Unternehmens sein sollte. Diese Frage stellt sich für ein
Produktions- oder Dienstleistungsunternehmen gleichermaßen. Die Programmbreite
wird definiert durch die Anzahl der unterschiedlichen Produktlinien/-kategorien, die
ein Unternehmen parallel im Angebot hat. Eine Produktlinie ist eine Gruppe von Produk-
ten, die aufgrund von bestimmten Kriterien in einer engen Beziehung zueinander stehen.
Der analoge Begriff im Handel lautet hierfür Warengruppe.
Die Programmbreite wird hier am Beispiel von Miele verdeutlicht. Das Unternehmen
unterscheidet in seinem Angebot die folgenden Produktlinien (vgl. Miele, 2021):

• Backen und Dampfgaren (9)


• Kochfelder (7)
• Dunstabzugshauben (4)
• Ranges Cooker (Herde nach US-Vorbild; hier finden auch ganze Truthähne Platz) (2)
• Kaffeevollautomaten (3)
• Kältegeräte und Weinschränke (4)
• Geschirrspüler (3)
• Waschmaschinen, Staubsauger, Trockner und Bügelgeräte (5)
• Miele Reinigungsprodukte (5)
• Zubehör und Haushaltsvernetzung (11)

Die Programmtiefe beschreibt die Anzahl der unterschiedlichen Produkte bzw.


Produktvarianten innerhalb einer Produktlinie. Diese sind am Beispiel Miele durch die
Angaben in Klammern ausgewiesen. Diese zeigen an, wie viele Varianten innerhalb einer
Produktlinie unterschieden werden.
Die Begriffe Programmbreite und Programmtiefe können auch zur Beschreibung des
Angebots im Handel genutzt werden. Hier wird allerdings vom Sortiment gesprochen.
Anhand der Sortimentsbreite und -tiefe können bspw. die unterschiedlichen Geschäfts-
ansätze eines Lebensmittel-Discounters im Vergleich zu einem Supermarkt bzw. einem
Warenhaus herausgearbeitet werden.

• Das Sortiment des Discounters ist mit ca. 1500 bis 1700 Produkten im Stammsorti-
ment sowohl schmal als auch flach angelegt.
5.1 Produkt- und Programmpolitik 261

• Ein Supermarkt bietet heute ca. 12.000 bis 25.000 Produkte an.
• Ein Warenhaus (Motto: „Alles unter einem Dach“) ist dagegen mit ca. 100.000 bsi
200.000 Artikeln branchenübergreifend breit ausgelegt und bietet in den einzelnen
Sortimentslinien auch noch eine große Tiefe (bspw. durch die Vielzahl der unterschied-
lichen Lebensmittel- oder Textilangebote; vgl. Abschn. 5.3.2.2).

Ein weiteres Merkmal zur Beschreibung des Produktprogramms oder Sortiments stellt
das Genre. Mit diesem Begriff wird hier die Wertigkeit beschrieben, welche von einem
Unternehmen angestrebt wird. So sind die Produkte von Miele im Premium-Segment an-
gesiedelt. Die Wettbewerber Beko und Gorenje präsentieren dagegen primär preisattraktive
Angebote. Auch im Einzelhandel werden die entsprechenden Unterschiede deutlich.
Hierzu muss man nur das Bekleidungssortiment von Peek & Cloppenburg mit dem der
Textildiscounter KiK und Takko vergleichen.

cc Merk-Box  Bei der Definition des angestrebten Genres ist eine unmittelbare
Verbindung zur bereits diskutierten Marktstimulierungsstrategie und damit zur
Positionierung des Angebotes gegeben.

Im Zeitablauf ändern Anbieter ihre Programmbreite und -tiefe. Viele Unternehmen


starten als Ein-Produkt-Unternehmen mit einem einzigen Angebot (so bspw. Volkswagen
nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem VW Käfer). Im Zeitablauf wurde hier nicht nur die
Produktpalette systematisch vertieft und verbreitert. Es wurden im Rahmen einer Diversi-
fikationsstrategie auch ganz andere ­Angebotsfelder besetzt. Hierzu zählen bspw. der Volks-
wagen Versicherungsdienst und Volkswagen Financial Services.
Das Beispiel Volkswagen verdeutlicht hier sehr überzeugend das Konzept der produkt-
begleitenden Dienstleistungen. Warum soll Volkswagen die Versicherung, die Finanzie-
rung bzw. das Leasinggeschäft Drittunternehmen überlassen? Hier liegt es doch sehr nahe,
im Autohaus zum Fahrzeug auch gleich Versicherungspolicen und Finanzierungs-/
Leasing-­Angebote zu präsentieren. Für die Kunden bietet das ein One-Stop-Shopping –
und für Unternehmen erhöht es den Kundenwert (Stichwort Cross-Sell!). Inzwischen
haben sich die Angebote der Volkswagen Financial Services zunehmend vom Autogeschäft
emanzipiert. Neben den Angeboten „rund ums Auto“ präsentiert sich das Unternehmen
auch als Direktbank mit Giro-Konten, Kreditkarten, Vermögensverwaltung etc.
Produktbegleitende Dienstleistungen werden auch von MediaMarkt angeboten. Wer
sich hier für den HP DeskJet 2720 AIO Thermal Inkjet Multifunktionsdrucker WLAN für
67,99 € interessiert, bekommt online zusätzlich die folgenden Dienstleistungen angeboten
(vgl. MediaMarkt, 2021):

• PlusGarantie bis max. 3 Jahre (Mindestlaufzeit: 12 Monate) + 1,99 € monatlich


• PlusGarantie für 3 Jahre (Einmalzahlung) + 14,90 € einmalig
• Startklar Zuhause Standard: Drucker/Scanner einrichten und erklären lassen + 79 €
262 5 Marketing-Instrumente

• Startklar Zuhause Wifi Booster: Optimierung der WLAN- und Internetperformance


+ 99,00 €
• Startklar Zuhause Komfort: Drucker/Scanner einrichten und erklären lassen + 99 €
• Startklar Zuhause Premium: Drucker/Scanner einrichten und erklären lassen + 159 €

Hier wird schön sichtbar, wie der Wert eines einzigen Kaufs durch produktbegleitende
Dienstleistungen massiv erhöht werden kann.
Andere Unternehmen haben nicht nur ihr Angebot, sondern ihr gesamtes Geschäfts-
modell kontinuierlich erweitert. Amazon hat sich vom reinen Online-Buchversender zu
einem „Fast-alles-Versender“ sowie zu einem leistungsstarken Anbieter bei Cloud-Ser-
vices entwickelt (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021c). Google hat – ausgehend von der Such-
maschine – viele weitere Aktionsbereiche erobert – von YouTube bis zur Entwicklung von
Technologien für selbstfahrende Fahrzeuge (Marke Waymo). Amazon und Alphabet/Goo-
gle haben durch ihre konsequente Entwicklung inzwischen einen Börsenwert von über
einer Billion US-$ erreicht (1.000.000.000.000 US-$).

cc Merk-Box  Produktbegleitende Dienstleistungen stellen einen spannenden


Treiber zur Erhöhung des Kundenwerts dar.

5.1.2 Erweiterter Produktlebenszyklus als Orientierungsrahmen

5.1.2.1 Konzept des Produktlebenszyklus


Im Folgenden wird der erweiterte Produktlebenszyklus nach Fritz et al. (2019, S. 192)
zugrunde gelegt (vgl. Abb.  5.2). Dieser umfasst die gesamte wirtschaftlich relevante

(QWVWHKXQJVSKDVH 0DUNWSUlVHQ]SKDVH (QWVRUJXQJVSKDVH


8PVDW] 0DUNWHLQIKUXQJ 2SWLRQDO3URGXNW 3URGXNW
*HZLQQ9HUOXVW 1HXSURGXNW 6lWWLJXQJ PRGLILNDWLRQ HOLPLQDWLRQ
5HLIH
5HODXQFK
:DVVHUIDOO 5FNJDQJ
.RQ]HSW :DFKVWXP

RGHU
5HF\FOLQJ
0HWKRGHQGHV
DJLOHQ %HVHLWLJXQJ
0DQDJHPHQWV (LQIKUXQJ

3URGXNW
OHEHQV]HLW

3URGXNWLQQRYDWLRQV 3URGXNWOHEHQV]\NOXVLP 2SWLRQDO 3URGXNW


SUR]HVV HQJHUHQ6LQQH 1HX]\NOXV HQWVRUJXQJ

Abb. 5.2  Konzept des erweiterten Produktlebenszyklus


5.1 Produkt- und Programmpolitik 263

Entwicklungs- und Lebensdauer eines Produktes. Hier werden drei Hauptphasen


­unterschieden:

• Entstehungsphase: Produktinnovationsprozess
• Marktpräsenzphase: Produktlebenszyklus im engeren Sinne
• Entsorgungsphase: Produktentsorgung

Obwohl bei diesen Begrifflichkeiten ausschließlich vom „Produkt“-Lebenszyklus ge-


sprochen wird, haben die genannten Prozessstufen für Dienstleistungen die gleiche Rele-
vanz. Außerdem kann sich der Lebenszyklus auf weitere Objekte beziehen. Folgende For-
men des Lebenszyklus sind zu unterscheiden:

• Der Lebenszyklus beschreibt tatsächlich das „Leben“ des Produktes eines bestimmten
Herstellers. Dies ist der Produktlebenszyklus im eigentlichen Sinne. Hier ist etwa an
den Volkwagen Käfer zu denken. Dieser Lebenszyklus begann 1938 und wurde 2003
beendet, weil der luftgekühlte Motor die strengeren Umweltanforderungen nicht mehr
erfüllen konnte. Insgesamt wurden über 21 Mio. VW Käfer produziert. Die Hautcreme
Nivea wurde 1911 von Beiersdorf präsentiert – und hat auch nach über 100 Jahren noch
eine große Zukunft vor sich …
• Auch bei Dienstleistungen kann ein Lebenszyklus für eine ganz bestimmte Marke
identifiziert werden. Hier ist an die Entwicklung des Online-Marktplatzes für Unter-
künfte – konkret Airbnb – zu denken. Dieses Unternehmen wurde 2008 in San Fran-
cisco gegründet und befindet sich momentan in der Wachstumsphase.
• Auch eine Produktgattung kann einen Lebenszyklus haben. Hier ist an den Lebens-
zyklus von Desktop-Computern, Smartphones, Tablet-Computern oder Smart Watches
zu denken. Desktops befinden sich heute in der Reifephase. Smartphones, Tablet-­
Computer und Smart Watches befinden sich dagegen noch in der Wachstumsphase.
• Auch die Entwicklung einer Dienstleistungsgattung kann durch den Lebenszyklus
beschrieben werden. Hier ist etwa an Streaming-Dienste oder Addressable TV zu den-
ken. Streaming befindet sich bereits in einer starken Wachstumsphase. Addressable TV
steckt dagegen noch in der Einführungsphase fest. Videotheken und Schallplatten-­
Läden sind dagegen fast vom Markt verschwunden.
• Analog kann auch der Lebenszyklus von Unternehmen analysiert werden. Auch diese
werden zu einem bestimmten Zeitpunkt „geboren“ und – nach mehr oder weniger lan-
ger Zeit – auch „beerdigt“. Hier ist an Unternehmen wie Air Berlin, Brockhaus, Grun-
dig, Kettler, Neckermann, Praktika, Schlecker, Thomas Cook und Quelle zu denken.
Dagegen sind die Unternehmen Siemens (gegründet 1847 in Berlin) und General Elec-
tric (gegründet 1892 in New York) noch immer am Markt tätig.
• Der Lebenszyklus von Branchen kann ebenfalls analysiert werden. In einer dynami-
schen Wachstumsphase befindet sich der Online-Handel. In einem Abstiegskampf be-
findet sich dagegen der stationäre Einzelhandel. Auch die Zeitungs- und Zeitschriften-­
Verlage haben ihre Reifephase schon überschritten. Der Automobil-Handel befindet
264 5 Marketing-Instrumente

sich ebenfalls in der Reifephase. Die Sharing-Economy und das fehlende Interesse der
jüngeren Generation, ein eigenes Auto zu besitzen, tragen neben allgemeinen Umwelt-
aspekten zum langsamen Niedergang dieser Branche bei.
• Ein Lebenszyklus kann auch bei Ländern und Regionen festgestellt werden. Während
China an weltweiter politischer und wirtschaftlicher Macht gewinnt, verlieren die USA
und Europa relativ an Bedeutung.

Mit Hilfe des Lebenszyklus-Konzepts kann eine Analyse des Status quo erfolgen.
Auf dieser Grundlage können Prognosen erstellt werden, um die erwartbaren Ent-
wicklungen zu beschreiben: bei einzelnen Produkten/Dienstleistungen, für Produkt-/
Dienstleistungsgattungen, einzelne Unternehmen, Branchen und Länder bzw. Regionen.

cc Merk-Box  Der Lebenszyklus ist kein Naturgesetz!


Unternehmen können durch ihre Aktivitäten dafür sorgen, dass die Reifephase
nicht oder nicht so schnell erreicht wird. Auch einem Rückgang der Nachfrage
können sich Marken, Gattungen, Unternehmen, Branchen, Länder und
Regionen entgegenstellen.
Nur Abwarten ist keine Strategie!

5.1.2.2 Entstehungsphase: Produktinnovationsprozess


Ein Erkennungsmerkmal gesättigter Märkte ist ein starker Wettbewerb. Dieser zeichnet
sich u. a. durch einen hohen Werbedruck, aggressive Preisstrategien und vor allem durch
einen Innovationswettlauf zwischen den anbietenden Unternehmen aus. Hohe Umsatz-
und Gewinnanteile der Unternehmen entfallen hier auf Angebote, die erst in den letzten
drei bis fünf Jahren eingeführt wurden.
Dieser Innovationswettlauf führt dazu, dass neue Angebote eines Unternehmens nach
kurzer Zeit durch Innovationen eines Wettbewerbers entwertet werden. Dadurch verkürzt
sich die Marktphase dieses Angebotes. Dies ist der Produktlebenszyklus im engeren
Sinne (vgl. Abb. 5.2). Gleichzeitig steigen vielfach die Kosten für den Innovationsprozess
selbst. Solche Entwicklungen sind bspw. auf dem Markt der Smartphones und Tablet-PCs
zu beobachten. Teilweise werden alle drei bis sechs Monate neue Produktvarianten auf
den Markt gebracht. Digitale Leistungen (etwa Apps, E-Commerce-Plattformen etc.) las-
sen sich häufig schon mit wenig Geld und viel Kreativität entwickeln. Allerdings erfordert
die Wachstumsphase auch hier hohe Investitionen.
Was ist eigentlich der Kern der Innovation? Der Begriff Innovation steht für „Ein-
führung von etwas Neuem“. Er steht auch für die „Erneuerung von Bestehendem“. Es
lassen sich verschiedene Formen von Innovationen unterscheiden:

• Innovationen können sich auf Produkte und Dienstleistungen beziehen. Hier wird von
Produkt- bzw. von Dienstleistungsinnovation bzw. allgemein von Angebots-
innovation gesprochen.
5.1 Produkt- und Programmpolitik 265

• Innovation findet auch bei Prozessen statt. Hier ist an die Prozesse der Forschung, der
Beschaffung, der Produktion, der Vermarktung sowie der Logistik zu denken. Diese
werden als Prozessinnovation bezeichnet.
• Innovationen können sich auch auf das Geschäftsmodell beziehen. Dann wird von
Geschäftsmodell-­Innovationen gesprochen. Die Konzepte von Amazon (Online-­
Verkauf von Büchern) Facebook, Google (Suchmaschine) und Netflix (Streaming) sind
Beispiele von Geschäftsmodell-Innovationen (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021c).

Bei Innovation ist zu unterscheiden, für wen bzw. in welchem Umfeld ein Angebot als
Innovation zu bezeichnen ist. Ist ein Angebot für den Markt neu, so wird von Marktneu-
heit gesprochen. Stellt es nur für einen Anbieter eine Innovation dar, so ist dies eine Be-
triebsneuheit. Im Zusammenführen dieser beiden Achsen ergibt sich eine Matrix, die von
der einfachen Angebotsmodifikation bis zur Weltneuheit reicht (vgl. Abb. 5.3). Die vor-
genommene Klassifizierung stellt ein Denkmodell dar, bei dem zwischen den einzelnen
Gruppen fließende Übergänge bestehen können.
Eine Weltneuheit stellte bspw. das erste iPhone als innovative Kombination aus Tele-
fonie, Kamera sowie Audio-, Bild- und Videoinhalten mit einer sehr einfachen Benutzer-
führung dar. Es wurde gleichsam zum Smart Service Terminal bzw. zum digitalen Schwei-
zer Taschenmesser: eine Vielfalt von Möglichkeiten, handlich verpackt  – und immer
dabei! Der Airbus A 380 als erstes komplett doppelstöckiges Passagierflugzeug stellt bei
der Markteinführung 2007 ebenfalls eine Weltneuheit dar. Allerdings ging sein Produktions-
zyklus im Jahr 2021 zu Ende. Geflogen wird das Flugzeug von einigen Fluggesellschaften
aber weiterhin.

.ODVVLIL]LHUXQJYRQ,QQRYDWLRQHQ

%HWULHEVQHXKHLW (LQJHVFKUlQNWH
8QWHUQHKPHQVWHLJWPLW 0DUNWQHXKHLW :HOWQHXKHLW
+RFK
1HXDUWLJNHLWVJUDGIUGHQ$QELHWHU

HLJHQHP$QJHERWLQHLQHQ 8QWHUQHKPHQVWHLJWPLWIU ,QQRYDWLRQIU0DUNWXQG


VFKRQH[LVWHQWHQ0DUNW GHQ0DUNWSDUWLHOOQHXHP $QELHWHUJOHLFKHUPD‰HQ
HLQ $QJHERWHLQ

5HODWLYH (LQJHVFKUlQNWH
$QJHERWVHQWZLFNOXQJ
$QJHERWVHQWZLFNOXQJ %HWULHEVQHXKHLW
VFKRQDP0DUNW
8QWHUQHKPHQVHW]W 8QWHUQHKPHQIKUWZHL
YRUKDQGHQHV$QJHERWZLUG
PDUNWEHNDQQWH(QW WHUHQWZLFNHOWHV$QJHERWDXI
ZHLWHUHQWZLFNHOW
ZLFNOXQJHEHQIDOOVXP QHXHP0DUNWHLQ

5HODWLYH
$QJHERWVPRGLILNDWLRQ 5HODWLYH0DUNWQHXKHLW
$QJHERWVPRGLILNDWLRQ
VFKRQDP0DUNW (LQIKUXQJHLQHVVFKRQ
8QWHUQHKPHQIKUW
1LHGULJ

YRUKDQGHQHV$QJHERWZLUG YRUKDQGHQHQ3URGXNWHVDXI
EHNDQQWH0RGLILNDWLRQLQ
DEJHZDQGHOW HLQHPQHXHQ0DUNW
DQGHUHQ0lUNWHQHLQ

1LHGULJ1HXDUWLJNHLWVJUDGLP0DUNW+RFK

Abb. 5.3  Klassifizierung von Innovationen


266 5 Marketing-Instrumente

Wenn Samsung die bereits im Markt eingeführte Technologie des Touch-Screens für
seine eigenen Produkte erstmalig einsetzt, ist dies eine Betriebsneuheit. Deren erstmalige
Einführung in einem bestimmten Markt wird als relative Marktneuheit bezeichnet. Im
Grenzbereich zwischen Angebotsmodifikation und -entwicklung liegt bspw. die Steige-
rung der Leistungsfähigkeit von Smartphones hinsichtlich Speicherkapazität und Bildauf-
lösung der Kamera. Eine reine Angebotsmodifikation ist die Herstellung schon vor-
handener Tablet-PCs in unterschiedlichen Größen und Farben, soweit deren Funktionalität
sich nicht entscheidend verändert.
Es ist nachvollziehbar, dass die Entwicklung einer Weltneuheit für ein Unternehmen
mit weitaus größeren Risiken verbunden ist als bspw. die Modifikation eines schon vor-
handenen Produktes. Dies gilt zunächst für physische Produkte. Heute werden viele An-
gebote „digital“ entwickelt. Hierzu zählen die Geschäftsmodell-Innovationen der
Plattform-­Konzepte von Airbnb und Uber. Um diese zur Marktreife zu führen, sind deut-
lich weniger Investitionen erforderlich. Schließlich besitzen diese Unternehmen weder
eigene Unterkünfte (so bei Airbnb) noch eigene Fahrzeuge (bei Uber). Für die Entwicklung
benötigt man primär engagierte Mitarbeiter, gute Algorithmen, hohe Rechenleistungen
und Internet-­Zugänge. Allerdings sind für die Verankerung im Markt zusätzlich hohe
Marketing-­ Investitionen zur Kundengewinnung erforderlich. Außerdem betreten Ge-
schäftsmodell-Innovationen auch rechtliches Neuland, was Rechtsstreitigkeiten mit
sich bringt.

cc Merk-Box  Innovationen auf allen Ebenen sind der Lebensnerv wettbewerbs-


orientierter Märkte.

Wodurch werden Innovationen ausgelöst? Es existieren verschiedene Faktoren zum


Anstoß von Innovationsprozessen, die dem Produktlebenszyklus im engeren Sinne
vorangehen (vgl. Abb. 5.2). Teilweise können diese Prozesse durch neue Ideen, Erkennt-
nisse und/oder Technologien angestoßen werden. Diese Faktoren finden sich inner- und
außerhalb von Unternehmen. Einen Überblick über derartige „Trigger“ (i. S. des Auslöse-
faktors), liefert Abb. 5.4. Diese Trigger können gleichzeitig auch die Quellen von Neu-
produktideen selbst darstellen.
Die in Abb.  5.4 gezeigten Auslösefaktoren können im Unternehmen teilweise den er-
forderlichen „Leidens-“ und damit auch „Handlungsdruck“ für den Einstieg in einen
Innovationsprozess erzeugen. Die Anstöße aus der eigenen Kundschaft sind häufig be-
sonders wertvoll. Teilweise organisieren sich Kunden selbstständig in Online-Communitys
und vermitteln Kreativimpulse. Weiterführende Ansätze binden Kunden nicht nur in die Eva-
luation von Produkten, sondern in deren Entwicklung ein (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021b).
Wenn im Folgenden vom Produktinnovationsprozess gesprochen wird, so fokussiert
sich dieser in hohem Maße auf Betriebsneuheiten. Hierbei können – je nach Kreativkraft
und Risikobereitschaft des Unternehmens – auch echte Weltneuheiten entstehen. Hinsicht-
lich der Erarbeitung von Innovationen können Unternehmen nicht nur zwischen „Make or
Buy“, sondern zwischen „Make“, „Buy“ und „Copy“ unterscheiden.
5.1 Produkt- und Programmpolitik 267

,QWHUQHU$QVWR‰ ([WHUQHU$QVWR‰

 *HZLQQ8PVDW]HLQEUXFK EHL 3URGXNWHQ  1HXH:HWWEHZHUEVDQJHERWH


'LHQVWOHLVWXQJHQ
 9HUlQGHUWH0RGHWUHQGV
 $EZDQGHUXQJ YRQ .XQGHQ
 1HXH7HFKQRORJLHQ
 hEHUDOWHUXQJGHUHLJHQHQ$QJHERWH
 'HPRJUDILVFKH 9HUlQGHUXQJHQ
 ,GHHQ(UNHQQWQLVVH GHU) ($EWHLOXQJGHV
0DUNHWLQJVGHU3URGXNWLRQGHV9HUWULHEV  .XQGHQUHNODPDWLRQHQXQGDQUHJXQJHQ
EVSZLQ%ORJVXQG2QOLQH&RPPXQLW\V
 8QWHUQHKPHQVLQWHUQHU,GHHQ:HWWEHZHUE
 )RUVFKXQJVHUJHEQLVVH
 1HXHVWUDWHJLVFKH$XVULFKWXQJGHV
8QWHUQHKPHQV KLQVLFKWOLFK0DUNWIHOG  )|UGHUPLWWHOIU,QQRYDWLRQHQ EVSZ.,
0DUNWVWLPXOLHUXQJ0DUNWVHJPHQWLHUXQJXQG
0DUNWDUHDO  bQGHUXQJUHFKWOLFKHU5DKPHQEHGLQJXQJHQ
EVSZGXUFK9HUERWH%HVWHXHUXQJ

Abb. 5.4  Ausgewählte Trigger und Quellen des Innovationsprozesses

• Bei der Make-Option nimmt ein Unternehmen die Verantwortung für die Entwicklung
von Innovationen selbst in die Hand, um eine Innovationsführerschaft zu erreichen.
Hierfür hat Alphabet, der Mutterkonzern von Google, eine eigene Forschungs-
abteilung mit dem Namen X aufgebaut. Viele weitere Unternehmen (wie BASF, Bayer,
Daimler, Henkel, Procter & Gamble, Siemens, Volkswagen) verfügen ebenfalls über
eigene Forschungsabteilungen.
• Bei der Buy-Option erwirbt ein Unternehmen Lizenzen, um Erfindungen anderer
Unternehmen für sich selbst zu nutzen. Alternativ kann der Innovationsprozess an ex-
terne F&E-Institutionen wie Design-Büros oder Forschungseinrichtungen delegiert
werden. Sind die notwendigen finanziellen Mittel vorhanden, können das Know-how,
Prozesse, Anlagen etc. auch akquiriert werden.
Die letztgenannte Strategie wurde bspw. von Alphabet/Google, Amazon, Facebook
und Axel Springer gewählt, um ihre strategische Weiterentwicklung voranzutreiben
(vgl. vertiefend Kreutzer, 2021c).
• Bei der Copy-Option analysiert ein Unternehmen kritisch die Entwicklungen in den
interessanten Märkten. Hier sind besonders erfolgversprechende Innovationen zu er-
mitteln. Wenn solche identifiziert wurden, wird als Innovationsfolger versucht, das
Erfolgsmodell intelligent zu übernehmen oder weiterzuentwickeln. Vielleicht kann es
auch gelingen, den Markt als Nachzügler durch hohen Werbedruck „zu kaufen“.
Im Markt der Unterhaltungselektronik wurde von Apple weder der MP3-Player
noch das Handy erfunden. Dennoch konnte Apple als Innovationsfolger aufgrund der
eigenen hohen Marken- und Designkompetenz mit iPod und iPhone den Markt sehr
erfolgreich „aufmischen“ und einen neuen Standard setzen. Das von Apple entwickelte
Produkt iPad wurde von anderen Unternehmen (u. a. Samsung) kreativ aufgenommen
und in eigene Angebote überführt.
Im Pharmamarkt hat sich mit den Generika-Herstellern eine ganze Gruppe von
Unternehmen darauf spezialisiert, auf eigene Forschung zu verzichten. Diese Generika-­
268 5 Marketing-Instrumente

Hersteller bauen „einfach“ die Medikamente nach, deren Patentschutz abgelaufen ist.
Durch preisaggressive Angebote haben diese Unternehmen (u. a. ratiopharm, Stada,
Hexal) einen beträchtlichen Marktanteil erobert.

cc Merk-Box  Es ist nicht notwendigerweise eine Frage des Budgets, ob ein Unter-
nehmen eigene Innovationen vorantreibt, Dritte in den Entwicklungsprozess
einbindet oder kreativ kopiert. Das jeweilige Vorgehen wird durch die strategi-
sche Ausrichtung des Unternehmens definiert.

Der bereits angesprochene Innovationsdruck führt dazu, dass ca. 70 bis 90 % der Inno-
vationen scheitern. Mit der Flopquote wird der Anteil der nicht erfolgreichen Angebots-
einführungen bezeichnet.


Anzahl der nicht erfolgreichen Angebotseinfuhrungen
Flopquote = ∗100

Gesamtzahl der Angebotseinfuhrungen

Je niedriger dieser Wert ist, desto erfolgreicher waren die Innovationsaktivitäten.
Ursachen für erfolglose Markteinführungen können in einer fehlenden Kunden-
orientierung liegen. Diese kann aus Kundensicht ein nicht ausreichender Innovations-
grad oder ein Overpromising sein. Beim Overpromising wird mehr versprochen als ge-
halten. Ein nicht stimmiges Preis-Leistungs-Verhältnis – in den Augen der Kunden – führt
ebenfalls zum Scheitern. Ein Engpass kann auch darin bestehen, dass Handelspartner die
Innovation nicht gelistet haben; sprich: Sie haben das Produkt nicht ins Sortiment
übernommen.
Aufgrund des hohen Risikos, mit Innovationen zu scheitern, bedarf es eines quali-
fizierten Innovationsmanagements. Die Notwendigkeit besteht vor allem bei Unter-
nehmen, deren Überleben von erfolgreichen Innovationen abhängig ist. Auch beim Ein-
satz größerer Budgets für den F&E-Bereich ist ein professionelles Management
unverzichtbar. Ein gutes Prozess-Management ist auch erforderlich, wenn die Zeitspanne
bis zur Markteinführung zeitkritisch ist und/oder lange Forschungszeiträume not-
wendig sind.
Die genannten Faktoren treffen bspw. auf die Pkw-, die Maschinenbau-, die Chip- und
die Flugzeugindustrie zu. Beträchtliche Größenordnungen bzgl. Länge und Kosten von
Entwicklungsprozessen werden auch in der pharmazeutischen Industrie erreicht. Häufig
dauert die Entwicklung eines Medikaments mit einem neuen Wirkstoff mehr als zehn
Jahre und kostet viele Mio. €. Bei digitalen Innovationen betragen Zeitdauer und Kosten
meist nur einen Bruchteil davon. Hier kommt eher das Phänomen „Unternehmen vom
Fließband“ zum Tragen, weil neue Geschäftsmodelle in kürzester Zeit entwickelt und
auch wieder verworfen werden können (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021c; Schallmo, 2018).
In vielen Unternehmen wird bei Innovationsprozessen das seit Jahrzehnten bewährte
Wasserfall-Konzept eingesetzt (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021c). Dieses ist in Abb. 5.5
idealtypisch zu sehen. Beim Wasserfall-Konzept werden zum Start des Projektes die
5.1 Produkt- und Programmpolitik 269

.XQGHQ
WƌŽũĞŬƚƉůĂŶƵŶŐ
%HWHLOLJXQJ

ŶĨŽƌĚĞƌƵŶŐĞŶ ,QSXWYRQ
GHQ.XQGHQ
9HULIL]LHUXQJ
ŶĂůLJƐĞ
3IOLFKWHQKHIW
9HULIL]LHUXQJ
ĞƐŝŐŶ
/DVWHQKHIW
9HULIL]LHUXQJ
/ŵƉůĞŵĞŶƚŝĞƌƵŶŐ
6RIWZDUH
$UFKLWHNWXU
dĞƐƚ 7HVWGXUFK
6RIWZDUH
GLH.XQGHQ
ĞƚƌŝĞď

Abb. 5.5 Wasserfall-Konzept

Kundenanforderungen eingeholt. Diese werden meist technisch definiert. Anschließend


­erfolgen die Erstellung von Pflichten- und Lastenheft, die Entwicklung der Software-­
Architektur und die Programmierung der Software selbst. Ein analoges Vorgehen wird
auch für Projekte außerhalb des IT-Sektors verwendet.
Die in Abb. 5.5 beschriebenen Schritte laufen häufig ohne weitere Kundenbeteiligung
ab. Gleichzeitig erliegt man bei diesem Vorgehen der Illusion, dass am Anfang eines Pro-
zesses schon definiert werden kann, wie die Lösung nach sechs, zwölf oder 24 Monaten
aussehen sollte. Hier wird gehandelt, als ob in dieser Zeit keine neuen Anforderungen der
Kunden und auch keine neuen technologischen Möglichkeiten oder rechtliche Be-
schränkungen aufkommen könnten, die es wert wären, berücksichtigt zu werden.
Beim Wasserfall-Konzept kommt der Kunde meist erst wieder nach Abschluss der Pro-
grammierung ins Spiel. Das ist häufig viel zu spät, um eine vor sechs, zwölf oder 24 Mo-
naten falsch vorgenommene Weichenstellung zu korrigieren. Deshalb gilt es hier – aber
auch in vielen weiteren Unternehmensbereichen –, über Prozesse nachzudenken, denen
das Mindset des agilen Managements zugrunde liegt.
Das Mindset des agilen Managements ist in Abb. 5.6 zu sehen. Dreh- und Angelpunkt
ist eine konsequente Kundenorientierung  – in allen Unternehmensbereichen. Bei
Innovationsprozessen wird ein inkrementelles Vorgehen gewählt. Innovationen werden
Schritt für Schritt vorangetrieben – und immer wieder im Markt getestet. Prozessschritte
werden in einem iterativen Vorgehen so lange wiederholt, bis die gewünschten Ergeb-
nisse erzielt werden. Das wichtigste Ergebnis ist ein Bestehen in den Augen der Kunden.
Alle Prozesse sind – orientiert am Time-to-Value-Ansatz – auf Schnelligkeit getrimmt.
Der Time-to-Value-Ansatz ist gleichsam ein Inbegriff der Kundenorientierung.
Was hat es mit „Time-to-Value“ auf sich und wie unterscheidet sich dieses Vorgehen
vom Time-to-Market-Ansatz? In vielen Unternehmen dominiert heute noch die Ti-
270 5 Marketing-Instrumente

Abb. 5.6  Mindset des agilen .RQVHTXHQWH ,QNUHPHQWHOOHV


Managements .XQGHQRULHQWLHUXQJ 9RUJHKHQ

$JLOHV
0DQDJHPHQW
,WHUDWLYHV
6FKQHOOLJNHLW
9RUJHKHQ

:HUWIUGHQ
.XQGHQ

/DXQFK

5LVLNR 5LVLNR

(QWZLFNOXQJ 0DUNWWHVWVHWF

=HLW

7LPHWR0DUNHW

Abb. 5.7 Time-to-Market

me-to-Market-Perspektive. Die Time-to-Market wird in Tagen, Wochen, Monaten und/


oder Jahren bemessen und kennzeichnet die Vorlaufzeit, die zwischen einer Produkt-/
Dienstleistungs-Idee bzw. einer Geschäftsmodell-Innovation und deren Einführung am
Markt liegt. In diese Zeit fallen die Phasen der Entwicklung sowie ggf. durchgeführte
Markttests.
Da in dieser Zeitspanne noch kein produktiver Einsatz und damit keine „Bewährungs-
probe“ im wirklichen Einsatz erfolgt, sind hiermit große Risiken einer Fehlentwicklung
verbunden. Gleichzeitig fallen Kosten für Prototypenbau, Kommunikation, Markt-
forschung etc. an. Ein Umsatz wird dagegen in der Regel noch nicht erwirtschaftet. Ein
Wert für den Kunden wird durch die Innovation auch erst nach Abschluss der Entwi-
cklungs- und Testphase und folglich nach dem Launch des Produktes bzw. der
Dienstleistungs-­Innovation erzielt (vgl. Abb. 5.7).
Allerdings ist jedes Unternehmen aufgerufen, Produkt- bzw. Dienstleistungs-­
Innovationen möglichst schnell auf dem Markt zu platzieren, um Wettbewerbsangeboten
zuvorzukommen. Außerdem kann es dann gelingen, die häufig vorhandene höhere
­Zahlungsbereitschaft der sogenannten Innovatoren und Early Adopter abzuschöpfen
(vgl. zum Diffusionsprozess bei neuen Produkten Abschn. 5.1.2.3).
Bei vielen europäischen und insb. bei deutschen Unternehmen wird häufig noch eine zu
lange Time-to-Market festgestellt. Das bedeutet, dass viel Zeit vergeht, bevor ein markt-
reifes Produkt oder eine Dienstleistungs-Innovation vorliegt. Eine verspätete Marktein-
führung rächt sich besonders bei Produkten und Services mit sehr kurzem Lebenszyklus.
5.1 Produkt- und Programmpolitik 271

Dies gilt vor allem dann, wenn viel Zeit in die Entwicklung investiert werden muss. Je
schneller ein Angebot durch ein überarbeitetes ersetzt wird, desto erfolgloser werden die
Unternehmen sein, die ihre Entwicklungsprozesse nicht auf Schnelligkeit ausge­
richtet haben.

cc Merk-Box  Eine Orientierung an der Time-to-Market wird den heutigen An-


forderungen an Schnelligkeit von Innovationsprozessen immer weniger
gerecht.

Um Schnelligkeit zu erreichen, sollte sich jedes Unternehmen stärker auf die Ti-
me-to-Value konzentrieren (vgl. Abb. 5.8). Die Time-to-Value wird ebenfalls in Tagen,
Wochen, Monaten und/oder Jahren bemessen und kennzeichnet die Vorlaufzeit, die zwi-
schen einer Produkt-/Dienstleistungs-Idee oder einer Geschäftsmodell-Innovation und
deren erster Nutzenstiftung für Kunden liegt. Hier wird folglich nicht gewartet, bis ein
perfektes Produkt bzw. eine perfekte Dienstleistungs-Innovation vorliegt, um diese in den
Markt einzuführen. Eine Innovation wird bereits dann am Markt präsentiert, wenn sie für
die Nutzer ersten relevanten Wert stiften kann. So lautet die Herausforderung heute: Fokus
auf die Time-to-Value!
Bei der Umsetzung des Time-to-Value-Ansatzes erfolgt quasi ein Pre-Launch. Diesen
kennzeichnet eine sehr frühe Einführung in den Markt mit einem ersten funktionsfähigen
Produkt bzw. einer leistungsfähigen Dienstleistung. Ein solcher Pre-Launch ermöglicht
dem Unternehmen im Vergleich zum Time-to-Market-Ansatz, dass eine Nutzenstiftung
für den Kunden viel früher erreicht werden kann. Gleichzeitig lernen das Unternehmen
in der Zusammenarbeit mit echten Kunden, wo Optimierungsnotwendigkeiten bestehen
und welche weiteren Features mit besonderer Dringlichkeit zu entwickeln sind.
Diese kontinuierliche Weiterentwicklung geht mit einer frühen Schaffung von Wert
für den Kunden einher. Der Launch des „finalen“ Produktes bzw. der „finalisierten“

:HUWIUGHQ
.XQGHQ

/DXQFK
3UH
/DXQFK
5LVLNR

(QWZLFNOXQJ

=HLW

7LPHWR9DOXH

Abb. 5.8 Time-to-Value
272 5 Marketing-Instrumente

Dienstleistung erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt. Oft bietet sich ein fließender Über-
gang von der Pre-Launch-Phase in die Launch-Phase an  – einhergehend mit einer
kontinuierlichen Wertstiftung für den Nutzer (vgl. Abb. 5.8).
Durch die Fokussierung auf die Time-to-Value können mehrere Ziele erreicht werden:

• Zum einen kann ein Unternehmen früher den Markt mit eigenen Angeboten durch-
dringen, um damit den Markteintritt von Wettbewerbern zumindest zu erschweren.
• Zum zweiten können einen Feinschliff von Produkt oder Dienstleistung im echten
Marktumfeld vorgenommen und Fehlentwicklungen zu einem frühen Zeitpunkt er-
kannt und gestoppt werden.
• Zum dritten können ggf. schon erste Erträge durch das Angebot einer 70- oder 80-%-Lö-
sung erzielt werden. Damit können Kosten, die im Innovationsprozess für Markt-
forschung, Prototypenbau, Kommunikation etc. anfallen, zumindest schon partiell ab-
gedeckt werden.

cc Merk-Box  Um Missverständnissen vorzubeugen: Wir wollen unseren Kunden


durch Time-to-Value keine fehlerbehafteten Produkte oder Dienstleistungen
anbieten, sondern Lösungen, die für Kunden bereits Nutzen stiften!

Der Time-to-Value-­Ansatz propagiert damit nicht das Bananenprinzip, bei dem gilt:
Das Produkt reift (erst) beim Kunden! Beim Bananenprinzip werden Kunden vom Her-
steller unfertige Produkte oder unausgereifte Dienstleistungen präsentiert, ohne darauf
konkret hinzuweisen. Hierbei werden die unfertigen Leistungen erst nach und nach – ba-
sierend auf dem Feedback der Nutzer  – nachgebessert. Ein Frust der Kunden ist vor-
programmiert – aber keine Schaffung von Kundennutzen!
Durch eine Time-to-Value-Fokussierung kann es viel besser gelingen, auf Zeit ba-
sierende Wettbewerbsnachteile konsequent zu erarbeiten.
Um Innovationsprozesse erfolgreich zu gestalten und auf „Time-to-Value“ zu fokussie-
ren, setzen Unternehmen verstärkt Instrumente des agilen Managements ein. Wie ein
solches Zusammenwirken aussehen kann, zeigt Abb. 5.9 (vgl. Gartner, 2016). Das Kon-
zept des Design Thinkings wird eingesetzt, um das Kundenproblem zu verstehen und
erste Lösungsideen zu entwickeln. Hierdurch wird eine umfassende Kundenorientierung
sichergestellt (vgl. vertiefend zum Design Thinking Lewrick et al., 2020; Kerguenne et al.,
2017; Kreutzer, 2018, S. 190–196).
Die hier gefundenen Ideen werden durch den Lean-Start-up-Ansatz in den Phasen
Build – Measure – Learn in iterativen Schleifen weiterentwickelt und im Hinblick auf ihre
Akzeptanz im Markt geprüft. Die konkrete Erarbeitung eines Produktes oder einer Dienst-
leistung erfolgt anschließend durch das Scrum-Konzept. Dieses Vorgehen erfolgt eben-
falls iterativ und inkrementell – Schritt für Schritt, bis ein überzeugendes Angebot vorliegt
(vgl. vertiefend zum Lean-Start-up-Ansatz und zu Scrum Ries, 2017; Poguntke, 2019;
Preußig, 2018; Kreutzer, 2018, S. 207–235).
5.1 Produkt- und Programmpolitik 273

6SULQW
SODQQLQJ
$EVWUDFW

3URGXFW
,GHDWH 6SULQW
EDFNORJ
H[HFXWLRQ
/HDUQ
'HILQH
7U\
H[SHULPHQWV
&RQFUHWH

(PSDWKL]H 6SULQW
UHYLHZ 6KLSSDEOH
LQFUHPHQW

&XVWRPHU3UREOHP &XVWRPHU6ROXWLRQ
'HVLJQ7KLQNLQJ /HDQ6WDUWXS 6FUXP

Abb. 5.9  Zusammenführung von Design Thinking, Lean Start-up und Scrum

Um das unternehmensinterne Innovationspotenzial zu nutzen, werden neben dem


schon angesprochenen Design Thinking weitere Kreativitätstechniken eingesetzt. Diese
sind vor allem dann wichtig, wenn kleinere Innovationsprojekte angestoßen werden sol-
len. Ziel ist es, neue Leistungsfelder für das Unternehmen zu finden oder Möglichkeiten
zur Weiterentwicklung vorhandener Angebote zu identifizieren. Vielfach wird hier das
Brainstorming eingesetzt (vgl. grundlegend Osborn, 1979; Vahs & Brem, 2015).
Das Ziel des Brainstormings besteht darin, in einer Gruppendiskussion durch „lautes
Denken“ eine möglichst große Anzahl von Ideen zusammenzutragen. Die ideale Dauer
beträgt ca. 30 bis 45 Minuten. So wird eine hohe Konzentration der Teilnehmer
­sichergestellt. Die Anzahl der Teilnehmer sollte sich auf fünf bis acht beschränken. Diese
sollten idealerweise verschiedenen Abteilungen und/oder Hierarchiestufen entstammen.
Eine zentrale, in vielen Fällen unterschätzte Rolle kommt dem Moderator des Brain-
stormings zu, um die Erfassung aller Vorschläge und insb. die Befolgung der folgenden
Guidelines sicherzustellen:

• „Jede Idee wird begrüßt!“


• „Je ungestümer eine Idee ist, desto besser!“ (d. h. Quantität geht vor Qualität)
• „Kritik ist verboten!“ (kein „Ideenkilling“)
• „Freie Assoziation zu den Vorschlägen!“ (d.  h. Ideen der anderen aufgreifen und
weiterentwickeln)

Die schwierigste Aufgabe des Moderators besteht darin, das Ideenkilling, sei es verbal
oder nonverbal, zu unterbinden. Häufig sind alle Teammitglieder darauf fixiert, bei Vor-
schlägen gleich die Nachteile und Schwierigkeiten zu thematisieren, getreu einer Regel
des Rheinischen Grundgesetzes:
274 5 Marketing-Instrumente

• Kenne mer nit!


• Bruuche mer nit!
• Fott domett!

Denn jede Veränderung, jede Neuerung verursacht zunächst einmal Ängste, die zur Ab-
wehr von entsprechenden Innovationen führen. Gerade beim Brainstorming gilt es jedoch,
die Ideen und Vorschläge auf die eigene Kreativität wirken zu lassen. Weist der Moderator
Kritik nicht konsequent zurück, ist das der sichere Tod jeder Kreativität. Dies gilt insb.
dann, wenn verschiedene Hierarchiestufen präsent sind und/oder introvertierte Personen
mitwirken, die sich durch Kritik schnell entmutigen lassen.
Um diese Nachteile zu vermeiden, bietet sich das Brainwriting an. Dieses Vorgehen
wird auch als Methode 6-3-5 bezeichnet. Bei dieser Kreativitätstechnik erhalten sechs
Teilnehmer eine schriftliche Problemstellung und die Aufgabe, jeweils drei Lösungsvor-
schläge zu erarbeiten. Diese werden fünfmal weitergereicht. Eine solche Sitzung dauert
ca. 60 Minuten und ermöglicht eine konfliktfreie Zusammenarbeit zwischen verschiedenen
Hierarchiestufen und unterschiedlichen Persönlichkeitsstrukturen, da hier auf die Vor-
schläge jeweils „nur“ schriftlich zu antworten ist.
Eine systematisch-analytische Methode zur Neuproduktentwicklung stellt das Attri-
bute Listing dar. Hierbei wird das betreffende Angebot zunächst in verschiedene Merk-
male zerlegt und anhand dieser der Ist-Zustand beschrieben. Anschließend wird in jeder
Merkmalsgruppe nach unterschiedlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten gesucht, um so
Ansatzpunkte zur kreativen Weiterentwicklung zu finden. Durch eine Kombination der
neu gefundenen Ausprägungen können Innovationen entstehen, die anschließend hinsicht-
lich ihrer Realisierbarkeit zu bewerten sind. Ein Beispiel für die Entwicklung eines Fach-
buches zeigt Abb. 5.10.
Um das unternehmensexterne Innovationspotenzial speziell bei den eigenen Interes-
senten und Kunden zu nutzen, binden Unternehmen diese immer stärker und früher in

0HUNPDO ,VW=XVWDQG 9DULDQWHQ

)RUP UHFKWHFNLJ UXQGTXDGUDWLVFKWUDSH]I|UPLJGUHLHFNLJ

0DWHULDO 3DSLHU PLWKDSWLVFKHQ (OHPHQWHQ 6WRII)ROLH


HWF

$XVJHVWDOWXQJ +DUGFRYHU (%RRN+|UEXFK&''9'6WUHDPLQJ


3DSHUEDFN

,QWHUDNWLYLWlW NHLQH 2QOLQH'LDORJPLW9HUODJ$XWRU


2QOLQH$XIJDEHQ PLW /|VXQJVVNL]]HQ
2QOLQH7HVWV
%HUHLWVWHOOXQJ YRQDNWXHOOHP
+LQWHUJUXQGPDWHULDO

Abb. 5.10  Attribute Listing zur Entwicklung eines Fachbuches


5.1 Produkt- und Programmpolitik 275

Innovationsprozesse ein. Die Relevanz hierfür resultiert aus der Tatsache, dass für jeden
Kunden ein neues Produkt zunächst einmal eine Verhaltensänderung mit sich bringt.
Ein neues Angebot verursacht folglich neben monetären Kosten für den Kauf häufig
auch psychische Kosten. Psychische Kosten treten auf, weil gelernte Verhaltensmuster
entwertet und neue Fähigkeiten oder Fertigkeiten erworben werden müssen. Dies ist bspw.
bei der Einarbeitung in ein neues Software-Release notwendig.
Diese wahrgenommenen Kosten führen häufig zu dem Phänomen, dass Kunden Pro-
dukte, die sie bereits besitzen und nutzen, hinsichtlich ihrer Vorteile besser bewerten als
andere. Folglich geht mit der Entscheidung über die Akzeptanz einer Innovation ein
emotionaler und rationaler Abwägungsprozess einher:
Die subjektiven Vorteile der Innovationen werden den subjektiven Nachteilen
gegenübergestellt.
So leistet ein Elektroauto nicht nur einen Beitrag für eine saubere Umwelt, sondern ist
auch nach wie vor teurer als ein konventionelles Fahrzeug. Außerdem wird der „Tankvor-
gang“ aufwendiger, weil noch kein flächendeckendes Netz von Ladestationen existiert.
Der Weingenießer wird sich bei einem Schraubverschluss oder einem Kunstkorken
einerseits über die längere Haltbarkeit des Weines freuen. Andererseits fehlt die Freude
beim klassischen Ziehen eines Korkens – und dem Schnuppern daran! Weitere Beispiele
finden sich in Abb. 5.11.

cc Merk-Box  Innovationen bergen für Kunden häufig Vor- und Nachteile gleicher-
maßen. Überzeugen die Vorteile einer Innovation nicht wirklich, wird diese
nicht erfolgreich sein.

Ein Analyseraster für Innovationen zeigt Abb.  5.12 (vgl. Gourville, 2006, S.  54).
Hier wird sichtbar, welche Art von Innovationen mit welcher Aufnahme im Markt zu rech-
nen hat. Wenn ein Produkt sehr umfassend verändert wird und damit einen hohen
Innovationsgrad aufweist, besitzt es ein höheres Erfolgspotenzial. Allerdings sind auch die

:DV.XQGHQGXUFKGHQ :DV.XQGHQGXUFK
,QQRYDWLRQ
.DXIJHZLQQHQ GHQ.DXIYHUOLHUHQ

(OHNWURDXWRV 6DXEHUH8PZHOW QXUEHLP7DQNHQ (LQIDFKHV7DQNHQDQHLQHU


YRQÄJUQHP³6WURP 9LHO]DKOYRQ7DQNVWHOOHQ

(%RRNV 9LHOH%FKHUDXIHLQHP5HDGHU .HLQKDSWLVFKHV(UOHEQLVNHLQ


=XVDW]IXQNWLRQHQYRUKDQGHQ UHDOHV%OlWWHUQP|JOLFK

2QOLQH/HEHQVPLWWHONDXI /LHIHUXQJLQV+DXV .HLQH&KDQFHVLFKGLHIULVFKHVWHQ


3URGXNWHDXV]XVXFKHQ

0XVLN XQG9LGHR6WUHDPLQJ 0XVLN9LGHRVN|QQHQEHUDOO 9RUKDQGHQH*HUlWHX8QLFKWPHKU


JHK|UWJHVHKHQZHUGHQ QXW]EDU

:HLQIODVFKHQPLW %HVVHUH+DOWEDUNHLW 6LQQOLFKHV(UOHEQLVEHLPgIIQHQ


6FKUDXEYHUVFKOXVV.XQVWNRUNHQ GHU)ODVFKHHQWIlOOW

Abb. 5.11  Subjektive Bewertung der Vor- und Nachteile von Innovationen
276 5 Marketing-Instrumente

6LFKHUHU)HKOVFKODJ
/DQJH'XUVWVWUHFNH
$XVPD‰GHUQRWZHQGLJHQ

KRFK JHULQJIJLJH3URGXNWlQGHUXQJ
EHWUlFKWOLFKH3URGXNW
YHUEXQGHQPLWHLQHU
9HUKDOWHQVlQGHUXQJ

XQG9HUKDOWHQVlQGHUXQJ
EHWUlFKWOLFKHQ
9HUKDOWHQVYHUlQGHUXQJ

/HLFKWHU9HUNDXI 9HUNDXIVVFKODJHU

EHWUlFKWOLFKH3URGXNW
QLHGULJ

JHULQJH3URGXNW XQGJHULQJIJLJH
XQG9HUKDOWHQVYHUlQGHUXQJ 9HUKDOWHQVlQGHUXQJ

QLHGULJ KRFK

$XVPD‰GHU3URGXNWYHUlQGHUXQJ

Abb. 5.12  Analyseraster für Innovationen

auf Seiten der Kunden zu vollziehenden Verhaltensänderungen und damit auch der Wider-
stand gegen die Innovation deutlich größer. Folglich wird hier die Produkteinführung mit
einer langen Durststrecke einhergehen (vgl. Abb. 5.12).
Eine solche lange Durststrecke war bspw. bei der 1982 eingeführten CD (Compact
Disc) der Fall. Die CD fristete lange ein Schattendasein und wurde von den einschlägigen
Musikexperten stark kritisiert. Erst im Jahr 1994 wurden doppelt so viele CD-Einheiten
verkauft wie von allen übrigen Tonträgern zusammen.
Die CD selbst von der Nachfolgetechnologie MP3 hart bedrängt. Musik wurde in zu-
nehmendem Maße  – ohne physischen Datenträger  – aus dem Internet heruntergeladen.
Die MP3-Technologie wurde im Markt als Verkaufsschlager viel schneller aufgegriffen,
weil sie entscheidende Convenience-Vorteile aufwies. Dazu zählen u.  a. der kostenlose
oder kostengünstige Download aus dem Internet, die Multiplizierbarkeit der Dateien
sowie die Möglichkeit, einzelne Titel und nicht nur ganze Alben zu kaufen.
Die genannten Convenience-Vorteile des MP3-Formates werden heute durch Musik-­
Streaming-­Dienste wie Amazon Prime Music, Apple Music und Spotify geboten. Ein
Download-Vorgang ist nicht mehr erforderlich. Die gewünschte Musik wird aus einem
Bestand von vielen Millionen Titeln dann ausgewählt und gehört, wenn man dies wünscht.
Streaming ist ebenfalls zum Verkaufsschlager geworden.
Einen sicheren Fehlschlag werden gemäß Abb. 5.12 die Angebote erleiden, die nur
geringfügige Änderungen zu etablierten Produkten oder Dienstleistungen aufweisen, aber
eine beträchtliche Verhaltensänderung bedeuten. Dies war bspw. bei verschiedenen
Betriebssystem-­Innovationen von Microsoft der Fall. Diese wurden nach der Einführung –
und Ablehnung durch die Nutzer – entweder modifiziert oder vom Markt genommen.
5.1 Produkt- und Programmpolitik 277

Abb. 5.13 Closed-
+RUL]RQWGHV
Innovation-­Modell 8QWHUQHKPHQV

0DUNW
,QQRYDWLRQHQ

+RUL]RQWGHV
8QWHUQHKPHQV

Ein leichter Verkauf kann dagegen mit Innovationen einhergehen, die nur minimale
Verhaltensänderungen erfordern, aber auch nur eine geringe Produktänderung zur Folge
haben. Allerdings ist hier aus Sicht der Kunden fraglich, warum überhaupt ein Wechsel
vollzogen werden soll.

cc Denkanstoß  Überlegen Sie einmal, welche der Innovationen, die Ihnen in den letz-
ten Monaten begegnet sind, in welche Kategorie fallen. Ganz subjektiv aus
Ihrer Sicht!

Diese Aspekte, die bei der Bewertung von Innovationen häufig immer noch zu wenig
beachtet werden, legen eine umfassendere Integration derjenigen nahe, die über den Er-
folg einer Innovation entscheiden: der Kunden. Eine solche Kundenintegration in den
Innovationsprozess erfordert die Überwindung des nach wie vor stark verbreiteten
Closed-­Innovation-Modells (vgl. Abb.  5.13). Hier entwickeln und vermarkten Unter-
nehmen primär die Ideen, die im Unternehmen selbst (insb. im F&E-Bereich) gewonnen
wurden. Impulse aus dem Umfeld des Unternehmens werden dagegen nicht aufgegriffen.
Das Open-Innovation-Modell berücksichtigt neben den intern gewonnenen Impulsen
für Innovationen auch solche aus dem Umfeld des Unternehmens. Hierzu werden externe
Entwicklungspartner wie Kunden, aber auch Lieferanten und Hochschulen offensiv in die
eigenen Innovationsprozesse eingebunden. Die Innovationsprozesse werden als offenes und
damit verteiltes System ausgestaltet und fördern eine intensive Interaktion mit verschiedenen
Instanzen (vgl. Abb. 5.14; grundlegend Piller et al., 2017, S. 56–84). Ein solcher Outside-in-
Prozess integriert externes Wissen in den unternehmensinternen Innovationsprozess, um
diesen zu beschleunigen, anzureichern und – soweit Kunden einbezogen werden – bereits in
einer frühen Phase konsequent auf (zukünftige) Kundenbedarfe auszurichten.
Die Einbindung von Kunden als Entwicklungspartner in den Innovationsprozess
kann unterschiedliche Formen annehmen (vgl. Abb. 5.15; vgl. Dahan & Hauser, 2002):

• Die 1. Stufe „Zuhören“ trägt Informationen über die Kunden aus unterschiedlichen
Quellen zusammen. Diese werden einer Entwicklung für Kunden zugrunde gelegt.
Dies stellt die klassische Form der Kundenintegration dar.
278 5 Marketing-Instrumente

Abb. 5.14 Open-
Innovation-­Modell
Kunden Kunden
Kunden
Kunden Kunden

Lieferanten Universitäten
Innovationen

Start-ups
Wettbewerber
Eigene F&E-
Abteilung

Dienstleister

6WXIH=XK|UHQ ,QGLUHNWH6DPPOXQJYRQ0DUNW XQG.XQGHQGDWHQ


ƒ /LWHUDWXUDQDO\VH$QDO\VHYRQ3DWHQWHQ
&ORVHG,QQRYDWLRQ

ƒ ,QIRUPDWLRQHQEHU ƒ $XVZHUWXQJGHU.XQGHQGDWHQ &50


.XQGHQDXV'DWHQEDQNHQ
.XQGHQZHUGHQSDVVLYEHREDFKWHW
ƒ $QDO\VHYRQ3URGXNWHQ
ƒ .XQGHQEHREDFKWXQJLQGHU1XW]XQJVSKDVH
(QWZLFNOXQJIU .XQGHQ ƒ $XVZHUWXQJGHV2IIOLQH XQG2QOLQH9HUKDOWHQV

6WXIH)UDJHQ 8QWHUQHKPHQVLQLWLLHUWHU'LDORJPLWGHP.XQGHQ
ƒ .XQGHQSDQHO.XQGHQZRUNVKRSV
ƒ .XQGHQEHIUDJXQJHQ ƒ 7HVWGXUFK.XQGHQYRUGHP0DUNWVWDUW
ƒ =XIULHGHQKHLWVVWXGLHQ
.XQGHQLQLWLLHUWHU'LDORJPLWGHP8QWHUQHKPHQ
(QWZLFNOXQJPLW .XQGHQ
2SHQ,QQRYDWLRQ

ƒ 6\VWHPDWLVFKHU3UR]HVVHLQHV%HVFKZHUGH0DQDJHPHQWV
ƒ $XVZHUWXQJYRQ1XW]HUJUXSSHQ2QOLQH&RPPXQLW\V%ORJV

6WXIH%HWHLOLJXQJ .XQGHQVLQGJOHLFKEHUHFKWLJWH(QWZLFNOXQJVSDUWQHU
ƒ *HPHLQVDPH3URGXNWHQWZLFNOXQJPLW/HDG8VHUQ
ƒ .XQGHQHQWZLFNHOQLKUH
ƒ %HUHLWVWHOOXQJYRQ(QWZLFNOXQJV,QVWUXPHQWHQIU.XQGHQ
HLJHQHQ/|VXQJHQ
ƒ 1XW]HU,QQRYDWLRQV .XQGHQVLQGXQDEKlQJLJH,QQRYDWRUHQ
3ODWWIRUPHQ ƒ /HDG8VHU$NWLYLWlWHQRKQH8QWHUQHKPHQVLPSXOV
(QWZLFNOXQJGXUFK .XQGHQ ƒ &RPPXQLW\,QQRYDWLRQHQ

Abb. 5.15  Unternehmens-Kunden-Interaktion im Innovationsprozess

• Die 2. Stufe „Fragen“ bindet die Kunden durch unterschiedliche Ansätze – etwa durch
Kundenpanels oder Kundenworkshops  – viel umfassender ein. So wird eine Ent-
wicklung mit Kunden erreicht.
• In der 3. Stufe „Beteiligung“ schließlich werden die Kunden zu echten Entwicklungs-
partnern. Hier erfolgt eine Entwicklung durch Kunden. Dies kann bspw. in Lead-­
User-­Workshops, Online-Communitys sowie innerhalb der sozialen Medien gelingen.

Diese vielschichtigen Arten der Kundenintegration lösen gemeinsame Lernprozesse


von Kunden und Unternehmen aus. Durch die verschiedenen Vorgehensweisen, die diffe-
rierenden Ausgangssituationen und Erfahrungshintergründe der Beteiligten können bis-
5.1 Produkt- und Programmpolitik 279

herige Denk- und Handlungsmuster durchbrochen und neue Wege beschritten wer-
den. Gleichzeitig stellen sich kundenorientiertere Ergebnisse ein, weil bereits in einer
frühen Phase Impulse, Erwartungen, Befürchtungen und vielleicht sogar Sehnsüchte der
Kunden in den Prozess einfließen. Das wird auch bei den in Abb. 5.9 präsentierten Kon-
zepten konsequent angestrebt.
Vielfach lassen sich Kunden gerne in solche Entwicklungsprozesse einbinden, ohne
dass jeweils gleich eine monetäre Gegenleistung erwartet wird. Allein die durch eine Inte-
gration von Kunden ausgedrückte Wertschätzung stellt vielfach ein zentrales Motiv zur
Mitarbeit dar. Den Kunden gleichsam zum „Mitarbeiter“ zu machen, stellt eine ziel-
führende Methode dar, um die ausgetretenen Pfade des Innovations-Managements zu ver-
lassen und schier unerschöpfliche externe Quellen der Kreativität zu erschließen.

cc Merk-Box  Innovation entsteht nur, wenn sich möglichst viele trauen, mit dem
Herkömmlichen, dem Vertrauten, dem Üblichen zu brechen.

Die Einbindung von Kunden und anderen interessierten Personen wird als Crowdsour-
cing bezeichnet. Hier gelingt die Einbindung externer Intelligenz und Arbeitskraft der
„breiten Masse“, bspw. bei der Suche nach Neuproduktideen. Die einzubindenden Res-
sourcen sind nicht auf den Online-Kanal beschränkt, sondern können – etwa in Gestalt von
Ideenwettbewerben – auch offline angesprochen werden.
Die durch die dargestellten Prozesse, Quellen und Methoden identifizierten Neu-
produktideen sind in einem mehrstufigen Prozess daraufhin zu überprüfen, ob sie zur Er-
reichung der Unternehmens- und Marketing-Ziele beitragen. Hier bietet sich die Orientie-
rung an dem in Abb. 5.16 zu findenden Trichtermodell an. Hier werden unterschiedliche
Methoden zur Ideenbewertung und -auswahl verwendet.

%HZHUWXQJVHEHQH Ä7ULFKWHUDQVDW]³ %HZHUWXQJVPHWKRGH

1HXSURGXNWLGHHQ &K NOL W


&KHFNOLVWHPLWÄ0XVW³
LW 0 W³
9RUDXVZDKO
Ä6FUHHQLQJ³ .ULWHULHQ

6FRULQJ0RGHOO

)HLQDXVZDKO %UHDNHYHQ$QDO\VH

$PRUWLVDWLRQVUHFKQXQJ

.DSLWDOZHUW$QDO\VH

0DFKEDUNHLWVVWXGLH

$N
$N]HSWDQ]0DUNWWHVW
0 N

6HWUHOHYDQWHU,GHHQ
IUGLH8PVHW]XQJ
I GL 8 W

Abb. 5.16  Trichtermodell zur Bewertung und Auswahl von Neuproduktideen


280 5 Marketing-Instrumente

In der Vorauswahlstufe werden die einzelnen Ideen anhand einer Checkliste mit so-
genannten „Must“-Kriterien bewertet. Diese Auswahl wird auch „Screening“ genannt.
Hierbei geht es um die Frage, ob die identifizierten Vorschläge alle Anforderungen er-
füllen, die aus Unternehmenssicht unverzichtbar sind. Dazu zählen u. a.:

• Vereinbarkeit mit der Vision, dem Purpose, den Werten, der Kultur und den Zielen des
Unternehmens
• Stimmigkeit mit dem bestehenden Image des Unternehmens
• Time-to-Market (Zeitdauer, bis eine Idee zur Marktreife entwickelt ist)
• Time-to-Value (Zeitbedarf, bis die Technologie für die Nutzer ersten Wert stiften kann)
• Erforderliches Budget in Relation zum vorhandenen Budget
• Verfügbarkeit bzw. Beschaffbarkeit der notwendigen Technologien
• Möglichkeit, die erforderlichen Qualifikationen im eigenen Unternehmen aufzubauen
bzw. zu akquirieren
• …

Neuproduktideen, die die „Must“-Kriterien erfüllen, können in einem weiteren Schritt


anhand eines Scoring-Modells beurteilt werden. Diese Konzepte werden auch Punkt-
bewertungsmodell oder Nutzwertanalyse genannt. Folgende Schritte sind zur Ent-
wicklung eines Scoring-Modells notwendig:

• Zunächst wird festgelegt, anhand welcher Merkmale verschiedene Alternativen oder


Objekte bewertet werden sollen. Es ist darauf zu achten, dass diese Kriterien un-
abhängig voneinander sind, um eine ungewollte Mehrfacherfassung gleicher Sachver-
halte zu vermeiden. Welche Merkmale einfließen sollen, ist in einem Teamprozess zu
erarbeiten.
• Anschließend sind diese Kriterien mit einer Gewichtung zu versehen. Diese bringt die
unterschiedliche Bedeutung der Merkmale zum Ausdruck. Die Gewichtungsfaktoren
müssen sich zu 1,0 addieren. Die Gewichtungsfaktoren sind ebenfalls durch ein Team
zu erarbeiten. Im Zuge dieser Diskussionen werden häufig eher intuitiv geprägte Be-
wertungsmuster sichtbar – und können dann auch diskutiert werden.
• Im nächsten Schritt müssen alle Merkmale operationalisiert werden. „Operationali-
sierung“ bedeutet, dass die Kriterien messbar gemacht werden. In dieser Phase werden
den verschiedenen Merkmalsausprägungen Punkte (Scores) zugeordnet. Je vorteil-
hafter diese Ausprägungen sind, desto höher fällt die zugeordnete Punktzahl aus. Es ist
sinnvoll, Punkte zwischen „1“ und „5“ zu vergeben. „0“ Punkte dürfen nicht ein-
gesetzt werden.
• Jetzt erfolgt eine Multiplikation der vergebenen Punkte mit den jeweiligen Gewichten.
Werden diese Ergebnisse über alle Kriterien summiert, ergibt sich für jede bewertete
Alternative ein Gesamtpunktwert.
• Die jeweils erzielten Gesamtpunktwerte ermöglichen einen Vergleich der Alternativen.
5.1 Produkt- und Programmpolitik 281

%HZHUWXQJVNULWHULXP 5HODWLYHV %HZHUWXQJHLQHU1HXSURGXNWLGHH % (UJHEQLV


*HZLFKW
$  $[%

0DUNWSRWHQ]LDO  ; 

0DUNWZDFKVWXP  ; 

3UHLVEHUHLWVFKDIW  ; 

:HWWEHZHUEVLQWHQVLWlW  ; 

(QWZLFNOXQJVNRVWHQ  ; 

3URGXNWLRQVDQIRUGHUXQJHQ  ; 

6XPPH  

VHKUXQJQVWLJVHKUJXW
0LQGHVWZHUW]XU:HLWHUYHUIROJXQJHLQHU,GHH

Abb. 5.17  Scoring-Modell zur Neuproduktbewertung

In Abb. 5.17 ist ein Modell für die Bewertung von Neuproduktideen zu sehen. Durch
den Einsatz eines Scoring-Modells werden die (oft subjektiven) Präferenzen für ver-
schiedene Produktideen sichtbar. Wurden alle Ideen anhand des gleichen Scoring-Modells
bewertet, wird schnell sichtbar, welche die größten Erfolgschancen aufweisen. Dies sind
die Ideen mit den höchsten Punktwerten. Es wird auch deutlich, von welchen Ideen man
sich ggf. verabschieden sollte. Häufig wird zusätzlich ein Mindestwert (hier bspw. 3,3)
­definiert, den eine Idee zur Weiterverfolgung mindestens aufweisen muss. Damit wird ver-
mieden, dass auch mittelmäßige Ideen vertieft werden, nur weil keine überzeugenden
Alternativen vorlagen!
Der Vorteil von solchen Scoring-Modellen besteht darin, dass qualitative und quantita-
tive Kriterien in eine Bewertung einfließen können. Außerdem werden – wie schon an-
gedeutet  – subjektive Einschätzungen (das berühmte „Bauchgefühl“) durch die Ein-
bindung mehrerer Personen zu einer Gesamtbewertung verdichtet. Die Dokumentation
der Bewertungsmechanik erlaubt es, bspw. nach einem Jahr zu überprüfen, wie zutreffend
die vorgenommenen Einschätzungen waren. So werden wichtige Voraussetzungen für eine
„lernende Organisation“ geschaffen. Die Erfahrungen der Vorperiode ermöglichen eine
laufende Optimierung der Prozesse.
Scoring-Modelle werden sehr vielseitig eingesetzt. Hierzu zählen die folgenden
Bereiche:

• Definition von Kundenwertigkeiten


Zur Berechnung des Kundenwertes können die Kriterien Umsatz, Deckungsbeitrag und
erfolgte Freundschaftswerbungen in einem Scoring-Modell eingesetzt werden (vgl.
vertiefend Kreutzer, 2021a, S. 28–43).
282 5 Marketing-Instrumente

• Ermittlung der Bonität potenzieller Kunden


Zur Bewertung der Bonität eines Kunden vor einer Kreditgewährung oder einer Be-
lieferung auf Rechnung kommt ebenfalls ein Scoring-Modell zum Einsatz. In den
SCHUFA-­Score fließen bspw. die Kriterien Zahlungsverhalten, die Höhe laufender
Kredite, die Anzahl der Kreditkarten und Girokonten, die Häufigkeit von Konto-
wechseln, aber auch Alter, Geschlecht und Umzugshäufigkeit ein (vgl. SCHUFA, 2021).
• Auswahl von Produktionsstandorten
Bei der Auswahl geeigneter Standorte können die Kriterien steuerliche Anreize,
Kostensituation beim Personal, Zugang zu Rohstoffen sowie die Ausgestaltung der
Infrastruktur in einem Scoring-Modell berücksichtigt werden.
• Bewertung von Zielmärkten
Ein Scoring-Modell zur Auswahl von attraktiven Zielmärkten kann die politische und
wirtschaftliche Stabilität, das wirtschaftliche Wachstum, die Wettbewerbsintensität
sowie den Stellenwert des eigenen Unternehmensimages bewerten. Die so ermittelten
Ergebnisse erlauben es, die bewerteten Länder bspw. in einem Länder-Portfolio zu
positionieren (vgl. Abschn. 2.2.1.2).
• Media-Auswahl
Ein Scoring-Modell zur Media-Auswahl setzt bspw. auf den Kriterien Reichweite,
Kosten, Imageaffinität zum eigenen Angebot und zum Unternehmen auf.
• Auswahl von Absatzwegen
Zur Auswahl von Absatzwegen können u.  a. die Steuerungsmöglichkeiten des Ver-
triebspartners, die Kosten, die Kundenfrequenz sowie das Image des möglichen Part-
ners in ein Scoring-Modell einfließen.
• Auswahl von Mitarbeitern
Unternehmensintern werden Scoring-Modelle auch eingesetzt, um bspw. die quali-
fiziertesten internen und/oder externen Bewerber für eine ausgeschriebene Position zu
ermitteln.

cc Merk-Box  Der Einsatz eines Scoring-Modells ist angezeigt, wenn eine Ent-
scheidung unter Heranziehung mehrerer unterschiedlich wichtiger quantitati-
ver und qualitativer Kriterien getroffen werden soll.

Für Produktideen, die das Scoring als besonders attraktiv identifiziert hat, werden an-
schließend in der Feinauswahl stärker quantitativ geprägte Verfahren eingesetzt. Hierbei
handelt es sich um Wirtschaftlichkeitsanalysen. Eine wichtige Methode ist die Break-
even-Analyse. Diese ermittelt die Absatzmenge, bei der die Gesamtkosten (Summe der
fixen und variablen Kosten) für das Projekt und die erzielten Umsätze übereinstimmen. An
diesem sogenannten Break-­even-Point entsteht weder ein Gewinn noch ein Verlust (vgl.
Abb. 5.18).
In Abb. 5.18 ist der Break-even-Punkt bei 500 Einheiten erreicht. Hier gilt:

Umsatz = fixe Kosten + ( variable Stuckkosten


 ∗ Menge )

5.1 Produkt- und Programmpolitik 283

8PVDW].RVWHQ
LQ0LR¼
 8PVDW]

 %UHDNHYHQ *HVDPWNRVWHQ
 3RLQW

 9DULDEOH.RVWHQ

 )L[NRVWHQ


0HQJH
    

Abb. 5.18 Break-even-Analyse

Erwartet ein Unternehmen in diesem Beispiel eine Verkaufsmenge unter 500 Stück, so
ist das Projekt nicht wirtschaftlich. Ein Gewinn mit dem entsprechenden Produkt wird
sich nicht einstellen. Die Einführung eines solchen Produktes kann dennoch aus anderen
unternehmenspolitischen Gründen notwendig sein. So können die Kunden ein ent-
sprechendes Angebot erwarten, um auch andere Leistungen des gleichen Anbieters
zu kaufen.
Die Break-even-Analyse kann sich auf die gesamte Laufzeit eines Produktes beziehen.
Dann werden die insgesamt erforderlichen Absatzmengen ermittelt, die für eine Gewinn-
erzielung notwendig sind. Es kann aber auch errechnet werden, welche jährliche Absatz-
menge notwendig ist, um bei einem Projekt die Gewinnschwelle zu erreichen.
Bei der Amortisationsrechnung wird ermittelt, wie lange es dauert, bis die Profitabili-
tät eines Projektes erreicht ist. Hier wird auch von Pay-back-Rechnung bzw. Pay-off-­
Rechnung gesprochen. Konkret geht es um die Frage, wann die Initialauszahlungen
bspw. für die Umsetzung einer Neuproduktidee in der Periode 0 (IA Periode 0) durch die
kumulierten Zahlungsüberschüsse der Folgeperioden (n) abgedeckt werden.
Die Initialauszahlungen können durch Lizenzgebühren oder durch Entwicklungs-
kosten für eine Spezialmaschine entstanden sein. Die Zahlungsüberschüsse ergeben sich
aus der periodenbezogenen Gegenüberstellung der jeweils erzielten Einzahlungen (E) und
der getätigten Auszahlungen (A). Während sich die Einzahlungen aus den Umsatzerlösen
ergeben, setzen sich die Auszahlungen u. a. aus Löhnen, Gehältern, Materialkosten und
Abschreibungen für Maschinen zusammen. Eine einfache Ermittlung der Amortisations-
dauer (AD) erfolgt nach der Formel:

Initialauszahlungen Periode 0
Amortisationsdauer =
bberschuss pro Jahr
∅Zahlungsu

Beträgt die Initialauszahlung in Periode 0 bspw. 10 Millionen € und werden pro Jahr
im Durchschnitt Zahlungsüberschüsse von einer Million € erwartet, beträgt die
284 5 Marketing-Instrumente

Amortisationsdauer zehn Jahre. Bei dieser Art der Berechnung werden keine Zinseffekte
berücksichtigt.

10 Mio.€
Amortisationsdauer =
1 Mio.€

Ein Unternehmen kann für die Entscheidung über die Entwicklung eines neuen Pro-
duktes eine bestimmte Amortisationsdauer (bspw. drei Jahre) festlegen, die nicht über-
schritten werden darf. Produktideen, deren Amortisationsdauer diese drei Jahre übersteigt,
würden ausgeschlossen werden. Diese Art der Wirtschaftlichkeitsrechnung betrachtet al-
lerdings nur das Risiko in Gestalt der Dauer, bis sich die Investition amortisiert hat. Eine
Aussage darüber, welcher Gewinn über den Lebenszyklus des Produktes insgesamt erzielt
werden kann, ist mit dieser statischen Wirtschaftlichkeitsrechnung nicht verbunden.
Aussagen hierzu erlaubt die zu den dynamischen Wirtschaftlichkeitsrechnungen
zählende Kapitalwertmethode. Bei der Kapitelwertmethode werden der zeitliche Anfall
und die Höhe der Zahlungen über den gesamten geplanten Vermarktungszeitraum (t) einer
Innovation erfasst. Grundlage hierfür ist der gesamte Produktlebenszyklus im enge-
ren Sinne.
Unter Kapitalwert (K) ist die abgezinste Summe aller für die Vermarktungsphase ge-
planten zukünftigen Einzahlungen abzüglich der Auszahlungen (E – A) zu verstehen. Von
diesem Wert werden noch die Initialaufwendungen (IA) in der Periode 0 abgezogen. Der
Kapitalwert K in der Periode 0 errechnet sich wie folgt:
n
Einzahlugen t − Auszahlungen t
Kapitalwert Periode 0 = ∑ − InitialaufwandPeriode0
(1 + i )
t


t =1

Die Notwendigkeit zur Abzinsung resultiert daraus, dass bspw. ein Einnahmeüber-
schuss von 1 Million € in fünf Jahren für ein Unternehmen weniger wertvoll ist als ein
solcher in zwei Jahren. Dies gilt allerdings nur solange, wie die Zinsen größer „null“ sind.
Die erwartete Vermarktungsdauer des Produktes (t) kann bspw. über vier Jahre laufen.
Dann nimmt „n“ den Wert von „4“ an. Für die Abzinsung wird bspw. der Zinssatz 5 %
verwendet. Ein positiver Kapitalwert zeigt an, dass es – auf den Entscheidungszeitpunkt
berechnet – einen positiven Finanzmittelrückfluss geben wird. Ein negativer Kapitalwert
bedeutet dagegen einen Verlust.
Stehen mehrere Alternativen zur Auswahl, so erhält die Alternative mit dem höchsten
Kapitalwert grds. die größte Priorität. Entscheidend für den Kapitalwert ist – neben den
berücksichtigten Ein- und Auszahlungen – die Höhe des eingesetzten Kalkulationszins-
satzes (i). Je höher dieser veranschlagt wird, bspw. aufgrund anderer attraktiver Anlage-
alternativen, desto geringer fällt der Kapitalwert aus.
Aufgrund der zur Berechnung notwendigen Daten wird deutlich, dass der Informations-
beschaffungsaufwand für die Durchführung einer Kapitalwertermittlung beträchtlich grö-
ßer ist als bei einer statischen Wirtschaftlichkeitsrechnung. Gleichzeitig steigt aber auch
5.1 Produkt- und Programmpolitik 285

die Aussagekraft gegenüber den statischen Verfahren deutlich an, wenn die notwendigen
Daten verlässlich sind.
Ist die Entscheidung für eine Produktidee gefallen, so schließen sich in der Realisierungs-
phase weitere Aufgaben an. Zu Beginn kann, insb. bei besonders innovativen Vorhaben,
eine Machbarkeitsstudie (Feasibility Study) stehen, mit der die Realisierbarkeit einer
Idee überprüft wird. Dem kann sich die Entwicklung von Prototypen anschließen, die
ggf. unter Einbindung von Schlüsselkunden (etwa im B2B-Markt) oder durch erste
Akzeptanztests bei Konsumenten hinsichtlich ihrer Vermarktbarkeit bewertet werden. In
Abhängigkeit des Innovationsgrades können weitere Tests durchgeführt werden, um An-
haltspunkte über die Akzeptanz des Produktes, die geeignete Preisstrategie und den Erfolg
versprechenden werblichen Einsatz geben zu können (vgl. Abschn. 2.2.3).

cc Merk-Box  Um in einem Unternehmen die Kultur für ein kundenorientiertes


Innovationsmanagement aufzubauen, ist eine Verankerung der entspre­
chenden Verantwortlichkeit auf hoher Unternehmensebene unverzichtbar.

5.1.2.3 Marktpräsenzphase: Produktlebenszyklus im engeren Sinne


Der Produktlebenszyklus im engeren Sinne und damit die Marktpräsenzphase um-
fasst die folgenden Stufen (vgl. Abb. 5.2):

• Einführung
• Wachstum
• Reife
• Sättigung
• Rückgang
• Optional: Produktmodifikation

Im Zuge der Markteinführung sind u. a. die folgenden Fragen zu beantworten, die
sich aus den Festlegungen der kundenorientierten Strategie ableiten:

• Auf welches Marktsegment, d. h. auf welche Gruppe potenzieller Kunden, soll die
Einführung zunächst fokussiert werden?
• Auf welchen Ländermärkten soll die Einführung in welchem zeitlichen Ablauf
erfolgen?
• Welche werblichen Botschaften können die Zielgruppe am besten überzeugen?
• Über welche Medien bzw. welche Medienkombinationen kann diese Botschaft am
besten übermittelt werden?
• Mit welcher Preisstellung können die definierten Marktanteils-/, Umsatz-/Gewinn-
ziele am wahrscheinlichsten erreicht werden?
• Welche Vertriebskonzepte passen am besten zum angestrebten Produktimage und zur
anvisierten Zielgruppe?
286 5 Marketing-Instrumente

• Wodurch kann eine Abgrenzung von den relevanten Wettbewerbern erreicht wer-
den? Mit welchen Reaktionen ist von deren Seite zu rechnen?
• Sind verschiedene Schritte allein oder besser in Zusammenarbeit mit Partnern zu
realisieren? Ist die Bildung eines Joint Ventures oder das Eingehen strategischer Ko-
operationen für den Erfolg entscheidend?

Bei Innovationen ist zu berücksichtigen, dass sich die Erstkäufer von innovativen An-
geboten von den späteren Kunden häufig deutlich unterscheiden. Die  – hier nach zeit-
lichen Kriterien  – definierten Gruppen werden auch als Kohorten bezeichnet. Zur Be-
schreibung der Akzeptanz von Innovationen durch verschiedene Kohorten dient das
Diffusionsmodell für Innovationen. Nach diesem Denkansatz stoßen neue Produkte
oder Dienstleistungen zunächst bei einer bestimmten Zielgruppe auf besonderes Interesse,
die Innovatoren genannt werden (vgl. Abb. 5.19). Der dort ausgewiesene Mittelwert be-
zeichnet den Zeitpunkt, zu dem 50 % der Kunden ein Produkt erworben haben. σ weist die
Standardabweichung von diesem Mittelwert aus.
Die Innovatoren zeichnen sich insb. durch ein hohes Interesse am entsprechenden An-
gebot und eine höhere Preisbereitschaft aus. Innovatoren sind häufig auch bereit, das hö-
here Risiko eines Fehlkaufs zu akzeptieren. Die Innovatoren haben in ihrer Bezugsgruppe
häufig eine Meinungsführerfunktion inne. Schließlich setzen sich Innovatoren mit den
betreffenden Angeboten besonders intensiv auseinander und können andere deshalb gut
beraten. Innovatoren kaufen bspw. technologische Innovationen (seien es Smart Speaker,
5G-Smartphones usw.) oder topmodische Produkte als erste und sind auch bereit, dafür
mehr Geld auszugeben. Die Gruppe der Innovatoren vertraut sich auch zuerst den An-
geboten von Tesla an und investiert in Bitcoin, bevor sich andere Personen „trauen“.
$QWHLOGHUEHUQHKPHQGHQ3HUVRQHQLQ










,QQRYD 1DFK
 WRUHQ )UK )UKH 6SlWH ]JOHU
 DGRSWRUHQ 0HKUKHLW 0HKUKHLW 
   
0:±  ı 0:± ı 0LWWHOZHUW 0:ı
=HLWVSDQQHELV]XUhEHUQDKPHGHU,QQRYDWLRQ

Abb. 5.19  Diffusionsmodell bei Innovationen


5.1 Produkt- und Programmpolitik 287

Im Gegensatz zu den Innovatoren lassen die Frühadoptoren und die Frühe Mehrheit
genannten Kundengruppen erst andere die Innovationen „ausprobieren“ (vgl. Abb. 5.19).
Sie selbst greifen erst später zu – mit reduziertem Risiko und bei häufig niedrigeren Prei-
sen. Zur Späten Mehrheit und den Nachzüglern gehören die Personen, die gerne anderen
den Vortritt lassen und lieber abwarten, bis die Produkte technisch ausgereift sind und/
oder noch deutlich günstiger angeboten werden. Hierzu gehören Flatscreen-TV-Geräte,
die bei Aldi verkauft werden. Auch Paperback-Ausgaben von Bestsellern, die oft erst
sechs Monate nach dem gebundenen Buch erscheinen, sind für die späte Mehrheit und die
Nachzügler attraktiv. Auf neue Dienstleistungen setzen diese Gruppen auch erst dann,
wenn sich diese Services bei vielen Tausend Kunden bewährt haben.

cc Denkanstoß  Überlegen Sie einmal, bei welchen Angeboten Sie eher zu den Innova-
toren oder den Frühadoptoren gehören. Sind Sie bei diesen Angeboten auch als
Meinungsführer gefordert? Bei welchen Produkten und Dienstleistungen sehen Sie
sich eher in der späten Mehrheit?

Jedes Unternehmen, das mit innovativen Lösungen auf den Markt kommt, sollte sich
über die verschiedenen Zielgruppen bewusst sein, die es im Zeitablauf anzusprechen gilt.
Schließlich weisen diese verschiedenen Kohorten ganz unterschiedliche Erwar­
tungen auf:

• Informationsbedarf bzgl. des Angebotes


Werden detaillierte technische Informationen gewünscht (so von den Innovatoren) oder
nur Auskunft über allgemeine Produktvorteile erwartet (etwa bei der späten Mehrheit)?
Wie hoch ist die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit dem Angebot?
• Art der genutzten Informationsquellen
Wie informiert sich der Interessent: über Fach- oder eher über Publikumszeitschriften?
Welche Online-Plattformen werden genutzt? Werden Meinungsführer befragt, oder
fungiert jemand selbst als Meinungsführer? Wer hat sich im Online-Bereich als digita-
ler Meinungsführer etabliert?
• Getätigter Beschaffungsaufwand
Welche Bereitschaft besteht, das Angebot in unterschiedlichen Bezugsquellen zu su-
chen? Welche Wege zum Produkt- oder Dienstleistungserwerb werden in Kauf
genommen?
• Relevante Angebotsfeatures
Was motiviert die potenziellen Kunden? Haben Neuigkeiten einen Wert an sich? Oder
dominieren die Bequemlichkeit beim Einkauf und eine attraktive Preisstellung die
Kaufentscheidung?

Vor diesem Hintergrund ist nicht nur die Struktur der gewonnenen Kunden i. S. einer
dynamischen Segmentierung kontinuierlich zu überprüfen. Auch die Ausrichtung des
Marketing-Diamanten ist kontinuierlich anzupassen. Diese Anpassungen beziehen sich
288 5 Marketing-Instrumente

auf die eingesetzten Kommunikationsmaßnahmen, die Preisstellung sowie die ein-


gebundenen Vertriebskanäle.
Bei einer Vermarktung über Ländergrenzen hinweg stellt sich die Frage, ob eine Stan-
dardisierung des Angebotes möglich ist. Hier wäre eine unveränderte Vermarktung der
Leistung auch in anderen Ländern möglich. Oder ist eine Differenzierung erforderlich,
um weitere Marktsegmente zu erschließen?
Der Verlauf des gesamten Diffusionsprozesses von Innovationen wird von den fol-
genden Faktoren beeinflusst (vgl. auch Abb. 5.11 und 5.12):

• Innovationsgrad des Angebotes


Durch den Innovationsgrad wird das „wahrgenommene Risiko“ und somit der
„Akzeptanzwiderstand“ des neuen Angebotes beeinflusst – getreu dem Motto: Je neuer,
desto risikoreicher!
• Image des anbietenden Unternehmens
Ist das anbietende Unternehmen ein „Nobody“ oder ein weltweit erfolgreich agierender
Konzern? Ein innovatives TV-Gerät von Apple erfährt eine höhere Akzeptanz als das
von einem unbekannten Hersteller.
• Relativer Vorteil gegenüber vorhandenen Angeboten
In welchem Ausmaß ist ein neues Angebot den bestehenden Alternativen überlegen?
Ein neuer USB-Stick, der – häufig bei gleichzeitig niedrigeren Preisen – statt 16 GB
eine Speicherkapazität von 128 GB hat, trifft auf hohe Akzeptanz.
• Verträglichkeit des Angebotes mit Normen, Werten, Erfahrungen und Erwar­
tungen der Zielpersonen
Korrespondiert das Angebot mit bestehenden Orientierungssystemen der Zielpersonen
oder steht es im Widerspruch zu diesen? Mit Konflikten ist bspw. beim Angebot gen-
veränderter Produkte zu rechnen. Die Ablehner sprechen hier von „genmanipulierten“
Angeboten.

Neben der Ermittlung, welche Strukturen die gewonnenen Kunden aufweisen, sind zur
Beurteilung der Produkteinführung weitere Zielkriterien zu definieren, die sich an den
KPIs der Markenwertschöpfungskette orientieren können (vgl. Abschn. 3.4).

cc Merk-Box  Der Diffusionsprozess bei Innovationen ist bei der Ausgestaltung


der Kommunikationsmaßnahmen sowie der Distributionskanäle zu berück-
sichtigen.

5.1.2.4 Marktpräsenzphase: Produktmodifikationsprozess


Sinkende Marktanteile sowie auch ein Rückgang bei Umsatz und Gewinn signalisieren
häufig, dass ein Produkt oder eine Dienstleistung am Ende des wirtschaftlichen Lebens-
zyklus angekommen ist. Hier stellt sich für Unternehmen die Frage, ob diesem Trend
durch eine Veränderung des Angebots selbst und/oder den Einsatz anderer Marketing-­
Instrumente begegnet werden kann.
5.1 Produkt- und Programmpolitik 289

Bei der Produktmodifikation sind zwei Ansätze zu unterscheiden. Diese können


gleichermaßen für Dienstleistungsangebote eingesetzt werden:

• Produktvariation/Dienstleistungsvariation
Von einer Variation wird gesprochen, wenn das ursprüngliche Angebot in seiner
Grundkonzeption erhalten bleibt. Hier werden lediglich einzelne Bestandteile im
Laufe der Zeit verändert und/oder modernisiert. An folgenden Punkten kann eine Varia-
tion ansetzen:
–– Physikalische/funktionale Eigenschaften (u. a. Technik, Material)
–– Ästhetische Ausgestaltung (bspw. Design, Farbe, Haptik)
–– Symbolischer Auftritt (etwa Markierung, Logo, Positionierung)
–– Zusätzliche Services (sogenannte Value-Add-Angebote) des bisherigen Angebotes
Bei einer Produkt- oder Dienstleistungsvariation wird das Vorgängerangebot abgelöst.
Dies ist bspw. bei der Weiterentwicklung von Automobilmodellen zu beobachten. Hier
wird bspw. der Volkswagen Golf 7 durch den Golf 8 abgelöst. Auch Dienstleistungen
können entsprechend weiterentwickelt werden, wie bei den Angeboten von Einzel-
händlern, Versicherungsunternehmen und Dienstleistern wie Spotify festgestellt wer-
den kann.

cc Merk-Box  Durch eine Angebotsvariation verändert sich weder die Programm-


tiefe noch die Programmbreite eines Unternehmens.

• Produktdifferenzierung/Dienstleistungsdifferenzierung
Eine Produktdifferenzierung liegt vor, wenn neben das ursprüngliche Produkt eine ver-
änderte Produktversion tritt und diese ergänzt. Hier wird von Line Extension ge-
sprochen. So wurde das iPad von Apple um die Versionen iPad Pro, iPad Air und iPad
mini ergänzt, um zusätzliche Zielgruppen zu erschließen. Bei der Entwicklung zusätz-
licher Produktversionen können die gleichen Ansatzpunkte wie bei der P
­ roduktvariation
herangezogen werden. Beim Fahrdienstleister Uber wurde das ursprüngliche Konzept
um die Angebote Uber Black, Uber Eats, Uber Money, Uber Freight um Uber for Busi-
ness erweitert.

cc Merk-Box  Durch eine Angebotsdifferenzierung erweitert sich die Programm-


tiefe des Anbieters.

Diese Formen der Angebotsmodifikation werden von Unternehmen häufig in der Sät-
tigungs- und Rückgangsphase des Lebenszyklus eingesetzt und in umfassende Marke-
ting-Aktionen eingebunden. Bei der Variation wird versucht, den überarbeiteten An-
geboten „neues Leben“ einzuhauchen. Deshalb wird von einem Relaunch (i.  S. eines
Neustarts) des Produktes bzw. der Dienstleistung gesprochen. Hier wird versucht, dem
rückläufigen Umsatz durch eine Marketing-Offensive entgegenzuwirken.
290 5 Marketing-Instrumente

Ein Relaunch geht nicht immer mit „echten“ Veränderungen einher. Häufig wird ein
Relaunch primär durch verstärkte Werbung ausgelöst. Dort heißt es dann bspw.: „jetzt
neu“, „noch besser“, „noch wirksamer“, „noch pflegeleichter“, „energieverstärkt“ o. Ä. Eine
konkrete Weiterentwicklung des Angebots ist hierbei oft nicht zu beobachten. Im Zuge
eines Relaunchs kann auch eine kommunikative Neupositionierung angestrebt werden,
um zusätzliche Zielgruppen zu erschließen. Dies ist Jägermeister gelungen. Das eher
„konservative“ Getränk wurde erfolgreich als In- und Mix-Getränk für die jüngere Gene-
ration positioniert.
In anderen Fällen kann ein Facelifting i. S. einer Weiterentwicklung der „Produktober-
fläche“ in Gestalt des Designs erfolgen. So wird regelmäßig bei der Modellpflege bei
Elektronikprodukten, bei Bekleidung und im Automobilmarkt vorgegangen. Im Zuge
eines Relaunchs können auch durchgreifende Veränderungen zum Tragen kommen. Ein
solcher umfassender Relaunch wurde beim Mini vorgenommen, nachdem BWM die Marke
von Rover übernommen hatte. Fiat führte beim Fiat 500/Fiat Cinquecento ebenfalls einen
umfassenden technischen Relaunch durch.

5.1.2.5 Entsorgungsphase: Produkteliminationsprozess


Für Unternehmen stellt es eine große Herausforderung dar, sich entweder für eine Produkt-
modifikation oder für eine Produkteliminierung zu entscheiden. Zur Bewertung kann eine
Vielzahl von Entscheidungsfaktoren für eine Angebotsmodifikation bzw. eine An-
gebotselimination herangezogen werden (vgl. Abb. 5.20).

4XDQWLWDWLYH.ULWHULHQ 4XDOLWDWLYH.ULWHULHQ
$EQHKPHQGHU8PVDW] DEVROXW 6LQNHQGH6\PSDWKLHZHUWH
9HUVFKOHFKWHUXQJGHV,PDJHV
$EQHKPHQGHU8PVDW] UHODWLY]XP
*HVDPWXPVDW]GHV8QWHUQHKPHQV 9HUDOWHUXQJGHV$QJHERWVGXUFKQHXH
7HFKQRORJLHQOHLVWXQJVVWlUNHUH$QJHERWH
5FNJDQJYRQ*HZLQQ'HFNXQJVEHLWUDJ XQGRGHU0RGHWUHQGV
DEVROXWUHODWLY
9HUVFKlUIXQJGHUUHFKWOLFKHQ
0DUNWDQWHLOVYHUOXVWH DEVROXWXQGUHODWLY]X 5DKPHQEHGLQJXQJHQEVSZE]JO
GHQVWlUNVWHQ:HWWEHZHUEHUQ 3URGXNWLRQ(LQVDW]XQG(QWVRUJXQJ

1RWZHQGLJNHLWGHU9HUNDXIVI|UGHUXQJGXUFK 1HJDWLYH'LVNXVVLRQLQGHUgIIHQWOLFKNHLW
3UHLVQDFKOlVVH:HUEHGUXFN+lQGOHU EHUGDV$QJHERWQHJDWLYH
3URPRWLRQV Rb $XVVWUDKOXQJVHIIHNWHDXIDQGHUH3URGXNWH
E]ZGDV8QWHUQHKPHQLQVJHVDPW
+RKH5HNODPDWLRQV8PWDXVFKUDWHQ
9HUlQGHUXQJGHUGHPRJUDILVFKHQ
+RKH%HDQVSUXFKXQJNQDSSHU5HVVRXUFHQ WHFKQRORJLVFKHQXQGRGHU|NRQRPLVFKHQ
HWZD%HVFKDIIXQJ3URGXNWLRQ0DUNHWLQJ 5DKPHQEHGLQJXQJHQ
9HUWULHE)LQDQ]HQ
9HUlQGHUXQJYRQ.XQGHQEHGUIQLVVHQ
EVSZNDORULHQEHZXVVWHUH (UQlKUXQJ
%HGHXWXQJ YRQ1DFKKDOWLJNHLW

.DXIYHUEQGH PLWDQGHUHQ $QJHERWHQ GHV


HLJHQHQ 8QWHUQHKPHQV

Abb. 5.20  Entscheidungsfaktoren bei einer Angebotsmodifikation bzw. -elimination


5.1 Produkt- und Programmpolitik 291

cc Merk-Box  Wichtig ist, dass rückläufige Umsätze oder Ergebnisbeiträge allein


häufig nicht ausreichen, um eine Entscheidung über eine Modifikation oder Eli-
mination des Angebots zu treffen. Hier müssen weitere Analysen durchgeführt
werden, um ggf. vorhandene Abhängigkeiten mit anderen Angeboten zu
ermitteln.

Auf die Einstellung der Produktion des VW Käfers aufgrund von zu hohen Emissions-
werten des Motors wurde schon eingegangen. Hier führten rechtliche Vorgaben zum
Stopp. Ein besonders tragisches Beispiel für eine „erzwungene“ Produkteliminierung
stellt die Entscheidung von Samsung dar, Produktion und Vertrieb des Smartphones Ga-
laxy Note 7 einzustellen. Dessen Akku hatte 2016 durch Explosionen in vielen Fällen
Brände verursacht.
Auch Veränderungen in der Demografie tragen zur Eliminierung von Angeboten bei.
So führt der Trend zu immer kleineren Familien dazu, dass Tafelgeschirr aus Porzellan für
zwölf Personen kaum mehr gekauft wird. Für deren Einsatz sind auch die durchschnitt-
lichen Wohnungsgrößen nicht ausreichend. Außerdem verzichten immer mehr Paare auf
eine entsprechende Aussteuer bei der Hochzeit. Die veränderten Ess- und Tischdeck-
gewohnheiten – unterschiedlichste Kaffeebecher statt eines Rosenthal-Gedecks – führen
bei den entsprechenden Porzellanherstellern zu signifikanten Umsatzeinbrüchen. Einer
vergleichbaren Bedrohung sind die Zeitungsverlage ausgesetzt, weil sich die Informations-
beschaffung junger Menschen immer stärker auf Online-Medien konzentriert und Zeitun-
gen folglich kontinuierlich an Bedeutung verlieren.

cc Merk-Box  Jedes Unternehmen muss kontinuierlich prüfen, welche Faktoren


eine Angebotsmodifikation bzw. eine Angebotselimination erzwingen können.
Hierbei hilft die SWOT-Analyse.

5.1.3 Marken-Management

5.1.3.1 Markenstrategien
Im Rahmen der Produkt- und Programmpolitik stellt sich die Frage, wie die Marken-
strategien im Unternehmen auszugestalten sind. Hier wird auch von Branding-Strategie
als wichtigem Teil des Marken-Managements gesprochen. Zur Definition der Marke
tragen primäre und sekundäre Markenelemente bei (vgl. Abb. 5.21).
Die folgenden Markenarten wurden bereits im Abschn. 1.1.5.4 vorgestellt:

• Markenartikel
• Handelsmarken
• No-Names
292 5 Marketing-Instrumente

3ULPlUH0DUNHQHOHPHQWH 6HNXQGlUH0DUNHQHOHPHQWH
0DUNHGHILQLHUWGXUFK« 0DUNHDQJHUHLFKHUWGXUFK«
1DPH LQNO'RPDLQ +HUNXQIWVODQGRGHU5HJLRQ
&ODLP6ORJDQ 9HUWULHEVNDQlOHYRQ'ULWWH
/RJR6\PERO6FKOVVHOELOG /L]HQ]LHUXQJHQ HWZDYRQ/LHGHUQ
'HVLJQ )RUP)DUEH6FKULIWW\S 7HVWLPRQLDOV (LQELQGXQJYRQ,QIOXHQFHUQ
6RXQG 6SUDFKH.OlQJH*HUlXVFKH 6SRQVRULQJYRQ9HUDQVWDOWXQJHQ
+DSWLN LQVE2EHUIOlFKHQ 0DUNHQDOOLDQ]HQ&R%UDQGLQJ
2OIDNWRULN 'XIW  *WHVLHJHO7HVWEHULFKWH
*XVWDWRULN *HVFKPDFN 5DWLQJVXQG5HYLHZVYRQ.XQGHQ

Abb. 5.21  Primäre und sekundäre Markenelemente. (Quelle: Orientiert an Kilian & Kreutzer, 2022)

Einmarken-Strategie Mehrmarken-Strategie
(Markenhaus) (Haus der Marken)
Neue Angebote profitieren bei einem Für jedes Angebote kann eine maßge-
positiven Imagetransfer der bereits schneiderte Markenpersönlichkeit aufgebaut
eingeführten Marke (Nutzung eines werden
vorhandenen Markenwertes) Eine „schärfe“ Positionierung und
Geringer Marketing-/Markenaufwand, da Kommunikation sind möglich
nicht für jedes neue Angebot eine neue Eine Neupositionierung für eine einzelne
Marke zu kreieren ist Marke ist leichter umsetzbar
Betriebsgrößenvorteile können genutzt Verschiedene Zielgruppen können
werden differenziert angesprochen werden
Leichtere Einführung im Handel, da die Größere Marktabdeckung durch
Marke bereits bekannt ist unterschiedliche Marken und verschiedene
Geringer Kommunikationsbedarf bei der Preis-Leistungs-Strategien möglich
Einführung neuer Leistungen, da auf Vermeidung eines negativen
„Vorwissen“ der Kunden aufgesetzt werden Imagetransfers, wenn bei einer Marke
kann „Probleme“ auftreten
Geeignet bei hoher Marktdynamik, da neue Innovationen – auch abseits vom
Angebote schneller eingeführt werden Kerngeschäft – sind leichter vermittelbar
können (Zeit für die Markenentwicklung Risikostreuung durch ein breites Marken-
entfällt) Portfolio

Abb. 5.22  Vorteile von Einmarken- und Mehrmarken-Strategien

Bei der Umsetzung der Markenstrategien werden verschiedene Konzepte eingesetzt.


Zunächst kann zwischen einer Einmarken-Strategie und einer Mehr-Marken-Strategie
unterschieden werden. Die Vorteile der Einmarken-Strategie zeigt Abb. 5.22 (links). Be-
sonders hervorzuheben ist die Möglichkeit eines positiven Imagetransfers, wenn die
Marke bereits erfolgreich eingeführt ist. Da auf Vorwissen der Kunden aufgesetzt werden
kann und nicht bei jedem Angebot eine neue Marke entwickelt werden muss, können Bud-
gets und Zeit eingespart werden. Durch die Fokussierung auf eine Marke entsteht ein
Markenhaus (auch Branded House).
Die Vorteile der Mehrmarken-Strategie zeigt Abb. 5.22 (rechts). Hier kann für jede
einzelne Marke eine eigene Markenpersönlichkeit entwickelt werden. Diese ermöglicht
sehr präzise Positionierungen und die Ansprache von ausdifferenzierten Zielgruppen.
Scheitert eine Marke, hat dies oft keinen negativen Imagetransfer auf die anderen Marken
zur Folge. Dies gilt zumindest so lange, wie eine Transparenz über das dahinterstehende
5.1 Produkt- und Programmpolitik 293

0DUNHQKDXV 6XEPDUNHQ (PSIHKOXQJVPDUNHQ +DXVGHU0DUNHQ


%UDQGHG +RXVH 6XEEUDQGV (QGRUVHG %UDQGV +RXVHRI %UDQGV
JOHLFKH,GHQWLWlW JOHLFKEHUHFKWLJW VWDUNJHVWW]W YHUERUJHQ
XQWHUVFKLHGOLFKH XQWHUJHRUGQHW QDPHQWOLFKYHUE XQYHUEXQGHQ
,GHQWLWlWHQ GH]HQWJHVWW]W

‹7R\RWD'HXWVFKODQG
*PE+ /H[XV'LYLVLRQ

0DUNHQLQWHJUDWLRQ
0DUNHQVHSDUDWLRQ

6WHOOHQZHUWJHWHLOWHU:HUWH
)KUXQJVEHGDUIIUGLH0DUNHQ

Abb. 5.23  Ausgestaltungsoptionen der Markenstrategien. (Quelle: Orientiert an Kilian & Kreut-
zer, 2022)

Unternehmen fehlt. Die Entwicklung eigener Marken geht allerdings mit einem höheren
zeitlichen und budgetären Aufwand einher. Die Mehrmarken-Strategie führt zu einem
Haus der Marken, das auch House of Brands genannt wird.
Zwischen diesen beiden Extremformen gibt es verschiedene Abstufungen. Diese sind
in Abb. 5.23 zu sehen (vgl. Aaker & Joachimsthaler, 2000, S. 105). Zwischen den Polen
„Markenhaus“ und „Haus der Marken“ sind Submarken bzw. Subbrands angesiedelt.
Hier ist ein noch ein deutlicher Bezug zur Hauptmarke gegeben. Bei den Empfehlungs-
marken (Endorsed Brands) rückt die Hauptmarke dagegen in den Hintergrund. Sie ist
noch sichtbar, aber weniger deutlich.
Ein Markenhaus mit einer dominanten Marke findet sich bei Siemens, Tesla und Vir-
gin (vgl. Abb. 5.23) Alle Angebote aus diesen Unternehmen tragen – heute – den gleichen
Markennamen. Ein Beispiel für Subbrands liefert die Bild-Familie von Axel Springer.
Die Bild-Zeitung wurde 1952 in den Markt eingeführt. In den letzten Jahrzehnten kamen
unter der Marke „Bild“ viele weitere Angebote dazu. Hierzu zählen die folgenden Pro-
dukte, die alle den Markennamen „Bild“ nutzen und so zur Submarke werden (vgl. Axel
Springer, 2021):

• Bild+
• Test Bild
• Bild Stars
• Bike Bild
• Computer Bild eHome
• Computer Bild
• Audio Video Foto Bild
• Sport Bild
294 5 Marketing-Instrumente

• Auto Bild Reisemobil


• Auto Bild Motorsport

Die ursprünglich auch von Axel Springer entwickelte Bild der Frau gehört inzwischen
zu Funke Mediengruppe. Parallel zu den aufgeführten Marken hat Axel Springer eine Viel-
zahl anderer Marken im Angebot.

cc Merk-Box  Ein Unternehmen kann parallel verschiedene Markenkonzepte


einsetzen.

Die zu Toyota gehörende Marke Lexus gilt als „the luxury devision of Toyota“. Hier
wird der Charakter einer Empfehlungsmarke sichtbar (vgl. Abb. 5.23). Procter & Gam-
ble ist ein typisches Haus der Marken. Vielen Konsumenten ist das hinter berühmten
Marken wie OralB, Meister Proper, head & shoulders, Braun, Gillette, Pampers, Ariel,
Lenor und always stehende US-amerikanische Unternehmen nicht bekannt. Und das, ob-
wohl auf den Produkten als übergreifender „Absender“ Procter & Gamble steht! Auch
Unilever ist ein solches Haus der Marken (vgl. Abschn. 5.1.3.3).

cc Denkanstoß  Finden Sie weitere Beispiel für die Konzepte Branded House, Sub-
brand, Endorsement Brand und House of Brands.

cc Merk-Box  Jedes Unternehmen ist aufgerufen, die für seine Angebotspalette


geeignete Marken-Architektur zu entwickeln. Hierzu werden verschiedene
Markenstrategien genutzt. Eine „richtige“ Marken-Architektur gibt es nicht.

Es geht darum, Markenstrategien zu entwickeln, die die Umsetzung der Unternehmens-


und Marketing-Strategien am besten unterstützen.
Die Vielzahl der Optionen macht eines deutlich: Marken-Management ist eine
kontinuierliche Aufgabe, die nie abgeschlossen ist. Zum Marken-Management gehören
die folgenden Aufgaben:

• Aufbau und Einführung neuer Marken


• Revitalisierung eingeführter Marken (Stichwort Relaunch)
• Markentransfer in andere eigene Sortimentsbereiche
• Vergabe von Lizenzen zur Nutzung einer Marke an andere Unternehmen (das
Unternehmen Coty produziert die Dürfte für die Marken adidas, Celine Dior, Chloe
und Pierre Cardin. Procter & Gamble stellt die Düfte Bruno Banani und Dolce & Gab-
bana her)
• Verkauf von Marken an Drittunternehmen
• Eliminierung von Marken, die den Unternehmenszielen nicht mehr gerecht werden
5.1 Produkt- und Programmpolitik 295

8QWHUQHKPHQV
PDUNH

'DFK
PDUNHQ

)DPLOLHQ
PDUNHQ

1LYHD6XQ.LGV 1LYHD0HQ&UHPH WHVDILP NULVWDOONODU WHVD 6WLFN


3URGXNW 1LYHD6XQ%DE\ 1LYHD0HQ(DXGH WHVDILOP LQYLVLEOH WHVD (DV\6WLFN
PDUNHQ 6FKXW] 3IOHJH 7RLOHWWH WHVDILOP HFR FOHDU WHVD *OXH 6WLFN
%HLVSLHOH 1LYHD6XQ*HVLFKWV 1LYHD0HQ$FWLYH WHVDILOP WUDQVSDUHQW WHVD 3URPR6WLFN
6RQQHQFUHPH (QHUJ\

Abb. 5.24  Markenhierarchie bei Beiersdorf. (Quelle: Kilian & Kreutzer, 2022)

5.1.3.2 Marken-Konzepte und Markennamen


Innerhalb der Marken-Architektur können verschiedene weitere Marken-Konzepte ein-
gesetzt werden. Die zentralen Begriffe hierzu werden in Abb. 5.24 sichtbar. Über allen
Produkten steht die Unternehmensmarke Beiersdorf. Darunter sind als Dachmarken
Nivea und Tesa angesiedelt.
Teilweise werden diese auch als Familienmarken bezeichnet. Hierbei bliebe aller-
dings unberücksichtigt, dass unter dem Dach Nivea und unter dem Dach Tesa wiederum
eigene „Familien“ etabliert wurden.
Bei Nivea etwa Nivea Sun und Nivea Men, die wiederum mehrere Familienmitglieder
umfassen (vgl. Abb. 5.24). Bei Tesa wurden die Familien Tesa Film und Tesa Stick mit
mehreren Produkten aufgebaut. An diesen beiden Marken wird sichtbar, dass zu diesen
eine große Zahl von Produktmarken gehört. Vor diesem Hintergrund wird hier bewusst
zwischen Dach- und Unternehmensmarke unterschieden. In anderen Unternehmen sind
Dach- und Unternehmensmarke identisch.
Bei der Entwicklung von Markennamen können unterschiedliche Orientierungs-
punkte herangezogen werden. Eine Auswahl von Anhaltspunkten für die Namens-
findung findet sich in Abb. 5.25.

cc Denkanstoß  Gehen Sie auf Suche nach den Orientierungspunkten für weitere Mar-
ken, die Sie in Ihrem Umfeld nutzen.
296 5 Marketing-Instrumente

Markennamen

Direkter Bezug Indirekter Bezug


Direkter Bezug Regionaler Bezug zum
Kunstnamen zu Produkt- zu Produkt-
zum Produkt Bezug Gründer
eigenschaften eigenschaften

Meissner Ford
Arvato Wikipedia Netflix Lexus
Porzellan

Spreewalder
Aventis HolidayCheck Nirosta Nivea for Men Siemens
Gurken

Becker´s
Novartis Sport Bild iPod Fulda Reifen adidas
Bester

Xerox TV Today MonCherié Du darfst Champagner HARIBO

Abb. 5.25  Orientierungspunkte für die Findung von Markennamen

Produktlinien

bestehende neue

Linienausweitung Markentransfer
bestehende

(Line Extension) (Brand Extension)


Google Ads, Google My
Google Search, Google Scholar,
Business, Google Pay, Google
Google Universal Search
Translate, Google TV …
Marken

Mehrmarken-Strategie Marken- und


(Multibranding) Produktlinien-Innovation
neue

Android, Calico, DeepMind,


DoubleClick, Nest, Picasa,
YouTube, Waymo …

Abb. 5.26  Produkt-Marken-Portfolio am Beispiel von Alphabet

Bei international agierenden Unternehmen ist es wichtig, bei der Entwicklung von
Markennamen auf deren internationale Einsatzfähigkeit zu achten. Hierbei ist nicht
nur an Namensrechte zu denken, sondern auch an Assoziationen, die länder- oder
regionalspezifisch mit bestimmten Namen einhergehen (vgl. vertiefend Gutting, 2020,
S. 123–147).
Zusätzlich sind beim Marken-Management die einschlägigen Bestimmungen des um-
fangreichen Markenrechts zu berücksichtigen. Diese sind u. a. im Markengesetz sowie in
der Markenverordnung niedergelegt.

5.1.3.3 Produkt-Marken-Portfolio
Die verschiedenen Ansätze zur Weiterentwicklung des Angebots- sowie des Marken-
programms können in einem Produkt-Marken-Portfolio zusammengeführt werden.
5.1 Produkt- und Programmpolitik 297

Hierbei stellt das Feld „bestehende Marken und Produktlinien“ den Ausgangspunkt der
Entwicklung dar (vgl. Abb. 5.26).
Das Produkt-Marken-Portfolio umfasst die folgenden Stoßrichtungen:

• Bei der Line Extension (auch Produktdifferenzierung oder Linienausweitung) wird


versucht, den etablierten Markennamen auf weitere Produkte innerhalb der bestehenden
Produktlinie zu übertragen. Innerhalb des Alphabet-Konzerns erfolgte dies bei Google
Search zu Google Universal Search.

cc Merk-Box  Bei der Line Extension werden neue Leistungen in die bestehende
Produktlinie integriert. Außerdem wird der gleiche Markenname verwendet.

• Bei der Brand Extension (auch Markentransfer) wird ein etablierter Markenname
für die Vermarktung anderer Produktlinien eingesetzt. Hier entstehen die in
Abschn.  5.1.3.1 erwähnten Subbrands. Dazu zählen bei Alphabet u.  a. Google Ads,
Google My Business, Google Pay, Google Play, Google TV. Um diese Subbrands auf-
zubauen, hat Google in vielen Fällen Unternehmen mit attraktiven Leistungsangeboten
akquiriert. Parallel wurden innovative Entwicklungen im eigenen Unternehmen selbst
gestartet.

cc Merk-Box  Bei der Brand Extension werden Leistungen in einer neuen Produkt-
linie angeboten. Hierfür wird der gleiche Markenname eingesetzt.

• Beim Multibranding (Mehrmarken-Strategie) treten neben die bereits etablierte


Marke innerhalb der gleichen Produktlinie weitere Angebote. Hierdurch kann das
Marktpotenzial umfassender erschlossen werden. Am Beispiel Alphabet wäre dies der
Fall, wenn das Unternehmen unter einem anderen Namen eine weitere Suchmaschine
betreiben würde. Da es sich bei der Suchmaschine um ein „The-Winner-takes-it-all-
Konzept“ handelt, wäre eine solche Strategie allerdings nicht sinnvoll.
Von einem „The-Winner-takes-it-all-Konzept“ spricht man, wenn die Anbieter und
die Kunden jeweils das dominierende Angebot nutzen, weil es für sie Vorteile bringt.
Für die Anbieter liegt der Vorteil von Google darin, dass sich hier viele Nutzer finden,
die durch Keyword-Anzeigen auf das eigene Angebot aufmerksam gemacht werden
können. Für die Kunden besteht der Vorteil von Google darin, dass hier an einem digi-
talen Ort viele verschiedene Anbieter zu finden sind. Bei Google liegen positive Netz-
werkeffekte vor: Je mehr Anbieter und je mehr Nachfrage auf einer Plattform zu-
sammenkommen, desto attraktiver ist die Plattform.
Unilever setzt auf Multibranding. In vielen Produktlinien des Unternehmens werden
verschiedene Marken angeboten. In der Produktlinie Eis bietet Unilever folgende Mar-
298 5 Marketing-Instrumente

ken an: Ben & Jerry’s, Cornetto, Cremissimo, Langnese, Magnum, Solero und Vienetta.
In der Produktlinie Deodorants finden sich die Marken Axe, Dove, Impulse und Rexona
(vgl. Unilever, 2021).

cc Merk-Box  Bei Multibranding werden vergleichbare Leistungen einer Produktlinie


unter verschiedenen Markennamen vom gleichen Unternehmen an­geboten.

• Bei der Marken- und Produktlinien-Innovation wird mit neuen Marken in neue
Produktlinien vorgestoßen. Dies erfolgt bspw. bei Alphabet durch die Akquisition bzw.
den Aufbau von Unternehmen bzw. Angeboten wie Android, DoubleClick, Nest, Pi-
casa, YouTube und Waymo. In welchen Fällen von „neuen“ Produktlinien gesprochen
werden kann und wann ein Unternehmen sich noch innerhalb „bestehender“ Produkt-
linien bewegt, kann nicht generell bestimmt werden. Die hier vorzunehmende Ab-
grenzung orientiert sich in hohem Maße an der Zielsetzung der Analyse.

cc Merk-Box  Bei Marken- und Produktlinien-Innovation werden neue Leistun-


gen in einer neuen Produktlinie unter neuen Markennamen angeboten.

Jedes Unternehmen ist aufgerufen, immer wieder anhand des Produkt-Marken-Port-


folios zu prüfen, in welche Richtungen das eigene Angebot weiterentwickelt werden kann.

5.1.4 Servicestrategien

Zur Komplettierung der Angebotspalette können unterschiedliche Servicestrategien ge-


nutzt werden. Diese dienen dazu, das Leistungsspektrum für Interessenten oder bereits
gewonnene Kunden noch attraktiver zu gestalten. Gleichzeitig kann eine Angebots-
differenzierung im Qualitätswettbewerb erreicht werden.
Sowohl im B2B- wie auch im B2C-Markt kann zunächst eine Gruppierung nach der
Phase der Servicebereitstellung erfolgen. Ein Service kann vor, während oder nach dem
Kauf erbracht werden. Zusätzlich ist eine Differenzierung zweckmäßig, ob produkt- oder
personenbezogene Services angeboten werden (vgl. Abb. 5.27).
Orientiert an Abb. 5.27 kann jedes Unternehmen für sich entscheiden, welche Leistungs-
felder zur Differenzierung im Wettbewerb eingesetzt werden sollten. Pre-Sales-­Services
können den Verkauf anbahnen, indem bspw. das Produkt physisch erlebbar wird (etwa
durch Probefahrten). Tupper-Partys oder Produktvorführungen von Vorwerk in privaten
Haushalten ermöglichen ebenfalls eine Beschäftigung mit Angeboten in der Pre-­Sales-­
Phase. Referenzbesuche helfen im B2B-Markt, einen Verkauf anzubahnen. So kann poten-
ziellen Kunden der Einsatz eigener Lösungen bei anderen Unternehmen präsentiert wer-
den. Dies ist häufig bei Produktionsanlagen, aber auch bei Software-Lösungen der Fall. In
5.1 Produkt- und Programmpolitik 299

3UH6DOHV $IWHU6DOHV
6DOHV6HUYLFHV
6HUYLFHV 6HUYLFHV

‡ .RVWHQORVH]HLWOLFK ‡ (LQSDFNVHUYLFH ‡ /LHIHUVHUYLFH


EHIULVWHWH3URGXNW ‡ ,QGLYLGXDOVLHUXQJGHV ‡ ,QVWDOODWLRQ0RQWDJH
EHUODVVXQJ EVSZ 3URGXNWHVE]ZGHU ‡ .XQGHQGLHQVW
3URGXNWEH]RJHQH6HUYLFHV
3UREHIDKUW3UREH 'LHQVWOHLVWXQJ ‡ :DUWXQJ
DERQQHPHQW &XVWRPL]LQJ ‡ +RWOLQH
‡ 6DPSOLQJ ‡ )HUQGLDJQRVH

‡ 3URGXNWYRUIKUXQJDP ‡ )LQDQ]LHUXQJV ‡ .RVWHQORVHSIOLFKWLJH


326]X+DXVH OHLVWXQJHQ XD 6FKXOXQJHQ
0LW ‡ $XVIKUOLFKH%HUDWXQJ 5DWHQ]DKOXQJ ‡ 8QWHUVWW]XQJEHLGHU
3URGXNWEH]XJ ‡ 5HIHUHQ]EHVXFKHEHL )LQDQ]LHUXQJ 2UJDQLVDWLRQV
$QZHQGHUQ ‡ (LQZHLVXQJLQGHQ HQWZLFNOXQJ
3HUVRQHQ ‡ )DFKWDJXQJ.RQJUHVV 3URGXNWJHEUDXFK
EH]RJHQH
6HUYLFHV ‡ (LQODGXQJ]X(YHQWV ‡ :DUWHQLQHLQHU ‡ 2Q2IIOLQH
‡ $OOJHPHLQHU,QIRUPD 9,3/RXQJH %HWUHXXQJVSURJUDPP
2KQH
WLRQVVHUYLFH EVSZ]XU ‡ *HVFKHQNHXQG ‡ .XQGHQPDJD]LQH
3URGXNWEH]XJ
%UDQFKH]X7UHQGV =XJDEHQ ‡ .XQGHQELQGXQJV
V\VWHPH

Abb. 5.27  Serviceleistungen als Teil der Produkt- und Programmpolitik

Abhängigkeit vom Geschäftsmodell kann sogar eine umfassendere Einbindung der Ziel-
kunden bereits in den Entwicklungsprozess erfolgen (vgl. Abschn. 5.1.2.2).
Sales-Services tragen dazu bei, den konkreten Kauf zu unterstützen. Besonders wich-
tig sind in diesem Bereich auch Zahlungsmodalitäten, die in Abschn. 5.2.6 als Teil der
Preis- und Konditionenpolitik vertieft werden.
Zu den After-Sales-Services zählen Leistungen, die den Einsatz der erworbenen
Güter erleichtern sollen. Hierzu gehören etwa Schulungen und Wartungsleistungen.
Hardware-­Anbieter offerieren oft eine Vielzahl von After-Sales-Services. Diese rei-
chen von Hardware- und Software-Support über Installations- und Netzwerkservices
bis zu Abhol-/Reparatur-­Services und Services vor Ort. Automobil-Unternehmen bie-
ten ebenfalls häufig eine Kombination verschiedener Services an. Diese reichen von
einer attraktiven Finanzierung (bspw. zu 0 %) in der Kaufphase bis zu einer integrierten
Haftpflicht-/Vollkasko-­Versicherung sowie einer Garantieverlängerung in der After-Sa-
les-Phase.
Durch solche Angebote können dauerhafte Kundenbeziehungen aufgebaut werden, die
im Idealfall zu zufriedenen Kunden und damit auch zu Folgekäufen führen. Dazu tragen
auch Kundenbindungskonzepte bei (vgl. vertiefend Abschn. 5.4.5.2; grundlegend Kreut-
zer, 2021a, S. 267–350).

cc Denkanstoß  Überlegen Sie einmal, welche der in Abb.  5.27 genannten Service-
strategien das Unternehmen, in dem Sie arbeiten, heute schon einsetzt. Welche wei-
teren Services würden Sie empfehlen?
300 5 Marketing-Instrumente

Was es zu behalten gilt

• Innovationen haben eine zentrale Bedeutung für die Mehrheit der Unternehmen.
• Der Produktlebenszyklus stellt ein wichtiges Analyse- und Prognose-Instrument
für die Produkt- und Programmpolitik dar.
• Der Lebenszyklus kann sich auf verschiedene Objekte beziehen (Produkt, Dienst-
leistung, Branche, Unternehmen, Länder etc.).
• Der Innovationsprozess muss aufgrund seiner Wichtigkeit umfassend aus-
gestaltet werden.
• Zur Entwicklung von Innovationen können das Wasserfall-Konzept sowie An-
sätze des agilen Managements eingesetzt werden.
• Für die Auswahl von Neuproduktideen gibt es eine Vielzahl von wichtigen Be-
wertungskonzepten.
• Mit einem Scoring-Modell können unterschiedlichste Entscheidungen systemati-
siert werden.
• Das Diffusionskonzept bei Innovationen zeigt, dass sich durch neue Produkte
bzw. Dienstleistungen im Zeitablauf ganz unterschiedliche Kundensegmente an-
gesprochen fühlen.
• Durch Angebotsvariation und -differenzierung wird versucht, den Lebenszyklus
eines Produktes bzw. einer Dienstleistung zu verlängern.
• Servicestrategien können entscheidend dazu beitragen, eine Differenzierung der
eigenen Leistungen im Wettbewerberumfeld zu erreichen.

Fragen zur Überprüfung Ihres Wissensstandes

1. Wie wirken sich Entscheidungen der kundenorientierten Strategien, d.  h. der


Marktfeld-, der Marktstimulierungs-, der Marktsegmentierungs- sowie der Markt-
arealstrategie auf die Produkt- und Programmpolitik aus? Verdeutlichen Sie sich
diese Einflüsse anhand von konkreten Unternehmensbeispielen.
2. Durch welche Begriffe lässt sich das Leistungsangebot eines produzierenden
Unternehmens sowie das Sortiment eines Handelsunternehmens beschreiben?
3. Welche Bedeutung kommt Innovationen in entwickelten Märkten zu? Wodurch ist
dies zu begründen?
4. Welche Arten von Innovationen gibt es und wie können diese unterschieden wer-
den? Nennen Sie konkrete Beispiele für alle Innovationsformen und veranschau-
lichen Sie, welche Chancen und Risiken für die anbietenden Unternehmen damit
jeweils verbunden sind oder waren.
5.1 Produkt- und Programmpolitik 301

5. Welche strategischen Optionen hat ein Unternehmen hinsichtlich der Durch-


führung von Innovationsprozessen? Wodurch lassen sich Unternehmen bei dieser
Fragestellung leiten?
6. Welche Größenordnung erreicht in entwickelten Märkten die Misserfolgsquote bei
Neuprodukteinführungen? Worauf führen Sie diese Ergebnisse zurück?
7. Welche Methoden können bei einem Innovationsprozess im Unternehmen ein-
gesetzt werden?
8. Was sind Trigger und Quellen für Neuproduktideen?
9. Kennzeichnen Sie Zielsetzung, Vorgehen und Guidelines für das Brainstorming.
Setzen Sie diese Methode in einer Gruppe zur Entwicklung des „idealen Lehrbuchs
für Marketing“ ein.
10. Kennzeichnen Sie Zielsetzung und Vorgehen für das Brainwriting. Setzen Sie diese
Methode in einer Gruppe zur Bearbeitung einer Fragestellung Ihrer Wahl ein.
11. Kennzeichnen Sie Zielsetzung und Vorgehen für das Attribute Listing. Nutzen Sie
diese Methode zur Entwicklung neuer Schokoladensorten im „Selbstversuch“.
12. Beschreiben Sie das Analyseraster für Innovationen. Welche Konsequenzen lassen
sich aus den unterschiedlichen Positionen ableiten?
13. Wodurch unterscheidet sich das Closed-Innovation-Modell vom Open-­Innovation-­
Modell? Welche Bedeutung ist diesen unterschiedlichen Konzepten beizumessen?
14. In welcher Form können Kunden frühzeitig in den Innovationsprozess inte­
griert werden?
15. Was versteht man unter einem Scoring-Modell? Wie ist bei dessen Einsatz vorzu-
gehen? Welche Schritte sind zu durchlaufen?
16. Welche zentralen Vor- und Nachteile sind Ihrer Meinung nach mit dem Einsatz von
Scoring-Modellen verbunden?
17. Erarbeiten Sie je ein Scoring-Modell zur Ermittlung von Kundenwertigkeiten
sowie zur Bewertung der Attraktivität von Absatzmärkten. Machen Sie sich deut-
lich, weshalb Sie welche Kriterien berücksichtigt haben und wodurch Sie sich bei
der Gewichtung lenken lassen. Führen Sie eine konkrete Berechnung für diese Bei-
spiele durch.
18. Was versteht man unter der Break-even-Analyse und in welchen Fällen kommt
diese zum Einsatz? Veranschaulichen Sie deren Aussage anhand eines Beispiels
Ihrer Wahl.
19. Ermitteln Sie den Break-even-Point basierend auf folgenden Angaben: Verkaufs-
preis 450 €, variable Kosten pro Stück 150 €, Fixkosten 6000 €.
20. Was ist der Unterschied zwischen der Amortisationsrechnung und der Kapitalwert-
methode? Welches Verfahren liefert aussagekräftigere Ergebnisse? Führen Sie
eigene Berechnungen mit den vorgestellten Methoden durch.
21. Setzen Sie die Kapitalwertmethode für folgende Fragestellung ein: Ein Einzel-
händler überlegt, ob er eine Werbetafel für eigene und fremde Werbung einsetzen
302 5 Marketing-Instrumente

soll. Die einmalige Investition beläuft sich auf 40.000 €. Es wird mit jährlichen
Werbeeinnahmen von 8000 € gerechnet. Die erwartete Lebensdauer der Werbetafel
beträgt sechs Jahre. Der interne Zinsfuß beträgt 3,5 %. Lohnt sich die Investition?
22. Was versteht man unter dem Diffusionsmodell für neue Produkte bzw. neue Dienst-
leistungen? Welche Relevanz hat dieses für das unternehmerische Marketing? Wel-
che Aspekte sind zu berücksichtigen?
23. Veranschaulichen Sie das Diffusionsmodell am Beispiel von Smartwatches. Wer
hat diese zuerst erworben? Welche Preisstrategien wurden eingesetzt? Welche Per-
sonen aus Ihrem privaten Umfeld gehören bei diesem Produkt zu den Innovatoren,
welche zu den Nachzüglern?
24. Welche Ansätze der Produkt- bzw. Dienstleistungsmodifikation gibt es? Welche
Konsequenzen sind damit für die Unternehmen verbunden?
25. Welche Aspekte sind bei einer Produkt- bzw. Dienstleistungselimination zu be-
rücksichtigen?
26. Welche Branding-Strategien sind zu unterscheiden? Nennen Sie Beispiele für alle
Ausprägungsformen. Welche Vor- und Nachteile sind mit den verschiedenen An-
sätzen verbunden?
27. Welches sind die primären und sekundären Markenelemente?
28. Wodurch unterscheiden sich Einmarken- und Mehrmarken-Strategien? Welche
Vorteile weisen diese jeweils auf?
29. Worin liegt der Unterschied zwischen einem Markenhaus und einem Haus der
Marken? Welche Beispiele fallen Ihnen dazu ein?
30. Kennzeichnen Sie das Konzept des Produkt-Marken-Portfolios. Welche unter-
nehmerischen Entscheidungen sind damit verbunden? Verdeutlichen Sie die Rele-
vanz dieses Konzeptes durch die Analyse des Angebotes des Schreibgeräte-
herstellers Montblanc.
31. Grenzen Sie Pre- und After-Sales-Services von Sales-Services ab. Wie kann deren
inhaltliche Ausgestaltung weiter differenziert werden? Entwickeln Sie eine
Servicestrategie für ein Autohaus und ein Elektrofachgeschäft.

5.2 Preis- und Konditionenpolitik

„Nicht der ist ein guter Führer, der alle Dinge richtig macht, sondern der, der die richtigen
Dinge tut.“
Peter F. Drucker

Lernziele
Fähigkeit,

• den Stellenwert der Preis- und Konditionenpolitik im Marketing-Diamanten zu


verstehen
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 303

• Gestaltungsfelder der Preis- und Konditionenpolitik zu beherrschen


• preisdeterminierende Faktoren zu bestimmen
• alternative Konzepte zur Preisfindung anzuwenden
• unterschiedliche Preisstrategien zu verstehen und ihre Einsatzfelder sicher zu
charakterisieren

5.2.1 Entscheidungsfelder der Preis- und Konditionenpolitik

Die Festlegung von Preisen wird von vielen verschiedenen Kriterien beeinflusst
(Abb.  5.28). Hierzu gehören als interne Faktoren neben den schon angesprochenen
Unternehmens- und Marketing-Zielen insb. die Kosten für die Entwicklung, Produktion
und Vermarktung der Angebote. Innovative Angebote, der Eintritt in neue Märkte sowie
die Erweiterung der Angebotspalette stellen weitere interne Faktoren der Preisfindung dar.
Dazu gehören auch Preisleitlinien, um verschiedene Produktgruppen innerhalb eines
Unternehmens voneinander abzugrenzen. Das sogenannte Line Pricing beinhaltet die
Festlegung von Preiskorridoren für bestimmte Produktlinien.
Zu den externen Faktoren gehören die rechtlichen und marktlichen Rahmen-
bedingungen (vgl. Abb. 5.28). Hier ist vor allem an die Konjunktur zu denken, die mit
wachsenden oder schrumpfenden Märkten einhergeht. Auch die Konkurrenzaktivitäten
und die Macht von Handelspartnern wirken auf die Preisfindung ein. Von großer Be-
deutung ist auch die Bereitschaft der Kunden, für bestimmte Angebote zu bezahlen. Der
technologische Fortschritt sowie die erreichte Position eines Angebots im Lebenszyklus
wirken sich ebenfalls auf die Preisstellung aus.
Im Mittelpunkt der Preis- und Konditionenpolitik selbst stehen mehrere Aufgaben-
bereiche (vgl. Homburg, 2020, S. 723–824; Meffert et al., 2019, S. 491–576; Pepels, 2019;
Simon, 2015). Zunächst geht es um die Festlegung des „optimalen“ Verkaufspreises für
ein Produkt oder eine Dienstleistung (vgl. Abb. 5.28). Die Frage der „Optimalität eines
Preises“ kann allerdings nur im Hinblick auf die definierten Unternehmens- und Marketing-­
Ziele beantwortet werden. Eine Preisstellung ist als optimal zu bewerten, wenn sie best-
möglich zur Erreichung dieser Ziele beiträgt. Wie bereits bei der Zieldefinition an-
gesprochen, kann in der Praxis nicht festgestellt werden, ob je das Optimum erreicht
wurde (vgl. Abschn. 3.2):

• Zur Erreichung der Unternehmensziele kann ein Kampfpreis definiert werden, um


Marktanteile „zu kaufen“ oder Wettbewerber aus dem Markt zu drängen. Diese Strate-
gie ist weltweit im Hinblick auf das Angebot von Solarzellen festzustellen. Hier ver-
drängen chinesische Anbieter – teilweise unter dem Vorwurf des Dumpings – andere
Wettbewerber vom Markt (vgl. vertiefend Abschn. 5.2.4.2).
• Ein Unternehmen kann auch einen Premiumpreis festlegen. Hierdurch soll die Preis-
bereitschaft der Kunden abgeschöpft werden. Gleichzeitig kann hierdurch eine Quali-
304 5 Marketing-Instrumente

,QWHUQH)DNWRUHQ
 8PVDW]*HZLQQ
'HFNXQJVEHLWUDJV=LHOH
 0DUNWDQWHLOV]LHOH )HVWOHJXQJGHVÄRSWLPDOHQ³3UHLVHV
 ,PDJH]LHOH
 =LHOVHJPHQWH=LHOJUXSSHQ 'XUFKVHW]XQJGHV3UHLVHVDP0DUNW
 ,QQRYDWLRQVJUDGGHV$QJHERWHV
 .RVWHQ XDYRQ3URGXNWLRQ9HUWULHE
 3UHLVOHLWOLQLHQ %HVWLPPXQJGHU3UHLVK|KHLP
=HLWDEODXI

([WHUQH)DNWRUHQ 8PVHW]XQJHLQHU3UHLVGLIIHUHQ]LHUXQJ
 .RQMXQNWXU0DUNWHQWZLFNOXQJ
 :HWWEHZHUEVLQWHQVLWlW 'HILQLWLRQGHU.RQGLWLRQHQGHU
 0DFKWGHU+DQGHOVSDUWQHU (QWJHOWHQWULFKWXQJ
 3UHLVVHQVLELOLWlWGHU.XQGHQ
 7HFKQRORJLVFKHU)RUWVFKULWW
 3KDVHLP3URGXNWOHEHQV]\NOXV
 (LQVFKOlJLJH*HVHW]H

Abb. 5.28  Einflussfaktoren und Gestaltungsfelder der Preis- und Konditionenpolitik

tätsführerschaft beansprucht werden. Dies ist bspw. bei Miele-Produkten der Fall, die
sich im Top-Markt positionieren und „Made in Germany“ als verkaufsverstärkendes
Element werblich hervorheben.
• Alternativ kann sich das Management für eine Mittelpreislage oder eine Niedrigpreis-
strategie entscheiden, um die Unternehmensziele bestmöglich zu erreichen.

cc Merk-Box  Einen optimalen Preis für alle Unternehmen gibt es nicht!

Die Produktionskosten beschränken die möglichen Preisstrategien. Eine Niedrig-


preisstrategie setzt eine besonders kostengünstige Produktion zwingend voraus. Dagegen
kann eine Premiumstrategie auch bei Produkten eingesetzt werden, die in Niedriglohn-
ländern gefertigt werden. Voraussetzung ist, dass die Premium-Positionierung in den
Augen der Kunden gerechtfertigt ist.
Wurde der für jedes einzelne Unternehmen „optimale“ Preis bestimmt, ist dieser Preis
am Markt durchzusetzen. Hier ist zunächst an die eingebundenen Handelspartner zu
denken, die vom eigenen Angebot überzeugt werden müssen. Schließlich müssen auch die
Endabnehmer den geforderten Preis akzeptieren. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass ein
„optimaler Preis“ aus Herstellersicht durchaus im Widerspruch zum „optimalen Preis“ aus
Sicht der Handelspartner und/oder Kunden stehen kann.
Ein hoher Preis für das Vollwaschmittel Persil kann aus Sicht des Markenartikel-­
Herstellers Henkel zielführend sein. Ein Handelspartner wie real,- würde diesen Marken-
artikel dagegen gerne mit einem Kampfpreis anbieten, um viele Kunden anzuziehen.
Bei der im Premiumsegment angesiedelten Jaeger-LeCoultre-Herrenuhr dagegen wird
eine hohe Preisstellung von Hersteller und Handel gleichermaßen geschätzt, weil so hohe
Deckungsbeiträge erzielt werden können. Sogar die Endkunden können mit einem hohen
Preis einverstanden sein. Da sich aufgrund des hohen Preises nur wenige Kunden diese
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 305

Uhr leisten können, ist deren Besitz mit viel Prestige verbunden. Aus diesem Grunde
könnte bei einer Preissteigerung eines solchen Produktes die Nachfrage sogar steigen.
Der damit verbundene Demonstrativkonsum wird auch Prestigeeffekt oder Ve-
blen-Effekt genannt. Der Konsument strebt hier nach auffälligem und zugleich auf-
wändigem Konsum. Folglich werden teurer werdende Güter verstärkt nachgefragt. Bei
diesem auch Snob-Effekt genannten atypischen Nachfrageverhalten geht die individuelle
Nachfrage bei sinkendem Preis zurück. Der Grund? Die bisherigen Käufer fühlen sich
durch den höheren Konsum anderer Personen um die Exklusivität eines entsprechenden
Kaufes beraubt.
Die Preisfestsetzung ist keine statische Aufgabe. Schließlich bleibt ein einmal defi-
nierter Preis nicht zwingend für die gesamte Marktpräsenz eines Produktes bestehen. Bei
der Preis- und Konditionenpolitik geht es deshalb auch um die Bestimmung der Preis-
höhe im Zeitablauf. Auf diese Preishöhe haben u.  a. die erreichte Phase im Produkt-
lebenszyklus, die Wettbewerbsintensität, der technologische Fortschritt und insb. auch die
wirtschaftliche Lage der Zielgruppe bzw. des Zielmarktes einen hohen Einfluss.
Gleichzeitig ist zu prüfen, in welcher Form eine Preisdifferenzierung einzusetzen ist,
um eine möglichst hohe Marktausschöpfung zu erreichen. Bei der Preisdifferenzierung
werden für ein „gleiches“ Angebot unterschiedliche Preise verlangt. Schließlich bedarf es
der Festlegung der Bedingungen der Entgeltentrichtung. Hierzu zählen u. a. die Rabatt-
gewährung, die Zahlungs- und Lieferbedingungen sowie die Garantieregelungen.

cc Merk-Box  Der Preis gilt als Gewinntreiber Nr. 1.

Das heißt: Unternehmen, die die Preis- und Konditionenpolitik beherrschen, sind grds.
profitabler als ihre Wettbewerber (vgl. vertiefend Simon, 2015, S. 34–55).

cc Denkanstoß  Eine persönliche Anmerkung zum Thema Preis sei mir erlaubt. Auch
wenn uns Lidl viele Jahre den Slogan „Wir machen die billigen Preise“ vorgesetzt
hat, so gilt ganz einfach: „Billige“ Preise gibt es ebenso wenig wie „teure“ Preise.
Es existieren auch keine „billigen“ oder „teuren“ Mieten bzw. „billige“ oder „teure
Kosten“. Preise können „hoch“ oder „niedrig“, sporadisch auch „heiß“, aber niemals
„billig“ sein! Nicht der Preis hat einen Wert, sondern das damit ausgezeichnete Pro-
dukt oder die entsprechende Dienstleistung.
Außerdem sollten wir uns fragen, welche Konnotationen, d. h. welche Begriffs-
inhalte, wir mit „billig“ verbinden. Denken Sie an „billigen Wein“, „billige Klamot-
ten“ oder „billige Anmache“.
Und auch das sei hier angemerkt: Jeder Absolvent eines BWL-Studiums sollte
den Begriff „Unkosten“ vermeiden. Es gibt Undinge, Unwetter, Unzeiten und Un-
menschen – aber keine „Unkosten“!
Über die Wortwahl können wir uns differenzieren – so wir dies wollen!
306 5 Marketing-Instrumente

5.2.2 R
 echtliche Rahmenbedingungen der Preis-
und Konditionenpolitik

Bei der Diskussion der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Preis- und Konditionen-
politik ist zunächst darzustellen, welche Leitideen der Gesetzgeber bei der Festlegung
der einschlägigen rechtlichen Rahmenbedingungen zugrunde gelegt hat:

• Aufrechterhaltung und Förderung des Wettbewerbs


• Schutz der Verbraucher vor unlauteren Geschäftspraktiken
• Sicherstellung einer Ausgewogenheit zwischen wirtschaftlichen und anderen Interessen

cc Merk-Box  Leitidee der sozialen Marktwirtschaft: Wettbewerb ist sozial, weil


er Marktmarkt unterbindet.

Zwei einschlägige Gesetze, die in der Vergangenheit die Preis- und Konditionen-
gestaltung massiv eingeschränkt hatten, waren das Rabattgesetz vom 25.  November
1933 (Gesetz über Preisnachlässe) und die Zugabeverordnung vom 9. März 1932. Diese
beiden Gesetze wurden 2001 komplett außer Kraft gesetzt. Kerninhalt der Zugabever-
ordnung war das generelle Verbot des Ankündigens, Anbietens und Gewährens von
unentgeltlichen Zugaben. Eine Erlaubnis gab es nur bei wenigen Ausnahmetatbeständen.
Das Rabattgesetz beschränkte u.  a. den Barzahlungsrabatt als Preisermäßigung bzw.
Nachlass vom allgemein angekündigten bzw. geforderten Preis auf maximal 3  % des
Rechnungsbetrages. Auch Mengen- und Sondernachlässe wurden im Rabattgesetz kon-
kret geregelt.

cc Merk-Box  Ausgangspunkt für den Wegfall von Zugabeverordnung und Rabatt-


gesetz war die Weiterentwicklung des Kundenleitbildes. Im Jahr 2001 wur-
den die Kunden als weniger schutzbedürftig und verführbar durch Zugaben
und Rabatte angesehen als zuvor.

Erst aufgrund des Wegfalls dieser gesetzlichen Rahmenbedingungen konnten u. a. die
heute allgegenwärtigen Rabattschlachten gestartet werden, die uns heute per Schau-
fensterplakat, Werbebanner, Handzettel und Coupon begegnen. Die explosionsartige Ent-
wicklung von Konzepten zur Kundenbindung, die „Treue“ zum Anbieter oder zur Marke
durch entsprechende Rabatte und sonstige Vorteile belohnen, wird vor diesem Hintergrund
nachvollziehbar. Aufgrund dieser Rabattinflation in Deutschland wird vielfach von einer
Rabattitis gesprochen.
Das nach wie vor gültige Kartellgesetz (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen,
GWB, 2021) hat über die Preis- und Konditionenpolitik hinaus Relevanz und tangiert auch
Fragestellungen der Unternehmensstrategie. Das Ziel des Kartellgesetzes ist es, wirtschaft-
lichen Machtkonzentrationen Grenzen zu setzen. Es dient damit dem Schutz des Wett-
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 307

bewerbs und soll dazu beitragen, mögliche Wettbewerbsbeschränkungen durch Fusionen,


Kollaborationen und Absprachen zu verhindern. Diese Zielsetzung wird im §  1 GWB
deutlich:

„Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und


aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Ver-
fälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.“

Hierunter fallen bspw. Aktivitäten, die auf Preisabsprachen bzw. -harmonisierung zwi-
schen Anbietern hinauslaufen.
In § 19 (1) GWB heißt es bzgl. des verbotenen Verhaltens von marktbeherrschenden
Unternehmen:

„Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen
ist verboten.“

Für die Preisfindung bedeutet dies bspw., dass der Gesetzgeber extrem hohe Preise in
mono- oder oligopolistisch geprägten Märkten ebenso verhindern möchte wie extrem
niedrige Preise, wenn der Wettbewerb darunter langfristig leiden würde.
Der neu etablierte §  19a GWB fokussiert das missbräuchliche Verhalten von Unter-
nehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb. Dieser
Paragraf gibt dem Bundeskartellamt die Möglichkeit eines präventiven Vorgehens gegen
große Digitalunternehmen. Hierbei geht es im Kern um wettbewerbswidriges Verhalten
der Konzerne.
Eine Konkretisierung zum verbotenen Verhalten von Unternehmen mit relativer oder
überlegener Marktmacht findet sich in § 20 (3, 3a) GWB:

„(3) Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Markt-
macht dürfen ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder
mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1 liegt ins-
besondere vor, wenn ein Unternehmen

1. Lebensmittel im Sinne des § 2 Absatz 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches


unter Einstandspreis oder
2. andere Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstands-

preis oder
3. von kleinen oder mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten Markt
beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb steht, für deren
Lieferung einen höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt anbietet,

es sei denn, dies ist jeweils sachlich gerechtfertigt. Einstandspreis im Sinne des Satzes 2 ist
der zwischen dem Unternehmen mit überlegener Marktmacht und seinem Lieferanten verein-
barte Preis für die Beschaffung der Ware oder Leistung, auf den allgemein gewährte und im
Zeitpunkt des Angebots bereits mit hinreichender Sicherheit feststehende Bezugsver-
günstigungen anteilig angerechnet werden, soweit nicht für bestimmte Waren oder Leistun-
308 5 Marketing-Instrumente

gen ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist. Das Anbieten von Lebensmitteln unter Ein-
standspreis ist sachlich gerechtfertigt, wenn es geeignet ist, den Verderb oder die drohende
Unverkäuflichkeit der Waren beim Händler durch rechtzeitigen Verkauf zu verhindern sowie
in vergleichbar schwerwiegenden Fällen. Werden Lebensmittel an gemeinnützige Ein-
richtungen zur Verwendung im Rahmen ihrer Aufgaben abgegeben, liegt keine unbillige Be-
hinderung vor.
(3a) Eine unbillige Behinderung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 liegt auch vor, wenn ein
Unternehmen mit überlegener Marktmacht auf einem Markt im Sinne des § 18 Absatz 3a die
eigenständige Erzielung von Netzwerkeffekten durch Wettbewerber behindert und hierdurch
die ernstliche Gefahr begründet, dass der Leistungswettbewerb in nicht unerheblichem Maße
eingeschränkt wird.“

Ein Verkauf von Leistungen „unter Einstandspreis“ ist festzustellen, wenn Pro-
dukte zu einem niedrigeren Preis verkauft werden, als sie bspw. ein Unternehmen selbst
hergestellt oder ein Handelsunternehmen erworben hat. In diesem Fall ist der Verkaufs-
preis niedriger als die Produktionskosten bzw. als der Bezugspreis des gleichen
Unternehmens.
Eine sachliche Rechtfertigung einer Untereinstandspreispolitik ist – wie im Gesetzes-
text formuliert – etwa bei Lebensmitteln bei Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums oder
bei modischen Produkten zum Auslauf der Saison gegeben. Eine solche Preisstellung darf
aber nicht über längere Zeit zur gezielten Verdrängung von Wettbewerbern eingesetzt wer-
den. In den Fällen des Verkaufs von Produkten „unter Preis“ (d. h. unter einem bestimmten
Referenzpreis) wird von Dumping gesprochen.
In § 30 (1) GWB wird die Preisbindung bei Zeitungen und Zeitschriften erlaubt.
Hier heißt es, dass das zitierte Verbot des § 1 GWB „… nicht für vertikale Preisbindungen
(gilt), durch die ein Unternehmen, das Zeitungen oder Zeitschriften herstellt, die Ab-
nehmer dieser Erzeugnisse rechtlich oder wirtschaftlich bindet, bei der Weiterveräußerung
bestimmte Preise zu vereinbaren oder ihren Abnehmern die gleiche Bindung bis zur
Weiterveräußerung an den letzten Verbraucher aufzuerlegen. Zu Zeitungen und Zeit-
schriften zählen auch Produkte, die Zeitungen oder Zeitschriften reproduzieren oder sub­
stituieren und bei Würdigung der Gesamtumstände als überwiegend verlagstypisch anzu-
sehen sind, sowie kombinierte Produkte, bei denen eine Zeitung oder eine Zeitschrift im
Vordergrund steht.
Durch diese Regelung wird einer ganzen Branche eine nach bestimmten Kriterien vor-
zunehmende Preissetzung gegenüber dem Endkunden vorgegeben. Dies hat die politisch
gewollte Konsequenz, dass bspw. die Käufer der Frankfurter Allgemeinen Zeitung oder
von Der Spiegel in der Berliner City den gleichen Preis entrichten müssen wie auf der
schwerer erreichbaren Nordseeinsel Juist.
In der Regel übernehmen das Bundeskartellamt bzw. weitere Kartellbehörden die
im GWB definierten Aufgaben und Befugnisse (§ 48 GWB) zur Sicherstellung der Ein-
haltung definierter Regeln. Das GWB sieht in § 42 (1) bzgl. Unternehmenszusammen-
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 309

schlüssen eine Ministererlaubnis vor, die eine Entscheidung des Bundeskartellamts


aufheben kann:

„Die Bundesministerin oder der Bundesminister für Wirtschaft und Energie erteilt auf Antrag
die Erlaubnis zu einem vom Bundeskartellamt untersagten Zusammenschluss, wenn im
Einzelfall die Wettbewerbsbeschränkung von gesamtwirtschaftlichen Vorteilen des Zu-
sammenschlusses aufgewogen wird oder der Zusammenschluss durch ein überragendes Inte-
resse der Allgemeinheit gerechtfertigt ist. Hierbei ist auch die Wettbewerbsfähigkeit der be-
teiligten Unternehmen auf Märkten außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes zu
berücksichtigen. Die Erlaubnis darf nur erteilt werden, wenn durch das Ausmaß der Wett-
bewerbsbeschränkung die marktwirtschaftliche Ordnung nicht gefährdet wird. Weicht die
Entscheidung vom Votum der Stellungnahme ab, die die Monopolkommission nach Absatz 5
Satz 1 erstellt hat, ist dies in der Verfügung gesondert zu begründen.“

Mit der Bundesnetzagentur wurde in diesem Kontext eine selbstständige Bundesober-


behörde geschaffen (Bundesnetzagentur, 2021):

„Zur Durchsetzung der Regulierungsziele ist die Bundesnetzagentur mit wirksamen Verfahren
und Instrumenten ausgestattet worden, die auch Informations- und Untersuchungsrechte
sowie abgestufte Sanktionsmöglichkeiten einschließen:
Die Regulierungsentscheidungen der  Bundesnetzagentur werden in den Bereichen
Elektrizität, Gas, Telekommunikation und Post durch Beschlusskammern getroffen.

Die Entscheidungen der Bundesnetzagentur basieren auf dem Telekommunikationsgesetz,
dem Postgesetz und dem Energiewirtschaftsgesetz und sind rechtlich überprüfbar.“

Im Bereich Telekommunikation sorgt die Bundesnetzagentur (2021) für

• „die Sicherstellung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs, auch in


der Fläche,
• die Sicherstellung einer flächendeckenden Grundversorgung mit Telekommunikations-
dienstleistungen (Universaldienstleistungen) zu erschwinglichen Preisen,
• die Förderung von Telekommunikationsdiensten bei öffentlichen Einrichtungen,
• die Sicherstellung einer effizienten und störungsfreien Nutzung von Frequenzen, auch
unter Berücksichtigung der Belange des Rundfunks und
• die Wahrung der Interessen der öffentlichen Sicherheit.“

Im Bereich Energie gewährleistet die Bundesnetzagentur (2021)

• „eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und um­


weltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität
und Gas,
310 5 Marketing-Instrumente

• die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Ver-
sorgung mit Elektrizität und Gas sowie die Sicherung eines langfristig angelegten
leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen,
• die Umsetzung und Durchführung des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf dem Ge-
biet der leitungsgebundenen Energieversorgung und
• effiziente Genehmigungsverfahren, um das deutsche Höchstspannungsnetz an die
wachsende Bedeutung der erneuerbaren Energien anzupassen.“

Auch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG, 2021) enthält Regelun-
gen, die für die Ausgestaltung des Marketings – speziell für die Preis- und Konditionen-
politik – relevant sind. In § 1 ist der Zweck des Gesetzes niedergelegt:

„Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher
sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt
zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.“

In § 3 UWG heißt es zum Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen:

1 . „Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.


2. Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind un-
lauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind,
das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.
3. Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Ver-
brauchern sind stets unzulässig.
4. Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den
durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine be-
stimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser
Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar
das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Ver-
brauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beein-
trächtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Hand-
lungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders
schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe
zu beurteilen.“

§ 4 UWG führt unter der Überschrift „Mitbewerberschutz“ wie folgt aus:

„Unlauter handelt, wer

1. die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäft-


lichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2. über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über
den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder
verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unter-
nehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um
vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 311

ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen
der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3. Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienst-
leistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a. eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b. die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen aus-
nutzt oder beeinträchtigt oder
c. die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich er-
langt hat;
4. Mitbewerber gezielt behindert.“

In vielen Fällen bleibt es der gerichtlichen Klärung überlassen, Verfehlungen dieser Art
bei Unternehmen festzustellen.
Die Preisangabenverordnung (PAngV, 2021) greift noch direkter in die Preis- und
Konditionenpolitik von Unternehmen ein. Welchen Konkretisierungsgrad diese Eingriffe
annehmen können, wird an den folgenden Beispielen deutlich. In §  3 PAngV wird für
Elektrizität, Gas, Fernwärme und Wasser festgelegt:

„Wer Verbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder wer ihnen regelmäßig in sonstiger
Weise Elektrizität, Gas, Fernwärme oder Wasser leitungsgebunden anbietet oder als An-
bieter dieser Waren gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat den ver-
brauchsabhängigen Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und aller
spezifischen Verbrauchssteuern (Arbeits- oder Mengenpreis) gemäß Satz 2 im Angebot
oder in der Werbung anzugeben. Als Mengeneinheit für den Arbeitspreis bei Elektrizität,
Gas und Fernwärme ist 1 Kilowattstunde und für den Mengenpreis bei Wasser 1 Kubik-
meter zu verwenden. Wer neben dem Arbeits- oder Mengenpreis leistungsabhängige
Preise fordert, hat diese vollständig in unmittelbarer Nähe des Arbeits- oder Mengen-
preises anzugeben. Satz 3 gilt entsprechend für die Forderungen nicht verbrauchs-
abhängiger Preise.“

Für den Finanzdienstleistungsbereich wird in § 6 PAngV definiert:

1. „Wer Verbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder wer ihnen regelmäßig in sons-
tiger Weise den Abschluss von Verbraucherdarlehen im Sinne des § 491 des Bürger-
lichen Gesetzbuchs anbietet, hat als Preis die nach den Absätzen 2 bis 6 und 8 be-
rechneten Gesamtkosten des Verbraucherdarlehens für den Verbraucher, ausgedrückt
als jährlicher Prozentsatz des Nettodarlehensbetrags, soweit zutreffend, einschließlich
der Kosten gemäß Absatz 3 Satz 2 Nummer 1, anzugeben und als effektiven Jahreszins
zu bezeichnen.
2. Der anzugebende effektive Jahreszins gemäß Absatz 1 ist mit der in der Anlage an-
gegebenen mathematischen Formel und nach den in der Anlage zugrunde gelegten
Vorgehensweisen zu berechnen. Bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses wird
von der Annahme ausgegangen, dass der Verbraucherdarlehensvertrag für den verein-
barten Zeitraum gilt und dass Darlehensgeber und Verbraucher ihren Verpflichtungen
zu den im Verbraucherdarlehensvertrag niedergelegten Bedingungen und Terminen
nachkommen.
312 5 Marketing-Instrumente

3. In die Berechnung des anzugebenden effektiven Jahreszinses sind als Gesamtkosten die
vom Verbraucher zu entrichtenden Zinsen und alle sonstigen Kosten einschließlich etwai-
ger Vermittlungskosten einzubeziehen, die der Verbraucher im Zusammenhang mit dem
Verbraucherdarlehensvertrag zu entrichten hat und die dem Darlehensgeber bekannt sind.
Zu den sonstigen Kosten gehören:
1. Kosten für die Eröffnung und Führung eines spezifischen Kontos, Kosten für die Ver-
wendung eines Zahlungsmittels, mit dem sowohl Geschäfte auf diesem Konto getätigt
als auch Verbraucherdarlehensbeträge in Anspruch genommen werden können, sowie
sonstige Kosten für Zahlungsgeschäfte, wenn die Eröffnung oder Führung eines Kon-
tos Voraussetzung dafür ist, dass das Verbraucherdarlehen überhaupt oder nach den
vorgesehenen Vertragsbedingungen gewährt wird;
2. Kosten für die Immobilienbewertung, sofern eine solche Bewertung für die Gewährung
des Verbraucherdarlehens erforderlich ist.“

Schließlich wird für Tankstellen in § 8 (1) PAngV vorgegeben:

1. „An Tankstellen sind die Kraftstoffpreise so auszuzeichnen, dass sie


1. für den auf der Straße heranfahrenden Kraftfahrer,
2. auf Bundesautobahnen für den in den Tankstellenbereich einfahrenden Kraftfahrer
deutlich lesbar sind. Dies gilt nicht für Kraftstoffmischungen, die erst in der Tankstelle
hergestellt werden.“

Diese Beispiele unterstreichen, welchen starken, z. T. unmittelbar auf die Preisangabe
bzw. -auszeichnung durchschlagenden Einfluss der Gesetzgeber auf dieses wichtige
Marketing-­Instrument ausübt.

5.2.3 Konzepte zur Preisfestlegung

Um die preisbeeinflussenden Faktoren für ein spezifisches Unternehmen bzw. für eine
ausgewählte Branche zu ermitteln, sind die Bereiche der Mikro- und Makro-Umwelt
systematisch „abzuklopfen“ (vgl. Abb. 1.3). Die wichtigsten Konzepte zur Preisfest-
legung werden nachfolgend aufgezeigt. Hierbei ist zwischen internen und externen Fak-
toren zu unterscheiden. Bei den internen Faktoren der Preissetzung spielen – neben
den Unternehmens- und Marketing-Zielen  – vor allem die Kosten der Leistungser-
stellung eine große Rolle. Zu den wichtigen externen Faktoren gehören die Reaktionen
der Nachfrager (Stichwort Preiselastizität) wie auch der Wettbewerber auf Preisver-
änderungen.

5.2.3.1 Kostenorientierte Preisgestaltung


Die Kosten der Herstellung einer Leistung haben – wie bereits angedeutet – einen starken
Einfluss auf die erforderlichen Verkaufspreise. Bei der kostenorientierten Preis-
gestaltung wird ermittelt, mit welchen Kosten Produktion und Vermarktung eines Pro-
duktes, einer Dienstleistung oder des gesamten Leistungsangebots verbunden sind. Hierzu
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 313

können verschiedene Methoden genutzt werden. Man unterscheidet zwischen einer Preis-
kalkulation auf Vollkostenbasis und einer Kalkulation auf Teilkostenbasis.
Bei einer Preiskalkulation auf Vollkostenbasis werden alle für ein bestimmtes Pro-
dukt anfallenden Kosten zusammengeführt, die in der Kostenträgerrechnung enthalten
sind. Hierdurch ergeben sich die Gesamtkosten.

 Produktion und Vermarktung Produkt A


Gesamtkosten Produkt A = ∑ Kosten fur

Die so ermittelten Gesamtkosten werden durch die Produktionsmenge dividiert, um die
Stückkosten zu ermitteln. Hierbei wird nicht zwischen fixen Kosten (bspw. für Forschungs-
aufgaben, die Entwicklung von Prototypen, den Unterhalt einer Vertriebsorganisation) und
variablen Kosten (für die Produktion und die Vermarktung) unterschieden.

Gesamtkosten Produkt A

Stuckkosten Produkt A =
Produktionsmenge Produkt A

Die Stückkosten werden um den definierten Gewinnaufschlag (absolut oder in Prozent
der Stückkosten) ergänzt, um den Verkaufspreis zu erhalten.


VerkaufspreisProdukt A = Stuckkosten Produkt A + Gewinnaufschlag Produkt A

Hierbei wird auch von einer Zuschlagskalkulation gesprochen. Der Gewinn wird auf
die Kosten des Produktes „aufgeschlagen“. Hier kann etwa ein 20-prozentiger Aufschlag
auf die Stückkosten erfolgen.
Eine solche Kalkulation ist problematisch, wenn ein Unternehmen mehrere Produkte
parallel herstellt. Hier taucht die Frage auf, wie die beschäftigungsunabhängigen Kos-
ten auf die einzelnen Produkte oder Produktlinien zu verteilen sind. Diese beschäftigungs-
unabhängigen Kosten werden auch Fix- oder Gemeinkosten genannt. Zu diesen zählen
Vorstandsgehälter, Aufsichtsratsvergütungen, Kosten für das Verwaltungsgebäude oder
für PR-Aktivitäten.
Die Zuordnung oder Schlüsselung dieser beschäftigungsunabhängigen Kosten auf
die einzelnen Produkte kann nach verschiedenen Kriterien erfolgen:

• Ein Kriterium ist die „Tragfähigkeit“. Das bedeutet, dass Produkte, für die höhere
Preise am Markt erzielbar sind, mit höheren Fix- bzw. Gemeinkostenanteilen be-
lastet werden.
• Eine Verteilung kann sich auch prozentual an den beschäftigungsabhängigen Kosten
orientieren. Diese beschäftigungsabhängigen Kosten werden auch variable Kosten
bzw. Einzelkosten der Herstellung genannt. Zu diesen beschäftigungsabhängigen Kos-
ten zählen etwa Löhne sowie die Kosten für Material, Strom, Wasser in der Produktion.
Bei diesem Ansatz werden die Produkte, die in der Fertigung hohe Kosten verursachen,
auch stärker mit beschäftigungsunabhängigen Kosten belastet.
314 5 Marketing-Instrumente

• Unabhängig von diesen Kriterien kann auch ein Verteilungsschlüssel definiert werden,
der – nach welchen Kriterien auch immer – die beschäftigungsunabhängigen Kosten
auf die verschiedenen Produkte verteilt.

Es ist nachvollziehbar, dass diese Verfahren zwar einfach anzuwenden sind, aber ein
hohes Maß an „Willkür der Kostenaufteilung“ besteht. Deshalb wird hinsichtlich der Auf-
schlüsselung der Kosten auf unterschiedliche Bereiche von einer Schlüsselungs-
problematik gesprochen.
Gleichzeitig besteht bei einer Preiskalkulation auf Vollkostenbasis die Gefahr, dass sich
die „zu tragenden“ Fix- bzw. Gemeinkosten bei rückläufiger Nachfrage- und niedrigerer
Produktionsmenge auf eine geringere Anzahl verteilen. Hierdurch erhöhen sich die not-
wendigen Verkaufspreise quasi automatisch. Die „Kosten-plus“-Kalkulation führt folg-
lich zu einer prozyklischen Preisfindung. Das bedeutet, dass bei einer hohen Nachfrage
die Preise automatisch niedriger werden. Eine fallende Nachfrage führt dagegen auto-
matisch zu einer Preiserhöhung.
Hier wird von einem prozyklischen Vorgehen gesprochen, weil die Markteffekte
durch eine entsprechende Preisstellung noch verstärkt werden. Bei rückläufiger Nachfrage
werden die Preise erhöht, wodurch die Nachfrage weiter sinkt. Bei höherer Nachfrage
werden die Preise dagegen gesenkt, sodass die Nachfrage noch weiter zunimmt.

cc Merk-Box  Bei einer Preiskalkulation auf Gesamtkostenbasis wird die Kausalität


des Marketing-Instruments „Preis“ umgekehrt. Statt über den Preis die Absatz-
menge zu beeinflussen, beeinflusst die erzielte Absatzmenge den Preis. Das
kann nicht das Ziel der kostenorientierten Preisgestaltung sein.

Angesichts der Grenzen einer Preiskalkulation auf Gesamtkostenbasis findet in vielen


Unternehmen eine Preiskalkulation auf Teilkostenbasis statt. Als Teilkosten werden die
variablen, d. h. die beschäftigungsabhängigen Kosten definiert. Diese Kosten fallen bspw.
für Material und Lohn als Stücklohn an. Teilkosten können auch die dem Produkt un-
mittelbar ­zurechenbaren Einzelkosten sein. Hierzu zählen etwa die Kosten für eine Patent-
entwicklung oder eine produktspezifische Werbekampagne.
Bei der Preiskalkulation auf Teilkostenbasis werden damit zunächst die Kosten berück-
sichtigt, die eine unmittelbare Beziehung zum jeweiligen Produkt haben. Durch diesen
Bezug können bestimmte Kosten unmittelbar einem Produkt direkt zugerechnet werden.
Hier wird von Teilkosten gesprochen.

Teilkosten Produkt A = ∑ unmittelbar zurechenbare Kosten Produkt A



Die Stückkosten ergeben sich hier, indem die Teilkosten durch die Produktionsmenge
dividiert werden.
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 315

Teilkosten Produkt A

Stuckkosten Produkt A =
Produktionsmenge Produkt A

Da eine Erwirtschaftung allein dieser produktbezogenen Kosten (Teilkosten) am Markt
nicht ausreichend ist, um die Gesamtkosten eines Unternehmens zu decken, werden zu-
sätzlich produkt- oder produktlinienbezogene Deckungsbeitragszuschläge (DB-Zu-
schläge) definiert. Diese Deckungsbeiträge sollen zum einen zusätzlich die Kosten ab-
decken, die einem Produkt nicht unmittelbar zugerechnet werden können. Dies sind bspw.
Kosten, die durch die Grundlagenforschung, eine Messebeteiligungen oder die Verwaltung
des Unternehmens verursacht werden. Zum anderen sollen die Deckungsbeiträge über die
Abdeckung der Kosten hinaus auch eine Gewinnerzielung sicherstellen. Um den Ver-
kaufspreis zu ermitteln, werden die ermittelten Stückkosten um einen Deckungsbei-
trag erhöht.


VerkaufspreisProdukt A = Stuckkosten Produkt A + Deckungsbeitrags − Zuschlag Produkt A

Bei der Kalkulation von Verkaufspreisen auf Teilkostenbasis ist darauf zu achten, dass
idealerweise jedes Produkt zur Deckung der Fix- oder Gemeinkosten des gesamten Unter-
nehmens beiträgt. Denn ein Unternehmen, welches langfristig nur die variablen Kosten
oder Einzelkosten am Markt einspielt, ist nicht überlebensfähig. Zusätzlich muss der
Deckungsbeitrag auch einen Gewinnanteil enthalten. Schließlich kann kein Unternehmen
langfristig überleben, wenn es nur seine Gesamtkosten abdeckt, ohne einen Gewinn zu
erzielen (zu weiteren Kalkulationsansätzen vgl. Coenenberg et al., 2016; Schmidt, 2021).

cc Merk-Box  Die Kosten der Herstellung einer Leistung stellen nur einen – wenn
auch wichtigen  – Orientierungsfaktor für die Preisgestaltung eines Unter-
nehmens dar.

5.2.3.2 Nachfrageorientierte Preisgestaltung


Die Preishöhe hat einen dominanten Einfluss auf die Nachfrage eines Angebotes. Preisver-
änderungen wirken hier wesentlich stärker und schneller als die meisten werblichen Maß-
nahmen. Die tatsächliche Wirkung einer Preisveränderung auf die nachgefragte Menge
kann anhand der Preiselastizität ermittelt werden (vgl. Haller, 2017, S. 252–254; grund-
legend Simon & Fassnacht, 2016, S. 7, 106–112).

cc Merk-Box  Bereits an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Preis-
elastizität etwa 10- bis 20-mal größer ist als die Werbeelastizität. Das be-
deutet, dass eine relative Preisänderung wesentlich stärker auf die verkaufte
Menge wirkt als eine prozentual gleiche Änderung der Werbeausgaben.
Die Instrumente der Preispolitik wirken folglich sehr stark und auch
sehr schnell!
316 5 Marketing-Instrumente

Eine repräsentative Studie der UGW (2021, S. 9, 93) unterstreicht die dominante Wir-
kung von Preisen auf das Kaufverhalten im Lebensmittel-Einzelhandel. Um diese zu
ermitteln, wurden 713 Personen in Deutschland zu ihrem Kaufverhalten befragt. Auf die
Frage „Sage uns bitte, inwiefern folgende Werbeaktionen dein Einkaufsverhalten beein-
flussen?“ wurden folgende Ergebnisse ermittelt:

• 90  % der Befragten geben an, dass Preisaktionen sie „sehr stark“ bzw. „stark“ be-
einflussen.
• Mit 81 % steht das Sampling auf dem 2. Platz. Sampling umfasst hier „Produktproben
zum Mitnehmen“.
• Das Produkt-Bundle (Mehrfach-Packungen zum Sonderpreis) liegt mit 72 % auf dem
3. Platz.
• Packungssondergrößen (mehr Inhalt mit Preisvorteil) motivieren 72 % zum Kauf.
• Ein Kundenkarten-Bonus (bspw. von Payback, Deutschlandcard) stimuliert 70 %.
• Multibuy-Aktionen („kaufe 3, bezahle 2“) erreichen 67 %.
• Tester am Regal „verführen“ 65 % zum Kauf.
• Zugaben (etwa als On-Pack) stimulieren 62 %.
• Handzettel und Angebotsblätter beeinflussen 60 %.
• Coupons am Regal (zum Abreißen) wirken bei 57 %.

Die Ergebnisse zeigen, dass vor allem Preisaktionen das Kaufverhalten beeinflussen.
Lediglich Sampling, Tester am Regel und Handzettel/Angebotsblätter bieten keinen sofor-
tigen Preisvorteil.
Die schnelle und vermeintlich leichte Beeinflussbarkeit des Umsatzes durch Preisver-
änderungen führt dazu, dass sich die Unternehmen laufend mit Preisaktionen überbieten.
So kamen zum  – eigentlich abgeschafften  – Schlussverkauf jetzt der Mid-Season-Sale,
zum Ende der Sommerferien der Back-to-School-Day sowie der Black Friday, der Sin­
gles’ Day und auch der Cyber Monday dazu. Der Kreativität, Anlässe für Preisreduktionen
zu erschaffen, sind keine Grenzen gesetzt.
Im Ergebnis gibt es kaum noch Zeiten ohne deutliche Preisreduktionen. Irgendwo
ist immer Sale!
Wie stark wirken sich Veränderungen des Preises auf die abgesetzte Menge und vor
allem auch auf den Umsatz aus? Die zu erwartenden Effekte können durch die Preis-
elastizität ermittelt werden.
Die Preiselastizität liegt bei Konsumgütern durchschnittlich bei -2,5.
Das Minuszeichnen zeigt, dass die Veränderungen von Preis und Menge gegenläufig
sind. Hieraus folgt, dass eine Preiserhöhung zu einer Reduktion der nachgefragten Menge
führt und umgekehrt. Die Größe „2,5“ bringt zum Ausdruck, dass bei einer Durchschnitts-
betrachtung eine Preisveränderung von 1 % zu einer 2,5-prozentigen Mengenveränderung
führt. Diese nachhaltigen Auswirkungen unterstreichen die Notwendigkeit, die Festlegung
der Preisstrategien mit sehr viel Sorgfalt vorzunehmen, weil der Preis „ein sehr scharfes
Instrument“ ist.
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 317

0HQJH
6lWWLJXQJVPHQJH

3( !  XQHODVWLVFKHU%HUHLFK



 3(  

3(   HODVWLVFKHU%HUHLFK
 3UHLV$EVDW])XQNWLRQ

+|FKVWSUHLV


 3UHLV
    

Abb. 5.29  Idealtypische Preis-Absatz-Funktion

Was sagt die Preiselastizität der Nachfrage aus? Sie gibt Auskunft über die Höhe der
relativen Absatzmengenänderung aufgrund einer relativen Preisänderung bei einem be-
stimmten Produkt. Die Preiselastizität ist – wie schon ausgeführt – i. d. R. negativ. Das
bedeutet, dass eine Preiserhöhung zu einem Rückgang der nachgefragten Menge führt.
Eine Preisverringerung führt dagegen zu einer verstärkten Nachfrage.
Die Preiselastizität wird aus der Preis-Absatz-Funktion (PAF) abgeleitet. Diese stellt
die nachgefragte Menge in Abhängigkeit vom Angebotspreis dar (vgl. Abb. 5.29).
In dieser idealtypischen Darstellung in Abb. 5.29 werden der Anfangs- und Endpunkt
durch den Höchstpreis und die Sättigungsmenge definiert. Der Höchstpreis (auch Pro-
hibitivpreis genannt) zeigt an, bei welcher Preisstellung keine Nachfrage mehr stattfindet.
An diesem Punkt möchte niemand mehr das Produkt kaufen. Die Sättigungsmenge bringt
zum Ausdruck, welche Menge höchstens nachgefragt wird, wenn das Angebot kostenlos
ist. Der Höchstpreis sowie die Sättigungsmengen können bspw. durch Preistests er-
mittelt werden.
Die Preiselastizität (PE) nimmt entlang dieser Preis-Absatz-Funktion in Abb.  5.29
unterschiedliche Werte an. Die Preiselastizität wird wie folgt ermittelt:

∆x M Mengenanderung

xM Ausgangsmenge
 =
Preiselastizitat =
∆P 
Preisanderung
P Ausgangspreis

Bei einem Wert der Preiselastizität von „< −1“ oder „| PE | > 1“ wird vom elastischen
Bereich bzw. von einer elastischen Nachfrage gesprochen.

cc Merk-Box  Nicht der Preis ist elastisch, sondern die Nachfrage!

Im Bereich der elastischen Nachfrage führen Preiserhöhungen zu einem Mengen- und


Umsatzrückgang. Preissenkungen dagegen führen zu einem Mengen- und Umsatzzuwachs.
318 5 Marketing-Instrumente

Nimmt die Preiselastizität den Wert „> −1“ bzw. „| PE | < 1“ an, so spricht man vom
unelastischen Bereich. Hier herrscht eine unelastische Nachfrage vor. Im unelastischen
Bereich der Preis-Absatz-Funktion führen Preiserhöhungen zwar auch zu einem Rück-
gang der Nachfragemenge, trotzdem aber zu einer Umsatzsteigerung. Preisreduktionen
führen auch hier zu einer erhöhten Nachfragemenge, allerdings begleitet von einem
­Umsatzrückgang.
Bei einer Preiselastizität von „−1“ bleibt der Umsatz bei einer Preisveränderung
konstant.
Die Steigung der Preis-Absatz-Funktion selbst entspricht dem Grenzabsatz. Damit
wird die absolute Mengenveränderung bei der Veränderung des Preises um eine Einheit
bezeichnet.
Die unterschiedliche Wirkung einer Preisveränderung entlang der Preis-Absatz-­
Funktion kann anhand der dadurch ausgelösten preis- bzw. mengeninduzierten Umsatz-
effekte erklärt werden. In Abb.  5.30 führt eine Preisreduktion um 1  € zu einem preis-
induzierten Umsatzverlust von 20 €. 20 Stück, die vorher zu einem Preis von 4 € verkauft
wurden, werden jetzt zu einem Preis von je 3  € abgegeben. Diese Auswirkung wird in
Abb. 5.30 als preisinduzierter Umsatzeffekt bezeichnet.
Dem preisinduzierten Umsatzverlust steht ein mengeninduzierter Umsatzeffekt
gegenüber. Die Preisreduktion um 1 € führt zur Erhöhung der Nachfrage. In diesem Bei-
spiel werden insgesamt 20 Einheiten zu einem Preis von 3 € zusätzlich nachgefragt. Folg-
lich beträgt der mengeninduzierte Umsatzzuwachs 60 €.
In Summe steigt der Umsatz bei einer Preisreduktion um 1 € um 40 €. Dieser Wert er-
gibt sich dadurch, dass man den preisinduzierten Umsatzeffekt (hier −20  €) und den
mengeninduzierten Umsatzeffekt (hier +60  €) addiert. Anhand dieser Werte kann aller-
dings noch nicht ermittelt werden, ob außer dem Umsatz auch der Gewinn steigt. Zur
Gewinnermittlung müssen die Kosten der verkauften Produkte berücksichtigt werden.

0HQJH
3(   HODVWLVFKHU%HUHLFK

8PVDW]VWHLJHUXQJEHL3UHLVUHGXNWLRQ

 PHQJHQLQGX]LHUWHU8PVDW]HIIHNW!SUHLVLQGX]LHUWHU8PVDW]HIIHNW





 0HQJHQLQGX]LHUWHU8PVDW]HIIHNW

3UHLVLQGX]LHUWHU
 8PVDW]HIIHNW
 3UHLV


Abb. 5.30  Preisveränderung im elastischen Bereich der Preis-Absatz-Funktion


5.2 Preis- und Konditionenpolitik 319

0HQJH
3( !  XQHODVWLVFKHU%HUHLFK

8PVDW]UHGXNWLRQEHL3UHLVUHGXNWLRQ

 PHQJHQLQGX]LHUWHU8PVDW]HIIHNWSUHLVLQGX]LHUWHU8PVDW]HIIHNW
0HQJHQ
 LQGX]LHUWHU
8PVDW]HIIHNW



3UHLVLQGX]LHUWHU
 8PVDW]HIIHNW


 3UHLV


Abb. 5.31  Preisveränderung im unelastischen Bereich der Preis-Absatz-Funktion

Die Preiselastizität ermittelt sich wie folgt:

∆x M Mengenanderung
 20
xM Ausgangsmenge
 =
Preiselastizitat = = 20 = −4
∆P 
Preisanderung −1
P Ausgangspreis 4

Die Preiselastizität von „−4“ liegt folglich im elastischen Bereich der Preis-­Absatz-­
Funktion.
In Abb.  5.31 ist zu sehen, welche Effekte bei einer gleichgroßen Preisreduktion in
einem anderen Bereich der Preis-Absatz-Funktion erzielt werden. Aufgrund der Preis-
reduktion kommt es hier zu einem preisinduzierten Umsatzeffekt – genauer ein Umsatz-
verlust – von −60 €. Schließlich werden 60 Stück für 1 € weniger verkauft. Dem steht ein
mengeninduzierter Umsatzeffekt von 20 Einheiten gegenüber. Das heißt, nur 20 Stück
können aufgrund der Preisreduktion zusätzlich verkauft werden. Hierdurch wird ein
mengeninduzierter Umsatzeffekt – konkret ein Umsatzzuwachs – von 20 € erreicht.
Der Gesamteffekt in Abb.  5.31 summiert sich auf −40  €. Folglich führt die Preis-
senkung an dieser Stelle der Preis-Absatz-Funktion zu einem Umsatzrückgang. Dieser
Wert ergibt sich dadurch, dass man den preisinduzierten Umsatzeffekt (hier −60 €) und
den mengeninduzierten Umsatzeffekt (hier +20 €) addiert.
Die Preiselastizität ermittelt sich in diesem Fall wie folgt:

∆x M Mengenanderung
 20
xM Ausgangsmenge
 =
Preiselastizitat = = 60 = −0, 67
∆P 
Preisanderung −1
P Ausgangspreis 2

320 5 Marketing-Instrumente

Dieser Wert ist „> −1“ und liegt damit im unelastischen Bereich der Preis-­Absatz-­
Funktion. Bei einer unelastischen Nachfrage führt eine Preisreduktion zwar auch zu einer
Nachfragesteigerung, insgesamt aber zu einem Umsatzrückgang. Damit ist in jedem Falle
auch ein Gewinneinbruch verbunden. Eine Preiserhöhung im unelastischen Bereich führt
zwar auch hier zu einer Reduktion der Nachfrage, allerdings auch zu einer Umsatz-
steigerung und sogar zu einer Gewinnerhöhung pro verkauftem Produkt.
Die Höhe der Preiselastizität in unterschiedlichen Märkten wird durch Schätzun-
gen, Experten- und Kundenbefragungen oder durch Preisexperimente ermittelt (vgl.
Simon, 2015, S. 67–72; grundlegend Simon & Fassnacht, 2016, S. 106–112). Auch ex-
post, d.  h. nach Preisveränderungen, können entsprechende Untersuchungen durch-
geführt werden.
Es sind folgende Einflussfaktoren der Preiselastizität zu berücksichtigen:

• Vorhandensein von Substitutionsprodukten


Je mehr Angebotsalternativen aus Sicht des potenziellen Käufers existieren, desto elas-
tischer reagiert die Nachfrage. Hierbei geht es zum einen um die subjektive Bekannt-
heit von Alternativen und zum anderen um eine vergleichbare Qualitätseinstufung.
Schließlich soll ein Wechsel nicht mit Qualitätseinbußen einhergehen. Sind diese An-
forderungen erfüllt, kann der Käufer bei einer Preissteigerung leicht zu einem anderen
Angebot wechseln.
Ein Maßstab für diese Substitutionsbeziehung stellt die Kreuzpreiselastizität dar.
Bei dieser wird die relative Mengenänderung beim Produkt B einer relativen Preisver-
änderung beim Produkt A gegenübergestellt.

∆x Angebot A 
Mengenanderung Angebot A

x Angebot A Ausgangsmenge Angebot A


 =
Kreuzpreiselastizitat =
∆PAngebot B Preis
anderungAngebot B
PAngebot B AusgangspreisAngebot B

Bei substitutiven Produkten, d. h. bei Angeboten, die einander ersetzen können, ist
die Kreuzpreiselastizität positiv. Hier wechseln die Kunden einfach bei einer Preis-
steigerung bei Produkt B zum Produkt A. Das führt zu einer erhöhten Nachfrage bei A. So
wird die Nachfrage nach Margarine steigen, wenn sich der Butterpreis erhöht.
Bei komplementären Produkten, d. h. Angeboten, die sich gegenseitig ergänzen, ist
die Kreuzpreiselastizität dagegen negativ. So führen steigende Benzinpreise zu einer gerin-
geren Nachfrage nach verbrauchsstarken Fahrzeugen – und umgekehrt. Hier sind die Ent-
wicklungen gegenläufig, wodurch sich der negative Wert der Kreuzpreiselastizität ergibt.

• Relative Ausgabenhöhe
Kunden reagieren weniger preisempfindlich, je geringer die Ausgaben für ein be-
stimmtes Angebot in Relation zum verfügbaren Einkommen sind. Was bedeutet schon
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 321

eine Preiserhöhung bei der täglichen Zeitung um 0,30  €, wenn das Netto-­
Monatseinkommen des Haushalts bei 5000 € liegt? Auch wenn die Ausgaben für ein
bestimmtes Produkt gering sind im Vergleich zur Gesamtausgabe bei einer Investition,
reagieren Kunden weniger preisempfindlich. Wie bedeutsam ist der um 1500 € teurere
Miele-Herd bei einer Gesamtinvestition der Küche von 30.000 €?
• Eingeschränkte Transparenz bezüglich Preisveränderungen
Je schwieriger es für einen Käufer ist, Preisveränderungen zu erkennen, desto weniger
wird ein Kunde auf Preisveränderungen reagieren. Dies kann der Fall sein, wenn sich
diese bspw. auf Folgekosten beziehen oder in den Kaufbedingungen „versteckt“ sind.
Teilweise versuchen Unternehmen auch, Preisveränderungen dadurch zu verschleiern,
dass sie die Menge bei gleichem Preis reduzieren (bspw. nur noch 9 statt 10 Papier-
taschentücher in einer Verpackung).
• Ausprägung des Preisbewusstseins
Je stärker die Käufer für das Thema Preis sensibilisiert sind, desto empfindlicher wird
auf Preisveränderungen reagiert. Über viele Jahre sorgten in Deutschland Werbe-
aktionen mit den Slogans „Geiz ist geil“ bzw. „Wir hassen teuer“ von Saturn und „Ich
bin doch nicht blöd“ von Media Markt für eine umfassende Sensibilisierung für das
Thema Preis.
In vielen Marktfeldern kam es zu einer regelrechten Rabattitis: „Rabatte für jeden
und alles zu jeder Zeit“. Damit wurde das Preisbewusstsein generell deutlich erhöht.
Entsprechend sensibel reagieren Kunden in vielen Branchen auf Preisveränderungen.
Dass Preisvergleiche fast schon Volkssport-Charakter angenommen haben, kann an den
Auflagen der Schnäppchenführer sowie an der Vielzahl der Preisvergleichsdienst-
leister im Internet abgelesen werden. Diese sind online unter www.billiger.de, www.
preisvergleich.de oder auch www.geizkragen.de zu finden. Dieses ausgeprägte Preis-
bewusstsein hat auch dazu geführt, dass – gestützt durch Anbieter wie eBay und Ama-
zon  – eine zusätzliche Konkurrenz zwischen neuen und gebrauchten Produkten ent-
standen ist.
• Habitualisierungsgrad von Kaufprozessen
Je stärker Kaufprozesse habitualisiert sind, d. h. gewohnheitsmäßig ablaufen, desto we-
niger wirken sich Preisveränderungen auf das Kaufverhalten aus. Damit Kunden von
ihren gewohnten Verhaltensmustern abweichen, bedarf es meist größerer Preissprünge.
Deshalb wird versucht, Kunden durch Kundenbindungsprogramme dauerhaft an be-
stimmte Dienstleister, Hersteller oder Händler zu binden. Hier ist bspw. an das
Vielflieger-­Programm Lufthansa Miles & More sowie an die Kundenkarten und
Kunden-­Apps von H&M, MediaMarkt und Douglas zu denken. Gleichzeitig kann der
Kunde hierdurch – zumindest teilweise – gegen Preiserhöhungen „immunisiert“ wer-
den (vgl. vertiefend zu Kundenbindungsprogrammen Kreutzer, 2021a, S. 267–350).
• Relevanz des Preises in Relation zum Anbieter-/Angebotsimage
Je geringer der Stellenwert des Preises im Vergleich zu einem überragenden Image ist,
desto weniger Bedeutung wird Preisveränderungen beigemessen. Hier können wir an
Preisänderungen bei Porsche Automobilen, Kleidung von Dior oder Koffer von Louis
322 5 Marketing-Instrumente

Vuitton denken. Ob der in Abschn.  4.2.2.2 erwähnte „Perfekte Bleistift Jubiläums-


edition 260 Jahre Faber-Castell“ aus Titan 490 € oder 520 € kostet, ist für den Käufer
wenig entscheidend. Auch wer sich für die Uhr Lange 1 Ewiger Kalender in Rotgold
für 98.000  € interessiert, würde sich sicherlich auch bei einem Preis von 105.000  €
nicht vom Kauf abschrecken lassen.
Die Entscheidung für derartige Produkte wird primär durch die starke Marke und
erst nachgelagert durch den Preis bestimmt. Hier kann auch der schon angesprochene
Snob-Effekt wirken. Ein höherer Preis macht das Produkt in einer bestimmten Ziel-
gruppe noch attraktiver (vgl. zum Veblen- und Snob-Effekt Abschn. 5.2.1).
• Interpretation der Preissteigerung
Kunden können Preissteigerungen auch als Hinweis auf Qualitätsverbesserungen an-
sehen  – und akzeptieren. Preiserhöhungen können bei allgemein steigenden Preisen
auch schlicht als angemessen interpretiert werden. In beiden Fällen reagieren Käufer
weniger preissensibel. Dies ist auch der Fall, wenn aufgrund einer Preissteigerung
mehr Prestige für den Käufer/Nutzer eines bestimmten Angebotes erwartet wird (vgl.
zum Veblen- und Snob-Effekt Abschn. 5.2.1).

Die aufgezeigten Kriterien können bei der Prognose bzw. der Interpretation von Nach-
frageeffekten aufgrund von Preisveränderungen herangezogen werden. Dabei gilt es auch,
einen anderen mit der Preisstellung unmittelbar verbundenen Aspekt zu berücksichtigen:
die Nutzung des Preises als Qualitätsindikator.
Der Preis wird als Qualitätsindikator herangezogen, wenn ein Kunde über keine Vor-
erfahrungen oder Qualitätsinformationen bzgl. eines Angebotes verfügt und solche auch
nicht vorliegen (etwa in Gestalt eines Testurteils der Stiftung Warentest). Das Produkt
selbst kann sich im Handel einer Qualitätskontrolle entziehen, etwa bei verpackten Ober-
hemden oder bei Wein. Soll bspw. für Freunde ein „guter Tropfen“ gekauft werden, so
wird der Nicht-Weinkenner eher seltener zum Weinangebot für 1,99 € greifen, sondern
eher zu dem für 14,99 € – in der Erwartung, damit eine deutlich bessere Qualität zu er-
werben. Der Weinkenner selbst hat dagegen andere Kriterien und wird bspw. gezielt zum
Gaja Barolo Sperss eines bestimmten Jahrgangs greifen, weil dieser für ihn höchsten
Trinkgenuss verspricht.
Es sei angemerkt, dass sich auch professionelle Weintester durch das Etikett eines re-
nommierten Weingutes (Motto: „Man trinkt das Etikett mit“) oder einen hohen Preis
(Motto: „Nichts ist so lecker wie der Preis“) zu signifikant besseren Bewertungen verleiten
lassen. Dies wurde im Zuge von Blindverkostungen durch eine Studie ermittelt (vgl.
Evers, 2009, S. 133).

cc Denkanstoß  Bei welchen Angeboten setzen Sie persönlich auf den Preis als Quali-
tätsindikator?

Neben diesem Qualitätsaspekt wirkt sich die Preishöhe auch auf die wahrgenommenen
Kosten einer Kaufentscheidung aus (vgl. Abb. 5.32). Ein hoher Preis kann folglich nicht
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 323

ZDKUJHQRPPHQH
3URGXNWTXDOLWlW

 
ZDKUJHQRPPHQHU ZDKUJHQRPPHQHU  .DXIZDKU
3UHLV 1HWWRQXW]HQ VFKHLQOLFKNHLW

 
ZDKUJHQRPPHQHU
(LQVDW]GHV.lXIHUV

Abb. 5.32  Auswirkungen des Preises auf die Kaufwahrscheinlichkeit

nur die Qualitätswahrnehmung steigern. Ein hoher Preis erhöht auch den wahr-
genommenen Einsatz des Käufers i. S. des finanziellen Einsatzes. Die Abwägung zwi-
schen beiden Ergebnissen führt zum wahrgenommenen Nettonutzen. Dessen Höhe wirkt
sich direkt auf die Kaufwahrscheinlichkeit aus. Eine hohe wahrgenommene Qualität
strahlt positiv, ein hoher wahrgenommener Einsatz des Käufers dagegen negativ auf den
wahrgenommenen Nettonutzen aus. Entscheidend ist jeweils die subjektive Wahrnehmung
des Käufers – die von einer „objektiven“ Bewertung weit entfernt sein kann.
Die Vielzahl der hier angesprochenen Faktoren unterstreicht die Komplexität einer
nachfrageorientierten Preissetzung. Wurde – bspw. im Vorfeld einer Produktentwicklung –
der „optimale“ Preis ermittelt, so kann dieser als Zielwert für die weitere Entwicklung
definiert werden. Bei diesem Target Costing bzw. Target Pricing genannten Vorgehen
leiten sich die Kostenziele des Unternehmens aus den am Markt erzielbaren Preisen ab.
Deshalb kann auch von einer Zielkostenmethode gesprochen werden.
Ausgehend vom angestrebten Marktpreis können Anforderungen an die eigene Produkt-
entwicklung, den Produktionsbereich sowie Zulieferer definiert werden, um eine Er-
reichung der Zielkosten und damit auch des Zielpreises sicherzustellen. Ein solches Vor-
gehen ist gleichzeitig hilfreich gegen die Gefahr des Over-Engineerings als Ausdruck der
„Produktverliebtheit“ von Technikern, die alle vorstellbaren Innovationen in ein Produkt
integrieren möchten, unabhängig davon, ob der damit verbundene Mehrpreis am Markt
auch erlöst werden kann.

5.2.3.3 Konkurrenzorientierte Preisgestaltung


Die Marktstimulierungsstrategie bietet Unternehmen verschiedene Möglichkeiten einer
konkurrenzorientierten Preisgestaltung (vgl. Abb. 4  7). Diese grundlegenden Strate-
gien können in verschiedenen Preiskonzepten umgesetzt werden (vgl. Abb. 5.33):

• Mittelpreisstrategie
Bei der Mittelpreisstrategie orientiert sich das Unternehmen an den branchenüblichen,
durchschnittlichen Marktpreisen und damit am herrschenden Preisniveau. Gegebenen-
324 5 Marketing-Instrumente

Preis

10
9 Hochpreisstrategie
8
7
6 Preisüberbietun g
5
Mittelpreisstrategie
4
3 Preisunterbietun g
2
1 Niedrigpreisstrategie
0 Zeit

Abb. 5.33  Konkurrenzorientierte Preisgestaltung – längerfristige Ausrichtung

falls kann eine entsprechende Orientierung am jeweiligen Marktführer erfolgen. Bei


diesem Verhalten wird auch vom Preisfolger gesprochen.
• Preisüber- oder Preisunterbietung
Bei der Preisüberbietung bzw. Preisunterbietung  – jeweils relativ zum Mittelpreis  –
strebt das Unternehmen aus dem Durchschnittsbereich heraus. Das eigene Angebot
wird entweder höherpreisig positioniert, um hierdurch ggf. auch höhere Qualitäts-
erwartungen zu schaffen. Oder die eigenen Leistungen werden unterhalb des branchen-
üblichen Marktpreises angesiedelt, weil bspw. andere Produktvorteile fehlen, um Kun-
den zum Kauf zu motivieren.
• Hoch- oder Niedrigpreisstrategie
Mit einer Hoch- bzw. einer Niedrigpreisstrategie agiert das Unternehmen mit seinem
Leistungsangebot außerhalb des Durchschnitts. Bei der Hochpreisstrategie setzt sich
ein Unternehmen preislich extrem nach oben ab, um sich so bspw. als Qualitätsführer
oder als besonders image- und prestigeträchtiger Anbieter zu positionieren. Hierzu zäh-
len bspw. der Energydrink Red Bull, der Espressoanbieter Illy, der Schuhhersteller
Tod’s, der Luxus-Anbieter Louis Vuitton und das Mineralwasser Bling, bei dem die
0,75-Liter-Flasche, besetzt mit Swarovski-Steinen, in guten Restaurants in der Preis-
klasse von 75 bis 98 € angeboten wird.
Bei der Niedrigpreisstrategie wird dagegen der niedrigste Preis im Markt anstrebt.
Beispiele hierfür sind die Lebensmittel-Discounter Aldi und Lidl sowie im Textil-
bereich Anbieter wie KiK, Primark und Takko. Auch Anbieter wie Action, Mäc-Geiz,
Rusta und TEDi nutzen für ihre Angebote eine Niedrigpreisstrategie.

cc Merk-Box  Unternehmen können mit den unterschiedlichsten Preisstrategien


sehr profitabel am Markt agieren. Voraussetzung für einen überzeugenden Er-
folg ist, dass die jeweilige Preisstrategie mit den anderen Marketing-Instrumen-
ten sowie der Gesamtstrategie des Unternehmens harmoniert. So zählen Aldi,
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 325

IKEA, Primark und Ryanair am unteren Ende der Preisskala zu den sehr erfolg-
reichen Unternehmen. Anbieter wie Apple, Hermès, Miele und Porsche am obe-
ren Ende der Preisskala erzielen ebenfalls seit Jahren höchste Gewinne.

5.2.4 Statische Preisstrategien

Bei den statischen Preisstrategien werden die Preise längerfristig festgelegt – orientiert
an Kosten, Nachfrage, Wettbewerbern und den Unternehmenszielen. Das „statische“ Ele-
ment kommt dadurch zum Ausdruck, dass der Preis für einen längeren Zeitpunkt bestehen
soll. Dennoch kann der definierte Preis nach unterschiedlichen Kriterien variieren, etwas
nach der Menge oder aufgrund der Person des Käufers. Die hier erfolgten Preisver-
änderungen beziehen sich aber i. d. R. auf den gleichen Zeitpunkt. Im Vergleich dazu
fließen bei den dynamischen Preisstrategien von vornherein Überlegungen zur künfti-
gen Marktentwicklung ein, um auf diese Weise eine Preisfolge für einen längeren Zeit-
abschnitt vorab festzulegen.

5.2.4.1 Instrumente der statischen Preis- und Konditionengestaltung


Bei jeder Preisstrategie können zusätzlich verschiedene Formen der Konditionengestaltung
eingesetzt werden. Zunächst ist zwischen den beiden folgenden Instrumenten zu unter-
scheiden:

• Rabatt
Der Rabatt ist ein Preisnachlass für Waren und/oder Dienstleistungen, der auf einen
Listenpreis gewährt wird. Die Empfänger von Rabatten können die Endkunden sein.
Hier spricht man vom Konsumentenrabatt bzw. vom Endkunden-Rabatt.
Vertriebspartner werden durch Funktionsrabatte für die Übernahme bestimmter
Aufgaben („Funktionen“) entlohnt. Diese werden auch als Händlerrabatte bezeichnet.
Händlerrabatte können an eine Listung eines Produktes gebunden sein, d. h. an die Auf-
nahme in das Sortiment des Handelspartners. Hier wird auch von Listungsgebühr ge-
sprochen. Händlerrabatte können auch zur Intensivierung der Marktbearbeitung durch
den Handel motivieren und Markteintrittsbarrieren für Wettbewerber aufbauen.
Mengenrabatte stellen ein Instrument des Anbieters dar, um bestimmte Kauf-
volumen zu erzielen. Entsprechende Rabatte können auch für einen bestimmten Auf-
trags-Mix gewährt werden.
Mit Zeitrabatten hat der Anbieter ein Instrument in der Hand, um den Verkauf zeit-
lich zu beeinflussen. Treuerabatte sollen die Bindung von Kunden und/oder Vertriebs-
partnern erhöhen (vgl. Abb. 5.34).
• Skonto
Skonto ist ein Preisnachlass, der gewährt wird, wenn die Bezahlung einer Rechnung
innerhalb eines bestimmten Zeitraums erfolgt. Da das anbietende Unternehmen in die-
sem Fall geringere Finanzierungskosten zu tragen hat, werden diese Kostenvorteile an-
326 5 Marketing-Instrumente

5DEDWWDUWHQ

)XQNWLRQVUDEDWW
0HQJHQUDEDWW =HLWUDEDWW 7UHXHUDEDWW
LP+DQGHO

*UR‰KDQGHOVUDEDWW (LQIKUXQJVUDEDWW 5DEDWWIULQ=HLW


5DEDWWQDFK8PVDW] JHPHVVHQHÄ7UHXH³
(LQ]HOKDQGHOVUDEDWW QDFK+|KHGHV )UKEHVWHOOXQJVUDEDWW HLQHV.XQGHQ]X
$XIWUDJVYROXPHQ )UKEXFKHUUDEDWW HLQHPEHVWLPPWHQ
:HUEHNRVWHQ]XVFKXVV
8QWHUQHKPHQ
5DEDWWLQ$EKlQJLJNHLW 6DLVRQUDEDWW
=ZHLWSODW]LHUXQJV
GHV$XIWUDJV0L[ 5DEDWWIUHLQHQ
UDEDWW $XVYHUNDXIVUDEDWW
)ROJHDXIWUDJGHV
6RQGHUDNWLRQVUDEDWW JOHLFKHQ.XQGHQ

5DEDWWIUGLH 5DEDWWIUHLQH
hEHUQDKPHHLQHU VSH]LILVFKH8PVDW]
)LQDQ]LHUXQJVIXQNWLRQ K|KHGHVJOHLFKHQ
.XQGHQLQHLQHP
EHVWLPPWHQ=HLWUDXP

Abb. 5.34 Rabattarten

teilig an den Kunden weitergegeben. Teilweise wird diesbezüglich auch von Bar-
zahlungsrabatt gesprochen.

In Summe sollen Rabatt und Skonto dazu beitragen, entweder bestimmte Leistungen
von Partnern zu entlohnen oder Vertragspartner zu einem bestimmten Verhalten zu moti-
vieren. Dies kann eine Umsatz- oder Absatzsteigerung sein, die Verlängerung der Kunden-
beziehung oder die Vereinfachung der Abwicklung durch größere Auftragsvolumen und
eine entsprechende Steuerung des Auftragseingangs. Zeitlich beschränkte Vergünstigungen
eines Angebotes, ohne dessen generelle Preisposition zu verändern, können ebenfalls Mo-
tive des Rabatteinsatzes sein.
Spannend ist, dass der Begriff „Rabatt“ sowie optische Verstärker wie „50 € Preisvor-
teil für Sie“ unmittelbar auf das Belohnungszentrum des Kunden abzielen. So hat die
Analyse der Wirkung von Rabattsymbolen im Zuge der Neuro-Marketing-Forschung ge-
zeigt, dass deren Präsentation generell das Belohnungszentrum im Gehirn aktiviert. Bei
entsprechenden Untersuchungen wurden verstärkte Aktivitäten in den Regionen fest-
gestellt, die mit Belohnungserwartungen assoziiert sind. Bei einem Teil der Probanden
wurde außerdem eine geringere Aktivität in den Hirnarealen beobachtet, die für die Selbst-
kontrolle verantwortlich sind. Dies hatte zur Folge, dass der Preis nicht mehr hinterfragt
wurde. Bei rabattierten höherpreisigen Produkten konnten diese Effekte dagegen nicht
beobachtet werden. Folglich bleibt bei derartigen Produkten das hier generell zu be-
obachtende vorsichtigere Kaufverhalten bestehen (vgl. vertiefend Häusel, 2016).
Bei einer zu häufigen Anwendung stellen sich allerdings auch bei Standardprodukten
Gewöhnungseffekte ein. So führten die über viele Jahre durchgeführten Rabatttage bei
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 327

Praktiker – Slogan: „20 % auf alles – außer Tiernahrung“ – zu deutlichen Umsatz- und
Ertragsrückgängen und 2013 schließlich zur Pleite des Unternehmens.
Vor dem Hintergrund der möglichen Preiseffekte ist nachvollziehbar, warum viele An-
bieter nach dem bereits beschriebenen Wegfall des Rabattgesetzes im Jahre 2001 sehr
kreative Ansätze erarbeiteten, um durch die Rabattgestaltung Verkäufe sowie generell
Kundengewinnung und -bindung zu steigern. In diesem Umfeld trat in Deutschland mit
dem Couponing ein Instrument seinen Siegeszug an, das bis dahin keine große Beachtung
gefunden hatte.
Couponing ist eine Maßnahme, bei der ein Herausgeber einer ausgewählten Personen-
gruppe durch ein Medium einen Berechtigungsnachweis (entspricht dem Coupon) zur
Verfügung stellt. Klassischerweise werden diese Coupons kostenlos angeboten. Durch
den Einsatz eines Coupons bei einer bestimmten On- oder Offline-Akzeptanzstelle wird
für einen definierten Zeitraum ein spezifischer Vorteil versprochen. Hierfür muss der
Coupon-Nutzer ein bestimmtes Verhalten zeigen.
Nachfolgend werden unterschiedliche Ausgestaltungsmöglichkeiten des Couponings
aufgezeigt. Einzelne Varianten können nach Belieben weiter kombiniert werden, um inno-
vative Coupon-Varianten zu erhalten (vgl. Abb. 5.35).
Nachfolgend werden die wichtigsten Coupon-Arten, die heute verwendet werden,
vorgestellt (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021a, S. 181–188).

• Informations-Coupon
Bei dieser Variante stellt der Coupon einen Gutschein für den Bezug von Informations-
material dar. Die häufigste Anwendung findet er in Gestalt sogenannter Coupon-­
Kataloge. Diese enthalten eine Vielzahl von Coupons, gegen deren Vorlage bzw. Ein-

$XVJHVWDOWXQJVP|JOLFKNHLWHQGHV&RXSRQLQJV

+HUDXVJHEHU $N]HSWDQ]VWHOOH
+HUVWHOOHU 0DUNHQDUWLNOHU,QGXVWULHJHQHUHOO 2QOLQH6KRS
$QELHWHUYRQ'LHQVWOHLVWXQJHQ 2IIOLQH326
9HUWULHEVNDQDO 2IIOLQH2QOLQH6KRS 6RQVWLJH9HUWUDJVSDUWQHU

3HUVRQHQJUXSSH
=HLWUDXP
,QWHUHVVHQWHQ
GHU*OWLJNHLWGHV&RXSRQV EVSZYRQELV
$NWLYH.XQGHQ
GHU&RXSRQ9HUWHLOXQJ YRUZlKUHQGRGHUQDFKHLQHP
(KHPDOLJHLQDNWLYH.XQGHQ
.DXI
=LHONXQGHQ HLQHU5HJLRQHLQHU$OWHUVVWXIHHWF

0HGLXP 9RUWHLO
$Q]HLJH3URVSHNW%HLODJH+DQG]HWWHO3RVWZXUI6SHFLDO 3UHLVYRUWHLO
0DLOLQJ(0DLO1HZVOHWWHU&RXSRQ3RUWDO:HEVLWH 0HQJHQYRUWHLO
&RXSRQ$XWRPDW9HUNDXIVPLWDUEHLWHU 3URGXNW]XJDEH
3URGXNW ,QIRUPDWLRQVDQJHERW

%HUHFKWLJXQJVQDFKZHLV 9HUKDOWHQ
3ULQW&RXSRQ .DXIHLQHVEHVWLPPWHQ3URGXNWHVHLQHUGHILQLHUWHQ0HQJH
606PLW*XWVFKHLQ&KDUDNWHU 606&RXSRQ 1XW]XQJHLQHVDXVJHZlKOWHQ9HUWULHEVNDQDOV
(&RXSRQ .DXILQQHUKDOEHLQHVVSH]LILVFKHQ=HLWUDXPV
.DVVHQERQPLWHQWVSUHFKHQGHP$XIGUXFN %HUHLWVWHOOXQJYRQ,QIRUPDWLRQHQ

Abb. 5.35  Ausgestaltungsmöglichkeiten des Couponings


328 5 Marketing-Instrumente

sendung exklusive Informationen bereitgestellt werden. Solche Coupon-Kataloge


werden bspw. während Eurowings-Flügen verteilt.
• Rabatt-Coupon/Cash-Coupon
Dem Nutzer dieses Coupons wird bei dessen Vorlage ein Preisnachlass für ein be-
stimmtes Produkt, für eine Produktgruppe oder für den gesamten Einkauf in einem
Vertriebskanal gewährt. Entweder ist der Preisvorteil als €-Betrag oder in Prozent aus-
gewiesen.
• Treue-Coupon/Mail-in-Coupon
Dieser Coupon-Typ kann – als Belohnung für eine langfristige Kundenbeziehung – in
Form des Rabatt-/Cash-Coupons ausgestaltet sein und unmittelbar zu einem Preis-
vorteil führen.
Bei Mail-in-Coupons muss der Kunde einen Kaufnachweis durch Coupons er-
bringen. Diese Coupons sind entweder auf oder im Produkt angebracht. Häufig müssen
diese gesammelt und an das Unternehmen eingeschickt werden (deshalb Mail-in-Cou-
pon), um einen Vorteil zu erhalten. Diese Variante wird insb. von Markenartikel-­
Unternehmen eingesetzt.
• E-Coupon
Ein E-Coupon kann bei Bestellvorgängen im Internet eingesetzt werden. Sehr häufig
bieten Unternehmen den eigenen Website-Besuchern einen E-Coupon als Belohnung
für das Abonnement des Newsletters an. Thalia motiviert stationäre Kunden mit einem
E-Coupon zu Einkäufen im Online-Shop www.thalia.de.
Diese Art von Coupon findet aber auch bei Cross-Promotions ihren Einsatz. Hierzu
wird bspw. auf der Verpackung von Weihenstephan-Milch ein 5 €-Coupon aufgedruckt
ist, der bei einer Bestellung in einem bestimmten Online-Shop eingesetzt werden kann.
• Pre-Sales- vs. After-Sales-Coupon
Der Pre-Sales-Coupon wird im Vorfeld eines möglichen Kaufaktes distribuiert, um
einen solchen anzustoßen. Procter & Gamble setzt mit seinem Programm For me diese
Coupon-Variante umfassend ein, um gezielt den Kauf seiner Markenprodukte zu för-
dern (vgl. For me, 2021).
Bei After-Sales-Coupons erfolgt die Überreichung des Coupons direkt im An-
schluss an einen Kauf. Diese Bereitstellung kann bspw. durch einen Aufdruck auf dem
Kassenzettel oder durch die Übergabe eines Coupons durch das Verkaufspersonal er-
folgen. Ziel ist die Auslösung eines Wiederkaufs. Hierzu werden bei einem Folgekauf
(innerhalb einer bestimmten Zeitspanne) besondere Vorteile in Aussicht gestellt wer-
den. Diese Variante wird häufig beim Payback-Programm eingesetzt.
• Ein- vs. mehrstufige Coupons
Um einstufige Coupons handelt es sich, wenn Herausgeber und Akzeptanzstelle iden-
tisch sind. Dies ist der Fall, wenn DM Drogeriemarkt über das Kundenbindungs-
programm Payback Coupons an ausgewählte Kunden zur Einlösung im eigenen Haus
verschickt.
Bei mehrstufigen Coupons fallen Herausgeber und Akzeptanzstelle auseinander.
Dann lobt bspw. ein Markenartikler (Coca-Cola) einen Mengenrabatt aus, der im teil-
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 329

nehmenden Handel (Edeka) gewährt wird. Die Abwicklung der damit verbundenen
Zahlungsströme ist die Domäne der Clearing-Häuser.
• Kostenpflichtige Vorteils-Coupons
Eine besondere Form zur Verbreitung von Coupons hat sich mit den Online-Coupons
etabliert. Solche Coupons können Interessenten über Plattformen wie Groupon er-
werben. Hier werden – befristet – häufig besonders preisattraktive Angebote präsen-
tiert. Durch den hohen Zeitdruck – oft durch einen Countdown dargestellt – sollen In-
teressenten zu Spontankäufen motiviert werden.

Um das Couponing in der strategischen Kundenbetreuung zu verankern, empfiehlt es


sich, den Einsatz einer Couponing-Strategie am bereits vorgestellten Kundenbe-
ziehungslebenszyklus auszurichten (vgl. Abb. 4.12):

• In der Phase des Interessenten-Managements ist es ein vorrangiges Ziel, Interessen-


ten zu generieren, um diese zu Erstkäufen anzuregen. Hier ist insb. die Lenkungs-
funktion des Couponings gefordert. Das Ziel kann der Besuch eines bestimmten Ver-
triebskanals (online oder offline) oder der Kauf eines speziellen Produktes sein.
Cash- und Rabatt-Coupons können eine wichtige Anreizfunktion übernehmen, um
den Kaufwiderstand eines potenziellen Kunden zu reduzieren.
• In der Phase des Kundenbindungs- und Kundenentwicklungs-Managements be-
steht die Aufgabe darin, kontinuierliche Kaufimpulse zu vermitteln. Um die Kauf-
frequenz und gleichzeitig auch die Kundenloyalität zu erhöhen, können Rabatt-Cou-
pons eingesetzt werden. Auf die Verlängerung der Kundenbeziehung und damit auf den
Aufbau von Wechselbarrieren zielen Treue-Coupons. Deren Erhalt ist an eine be-
stimmte Kundentreue, definiert in Zeitdauer, Umsatz oder Intensität der Produkt-
nutzung, gebunden. Deren Steuerung setzt eine CRM-Datenbank voraus. Werden be-
stimmte ­Vorteile an Mindestumsätze gebunden, so kann die Höhe des Durchschnitts-Bons,
d. h. des durchschnittlich getätigten Umsatzes, gesteigert werden.
• After-Sales-Coupons dienen der Verlängerung der Kundenbeziehung. Sie können erst
beim nächsten Kauf eingelöst werden und liefern einen Anreiz zum Wiederkommen.
Das jeweilige Angebot des Coupons kann gezielt vom aktuellen Warenkorb bzw. vom
bisherigen Kaufverhalten abgeleitet werden. Durch eine solche zielpersonengenaue
Ansprache ist der Schritt zum One-to-one-Couponing vollzogen.
• In der Phase des Rückgewinnungs-Managements können die bereits besprochenen
Coupon-Varianten eingesetzt werden, um besonders werthaltige Kunden gezielt
zurückzugewinnen.

Zur Distribution von Coupons können Coupon-Kataloge oder Zeitungen und Zeit-
schriften auf regionaler oder nationaler Ebene eingesetzt werden. Die Zielgruppe oder
einzelne Zielpersonen können allerdings auch wesentlich gezielter und ggf. personalisiert
angesprochen werden. Hier können Mailings und E-Mails eingesetzt werden. Die Ent-
scheidung über den relevanten Distributionsweg für Coupons ist vom Vorhandensein
330 5 Marketing-Instrumente

eigener CRM-Datenbanken sowie von der Umsatz- oder Deckungsbeitragshöhe abhängig,


die durch einen Produktverkauf erzielt werden kann.
Vorteile des Couponings sind die hohe Flexibilität und die häufig nur geringe Vor-
laufzeit einer entsprechenden Aktion. Der Coupon-Herausgeber entscheidet, ob die Dis-
tribution mit einem lokalen Fokus oder national erfolgen soll, ob bestimmte Zielgruppen-
segmente angesprochen, ausgewählte Vertriebswege und/oder selektierte Produkte
gefördert werden sollen.
Die präzise Ausrichtung des Coupon-Einsatzes ermöglicht es, dass Maßnahmen kurz-
fristig auf spezifische Vertriebsziele „einzahlen“. Dies kann die Zunahme der Anzahl an
Newsletter-Abonnenten, die Erhöhung der Erstkaufrate oder die Steigerung des
Durchschnitts-Bons sein. Wenn die Einlösung an bestimmte Mindestauftragswerte ge-
bunden oder auf ausgewählte, besonders margenträchtige Sortimentsteile ausgerichtet ist,
können sich Coupon-Aktionen schon im ersten Schritt rechnen.
Wie bei allen Marketing-Instrumenten besteht auch beim Couponing die Gefahr, dass
ein Abnutzungseffekt eintritt. Damit ist insb. dann zu rechnen, wenn es – wie teilweise
bereits geschehen – zu regelrechten Coupon-Schlachten kommt, bei denen breite Konsu-
mentenschichten undifferenziert Coupons erhalten. Dies könnte zu einem Gewöhnungs-
effekt führen mit der Folge, dass Kunden ihre Käufe so lange verschieben, bis sie einen
passenden Coupon erhalten. Kunden können aufgrund einer Coupon-Inflation auch mit
Reaktanz (das Gegenstück zur Akzeptanz) reagieren und aus der Nutzung komplett
aussteigen.
Während mit dem Einsatz von Coupons i. d. R. Vergünstigungen für einzelne Kunden
oder bestimmte Kundengruppen gewährt werden, stellt sich die Frage, wie Unternehmen
bei Preiserhöhungen vorgehen. Bei der Diskussion der Preiselastizität wurde bereits
deutlich, welche nachhaltig negative Wirkung Preissteigerungen auf die Nachfragemenge
und den Umsatz ausüben können. Deshalb wird häufig versucht, Preissteigerungen zu ver-
schleiern. Durch eine nicht deutlich herausgestellte Verringerung der Stückzahlen oder des
Volumens pro Verpackungseinheit bei gleichem Preis wird eine Preiserhöhung vollzogen,
die  – so sie „unentdeckt“ bleibt  – nicht zu Nachfragerückgängen führt. Solche ver-
schleierten Preiserhöhungen werden regelmäßig bspw. bei Windeln, Seife, Kosmetik-
produkten und Hygienetüchern von der Stiftung Warentest aufgedeckt.
In diesen Kontext fallen auch sogenannte Mogelpackungen, die Kunden eine größere
Füllmenge vortäuschen, als in den Packungen tatsächlich enthalten ist. Aufgrund der
Größe der Verpackung soll dem Kunden hier eine Menge signalisiert werden, die de facto
nicht erreicht wird. Bei Untersuchungen von Verbraucherzentralen wird immer wieder
festgestellt, dass Müsli-, Reis- oder Creme-Verpackungen im Durchschnitt 40 % „Luft“
enthielten.
Außerdem wurde in den letzten Jahren immer wieder festgestellt, dass Großpackungen
(sei es von Kosmetik, Schokolade, Weichspüler) relativ teurer waren als kleinere Gebinde.
Die Händler sind zwar zur Angabe der Preise pro 100 Gramm, pro Liter bzw. pro Kilo-
gramm verpflichtet. Aber welcher Kunde prüft dies schon regelmäßig nach? Da der Käufer
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 331

bei einer größeren Abnahmemenge grds. einen Preisvorteil erwartet, sind dies Beispiele
dafür, wie das Vertrauen der Verbraucher in die Marke missbraucht wird.
Preisliche Anreize können von Unternehmen in reifen Märkten auch gezielt eingesetzt
werden, um eine Aufnahmefähigkeit für neue Produkte zu schaffen. So werden von Unter-
nehmen in regelmäßigen Abständen sogenannte Eintauschprämien bzw. Umtausch-
prämien ausgelobt. Hier wird einem Kunden bei der Rückgabe alter Produkte ein €-Wert
auf den Kauf von neuen Produkten der gleichen Kategorie angerechnet.
Unternehmen wie Fissler, Silit und WMF bieten regelmäßig an, beim Kauf bestimmter
Produkte bspw. 10 € für jeden alten Topf gutzuschreiben. Auch für Produkte wie Smart-
phones werden mittlerweile Eintauschprämien von diversen Anbietern angeboten. Hierbei
wird der Verkaufswert des alten Gerätes vom Kaufbetrag des neuen Gerätes abgezogen.
Die Relevanz solcher Konzepte ist einfach erklärt: Durch Umtauschprämien soll bei zö-
gernden Kunden zunächst das schlechte Gewissen beruhigt werden, ein oft noch voll
funktionsfähiges Produkt zu ersetzen. Motto: „Aber ich bekomme ja noch etwas dafür!“
Außerdem wird durch die Umtauschaktion ganz konkret „Platz geschaffen“ für das neue
Produkt. Über die ökologischen Folgen eines solchen Vorgehens kann man trefflich dis-
kutieren.
Hinsichtlich der Preisveränderungen stellt sich für Unternehmen die Frage, ob sie
diesbezüglich lieber eine Führer- oder Folgerposition einnehmen. Die Preisführer-
schaft hat das Unternehmen inne, welches eine Preisveränderungsrunde in einer Bran-
che einleitet, sei es nach oben oder unten. Während Preissteigerungsrunden (bspw. bei
Benzin) häufig ein breites negatives Medienecho finden, müssen die entsprechenden
Unternehmen bei Preissenkungsrunden eher selbst auf neue „Dauerniedrigpreise“ (etwa
bei Lebensmittel-­Discountern) hinweisen. Im Mineralölhandel wird häufig sichtbar,
dass die Preisführerschaft zwischen den Marken wechselt, damit nicht bei einem An-
bieter das Image der Preistreiberei entsteht. Preisfolger sind alle Unternehmen, die auf-
grund der durchgeführten Änderungen der Wettbewerber ihre Preise in gleicher Rich-
tung anpassen.

cc Merk-Box  Das Konzept von Preisführern und -folgern ist insb. in oligopolistisch
geprägten Märkten zu beobachten. Hier wirken sich die Preisveränderungen
eines Unternehmens deutlich auf den Absatz der anderen Anbieter aus.

5.2.4.2 Preisdifferenzierung als Spezialinstrument der statischen Preis-


und Konditionengestaltung
Bei der Preisdifferenzierung werden für (nahezu) gleiche Leistungen unterschiedliche
Preise verlangt. Welche Preise jeweils verlangt werden, ist von verschiedenen Kriterien
abhängig. Die Preisdifferenzierung gehört zu den statischen Preisstrategien, da diese Stra-
tegien über längere Zeit in gleichbleibender Form eingesetzt werden.
332 5 Marketing-Instrumente

Arten der Preisdifferenzierung

Bezugsebene Bezeichnung Umsetzung

Persönliche Kostenloses Giro-Konto für Studenten; Studenten-Abo für


Person Preisdifferenzierung Zeitungen und Zeitschriften; Senioren-Tarif in Museen

Räumliche Preisunterschiede für gleiche Pkws oder identische


Region Preisdifferenzierung Medikamente in verschiedenen EU-Staaten

Niedrige Preise in der Vor- und Nachsaison, hohe Preise


Zeitliche in der Hauptsaison; Flugtarife nach Zeitpunkt des Fluges;
Zeit Preisdifferenzierung Frühbucherrabatte; Happy-Hour-Angebote in Clubs

Verschiedene Preise für Reisen der 1. und 2. Klasse bei


Leistungsbezogene der Deutschen Bahn oder in der First, Business oder
Leistung Preisdifferenzierung Economy Class der Lufthansa

Mengenbezogene
Menge Einräumung von Mengenrabatten für Großabnehmer
Preisdifferenzierung

Unterschiedliche Konditionen für Online- und Offline-


Vertriebswegbezogene Buchungen; verschiedene Tarife für Online- und Offline-
Vertriebsweg Preisdifferenzierung Services (Brokerage, Banking); Discounter vs. Kaufhaus
Preisbündelung,
Kunden, die mehrere Produkte zusammen erwerben, wird
Nachfrage-Mix Bundling, Koppel-
ein günstigerer Preis gewährt
Angebot

Abb. 5.36  Arten der Preisdifferenzierung

Um eine Preisdifferenzierung durchführen zu können, müssen mehrere Anforderungen


erfüllt werden:

• Erstens muss sich die Zielgruppe in mindestens zwei verschiedene Segmente auf-
teilen lassen. Nur dann können verschiedene Preise eingesetzt werden.
• Zweitens müssen die definierten Zielgruppen unterschiedliche Preiselastizitäten auf-
weisen. Nur dann führt eine Differenzierung der Preise bei den verschiedenen Ziel-
gruppen zum angestrebten Ergebnis.
• Drittens müssen sich die identifizierten Segmente abgrenzen lassen. Nur dann kön-
nen unterschiedliche Preise für gleiche Leistungen zum gleichen Zeitpunkt am Markt
bestehen.

Die verschiedenen Arten der Preisdifferenzierung sind in Abb. 5.36 dargestellt.

cc Merk-Box  Die generelle Leitidee einer Preisdifferenzierung ist, dass ein Unter-
nehmen seine Umsatz- bzw. Deckungsbeitragsziele besser erreichen kann,
wenn die Preise nach verschiedenen Kriterien festgelegt und damit „differen-
ziert“ werden.

Gründe für die persönliche und räumliche Preisdifferenzierung sind meist die unter-
schiedlichen Preiselastizitäten der Nachfrager. Bei der Zielgruppe Studenten bspw. wird
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 333

generell davon ausgegangen, dass diese eine niedrigere Kaufkraft aufweist als Personen,
die voll im Berufsleben eingebunden sind. Um auch Studenten für das eigene Angebot zu
gewinnen, wird dieser Zielgruppe für das gleiche Produkt ein günstigerer Preis angeboten.
So bezahlen Studenten für ein Abonnement der Frankfurter Allgemeinen Zeitung („Mon-
tag bis Sonntag“) im Jahr 2021 lediglich 39,80  € statt 78,50  € pro Monat. Das On-
line-Abonnement kostet für Studenten 31,40 € statt 48,90 €.

cc Denkanstoß  Jedem Studenten der Wirtschaftswissenschaften und jedem Leistungs-


träger in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ist übrigens empfohlen, sich ­regelmäßig
durch eine der führenden Zeitungen informieren zu lassen. Dieses Geld ist sehr gut
in die eigene Qualifikation investiert – und fördert auch das persönliche Wachstum.
Lesen macht auch noch riesig Spaß! Und nein: Sich nur aus vermeintlich kosten-
losen Informationsquellen wie Facebook, Instagram, YouTube & Co. zu informie-
ren, reicht heute nicht aus (vgl. zu den Gefahren der digitalen Verführung Kreut-
zer, 2020).

Die unterschiedlichen Preiselastizitäten erklären oftmals die divergierenden Preise für


gleiche Angebote in verschiedenen Ländern. Diese auseinanderfallenden Preiselastizi-
täten lassen sich meist auf Kaufkraftunterschiede zwischen den Ländern zurückführen.
Um diese Kaufkraftunterschiede sichtbar zu machen, wird der Big-Mac-Index der Zeit-
schrift The Economist eingesetzt.
Was hat es mit diesem Index eigentlich auf sich? Durch den Big-Mac-Index können die
Kaufkraftunterschiede zwischen Ländern sichtbar gemacht werden. Der Index weist aus,
wie viel ein Big Mac in einzelnen Ländern kostet. Der Burger von McDonald’s eignet sich
deshalb so gut für einen internationalen Preisvergleich, weil er weltweit in einer Standard-
version angeboten wird. Gleichzeitig muss der Preis des Burgers an die Kaufkraft der
Zielmärkte angepasst sein, damit sich möglichst viele Menschen den Big Mac leis-
ten können.
Um die Indexwerte einheitlich aufzuzeigen, werden die Preise der unterschiedlichen
Währungen in US-$ umgerechnet. Der höchste Preis für einen Big Mac liegt in der Schweiz
bei 7,29 US-$, gefolgt von Schweden mit 6,37 US-$. Am anderen Ende der Skala liegen
Russland mit 1,81 US-$ und Libanon mit 1,77 US-$. Es ist leicht nachzuvollziehen, dass
sich der Big Mac in Russland zum Preis aus der Schweiz kaum verkaufen ließe. Der Preis
für einen Big Mac liegt in den USA bei 5,66 US-$ und in der Eurozone bei 5,16 US-$ (vgl.
Economist, 2021).
Im internationalen Kontext wird bei Diskussionen über Preise häufig der Begriff Dum-
ping verwendet. Internationales Dumping ist nach den Regeln der Welthandelsorganisation
(WTO – World Trade Organization) verboten. Die WTO verbietet es Exporteuren, Pro-
dukte und Dienstleistungen im Ausland unter dem Preis anzubieten, zu dem sie diese
Güter im Inland verkaufen (vgl. WTO, 2021). Um festzustellen, ob Dumping vorliegt,
wird als Referenzpreis der Angebotspreis für Inlandsverkäufe desselben Gutes zugrunde
334 5 Marketing-Instrumente

gelegt und zur Bewertung der Preisstellung auf einem ausländischen Markt herangezogen.
Zusätzlich sind i. d. R. noch Aufschläge für Transportkosten zu berücksichtigen.
Unternehmen versuchen durch Dumping, in anderen Ländern Marktanteile zu erobern
und dort vorhandene Unternehmen durch eine aggressive Preissetzung vom Markt zu
verdrängen.
Von Sozialdumping wird gesprochen, wenn Exportprodukte aufgrund niedriger Ar-
beits- und Lohnnebenkosten preiswerter angeboten werden können als die im Zielland
selbst hergestellten Erzeugnisse. Eine Ursache für niedrige Nebenkosten kann das Fehlen
von sozialen Absicherungssystemen sein. Häufig existieren für die Mitarbeiter keinerlei
Kranken-, Renten-, Unfall- oder Arbeitslosenversicherung. Außerdem wird häufig unter
ungünstigen Arbeitsbedingungen produziert. Ober es liegt sogar Kinderarbeit vor.
Allerdings stellt Sozialdumping im rechtlichen Sinne kein Dumping dar. Schließlich
werden die Preisunterschiede hier tatsächlich durch unterschiedliche Standortkosten ver-
ursacht. Die Bekämpfung von Sozialdumping kann zum einen das Ziel verfolgen, die
Arbeitsbedingungen und die Entlohnung in den Herkunftsländern tatsächlich zu ver-
bessern (vgl. vertiefend Wiesner, 2016). Zum anderen verfolgen Interessensgruppen aber
auch das Ziel, die heimische Industrie durch den Vorwurf von Sozialdumping vor un-
gewünschten Billigimporten zu schützen.
Eine räumliche Preisdifferenzierung kann auch durch unterschiedliche Steuersysteme
der Zielländer erforderlich werden. So muss bspw. ein dänischer Konsument beim Auto-
kauf zusätzlich zur Mehrwertsteuer noch eine Zulassungssteuer von derzeit bis zu 150 %
bezahlen. Hier wird auch von einer Luxussteuer gesprochen. Dadurch sind die in Däne-
mark privat zugelassenen Mittelklasseautos für die dänischen Konsumenten oft mehr als
doppelt so teuer wie für einen Kunden in Deutschland. Deshalb sehen sich viele Hersteller
gezwungen, die Preise vor Steuern für Kraftfahrzeuge bis auf ein Minimum zu reduzieren,
damit sie in Dänemark überhaupt verkauft werden.
Unterschiedliche Marktpositionen des anbietenden Unternehmens können ebenfalls
unterschiedliche Preisstellungen erfordern. Ist ein Unternehmen in einem Land Markt-
führer, kann es ggf. höhere Preise verlangen, als wenn es ein Neueinsteiger wäre.
Die zeitliche Preisdifferenzierung hat drei unterschiedliche Ausprägungen:

• Der Preis kann in Abhängigkeit vom Zeitpunkt des Kaufes in Relation zu dem
Nutzungszeitpunkt differenziert werden. In diesen Bereich fallen Frühbucherrabatte.
Hier werden die Kunden mit Preisabschlägen belohnt, die bereits zu einem frühen Zeit-
punkt buchen. Diese Preisstrategie wird von der Deutschen Bahn und auch von Hotels
und Fluggesellschaften eingesetzt. Ein Flug „Köln-Bonn – Berlin“ wird viele Wochen
oder Monate vor dem Abflugtermin bspw. für 19,99 € (One-way-Komplettpreis) an-
geboten. Einen Tag vor dem Abflugtermin kostet der gleiche Flug dann bspw. 199,99 €.
• Diese Preisstrategie wird als Yield-Management (i.  S. eines Ertrags-Managements)
bezeichnet. Durch die differenzierte Preissetzung streben die Unternehmen eine best-
mögliche Auslastung der vorhandenen Kapazitäten an. Kunden sollen durch attraktive
Preise motiviert werden, zu einem möglichst frühen Zeitpunkt zu buchen. Das erhöht
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 335

die Planungssicherheit der Unternehmen. Gleichzeitig werden die Kunden früh an


einen Anbieter gebunden. Die Kunden können dann nicht mehr den „Verlockungen“
der Wettbewerber erliegen. Schließlich ist eine Umbuchung häufig nur unter hohen
Kosten möglich.
• Der Preis kann auch in Abhängigkeit des Nutzungszeitpunkts variieren. Dies ist bei
allen Reiseangeboten der Fall, die ihre Preise nach Vor-, Haupt- und Nachsaison staf-
feln. Das dominante Ziel hinter dieser Preisstellung ist eine Verstetigung der Nach-
frage. Es geht darum, Nachfragespitzen zu kappen und Nachfragetäler zu füllen. So
verfolgt ein Reiseveranstalter das Ziel, Nachfrage aus der Hauptsaison in die Vor- und
Nachsaison zu verschieben. Schließlich kann ein Anbieter auch in der Hauptsaison
seine Kapazitäten (seien es Hotels, Restaurants, Flugzeuge, Schiffe) nur maximal zu
100 % auslasten.
• Eintrittspreise und Cocktails zum Happy-Hour-Preis gehören ebenfalls in diese Kate-
gorie. Mit Happy-Hour-Angeboten wird in Museen, Restaurants und Bars versucht,
Kunden in den nachfragearmen Zeitpunkten „anzulocken“, um die eigenen Kapazitäten
auch hier gleichmäßiger auszulasten.
• Die unterschiedlichen Preise für TV- und Rundfunk-Werbezeiten innerhalb und
außerhalb der als Prime Time bezeichneten Hauptsendezeit dienen dem gleichen Ziel.
Unternehmen, die für Werbung weniger investieren möchten, platzieren ihre Werbe-
spots außerhalb der Prime Time – auch wenn sie dann weniger Menschen erreichen.
• Ein besonders markantes Beispiel für Prime Time stellt der US-amerikanische Super
Bowl dar. Die Durchschnittskosten eines 30 Sekunden langen TV-Werbespots liegen
im Jahr 2021 bei 5,6 Mio. US-$ (vgl. Statista, 2021a).
• Der Preis kann auch allein nach dem Kaufzeitpunkt schwanken – unabhängig davon,
wann der Erwerber ein Produkt nutzt. So können zu bestimmten Zeiten Sonderver-
käufe stattfinden. Hier ist an den Sommer- und Winterschlussverkauf zu denken,
auch wenn diese offiziell abgeschafft wurden. Black Friday und der Singles’ Day fallen
auch in diese Kategorie.

Eine besondere Form der persönlichen und zeitlichen Preisdifferenzierung findet immer
breiteren Einsatz: das Dynamic Pricing. Bei Amazon werden viele Preise den ganzen Tag
über mehrmals verändert. Die dynamische Preisanpassung basiert auf der Erkenntnis, dass
die Preiselastizität der Käufer zu verschiedenen Zeitpunkten unterschiedlich ausfällt. Des-
halb können Erträge für die Unternehmen dadurch optimiert werden, dass den Kunden
unterschiedliche Preise angeboten werden.
Auf die individuell angebotenen, dynamisch ausgespielten Preise wirken sich weitere
Faktoren aus: Beschäftigt sich der potenzielle Käufer zum zweiten oder dritten Male mit
dem Angebot, so deutet dies auf ein großes Interesse. Folglich wird diese Person vermutlich
auch einen höheren Preis zu bezahlen bereit sein. Wer mit Apple-Produkten auf Angebote
zugreift, bekommt ggf. höhere Preis angezeigt. Dies basiert auf der Hypothese, dass
Apple-Nutzer eine höhere Kaufkraft aufweisen und deshalb auch höhere Preise akzeptieren.
Dass die Kunden über ein solches Vorgehen häufig nicht begeistert sind, liegt auf der Hand.
336 5 Marketing-Instrumente

Bei der leistungsbezogenen Preisdifferenzierung wird versucht, eine ähnliche Leis-


tung so aufzufächern, dass diese in verschiedenen Preisgruppen angeboten werden kann.
Hierzu gehören unterschiedliche Zimmerausstattungen im gleichen Hotel ebenso wie die
Differenzierung nach 1. und 2. Klasse bei der Deutschen Bahn sowie nach First, Business
und Economy Class bei der Lufthansa. Ein Flug Frankfurt-New York kostet auf der glei-
chen Strecke und zum gleichen Zeitpunkt bspw. in der Economy Class ab 488 €, in Pre-
mium Economy ab 1090  €, in der Business Class ab 2200  € und in der First Class ab
4600  € (vgl. Lufthansa, 2021). Durch dieses Vorgehen soll die unterschiedliche Preis-
bereitschaft der Kunden ausgeschöpft werden, um für das Unternehmen eine höhere Wert-
schöpfung zu erreichen.
Bei den hier genannten Beispielen wird bereits deutlich, dass die Preisdifferenzierung
in diesen Fällen bereits mit einer mehr oder weniger umfassenden Produktdifferenzierung
einhergeht. In der First Class der Lufthansa wird bspw. ein mehrgängiges Menü (inkl.
Kaviar, Wein, Champagner und Espresso) auf Porzellan serviert. Außerdem gibt es Sitze,
die sich in komfortable Betten verwandeln lassen. In der „Holzklasse“ genannten Eco-
nomy Class wird dagegen häufig ein „Papp-Brötchen“ (inkl. diverser in Folie verschweißter
„Beilagen“) in einer Papp-Schachtel auf kleinstem Raum gereicht. Die Basisleistung ist
allerdings in beiden Fällen identisch. In der 1. Klasse wird man bei der Deutschen Bahn
nicht nur am Platz bedient. Es werden auch verschiedene Zeitungen kostenlos angeboten.
Auch das Platzangebot ist viel größer.

cc Merk-Box  Statt von einer Preisdifferenzierung sollte immer dann von einer
Produktdifferenzierung gesprochen werden, wenn sich die Angebote deutlich
unterscheiden. Bei der Verwendung verschiedener Materialien (Kunstfaser vs.
Kaschmirwolle oder Kunstleder vs. echtem Leder) für identische Produkte han-
delt es sich ebenfalls um eine Produktvariation und nicht um eine Preis-
differenzierung.

Bei der mengenbezogenen Preisdifferenzierung wird der Preis aufgrund der nach-
gefragten Menge pro Käufer angepasst. Dies ist Fall, wenn der Glashersteller Riedel acht
mundgeblasene Gläser zum Preis von sechs verkauft. Der gleiche Mechanismus kommt
zum Tragen, wenn mehrere Personen gleichzeitig Leistungen in Anspruch nehmen. So
kann bspw. eine vierköpfige Familie einen Urlaub zum Preis von drei Personen buchen.
Hier wird der schon angesprochene Mengenrabatt gewährt.
Bei der vertriebswegbezogenen Preisdifferenzierung differieren die Preise bspw. in
Abhängigkeit davon, welches Ausmaß an Self-Service der Kunde erbringt. So unter-
scheiden sich die Tarife für Online- und Offline-Banking. Auch für Tickets, die entweder
im Reisebüro erworben oder selbst im Internet gebucht und ausgedruckt werden, fallen
unterschiedliche Preise an. Beim Online-Brokerage unterscheiden sich die Tarife für die
Dienstleistung im Vergleich zu den klassischen Wegen des Erwerbs von Wertpapieren.
Dem ursprünglichen Konzept der Factory Outlets („Fabrikverkauf“) lag ebenfalls
eine vertriebswegbezogene Preisdifferenzierung zugrunde: Ohne Beratung, in „fabrikähn-
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 337

licher“ Umgebung und teilweise ohne Umkleidekabinen wurde Markenkleidung noch in


den 1980er- und 1990er-Jahren zu deutlich reduzierten Preisen angeboten. Heute ist die
Ausstattung dieser Outlets häufig mit der von gehobenen Modehäusern vergleichbar  –
nicht nur hinsichtlich des Ambientes, sondern auch in Bezug auf die Kompetenz bei der
Beratung. Von den „Fabriken“ sind die Outlets inzwischen auch tausende oder zehn-
tausende Kilometer entfernt.
Die Preisdifferenzierung nach Vertriebsweg findet sich ebenso im Gastronomiebereich.
Im Einzelhandel kostet eine Flasche Mineralwasser San Pellegrino (1 l) um 1 €. Im ein-
fachen Restaurant werden dafür 3,40  € verlangt. Im Drei-Sterne-Lokal müssen für das
gleiche Mineralwasser dagegen 19,50 € bezahlt werden. Gleiches gilt für Markenartikel,
die beim Discounter wesentlich günstiger angeboten werden als bspw. beim klassischen
Lebensmittelhändler.
Eine Preisbündelung liegt vor, wenn verschiedene Produkte zu einem Angebotspaket
zusammengefasst werden, für die ein Bündelpreis zu bezahlen ist. Hier wird auch von
Pricing Bundle, Bundling bzw. Koppel-Angebot gesprochen. Ein Bündelpreis ist meist
niedriger als die Summe der Einzelpreise der zusammen gekauften Produkte.
Beispiele für Bündelpreise sind Pauschalreisen bzw. „All inclusive“-Angebote von
Reiseveranstaltern. Das Office-Paket von Microsoft bündelt die Programme Word, Excel,
PowerPoint sowie Outlook und bietet diese mit einem deutlichen Preisabschlag gegenüber
den Einzelprogrammen an. PC- und Laptops werden vielfach auch mit vorinstallierter
Software angeboten – Preisvorteil inklusive!

cc Merk-Box  Menschen kaufen gerne „Paket-Angebote“ – verbunden mit der Vor-


stellung, hierbei besonders clever eingekauft zu haben.

Auch in Restaurants ist ein Vier-Gang-Menü meist kostengünstiger als die Bestellung
der einzelnen Gänge. Unter Umständen sind jedoch die Portionen im Menü kleiner. Außer-
dem setzt mancher Restaurantchef darauf, dass durch eine mit dem Menü verbundene
längere Verweildauer im Restaurant der Konsum von Getränken steigt. Diese sind oft mit
einem höheren Deckungsbeitrag kalkuliert. So fließen zusätzliche Effekte des nachfolgend
beschriebenen kalkulatorischen Ausgleichs in die Überlegung ein.
Eine Preisbündelung findet sich auch bei Hotels. Hier werden häufig Komplettpreise
ausgelobt. Es heißt dann „Zimmerpreis, inkl. Frühstück, 126  €“ statt Einzelpreise wie
„Zimmerpreis 102  €, Frühstück 24  €“. Auch viele Bank-Dienstleistungen werden im
Bündel angeboten, bspw. ein Girokonto verbunden mit einer Kreditkarte.
Durch die Preisbündelung wird dem Kunden die Möglichkeit genommen, die Einzel-
preise zu vergleichen. Hier führt die Bündelung zu einer Preisverschleierung. Bei Preis-
erhöhungen von Package-Angeboten ist auch nicht nachvollziehbar, welche Leistung um
wie viel Prozent teurer geworden ist. Dienstleister, wie Unternehmensberatungen und
Werbeagenturen, präferieren ebenfalls Package-Preise, um eine Nachvollziehbarkeit der
einzelnen Preise zu erschweren. Durch Bündelangebote wird auch der Umsatz pro Kauf
338 5 Marketing-Instrumente

gesteigert. Oft können durch eine höhere Attraktivität des Angebotes neue Kundengruppen
erschlossen werden.
Um Angebote präzise vergleichen zu können, ist der Systempreis bzw. sind die Total
Cost of Ownership (TCO) zu errechnen. Hierzu sind bei Beschaffungsprozessen – insb.
von Industriegütern – neben dem Kaufpreis für eine Anlage auch alle zukünftig erwarteten
Kosten zu berücksichtigen. Dabei ist etwa an Wartung, Ersatzteile, Upgrades, Schulung
und Anpassungen zu denken.
Der TCO-Ansatz wurde im IT-Umfeld entwickelt, eignet sich aber auch für andere
größere Anschaffungen. Die Total Cost of Ownership sollten allerdings auch im privaten
Bereich ermittelt werden, etwa beim Erwerb eines Autos oder einer Immobilie. Durch die
umfassendere Perspektive können unangenehme Überraschungen auf der Kostenseite
­vermieden werden. Beim Kauf eines Autos sind – zusätzlich zum Kaufpreis – die Kosten
für Inspektion, Winterreifen, Garage sowie Steuern oder Versicherung zu berücksichtigen.
Beim Immobilienerwerb belaufen sich die Beträge für Grunderwerbssteuer, Grundbuch-
eintrag, Notar-Leistungen und Makler auf 10 % des Kaufpreises. Außerdem ist eine Wohn-
gebäudeversicherung abzuschließen und Rücklagen für Reparaturen sind zu bilden. In
beiden Fällen kommen größere Beträge zum eigentlichen Kaufpreis dazu.

cc Denkanstoß  Errechnen Sie einmal für eine größere Anschaffung aus der letzten Zeit
Ihre ganz persönlichen Total Cost of Ownership.

5.2.4.3 Kalkulatorischer Ausgleich als Spezialinstrument der statischen


Preis- und Konditionengestaltung
Beim kalkulatorischen Ausgleich werden verschiedene Produkte, die entweder gleich-
zeitig oder nacheinander verkauft werden, mit unterschiedlichen Kalkulationsaufschlägen
bzw. Kalkulationsabschlägen angeboten. Dieses Konzept wird auch preispolitischer Aus-
gleich oder Mischkalkulation genannt. Im Englischen spricht man von Companion
Pricing.
Ein simultaner kalkulatorischer Ausgleich liegt vor, wenn ein Pkw zu einem niedri-
gen Einstiegspreis angeboten wird. Ein solches Fahrzeug ohne alle Extras wird auch als
„Strip-down-Version“ bezeichnet. Beim Verkauf einer solchen „Strip-down-Version“
würde das Unternehmen nur einen geringen Deckungsbeitrag erwirtschaften. Deshalb
wird im Verkaufsprozess versucht, den Kunden zum Erwerb von Sonderausstattungen
oder Ausstattungspaketen zu motivieren. Diese sind durchgängig mit höheren Deckungs-
beiträgen kalkuliert.
Bei diesen Ausstattungspaketen findet wiederum eine Preisbündelung statt. Die in
einem Paket angebotenen Leistungen können einzeln nicht erworben werden. Deshalb
gibt es für diese Leistungen auch keine Einzelpreise. Hierdurch wird zweierlei erreicht:
Das Fahrzeug weist in der „Strip-down-Version“ einen attraktiven Einstiegspreis als Eye
Catcher auf. Dies ist wichtig, denn Käufer sind beim Fahrzeug selbst wesentlich preis-
empfindlicher als bei der Zusatzausstattung. Hier heißt es dann: Warum soll ich mir bei
einem Fahrzeug für 40.000 € nicht auch noch die Bose-Ausstattung für 2000 € gönnen?
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 339

Basierend auf der Erkenntnis, dass Pkws selten ohne Extras erworben werden, erreicht das
Unternehmen durch diesen kalkulatorischen Ausgleich eine höhere Wertschöpfung.
Ein sukzessiver kalkulatorischer Ausgleich liegt vor, wenn zunächst ein Produkt mit
niedrigen oder sogar negativen Deckungsbeiträgen verkauft wird. Um das Produkt zu nut-
zen, sind allerdings zwingend weitere Leistungen vom gleichen Unternehmen zu er-
werben. Diese Zusatzleistungen sind mit deutlich höheren Deckungsbeiträgen kalkuliert.
Hier ist bspw. an den Kauf eines Tintenstrahldruckers für 69,99 € zu denken. Um
den Drucker zu nutzen, sind regelmäßig die mit einem höheren Deckungsbeitrag kalku-
lierten Tintenpatronen zu erwerben. Schon nach wenigen Käufen hat man für die Patro-
nen mehr Geld ausgegeben als für den Drucker selbst. Hierdurch wird  – aus Sicht des
Unternehmens – der Ergebnisbeitrag für das Leistungspaket im Zeitablauf optimiert.

cc Merk-Box  Beim sukzessiven kalkulatorischen Ausgleich werden Verbund-


effekte zwischen verschiedenen Angeboten bei der Preisstellung berück-
sichtigt.

Da solche Verbundeffekte auch bei Rasierern und Rasierklingen ausgenutzt werden,


wird dieser Preisansatz auch als Razor-Razorblade-Modell bezeichnet. Es wird auch von
einem Lock-in-Produkt gesprochen; „to lock in“ steht hier für „einsperren, einschließen“.
Schließlich ist für den Kunden – zumindest zeitlich befristet – quasi kein „Entkommen“
möglich, wenn man den Wurf des Druckers aus dem Fenster vermeiden möchte – nur um
sich auch beim nächsten Kauf wieder in eine gleiche Abhängigkeit zu bringen!
Solche Verbundeffekte liegen auch der Preisstrategie bei der Vermarktung von Spiel-
konsolen zugrunde (etwa bei der Xbox oder der PlayStation). Teilweise werden diese
Geräte unter dem Herstellungspreis verkauft, um anschließend über die Vermarktung von
Spielen einen Gewinn zu erzielen. Das gleiche Konzept findet sich bei der Vermarktung
von Mobilfunk-Verträgen. Ein hoch subventioniertes Handy (Angebot zu 1 €) wird nur
zusammen mit einem Zwei-Jahres-Vertrag angeboten, dessen gesamte finanzielle „Fuß-
angeln“ sich nur dem aktiven Leser erschließen.
Der sukzessive kalkulatorische Ausgleich kann m.  E. auch als trojanische Preis-
strategie bezeichnet werden. Dem Kunden ist der kostentreibende Produktverbund zum
Zeitpunkt des Kaufs oft nicht bewusst.

cc Merk-Box  Sowohl beim simultanen wie auch beim sukzessiven kalkulatori-


schen Ausgleich besteht das Ziel des Unternehmens darin, das eigene Gesamt-
ergebnis zu optimieren. Hierfür wird ein finanzieller Ausgleich zwischen ergeb-
nisstarken und ergebnisschwachen Produkten bzw. Produktteilen angestrebt.
Dies erfolgt entweder zum gleichen Zeitpunkt oder im Zeitverlauf.
340 5 Marketing-Instrumente

5.2.4.4 Sonderformen der statischen Preis- und Konditionengestaltung


In den letzten Jahren hat eine zusätzliche Preisstrategie an Bedeutung gewonnen: die Flat-
rate. Eine Flatrate ist ein Festpreis bzw. ein Pauschalpreis, mit dem die unbegrenzte Nut-
zung eines Gutes abgegolten wird. Solche Flatrates werden bspw. für die Festnetz- und
Mobiltelefonie angeboten. Die monatliche Gebühr deckt die unbegrenzte Nutzung be-
stimmter Netze ab.
Flatrates werden auch bei Streaming-Diensten angeboten. Für eine Monatsgebühr von
9,99 € kann man bspw. als Premium-Kunde auf das komplette Angebot von Spotify zu-
greifen. Der Zugriff auf die Angebote von Netflix wird bereits ab einer monatlichen Flat-
rate von 7,99 € möglich. Das teuerste Abonnement kostet im Jahr 2021 17,99 € pro Monat.
Dann können unbegrenzt Filme und Serien auf dem Smart-TV oder auf Smartphone, Tab-
let, Spielkonsole oder Computer ansehen werden.
Eine weitere wichtige Preisstrategie wird Freemium genannt. Freemium ist ein Kunst-
wort. Es setzt sich aus den Begriffen „free“ für „kostenlos“ und „premium“ für „hoch-
wertig“ bzw. für „Aufpreis“ zusammen. Freemium bezeichnet eine Preisstrategie, bei der
ein Basisprodukt kostenlos angeboten wird, um möglichst viele Nutzer zu gewinnen. Wer
das Vollprodukt und/oder die Erweiterungen in Anspruch nehmen möchte, wird zur Kasse
gebeten. Dieses Preismodell wird bspw. von XING und LinkedIn verfolgt. Teilweise „er-
kauft“ man sich allerdings die Kostenlosigkeit durch die Akzeptanz von Werbung  – so
etwa bei Spotify.
In der Wirtschaft ist ein weiterer Trend zu erkennen, der mit einem Bedeutungs-
zuwachs beim Angebot von Services einhergeht und auf die Preisstellung ausstrahlt. Der
sich in Abb. 5.37 zeigende Trend heißt Servitization. Von Servitization wird gesprochen,
wenn produzierende Unternehmen ihr Leistungsportfolio von physischen Produkten weg
hin auf Dienstleistungen und/oder eine Kombination von Sachgütern und Dienstleistungen
ausrichten.

Anteil von Services


am Leistungsangebot

Hoch

Services

Services
Services

Services
Produkte
Services
Produkte

Services
Produkte

Produkte
Produkte

Niedrig
Zeit

Abb. 5.37  Servitization: vom Produkt zum Service – vom Service zum Service
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 341

Auf das steigende Angebot produktbegleitender Dienstleistungen wurde schon ein-


gegangen. In anderen Bereichen kommt es durch die Digitalisierung zu einem Ver-
schwimmen der Grenzen zwischen physischen Produkten und immateriellen Dienst-
leistungen. Statt CDs und DVDs wird gestreamt, statt gedruckte Bücher, Zeitungen und
Zeitschriften zu kaufen, werden deren Inhalte bei Bedarf online abgerufen  – oft gegen
Bezahlung. Beispiele für die Entwicklung im Konsumenten-Markt sind Fashion as a Ser-
vice, Mobility as a Service, Food as a Service und Renting as a Service.
Ein besonders spannendes Konzept des Servitization sind die sogenannten Sub-
skriptionsmodelle. Hier werden nicht mehr einzelne Produkte, sondern ganz Leistungs-
pakete verkauft. Solche Angebote gibt es bspw. bei den folgenden Produkten:

• Flugzeugturbinen von Rolls-Royce; Motto: Power by the Hour


• Druckmaschinen von Heidelberg; Motto: Pay per Use
• Werkzeugmaschinen von Trumpf; Motto: Pay per Part
• Lampen/Leuchten von Philips; Motto: Pay per Lux
• Autos von Volkswagen/Audi; Motto: Pay per Month

In diesen Fällen wird kein Produkt gekauft, sondern eine Nutzung ermöglicht und be-
zahlt. Das ursprünglich im Mittelpunkt des Geschäftsmodells stehende Produkt ist hier
komplett in ein Dienstleistungsangebot eingebettet. Der Anbieter stellt seine Produkte
zur Verfügung, oft inkl. Verbrauchsmaterialien, Versicherung, Finanzierung etc. – und der
Nutzer bezahlt nur die Leistungen, die dieser tatsächlich in Anspruch genommen hat (vgl.
vertiefend Kreutzer, 2021c; Simon, 2015, S. 239–242).

cc Denkanstoß  Wo konnten Sie in Ihrem persönlichen Umfeld den Trend zu Servitiza-


tion bereits ausmachen?

cc Merk-Box  Die Dichotomie von Produkt und Dienstleistung ist zu über-


winden. Produkte sind als Dienstleistung zu denken!
Der Trend heißt: vom Produkt zum Service!

5.2.5 Dynamische Preisstrategien

Eine dynamische Preisstrategie liegt vor, wenn bereits bei der erstmaligen Festlegung
des Preises feststeht, dass der Preis im Zeitablauf geändert werden soll. Damit unter-
scheiden sich diese Preisstrategien ganz wesentlich von den in Abb. 5.33 gezeigten. Im
Einzelnen können die folgenden Konzepte unterschieden werden (vgl. Abb. 5.38):

• Abschöpfungspreisstrategie (Skimming Pricing)


• Penetrationspreisstrategie (Penetration Pricing)
• Follow-the-Free-Strategie
• Follow-the-Cheap-Strategie
342 5 Marketing-Instrumente

3UHLV





 6NLPPLQJ3ULFLQJ
 3HQHWUDWLRQ3ULFLQJ


)ROORZWKH&KHDS6WUDWHJLH

)ROORZWKH)UHH6WUDWHJLH

 =HLW

Abb. 5.38  Dynamische Preisstrategien

Bei der Abschöpfungspreisstrategie wird ein Produkt zunächst zu einem hohen Preis
im Markt eingeführt (vgl. Abb. 5.38). Im Zeitablauf wird der Preis immer weiter reduziert.
Hierdurch wird die Preisbereitschaft der Kunden sukzessive abgeschöpft. Deshalb nennt
man diese Strategie auch Skimming Pricing: „to skim the cream from the milk“ heißt
„die Milch entrahmen“.
Das Skimming Pricing wird häufig bei technologischen Innovationen eingesetzt. So
kosteten die ersten Flatscreen-TV-Geräte noch viele tausend Euro. Zu diesem Preis hat
zunächst. die bereits angesprochene Zielgruppe der Innovatoren gekauft (vgl. Abb. 5.19).
Mit jeder Preissenkung konnten weitere Zielgruppen angesprochen und für das Produkt
gewonnen werden. Für das Unternehmen führt diese Preisstrategie anfangs zu hohen
Deckungsbeiträgen pro Stück bei einer noch relativ geringen Absatzmenge.
Eine geringe Absatzmenge zum Zeitpunkt der Markteinführung ist für Unternehmen
von Vorteil, weil zum Start der Produktion häufig nur geringe Stückzahlen gefertigt wer-
den. Mit zunehmender Produktionsmenge und dadurch realisierbaren Erfahrungskurven-
effekten wird der Preis stufenweise gesenkt. Ein solches Vorgehen konnte regelmäßig bei
Innovationen beobachtet werden. Hier ist an die ersten Digitalkameras, Tablet-Computer,
Virtual-Reality-Brillen etc. zu denken. Auch bei Erstveröffentlichungen von CDs und
DVDs sowie bei Büchern (mit anfänglichen Hardcover-Ausgaben und später erscheinenden
Paperback-Versionen) findet diese Preisstrategie regelmäßig Anwendung.
Am Beispiel Apple kann die Abschöpfungspreisstrategie gut erkannt werden. Das
iPhone mit 8-GB-Speicher wurde bei der Premiere in den USA am 7. Juni 2007 für 599
US-$ angeboten. Schon am 6. September 2007 lag der Preis bei nur noch 399 US-$. Am
11. Juli 2008 wurden 199 US-$ verlangt, am 19. Juni 2009 99 US-$ und schließlich am
10. Januar 2011 lediglich 49 US-$ (vgl. Simon, 2015, S. 209).
Diese Preisstrategie birgt allerdings das Risiko, dass sich Wettbewerber aufgrund der
vermeintlich hohen Umsatzrentabilität angesichts der hohen Preise selbst zum Marktein-
tritt motiviert fühlen. Deshalb kann die stufenweise Preisabsenkung auch als Abwehr-
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 343

maßnahme gegenüber Wettbewerbern eingesetzt werden. Gleichzeitig führen hohe


Preise dazu, dass der Zeitbedarf für die Erreichung einer Marktdurchdringung größer
wird, weil preisorientierte Kunden ihre Käufe so lange aufschieben, bis die nächsten Preis-
senkungen vollzogen werden.
Bei der Penetrationspreisstrategie bzw. dem Penetration Pricing wird ein Angebot
zunächst mit einem niedrigen Preis in den Markt eingeführt (vgl. Abb. 5.38). Mit dieser
Strategie versuchen häufig Nachzügler, die als „x-te“ Anbieter in einen Markt einsteigen,
durch einen Kampfpreis auf sich aufmerksam zu machen. Da der Preis vielfach ein zen­
trales Kaufargument darstellt, können häufig schnell größere Absatzmengen erreicht wer-
den. Da die Unternehmen bei diesem Vorgehen u. U. am Anfang auf Deckungsbeiträge
verzichten, wird davon gesprochen, dass sich solche Unternehmen „den Markt kaufen“.
Häufig geht die Erhöhung der Preise mit einer qualitativen Weiterentwicklung der An-
gebote einher. Auch die neuen Anbieter lernen dazu und können ihre Produkte weiter-
entwickeln.
Diese Preisstrategie nutzten die japanischen Automobilhersteller, als sie in den
1970er-Jahren in die europäischen Märkte und den US-amerikanischen Markt eintraten.
Die gleiche Vorgehensweise setzten die südkoreanischen Produzenten in den 1990er-­
Jahren ein. Beim globalen Einstieg der chinesischen Hersteller wurde ebenfalls diese
Strategie genutzt. Wurde am Anfang in den belieferten Ländern die Qualität der neuen
Anbieter „belächelt“, konnte am Beispiel der japanischen und südkoreanischen Hersteller
erlebt werden, wie einer preisfokussierten Markteroberung eine qualitative Weiter-
entwicklung der Produkte folgte – mit einer entsprechenden Anpassung der Preise.
Bei der Vorstellung der Luxusmarke Lexus von Toyoto in den USA kann die Penetrations-
preisstrategie gut nachvollzogen werden. Dort wurde das Modell Lexus LS400 im Jahr
1989 für 35.000 US-$ eingeführt. In den Folgejahren wurde der Preis stufenweise an-
gehoben. Von 35.380 US-$ (1990) über die Schritte 39.000 (1991), 42.600 (1992), 47.030
(1993) und 50.370 (1994) erreichte der Preis im Jahr 1995 schließlich 51.680 US-$ (vgl.
Simon, 2015, S. 207).
Bei der Follow-the-Free-Strategie bietet ein Unternehmen eine Leistung zunächst für
alle Kunden kostenlos an. Auf diese Weise soll eine große Kundenbasis aufgebaut und
eine Kundenbindung erzielt werden (vgl. Abb. 5.38). Zu einem späteren Zeitpunkt werden
die gleichen Leistungen mit einem Preis versehen. Alternativ können den Kunden auch
höherwertige, kostenpflichtige Angebote unterbreitet werden, während die kostenlose
Leistung entfällt.
Viele Online-Unternehmen starteten zunächst mit für den Nutzer kostenlosen Leistun-
gen. Auf diese Weise sollen in kurzer Zeit viele Kunden gewonnen werden, um die Rele-
vanz des eigenen Geschäftsmodells auch gegenüber den Investoren sichtbar zu machen.
Allerdings müssen zu einem nicht zu fernen Zeitpunkt Erlöse erzielt werden, um in die
Gewinnzone zu gelangen. Dann ist die Free-Phase zu Ende und Kunden werden zur Kasse
gebeten (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021c).
Bei der Follow-the-Free-Strategie können zwei Ausprägungen unterschieden werden:
344 5 Marketing-Instrumente

• Dem Kunden ist bereits bei der erstmaligen Nutzung bekannt, dass die Leistung nur
befristet kostenlos für alle angeboten wird.
• Der Kunde geht von einer dauerhaften Kostenlosigkeit aus. Im Gegensatz zur Er-
wartung des Kunden plant das Unternehmen bereits eine Kostenpflichtigkeit der
­Leistungserbringung.

In beiden Fällen soll eine Gewöhnung des Kunden an das Angebot erreicht werden,
damit zum Zeitpunkt der Bepreisung dem Unternehmen möglichst viele Kunden erhalten
bleiben.

cc Merk-Box  Eine zeitlich befristete kostenlose Nutzung einer Leistung für Neu-
kunden (bspw. bei Abonnements oder Online-Services) gehört nicht zu dieser
Strategie. Schließlich gilt dieses Angebot – im Vergleich zur Follow-the-free-Stra-
tegie – nicht für alle Kunden. Dieses Angebot stellt eine Preispromotion dar und
zählt zur Verkaufsförderung (vgl. Abschn. 5.4.3.4).

Eine Follow-the-Cheap-Strategie wird häufig bei Produkteinführungen in bereits rei-


fen Märkten eingesetzt. Durch eine niedrige Preisstellung für alle Kunden sollen zunächst
möglichst viele Testkäufe generiert werden. Diese Strategie wird bspw. bei der Einführung
neuer Zeitschriften eingesetzt. Diese wird dann bspw. in der Einführungsphase für ein
oder zwei Euro angeboten.
Niedrige Preise verringern das wahrgenommene Kaufrisiko für den Kunden. Hierdurch
werden viele Testkäufe ausgelöst. Wird die Niedrigpreisstrategie über einen längeren
Zeitraum aufrechterhalten und motiviert sie viele Kunden zum regelmäßigen Kauf, kann
eine Gewöhnung an das Angebot erfolgen. Überzeugt das Angebot, bleiben dem Unter-
nehmen viele Kunden auch bei der später erfolgten Preisanhebung auf den Zielpreis er-
halten. Haben sich die Kunden dagegen eher an den niedrigen Preis, nicht aber an das
Angebot gewöhnt, führt eine Preiserhöhung zu einer deutlichen Kundenabwanderung.
Deshalb kann es von Vorteil sein, deutlich den Begriff „Neueinführung für 1 €“ oder „Test-
angebot“ zu kommunizieren.
Im Gegensatz zum Penetration Pricing ist bei der Follow-the-Cheap-Strategie keine
qualitative Weiterentwicklung des Angebotes zu erwarten. Schon das preisreduzierte Pro-
dukt liefert die angestrebte Qualität. Außerdem erfolgt i.  d.  R. nur eine einmalige An-
hebung auf das für eine profitable Gestaltung notwendige Preisniveau. Dieses wird dann
längerfristig beibehalten.

cc Merk-Box  Eine zeitlich befristete preisreduzierte Nutzung für Neukunden


(bspw. bei Abonnements oder Online-Services) zählt nicht zur Follow-the-Che-
ap-Strategie. Ein solches preisreduziertes Testangebot gilt nicht für alle Kunden
und gehört deshalb ebenfalls zur Verkaufsförderung (vgl. Abschn. 5.4.3.4).
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 345

5.2.6 P
 roduktübergreifende Aspekte der Preis-
und Konditionenpolitik

Ein weiterer Teilbereich der Preis- und Konditionenpolitik umfasst die Bedingungen der
Entgeltentrichtung. Diese geht über die bereits angesprochenen Skonti hinaus. Mit der
Einräumung von Absatzkrediten und Ratenzahlung verfügen Unternehmen über wich-
tige verkaufsfördernde Maßnahmen. Kaufkraftschwachen Kundengruppen können viel-
fach erst diese Zahlungsvarianten einen Kauf ermöglichen. Dies gilt beim Erwerb von
Haushaltselektronik sowie der Buchung von Reisen. Beim Auto- bzw. Immobilienkauf
sind Finanzierungsleistungen dagegen an der Tagesordnung.
Zusätzlich müssen Unternehmen ihre Lieferbedingungen definieren. Im inter-
nationalen Marketing wird hierfür der Begriff Incoterms verwendet (International Com-
mercial Terms; zu Deutsch: „Internationale Handelsklauseln“). Diese können bspw. die
folgenden Punkte klären, die vor allem auch für den Online-Handel von Bedeutung sind:

• Ort/Zeitpunkt der Warenübergabe


• Dauer bis zur Lieferung (bspw. innerhalb von 24 Stunden, zwei Tagen oder einer Woche)
• Aufteilung der Transport-/Versicherungskosten zwischen Händler und Kunden
• Mindestabnahmemengen
• Konventionalstrafen für die Nichteinhaltung von Vereinbarungen
• Umtausch-/Rücktrittsmöglichkeiten (zur Reduktion des wahrgenommenen Risikos)
• Gerichtsstand

Unternehmen versuchen sich im Wettbewerbsumfeld auch durch ihre Garantie-


regelungen zu differenzieren. Dies gelingt vor allem dann, wenn die eigenen Regelungen
über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen. Dies ist bspw. beim Bekleidungsversender
Lands’ End (2021) mit folgendem Garantieversprechen der Fall:

„Alle bei uns gekauften Artikel können jederzeit zurückgeschickt werden.


Innerhalb Deutschlands ist eine Rücksendung mit der Hermes Logistik Gruppe für Sie
kostenlos. Dazu brauchen wir die Kundennummer, unter der Sie den Artikel gekauft haben.
(Name und Adresse des Bestellers reichen in den meisten Fällen auch aus, um das passende
Kundenkonto zu ermitteln.)
Der ursprüngliche Kaufbetrag wird daraufhin dem Kundenkonto des Käufers gut-
geschrieben und per Überweisung oder als Kreditkartenbuchung aus-gezahlt. Eine Aus-
zahlung zu Gunsten eines Dritten ist nicht möglich.“

Die Aussage „Alle bei uns gekauften Artikel können jederzeit zurückgeschickt wer-
den“ kann man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Das Unternehmen akzeptiert
hier, dass auch getragene Ware nach mehreren Jahren zurückgeschickt werden kann!
Zusätzlich können Nachkaufgarantien gegeben werden. Eine solche Nachkauf-
garantie ist bspw. bei Porzellan oder erlesenen Gläsern wichtig. Eine Nachkaufgarantie
kann auch eine gesicherte Versorgung mit Ersatzteilen versprechen. Solche Leistungen
346 5 Marketing-Instrumente

schlagen sich allerdings in den Preisen nieder. Schließlich besteht ein gravierender Unter-
schied zwischen der Vermarktung einer Sonderauflage einer bestimmten Gläsersorte
einerseits und dem Versprechen gegenüber dem Kunden andererseits, die gekauften Pro-
dukte lebenslang nachkaufen zu können. Dies ist bspw. bei der Sommelier-Gläserserie von
Riedel der Fall. Allerdings kostet das mundgeblasene Riedel-Glas „Burgunder Grand Cru“
aus dieser Sommeliers-Kollektion auch 75 € – pro Stück.
Die Silbermanufaktur Koch und Bergfeld (2021) formuliert unter dem Begriff Nach-
kauf: „Seit dem Jahr 1835 etwa, wurden alle Zeichnungen von Modellen und Einzel-
stücken, die Koch & Bergfeld entworfen hat, in den Zeichenbüchern, den sogenannten
„Folianten“, festgehalten. Das macht die Nachfertigung einfach. Aber nicht nur das: Koch
& Bergfeld ist in der Lage, jedes Silbereinzelteil – egal woher es stammt – zu kopieren
bzw. nach einer Zeichnung herzustellen“.
Innovative Preisangebote ergeben sich auch dadurch, dass aus ausgewählten Branchen
bekannte Konzepte von anderen Unternehmen übernommen werden. Dies gilt bspw. für
Abonnements, die außerhalb des Zeitungs- und Zeitschriftenmarktes jetzt auch für Wein
angeboten werden. Bei HAWESKO (2021) wird das Wein-Abonnement HAWESKO Se-
lect wie folgt präsentiert:

„HAWESKO Select Classic, Rot und Weiß


Wein-Selektionen, die Sie begeistern werden!
Sie lieben hochwertige Weine und lassen sich gerne regelmäßig von neuen Entdeckungen
inspirieren? Dann sind die Wein-Selektionen von HAWESKO Select genau das Richtige
für Sie.
Sie bekommen alle drei Monate die Selektionen im Abonnement bequem zu Ihnen nach
Hause geliefert. Sie werden nicht nur von den Weinen, sondern auch von dem Preis be-
geistert sein.
Mit jeder Weinabo Selektion sparen Sie mindestens 20  % gegenüber dem Einzelver-
kaufspreis und erhalten als Dankeschön von uns einen 100,-€ Einkaufsgutschein. Das Wein-
abo eignet sich auch hervorragend zum verschenken – oder Sie machen sich selbst ein schö-
nes Geschenk.“

Entsprechende Konzepte finden sich auch bei Abonnements von Schokolade, Rasier-
klingen, Windeln und Textilien. Der Vorteil derartiger Konzepte liegt für das anbietende
Unternehmen darin, dass sich die Kunden längerfristig binden und nicht jeweils wieder
neu gewonnen werden müssen. Gleichzeitig verbessert sich die Planbarkeit, da bestimmte
Abnahmemengen im Jahr verbindlich definiert sind.

cc Merk-Box  Diese Ausführungen unterstreichen, welchen zentralen Stellenwert


die Preis- und Konditionenpolitik im Marketing-Diamanten einnimmt – und wie
kreativ dieses Instrument ausgestaltet werden kann. Gleichzeitig sind alle hier
vorgestellten Ideen in einen konsistenten Marketing-Auftritt zu integrieren, um
die Kunden zu überzeugen. 
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 347

Was es zu behalten gilt

• Der Preis ist ein sehr schnell und nachhaltig wirkendes Marketing-Instrument –
und wirkt sich massiv auf die Profitabilität des Unternehmens aus.
• Ein Preis ist immer nur optimal im Hinblick auf ganz bestimmte Unternehmens-
und Marketing-Ziele.
• Eine Vielzahl rechtlicher Rahmenbedingungen schränkt die unternehmerischen
Möglichkeiten der Preisgestaltung ein.
• Die Preisfestlegung kann sich an den Kosten der Produktion, an den Wett-
bewerbern und/oder an den Kunden orientieren.
• Bei der kundenorientierten Preisbestimmung kommt der Preiselastizität eine zen-
trale Bedeutung zu. Diese Preiselastizität weist aus, welche Mengenänderung
durch eine Preisänderung ausgelöst wird und welche Umsatzveränderungen
damit einhergehen.
• Der Preis dient in bestimmten Fällen als Qualitätsindikator.
• Zur Beeinflussung der Vertriebspartner wie auch der Kunden werden ver-
schiedene Rabattarten eingesetzt.
• Couponing ist ein leistungsstarkes und flexibel einsetzbares Instrument zur Be-
einflussung der Käufer.
• Preise können für (fast) identische Leistungen nach unterschiedlichen Kriterien
differenziert werden.
• Es ist zwischen statischen und dynamischen Preisstrategien zu unterscheiden.

Fragen zur Überprüfung Ihres Wissensstandes

1. Welche Handlungsfelder deckt die Preis- und Konditionenpolitik ab?


2. Welche sind die zentralen Einflussfaktoren, die bei der Preisfindung zu berück-
sichtigen sind?
3. Woran orientiert sich der „optimale“ Preis für ein bestimmtes Unternehmen?
4. Definieren Sie den Snob- bzw. Veblen-Effekt und zeigen Sie auf, in welchen Be-
reichen dieser von Bedeutung ist. Welche Relevanz haben diese Effekte für die
Preispolitik?
5. Zeigen Sie auf, ob und ggf. welche Zielkonflikte es bei der Preisgestaltung zwi-
schen Hersteller, Handelspartnern und/oder den Endkunden geben kann. Nennen
Sie konkrete Beispiele.
6. Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen wirken sich direkt auf die Preis-
gestaltung aus? Ziehen Sie die entsprechenden Gesetzestexte heran und machen
Sie sich mit den einschlägigen Paragrafen im „O-Ton“ vertraut.
7. Welche Leitidee steht aus Sicht des Gesetzgebers hinter diesen gesetzlichen Re-
gelungen?
8. Welche Ansätze zur kostenorientierten Preisfestlegung sind zu unterscheiden?
348 5 Marketing-Instrumente

9. Wie wird bei der Preiskalkulation auf Vollkostenbasis vorgegangen? Welche Vor-
und Nachteile sind mit diesem Konzept verbunden?
10. Welchen Verkaufspreis muss ein Unternehmen bei folgender Datenlage ansetzen:
Jahresgewinnziel 50.000  €, 2  € variable Kosten pro Stück, Fixkosten pro Jahr
50.000 €, prognostizierte Absatzmenge 50.000?
11. Bei welchem Verkaufspreis erreicht das Unternehmen den Break-even-Point?
12. Wie wird bei der Preiskalkulation auf Teilkostenbasis vorgegangen? Welche Vor-
und Nachteile sind mit diesem Konzept verbunden?
13. Ein Unternehmen stellt die Produkte A und B her. Mit Produkt A wird ein Gewinn
von 100 €, mit Produkt B ein Verlust von 20 € pro Stück erzielt. Sollte die Produk-
tion von B eingestellt werden, wenn dessen variable Kosten 30 € ausmachen und
der Verkaufspreis des Produktes B bei 40 € liegt?
14. Was versteht man unter Target Costing bzw. Target Pricing? Wie wird vorgegangen
und warum? Welche positiven Effekte sind damit verbunden?
15. Was versteht man unter Preiselastizität der Nachfrage? Für welche Fragestellungen
ist diese relevant?
16. Skizzieren Sie eine Preis-Absatz-Funktion und rechnen Sie unterschiedliche Preis-
veränderungen durch. Ermitteln Sie die verschiedenen Elastizitätsbereiche.
17. Welche Konsequenzen hat eine Preissteigerung im elastischen sowie im un-
elastischen Bereich der Preis-Absatz-Funktion? Begründen Sie die Relevanz dieser
Erkenntnisse.
18. Auf welchem Wege können Preiselastizitäten ermittelt werden?
19. Was ist i. d. R. größer: die Preis- oder die Werbeelastizität? Warum?
20. Was verbirgt sich hinter dem Begriff Kreuzpreiselastizität? Welche Arten von Be-
ziehungen zwischen Produkten können anhand dieser Messgröße ermittelt werden?
21. Was ist mit der Aussage „Preis als Qualitätsindikator“ gemeint? In welchen Situa-
tionen kommt dieser Effekt zum Tragen?
22. Erläutern Sie die unterschiedlichen Wirkungen, die ein hoher Preis auf den Kauf-
entscheidungsprozess des Konsumenten haben kann. Veranschaulichen Sie diese
Wirkungen anhand eines Beispiels Ihrer Wahl.
23. Welche Rabattarten lassen sich unterscheiden? Welche Wirkungen werden durch
den Einsatz verschiedener Rabattarten auf die unterschiedlichen Zielgruppen an-
gestrebt?
24. Was versteht man unter Couponing? Welche Ziele sind mit dessen Einsatz
verbunden?
25. Welche Coupon-Arten lassen sich unterscheiden? Welche Ziele werden mit deren
Einsatz angestrebt?
26. Welche Vor- und Nachteile weist Couponing auf?
27. Was versteht man unter einer „Mogelpackung“? Wie bewerten Sie deren Einsatz?
28. Was versteht man unter Ein- bzw. Umtauschprämien? In welchen Märkten kom-
men diese mit welchem Ziel zum Einsatz? Welche Beispiele hierzu sind Ihnen
schon begegnet?
5.2 Preis- und Konditionenpolitik 349

29. Definieren Sie die Begriffe Preisführer und Preisfolger. Welche Bedeutung kommt
diesen Begriffen in oligopolistisch geprägten Märkten zu und warum?
30. Worin liegen die Unterschiede zwischen den statischen und den dynamischen
Preisstrategien? Nennen Sie konkrete Beispiele für deren Einsatz.
31. Welche Ansätze zur Preisdifferenzierung können Sie unterscheiden? Nennen Sie
die Hintergründe für die Notwendigkeit der Preisdifferenzierung. Welche Ziele
verbinden Unternehmen mit deren Einsatz?
32. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Preisdifferenzierung
erfolgreich durchgeführt werden kann?
33. Recherchieren Sie im Internet je zwei Beispiele für die unterschiedlichen Arten
von Preisdifferenzierung.
34. Von welchen Arten der Preisdifferenzierung haben Sie bereits selbst profitiert?
35. Was versteht man unter Dynamic Pricing? Wo wird es eingesetzt und warum?
36. In welchen Feldern werden Flatrates angeboten? Was ist deren Besonderheit?
37. Was versteht man unter der Freemium-Preisstrategie? Wo wird diese eingesetzt?
Welche Beispiele kennen Sie?
38. Welches Grundkonzept liegt der Pay per Use bzw. Pay as You Go genannten Preis-
strategie zugrunde?
39. Was versteht man unter Preis- und was unter Sozialdumping? Welche Beispiele
sind Ihnen dazu geläufig?
40. Welche Bedeutung hat der Begriff TCO? Wann sollte man auf die Ermittlung der
TCO besonderen Wert legen?
41. Was versteht man unter dem kalkulatorischen Ausgleich? Welche Arten werden
unterschieden? Welche Beispiele aus Ihrem eigenen Umfeld fallen Ihnen dazu ein?
42. Was kennzeichnet das Skimming Pricing? Welche Vorteile sind damit für das an-
bietende Unternehmen verbunden? Welche Risiken gehen damit einher?
43. Welche Kundengruppen werden durch das Skimming Pricing zunächst an-
gesprochen und warum?
44. Was kennzeichnet das Penetration Pricing? Welche Vorteile ergeben sich für das
anbietende Unternehmen? Welche Risiken gehen damit einher?
45. Welche Kundengruppen werden durch das Penetration Pricing zunächst an-
gesprochen?
46. Was verbirgt sich hinter dem Follow-the-Free-Konzept? In welchen Bereichen
wird dieses Vorgehen eingesetzt?
47. Was versteht man unter dem Follow-the-Cheap-Konzept? In welchen Fällen wird
es genutzt?
48. Welche Ausgestaltungsmöglichkeiten bestehen bei der Konditionengestaltung?
Welche Bedeutung kommt diesen im Marketing-Diamanten zu?
49. Welche Abonnement-Konzepte sind Ihnen bekannt? Welche Vorteile weisen diese
gegenüber den klassischen Vertriebskonzepten auf?
350 5 Marketing-Instrumente

5.3 Distributionspolitik

„Wer kein freundliches Gesicht hat, der sollte kein Geschäft betreiben!“
Chinesische Weisheit

Lernziele
Fähigkeit,

• den Stellenwert der Distributionspolitik im Marketing-Diamanten zu verstehen


• Gestaltungsfelder der Distributionspolitik zu beherrschen
• Kriterien für die Bewertung und Auswahl verschiedener Distributionskanäle zu
kennen und einzusetzen
• Betriebsformen des Groß- und Einzelhandels zu unterscheiden und hinsichtlich
ihrer Leistungen zu bewerten
• Aufgaben der Marketing-Logistik nachzuvollziehen

5.3.1 Entscheidungsfelder der Distributionspolitik

Die Distributionspolitik wird von einer Vielzahl von internen und externen Faktoren be-
einflusst (vgl. Meffert et al., 2019, S. 578–629; Homburg, 2020, S. 940–1006). Zentrale
Leitschnur für die Ausgestaltung der Distributionspolitik stellen wiederum die Unter-
nehmens- und Marketing-Ziele dar. Auch die strategische Ausrichtung des Unternehmens
und die bereits erfolgten Festlegungen im Bereich der anderen Marketing-Instrumente
wirken sich auf die Ausgestaltung der Distributionspolitik aus (vgl. Abb. 5.39).

Interne Faktoren
Akquisitorische Distribution
- Umsatz-, Gewinn-, (Management der Absatzwege und
Deckungsbeitrags-Ziele Absatzorgane)
- Marktanteilsziele
- Imageziele - Auswahl der Absatzwege
- Zielsegmente, Zielgruppen
- Ausgestaltung des Marketing-Diamanten - Festlegung der Aufgabenverteilung
- Kosten (u. a. von Produktion, Vertrieb)
- Führung der Absatzorgane

Externe Faktoren
Physische Distribution
- Konjunktur, Marktentwicklung (Distributions-Logistik/Marketing-
- Wettbewerbsintensität Logistik)
- Macht der Handelspartner
- Phase im Produktlebenszyklus - Gestaltung/Auswahl der Logistikkonzepte
- Preissensibilität der Kunden
- Präferenzen bzgl. Einkaufsstätten - Durchführung der Logistik
- Einschlägige Gesetze

Abb. 5.39  Einflussfaktoren und Entscheidungsfelder der Distributionspolitik


5.3 Distributionspolitik 351

Abb. 5.39 zeigt, dass zwei Aufgabenfelder den Kern der Distributionspolitik ausmachen:

• Akquisitorische Distribution
Bei der akquisitorischen Distribution vom Hersteller zum Endkunden geht es um die
Frage, welche Aufgaben die Vertriebspartner bei der Akquisition und Betreuung der
Kunden übernehmen. Neben der Auswahl der Vertriebspartner ist folglich zu klären,
welche Pre-Sales-, Sales- und After-Sales-Services diese erbringen sollen. Außerdem
stellt sich die Frage, ob diese Partner Kaufverträge „nur“ anbahnen oder tatsächlich
auch abschließen. Zusätzlich ist zu prüfen, wie die Vertriebspartner zu motivieren sind.
• Physische Distribution
Im Zug der physischen Distribution ist zu klären, wie der körperliche Gütertransfer
vom Hersteller zum Endkunden erfolgen soll. Hier ist zu entscheiden, welche Logistik-
lösungen eingesetzt werden und welche Partner mit deren Durchführung betraut werden.

5.3.2 Absatzwege und Absatzorgane

Im Zentrum des Managements der Absatzwege und Absatzorgane steht die Frage, auf
welchem Weg bzw. durch Einbindung welcher Partner die akquisitorische und teilweise
auch die physische Distribution durchgeführt werden soll. Die Frage des Absatzweges
definiert u.  a., auf welchem Weg bzw. über welchen Kanal die Angebote an die Ziel-
personen herangetragen werden. Dies kann direkt oder indirekt, ein- oder mehrstufig, on-
oder offline erfolgen.
Die Frage der Absatzorgane entscheidet darüber, welche Funktionsträger in den Ver-
triebsprozess eingebunden werden. Diese Funktionsträger heißen Absatzmittler bzw. Ab-
satzhelfer. Absatzmittler sind rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Organe, die Pro-
dukte und Dienstleistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zum Weiterverkauf
erwerben. Hierzu zählen bspw. der Einzelhandel und der Großhandel.
Absatzhelfer sind rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Organe, die den Dis-
tributionsprozess auf unterschiedliche Weise unterstützen, ohne selbst Eigentum an der
Ware zu erlangen. Hierzu zählen die nachfolgend beschriebenen Handelsvertreter, Kom-
missionäre und Makler. Auch Logistikunternehmen gehören zu diesen Absatzhelfern.
Wie Absatzmittler im B2C- und im B2B-Markt eingebunden werden können, zeigt
Abb. 5.40.

5.3.2.1 Direktvertrieb
Beim Direktvertrieb übernimmt der Hersteller die Vermarktung seiner Güter in Eigen-
regie (vgl. Abb. 5.40). Hier bindet der Hersteller keine anderen selbstständigen Institutio-
nen in den Vertriebskanal ein. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung dieser Vertriebs-
strategie hat sich hierfür der Begriff Direct-to-Consumer (D-to-C) herausgebildet. Bei
dieser Vorgehensweise vermarkten Unternehmen ihre Leistungen unter Umgehung von
Einzelhändlern, Großhändlern oder anderen Zwischenhändlern direkt an die Konsu-
352 5 Marketing-Instrumente

Direktvertrieb

Unternehmen (B2B)
Konsument (B2C)
Hersteller Einstufiger Vertrieb
z. B. Einzelhandel,
Handelsvertreter

Zweistufiger Vertrieb

Großhandel Einzelhandel

Abb. 5.40  Grundformen des Vertriebs

menten. Hier stellt sich dann die Frage, durch wen die entsprechenden Vertriebsaufgaben
wahrgenommen werden.
Hersteller können den Vertrieb über eigene Verkaufsabteilungen, Verkaufsnieder-
lassungen und/oder einen eigenen Außendienst mit fest angestellten Mitarbeitern orga-
nisieren. Dies ist häufig bei hochwertigen, erklärungsbedürftigen Gütern der Fall. Hier ist
bspw. an den Industriegüter- und Dienstleistungsvertrieb im B2B-Markt zu denken. Man
spricht von Personal Selling bzw. vom persönlichen Verkauf. Schließlich kommt es hier
zu einem unmittelbaren Kontakt zwischen Verkäufer und Käufer. Häufig besuchen die
Vertriebsmitarbeiter im Auftrag eines Herstellers im B2B-Markt Unternehmens-
repräsentanten, um diesen Personen bestimmte Produkte oder Dienstleistungen anzu-
bieten. Zum Personal Selling gehören auch die Verkaufsgespräche auf Messen, Ver-
handlungsrunden mit dem Kunden und telefonische Verkaufsgespräche.
Besonders wichtigen Unternehmenskunden wird hier oft ein spezieller Vertriebsmit-
arbeiter zugeordnet. Dieser ist für die Akquisition und Betreuung des gesamten
­Unternehmens federführend tätig. Dieses Konzept wird (Key-)Account-Management
genannt. „Key Account“ steht für „Schlüsselkonto“. In diesem Zusammenhang ist dar-
unter ein „Schlüsselkunde“ bzw. „wichtiger Kunde“ zu verstehen.
Die Deutsche Post betreut ihre wichtigsten Kunden (bspw. Amazon, Allianz oder OTTO)
durch solche Key-Account-Manager. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass diese be-
sonders wertvollen Kunden eine umfassende und individuelle Betreuung erfahren – um
nicht verloren zu gehen.
Im B2C-Markt werden Kunden teilweise direkt zu Hause aufgesucht. Hier wird von
Tür-zu-Tür-Verkauf bzw. von Door-to-Door-Selling gesprochen. Dieses Direktvertriebs-­
Konzept wird heute noch beim Vertrieb von AMC-Kochsystemen, Avon-Kosmetik, Tief-
kühlware von bofrost sowie für Vorwerk-Staubsaugern eingesetzt. Auch Verkaufspartys
(bspw. von Tupperware) gehören in diese Kategorie. Diese Unternehmen sind im BDD
(Bundesverband Direktvertrieb Deutschland) organisiert.
Von Direktvertrieb wird auch dann gesprochen, wenn der Hersteller eigene Verkaufs-
niederlassungen bzw. eigene Geschäfte unterhält. Dies ist bspw. beim spanischen Inditex-­
5.3 Distributionspolitik 353

Konzern mit den Marken Massimo Dutti und Zara der Fall. Diese Marken produzieren
vielfach nicht nur selbst, sondern vertreiben ihre Produkte auch über eigene Verkaufs-
stellen. Da diese Unternehmen verschiedene Stufen des vertikalen Wertschöpfungs-
prozesses in sich vereinen, wird in diesen Fällen auch von vertikalen Anbietern bzw.
vom Prozess der Vertikalisierung gesprochen. Bei dieser Vertriebsform entscheidet der
Hersteller selbst über die Auswahl der Standorte, an denen die Angebote vermarktet wer-
den. Diese Entscheidung hat einen nachhaltigen Einfluss u. a. auf das Anbieterimage und
auf die Erreichbarkeit unterschiedlicher Zielgruppen (zu diesem Entscheidungsproblem
vgl. vertiefend Haller, 2017, S. 131–135).
Eine zunehmende Bedeutung kommt heute dem Vertrieb über das Internet zu, der
E-Commerce (abgeleitet von „Electronic Commerce“) bzw. Online-Handel genannt
wird. Hierunter ist die elektronische Anbahnung und Abwicklung von Kaufprozessen und
damit der elektronische Handel zu verstehen. Die Etablierung eigener Online-Shops
stellt für viele Unternehmen  – Hersteller wie klassische Handelsunternehmen gleicher-
maßen – eine attraktive Option dar. Schließlich hat der Online-Handel seit dem Jahr 2000
einen beachtlichen Wachstumsprozess erreicht – und ein Ende des dynamischen Wachs-
tums ist noch nicht absehbar (vgl. Abb. 5.41).

cc Merk-Box  Im Jahr 2020 erreichte der Online-Handel einen Anteil von 11 bis
12 % am gesamten Einzelhandel in Deutschland. Prognosen gehen davon aus,
dass dieser Anteil bis zum Jahr 2026 auf 14,5 bis 19  % steigen könnte (vgl.
IBI, 2021).

Etwas irreführend ist, dass teilweise auch dann von Direktvertrieb gesprochen wird,
wenn Handelsvertreter in den Vertrieb eingebunden werden. Handelsvertreter sind recht-
lich selbstständige Gewerbetreibende und damit betraut, für andere Unternehmen Ge-





8PVDW]LQ0LOOLDUGHQ(XUR

 



 




 



 
 
 
 
  


Abb. 5.41  Umsatz mit Waren im Online-Handel in Deutschland bis 2020 (in Mrd. €). (Quelle:
Statista, 2021b)
354 5 Marketing-Instrumente

schäfte zu vermitteln oder diese in deren Namen abzuschließen. Sie agieren damit im
Namen und für Rechnung eines oder mehrerer Unternehmen(s). Für ihre Leistungen er-
halten sie primär eine variable Vergütung. Diese orientiert sich am erzielten Umsatz bzw.
generell an der Zielerreichung. Die rechtlichen Grundlagen finden sich in §§ 84–92 HGB
(2021). Damit haben sie zunächst den Status eines selbstständigen Absatzhelfers.
Die Zuordnung von Handelsvertretern zum direkten Vertrieb erfolgt, wenn es sich um
einen sogenannten Anweisungsvertrieb handelt. Hier sind die Handelsvertreter wie
herstellergebundene Verkaufsorgane zu bewerten. Dies ist der Fall, wenn sie etwa nur die
Angebote eines Unternehmens vermarkten. Dies ist i.  d.  R. bei Handelsvertretern des
Hausgeräteherstellers Vorwerk, des Kosmetikanbieters Avon sowie beim Heimzustell-
dienst bofrost der Fall.
Die Vorteile des Direktvertriebs bestehen darin, dass das gesamte Distributions-
management in der Hand des Herstellers liegt. Der Hersteller kann folglich den gesamten
Vertriebsprozess direkt steuern. So wird eine Abhängigkeit von Vertriebspartnern ver-
mieden. Ein Nachteil des Direktvertriebs ist, dass weder eine Arbeits- noch eine Risiko-
teilung zwischen verschiedenen Partnern im Absatzkanal erfolgt. Deshalb muss das her-
stellende Unternehmen häufig hohe Kosten für den Aufbau und den Unterhalt der eigenen
Vertriebskanäle in Kauf nehmen. Zusätzlich sind Aufgaben in eigener Verantwortung zu
übernehmen, die klassischerweise Handelspartner erledigen.
Welche vielfältigen Aufgaben zu den Handelsfunktionen gehören, wird in Abb. 5.42
sichtbar.
Handelspartner können einzelne oder mehrere der folgenden Handelsfunktionen
übernehmen:

• Bei der Raumüberbrückungsfunktion geht es um die Aufgabe, Teile der physischen


Distribution durch den Transport der Waren zu übernehmen. Die Lieferung kann ent-
weder in die Nähe des Kunden erfolgen, indem bspw. die Läden in der Innenstadt be-
liefert werden. Oder eine Lieferung erfolgt direkt zum Kunden, bspw. durch Amazon
oder Thalia.

5DXPEHUEUFNXQJVIXQNWLRQ =HLWEHUEUFNXQJVIXQNWLRQ

4XDOLWDWLYH 4XDQWLWDWLYH
6RUWLPHQWVIXQNWLRQ 6RUWLPHQWVIXQNWLRQ
+DQGHO
%HUDWXQJVIXQNWLRQ .UHGLWIXQNWLRQ

0DUNW
:HUEHIXQNWLRQ
EHHLQIOXVVXQJVIXQNWLRQ

Abb. 5.42  Funktionen des Handels


5.3 Distributionspolitik 355

• Die Zeitüberbrückungsfunktion des Handels wird durch dessen Lagerhaltung er-


reicht. Die Notwendigkeit hierzu resultiert aus der Tatsache, dass Produktion und
Nachfrage meist nicht synchron verlaufen. Ein Sneaker wird bspw. im März in Größe
43 in Rot produziert, aber erst im Mai verkauft.
• Die qualitative Sortimentsfunktion des Handels besteht darin, ein für die Zielgruppe
attraktives Sortiment zusammenzustellen. Verfügt ein Hersteller selbst nur über ein
schmales Leistungsprogramm (bspw. allein die Produktion von verschiedenen Nägeln),
so wird dieses häufig erst durch die Einbindung in ein umfassenderes Sortiment durch
einen Handelspartner vermarktbar. Beim Beispiel Nägel ist hier etwa an Obi zu denken.
Obi bindet die Nägel in ein umfassendes Do-it-Yourself-Sortiment ein. Ein reiner
„Nagel-­Shop“ würde wohl auf wenig Interesse stoßen!
• Die quantitative Sortimentsfunktion des Handels liegt darin, Produkte in nachfrage-
gerechten Mengen anzubieten. Die meisten Konsumenten werden wohl nicht Tausende
von Nägeln kaufen wollen, sondern fünf, 20 oder 100. Die Aufgabe des Handels be-
steht darin, gängige Verkaufsmengen anzubieten.
• Ausgewählte Vertriebsformen übernehmen auch eine Beratungsfunktion. Durch die
Erklärung von Produkten – bspw. bei Haushaltselektronik – werden diese vielfach erst
verkäuflich. Eine Beratung findet bspw. auch im Bekleidungshandel sowie im Do-it-­
Yourself-Markt statt.
• Einige Handelsunternehmen bieten auch eine Kreditfunktion an (vgl. dazu
Abschn. 5.1.4). Dann bietet der Handel – bspw. bei Pkws oder bei größeren Haushalts-
geräten – Finanzierungslösungen an.
• Schließlich übt der Handel häufig auch eine Werbe- und Marktbeeinflussungs-
funktion aus. Dazu tragen Beilagen und Anzeigen in der Tagezeitung, Werbedisplays
in der Stadt, aber auch eine Vielzahl von Online-Werbeformaten bei. Hierbei werben
die Handelsunternehmen nicht nur für sich selbst, sondern auch für die von ihnen ver-
markteten Produkte.

Diese vielfältigen Funktionen werden mit den in Abschn.  5.2.4.1 beschriebenen


Funktionsrabatten durch die Hersteller honoriert.
Beim Direktvertrieb muss der Hersteller auf diese vielfältigen Unterstützungsleistungen
durch Partner verzichten und sie in Eigenregie erbringen. Erfolgsvoraussetzung für den
Direktvertrieb ist damit insb. eine hohe Vertriebsstärke des Herstellers bzw. eine eigene
Kernkompetenz im Vertrieb. Gleichzeitig müssen das Potenzial und die Attraktivität
des eigenen Leistungsprogramms so hoch sein, dass eine Tragfähigkeit für einen eige-
nen Vertrieb gegeben ist. Hierfür ist in Summe auch eine ausreichende finanzielle Aus-
stattung erforderlich.

5.3.2.2 Indirekter Vertrieb


Vom indirekten Vertrieb wird gesprochen, wenn zwischen Hersteller und Endkunden
wirtschaftlich und rechtlich selbstständige Organe treten (vgl. Abb. 5.40). Hierbei können
356 5 Marketing-Instrumente

ein oder mehrere rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Absatzmittler in den Ver-
triebsprozess eingebunden werden.
Wird nur eine Art von Absatzmittler eingebunden, bspw. der Einzelhandel, spricht man
vom einstufigen Vertrieb. Beim zweistufigen Vertrieb werden Vertriebsaufgaben gleich-
zeitig auf mehrere Absatzmittler verlagert, bspw. auf Groß- und Einzelhandel.
Der Großhandel verkauft Produkte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung an
andere Unternehmen. Zu diesen zählen:

• Handelsunternehmen (vom Kiosk über den Blumenladen bis zum Warenhaus)


• Weiterverarbeiter (Hersteller aller Art, bspw. Bosch oder Henkel)
• Großabnehmer (etwa Hotels und Restaurants)

Der Einzelhandel wendet sich mit seinen Leistungen dagegen direkt an die End-
abnehmer, seien dies Konsumenten oder Unternehmen.
Der indirekte Vertrieb wird im Konsum- und Industriegüterhandel wie auch bei der
Vermarktung von Dienstleistungen eingesetzt.
Hat der Hersteller einen bestimmten Vertriebskanal ausgewählt, so stellt sich die Frage,
durch welche Konzepte bzw. durch welche Absatzmittler und durch welche Absatzhelfer
der ausgewählte Absatzweg beschritten werden soll. Teilweise werden Handelsvertreter
dieser indirekten Vertriebsform zugeordnet, wenn diese als Mehrfirmen-Vertreter und
damit als Absatzhelfer für verschiedene Unternehmen tätig sind und u. U. komplementäre
(d. h. sich gegenseitig ergänzende) Produkte anbieten.
Handelsvertreter sind u.  a. von den Kommissionären abzugrenzen. Kommissionäre
übernehmen es gewerbsmäßig, Waren oder Wertpapiere für Rechnung eines anderen
(Kommittent) im eigenen Namen zu kaufen oder zu verkaufen. Sie unterliegen besonderen
Weisungen des Kommittenten (bspw. in Gestalt von Preisrichtlinien). Kommissionäre er-
halten für abgeschlossene Verträge eine i.  d.  R. umsatzabhängige Provision (Kommis-
sion). Die Kommissionsgeschäfte finden ihre rechtliche Grundlage in §§  383–406
HGB. Beispiele für Kommissionäre sind u. a. der Kauf und Verkauf von Waren und Wert-
papieren sowie Export-Kommissionsgeschäfte.
Handelsmakler vermitteln gewerbsmäßig Verträge zwischen Anbietern und Nach-
fragern in fremdem Namen und auf fremde Rechnung. Sie führen auf diese Weise die In-
teressen von Käufern und Verkäufern zusammen und wirken bei Verhandlungen ver-
mittelnd mit. Makler stehen in keinem ständigen Vertragsverhältnis zu ihren Auftraggebern.
Die rechtlichen Regelungen hierzu finden sich in §§ 93–104 HGB. Zu den Handelsmaklern
zählen Teile der Reisebüros, aber auch Vermittler von Versicherungen oder Wertpapieren
sowie Immobilien-Makler.
Vertriebsagenten leisten Unterstützung bei der Gewinnung von neuen Kunden sowie
bei der Auftragsabwicklung. Sie finden sich in Import- und Export- sowie in Versicherungs-
agenturen. Hinsichtlich dieser Absatzhelfer gibt es eine Vielzahl von Mischformen und
unterschiedlichen Ausprägungen, die sich nicht immer eindeutig bestimmten Gruppierun-
gen zurechnen lassen.
5.3 Distributionspolitik 357

Bei der Einbindung von OEMs (Original Equipment Manufacturers) liegt ebenfalls
ein mehrstufiger Vertrieb vor. Hier wird auf dem Weg zum Endkunden ebenfalls ein wei-
terer Partner eingebunden. OEMs sind produzierende Unternehmen, die Produkte oder
Produktteile bei anderen Herstellern erwerben, um sie als Erstausrüster in ihren eigenen
Produkten zu verbauen (vgl. Backhaus & Voeth, 2014, S. 528 f.). So ist Volkswagen ein
OEM für Continental-Reifen, wenn diese auf Passat-Fahrzeuge als Erstausstattung auf-
gezogen werden.
Von überragender Bedeutung im Vertrieb sind die unterschiedlichen Betriebsformen
des Groß- und Einzelhandels. Diese werden auch Vertriebsformate genannt.
Beim Großhandel werden folgende Vertriebsformate unterschieden:

• Aufkaufgroßhandel
Die Aufgabe des sammelnden bzw. des kollektierenden Großhandels besteht darin,
Waren oder Rohstoffe mehrerer Lieferanten zusammenzuführen. Hierdurch sollen ver-
kaufsrelevante Mengen gewonnen werden. Diese Form des Großhandels ist bspw. bei
landwirtschaftlichen Produkten wie Milch, Eiern, Kakao, Kaffee oder Baumwolle an-
zutreffen.
• Absatzgroßhandel
Die Aufgabe des verteilenden bzw. des distribuierenden Großhandels ist die Ver-
marktung der erhaltenen Waren an weitere Großabnehmer.
• Sortimentsgroßhandel
Der Sortimentsgroßhandel weist ein breites und tendenziell eher flaches Sortiment auf.
• Spezialgroßhandel
Der Spezialgroßhandel bietet dagegen ein enges und tiefes Sortiment an.

Die verschiedenen Formate des distribuierenden Großhandels sind in Abb. 5.43 dar-


gestellt.

)RUPDW $XVSUlJXQJ %HLVSLHO

0HWUR IUKHU0HWUR&DVK
6HOEVWEHGLHQXQJGHV.XQGHQ
&DVK &DUU\ &DUU\
'LUHNWH%H]DKOXQJ Ä&DVK³
*UR‰KDQGHO 6HOEVWDEKROXQJGXUFKGHQ.XQGHQ Ä&DUU\³
+DQGHOVKRI&DVK &DUU\
6HOJURV&DVK &DUU\
%XFKJUR‰KlQGOHU/LEUL
=HLWIUDFKW
:DUHQZHUGHQGHP.XQGHQQDFK%HVWHOOXQJJHOLHIHUW
=XVWHOO*UR‰KDQGHO $XVJHSUlJWDOV6RUWLPHQWV RGHU6SH]LDOJUR‰KDQGHO
3KDUPD*UR‰KDQGHO
*HKH.ULHJHU3KDJUR
7UDQVJRXUPHW
*UR‰KDQGHO+HUVWHOOHUPLHWHQLP*UR‰ RGHU(LQ]HOKDQGHO)OlFKHDQ
5DFN-REEHU IU5DFNV GK5HJDOH GLHGLHVHVHOEVWEHIOOHQ Ä5HJDOSIOHJH³ =LJDUHWWHQ
*UR‰KDQGHO *UR‰KDQGHO+HUVWHOOHUYHUNDXIWDXIHLJHQH5HFKQXQJ9HUPLHWHU +HLPZHUNHUEHGDUI
EHUQLPPW]7GDV.DVVLHUHQ

*UR‰KDQGHOYHUNDXIWGLH:DUH
0DVVHQJWHUZLHEVSZ
6WUHFNHQ*UR‰KDQGHO =XVWHOOXQJHUIROJWGXUFKGHQ+HUVWHOOHUVHOEVWGKRKQHSK\VLVFKH
6WDKO.RKOH
(LQELQGXQJGHV*UR‰KDQGHOV

Abb. 5.43  Betriebsformen des Absatzgroßhandels


358 5 Marketing-Instrumente

Im Einzelhandel ist ebenfalls zwischen verschiedenen Formaten zu unterscheiden:

• Stationärer Handel
Der stationäre Handel besitzt feste Standorte bzw. Ladenlokale. Diese muss ein poten-
zieller Käufer aufsuchen, um Einkäufe zu tätigen. Hierzu zählen u. a. Waren- und Kauf-
häuser sowie Tankstellen und Verbrauchermärkte.
• Nicht- bzw. halbstationärer Handel
Zum nicht- bzw. halbstationären Handel zählen die Wochenmärkte, Verkaufsfahrzeuge
(bspw. zur Brötchen- und Fischversorgung auf dem Land) und Kaffeefahrten. Auch die
Verkaufs- und Ordermessen fallen in diese Kategorie. Hierzu zählen bspw. die
Hannover-­Messe und die Frankfurter Buchmesse.
• Online-Handel – Versandhandel
Beim Online-Handel und beim Versandhandel wird „auf Distanz“ ge- und verkauft.
Eine Face-to-Face-Begegnung zwischen Verkäufer und Käufer unterbleibt. Die ur-
sprünglich getrennten Konzepte  – kataloggestützter Versandhandel einerseits und
Online-­Handel andererseits – sind inzwischen weitgehend miteinander verschmolzen,
weil heute ein Online-Auftritt bei jedem Versandunternehmen angesagt ist.

Welche Betriebsformen des Einzelhandels zu den genannten Kategorien gehören,


zeigt Abb. 5.44.
Die wichtigsten Formate des Einzelhandels lassen sich tendenziell wie in Abb. 5.45
und 5.46 dargestellt charakterisieren (vgl. Haller, 2017, S. 42–47). Aufgrund der Vielzahl
unterschiedlicher Ausprägungen sind die Zuordnungen nicht immer eindeutig zu leisten.
Um sich die Bandbreite dessen zu verdeutlichen, was bspw. unter Warenpräsentation zu
verstehen ist, braucht man nur kurz hintereinander die Textilanbieter Peek & Cloppenburg,
C&A, Zara, H&M, Takko, KiK und schließlich Primark aufzusuchen. Oder besichtigen Sie
einmal die Lebensmittelabteilung des KaDeWe in Berlin und gehen anschließend zu Aldi.

(LQ]HOKDQGHO

6WDWLRQlUHU 1LFKWKDOE 2QOLQH+DQGHO


+DQGHO VWDWLRQlUHU+DQGHO 9HUVDQGKDQGHO

:DUHQKDXV :RFKHQPDUNW 8QLYHUVDOYHUVHQGHU


.DXIKDXV .DIIHHIDKUW 6SH]LDOYHUVHQGHU
)DFKJHVFKlIW 9HUNDXIVIDKU]HXJ
)DFKPDUNW 9HUNDXIVPHVVH
9HUEUDXFKHUPDUNW 2UGHUPHVVH
6XSHUPDUNW
'LVFRXQWHU
%RXWLTXH
7DQNVWHOOH.LRVN

Abb. 5.44  Betriebsformen des Einzelhandels


5.3 Distributionspolitik 359

Format Größe Angebot Service/ Waren- Lage Beispiele


Preisniveau präsentation

Branchenübergrei -
Offene Waren-
Große Verkaufs- fendes, breites Beratung
präsentation Galeria Karstadt
Warenhaus räume Sortiment Verschiedene
Selbstbedienung
Innenstadt
Kaufhof
Ab ca. 3.000 qm Ø 100.000 Artikel Preislagen
dominant
„Alles unter einem Dach“

Ausgedehnte Tief gegliedertes, H&M


Beratung Offene Waren-
Verkaufsräume branchenhomogenes P&C
Kaufhaus Ca. 1.500–3.000 Sortiment
Verschiedene präsentation Innenstadt
Sinn
Preislagen Selbstbedienung
qm Keine Lebensmittel Zara
dominant
Beratung i. d. R.
I. d. R. vom Schmales, häufig tiefes Betreuungs- Innen
durch geschulte
Fachmann Branchen -Sortiment verkauf städtische BodyShop
Fachgeschäft geführt Hoher Qualitäts-
Verkaufskräfte
Selten reine Haupt- und Douglas
Ergänzender Service
Ca. 200–600 qm anspruch Selbstbedienung Nebenlagen
Eher höherpreisig
Auf bestimmte
Eingeschränkte Offene Waren- I. d. R. außer- Bauhaus
Warengruppen
Große Verkaufs Beratung präsentation halb der MediaMarkt
Fachmarkt räume
spezialisiert
Anspruch der Selbstbedienung Citylagen von Obi
Schmales, häufig tiefes
Preisgünstigkeit dominant Großstädten Saturn
Branchen -Sortiment
Begrenztes, auf eine Hohe Beratungs -
Betreuungs - Innen -
Zielgruppe intensität Mode-
I. d. R. kleineres verkauf städtische
Boutique Ladengeschäft
ausgerichtetes Sortiment Höheres Preisniveau
Selten reine Haupt- und
Boutique
Schmales und flaches Häufiger Sorti- Pandora
Selbstbedienung Nebenlagen
Sortiment mentswechsel

Abb. 5.45  Betriebsformate des stationären Einzelhandels – I

)RUPDW *U|‰H $QJHERW 6HUYLFH :DUHQ /DJH %HLVSLHOH


3UHLVQLYHDX SUlVHQWDWLRQ

:HQLJ%HUDWXQJ
9HUEUDXFKHU 2IIHQH:DUHQ
%UDQFKHQEHUJUHLIHQGHV .DXP6HUYLFH *OREXV
&D± SUlVHQWDWLRQ
PDUNW TP
EUHLWHV6RUWLPHQW DQJHERWH
6HOEVWEHGLHQXQJ
6WDGWUDQGODJHQ 0DUNWNDXI
6%&HQWHU Ä$OOHVXQWHUHLQHP'DFK³ 3UHLVJQVWLJHV UHDO
GRPLQDQW
6RUWLPHQW

0LQGHVW
%UHLWHUHV/HEHQVPLWWHO
YHUNDXIV 2IIHQH:DUHQ
VRUWLPHQW 0LWWOHUHELVSDUWLHOO ,QQHQVWlGWLVFKH
IOlFKH SUlVHQWDWLRQ
6XSHUPDUNW TP
‘±$UWLNHO QLHGULJH3UHLV
6HOEVWEHGLHQXQJ
+DXSW XQG (GHND
(UJlQ]WXP1RQ)RRG ODJHQ 1HEHQODJHQ 5HZH
%LVFD GRPLQDQW
$UWLNHO
TP

.HLQ6HUYLFHDP
6WDUNEHJUHQ]WHV (LQIDFKHELV
326 $OGL
/HEHQVPLWWHOVRUWLPHQW HLQIDFKVWH ,QQHQVWlGWLVFKH
&D $JJUHVVLYH /LGO
'LVFRXQWHU TP
‘±$UWLNHO
1LHGULJSUHLVSROLWLN
3UlVHQWDWLRQ 1HEHQODJHQXQG
1HWWR
(UJlQ]WXP1RQ)RRG 5HLQH6HOEVW 6WDGWUDQGODJHQ
Ä'DXHUQLHGULJ 1RUPD
$UWLNHOXQG0DUNHQDUWLNHO EHGLHQXQJ
SUHLVVWUDWHJLH³ 3HQQ\

(LQIDFKHELV .L.
%UDQFKHQVSH]LILVFKHV
&D 1LHGULJVWHV HLQIDFKVWH ,QQHQVWlGWLVFKH 1.'
)DFKGLVFRXQWHU TP
HQJHV6RUWLPHQW
3UHLVQLYHDX 3UlVHQWDWLRQ 1HEHQODJHQ 3ULPDUN
.DXPNHLQH0DUNHQDUWLNHO
6HOEVWEHGLHQXQJ 7DNNR

Abb. 5.46  Betriebsformate des stationären Einzelhandels – II

Bei einem solchen „Store-Check“ werden die unterschiedlichen Präsentationsformen


deutlich. Während in der Adventszeit bspw. das komplette KaDeWe in weihnachtliche
Stimmung getaucht wird, merkt man bei Aldi allein am Angebot von Dominosteinen und
Lebkuchen (meistens ab Ende September), dass Weihnachten unmittelbar vor der Tür steht!
Aufgrund ihres für breite Konsumentenschichten hochattraktiven Angebotes haben es
die Discounter in den letzten Jahren geschafft, ihren Marktanteil kontinuierlich auszu-
bauen (vgl. Abschn. 4.2.1). Eine Ursache dafür, dass die Discounter nach wie vor einen
360 5 Marketing-Instrumente

dominanten Anteil am gesamten Lebensmitteleinzelhandel aufweisen, kann neben der


hohen Preisattraktivität in ihrem Beitrag zur Komplexitätsreduktion gesehen werden.
Durch ihr überschaubares Produktangebot, eine Kontinuität im Auftritt, eine Berechen-
barkeit des Preis-Leistungs-Verhältnisses (häufig sogar mit Bestnoten im vergleichenden
Warentest) werden Geborgenheit und Orientierung vermittelt. Namentlich gilt dies für
Aldi und Lidl. Diese Anbieter ersparen den Kunden nicht nur ökonomische Kosten. Durch
die Reduktion aufs Wesentliche reduzieren sich auch die seelischen Kosten.

cc Merk-Box  Damit gewinnt ein alter Leitspruch neue Relevanz: „Weniger


ist mehr!“

Eine spezifische Variante im stationären Handel stellt das Shop-in-Shop-­Konzept dar.


Hierbei werden großflächige Verkaufsräume (etwa von Warenhäusern) in mehrere Ver-
kaufseinheiten aufgeteilt. In diesen werden zusammengehörige Waren in einer jeweils
passenden Atmosphäre präsentiert. Hierdurch entstehen Spezialabteilungen der jeweiligen
Hersteller in den Verkaufsräumen – genau ein Shop im Shop. Anbieter exklusiver Waren
(etwa von Textilien, Lederwaren, Kosmetika, Sportartikeln), aber auch Spezialanbieter
wie Wurstwaren, Blumenhändler, Tabakwaren, können sich auf eigenes Risiko in diese
Vertriebsstätten einmieten. Ein Beispiel hierfür ist der Kosmetik-­Bereich des KaDeWe in
Berlin. Auch in Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof finden sich diese Konzepte.
Unter Online-Handel bzw. Versandhandel (auch Distanzhandel oder Home-
shopping) sind die Vertriebsformate zu verstehen, bei denen „auf Distanz“, d. h. von „zu
Hause“ oder „vom Unternehmen aus“ bei einem Anbieter gekauft wird. Die Zugehörigkeit
zum Versandhandel ist unabhängig davon, wie die Angebote präsentiert werden. Dies
kann per Katalog, online und/oder beim Tele-Shopping erfolgen. Vom Versandhandel
spricht man auch unabhängig davon, wie der Bestellvorgang erfolgt. Bestellungen können
per Telefon, per Brief/Postkarte und/oder online platziert werden. Heute tritt der Begriff
„Versandhandel“ allerdings immer stärker zugunsten des moderneren Begriffs Online-­
Handel oder Online-Shopping in den Hintergrund, obwohl jeder Online-Shop ein klassi-
sches Versandunternehmen ist.
Von reinen Online-Shops wird gesprochen, wenn diese ausschließlich den Online-­
Vertriebskanal nutzen. Allerdings ist festzustellen, dass viele online gestartete Versender
inzwischen auch Offline-Werbeformen wie Mailings, Anzeigen, Kataloge, katalogähn-
liche Publikationen und Zeitungsbeilagen einsetzen. Dies gilt bspw. für Amazon (mit klas-
sischer Anzeigenwerbung), den Weinversender Ebrosia und Zalando. Zusätzlich eröffnen
ursprünglich reine Online-Händler zunehmend stationäre Shops, um weitere Zielgruppen
zu erreichen. Dieses Vorgehen ist bspw. bei Amazon, mymuesli.de und Zalando zu
­beobachten. Hier ist bereits der Weg zum Multi- bzw. Omni-Channel-Vertrieb sichtbar
(vgl. Abschn. 5.3.2.4).
Orientiert an der Breite des Angebotsprogramms ist zwischen Universal- und Spezial-
versendern zu unterscheiden. Universalversender (wie bspw. Amazon, OTTO) weisen ein
sehr breites Sortiment auf, das von Kindersocken über sämtliche Haushaltsutensilien bis
5.3 Distributionspolitik 361

zur kompletten Wohnungseinrichtung reicht. Die Spezialversender weisen dagegen ein


schmales, aber tiefes Sortiment auf. Hier ist an Anbieter wie etwa Hessnatur (Textilien),
HAWESKO und ebrosia.de (Weine, Spirituosen) oder enamora.de (Dessous) zu denken.
Bei der Produktvermarktung über das Fernsehen spricht man vom Tele-Shopping (ab-
geleitet von Television). Dies ist ebenfalls ein reiner Versandhandel mit einem „TV-­
gestützten, lebenden Katalog“. In den Verkaufsshows werden regelmäßig unterschiedliche
Produkte präsentiert, die zur sofortigen Bestellung anregen sollen. Tele-Shopping wird
u. a. hier angeboten:

• 1-2-3.tv
• Channel 21
• HSE24 (Home Shopping Europe)
• QVC (QVC steht für Quality, Value und Convenience)

Von Tele-Shopping wird auch gesprochen, wenn Angebote und/oder Bestellungen per
Telefon erfolgen.
Mit dem indirekten Vertrieb gehen für einen Hersteller mehrere Vorteile einher. Bei
der Zusammenarbeit mit anderen selbstständigen Unternehmen sind geringere In-
vestitionen in einen Vertriebskanal erforderlich. Schließlich kann hier auf die bereits be-
stehende Infrastruktur der eingebundenen Absatzorgane zurückgegriffen werden. Dies
reduziert nicht nur das finanzielle Risiko, sondern erhöht auch die Schnelligkeit des
Marktzugangs. In Abhängigkeit von der Laufzeit der Vereinbarungen mit den Vertriebs-
partnern kann ein Hersteller u. U. schneller durch den Wechsel der Kanäle auf Marktver-
änderungen reagieren, als dies mit einer eigenen Vertriebsorganisation möglich wäre.
Nachteilig wirkt sich beim indirekten Vertrieb die Abhängigkeit von Dritten aus.
Außerdem sind diese häufig nur eingeschränkt steuerbar. Gleichzeitig besteht kein oder
nur ein eingeschränkter Durchgriff auf die Endkunden. Die Endkunden bleiben dem
Hersteller gegenüber i. d. R. anonym und liegen im alleinigen Herrschaftsbereich des Ver-
triebspartners. Daten über die Endkunden sind nur schwer zu gewinnen. Deshalb lassen
sich Kundenbeziehungen zum eigenen Unternehmen nur schwer aufbauen.
Die Aufgaben, die von Drittparteien übernommen werden, sind außerdem durch ent-
sprechende Funktionsrabatte zu entlohnen. Diese schmälern die Gewinnspanne der Her-
steller. Der Erfolg des indirekten Vertriebs steht und fällt somit mit der eigenen Durch-
setzungsstärke im Vertriebskanal, um die Partner hinsichtlich der Vermarktung der eigenen
Leistungen zu motivieren. Zusätzlich wirken sich Image und Leistungsstärke der ein-
gebundenen Absatzorgane auf den Markterfolg aus.
Um einen stärkeren Zugriff auf Vertriebspartner zu sichern, wurden verschiedene Kon-
zepte vertikaler Marketing-Systeme entwickelt. Dazu zählen (vgl. Haller, 2017,
S. 431 f.; Meffert et al., 2019, S. 602–608):

• Vertriebsbindungssysteme
• Alleinvertriebssysteme
362 5 Marketing-Instrumente

• Vertragshändlersysteme
• Franchise-Systeme

Bei den Vertriebsbindungssystemen liegt eine einzelvertragliche Vereinbarung zwi-


schen dem Hersteller und den Vertriebspartnern vor. Sie regelt den Absatz von Waren und
erlegt den Vertragsparteien (Hersteller, Handel) bestimmte Rechte und Pflichten auf. Diese
können den Absatz auf eine definierte Region beschränken (Gebietsbindung). Durch die
Vertriebsbindungssysteme kann der Absatz auf bestimmte Abnehmer beschränkt werden
(Fachhandelsbindung, Apothekenbindung). Außerdem können Zeitbindungen defi-
niert werden, indem die Vertriebszeit etwa bei neuen oder alten Modellen sowie bei modi-
schen Artikeln vorgeschrieben werden. Hierdurch gelingt dem Hersteller eine gewisse
Fokussierung und Steuerung des Vertriebes.
Bei Alleinvertriebssystemen erfolgt der Vertrieb des Absatzprogramms eines Herstel-
lers oder eines Teils dieses Programms in einem festgelegten Gebiet nur durch einen Ab-
nehmer. Je Region wird einem Partner das Alleinvertriebsrecht eingeräumt und dadurch
ein Exklusivvertrieb durchgesetzt. Der Abnehmer verpflichtet sich im Gegenzug u. a. zur
Führung und Lagerhaltung des kompletten Herstellerangebots und zur Übernahme von
Servicefunktionen. Diese Form des Vertriebs findet sich u.  a. im Zeitungs- und Zeit-
schriftenvertrieb sowie im Pkw-Vertrieb.
Im Rahmen von Vertragshändlersystemen werden Vertragshändler als selbstständige
Gewerbetreibende mit der (exklusiven) Vermarktung von Produkten eines Herstellers be-
traut. Es wird auch vom „lizenzierten“ bzw. „konzessionierten“ Handel gesprochen. Der
Händler ist verpflichtet, sich für den Absatz gemäß der Konzeption des Herstellers einzu-
setzen. Die rechtliche Ausgestaltung umfasst i. d. R. Absatzbindungen, inkl. Mindestab-
nahmemengen, die Pflicht zur Unterhaltung eines Lagers, die Erbringung spezifischer
Serviceleistungen, die Durchführung bestimmter Werbemaßnahmen sowie ein Auftritt des
Unternehmens im definierten Corporate Design (vgl. Abschn. 5.4.5.1). Im Gegenzug wird
häufig ein Gebietsschutz eingeräumt.
Vertragshändlersysteme werden im Automobilvertrieb bspw. von Volkswagen und Audi
eingesetzt. Beim Vertrieb von Benzin sowie von Bier (Gastronomiebindung über Bier-
liefervertrag) kommen entsprechende Konzepte ebenfalls zur Anwendung. Die Ge-
staltungsmöglichkeiten der so gebundenen Händler sind i. d. R. noch eingeschränkter als
bei den Vertriebsbindungs- und Alleinvertriebssystemen.
Das Franchise-Konzept beinhaltet eine sehr umfassende vertragliche Beziehung zwi-
schen einem Franchise-Geber und mehreren selbstständigen Franchise-Nehmern. Das
Konzept basiert meist auf einem bestimmten Produkt oder einer Dienstleistung, einer Ge-
schäftsidee, einem Markennamen oder einem Patent, das der Franchise-Geber entwickelt
hat (Franchise-System).
Der Franchise-Geber ermöglicht den Franchise-Nehmern die Nutzung dieses Kon-
zeptes (inkl. Werbung, Dienstleistungen, Belieferung) gegen eine Gebühr. Neben ei­
ner „Eintrittsgebühr“ fallen i.  d.  R. umsatzabhängige Zahlungen an. Häufig ist der
­Franchise-­Nehmer verpflichtet, alle erforderlichen Produkte und Dienstleistungen ex-
5.3 Distributionspolitik 363

klusiv beim Franchise-Geber zu erwerben. Der Franchise-Nehmer agiert als selbst-


ständiger Unternehmer und damit auf eigenes Risiko. Er muss folglich nicht nur eigene
finanzielle Mittel zum Aufbau des Geschäfts aufbringen, sondern sein Gewinn hängt auch
allein vom Erfolg des von ihm geführten Franchise-Unternehmens ab. Entsprechende
Konzepte finden sich u. a. im Hotel- und Restaurantbereich, im Einzelhandel sowie bei
Autovermietung, Reisebüros und Fitness Centern. Aktuelle Informationen stellt laufend
der Deutsche Franchise Verband zur Verfügung (franchiseverband.com).
Bei den Franchise-Konzepten lassen sich verschiedene Varianten unterscheiden. Beim
herstellergeführten Einzelhandels-Franchise besteht das System bspw. aus einem
Franchise-­ Geber und einem Netzwerk unabhängiger Einzelhändler. Dieses Konzept
kommt bei The Body Shop, Obi und Benetton zum Einsatz.
Beim Dienstleistungs- bzw. Service-Franchise baut sich der Franchise-Geber ein
Netzwerk unabhängiger Partner auf. Dies erfolgt bspw. bei McDonald’s, Burger King,
Sunpoint, Mister Minit, Portas, TUI-Reisebüros, Hertz und Avis.
Welche Vorteile für den Franchise-Geber sind mit einem solchen Konzept ver-
bunden? Zunächst einmal kann die Expansion des Unternehmens ohne große eigene In-
vestitionen für den Aufbau von Vertriebskanälen erfolgen. Die finanziellen Mittel für das
Wachstum müssen die Franchise-Nehmer selbst bereitstellen. Damit besteht die Möglich-
keit, das vorhandene Know-how ohne eigenen Finanzbedarf auf nationaler und/oder inter-
nationaler Ebene zu nutzen. Gleichzeitig kann durch das zu erwartende Engagement der
Franchise-­Nehmer eine hohe Expansionsgeschwindigkeit erreicht werden. Zudem kann
bei den Franchise-Nehmern aufgrund der eigenen Gewinn- und Verlust-Verantwortung
von einer hohen Motivation ausgegangen werden.
Bei den Vorteilen für die Franchise-Nehmer ist zunächst der Zugriff auf ein ge-
schlossenes und häufig schon mehrfach bewährtes Marketing-Konzept (inkl. einer zug-
kräftigen Marke) zu nennen. Teilweise wird auch ein Gebietsschutz gewährt. Durch die
Partizipation an den Erfahrungen des gesamten Franchise-Konzeptes ergibt sich für den
Franchise-Nehmer ein geringeres Risiko, das allerdings durch eine längerfristige vertrag-
liche Bindung „erkauft“ wird.
Die kritischen Erfolgsfaktoren von Franchise-Konzepten sind ein langfristig aus-
gerichtetes Geschäftsmodell des Franchise-Gebers sowie eine sorgfältige Auswahl der
Franchise-Nehmer. Ein straffes Franchise-Controlling muss dafür Sorge tragen, dass
die Einhaltung der gültigen Standards durch kontinuierliche Qualitätskontrollen sicher-
gestellt wird. Ein Skandal bei einem Franchise-Nehmer kann sich aufgrund der leichten
Erkennbarkeit aller Franchise-Unternehmen negativ auf die ganze Kette auswirken.
Die Franchise-Geber haben die Aufgabe, die emotionale Markeninszenierung ins-
gesamt zu stärken, um eine Differenzierung im Wettbewerberumfeld zu erreichen. Zusätz-
lich sind sie für die Unterstützung der Franchise-Partner bei der Markenbildung vor
Ort verantwortlich. Der dort erlebbare Markenauftritt prägt nachhaltig die Wahrnehmung
der Franchise-Marke. Vor diesem Hintergrund kommt dem Internal Branding bei
Franchise-­Konzepten eine zentrale Bedeutung zu (vgl. dazu Abschn. 5.5).
364 5 Marketing-Instrumente

5.3.2.3 Bedeutungsverschiebungen in den Vertriebskanälen


Insgesamt zeigt sich über die letzten Jahre, dass der Einzelhandelsumsatz von der zu-
nehmenden privaten Nachfrage nur unterdurchschnittlich profitiert hat. Der Anteil des
Einzelhandelsumsatzes an den privaten Konsumausgaben fiel von 38 % im Jahr 2000 auf
32 % im Jahr 2019 (vgl. Abb. 5.47). Die Konsumenten setzen ihr Geld weniger im Einzel-
handel ein, sondern vielmehr für Dienstleistungen aller Art (bspw. Urlaub).
Von dem stagnierenden Anteil des Einzelhandels an den privaten Konsumausgaben
fließt gleichzeitig ein immer größerer Anteil in den Online-Handel. Diese Entwicklung
führt im Zusammenhang mit einer relativ stabilen Verkaufsfläche im deutschen Einzel-
handel zu einer deutlichen Verschärfung der Wettbewerbssituation. Diese gegenläufige
Entwicklung  – stabiles Flächenangebot einerseits, geringes Umsatzwachstum anderer-
seits – schlägt sich in einer abnehmenden Flächenproduktivität nieder. Diese wird wie
folgt ermittelt:

 Einzelhandel
Gesamtumsatz im stationaren
  =
Flachenproduktivitat
 im stationaren
Verkaufsflache  Einzelhandel

Wie sich die Flächenproduktivität in den Jahren 2018 und 2019 im Lebensmittel-­
Einzelhandel darstellt, zeigt Abb.  5.48. Nicht überraschend ist das Ergebnis, dass die
Flächenproduktivität bei Aldi und Lidl weiter über dem Durchschnitt liegt. Das ist auf die
Konzentration der Discounter auf schnelldrehende Produkte zurückzuführen. Netto
und Penny sind hier nicht so erfolgreich.
Zur Bewertung der eigenen Distributionsstärke wird der Distributionsgrad berechnet.
Hierbei werden zwei Arten unterschieden. Der numerische Distributionsgrad zeigt, in
wie viel Prozent der relevanten Verkaufsstellen das eigene Angebot vertreten ist. Der Um-

39.0 %
38 %
38.0 %
37 %
Anteil an Konsumausgaben

37.0 %
36 % 36 %
36.0 %
35 % 35 %
35.0 %
34 %
34.0 %
33 % 33 %
33.0 %
32 % 32 % 32 % 32 % 32 %
32.0 %
31 % 31 % 31 % 31 % 31 % 31 %
31.0 %

30.0 %

Abb. 5.47  Anteil des Einzelhandels an den privaten Konsumausgaben in Deutschland bis 2019.
(Quelle: Statista, 2021c)
5.3 Distributionspolitik 365

0 2,000 4,000 6,000 8,000 10,000 12,000


9,130
Aldi Süd 10,410
7,420
Lidl (Schwarz Gruppe) 7,400
6,620
Aldi Nord 6,650
6,120
Globus 6,230
5,170
Penny (Rewe Group) 5,170
4,930
Kaufland (Schwarz Gruppe) 4,930
4,530
E-Center (Edeka) 4,600
4,510 2019 2018
famila Nordost (Bartels-Langness) 4,450
4,450
Edeka/E aktiv/E-neukauf 4,460
4,280
Netto (Edeka) 4,250
4,170
real,- (Metro Group) 4,170
4,150
Marktkauf (Edeka) 4,090
4,040
Rewe Center 4,050
Rewe (Rewe Group) 3,970
4,010

Abb. 5.48  Flächenproduktivität der führenden Vertriebslinien im Lebensmittel-Einzelhandel in


Deutschland 2018 und 2019 – Bruttoumsatz pro Quadratmeter. (Quelle: Statista, 2020a)

satz der Verkaufsstellen bleibt hierbei unberücksichtigt. Dieser Wert wird wie folgt
ermittelt:

Anzahl der eingebundenen Verkaufsstellen


Numerischer Distributionsgrad = ∗100
Anzahl der relevanten Verkaufsstellen 

Ein numerischer Distributionsgrad von Hersteller A von 35 % sagt folglich aus, dass
das eigene Angebot in 35 % der Verkaufsstellen zu finden ist, die für die Vermarktung in
Frage kommen.
Der gewichtete Distributionsgrad berücksichtig die Umsatzbedeutung und damit die
Absatzrelevanz der eingebunden Vertriebspartner. Dieser Wert wird wie folgt ermittelt:

Umsatz der eingebundenen


Verkaufsstellen mit dem entsprechenden Produkt
Gewichteter Distributionsgrad = ∗100
Umsatz aller relevantten
Verkaufsstellen mit dem entsprechenden Produkt

Hat Hersteller B einen numerischen Distributionsgrad von 20 %, aber einen gewichteten
Distributionsgrad von 52 %, so ist B zwar in weniger Geschäften vertreten als der bereits
genannte Hersteller A. Der höhere gewichtete Distributionsgrad zeigt allerdings an, dass
B in den wichtigeren, weil umsatzstärkeren Kanälen besonders stark vertreten ist. Welcher
366 5 Marketing-Instrumente

Premium-Marken Marktführer Mittemarken

Mehrwert-Handelsmarken Preiseinstiegs-Handelsmarken
100 %
90 % 24.5 % 24.8 % 24 % 23.9 % 24.5 % 24.1 % 23.1 % 22.5 %
80 %
70 % 12.1 % 12.4 % 12.4 % 12.7 % 13 % 12.9 % 13.1 % 12.8 %
Marktanteil

60 %
50 % 33.7 %
33.9 % 33.4 % 33.5 % 32.9 % 32.4 % 32.8 % 33.3 %
40 %
30 %
20 % 19.2 % 19.1 % 19.2 % 19.2 % 18.8 % 18.8 % 18.7 % 18.9 %
10 %
10.2 % 10.3 % 10.8 % 11.2 % 11.3 % 11.4 % 11.7 % 12.1 %
0%
2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020

Abb. 5.49  Marktanteile von Hersteller- und Handelsmarken in Deutschland nach Markengattungen
in den Jahren 2013 bis 2020. (Quelle: Statista, 2021d)

Hersteller erfolgreicher ist, hängt insb. von der Wettbewerbsintensität innerhalb der ver-
schiedenen Verkaufsstellen und damit den erzielten Preisen ab.
Wie hat sich das Kaufverhalten der deutschen Bevölkerung bzgl. der verschiedenen
Marken-Kategorien in den letzten Jahren verändert? Die Abb. 5.49 zeigt, dass allein der
Anteil der Premium-Marken in den letzten Jahren kontinuierlich leicht gestiegen ist.
Der Anteil der Preiseinstiegs-Handelsmarken ist fast kontinuierlich gesunken. Zu die-
ser Produktkategorie zählen u. a. die Handelsmarken der Discounter und die No-­Name-­
Produkte der anderen Lebensmittelhändler. Die Position der Mittelmarken ist dagegen
relativ stabil und schwankt leicht um 33 %. Die höherwertigen Mehrwert-­Handelsmarken
erreichen einen Marktanteil um 13 %.
Mit diesen Entwicklungen gehen gravierende Herausorderungen für die Einzelhändler
einher. Für eine Profilierung der Einzelhändler im digitalen Zeitalter sind innovative
Konzepte gefordert (vgl. vertiefend Merkle, 2020).

5.3.2.4 Multi-Channel- bzw. Omni-Channel-Vertrieb


Ein Multi-Channel-Marketing bzw. präziser ein Multi-Channel-Vertrieb liegt vor,
wenn sich Unternehmen nicht auf den Einsatz eines Vertriebskanals und/oder eine Art von
Absatzorganen beschränken. Bei diesem Konzept werden zeitgleich verschiedene Kanäle
und/oder Absatzmittler und -helfer eingebunden. Abb. 5.50 zeigt, welche Vertriebskanäle
parallel eingebunden werden können.
Durch einen Multi-Channel-Vertrieb werden häufig die folgenden Ziele angestrebt
(vgl. Kreutzer, 2021b, S. 115–119; Wirtz, 2021; Heinemann, 2021):

• Erhöhung der Marktabdeckung


Durch die Einbindung mehrerer Vertriebswege können Kunden mit unterschiedlichen
Präferenzen für Einkaufsstätten gewonnen werden. Hierdurch gelingt eine höhere Aus-
schöpfung des Marktpotenzials.
5.3 Distributionspolitik 367

Hersteller

Stationäres Eigener Katalog- Verkauf Tele-


Laden- Online- verkauf über Platt- Shopping
geschäft Shop formen

Interessenten, Kunden

Abb. 5.50  Grundkonzept der Multi-Channel-Vertrieb

• Erreichung eines Risikoausgleichs


Durch die gleichzeitige Einbindung verschiedener Absatzorgane und/oder Absatz-
kanäle wird die Abhängigkeit von einzelnen Vertriebspartnern bzw. -kanälen reduziert.

Tchibo setzt einen solchen Multi-Channel-Vertrieb konsequent um. Dieses Unter-


nehmen vermarktet seine Produkte direkt in eigenen Filialen sowie über einen eigenen
Online-­Shop. Zusätzlich sind Tchibo-Depots bei vielen anderen Einzelhändlern (bspw.
Edeka) zu finden. Außerdem wird ein klassischer Katalog eingesetzt, um weitere Ziel-
gruppen zu erschließen. Die einzelnen Vertriebskanäle existieren hier relativ unverbunden
nebeneinander.
Klassische Markenartikel-Hersteller verfolgen teilweise ebenfalls einen Multi-­Channel-­
Vertrieb. Dann treten neben den klassischen Vertrieb über Groß- und Einzelhandel bspw.
auch eigene Factory Outlets. Solche Factory Outlets werden bspw. von den Bekleidungs-
herstellern BOSS, Hallhuber und Rosner betrieben. Dort werden eigene Produkte (z. T. aus
der Vorsaison oder mit kleinen Fehlern) „direkt ab Werk“ an Endkunden verkauft. Diese
Vertriebsform hat sich inzwischen von der ursprünglichen Idee des Fabrikverkaufs weit
entfernt. Dies kann man an der Vielzahl der Factory Outlet Stores erkennen. Diese sind
inzwischen unabhängig von den tatsächlichen Produktionsstandorten zu finden. Diese
„Entkopplung“ ist dadurch begründet, dass immer weniger Unternehmen der Bekleidungs-
industrie in Europa produzieren. Gleichwohl möchten die Hersteller nicht auf den direkten
Verkauf an die Endkunden verzichten.
Markenartikel-Unternehmen betreiben teilweise auch eigene, aufwändig ausgestaltete
Geschäfte. Diese werden aufgrund ihrer überragenden Bedeutung auch Flagship-Stores
genannt. Sie stellen gleichsam das Flaggschiff i. S. eines Vorzeigegeschäftes eines Unter-
nehmens dar und nehmen hinsichtlich Sortimentsaufbau und -präsentation eine Vorreiter-
rolle ein. Die Marke soll hier nach den Vorstellungen der Hersteller inszeniert und ein di-
rekter Kundenkontakt aufgebaut werden. Das bereits angesprochene Nivea-Haus gehört
ebenfalls in diese Kategorie. Flagship-Stores betreiben u.  a. auch Adidas, Lego, Mont-
blanc, Nike, Ritter Sport, Rolex und van Laack.
368 5 Marketing-Instrumente

Aufgrund der zunehmenden Bedeutung des E-Commerce (vgl. Abb. 5.41) haben nicht
nur viele stationäre Einzelhändler eigene Online-Shops aufgebaut. Immer mehr Hersteller,
die ihre Produkte bisher schwerpunktmäßig über den stationären Einzelhandel verkauft
haben, sind jetzt mit eigenem Online-Shop am Markt präsent (etwa BOSS, Esprit, Marc
O’Polo, Olymp). Der Online-Vertrieb tritt hier neben die bisher etablierten Vertriebskanäle
und soll dazu beitragen, neue Kundenschichten zu erschließen bzw. eine Abwanderung der
eigenen Kunden zu Online-Angeboten der Wettbewerber zu reduzieren.
Folgende Risiken des Multi-Channel-Vertriebs sind zu berücksichtigen:

• Kannibalisierung zwischen verschiedenen Vertriebskanälen


Zwischen den eingebundenen (eigenen oder fremden) Vertriebsorganen kann es zu
einem ungewünschten Wettbewerb kommen. Dieser wird häufig über den Preis aus-
getragen. Zusätzlich bedrohen die Einbindung weiterer Vertriebsorgane sowie der Ver-
trieb durch die Hersteller selbst die Marktposition der bereits tätigen Vertriebspartner.
• Verunsicherung der Kunden
Werden identische Produkte über verschiedene Kanäle an den Kunden herangetragen,
kann dies zu einer Verwirrung auf Kundenseite führen. Dieses Risiko ist gegeben, wenn
die eingebundenen Kanäle aus Sicht des Kunden unterschiedliche Imagepositionen und/
oder Servicequalitäten aufweisen oder große Preisunterschiede wahrge­nommen werden.
• Erhöhung des Koordinationsaufwandes
Mit der Zunahme der eingebundenen Partner steigt die Komplexität der seitens der
Hersteller zu leistenden Koordinationsaufgaben. Eine gleichartige Positionierung des
Angebotes ist schwieriger zu sichern. Eine Ursache hierfür ist ein nur eingeschränktes
Weisungsrecht hinsichtlich der eingebundenen Vertriebspartner. Die Steuerungskosten
nehmen mit jedem weiteren Partner zu. Folglich ist zu prüfen, welche Zusatzerlöse
bzw. -umsätze jeweils erzielt werden können.

cc Merk-Box  Mit dem Aufbau eines Multi-Channel-Vertriebs ist eine Vielzahl von
Chancen und Risiken für Hersteller und Handelsunternehmen verbunden.
Diese sind sorgfältig abzuwägen.

Unternehmen setzen heute vielfach auf einen Omni-­Channel-­Vertrieb, um diese Risi-


ken zu vermeiden. Hierbei werden die Möglichkeiten der verschiedenen Vertriebswege
umfassend aufeinander abgestimmt. Hierdurch soll die Customer Journey – gleichsam
die „Reise des Kunden zum Unternehmen“ – so einfach und überzeugend wie möglich
ausgestaltet werden. Sind die einzelnen Vertriebskanäle optimal aufeinander abgestimmt,
bieten sich dem Kunden folgende Möglichkeiten (vgl. auch Heinemann, 2017, S. 106–129):

• Online-Recherche vor dem Ladenbesuch (Webrooming; Web to store); hierzu zählen


Online-Verfügbarkeitsabfragen.
• Im Ladengeschäft kaufen und nach Hause liefern lassen (Ship from store).
• Online reservieren/bestellen und dann im Laden abholen (Click and Reserve bzw.
Click and Collect); der Kunde hat hier die Gewissheit, dass das Produkt bei seinem
Eintreffen im Geschäft noch vorhanden ist.
5.3 Distributionspolitik 369

• Im Ladengeschäft per Mobile Device weitere Informationen online beim gleichen An-
bieter abrufen (In-store Research).
• Im Ladengeschäft per Mobile Device weitere Artikel online beim gleichen Anbieter
kaufen (In-store Ordering) – Stichwort „virtuelle Sortimentserweiterung“.
• Online kaufen und im Ladengeschäft retournieren (Return to store); hierdurch ent-
fallen Aufwand für Verpackung und Rückversand.

Beim Omni-Channel-Vertrieb strebt man danach, den (potenziellen) Kunden pro


Touchpoint jeweils die gewünschten Inhalte bzw. Services anzubieten. Hierbei ist zu be-
rücksichtigen, dass die Nutzer in den unterschiedlichen Kanälen keine identischen, wohl
aber konsistente Informationen erwarten.

cc Merk-Box  Das Ziel des Omni-Channel-Vertriebs besteht darin, den (potenziel-


len) Käufer in den Mittelpunkt aller vertrieblichen Aktivitäten zu stellen. Hierzu
sind die relevanten Informationsströme sowie die Serviceangebote auf die je-
weiligen Bedürfnisse des Käufers auszurichten.

cc Denkanstoß  Überlegen Sie einmal, welche ­


überzeugenden und weniger über-
zeugenden Multi- oder Omni-Channel-Konzepte Ihnen in den letzten Wochen be-
gegnet sind.

Idealerweise gelingt es beim Omni-Channel-Vertrieb, die Informationen sowie die Ser-


vices in den verschiedenen Phasen auf die jeweilige Zielperson zuzuschneiden. Dieses
Vorgehen illustriert Abb. 5.51.

%ORJV

)RUHQ
6HDUFK

zŽƵdƵďĞ
zŽƵdƵďĞ
WŝŶƚĞƌĞƐƚ
5HYLHZ &RPSDUH WŝŶƚĞƌĞƐƚ

ƉƉƐ
8VH 3XUFKDVH
326

5HFHLYH
ƉƉƐ d,Kh^
Wz

&Zd

Abb. 5.51  Beispielhafte Zuordnung von Kanälen zu den einzelnen Phasen eines Kauf- und
Nutzungszyklus im Omni-Channel-Konzept
370 5 Marketing-Instrumente

Eine wertschöpfende Verknüpfung zwischen der Online- und Offline-Welt stellt für
viele Unternehmen nach wie vor eine große Herausforderung dar. Häufig findet man
heute noch eine Parallelität der Aktivitäten. Gutscheine können dann bspw. nur im On-
line-Shop, aber nicht im stationären Geschäft eingelöst werden. Hierdurch zwingt man
die Kunden zur Nutzung eines Kanals, obwohl der Anbieter mehrere Kanäle parallel
betreibt.

cc Merk-Box  Beim Omni-Channel-Vertrieb wird ein „nahtlose“ Betreuung der


Kunden angestrebt. Die einzelnen Angebote sind inhaltlich miteinander ver-
zahnt und schöpfen die unterschiedlichen Möglichkeiten der verschiedenen
Kanäle optimal aus.

cc Denkanstoß  Wer wird langfristig die Nase vorne haben: der Online- oder der Off-
line-Vertrieb? Einkaufen in stationären Geschäften stellt ein körperliches und
damit vor allem auch ein emotionales Erlebnis dar. Hier kommt es häufig auch zum
direkten Austausch mit anderen Menschen, die bei der Auswahl unterstützen und
beraten können.
Andere Menschen, ihre Blicke, ihr Tun, die Gespräche, die Warenpräsentation,
Geräusche, Düfte und die physisch verfügbaren Waren können eine Einkaufs-
atmosphäre schaffen, die online auch in Zukunft nicht nachbaubar ist.
Es liegt an jedem Einzelnen von uns, welcher Stellenwert den stationären Ge-
schäften in Zukunft zukommt. Geschäften, hinter denen in den meisten Fällen Men-
schen mit viel Herzblut agieren, um uns ein überzeugendes Verkaufserlebnis zu
schenken!

5.3.3 Absatzwege- und Absatzorgane-Management

Die Entscheidungen, die ein Unternehmen hinsichtlich der Marktsegmentierung getroffen


hat (vgl. Abschn. 4.2.2.3), wirken sich auf die Ausgestaltung der Absatzwege und die Ein-
bindung verschiedener Absatzorgane aus. Setzt ein Unternehmen auf eine Massenmarkt-
strategie, muss eine möglichst umfassende Abdeckung des Marktes durch eine intensive
Distribution erreicht werden. Hierzu sind Vertriebskonzepte auszuwählen, die einen brei-
ten Marktzugang ermöglichen.
Beim Direktvertrieb kann eine solche intensive Distribution durch den Aufbau eines
umfassenden Handelsvertretersystems erreicht werden. Nutzt ein Hersteller den
­mehrstufigen Vertrieb, sind vor allem Handelsformate mit einer hohen Distributionsdichte
auszuwählen. Eine intensive Distribution erleichtert den Aufbau von Markenbekanntheit
und – aufgrund einer hohen Produktverfügbarkeit – auch die Markenbindung. Bei niedrig-
5.3 Distributionspolitik 371

preisigen Gütern werden außerdem Spontankäufe gefördert, weil die Produkte „überall“
sichtbar sind. Klassische Beispiele hierfür sind Snacks und Softdrinks.
Unternehmen, die eine Premium-Positionierung anstreben, setzen dagegen ganz be-
wusst auf eine fokussierte, partielle Marktbearbeitung. Dann werden Konzepte der selek-
tiven oder der exklusiven Distribution eingesetzt. Eine selektive Distribution liegt vor,
wenn im Zielmarkt jeweils nur wenige Verkaufsstellen zu finden sind. Dies ist bspw. bei
der Vermarktung der Luxusuhren von Rolex oder Lange & Söhne der Fall. Bei der ex-
klusiven Distribution findet sich in einem Marktverantwortungsgebiet jeweils nur eine
Verkaufsstelle.
Die Auswahl der Absatzkanäle sowie die Auswahl der einzubindenden Vertriebs-
partner orientiert sich an den in Abb. 5.52 definierten Kriterien. Die Auswahlentscheidung
kann aufgrund der Vielzahl zu relevanten Kriterien durch den Einsatz von Scoring-­
Modellen unterstützt werden (vgl. dazu Abschn. 5.1.2.2).
Auch nach einer zielorientierten Auswahl der Vertriebspartner kann es zu einer Vielzahl
von Konflikten im Absatzkanal kommen. Schließlich verfolgen die eingebundenen Part-
ner häufig gegenläufige Ziele. In Abb. 5.53 sind zentrale Konfliktfelder aufgezeigt.
An den Schnittstellen zwischen Hersteller, Handel und Konsument setzt das Konzept
des Efficient Consumer Response (ECR) an. Dieses soll einen Beitrag zur Überwindung
der genannten Zielkonflikte leisten. Im Kern geht es um die Optimierung der Geschäfts-
prozesse zwischen Hersteller und Handel. Unter ECR wird eine kundenorientierte,
ganzheitliche Betrachtung der Prozesskette vom Hersteller über den Handel bis zum End-

*UXQGOHJHQGH8QWHUQHKPHQV 0DUNHWLQJ6WUDWHJLH0DUNWVWHOOXQJGHU8QWHUQHKPHQV
+HUVWHOOHUEH]RJHQH 8QWHUQHKPHQVJU|‰H)LQDQ]NUDIW
(LQIOXVVIDNWRUHQ 3URGXNW/HLVWXQJVSURJUDPPXQGGHVVHQ3RVLWLRQLHUXQJ
9HUWULHEVNRPSHWHQ]HLJHQH(UIDKUXQJPLWYHUVFKLHGHQHQ9HUWULHEVZHJHQ
3UHLV4XDOLWlWVDQVSUXFK
3URGXNWEH]RJHQH (UNOlUXQJVEHGUIWLJNHLWXQG6HUYLFHLQWHQVLWlWGHV$QJHERWV
(LQIOXVVIDNWRUHQ .DXIIUHTXHQ]%HGDUIVKlXILJNHLW
/DJHU XQG7UDQVSRUWIlKLJNHLWGHU3URGXNWH

$Q]DKOXQG$UWGHU:HWWEHZHUEHUXQG:HWWEHZHUEVSURGXNWH
:HWWEHZHUEVEH]RJHQH
0DUNWSRVLWLRQXQG:DFKVWXPVUDWHQGHUYHUVFKLHGHQHQ9HUWULHEVZHJHGHU:HWWEHZHUEHU
(LQIOXVVIDNWRUHQ
:HWWEHZHUEVGUXFNLQEHVWHKHQGHQXQGQHXHQ9HUWULHEVZHJHQ

$Q]DKO.DXINUDIW.DXIJHZRKQKHLWHQXQG (LQNDXIVVWlWWHQSUlIHUHQ]HQ GHU.XQGHQ


.XQGHQEH]RJHQH 5lXPOLFKH9HUWHLOXQJ6WUHXXQJGHU.XQGHQ
(LQIOXVVIDNWRUHQ 2IIHQKHLWE]Z=XJlQJOLFKNHLWGHU.XQGHQIUXQWHUVFKLHGOLFKH9HUWULHEVZHJH,PDJHGHU.DQlOH
(UZDUWXQJHQJHJHQEHUGHP$QELHWHUEHVWLPPWHU/HLVWXQJHQ

$QJHERWHQHV6RUWLPHQW %UHLWH7LHIHXQG*HQUH XQG:DUHQSUlVHQWDWLRQ


$UW$Q]DKO9HUIJEDUNHLW,PDJH6WDQGRUW(LQ]XJVJHELHWVRZLH=LHOJUXSSHQIRNXV
$EVDW]RUJDQEH]RJHQH
0DUNWSRVLWLRQXQG:DFKVWXPVUDWHQGHUYHUVFKLHGHQHQ9HUWULHEVZHJH
(LQIOXVVIDNWRUHQ
)lKLJNHLWGHU$EVDW]RUJDQH]XUhEHUQDKPHVSH]LILVFKHU$XIJDEHQ 6HUYLFH%HUDWXQJ)LQDQ]LHUXQJ
%HHLQIOXVVEDUNHLW.RQWUROOLHUEDUNHLWXQG.RVWHQGHU$EVDW]RUJDQH

*HVHW]OLFKH9RUJDEHQE]JO9HUWULHEVNDQlOHQ EVSZ$SRWKHNHQSIOLFKW
6RQVWLJH 9RUJDEHQE]JOGHU3URGXNWXQ]XJlQJOLFKNHLWIUEHVWLPPWH*UXSSHQ HWZDEHL$ONRKRO
(LQIOXVVIDNWRUHQ :HUWYRUVWHOOXQJHQ(UZDUWXQJVKDOWXQJHQLQGHUgIIHQWOLFKNHLW
7HFKQRORJLVFKH9HUlQGHUXQJHQ EVSZ6WlUNHGHV(&RPPHUFH

Abb. 5.52  Kriterien zur Auswahl von Absatzkanälen und Absatzorganen


372 5 Marketing-Instrumente

=LHOHGHV+HUVWHOOHUV =LHOHGHV+DQGHOV
3URILOLHUXQJGHUHLJHQHQ3URGXNWHXQG 3URILOLHUXQJGHUHLJHQHQ(LQNDXIVVWlWWHE]Z
0DUNHQ 0DUNHQDUWLNHO GHVHLJHQHQ6RUWLPHQWV
1DWLRQDOHXQGLQWHUQDWLRQDOH3URGXNW XQG 3URILOLHUXQJYRQ+DQGHOVPDUNHQXQG1R
8QWHUQHKPHQVZHUEXQJ 1DPHV
6WHLJHUXQJGHU0DUNHQWUHXH 326IRNXVVLHUWH:HUEXQJ KlXILJUHJLRQDO
+RKH'LVWULEXWLRQVGLFKWH DEKlQJLJYRQ RGHUORNDO
GHU3RVLWLRQLHUXQJGHU0DUNH 6WHLJHUXQJGHU(LQNDXIVVWlWWHQWUHXH
6HOHNWLYHRGHUH[NOXVLYH'LVWULEXWLRQ
.RQWLQXLHUOLFKHU)OXVVYRQ3URGXNW 9HUPDUNWXQJLQVEYRQÄSURILWDEOHQ³
LQQRYDWLRQHQ ,QQRYDWLRQHQGHU+HUVWHOOHU
9HUPDUNWXQJGHVJHVDPWHQ$QJHERWV .RQ]HQWUDWLRQGHU9HUPDUNWXQJDXI
SURJUDPPV SURILWVWDUNH]LHOJUXSSHQDIILQH$QJHERWH
%HYRU]XJWHH[NOXVLYH3ODW]LHUXQJGHU 3URGXNWSODW]LHUXQJQDFK.DXI XQG
HLJHQHQ3URGXNWHLP6RUWLPHQW 6RUWLPHQWVNULWHULHQ]XU(UWUDJVRSWLPLHUXQJ
8PVHW]XQJHLQHUYHUWUDXHQVELOGHQGHQ )DOOZHLVHDJJUHVVLYH3UHLVSROLWLN]XU
3UHLVVWUDWHJLHGLHVLFKDQGHQHLJHQHQ 6WHLJHUXQJGHUHLJHQHQ$WWUDNWLYLWlW
=LHOHQRULHQWLHUW (UK|KXQJGHU+DQGHOVVSDQQHDOV
5HGXNWLRQGHU+DQGHOVVSDQQHDOV (UJHEQLVWUHLEHU:HUEHNRVWHQ]XVFKVVH
.RVWHQIDNWRU .RVWHQQHXWUDOH9HUODJHUXQJYRQ)XQNWLRQHQ
.RVWHQQHXWUDOH9HUODJHUXQJYRQ DXIGHQ+HUVWHOOHU
)XQNWLRQHQDXIGHQ+DQGHO )RUGHUXQJ]XVlW]OLFKHU9HUJWXQJHQEHL
)XQNWLRQVEHUQDKPHQIUGHQ+HUVWHOOHU

*OHLFKPl‰LJHU$EVDW]LQJUR‰HQ0HQJHQ 0LQLPLHUXQJGHU/DJHUKDOWXQJ
/DJHUKDOWXQJEHLP+DQGHO Ä-XVWLQ7LPH³$QOLHIHUXQJ

Abb. 5.53  Zielkonflikte im Absatzkanal

kunden verstanden. Hierbei wird versucht, die Wünsche der Kunden möglichst schnell
und exakt zu ermitteln, um diese kosteneffizient zu decken. Hierzu gilt es, einen ent-
sprechenden Informationsfluss zu installieren, der den Warenfluss – orientiert an den kon-
kreten Kundenerwartungen – optimiert. Um dies zu erreichen, sind die Touchpoints zwi-
schen Hersteller und Handel einerseits und Handel und Kunden andererseits zu optimieren
und datentechnisch ganzheitlich abzubilden. Im Einzelnen werden die folgenden Ziele
des ECR angestrebt (vgl. Meffert et  al., 2019, S.  612–618; Bruhn & Hadwich, 2017,
S. 378):

• Nutzung von Kostensenkungspotenzialen durch eine Optimierung der Lagerhaltung


• Effizientere Logistikprozesse durch einen durchgehenden Informationsfluss von Han-
del zum Hersteller
• Erhöhung der Umsätze und Steigerung des Servicelevels gegenüber den Konsu-
menten durch eine Vermeidung von Lieferengpässen, eine höhere Termintreue und eine
kundenorientierte Sortimentsgestaltung

Die hier aufgezeigten Ziele werden durch die vier zentralen ECR-Strategien an-
gestrebt. Diese sind in Abb. 5.54 ausgewiesen. Einen wichtigen Beitrag bei der Umsetzung
dieser Strategien kann die RFID-Technologie leisten. RFID steht für Radio Frequency
5.3 Distributionspolitik 373

(IILFLHQW =LHO 5HGXNWLRQYRQ)ORSULVLNHQ QLFKWHUIROJUHLFKHQ3URGXNWHLQIKUXQJHQ


3URGXFW
,QWURGXFWLRQ 8PVHW]XQJ $EVWLPPXQJYRQ3URGXNWHQWZLFNOXQJXQG0DUNWHLQIKUXQJ]ZLVFKHQ+HUVWHOOHUXQG+DQGHO6FKDIIXQJ
(3, EHVVHUHU7HVWP|JOLFKNHLWHQXQGVFKQHOOH5HDNWLRQDXI9HUKDOWHQVlQGHUXQJHQGHU.XQGHQ

=LHO 2SWLPDOH1XW]XQJGHU326.DSD]LWlWHQGXUFKHLQHEHGDUIVRULHQWLHUWH*HVWDOWXQJGHU5HJDOIOlFKH]XU
(IILFLHQW (UK|KXQJGHU5HJDOSURGXNWLYLWlWXQGGHU8PVFKODJVJHVFKZLQGLJNHLW
$VVRUWPHQW
($ 8PVHW]XQJ .XQGHQRULHQWLHUWH$XVJHVWDOWXQJGHU6RUWLPHQWHDP326L6HLQHUEHGDUIVRULHQWLHUWHQ%HVWDQGV XQG
5HJDORSWLPLHUXQJ

(IILFLHQW =LHO 1DFKKDOWLJH6WHLJHUXQJGHU:HUWVFK|SIXQJLQQHUKDOEHLQHU3URGXNWNDWHJRULHGXUFKHLQH6WDELOLVLHUXQJ


3URPRWLRQV GHU1DFKIUDJHXQWHUVWW]WGXUFKHLQH6WLPPLJNHLWYRQ+DQGHOV XQG9HUEUDXFKHUSURPRWLRQV
(3 8PVHW]XQJ $EVWLPPXQJGHU9HUNDXIVI|UGHUXQJVDNWLYLWlWHQ]ZLVFKHQ+HUVWHOOHUXQG+DQGHO

=LHO =HLW XQG.RVWHQRSWLPLHUXQJGXUFKHLQHEHGDUIVRULHQWLHUWH$XVJHVWDOWXQJGHU:DUHQYHUVRUJXQJ


(IILFLHQW 9HUPHLGXQJHLQHUhEHU E]Z8QWHUEHYRUUDWXQJDXIGHQYHUVFKLHGHQHQ+DQGHOVVWXIHQNRQWLQXLHUOLFKH
5HSOHQLVKPHQW $XVODVWXQJGHU7UDQVSRUWNDSD]LWlWHQ9HUHLQIDFKXQJXQG%HVFKOHXQLJXQJGHULQWHUQHQ/RJLVWLN
(53 8PVHW]XQJ 8PIDVVHQGHU,QIRUPDWLRQVIOXVV]ZLVFKHQ+HUVWHOOHUXQG+DQGHODOV*UXQGODJHIUHLQDXWRPDWLVLHUWHV
%HVWHOOZHVHQ,QVWDOODWLRQHLQHU-XVWLQ7LPH/RJLVWLN

Abb. 5.54  Strategien des Efficient Customer Response

Identification. Es handelt sich um eine Technologie, die einen berührungslosen Daten-


transfer ohne Sichtkontakt ermöglicht. So lassen sich die Waren entlang der Prozesskette
vom Hersteller über den Handel zum Kunden automatisch erfassen und wichtige Daten
über relevante Erfolgs- und Kostenkriterien gewinnen.
Bei der Diskussion um ECR wird häufig die Orientierung an den Kundenerwartungen
herausgestellt. Allerdings geht es im Kern um die Optimierung der internen Prozesse, um
die Wertschöpfung der beteiligten Unternehmen zu erhöhen. Diese wird erreicht durch
eine Auswertung des Kaufverhaltens.
Eine Erfassung der Verkaufszahlen lässt die konkreten Motive des Verhaltens allerdings
unberücksichtigt. Deshalb sind diese Zahlen durch Informationen über die „Treiber des
Kundenverhaltens“ anzureichern. Die damit angesprochenen Motive können  – im Ver-
gleich zu steigenden oder fallenden Umsätzen  – i.  d.  R. nur über entsprechende Be-
fragungen ermittelt werden. Diese wurden in Kap. 2 vorgestellt.

5.3.4 Distributionslogistik

Bei der Distributionslogistik steht die physische Verteilung von Leistungen im Mittel-
punkt (vgl. vertiefend Schulte, 2016; Voß, 2019). Hier wird auch von Marketing- oder
Vertriebslogistik gesprochen.
Durch überzeugende Logistikkonzepte gelingt es im Idealfall,

• die richtige Leistung (Produkt oder Service)


• in der notwendigen Menge oder Intensität
• am definierten Ort
• zur angeforderten Zeit und
• in der gewünschten Ausprägung

zur Verfügung zu stellen.


374 5 Marketing-Instrumente

Die Herausforderung besteht bei Produkten und Dienstleistungen darin, diese Logistik-
ziele gleichzeitig zu erfüllen und zusätzlich wertschöpfend für das eigene Unternehmen zu
sein. Eine entscheidende Nebenbedingung stellen folglich die Logistikkosten dar. Eine
Zielvorgabe dergestalt, dass die Erreichung der definierten Logistikziele mit minimalen
Kosten verbunden sein sollte, ist m. E. wenig hilfreich. Schließlich kann die tatsächliche
Erreichung von Minimalität so lange bestritten werden, wie die Kosten größer „0“ sind.
Selbst wenn keine Kosten anfielen, blieben u. U. Vertriebskooperationen ungenutzt, die
zur Erzielung von Erlösen bei der Umsetzung von Logistikaufgaben geführt hätten. Des-
halb ist m.  E. allein eine Ausrichtung an Plankosten zweckmäßig, da diese konkret
kontrollierbar sind (vgl. die entsprechenden Ausführungen in Abschn. 3.2).
Die Erreichung der Logistikziele stellt bei der Vermarktung von Dienstleistungen
i. d. R. eine noch größere Herausforderung dar als bei Produkten. So ist es ein Leichtes,
einen gedruckten Reiseführer als Paperbackausgabe am 23.7. um 18.00 Uhr an der Rezep-
tion des Ritz-Carlton in Atlanta für Frau Meffert zuzustellen. Wesentlich herausfordernder
ist es dagegen, die Dienstleistung „Reiseführung“ für Frau Paschen am gleichen Ort und
zur gleichen Zeit zu erbringen. Selbst wenn der Reiseführer pünktlich vor Ort ist, kann die
Dienstleistung nicht erbracht werden, wenn der Gast nicht erscheint. Dann bleibt es bei
einem Dienstleistungsangebot, das nicht abgerufen wird. Vielfach ist die Erbringung von
Services an das zeitliche Vorhandensein von „Geber“ und „Nehmer“ gebunden. Hier liegt
das schon erwähnte „Uno-actu“-Prinzip zugrunde. Ähnlich verhält es sich bei einer
Coaching-­Session, beim Friseur, bei der Massage oder beim beliebten Zahnarzt-Besuch.
Im Kern steht hinter der Erreichung der genannten Logistikziele ein spezifischer
Lieferservice. Häufig werden für die damit verbundenen Aufgabenstellungen Logistik-
dienstleister eingebunden. Diese übernehmen oft die komplette Wertschöpfungskette der
Logistik (vgl. Abb. 5.55). Dazu zählen bspw. DHL, UPS, DB Schenker und FedEx.

%HVFKDIIXQJ 3URGXNWLRQ 'LVWULEXWLRQ $IWHU6DOHV6HUYLFHV

0XOWLSOH6RXUFLQJGK (LQJDQJV4XDOLWlWV %HUHLWVWHOOXQJGHU3URGXNWH %HUDWXQJEHLGHU


=XVDPPHQIKUXQJYRQ NRQWUROOH XQG6HUYLFHVQDFK :DUHQEHUJDEHE]ZGHU
JOHLFKHQ 7HLOHQXQGRGHU /DJHUKDOWXQJ GHILQLHUWHQ9RUJDEHQ ,QJDQJVHW]XQJ
JOHLFKHQ 3URGXNWHQ $EUHFKQXQJPLW KLQVLFKWOLFK=HLW2UW :DUWXQJ
6HUYLFHVDXVPHKUHUHQ /LHIHUDQWHQ 0HQJH4XDOLWlW=XVWDQG 6FKXOXQJ
4XHOOHQ 0RQWDJH 9HUSDFNXQJ (UVDW]WHLOEHUHLWVWHOOXQJ
*OREDO6RXUFLQJGK .RQIHNWLRQLHUXQJ $XIEDXYRQ(UVDW]WHLO (LQULFKWXQJHLQHV
=XVDPPHQIKUXQJYRQ $XVJDQJV4XDOLWlWV GHSRWVPLWJDUDQWLHUWHQ &XVWRPHU6HUYLFH&HQWHUV
JOHLFKHQ 7HLOHQXQGRGHU NRQWUROOH /LHIHU]HLWHQ 5FNQDKPHYRQ
JOHLFKHQ 3URGXNWHQ $EUHFKQXQJPLW.XQGHQ (LQULFKWXQJYRQ7DVN $OWJHUlWHQ$OWDQODJHQ JJI
6HUYLFHVDXVLQWHUQDWLRQDO )KUXQJHLQHV:DUHQ )RUFHV]XUVFKQHOOHQ LQNO'HPRQWDJH
YHUWHLOWHQ4XHOOHQ ZLUWVFKDIWVV\VWHPV )HKOHUEHVHLWLJXQJ

hEHUQDKPHYRQ)LQDQ]LHUXQJVIXQNWLRQHQ

hEHUQDKPHYRQ=ROO XQG9HUVLFKHUXQJVDXIJDEHQ

.RQWLQXLHUOLFKHU,QIRUPDWLRQVIOXVV]XP.XQGHQ

Abb. 5.55  Wertschöpfungskette der Logistik


5.3 Distributionspolitik 375

Die in der Wertschöpfungskette aufgezeigten Leistungen können sich auf Polo-Shirts


von BOSS, das iPhone von Apple, Pkws von Porsche oder auf die Einrichtung und lau-
fende Versorgung ganzer Bohrinseln im Pazifik beziehen. Bei der Übernahme komplexer
Wertschöpfungsketten wird von Kontraktlogistik gesprochen. Hier wird die langfristige
Verlagerung von logistischen Aufgaben durch einen Kontrakt (d.  h. einen Vertrag bzw.
eine Abmachung) geregelt. Auf diese Weise wird der Logistikdienstleister zum System-
lieferanten – er liefert gleichsam das gesamte „System der Logistik“.
Die Einbindung solcher Systemlieferanten stellt häufig das Ergebnis eines Out-
sourcings dar. Outsourcing beschreibt die Verlagerung von bisher durch interne Stellen
erbrachten Leistungen auf Drittunternehmen. Hier übernimmt ein anderes Unternehmen
die Verantwortung für alle oder ausgewählte Aufgaben der Lagerhaltung, des Transports
sowie ggf. weitere flankierende Maßnahmen:

• Konzeption der Warendistribution


• Anzahl, Ort und Größe der einzubindenden Lager
• Dimensionierung der Höhe der Lagerbestände
• Wahl der geeigneten Transportmittel
• Wahl der einzusetzenden Transporteure
• Erbringung von Finanzierungsleistungen
• Übernahme von Zollformalitäten

cc Merk-Box  Angesichts der zunehmenden Globalisierung, die komplexe Waren-


flüsse über Länder- und Zeitgrenzen hinweg erfordert, ist die Distributions-
logistik zu einem kritischen Erfolgsfaktor geworden.

cc Denkanstoß  Recherchieren Sie einmal, wie viele Kilometer Transportwege hinter


einem Blumenstrauß liegen können. ­Ermitteln Sie einmal, aus wie vielen Teilen ein
iPhone besteht und aus welchen Ländern diese Teile jeweils stammen.

Was es zu behalten gilt

• Bei der Distributionspolitik ist zwischen der akquisitorischen und der physischen
Distribution zu unterscheiden.
• Der Vertrieb kann ein- oder mehrstufig sowie über einen oder mehrere Kanäle
erfolgen.
• Beim Direktvertrieb liegt die gesamte Distribution im Verantwortungsbereich des
Herstellers.
• Beim indirekten Vertrieb werden verschiedene Absatzmittler und/oder Absatz-
helfer eingebunden.
376 5 Marketing-Instrumente

• Dem Groß- und Einzelhandel kommt mit seinen verschiedenen Ausprägungen


eine besondere Rolle im indirekten Vertrieb zu.
• Der Handel kann für die Hersteller eine Vielzahl von Funktionen im Vertriebs-
prozess übernehmen.
• Franchise ist ein Vertriebskonzept, welches sich besonders bewährt hat.
• Beim Multi-Channel-Vertrieb werden verschiedene Vertriebskanäle parallel
eingesetzt.
• Beim Omni-Channel-Vertrieb wird versucht, die einzelnen Vertriebskanäle opti-
mal auf die Kunden auszurichten und hierbei Synergien zu heben.
• Bei der Auswahl von Absatzkanälen und -organen kommt eine Vielzahl von Kri-
terien zur Anwendung.
• Über ECR-Konzepte wird versucht, die Schnittstellen zwischen Hersteller, Han-
del und Konsument zu optimieren.
• Die Distributionslogistik nimmt in der global arbeitsteilig organisierten Wirt-
schaft einen zentralen Stellenwert ein.

Fragen zur Überprüfung Ihres Wissensstandes

1. Welche Handlungsfelder deckt die Distributionspolitik ab?


2. Welches sind die zentralen Einflussfaktoren, die bei der Distributionspolitik zu be-
rücksichtigen sind?
3. Wodurch unterscheiden sich direkter und indirekter Vertrieb? Welche Vor- und
Nachteile sind mit diesen Konzepten verbunden?
4. Was sind Kennzeichen des ein- und mehrstufigen Vertriebs? Welche Vor- und
Nachteile sind mit diesen Konzepten verbunden?
5. Welche klassischen Aufgaben werden vom Handel übernommen?
6. Was bedeutet Personal Selling und in welchem Kontext wird dieser Begriff
eingesetzt?
7. Was versteht man unter OEM? Nennen Sie Beispiele für dieses Konzept und re-
cherchieren Sie weitere im Internet.
8. Wie grenzen sich Reisende und Handelsvertreter voneinander ab? Welche Vor- und
Nachteile sind mit deren Einsatz verbunden?
9. Welche Formate des Einzelhandels sind zu unterscheiden und welche Erscheinungs-
formen weisen diese auf? Nennen Sie jeweils mehrere Beispiele hierfür.
10. Wodurch lassen sich die Vertriebsformate Discounter, Fachmarkt und SB-Waren-
haus unterscheiden? Nennen Sie Beispiele hierfür.
11. Was sind die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Warenhaus, Fachgeschäft
und Boutique? Welche Unternehmen aus diesen verschiedenen Kategorien
kennen Sie?
12. Zu welcher Kategorie ist E-Commerce zu zählen? Was verbirgt sich dahinter?
5.4 Kommunikationspolitik 377

13. Was versteht man unter Tele-Shopping? In welchen Marktfeldern ist es zu finden?
14. Was versteht man unter selektivem und exklusivem Vertrieb? In welchen Bereichen
kommt dieser zum Einsatz?
15. Was verbirgt sich hinter dem Shop-in-Shop-Konzept? Nennen Sie Beispiele für
dieses Vorgehen.
16. Wodurch unterscheiden sich Vertriebsbindungs-, Alleinvertriebs- und Vertrags-
händlersysteme? Welche Ziele werden mit dem Einsatz vertikaler Marketing-Kon-
zepte angestrebt? In welchen Marktfeldern werden diese genutzt?
17. Was versteht man unter einem Franchise-System? Welche Rechte und Pflichten
haben die Beteiligten eines solchen Systems? Welche Beispiele dafür sind Ihnen
geläufig? Nennen Sie die Erfolgsfaktoren für ein solches Konzept.
18. Wie werden der numerische und der gewichtete Distributionsgrad ermittelt? Wel-
che Aussagen lassen sich anhand dieser Werte treffen?
19. Welches Unternehmen hat tendenziell größere Verkaufschancen: ein Anbieter mit
einem numerischen oder mit einem gewichteten Distributionsgrad von 30  %?
Wovon ist das Ergebnis noch abhängig?
20. Welche Zielkonflikte bestehen im Absatzkanal? Arbeiten Sie diese für unterschied-
liche Bereiche heraus und überlegen Sie, wie diese im Hinblick auf eine konstruk-
tive Gestaltung der Zusammenarbeit überwunden werden können.
21. Wo liegt der Unterschied zwischen Multi- und Omni-Channel-Vertrieb?
22. Was ist unter Kannibalisierungseffekten zwischen verschiedenen Vertriebskanälen
zu verstehen? Wie können diese durch den Hersteller vermieden werden?
23. Was versteht man unter ECR? Welche Ziele werden mit diesem Konzept verfolgt?
24. Welche unterschiedlichen Strategien werden im Rahmen des ECR verwendet?
25. An welchen Zielen muss sich die Distributionslogistik ausrichten?
26. Welche Wertschöpfungsstufen werden von Logistikdienstleistern übernommen?
27. Was versteht man unter Kontraktlogistik?
28. Welche Entscheidungstatbestände sind bzgl. der Distributionslogistik zu unter-
scheiden?
29. Welche Bedeutung kommt der Distributionslogistik heute zu?

5.4 Kommunikationspolitik

„Man kann nicht nicht kommunizieren.“


Paul Watzlawick

Lernziele
Fähigkeit,

• den Stellenwert der Kommunikationspolitik im Marketing-Diamanten zu


verstehen
378 5 Marketing-Instrumente

• Ziele, Zielgruppen, Strategien, Instrumente und Systeme der Kommunikations-


politik zu beherrschen
• Faktoren, die die Ausgestaltungsmöglichkeiten der Kommunikationspolitik be-
einflussen, zu bestimmen
• unterschiedliche On- und Offline-Kommunikationsstrategien und -instrumente
hinsichtlich ihrer Einsatzfelder zu kennen
• zwischen Werbemitteln und -trägern zu unterscheiden
• die Bereiche der Corporate Identity zielorientiert zu bearbeiten
• Konzepte der Kundenbindung zu erarbeiten und zu bewerten

5.4.1 Kennzeichnung der Kommunikationspolitik

Der Prozess der Ausgestaltung der Kommunikationspolitik ist in Abb. 5.56 dargestellt.


Abgeleitet von den Unternehmens- und Marketing-Zielen werden die Kommunikations-
ziele für die als relevant erachteten Zielgruppen definiert (vgl. weiterführend Meffert
et al., 2019, S. 634–856; Homburg, 2020, S. 827–937; Pepels, 2020).

8QWHUQHKPHQV0DUNHWLQJ=LHOH

'HILQLWLRQNRPPXQLNDWLRQVSROLWLVFKHU=LHOHIUYHUVFKLHGHQH=LHOJUXSSHQ

.RPPXQLNDWLRQVNRQ]HSW
)HVWOHJXQJGHU]XNRPPXQL]LHUHQGHQ%RWVFKDIW
.RPPXQLNDWLRQVEXGJHWV

$XVZDKOGHU.RPPXQLNDWLRQVNDQlOH 9HU]DKQXQJPLW
,QWHU,QWUD0HGLD6HOHNWLRQ  DQGHUHQ
.RPPXQLNDWLRQV
'HILQLWLRQGHV

8PVHW]XQJGHU%RWVFKDIWLQ.RPPXQLNDWLRQVPLWWHOIUGLH PD‰QDKPHQ
DXVJHZlKOWHQ.RPPXQLNDWLRQVNDQlOH 
,QWHJUDWLRQLQGHQ
%HVWLPPXQJGHU.RPPXQLNDWLRQVIUHTXHQ] 0DUNHWLQJ
'LDPDQWHQ

(UVWHOOXQJGHV7LPLQJVIUGLH.RPPXQLNDWLRQ

3UHWHVWJJI3URJQRVHGHU.RPPXQLNDWLRQVZLUNXQJHQ

'XUFKIKUXQJ

.RQWUROOH

Abb. 5.56  Prozess zur Ausgestaltung der Kommunikationspolitik


5.4 Kommunikationspolitik 379

Für die Zielgruppe der Interessenten und Kunden können dies monetäre Ziele (wie
bspw. Umsatz, Absatz) und nicht-monetäre Ziele (wie Bekanntheitsgrad, Imageaufbau)
sein. Im Hinblick auf die Zielgruppe der potenziellen Mitarbeiter kann das nicht-monetäre
Kommunikationsziel darin bestehen, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.
An diesen Beispielen wird deutlich, dass sich das Kommunikationsobjekt deutlich
unterscheiden kann (vgl. 5.56). Es geht um den Gegenstand der Kommunikation i. S. von
„Was soll kommuniziert werden?“ Dies können bzgl. der Interessenten und Kunden das
Sortiment bzw. das Produktprogramm oder bestimmte Produkte und Dienstleistungen
sein. Bei den potenziellen Mitarbeitern ist das Kommunikationsobjekt dagegen das Unter-
nehmen, ein Unternehmensbereich oder ein konkretes Jobangebot.
Damit wird deutlich, dass neben dem Kommunikationsobjekt immer auch das
Kommunikationssubjekt zu bestimmen ist (vgl. Abb. 5.56). Hierbei geht es um die Ziel-
gruppe der Kommunikation: „Wer soll angesprochen werden?“ Dies können die Bedarfs-
träger Studenten, Professoren, berufstätige Frauen, Kunden oder Ziel-Kunden sein. Auch
­Politiker, Manager, Journalisten oder Blogger können als Meinungsführer die Zielpersonen
der Kommunikation darstellen.
Parallel zur Zieldefinition ist die Höhe des Kommunikationsbudgets festzulegen. Wie
Abb. 5.56 zeigt, sind diese einzelnen Arbeitsschritte umfassend miteinander vernetzt.
Im Zuge des Kommunikationskonzepts erfolgt zunächst die Festlegung der zu kom-
munizierenden Botschaft (vgl. Abb. 5.56). Diese hat einen maßgeblichen Einfluss auf die
Mediastrategie. Diese umfasst die Auswahl der Kommunikationskanäle. Im Zuge die-
ser Mediaselektion findet die Inter- und Intra-Media-Selektion statt. Zusätzlich sind der
angestrebte Kommunikationsdruck (i.  S. der Schaltfrequenz) sowie das Timing der
Kommunikation zu definieren. Außerdem ist zu prüfen, wie die Umsetzung der Bot-
schaft in Kommunikationsmittel (bspw. TV-Spot, Anzeigen, Mailings, E-Mails, Banner,
Social-Media-Posts und YouTube-Videos) erfolgen sollte. Deshalb sind die genannten
Schritte in enger Abstimmung mit der Formulierung und Umsetzung der Kommunikations-
inhalte vorzunehmen.
Bei der Ausgestaltung der Kommunikationsinhalte sind folgende Aspekte zu be-
rücksichtigen:

• Optische Umsetzung (u.  a. bei Anzeigen, TV-Spots, Mailings, E-Mails, Plakaten,


Bannern, Apps, Corporate Websites)
• Klangliche Umsetzung (u. a. bei Radio-Spots, bei Werbebannern mit Klang)
• Haptische Umsetzung (u.  a. bei Anzeigen und Flyern, aber auch bei Mailings und
Katalogen)
• Gustatorische Umsetzung (etwa bei Proben von Lebensmitteln, die bspw. in Mailings
eingebunden oder am POS angeboten werden)
• Olfaktorische Umsetzung (etwa in Anzeigen mit Produktsamples oder hochwertigen
Mailings mit Duftstoffen; auch in Verkaufsräumen, an Bahnhöfen und in Hotels kön-
nen Duftstoffe eingesetzt werden)
380 5 Marketing-Instrumente

Eigentlich keine Frage, sondern eine eindeutige Handlungsaufforderung liegt darin, die
richtige Perspektive in der Kommunikation einzunehmen. Hier können zwei ver-
schiedene Perspektiven unterschieden werden:

• Sender-Perspektive
Fokussiert ein Unternehmen die Sender-Perspektive, dann werden die Inhalte über-
mittelt, die aus Unternehmenssicht relevant erscheinen – ohne den Nutzen für die Kun-
den zu verdeutlichen. Hier findet dann vielfach ein Item-Selling bzw. ein Feature-Sel-
ling statt. Dabei werden primär technische Daten sowie funktionale Vorteile eines
Produktes herausgestellt. Dies können bei einem Smartphone die Anzahl der Pixel bei
der Kamera oder der Energieverbrauch des Gerätes sein. Es wird folglich lediglich mit-
geteilt, was ein Produkt oder eine Dienstleistung macht.
• Empfänger-Perspektive
Liegt der Kommunikation dagegen eine Empfänger-Perspektive zugrunde, dann wird
der Nutzen für die Käufer herausgestellt. Folglich kann hier von einem Benefit-Selling
gesprochen werden. Die zentrale Botschaft sind hier die Nutzenvorteile – aus Kunden-
sicht. Die „Anzahl der Pixel“ bei einem Smartphone wird dann in eine „brillante
­Bilderqualität“ übersetzt. Der „Energieverbrauch des Gerätes“ wird übersetzt in „län-
gere Nutzungszeit ohne Aufladen“. Bei Angeboten wird hier konsequent mit dem er-
zielbaren Nutzen argumentiert – aus der Sicht der Empfänger.

cc Merk-Box  Um Kunden von einem Angebot zu überzeugen, ist zwingend die


Empfänger-­Perspektive einzunehmen und ein Benefit-Selling in der Argumen-
tation sicherzustellen.

CC Denkanstoß  Schauen Sie sich einmal werbliche Botschaften – online und offline –
an. Bei welchen dominiert die Sender-Perspektive? Wo finden Sie eine konsequente
Empfänger-Perspektive?

Parallel zur Auswahl der richtigen Perspektive ist eine Verzahnung mit anderen
Kommunikationsmaßnahmen zu prüfen. Nur so wird eine integrierte Kommunikation
erreicht. Welche Integrationsaufgaben hiermit heute verbunden sind, zeigt der Blick auf
eine typische Customer Journey in Abb.  2.22. Hier wird sichtbar, welche On- und
Offline-­Touchpoints von Unternehmen in ihre Kommunikation eingebunden werden
können. Die dort gezeigten Touchpoints stellen allerdings nur eine kleine Auswahl der zur
Verfügung stehenden Möglichkeiten dar.
Wie schon in Abschn. 2.2.3.5 angedeutet, verliert die Grenze zwischen „online“ und
„offline“ an Bedeutung – zumindest für die Interessenten und Kunden. Die Interessenten
und Kunden sind heute „noline“ unterwegs – für diese haben die Kategorien „online“ und
„offline“ bei der Suche nach Informationen und auch beim Kauf keine dominante Be-
deutung mehr. Dies ist bei der Entwicklung von Kommunikationskonzepten zu berück-
sichtigen.
5.4 Kommunikationspolitik 381

Zusätzlich ist durch den in Abb. 5.56 gezeigten Prozess eine umfassende Integration
der Kommunikationsmaßnahmen in den Marketing-Diamanten sicherzustellen. Zwi-
schen allen diesen Entscheidungsfeldern sind intensive Abstimmungsrunden erforderlich,
um ein konsistentes Image in den Augen der Zielpersonen zu erschaffen. Außerdem ist
kontinuierlich zu prüfen, welche Auswirkungen die getroffenen Entscheidungen auf das
Kommunikationsbudget haben.
Nach der Entwicklung des Kommunikationskonzeptes sollte zunächst ein Pretest
durchgeführt werden, bevor ein breiter Einsatz erfolgt (vgl. Abb. 5.56). Ein Pretest ist ein
Instrument der Marktforschung. Durch einen Test vor dem Einsatz im Markt – deshalb
„pre“ für „vor“ – können die zu erwartenden Wirkungen geplanter Marketing-Maßnahmen
in einem Testumfeld ermittelt werden. In Abhängigkeit der erzielten Ergebnisse des Pre-
tests ist die Kommunikation entweder zu optimieren  – oder sie kann unverändert ein-
gesetzt werden. Im Anschluss an die Durchführung ist eine umfassende Erfolgskontrolle
einzuplanen, um zu erkennen, wo Optimierungsbedarf besteht.
Bisher wurde übergreifend von Kommunikation gesprochen. Schließlich kann der in
Abb. 5.56 definierte Prozess für unterschiedliche Kommunikationsmaßnahmen eingesetzt
werden. Kommunikation wird im Marketing als Übermittlung von Informationen an
unterschiedliche Zielgruppen durch den Einsatz von spezifischen Instrumenten, Medien
und/oder Systemen zur Erreichung bestimmter Ziele verstanden (vgl. Abb. 5.57).
Folgende Entscheidungsfelder der Kommunikation sind zu unterscheiden:

• Bei den durch Kommunikation zu übermittelnden Inhalten bzw. Informationen kann


es sich bspw. um den Neuartigkeitsgrad, die Qualität oder die Preisstellung der An-
gebote handeln. Es können auch die verfügbaren Bezugsquellen, spezifische Garantie-
leistungen oder das unternehmerische Engagement in der Dritten Welt bekannt-
gemacht werden.

=LHOJUXSSHQ

.RPPXQLNDWLRQV
SROLWLN

,QVWUXPHQWH

Abb. 5.57  Entscheidungsfelder der Kommunikationspolitik


382 5 Marketing-Instrumente

• Die Zielgruppen sind bei der Kommunikationspolitik breit definiert und können alle
Gruppen umfassen, die bei der Vorstellung des Stakeholder-Ansatzes in Abschn. 1.1.1
angesprochen wurden (vgl. Abb. 5.60).
• Die Kommunikationspolitik kann sich einer Vielzahl von Instrumenten bedienen. Die
Instrumente reichen von PR (Public Relations oder auch Öffentlichkeitsarbeit) über
Werbung, Verkaufsförderung, Sponsoring bis zu einem Engagement in den sozia-
len Medien.
• Hierbei können unterschiedliche Medien eingesetzt werden. Es ist an Plakatwände, TV,
Radio, Mailings sowie an die verschiedenen Online-Medien wie Websites, Online-­
Banner, Keyword-Anzeigen und Social-Media-Posts und Social-Media-Ads zu denken.
• Welche Kombination aus Inhalt, Zielgruppe, Medium und Instrument jeweils Ver-
wendung finden soll, ist von den Kommunikationszielen abhängig.
• Kommunikationssysteme führen verschiedene Elemente der Kommunikationspolitik
zusammen. Dies ist bspw. bei komplexen Kampagnen, aber auch bei Kundenbindungs-
systemen sowie beim Konzept der Corporate Identity der Fall.

Bei der Kommunikation geht es im Kern um den in Abb. 5.58 dargestellten Prozess.


Die Sphäre des Senders beschreibt den Wirkungskreis eines kommunizierenden Unter-
nehmens. In diese Sphäre gehört es, die Kommunikationsziele zu definieren. Darauf basie-
rend ist ein Briefing für die Ausgestaltung der Kommunikationsaktivitäten zu erarbeiten.
Dieses Briefing ist die Grundlage für die Arbeit der Dienstleister.
Zu den Aufgaben in der Sphäre der Dienstleister gehören die Verschlüsselung (Codie-
rung) der kommunikativen Vorgaben in eine Wort-, Bild- und/oder Tonsprache und deren
Umsetzung in Anzeigen, Werbebanner, Werbespots etc. (vgl. Abb. 5.58). Weitere Dienst-
leister sind für die Übermittlung der Botschaften zuständig. Hierzu zählen Kreativ- und
Media-Agenturen, Verlage, TV- und Radioanstalten sowie Online-Plattformen wie Face-
book, Instagram, Google und YouTube.
In die Sphäre des Empfängers gehört zunächst das Empfangen und damit die Wahr-
nehmung der Kommunikation (vgl. Abb.  5.58). Dieser Wahrnehmung schließt sich die
Decodierung (Entschlüsselung) an. Eine Entschlüsselung und die Verarbeitung der über-
mittelten Inhalte sind die Voraussetzung dafür, dass der Empfänger reagiert – idealerweise
i. S. des Senders (hier des anbietenden Unternehmens).

cc Merk-Box  Wir sprechen nicht umsonst von „Wahrnehmung“ und nicht von
„Wahrgebung“.

6SKlUHGHV6HQGHUV 6SKlUHGHU'LHQVWOHLVWHU 6SKlUHGHV(PSIlQJHUV

'HILQLWLRQGHU (UDUEHLWXQJ
(PSIDQJHQ± 9HUDUEHLWHQ±
.RPPXQLND HLQHV &RGLHUXQJ hEHUPLWWOXQJ
'HFRGLHUHQ 5HDJLHUHQ
WLRQV]LHOH %ULHILQJV

Abb. 5.58  Prozess der Kommunikation


5.4 Kommunikationspolitik 383

0DUNHWLQJ

3HUVRQDOSROLWLN
.RPPXQLNDWLRQVSROLWLN 'LVWULEXWLRQVSROLWLN

:HUEXQJ

3URGXNW XQG3URJUDPP
3UHLV.RQGLWLRQHQSROLWLN
SROLWLN

Abb. 5.59  Abgrenzung von Marketing, Kommunikation und Werbung

Wir haben nur einen sehr beschränkten Einfluss darauf, wie kommunikative
Inhalte vom Empfänger tatsächlich aufgenommen werden.

Die Kommunikationspolitik und speziell die Werbung nimmt aufgrund ihrer be-
sonderen Sichtbarkeit eine wichtige Position im Marketing ein. Allerdings ist eine sprach-
liche Differenzierung zwischen Werbung, Kommunikation und Marketing unver-
zichtbar. Die Mengenlehre erlaubt uns, diese Beziehungen sauber zu erkennen (vgl.
Abb.  5.59). Alle Marketing-Instrumente sind Teilmengen der Obermenge „Marketing“.
„Werbung“ wiederum ist eine Teilmenge der Teilmenge „Kommunikationspolitik“.

cc Merk-Box  Sprechen Sie nur von Marketing, wenn Sie Marketing als „Führungs-
konzeption“ oder Marketing als umfassende „Funktion im Unternehmen“ mei-
nen. Nutzen Sie den Begriff „Kommunikation“, wenn Sie über die verschiedenen
Kommunikationskonzepte sprechen wollen. Nutzen Sie den Begriff „Werbung“,
wenn es um die werbliche Kommunikation geht.

Die verschiedenen Elemente der Kommunikationspolitik sind eng miteinander ver-


woben. Um eine nachvollziehbare Einführung in diesen Bereich zu sichern, ist gleichwohl
eine Aufspaltung in unterschiedliche Aspekte der Kommunikation notwendig.

5.4.2 Z
 iele, Zielgruppen und Informationsfelder
der Kommunikationspolitik

Alle Ziele der Kommunikationspolitik lassen sich auf drei Kernziele zurückführen:

• Informationsziele
Durch die unternehmerische Kommunikation sollen bestimmte Informationen über das
Unternehmen, dessen Kultur und Werte, sein Leistungsprogramm, seine Stellung im
Markt etc. an unterschiedlichste Zielgruppen übermittelt werden. Die Bekannt-
384 5 Marketing-Instrumente

machung des Unternehmens und/oder dessen Leistungen stehen bei den Informations-
zielen an erster Stelle.
• Beeinflussungsziele
Die Bereitstellung von Informationen erfolgt nicht als Selbstzweck. Sie dient der Er-
reichung übergeordneter Ziele. So soll bspw. durch die Kommunikation ein bestimmtes
Bild bzw. Image des Unternehmens in der Öffentlichkeit, bei Investoren, bei potenziel-
len Kooperationspartnern, (potenziellen) Mitarbeitern oder bei Interessenten und Kun-
den entstehen. Der Einsatz der Kommunikationspolitik erfolgt mit dem Ziel, die Wahr-
nehmung und Bewertung eines Unternehmens und dessen Leistungen durch Dritte zu
beeinflussen. Damit soll deren Einstellung zum Unternehmen, zu dessen Angeboten
und Mitarbeitern in einer bestimmten Richtung geprägt und folglich ein bestimmtes
Image aufgebaut werden.
• Steuerungsziele
Auch diese Beeinflussung erfolgt zielorientiert. Schließlich werden durch die Ver-
änderung von Einstellungen auch Verhaltensweisen gesteuert. So sollen sich bspw. be-
sonders qualifizierte Absolventen beim eigenen Unternehmen bewerben (Stichwort
Employer Branding; vgl. Abschn. 5.5.2.3). Außerdem sollen interessante Kooperations-
partner zur Kontaktaufnahme angehalten werden. Vor allem möchten Unternehmen
aber erreichen, dass die angebotenen Leistungen nachgefragt werden. Hier soll ein be-
stimmtes Verhalten forciert werden. Dieses kann sich in der Informationsbeschaffung,
Erst- und Wiederholungskäufen sowie in einer Weiterempfehlung der eigenen Leistun-
gen niederschlagen.

Die genannten Ziele können den verschiedenen Phasen des Kundenbeziehungs-


lebenszyklus in Abb. 4.12 zugeordnet werden. Die angestrebten Kommunikationsziele
lassen sich plakativ mit der sogenannten AIDA-Formel zusammenfassen. Hinter diesem
Akronym verbergen sich folgende Ziele:

• Attention: Gewinnen der Aufmerksamkeit der Kommunikationssubjekte, d.  h. der


Zielpersonen
• Interest: Wecken von Interesse am Kommunikationsobjekt
• Desire: Auslösen eines Verlangens, das Kommunikationsobjekt zu besitzen oder – über
eine Spende – etwas Gutes zu tun
• Action: Auslösen des Kaufaktes, einer Spende, Beantragung einer Mitgliedschaft

Diese Formel ist angesichts der zunehmenden Bedeutung des Online-Bereichs um zwei
Schritte zu AISDAS zu erweitern. Die Buchstaben S stehen in dieser Abfolge ASIDAS für:

• Search: Durchführung von (Online-)Suchprozessen


• Share: Teilen von (positiven) Erfahrungen mit anderen vor, während und nach dem
Kaufprozess
5.4 Kommunikationspolitik 385

.DSLWDOJHEHU

$OOJHPHLQH
'LHQVWOHLVWHU
gIIHQWOLFKNHLW =LHO:XQVFK.XQGHQ
,QWHUHVVHQWHQ

3ROLWLVFKH .XQGHQ
0LWDUEHLWHU
(QWVFKHLGXQJVWUlJHU

.RRSHUDWLRQVSDUWQHU

Abb. 5.60  Zielgruppen der unternehmerischen Kommunikation

Die konkrete Ausgestaltung dieser Kommunikationsziele ist u. a. abhängig von der
Stellung des Unternehmens und seiner Angebote im Markt. Auch die Wettbewerbsintensi-
tät wirkt sich auf die erforderlichen Kommunikationsmaßnahmen aus. Welche Inhalte
durch die Unternehmenskommunikation zu vermitteln sind, wird ebenfalls durch das öf-
fentliche Image der eigenen Branche beeinflusst. Hier ist bspw. an die Image- und
PR-Kampagnen von Unternehmen aus den Branchen Automobilbau, Chemie, Energie-
erzeugung, Fastfood, Pharmazeutika und Textilien zu denken. Die Kommunikationsziele
werden auch für die Phase im Lebenszyklus beeinflusst, in der sich Produkte und Dienst-
leistungen jeweils befinden.
Wie Abb. 5.60 zeigt, sind Interessenten und Kunden nur eine – wenn auch eine sehr
wichtige – Zielgruppe der unternehmerischen Kommunikation.
Im Mittelpunkt der unternehmerischen Kommunikation stehen vier Zielgruppen:

• Wunsch- oder Ziel-Kunden, die ein Unternehmen für sich gewinnen möchte.
• Interessenten, d. h. Personen, die bereits ein generelles Interesse an den Leistungen
gezeigt und dabei Kontaktdaten übermittelt haben. Diese Interessensbekundung kann
bspw. durch die Anforderung eines Katalogs oder eines Angebots erfolgen. Auch das
Abonnement eines Newsletters signalisiert ein Interesse an den angebotenen Leistun-
gen. Unternehmen können aufgrund der Kontaktdaten mit diesen Interessenten bereits
in einen Dialog treten.
• Gegenwärtige Kunden, die nach dem Kauf weiter zu betreuen sind.
• Ehemalige Kunden, die nach dem Absprung wieder zurückgewonnen werden sollen.

Wunsch- oder Ziel-Kunden wie auch bestehende Interessenten und Kunden können
entweder Konsumenten (B2C) oder Ansprechpartner in Unternehmen (B2B) sein.
Bei der Ansprache dieser Personen ist zwischen der Push- und Pull-Strategie zu unter-
scheiden. Hierbei geht es um die Frage, welchen kommunikativen (häufig rein werblichen)
Schwerpunkt ein Unternehmen im Vertriebskanal setzen möchte. Bei der Push-­Strategie
versucht ein Hersteller, seine Produkte quasi in den Absatzkanal hineinzudrücken („Push“
entspricht „Drücken“). Dies wird durch (1) in Abb. 5.61 verdeutlicht. Dieses Pushen kann
durch monetäre Anreize erfolgen. Diese sollen Handelspartner zur Listung der eigenen
386 5 Marketing-Instrumente

3XVK6WUDWHJLH 3XOO6WUDWHJLH

+HUVWHOOHU +HUVWHOOHU


+DQGHO +DQGHO


 
=LHO.XQGH %&%% =LHO.XQGH %&%%

Abb. 5.61  Push- und Pull-Strategie

Produkte motivieren. Parallel dazu können Displays eingesetzt werden, um die Sichtbar-
keit der eigenen Angebote zu erhöhen. Diese Maßnahmen erfolgen unter der Prämisse,
dass sich der Handel schon aktiv für den Verkauf der Produkte einsetzen wird, wenn er
diese erst im Sortiment hat (2). So werden die Zielkunden motiviert, die Produkte nach-
zufragen.
Von einer Pull-Strategie wird gesprochen, wenn der Endkunde (Verbraucher oder
Unternehmen) vom Hersteller selbst mit dem Ziel umworben wird (3 in Abb. 5.61), damit
der Endkunde auf den Handel zugeht und dort die Angebote quasi „aus dem Absatzkanal
herauszieht“ (4). „Pull“ entspricht diesem „Ziehen“. Da der Handel übersprungen wird,
wird die Pull-Strategie auch Sprungwerbung genannt.
Bei der Push- und Pull-Strategie können neben kommunikativen Maßnahmen (u. a. PR,
Werbung, Verkaufsförderung) weitere preis- und/oder produktpolitische Instrumente ein-
gesetzt werden. Dazu zählen bspw. Sonderrabatte für den Handel oder Couponing-­
Aktionen für den Endkunden (vgl. Abschn. 5.2). Während die großen Markenartikler so-
wohl die Pull- als auch die Push-Strategie einsetzen, verzichten andere Hersteller ganz auf
die meist sehr kostenintensive Umwerbung des Endkunden durch eine Pull-Strategie.
Diese Unternehmen konzentrieren sich mit einer Push-Strategie auf den Handel als direk-
ten Kunden.

cc Denkanstoß  Prüfen Sie bei Ihrem nächsten Besuch in einem größeren Lebens-
mittelgeschäft einmal, von welchen dort angebotenen Marken Sie noch nie Werbung
gesehen haben. Diese Unternehmen setzen wahrscheinlich allein auf die
Pull-Strategie!

Im Kontext des Online-Marketings werden die Begriffe „Push“ und „Pull“ mit anderen
Inhalten gefüllt. Von Pull-Kommunikation wird dort gesprochen, wenn sich eine Ziel-
person die gewünschten Informationen aus dem Internet „herauszieht“. Dies gelingt bspw.
über den Einsatz der Suchmaschinen, den Einsatz des Content-Marketings, das Anklicken
von Keyword-Anzeigen sowie das gezielte Aufsuchen von Anbieter- oder Preisvergleichs-
seiten. Auch das Engagement in Blogs und Online-Communitys kann gezielt zur Gewin-
nung von Informationen und als Ausdruck dieser Pull-Kommunikation verstanden werden.
5.4 Kommunikationspolitik 387

*HVDPWSXEOLNXP DE-DKUH ELV-DKUH







=XVFKDXHUPDUNWDQWHLO



 

 
  

 
  

 




=') 'DV(UVWH 57/ 6DW 9R[ 3UR6LHEHQ .DEHO(LQV 57/]ZHL

Abb. 5.62  Zuschauermarktanteile der TV-Sender in Deutschland im April 2021. (Quelle: Sta-
tista, 2021e)

Zur Push-Kommunikation zählen die Online-Aktivitäten von Unternehmen, die In-


formationen aktiv an die Nutzer herantragen. Dazu gehören bspw. SMS-Botschaften,
E-Mails und E-Newsletter sowie Bannerwerbung. Diese Botschaften werden den Empfän-
gern meist ungewollt zugestellt. Deshalb wird dann auch von Push-Nachrichten bzw. von
Push Notifications gesprochen (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021b, S. 116).
Einen Anachronismus (i. S. einer durch den Zeitablauf überholten Erscheinung) stellt
m. E. die folgende Tatsache dar: In Deutschland wurde bis vor wenigen Jahren die werbe-
relevante Zielgruppe, für die bspw. die Werbeblock-Reichweiten der TV-Sender aus-
gewiesen werden, schwerpunktmäßig im Alter von 14 bis 49 Jahren definiert. Dass diese
Einteilung noch heute Bedeutung hat, zeigt Abb. 5.62. Hier werden die Marktanteile auch
für die Altersgruppe 14 bis 49 ausgewiesen!
Der Teil der Bevölkerung, der heute mehr als 50 % des frei verfügbaren Einkommens
verfügt, wird damit im Umkehrschluss als „werbeirrelevant“ definiert. Diese Klassi-
fizierung war – wie Helmut Thoma (2009) freimütig gesteht – „… eine rein taktische Er-
findung, um RTL von den öffentlich-rechtlichen Sendern abzugrenzen. Die von mir so
definierte ‚werberelevante Zielgruppe‘ umfasst bekanntlich sämtliche Zuschauer zwischen
14 und 49 Jahren, wobei ich lange mit mir gerungen habe, ob die Obergrenze nicht bei 39
oder bei 59 Jahren liegen sollte. Im letzteren Fall wären aber zu viele Zuschauer von ARD
und ZDF in dieser Gruppe gewesen. Und 14 bis 39, das hätte insgesamt einfach zu wenig
Menschen umfasst. Eigentlich habe ich durch diese Zielgruppe das mittlere Alter ab-
geschafft, denn wer die 49 überschreitet, kommt direkt von der Jugend in den
Senioren-­Status.“
Interessant ist, dass auch Jahrzehnte nach dieser Definition für viele Unternehmen, für
Werbe- und Media-Agenturen das werbe- und damit auch das kaufrelevante Leben mit 49
Jahren aufhört. Allerdings hat inzwischen ein Umdenken eingesetzt, was bereits zu einer
partiellen Neudefinition der „Werberelevanz von Zielgruppen“ geführt hat.
388 5 Marketing-Instrumente

Die allgemeine Öffentlichkeit und politische Entscheidungsträger stellen weitere


Zielgruppen dar (vgl. Abb. 5.60). Hier geht es bspw. darum, in der Öffentlichkeit für be-
stimmte Projekte zu werben (bspw. für Impfkampagnen) oder Gesetzgebungsverfahren zu
beeinflussen. Ein Unternehmen, welches in der Öffentlichkeit oder bei politischen Ent-
scheidungsträgern „schlecht angesehen“ ist  – begründet oder unbegründet  – wird seine
Unternehmensziele oft schwerer erreichen können als eines, das sich in beide Richtungen
gut zu verkaufen versteht. Dies gilt für den Verkauf von genverändertem bzw. gen-
manipuliertem Saatgut, für die Errichtung von Windkraftanlagen, den Ausbau von Flug-
häfen wie auch für die Erlangung von staatlichen Finanzhilfen gleichermaßen.
Bestehende wie zukünftige Kapitalgeber sind ebenfalls Zielgruppen der unter-
nehmerischen Kommunikation (vgl. Abb. 5.60). Dies können entweder finanzierende Ban-
ken oder Aktionäre sein. Neben den institutionellen Anlegern können dies auch die zu-
nehmend umworbenen Kleinanleger sein. Ohne entsprechende Netzwerke und eine
positive Bewertung im Kreis der potenziellen Investoren wird bspw. ein Börsengang
schwerer umzusetzen sein.
Bei den Kooperationspartnern als Zielgruppe der Unternehmenskommunikation
wird der Bogen von Werbepartnerschaften über strategische Kooperationen bis hin zu
Franchise-Systemen gespannt. Bei den Kooperationen ist an Star Alliance, One World und
Sky Team in der Luftfahrt zu denken. Partner, mit denen gemeinsame Forschungsvorhaben
realisiert werden oder geplant sind, gehören ebenfalls zu dieser Zielgruppe. Es gilt auch
hier, durch Kommunikation tragfähige Beziehungen aufzubauen bzw. zu flankieren.
Welche Dienstleister in die Kommunikation einzubinden sind, ist vom jeweiligen
Unternehmen abhängig. Als herstellendes Unternehmen können die in Abschn. 5.3 vor-
gestellten Vertriebspartner (Absatzmittler und Absatzhelfer) eine wichtige Zielgruppe dar-
stellen. Diese sind zur Führung und aktiven Vermarktung der Leistungen in den Vertriebs-
prozess einzubinden, informatorisch zu versorgen und zu steuern. Dienstleister der
Vertriebslogistik sind nicht nur Kurierdienste, sondern bspw. auch Finanzinstitutionen, die
eine Absatzfinanzierung übernehmen. Werbe- und Event-Agenturen, Personaldienst-
leister, Online-Service-Provider und Media-Agenturen gehören ebenfalls zum Kreis der
Dienstleister. Consultants stellen im B2B-Markt ebenfalls eine wichtige Zielgruppe der
Kommunikation dar.
Zusätzlich stellen zwingend auch die eigenen Mitarbeiter eine Kernzielgruppe der
Kommunikation dar. Die Gründe hierfür werden in Abschn. 5.5 vertieft.

cc Merk-Box  Bei all diesen Zielgruppen gilt es, stabile Beziehungen aufzubauen,
denn in der zunehmend vernetzten Wirtschaft gilt mehr denn je:
„Niemand ist eine Insel!“

Jedes Unternehmen ist auf die Zusammenarbeit mit Dritten angewiesen. Schließlich
wird ein Auftritt als Einzelkämpfer-Auftritt meist nicht die gewünschten Erfolge er-
bringen. Es ist notwendig und hilfreich, die Netzwerke nicht nur hinsichtlich der gegen-
wärtigen Partner zu pflegen. Die Netzwerke sind auch für potenzielle Partner offen zu
5.4 Kommunikationspolitik 389

halten. Dies können Mitarbeiter, Geldgeber oder Kooperationspartner sein. Für die
Gesamtheit dieser Aktivitäten hat sich – wie im privaten Umfeld – der Begriff Networking
eingebürgert. Networking beschreibt den langfristigen Aufbau und die Pflege eines Be-
ziehungsgeflechts zu einer größeren Zahl von relevanten Einzelpersonen (insb. Meinungs-
führern und Meinungsmachern) und Unternehmen, auf die zur Erreichung unterschied-
lichster Ziele zugegriffen werden kann.
Welche Inhalte umfassen die verschiedenen Informationsfelder, über die ein Unter-
nehmen berichten kann? Hier lassen sich die folgenden Kategorien unterscheiden:

• Leistungsprogramm im engeren Sinne


• Öffentliches Engagement
• Internes Engagement

Im Mittelpunkt der unternehmerischen Kommunikation steht das Leistungsprogramm


im engeren Sinne. Hier geht es um die Kernleistung eines Unternehmens. Dies können
bei einem Audi-Zentrum der An- und Verkauf von Neu- und Gebrauchtwagen, Finanzie-
rung und Leasing von Fahrzeugen sowie Reparatur- und weitere Serviceleistungen sein.
Das Start-up tcl.digital bietet unter dem Slogan „Verständlichkeit ist gut – Performance ist
besser“ Lösungen an, um die Textperformance zu steigern (vgl. TCL, 2021). Bei einer
Fundraising-Organisation wie Greenpeace (2021) stellt sich der Leistungskern wie folgt
dar: „Greenpeace ist eine internationale Umweltorganisation, die mit direkten gewalt-
freien Aktionen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Mensch und Natur
und Gerechtigkeit für alle Lebewesen kämpft.“

cc Merk-Box  Die jeweiligen Aufgabenfelder dominieren die unternehmerische


Kommunikation.

Gleichzeitig gilt es, bspw. das öffentliche Engagement des Unternehmens herauszu-
stellen. Hierdurch soll ein positives Image in der Öffentlichkeit aufgebaut werden. Dies
können Projekte wie das Beethovenfest in Bonn sein, für das sich die Unternehmen Deut-
sche Post DHL, Deutsche Telekom, Deutsche Welle und die Sparkasse KölnBonn als
Hauptsponsoren engagieren. Hierdurch dokumentieren Unternehmen, dass sie bereit sind,
Verantwortung über ihre geschäftliche Tätigkeit hinaus zu übernehmen und wichtige Auf-
gaben für die Gesellschaft zu unterstützen (vgl. zum Sponsoring Abschn. 5.4.3.7). Diese
Themenstellungen werden heute unter dem schon präsentierten Begriff CSR diskutiert.
Auch das interne Engagement des Unternehmens kann Teil der in- und externen
Kommunikation sein. Es geht bspw. um die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen, die
Weiterqualifikation von Mitarbeitern oder besonders umfangreiche Sozialleistungen, die
Unternehmen ihren Mitarbeitern gewähren. Solche Leistungen können potenzielle Mit-
arbeiter motivieren, sich beim entsprechenden Unternehmen zu bewerben. Außerdem kön-
nen sich auch Kunden von einem solchen Engagement angesprochen fühlen. Beim Kauf
stellt sich dann „ein gutes Gefühl“ ein, weil man selbst beim „guten Unternehmen“ einkauft.
390 5 Marketing-Instrumente

5.4.3 Instrumente und Medien der Kommunikationspolitik

5.4.3.1 Übergreifende Begrifflichkeiten der Kommunikationspolitik


In der Kommunikationspolitik wird zwischen Werbemittel und Werbeträger unterschieden.

• Werbeträger ist das Medium, das verschiedene Werbemittel zu den Zielpersonen


transportiert bzw. „trägt“. Zu den Werbeträgern bzw. Werbemedien zählen TV, Radio,
Zeitungen/Zeitschriften, Online-Plattformen, Kino und Außenwerbung.
• Das Werbemittel „übermittelt“ die Werbebotschaft. Zu den Werbemitteln zählen bspw.
ein Funk-Spot, eine Anzeige, eine Beilage, eine E-Mail, ein Social-Media-Post oder ein
Werbebanner.

Abb. 5.63 zeigt einen Ausschnitt der werblichen Möglichkeiten, die die verschiedenen
Werbeträger heute bieten. Der Kreativität sind hier primär budgetäre und rechtliche Gren-
zen gesetzt. Die hier zu findenden Werbemittel werden in den folgenden Abschnitten
näher erläutert.

cc Merk-Box  Die Begriffe „Werbeträger“ und „Werbemittel“ dürfen nicht den


Eindruck erwecken, dass diese nur für eine Art der Kommunikation – in diesem
Fall der Werbung  – einzusetzen sind. Die gleichen Werbeträger und Werbe-
mittel werden bspw. auch für PR-Maßnahmen und zur Verkaufsförderung
eingesetzt.

Die Bedeutung der einzelnen Werbeträger zeigt Abb.  5.64. Von Januar bis März
2021 erzielte TV einen Marktanteil an den Bruttowerbeerlösen in Deutschland von
46,4  %. Damit dominiert das Fernsehen nach wie vor den Werbemarkt. Zeitungen er-
zielten in diesem Zeitraum einen Marktanteil von 14,9 %. Die Online-Werbung folgt auf
Platz 3 mit 12,8 %. Die Publikumszeitschriften liegen mit 8,3 % auf Rang 4 – gefolgt
von Werbesendungen mit 7,3 %. Out-of-Home liegt bei 5,6 %, gefolgt von Radio mit
4,6 %. Der Kino-Marktanteil von 0 % ist der pandemiebedingten Schließung der Kinos im
1. Quartal 2021 geschuldet.
Wie haben sich die Werbeeinahmen in absoluten Zahlen entwickelt? Im 1. Quartal
2021 betrugen die Bruttowerbeeinnahmen in Deutschland rund 7,58  Mrd.  €. Die In-
vestitionen in TV-Werbung beliefen sich hierbei auf rund 3,52  Mrd.  €. Die Zeitungs-
werbung folgt mit rund 1,13 Mrd. €. Mit Online-Werbung wurden rund 970,5 Mrd. €
erwirtschaftet. Das Bruttowerbevolumen für das Gesamtjahr 2020 in Deutschland lag bei
rund 34,32 Mrd. € (vgl. Statista, 2021f).
Wie haben sich die Marktanteile der verschiedenen Mediengattungen entwickelt?
TV hat auch im Online-Zeitalter seinen dominanten Marktanteil an den Bruttowerbe-
investitionen deutlich ausbauen können. In den Jahren 2011 und 2019 stieg der Anteil der
TV-Werbung um knapp 4 % auf rund 46,6 %. Im gleichen Zeitraum haben Zeitungen und
Zeitschriften deutlich an Marktanteil verloren (vgl. Statista, 2021f).
:HUEHWUlJHU :HUEHPLWWHO

.ODVVLVFKHU 'LUHFW5HVSRQVH 6SHFLDO$G 7LWHO3URJUDPP $G%UHDN6SHFLDOV


796SRW 796SRW 6SRW YHUNQSIHQ 6SRQVRULQJ
79 HQWKlOWHLQHQ 3URJUDPPXQG
&DOOWR$FWLRQ :HUEXQJ
5.4 Kommunikationspolitik

.ODVVLVFKHU 'LUHFW5HVSRQVH /LYH5HDGHU ZLUG 7LWHO3URJUDPP &RQWHQW6SRW


5DGLR6SRW 5DGLR6SRW 6SRW YRQHLQHP0LW 6SRQVRULQJ ]ZHLWHLOLJHU6SRW
5DGLR HQWKlOWHLQHQ JOLHGGHU5HGDN GXUFK,QKDOWH
&DOOWR$FWLRQ WLRQ YRUJHOHVHQ XQWHUEURFKHQ
0RQRORJ 'LUHFW5HVSRQVH $Q]HLJHPLW 6SRQVRULQJ :HUEHEHLODJH
=HLWXQJ $Q]HLJH $Q]HLJH 3URGXNWSUREH $Q]HLJH
=HLWVFKULIW 6DPSOH

2QOLQH%DQQHU .H\ZRUG$Q]HLJH 6RFLDO0HGLD 3DLG3RVW3DLG (0DLO


2QOLQH :HUEXQJ 6XFKPDVFKLQHQ $Q]HLJH 7ZHHW3DLG3LQ (1HZVOHWWHU
3ODWWIRUPHQ :HUEXQJ

.ODVVLVFKHU.LQR 3URPRWLRQLP 6SLHJHODXINOHEHU 7U XQG%RGHQ 6DPSOLQJDXIGHQ


6SRW /HLQZDQG )R\HUGHV.LQRV LQGHQ6DQLWlU 3RVWHU .LQRVLW]HQ
.LQR :HUEXQJ EVSZ3URGXNW DQODJHQ
9HUNRVWXQJ

.ODVVLVFKHV 'LJLWDO2XWRI (YHQWPHGLHQPLW 326:HUEXQJ $PELHQW:HUEXQJ


3ODNDW/LWID‰ +RPH 22+  3URPRWLRQ7HDP 'LVSOD\EVSZ :HUEXQJDXI
$X‰HQZHUEXQJ VlXOH0HJD/LJKW GLJLWDOH$X‰HQ =ZHLWSODW]LHUXQJ 9HUNHKUVPLWWHOQ
ZHUEXQJ XD

Abb. 5.63  Ausgewählte Werbeträger und ihre Werbemittel (Auswahl)


391
392 5 Marketing-Instrumente

          

)HUQVHKHQ 

=HLWXQJHQ 

2QOLQH 

3XEOLNXPV]HLWVFKULIWHQ 

:HUEHVHQGXQJHQ 

2XWRI+RPH 

5DGLR 

.LQR 

Abb. 5.64  Marktanteile der Mediengattungen im Bruttowerbemarkt 2021. (Quelle: Statista, 2021f)

Den Unternehmen stellt sich die Frage, in welchen Medien ihre Werbung geschaltet
werden sollte. Die Mediaselektion im Rahmen der Mediaplanung hat die Aufgabe, die
geeigneten Werbeträger und Werbemittel auszuwählen. Diese sollen die größte Chance
aufweisen, dass die Werbung von den Zielpersonen wahrgenommen wird, um die definier-
ten Werbeziele zu erreichen. Ausgangspunkt der Mediaplanung sind Zielsetzung, Ziel-
gruppe und Budget. Bei der Erarbeitung einer Kommunikationsstrategie im Zuge der
Mediaplanung ist ein dreistufiger Selektionsprozess zu durchlaufen:

• Inter-Media-Selektion
Zunächst ist zu entscheiden, welche Werbemedien eingesetzt werden sollen. Dies ist
die Inter-Media-Selektion. Hier geht es um die Frage, ob bspw. TV, Online-Plattformen
oder Print-Medien in einer Kampagne eingebunden werden sollen.
• Intra-Media-Selektion
Nach der Entscheidung für eine Mediengattung ist festzulegen, welche Medien inner-
halb dieser Werbeträgergruppe eingebunden werden sollen. Hier spricht man von der
Intra-Media-Selektion. Setzt ein Unternehmen auf TV, dann ist hier zu entscheiden, ob
ein Spot bei ARD, ZDF, RTL oder Sat1 laufen soll. Wird auf eine Social-Media-­
Kampagne gesetzt, dann ist zu prüfen, ob Facebook, Instagram, TikTok oder aber Lin-
kedIn oder Xing die geeigneten Plattformen sind.
• Intra-Werbemittel-Selektion pro Werbeträger
Abb. 5.63 zeigt, dass bei einer Entscheidung für einen Werbeträger anschließend noch
das geeignete Werbemittel auszuwählen ist. Dies ist der Inhalt der Intra-­Werbemittel-­
Selektion pro Werbeträger. So schließt sich bspw. bei einer Entscheidung für die Platt-
form Facebook die Frage an, ob Facebook-Ads oder Sponsored Posts eingesetzt wer-
den sollen.
5.4 Kommunikationspolitik 393

Diese drei Selektionsstufen der Mediaplanung sind miteinander vernetzt. Deshalb wer-
den bei der Auswahl vielfältige Abstimmungsrunden durchlaufen.
Bei der Inter-Media-Selektion und bei der Intra-Media-Selektion geht es um die
Frage, welche Medienkategorie bzw. welches konkrete Medium am besten geeignet ist,
ein bestimmtes Kommunikationsziel unter bestimmten Budgetrestriktionen zu erreichen.
Folgende Kriterien können für diese Selektionsprozesse herangezogen werden (vgl.
Kroeber-­Riel & Gröppel-Klein, 2019, S. 712–723):

• Image und Glaubwürdigkeit des Mediums (redaktionelles und werbliches Umfeld)


Einen zentralen Stellenwert für die Platzierung von kommunikativen Botschaften weist
das Image bzw. die Glaubwürdigkeit des Mediums auf. Diese werden u. a. durch die
redaktionellen Schwerpunkte, die Art der informatorischen Aufbereitung und das damit
verbundene kommunikative Umfeld geprägt.
In Abhängigkeit davon, in welchem Umfeld eine Botschaft platziert ist, wird diese
hinsichtlich Glaubwürdigkeit, Vertrauen, Seriosität etc. unterschiedlich aufgenommen
und bewertet. So fragen sich Werbende zwingend, ob ihre Botschaft am besten und
glaubwürdigsten über Bild, TAZ oder die Frankfurter Allgemeine Zeitung zu kommuni-
zieren ist. Beispielsweise ist es nur schwer vorstellbar, dass die CDU in der SUPERIllu
eine Anzeige zur Mitgliedergewinnung schaltet. Eine Anzeige für Uhren von Lange &
Söhne findet man regelmäßig in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dagegen nicht
in Bild.
In Summe geht es beim Kriterium Image und Glaubwürdigkeit um die Medien-
affinität für das werbende Unternehmen und den Empfänger gleichermaßen.
• Primäre Funktion für den Nutzer
Welchen Stellenwert besitzt ein bestimmtes Medium für den Nutzer? Wird ein Medium
eher zur Unterhaltung eingesetzt? Oder dient es als Ratgeber oder zur Gewinnung ver-
trauenswürdiger Informationen?
• Nutzungssituation
Zusätzlich ist die primäre Nutzungssituation zu berücksichtigen. Wird das Medium
eher aktiv genutzt? Dies ist bei Internet-Recherchen, aber auch beim Lesen von Zeitun-
gen und Zeitschriften der Fall. Im Gegensatz dazu wird Radio häufig als Hintergrund-
medium bei anderen Beschäftigungen genutzt. Auch beim TV-Konsum findet heute
vielfach eine Parallelnutzung auf dem sogenannten Second und Third Screen statt.
­Second und Third Screen stehen hier für Smartphone und Tablet, die häufig zusätzlich
zur TV-Nutzung eingesetzt werden.
Außerdem stellt sich die Frage, ob eine Nutzung im privaten oder im geschäftlichen
Umfeld stattfindet. Die unterschiedliche Nutzungsumgebung wirkt sich auf den Werbe-
effekt aus.

Die beschriebenen Merkmale bestimmen die bei der Mediaplanung zu berück-


sichtigende Medienqualität.
394 5 Marketing-Instrumente

• Medienaktualisierungsrhythmus
Für viele Kampagnen ist die Frage entscheidend, welcher Kommunikationsdruck durch
ein Medium aufgebaut werden kann. Bei Online-Werbung sowie in den TV- und Radio-­
Kanälen können Botschaften teilweise 24 h/7 Tage die Woche übermittelt werden. Bei
Zeitschriften limitiert der Erscheinungsrhythmus (wöchentlich, monatlich, quartals-
weise) den Reichweitenaufbau und dadurch auch den möglichen Werbedruck. Beim
Einsatz von nicht-digitalen Großflächen (Out-of-Home-Medien) sind häufig Mindest-
laufzeiten von zehn oder elf Tagen zu berücksichtigen. Hier können keine schnellen
Aktualisierungen von Botschaften vorgenommen werden.
Der unterschiedliche Rhythmus verschiedener Medien hat auch Auswirkungen da­
rauf, ob zeitlich beschränkte Botschaften (bspw. besondere Tarife) in einem solchen
Medium beworben werden können.
• Medienverfügbarkeit
Welche zeitlichen oder rechtlichen Einschränkungen der Mediennutzung existieren?
Zu welchen Zeiten kann bspw. TV-Werbung gesendet werden? Hier liegen zwischen
den öffentlich-rechtlichen und den privaten Sendern große Unterschiede vor. Auf
Online-­Plattformen kann 24/7 geworben werden.
Welche Werbeverbote existieren in bestimmten Medien? Hierzu zählen das Werbe-
verbot für Zigaretten im Fernsehen sowie das Verbot, in Publikumsmedien für ver-
schreibungspflichtige Arzneimittel zu werben.
• Medienbandbreite
Welche Sinne können durch ein Medium auf welche Weise angesprochen werden? Das
Radio kann durch Ton nur auditive Reize vermitteln. Fernsehen sowie die Online-­
Medien setzen neben auditiven Reizen auch visuelle Reize ein. Diese visuellen Reize
können als Text sowie als Stand- und Bewegtbild übermittelt werden. Printmedien ver-
mitteln neben den visuellen Reizen durch Papier auch haptische Reize  – durch Be-
rührung. Beim Einsatz von Samples (Produktproben, bspw. von Cremes und Parfum)
können in den Printmedien sogar olfaktorische Reize durch Geruch vermittelt werden.
Gustatorische Reize (Geschmack) werden durch eine Verkostung ausgelöst.

Die Kriterien Medienaktualisierungsrhythmus, Medienverfügbarkeit und Medienband-


breite machen in Summe die Medienflexibilität aus.

• Quantitative (globale) Reichweite (Reach)


Welche Anzahl von Personen kann über ein bestimmtes Medium erreicht werden?
Diese quantitative Reichweit ist unabhängig davon, ob die erreichten Personen tatsäch-
lich zur angestrebten Zielgruppe gehören.
• Qualitative (zielgruppenspezifische) Reichweite
Welche Anzahl von Personen wird erreicht, die zur angestrebten Zielgruppe gehören?
Diese Zielgruppe kann im B2C-Markt anhand von Kriterien wie Kaufkraft, Bildungs-
niveau, Familienstand, Alter und soziale Schicht definiert werden. Im B2B-Markt kön-
5.4 Kommunikationspolitik 395

nen die Zielgruppen in Abhängigkeit von Unternehmensgröße, Rechtsform, Branche


etc. definiert werden.
Im Hinblick auf die qualitative Reichweite stellt sich die Frage, wie gut es gelingt,
über einzelne Medien bestimmte Zielgruppen anzusprechen. Über die Printmedien
Bild, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Handelsblatt, Manager Magazin, Der Spiegel,
Süddeutsche Zeitung und Die Zeit können ganz unterschiedliche Zielgruppen erreicht
werden. Eine sehr spezifische Zielgruppen-Selektion gelingt über die Werbe-Tools von
Facebook, Google, LinkedIn, Xing & Co.
• Räumliche Reichweite (räumlicher Fokus)
Welches Einzugsgebiet kann durch ein Medium erfasst werden? Dominiert eine regio-
nale Abdeckung, wie sie bspw. die Lokalzeitung Die Harke aus Nienburg aufweist?
Oder ist eine globale Verbreitung wie bei der Financial Times oder CNN gegeben?
Können ggf. bei diesen Medien auch nur Teile des erreichbaren Einzugsgebietes durch
den Werbetreibenden belegt werden? Hier ist bspw. an regionale Fenster bei Print-­
Titeln sowie bei der Radio- und TV-Werbung zu denken. Anzeigen in den Online-­
Medien können auch regional ausgespielt werden.

Hinsichtlich dieser Merkmale wird von der Medienreichweite gesprochen.

• Produktionskosten
Wie viel kostet es, das entsprechende Werbemittel zu erstellen? Die Kostenunterschiede
zwischen einem TV-Spot im Vergleich zu einer Anzeige oder einem Werbebanner sind
gravierend.
• Schaltkosten/Streukosten
Wie hoch liegen die absoluten Kosten für die Schaltung der Werbung? Wie viel muss
bezahlt werden, um bspw. 1000 Personen zu erreichen? Hier wird vom sogenannten
Tausenderpreis gesprochen.
Besteht die Möglichkeit, dass der Nutzer auch bei einfacher Schaltung mehrfach mit
dem Werbemittel in Kontakt kommt? Dies ist bspw. bei einer Anzeige in einer Zeitung
oder Zeitschrift der Fall, wenn man diese wiederholt in die Hand nimmt. Die Wahr-
scheinlichkeit eines solchen Mehrfachkontaktes ist bei einem Wochen- oder Monats-
magazin viel höher als bei einer Tageszeitung. Denn bei der Tageszeitung gilt das
Motto: „Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern!“ Eine Plakatwerbung kann eben-
falls mehrfach wahrgenommen werden.
Ein Mehrfachkontakt ist bei einem einmal gezeigten Kino-Spot oder bei einem ein-
mal ausgestrahlten TV- oder Rundfunk-Spot nicht möglich. Es sei denn, eine TV- oder
Rundfunk-Sendung wurde aufgezeichnet. Mit einem Werbebanner im Internet kann ein
Nutzer auch nur dann mehrfach in Kontakt kommen, wenn dieser wiederholt aus-
gespielt wird.

Die Reichweite des Mediums in Verbindung mit den Schalt- und Produktionskosten
bestimmen die Medienökonomie. Um die Medienökonomie zu bestimmen, ist zunächst
396 5 Marketing-Instrumente

die Werbeträgerkontaktchance zu berechnen. Die Werbeträgerkontaktchance beschreibt


die Wahrscheinlichkeit, dass Personen mit dem Werbeträger in Kontakt kommen. Hier ist
etwa an den Werbeträger Der Spiegel zu denken.
Allerdings führt nicht jeder Werbeträgerkontakt auch zu einem Werbemittelkontakt.
Schließlich schauen nicht alle Personen, die eine Ausgabe von Der Spiegel in die Hand
nehmen, dort auch jede Seite an. Auch Zeitungen werden nicht zwangsläufig von der ers-
ten bis zur letzten Seite gelesen. Auch ein TV-Nutzer muss einen Werbeblock nicht kom-
plett gesehen haben, auch wenn er die Sendung verfolgt, in den dieser Werbeblock ein-
gebunden ist. Die Werbemittelkontaktchance kennzeichnet die Wahrscheinlichkeit, dass
es zu einem Kontakt des Nutzers mit einem geschalteten Werbemittel kommt. Dies kann
eine Anzeige, eine Beilage, ein Online-Banner, eine Social-Media-Anzeige oder eben ein
TV- oder Radio-Spot sein.
Wie soll man die Medienökonomie verschiedener Angebote vergleichen? Für den
Vergleich verschiedener Mediengattungen und verschiedener Werbeträger wird der so-
genannte Tausenderpreis bzw. Tausend-Kontakt-Preis (TKP) herangezogen. Im
Online-­Marketing wird hier von Cost per Mille gesprochen. Die Höhe des Tausender-
preises dient als Maßstab für die Wirtschaftlichkeit eines Mediums. Hierbei werden die
Kosten der Schaltung in Relation zur Anzahl der Werbeträgerkontakte (d. h. der Reich-
weite) gesetzt. Der Tausenderpeis errechnet sich wie folgt:

Kosten der Schaltung


Tausenderpreis = ∗1000

Anzahl der Werbetragerkon takte ( Reichweite )

Der Tausenderpreis für die Website eines Verlages soll ermittelt werden. Diese Website
wird im Monat zwei Millionen Mal aufgerufen. Der Preis für die Werbeschaltung liegt im
Monat bei 15.000 €. Der TKP beträgt bei in diesem Fall 7,50 €. Um 1000 Personen über
diese Website zu erreichen, muss ein Unternehmen folglich 7,50 € bezahlen.
Die hier berücksichtigten Schaltkosten schließen die Produktionskosten des Werbe-
mittels selbst (Anzeige, TV-/Radio-Spot, Online-Banner etc.) nicht ein. Die Schaltkosten
umfassen lediglich die Aufwendungen, die mit der Belegung eines Mediums verbunden
sind. Die Anzahl der Werbeträgerkontakte bezieht sich entweder auf die Bruttoreich-
weite oder auf die Nettoreichweite des Mediums.
Wird der Tausenderpreis für die Brutto-Reichweite eines Mediums ermittelt, dann
werden Mehrfachkontakte einer Person mit dem identischen Werbemittel mitgezählt. Der
Tausenderpreis (brutto) errechnet sich dann wie folgt:

Kosten der Schaltung


Tausenderpreis ( brutto ) = ∗11000
Bruttoreichweite

Zur Ermittlung des Tausenderpreises für die Netto-Reichweite eines Mediums wer-
den die Mehrfachkontakte einer Person mit dem identischen Werbemittel herausgerechnet.
Der Tausenderpreis (netto) errechnet sich dann wie folgt:
5.4 Kommunikationspolitik 397

Kosten der Schaltung


Tausenderpreis ( netto ) = ∗10000
Nettoreichweite

Um den Tausenderpreis für die Netto-Reichweite zu benennen, wird auch von Tausend-­
Leser-­Preis, Tausend-Nutzer-Preis oder Tausend-Hörer-Preis oder Tausend-Seher-Preis
gesprochen.
Vielfach ist die Betrachtung der quantitativen Reichweite nicht genug. Um die qualita-
tive Reichweite zu berücksichtigen, wird eine Media-Auswahl meist am Zielgruppen-­
Tausenderpreis vorgenommen. Hierbei wird berücksichtigt, welchen prozentualen Anteil
die Zielgruppe am insgesamt erreichten Publikum hat. Der gewichtete Tausenderpreis
errechnet sich wie folgt:

Kosten der Schaltung


Zielgruppen − Tausenderpreis = ∗1000
Reichweite ∗ Anteil der Zielgruppen in%

Für die Website des bereits angesprochenen Verlages soll jetzt der gewichtete Tausender-
preis ermittelt werden. Es wird davon ausgegangen, dass von den zwei Millionen Seiten-
aufrufen nur 50 % auf Personen der Zielgruppe entfallen. Der Preis für die Werbeschaltung
liegt im Monat weiterhin bei 15.000 €. Der TKP beträgt bei in diesem Fall 15 €, da von
den zwei Millionen Aufrufen nur eine Million auf die eigene Zielgruppe entfällt. Um 1000
Personen der Zielgruppe über diese Website zu erreichen, muss ein Unternehmen folglich
15 € bezahlen.

cc Merk-Box  Während beim Zielgruppen-Tausenderpreis (auch gewichteter


Tausenderpreis) zumindest die Mediennutzerqualität einfließt, bleiben sowohl
die Medienqualität, Medienflexibilität wie auch die Werbemittelkontaktchance
bei diesem Kriterium unberücksichtigt.

Orientiert an diesen und vielen weiteren Kriterien kann ein Streuplan für die Werbung
erstellt werden. Dieser zeigt die Verteilung der einzelnen Werbemaßnahmen einer Kampa-
gne in Anhängigkeit von Zeitpunkt, Zeitraum und Schaltfrequenz bzgl. der eingesetzten
Werbeträger und Werbemittel auf.
Im Streuplan wird oft zwischen einem Basismedium und flankierenden Medien bzw.
Zusatzmedien unterschieden. Im Basismedium findet die Kommunikation schwerpunkt-
mäßig statt. In den flankierenden Medien bzw. in den Zusatzmedien wird deutlich we-
niger Budget eingesetzt. Bei der Entwicklung des Streuplans werden zum einen die Wir-
kungen der einzelnen Werbeträger hinsichtlich der Zahl der erreichten Personen und
der Qualität des Kontaktes bewertet. Zum anderen wird auch der erwartete Wirkungsver-
bund verschiedener Werbeträger und Werbemittel berücksichtigt. Hierbei wird eben-
falls zwischen der Anzahl der Bruttokontakte (auch Bruttoreichweite) und der Anzahl der
Nettokontakte (Nettoreichweite) unterschieden.
398 5 Marketing-Instrumente

Bruttokontakte werden ermittelt, indem die absoluten Einzelreichweiten mehrerer


Ausgaben oder mehrerer Belegungseinheiten eines oder verschiedener Werbeträger ad-
diert werden. Erreicht Titel A drei Millionen Leser und Titel B fünf Millionen Leser, so
ergeben sich in Summe acht Millionen Bruttokontakte. Hier werden bei Mehrfach-­
Belegung eines Mediums oder bei der Buchung mehrerer Medien die einzelnen Reich-
weiten ohne Berücksichtigung von Überschneidungen zusammengeführt. Bei dieser Ad-
dition der Reichweiten ist zwischen internen und externen Überschneidungen zu
unterscheiden.

• Interne Überschneidungen liegen vor, wenn eine Zielperson bei der Mehrfach-
belegung des gleichen Werbeträgers diese mehrfach sieht. Dies kann bspw. eine An-
zeige im Stern oder ein Online-Banner auf einer Verlags-Website im Internet sein.
• Eine externe Überschneidung liegt vor, wenn eine Zielperson durch eine Anzeige in
verschiedenen Zeitschriften erreicht wird. Das wäre etwa die identische Anzeige in
Stern und Focus. Oder ein gleicher Online-Banner auf der Website von Der Spiegel und
Handelsblatt.

Die Anzahl der durchschnittlichen Kontakte pro Zielperson stellt ebenfalls ein
wichtiges Kriterium bei der Ausgestaltung der Streupläne dar. Durch die internen bzw.
externen Überschneidungen kann bei einer Addition von Einzelreichweiten nicht ab-
gelesen werden, wie viele Personen insgesamt erreicht wurden. Um die Gesamtzahl der
erreichten Personen zu ermittelt, sind die Mehrfachkontakte herauszurechnen. Zur Er-
mittlung der Nettokontakte werden folglich die internen und externen Überschneidungen
eliminiert. Die Nettoreichweite sagt dann aus, wie viele Personen durch die Werbung min-
destens einmal erreicht wurden. Jede Person wird bei der Nettoreichweite folglich nur
einmal gezählt – unabhängig von der Anzahl der tatsächlichen Kontakte.
Bezüglich des zeitlichen Einsatzes der Medien können verschiedene Strategien ein-
gesetzt werden. Diese seien hier am Beispiel einer TV-Kampagne aufgezeigt. Die Wahl
der „richtigen“ Werbestrategie hängt zum einen vom Kampagnenziel ab. Soll Marken-
bekanntheit aufgebaut, das Image verbessert und/oder der Verkauf gefördert werden? Zum
anderen hat natürlich auch das Mediabudget einen maßgeblichen Einfluss auf die
finanzierbare Strategie.
Bei kleineren Budgets sowie bei der Vermarktung von saisonalen Produkten wird häu-
fig auf die Flighting-Strategie gesetzt. Beim Flighting wechseln sich On-Air-Phasen mit
Off-Air-Phasen ab. Hierdurch wird eine werbliche Sichtbarkeit im gesamten Kampagnen-­
Zeitraum möglich (vgl. Abb.  5.65). Der Pulsing-Strategie liegt ein kontinuierlicher
Werbedruck zugrunde. Zusätzlich kommen mehrere Flights mit hohem Werbedruck ge-
bucht werden. Hier wechseln sich Phasen mit hohem und niedrigen Werbedruck stetig
ab. Diese Strategien führen beide zu einer pulsierenden Medienpräsenz.
Die Recency-Strategie und die Continuous-Strategie stellen sicher, kontinuierlich im TV
zu werben. Diese Strategien setzen ein größeres Mediabudget voraus und eignen sich gut,
die Marken-Bekanntheit nachhaltig zu steigern oder auf hohem Niveau zu sichern. Die Re-
5.4 Kommunikationspolitik 399

Kommunikations-
budget in Mio. €

10
9
8 Flighting: pulsierende Medienpräsenz
7
Continuous: kontinuierliche Medienpräsenz
6
5
Recency: kontinuierliche
4
Medienpräsenz
3
2 Pulsing: pulsierende
Medienpräsenz
1
0 Quartal
I. II. III. IV .

Abb. 5.65  Muster von Kommunikationsstrategien – Beispiel Fernsehen – I

.RPPXQLNDWLRQV
EXGJHWLQ0LR¼
)URQWORDGLQJ0HGLHQSUlVHQ]QLPPWNRQWLQXLHUOLFKDE



%DFNORDGLQJ0HGLHQSUlVHQ]QLPPWNRQWLQXLHUOLFK]X







 4XDUWDO
,,,,,,,9

Abb. 5.66  Muster von Kommunikationsstrategien – Beispiel Fernsehen – II

cency-Strategie baut einen kontinuierlichen Werbedruck auf vergleichsweise geringerem


Niveau auf. Die Continuous-Strategie sichert ebenfalls einen dauerhaften Werbedruck –
allerdings auf höherem Niveau (vgl. Abb. 5.65). In beiden Fällen wird eine kontinuierliche
Medienpräsenz über den gesamten Werbezeitraum einer Kampagne erreicht.
Bei der Frontloading-Strategie nimmt der maximale Werbedruck nach dem Start der
Kampagne kontinuierlich ab. Eine solche konzentrierte Medienpräsenz bietet sich bspw.
zur Produktneueinführung oder im Vorfeld eines Börsengangs an. Bei der Backloading-­
Strategie ist es umgekehrt. Hier erhöht sich der Werbedruck  kontinuierlich bis
zum Ende der Kampagne. Diese Strategie eignet sich bei Angeboten, die zu einem be-
stimmten Zeitpunkt beendet werden (vgl. Abb. 5.66).
400 5 Marketing-Instrumente

cc Merk-Box  Welche der Kommunikationsstrategien zielführend ist, kann nur vor


dem Hintergrund der spezifischen Kommunikationsziele im jeweiligen Kontext
entschieden werden. In die Entscheidung fließen verschiedene Wirkungshypo-
thesen ein. Diese sind zu dokumentieren, um nach Abschluss der Kampagnen
zu prüfen, ob sich die Hypothesen bestätigt haben oder nicht.

Verschiedene Institutionen stellen wichtige Informationen für die Mediaplanung


bereit (vgl. auch Ivanova & Gawenda, 2021). Die wichtigsten Institutionen werden hier
vorgestellt.

• IVW (Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern;


vgl. IVW, 2021)
Die Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern ist
eine staatlich unabhängige, nicht kommerzielle und neutrale Prüfinstitution für den
deutschen Werbeträgermarkt. Die Aktivitäten der IVW stehen unter der Aufsicht von
Medienanbietern, Media- und Werbeagenturen sowie den Werbungtreibenden. Die
Unternehmen treffen am Markt als Verkäufer, Mittler und Käufer von Werbeträger-
leistungen aufeinander.
Die IVW verfolgt das Ziel, die Wahrheit und Klarheit im Werbewesen zu fördern.
Hierfür stellt die IVW Werbe- und Mediaplanern objektiv ermittelte Verbreitungs-
daten der Werbeträger zur Verfügung. Hierdurch gibt die IVW den Werbekunden
Sicherheit über die vertragsgemäße Durchführung ihrer Werbeaufträge. Zusätzlich er-
möglicht die Arbeit der IVW einen fairen Leistungswettbewerb der Werbeträger
untereinander.
Um diese Ziele zu erreichen, beschafft und veröffentlicht die IVW vergleichbare
Unterlagen über die Verbreitung einzelner Werbeträger. Hierzu zählen neben Print,
Funk und Kino auch Digital auch Paid Content.
• agma (Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse; vgl. ag.ma, 2021)
Der Zweck der agma ist die Förderung der wissenschaftlichen Forschung der Massen-
kommunikation für die Media- und Marketing-Planung. Zusätzlich ist ein hoher
Leistungsstandard derartiger Untersuchungen zu sichern.
Die Media-Analyse der agma umfasst die aktuellen Nutzungsdaten für die Medien-
gattungen Tageszeitungen, Zeitschriften, Kino, Lesezirkel, Internet, Plakat, Radio/
Audio und Fernsehen. Diese Media-Analyse bildet das Mediennutzungsverhalten der
Bevölkerung ab 14 Jahren in Deutschland ab. Die Ergebnisse dieser Befragungen wer-
den als Werbewährung von den Unternehmen der Branche akzeptiert. Teilweise um-
fassen die Stichproben mehr als 70.000 Interviews.
Zusätzlich zur Mediennutzung bietet die Media-Analyse auch ausführliche Informa-
tionen zum Freizeit- und Einkaufsverhalten sowie zur Haushaltsausstattung.
• AWA (Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse; vgl. AWA, 2021)
Die Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse ermittelt auf breiter statistischer
Basis Einstellungen, Konsumgewohnheiten und Mediennutzung der Bevölkerung
5.4 Kommunikationspolitik 401

in Deutschland. Mit einem weiten Themenspektrum und den umfangreichen Er-


mittlungen zur Mediennutzung in den Bereichen Print, TV, Hörfunk, Internet, Kino und
Außenwerbung zählt die AWA zu den bedeutendsten deutschen Markt-Media-Studien.
Die AWA deckt folgende Printmedien ab:
–– 212 Publikumszeitschriften
–– 4 Wochenzeitungen
–– 13 Kundenzeitschriften
–– 4 überregionale Abo-Tageszeitungen
–– 7 Kaufzeitungen
–– Regionale Abo-Tageszeitungen (als Mediengattung)
–– 2 Haushaltswerbung: Einkauf aktuell und Anzeigenblätter (Gattungsabfrage)
–– Amts-, Mitteilungsblätter (als Mediengattung)
Für die AWA werden bundesweit mit rund 23.000 Personen Interviews durchgeführt.
Hierbei folgt die AWA dem Single-Source-Prinzip: Alle Informationen werden von
geschulten Interviewern in einem persönlichen Interview ermittelt. Die Ergebnisse der
AWA sind repräsentativ für die deutschsprachige Wohnbevölkerung ab 14 Jahre.
• LAE (Leseranalyse Entscheidungsträger in Wirtschaft und Verwaltung; vgl. LAE, 2021)
Die Leseranalyse Entscheidungsträger in Wirtschaft und Verwaltung versteht sich als
einzige Markt-Media-Studie, die sich mit der Zielgruppe der Entscheider beschäftigt.
Diese Studie liefert die Grundlagen für eine professionelle Mediaplanung in der
B2B-Kommunikation. Die LAE bringt Transparenz in die Zielgruppe der Entscheider,
die in Deutschland knapp drei Mio. Personen umfasst. Dazu gehören:
–– 1,67 Mio. leitende Angestellte
–– 0,23 Mio. leitende Beamte
–– 0,57 Mio. Selbständige mit mindestens sechs Beschäftigten
–– 0,49 Mio. freie Berufe mit mindestens einem zusätzlichen Beschäftigten
• b4p (best for planning; vgl. b4p, 2021)
b4p ist eine Markt-Media-Studie für Deutschland. Die Studie analysiert das Kauf- und
Nutzungsverhalten von Konsum- und Gebrauchsgütern sowie von Dienst-
leistungen. In die Datenerhebung fließen ca. 2400 Marken in mehr als 120 Markt-
bereichen ein. Die Erfassung von individuellen Interessen, Bedürfnissen und Wün-
schen ermöglicht eine Verbindung zwischen den werberelevanten Zielgruppen und
den Marken.
Hierzu bildet die b4p-Studie die wichtigsten Medienkanäle nach dem Vorbild der
Studien der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse (agma) ab. Dazu zählen 181 Zeit-
schriften, 58 Tageszeitungen, 10 TV-Sender, Radio- sowie Online-Audio, Plakat,
Kino und einige kleinere Medien. Zusätzlich werden knapp 800 Websites, über 450
mobile Angebote und über 200 Apps ausgewiesen. Diese große Medienvielfalt er-
möglicht die Berechnung von crossmedialen Markenreichweiten.
• agof (Arbeitsgemeinschaft Online Forschung; vgl. agof, 2021)
Die agof ist ein Zusammenschluss der führenden Online-Vermarkter in Deutschland.
Durch eine standardisierte Online-Reichweitenwährung sowie durch eine Vielzahl
402 5 Marketing-Instrumente

von Daten rund um die Nutzung digitaler Medien trägt die agof dazu bei, das klassische
und das mobile Internet zu transparenten und planbaren Werbeträgern zu machen.
• VuMA (Verbrauchs- und Medienanalyse; vgl. VuMA, 2021)
Die VuMA Touchpoints verknüpft als Markt-Media-Studie das Kauf- und Konsum-
informationen mit aktuellen Daten zur Mediennutzung. Anhand der gewonnenen Daten
lassen sich die Nutzer ausgewählter Medien mit der Verwendung einzelner Produkt-
kategorien „matchen“. Dies ermöglicht Werbungtreibenden und Mediaplanern eine ef-
fektive, konsumorientierte Zielgruppenansprache. Die Verbrauchs- und Medienanalyse
kombiniert hierzu Nutzungsdaten von Fernsehen und Radio sowie anderer relevanter
Medien mit detaillierten Konsuminformationen. Werbungtreibenden und Agenturen
steht ein nützliches Tool für die Mediaplanung zur Verfügung.

Auch die in Abschn.  2.2.4 aufgezeigten Marktforschungsmethoden können für die


Mediaplanung wichtige Erkenntnisse liefern (bspw. die GfK-Fernsehforschung).
Verbunden mit der Frage, welche Zielpersonen über welche Werbemedien und Werbe-
mittel mit welcher Kommunikationsstrategie anzusprechen sind, ist die inhaltliche Aus-
gestaltung der Kommunikation. Die Werbeforschung hat herausgearbeitet, dass sich die
unterschiedlichen Wahrnehmungen (Hören, Sehen, Schmecken, Riechen und Tasten) in
hohem Maße gegenseitig beeinflussen und bei gleichzeitiger Einwirkung auf das Gehirn
um ein Vielfaches verstärken können (vgl. Nölke & Gierke, 2011; Schmitz, 2015; Hart-
mann & Haupt, 2016).
Die Ursache für diesen Verstärkungseffekt ist, dass die verschiedenen Sinnesein-
drücke zwar an verschiedenen Stellen im Gehirn gespeichert werden. Allerdings werden
die Eindrücke durch ein komplexes neuronales System miteinander verbunden. Der Ein-
druck eines Angebots, bei dem die gleiche Botschaft über verschiedene Sinne kommuni-
ziert wird, ist deshalb um ein Vielfaches höher als die Summe der Einzeleindrücke.
Hier kommt es zu dem Phänomen des Multisensory Enhancements. Unser Bewusst-
sein erlebt bei hoher und zeitgleicher Sinnkongruenz ein Ereignis bis zu zehnmal stärker,
als es eine reine Addition der einzelnen Sinneseindrücke erwarten ließe. Die angesprochene
Kongruenz der Sinneseindrücke ist für diesen Effekt unverzichtbar. Liegt eine In-
kongruenz vor, bei der die Eindrücke nicht zusammenpassen, wird dieser Verstärkungs-
effekt unterbunden (vgl. Lindstrom, 2019, S. 155–158; Häusel, 2019, S. 14).
Die Herausforderung für die Unternehmen besteht folglich darin, die Kunden
gleichzeitig über die unterschiedlichsten Sinneskanäle in einer stimmigen Art und Weise
anzusprechen. Hierdurch kann ein starker und nachhaltig wirkender Eindruck erzielt wer-
den – im Positiven wie im Negativen (vgl. Abb. 5.67).
Das Ziel von Marketing-Kampagnen besteht darin, möglichst viele Elemente eines
Produktes bzw. einer Dienstleistung in Einklang mit der gewünschten Positionierung des
Angebots zu bringen. Hierdurch versuchen die Unternehmen, sich die positiven Effekte
des multisenorischen Marketings zu erschließen:
5.4 Kommunikationspolitik 403

Haptik Herausforderung:
Optik

Mit Marketing möglichst viele


Sinne der Zielpersonen erreichen –
Olfak-
torik und mit konsistenten Informationen
Akustik
versorgen!

Gustatorik

Abb. 5.67  Multisensorisches Marketing

• Beim Automobilhersteller Audi sind Teams damit beschäftigt, die Haptik der einzel-
nen Bedienelemente im Fahrzeug so zu gestalten, dass sich bei jeder Berührung das
gewünschte Audi-Feeling einstellt.
• Beim Kekshersteller Bahlsen und beim Cornflakes-Hersteller Kellogg’s verwendet man
viel Energie darauf, beim Zubeißen ein möglichst knackiges Geräusch zu erzeugen.
Dies soll das positive Geschmackserlebnis verstärken.
• Bei Nestlé wird ein sogenannter Croustimetre eingesetzt, um das Geräusch zu messen,
welches vom Ohr beim Kauen wahrgenommen wird. Dieses soll mit der angestrebten
Produktpositionierung übereinstimmen. Zusätzlich soll dieses Geräusch auch auf die
Erwartungen der Zielgruppe abgestimmt sein. Während tiefere Klänge für Senioren
„Gediegenheit“ und „Seriosität“ vermitteln, signalisieren sie für Teenager schlicht
„Langeweile“. Für die Bewältigung der hier beschriebenen Aufgaben sind in den Unter-
nehmen sogenannte Sounddesigner verantwortlich (vgl. Arnu, 2005, S. 36 f.; Lind-
strom, 2019, S. 160 f.).
• Sounddesigner sind im Automobilbau damit beschäftigt, die Geräusche des Motors
(bspw. bei Porsche) auf die Erwartungen der Kunden abzustimmen. Auch das Ge-
räusch, das beim Schließen einer Autotür entsteht, wird bewusst inszeniert. Klingt es
„dünn“ und „klapperig“, schließt der Kunde (unbewusst) auf eine mindere Qualität.
Fällt eine Tür dagegen mit einem satten „Plopp“ zu, signalisiert dies eine hohe Ver-
arbeitungsqualität.
• Beim Haushaltsgerätehersteller Braun wird ein großes Augenmerk darauf gelegt, wel-
che Geräuschemissionen ein Gerät abgibt. Schließlich wird vom Geräusch eines Pro-
duktes auf dessen Leistungsfähigkeit geschlossen. Dies ist bspw. bei Föns, Rasier-
apparaten, elektrischen Zahnbürsten und auch bei Kaffeemaschinen der Fall (vgl.
Siehoff, 2005, S.  58). Bei Produkten, die zu leise sind, kann (unbewusst) eine ver-
minderte Leistung vermutet werden.
• Bei Apple wird nicht nur auf das Design und damit die Optik der Geräte (vom iMac
über iPod, iPhone, iPad bis zum iWatch) besonderer Wert gelegt, sondern auch auf die
404 5 Marketing-Instrumente

verwendeten Materialien. Schließlich hat der Nutzer insb. iPad und iPhone mehrmals
am Tag in der Hand. Deshalb muss das haptische Erlebnis mit den Werten der Marke
übereinstimmen: Schließlich wird die Oberfläche dieser Produkte bei der Nutzung
u. U. viele hunderte Male pro Tag „gestreichelt“.
• Die Automobilhersteller beschäftigen sich intensiv mit der Frage, wie ein neues Auto
riechen sollte. Denn vom Geruch eines Fahrzeugs wird automatisch auch auf den Neu-
heitszustand geschlossen. Dieser spezielle Duft wird von den Herstellern künstlich er-
zeugt, da er sich nicht automatisch einstellt. Vielfach wird dieser „Neuwagenduft“ am
Ende des Produktionsprozesses gesondert eingebracht (vgl. Lindstrom, 2019, S. 159 f.).
Auch im Gebrauchtwagenhandel wird dieses sogenannte Neuwagenspray verwendet,
um andere Duftspuren im Auto zu überlagern.
• Aufgrund der Bedeutung von Gerüchen als Triggerinformation für eine Vielzahl von
Erinnerungen und damit verbundenen Emotionen wurde der Begriff des Proust-­
Phänomens kreiert. Von diesem spricht man, wenn ein Duft oder ein Geruch ausreicht,
um einen ganzen Film von Erinnerungen automatisch ablaufen zu lassen. Ein solches
Ereignis hat Marcel Proust in seinem Roman Auf der Suche nach der verlorenen Zeit
beschrieben.
• Diesen Effekt machen sich Supermärkte sowie Verkaufsstellen in Bahnhöfen zunutze.
Dort wird der Geruch von frisch gebackenem Brot künstlich eingebracht. Ein Back-
ofen existiert gar nicht. Der Geruch allein wirkt stimulierend auf den Umsatz mit Back-
waren (vgl. Lindstrom, 2019, S. 158–160). Mit der gleichen Zielsetzung wird in Mode-
geschäften teilweise ein Parfüm-Mix eingesetzt, der bei Badebekleidung auch eine
„Sonnencreme-Note“ annehmen kann. Kunden sollen hierdurch ein eine positive Ein-
kaufsstimmung versetzt werden – länger verweilen und mehr kaufen!
• Einschlägige Studien zeigen, dass der Einsatz von Duftstoffen im Handel die Stim-
mung der Konsumenten verbessern kann – mit entsprechend positiven Auswirkungen
auf deren Kaufverhalten. Voraussetzung für diese Wirkung ist jedoch, dass der am POS
eingesetzte Duft als übereinstimmend mit dessen emotionaler Qualität erlebt wird. Ins-
besondere kongruente, d. h. mit dem POS übereinstimmende Raumdüfte können dazu
beitragen, eine negative Stimmung von Kunden aufzuhellen (vgl. vertiefend Kroeber-­
Riel & Gröppel-Klein, 2019, S. 544–546). Um dies zu erreichen, werden sogenannte
Smell Artists bzw. Scentdesigner eingebunden.
• Zusätzlich wird im Handel versucht, durch die eingespielte Musik eine positive Stim-
mung zu erreichen. Der Kunde soll sich im Geschäft wohl fühlen. Wer länger bleibt, hat
mehr Kontakt mit der Ware und kauft tendenziell auch mehr.

cc Merk-Box  Die Ausgestaltung des Marketings – und nicht nur der Kommunika-
tion – ist ganzheitlich auszurichten. Hierzu sind möglichst mehrere Sinne anzu-
sprechen. Durch einen stimmigen Einsatz von Optik, Akustik, Haptik, Gustatorik
(Geschmack) und Olfaktorik (Geruch) soll die angestrebte Positionierung ge-
sichert werden.
5.4 Kommunikationspolitik 405

0DUNHQEH]RJHQH
0DUNLHUXQJ 0DUNHQDXIEDX .RPPXQLNDWLRQ

0DUNHQQDPH

9HUSDFNXQJ $ERYHWKHOLQH %HORZWKHOLQH


=HLFKHQ%LOGHU )DUEH%LOGHU .RPPXQLNDWLRQ .RPPXQLNDWLRQ
7|QH*HUFKH 6FKULIW)RUP 795DGLR3ULQW 0DLOLQJ(0DLO
+DSWLN  .LQRHWF 2QOLQHHWF
VFKQHOOHU
NRVWHQJQVWLJHU
NRQVWDQWHU
$VVR]LDWLRQHQ 6LFKWEDUNHLW9HUVWlQGOLFKNHLWGHU
3UlJQDQ] %RWVFKDIWHQ
'LVNULPLQDWLRQVIlKLJNHLW Ä)LW³ (LJHQVWlQGLJNHLW8QLTXHQHVV
.RQVLVWHQ] .RQVLVWHQ]GHU9HU]DKQXQJPLW
*ODXEZUGLJNHLW DQGHUHQ.RPPXQLNDWLRQV
PD‰QDKPHQ

Abb. 5.68  Markenaufbau durch Markierung und markenbezogene Kommunikation

Die hier präsentierten Grundlagen sind zu berücksichtigen, wenn nachfolgend die


wichtigsten Kommunikationsinstrumente vorgestellt werden. Die vorgenommene Ab-
grenzung der einzelnen Instrumente kann aufgrund der vielfachen Vernetzung unter-
schiedlicher Kommunikationsarten nicht immer überschneidungsfrei erfolgen.
In Summe soll durch die Gesamtheit der eingesetzten Kommunikationsmaßnahmen
ein möglichst guter „Fit“ i. S. einer zwischen den durch die Marke selbst und den durch
die flankierende Kommunikation aufgebauten Erwartungshaltungen erzielt werden (vgl.
Abb. 5.68). Ob diese jeweils erfüllt werden können, wird durch die verschiedenen Mo-
mente der Wahrheit herausgefunden – ZMOT, FMOT und SMOT (vgl. Abschn. 3.4.1).
Die große Herausforderung für Unternehmen besteht darin, die verschiedenen Maß-
nahmen der Kommunikation zu integrieren. Nur dann kann ein konsistenter Gesamtein-
druck bei der Zielgruppe erzielt werden.

cc Merk-Box  Die Notwendigkeit einer integrierten Kommunikation resultiert


aus der Tatsache, dass die Mediennutzung durch die Zielpersonen immer auch
eine Intermedia-Nutzung ist. Deshalb sind auf den verschiedenen Kanälen in
sich konsistente Botschaften zu übermitteln. Nur so kann eine hohe
Glaubwürdigkeit erreicht werden. Die Anforderung heißt hier erneut: Noli-
ne-Kommunikation!
Eine solche Integration der Kommunikation ist durch die Form der inner-
betrieblichen Organisation, vor allem aber durch die eingesetzten Ab-
stimmungsprozesse zu fördern. Viel zu häufig liegen auch heute noch die Ver-
antwortlichkeiten für unterschiedliche Medien bzw. für die verschiedenen
Kommunikationsformen in mehreren Unternehmensbereichen. Dies fördert
vielfach ein Silo-Denken, das ein koordiniertes und integriertes Arbeiten ver-
hindert oder zumindest erschwert.
406 5 Marketing-Instrumente

Bei der Unterscheidung zwischen verschiedenen Kommunikationsinstrumenten hat


sich eine nicht ganz einheitliche Unterscheidung zwischen Above- und Below-­the-Line-­
Kommunikation eingebürgert (vgl. Abb. 5.68):

• Above-the-Line-Kommunikation (ATL)
Zur Above-the-Line-Kommunikation werden i. d. R. die klassischen Kommunikations-
formen bzw. die klassischen Kommunikationsmedien und die klassischen Kommu­
nikationskanäle gezählt. Fokussiert man die Werbeträger, so gehören zu ATL Zeitun-
gen, Zeitschriften, TV, Hörfunk, Kinos und Plakatwände. Die entsprechenden
Werbemittel sind Anzeigen, TV-, Rundfunk-, Kino-Spots und Plakate.
• Below-the-Line-Kommunikation (BTL)
Zur Below-the-Line-Kommunikation werden i.  d.  R. alle nicht-klassischen Kommu­
nikationsformen bzw. die nicht-klassischen Kommunikationsmedien und die nicht-­
klassischen Kommunikationskanäle gezählt. Fokussiert man die Werbeträger, so gehören
zu BTL Telefon-Marketing, Mailings und das Online-Marketing. Die entsprechenden
Werbemittel sind Telefon-Anrufe, Mailings, E-Mails, Online-­Banner etc.

Wenn diese beiden Termini hier vorgestellt werden, dann sollte geklärt werden, welche
imaginäre Linie gemeint ist. Dabei hilft das Bild eines Schiffes. Hier ist nur das für die
allgemeine Öffentlichkeit sichtbar, was sich oberhalb der Wasserlinie befindet („Above
the Line“). Alles andere („Below the Line“) ist nur für die Personen sichtbar, auf die die
Maßnahmen unmittelbar ausgerichtet sind.
Diese Abgrenzung nach der Sichtbarkeit der Aktivitäten bewährt sich m. E. aber nicht.
Eine klassische Anzeige („Above the Line“) in der Fachzeitschrift adhäsion – Kleben und
Dichten ist für die breite Öffentlichkeit wesentlich weniger sichtbar als eine Mailing-­
Kampagne von UNICEF, die an zwei Millionen potenzielle Spender versendet wird
(„Below the Line“).
Der Ursprung der Definition wird teilweise auf einer ganz anderen Ebene gesehen –
genauer bei der „Profitabilität von verschiedenen Kommunikationsmaßnahmen“ aus Sicht
der Agenturen. Es ist unschwer nachzuvollziehen, dass beim Einsatz der klassischen Me-
dien („Above the Line“) mit Spots für TV, Radio und Kino sowie mit Anzeigen in Zeitun-
gen und Zeitschriften sehr viel mehr Geld zu verdienen ist als mit Mailings, E-Mails,
Online-Bannern und Telefon-Marketing („Below the Line“).
Schließlich können für Above-the-Line-Kampagnen aufwändige Shootings mit span-
nenden Regisseuren und Kameraleuten an interessanten Locations notwendig werden.
Vielfach werden dabei auch Celebritys eingebunden. Celebritys sind berühmte Personen,
die bspw. in Werbespots oder Anzeigen auftreten. Hier ist bspw. an Nicole Kidman für
Chanel oder George Clooney für Nespresso zu denken.
Bei dem Einsatz von Mailings und Online-Bannern als Beispiele für Below-­the-Line-­
Kampagnen wird dagegen häufig auf Stockmaterial zugegriffen. Stockmaterial umfasst
bereits vorhandene eigene oder fremde Fotos. Fremde Fotos werden über Bildagenturen
5.4 Kommunikationspolitik 407

wie Shutterstock zur Verfügung gestellt. Auch die Ausgaben für Text und Layout halten
sich ähnlich wie bei der Kreation von Skripts für das Telefon-Marketing eher in Grenzen.
Damit würde die imaginäre „Line“ die Bereiche einer Agentur treffen, die eine höhere
oder niedrigere Profitabilität aufweisen. Welcher Definition man sich auch anschließt: Die
aufgezeigten Zuordnungen zu ATL und BTL bleiben weiterhin bestehen und haben ihren
Platz in der Werbe-Sprache.

5.4.3.2 Werbung

„Wer aufhört zu werben, um Geld zu sparen, kann ebenso seine Uhr anhalten, um Zeit zu
sparen.“
Henry Ford
„Wir verkaufen keine Kosmetik. Wir verkaufen Hoffnung.“
Charles Revson, US-amerikanischer Unternehmer, Gründer des Kosmetikunter-
nehmens Revlon

Werbung ist ein Kommunikationsinstrument, durch das Informations-, Beeinflussungs-


und Steuerungsziele im Hinblick auf die unternehmerische Kernleistung bei den Ziel-
gruppen Interessenten, Ziel- und Ist-Kunden erreicht werden sollen. Die Werbung ist  –
bspw. im Vergleich zur Verkaufsförderung  – meist längerfristig ausgerichtet. Bei der
Werbung können unterschiedliche Medien und Werbemittel verwendet werden.
Grundlage für die Entscheidung darüber, wie geworben werden soll, ist ein Briefing
des werbetreibenden Unternehmens. Dieses sollte sich möglichst nicht auf allgemeine
Floskeln beschränken, wie sie mir immer wieder begegnen:

„Entwicklung einer Werbekampagne, um die Markenbekanntheit für das Shampoo XY in der


Zielgruppe 40 bis 60 Jahre zu erhöhen. Zusätzlich ist der Abverkauf zu fördern. Innerhalb von
zwölf Monaten soll ein Marktanteil von 3 % erreicht werden. Werbebudget 15 Mio. € (netto).
Abgabezeitpunkt für die Kampagnenkonzeption nächsten Dienstag, 15.00 Uhr.“

Ein Briefing muss die konkrete Zielsetzung und die generelle Ausrichtung der ge-
planten Werbung definieren. Ein überzeugendes Briefing stellt die unverzichtbare Grund-
lage für die Arbeit von Werbe- und Media-Agenturen dar. Folgende Bestandteile eines
Briefings sind unverzichtbar – Beispiel Akquisition von Neukunden:

• Zielsetzung
Wie viele Neukunden sollen durch die Akquisitions-Maßnahmen gewonnen werden?
Die Quantifizierung der Ziele ist unverzichtbar. Schließlich können die Maßnahmen
nach ihrer Durchführung nur dann bewertet werden, wenn die Ziele zu Beginn sauber
definiert wurden (vgl. Abschn. 3.2). Für die Neukundengewinnung sind die Ziele bspw.
wie folgt zu quantifizieren: Gewinnung von 500 Neukunden, 2000 Newsletter-­
Abonnenten und 4000 Facebook-Fans. Pro Post sollen 50 Likes erzielt werden. Außer-
dem sind 500 App-Downloads und 1000 Store-Visits zu erreichen. Zusätzlich können
408 5 Marketing-Instrumente

noch präzise Ziele zur Markenbekanntheit sowie zu bestimmten Imagedimensionen


definiert werden.
• Zielgruppe
Wie ist das „Beuteraster“ definiert? Welche Art von Kunden ist für das Unternehmen
besonders wertvoll? Wer soll primär als Neukunde gewonnen werden? Zur Präzisie-
rung der Zielgruppen wird das Persona-Konzept eingesetzt (vgl. Abschn. 4.2.2.3).
• Basisbotschaft
Welche Inhalte stehen im Mittelpunkt der werblichen Ansprache? Soll das Unter-
nehmen allgemein präsentiert werden? Oder werden bestimmte Produkte bzw. be-
stimmte Dienstleistungen in das Zentrum der Interessentengewinnung gestellt? Wel-
che Botschaften werden die meisten Personen zur Kontaktaufnahme mit dem
Unternehmen und zum Kauf motivieren?
• Nutzenargumente
Welche Nutzenargumente bzw. welche „Benefits“ sollen werblich herausgestellt
werden? Ist es die einzigartige Beratungsqualität, das breite oder das tiefe Sorti-
ment? Ist es die gute Erreichbarkeit direkt vor Ort? Sind es preislich besonders at-
traktive Angebote?
Das eigene Leistungsversprechen sollte sich von dem der Wettbewerber abheben.
Zusätzlich sind Vorteile des beworbenen Angebotes so zu präsentieren, dass sich die
Interessenten zu einer sofortigen Reaktion motiviert fühlen. Hierzu können Aussagen
wie „Jetzt aus der kompletten neuen Kollektion auswählen!“, „Jetzt von unseren Preis-
vorteilen profitieren!“, „Jetzt schon die Messe-Neuheiten kennenlernen!“ beitragen.
• Begründung des Nutzenversprechens
Versprechen werden von vielen Unternehmen gegeben. Es ist jedoch auch zu be-
gründen, warum ein Unternehmen diese Versprechen auch einhalten kann. Hier wird
vom „Reason why“ gesprochen. Mögliche „Begründungen“ können sein: „Gerade von
der Messe in Mailand zurück“, „Von unserem Großeinkauf profitieren“, „Unsere neu-
esten Studienergebnisse verwenden“ etc.
• Positionierung der ausgelobten Leistung
Im Briefing ist auch zu definieren, welche Positionierung ein Unternehmen und/oder
eine Marke im Markt anstrebt (vgl. Abschn. 4.2.2.2). Sind Unternehmen bzw. Marken
eher im Premium-Bereich angesiedelt? Oder ist eine Position im mittleren Markt mit
einem überzeugenden Preis-Leistungs-Verhältnis angestrebt? Oder wird versucht, die
eigenen Leistungen primär über niedrige Preise zu vermarkten?
Die hier zu treffenden Entscheidungen wirken sich nicht nur auf die auszuwählenden
Kommunikationskanäle aus. Hier ist an Online-Plattformen, aber auch Zeitungen und
Zeitschriften zu denken. Auch die Qualität der eingesetzten Materialien muss die an-
gestrebte Positionierung „transportieren“. Hier ist bspw. an die Papierqualität bei Mai-
lings, Postkarten, Flyern und Beilagen zu denken.
• Ausgestaltung der Werbemittel
Bei der Gestaltung der Werbemittel stellt sich die Frage nach der Tonality der An-
sprache. Ist diese eher technisch oder eher helfend und damit partnerschaftlich aus-
5.4 Kommunikationspolitik 409

gerichtet? Werden eher Einzelpersonen, Gruppen von Menschen oder die Familie
werblich angesprochen? Sind auf dem Bildmaterial eher Kleinunternehmen zu sehen?
Oder stehen dort erfolgreiche, international agierende Manager im Mittelpunkt? Sind
die eingesetzten Bilder primär produktbezogen oder stellen diese auf Menschen ab?
Sind die Fotos eher kühl oder vermitteln sie eine behagliche Atmosphäre?
• Einsatz von Werbekonstanten
Um eine Wiedererkennung der Werbung sicherzustellen, können und sollten sogenannte
Werbekonstanten eingesetzt werden. Diese Werbekonstanten werden auch Key Visu-
als genannt. Dies können Logos, bestimmte Symbole oder Schriftzüge sein, die immer
wieder verwendet werden. Diese gehören – auf Unternehmensebene – zum Corporate
Design (vgl. Abschn. 5.4.5.1). Bei der Marke gehören diese Elemente zum Markenbild
im Marken-Steuerrad (vgl. Abb. 3.10).
Beim Einsatz von Werbekonstanten ist darauf zu achten, dass eine hohe Wieder-
erkennbarkeit durch gleiche Farbgebung und gleiche Positionierung in unterschied-
lichen Werbemitteln gesichert wird. Diese Key Visuals sind über einen längeren Zeit-
raum in unveränderter Form einzusetzen. So können wichtige Lerneffekte bei den
Zielpersonen erreicht werden.
• Einbindung eines Response-Mechanismus
Bei der Neukundenakquisition wird häufig eine direkte und schnelle Reaktion der An-
gesprochenen gewünscht. Hierfür sind Reaktionsträger anzubieten. Im Offline-­
Umfeld können Bestellkarten und Coupons eingesetzt werden, um die Empfänger zu
einer Reaktion zu motivieren. Im Online-Bereich können bspw. E-Coupons, App-­
Downloads oder Links zur Website oder zum Online-Shop eine sofortige Reaktion
auslösen.
Um eine schnelle Reaktion auszulösen, werden sogenannte Reaktionsverstärker
eingesetzt. Dies können Preisvorteile sein, die nur vorübergehend gewährt werden
(„Verknappungsprinzip“). Ein Unternehmen kann den „ersten 100 Bestellern“ eine Zu-
gabe versprechen.
• Timing
Hier stellt sich die wichtige Frage: „Wann und wie lange soll die Kampagne zur Gewin-
nung von Neukunden laufen?“ Es ist selbstverständlich, dass hierbei Ferien- und
Urlaubsphasen berücksichtigt werden. Bei der Werbung muss man nicht immer den
Spielregeln der Branche folgen. Es können auch eigene zeitliche Akzente ge-
setzt werden.
• Erfolgskontrolle
Um den Erfolg der Werbemaßnahmen zu ermitteln, sind bereits in der Konzeptions-
phase die Möglichkeiten der Erfolgskontrolle vorzudenken. Hier wird auch von
Erfolgsmetriken bzw. KPIs gesprochen, um den Erfolg der Maßnahmen zu bewerten.
Dafür sind die eingesetzten Werbemittel mit einer Mechanik zur Erfolgsmessung zu
versehen. Beim Einsatz von Coupons kann on- wie offline leicht festgestellt werden,
wie viele Coupons eingesetzt und welche Umsätze hierdurch stimuliert wurden. Bei
Anzeigen können bspw. Aktionscodes eingesetzt werden, um Reaktionen auf ver-
410 5 Marketing-Instrumente

schiedene Werbeanstöße zurückzuführen (vgl. weiterführend Kreutzer, 2021a, S. 177 f.,


246). Im Online-Bereich können durch die Auswertung des Traffics auf einer Website
sowie im Online-Shop viele weitere Möglichkeiten der Erfolgskontrolle eingesetzt
werden (vgl. weiterführend Kreutzer, 2021b).
• Budget
Zusätzlich ist das Budget für Konzeption, Entwicklung, Produktion und Schaltung der
Kommunikationsmaßnahmen festzulegen. Werbeagenturen wie auch hausinterne
Werbeabteilungen werden voraussichtlich nicht sehr glücklich sein, wenn an die Bereit-
stellung des Budgets ganz konkrete Erwartungen bzgl. der Anzahl der neu zu gewin-
nenden Kunden definiert werden. Allerdings „zwingt“ man die eingebundenen Partner
hiermit, die zentralen Akquisitionsziele nicht aus dem Auge zu verlieren.

cc Merk-Box  Für die Erarbeitung eines Briefings ist Zeit erforderlich. Diese ist al-
lerdings gut investiert! Denn je präziser das Denken vor dem Handeln ist,
desto erfolgreicher wird eine Kampagne ausfallen. Folglich stellt ein fundiertes
Briefing eine unverzichtbare Voraussetzung für einen überzeugenden
Kampagnenerfolg dar.

Von klassischer Werbung wird gesprochen, wenn diese über die klassischen Medien
übermittelt wird. Zu den klassischen Medien gehören TV, Rundfunk, Zeitungen, Zeit-
schriften, Kino und Außenwerbung (u. a. Plakate). „Klassisch“ werden diese Medien des-
halb genannt, weil sie schon lange auf dem Markt sind.
Für die Werbung in Print-Medien stehen u.  a. Zeitungen, Zeitschriften, Anzeigen-
blätter sowie Adress- und Telefonbücher zur Verfügung. Hierbei handelt es sich um
Insertionsmedien. Der Begriff Insertion leitet sich von Inserieren für „Aufgeben einer
Anzeige“ bzw. von Inserat ab.
Zeitungen lassen sich von Zeitschriften primär durch ihr physisches Erscheinungsbild
abgrenzen. Zeitungen werden häufig auf weniger hochwertigem Papier gedruckt. Außer-
dem sind die einzelnen Bögen ineinandergelegt. Die Bögen bleiben hierdurch i. d. R. un-
gebunden. Bei Zeitschriften ist das Papier tendenziell höherwertig und die Bögen sind
geheftet oder geklebt. Eine Unterscheidung zwischen Zeitungen und Zeitschriften im
­Hinblick auf Aktualität, Periodizität (Erscheinungsrhythmus) und/oder Universalität
(hinsichtlich der Breite des abgedeckten Themenkreises) hilft bei der Abgrenzung da-
gegen nicht. Denn Zeitungen und Zeitschriften gibt es in ganz verschiedenen Aus-
prägungen.
Zeitungen und Zeitschriften lassen sich nach der angesprochenen Zielgruppe unter-
scheiden:

• General-Interest-Titel
General-Interest-Titel wenden sich an eine breite Zielgruppe. Zu den General-­Interest-­
Zeitschriften zählen vor allem die aktuellen Illustrierten und die Programmzeitschriften.
Hier wird auch von Publikumstiteln gesprochen. Zu den Publikumszeitschriften als
5.4 Kommunikationspolitik 411

General-Interest-Titel gehören bspw. Der Stern, Der Spiegel, HÖRZU sowie die Apo-
theken Umschau. Die Apotheken Umschau erreicht pro Monat ca. 18,7. Mio. Leser.
Für Zeitungen lässt sich die gleiche Klassifizierung anwenden. Zu den Publikums-
zeitungen zählen Bild, Frankfurter Allgemeine Zeitung/Frankfurter Allgemeine
Sonntagszeitung und Die Zeit.
Diese Titel sprechen die Gesamtbevölkerung mit allgemein interessierenden The-
men an und haben meist hohe Auflagen und große Reichweiten. Deshalb wird auch von
Massen- oder Reichweitentitel gesprochen.
• Special-Interest-Titel
Special-Interest-Titel richten sich dagegen auf Spezialzielgruppen aus. Sie adressieren
zwar grundsätzlich auch die Gesamtbevölkerung – allerdings mit einem klaren thema-
tischen Schwerpunkt. Hierzu zählen Zeitschriften, die sich bspw. auf Angeln, Essen,
Fahrradfahren oder Golf ausrichten. Diese redaktionellen Schwerpunkte beschränken
die mögliche Reichweite. Zu den Special-Interest-Zeitschriften zählen Bike, Eltern,
Essen & Trinken, FliegenFischen, Golf Magazin und ZEIT Campus.
Zu den Special-Interest-Zeitungen, die sich an spezifische Personenkreise richten,
zählen Computer Bild, Auto Bild und Sport Bild.
• Fachzeitschriften und Fachzeitungen
Im Gegensatz zu den bereits genannten General- und Special-Interest-Titeln richten
sich Fachzeitschriften und Fachzeitungen an Zielgruppen, die sich über bestimmte
Fachgebiete definieren lassen. Fachtitel sind ein wichtiges Werbemedium in der
B2B-Kommunikation. Wichtige Zielgruppen diese Fachmedien sind bspw. professio-
nelle Nutzer von Anlagen/Maschinen, Büromöbeln sowie Absatzmittler oder Experten.
Zu diesen Experten zählen bspw. Ärzte, Architekten, Berater, Landwirte, Marketing-­
Manager, Rechtsanwälte und Trainer.
Zu den Fachzeitschriften zählen bspw. absatzwirtschaft, Arthroskopie, Journal of
Business Economics und SUS  – Schweinezucht und Schweinemast. Auch die Fach-
zeitungen weisen einen speziellen Themenschwerpunkt auf. Zu diesen Fachzeitungen
gehören aghz  – Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung, Lebensmittel Zeitung,
HORIZONT  – Marketing, Agenturen, Medien sowie ZfK  – Zeitung für kommunale
Wirtschaft.
Ein Verzeichnis der der Fachpublikationen findet sich unter fachzeitungen.de.

cc Denkanstoß  Klassifizieren Sie die Print-Medien, die Sie im Zugriff haben, einmal
in die Kategorien „General Interest“, „Special Interest“ und „Fachmedien“.

In Print-Titeln können verschiedene Arten von Anzeigen geschaltet werden. Die wich-
tigsten Anzeigenarten werden nachfolgend vorgestellt:

• Monolog-Anzeigen
Bei Monolog-Anzeigen werden dem Leser keine Möglichkeiten zur direkten Kontakt-
aufnahme mit dem werbenden Unternehmen angeboten. Das Ziel von Monolog-­
412 5 Marketing-Instrumente

Anzeigen ist meist die allgemeine Bekanntmachung des Angebotes, eine Übermittlung
von Informationen und/oder ein gezielter Imageaufbau. Wenn die Leser hier zu einer
Handlung motiviert werden sollen, dann ist dies das eigenständige Suchen bzw. Auf-
suchen von Websites, Online- und/oder Offline-Shops, ohne dass hierzu eine Hilfe-
stellung angeboten wird. Reine Monolog-Anzeigen, die nicht einmal eine Website-­
Adresse angeben, werden heute allerdings immer seltener eingesetzt.
Teilweise werden auf solchen Monolog-Anzeigen Produktproben (Samples oder
Muster) aufgebracht. Dies ist häufig bei Kosmetikprodukten wie Cremes, Shampoos
und Parfums der Fall. Diese Samples sollen die Leser motivieren, das Produkt einmal
auszuprobieren. Auch hier bleibt es der Eigeninitiative der Leser überlassen, relevante
Einkaufsstätten zu finden.
• Dialoganzeigen
Bei einer Dialoganzeige wird der Leser unmittelbar zur Kontaktaufnahme aufgefordert.
Hierzu werden dem Leser eine oder sogar mehrere Kanäle zum Dialog angeboten. Des-
halb werden diese Anzeigen auch als Direct-Response-Anzeigen (DR-Anzeigen) be-
zeichnet (vgl. vertiefend 5.4.3.5; Kreutzer, 2021a, S. 172–176).
Um die Kontaktaufnahme anzustoßen, kann die Internet-Adresse als Kommu­
nikationskanal in die Anzeige aufgenommen werden. Diese Internet-Adresse wird
auch URL genannt  – Uniform Resource Locator. Es ist die Information, die in die
Adressleiste eines Browsers einzugeben ist, um zu einer ganz bestimmten Website zu
gelangen.
Der Einsatz eines QR-Codes („QR“ steht für „Quick Response“) erleichtert die Ein-
gabe dieser URL. Hier muss der Leser nur noch den QR-Code scannen, um direkt auf
der Website des Unternehmens zu landen. Dies erspart die Eingaben einer oft längeren
Internet-Adresse bzw. URL (vgl. vertiefend Abschn.  5.4.3.6; Kreutzer, 2021b,
S. 160–162). Der Einsatz eines Coupons mit Preisvorteil erleichtert ebenfalls den Ein-
stieg in den Dialog und dient gleichzeitig als Reaktionsverstärker.
In Summe gilt, dass man den Lesern möglichst mehrere relevante Reaktionswege
anbietet. Neben der Angabe einer Online-Adresse (URL) zur Kontaktaufnahme kann
auch die Angabe einer postalischen Adresse, einer E-Mail-Adresse, der Telefon- und/
oder Fax-Nummer erfolgen.

cc Merk-Box  DR-Anzeigen zielen darauf ab, eine unmittelbare Reaktion des Le-
sers auszulösen. Hierfür werden entweder weiterführende Informationen, kon-
krete Angebote oder spezifische Vorteile ausgelobt. Monolog-Anzeigen ver-
zichten dagegen auf solche Anreize zur Kontaktaufnahme.

Zeitungen und Zeitschriften können auch als Träger von Werbebeilagen eingesetzt
werden. Viele stationäre Einzelhändler nutzen diese Möglichkeiten Woche für Woche.
Über Zeitungen und Zeitschriften erreichen regelmäßig auch Beilagen bzw. Supplements
die Leser. Solche Beilagen bzw. Supplements sind eigenständige Printprodukte. Beispiele
für solche Supplements in Zeitungen sind bspw. die TV-Programmbeilagen PRISMA und
5.4 Kommunikationspolitik 413

rtv. Auch „The Red Bulletin“ von Red Bull sowie das Magazin „Aufbruch“ von Google
werden als Supplements verteilt. Diese Supplements sind wiederum ein spezieller Werbe-
träger (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021a, S. 310–314).
Welche Printtitel belegt werden sollten, kann anhand der nachfolgenden Kriterien zur
Werbeträgerauswahl entschieden werden:

• Erscheinungsrhythmus
Wie häufig erscheint der Werbeträger? Täglich, wöchentlich, zweiwöchentlich, monat-
lich, vierteljährlich etc.?
• Zeitlicher Vorlauf für eine Schaltung
Wie lange vor dem Erscheinen der Anzeige müssen alle notwendigen Daten beim Ver-
lag sein?
• Reichweite des Titels
Wie viele Personen können durch ein Medium erreicht werden? Die Reichweite beträgt
bspw. bei Bild 6,3 Mio., bei der Süddeutschen Zeitung 1,21 Mio., bei der Frankfurter
Allgemeinen Zeitung 870.000, bei Die Welt 510.000 und beim Handelsblatt 450.000
(vgl. Statista, 2021g). Weitere Informationen liefert die AWA (2021).
• Zielgruppenabdeckung
Wie gut kann die definierte Zielgruppe über einen Titel erreicht werden – etwa im Ver-
gleich von Der Spiegel über Apotheken Umschau zu Bild der Frau?
• Image des Titels
Welche Glaubwürdigkeit, welches Vertrauen und in Summe welche Wertigkeit bringt
die Zielgruppe diesem Medium entgegen. Hier ist bspw. an die unterschiedliche
Glaubwürdigkeit von Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vs. BamS „Bild am
Sonntag“ zu denken.
• Kosten für die Schaltung
Wie hoch ist die Auflage eines Mediums? Wie viele Personen können hierdurch er-
reicht werden? Wie hoch sind die absoluten Kosten für die Schaltung einer 1/1 4c-­
Anzeige (vgl. Die Zeitungen, 2021; Der Spiegel, 2021)?
–– Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: Auflage 210.000, Anzeigenpreis von
65.000 €
–– Frankfurter Allgemeine Zeitung: Auflage 219.000, Anzeigenpreis von 73.970 €
–– Handelsblatt: Auflage 127.000, Anzeigenpreis von 64.750 €
–– Die Harke (regionale Tageszeitung): Auflage 15.000, Anzeigenpreis von 4313 €
–– Der Spiegel (1/1-Innenanzeige): Auflage 650.000, Anzeigenpreis 82.700)

Zur Ermittlung des Tausend-Kontakte-Preises sind die Anzeigenpreise jeweils noch in


Relation zur Anzahl der Leser zu setzen.
Welche Bedeutung dem Fernsehen als Werbemedium nach wie vor zukommt, verdeut-
licht bereits Abb.  5.64. Vor welchem Hintergrund nach wie vor sehr viel Geld in TV-­
Werbung fließt, zeigt Abb. 5.65. Den dort gezeigten Werten zur Mediennutzung liegt
eine Befragung von 2461 Personen im Alter von 14 bis 69 Jahren in Deutschland zugrunde.
414 5 Marketing-Instrumente

     


)HUQVHKHQ 
,QWHUQHWLQKDOWOLFK 
5DGLR JHVDPW 
7HOHIRQLH 
0XVLN 
*DPHV JHVDPW 
(0DLOV 
0HVVHQJHU606 
%XFKJHGUXFNW(%RRNV 
=HLWXQJ(3DSHU 
=HLWVFKULIW(0DJD]LQ 
'9'%OXUD\ 

,QKDOWOLFKHV,QWHUQHW2QOLQH9LGHRV2QOLQH6KRSSLQJVR]LDOH1HW]ZHUNH$UWLNHO%HLWUlJHOHVHQ%ORJV)RUHQ2QOLQH
1DYLJDWLRQ(/HDUQLQJ2QOLQH%DQNLQJ
0XVLN0XVLN6WUHDPLQJ&'PS

Abb. 5.69  Tägliche Nutzungsdauer ausgewählter Medien in Deutschland 2020  – in Minuten.


(Quelle: Statista, 2021h)

Das Fernsehen war im Jahr 2020 in Deutschland mit durchschnittlich knapp vier Stun-
den Nutzung am Tag das Medium mit der längsten täglichen Nutzungsdauer (vgl.
Abb. 5.69). Das inhaltlich genutzte Internet folgt mit 133 Minuten. Das Radio landet
mit 101 Minuten auf Platz drei. Während die Nutzungsdauer von Fernsehen und Radio seit
2014 gesunken ist, nahm die Nutzungsdauer des inhaltlich genutzten Internets im selben
Zeitraum von 61 Minuten auf 101 Minuten zu
Bei der TV-Werbung können nicht nur unterschiedliche Kanäle (etwa ARD vs. RTL),
sondern auch unterschiedliche Zeitfenster und thematische Umfelder gewählt werden.
Durch eine Schaltung von TV-Spots vor, während oder nach Sport- oder Kultursendungen,
Reportagen, Shows, Spielfilmen, Soap-Operas oder Telenovelas können jeweils spezi-
fische Zuschauergruppen angesprochen werden. Die Zielgruppen von Casting-Shows wie
The Voice of Germany oder Germany’s Next Top Model by Heidi Klum unterscheiden sich
deutlich von den Zuschauern bei WM-Fußballspielen oder Tatort-Folgen.

cc Merk-Box  Der TKP für TV-Werbung (30-Sekunden-Spot) ist in Deutschland


von 10,35  € (2000) auf inzwischen 19,57  € (2020) gestiegen (vgl. Statista,
2021h, S. 65).

Soap Operas (Seifenopern) stellen Fernsehserien wie Gute Zeiten, schlechte Zeiten
oder Berlin – Tag und Nacht dar. Diese sind häufig als Endlos-Serien konzipiert und wer-
den regelmäßig gesendet, z. T. mehrmals wöchentlich. Sie sind meist preiswert produziert
und sollen ein werbefreundliches Umfeld schaffen – etwa für Waschmittel. Deshalb wer-
den diese Serien auch „Soap Operas“ genannt.
5.4 Kommunikationspolitik 415

Die Telenovela als Spezialform der Soap Opera wird aus der Perspektive einer (meist
weiblichen) Hauptfigur erzählt, wie bei Sturm der Liebe oder Rote Rosen. Telenovelas
werden auch als „modernes Märchen mit Happy End“ gekennzeichnet.
Fernsehen ist nach wie vor das wichtigste Reichweitenmedium. Nur durch den Ein-
satz von TV-Werbung kann in kurzer Zeit eine größere Bekanntheit in großen Zielgruppen
erzielt werden. TV bietet heute eine Vielzahl von Werbeformen (vgl. Abb. 5.63).

• Klassischer TV-Spot
Der klassische TV-Spot ist heute durchschnittlich 30 Sekunden lang. Ein Tandem-Spot
bezeichnet eine aus zwei Teilen bestehende Werbeeinheit innerhalb eines Werbeblocks
im Fernsehen oder Hörfunk. Nach dem Hauptspot wird ein kürzerer Folgespot als so-
genannter Reminder geschaltet. Bei der Tridem-Werbung besteht die Werbeeinheit
aus drei Teilen.
• Direct-Response-TV-Spot
Der Direct-Response-Spot enthält einen Call-to-Action. Der Zuschauer wird auf-
gefordert anrufen, zu mailen und/oder eine Website aufzurufen.
• Special Ad/Special Creation
Die Bandbreite der Special Ads reicht vom Branded-Entertainment-Format über die
kreative Veredlung eines Werbespots bis zur individuellen Überleitung zu einem werb-
lichen Beitrag. Special Creations ermöglichen eine engere Verknüpfung von Programm
und Werbung.
• Titel-Sponsoring/Programm-Sponsoring
Durch den Aufbau einer inhaltlichen Beziehung zwischen Sponsor und Programm wird
eine höhere Zuschauerakzeptanz angestrebt. So werden werbliche Inhalte mit beliebten
Programmmarken, begehrten Sendergesichtern und attraktiven Zielgruppen zusammen-
geführt. Beim Titel-Sponsoring wird der Name des Auftraggebers direkt in den Schrift-
zug und das Logo des Sendungstitels implementiert. Beim Programm-­Sponsoring wird
die gesamte Sendung durch ein Unternehmen präsentiert, so bspw. in der ARD bei
Wetter vor acht und Wissen vor acht.
• Ad Break Specials
Ad Break Specials sind Werbeblöcke, die bspw. eine thematische Bündelung auf-
weisen. Hierdurch soll ein harmonisches Werbeumfeld geschaffen werden. Mit dem
Satz „Jetzt nur drei Spots“ motiviert man den Fernsehzuschauer, die Werbepause nicht
für andere Aktivitäten zu nutzen. Durch wenige Spots in einem Werbeblock soll eine
höhere Aufmerksamkeit gesichert werden.
• Addressable TV-Spot
Beim Addressable TV-Spot wird der lineare TV-Spot mit zielgruppenspezifischem
Content überlagert. Das führt dazu, dass verschiedene Zielgruppen auf dem gleichen
Kanal zum gleichen Zeitpunkt unterschiedliche Werbespots sehen. Hierdurch soll eine
höhere Aufmerksamkeit für die werblichen Inhalte erzielt werden. Zielgruppen können
bei der TV-Werbung folglich individueller angesprochen werden. Perspektivisch kön-
416 5 Marketing-Instrumente

nen hier weitere digitale Geräte eingebunden werden. Der Einsatz von Addressable
TV ist momentan im Aufbau.

cc Merk-Box  Um bei der Vielfalt der Medien, Zeitfenster, Zielgruppen und Werbe-
formen die richtige Auswahl zu treffen, werden Media-Agenturen ein-
gebunden. Führende Media-Agenturen sind Carat, Mediaplus, Havas Media,
OMD Group, Pilot, Mediacom und Mindshare.

Unterschiedliche Werbeformate wurden nicht nur entwickelt, um insb. für die werbe-
finanzierten TV-Sender neue Einnahmequellen zu erzielen. Diese Werbeformate sollen
auch dem kontinuierlich steigenden Phänomen des Zappings entgegensteuern. Der Be-
griff „Zapping“ ist abgeleitet von engl. „Zapper“ für die Fernbedienung. Unter Zapping
versteht man das Umschalten von einem Programm zum anderen. Besonders häufig moti-
viert der anlaufende Werbeblock zum Umschalten. Die Zapping-Quote gibt den Unter-
schied zwischen der Programm- und der Werbeinsel-­Reichweite an.
Eine höhere Werbewirkung wird auch durch Product Placement angestrebt. Als Pro-
duct Placement wird die Platzierung von Produkten, Dienstleistungen oder Marken zu
Werbezwecken u.  a. in Spielfilmen, Soap Operas, Telenovelas, Reportagen, Shows und
Verbrauchersendungen bezeichnet. Ein Product Placement ist auch die Nennung von
spezifischen Marken in redaktionellen Beiträgen von Zeitungen und Zeitschriften, ohne
dass dies als Werbung herausgestellt und/oder unmittelbar sichtbar wird. Die Einbindung
erfolgt häufig gegen finanzielle oder sachliche Zuwendungen.
Bekannte Beispiele für Product Placement liefern die James-Bond-Filme. Im Film
Spectre sind folgende Produkte in die Handlung eingebunden:

• Aston Martin DB10


• Fiat 500
• Range Rover
• Omega Seamaster 300
• Omega Aqua Terra
• Bekleidung von Tom Ford
• Sonnenbrillen von Tom Ford und Vuarnet
• Belvedere Wodka
• Sony Smartphone

Im Film Ziemlich beste Freunde wurde die Luxusautomarke Maserati mehrfach über-
zeugend ins Bild gesetzt. In der Krimi-Serie Tatort tauchen ebenfalls regelmäßig be-
stimmte Marken auf, sei es Paroli, Marlboro, Audi oder VW. Natürlich können auch Kom-
missare Verbrecher nicht per Fahrrad jagen, aber man fragt sich manchmal, ob eine lange
Einstellung, die einen immer frisch gewaschenen schwarzen Audi oder Porsche zeigt, aus
Sicht der Zuschauer dramaturgisch notwendig ist.
5.4 Kommunikationspolitik 417

Die bisher vorhandene rechtliche Grauzone, die durch den Begriff Schleichwerbung
deutlich wurde, ist durch den Medienstaatsvertrag weitgehend beseitigt worden. Der
Medienstaatsvertrag (MStV, 2020) regelt Pflichten und Rechte aller Medienanbieter
(Rundfunk und Telemedien) in Deutschland. Dieser Vertrag ist seit dem 7.  November
2020 in Kraft. Der Medienstaatsvertrag löst den seit 1991 geltenden Rundfunkstaatsver-
trag (RStV) ab, der weitgehend auf Radio und Fernsehen ausgerichtet war.
Im Medienstaatsvertrag heißt es im § 2 MStV: „Schleichwerbung (ist) die Erwähnung
oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines
Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Sendungen, wenn sie
vom Veranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und mangels Kenn-
zeichnung die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zweckes dieser Erwähnung
oder Darstellung irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere
dann als zu Werbezwecken beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegen-
leistung erfolgt.“
Ergänzend heißt es in § 8 (7) MStV: „Schleichwerbung und Themenplatzierung sowie
entsprechende Praktiken sind unzulässig. Produktplatzierung ist gestattet, außer in Nach-
richtensendungen und Sendungen zur politischen Information, Verbrauchersendungen,
Regionalfensterprogrammen nach § 59 Abs. 4, Fensterprogrammen nach § 65, Sendungen
religiösen Inhalts und Kindersendungen. Sendungen, die Produktplatzierung enthalten,
müssen folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. die redaktionelle Verantwortung und Unabhängigkeit hinsichtlich Inhalt und Platzie-


rung im Sendeplan müssen unbeeinträchtigt bleiben,
2. die Produktplatzierung darf nicht unmittelbar zu Kauf, Miete oder Pacht von Waren
oder Dienstleistungen anregen, insbesondere nicht durch spezielle verkaufsfördernde
Hinweise auf diese Waren oder Dienstleistungen, und
3. das Produkt darf nicht zu stark herausgestellt werden; dies gilt auch für kostenlos zur
Verfügung gestellte geringwertige Güter.

Auf eine Produktplatzierung ist eindeutig hinzuweisen. Sie ist zu Beginn und zum
Ende einer Sendung sowie bei deren Fortsetzung nach einer Werbeunterbrechung oder im
Hörfunk durch einen gleichwertigen Hinweis angemessen zu kennzeichnen. Die Kenn-
zeichnungspflicht entfällt für Sendungen, die nicht vom Veranstalter selbst oder von einem
mit dem Veranstalter verbundenen Unternehmen produziert oder in Auftrag gegeben wor-
den sind, wenn nicht mit zumutbarem Aufwand ermittelbar ist, ob Produktplatzierung
enthalten ist; hierauf ist hinzuweisen. Die in der ARD zusammengeschlossenen Landes-
rundfunkanstalten, das ZDF und die Landesmedienanstalten legen eine einheitliche Kenn-
zeichnung fest.“
418 5 Marketing-Instrumente

cc Merk-Box  Durch den Medienstaatsvertrag wurden den Möglichkeiten des Pro-


duct Placements klare Grenzen gesetzt.

Eine besondere Form der Werbung stellt die Freundschaftswerbung dar. Diese wird
auch unter den Begriffen Member gets Member und Tip a friend diskutiert. Die Grund-
idee ist, dass eigene Kunden andere Personen aus dem persönlichen Umfeld für die Leis-
tungen eines Unternehmens gewinnen und dafür belohnt werden. Diese Art der Werbung
findet u.  a. bei Zeitungs- und Zeitschriften-Abonnements, bei Online-Shops und im
Finanzdienstleistungssektor statt.
Freundschaftswerbung ist eine besonders glaubwürdige Werbeform, da das „Ver-
kaufsgespräch“ auf einer persönlichen Beziehung basiert. Durch Freundschaftswerbung
können häufig besonders wertige Kunden gewonnen werden. Aufgrund der Erfolge der
Freundschaftswerbung wurde diese inzwischen so weiterentwickelt, dass auch Nicht-­
Kunden neue Kunden werben können. Obwohl das der Ursprungsidee der Freundschafts-
werbung widerspricht, werden solche Konzepte sehr erfolgreich eingesetzt (vgl. vertiefend
Kreutzer, 2021a, S. 245–247).
Auf dem Prinzip der Freundschaftswerbung setzt ein Kommunikationsinstrument auf,
das als Buzz-Marketing bezeichnet wird. „Buzz“ heißt wörtlich übersetzt „Summen“ und
bedeutet, dass sich viele Personen möglichst intensiv in der Öffentlichkeit und/oder in
ihrem Freundes- und Bekanntenkreis über die Vorzüge von Produkten oder Dienst-
leistungen austauschen sollen. Beim Buzz-Marketing handelt es sich um die mehr oder
weniger intensive Einbindung eigener Kunden bzw. als solche in Erscheinung tretende
Personen, die in ihrem jeweiligen Umfeld aktiv oder passiv ein bestimmtes Angebot
herausstellen. Deshalb werden diese Personen Buzz-Agenten genannt. Im Kern ist
Buzz-Marketing ein spezifisches Kommunikationsinstrument, welches den bisherigen
Kommunikations-Mix der Unternehmen ergänzen kann.
Der kreative Ansatz des Buzz-Marketings liegt in der Nutzung der persönlichen Be-
ziehungen des Agenten bzw. in der deutlich sichtbaren Produktnutzung in der Öffentlich-
keit. Hierdurch soll ein Schneeball-Effekt auf Konsumentenseite erzeugt werden. Da­
rüber hinaus sind Buzz-Agenten auch als Käufer aktiv. Hierzu fragen mehrere Agenten
unabhängig voneinander in einer Vielzahl von Geschäften zu verschiedenen Zeitpunkten
nach einem bestimmten Produkt. Durch dieses als Pull-Strategie bekannte Konzept wird
im Handel ein Bedarf spürbar.
Wenn die Händler eine nachhaltige Nachfrage erwarten, könnten sie die Produkte in ihr
Sortiment aufnehmen. So soll ein Schneeball-Effekt auf Handelsseite ausgelöst werden.
Schließlich schafft die Produktpräsenz im Handel quasi automatisch eine gewisse Nach-
frage. Das Konzept steht und fällt allerdings mit der Qualität des Produktes. Durch eine
Mund-zu-Mund-Propaganda kann zwar ein erstmaliger Konsum angestoßen werden.
Wenn das Produkt jedoch nicht überzeugt, verpufft die Wirkung, und die erwünschten
Schneeball-Effekte bleiben aus.
Beim Guerilla-Marketing (abgeleitet von „Guerilla“ i. S. von Kleinkrieg) handelt es
sich im Kern ebenfalls „nur“ um eine spezifische Ausprägung der Kommunikationspolitik.
5.4 Kommunikationspolitik 419

Bei dieser wird versucht, on- wie offline aus ausgetretenen Bahnen der kostenintensiven
Kommunikation auszubrechen. Stattdessen soll mit häufig kleinen, aber überraschenden
und unkonventionellen Aktionen eine möglichst hohe Aufmerksamkeit erreich werden. Da
bei diesen Aktivitäten die Grenzen der Legalität auch einmal überschritten werden, wird
der Begriff „Guerilla“ genutzt (vgl. grundlegend Levinson, 2016).
Eine besondere Ausprägung des Guerilla-Marketings stellt das sogenannte Ambush-­
Marketing dar (vgl. auch Fuchs, 2019). Der Begriff leitet sich von „to be ambushed“ für
„aus dem Hinterhalt überfallen werden“ ab. Hierbei wird ein Unternehmen bspw. mit eige-
ner Werbung als Trittbrettfahrer bei einer Veranstaltung tätig, ohne selbst Sponsorengelder
für dieses Event bezahlt zu haben. Ein solches Vorgehen findet bspw. im Umfeld von Fuß-
ballspielen und Konzerten statt. Während Unternehmen A als Sponsor tätig war, präsen-
tiert sich Unternehmen B im Umfeld der Veranstaltung und versucht, viel Aufmerksamkeit
auf sich zu ziehen. Das Ziel des werbenden Unternehmens beim Ambush-­Marketing ist es,
bei solchen Veranstaltungen aufzufallen und ggf. sogar als Sponsor eingeschätzt zu wer-
den, obwohl hierfür nichts bezahlt wurde.
Eine zunehmende Bedeutung erlangt die Werbeform Ambient Media. Ambient Media
oder auch Ambient-Marketing oder Ambient Advertising bestellt eine besondere Form
der Außenwerbung dar. Ambient Media ist eine Werbeform, die im direkten Lebensumfeld
der anzusprechenden Zielgruppe platziert wird. Daher leitet sich der Begriff „ambient“ für
die Zielperson „umgebend“ ab. Durch Ambient Media werden Zielpersonen an Orten und
in Situationen werblich angesprochen, wo sie klassischerweise nicht mit Werbung rechnen.
Zu Ambient Media zählt die Platzierung von werblichen Informationen in U-Bahnen
(präsentiert auf Info-Screens), in der Gastronomie bzw. generell im öffentlichen Raum.
Hierdurch soll die – etwa bei sehr mobilen Zielgruppen – eingeschränkte Erreichbarkeit
über klassische Medien überwunden werden. Konkrete Ausprägungen von Ambient Media
sind auch Displays im Kino-Eingangsbereich ebenso wie werbliche Hinweise, die bspw.
auf den Zapfpistolen an Tankstellen oder in Herren-Toiletten in Augenhöhe angebracht sind.
Auch Gratispostkarten, die in der Gastronomie verteilt werden (bspw. Edgar Free-
cards), mobile Digital-Out-of-Home-Lösungen sowie die Verkehrsmittelwerbung zählen
zur Kategorie Ambient Media. Der Tausend-Kontakt-Preis liegt bei diesen Werbeformaten
häufig über dem von klassischen Medien. Die Einbindung in den Mediaplan von Unter-
nehmen kann zielführend sein, weil häufig eine deutlich bessere Kontaktqualität erzielt
werden kann und bestimmte Zielgruppen u. U. nur so angesprochen werden können.

cc Merk-Box  Werbung allein macht nicht erfolgreich  – und erfolgreiche Unter-


nehmen müssen nicht zwangsläufig auf Werbung setzen. Die Biermarke Oettin-
ger ist auf dem deutschen Biermarkt auch ohne Werbung zu einem der wich-
tigsten Anbieter geworden. Bei Oettinger liegt der Fokus auf dem Preis. Zara
hat seine profilierte Position im Textilmarkt ebenfalls ohne große Werbe-
aktionen erreicht. Zur Markenbekanntheit bei Zara trägt vor allem eine
kommunikationsintensive Zielgruppe bei.
420 5 Marketing-Instrumente

5.4.3.3 Public Relations


Im Mittelpunkt von Public Relations (PR, Öffentlichkeitsarbeit) steht der Aufbau posi-
tiver Beziehungen zwischen dem Unternehmen und der breiten Öffentlichkeit. Die Ziel-
gruppe der PR geht weit über die Ist- und Ziel-Kunden sowie die Interessenten. Durch PR
sollen auch politische Entscheidungsträger, die allgemeine Öffentlichkeit, die Medien, In-
vestoren, Aktionäre, Lieferanten, Wettbewerber und auch die eigenen Mitarbeiter über
unternehmerisches Handeln und unternehmerische Verantwortung informiert werden.
Hierbei versucht das Unternehmen, das eigene Image in eine bestimmte Richtung zu be-
einflussen.
Durch PR-Kampagnen versucht das Unternehmen, ein möglichst positives Bild in der
Öffentlichkeit aufzubauen. Die PR kann sich am Kern der unternehmerischen Aktivi-
täten orientieren. Hierzu werden bspw. erfolgreiche Produktentwicklungen präsentiert, es
wird über die erfolgreichen Patentanmeldungen berichtet oder Programme zur Quali-
fizierung der eigenen Mitarbeiter werden herausgestellt. Auch Beiträge des Unternehmens
zur Ressourcenschonung und damit zum Thema „Nachhaltigkeit“ gehören in diese Kate-
gorie. Der verantwortliche Umgang mit den Daten der Kunden zählt ebenfalls zu diesen
„leistungsnahen“ Inhalten. Zusätzlich kann das Unternehmen auch Verantwortung über
den eigenen Leistungsbereich hinaus übernehmen. So wird in PR-Mitteilungen bspw.
über das Kultur- und Sport-Sponsoring des Unternehmens berichtet.

cc Merk-Box  Der PR-Grundsatz lautet: „Tue Gutes und rede darüber.“

Generell gilt, dass ein Unternehmen durch eine offensive PR das eigene Image in der
Öffentlichkeit nachhaltig beeinflussen kann. Unternehmen, die der Öffentlichkeit und
insb. den Medien keine Informationen bereitstellen, sind häufig Gegenstand von Spekula-
tionen. Um das Bild des Unternehmens zu prägen, können folgende Instrumente der
Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt werden:

• Pressekonferenzen
Pressekonferenzen haben das Ziel, den eingeladenen Pressevertretern ein bestimmtes
Bild des Unternehmens zu vermitteln. Hierzu werden i.  d.  R.  On- und Offline-­
Pressemappen vorbereitet, die bereits fertige Pressetexte (oft in Lang- und Kurzform)
sowie Bildmaterial enthalten und die teilweise unmittelbar in Publikationen einfließen.
Pressekonferenzen bieten auch die Möglichkeit, durch Fragen an die anwesenden
Unternehmensvertreter Hintergrundinformationen zu erhalten.
Standardmäßig finden Pressekonferenzen quartalsweise oder jährlich statt. Zusätz-
liche Veranstaltungen werden vor oder nach Unternehmensakquisitionen sowie zur
Vorstellung neuer Produkte und Dienstleistungsfelder durchgeführt. Hierdurch soll die
breite Öffentlichkeit über die damit verbundenen Ziele und Strategien informiert werden.
• Hauptversammlungen
Hauptversammlungen sind ebenfalls eine gute Möglichkeit der unternehmerischen
Selbstdarstellung. Bei den größeren und/oder interessanten (börsennotierten) Aktien-
5.4 Kommunikationspolitik 421

gesellschaften sind häufig wichtige Medienvertreter anwesend. Durch deren Berichte


fließen die zentralen Botschaften der Unternehmen in die nationalen und internationalen
Nachrichtensendungen ein.
• Presseinformationen
Über die genannten, in größerem zeitlichem Abstand stattfindenden Veranstaltungen
hinaus verfügen öffentlichkeitsorientierte Unternehmen über Online- und Offline-­
Presseverteiler. Über diese Verteiler werden regelmäßig Presseinformationen versendet.
Zusätzlich bieten viele Unternehmen auf ihrer Website einen „Pressebereich“ an, der
weitere Informationen für die Medien bereithält (vgl. vertiefend zur Online-PR Kreut-
zer, 2021b, S. 280–290).
Die Herausforderung der PR besteht darin, spannende Felder oder Entwicklungen
zu thematisieren, um damit in den Medien präsent zu bleiben. Die bereitgestellten In-
formationen können durch Hintergrundgespräche mit ausgewählten Pressevertretern
sowie durch Redaktionsbesuche abgerundet werden.
• PR-Anzeigen/Image-Spots/Mailing-Kampagnen/Social-Media-Maßnahmen
Zur Erreichung der gewünschten Wahrnehmung in der Öffentlichkeit können Unter-
nehmen auch auf die Instrumente zurückgreifen, die für Werbung eingesetzt werden.
So leisten klassische Anzeigen ebenso einen Beitrag zur Imagepflege wie Direct-Mail-
und Online-Kampagnen. TV-Spots und Kampagnen in den sozialen Medien werden für
PR-Zwecke eingesetzt.
• Beiträge und Vorträge von Unternehmensvertretern
Das Bild eines Unternehmens in der Öffentlichkeit und damit auch bei Wettbewerbern
und insb. bei potenziellen und gegenwärtigen Kunden und Mitarbeitern wird auch
durch den Auftritt von führenden Unternehmensvertretern beeinflusst. Solche Auftritte
können auf Konferenzen und Seminaren stattfinden. Heute dominiert allerdings das
Engagement von Unternehmensführern in den sozialen Medien.
Diese Beiträge können gleichermaßen positive wie negative Auswirkungen haben
und sich sogar unmittelbar auf den Börsenkurs auswirken. Hier ist bspw. an die
öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten von Elon Musk, dem CEO von Tesla und Space
X, zu denken.
• Tag der offenen Tür
Ein Tag der offenen Tür bietet nicht nur den Angehörigen der eigenen Mitarbeiter, son-
dern auch den Medien und der weiteren interessierten Öffentlichkeit die Möglichkeit
eines „Unternehmens zum Anfassen“. Durch die direkte Begegnung können idealer-
weise bestimmte Vorurteile oder Befürchtungen abgebaut und eine größere Nähe zwi-
schen dem Unternehmen und der interessierten Öffentlichkeit kann hergestellt werden.

Bei den flankierend zur Öffentlichkeitsarbeit einzusetzenden Maßnahmen, die eine Pu-
blizierung oder eine Ausstrahlung der gewünschten Informationen sicherstellen können,
sind weniger kreative als vielmehr ethische Grenzen zu berücksichtigen. Zur Unter-
stützung eines professionellen öffentlichen Auftritts werden häufig spezialisierte PR-­
Agenturen eingebunden (vgl. www.gpra.de).
422 5 Marketing-Instrumente

cc Merk-Box  Aufgrund ihrer Wichtigkeit für das gesamte Unternehmen ist die
Öffentlichkeitsarbeit organisatorisch häufig beim Vorstandsvorsitzenden oder
bei der Geschäftsführung angesiedelt.

5.4.3.4 Verkaufsförderung
Im Gegensatz zur Werbung ist die Verkaufsförderung (VKF, auch Sales Promotion)
kurzfristig und viel stärker unmittelbar verkaufsorientiert ausgerichtet. Die Laufzeit von
VKF-Maßnahmen ist beschränkt und kann wenige Tage bis einige Monate umfassen. VKF
beinhaltet häufig nicht nur kommunikative Aspekte, sondern schließt auch Instrumente
aus anderen Feldern des Marketing-Diamanten ein.
Folgende Arten der Verkaufsförderung sind zu unterscheiden (vgl. Abb. 5.70):

• Consumer-Promotion (Verbraucherpromotion)
Verbraucherpromotions sprechen unmittelbar den Ziel-Kunden an. Hierzu werden
bspw. im Handel Zweitplatzierungen aufgebaut. Dort können auch Verkostungen statt-
finden und Gewinnspiele veranstaltet werden. Über on- und offline verteilte Coupons
können zeitlich befristete Preisvorteile eingeräumt werden. Die Zielsetzung besteht
darin, Kunden mittelbar zum Kauf zu bewegen.
• Dealer-Promotion (Handelspromotion)
Durch Handelspromotions umwerben die Hersteller die im Vertriebskanal ein-
gebundenen Handelspartner. Diese Partner sollen sich – durch spezifische Anreize mo-
tiviert – verstärkt für den Verkauf der Leistungen des Herstellers einsetzen. Dazu wer-

+HUVWHOOHU

&RQVXPHU3URPRWLRQ 'HDOHU3URPRWLRQ 6DOHV)RUFH3URPRWLRQ

6DPSOLQJ 9HUNlXIHUVFKXOXQJ RQRIIOLQH $X‰HQGLHQVWVFKXOXQJ


*HZLQQVSLHO +lQGOHUZHWWEHZHUE $X‰HQGLHQVWZHWWEHZHUE
3URGXNWSUlVHQWDWLRQDP326 =XVDW]UDEDWWH EVSZEHLGHU =XVlW]OLFKH$EVFKOXVVSUlPLHQ
9HUNRVWXQJ (UUHLFKXQJEHVWLPPWHU
=ZHLWSODW]LHUXQJ 9HUNDXIVPHQJHQ
&RXSRQVPLW3UHLV
3URGXNWYRUWHLOHQ RQRIIOLQH $X‰HQGLHQVW
6RQVWLJH6RQGHUDQJHERWH

+DQGHO

=LHO.XQGH %&%%

Abb. 5.70  Arten der Verkaufsförderung


5.4 Kommunikationspolitik 423

den von den Herstellern bspw. Verkäufertrainings, spezielle Verkaufswettbewerbe oder


zeitlich befristete Zusatzrabatte angeboten.
• Sales-Force-Promotion (Außendienstpromotion)
Außendienstpromotions zielen unmittelbar auf die Motivation des Außendienstes ab.
Dieser soll bspw. dazu angeregt werden, den Umsatz innerhalb eines spezifischen Zeit-
fensters nachhaltig zu steigern. Hierzu können ebenfalls Verkäuferwettbewerbe oder
zusätzliche Leistungsprämien eingesetzt werden.
Der Außendienst kann sich im Direktvertrieb direkt an den Endkunden wenden.
Dies ist bspw. bei Vorwerk im Hinblick auf Konsumenten und bei Bosch bzgl. der
Industriekunden der Fall. Der Außendienst kann sich – wie im Pharmamarkt – nicht nur
an die Ärzte, sondern auch an den Pharma-Großhandel sowie die Apotheken als Einzel-
handelsstufe wenden.

cc Merk-Box  Alle Arten der Verkaufsförderung zielen letztlich darauf ab, den Um-
satz – und hoffentlich auch den Gewinn – für das leistende Unternehmen kurz-
fristig zu steigern.

5.4.3.5 Direkt- bzw. Dialogkommunikation


Die Direkt- bzw. Dialogkommunikation (im Folgenden Dialogkommunikation genannt)
stellt ein besonders wichtiges Instrument des Direkt- bzw. Dialog-Marketings dar (vgl.
weiterführend Kreutzer, 2021a; Holland, 2016; Peppers & Rogers, 2016). Die Dialog-
kommunikation umfasst im Kern alle Aktivitäten, die sich einer einstufigen (direkten)
Kommunikation bedienen, um Zielgruppen gezielt zu erreichen (vgl. vertiefend Kreut-
zer, 2021a, S. 199–204). Die Ansprache kann in verschiedenen Formen erfolgen:

• Individuelle Einzelansprache
Die individuelle Einzelansprache erfolgt ausgerichtet auf jeden einzelnen Empfänger.
Basierend auf der bisherigen Kundenhistorie (etwa bisher getätigte Käufe) oder auf
weiteren Daten erfolgt eine ganz individuelle Ansprache. Dann heißt es bspw.: „… für
Sie als Fahrer des Audi A5 Cabriolets …“. Oder es wird ein spezifisches Versicherungs-
angebot auf Basis des Geburtsdatums präsentiert: „… nur noch bis zu Ihrem Geburtstag
am 9.5. gelten unsere niedrigeren Einstiegsprämien …“. Durch eine solche Ansprache
kann eine hohe Relevanz der übermittelten Botschaften erreicht werden.
• Persönliche Einzelansprache
Bei der persönlichen Einzelansprache wird eine größere Zielgruppe mit identischem
Inhalt namentlich angesprochen („Sehr geehrte Frau Paschen, …“). Eine weiter-
führende Individualisierung der Inhalte des Schreibens erfolgt dagegen nicht.
• Teiladressierte Ansprache
Eine lediglich teiladressierte Ansprache liegt vor, wenn ein Haushalt wie folgt adres-
siert wird: „An die Gartenfreunde des Hauses Alter Heeresweg 36 in 53639 Königs-
424 5 Marketing-Instrumente

winter“. Dies ist eine spezifische Sendungsform der Deutschen Post mit Namen Post-
wurfspecial.
• Unadressierte Ansprache
Eine unadressierte Ansprache erfolgt bspw. durch die Hausverteilung von Produkt-
proben (Sampling) oder durch Postaktuell (früher Postwurfsendung genannt). Durch
Postaktuell können unadressierte Werbeprospekte, Flyer und Kataloge an ausgewählte
Haushalte verteilt werden – von regional bis deutschlandweit. Auch hier liegt noch eine
direkte Ansprache vor, weil die Botschaft unmittelbar den Briefkasten der Zielperson
erreicht.

Zur Dialogkommunikation gehören zusätzlich auch die Aktivitäten, die sich einer
mehrstufigen Kommunikation bedienen, um einen direkten individuellen Kontakt her-
zustellen. Hierzu zählen spezifische Ausgestaltungen der bereits diskutierten Werbemittel.
Ein TV-Spot wird zu einem Instrument der Dialogkommunikation, wenn eine direkte Re-
aktionsmöglichkeit angeboten wird. Bei einem solchen DR-TV-Spot werden eine oder
mehrere der folgenden Kontaktmöglichkeiten angeboten:

• postalische Adresse
• E-Mail-Adresse
• Homepage oder eine andere spezifische Internet-Adresse (URL)
• Telefonnummer

Das Ziel eines DR-TV-Spots besteht darin, den Zuschauer zu einer unmittelbaren Re-
aktion i. S. einer Direct Response (DR) zu bewegen.

cc Merk-Box  Durch die Integration verschiedener Reaktionsmöglichkeiten wer-


den klassische Werbemedien zu Response-Medien. Und klassische Werbe-
mittel werden zu Response-Werbemitteln. Durch die Aufforderung zur Re-
aktion kann die Wirkung dieser Werbemittel viel besser bewertet werden.

Durch die Integration von Reaktionsmöglichkeiten wird:

• ein TV-Spot wird zum DR-TV-Spot,


• ein Radio-Spot zum DR-Radio-Spot,
• eine Anzeige zur DR-Anzeige und
• ein Plakat zum DR-Plakat.

Die meisten Online-Angebote von Unternehmen zielen heute auf eine unmittelbare
Reaktion des Nutzers ab. Das ist bei Online-Bannern, Keyword-Anzeigen wie auch bei
vielen Engagements in den sozialen Medien der Fall. Vielfach laden auch die Corporate
Websites zur Reaktion ein – bspw. durch das Angebot eines Newsletters oder den Down-
load von weiteren Informationen (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021b).
5.4 Kommunikationspolitik 425

cc Merk-Box  Durch die Aufforderung zur Reaktion versuchen die Unternehmen,


die Zuschauer, Zuhörer, Leser bzw. die Online-Nutzer aus ihrer Anonymität
herauszuführen. Erst durch die Gewinnung von Kontaktdaten können die
Unternehmen diese Personen direkt ansprechen.

Die Gewinnung dieser Kontaktdaten ist häufig auch die vorrangige Zielsetzung von
Gewinnspielen. Wenn eine Adresse, eine Telefonnummer bzw. eine E-Mail-Adresse vor-
liegt, kann eine direkte Interaktion und damit ein Dialog mit den dahinterstehenden Perso-
nen beginnen. Wichtig ist hierbei, dass beim Einsatz von Telefon und E-Mail die erforder-
lichen Permissions (Erlaubnisse) zur Kontaktaufnahme vorliegen müssen. Bei einer
Ansprache durch einen persönlich adressierten Brief ist eine solche Erlaubnis nicht er-
forderlich.
Die Begriffe Dialogkommunikation und Dialogwerbung sollten präzise ver-
wendet werden:

• Von Dialogkommunikation und nicht von Dialogwerbung ist zu sprechen, wenn bei
einer Ansprache keine Werbeziele im Mittelpunkt stehen. So kann bspw. ein Interessen-
verband der pharmazeutischen Industrie wichtige Politiker per Mailing der per E-Mail
ansprechen, um diese zu einer bestimmten Intervention bei anstehenden Gesetz-
gebungsverfahren zu motivieren. Hierbei liegen eher PR-Ziele zugrunde.
• Von Dialogwerbung ist zu sprechen, wenn direkt wirkende Kommunikations-
instrumente zur Erreichung werblicher Ziele eingesetzt werden.

Eines der wichtigsten Instrumente der Dialogkommunikation und damit auch der
Dialogwerbung ist das Mailing. Dieses wird auch Direct Mail, Werbebrief oder – in Ab-
grenzung zur E-Mail  – White Mail genannt. Der Einsatz von Mailings kann sich auf
verschiedene Zielgruppen ausrichten:

• Ansprache der eigenen Kunden


Viele Unternehmen können im Zuge des Verkaufsprozesses die Kundenadressen ge-
winnen. Dies ist bei vielen Online-Shops sowie bei anderen Arten des Direktvertriebs
der Fall. Viele Markenartikel-Hersteller und auch viele Handelsunternehmen kennen
ihre (End-)Kunden allerdings nach wie vor nicht. Um diese Lücke zu schließen, nutzen
immer mehr Unternehmen Kundenbindungssysteme. Eines der zentralen Ziele dieser
Systeme stellt die Gewinnung von Adressdaten und weiteren Informationen dar. Nur
dann kann in den Kundendialog eingestiegen werden (vgl. Abschn.  5.4.5.2; weiter-
führend Kreutzer, 2021a, S. 267–354).
• Ansprache von Wunsch-Kunden
Um Wunsch-Kunden anzusprechen, können deren Adressen im B2C- sowie im B2B-­
Markt für werbliche Zwecke angemietet werden (vgl. die Ausführungen zur
akquisitionsorientierten Segmentierung in Abschn.  4.2.2.3; zur Adressanmietung
Kreutzer, 2021a, S. 101–117). Vor dem Einsatz der angemieteten Adressen ist der Ab-
426 5 Marketing-Instrumente

gleich gegen die vom Deutschen Dialogmarketing Verband (DDV) geführte


Brief-Robinsonliste empfohlen. In diese können sich Personen eintragen lassen, die
keine adressierten Werbebriefe von Unternehmen erhalten möchten, bei denen sie
nicht Kunde sind oder nicht ausdrücklich der Zusendung zugestimmt haben (vgl. DDV,
2021). Weitere Informationen sind unter www.ichhabediewahl.de verfügbar.

Die Deutsche Post veröffentlich laufend Studien, die die Wirksamkeit von Mailings –
auch im Verbund mit anderen Medien – untersuchten Hier sind einige der Studien auf-
gezeigt, die über die Website der Deutschen Post heruntergeladen werden können:

• CMC Print-Mailing-Studie 2021: Neukundengewinnung


• CMC Dialogpost-Studie 2020
• Dialogmarketing-Monitor 2020

Telefon-Marketing ist ein wichtiges Instrument der Dialogkommunikation. Beim


Telefon-­Marketing sind zwei verschiedene Ausprägungen zu unterscheiden:

• Inbound-Telefon-Marketing (i.  S. von „hereinkommend“; auch passives Telefon-­


Marketing)
Beim passiven Telefon-Marketing nimmt eine Person mit dem Unternehmen Kontakt
auf, um bspw. Informationen anzufordern, eine Reklamation vorzunehmen oder eine
Bestellung zu platzieren. Dem Inbound-Telefon-Marketing kommt über die Akqui­
sitionsphase hinaus auch im Rahmen der Kundenbetreuung als Leistung eines
Customer-­Service-­Centers eine zentrale Bedeutung zu.
In einem solchen Customer-Service-Center werden häufig die verschiedenen
Kommunikationskanäle für Interessenten und Kunden betreut. Hierzu zählen neben
dem Telefon auch die Kommunikation über Briefe, E-Mail und Fax sowie der Aus-
tausch über Blogs, Communitys sowie über soziale Medien.
• Outbound-Telefon-Marketing (i.  S. von „hinausgehend“; auch aktives Telefon-­
Marketing)
Beim aktiven Telefon-Marketing nehmen Unternehmensmitarbeiter oder entsprechende
Dienstleister direkten Kontakt zur Zielperson auf. SMS- und MMS-Ansprachen sowie
WhatsApp-Nachrichten gehören ebenfalls zu diesem Instrument. Basierend auf den im
Unternehmen bereits vorhandenen Daten können zur weiteren Informationsgewinnung
sowie zum aktiven Verkauf Outbound Calls durchgeführt werden. Ein solches Tele-
fonat ermöglicht vielfach eine differenzierte Informationsbeschaffung und -bereit-
stellung, die allerdings sehr zeit- und damit kostenaufwändig ist und deshalb sehr ge-
zielt eingesetzt werden sollte. Außerdem setzt ein werblicher Telefon-Anruf nach § 7
(2) 2 UWG ein explizites Einverständnis (Permission) des Angerufenen voraus. Bei
Geschäftskunden wird zumindest eine mutmaßliche Einwilligung vorausgesetzt (vgl.
UWG, 2021; dieser Aspekt wird nachfolgend vertieft).
5.4 Kommunikationspolitik 427

Eine besonders wichtige Ausprägung des Telefon-Marketings stellt das Mobile Mar-
keting dar (vgl. Kreutzer, 2021b, S. 387–405; Rieber, 2017). Hierunter fallen alle kommu-
nikativen Maßnahmen, die ein Unternehmen unter Einsatz der telefonischen Kontaktauf-
nahme über mobile Endgeräte initiiert, um damit das Verhalten insb. von Interessenten und
Kunden direkt zu beeinflussen. Hier findet sich das wichtige Einsatzfeld des sogenannten
App-Marketings. Apps  – als Abkürzung von Application („Anwendung“)  – sind Pro-
gramme, die einen sehr einfachen mobilen Zugriff auf online verfügbare Inhalte er-
möglichen.
Mobile Marketing bietet Unternehmen die in Abb. 5.71 aufgezeigten Einsatzfelder.

• Mobile Übermittlung von Informationen durch die Unternehmen


Die Art der mobil zur Verfügung gestellten Informationen umfasst zunächst Werbung.
Hier wird von mobiler Display-Werbung gesprochen. Aufgrund der zunehmenden
Verbreitung mobiler Anwendungen ist nachvollziehbar, warum mobile Online-­Werbung
dramatisch an Bedeutung gewinnt.
Aufgrund der Relevanz von Apps bei der mobilen Internet-Nutzung werden ver-
stärkt In-App-Ads eingesetzt – die Einbindung von Werbung in die Apps selbst. Ten-
denziell können diese Werbeformen im Vergleich zur klassischen mobilen Display-Wer-
bung einen höheren Wirkungsgrad entfalten, da sich die Nutzer im Moment der
Werbeeinblendung aktiv mit der jeweiligen App beschäftigen. Allerdings ist zu prüfen,
welches Ziel mit der App erreicht werden soll: eine Monetarisierung über Werbung
oder eine Beschäftigung mit den Inhalten des App-Anbieters selbst.
Zusätzlich zur Werbung können sich Informationen als Ausdruck der Location-Ba-
sed Services auf den Aufenthaltsort des Nutzers beziehen, wenn dieser dazu seine Er-
laubnis erteilt hat. So können bspw. Coupons der Kundenbindungsprogramme Payback
oder BSW gezielt auf die Region ausgerichtet werden, in der sich die Zielperson auf-
hält. Routenplaner erleichtern gleichzeitig das Auffinden der entsprechenden Anbieter.
Weitere Projekte zielen auf die Auslieferung „passender“ Coupons direkt am POS ab,
wenn sich der Nutzer in dessen Nähe befindet.

Mobile Mobiler Verkauf und


Mobile Übermittlung Marketing mobile Auslieferung von
von Informationen Produkten und
Dienstleistungen

Mobiler Verkauf von


Mobile Gewinnung
realen Produkten und
von Informationen
Dienstleistungen

Abb. 5.71  Einsatzfelder des Mobile Marketings aus Unternehmenssicht


428 5 Marketing-Instrumente

Außerdem können standortunabhängige Informationen mobil abgerufen werden.


Hierzu zählen bspw. die kostenlos zugreifbaren Nachrichten vieler Zeitungsverlage
sowie von TV- und Radio-Sendern. Auch die kostenlosen Auskünfte (etwa der Deut-
schen Bahn) gehören zu diesem Segment.
• Mobile Gewinnung von Informationen durch die Unternehmen
Der mobile Kontakt zu Interessenten und Kunden kann auch dazu genutzt werden, um
weitere Informationen über diese zu gewinnen. Hierzu bieten sich bspw. Umfragen
oder Gewinnspiele an. Außerdem generiert die – Permission-basierte – Lokalisierung
von Nutzern spannende Datenströme.
• Mobiler Verkauf und mobile Auslieferung von virtuellen Produkten und Dienst-
leistungen
Virtuell verfügbare Produkte können nicht nur mobil bestellt, sondern ebenfalls
mobil ausgeliefert werden. Dies gilt für Online-Spiele, Musik, Videos, Bücher sowie
Zeitungen und Zeitschriften. Teilweise werden diese Inhalte in speziellen Apps präsen-
tiert und ermöglichen, dass die erworbenen Inhalte gleich angehört, gesehen, gelesen
oder anderweitig genutzt werden können.
Auch Dienstleistungen sind mobil abrufbar. Hierzu zählen die kostenlosen bzw.
kostenpflichtigen Angebote von Streaming-Dienstleistern wie Amazon Prime, DAZN,
Netflix und Spotify.
Der Bezug kostenpflichtiger virtueller Produkte und Dienstleistungen geht mit
Zahlungstransaktionen einher. Die Bezahlung dieser Transaktionen, die zum Mobile
Commerce oder M-Commerce zählen, erfolgt ebenfalls über digitale Plattformen.
Hierzu gehören PayPal und giropay sowie Apple Pay, Facebook Pay, Google Pay, We-
Chat Pay & Co.
• Mobiler Verkauf von realen Produkten und Dienstleistungen
Die Bestellung realer Produkte (bspw. Bekleidung von H&M oder Zara) kann eben-
falls mobil erfolgen. Das Gleiche gilt für die Buchung von Dienstleistungen, deren
Inanspruchnahme in der physischen Welt erfolgt. Hier ist an Flüge, Übernachtungen
oder die Nutzung von Mietwagen zu denken. Auch hiermit gehen Zahlungstrans-
aktionen einher. Während bei einer Bekleidungsbestellung kein Bezug zum Aufent-
haltsort des Nutzers gegeben ist, liegt dieser beim mobilen Kauf eines Tickets für den
Parkautomaten oder zur Nutzung einer U-Bahn vor. Alle diese Kauftransaktionen, die
durch mobile Devices angestoßen werden, zählen ebenfalls zum M-Commerce.

Viele der hier beschriebenen Anwendungen basieren auf Apps, die sich nach wie vor
inflationär verbreiten. Diese Entwicklung wird auch dadurch befeuert, dass die meisten
Apps kostenlos angeboten werden. Auch die kostenpflichtigen Apps weisen seit 2009
weltweit lediglich einen Durchschnittspreis um 2 US-$ auf (vgl. Statista, 2021i).
Bei den Apps sind verschiedene App-Geschäftsmodelle zu unterscheiden, die teil-
weise auch in Kombinationen auftreten:
5.4 Kommunikationspolitik 429

• Gratis-Apps für unterschiedliche Dienstleistungen


Diese Apps weisen meist die größte Nutzerbasis auf und finanzieren sich durch In-App-­
Werbung und/oder den Verkauf von Daten, die im Zuge der Nutzung gewonnen werden.
• Freemium-Apps
In Ergänzung zu einer kostenlosen Basis-Version gibt es gegen eine Gebühr eine
Premium-­Variante, die zusätzliche Funktionalitäten aufweist und zusätzlich dann häu-
fig werbefrei ist.
• Abonnement-Apps
Medien-Unternehmen setzen vielfach eine solche App ein, um ihren Content hinter
einer Paywall anzubieten. Häufig werden zunächst wenige Online-Zugriffe auf die
bereitgestellten Inhalte kostenlos angeboten. Hier liegt eine Ähnlichkeit zur Freemium-­
Strategie vor.
• Kostenpflichtige Apps
Diese Apps können im App-Store nur gegen eine Gebühr erworben werden.
• Shopping-Apps
Diese Apps unterstützen den Verkauf digitaler und/oder nicht-digitaler Produkte und
Dienstleistungen und werden deshalb meist kostenlos angeboten, da sie schwerpunkt-
mäßig als weiterer Werbe- sowie als Dialog-Kanal fungieren.

Teilweise wird aufgrund der Relevanz dieser Programme von einer App-Economy ge-
sprochen. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass der Download einer App nicht auto-
matisch mit deren intensiver Nutzung gleichzusetzen ist. Das ist auch nachvollziehbar,
wenn man sich vor Augen führt, dass über 50  % der Smartphone-Nutzer 13 und mehr
Apps installiert haben (vgl. Statista, 2020b, S. 21). Da nicht jede App zu einer intensiv
genutzten Pareto-App werden kann, ist von einem hohen Anteil an Sleeper-Apps
auszugehen.

cc Denkanstoß  Prüfen Sie doch selbst einmal, welche Apps Sie heruntergeladen
haben, aber nie oder fast nie nutzen! Wie hoch ist Ihr Anteil an Sleeper-Apps?

Um eine intensive Nutzung der Apps zu unterstützen, ist beim Einsatz von Apps nicht
nur ein Budget für die Entwicklung und laufende Programmpflege vorzusehen. Zu-
sätzlich sollten die Anbieter von Apps auch ein Budget fürs App-Marketing einplanen.
Dieses darf sich nicht allein auf den Launch-Zeitpunkt beziehen, sondern sollte die ge-
samte Laufzeit der App begleiten. Denn viele Apps stellen keine Selbstläufer dar und
müssen kontinuierlich beworben werden, wenn sie keine überragende Relevanz für die
Nutzer erzielen.
Die Relevanz des App-Marketings resultiert aus der Tatsache, dass eine 24/7-Erreich-
barkeit zunehmend als „lebensnotwendig“ erachtet wird und immer mehr Menschen „al-
ways on“ sind.
430 5 Marketing-Instrumente

cc Merk-Box  Das Handy wird immer stärker zu einem sehr persönlichen Smart
Service Terminal. Es stellt für Unternehmen einen immer wichtiger werdenden
Zugangskanal zu den unterschiedlichsten Zielgruppen dar. 

Eine weitere Möglichkeit, insb. die mobile Kommunikation zu intensivieren, liefert der
QR-Code. Wie schon dargelegt, steht QR für Quick Response. Der QR-Code besteht aus
einer quadratischen Matrix und enthält Daten, die durch eine Software ausgelesen werden
können. Diese liegt bereits für viele Smartphone und weitere Mobile Devices als Apps vor
oder ist bereits als Funktion in die Kamera integriert.
Richtet man das Lesegerät (bspw. das Smartphone) auf den Code aus und scannt die-
sen, erfolgt durch die Software die Decodierung. Der Nutzer wird zu ergänzenden Infor-
mationen auf einer Website weitergeleitet (vgl. Abb. 5.72).
Der QR-Code kann bspw. genutzt werden, um eine Web-Adresse zu kodieren und dem
Anwender unmittelbar weiterführende Informationen oder konkrete Angebote zu unter-
breiten. Nach dem Scannen und Auslesen des Codes muss der Nutzer ggf. nur noch auf
Senden drücken, um eine Bestellung auszulösen. Außer der Web-Adresse als Link zu kon-
kreten Angeboten kann der Code auch Telefonnummer, Adresse oder weitere textliche
Informationen enthalten.
Um den Code zu verbreiten, wird dieser häufig in Anzeigen, Flugblättern, Mailings,
Flyern oder auch auf Plakaten eingesetzt. Auch in Zeitung und Zeitschriften wird er regel-
mäßig eingesetzt, um eine leichtere Kontaktaufnahme oder direkte Bestellungen
auszulösen.

cc Merk-Box  Der Vorteil des QR-Codes besteht darin, dass das fehleranfällige und
zeitaufwändige (mobile) Eintippen einer Web-Adresse entfällt. Dies ist ein ech-
ter Nutzungsvorteil. 

Zur Erzeugung des QR-Codes wird ein QR-Code-Writer benötigt. Solche sind online
leicht zu finden (bspw. http://goqr.me/de/). Der Rechtinhaber am QR-Code, das japanische
Unternehmen Denso Wave, hat die Spezifikationen des Codes öffentlich zugänglich

45&RGH 6FDQQHQ 'HFRGLHUHQ:HEVLWH

Abb. 5.72  Erfassung des QR-Codes


5.4 Kommunikationspolitik 431

g­ emacht und verzichtet auf seine Rechte als Patentinhaber. Der Einsatz des QR-Codes
steht damit jedem kostenlos zur Verfügung.
Für den Einsatz von Instrumenten der Dialogkommunikation (hier insb. Telefon,
E-Mail, Fax) hat der Gesetzgeber strenge Regeln definiert. Diese sind sowohl bei der
­Kundenakquisition wie auch bei der Kundenbetreuung zu berücksichtigen. Neben den
Regeln der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sind hier vor allem auch die Regeln
des UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 2021) zu berücksichtigen. Dort wird
in § 7 zum Themenfeld unzumutbare Belästigungen wörtlich ausgeführt:

1. „Eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise


belästigt wird, ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für Werbung, obwohl erkennbar
ist, dass der angesprochene Marktteilnehmer diese Werbung nicht wünscht.
2. Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen
1. bei Werbung unter Verwendung eines in den Nummern 2 und 3 nicht aufgeführten,
für den Fernabsatz geeigneten Mittels der kommerziellen Kommunikation, durch
die ein Verbraucher hartnäckig angesprochen wird, obwohl er dies erkennbar nicht
wünscht;
2. bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen
vorherige ausdrückliche Einwilligung oder gegenüber einem sonstigen Marktteil-
nehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung,
3. bei Werbung unter Verwendung einer automatischen Anrufmaschine, eines Fax-
gerätes oder elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Ein-
willigung des Adressaten vorliegt, oder
4. bei Werbung mit einer Nachricht,
a. bei der die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt
wird, verschleiert oder verheimlicht wird oder
b. bei der gegen § 6 Absatz 1 des Telemediengesetzes verstoßen wird oder in der der
Empfänger aufgefordert wird, eine Website aufzurufen, die gegen diese Vor-
schrift verstößt, oder
c. bei der keine gültige Adresse vorhanden ist, an die der Empfänger eine Auf-
forderung zur Einstellung solcher Nachrichten richten kann, ohne dass hierfür
andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.
3. Abweichend von Absatz 2 Nummer 3 ist eine unzumutbare Belästigung bei einer Wer-
bung unter Verwendung elektronischer Post nicht anzunehmen, wenn
1. ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienst-
leistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,
2. der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder
Dienstleistungen verwendet,
3. der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
4. der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich
darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann,
ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen
entstehen.“
432 5 Marketing-Instrumente

Wie heißt die schöne Regel im Datenschutz?

cc Merk-Box  Verbot mit Erlaubnisvorbehalt 


Verboten ist alles, es sei denn, es ist erlaubt. Deshalb sind die Unternehmen auf-
gerufen, von ihren Kunden die Erlaubnis zur Verarbeitung und zur Nutzung von
personenbezogenen Daten zu erhalten.

Der Begriff Permission steht für Erlaubnis und soll zum Ausdruck bringen, dass es von
der Entscheidung des Empfängers abhängt, in welcher Weise dieser angesprochen werden
darf. Nach § 7 (2) 1 UWG darf bspw. keine unadressierte Werbung zugestellt werden,
wenn am Briefkasten ein „Keine Werbung“-Aufkleber angebracht ist. Vollständig adres-
sierte Schreiben dürfen allerdings auch bei einem Werbe-Stopp-Aufkleber ein-
geworfen werden.
Verboten ist nach § 7 (2) 2 UWG ein werblicher Telefonanruf an Verbraucher, wenn
Verbraucher diesem nicht explizit zugestimmt haben. Hier wird von einer Opt-in-­
Regelung gesprochen. Der Verbraucher muss dafür gestimmt bzw. optiert haben, dass er
telefonisch angesprochen werden darf. Eine werbliche telefonische Kontaktaufnahme
gegenüber anderen Marktteilnehmern (hier sind insb. Unternehmen gemeint) ist nach § 7
(2) 2 UWG bei einer mutmaßlichen Einwilligung zulässig. Es liegt die Überlegung zu-
grunde, dass Unternehmensvertreter eine geringere Schutzbedürftigkeit gegenüber Werbe-
anrufen aufweisen als Verbraucher. Allerdings legen die meisten Richter in Deutschland
den Begriff „mutmaßliche Einwilligung“ eng aus.
Eine werbliche Kontaktaufnahme durch Anrufmaschinen, Fax und E-Mail ist
ohne Einwilligung des Adressaten generell verboten (§  7 (2) 3 UWG). Hier unter-
scheidet der Gesetzgeber nicht zwischen Konsumenten und Entscheidungsträgern in
Unternehmen.
Eine Erleichterung für E-Mail-Werbung bietet § 7 (3) UWG für Unternehmen, die im
Zuge ihrer Geschäftstätigkeit mit den Kunden deren E-Mail-Adresse erhalten. Hiernach
darf ein Unternehmen diese Adresse für eigene werbliche Zwecke einsetzen, solange der
Kunde dem nicht widerspricht, auf das Widerspruchsrecht hingewiesen wird und für
eigene ähnliche Angebote geworben wird. Dies ist eine Opt-out-Regelung. Hier muss der
Kunde für den Ausstieg optieren, wenn er keine weiteren E-Mails erhalten möchte (vgl.
vertiefend Blind & Stumpfrock, 2021, S. 387–410).
Der Erfolg der Dialogkommunikation geht neben der Berücksichtigung dieser recht-
lichen Rahmenbedingungen mit dem Aufbau und der Pflege einer Interessenten- und
Kundendatenbank (auch CRM-Datenbank) einher. Die Aufgaben einer CRM-­
Datenbank umfassen die Ermittlung, Aufbereitung, Zusammenführung, Speicherung,
Auswertung und Aktualisierung von kunden- und interessentenbezogenen Adress-, Profil-
und Historiendaten. Basierend auf gut aufbereiteten Informationen über die Empfänger
können idealerweise „relevantere“ Inhalte übermittelt werden – die zu weiteren profita­
blen Umsätzen führen. Die große Herausforderung besteht darin, die online und offline
5.4 Kommunikationspolitik 433

gewonnenen Daten in einem System zusammenzuführen (vgl. weiterführend Kreutzer,


2021a, S. 71–150).
Der Erfolg der Dialogkommunikation – online wie offline – kann anhand mehrerer
Kriterien bewertet werden. Der Vorteil gegenüber der klassischen Kommunikation besteht
darin, dass sich Reaktionen bei Dialogmaßnahmen meist unmittelbar auf bestimmte
­Anstöße und damit verbundene Kosten zurückführen lassen. Bei einer klassischen Werbe-
kampagne lassen sich Erfolgskennzahlen, wie bspw. Werbeerinnerung, Image etc., häufig
erst durch eine gezielte Marketing-Forschung erheben.
Im Mittelpunkt der Erfolgsanalyse der Dialogkommunikation stehen u. a. die folgen-
den Kriterien:

• Responsequote
Anzahl der Personen, die eine gewünschte Reaktion gezeigt haben (Informations-
abforderung, Opt-in-Gewährung, Bestellung, „Fan-Werdung“ o. a.), gemessen in Rela-
tion zur Gesamtzahl der angesprochenen Personen einer Aktion in Prozent.

Reagierer
Responsequote = ∗100
Gesamtzahl der angesprochenen Personen

Je höher die Responsequote ist, desto besser – soweit die Response aus Unternehmens-
sicht positiv ist.
• Bestellquote
Anzahl der Personen, die on- und/oder offline gekauft haben, in Relation zur Gesamt-
zahl der angesprochenen Personen einer Aktion in Prozent.

Besteller
Bestellquote = ∗ 100
Gesamtzahl der angesprochenen Personen

Je höher die Bestellquote ist, desto besser.


• Umsatzprofitabilität pro Kauf bzw. Profitability per Order (PPO) bzw. Return on
Sales (ROS)
Diese Zahl sagt aus, wie profitabel ein getätigter Umsatz eines Kunden für ein Unter-
nehmen ist. Hier wird meist mit der Bruttomarge gerechnet. Diese ergibt sich, wenn
vom Umsatzerlös (ohne Umsatzsteuer) die Kosten für den Wareneinsatz ab-
gezogen werden.

Bruttomarge
 =
Umsatzprofitabilitat ∗100
Umsatz

Je höher die Umsatzprofitabilität ist, desto besser.
434 5 Marketing-Instrumente

• Cost per Interest (CPI) bzw. Cost per Lead (CPL)


Zur Ermittlung der CPI werden die gesamten Kosten einer Neukundengewinnungs-
aktion durch alle gewonnenen Interessenten (auch Leads genannt) geteilt. So ergeben
sich die Kosten pro gewonnenen Interessenten bei einer mehrstufigen Gewinnung
von Kunden.

Gesamtkosten einer Neukundengewinnungsaktion


Cost per Interest =
Gesamtzahl der neu gewonnenen Interessenten

Je niedriger der Wert, desto kostengünstiger war es, einen Interessenten (Lead, Interest)
zu generieren. Spannend ist jedoch die Frage, ob die gewonnenen Interessenten auch zu
Kunden „gemacht“ werden können. Schließlich kosten Interessenten nur Geld, wäh-
rend mit Kunden Umsätze und – noch besser – Deckungsbeiträge erwirtschaftet wer-
den können.
• Cost per Order (CPO)
Die Cost per Order zeigen auf, wie viel für die Gewinnung einer Bestellung investiert
werden musste. Hierfür müssen die gesamten Kosten einer Akquisitionsmaßnahme
durch die Anzahl der ausgelösten Bestellungen geteilt werden. Auf diese Weise werden
die Kosten pro Auftrag bzw. pro Bestellung ermittelt.

Gesamtkosten einer Akquisitionsmaβnahme


Cost per Order =

Gesamtzahl der ausgelosten Bestellungen

Je niedriger der Wert, desto kostengünstiger war es, einen Auftrag oder eine Bestellung
auszulösen. Dieser Wert ist sinnvollerweise in Zusammenhang mit dem erzielten Um-
satz bzw. besser mit dem erzielten Deckungsbeitrag der Bestellung zu interpretieren.
Auch die „Haltbarkeit“ und der über mehrere Jahre erzielte Kundenwert sind hierbei zu
berücksichtigen.
• Revenue per Visit (RPV)/Revenue per Visitor (RPV)
Die Kenngröße Revenue per Visit weist aus, wie viel Umsatz pro Website-Besucher
bzw. pro Website-Besuch in einem Online-Shop erlöst wurde. Sie wird ermittelt, indem
der Gesamtumsatz (bspw. einer Woche oder eines Monats) durch die Anzahl der
Website-­Besuche oder der Website-Besucher dividiert wird.

Gesamtumsatz des Online − Shops ( bspw.einer Woche )


Revenue per Visit =
Gesamtzahl der Website − Besuche ( bspw.einer Woche )

Gesamtumsatz des Online − Shops ( bspw.einer Woche )


Revenue per Visitor =
Gesamtzahl der Website − Besucher ( bspw.einer Woche )

5.4 Kommunikationspolitik 435

Je höher der Wert ausfällt, desto umsatzstärker war eine Maßnahme.


• Einlösequote bzw. Redemption-Rate (RR)
Anzahl der Personen, die bspw. einen Coupon oder einen Wertscheck eingelöst haben,
in Relation zur Gesamtzahl der ausgegebenen Coupons bzw. Wertschecks einer Aktion
in Prozent.


Einloser

Einlosequote = ∗100
Gesamtzahl der ausgegebenen Coupons bzw.Wertschecks

Je höher die Einlösequote ist, desto besser.
• Umsatz pro Coupon
Umsatz, den teilnehmende Personen bei einem Couponeinsatz durchschnittlich ge-
tätigt haben.


Umsatz, der durch eine Couponing − Maβnahme gewonnen wurde
Umsatz pro Coupon =

Anzahl der eingelosten Coupons

Je höher der Umsatz pro Coupon ausfällt, desto besser.


• Cost per Coupon (CPC)
Teilung der Kosten für eine Couponing-Aktion durch alle ausgegebenen Coupons, um
die Kosten pro verteilten Coupon zu erhalten.

Gesamtkosten einer Couponing − Aktion


Cost per Coupon =
Gesamtzahl der ausgegebenen Coupons

Je niedriger die Kosten sind, desto besser.
• Cost per Redemption (CPR)
Teilung der Aktionskosten durch alle eingelösten Coupons, um die Kosten pro ein-
gelösten Coupon und damit pro erzielten Kauf zu ermitteln.

Gesamtkosten einer Couponing − Aktion


Cost per Redemption =

Gesamtzahl der eingelosten Coupons

Je niedriger die Kosten ausfallen, desto besser.
• Click-Through-Rate (bei Online-Bannern, Keyword-Anzeigen)
Bei der Click-Through-Rate wird die Anzahl der Klicks auf eine Anzeige (Ad Clicks)
in Relation zu den gesehenen Anzeigen (Ad Impressions) gesetzt. Sie ist ein wichtiges
Kriterium für die Bewertung der Werbewirkung verschiedener Online-Anzeigen.
436 5 Marketing-Instrumente

Ad Clicks
Click − Through − Rate = ∗100
Ad Impressions

• Break-even-Point
Ermittlung der Verkaufsmenge bei einer bestimmten Dialog-Marketing-Aktion, an dem
die erzielten Umsatzerlöse und die Kosten der Aktion gleich hoch sind. An diesem
Punkt wird weder ein Verlust noch ein Gewinn erwirtschaftet. Wird eine größere An-
zahl als die zur Erreichung des Break-even-Points notwendige verkauft, erzielt das
Unternehmen einen Gewinn (vgl. Abschn. 5.1.2.2).
• Return on Investment (ROI)
Um die Rentabilität i. S. der Verzinsung einer Investition zu ermitteln, wird der ROI
berechnet. Hierzu wird der erzielte Gewinn in Relation zum investierten Kapital gesetzt.

Gewinn
Return on Investment = ∗100
Eingesetztes Kapital

Je höher dieser Wert ist, desto profitabler war ein Investment.
• Return on Marketing Invest (ROMI)
Um die Rentabilität i. S. der Verzinsung einer Investition in Marketing zu ermitteln,
wird der ROMI berechnet. Hierzu wird der erzielte Gewinn einer spezifischen
Marketing-­Aktion in Relation zu den damit einhergehenden Kosten i. S. der Marketing-­
Investition gesetzt.

Gewinn
Return on Marketing Invest = ∗100
Marketing − Kosten

Je höher dieser Wert ist, desto profitabler war eine Marketing-Aktion.
• Return on Advertising Spend (ROAS)
Vergleichbar zum ROMI ist die Erfolgsgröße ROAS. Hier wird die Rentabilität einer
einzelnen Werbemaßnahme ermittelt, indem der erzielte Gewinn zu den Werbekosten
in Relation gesetzt wird. Wichtig ist der Hinweis, dass häufig auch der Umsatz als
Erfolgsgröße zur Ermittlung von ROAS herangezogen wird. Dies ist weniger aussage-
kräftig als bei der Konzentration auf den Gewinn. Schließlich ist nicht jeder Umsatz
profitabel – und vom Umsatz allein kann kein Unternehmen überleben.

Gewinn
Return on Advertising Spend = ∗100
Werbekosten

Je höher dieser Wert ist, desto profitabler war eine Werbeaktion.

Für das E-Mail-Marketing können darüber hinaus noch weitere spannende KPIs ein-
setzt werden (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021b, S. 335–386).
5.4 Kommunikationspolitik 437

• Zustellrate
Die Zustellrate gibt an, wie viele E-Mails zugestellt wurden.

Versandmenge − Bounces
Zustellrate = ∗100
Versandmenge

Je höher dieser Wert ist, desto gepflegter sind die eingesetzten E-Mail-Adressen. Die
Zustellrate sollte über 95 % liegen. Sonst sollte der E-Mail-Verteiler bereinigt werden,
weil eine geringe Zustellrate als Merkmal von SPAM-E-Mails angesehen wird.
• Softbounce/Hardbounce
Bounces sind nicht zustellbare E-Mails („to bounce“ bedeutet „abprallen“). Hierzu
sendet der Posteingangs-Server einen Fehlercode an den Versender. Es wird zwischen
temporärer Unzustellbarkeit (Softbounce) und dauerhafter Unzustellbarkeit (Hard-
bounce) unterschieden.

Hardbounce
Hardbounce − Rate = ∗100
Versandmenge

Softbounce
Softbounce − Rate = ∗100
Versandmenge

Die Bounce-Rates sind ein Indikator für die Qualität der E-Mail-Adressen – auch in
den Augen der Service-Provider des E-Mail-Marketings. Je höher die Bounce-Rates
ausfallen, desto schlechter ist die Qualität der eingesetzten E-Mail-Adressen.
• Unique Öffnungsrate (auch Unique Open Rate)
Die unique Öffnungsrate zeigt an, wie viele Empfänger eine E-Mail geöffnet haben.
Das mehrfache Öffnen einer E-Mail durch die gleiche Person wird hierbei nicht zusätz-
lich berücksichtigt.

Unique Offnungen

Unique Offnungsrate = ∗100
Zustellmenge

Die Höhe der uniquen Öffnungsrate sagt etwas über die Attraktivität der angekündigten
Inhalte sowie über die Attraktivität des Versenders in den Augen der Empfänger aus.
• Gesamte Öffnungsrate (auch Open Rate)
Bei der gesamten Öffnungsrate werden im Vergleich zur uniquen Öffnungsrate auch
die Mehrfach-Öffnungen gezählt. Deshalb kann die gesamte Öffnungsrate auch mehr
als 100 % erreichen.

Offnungen

Offnungsrate = ∗100
Zustellmenge

438 5 Marketing-Instrumente

Hohe Öffnungsraten sind ein Indikator für das Interesse der Empfänger an den präsen-
tierten Inhalten. Nicht alle E-Mail-Programme zählen das mehrfache Öffnen durch
einen Nutzer bzw. präziser durch eine IP-Adresse.
• Unique Klick-Rate (auch Netto-Klick-Rate, Klick-Rate bzw. Click-Through-Rate)
Bei der uniquen Klick-Rate wird der erste Klick eines Lesers auf einen Link in der
E-Mail gezählt (d. h. nur ein Klick pro Leser wird erfasst).

Unique Klicks
Netto − Klick − Rate = ∗100
Zustellmenge

Je höher dieser Wert ist, desto interessanter sind die präsentierten Inhalte in den Augen
der Empfänger.
• Klicks pro Link und durchschnittliche Clicks-pro-Link-Rate (auch Click-Rate)
Durch die Messzahl „Klicks pro Link“ kann für jeden Link einzeln ermittelt werden,
wie häufig er geklickt wurde. Basierend auf den so gewonnenen Informationen kann
eine Hitliste der interessantesten Themen erstellt werden. So kann eine Annäherung an
die Interessen der Empfänger erfolgen, um die Informationsangebote im Idealfall
immer stärker auf diese Erwartungen auszurichten.
Zusätzlich kann eine durchschnittliche Klicks-pro-Link-Rate ermittelt werden.
Hierfür wird die Anzahl der insgesamt durch einen Newsletter generierten Klicks durch
die Gesamtzahl der Links eines Newsletters geteilt.

Durchschnittliche Klicks − pro − Link − Rate =


Gesamtzahl der Klicks, die ein Newsletter generiert hat
Gesamtzahl der Links eines New wsletters

Je höher diese Werte sind, desto interessanter sind die präsentierten Inhalte in den
Augen der Empfänger. Mit der zunehmenden Zahl der Klicks steigt tendenziell auch
die Wahrscheinlichkeit, dass der Empfänger etwas Spannendes für sich findet.
• Klicks-zu-Öffnungen-Rate (auch Click-to-Open-Rate, CTRO)
Hier werden die uniquen Klicks in Relation zu den uniquen Öffnungen gesetzt. Hier-
durch wird ermittelt, wie viele der Öffner auch geklickt haben.

 Unique Klicks
Klicks − zu − Offnungen − Rate = ∗ 100

Unique Offnungen

Je höher dieser Wert ist, desto interessanter sind die präsentierten Inhalte in den Augen
der Empfänger.
• Lesedauer
Die Lesedauer zeigt an, wie lange eine E-Mail bzw. ein E-Newsletter betrachtet wird.
5.4 Kommunikationspolitik 439


Summe aller Offnungsdauern in Sekunden
Lesedauer = ∗100

Anzahl der Offnungen


Summe aller Offnungsdauern in Sekunden

Lesedauer je Offner = ∗100

unique Offnungen

Je höher dieser Wert ist, desto interessanter ist tendenziell auch der Inhalt. Eine lange
Lesedauer kann aber auch ein Indikator dafür sein, dass sich die Leser mit den Inhalten
und möglichen Calls-to-Action nicht zurechtfanden und deshalb viel Zeit in die Ana-
lyse der Inhalte investierten.
• Mobile Lese-Rate
Die mobile Lese-Rate zeigt, wie viele Leser eine E-Mail oder einen E-Newsletter auf
mobilen Endgeräten abgerufen haben.

Mobile Offnungen
Mobile Lese − Rate = ∗ 100

Gesamtzahl der Offnungen

Je höher dieser Wert ist, desto mehr Nutzer greifen mobil auf die kommunizierten In-
halte zu. Die mobile Lese-Rate ist bei der Ausgestaltung der Inhalte zu berücksichtigen.
Generell ist es sinnvoll, die E-Mail-Templates direkt für mobile Endgeräte zu optimie-
ren, weil die Anzahl der mobilen Zugriffe kontinuierlich zunimmt.
• Konversions-Rate (auch Conversion Rate)
In Abhängigkeit der Ziele einer E-Mail-Aktion können verschiedene Konversionen
(„Umwandlungen“) angestrebt werden. Hierzu zählen das Abonnement eines News-
letters, die Anforderung eines Angebots oder eines Katalogs, die Vereinbarung eines
Gesprächstermins, die Platzierung einer Bestellung oder der Besuch in einem stationä-
ren Geschäft.

Conversions
Conversion Rate = ∗100
Anzahl der Klicks

Je höher dieser Wert ist, desto effektiver war eine Werbeaktion.
• Double Opt-in-Rate
Das Double Opt-in-Verfahren ist für eine rechtskonforme E-Mail-Permission unver-
zichtbar. Durch diese Rate kann festgestellt werden, wie viele Nutzer nicht nur ein
Single Opt-in erteilt, sondern auch auf den Bestätigungslink geklickt haben.

Anzahl an Double − Opt − ins


Double Opt − in − Rate = ∗100
Anzahl der Single − Opt − ins

440 5 Marketing-Instrumente

Je höher dieser Wert ist, desto überzeugender ist die Einladung zum Double Opt-in aus-
gefallen.
• Weiterleitungs-Rate
Hier wird erfasst, wie viele Empfänger einer E-Mail diese über eine Tell-a-Friend-­
Funktion an Dritte weitergeleitet haben.

Weiterleitungen
Weiterleitungs − Rate = ∗100

Zustellmenge oder unique Offnungen

Je höher dieser Wert ist, desto überzeugender sind die präsentierten Inhalte in den
Augen der Empfänger.
• SWYN-Rate (auch Social-Sharing-Rate)
Über SWYN-Links (SWYN steht für „Share with your network“) können einzelne
Artikel aus einer E-Mail oder einem E-Newsletter dem Leser zum Teilen in den sozia-
len Netzen angeboten werden. Wie viele davon genutzt werden, wird durch die SWYN-­
Rate ausgewiesen.

Klicksauf SWYN − Links


SWYN − Rate = ∗100
 nungen
Zustellmenge oder unique Off

Je höher dieser Wert ist, desto überzeugender sind die präsentierten Inhalte in den
Augen der Empfänger.
• Antwort-Rate
Die Antwort-Rate zeigt auf, wie viele Empfänger individuell auf eine E-Mail oder ein
E-Newsletter reagiert haben.

Anzahl der individuellen Antworten


Antwort − Rate = ∗1100
Zustellmenge

Welcher Wert hier angestrebt wird, ist abhängig vom jeweiligen Kampagnenziel. Indi-
viduelle Antworten erfordern auch – meist kostenintensive – individuelle Reaktionen.
• Engagement-Rate
Die Engagement-Rate zeigt auf, wie viele Empfänger insgesamt in der ein oder ande-
ren Form auf eine E-Mail oder einen E-Newsletter reagiert haben. Die Aktivitäten kön-
nen Klicks, Shares, Downloads, Käufe etc. umfassen.

 der Empfang
Gesamtzahl aller Aktivitaten  er
Engagement − Rate = ∗100

Anzahl der Empfanger

5.4 Kommunikationspolitik 441

In Summe ist eine hohe Engagement-Rate gewünscht. Allerdings geht es primär um die
angestrebten Arten des Engagements. Schließlich stellt eine Beschwerde auch eine
Form des Engagements dar.
• Beschwerde-Rate
Web-Mailer liefern teilweise eine Information zurück, welche Empfänger eine E-Mail
als SPAM markiert haben. Diese Personen können auf eine Liste gesetzt werden, um
beim nächsten Versand ausgeschlossen zu werden.

Anzahl der Beschwerden


Beschwerde − Rate = ∗100
Zustellmenge

Je höher dieser Wert ist, desto weniger überzeugend waren Inhalt, Timing, Frequenz
und/oder Absender.
• Abmelde-Rate
Bei der Abmelde-Rate werden die erfolgten Abmeldungen aus einem E-Mail-Verteiler
in Relation zur Zustellmenge gesetzt.

Anzahl der Abmeldungen aus dem E-Mail-Verteiler


Abmelde − Rate = ∗100
Zustellmenge

Je höher dieser Wert ist, desto weniger überzeugender waren Inhalt, Timing, Frequenz
und/oder Absender.
• Wachstums-Rate des E-Mail-Verteilers (auch Verteilerwachstumsrate)
Durch die Wachstums-Rate wird ermittelt, wie sich ein E-Mail-Verteiler über die Zeit
entwickelt.


Anzahl Empfanger Zeitpunkt 2 −

Anzahl der Empfanger Zeitpunkt 1
Verteilerwachstums − Rate = ∗ 100

Anzahl der Empfanger Zeitpunkt 1

Je höher ein positiver Wert der Verteilerwachstums-Rate ausfällt, desto dynamischer
wächst der Empfängerkreis. Wenn die Verteilerwachstums-Rate negativ ist, schrumpft
der Verteiler. Wichtig ist hier der Hinweis, dass es bei einem E-Mail-Verteiler nicht nur
um ein quantitatives Wachstum geht, sondern vor allem um die zusätzliche Gewinnung
relevanter E-Mail-Adressen (qualitatives Wachstum).
• Cost per View
Die Cost per View zeigen auf, wie viel für eine einzige Öffnung investiert wer-
den musste.

Gesamtkosten der Kampagne


Cost per View =

Anzahl der Offnungen

442 5 Marketing-Instrumente

Je niedriger der Wert, desto kostengünstiger wurde eine Öffnung erzielt.


• Cost per Click
Die Cost per Click zeigen auf, wie viel für einen einzigen Klick investiert wer-
den musste.

Gesamtkosten der Kampagne


Cost per Click =
Anzahl der generierten Klicks

Je niedriger der Wert, desto kostengünstiger war ein Klick.


• Tausend-Kontakt-Preis (TKP)/Cost per Mille (CPM)
Mit dem Tausend-Kontakt-Preis wird angegeben, wie viel investiert werden musste, um
1000 Personen mit einem Anstoß zu erreichen.

Gesamtkosten der Kampagne


TKP = ∗100

Anzahl der Empfanger 
∗ Offnungsrate

Je niedriger der TKP, desto günstiger war es für den Versender, diese Empfänger zu
erreichen. Diese Kosten allein sagen aber nichts darüber aus, wie erfolgreich eine Ak-
tion war.

Die meisten für die Ermittlung dieser Kennzahlen vorhandenen Daten sind nach Ab-
schluss der Aktion vorhanden und müssen u. U. „nur“ aus verschiedenen Systemen zu-
sammengeführt werden.

cc Merk-Box  Bei Dialog-Marketing-Maßnahmen können sehr viele Erfolgskenn-


zahlen ermittelt werden, um die Aktivitäten zu bewerten. Man muss es aller-
dings auch tun! 

Der verstärkte Einsatz der Dialogkommunikation in den letzten Jahren – online wie
offline – lässt sich auf mehrere Faktoren zurückführen:

• Durch die persönliche Ansprache der Zielpersonen können deren Wahrnehmungs-


filter häufig besser umgangen werden. Dies gelingt vor allem dann, wenn die Empfän-
ger eine Erlaubnis zur Kontaktaufnahme erteilt haben.
• Die Direktansprache ermöglicht eine Berücksichtigung von Historiendaten. Werb-
liche Botschaften, die auf solchen Historiendaten aufbauen, stoßen beim Empfänger
tendenziell auf größere Aufmerksamkeit.
• Die Instrumente der Dialogkommunikation erlauben eine fokussierte Ansprache der
Zielgruppe. Hierdurch können Streuverluste und damit verbundene Kosten vermieden
werden. Gleichzeitig steigt die Erfolgsquote. Hierfür bedarf es einer überzeugenden
akquisitionsorientierten Segmentierung.
5.4 Kommunikationspolitik 443

• Eine unmittelbare Reaktionsmöglichkeit bedeutet für den Angesprochenen u. U. auch


einen Gewinn an Bequemlichkeit. So können Angebote unmittelbar angefordert oder
Bestellungen platziert werden.

Eine Studie der Europäischen Marketing-Verbände zeigt, welche Bedeutung den hier
aufgezeigten Ansätzen sowie der nachfolgend vertieften Online-Kommunikation zu-
kommt. Auf der Agenda der Marketing-Verantwortlichen in Europa stehen zurzeit auf
den drei Top-Positionen (vgl. DMV, 2021, S. 9; n = 635 CMOs, Senior Marketing Execut-
ives, Marketing-Vorstände):

• 43,1 %: Digitales Marketing (insgesamt)


• 34,8 %: CRM-Datenbanken und CRM-Management
• 31,5 %: Optimierung der Marketing-Ausgaben (Return on Marketing Investment)

5.4.3.6 Online-Kommunikation
Mit der rasanten Ausbreitung des Internets und der kontinuierlich steigenden Anzahl der
Online-Nutzer hat sich für Unternehmen ein wichtiges zusätzliches Aktionsfeld etabliert:
Online-Marketing. Warum Online-Marketing quasi für jedes Unternehmen heute zum
unverzichtbaren Handlungsfeld gehört, machen die folgende Zahlen deutlich (vgl. We
are social, 2021):

• Die Weltbevölkerung umfasste im 2. Quartal 2021 7,85 Mrd. Menschen.


• Weltweit gibt es 5,27 Mrd. Unique Mobile User. Das bedeutet, dass mehr als zwei
Drittel aller Menschen auf der Erde mittlerweile ein Mobiltelefon besitzen – konkret
sind es 67,1 % der Bevölkerung.
• Die Zahl der Internet-Nutzer ist im vergangenen Jahr um 7,6 % auf 4,72 Mrd. ge-
stiegen, Folglich sind heute 60,1 % der Weltbevölkerung online.
• Innerhalb eines Jahres erhöhte sich die Anzahl der Nutzer auf Social-Media-­Plattformen
um mehr als eine halbe Milliarde. Die Anzahl der Social-Media-Nutzer liegt heute
bei 4,33 Mrd. Menschen. Damit sind 55,1 % der Bevölkerung in den sozialen Medien
unterwegs.
• 76,8 % der Internet-Nutzer im Alter von 14 bis 65 sind E-Commerce-Kunden.

Diese Zahlen verdeutlichen eindrücklich den großen Stellenwert des Online-­


Marketings. Das Online-Marketing begegnet den Nutzern in den unterschiedlichsten Er-
scheinungsformen (vgl. Abb. 5.73; vgl. vertiefend Kreutzer, 2021b).
Der Online-Auftritt eines Unternehmens in Gestalt der Corporate Website
(Unternehmens-­Website) stellt eine besonders wichtige Form des Online-Marketings dar:
Die Homepage als Einstiegsseite präsentiert gleichsam die virtuelle Eingangstür zu einem
Unternehmen und wird damit zur tragenden Säule des Online-Marketings. Die Corpo-
444 5 Marketing-Instrumente

2QOLQH0DUNHWLQJ

6LFKWEDUIUGHQ(QGQXW]HU
2QOLQH:HUEXQJ
.H\ZRUG$Q]HLJHQ (.XQGHQELQGXQJVSURJUDPPH
&RUSRUDWH:HEVLWH $SSV
2QOLQH35 9LUDOHV0DUNHWLQJ
(0DLOV (1HZVOHWWHU 6R]LDOH1HW]ZHUNH
)RUHQ&RPPXQLW\V
(&RPPHUFH 0HGLD6KDULQJ3ODWWIRUPHQ
2QOLQH:HWWEHZHUEH /RFDWLRQEDVHG6HUYLFHV 0LFUREORJJLQJ (&RXSRQV
6RFLDO%RRNPDUNLQJ (6DPSOLQJ &RUSRUDWH%ORJV 0HVVHQJHU'LHQVWH 0&RXSRQV

8QVLFKWEDUIUGHQ(QGQXW]HU
6XFKPDVFKLQHQRSWLPLHUXQJ 6(2 .H\ZRUG$GYHUWLVLQJ 6($ :HE0RQLWRULQJ
$IILOLDWH0DUNHWLQJ :HE$QDO\WLFV 7DUJHWLQJ 5HDOWLPH$GYHUWLVLQJ
,QIOXHQFHU0DUNHWLQJ 5DWLQJ XQG5HYLHZ0DQDJHPHQW &RQWHQW0DUNHWLQJ

Abb. 5.73  Erscheinungsformen des Online-Marketings

rate Website umfasst die Gesamtheit der Inhalte eines Unternehmens, die unter einer URL,
d. h. einer Internet-Adresse (bspw. audi.de), präsentiert werden. Im Mittelpunkt einer Cor-
porate Website können zum einen das Unternehmen selbst, seine Produkte, seine Services
und/oder die jeweiligen Marken stehen. Zum anderen findet dort häufig auch ein so-
genanntes E-Recruiting statt, d.  h. die online ausgesprochene Aufforderung, sich bei
einem Unternehmen zu bewerben. Außerdem können hier die Verlinkungen zu den Aktivi-
täten des Unternehmens in den sozialen Medien (etwa zu Facebook, Twitter, Instagram,
Pinterest) oder zu Blogs, Social Bookmarks und Communitys kommuniziert werden. Hier
sind außerdem relevante Inhalte für die Medien zu finden.
Wer im Internet unterwegs ist, wird zusätzlich mit unterschiedlichsten Formen der
Online-­Werbung konfrontiert. Dazu gehört u.  a. die Bannerwerbung. Banner sind
Werbeformen, die auf unterschiedlichste Weise in Websites eingebunden werden. Wer als
Online-­Nutzer Suchmaschinen einsetzt, stößt auf Keyword-Anzeigen. Diese bezahlten
Werbeanzeigen auf den Ergebnisseiten der Suchmaschine werden auch Sponsoren-Links
genannt. Zusätzlich werden die Nutzer täglich – gewollt und ungewollt – mit einer Viel-
zahl von Werbe-E-Mails und E-Newslettern konfrontiert, deren Bezug i. d. R. nur teil-
weise erbeten wurde.
Eine weitere Ausprägung des Online-Marketings stellt der Bereich E-Commerce dar
(abgeleitet von „Electronic Commerce“). Hierunter sind die elektronische Anbahnung und
Abwicklung von Kaufprozessen und damit der elektronische Handel zu verstehen. Es fin-
den sich – teilweise ergänzend hierzu – auch Kundenbindungs- und Kundenbetreuungs-
konzepte, die auch oder exklusiv in Online-Medien stattfinden. Wenn sie nur im Online-­
5.4 Kommunikationspolitik 445

Bereich umgesetzt werden, nennt man diese E-Kundenbindungsprogramme. Werden


Online- und Offline-Elemente kombiniert, spricht man von hybriden Systemen. Dazu
zählt etwa der On- und Offline-Auftritt eines Kundenmagazins wie for me von Procter &
Gamble. Viele der heute im Umlauf befindlichen Kundenkarten belohnen On- und Offline-­
Käufe gleichermaßen, so bspw. bei Payback, BSW, DeutschlandCard oder dem Media-
Markt Club.
Durch E-Coupons wird versucht, bestimmte Verhaltensweisen anzustoßen. So können
E-Coupons im Rahmen von Bannerwerbung kommuniziert werden, um Online-Nutzer
u. a. zum Besuch der Website oder zum Abonnement eines Newsletters aufzufordern. Es
findet auch ein E-Sampling i. S. der elektronischen Übersendung eines Produktmusters
(in Englisch „sample“) statt, bspw. in Gestalt von E-Books („elektronisch verfügbare Bü-
cher“). Dies soll Nutzer zur Auseinandersetzung mit dem entsprechenden Angebot moti-
vieren. Zusätzlich finden sich Ausprägungen der Online-PR bzw. der Online-­
Öffentlichkeitsarbeit, die Unternehmen einsetzen, um sich und ihre Angebote gegenüber
der Öffentlichkeit zu präsentieren.
In den letzten Jahren hat sich der Stellenwert der sozialen Netzwerke (wie Facebook,
Pinterest, Xing, LinkedIn) deutlich erhöht. In diesen sind Millionen von Menschen mit-
einander vernetzt und bilden aufgrund der hohen Informationsdichte über die
­Einzelpersonen für die werbetreibende Wirtschaft eine interessante Zielgruppe. Zusätzlich
finden sich im Internet Foren und Communitys, die – nur teilweise von Unternehmen
initiiert – Plattformen für einen umfassenden Informationsaustausch bieten. Darüber hi­
naus schaffen Social-Bookmarking-Dienste die Möglichkeit, interessante Websites zu
markieren und andere über die eigenen Website-Präferenzen zu informieren (so etwa
digg.com).
Über Media-Sharing-Plattformen (wie bspw. Instagram, YouTube und SlideShare) ist
es nicht nur möglich, eigene Kreationen online zu präsentieren. Vielmehr bieten diese
Plattformen Unternehmen auch die Möglichkeit, sich durch eigene Videos, Präsentationen
und Fotos darzustellen. Besonders erfolgreich kann dieser Ansatz sein, wenn die „Ge-
schichte hinter der Geschichte“ präsentiert wird, bspw. i. S. des „Making of“ eines Werbe-
spots. Gleichzeitig sind diese Media-Sharing-Plattformen auch das Aktionsfeld vieler di-
gitaler Meinungsführer (Stichwort „Influencer“), die hier unterschiedlichste Themen
abdecken.
Das Führen von Online-Tagebüchern in der Gestalt von Blogs ist schon lange nicht
mehr auf Privatpersonen beschränkt. Unternehmen bauen zunehmend Corporate Blogs
auf, um die eigenen Mitarbeiter wie auch unternehmensexterne Zielgruppen (etwa Inte­
ressenten und Kunden sowie potenzielle Mitarbeiter) über relevante Vorgänge im Unter-
nehmen zu informieren und um mit diesen in einen Dialog einzutreten. Flankiert werden
diese Entwicklungen durch Microblogging-Dienste wie Twitter, die Unternehmen für
eine direkte Kommunikation mit ihren Zielgruppen und auch zur Erbringung von Service-
leistungen einbinden (sei es bspw. die Deutsche Bahn oder die Deutsche Telekom). Die
Bezeichnung als Microblogging leitet sich von der Tatsache ab, dass die Beiträge bei
diesen Blogging-Diensten auf eine bestimmte Zeichenanzahl beschränkt sind (bei Twitter
446 5 Marketing-Instrumente

bspw. auf 280 Zeichen). Zunehmende Bedeutung erfahren jetzt Instant-­Messenger-­


Dienste, wie bspw. Facebook Messenger, WhatsApp, WeChat und Snapchat. Über diese
Dienste können Textnachrichten, aber auch Text-, Bild-, Video- und Audio-Dateien ver-
sandt werden. Zusätzlich können Standortinformationen und Kontaktdaten zwischen
einzelnen Personen oder in Gruppen ausgetauscht werden.
Die Möglichkeiten des Mobile Marketings wurden bereits angesprochen (vgl.
Abschn. 5.4.3.5). Location-Based Services erlauben es hier, Botschaften und Angebote
auf den jeweiligen Aufenthaltsort des Nutzers auszurichten. Hierbei kommt Apps und dem
entsprechenden App-Marketing eine zunehmende Bedeutung zu. So können bspw. Mo-
bile Coupons verschickt werden. Zusätzlich bieten Online-Medien auch einen spannen-
den Handlungsraum, um virales Marketing einzusetzen. Hierdurch sollen sich werbliche
Botschaften epidemisch im Netz verbreiten.
Hinter den für den Endnutzer sichtbaren Erscheinungsformen des Online-Marketings
existiert eine zweite Ebene von Handlungsfeldern für Unternehmen, die diese „bespielen“,
um ihre Online-Aktivitäten erfolgreich zu betreiben. Dazu zählt bspw. Keyword Adver-
tising (auch Suchmaschinen-Werbung oder SEA für Search-Engine-Advertising genannt).
Dessen Ergebnisse werden für den Nutzer von Suchmaschinen in Gestalt der Keyword-­
Anzeigen erkennbar. In den Trefferlisten der Suchmaschinen werden die Aktivitäten der
Suchmaschinen-Optimierung (SEO für Search Engine Optimization) für die Suchenden
sichtbar. Bei der Suchmaschinen-Optimierung versuchen Unternehmen, durch eine spezi-
fische Ausgestaltung ihres Online-Auftritts in den Trefferlisten der Suchmaschinen-­
Anbieter Google, Yahoo!, Bing & Co. in der sogenannten „organischen Liste“ (in Englisch
„organic listing“) an möglichst prominenter Stelle zu erscheinen.
Zu den „im Hintergrund“ laufenden Aktivitäten des Online-Marketings gehören auch
die Aktivitäten des Affiliate-Marketings. Durch diese wird eigene Online-Werbung auf
den Websites dritter Unternehmen oder auch auf privaten Websites sichtbar. Hierdurch soll
eine größere Zielgruppe angesprochen werden. Eine zentrale – ebenfalls für den Nutzer
nicht immer sichtbare – Grundlage für eine erfolgreiche Online-Werbung stellen die unter-
schiedlichen Formen des Targetings (Englisch für „Zielbestimmung“) dar. Hierzu wird
bspw. das Such- und Surfverhalten im Internet  – teilweise in Verbindung mit weiteren
Nutzerdaten  – ausgewertet, um daraus Bedürfnisprofile sowie Produkt- und Dienst-
leistungsinteressen abzuleiten. Diese werden der Schaltung von Online-Werbung zu-
grunde gelegt.
Bei der Online-Werbung kommt zunehmend das sogenannte Realtime Advertising
bzw. Realtime Bidding (RTB) zum Einsatz. Zusätzlich eröffnet sich den Unternehmen
eine Vielzahl von Analysemöglichkeiten, um nicht nur die Verhaltensweise der Online-­
Nutzer, sondern auch die Auswirkungen der eigenen Online-Aktivitäten zu erfassen. Wenn
Verhaltensdaten auf Websites analysiert werden, wird von Web-Analytics gesprochen.
Hierbei werden bspw. Click-Stream-Analysen und Web-Tracking genutzt.
Das Web-Monitoring versucht – im Gegensatz zu Web-Analytics – auf einer Meta-­
Ebene Erkenntnisse über die Wahrnehmung der eigenen Leistungen oder des eigenen
Unternehmens sowie seiner Wettbewerber zu erhalten. Diese Meta-Ebene beschreibt eine
5.4 Kommunikationspolitik 447

der realen Kommunikation (bspw. zwischen Kunden und einem Unternehmen) über-
geordnete Ebene. Bei den hier analysierten „Informationen über Informationen“ gilt es
bspw., besondere Häufungen von Lob und Reklamationen, geäußerte Erwartungs-
haltungen, konkrete Produktanregungen oder auch Trends aus der Vielzahl der Meinungs-
äußerungen im Internet herauszudestillieren. Im Kern geht es darum, den Online-Nutzern
möglichst genau zuzuhören. Wenn sich das Monitoring auf die Social-Media-Plattformen
fokussiert, wird von Social-Media-Monitoring gesprochen.
In den letzten Jahren hat das Content-Marketing eine zunehmende Bedeutung erlangt.
Mit dem Begriff Content wird jegliche Form von Inhalten beschrieben, die Ton, Text,
Stand- und Bewegtbild umfassen kann. Beim Content-Marketing selbst geht es darum,
(potenzielle) Kunden durch die Präsentation von spannenden Inhalten für sich zu gewin-
nen. Beim Content-Marketing werden Zielpersonen und Zielgruppen folglich informie-
rende, beratende und/oder unterhaltende Inhalte angeboten, die häufig nur einen indirekten
Bezug zum Leistungsangebot des Unternehmens aufweisen.
Das Content-Marketing orientiert sich bei der Aufbereitung der präsentierten Inhalte
häufig stärker an der Arbeit klassischer Medien – wie Zeitungen, Zeitschriften, TV und
Rundfunk. Der Sender der Inhalte („Content“) versteht sich eher als Experte, Berater,
Unterstützer oder Entertainer. Ein rein vertriebsorientiertes Denken wird diesem Ansatz
nicht gerecht. Es geht folglich vor allem um die Vermittlung von Kompetenz und
­Know-­how in ausgewählten Themenfeldern durch die anbietenden Unternehmen. Letzt-
endlich soll allerdings auch das Content-Marketing die Nutzer zu bestimmten Handlungen
motivieren. Das können Käufe sein oder auch Spenden für Non-Profit-Organisationen
(vgl. Kilian & Kreutzer, 2022; Bürker, 2020; Grunert, 2019; Hilker, 2017; Pulizzi, 2013).
Da beim Content-Marketing häufig keine unmittelbaren Kaufimpulse gegeben werden,
kann von einer „Kommunikation über Bande“ gesprochen werden – wie beim Billard.
Denn obgleich die bereitgestellten Inhalte keinen unmittelbaren Kaufimpuls beinhalten,
ist die Intention des Content-Marketings final auf die Auslösung von Käufen, Spenden
oder anderen Formen der Engagements zur Erreichung der Unternehmensziele aus-
gerichtet (vgl. Abb. 5.74).

cc Merk-Box  Marken und Unternehmen werden im Zuge des Content-Marke-


tings selbst zu Verlagen. 

Eine große Bedeutung kommt heute dem Influencer-­Marketing bzw. dem Social-In-
fluencer-Management zu. Hierunter versteht man die Einbindung (digitaler) Meinungs-
führer, um diese – idealerweise positiv – über die eigenen Angebote berichten zu lassen
(vgl. vertiefend Kilian & Kreutzer, 2022). Hier wird das zweistufige Kommunikations-
modells („Two-Step-Flow-Model“) eingesetzt.
Beim einstufigen Kommunikationsmodell erfolgt eine Verbreitung von Informatio-
nen an die Zielpersonen unmittelbar über die klassischen Medien. Beim zweistufigen
Kommunikationsmodell werden Meinungsführer gezielt in den Informationsprozess zu
448 5 Marketing-Instrumente

$XIPHUNVDPNHLW
,QVSLUDWLRQ]XU%HVFKlIWLJXQJPLWHLQHU
0DUNHHLQHP8QWHUQHKPHQGXUFK
LQWHUHVVDQWH,QKDOWH Ä&RQWHQW³

.RQYHUVLRQ ,QWHUHVVH
.RQVXPHQWZLUG]XP $XVO|VXQJYRQ
.XQGHQ± DQJHWULJJHUW %HJHLVWHUXQJ$QWHLOQDKPH
GXUFKLQWHUHVVDQWH,QKDOWH
&RQWHQW XQGRGHU,QWHUDNWLRQGXUFK
0DUNHWLQJ LQWHUHVVDQWH,QKDOWH

$EZlJXQJ
.DXIDEVLFKW
6FKDIIXQJYRQ*ODXEZUGLJNHLWXQG
$XVO|VXQJYRQ.DXILPSXOVHQ 9HUWUDXHQLQ0DUNHE]Z8QWHUQHKPHQ
GXUFKLQWHUHVVDQWH,QKDOWH GXUFKLQWHUHVVDQWH,QKDOWH

Abb. 5.74  Content-Marketing – „Kommunikation über Bande“

den „finalen“ Zielpersonen eingebunden. Da ein Meinungsführer häufig mehrere Personen


erreichen kann, nimmt er die Funktion eines Multiplikators ein. Damit kann diese Person
durch positive Stellungsnahmen Wert für das Unternehmen schaffen – oder durch negative
Statements vernichten. Durch Influencer-Marketing wird insb. versucht, die Awareness für
das eigene Leistungsangebot zu erhöhen, die Kundenloyalität zu verstärken und direkte
Käufe auszulösen. Hierbei kommt den sogenannten digitalen Meinungsführern eine be-
sonders große Bedeutung zu (vgl. vertiefend Kilian & Kreutzer, 2022; Jahnke, 2021; Kost
& Seeger, 2020; Schach & Lommatzsch, 2018).
Unter Rating- und Review-Management versteht man die Stimulierung, Steuerung
und Nutzung von Kundenbewertungen, um Kunden im Kaufentscheidungsprozess für die
eigenen Leistungen zu gewinnen. Die Ratings von Kunden konzentrieren sich primär auf
Vergabe von Sternen. Allerdings sind Reviews für die Unternehmen meist viel aussage-
kräftiger, weil hier Begründungen zu den vorgenannten Ratings mitgeliefert werden.
Die Stimulierung bezieht sich beim Rating- und Review-Management darauf, mög-
lichst viele (zufriedene) Kunden zur Abgabe einer (positiven) Bewertung über die eigenen
Leistungen zu motivieren. Die Steuerung zielt darauf ab, die Bewertungen auf den für das
Unternehmen relevanten Plattformen (bspw. Amazon, Holidaycheck oder Google) zu er-
halten. Die Nutzung schließlich beinhaltet die Einbindung von Kundenbewertungen in
die Unternehmens-Kommunikation, um auf diese Weise (positive) Bewertungen für mög-
lichst viele sichtbar zu machen.
Allerdings scheitern heute noch viele Unternehmen daran, Kunden durch ein gezieltes
Rating- und Review-Management im wichtigen Zero Moment of Truth an sich zu bin-
den (vgl. hierzu Abschn. 2.2.3.5). Im Kern geht es hierbei darum, möglichst viele qualita-
5.4 Kommunikationspolitik 449

tiv hochwertige und positive sogenannte Social Signals von Kunden zu gewinnen. Dazu
gehören Kommentare, Shares, Likes und Bewertungen, die auf verschiedenen Plattformen
abgegeben werden können. Der Umfang der relevanten Reviews und Ratings beginnt beim
Produkt bzw. bei der Dienstleistung, geht über die Marke, den On- oder Offline-Shop und
das Unternehmen zu den dahinterstehenden Leistungsträgern und hört bei der App noch
nicht auf.
Wie Abb. 5.75 zeigt, wirken sich das Rating- und Review-Management auf die unter-
schiedlichsten Conversions aus, die ein Unternehmen anstreben kann: vom Website-­
Besuch über den Content-Download, die Gewinnung einer E-Mail-Permission bis zu
Store-­Visits (online wie offline), die idealerweise zu Angebotsanforderungen, Test-­
Bestellungen oder Käufen führen. Auch die Anzahl der App-Downloads sowie die
App-Nutzung werden durch Ratings und Reviews gefördert (vgl. vertiefend Kilian &
Kreutzer, 2022).
Orientiert an diesen vielfältigen Ausprägungen wird Online-Marketing wie folgt defi-
niert: Online-Marketing umfasst die Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle
aller marktorientierten Aktivitäten, die sich mobiler und/oder stationärer Endgeräte mit
Internet-Zugang zur Erreichung von Marketing-Zielen bedienen. Online-Marketing nutzt
Online-Instrumente sowohl für die Vermarktung digitalisierter Produkte und Dienst-
leistungen (bspw. von Musik, Text, Audio, Foto, Video) als auch für die Vermarktung
nicht-digitalisierter Produkte und Dienstleistungen.
Von Online-Marketing kann m.  E. immer dann sinnvoll gesprochen werden, wenn
dieses über die Kommunikation generell bzw. über Werbung deutlich hinausgeht und in
einer Konzeption mehrere Marketing-Instrumente eingebunden werden. In den Fällen, in
denen dies nicht der Fall ist, sollte präziser von Online-Kommunikation oder Online-­
Werbung gesprochen werden (vgl. zu weiteren Definitionen von Online-Marketing und
Online-Kommunikation Lammenett, 2021, S. 40 f.; vertiefend Kreutzer et al., 2020).

6WRUH9LVLWV
RQOLQHRIIOLQH :HEVLWH%HVXFKH

$SS1XW]XQJ
&RQWHQW'RZQORDG
$SS'RZQORDGV
.RPPHQWDUH 6KDUHV

5DWLQJ XQG
5HYLHZ
0DQDJHPHQW

/LNHV %HZHUWXQJHQ

$QJHERWVDQIRUGHUXQJHQ (0DLO3HUPLVVLRQ

.lXIH 7HVW%HVWHOOXQJHQ

Abb. 5.75  Handlungsfelder und Wirkungsdimensionen des Rating- und Review-Managements


450 5 Marketing-Instrumente

Eine Spezialausprägung der Kommunikation im Internet stellt das Viral-Marketing


(auch Virales Marketing oder Virus-Marketing) dar (vgl. weiterführend Tusche, 2020;
Kreutzer, 2021b, S. 556–563). Das Viral-Marketing ist eine spezifische Form der Kommu-
nikation. Diese nutzt die Vernetzung zwischen Menschen durch das Internet aus, damit
sich Informationen im Netz epidemisch und damit wie ein Virus ausbreiten können. Die
virale Kommunikation ist die Umsetzung der Word-of-Mouth-Propaganda (Mund-zu-
Mund-Propaganda) im Internet. Diese kann als Word-of-Mouse-Propaganda bezeichnet
werden. Das Kennzeichen viraler Kampagnen ist, dass sich diese – i. d. R. ohne großen
flankierenden Medieneinsatz – innerhalb der (weltweiten) Nutzergemeinde wie ein Lauf-
feuer ausbreiten und damit einen Schneeball-Effekt auslösen. Damit wird die Beziehung
zum Buzz-Marketing sichtbar.
Unternehmen können mit Viral-Marketing verschiedene Ziele anstreben. Zunächst ein-
mal kann versucht werden, ein Unternehmen, eine Marke oder ein spezifisches Angebot
hierdurch bekannt zu machen. Dazu können Virals, das sind viral zu kommunizierende
Inhalte, eingesetzt werden. Diese sollen zur Beschäftigung mit Unternehmen, Marken,
Produkten oder Dienstleistungen auffordern. Zusätzlich kann versucht werden, Interes-
senten oder Kunden für ein Angebot zu gewinnen. Schließlich kann das Ziel darin be-
stehen, im Rahmen eines viralen Prozesses Informationen über die Sender und Empfänger
viraler Botschaften zu erhalten, um anschließend weitere Botschaften individuell über-
mitteln zu können.
Beim Viral-Marketing können verschiedene Formen unterschieden werden. Von
Random Virals wird gesprochen, wenn Privatpersonen oder Unternehmen ungeplant
Inhalte entwickeln, die von anderen aufgegriffen und im Internet breit kommuniziert
werden. Der virale Prozess ist ein ungeplantes „Zufallsprodukt“. Davon zu unter-
scheiden sind die Placed Virals, die geplant im Internet präsentiert werden, um virale
Effekte auszulösen.
Die zentralen Erfolgsfaktoren der Placed Virals sind in Abb.  5.76 dargestellt. Zu-
nächst einmal gilt es zu entscheiden, wer die Quelle der viralen Botschaft sein soll. Dies
können bspw. das Unternehmen, ausgewählte Marken oder einzelne Produkte bzw. Dienst-
leistungen sein. Dann ist über die Art des Seedings bzw. die eingebundenen Kanäle zu
entscheiden. Hierfür bieten einschlägige Agenturen ihre Unterstützung an. Zum Seeding
werden Virals bspw. auf der Corporate Website oder im Rahmen von Affiliate-­
Programmen auf Websites von Partnern präsentiert. Die Voraussetzung für eine Weiter-
leitung entsprechender Inhalte ist, dass diese interessant, lustig oder auf sonstige Weise für
den Nutzer relevant sind. Für das Viral-Marketing ist es entscheidend, möglichst schnell
eine kritische Masse zu erreichen, um den viralen Effekt auszulösen.
Auf interessante Inhalte mit „Viral-Potenzial“ können klassisch auch E-Mail-­
Kampagnen an eigene Interessenten und Kunden oder an angemietete E-Mail-Adressen
aufmerksam machen. Ebenso kann ein eigener oder fremder E-Newsletter zum Seeding
genutzt werden.
5.4 Kommunikationspolitik 451

$UWGHV6HHGLQJV VRZLH
HLQJHEXQGHQH.DQlOH

4XHOOHGHUYLUDOHQ%RWVFKDIW :HLWHU .HUQGHUYLUDOHQ%RWVFKDIW


8QWHUQHKPHQ0DUNH OHLWXQJV 0HKUZHUW VRZLH$QUHL]H]XU
3URGXNW'LHQVWOHLVWXQJ :HLWHUOHLWXQJ
DEVLFKW

&KDUDNWHULVWLNDYRQ6HQGHUQ
XQG(PSIlQJHUQ

Abb. 5.76  Einflussfaktoren von durch Unternehmen initiierten viralen Kampagnen

cc Merk-Box  Ob Inhalte „viral“ gehen, kann ein Unternehmen nur beschränkt


steuern. Einen viralen Prozess selbst – im Guten wie im Bösen – kann es nicht
mehr aufhalten. Je nach Inhalt entsteht dann ein Shitstorm oder ein Ro-
seshower! 

5.4.3.7 Sponsoring
Beim Sponsoring stellt das unterstützende Unternehmen (Sponsor) einem Empfänger
(Gesponsorter) Geld-, Sach- und/oder Dienstleistungen zur Verfügung. Im Gegenzug
verpflichtet sich der Empfänger bzw. der Gesponsorte, auf die Unterstützung des Sponsors
durch verschiedene Kommunikationsmaßnahmen aufmerksam zu machen. Damit liegt
dem Sponsoring das Prinzip der Gegenseitigkeit zugrunde (vgl. Homburg, 2020,
S. 911–913). Durch diese erwartete Gegenleistung wird die Abgrenzung zum Mäzenaten-
tum deutlich, bei der ein Förderer (Mäzen) aus uneigennützigen Motiven handelt und
keine Gegenleistung für sein Engagement fordert.
Im Sponsoring erfahren die unter Abschn.  5.4.2 aufgezeigten generellen Kommu­
nikationsziele als Ziele des Sponsorings eine spezifische Ausprägung. In Abhängigkeit
von der Art des Sponsorings besteht die Möglichkeit, spezifische Zielgruppen zu erreichen
(bspw. bei Konzerten und Sportveranstaltungen), um dort die Bekanntheit zu steigern.
Durch diese Art des Engagements wird gleichzeitig eine Beeinflussung des Unter-
nehmensimages angestrebt, indem sich Unternehmen für Umwelt, Kultur, Sport etc. en-
gagieren und damit ihre Verantwortlichkeit über die eigene Kernleistung hinaus dokumen-
tieren (vgl. Abschn. 5.4.5.1).
452 5 Marketing-Instrumente

Es wird häufig angestrebt, dass das positive Image des Gesponserten auf den Sponsor
abstrahlt. Dieser gewünschte Imagetransfer kann durch eine exzellente Gesangseinlage
oder ein überzeugender Sieg im Sport ausgelöst werden. Last, but not least sollen derartige
Fördermaßnahmen dazu beitragen, bei den Kernleistungen eine höhere Nachfrage zu er-
zielen. Sponsoring soll, wie alle anderen Kommunikationsmaßnahmen auch, direkt oder
indirekt diesem zentralen Unternehmensziel der Nachfragesteigerung dienen.
In Abhängigkeit vom Geförderten können verschiedene Arten des Sponsorings unter-
schieden werden:

• Kultursponsoring
Der Sponsor unterstützt beim Kultursponsoring Museen, Theater, Oper, Konzerte und
Ausstellungen. Alternativ können auch kulturelle Projekte für Fotografie, Film, Hör-
funk etc. finanziert werden. Vielfach könnten derartige Aktivitäten ohne eine ent-
sprechende Förderung lediglich weniger ambitiöse Programme auflegen.
Die Deutsche Bank unterstützt als Förderer schon seit vielen Jahren die Berliner
Philharmonie. Lexus und die OMV sind Generalsponsoren der Wiener Staatsoper.
Lexus wird aufgrund dieser Zusammenarbeit nicht nur umfassend in die Kommunika-
tion der Wiener Staatsoper eingebunden. Beim internationalen Versand der Jahres-
programme erhält Lexus auch einen indirekten Zugang zu den Besucheradressen und
kann hierdurch Interessenten für das eigene Leistungsangebot generieren.
• Sportsponsoring
Beim Sportsponsoring werden Einzelsportler, Clubs/Teams (bspw. der Bundesliga)
oder ganze Veranstaltungen unterstützt. Die Bandbreite der geförderten Events reicht
von Streetball-Turnieren über Formel-1-Rennen bis zur Fußball-Weltmeisterschaft. Im
Gegenzug für dieses Investment können die unterstützenden Unternehmen im unmittel-
baren Umfeld von Übertragungen Werbespots senden. Gleichzeitig werden die
Sponsoren-­Logos häufig medienwirksam an den Austragungsorten zur Geltung ge-
bracht. Die Logos sind häufig auch auf der Sponsoren-Tafel zu sehen, die als Hinter-
grunddekoration bei wichtigen Interviews dient.
Außerdem erhalten die Sponsoren häufig Tickets für die Veranstaltungen. Diese kön-
nen im Rahmen des Event-Marketings für die Pflege der Beziehungen zu Kunden, Lie-
feranten, Kooperationspartnern und politischen Entscheidungsträgern genutzt werden
(vgl. Abschn. 5.4.3.8). Ein besonders nachhaltiger Eindruck kann bei den Eingeladenen
entstehen, wenn Leistungen geboten werden, die für Geld nicht zu haben sind. Dazu
gehören bspw. ein Besuch in der Boxengasse bei der Formel 1 sowie Gespräche oder
Fototermine mit Spitzensportlern. Ein Unternehmen, welches einem Kunden auf diese
Weise einen Kindheitstraum erfüllt, wird lange positiv in Erinnerung bleiben.
Eine besondere Form des Sportsponsorings stellt die (Mit-)Finanzierung des Baus
oder Umbaus von Sportstadien mit dem Ziel dar, diesem den eigenen Unternehmens-
namen zu geben. Dies ist bspw. bei der Allianz Arena in München, der Lanxess Arena
in Köln sowie der MERKUR SPIEL-ARENA in Düsseldorf der Fall.
5.4 Kommunikationspolitik 453

• Umwelt- oder Ökosponsoring


Beim Umwelt- oder Ökosponsoring engagieren sich Unternehmen für Umweltprojekte.
Hier werden den entsprechenden Organisationen finanzielle Mittel zur Verfügung ge-
stellt. Alternativ können auch eigenständige Initiativen gestartet werden. Im Gegenzug
können die Unternehmen sich mit den Logos der unterstützen Projekte „schmücken“.
• Sozialsponsoring
Beim Sozialsponsoring widmen sich Unternehmen sozialen Aufgaben und Problemen
und versuchen, diese durch eigenes Engagement oder durch finanzielle Zuwendungen
zu überwinden.
Die von Bill Gates gegründete Bill & Melinda Gates Foundation fördert Gesund-
heitsprojekte in Entwicklungsländern. Dieses Engagement gehört m.  E. nicht zum
Sponsoring. Die Aktivitäten dieser Stiftung sind nicht auf eine Gegenleistung aus-
gerichtet und zählen daher zum Mäzenatentum.
• Forschungs- bzw. Wissenschaftssponsoring
Beim Forschungs- bzw. Wissenschaftssponsoring stellen Unternehmen finanzielle Zu-
wendungen oder Stipendien für wissenschaftliche Institutionen bereit. Hierdurch sollen
Forschungsprojekte unterstützt werden.
In diese Kategorie gehören auch Stiftungslehrstühle sowie das Deutschland-
stipendium. Das Deutschlandstipendium fördert begabte und leistungsstarke Studen-
ten. Neben erstklassigen Noten werden bei der Vergabe auch gesellschaftliches Enga-
gement und besondere persönliche Leistungen der Studenten berücksichtigt (vgl.
BMBF, 2021). Ein weiteres Beispiel ist das Institut zur Zukunft der Arbeit. Hierbei
handelt es sich um ein unabhängiges privates Wirtschaftsforschungsinstitut, das sich
auf die ökonomische Analyse der nationalen und internationalen Arbeitsmärkte kon-
zentriert. Es wird von der Deutschen Post Stiftung finanziell gefördert (vgl. IZA, 2021).

Eine besondere Herausforderung besteht darin, die Wirkungen von Sponsoringaktivi-


täten auf die unternehmerischen Ziele zu erfassen. Aufgrund der häufig eher indirekten,
längerfristig wirkenden Mechanismen ist eine umfassende Erfolgsanalyse oft nur schwer
zu leisten.

5.4.3.8 Messen, Ausstellungen, Events und Markeninszenierungen


Messen und Ausstellungen sind zeitlich befristete Veranstaltungen, die häufig regelmäßig
an bestimmten Orten stattfinden und eine Vielzahl von Anbietern und Nachfragern zu-
sammenführen und folglich Marktcharakter aufweisen (vgl. Meffert et  al., 2019,
S. 763–766). Für Nachfrager bieten derartige Veranstaltungen häufig die beste Möglich-
keit, sich ­innerhalb eines kurzen Zeitraums einen umfassenden Marktüberblick zu ver-
schaffen. Anbieter und ggf. Aussteller selbst können eine umfassende Wettbewerber-
beobachtung vornehmen, weil ausstellende Unternehmen auf solchen Veranstaltungen
i. d. R. versuchen, neue Entwicklungen und Innovationen bekannt zu machen. Außerdem
können hier vielen Menschen die eigenen Leistungen Face-to-Face präsentiert und ge-
schäftliche Kontakte geknüpft werden.
454 5 Marketing-Instrumente

Bei Messen und Ausstellungen kann hinsichtlich der angesprochenen Zielgruppe zwi-
schen Publikums- und Fachmessen unterschieden werden. Die Ausrichtung ist fließend,
wie die Beispiele Frankfurter Buchmesse und Internationale Automobilausstellung (IAA)
zeigen. Bei beiden Veranstaltungen wird zwischen Fachbesucher- und Publikumstagen
unterschieden. Dem persönlichen Verkauf i. S. der Beratung von Interessenten und Kun-
den kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu (vgl. hierzu auch Abschn. 5.3). Weiter-
führende Informationen über Messen und Ausstellungen stellt die AUMA (Ausstellungs-
und Messeausschusses der deutschen Wirtschaft) zur Verfügung (vgl. AUMA, 2021).
Von diesen öffentlichen Messen und Ausstellungen sind die Hausmessen abzugrenzen.
Im Rahmen von Hausmessen laden einzelne Unternehmen Kunden, Kooperationspartner
und/oder Medienvertreter ein, um eine Leistungsshow in eigener Sache durchzuführen.
Ein besonders exponiertes Beispiel hierfür ist die jährlich stattfindende Special Events von
Apple, wo regelmäßig spannende Innovationen vorgestellt werden. Von Steve Jobs hieß es
dann häufig: „One more thing …“
Mit solchen spezifischen, von einzelnen Unternehmen durchgeführten Veranstaltungen
ist der Übergang zu Events vollzogen. Hier wird häufig von Event-Marketing gesprochen.
Das dominante Ziel derartiger Veranstaltungen besteht oft nicht im unmittelbaren Verkauf
von Leistungen, sondern im Aufbau einer persönlichen Beziehung zu den Event-Teil-
nehmern. Diese Teilnehmer können nicht nur Kunden einschließen, sondern auch andere
Entscheidungsträger und Kooperationspartner.
Das gemeinsame Erlebnis, sei es ein Segeltörn, ein Formel-1-Rennen, ein hochkarätiges
Fußballspiel oder der gemeinsame Besuch eines Rolling-Stones-Konzerts, zahlt langfristig
auf die Beziehungen ein und erleichtert auch spätere Akquisitionen.

cc Merk-Box  Seit mehreren Jahren werden solche Einladungen unter Compliance-­


Gesichtspunkten kritisch gesehen. Unter Compliance wird hier nicht nur die
Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen, sondern auch von unternehmens-
internen Richtlinien zur Annahme von Geschenken durch Geschäftspartner
verstanden. Die vielfältigen Korruptionsskandale haben sich in entsprechenden
Richtlinien in den Unternehmen niedergeschlagen und setzen entsprechenden
Events inzwischen enge Grenzen. 

Von Markeninszenierungen wird gesprochen, wenn Marken in 3-D-­Konzepten präsen-


tiert werden. Hierdurch soll meist eine multidimensionale Markenführung erreicht wer-
den. Hierfür werden Räume geschaffen, um Marken zu inszenieren. Beispiele hierfür stel-
len nicht nur die Volkswagen Autostadt und die BMW Welt dar. Hier handelt es sich um eine
Ausstellungs-, Auslieferungs-, Erlebnis-, und Eventstätte in Wolfsburg bzw. in München.
Auch die zuvor schon beschriebenen Flagship-Stores, wie das Nivea-Haus oder Nike
Town, sind Beispiele für Markeninszenierungen. Die in Österreich angesiedelten Swa-
rovski Kristallwelten inszenieren „weißes und farbiges Glas“ in einer Weise, die die Pro-
dukte zu einem Kultobjekt werden lässt. Riedel – The Wine Glass Company hält an seinem
Produktionsstandort in Kufstein für die Besucher eine „Sinnfonie – Abenteuer der Wahr-
5.4 Kommunikationspolitik 455

nehmung“ bereit, um für die „Relevanz des richtigen Glases“ zu werben. Dann können die
Glasbläser bei ihrer anspruchsvollen Arbeit beobachtet werden. So soll der Preis für ein
mundgeblasenes Bordeaux Grand Cru Glas aus der Sommeliers-Serie in Höhe von 75 €
(2017) „ins rechte Licht“ gerückt werden.

5.4.3.9 Lobbyismus
Unter Lobbyismus ist eine spezifische Form der Interessenvertretung insb. gegenüber
Personen im politischen Bereich zu verstehen. Regierungsmitglieder, Abgeordnete und
Beamte werden durch eine direkte Kontaktaufnahme oder indirekt über Medien hinsicht-
lich ihrer Entscheidungsfindung beeinflusst. Gerade die Beeinflussung der öffentlichen
Meinung kann einen starken Einfluss auf die Entscheidungsprozesse haben.
Gegenstand des Lobbyismus kann bspw. die Einflussnahme auf Gesetzgebungsver-
fahren sein. Hier ist bspw. an das Verbot der Zigarettenwerbung, die Deklarationsvorschriften
für chemische Stoffe, die Auszeichnungspflicht für genveränderte Produkte, die Novellierung
des Datenschutzgesetzes oder das Lieferkettengesetz zu denken. Gegenstand kann auch eine
Gesundheitsreform sein, in deren Entwicklung Ärzte, Apotheker, Patienten, Pharmaunter-
nehmen, Krankenkassen und/oder Krankenhäuser aus ihrer jeweiligen Perspektive Einfluss
nehmen. Jede dieser Gruppen hat wiederum eigene Interessenvertretungen, die auf Regierungs-
mitglieder, auf Abgeordnete und weitere in die Prozesse eingebundene Spezialisten zugehen.
Zu diesen Interessenvertretungen gehören u. a. der ADAC, die Bundesvereinigung der
Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), der Deutsche Bauernverband, der Deutsche Ge-
werkschaftsbund, der Hartmannbund, der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI)
und der GDV – Die deutschen Versicherer.
Die Lobbyarbeit, die häufig im Hintergrund abläuft und m.  E. deshalb nicht zur
Öffentlichkeitsarbeit gerechnet werden sollte, hat z. T. einen schlechten Ruf. Sie stellt je-
doch m. E. einen zentralen Bestandteil der aktiven Mitwirkung verschiedener Gruppen bei
der politischen Arbeit dar. Meiner Meinung nach kann eine sichtbare Parteilichkeit akzep-
tiert werden, wenn verschiedene Interessengruppen gleichermaßen Einfluss nehmen und
mit „fairen Mitteln“ für ihre individuellen Interessen eintreten.
Der hier angesprochenen Einflussnahme werden durch die schon angesprochenen
Compliance-Regeln immer enge Grenzen gesetzt. „Compliance“ kann als „Regeltreue“
im Hinblick auf die Einhaltung von Gesetzen, aber auch von spezifischen Richtlinien
innerhalb von Unternehmen verstanden werden. Hierdurch soll eine deutliche Unter-
scheidung zwischen einer akzeptablen Beeinflussung durch Lobbyismus einerseits und
mit Gesetzes- und Unternehmensnormen nicht vereinbarer Bestechlichkeit andererseits
sichergestellt werden.

5.4.4 Budgetierung der Kommunikation

Durch den Budgetierungsprozess im Marketing wird u. a. festgelegt, welche Mittel


für Marktforschung, für die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen sowie
456 5 Marketing-Instrumente

für kommunikationspolitische Aufgaben bereitgestellt werden. Das Kommunikations-


budget umfasst sämtliche Kosten, die mit der Gestaltung, Herstellung und Streuung
der Kommunikationsmittel sowie mit der Erfolgsanalyse der Kommunikation zu-
sammenhängen.
Aufgrund der spezifischen Bedeutung der Werbung als Kernbereich der Kommu­
nikationspolitik erfolgt die nachfolgende Darstellung der Budgetierung anhand der Wer-
bung. In der Wissenschaft gab und gibt es eine Vielzahl von Versuchen, die Werbe-
budgetierung durch den Einsatz komplexer Werbewirkungsmodelle zu fundieren und
damit der Praxis tragfähige Konzepte an die Hand zu geben.
In Summe muss konstatiert werden, dass diese Versuche nicht die gewünschten Ergeb-
nisse und insb. keine komfortable Übertragbarkeit aus der Theorie in die Unternehmens-
praxis erbracht haben. Viele komplexe Budgetierungsmodelle scheitern in der Praxis am
Fehlen der erforderlichen Daten. Oder der Zeitbedarf für die Anwendung der Modelle
wird den unternehmerischen Möglichkeiten nicht gerecht.
Vor diesem Hintergrund wird auf die Darstellung solcher Budgetierungsmodelle ver-
zichtet. Stattdessen wird aufgezeigt, welche Vorgehensweisen in der Praxis vorherrschen.
Hierbei handelt es sich um Methoden, bei denen das Werbebudget entweder aus spezi-
fischen Bezugsgrößen oder aus den zu erreichenden Werbezielen abgeleitet wird.
Bei der Ableitung des Werbebudgets aus spezifischen Bezugsgrößen wird häufig der
geplante oder der in der Vergangenheit realisierte Umsatz zugrunde gelegt. Konkret kann
dies bedeuten, dass ein Unternehmen entscheidet, 10 % des Umsatzes eines Jahres in Wer-
bung zu investieren. Dieses Konzept heißt Percentage-of-Sales-Methode. Analog kann
auch der erwartete oder in der Vergangenheit erwirtschaftete Gewinn die Bemessungs-
grundlage darstellen. Die Ableitung könnte lauten, dass 5 % des Vorjahresgewinns in Wer-
bung investiert werden.
Bei der Percentage-of-Sales-Methode wird allerdings ein prozyklisches Werbever-
halten gefördert. Erzielt ein Unternehmen hohe Umsätze oder Gewinne, steigen die
Werbeinvestitionen. Im umgekehrten Fall sinken sie und verstärken u. U. eine Abwärts-
bewegung. Dies kann nicht im Sinne der Unternehmensführung sein, weil das Kausal-
prinzip – mehr Werbung führt zu höheren Umsätzen bzw. Gewinnen – auf den Kopf ge-
stellt wird. Deshalb wird diese Methode nicht empfohlen.
Bei der Competitive-Parity-Methode stellt das Werbebudget von Wettbewerbern
die zentrale Bezugsgröße dar. Ein Unternehmen kann definieren, welcher Werbedruck im
Wettbewerbsumfeld aufgebaut werden soll. Die zentralen Kenngrößen hierfür sind SoA
und SoV:

• SoA (Share of Advertising) beschreibt den Anteil der Werbeaufwendungen einer


Marke oder eines Produktes an den Gesamtwerbeaufwendungen des definierten Wett-
bewerbsumfeldes in Prozent.
• SoV (Share of Voice) kennzeichnet den prozentualen Anteil der Werbekontakte einer
Marke oder eines Produktes an den Gesamtkontakten des definierten Umfeldes.
5.4 Kommunikationspolitik 457

In Abhängigkeit von der erreichten bzw. der anvisierten Position kann das Budget in
Relation zum Wettbewerber höher, niedriger oder gleich hoch angesetzt werden. Es ist zu
beachten, dass bei der Competitive-Parity-Methode lediglich der Input der Werbung (in
Höhe des eingesetzten Budgets) berücksichtigt wird, nicht jedoch die Effizienz und
Effektivität, mit der ein Budgeteinsatz erfolgt. Deshalb ist auch diese Methode m. E. nicht
sinnvoll.
Eine ähnlich unzweckmäßige Vorgehensweise stellt die All-you-can-afford-Methode
dar. Hierbei wird unternehmensintern geprüft, welche Budgets für Werbung „übrig“ sind.
Es wird deutlich, dass dies zwar eine einfache Vorgehensweise darstellt, aber jeglicher
Ziel- und Wirkungszusammenhang vernachlässigt. Außerdem wird bei der All-you-can-­
afford-Methode ignoriert, dass Werbung ein zentrales Werkzeug zur Generierung von Um-
satz und insb. Gewinn darstellt. Werbung sollte und darf nicht als Instrument der Mittel-
verwendung fehlinterpretiert werden.

cc Merk-Box  Die Percentage-of-Sales-Methode, die Competitive-Parity-Methode


sowie die All-you-can-afford-Methode sind pragmatisch und relativ einfach
umzusetzen. Sie lassen allerdings die Ziele, die mit der Werbung erreicht wer-
den sollen, unberücksichtigt. Deshalb sollte auf deren Einsatz verzichtet
werden. 

Mit den zielorientierten Methoden wird versucht, die Nachteile der bisher beschriebenen
Budgetierungskonzepte zu überwinden (Objective-Task-Methode). Bei der Objecti-
ve-Task-Methode erfolgt eine Ableitung des Werbebudgets aus definierten Werbe-
zielen. Es wird versucht, aus den Werbezielen auf das dafür notwendige Budget zu schlie-
ßen. Die Fragen lauten dann:

• Welches Werbebudget ist notwendig, um den ungestützten Bekanntheitsgrad der Marke


A von 45 auf 49 % zu steigern?
• Welches Budget ist in Werbung zu investieren, um ein Umsatzwachstum von 1,5 Mio. €
in diesem auf 2,5 Mio. € im nächsten Jahr in Deutschland zu erreichen?
• Welche Mittel müssen für Werbung eingesetzt werden, um in Italien in den nächsten
sechs Monaten 250 neue Kunden zu gewinnen?

Um diese Fragen zu beantworten, sind tragfähige Hypothesen über die Wirkungen


des Werbeeinsatzes erforderlich. Diese liegen allerdings häufig nicht vor. Selbst wenn
dies der Fall ist, basieren sie i. d. R. auf Erfahrungen der Vergangenheit und können nicht
zwangsläufig auf die Zukunft übertragen werden. Die eingeschränkte Übertragbarkeit der
Erfahrungen der Vergangenheit auf die Zukunft kann auf die gesamtwirtschaftliche
­Entwicklung, den Markteintritt neuer Wettbewerber, die Erhöhung der Mediakosten, ein
verändertes Werbenutzungsverhalten oder andere Präferenzen der Zielgruppe zurückzu-
führen sein.
458 5 Marketing-Instrumente

Trotzdem sollten jeder Werbeplanung konkrete Hypothesen zugrunde gelegt werden,


damit Marketing seiner Aufgabe als Wertstifter gerecht werden kann – und nicht als Wert-
vernichter oder Cashburner verunglimpft wird. Falls solche Hypothesen noch nicht vor-
liegen, sollten diese aus bisherigen Kampagnen abgeleitet werden. Oder es werden Hypo-
thesen für den geplanten Werbeeinsatz definiert und am Ende der Kampagne überprüft.
Auf diese Weise wird das Wissen über die Werbewirkung im eigenen Unternehmen immer
größer – und die Erfolge der Werbung werden immer überzeugender.
Für den Einsatz der Objective-Task-Methode ist es unverzichtbar, dass gerade auch
für das Marketing und die Werbung Ziele formuliert werden, die Inhalt, Ausmaß sowie den
räumlichen und zeitlichen Bezug präzise festlegen (vgl. vertiefend Abschn. 3.2).

cc Denkanstoß  Hinterfragen Sie einmal, welche Budgetierungsmethode in Ihrem


Unternehmen eingesetzt wird – und aus welchem Grund.

cc Merk-Box  Zusätzlich haben nach wie vor die Überzeugungskraft und die
Schlüssigkeit der Argumentation des um das Werbebudget „kämpfenden“
Marketing-­Managers ein besonders hohes Gewicht bei der Verteilung von
Budgets. Hierfür ist ein überzeugendes Storytelling erforderlich. 
Zusätzlich baut der erfahrene Manager genug „Puffer“ in seine Planung
ein, um trotz (absehbarer) Kürzungsrunden die geforderten Kommunikations-
ergebnisse erzielen zu können.

5.4.5 Systeme der Kommunikationspolitik

5.4.5.1 Corporate Identity


Ein spezifisches  – häufig der Kommunikationspolitik zuzurechnendes  – System der
Kommunikationspolitik stellt die Entwicklung und Schaffung einer Corporate Identity
(CI) dar (vgl. grundlegend Birkigt & Stadler, 2002; auch Dunkl, 2015; Keite, 2019;
­Beyrow et al., 2018).

cc Merk-Box  Die Schaffung einer Corporate Identity stellt ein vielfach an-
gestrebtes Unternehmensziel dar. Die Corporate Identity selbst ist folglich
kein Instrument des Marketings. Vielmehr sollen verschiedene Instrumente des
Marketings zum Aufbau einer Corporate Identity beitragen. 

Durch verschiedene Marketing-Maßnahmen soll ein ganzheitlicher, in sich ge-


schlossener Auftritt eines Unternehmens erreicht werden – eben eine Corporate Identity.
Eine solche Corporate Identity erfordert eine in sich schlüssige Selbstdarstellung des
Unternehmens über die unterschiedlichsten Kommunikationskanäle hinweg. Auch die
Verhaltensweisen des Unternehmens sowie seiner Vertreter müssen mit der an-
5.4 Kommunikationspolitik 459

gestrebten Selbstdarstellung ­übereinstimmen. Grundlage und Kern einer Corporate Iden-


tity ist meist eine Unternehmensphilosophie, die sich häufig in einem Mission State-
ment und einer Unternehmensvision konkretisiert (vgl. Abschn. 3.3).
In Summe soll beim Aufbau einer Corporate Identity ein in sich schlüssiger und über-
zeugender Aufritt des gesamten Unternehmens erreicht werden. Dieser umfasst die fol-
genden Elemente:

• Bilder
Hierzu zählen Stand- und Bewegtbild von Produkten, der Dienstleistungserbringung,
der Ladengestaltung, des Produktionsbereichs, der Forschungsabteilung, der Unter-
nehmensarchitektur insgesamt sowie von Mitarbeitern und Führungskräften.
• Worte
Hierzu gehören die Statements des CEOs, vor allem aber die Kommunikation über die
verschiedenen Marketing-Instrumente (PR, Werbung, Verkaufsförderung).
• Taten
Hiermit ist das Unternehmensengagement im engeren und weiteren Sinne sowie das
„Tun“ aller Mitarbeiter und Führungskräfte gemeint.

Um eine Corporate Identity aufzubauen, soll ein konsistentes, positives Erscheinungs-


bild des Unternehmens geschaffen werden. Ein solches Erscheinungsbild ist die Voraus-
setzung für das Entstehen einer spezifischen Unternehmenspersönlichkeit.
Die Corporate Identity i. S. dieses geschlossenen Gesamtauftritts ist folglich das Er-
gebnis der in Abb.  5.77 aufgezeigten Handlungsfelder: Corporate Behavior, Corporate
Communications und Corporate Design.
Der Aufbau einer Corporate Identity ist hier der Kommunikationspolitik zugeordnet,
weil alle Unternehmensaktivitäten unter dem kommunikativen Aspekt zu bewerten und
auszugestalten sind. Hier liegt ein umfassender Kommunikationsbegriff zugrunde, der

&RUSRUDWH
%HKDYLRU

8QWHUQHKPHQV
SKLORVRSKLH

&RUSRUDWH &RUSRUDWH
&RPPXQLFDWLRQV 'HVLJQ

Abb. 5.77  Bereiche der Corporate Identity


460 5 Marketing-Instrumente

bspw. auch die Unternehmensrepräsentanten als Kommunikatoren und Markenbotschafter


begreift und alle vom Unternehmen nach innen und außen wirkenden Kommunikations-
arten umfasst.

cc Merk-Box  Die Corporate Identity selbst ist folglich  – wie bereits an-
gesprochen  – kein Kommunikationsinstrument, sondern das angestrebte Er-
gebnis eines umfassenden, in sich geschlossenen kommunikativen Ansatzes. 

Vor allem Großunternehmen müssen gleichsam eine „künstliche“ Unternehmens-


persönlichkeit aufbauen. Schließlich gibt es in diesen Unternehmen keinen Gründer
oder Inhaber als wertestiftenden Faktor (mehr), der das gesamte Unternehmung mit
seiner Persönlichkeit prägt. Diese Personen, vielfach die Gründungsväter von Unter-
nehmen, ­definierten häufig den Stil und den Geist, die Werte sowie angemessene Ver-
haltensweisen für ihr Unternehmen.
Wo können wir heute noch die Gründer oder Inhaber als wertestiftende Personen er-
kennen? Beispiele sind Steve Jobs bei Apple, Jeff Bezos bei Amazon, Elon Musk bei
Tesla und Space X, aber auch Mark Zuckerberg bei Facebook. Weitere Beispiele grün-
der- bzw. inhabergeführter Unternehmen sind Erich Sixt bei der Sixt-Autovermietung,
Wolfgang Grupp bei Trigema, Richard Branson bei Virgin oder Dietrich Mateschitz bei
Red Bull.
Vielfach sind die grundlegenden Ideen der Unternehmensgründer noch heute wirksam,
auch wenn die Personen selbst nicht mehr aktiv sind. Wo dies nicht der Fall ist, gilt es, das
Vakuum durch eine eigenständige Unternehmenspersönlichkeit zu füllen.
Die Unternehmensphilosophie beinhaltet die Werte des Unternehmens und davon ab-
geleitet die gewünschten Verhaltensmuster aller Unternehmensrepräsentanten. Diese gilt
es, über die unterschiedlichen Gestaltungsfelder nach innen und außen zu transportieren,
um in Summe eine Corporate Identity aufzubauen. Das Bekenntnis zu spezifischen Werten
haben viele Unternehmen in einer Corporate Social Responsibility (CSR) verankert,
d. h. in der Bejahung einer unternehmerischen Verantwortung, die über unmittelbare Kun-
den-, Mitarbeiter- und Lieferantenbeziehungen hinausgeht und auch den Leistungsbeitrag
eines Unternehmens für das Gemeinwohl beinhaltet (vgl. weiterführend Wiesner, 2016;
Kreipl, 2020; Stehr & Struve, 2017; Schmitz, 2021).
Durch unterschiedliche Instrumente und Regelungen wird versucht, ein Corporate Be-
havior (CB) zu sichern (vgl. Abb. 5.77). Dieses setzt ein in sich möglichst widerspruchs-
freies Verhalten aller Unternehmensmitglieder im Innen- und Außenverhältnis voraus, das
sich am Selbstverständnis des Unternehmens und seiner Vision und seinen Werten orien-
tiert. Grundlage hierfür sind Verhaltensrichtlinien, die sich in Codes of Conducts (CoC)
für Mitarbeiter und Führungskräfte niederschlagen können.
Die entsprechenden Ausprägungen sollen nachfolgend am Beispiel eines Auszugs zum
Führungsverhalten aus dem Verhaltenskodex der BASF AG verdeutlicht werden (vgl.
BASF, 2021, S. 4, 15).
5.4 Kommunikationspolitik 461

„Unser Verhaltenskodex
In einer sich immer schneller wandelnden und sehr wettbewerbsintensiven Welt ist ent-
scheidend, dass wir uns auf das konzentrieren, was uns bei BASF wirklich wichtig ist. Unsere
Werte – kreativ, offen, verantwortungsvoll und unternehmerisch – unterstützen uns dabei. Sie
dienen als Richtschnur für unser geschäftliches Handeln und erinnern uns daran, wofür
BASF steht.
Wir verpflichten uns zur Einhaltung rechtlicher Vorschriften und ethischer Grundsätze.
Unser Verhaltenskodex definiert den Rahmen, an den wir uns als Mitarbeiter der BASF halten
müssen, um gesetzliche und interne Bestimmungen einzuhalten. Damit trägt unser Ver-
haltenskodex zum Schutz des Unternehmens und jedes einzelnen Mitarbeiters bei.
Unser Verhaltenskodex dient als Leitfaden, um unsere Werte und Verpflichtungen im ge-
samten Unternehmen zu leben und in all unserem Handeln zu verankern. Er hilft uns dabei,
in kritischen Situationen verantwortungsvolle und ethische Entscheidungen zu treffen. Nur
wenn wir unseren Verhaltenskodex sowie sämtliche geltenden Gesetze und Vorschriften
­vollständig einhalten, können wir unseren Anspruch, das weltweit führende Chemieunter-
nehmen zu sein, erreichen und den Respekt sowie das Vertrauen unserer Kunden, Investoren,
Mitarbeiter und Stakeholder gewinnen.

Integres Verhalten vorleben – die Verantwortung aller Führungskräfte
Die Werte der BASF in der Unternehmenskultur zu verankern, ist in erster Linie Aufgabe
der Führungskräfte. Sie geben die Richtung vor – und zwar nicht nur im Hinblick auf die Ein-
haltung von Regeln. Führungskräfte übernehmen Verantwortung, schaffen Vertrauen und
gehen auch unter schwierigen Umständen mit Mut und Optimismus voran.
Es geht darum, mit gutem Beispiel voran zu gehen, unsere Werte im eigenen Verhalten und
Tun widerzuspiegeln. Es muss uns klar sein: Nur der Standard, den wir als Führungskräfte
vorleben ist der Standard, den wir von unseren Teams und Partnern erwarten können.
Als Führungskräfte

• nehmen wir unsere Verantwortung an und leben integres Verhalten vor.


• nehmen wir hinsichtlich der Einhaltung ethischer Grundsätze eine Vorbildfunktion ein.
• achten wir darauf, dass Verhaltensweisen oder Entscheidungen stets mit unseren Werten in
Einklang stehen.
• beschäftigen wir uns mit spezifischen Risikofaktoren und besprechen diese mit unse-
ren Teams.
• sprechen wir offen an, wenn sich etwas nicht richtig anfühlt.
• ermutigen wir unsere Teams, Fragen und Bedenken offen anzusprechen.

Als Führungskräfte stellen wir uns die folgenden Fragen:

• Kenne ich die wichtigsten Compliance-Risiken meines Verantwortungsbereichs und weiß,


wie ich mit diesen umgehen muss?
• Höre ich meinen Teammitgliedern zu, wenn diese Probleme ansprechen?
• Wie gehe ich mit ethischen Grauzonen um – bespreche ich solche Situationen mit meinem
Team und Vorgesetzten?
• An wen kann ich mich bei Anliegen im Zusammenhang mit Compliance wenden?“
462 5 Marketing-Instrumente

Um eine Berücksichtigung der definierten Richtlinien im Unternehmensalltag sicher-


zustellen, bedarf es nicht nur eines entsprechenden Controllings zur Überwachung der
Einhaltung, sondern auch eines Sanktionsmechanismus, wenn diese nicht erfolgt (vgl.
Kap.  7). Erst das Vorhandensein beider Elemente signalisiert allen Mitarbeitern und
Führungskräften, dass ein Verhaltenskodex keine „PR-Veranstaltung“ darstellt.
Die Corporate Communications (CC) streben eine nach innen und außen in sich
stimmige Kommunikation an (vgl. Abb. 5.77). Hierzu sind alle Kommunikationsaktivi-
täten eines Unternehmens aufeinander abzustimmen und miteinander zu verzahnen. Kon-
kret bedeutet das bspw., dass sich ein Unternehmen auf einer Messe in der gleichen Art
präsentieren sollte wie in anderen On- und Offline-Medien. Der Auftritt am POS sollte
eine ähnliche Anmutung aufweisen wie die Corporate Website und sich auch an gleichen
Werten orientieren. Gleichzeitig sollen alle Maßnahmen dazu beitragen, die Vision des
Unternehmens mit Inhalt zu füllen.

cc Merk-Box  Die Notwendigkeit einer integrierten Kommunikation ist darauf


zurückzuführen, dass bei den Zielpersonen diese verschiedenen Ansprachen
­zusammenlaufen. Dort sollen diese Aktivitäten im Idealfall als einheitliches
Ganzes wahrgenommen werden. Erst dann kann eine Corporate Identity
entstehen. 

Den dritten CI-Bereich stellt das Corporate Design (CD) dar (vgl. Abb. 5.77). Das
Corporate Design definiert primär den Einsatz von Gestaltungselementen. Hierzu gehören
Schrifttypen und -größen, Farben, Logo, aber bspw. auch die eingesetzte Architektur.
Durch die Festlegung dieser Designelemente soll ein einheitliches visuelles Er-
scheinungsbild des gesamten Unternehmens erreicht werden.
Häufig liegt die Gesamtheit der entsprechenden Vorgaben in CD-Manuals vor. In die-
sen Manuals wird zum einen die Gestaltung von Geschäftsbriefen, Visitenkarten, Firmen-
fahrzeugen sowie Gebäuden definiert. Zum anderen werden dort auch die „Spielregeln“
für allen weiteren Arten des kommunikativen Auftritts festgelegt. Hierfür werden häufig
sogenannte Templates (i. S. von Schablonen) verwendet. Diese definieren die Rahmen-
bedingungen für Anzeigen, Prospekte, PowerPoint-Präsentationen, TV-Spots, Online-­
Aktivitäten und Messeauftritte.
In CD-Manuals wird teilweise auch ein Corporate Wording definiert. Dieses regelt, in
welcher Art und Weise ein Unternehmen sprachlich kommunizieren möchte. Welche Wör-
ter sollen in der Unternehmenssprache immer wieder auftauchen und welche sind eher zu
vermeiden? Beim Corporate Clothing wird eine Uniformierung des Betreuungspersonals
angestrebt, um auch hier ein einheitliches Erscheinungsbild sicherzustellen. Die Kleidungs-
vorschriften können sich auf den Einsatz von Mitarbeitern in Verkaufsräumen oder bei
Messen beziehen. Wer schon einmal im Einzelhandel vergeblich nach einem Verkäufer
Ausschau gehalten hat, weil das Verkaufspersonal genauso gekleidet war wie die Kunden,
kann den Wert von Corporate Clothing erkennen!
5.4 Kommunikationspolitik 463

cc Merk-Box  Umgangssprachlich wird häufig – fälschlicherweise – von Corporate


Identity gesprochen, wenn lediglich das Corporate Design gemeint ist. 

Durch einen integrierten Gesamtauftritt des Unternehmens sollen im Innenverhältnis


ein Wir-­Bewusstsein und damit eine Corporate Culture aufgebaut werden. Dies soll
Motivation und Arbeitszufriedenheit fördern (vgl. vertiefend Abschn. 5.5). Im Außenver-
hältnis sollen für das gesamte Unternehmen wie für alle Leistungsbereiche und -träger
Glaubwürdigkeit, Vertrauen, Akzeptanz und ggf. sogar Zuneigung und Nähe aufgebaut
werden. Gleichzeitig kann eine Corporate Identity einen Beitrag dazu leisten, dass die
Marketing-Strategien und -Instrumente für die Unternehmensangebote bessere Wirkun-
gen entfalten – weil alle Aktivitäten aufeinander abgestimmt sind.

cc Merk-Box  Die Schaffung und Sicherung einer Corporate Identity stellt mit
ihren unterschiedlichen Gestaltungsfeldern eine stetige Aufgabe dar, die nie
abgeschlossen sein wird. Denn Unternehmen und Umwelt verändern sich
gleichermaßen, und den Veränderungen muss im Hinblick auf die angestrebte
Corporate Identity begegnet werden. 

5.4.5.2 Kundenbindungssysteme

„Changes in the market environment can quickly alter prices and technologies, but close
relationships can last a lifetime.“
Regis McKenna, Marketing-Guru des Silicon Valleys

Für die meisten Unternehmen sichert erst eine loyale Kundschaft ein profitables Wachs-
tum. Unternehmen, denen es nicht gelingt, zufriedene Kunden längerfristig an sich zu
binden, müssen einen großen Teil des Marketing-Budgets in die Kundenakquisition in-
vestieren. Das Ziel von Kundenbindungssystemen stellt folglich die Verlängerung von
(profitablen) Geschäftsbeziehungen zu Konsumenten oder Unternehmen dar (vgl. ver-
tiefend Kreutzer, 2021a, S. 267–352).
Um Kunden langfristig an ein Unternehmen zu binden, können verschiedene Treiber
der Kundenbindung eingesetzt werden. Hier zählen neben vertraglichen und techno-
logischen Bindungsursachen auch ökonomische Anreize sowie psychologische Faktoren,
die in Abb. 5.78 zu finden sind.
Die Treiber der Kundenbindung lassen sich auch danach unterscheiden, ob freiwillige
und unfreiwillige Bindungsursachen zugrunde liegen. Freiwillige Bindungsursachen lie-
gen vor, wenn sich ein Kunde eigenständig für einen bestimmten Anbieter entscheidet,
ohne dass eine zwingende Notwendigkeit besteht. So kann sich ein überzeugter Käufer
von Montblanc- oder Apple-Produkten immer wieder für diese Marke entscheiden, ohne
dazu gezwungen zu sein. Ähnlich verhält es sich, wenn die Mitglieder einer Familie seit
Generationen treue Volkswagen-Kunden sind und keine andere Marke im Kaufent-
scheidungsprozess berücksichtigen. Auch ökonomische Bindungsursachen können zu
464 5 Marketing-Instrumente

7HFKQRORJLVFKH
9HUWUDJOLFKH %LQGXQJVXUVDFKHQ
%LQGXQJVXUVDFKHQ 1XW]XQJYRQ2EMHNWLYHQQXU
-DKUHV9HUWUDJIUHLQ3RVW EHLP+HUVWHOOHUGHV
3DLG+DQG\ .DPHUDNRUSXV
9HUWUDJIUHLQ)LWQHVVVWXGLR 'UXFNHUXQG.DUWXVFKHQQXU
YRPJOHLFKHQ+HUVWHOOHU
.UHGLW/HDVLQJ9HUWUDJ
.DIIHHPDVFKLQHXQG.DSVHOQ
7KHDWHU2SHUQ$ERQQHPHQW DXVHLQHU+DQG /RFNLQ
6\VWHPH
7UHLEHUGHU

gNRQRPLVFKH .XQGHQELQGXQJ 3V\FKRORJLVFKH


%LQGXQJVXUVDFKHQ %LQGXQJVXUVDFKHQ
7UHXHUDEDWW 5DEDWWIU +DELWXHOOHVJHZRKQKHLWV
ODQJMlKULJH.XQGHQ Pl‰LJHV(LQNDXIVYHUKDOWHQ
0HQJHQUDEDWW DE)LWQHVVNXUV 3HUV|QOLFKHZHUWVFKlW]HQGH
5DEDWW %HWUHXXQJ
.RVWHQIUGLH,QWHJUDWLRQHLQHV ,PDJHGHU0DUNHGHV
/LHIHUDQWHQ 8QWHUQHKPHQV
.RVWHQHLQHU9HUWUDJVNQGLJXQJ 4XDOLWlWGHV6RUWLPHQWV 7LHIH
EVSZEHLP)LWQHVVVWXGLR %UHLWH*HQUH

Abb. 5.78  Treiber der Kundenbindung

einer freiwilligen Bindung eines Kunden führen. Dies gelingt, wenn durch die Treue zu
einem Anbieter ökonomische Vorteile erzielt werden (bspw. ein Treuerabatt oder die regel-
mäßige Einladung zu einer „Girls Night“ im Modehandel).
Zu dieser freiwilligen Bindung können auch ein überzeugendes Sortiment (aus den
Augen der Kunden) sowie ein wertschätzender Service durch das Verkaufspersonal bei-
tragen. Wer regelmäßig in einem Nachbarschaftsladen einkauft, um hierdurch seine Wege-
kosten zu minimieren, bindet sich ebenfalls aus freien Stücken. Hier kann von einer ver-
bundenheitsgetriebenen Kundenbindung gesprochen werden, weil Kunden eine
freiwillige Verbindung zum Unternehmen eingehen.
Anders sieht dies bei den vertraglichen und den technologischen Bindungsursachen
aus. Hier geht es tendenziell um unfreiwillige Bindungsursachen. Eine vertragliche
Bindungsursache ist bspw. gegeben, wenn sich ein Kunde in Deutschland für einen Post-­
Paid-­Handy-Vertrag interessiert und dazu zwingend eine zweijährige Vertragsbindung
eingehen muss. Dies ist auch der Fall, wenn für den regelmäßigen Besuch in einem
Fitnessstudio ein einjähriger Vertrag abzuschließen ist. Auch Kredit- oder Leasingverträge
binden einen Kunden für eine bestimmte Laufzeit, die nicht oder nur gegen zusätzliche
Zahlungen (bspw. Vorfälligkeitsentschädigung bei einem Kreditvertrag) verkürzt werden
kann. Theater- und Opern-Abonnements gehören ebenfalls in diese Kategorie. Im Einzel-
handel finden solche Abonnements bspw. für Wein, Schokolade, Socken oder auch Des-
sous ihren Einsatz.
Technologische Bindungen muss ein Kunde i.  d. R. ebenfalls unfreiwillig in Kauf
nehmen. So können Leica-Objektive nur beim Leica-Kamerakorpus eingesetzt werden.
Vielfach können auch bei Druckern nur die Patronen des gleichen Herstellers störungsfrei
5.4 Kommunikationspolitik 465

eingesetzt werden. Teilweise ist dies auch bei Kapsel-Kaffeemaschinen der Fall. In diesen
Fällen wird auch von Lock-in-Systemen gesprochen, weil der Kunde gleichsam in eine
Lösung eingeschlossen ist. Hier ist von einer gebundenheitsgetriebenen Kunden-
bindung zu sprechen.
Aufgrund der dadurch erzielten Bindung kommt der Anbieter – zeitlich befristet – in
eine monopolähnliche Situation, aus der ein Kunde nur mit zusätzlichen Kosten aus-
steigen kann. So kann der Käufer die Marke bzw. den Anbieter wechseln; allerdings nur,
um dann ggf. in einer neuen Abhängigkeit zu „landen“.
Im Zusammenhang mit diesen Treibern der Kundenbindung wird von Wechsel-
barrieren gesprochen. Diese werden von den Unternehmen teilweise ganz systematisch
aufgebaut. Manche dieser Wechselbarrieren können schon im Produkt angelegt sein. Dies
ist beim Leica-Beispiel sowie bei der Inkompatibilität zwischen verschiedenen Staub-
saugerbeuteln und unterschiedlichen Staubsaugermarken der Fall.
Andere Wechselbarrieren ergeben sich durch die Servicequalität. In einem Brillen-
geschäft wird bspw. eine optimale Stilberatung durchgeführt und damit der Kunde lang-
fristig an dieses Unternehmen gebunden. Dies kann gelingen, obwohl sich eine preis-
wertere Alternative (bspw. Fielmann) in direkter Nähe befindet.
Unternehmen können Wechselbarrieren auch ganz gezielt aufbauen, indem treuen Kun-
den zusätzliche Vorteile versprochen werden. Dies ist der Kern aller Kundenbindungs-
programme. Hierzu zählen die Konzepte von BSW, Payback oder der Deutschland Card,
alle Frequent-Flyer-Programme der Fluggesellschaften und viele weitere unternehmens-
individuelle Konzepte.

cc Merk-Box  Wechselbarrieren können von einem Unternehmen bewusst auf-


gebaut werden, um die Kunden zu einer höheren Loyalität zu motivieren. 

Die auf den Aufbau von Wechselbarrieren ausgerichteten Aktivitäten, durch die ein
Kunde langfristig an ein Unternehmen gebunden werden soll, stellen einen integralen Be-
standteil des Customer-Relationship-Managements (CRM) dar. Unter CRM ist eine
kundenorientierte Unternehmensstrategie zu verstehen, die den Aufbau eines systema-
tischen, langfristigen, profitablen und individualisierten Managements von Kunden-
beziehungen zum Ziel hat. Da Kundenbindungssysteme dominant kommunikations-
getrieben sind, werden diese als spezifisches ­Kommunikationssystem dargestellt (vgl.
Abschn. 5.4.3.5; weiterführend Kreutzer, 2021a, S. 71–150; Bruhn, 2016; Bruhn & Hom-
burg, 2017).

cc Merk-Box  Bei der Kundenbindung geht es im Kern darum, dem Kunden dabei
zu helfen, die Wahl eines anderen Anbieters zu vermeiden! 

Vor der Entwicklung einer Kundenbindungsstrategie ist transparent herausarbeiten,


welche Ziele der Kundenbindung mit den geplanten Maßnahmen anstrebt werden. Häu-
fig stehen die folgenden Ziele im Mittelpunkt:
466 5 Marketing-Instrumente

• Erhöhung der Kundenbindung – Customer-Retention-Rate (CRR)


Zur Ermittlung der Intensität der Kundenbindung werden von der Kundenanzahl am
Ende eines Jahres die in diesem Jahr neu gewonnenen Kunden abgezogen. Dieser Wert
wird dann durch die Anzahl der zu Beginn des Jahres vorhandenen Kunden dividiert
und mit 100 multipliziert.

Anzahl der Kunden am Jahresende − Neukunden in diesem Jahr


CRR = ∗100
Anzahl der Kunden am Anfang dieses Jahres

Je höher dieser Wert ist, desto besser ist es gelungen, Kunden an das Unternehmen zu
binden. Bei einem Wert von 100 % ist die Kundenbasis stabil geblieben. Bei Werten
unter 100 % wandern bisherige Kunden ab.
• Erhöhung der Kauffrequenz bzw. der Purchase Frequency (PF)
Zur Ermittlung wird die Anzahl der Käufe innerhalb eines bestimmten Zeitraums
(meist ein Jahr) durch die Anzahl der Kunden in diesem Zeitraum dividiert.


Anzahl der Kaufe in einem bestimmten Zeitraum
PF =
Anzahl der Kunden in diesem Zeitraum

In vielen Branchen ist die Kaufhäufigkeit eine relativ stabile Größe, sodass Ab-
weichungen von der „Norm“ als Warnsignale interpretiert werden können (etwa beim
Kauf von Bekleidung, Lebensmitteln, Tiernahrung). Bei anderen Produkten ist die
Saisonalität zu berücksichtigen, etwa bei Spielwaren oder bei Produkten für die Garten-
gestaltung.
Allerdings ist eine hohe Kauffrequenz mit niedrigem Durchschnittsumsatz kritisch
zu sehen, wenn die einzelnen Verkäufe (bspw. im Online-Shop) mit entsprechenden
Versandkosten für das Unternehmen einhergehen, wenn diese Kosten nicht von den
Kunden getragen werden. Folglich ist eine Steigerung der Kauffrequenz nicht immer
eine gewünschte Entwicklung.
• Steigerung des Durchschnittsumsatzes pro Kauf bzw. des Average Order
Value (AOV)
Zur Ermittlung wird der Umsatz innerhalb eines bestimmten Zeitraums (meist ein Jahr)
durch die Anzahl der Kunden in diesem Zeitraum dividiert.

Umsatz innerhalb eines bestimmten Zeitraums


AOV =
Anzahl der Kunden in diesem Zeitraum

Ein hoher durchschnittlicher Umsatz ist positiv zu sehen, weil pro Kauf hierdurch meist
auch eine hohe Wertschöpfung erzielt werden kann.
• Erhöhung des Share of Wallet (auch Share of Basket)
Der Share of Wallet zeigt auf, wie viel des Umsatzes in einem bestimmten Sortiments-
bereich von einem Kunden bei einem bestimmten Unternehmen getätigt wird.
5.4 Kommunikationspolitik 467

Umsatz eines Kunden in einer Produktkategorie


bei einem Unternehmen im Zeitraum X
Share of Wallet = ∗100
 des Gesamtumsatzes eines Kunden in einer
Hohe
Produktkategorie insgesamt im Zeitrauum X

Wenn ein Kunde von dem Bekleidungs-Jahresbudget von 750 € in einem Jahr 410 € bei
Anson’s und 75 € bei Hess Natur investiert, dann hat Anson’s einen Share of Wallet von
55 % und Hess Natur von 10 % erzielt. Je höher der Share of Wallet ist, desto besser ist
es einem Unternehmen gelungen, einen Kunden für die eigenen Angebote zu be-
geistern.
• Gewinnung von Informationen über die Kunden für eine Personalisierung und/oder
Individualisierung der Ansprache
• Gewinnung von Informationen über die Kunden, um diese Informationen für die
Neukundengewinnung zu nutzen (Stichwort Lead-Scoring)
• Differenzierung von Wettbewerbern

In Summe verfolgen die Maßnahmen zur Kundenbindung das Ziel, die Geschäfts-
beziehungen zu Konsumenten oder Unternehmen langfristig zu erhalten und profitabel
weiterzuentwickeln. Hierbei ist zu klären welche der genannten Ziele im Mittel-
punkt stehen.
Die nachfolgend beschriebenen Formen kundenbindender Maßnahmen sollen von
den Kunden möglichst intensiv genutzt werden, weil nur so die bindenden Effekte erreicht
werden. Unter Kundenbindungsmaßnahmen sind hier alle Maßnahmen zu verstehen,
die eingesetzt werden, um die Beziehung zwischen den Kunden und dem jeweiligen
Unternehmen so zu gestalten, dass diese langfristig trägt und der Kunde im Idealfall
kontinuierlich hohe und profitable Umsätze tätigt.
Für die Entwicklung einer eigenen Kundenbindungsstrategie sind die in Abb. 5.79
aufgezeigten Fragestellungen zu beantworten.

:DV"

%H]XJVREMHNWGHU
.XQGHQELQGXQJ

:HU" .XQGHQ 0LWZHP"

=LHOJUXSSHGHU
ELQGXQJV .RRSHUDWLRQVDQVlW]HGHU
.XQGHQELQGXQJ VWUDWHJLH .XQGHQELQGXQJ

:LH"

.RQ]HSWGHU
.XQGHQELQGXQJ

Abb. 5.79  Kernfragen zur Entwicklung einer Kundenbindungsstrategie


468 5 Marketing-Instrumente

Zunächst ist das Bezugsobjekt der Kundenbindung zu definieren. Hier können fol-
gende Objekte den Ausgangspunkt der Kundenbindung darstellen:

• einzelne Produkte (etwa Nutella),


• eine Marke (bspw. Audi, Lange & Söhne oder Montblanc),
• ein Vertriebskanal (etwa ein stationäres Geschäft, das KaDeWe oder der Online-Shop
AboutYou der Otto-Gruppe),
• ein Unternehmen (etwa Douglas, Peek & Cloppenburg, Sinn).

Zusätzlich sind die Zielgruppen der Kundenbindungsmaßnahmen anhand der folgen-


den Fragen möglichst präzise zu definieren:

• Sollen bspw. alle Kunden eines Unternehmens eingebunden werden, wie dies durch das
Payback-Konzept bei dm Drogeriemarkt angestrebt wird?
• Sollen nur ausgewählte Kunden besonders betreut werden?
• Haben sich die Kunden durch ihr Kaufverhalten eine besondere Betreuung und Be-
lohnung erst zu verdienen (so beim Miles & More-Programm der Lufthansa)?
• Richtet sich das Programm an alle, die sich dafür registriert haben (etwa bei Kunden-
bindungsprogrammen von Hotels wie dem GoldCrownClub von Best Western)?
• Müssen die Kunden einen Beitrag entrichten, um die Vorteile eines Kundenbindungs-
programms zu erhalten (so bspw. bei Douglas und beim BSW)?

Zur Erreichung der Kundenbindung können verschiedene Konzepte eingesetzt wer-


den. Folgenden Maßnahmen der Kundenbindung kommt eine besonders große Bedeutung
zu. Ihre Ausgestaltung kann vielfach als Online- und/oder Offline-Version erfolgen:

• Dialog-Programm
• Newsletter
• Customer-Service-Center als Anlaufstelle für die betreuten Kunden
• Sammelkarte/Rabattkarte
• Kundenkarte
• Treuebelohnungsprogramm (bspw. mit einer Belohnung für getätigte Umsätze)
• Vorteilsprogramm (mit eigenen Leistungen oder auch mit Leistungen von Kooperations-
partnern)
• Kundenmagazin
• Events (Einladung zu Modeschauen, Girls’ Night, Gentlemen’s Night, Preview auf
neue Ware, Einladung zu einer Hausmesse, zu einer Branchen-Veranstaltung etc.)

Bei der Entwicklung eines überzeugenden Kundenbindungskonzepts sind die Ziele des
Unternehmens wie auch die Ziele der Kunden gleichermaßen zu berücksichtigen. Aus an-
bieterorientierter Perspektive sind die Inhalte für die Kunden so zu gestalten, dass eine
langfristige Ertragssteigerung erreicht wird. Zusätzlich wird häufig das Ziel angestrebt,
weitere Daten über die betreuten Kunden zu ermitteln, um die Betreuung stärker zu indi-
5.4 Kommunikationspolitik 469

vidualisieren. Gleichzeitig ist eine nachfrageorientierte Perspektive bei der Programm-


gestaltung einzunehmen, weil nur diese einen langfristigen Erfolg ermöglicht.

cc Merk-Box  Aus Kundensicht stellt sich die Frage nach dem Mehrwert des
Leistungsprogramms ganz einfach: 
What’s in it for me?

Zusätzlich ist eine wettbewerbsorientierte Perspektive einzunehmen. Schließlich


muss das Unternehmen wissen, welche Maßnahmen Wettbewerber zur Kundenbindung
einsetzen. Durch eine entsprechende Beobachtung des Wettbewerbs kann vermieden wer-
den, lediglich eine Kopie des Vorgehens eines Wettbewerbers zu entwickeln. Die Heraus-
forderung besteht zusätzlich darin, die Vorteile des Kundenbindungsprogramms so plaka-
tiv zu kommunizieren, dass die Kunden bereits auf den ersten Blick möglichst einzigartige
Leistungsvorteile erkennen können. Schließlich hat kaum ein Kunde Interesse daran, ein
vielseitiges Manual durchzuarbeiten, um die Vorteile eines Programms zu verstehen.
Bei der Beschreibung von Kundenbindungsprogrammen wird von Earning gesprochen,
wenn ein Kunde durch Aktivitäten Punkte, Meilen, €-Beträge oder Ähnliches erwerben
kann. Beim Burning können diese Guthaben  – i.  d.  R. nach Erreichen von Mindest-
werten – in Prämien umgetauscht, als Wertguthaben auf einen Folgekauf angerechnet oder
direkt als Bargeld ausbezahlt werden. Diese Möglichkeiten sind bei der Erarbeitung eines
Kundenbindungsprogramms genau zu überlegen.
Außerdem ist zu klären, ob ein Unternehmen die definierten Kundenbindungsziele al-
lein oder eher in Kooperation mit anderen Partnern erreichen kann (vgl. Abb. 5.79). Hier-
durch steigen – neben der Komplexität in der Abstimmung mit den Partnern – das einsetz-
bare Budget und der kommunikative Druck, wenn statt eines Unternehmens fünf oder 15
für das Kundenbindungsprogramm werben. Hierzu kann es sogar zielführend sein, um
seinen eigenen Schatten zu springen und mit Wettbewerber zusammenzuarbeiten!
Der Einstieg in ein umfassendes Kundenbindungsprogramm und insb. der Aufbau eines
Kundenclubs sollte m. E. nur auf Basis einer umfassenden Strategie und eines auf min-
destens zwei bis drei Jahre ausgerichteten Business Plans erfolgen. Solche Konzepte
haben im Außenverhältnis eine hohe Sichtbarkeit, und schon viele Konzepte sind an über-
zogenen Erwartungen hinsichtlich der zu erzielenden Erfolge bei gleichzeitig hohen Kos-
ten gescheitert (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021a, S. 267–352).

Was es zu behalten gilt

• Kommunikation umfasst viel mehr als nur Werbung.


• Durch Kommunikation werden Informations-, Beeinflussungs- und Steuerungs-
ziele verfolgt.
• Im Mittelpunkt der Kommunikation stehen verschiedenste Zielgruppen und
unterschiedliche Informationsfelder.
470 5 Marketing-Instrumente

• Es existiert eine Vielzahl von Werbeträgern und Werbemitteln, deren Einsatz in


Kommunikationskampagnen anhand mehrerer Kriterien auszugestalten ist.
• Bei der Entwicklung einer Kommunikationskampagne sind eine Inter-­Media-­
Selektion, eine Intra-Media-Selektion und eine Intra-Werbemittel-Selektion pro
Werbeträger durchzuführen.
• Medien können anhand der Merkmale Medienqualität, Medienflexibilität,
Medienreichweite und Medienökonomie ausgewählt werden.
• Der Tausenderpreis ermöglicht einen Vergleich der Kosten verschiedener Medien.
• Werbung ist die dominante Form der unternehmerischen Kommunikation.
• Response-Medien versuchen online wie offline, die Angesprochenen zu einer di-
rekten Reaktion zu veranlassen.
• Durch Public Relations wird versucht, Vertrauen für ein Unternehmen und seine
Angebote in der Öffentlichkeit aufzubauen.
• Verkaufsförderung zielt auf eine kurzfristige Umsatzsteigerung.
• Direktwerbung spricht Personen gezielt an und versucht, eine unmittelbare Re-
aktion auszulösen.
• Bei der Online-Kommunikation kann eine Vielzahl von Instrumenten ein-
gesetzt werden.
• Content-Marketing ist ein wichtiger Teil der Unternehmenskommunikation.
• Influencer-Marketing gewinnt kontinuierlich an Bedeutung.
• Ein Rating- und Review-Management sollte jedes Unternehmen betreiben.
• Die verschiedenen Kommunikationsaktivitäten eines Unternehmens sind zu inte-
grieren, um eine möglichst hohe positive Wirkung zu erreichen.
• Corporate Identity ist kein Instrument, sondern stellt sich als Ergebnis ver-
schiedener Maßnahmen ein.
• Kundenbindungssysteme helfen, Einmal-Kunden zu loyalen Kunden zu
entwickeln.

Fragen zur Überprüfung Ihres Wissensstandes

1. Wie lässt sich Kommunikationspolitik kennzeichnen?


2. Welche Schritte umfasst der Prozess zur Planung der Kommunikationspolitik?
3. Welche Handlungsfelder weist die Kommunikationspolitik auf?
4. Welche Ziele verfolgt die Kommunikationspolitik?
5. Welche Zielgruppen sind zu unterscheiden?
6. Was versteht man unter Pull- und Push-Strategie in der Kommunikation? Wer setzt
derartige Strategien ein und warum?
7. Was wird im Online-Kontext unter Pull- und Push-Kommunikation verstanden?
8. Was ist der Unterschied zwischen Werbeträger und Werbemittel? Nennen Sie dafür
jeweils konkrete Beispiele.
5.4 Kommunikationspolitik 471

9. Was versteht man unter Inter- und Intra-Media-Selektion? Verdeutlichen Sie Ihre
Aussagen anhand konkreter Beispiele. Welche Kriterien werden herangezogen?
10. Was bedeutet die Intra-Werbemittel-Selektion? Nennen Sie Beispiele für diese
Entscheidungssituation.
11. Wodurch werden die Medienqualität und die Medienreichweite bestimmt?
12. Welche Kriterien wirken sich auf die Medienflexibilität und auf die Medienöko-
nomie aus?
13. Wie werden die verschiedenen Arten des Tausend-Kontakte-Preises errechnet?
14. Was versteht man unter internen und externen Überschneidungen? Sind diese er-
wünscht oder eher zu vermeiden?
15. Welche Arten von Kommunikationsstrategien lassen sich im Hinblick auf das Ti-
ming unterscheiden? Arbeiten Sie Entscheidungssituationen heraus, in denen
einzelne Strategien bessere Kommunikationserfolge erwarten lassen.
16. Welche Funktionen haben IVW, agma, agof, AWA, LAE, b4p und VuMA? Recher-
chieren Sie Antworten im Internet.
17. Was bedeutet multisensorisches Marketing? Welche Bedeutung kommt diesem
zu? Was tun Unternehmen, um dem Rechnung zu tragen?
18. Wie sollte die Kommunikation ausgestaltet werden, um eine überzeugende
Markenpersönlichkeit aufzubauen?
19. Was bedeuten die Begriffe ATL und BTL?
20. Was versteht man unter Werbung? Welche Ziele sind damit verbunden? Welche
Instrumente können zum Einsatz kommen?
21. Was ist ein Werbebriefing? Welche Festlegungen sind damit verbunden?
22. Welche Klassifizierungen bieten sich an, um Gruppen von Zeitungen und Zeit-
schriften zu unterscheiden? Nennen Sie jeweils Beispiele für diese unterschied-
lichen Kategorien, indem Sie im Internet nach entsprechenden Titeln suchen.
23. Welche Möglichkeiten des werblichen Einsatzes von Zeitungen und Zeitschriften
sind zu unterscheiden? Nennen Sie deren Vor- und Nachteile.
24. Was ist der Unterschied zwischen Dialog- und Monolog-Anzeigen? In welchem
Kontext werden diese eingesetzt? Suchen Sie dafür jeweils Beispiele in Ihnen zu-
gänglichen Zeitungen und Zeitschriften.
25. Welche Bedeutung kommt dem Werbeträger TV heute zu und warum?
26. Welche Werbeformen sind bei TV zu unterscheiden?
27. Woran kann Product Placement erkannt werden? Welche rechtlichen Grundlagen
sind zu berücksichtigen?
28. Was ist unter Freundschaftswerbung zu verstehen?
29. Was kennzeichnet Buzz? Wie kann es verstärkt werden?
30. Was verbirgt sich hinter dem Begriff Guerilla-Marketing? Welche Beispiele fallen
Ihnen dazu ein?
31. Welche Vorgehensweise ist mit Ambush-Marketing gemeint? Welche Beispiele
sind Ihnen präsent?
32. Was verbirgt sich hinter dem Begriff Ambient Media? Welche Bedeutung kommt
dieser Mediengattung heute zu?
472 5 Marketing-Instrumente

33. Welche Beispiele für Ambient-Medien sind Ihnen aus Ihrem persönlichen Umfeld
geläufig?
34. Was versteht man unter PR? Welche Unternehmen setzen PR mit welchem Ziel ein?
35. Welche Instrumente werden im Rahmen der PR genutzt?
36. Was versteht man unter Verkaufsförderung? Welche Zielgruppen werden unter-
schieden? Welche Maßnahmen können dafür eingesetzt werden?
37. Grenzen Sie die Begriffe Direkt-/Dialogkommunikation und Direkt-/Dialog-
werbung voneinander ab und verdeutlichen Sie die jeweiligen Unterschiede.
38. Welche Instrumente stehen bei der Dialogkommunikation zur Verfügung? Was
sind die Merkmale, die ein Kommunikationsinstrument zu einem Instrument der
Dialogkommunikation machen?
39. Analysieren Sie in Ihrem unmittelbaren Umfeld, welche Maßnahmen der Dialog-
kommunikation Ihnen in den letzten Tagen begegnet sind.
40. Welche Arten des Telefon-Marketings werden unterschieden? Was ist bei dessen
Einsatz zu berücksichtigen?
41. Was sind die Inhalte von Mobile Marketing? Welche Bedeutung kommt diesem
heute zu?
42. Was ist ein QR-Code? Wo wird dieser heute eingesetzt? Generieren Sie einen QR-­
Code mit selbstdefinierten Inhalten.
43. Welche Regelungen hat das UWG für die Direktansprache von Konsumenten und
Unternehmensvertretern festgelegt? Welche Intention ist damit verbunden?
44. Welche Arten von Permissions sind zu unterscheiden? Was versteht man hierbei
unter Opt-in und Opt-out?
45. Aufgrund welcher Faktoren hat die Bedeutung der Dialogkommunikation in den
letzten Jahren zugenommen?
46. Was verbirgt sich hinter dem Begriff Online-Marketing?
47. Welche Instrumente werden bei der Online-Kommunikation unterschieden? Wann
bietet sich der Einsatz welcher Instrumente an?
48. Was ist mit Content-Marketing gemeint? Welche Ziele werden dadurch angestrebt?
Welche Beispiele von Content-Marketing sind Ihnen geläufig?
49. Was versteht man unter Influencer-Marketing? Welche Beispiele kennen Sie?
50. Was verbirgt sich hinter dem Begriff Rating- und Review-Management? Warum ist
diesem Thema heute eine große Relevanz beizumessen? Wo wurden Sie selbst zur
Abgabe von Bewertungen aufgefordert?
51. Was versteht man unter Viral-Marketing? In welchem Umfeld wird dieses mit wel-
chem Ziel eingesetzt?
52. Welche Aktivitäten sind mit Sponsoring verbunden? Welche Arten können unter-
schieden werden?
53. Worin liegt der Unterschied zwischen Sponsoring und Mäzenatentum?
54. Welche Ziele sind mit Sponsoring verbunden und welche Faktoren wirken sich auf
deren Erreichung aus?
5.5­ Personalpolitik 473

55. Wie lassen sich Messen und Ausstellungen beschreiben? Welche derartigen Ver-
anstaltungen sind Ihnen bekannt? Recherchieren Sie zehn verschiedene Ver-
anstaltungen und arbeiten Sie heraus, ob sich diese an ein Fachpublikum oder an
die interessierte Öffentlichkeit wenden.
56. Was ist unter Event-Marketing zu verstehen? Welche Wirkungen werden hierbei
primär angestrebt?
57. Was versteht man unter Corporate Identity? Welche Ziele sind damit verbunden?
Welche Zielgruppen haben Unternehmen im Auge?
58. Welche Handlungsfelder werden bei der Corporate Identity unterschieden? Wie kann
eine Umsetzung der definierten Vorgaben im Unternehmen sichergestellt werden?
59. Was liegt einer Corporate Identity meist zugrunde? Finden Sie entsprechende
Grundlagen durch eine Recherche im Internet. Vergleichen Sie bspw. die Konzepte
von Siemens, Bosch und Tchibo.
60. Gibt es einen Unterschied zwischen Corporate Identity und Corporate Design –
und wenn ja, welchen?
61. Welche Festlegungen erfolgen im Rahmen des Corporate Designs?
62. Was wird durch Corporate Communications angestrebt und warum? Wie können
die zugrunde liegenden Ziele erreicht werden?
63. Welche Gründe liegen dem Wachstum verschiedener Kundenbindungsprogramme
zugrunde? Welche Programme kennen Sie? Was zeichnet diese aus?
64. Welche Arten von Kundenbindungssystemen sind zu unterscheiden?
65. Welche Zielgruppen sollten durch ein Kundenbindungsprogramm erreicht werden?
66. Welche Leistungen kann ein Kundenbindungsprogramm umfassen? Welche Be-
deutung messen Sie den einzelnen Elementen zu?

5.5 Personalpolitik

„Nur wer selbst brennt, kann in anderen ein Feuer entfachen!“


Aurelius Augustinus

Lernziele
Fähigkeit,

• den hohen Stellenwert der Personalpolitik als Teil des Marketing-Diamanten zu


erfassen
• das Ziel des Internal Brandings darzustellen
• Instrumente für die Schaffung des Internal Brandings und die Erreichung von
Brand Behavior aufzuzeigen
• verschiedene Möglichkeiten der internen Kommunikation zielorientiert ein­zusetzen
• Konzepte zur Überprüfung der Zielerreichung anzuwenden
474 5 Marketing-Instrumente

5.5.1 Plädoyer für das „5. P“ im Marketing-Mix

Der Marketing-Mix wird heute – wie in Abschn. 1.1.3 aufgezeigt – nach wie vor schwer-
punktmäßig über die „4 Ps“ definiert, die in den vorangegangenen Abschnitten präsentiert
wurden. Nur vereinzelt finden sich insb. in der englischsprachigen Literatur Ansätze, die
von einem „5. P“ im Marketing sprechen. Es wird häufig auf den Servicesektor fokussiert,
in dem der Mitarbeiter schon immer eine besondere Stellung einnahmen. Teilweise finden
sich auch Ansätze mit „7 Ps“, wobei die weiteren Ps neben „Personnel“ für „Process“ und
„Physical Evidence“ oder für „Packaging“ und „Positioning“ stehen.

cc Merk-Box  Die Zeit ist mehr als reif, den Marketing-Mix generell um ein „5. P“ für
Personalpolitik zu ergänzen und vom Marketing-Diamanten zu sprechen.
Schließlich kommt den Mitarbeitern auch außerhalb des Dienstleistungs-
sektors eine immer größere Bedeutung für die Erreichung einer positiven Cus-
tomer Experience zu. 

Unter Personalpolitik wird in diesem Kontext die unternehmerischen Maßnahmen


verstanden, die dazu beitragen, den Führungskräften und Mitarbeitern in der Wert-
schöpfungskette den gleichen Stellenwert einzuräumen wie bspw. der Produkt- oder der
Kommunikationspolitik. Das hier angesprochene Ziel lässt sich mit dem Konzept des In-
ternal Brandings beschreiben (vgl. Abb. 5.80).
Internal Branding strebt als ganzheitlicher Führungsansatz an, dass sich die Mit-
arbeiter und Führungskräfte eines Unternehmens nicht nur in hohem Maße kunden- und
vertriebsorientiert, sondern auch markenkonform verhalten. Diese Markenkonformität

=LHO%UDQG%HKDYLRU

,QVWUXPHQWH]XP$XIEDXHLQHV,QWHUQDO%UDQGLQJ

3HUVRQDO
)KUXQJ
0DQDJHPHQW

.RPPXQLNDWLRQ
6\VWHPH
QDFKLQQHQ

Abb. 5.80  Konzept des Internal Brandings zur Erreichung von Brand Behavior
5.5­ Personalpolitik 475

kann sich auf die übergreifende Unternehmensmarke und/oder auf einzelne Produkt- oder
Dienstleistungsmarken beziehen.
Aufgrund dieser Markenausrichtung wird teilweise auch von Behavioral Branding
gesprochen. Um eine Behavioral Brand zu erreichen, sind die Handlungsfelder Führung,
Personalmanagement und Kommunikation nach innen und flankierende Systeme in spezi-
fischer Form auszugestalten (vgl. Abb. 5.80). Hierdurch soll die Entstehung von Brand
Behavior erreicht werden  – ein Verhalten, das sich an den Markenerfordernissen aus-
gerichtet (vgl. grundlegend Schmidt, 2007; Esch et al., 2014; Tomczak et al., 2012; Kern-
stock, 2012; Wentzel et al., 2012).
Unverzichtbar ist die Ergänzung der Markenausrichtung um die beschriebene Kunden-
und Vertriebsorientierung, die in vielen Ansätzen m. E. deutlich zu kurz kommt. Wäh-
rend Internal Branding somit die Managementaufgabe adressiert, stellt Brand Behavior
das Ergebnis aller Internal-Branding-Maßnahmen dar und fungiert folglich als zu über-
prüfende Zielgröße (vgl. Forster et al., 2012, S. 282).

cc Merk-Box  Das Ziel von Brand Behavior ist eine einheitliche Darstellung der
Marke an allen Kundenkontaktpunkten (Customer Touchpoints), um hierdurch
den Erfolg der Marke nachhaltig zu stärken. 

Welche Gründe sprechen dafür, das Personal in einem so umfassenden Sinne in das
Marketing zu integrieren und folglich in den in Kap. 1 beschriebenen Marketing-Diaman-
ten aufzunehmen (vgl. Abb. 1.7)? Wie sieht heute das Ausmaß der Beziehung zwischen
Unternehmen und dessen Mitarbeitern bzw. Führungskräften aus? Und warum reicht
weder ein Fokus auf der Markenorientierung bzw. der Kunden- und Vertriebsorientierung
allein aus, um Brand Behavior zu erreichen?
Zur Beantwortung dieser Fragen hilft uns der Blick auf das Ausmaß des Employee
Engagements. Dieses Kriterium entscheidet – wie Gallup-Studien immer wieder zeigen –
entscheidend über Erfolg und Misserfolg von Unternehmen. Gallup (2020a) definiert en-
gagierte Mitarbeiter als diejenigen, die sich in ihre Arbeit umfassend einbringen, sich an
ihren Arbeitsplatz intensiv engagieren und sich für ihre Arbeit begeistern können. Die
Erfassung des Employee Engagements hilft den Unternehmen zu erkennen, ob sich ihre
Mitarbeiter aktiv an der Unternehmensentwicklung beteiligen oder ob sie einfach nur ihre
Zeit „absitzen“.
Folglich sollte jedes Unternehmen sein Augenmerk regelmäßig auf den unverzicht-
baren Key Performance Indicator „Employee Engagement“ richten. Denn was nützen die
innovativsten Technologien und die bereitgestellten Marketing-Budgets, wenn diese von
den Mitarbeitern und Führungskräften nicht im Sinne des Unternehmens genutzt werden?

cc Merk-Box  Mitarbeiter und Führungskräfte treffen täglich Entscheidungen und


ergreifen Maßnahmen, die sich nicht nur auf die gesamte Belegschaft, sondern
476 5 Marketing-Instrumente

auch auf die Geschäftsentwicklung des Unternehmens auswirken – im Positi-


ven wie im ­Negativen! 

Die Forschungsergebnisse zum Employee Engagement zeigen seit Jahren eines sehr
deutlich:
Unternehmen mit einem hohen Maß an engagierten Mitarbeitern erzielen signifikant
bessere Geschäftsergebnisse als Unternehmen, deren Mitarbeiter sich in weniger hohem
Maße mit dem Unternehmen, seinen Zielen und Aufgaben identifizieren.
Gleichartige Resultate finden sich in allen Branchen, bei unterschiedlichen Unter-
nehmensgrößen und Nationalitäten sowie – durchaus überraschend – auch in guten und
schlechten wirtschaftlichen Zeiten (vgl. Gallup, 2020a).

cc Denkanstoß  Die Beschäftigung mit Employee Engagement ist keine Fun-­


Veranstaltung, die man sich nur alle paar Jahre einmal leistet – um Mitarbeiter und
Führungskräfte glücklich zu machen. Größer könnte das Missverständnis beim
Thema Employee Engagement nicht ausfallen!

Mitarbeiter und Führungskräfte fordern heute – durchaus neben einem guten Gehalts-
scheck – in zunehmendem Maße auch einen nachvollziehbaren Sinn und Zweck ihrer
Arbeit (Stichwort Purpose; vgl. Abschn. 3.3). Sie wollen ebenso in ihrer Einzigartigkeit
gesehen und wertgeschätzt werden. Und sie erwarten tragfähige Beziehungen  – vor
allem zu ihren Führungskräften. Alle Mitarbeiter wollen wahrgenommen werden für das,
was sie einzigartig macht.
Die genannten Faktoren treiben in hohem Maße das Engagement der Mitarbeiter an.
Gallup (2020a) hat herausgearbeitet, dass Manager bzw. Teamleiter allein für 70 % der
Varianz im Engagement der betreuten Teams verantwortlich sind!

cc Merk-Box  Führungskräfte haben mit ihrem Verhalten den größten Einfluss auf
das Employee Engagement – und damit auch auf das Unternehmensergebnis
insgesamt! 

Vor diesem Hintergrund ist bei der Ausgestaltung der Personalpolitik – im engen Aus-
tausch mit dem HR-Bereich (Personalabteilung) – der in Abb. 5.81 gezeigte Paradigmen-
wechsel in der Personalführung zu berücksichtigen (vgl. Gallup, 2020a). Ein Paradigma
ist eine grundsätzliche Denkweise. Paradigma steht auch für ein Erklärungsmodell, ein
Vorurteil bzw. übergreifend für unsere Weltsicht bzw. unsere Weltanschauung. Ganz ein-
fach gesagt: Ein Paradigma beschreibt, wie Sachverhalte als gegeben angenommen werden.

cc Denkanstoß  Überprüfen Sie einmal, welche Paradigmen Ihrer aktiven Personal-


führung (als Führungskraft) und Ihrer passiven Personalführung (als Mitarbeiter)
zugrunde liegen. Können Sie hier Veränderungen im Zeitablauf erkennen?
5.5­ Personalpolitik 477

,QGHU9HUJDQJHQKHLW ,QGHU*HJHQZDUW

0HLQ*HKDOWVVFKHFN 0HLQ6LQQJHKDOWGHU$UEHLW

0HLQH=XIULHGHQKHLW 0HLQH(QWZLFNOXQJ

0HLQ%RVV 0HLQ&RDFK

0HLQMlKUOLFKHV0LWDUEHLWHUJHVSUlFK 0HLQUHJHOPl‰LJHQ%HVSUHFKXQJHQ

0HLQH6FKZlFKHQ 0HLQH6WlUNHQ

0HLQ-RE 0HLQ/HEHQ

Abb. 5.81  Paradigmenwechsel in der Personalführung

Welche Ergebnisse zum Employee Engagement haben die Studien von Gallup (2020a)
über Jahrzehnte hinweg erstaunlicherweise immer wieder geliefert?

• Nahezu 85 % der Beschäftigten weltweit weisen kein oder nur ein geringes Maß an
Employee Engagement auf.
• Lediglich bei 15 % der Beschäftigten zeigen ein hohes Maß an Employee Engagement.

cc Merk-Box  Eines der wichtigsten Potenziale zur Steigerung der unter-


nehmerischen Leistungsfähigkeit wird in den meisten Unternehmen nach
wie vor nicht ausgeschöpft: das Potenzial der eigenen Mitarbeiter. 

Wo die Personalpolitik ansetzen kann und ansetzen sollte, zeigt ein Blick auf die
Statements zur Ermittlung des Employee Engagements durch Gallup (2019, S. 3). In
diesen Statements wird sichtbar, was – und oft auch wie wenig – eigentlich zu tun wäre,
um die Motivation der Mitarbeiter signifikant zu steigern:

1. Ich weiß, was bei der Arbeit von mir erwartet wird.
2. Ich habe die Materialien und die Arbeitsmittel, um meine Arbeit richtig zu machen.
3. Ich habe bei der Arbeit jeden Tag die Gelegenheit, das zu tun, was ich am besten kann.
4. Ich habe in den letzten sieben Tagen für gute Arbeit Anerkennung oder Lob bekommen.
5. Mein Vorgesetzter oder eine andere Person bei der Arbeit interessiert sich für mich
als Mensch.
6. Bei der Arbeit gibt es jemanden, der mich in meiner Entwicklung fördert.
7. Bei der Arbeit scheinen meine Meinungen zu zählen.
8. Die Ziele und die Unternehmensphilosophie meiner Firma geben mir das Gefühl, dass
meine Arbeit wichtig ist.
9. Meine Kollegen haben einen inneren Antrieb, Arbeit von hoher Qualität zu leisten.
10. Ich habe einen sehr guten Freund/eine sehr gute Freundin innerhalb der Firma.
478 5 Marketing-Instrumente

11. In den letzten sechs Monaten hat jemand in der Firma mit mir über meine Fortschritte
gesprochen.
12. Während des letzten Jahres hatte ich bei der Arbeit die Gelegenheit, Neues zu lernen
und mich weiterzuentwickeln.

Auf welche Bedürfnisse die Inhalte der genannten Statements in eine Bedürfnis-
pyramide einzahlen, zeigt Abb. 5.82. In dieser Pyramide wird zwischen Grundbedürf-
nissen und den Bedürfnissen nach Unterstützung, Teamarbeit und Wachstum unter-
schieden (vgl. Gallup, 2019, S. 3).
Durch den Einsatz dieser Fragen – unterstützt durch Gallup – ist der Status quo des
Employee Engagements im Unternehmen zu ermitteln. Die Verwendung der genannten
Fragen in einem Unternehmen setzt die Freigabe durch Gallup voraus. Erst die B ­ efriedigung
der hinter diesen Statements stehenden Bedürfnisse schafft in einem Unternehmen ein
Umfeld des Vertrauens und der Unterstützung.
Welchen Stand weist das Employee Engagement in Deutschland heute auf? Um die-
sen Wert zu ermitteln, wurden 2019 von Gallup 1000 Arbeitnehmer befragt. Die nach-
folgenden Ergebnisse sind repräsentativ für die Arbeitnehmerschaft in Deutschland ab 18
Jahre. Die in Abb. 5.83 gezeigten Werte können als Vergleichsgrößen für die Ergebnisse
des eigenen Unternehmens herangezogen werden. Wie auch in den Jahren vorher zeigen
nur 15 % der Mitarbeiter in Deutschland eine hohe emotionale Bindung. Bei 69 % liegt
eine geringe emotionale Bindung vor – und 16 % weisen keine emotionale Bindung auf
(vgl. Gallup, 2019, S. 5)!
Es ist erstaunlich, dass diese – Jahr für Jahr – veröffentlichten Daten keinen Aufschrei
in den Führungsetagen der Unternehmen und vielfältige Maßnahmen auslösen, um das
hier schlummernde Performance-Potenzial zu heben. Gallup (2019, S. 7) schätzt, dass sich
die volkswirtschaftlichen Kosten aufgrund von innerer Kündigung in Deutschland auf
eine Summe zwischen 105 und 122 Mrd. € belaufen.

,QGHQOHW]WHQVHFKV0RQDWHQ :lKUHQGGHVOHW]WHQ-DKUHVKDWWHLFK
KDWMHPDQGLQGHU)LUPDPLWPLUEHU EHLGHU$UEHLWGLH*HOHJHQKHLW1HXHV]X
PHLQH)RUWVFKULWWHJHVSURFKHQ OHUQHQXQGPLFKZHLWHU]XHQWZLFNHOQ
:DFKVWXP
%HLGHU$UEHLWVFKHLQHQPHLQH 'LH=LHOHXQG8QWHUQHKPHQVSKLORVRSKLH
0HLQXQJHQ]X]lKOHQ PHLQHU)LUPDJHEHQPLUGDV*HIKOGDVV
PHLQH$UEHLWZLFKWLJLVW
0HLQH.ROOHJHQKDEHQHLQHQ
7HDPDUEHLW LQQHUHQ$QWULHE$UEHLWYRQKRKHU ,FKKDEHHLQHQVHKUJXWHQ)UHXQGHLQH
4XDOLWlW]XOHLVWHQ VHKUJXWH)UHXQGLQLQQHUKDOEGHU)LUPD
,FKKDEHEHLGHU$UEHLWMHGHQ ,FKKDEHLQGHQOHW]WHQVLHEHQ
7DJGLH*HOHJHQKHLWGDV]XWXQ 7DJHQIUJXWH$UEHLW$QHUNHQQXQJ
ZDVLFKDPEHVWHQNDQQ RGHU/REEHNRPPHQ
0HLQ9RUJHVHW]WHURGHUHLQH %HLGHU$UEHLWJLEWHVMHPDQGHQGHU
8QWHUVWW]XQJ DQGHUH3HUVRQLQWHUHVVLHUWVLFKIU PLFKLQPHLQHU(QWZLFNOXQJI|UGHUW
PLFKDOV0HQVFK

,FKZHL‰ZDVEHLGHU ,FKKDEHGLH0DWHULDOLHQXQG
$UEHLWYRQPLUHUZDUWHWZLUG GLH$UEHLWVPLWWHOXPPHLQH
*UXQGEHGUIQLVVH $UEHLWULFKWLJ]XPDFKHQ

Abb. 5.82  Einordnung der Gallup-Fragen in eine Bedürfnispyramide


5.5­ Personalpolitik 479

+RFKJHUHFKQHWDXIGLH
+RFKJHUHFKQHWDXIGLH $UEHLWQHKPHUVFKDIW
$UEHLWQHKPHUVFKDIW 0LR3HUVRQHQ
0LR3HUVRQHQ  3HUVRQHQ
« « 3HUVRQHQ
NHLQH HLQHKRKH
HPRWLRQDOH HPRWLRQDOH
%LQGXQJ %LQGXQJ
9RQMH%HVFKlIWLJWHQ
LQHLQHPGXUFKVFKQLWWOLFKHQ
8QWHUQHKPHQKDEHQ«

« 3HUVRQHQ
HLQHJHULQJH
HPRWLRQDOH
+RFKJHUHFKQHWDXIGLH %LQGXQJ
$UEHLWQHKPHUVFKDIW
0LR3HUVRQHQ

Abb. 5.83  Ergebnisse zum Engagement Index in Deutschland

Es ist interessant und erschreckend zugleich ist, dass sich an diesen Werten für Deutsch-
land – in guten wie in schlechten Phasen der Wirtschaft – nichts verändert hat. So als ob
die Unternehmen und ihre Führungskräfte sich um diese Ergebnisse überhaupt nicht
kümmern!
Die 10. Meta-Analyse des Employee Engagements von Gallup (2020b) zeigt, welche
weiteren negativen Auswirkungen mit niedrigen Engagement-Werten bei den eigenen
Mitarbeitern einhergehen. Hierzu wurde eine Vielzahl von Gallup-Studien aus 54 Bran-
chen, in 96 Ländern, bei 276 Organisationen mit insgesamt 112.312 Geschäfts-/Arbeits-
einheiten und 2.708.538 Mitarbeitern ausgewertet.
Beim Vergleich des Employee Engagements im obersten Quartil („Top 25  %“) der
Unternehmen mit dem Engagement im untersten Quartil („Schlechteste 25  %“) stellte
Gallup fest, dass Geschäftseinheiten und Teams im Median die nachfolgenden Unter-
schiede bei zentralen KPIs aufwiesen. Im Gegensatz zum Mittelwert ist der Median der
Zentralwert, der genau „in der Mitte“ steht, wenn man die Messwerte der Größe nach
sortiert.
Reduktion negativer Ereignisse:

• 81 % weniger Fehlzeiten


• 18  % weniger Fluktuation bei Unternehmen mit einer Fluktuationsrate von mehr
als 40 %
• 43  % weniger Fluktuation bei Unternehmen mit einer Fluktuationsrate von 40  %
und weniger
• 28 % weniger Diebstahl/Schwund
• 64 % weniger Unfälle
• 41 % weniger Qualitätsmängel
480 5 Marketing-Instrumente

Verbesserungen bei positiven Ereignissen:

• 10 % Steigerung bei Kundentreue bzw. beim Customer Engagement


• 14 % Zunahme der Produktivität in der Fertigung
• 18 % Zunahme der Produktivität im Verkauf

Steigerung des Unternehmenserfolges:

• 23 % höhere Profitabilität


• 66 % höheres Wohlbefinden der Mitarbeiter
• 13 % höheres Engagement in der Gesellschaft

In Summe kann festgestellt werden, dass sich in hoch engagierten Teams signifikant
weniger negative Ereignisse zutragen und deutliche Verbesserungen in verschiedenen
Funktionsbereichen sowie auf Unternehmensebene insgesamt einstellen.

cc Merk-Box  Jedes Unternehmen ist aufgerufen, die großen Wachstums-


potenziale zu heben, die mit einer Steigerung des Employee Engagements
im eigenen Unternehmen einhergehen. Hierfür werden keine neuen Techno-
logien und kein neues IT-System benötigt. Erforderlich ist allerdings eine um-
fassende Weiterentwicklung des Mindsets der Führungskräfte! Die aus-
gewiesenen Zahlen zeigen, dass sich die hier vorzunehmenden Investitionen in
hohem Maße rentieren können – für alle Seiten! 

Vor diesem Hintergrund wird nachvollziehbar, warum es sich nicht nur menschlich
lohnt, in Mitarbeitern mehr als nur einen teuren Produktionsfaktor zu sehen. Wenn Unter-
nehmen eine strategische Weiterentwicklung und Differenzierung im Wettbewerb an-
streben, um nachhaltiges und profitables Wachstum zu erreichen, dürfen Mitarbeiter und
Führungskräfte nicht länger als Erfolgsfaktor vernachlässigt werden. Denn schließlich
müssen diese die strategische Ausrichtung und die dieser zugrunde liegenden Werte Tag
für Tag mit Leben füllen (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021c).
Gleichzeitig erbringen Mitarbeiter aufgrund der zunehmenden Bedeutung von Dienst-
leistungen einen immer größeren Anteil an der Unternehmenswertschöpfung. Wie sich der
Anteil der Wirtschaftsbereiche an der Gesamtbeschäftigung verändert hat, zeigt Abb. 5.84
Schließlich entwickeln sich die etablierten Industrienationen immer stärker zu Dienst-
leistungsgesellschaften. Diese Tendenz hat im Jahre 2020  in Deutschland einen neuen
Höhepunkt erreicht. Der Anteil des Dienstleistungssektors an der Gesamtbeschäftigung
aller Wirtschaftsbereiche in Deutschland stieg seit 1920 von 32,5  % kontinuierlich auf
74,7 % im Jahr 2020 (vgl. Statista, 2021k). Parallel dazu sank die Beschäftigung in der
Land- und Forstwirtschaft im Zeitraum 1950 bis 2020 von 24,6 % auf 1,3 %. Im produzie-
renden Gewerbe verringerte sich der Beschäftigtenanteil im gleichen Zeitraum von 42,9 %
auf 24 %.
5.5­ Personalpolitik 481

3ULPlUHU6HNWRU/DQGXQG)RUVWZLUWVFKDIW)LVFKHUHL 6HNXQGlUHU6HNWRU3URGX]LHUHQGHV*HZHUEH
7HUWLlUHU6HNWRU'LHQVWOHLVWXQJHQEULJH%HUHLFKH



 
  

 
  
 
     

$QWHLO



 
 
 
 
 
  
     
  
 
    
        
                

Abb. 5.84  Anteil der Wirtschaftsbereiche an der Gesamtbeschäftigung in Deutschland 1950 bis
2020. (Quelle: Statista, 2021k)

Diese Entwicklung bedeutet nichts anderes, als dass Mitarbeiter und Führungskräfte
als zentrale Ressource im Unternehmen eine immer größere Bedeutung erlangen. Per-
sonal wird für den Wertschöpfungsprozess am Kunden immer wichtiger.
Aus dieser Entwicklung resultiert zunächst die Notwendigkeit, dass das Personal so-
wohl eine Kunden- als auch eine Vertriebsorientierung aufweisen muss (vgl. Abb. 5.85).
Eine Kundenorientierung mit dem alleinigen Ziel, „die Kunden glücklich zu machen“,
greift für gewinnorientierte Unternehmen zu kurz. Diese Kundenorientierung ist in eine
Balance mit der Vertriebsorientierung zu bringen. Bei dieser Vertriebsorientierung geht
es darum, für das Unternehmen ein profitables Wachstum zu ermöglichen. Deshalb sind
alle Maßnahmen, die im Kontext der Personalpolitik erbracht werden, daraufhin zu ana-
lysieren, ob sie einen Beitrag zu den ergebnisorientierten Zielen des Unternehmens
leisten.
Ein weiterer Faktor, der die Relevanz des Internal Brandings verstärkt, ist die zu-
nehmende Notwendigkeit, sich bei immer ähnlicher werdenden Angeboten über die
Dienstleistungsqualität im Wettbewerb zu differenzieren (vgl. vertiefend Haller & Wiss-
ing, 2020, S. 64–67). Folglich ist es an der Zeit, die in Abschn. 3.4.2.3 diskutierten Ansatz-
punkte zur Erreichung einer Uniqueness im Markt um ein Konzept zu erweitern: die Uni-
que Passion Proposition (UPP; vgl. Abb. 5.86).
Bei der Unique Passion Proposition geht es um die Zielsetzung, das Leistungsangebot,
sei es eine Marke, ein konkretes Produkt oder eine Dienstleistung, in den Augen der Kun-
den dadurch aufzuwerten, dass die Leidenschaft der dahinter agierenden Menschen sicht-
und erlebbar wird. Vielleicht gelingt es sogar, ein ganzes Unternehmen als „passion-­
driven“ auszurichten.
Die Abgrenzung zwischen der Unique Passion Proposition und der Unique Selling Pro-
position gelingt dadurch, dass bei der UPP keine Facts and Figures zur Dokumentation
der Überlegenheit ins Feld geführt werden können. Bei der Unique Passion Proposition
482 5 Marketing-Instrumente

Vertriebsorientierung Kundenorientierung

Abb. 5.85 Sicherstellung einer Balance zwischen Vertriebs- und Kundenorientierung bei


­Mitarbeitern und Führungskräften

8QLTXH6HOOLQJ
3URSRVLWLRQ

3URILOLHUXQJ

8QLTXH$GYHUWLVLQJ 8QLTXH3DVVLRQ
3URSRVLWLRQ 3URSRVLWLRQ

Abb. 5.86  Ansatzpunkte zur Erreichung von Uniqueness

geht es primär um den „Spirit“, der hinter einem Leistungsangebot steht. Insoweit ist eine
UPP auch wesentlich mehr als eine UAP, die allein durch Kommunikation geschaffen
wird, ohne auf objektiv nachweisbare Sachverhalte zuzugreifen (vgl. Abschn. 3.4.2.3).
Wird dieser Spirit für den Interessenten oder Kunden sichtbar, so kann seine Kaufent-
scheidung dadurch positiv beeinflusst werden – gemäß dem Motto:

„Wenn sich die Mitarbeiter für ihr Unternehmen, ihre Marke, ihr Produkt so ins Zeug legen,
dann muss es ja etwas sein!“

Hierdurch kann Unsicherheit im Kaufentscheidungsprozess reduziert werden. Eine


Unique Passion Proposition ist allerdings erst dann erreicht, wenn in den Augen der Ziel-
gruppe deutlich wird, dass hinter einem Unternehmen, einer Marke oder einer Dienst-
leistung ein leidenschaftliches Agieren steht, welches sich in verschiedenen Dimensio-
nen konkretisieren lässt:

• Leidenschaft, für den Kunden eine exzellente Dienstleistung zu erbringen


• Leidenschaft, das beste Produkt auf den Markt zu haben und dieses kontinuierlich
weiterzuentwickeln
5.5­ Personalpolitik 483

• Leidenschaft, für den Kunden „die Extrameile zu gehen“


• Leidenschaft, sich nie auf seinen Lorbeeren auszuruhen, sondern sich durch Erfolge zu
neuen Erfolgen anspornen zu lassen

Wichtig ist hierbei, dass diese Leidenschaft „echt“ und nicht nur aufgesetzt ist, weil der
Arbeitgeber dies so wünscht. Es geht folglich um die Leidenschaft, eine Marketing-­
Excellence für das gesamte Unternehmen zu erreichen (vgl. Abb.  5.87; weiterführend
Kobjoll, 2009). Viele Unternehmen werden in den nächsten Jahren nur erfolgreich sein,
wenn sie ihre Organisation auf Passion trimmen und alle in der dargestellten Marketing-­
Excellence-­Turbine aufgezeigten Leistungsfelder gleichermaßen mit Leidenschaft
ausfüllen.
Es wird sich zeigen, dass selbst Unternehmen, deren Marketing-Strategien oder An-
gebote weniger innovativ sind als die der Wettbewerber, erfolgreicher sein können. Voraus-
setzung hierfür ist, dass die strategischen Konzepte über alle Unternehmenshierarchien
und die eingebundenen Partner hinweg überzeugend umgesetzt und als Passion-Driven
Organization bei den Kunden ankommen (vgl. weiterführend Kreutzer, 2021c).

cc Merk-Box  Denn das Einzige, was auch langfristig nicht kopiert werden kann,
sind die Beziehungen, die ein Unternehmen und insb. die Führungskräfte und
Mitarbeiter zu Kunden aufbauen. 

Durch die Fokussierung auf den Faktor „Passion“ können Unternehmen eine solide
Grundlage aufbauen, um eine langfristige Uniqueness über den Unique Selling Proposition
zu erreichen. Das dies nur mit motivierten Mitarbeitern gelingen kann, liegt auf der Hand!
Es ist allerdings unverzichtbar, die zu weckende Passion auf das Markenversprechen
des Unternehmens bzw. die jeweiligen Angebote auszurichten und damit zu kanalisieren.

2PQL 0DVV
&KDQQHO &XVWRPL]DWLRQ

,QQRYDWLRQV
,QWHJULHUWH 0DQDJHPHQW
.RPPXQL
NDWLRQ

.XQGHQQlKH
0DUNHWLQJ .XQGHQ 0DUNHWLQJ
6WDWXVTXR ELQGXQJ
0LWDUEHLWHU ([FHOOHQFH
HLQELQGXQJ
6WDWXVTXR 8PVHW]XQJ
(UIDVVXQJ

Abb. 5.87  Passionsgetriebene Marketing-Excellence-Turbine


484 5 Marketing-Instrumente

Deshalb sind die Kunden- und Vertriebsorientierung um die Markenorientierung zu er-


gänzen (vgl. Abb. 5.88). Erst dieser Dreiklang führt zu dem angestrebten Brand Beha-
vior: einem Verhalten von Führungskräften und Mitarbeitern, das in seiner Gesamtheit auf
den Unternehmenserfolg einzahlt. Um dies zu erreichen, sind die in Abb. 5.80 aufgezeigten
Instrumente systematisch und zielorientiert einzusetzen.
Eine generelle Notwendigkeit, sich mit der strategischen Ressource Mitarbeiter um-
fassender als bisher zu beschäftigen, resultiert auch aus der Globalisierung und der alles
durchdringenden Digitalisierung. Nie war es so wichtig wie heute, eine lernende Orga-
nisation aufzubauen, um die umfassenden, teilweise disruptiven Entwicklungen erfolg-
reich zu meistern (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021c).
Vor diesem Hintergrund muss sich die Personalentwicklung zum Dienstleister für
Kompetenzentwicklung etablieren – für Führungskräfte und Mitarbeiter gleichermaßen.
Parallel hierzu kommt auch den Führungskräften eine wichtige Aufgabe zu. Es ist und
bleibt  – allerdings noch stärker als bisher  – ihre nicht-delegierbare Verantwortung, die
ihnen anvertrauten Mitarbeiter systematisch beim Entwickeln und beim Ausbau der jewei-
ligen Kompetenz zu fördern und zu begleiten.
Welche Dynamik der Kompetenzentwicklung in den nächsten Jahren zu bewältigen
ist, verdeutlichen die nachfolgend beschriebenen Entwicklungen:

• Hunderttausende von Mitarbeitern üben heute Funktionen aus, die es vor 20 Jahren
noch nicht gab: 3-D-Artists, App-Entwickler, Big Data Analyst, CDO (Chief Digital
Officer), Cloud-Architekt, Cloud-Service-Manager, Community-Manager, Content-­
Manager, Data-Scientist, Feelgood-Manager, KI-Programmierer, Mobile Developer,
Scrum-Master, SEO-Spezialist (SEO bedeutet Search Engine Optimization), Social-­
Media-­Manager, VEO-Spezialist (VEO bedeutet Voice Engine Optimization), UX-­
Designer (UX steht für User Experience) etc.
• Entsprechend werden ca. 70 % der heutigen Schüler in Berufen arbeiten, die es zurzeit
noch gar nicht gibt.
• Mitarbeiter und Führungskräfte werden in zehn Jahren mit Technologien arbeiten, die
heute noch nicht operativ einsetzbar sind.
• Die Teams werden teilweise Probleme lösen müssen, die man bisher noch nicht kennt.

0DUNHQ
RULHQWLHUXQJ

%UDQG
%HKDYLRU
.XQGHQ 9HUWULHEV
RULHQWLHUXQJ RULHQWLHUXQJ

Abb. 5.88  Angestrebter Gleichklang von Brand Behavior


5.5­ Personalpolitik 485

Hier wird deutlich: Die Halbwertzeit von Wissen wird immer kürzer!
Schon heute versuchen viele Unternehmen händeringend, entsprechend qualifiziertes
Personal am Markt zu finden, weil die unternehmensinterne Entwicklung solcher Fähig-
keiten in der Vergangenheit nicht oder nicht ausreichend gefördert wurde. Deshalb ist es
eine Kernaufgabe der Personalpolitik, die in Abb.  5.89 gezeigte strategische Quali-
fizierungslücke im Unternehmen zu ermitteln – und zu schließen.
Durch die Erarbeitung einer (digitalen) Lehr- und Lern-Agenda im Unternehmen gilt
es, das Qualifying zur Schließung der strategischen Qualifizierungslücke systematisch
und regelmäßig durch ein Re-Qualifying zu ergänzen. Hierfür sind Angebote für ein
Re-Skilling (vorhandene Fähigkeiten auffrischen) und ein Up-Skilling (weiterführende
Fähigkeiten erwerben) zu entwickeln.
Parallel hierzu besteht die Herausforderung für alle Mitarbeiter und Führungskräfte
darin, sich selbst für die weitere Qualifizierung zu empowern. „Lifelong Learning“ galt
schon lange als Leitidee, aber noch nie war sie so wichtig wie heute! Bildung und Aus-
bildung in den Industrienationen und in jedem Unternehmen bedürfen einer strategischen
Neuausrichtung und Weiterentwicklung, um den Anforderungen gerecht zu werden, die
mit dem digitalen Wandel verbunden sind.

cc Merk-Box  Wir müssen Lernen in unseren Alltag integrieren und gleichzeitig


eine Selbstlern-Kompetenz aufbauen. Ein Vorratslernen gelingt heute
nicht mehr! 

4XDOLI\LQJ 5H4XDOLI\LQJ
5H6NLOOLQJ8S6NLOOLQJ

%HUXIOLFKH 0DVWHU
.LQGHU 6WXGLXP
$XV
JDUWHQ
9RU
6FKXOH ELOGXQJ
%DFKHORU
0HLVWHU
$E
%HUXIVWlWLJNHLW
VFKXOH VFKOXVV
6WXGLXP

/HEHQVDOWHU
%LV-DKUH%LV-DKUH%LVFD-DKUH%LVFD-DKUH%LV-DKUHRGHUOlQJHU

6WUDWHJLVFKH4XDOLIL]LHUXQJVOFNH

Abb. 5.89  Strategische Qualifizierungslücke


486 5 Marketing-Instrumente

cc Denkanstoß  Die Erstsemester von heute werden um das Jahr 2070  in Pension
gehen. Bis dann werden sie eine Vielzahl von Herausforderungen zu meistern haben,
die wir heute noch nicht kennen!

Wie heißt es so treffend von John F. Kennedy:

cc „Es gibt nur eines, was auf Dauer teurer ist als Bildung: keine Bildung.“

5.5.2 Konzept zur Schaffung des Internal Brandings

5.5.2.1 Grundüberlegungen
Der dominante Schwerpunkt von Marketing-Wissenschaft und -Praxis ist nach wie vor das
„nach außen gerichtete Marketing“. Hier geht es u. a. um die Preisstrategie, das Produkt-
design, die gewählten Vertriebsformate und vor allem die Instrumente der Kommunikations-
politik. Es dominiert häufig das Ziel, überzeugende Marketing-Ideen schnell und noch vor
einer möglichen Wettbewerberaktion in den Markt hineinzutragen. Die Online-­Medien
haben diesen Druck, möglichst schnell – am besten sogar in Echtzeit – zu reagieren, noch
deutlich erhöht. Wer als Erster agiert, kann häufig die Aufmerksamkeit der Massen auf
sich ziehen (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021b; Lammenett, 2021).
Damit wird ein zentraler Schlüssel für den Unternehmenserfolg – die umfassende Ein-
bindung der eigenen Führungskräfte und Mitarbeiter – nach wie vor vernachlässigt.
Man muss sich bewusst machen, dass Marken nicht nur durch die Marketing-­
Kommunikation und die Produkte selbst geprägt und gepflegt werden, sondern in erheb-
lichem Maße auch durch das Verhalten des Personals im persönlichen Kundenkontakt.
Dies gilt insb. für Dienstleistungsmarken – aber eben nicht nur für diese. Die Zufrieden-
heit des Kunden wird folglich in hohem Maße durch das Verhalten der Mitarbeiter im
Verkauf und Service bestimmt.
Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass alle guten Ideen von Unternehmen prozessual „ge-
managt“ und vor allem an allen als Customer Touchpoints bezeichneten Anlaufstationen
des Kunden auch markenorientiert „gelebt“ werden müssen, sei es am POS oder im Custo-
mer-Service-Center. Die Herausforderung ist darin zu sehen, diese Customer Touchpoints zu
Customer Trustpoints weiterzuentwickeln (vgl. vertiefend Peppers & Rogers, 2012).

cc Merk-Box  „Vertrauen“ wird eine immer wichtigere Währung im Marketing  –


und im Management. 

Unternehmen benötigen deshalb Mitarbeiter und Führungskräfte, die als Markenbot-


schafter fungieren und durch markenidentitätskonformes Verhalten überzeugen. Dies
kann durch den Aufbau eines Internal Branding erreicht werden. Ein erfolgreiches In-
ternal Branding zeigt sich durch ein markenorientiertes Verhalten aller Unternehmens-
repräsentanten. Hierdurch soll erreicht werden, dass Führungskräfte und Mitarbeiter als
Markenbotschafter wirken können. Schließlich gilt nach wie vor (Schmidt, 2007, S. 224):
5.5­ Personalpolitik 487

cc „Starke Marken entstehen immer von innen nach außen – niemals umgekehrt.“

Durch eine identitätsorientierte Markenführung als zentraler Inhalt des Internal


Brandings werden mehrere Ziele angestrebt (vgl. Schmidt, 2007, S. 88; Burmann et al.,
2018, S. 80–89).

• Die Potenziale der Führungskräfte und Mitarbeiter sollen ganzheitlich aktiviert


und auf die Erreichung von Unternehmens- und Markenzielen ausgerichtet werden.
• Die Identifikation der Belegschaft mit dem Unternehmen, der Unternehmensmarke
und ggf. vorhandenen Teilmarken soll gestärkt werden.
• Ein konsistenter und damit glaubwürdiger Auftritt des Unternehmens und dessen
Repräsentanten nach innen und nach außen soll gesichert werden.
• Die Erreichung eines hohen Vertrauens in Unternehmen und Marke(n) soll durch
einen konsistenten Gesamteindruck bei den relevanten Stakeholdern gewähr-
leistet werden.

Der Prozess zum Aufbau des Internal Branding kann sinnvollerweise nach dem SIIR-­
Modell erfolgen, um so einen markenorientierten Veränderungsprozess einzuleiten (vgl.
Esch et al., 2005, S. 995 f.) Anhand der vier Phasen Sensibilisieren, Involvieren, Integrie-
ren und Realisieren kann Schritt für Schritt das angestrebte Brand Behavior im Unter-
nehmen aufgebaut werden (vgl. Abb. 5.90).

6HQVLELOLVLHUHQ ,QYROYLHUHQ ,QWHJULHUHQ 5HDOLVLHUHQ

0DUNHQLGHQWLWlW
EHNDQQWPDFKHQ 7KHPDGHP7RS
%HZXVVWVHLQIU 0DQDJHPHQW
3UR]HVVJHPHLQVDPPLW
GHQ:HUWGHU YHUPLWWHOQ
0LWDUEHLWHUQDXIDOOHQ
0DUNHVFKDIIHQ 0DQDJHUGHU (EHQHQGXUFKIKUHQ 8PVHW]XQJGHU9RUVFKOlJHLQ
+LQVLFKWOLFKGHU UHOHYDQWHQ GHQHLQ]HOQHQ$EWHLOXQJHQ
0DUNHQZRUNVKRSV
1RWZHQGLJNHLW $EWHLOXQJHQ =LHOYRUJDEHQE]Z=LHO
LQVWDOOLHUHQ
HLQHV%UDQG HLQEH]LHKHQ YHUHLQEDUXQJHQ HUDUEHLWHQ
0DUNHQLGHHQ3RRO
%HKDYLRU +DQGOXQJVQRW (UJHEQLVVHGHU)RUWVFKULWWV
HLQULFKWHQ
VHQVLELOLVLHUHQ ZHQGLJNHLWHQ NRQWUROOH ]XP)LQHWXQLQJ GHU
JHPHLQVDP /HXFKWWXUP3URMHNWH
VWDUWHQ 0D‰QDKPHQQXW]HQ
HUDUEHLWHQ
Ä%HVW3UDFWLFH)lOOH³ /HLWLGHH.RPPXQLNDWLRQQDFK
Ä%HWURIIHQH]X LQQHQYRUHLQHU.RPPXQLNDWLRQ
%HWHLOLJWHQ GRNXPHQWLHUHQXQG
NRPPXQL]LHUHQ QDFKDX‰HQVWDUWHQ
PDFKHQ³

Abb. 5.90  SIIR-Modell eines markenorientierten Veränderungsprozesses


488 5 Marketing-Instrumente

Für die Umsetzung des SIIR-Modells zur Verankerung einer identitätsorientierten


Markenführung werden im Folgenden die Instrumente Führung, Personalmanagement
und Kommunikation sowie die dafür notwendigen flankierenden Systeme vorgestellt.

5.5.2.2 Führung
Motivierte Mitarbeiter, die als Markenbotschafter fungieren, können nicht „eingekauft“,
sondern müssen im Unternehmen entwickelt werden. Ein überzeugendes Brand Behavior
entsteht folglich nicht selbstständig, sondern setzt einen dauerhaften Prozess zu dessen
Einrichtung und Entwicklung voraus. Die Verantwortung hierfür liegt beim Management
jedes Unternehmens. Deshalb ist es eine wichtige Herausforderung, die häufig in unter-
schiedlichen Abteilungen verankerte und damit organisatorisch getrennte Verantwortlich-
keit für Kunden einerseits und Mitarbeiter andererseits in einer konstruktiven Zu-
sammenarbeit zu überwinden und zu einem integrierten Vorgehen zu kommen. Hierzu
sind auch die häufig noch vorhandenen Informations-Silos aufzubrechen.
Um eine übergreifende Zusammenarbeit im Unternehmen zu erreichen, sind zunächst
entsprechende Leitsätze und Visionen für das Unternehmen zu definieren. Hierzu sind
ggf. auch die vorhandenen Unternehmenswerte weiterzuentwickeln und ein Purpose für
das Gesamtunternehmen zu erarbeiten. Die zentrale Herausforderung lautet hier:
Start with the why!
Jedes Unternehmen sollte überzeugende Antworten auf die Frage des „Why?“ liefern
(vgl. Abb. 5.91; vgl. Sinek, 2011; Ritter & Chim, 2019, S. 2).
Im Kern geht es hierbei um den Purpose des Unternehmens und die Frage: Warum
existieren wir als Unternehmen? Von diesem Unternehmenszweck leiten sich die zu er-
zielenden Outcomes ab, d. h. die Kernleistungen des Unternehmens. Diese sind immer
daraufhin zu überprüfen, ob sie dem Unternehmenszweck dienen. Von den angestrebten
Outcomes wiederum leitet sich die strategische und operative Arbeit (Work) ab, die im
Unternehmen zu erbringen ist. Entscheidend für eine wirksame Vision ist es, dass Purpose,
Outcomes und Work intensiv miteinander verbunden sind und eine konsistente Einheit
bilden. Dieser Wirkungsverbund ist eine unverzichtbare Voraussetzung dafür, dass die

8QWHUQHKPHQPVVHQEHU]HXJHQGH$QWZRUWHQDXIGLH)UDJHGHVÄ:K\"³OLHIHUQ

3XUSRVH 2XWFRPHV :RUN

:DUXPH[LVWLHUHQZLUDOV :DUXPVWUHEHQZLUEHVWLPPWH :DUXPWXQZLUZDVZLU


8QWHUQHKPHQ" (UJHEQLVVHDQ" WXQ"

:LUP|FKWHQDXI 'LHVH(UJHEQLVVHYHUVHW]HQ 8QVHUH+DQGOXQJHQIKUHQ


VSH]LILVFKH:HLVH XQVLQGLH/DJHXQVHUHQ ]XGHQDQJHVWUHEWHQ
Ä:HUW³VFKDIIHQ =ZHFN]XHUIOOHQ (UJHEQLVVHQ

Abb. 5.91  Start with the „Why“!


5.5­ Personalpolitik 489

­ ision die erforderliche Identitäts-, Identifikations- und Mobilisierungsfunktionen tat-


V
sächlich erreichen kann – als unverzichtbares Element für ein Brand Behavior (vgl. ver-
tiefend Kreutzer, 2021c).
Diese Vision darf hier nicht nur als Wandschmuck die Chefetagen verzieren, sondern
muss für alle Führungskräfte und Mitarbeiter des Unternehmens zum handlungsleitenden
Bild werden. Hierfür ist es unverzichtbar, dass das Top-Management – für jeden erleb-
bar – auf die Umsetzung der Vision hinarbeitet und auch die gesamte Anreizstruktur des
Unternehmens von der definierten Vision abgeleitet ist. Das bedeutet, dass die monetären
und nicht-monetären Anreize des Unternehmens mit Ergebnissen verbunden sind, die auf
dem Weg zur Umsetzung der Vision hilfreich und notwendig sind (vgl. zum Purpose im
Marketing Kilian & Miklis, 2020, S. 21–45).
Weitere Grundlagen hierfür können die in Abschn. 5.5.1 genannten Festlegungen dar-
stellen. Diese sind in Normen zu gießen, die bspw. Verhaltensregeln und Führungsstile
definieren (i. S. der beschriebenen Codes of Conduct) und Führungsinstrumente bereit-
stellen (vgl. Abb. 5.92).
Die in Abb. 5.92 gezeigten Instrumente verändern die sichtbaren Verhaltensweisen und
können so die Weiterentwicklung des Unternehmens in Richtung des angestrebten Pur-
pose unterstützen. Der hierfür erforderliche Prozess der Kulturveränderung im Unter-
nehmen wird erst dann sichergestellt, wenn auch die Erreichung der korrespondierenden
Ziele in den Tantieme-Vereinbarungen von Führungskräften mit großem Gewicht ver-
ankert wird.

cc Merk-Box  Culture eats strategy for breakfast. 


Peter Drucker

3XUSRVHGHV8QWHUQHKPHQV
:HUWH9LVLRQHQ0LVVLRQ/HLWVlW]H

1RUPHQ
9HUKDOWHQVUHJHOQ
)KUXQJVVWLOH
)KUXQJVLQVWUXPHQWH 

9HUKDOWHQVZHLVHQL6
GHV%UDQG%HKDYLRUV

Abb. 5.92  Instrumente zum Aufbau von Brand Behavior


490 5 Marketing-Instrumente

Auch eine brillante Strategie scheitert, wenn sie von der Unternehmenskultur nicht ge-
tragen wird.
Im Rahmen des Internal Brandings sind vor allem zwei Führungsstile relevant (vgl.
vertiefend Kreutzer, 2021c; grundlegend Scholz, 2014, S. 1077–1199):

• der transaktionale (austauschorientierte) Führungsstil


• der transformationale (verändernde) Führungsstil

Ein Führungsstil umfasst alle Handlungen und Verhaltensweisen, mit denen ein Vor-
gesetzter seinen Mitarbeitern gegenübertritt und die er einsetzt, um bestimmte Ergebnisse
zu erzielen. Beim transaktionalen Führungsstil erfolgt die Führung i.  S. eines Aus-
tauschprozesses bzw. eines Handels zwischen Führungskräften und Mitarbeitern (vgl.
Abb.  5.93; vgl. Morhart et  al., 2012, S.  398). Hier stehen einzelne Transaktionen im
Mittelpunkt.
Der zugrunde liegende Grundsatz des transaktionalen Führungsstils lautet: do ut des
(„Ich gebe, damit du gibst.“). Der Vorgesetzte definiert die Erwartungen und Ziele, wäh-
rend die Mitarbeiter bei Erreichung eine Gegenleistung in Form einer Belohnung erhalten.
Es wird auf Zielvereinbarungen gesetzt, an denen die Performance der Mitarbeiter in
regelmäßigen Abständen gemessen wird. Dieser Management by Objectives genannte
Führungsstil wird häufig ergänzt durch ein Management by Exception („Führung im
Ausnahmefall“); hier interveniert der Vorgesetzte nur bei gravierenden Abweichungen von
Vorgaben.
Unternehmen, die auf einen transaktionalen Führungsstil setzen, geben Standards
vor, wie sich Mitarbeiter zu verhalten haben. Dadurch wird den Mitarbeitern unmissver-
ständlich verdeutlicht, welche Aufgaben und Verhaltensweisen von ihnen erwartet wer-
den. Je nach Leistung sind entsprechende positive oder negative Konsequenzen zu er-
warten (vgl. den oberen Verlauf in Abb. 5.93). Unternehmen, die auf einen transaktionalen
Führungsstil setzen, geben bzgl. des Internal Brandings Verhaltensstandards vor, wie sich

7UDQVDNWLRQDOH)KUXQJ 6WW]HQGHV
ÄDXVWDXVFKRULHQWLHUW³ 0LWDUEHLWHUYHUKDOWHQ

%HGLQJWH%HORKQXQJ ([WULQVLVFKH 6LFKHUXQJHLQHVXQWHU


)KUXQJGXUFK.RQWUROOH 0RWLYDWLRQ QHKPHQVNRQIRUPHQ 9HUKDOWHQV
0DQDJHPHQWE\ 2EMHFWLYHV (LQKDOWXQJXQG8PVHW]XQJYRQ
0LWDUEHLWHUDOVÄ2EMHNW³GDV 6WDQGDUGV
JHOHQNWZHUGHQPXVV

7UDQVIRUPDWLRQDOH)KUXQJ 6WlUNHQGHV
ÄYHUlQGHUXQJVRULHQWLHUW³ 0LWDUEHLWHUYHUKDOWHQ

,QVSLULHUHQGH0RWLYDWLRQ ,QWULQVLVFKH 7HDP(QWZLFNOXQJ


,QWHOOHNWXHOOH6WLPXOLHUXQJ
0RWLYDWLRQ (LJHQVWlQGLJH%HLWUlJH]XU
,QGLYLGXHOOH%HWUHXXQJ /|VXQJJHZQVFKW
0LWDUEHLWHUZLUGDOVÄ6XEMHNW³LQ *U|‰HUH2IIHQKHLW]XU
GHQ3UR]HVVLQWHJULHUW EHUJUHLIHQGHQ.RRSHUDWLRQ

Abb. 5.93  Wirkungsweisen transaktionaler und transformationaler Führung


5.5­ Personalpolitik 491

Mitarbeiter als Markenbotschafter zu verhalten haben. Dadurch wird den Mitarbeitern un-
missverständlich bewusst gemacht, welche Aufgaben und Verhaltensweisen von ihnen er-
wartet werden (vgl. Morhart et al., 2012, S. 392).
Beim transformationalen Führungsstil stehen dagegen die Transformationen der
Leistungserbringung im Mittelpunkt (vgl. den unteren Verlauf in Abb. 5.93). Hierbei han-
delt es sich um Veränderungs- und Umwandlungsprozesse. Der transformationale
Führungsstil fokussiert die „weichen“ Faktoren und nutzt die Erkenntnis, dass Mitarbeiter
auch über die Aussicht auf Selbstverwirklichung zu motivieren sind (vgl. Abb. 5.82). Der
transformationale Führungsstil zielt darauf ab, die Bedürfnisse und Ziele der Mitarbeiter
so zu wandeln, dass sie ihre eigenen Interessen hinter die Unternehmensziele stellen. Folg-
lich stehen sich Führungskräfte und Mitarbeiter nicht als Gegenspieler gegenüber, son-
dern als Unterstützer beim Verfolgen des gemeinschaftlichen Zieles, das sich von der
übergreifenden Unternehmensvision ableitet.
Dies gelingt vor allem durch Führungskräfte, die eine attraktive und sinnstiftende
Vision vermitteln, selbst als Vorbild agieren und die intellektuelle wie persönliche Ent-
wicklung der Mitarbeiter aktiv unterstützen. Werden im Transformationsprozess von
Unternehmen die Mitarbeiter in den Mittelpunkt gestellt, kann erfahrungsgemäß eine hö-
here affektive, d.  h. emotionsbasierte Bindung das Unternehmen und seine Marken er-
reicht werden als bei einem Führungsstil, die nur auf die Abarbeitung von eng definierten
Aufgaben setzt (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021c).
Für effizientes Internal Branding bietet sich eine Mischform der Modelle an, um die
Vorteile aus beiden Ansätzen miteinander zu verbinden (vgl. Abb. 5.93). Durch Kompo-
nenten der transaktionalen Führung kann markenkonformes Verhalten bis zu einem ge-
wissen Grad forciert und somit können Verhaltensstandards in allen Bereichen gesichert
werden. Vorgaben und Richtlinien sollten jedoch nur so stark betont werden, dass die
Komponenten der transformationalen Führung zusätzlich Wirkung entfalten können. Der
Führungskraft muss es gelingen, durch die „weichen“ Faktoren der transformationalen
Führung Marken-Commitment, Identifikation und Eigenmotivation auszulösen.
Hierbei spielt insb. die regelmäßige Wertschätzung der Mitarbeiter eine wichtige
Rolle für das Internal Branding. Studien haben gezeigt, dass Wertschätzung durch Vor-
gesetzte und Kollegen die Leistungsbereitschaft und Motivation von Mitarbeitern effektiv
fördert (vgl. dazu auch die Gallup-Ergebnisse in Abschn. 5.5.1; Ellingsen & Johannesson,
2007; Brockhoff & Panreck, 2016).
Wertschätzung und Leistungsforderung können also nicht in einem Widerspruch
zueinander gesehen werden. Vielmehr sollte die Wertschöpfung an die Wertschätzung ge-
bunden sein, da Lob und Anerkennung wichtige Faktoren für die Mitarbeiterzufriedenheit
sind. Schließlich weist jeder Mensch intrinsische Bedürfnisse nach sozialer Anerkennung,
Zugehörigkeit und Wertschätzung für die erbrachten Leistungen auf (vgl. Abb. 5.82).
Anerkennung baut auf und stimuliert zugleich den Ehrgeiz, die eigene Leistung zu
halten, wenn nicht gar zu übertreffen. Mitarbeiter revanchieren sich für Wertschätzung,
indem sie ihren Beitrag zum Erfolg des Unternehmens leisten und leistungsbereiter und
motivierter sind (vgl. zu den motivationstheoretischen Grundlagen Scholz, 2014,
492 5 Marketing-Instrumente

S. 1077–1199). Diese Kriterien liegen auch den zitierten Gallup-Studien zugrunde. Folg-
lich lautet die Conclusio:

cc Mit Wertschätzung zur Wertschöpfung.

In diesem Kontext kommt dem Empowerment eine große Bedeutung zu. Unter Em­
powerment (i.  S. einer Befähigung bzw. Ermächtigung) wird die Schaffung bzw. Ver-
größerung von Handlungsspielräumen und Entscheidungskompetenzen der Mit-
arbeiter in ihrer täglichen Arbeit verstanden. Mitarbeiter sollen sich nicht allein an ihren
Job-Rollen orientieren, sondern ausgerichtet auf die jeweilige Situation eigeninitiativ Lö-
sungen für Probleme entwickeln. Dies können Mitarbeiter nur dann, wenn ihnen ent-
sprechende Handlungsspielräume zugestanden werden. In diesem Fall müssen sie nicht
jede Interaktion vom Vorgesetzten abzeichnen lassen (vgl. vertiefend zum Empowered
Team Kreutzer, 2021c).
Entsprechend unterstützte Mitarbeiter („Enabled Employees“) sind vielmehr er-
mächtigt, im Rahmen ihres Aufgabenfeldes Entscheidungen selbstständig zu treffen. Mit-
arbeiter werden durch die Schaffung von Freiräumen befähigt, sich kreativ an der Er-
reichung der Markenziele zu beteiligen. Mit der Erweiterung der Handlungskompetenzen
geht eine Ausdehnung des Aufgabenfeldes in Richtung anspruchsvollerer Aufgaben ein-
her, was sich wiederum positiv auf die Arbeitsmotivation der Mitarbeiter auswirken kann
(vgl. Brexendorf et al., 2012, S. 349).
Hierdurch können eine Erhöhung des Marken-Commitments (i. S. eines besonderen
Engagements für die Marke), größerer Enthusiasmus sowie verbesserte Arbeitsabläufe
an den Customer Touchpoints erreicht werden (vgl. Esch & Knörle, 2012, S. 376). Studien
hierzu belegen einen positiven Zusammenhang von Empowerment und Brand Behavior
(vgl. Henkel et al., 2012a, b).

cc Merk-Box  Das Empowerment sollte stets situativ an die vorherrschende Unter-


nehmenssituation angepasst werden. Zum einen kommt nicht jeder Mit-
arbeiter mit großen Freiheitsgraden zurecht. Zum anderen sind viele standardi-
sierte Aufgabenfelder eher ungeeignet für ein Empowerment. 
Die Herausforderung lautet hier: situative Führung!

Einen wichtigen Beitrag zum Aufbau von Brand Behavior leistet ein Brand Citizenship
Behavior. Dieses Konzept wurde aus dem Organizational Citizenship Behavior ab-
geleitet. Letzteres beschreibt individuelle und freiwillige Verhaltensweisen, die außerhalb
der Rollenerwartungen liegen und damit zum „nicht erzwingbaren funktionalen Extra-­
Rollenverhalten“ zählen. Diese werden durch die formalen Entlohnungssysteme von
Unternehmen nicht direkt oder explizit sanktioniert, tragen aber gleichwohl in hohem
Maße zur Leistungssteigerung von Organisationen bei. Die Führung eines Unternehmens
hat dafür Sorge zu tragen, dass sich solche Verhaltensmuster im Unternehmen durchsetzen
können. Dazu können der transformationale Führungsstil sowie das Empowerment ent-
scheidend beitragen.
5.5­ Personalpolitik 493

Das Brand Citizenship Behavior i.  S. eines „Markenbürgertums“ umfasst ver-


schiedene generische, d. h. marken- und branchenunabhängige Verhaltensweisen der Mit-
arbeiter, die den Aufbau einer Markenidentität untermauern und die durch ein ent-
sprechendes Führungsverhalten zu unterstützen sind (vgl. Thompson, 2017). Hierzu
können die in Abb. 5.94 charakterisierten Dimensionen gerechnet werden (vgl. Burmann
& Zeplin, 2005, S. 119).

Aus diesen Inhalten können die folgenden Leitideen für die passende Führungs-
kultur ableitet werden:

• Wertschätzung
• Information (vgl. Abschn. 5.5.2.4)
• Dialog (vgl. Abschn. 5.5.2.4)

Wertschätzung und damit ein respektvoller Umgang mit den Mitarbeitern ist in der
Unternehmenspraxis keine Selbstverständlichkeit. Das Miteinander im Unternehmen, sei
es auf einer Hierarchieebene oder zwischen verschiedenen Hierarchieebenen, ist von
einem wertschätzenden Umgang häufig noch weit entfernt. Launische Vorgesetzte, neue
Mitarbeiter, mit denen am ersten Arbeitstag niemand gerechnet hat, oder Informationen
über anstehende Standortschließungen, die betroffene Mitarbeiter der Tagespresse
­entnehmen müssen, sind Beispiele hierfür (vgl. weiterführend Sutton, 2009, 2013; Brock-
hoff & Panreck, 2016).

3RVLWLYH(LQVWHOOXQJ)UHXQGOLFKNHLW8QWHUVWW]XQJXQG(PSDWKLHJHJHQEHULQWHUQHQXQGH[WHUQHQ1DFKIUDJHUQ
+LOIV %HLVSLHOhEHUQDKPHYRQ9HUDQWZRUWXQJDXFKIU$XIJDEHQDX‰HUKDOEGHVHLJHQHQ9HUDQWZRUWXQJVEHUHLFKVXPHLQ
EHUHLWVFKDIW PDUNHQNRQIRUPHV9HUKDOWHQVLFKHU]XVWHOOHQ HWZDEHL5HNODPDWLRQHQ%HVFKZHUGHQ'LDORJHQLQGHQVR]LDOHQ
0HGLHQ
8PIDVVHQGH%HUFNVLFKWLJXQJGHUPDUNHQEH]RJHQHQ9HUKDOWHQVOHLWOLQLHQ
0DUNHQ %HLVSLHO%HWUDFKWXQJGHU$XVZLUNXQJHQYRQ$XVVDJHQXQG9HUKDOWHQVZHLVHQDXIGLH0DUNHLQDOOHQ6LWXDWLRQHQ
EHZXVVWVHLQ GKDXFKLQVROFKHQRKQH%HREDFKWXQJhEHUZDFKXQJ6DQNWLRQLHUXQJ± HWZDLPSULYDWHQ8PIHOGLQGHQVR]LDOHQ
0HGLHQ
%HVRQGHUHV(QJDJHPHQWEHLPDUNHQEH]RJHQHQ7lWLJNHLWHQGDVEHUGDVYRQLQWHUQHQRGHUH[WHUQHQ1DFKIUDJHUQ
0DUNHQ JHIRUGHUWHRGHUHUZDUWHWH$XVPD‰KLQDXVJHKW ÄWRJR WKHH[WUDPLOH³
LQLWLDWLYH %HLVSLHO/HLVWXQJYRQhEHUVWXQGHQXPHLQHQ.XQGHQDXIWUDJWHUPLQJHUHFKWIHUWLJ]XVWHOOHQRGHUHLQHQ.XQGHQGLDORJ
ZHUWVFKlW]HQGDE]XVFKOLH‰HQ/HLGHQVFKDIW3DVVLRQPLWGHUQDFK/|VXQJHQJHVXFKWZLUG
.HLQ.ODJHQEHU6FKZLHULJNHLWHQXQGOlVWLJH3IOLFKWHQGHV(QJDJHPHQWVIUGLH0DUNHZHQQGHU$XIWULWWGHU0DUNH
KLHUGXUFKXQWHUVWW]WZLUG
6SRUWVJHLVW
%HLVSLHOGHXWOLFKH$EVLFKWGDV(QJDJHPHQWIUGLH0DUNHDXFKEHLKRKHQ2SSRUWXQLWlWVNRVWHQIRUW]XVHW]HQ HWZD
ZHQQNHLQHJUR‰HDGPLQLVWUDWLYH8QWHUVWW]XQJEHL.XQGHQSURMHNWHQHUIROJW
(PSIHKOXQJGHU0DUNHJHJHQEHU'ULWWHQ± DXFKLQDUEHLWVIHUQHQ8PIHOGHUQXQG:HLWHUJDEHGHU0DUNHQLGHQWLWlWDQ
0DUNHQ QHXH0LWDUEHLWHU
PLVVLRQLHUXQJ %HLVSLHO3URPRWLRQGHUHLJHQHQ0DUNHLP)UHXQGHVNUHLVE]ZhEHUQDKPHHLQHUPDUNHQEH]RJHQHQ5ROOHDOV
0HQWRUIUQHXH0LWDUEHLWHU(LQVDW]YRQ3URGXNWHQPLW0DUNHQDWWULEXWHQLPSULYDWHQ8PIHOG
%HUHLWVFKDIW]XUNRQWLQXLHUOLFKHQ:HLWHUHQWZLFNOXQJGHUPDUNHQEH]RJHQHQ.HQQWQLVVH)lKLJNHLWHQXQG
6HOEVW )HUWLJNHLWHQXPGLH3HUIRUPDQFHHLQHU0DUNHEHVWP|JOLFKXP]XVHW]HQ
HQWZLFNOXQJ %HLVSLHOIUHLZLOOLJH7HLOQDKPHDQHQWVSUHFKHQGHQ7UDLQLQJV7HLOQDKPHDQ:RUNVKRSXPGLH0DUNHLPPHUZLHGHU
QHX]XHUILQGHQE]ZZHLWHU]XHQWZLFNHOQ
/HLVWHQYRQ%HLWUlJHQ]XU:HLWHUHQWZLFNOXQJGHU0DUNHQLGHQWLWlWLQGHPLQWHUQHXQGH[WHUQH,PSXOVHLQGHQ
0DUNHQ 0DUNHQSUR]HVVLQWHJULHUWZHUGHQ
HQWZLFNOXQJ %HLVSLHO:HLWHUOHLWXQJYRQ.XQGHQIHHGEDFNDQGLHUHOHYDQWHQ$EWHLOXQJHQ(QWZLFNOXQJYRQLQQRYDWLYHQ,GHHQGLH
GLH0DUNHYRUDQEULQJHQGHXWOLFKHV(QJDJHPHQWEHUGHQÄ'LHQVWQDFK9RUVFKULIW³KLQDXV

Abb. 5.94  Ausprägungen des Brand Citizenship Behaviors


494 5 Marketing-Instrumente

Die fehlende Identifikation mit dem Unternehmen, die in den Gallup-Studien regel-
mäßig diagnostiziert wird, findet hier ihre Ursachen (vgl. Abschn. 5.5.1). Entsprechende
Kommunikationsprobleme führen häufig auch die Listen von Themen an, die Mitarbeiter
bei ihrer täglichen Arbeit behindern.
Wertschätzung drückt sich gerade auch durch ein Interesse am Menschen und nicht nur
am Leistungsträger aus. Leistung zu fordern und Mitarbeiter wertschätzend zu behandeln,
stellt nur scheinbar einen Widerspruch dar. Die Kausalität ist umgekehrt. Wertschätzung
zahlt in hohem Maße auf Leistungsbereitschaft und Motivation ein, nicht dagegen auf
das Leistungspotenzial, das durch andere Faktoren beeinflusst wird. Der Zusammenhang
wird im Eisberg-Modell der Leistungserbringung deutlich (vgl. Abb. 5.95).
Bei diesem Eisberg-Modell der Leistungserbringung wird Bezug genommen auf die
Erkenntnisse von Herzberg (1993), der die Bedingungen für die Entstehung von
Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit beim arbeitenden Menschen untersuchte. Er unter-
schied hierbei folgende Faktoren:

• Motivatoren (Satisfiers)
Motivatoren führen unmittelbar zur Arbeitszufriedenheit. Hierzu gehören zunächst die
selbst erbrachte Arbeit bzw. Leistung, aber auch die Anerkennung der Leistung durch
andere. Auch die übernommene Verantwortung sowie die Möglichkeit zu Aufstieg und
Selbstverwirklichung zahlen auf die Arbeitszufriedenheit ein.
• Hygienefaktoren (Dissatisfiers)
Die Nichterfüllung der sogenannten Hygienefaktoren führt dagegen zu Unzufrieden-
heit. Werden Hygienefaktoren beachtet, schafft das allein aber noch keine Zufrieden-
heit. Zu den Hygienefaktoren zählen u.  a. die Arbeitsbedingungen, die Qualität der
Beziehungen zu Führungskräften, Mitarbeitern und Gleichgestellten sowie der er-
reichte Status, die Arbeitsplatzsicherheit und das Gehalt.

Trotz der teilweise vorgebrachten Kritik an diesem Ansatz von Herzberg können die
zentralen Erkenntnisse eine Leitschnur für den Aufbau eines Internal Brandings sein
(vgl. weiterführend Scholz, 2014, S. 1082–1086).
Hinsichtlich der hierfür notwendigen Führungskultur besteht allerdings noch ein gro-
ßer Handlungsbedarf (vgl. weiterführend Malik, 2019). Das nachfolgend präsentierte

(LQIOXVVIDNWRUHQ
:HUWVFKlW]XQJ $XVPD‰GHU
,QIRUPDWLRQ /HLVWXQJVEHUHLWVFKDIW
'LDORJ
/HLVWXQJV
SRWHQ]LDO

Abb. 5.95  Eisberg-Modell der Leistungserbringung


5.5­ Personalpolitik 495

Personalmanagement trägt entscheidend dazu bei, ein hohes Leistungspotenzial bei Mit-
arbeitern und Führungskräften zu erreichen. Durch die dort beschriebenen Maßnahmen ist
gleichzeitig sicherzustellen, dass im Unternehmen geeignetes Personal beschäftigt wird.

5.5.2.3 Personalmanagement
Das Personalmanagement ist ebenfalls auf das Erreichen von Brand Behavior auszu-
richten (vgl. Bruhn et al., 2019, S. 729–778). Dies gilt insb. in den Bereichen, in denen
Führungskräfte und Mitarbeiter im direkten Kundenkontakt stehen. Deshalb sind bereits
im Einstellungsprozess die folgenden Fragen zusätzlich zu anderen Stellenanforderungen
zu klären:

• Haben die Bewerber die Fähigkeit, die gestellten Anforderungen hinsichtlich der Um-
setzung eines Internal Brandings zu erfüllen?
• Verfügen die Mitarbeiter über die notwendige Motivation, um ihrer Funktion als
Markenbotschafter zu entsprechen?

Die Frage nach der Befähigung der Mitarbeiter ist bereits im Zuge deren Auswahl und
Schulung zu stellen bzw. zu beantworten. Auch bei Beförderungen oder bei Ver-
setzungen von Mitarbeitern und Führungskräften in andere – vor allem kundennahe –
Unternehmensbereiche sind diese Kernfragen zu beantworten. Es ist insb. zu ermitteln,
welche Grundorientierung die jeweiligen Personen mitbringen.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass bei der Analyse eines Beziehungsaufbaus zwi-
schen Geschäftspartnern zwischen zwei Ebenen zu unterscheiden ist:

• Sachebene
Der Fokus beim Beziehungsaufbau wird nach wie vor häufig fälschlicherweise auf die
Sachebene gelegt. Hier liegt die fehlerhafte Annahme zugrunde, dass es bei Dialogen
primär um Zahlen, Daten, Fakten und sachliche Qualifikationen ginge. Kunden – off-
line wie online – lassen sich hierdurch allein kaum noch begeistern. Tatsächlich gelingt
dies immer weniger, weil Angebote in vielen Bereichen austauschbar geworden sind.
• Beziehungsebene
Bei austauschbaren Angeboten wird die Beziehungsebene erfolgsentscheidend. Dann
geht es darum, welche menschliche Beziehung aufgebaut werden kann. Und diese Art
von Beziehung trägt in immer höherem Maße zum Vertriebserfolg bei.

Trotz dieser Erkenntnis dominiert im Personalmanagement wie auch bei der Gestaltung
kundennaher Prozesse selbst häufig noch die Sachebene. Allerdings kommt auch im Ge-
schäftsleben nur selten eine platonische Beziehung rein auf der Sachebene („von Kopf zu
Kopf“) zustande. Denn auch hier ist der Kunde – sei es als Konsument oder als Repräsen-
tant eines Unternehmens – immer auf der Suche nach guten Gefühlen.
Deshalb ist bei allen Transaktionen mit Kunden die Beziehungsebene („von Herz zu
Herz“) zwingend zu berücksichtigen (vgl. Abb.  5.96). Es gilt sogar, dass i.  d.  R. die
496 5 Marketing-Instrumente

6DFKHEHQH
7KHPHQ5HJHOQ)DNWHQ$XIJDEHQ=LHOH

%H]LHKXQJVHEHQH

.RQIOLNWH*HIKOH:HUWHbQJVWH
1RUPHQ%H]LHKXQJHQ*HZRKQKHLWHQ
%HIUFKWXQJHQ:QVFKH$EQHLJXQJHQ

Abb. 5.96  Dialogaufbau muss auf zwei Ebenen erfolgen

)DNWRUHQGHU6DFKHEHQH )DNWRUHQGHU
%H]LHKXQJVHEHQH
3UHLVDQJDEHQ
0HQJHQDQJDEHQ
ƒ 7RQDOLWlWGHU.RPPXQLNDWLRQ
/LHIHUEHGLQJXQJHQ
ƒ :HUWVFKlW]XQJLP8PJDQJ
7HFKQLVFKH6SH]LILNDWLRQHQYRQ PLWHLQDQGHU
3URGXNW'LHQVWOHLVWXQJ
ƒ %HUHLWVFKDIW]XP=XK|UHQ
$*%V
ƒ ,QGLYLGXDOLVLHUXQJGHV$QJHERWHV
L6$XVULFKWXQJDXIVSH]LILVFKH
)UDJHQ
ƒ *HVDPWHLQGUXFNYRQ
$QVFKUHLEHQ5FNPHOGXQJ
$QWZRUW$QJHERW
ƒ 6FKQHOOLJNHLWGHU$QWZRUW
ƒ $XVJHVWDOWXQJGHV
1DFKIDVVHQV)ROORZXS
ƒ 5HOHYDQWH(PSIHKOXQJHQXQG
+LQZHLVHEHUGDVDQJHIUDJWH
$QJHERWKLQDXV

Abb. 5.97  Faktoren der Sach- und Beziehungsebene

­ eziehungsebene die Dialog-Bilanz dominiert: Das bedeutet, dass Gespräche mit sol-
B
chen Anbietern fortgesetzt werden, die insb. die (unausgesprochenen) Erwartungen auf
der Beziehungsebene erfüllen. Deshalb sollte man sie kennen oder empathisch – d. h. mit
Einfühlungsvermögen – erkunden!
Eine beispielhafte Analyse der Aufgabenfelder in einem Customer-Service-Center
zeigt, dass die überwiegende Mehrheit der dort erbrachten Leistungen auf die Beziehungs-
ebene einzahlt und nicht – wie vielleicht häufig vermutet – auf die Sachebene. Konzentrie-
ren sich Mitarbeiter zu stark auf diese Sachebene, gerät die Dialog-Bilanz u. U. ungewollt
aus dem Gleichgewicht und eine Geschäftsbeziehung kommt nicht zustande.
Um dies zu vermeiden, ist den in Abb. 5.97 aufgezeigten Faktoren der Sach- und Be-
ziehungsebene zumindest gleichermaßen Beachtung zu schenken. Teilweise ist jedoch
besonders die Beziehungsebene zu stärken, weil diese in vielen Unternehmen bisher ver-
nachlässigt wurde.
5.5­ Personalpolitik 497

Viele Elemente der Leistungserbringung, die auf den ersten Blick der Sachebene zu-
gerechnet würden, zahlen über die zum Ausdruck gebrachte Wertschätzung tatsächlich
mehr auf die Beziehungsebene ein. Hierzu zählen bspw. die Tonalität im Umgang mit-
einander, die wahrgenommene Wertschätzung, die sich bspw. auch in der Individualisie-
rung des Angebotes und der Schnelligkeit der Bearbeitung widerspiegelt (vgl. Abb. 5.97).
Dominant auf die Sachebene wirken dagegen Faktoren wie Preis- und Mengenangaben,
Lieferbedingungen und technische Spezifikationen. Nur wenn alle Leistungsträger für
beide Aspekte umfassend sensibilisiert sind, kann das gewünschte Brand Behavior er-
reicht werden.
Es wird dem betreuten Kunden im Kontakt mit einem Unternehmen sehr schnell klar –
oder besser: „Er fühlt schnell“ –, ob er gerade im Dialog mit einem Kundenorientierungs-
muffel, einem aufgesetzten Kundenorientierten, einem ungeschliffenen Kunden-
orientierten oder einem wirklich Kundenorientierten steht. Abb. 5.98 zeigt, dass für die
ehrliche Kundenorientierung eine kundenorientierte Einstellung und ein kunden-
orientiertes Verhalten gleichermaßen relevant sind (vgl. Homburg, 2011; Homburg &
Stock-Homburg, 2012).

cc Merk-Box  Bei der Besetzung kundenorientierter Funktionen – gerade auch


im Verkauf, in der Beratung und im Customer-Service-Center  – sollte auf die
kundenorientierte Einstellung und eine Bereitschaft zum kunden-
orientierten Verhalten besonders geachtet werden. Diesen Aspekten kommt
im B2C-Markt wie auch im B2B-­Markt eine große Bedeutung zu. 

Zusätzlich ist festzustellen, dass manche Personen eine von Natur aus höhere Kongru-
enz zwischen ihrer eigenen Identität und der Markenidentität aufweisen als andere Perso-
nen. Es wird in diesem Zusammenhang von einem hohen Personen-Marken-Fit
Kundenorientiertes Verhalten

Der Der wirklich


Aufgesetzte Kundenorientierte

Der Kunden- Der


orientierungsmuffel Ungeschliffene

Kundenorientierte Einstellung

Abb. 5.98  Portfolio zur Analyse der Kundenorientierung von Mitarbeitern


498 5 Marketing-Instrumente

g­ esprochen (vgl. Esch & Strödter, 2012). Aufgabe des Personalmanagements ist es daher
sicherzustellen, dass die „richtigen“ Bewerber rekrutiert und bevorzugt befördert werden.
Das sind vor allem solche Personen, deren Ich-Identität am ehesten der Markenidentität
entspricht (vgl. Esch et al., 2012).
Durch ein solches Vorgehen wird das Personalwesen konsequent auf die Anforderungen
der Marke ausgerichtet. Unternehmen sollten daher im Zuge des Recruitings so früh wie
möglich ihre Markenwerte im Rahmen des Employer Branding in den Vordergrund stel-
len. Bereits eine Stellenausschreibung, die die Werte der Marke klar zum Ausdruck
bringt, verdeutlicht, welche Verhaltensweisen und Persönlichkeitsmerkmale von zu-
künftigen Führungskräften und Mitarbeitern erwartet werden. Im Weiteren unterstützen
auf die Marke abgestimmte Assessment-Center und entsprechende Case Studys im Vor-
stellungsgespräch die Auswahl von Bewerbern mit dem höchsten Personen-Marken-Fit
(vgl. Esch et al., 2012, S. 172 f.).
Ebenso leistet die betriebliche Sozialisation, wenn sie konsequent auf die Marke ab-
gestimmt ist, einen eigenständigen Beitrag hinsichtlich des Ziels, Mitarbeiter zu Marken-
botschaftern zu machen. Markenbezogene Schulungen, Workshops, Mentoren-Programme
oder interne Markenkampagnen stellen effiziente Instrumente zum Aufbau von Brand
Behavior dar.
Insbesondere markenspezifische Schulungen und Workshops bieten eine dreifache
Wirkung: Sie fördern das Wissen über die Marke, ermöglichen das Erlernen der Fähig-
keiten, die für markenspezifisches Handeln notwendig sind, und unterstützen das Kennen-
lernen sowie den Erfahrungsaustausch zwischen den einzelnen Mitarbeitern. Dies wiede-
rum kann die emotionale Bindung und damit das Commitment an den Arbeitgeber fördern
(vgl. Esch et al., 2012, S. 173–177).
Im Zuge der Veränderungen der Marktbedingungen und des viel zitierten „War for
Talents“ kommt dem Employer Branding eine große Bedeutung zu. Die Deutsche Em-
ployer Branding Akademie (2021) definiert ihre entsprechende Aufgabenstellung wie folgt:

„Wir machen Arbeitgeber erfolgreicher, indem wir den Kern ihrer Identität ermitteln, ihn in-
tern wie extern greifbar machen und sie befähigen, sich zukunftssichernd daran auszurichten.“

Eine überzeugende Employer Brand (i. S. der Arbeitgebermarke) wird durch den Ein-
satz unterschiedlicher Kommunikationsinstrumente nach innen und außen erreicht. Hier-
für kommen neben Social-Media-Kanälen (bspw. Blogs sowie ein Engagement auf Linke-
dIn oder Xing) auch Maßnahmen der Public Relations, der Werbung und vor allem auch
der persönliche Dialog zum Einsatz. Das Ergebnis soll eine Arbeitgebermarke darstellen,
die zwei Vorteile mit sich bringt:

• Einem attraktiven Arbeitgeber fällt es zum einen leichter, qualifizierte Mitarbeiter


und Führungskräfte zu gewinnen und zu binden.
• Eine zugkräftige Arbeitgebermarke wirkt identitätsstiftend und motivations-
fördernd.
5.5­ Personalpolitik 499

Internal Branding und Employer Branding bedingen und fördern sich damit gegen-
seitig und können nur als Teil eines ganzheitlichen Markenmanagements ihre volle Wir-
kung entfalten (vgl. Forster et al., 2012; Schumacher & Geschwill, 2013; Walter & Krem-
mel, 2016; Kanning, 2017). Durch die Verfolgung beider Konzeptionen in einem
Unternehmen kann ein besonders hoher Personen-Marken-Fit gewährleistet werden: Es
werden die besten und passendsten Führungskräfte und Mitarbeiter angezogen, gehalten
und motiviert, die Marke zu leben.
Wie bereits dargestellt wurde, reicht für das Entstehen von Brand Behavior nicht allein
das Wissen und das Können aus. Mitarbeiter und Führungskräfte müssen auch bereit sein,
die entsprechenden Leistungen zu erbringen. Bewusst gestaltete Belohnungen als zentra-
les Element von Anreizsystemen wirken auf die Leistungsbereitschaft und fördern die
Motivation der Mitarbeiter. Der verhaltensbeeinflussende Stimulus kann sowohl in mate-
rieller als auch in immaterieller Form erfolgen und wird gewährt, wenn das Personal die
gewünschten bzw. überdurchschnittlichen Leistungen erbringt.
Materielle Anreize sind bspw. variable Prämien, Erfolgsbeteiligungen, ein Dienst-
wagen oder eine betriebliche Altersvorsorge. Immaterielle Anreize umfassen vor
allem persönliche Gestaltungsangebote des Arbeitsplatzes, persönliche Entwicklungs-
möglichkeiten, die Sicherheit des Arbeitsplatzes sowie Statussymbole und Aus-
zeichnungen. Auch flexible Arbeitszeiten, Kinderbetreuung, Gesundheitsförderung,
Freizeitangebote, Sabbaticals und weitere Möglichkeiten zur Erreichung einer
Work-Life-Balance stellen heutzutage wichtige Anreize dar, um die Zufriedenheit der
Mitarbeiter zu fördern.
Neben den positiven Anreizen spielen aber auch negative Anreize eine Rolle, bspw.
durch das Streichen von Vergünstigungen oder ein Entfallen von Fortbildungsmaßnahmen,
wenn sich ein markenkonformes Verhalten nicht einstellt. Es ist allerdings fraglich, ob
solche negativen Anreize bei unmotivierten Mitarbeitern zur gewünschten Verhaltens-
änderung führen.

cc Merk-Box  Ein ausdifferenziertes Anreizsystem macht für alle Mitarbeiter un-


missverständlich deutlich, welche Verhaltensweisen markenkonform und im
Unternehmen erwünscht sind. 
Unternehmensinternen Anreizsystemen kommt damit eine wichtige
Aktivierungs-, Steuerungs-, Informations- und Veränderungsfunktion im
Internal-Branding-Prozess zu.

5.5.2.4 Kommunikation nach innen


Im SIIR-Modell (vgl. Abb. 5.90) wurde sichtbar, welcher große Stellenwert der Kommu-
nikation nach innen zukommt. Hierunter wird allerdings nicht allein eine kaskadenartige,
von oben nach unten verlaufende Informationsbereitstellung verstanden. Das zum Aufbau
eines Internal Brandings erforderliche Konzept der Kommunikation nach innen greift weit
darüber hinaus und stößt zusätzlich u. a. eine dialogische Kommunikation an. Diese dialo-
500 5 Marketing-Instrumente

gische Kommunikation soll kontinuierliche Rückinformationen für das Management aus


allen relevanten Unternehmensbereichen sicherstellen.
Basierend auf den Unternehmenszielen sind zunächst die Ziele der Kommunikation
nach innen zu definieren (vgl. Bruhn et al., 2019, S. 720–729, 778–781). Hierzu zählt
zunächst die unmittelbar tätigkeitsbezogene Bereitstellung von Informationen. Zusätz-
liche Informationen über die Gesamtausrichtung des Unternehmens sowie ein Informations-
austausch zwischen den verschiedenen Ebenen und Bereichen des Unternehmens fördern
nicht nur die gewünschte Marken-, Kunden- und Vertriebsorientierung. Diese Informations-
versorgung leistet auch einen maßgeblichen Beitrag zur Entstehung von Mitarbeiter-
zufriedenheit (vgl. Huck-Sandhu, 2016). Für die anschließende Umsetzung sind u. a. fol-
gende Aufgaben der internen Kommunikation zu bearbeiten:

• Segmentierung der Mitarbeiter und Führungskräfte hinsichtlich ihrer Informations-


bedürfnisse
• Festlegung der Kommunikationskanäle
• Erarbeitung von Feedback-Mechanismen
• Fixierung der kommunikativen Schwerpunkte
• Bestimmung der Kommunikationszeitpunkte
• Definition von Kontrollpunkten
• Festlegung der Budgethöhe

Entscheidend ist, dass der gesamte Prozess der Kommunikation nach innen kritisch
begleitet wird. Mit dem einmaligen Installieren dieses Konzeptes ist das Ziel einer um-
fassenden Mobilisierung der unternehmensinternen Effizienzreserven nicht zu er-
reichen. Deshalb ist regelmäßig eine kritische Überprüfung u.  a. der folgenden Frage-
stellungen notwendig:

• Werden die angebotenen Informationskanäle von den angesprochenen Zielgruppen


überhaupt genutzt?
• Wird den sich verändernden Informationsbedarfen der unterschiedlichen Zielgruppen
ausreichend Rechnung getragen?
• Wird von der Möglichkeit, Feedback zu geben, ausreichend Gebrauch gemacht?
• Tragen die bereitgestellten Informationen zur Kunden-, Vertriebs- und Marken-
orientierung der eigenen Belegschaft bei?
• Wirkt sich die interne Kommunikation positiv auf die Mitarbeiterzufriedenheit aus?

Beim Thema Information geht es zunächst „ums große Ganze“. Hier geht es vor allem
um Antworten auf die Frage, wohin sich das Unternehmen entwickeln soll und welcher
Purpose anvisiert wird. Hierbei kann man sich an dem Zitat von Antoine de Saint-Exupéry
orientieren:
5.5­ Personalpolitik 501

cc „Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz
zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie
die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“

Die Erreichung ehrgeiziger Ziele wird mit einer motivierenden Kommunikation im


Unternehmen steigen, wenn es gelingt, möglichst viele Führungskräfte und Mitarbeiter
„auf die Reise“ mitzunehmen. Diese ist auch eine zentrale Voraussetzung, um die heute in
allen Unternehmen notwendige digitale Transformation zu fördern und zu erleichtern
(vgl. vertiefend zum Change-Management Kreutzer, 2018, 2021c, S. 247–267).
Der Dialog selbst ist stärker auf die operative Ebene ausgerichtet und soll sicherstellen,
dass die unternehmensinternen Prozesse korrekt ablaufen. Die informatorische Kommu-
nikation schafft primär Transparenz und kann darüber zu einem Commitment i. S. einer
Selbstverpflichtung gegenüber dem Unternehmen führen. Die motivatorische Kommu-
nikation (i. S. von Lob und Anerkennung sowie durch die Delegation von Verantwortung)
wirkt sich dagegen direkt auf die Motivation und dadurch auf das Commitment aus (vgl.
Abb. 5.99).
Während es früher immer hieß: „Der Gewinn liegt im Einkauf“, so kann angesichts der
ausgeführten Erkenntnisse entgegengehalten werden: „Der Gewinn liegt im Mitarbeiter!“
Denn zum einen wurde die Kostenoptimierung – und nicht nur auf der Einkaufsseite – in
den letzten Jahren konsequent umgesetzt. Zum anderen steigt angesichts der zunehmenden
Verschiebung zum Dienstleistungssektor der Anteil der Arbeitskosten in vielen B ­ ranchen
an. Deshalb gilt es, das in vielen Bereichen unausgeschöpfte Mitarbeiterpotenzial durch
die interne Kommunikation zu aktivieren.
Zunächst ist ein strategischer Informationsfluss im Unternehmen zu etablieren. Zu
den zentralen Informationsinhalten in einem Unternehmen zählen die strategischen Gui-
delines. Diese sind von der Unternehmensführung zur Zielorientierung für die Führungs-
kräfte und die Mitarbeiter umfassend zu kommunizieren. Es geht u.  a. um folgende
Bereiche:

• Welche Vision strebt das Unternehmen im Zeitalter der Digitalisierung an?


• Welcher Purpose steht hierbei im Mittelpunkt?
• Welchen Beitrag kann das Unternehmen im Kontext der Nachhaltigkeit leisten?

,QIRUPDWRULVFKH 7UDQVSDUHQ]
.RPPXQLNDWLRQ /HLVWXQJVVWlUNH
&RPPLWPHQW GHUJHVDPWHQ
0RWLYDWRULVFKH 2UJDQLVDWLRQ
.RPPXQLNDWLRQ
0RWLYDWLRQ

Abb. 5.99  Wirkungskette der internen Kommunikation


502 5 Marketing-Instrumente

• In welchen Feldern möchte das Unternehmen in Zukunft tätig sein  – und in wel-
chen nicht?
• Welche Umsatz- und Ergebnisziele strebt das Unternehmen in den nächsten Jahren an?
• Von welchen Wettbewerbern möchte man sich abgrenzen?
• Welcher Stellenwert wird Innovationen, der Produkt- und/oder Dienstleistungsqualität
zugemessen?
• Welche Markenwerte stehen im Mittelpunkt?
• Wie möchte man den Kunden gegenüber auftreten?
• Welche Service-Ziele hat man sich gesetzt?
• Wie umfassend und mit welcher Tonalität möchte man sich in den sozialen Medien
präsentieren?

Die Bereitstellung derartiger Informationen ermöglicht eine Grundorientierung und


Motivation der Mitarbeiter. Werden diese Informationen nicht top-down bereitgestellt, so
besteht das Risiko, dass aufgrund eines strategischen Informationsvakuums Bereichs-
oder Abteilungsziele definiert werden, die nicht oder nicht ausreichend auf die Gesamt-
ziele des Unternehmens einzahlen.
Welche Aufgaben hierzu noch zu bewältigen sind, zeigt eine Studie von StepStone
(2017, S.  2) in Deutschland. Hierzu wurden insgesamt 14.317 Personen befragt: 50  %
Fachkräfte, 40 % Führungskräfte und 10 % weitere Mitarbeiter. Die Mehrheit der ana-
lysierten Unternehmen beschäftigte 101 bis 500 Mitarbeiter (19 %). 16 % beschäftigen
nicht mehr als 50 Mitarbeiter und weitere 14 % wiesen 1001 bis 5000 Mitarbeiter aus. Die
Mehrheit der Unternehmen (28 %) erzielte einen Jahresumsatz von 10 bis 100 Mio. €.
Welche Erkenntnisse wurden durch diese Studie von StepStone und Kienbaum erzielt
(StepStone, 2017)?

• 25 % der Fachkräfte in Deutschland kennen die Ziele ihres Unternehmens nicht.
• Ca. 20 % der Manager mit Personalverantwortung sind die übergeordneten Firmenziele
unbekannt.
• 80  % der Fachkräfte wollen allerdings wissen, wie sich ihre Arbeit in die Gesamt-
strategie ihres Arbeitgebers einfügt.
• 70 % sagen, dass sie ein klares Verständnis von ihrer Rolle im Unternehmen benötigen,
um produktiv arbeiten zu können.

Zusätzlich zeigt die Studie auch:

cc Je transparenter die Unternehmensstrategie, desto zufriedener sind die Mitarbeiter.

Fachkräfte, die die übergeordneten Ziele ihres Arbeitgebers kennen, sind deutlich zu-
friedener mit ihrer Arbeit als diejenigen, die das große Ganze nicht verstehen. Hierzu heißt
es in der Studie von Walter Jochmann, Geschäftsführer von Kienbaum (StepStone, 2017):
5.5­ Personalpolitik 503

„Die interne Kommunikation ihrer Unternehmensstrategie ist für viele Organisationen eine
große Herausforderung. Doch es lohnt sich, Zeit und Mühe zu investieren, um die strategi-
schen Zielsetzungen und deren Bedeutung für die tägliche Arbeit jedes Mitarbeiters offen und
verständlich zu vermitteln. Mitarbeiter werden motiviert durch eine erfüllende berufliche
Tätigkeit und die Wertschätzung des eigenen Beitrags zum Unternehmenserfolg. Sie wollen
strategische Weichenstellungen nachvollziehen und deren praktische Umsetzung mitge-
stalten.“

Bei der internen Vermittlung von markenbezogenen Inhalten zeigt der Deutsche
Markenmonitor (2019) weitere Herausforderungen auf. Diese basieren auf einer Be-
fragung von 287 Entscheidungsträgern in deutschen Unternehmen. Nachfolgend wird
deutlich, welche Prozentanteile der Entscheidungsträger sich einen größeren Einfluss
der Marke auf verschiedene Unternehmensfunktionen wünschen:

• Kundenservice: 58,9 %
• Vertrieb: 58,2 %
• Produktentwicklung: 52,6 %
• Personalabteilung: 44,9 %
• Geschäftsführung: 44,6 %
• Marketing: 35,2 %

Hier wird sichtbar, welchen Stellenwert die markenbezogene Kommunikation bisher


erreicht hat – und wo noch Optimierungsbedarf besteht. Die Wirkungskette der internen
Kommunikation funktioniert vielfach noch nicht als leistungsstarkes Bindeglied zwi-
schen Unternehmensvision, Unternehmensstrategie, den unternehmerischen Marken-
werten und dem Arbeitsalltag. Bei derartigen Informationsdefiziten muss sowohl der Auf-
bau von Brand Behavior wie auch die Schaffung einer Corporate Identity scheitern. Es
wurde schon herausgestellt, dass überzeugende Marken von innen nach außen wachsen.
Da die Mitarbeiter einen besonders wichtigen Brand Touchpoint darstellen, darf die in-
terne Markenführung nicht alleinige Aufgabe des Marketings bleiben – es ist eine Aufgabe
der Führung insgesamt.
Die notwendige Informationskaskade muss deshalb auf der obersten Hierarchiestufe
beginnen. Dem Unternehmen steht eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Befriedigung der
Informationsbedürfnisse der Mitarbeiter zur Verfügung. Dabei handelt es sich m. E. nicht
um eine Holschuld der Mitarbeiter, sondern um eine Bringschuld des Managements
gegenüber den Mitarbeitern.
Neben der „strategischen Kommunikation“ ist im Unternehmen auch eine dialogische
Kommunikation aufzubauen. Um eine hohe Motivation der Mitarbeiter zu erreichen,
muss eine frühzeitige informatorische Einbindung in kunden- und markenorientierte
­Maßnahmen erfolgen. Nur dann treffen zunehmend gut informierte Kunden auf ebenso
gut informierte Mitarbeiter – sei es bei Außendiensteinsätzen, am POS oder im Customer-­
Service-­Center. Dazu sind die Mitarbeiter am besten noch vor dem Kunden über ent-
sprechende Maßnahmen zu informieren.
504 5 Marketing-Instrumente

&XVWRPHU
6HUYLFH
&HQWHU
7HFKQLVFKHU
35%HUHLFK
.XQGHQGLHQVW

0DUNHWLQJ
$EWHLOXQJ

) (
,7%HUHLFK
$EWHLOXQJ

326

Abb. 5.100  Ausgestaltung der dialogischen Kommunikation im Unternehmen

Die frühzeitige Information an die eigenen Mitarbeiter stellt die Voraussetzung dafür
dar, dass Brand Behavior aufgebaut und das Unternehmen eine überragende Servicequali-
tät erreichen kann. Hierbei liegt das folgende Ziel zugrunde:

cc Durch das Unternehmen gut informierte Kunden sollten auf mindestens ebenso gut
informierte Mitarbeiter treffen.

Da der Kunde von heute immer besser informiert ist, steigt der Bedarf an derartigen
Informationen deutlich an.
Deshalb ist im Zuge der dialogischen Kommunikation eine umfassende Informations-
versorgung aller Abteilungen sicherzustellen, die gleichzeitig auch Customer Touchpoints
sind (vgl. Abb. 5.100). Der alleinige Hinweis, alle für die betroffenen Abteilungen relevan-
ten Informationen wären im Intranet sowie im Internet verfügbar, ist nicht wirklich hilf-
reich. Der Marketing-Bereich muss immer wieder Anreize setzen, damit sich die Mit-
arbeiter auch mit diesen für den Kundenkontakt relevanten Inhalten auseinandersetzen.

Zusätzlich bestehen in vielen Unternehmen nicht nur kognitive Firewalls zwischen


den verschiedenen Leistungsträgern bzw. den jeweiligen Abteilungen, sondern sogar
regelrechte Informations-Silos. Dann kann es passieren, dass der Kunde nach wie vor
nicht nur der Erste, sondern häufig auch der Einzige ist, der solche Kommunikations-
störungen erkennt. Allerdings kann sich diese „Erkenntnis“ und vor allem das damit ver-
bundene Erlebnis negativ auf das Unternehmens- und Markenimage auswirken.
Um den notwendigen internen Informationsfluss sicherzustellen, bieten sich Instru-
mente der Breitenkommunikation sowie Instrumente der persönlichen Kommunika-
tion an. Die Entwicklung und der Einsatz derartiger Instrumente sind konkreter Ausdruck
der Wertschätzung gegenüber den eigenen Mitarbeitern. Die Mitarbeiter erleben dann
ganz hautnah, dass Ressourcen bereitgestellt werden, um ihren Informationsbedürfnissen
5.5­ Personalpolitik 505

Rechnung zu tragen. Die zentralen Merkmale sowie konkrete Formen der Kommunikation
finden sich in Abb. 5.101. Ausgewählte Instrumente werden nachfolgend vertieft.
Über das Intranet, Mailings, E-Mail, E-Mail-Newsletter und/oder Mitarbeiter-
zeitungen kann u. a. berichtet werden, welche Forschungsschwerpunkte gesetzt und wel-
che strategischen Ziele angestrebt werden. Zusätzlich können Informationen darüber
bereitgestellt werden, für welche Kunden das Unternehmen arbeitet. Abteilungen und/
oder Niederlassungen können sich vorstellen und neue Produkte oder Dienstleistungen
werden präsentiert. Zusätzlich können neue oder langjährige Mitarbeiter zu Wort kom-
men. Das Management kann zusätzlich alle sechs Monate im Rahmen von Mit­
arbeiterveranstaltungen – heute Townhall-Meetings genannt – zu unterschiedlichen The-
men aus dem Unternehmensalltag Stellung nehmen.
Zusätzlich kann über Twitter, Facebook, Webinare sowie über Company- und
Mitarbeiter-­Blogs sowie über Team-Software-Lösungen eine dialogische Kommunika-
tion weitergeführt werden. Durch deren Einsatz können sich Führungskräfte und Mit-
arbeiter aller Hierarchieebenen über ihre Arbeit, neue Produkte und anderes austauschen.

%UHLWHQNRPPXQLNDWLRQ 3HUV|QOLFKH .RPPXQLNDWLRQ


.RPPXQLNDWLRQEHUXQWHUVFKLHGOLFKH0HGLHQ .RPPXQLNDWLRQYRQ3HUVRQ]X3HUVRQ
EHLUlXPOLFKHURGHU]HLWOLFKHU'LVWDQ] +RKH.RQWDNWLQWHQVLWlW
*HULQJH.RQWDNWLQWHQVLWlW .HLQHQXUGLJLWDOH'LVWDQ]]ZLVFKHQ6HQGHUXQG
0HUNPDOH (PSIlQJHU
7RSGRZQ *HVSUlFKHPLWGHP9RUJHVHW]WHQXQG.ROOHJHQ
0LWDUEHLWHU]HLWXQJ0LWDUEHLWHU]HLWVFKULIW )HHGEDFNJHVSUlFKH
,QWUDQHW $QVSUDFKHQGHU*HVFKlIWVIKUXQJGHV9RUVWDQGV
,QVWUXPHQWH 7RZQKDOO0HHWLQJV
6RIWZDUH]XU7HDPDUEHLW 067HDPV6ODFN
$XVKlQJHDP6FKZDU]HQ%UHWW3ODNDWH 7UDLQLQJV6FKXOXQJHQ:RUNVKRSV7DJXQJHQ
5XQGEULHIH0DLOLQJV1HZVOHWWHU 0LWDUEHLWHUYHUDQVWDOWXQJHQ
(0DLOV(0DLO1HZVOHWWHU %HWULHEVIHLHUQ 6RPPHUIHVWH:HLKQDFKWVIHLHUQ
%URVFKUHQ,PDJHSURVSHNWH 0HQWRU3URJUDPPH
%XVLQHVV79<RX7XEH&KDQQHO $UEHLWVJUXSSHQ3URMHNWJUXSSHQ
8QWHUQHKPHQV0LWDUEHLWHU%ORJV %UDQG$FDGHP\0DUNHQ$NDGHPLH
0DUNHQKDQGEXFK %UDQG%RRN %UDQG&DUG
+DQJRXW9LGHR.RQIHUHQ]:HELQDU
)DFHERRN*UXSSHQ

%RWWRPXS
0LWDUEHLWHUEHIUDJXQJHQ
,QWHUQHV%HVFKZHUGHPDQDJHPHQW
%HWULHEOLFKHV9RUVFKODJVZHVHQ
&RPSDQ\&RPPXQLW\V
8QWHUQHKPHQV0LWDUEHLWHU%ORJV

9RUWHLOH

Abb. 5.101  Instrumente der internen Kommunikation


506 5 Marketing-Instrumente

cc Merk-Box  Maßnahmen der internen Kommunikation fördern den Aufbau


eines Wir-Gefühls. Außerdem kann sich Stolz auf das eigene Unternehmen
einstellen und die Identifikation mit den Zielen und Aufgabenstellungen
des Unternehmens gestärkt werden. Diese Effekte unterstützen den Aufbau
einer Corporate Identity. 

Zusätzlich stellt – wie schon angesprochen – das Wissen über die Marke eine not-
wendige Bedingung für die Entstehung von markenkonformen Verhaltensweisen dar.
Hierbei lässt sich zwischen Markenwissen im weiteren und engeren Sinne unterscheiden
(vgl. Wentzel et al., 2012):

• Markenwissen im weiteren Sinne


Das Markenwissen im weiteren Sinne bezieht sich auf das allgemeine Wissen der Mit-
arbeiter über die Marke. Hierbei geht es um die Kenntnisse über die Werte, die Ziele
und die wichtigsten Identitätsbestandteile der Marke. Ein solches allgemeines Wissen
reicht für den konsistenten Aufbau eines Internal Brandings jedoch nicht aus. Die Ele-
mente der Identität müssen zusätzlich im Mitarbeiterkontext in konkrete Verhaltens-
weisen übersetzt werden.
• Markenwissen im engeren Sinne
Das Markenwissen im engeren Sinne bezeichnet die konkreten, handlungsorientierten
Kenntnisse über eine Umsetzung der Markenidentität in markenkonformes Verhalten.
Jeder Mitarbeiter mit Kundenkontakt sollte genau wissen, wie die definierten Marken-
werte in der Begegnung mit Kunden umzusetzen sind.

Das Markenwissen im weiteren und engeren Sinne kann bspw. über ein Markenhand-
buch (Brand Book) bereitgestellt werden. In diesem werden die wichtigsten Aus-
prägungen der Markenidentität definiert. Zusätzlich können Standards und Richtlinien zur
Umsetzung der Markenidentität im beruflichen Alltag niedergelegt werden. Teilweise set-
zen Unternehmen hierfür auch sogenannte Brand Cards ein. In diesen sind neben der
Unternehmensphilosophie auch die Dimensionen des Markenkerns, die Markenstilistik
und konkrete Handlungsappelle dokumentiert. Wenn die Mitarbeiter diese Brand Cards
„am Mann“ haben, sind die Werte der Marken und Anhaltspunkte zur Umsetzung idealer-
weise immer präsent.
Storytelling (zu Deutsch „Geschichtenerzählen“) stellt ein modernes Instrument der
internen und auch der externen Kommunikation dar (vgl. Moesslang, 2020; Eckert, 2021).
Eine erzählte Geschichte bindet den Zuhörer, sodass dieser den Inhalt nicht nur hören,
sondern quasi auch erleben und damit emotional nachempfinden kann. Erzählungen kön-
nen den kognitiven Prozess Transportation auslösen. Transportation beschreibt ein
­Eintauchen des Zuhörers in die Geschichte (vgl. Green & Brock, 2000, S. 701). Der Rezi-
pient wird in den Erzählmoment „hinein transportiert“ und „emotional involviert“. Das hat
5.5­ Personalpolitik 507

den Vorteil, dass die emotionale Betroffenheit und gleichzeitig die Lernbereitschaft im
Vergleich zu anderen Kommunikationsformen erhöht wird. Das erzählte Wissen wird eher
verstanden und angenommen.
In Unternehmen können Markengeschichten eingesetzt werden, um auf anschauliche,
spannende und kreative Weise Traditionen und Werte zu vermitteln. Durch solche Ge-
schichten wird zugleich aufgezeigt, wie die Markenwerte im unternehmerischen Alltag
konkret angewendet und umgesetzt werden können. Dadurch weisen Storys zwei zentrale
Funktionen auf (vgl. Wentzel et al., 2012, S. 429):

• Präskriptive Funktion
Präskriptiv bedeutet „vorschreibend“ bzw. „Normen setzend“. Hier wird bspw. defi-
niert, welches die relevanten Werte von Unternehmen und Marke sind.
• Deskriptive Funktion
Deskriptiv bedeutet „beschreibend“. Hier liefert eine Geschichte eine Beschreibung, in
welcher Form Werte konkret gelebt werden können.

cc Merk-Box  „A good story can be found with anybody; the receptionist, the pro-
duct developer or the bookkeeper“. (Fog et al., 2005, S. 99) 

Durch Geschichten, in denen verschiedene Kategorien von Mitarbeitern auftauchen,


können sich die unterschiedlichsten Mitarbeiter eines Unternehmens wiederfinden. Für
das Internal Branding stellt Storytelling deshalb ein besonders interessantes Instrument
dar, denn Storytelling erfüllt beim Internal Branding mehrere Aufgaben (vgl. Brexen-
dorf et al., 2012): Storytelling

• fördert und vermittelt Markenwissen,


• stimuliert zu Denkprozessen,
• erweitert das Repertoire an markenkonformen Verhaltensweisen,
• fördert eine Einheit von Wissen und Handeln,
• vermittelt Normen und Werte und.
• stärkt das Commitment i. S. einer Selbstverpflichtung gegenüber dem Unternehmen.

Storytelling kann einen wesentlichen Einfluss auf das Mitarbeiterverhalten ausüben


(Fog et al., 2005, S. 21):

„A strong brand builds on clearly defined values, while a good story communicates those
values in a language easily understood by all of us. A strong brand exists based on its emotio-
nal ties to the consumer or employee, while a good story speaks to our emotions and bonds
people together. Ultimately, storytelling has the power to strengthen a brand both internally
and externally.“
508 5 Marketing-Instrumente

cc Merk-Box  Storytelling stellt ein innovatives Instrument der internen Kommu-


nikation dar.

Eine zentrale Bedeutung bei der Wertevermittlung von Marken kommt der Brand Aca-
demy (auch Marken-Akademie) zu. Darunter ist ein Raum zu verstehen, an dem die
Marke hinsichtlich aller relevanten Sinne vom Unternehmen selbst inszeniert wird. Die
Marke ist dort im wörtlichen Sinne zu sehen, zu hören, zu schmecken, zu fühlen und zu
riechen. Neben der Vermittlung von Wissen über die Marke ist ein dominantes Ziel, für
diese auf allen Sinnesebenen zu begeistern.
Dieses Konzept zur Installation von Markenerlebnissen in Räumen wird bspw. in
Form der Dr. Oetker Welt in Bielefeld, der World of Coca-Cola in Atlanta, der Volkswagen
Autostadt in Wolfsburg und der BMW-Welt in München umgesetzt. In Abhängigkeit von
der jeweiligen Ausgestaltung stehen diese Inszenierungen der Marke nur den eigenen
Mitarbeitern und Führungskräften, externen Leistungspartnern und/oder der gesamten in-
teressierten Allgemeinheit offen.

5.5.2.5 Systeme eines Internal Brandings


Auf die Erreichung von Brand Behavior sind auch die internen Systeme auszurichten.
Diese ermöglichen den Mitarbeitern, den markenorientiert definierten Anforderungen
Rechnung zu tragen. Deshalb ist die Frage zu beantworten, ob die Mitarbeiter die Unter-
stützung erfahren, die notwendig ist, um ein Brand Behavior zu zeigen? Schließlich reicht
das Wissen des Mitarbeiters um die gebotene Kundenlösung nicht aus, wenn die dafür
notwendigen Schritte durch die Mitarbeiter nicht eingeleitet werden können, weil das
Unternehmen die dafür notwendigen Systeme nicht bereitstellt.
Für die Entstehung des markenkonformen Mitarbeiterverhaltens ist folglich nicht
nur ein Gleichklang von Wissen, Commitment und Fähigkeit notwendig, sondern auch
eine Unterstützung durch die notwendigen strukturellen Systeme. Jedes Unternehmen ist
gut beraten, die eigene Organisation und die darin agierenden Mitarbeiter im Hinblick auf
das Vorliegen der notwendigen Bedingungen für die Erreichung eines Internal Brandings
zu analysieren.
Wurde die Serviceorientierung als zentraler Bestandteil der Markenwerte definiert, so
ist bspw. zu prüfen, welche Systeme den Mitarbeitern im Customer-Service-Center zu
deren Erreichung zur Verfügung stehen. Denn selbst ein hoch motivierter und gut ge-
schulter Mitarbeiter muss scheitern, wenn er nicht erkennen kann, welches Angebot einem
Kunden unterbreitet wurde.
Ganz anders kann dagegen ein Mitarbeiter agieren, dem zu Beginn einer Fallbe-
arbeitung weitere Informationen zur Entscheidungsunterstützung bereitgestellt werden.
Diese können sich auf ein Next best offer oder ein Next product to buy beziehen. Hier
erhält der Mitarbeiter im Kundenkontakt einen Hinweis darauf, welches Angebot bei die-
sem Kunden aufgrund von Analysen die höchste Abschlusswahrscheinlichkeit aufweist
und deshalb unterbreitet werden sollte. Informationen für den Mitarbeiter können – orien-
tiert am Kundenwert – auch auf die Möglichkeit einer großzügigen Kulanzgewährung
5.5­ Personalpolitik 509

hinweisen. Ein gutes CRM-System kann den Mitarbeiter auch darauf hinweisen, den Kun-
den im laufenden Dialog um ein paar weitere Angaben zur Abrundung des Informations-
profils zu bitten (vgl. vertiefend Kreutzer, 2021a, S. 85–101).
Ein weiterführendes Konzept stellt den Mitarbeitern ein Dashboard (zu Deutsch
„Armaturenbrett“) für die Kundenbetreuung zur Verfügung. Ein solches führt dazu, dass
schnell die angemessenen kundenorientierten Tendenzen und Handlungen erkannt werden
können, um darauf adäquat zu reagieren. So kann bspw. das Cross-Sell-Potenzial, aber
auch das Loyalitäts- und Referenzpotenzial erkannt und dem Service-Mitarbeiter für
sein Gespräch kundenindividuell angezeigt werden.

cc Merk-Box  An allen unternehmensinternen Customer Touchpoints sind die


dort agierenden Mitarbeiter mit den Informationen zu vorsorgen, die für ein
markenorientiertes Agieren notwendig sind. 

5.5.2.6 Wirkungsanalyse des Internal Brandings


Um die interne Effizienzreserve der Mitarbeiter zu erschließen und ein dauerhaft
markenorientiertes Verhalten sicherzustellen, muss ein Unternehmen auch über die re-
levanten Steuerungsinformationen verfügen. Hierzu sind die entsprechenden Ziele zu de-
finieren und Messkriterien festzulegen, mit deren Hilfe kritische Veränderungen bei den
Mitarbeitern festgestellt werden können.
Da das Erreichen von Brand Behavior in erster Linie eine psychologische Zielgröße
darstellt, ist das Ergebnis nicht unmittelbar an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen mess-
bar. Um bei der Erfassung der Effekte des Internal Brandings verschiedene Perspektiven
gleichzeitig zu berücksichtigen, eignet sich die bereits beschriebene Balanced Scorecard.
Dort sind die relevanten Ziele in der Mitarbeiterperspektive der Balanced Scorecard zu
berücksichtigen (vgl. Abschn. 3.5.2). Die Balanced Scorecard kann auch eingesetzt wer-
den, um diese Ziele auf breiter Basis im Unternehmen zu kommunizieren.
Um die relevanten Informationen bzgl. der Mitarbeiterperspektive zu gewinnen, bieten
sich periodisch durchgeführte Mitarbeiterbefragungen, Mystery-Shopping-Einsätze
und Kundenbefragungen an. Hier kann die erlebte Servicequalität ermittelt werden.
Auch interne Leistungsbeurteilungen können diese Mitarbeiterperspektive erfassen.
Diese Leistungsbeurteilungen können in verschiedenen Richtungen erfolgen (vgl. Scholz,
2014, S. 493–519; Wicher, 2015, S. 93–111):

• Aufwärtsbeurteilung
Hier bewerten die Mitarbeiter in anonymer Form ihre Führungskraft.
• Beurteilung von Gleichgestellten
Hier bewerten sich Mitarbeiter, die hierarchisch gleichgestellt sind, in anonymer Form
gegenseitig.
510 5 Marketing-Instrumente

Abb. 5.102 Marken-Identifikations-Portfolio

• 360-Grad-Feedback
Hier werden Mitarbeiter in anonymer Form durch Mitarbeiter gleicher, nachgeordneter
und übergeordneter Ebene bewertet. Diese Bewertung kann auch Kundenurteile ein-
schließen.

Um die Wirkungen beim Aufbau des Internal Brandings in ihren verschiedenen Facet-
ten zu erfassen, müssen die festgelegten Ziele aus der Planungsphase als Soll-Werte in
regelmäßigen Abständen mit den bereits erreichten Ist-Werten abgeglichen werden. Um
die Wirkung der ergriffenen Maßnahmen zu gewährleisten, erfolgt die Kontrolle der
­Zielerreichung prozessbegleitend und nicht erst am Ende des Berichtszeitraums. Dadurch
wird es möglich, Abweichungen rechtzeitig zu erkennen und frühzeitig Strategien und
Maßnahmen zu modifizieren oder Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
Zur Erfolgskontrolle kann bspw. das in Abb. 5.102 gezeigte Marken-­Identifikations-­
Portfolio beitragen (vgl. Kernstock, 2012, S. 28). In diesem lassen sich die Mitarbeiter –
etwa basierend auf einer Mitarbeiter- und/oder Kundenbefragung – hinsichtlich des eige-
nen Markenverständnisses sowie der wahrgenommenen Verpflichtung gegenüber der
Marke klassifizieren. Interessant ist, wenn eine solche Auswertung bereichs- oder ab-
teilungsbezogen erfolgt.
Die Ergebnisse des Marken-Identifikations-Portfolios liefern die Grundlage für wei-
tere Maßnahmen des Personalmanagements. Bei Bedarf können Impulse zur Weiter-
entwicklung des Führungsverhaltens vermittelt werden. Außerdem kann die Optimierung
der internen Kommunikation sowie der eingesetzten Systeme erfolgen.
Der vom Gallup-Institut entwickelte Ansatz verbindet die interne mit der externen Per-
spektive. So werden sowohl die Wahrnehmung der Mitarbeiter wie auch die die Wahr-
nehmung der Kunden in die Bewertung integriert. Hierbei wird unterschieden zwischen
(vgl. Fleming et al., 2005; Fleming & Asplund, 2007):
5.5­ Personalpolitik 511

• Employee Engagement (i. S. der Mitarbeiterbindung)


• Customer Engagement (i. S. einer Kundenbindung)

Anhand eines standardisierten Fragebogens werden beide Dimensionen erfasst. Kom-


men diese Fragebögen  – intern und extern  – für einzelne Geschäftsfelder, Vertriebs-
bereiche oder ganze Unternehmen zum Einsatz, kann ein internes Benchmarking erfol-
gen (vgl. Abschn. 2.2.3.3).
Welche Konstellationen sich hinsichtlich des Employee Engagements in Verbindung
mit dem Customer Engagement einstellen können, zeigt das Engagement-Portfolio (vgl.
Abb. 5.103; vgl. Fleming et al., 2005, S. 7). Das Ziel besteht darin, eine Ausgewogenheit
zwischen beiden Dimensionen auf hohem Niveau anzustreben.

• Feld I
Unternehmen oder Abteilungen, die im Feld I liegen, schöpfen ihr Potenzial bei Wei-
tem nicht aus – weder bei den Kunden noch bei den Mitarbeitern. Hier – wie auch in
den Feldern II und III – liegt ein „Underperforming“ vor.
• Feld II
In diesem Feld sind die Mitarbeiter zwar hoch motiviert, kümmern sich aber nicht aus-
reichend um die Kunden. Hier mangelt es an Fähigkeiten oder Motivation – oder auch
an beidem. Die Mitarbeiter mögen Spaß haben, die Kunden dagegen weniger.
• Feld III
Hier erbringen die Mitarbeiter zwar eine gute Leistung, werden aber nicht ausreichend
vom Unternehmen unterstützt. Die Mitarbeiter reiben sich selbst im Kundenkontakt
auf. Hier zeigt sich ein Mangel in der systemischen Unterstützung.
KRFK

,, ,9
(PSOR\HH(QJDJHHPQW

%HJHLVWHUWH0LWDUEHLWHU %HJHLVWHUWH.XQGHQ
)UXVWULHUWH.XQGHQ %HJHLVWHUWH0LWDUEHLWHU

, ,,,
)UXVWULHUWH0LWDUEHLWHU %HJHLVWHUWH.XQGHQ
QLHGULJ

)UXVWULHUWH.XQGHQ 8QPRWLYLHUWH0LWDUEHLWHU

QLHGULJ        KRFK

&XVWRPHU(QJDJHPHQW

Abb. 5.103  Engagement-Portfolio zur Beziehung zwischen Employee Engagement und Customer
Engagement
512 5 Marketing-Instrumente

• Feld IV
Studien von Gallup zeigen, dass ein Leistungsoptimum (gemessen an den finanziellen
Ergebnissen des Unternehmens) erst in diesem Feld erreicht wird  – bei einer Aus-
gewogenheit zwischen Customer und Employee Engagement (vgl. Fleming
et al., 2005).

Anhand dieser Konzepte wird nachvollziehbar, warum der Prozess zum Aufbau von
Brand Behavior systematisch überwacht werden muss. Die dabei gewonnenen Erkennt-
nisse zeigen relevante Handlungsfelder auf. Es kann deutlich werden, dass die für den Aus-
bau des Internal Brandings erforderlichen Investitionen bereits kurzfristig durch positive
Effekte eines größeren Engagements der Mitarbeiter oder Kunden überkompensiert werden.

cc Merk-Box  Es existiert ein positiver Zusammenhang zwischen der Mitarbeiter-


zufriedenheit und der Loyalität zum Unternehmen sowie zum Arbeitseinsatz im
Unternehmen. Außerdem besteht eine positive Beziehung zwischen der Mit-
arbeiterzufriedenheit und der Kundenorientierung. 

Bei konsequenter Umsetzung eines Internal Brandings bewahrheiten sich die Thesen:

• „Zufriedene Kunden durch zufriedene Mitarbeiter.“


• „Loyale Kunden durch loyale Mitarbeiter.“

cc Denkanstoß  Das Marketing-Management muss alle Instrumente des Marketing-­


Diamanten gleichermaßen im Blick haben, um ein Unternehmen sicher im
­Wettbewerb führen zu können. Der Fokus auf nur eines oder ausgewählte Instru-
mente wird den Herausforderungen des Marktes und der Umwelt nicht mehr gerecht.

Was es zu behalten gilt

• Es gibt gute Gründe, den Marketing-Mix dauerhaft um ein 5. P für Personal-


politik zu erweitern – und dies nicht nur im Dienstleistungssektor.
• Die Bindung von Mitarbeitern an ihr Unternehmen liegt in Deutschland seit vie-
len Jahren auf einem sehr niedrigen Niveau.
• Eine Unique Passion Proposition zur Differenzierung im Wettbewerb gewinnt
kontinuierlich an Bedeutung.
• Die Marketing-Excellence-Turbine liefert einen Orientierungsrahmen zur Aus-
gestaltung der relevanten Leistungsfelder.
• Durch Internal Branding wird angestrebt, das Mitarbeiterverhalten an den
Markenwerten zu orientieren und gleichzeitig eine Vertriebs- und Kunden-
orientierung sicherzustellen.
5.5­ Personalpolitik 513

• Grundlage von Brand Behavior ist eine entsprechende Ausgestaltung der Füh-
rung, des Personalmanagements, der internen Kommunikation und der unter-
stützenden Systeme.
• Der Markenidentitätsansatz stellt eine notwendige Voraussetzung für den Aufbau
des Internal Brandings dar.
• Mitarbeiter- und markenorientierte Ziele sind in eine Balanced Scorecard zu integ-
rieren und durch entsprechende Konzepte hinsichtlich ihrer Erreichung zu prüfen.

Fragen zur Überprüfung Ihres Wissensstandes

1. Was spricht dafür, Personalpolitik als „5. P“ in den Marketing-Mix zu integrieren?


Welche Aspekte sprechen dagegen?
2. Welches Ausmaß hat die emotionale Bindung der Mitarbeiter an das eigene Unter-
nehmen in Deutschland erreicht?
3. Welche Auswirkungen hat eine geringe emotionale Bindung auf die Leistungs-
bereitschaft der Mitarbeiter? An welchen Kriterien kann man dies feststellen?
4. Was versteht man unter einer Unique Passion Proposition? Wie grenzt sich diese
von der USP und UAP ab?
5. In welchen Fällen ist eine UPP von besonderer Bedeutung?
6. Was verbirgt sich hinter der Marketing-Excellence-Turbine? Welche Relevanz
hat diese?
7. Welche Auswirkungen hat die Globalisierung auf den Stellenwert der
Personalpolitik?
8. Was versteht man unter Internal Branding? Welche Ziele werden damit verbunden?
9. Was verbirgt sich hinter dem Begriff „Brand Behavior“? Welche Bedeutung hat
dieses heutzutage und warum?
10. Welche Instrumente können zur Schaffung von Brand Behavior verwendet werden?
11. Wie ist „Führung“ auszugestalten, um Brand Behavior aufzubauen?
12. Welche Maßnahmen sind im Rahmen des Personalmanagements einzusetzen, um
den Aufbau von Brand Behavior zu fördern?
13. Welche Arten der Kommunikation nach innen sind zu unterscheiden? Warum ist
diese Unterscheidung zielführend?
14. Welche Instrumente können insgesamt zur internen Kommunikation eingesetzt
werden? Wie lassen sich diese klassifizieren?
15. Wie kann ein „strategischer Informationsfluss“ im Unternehmen sicher-
gestellt werden?
16. Welche Informationsfelder sollte dieser abdecken?
17. Wodurch kann im Unternehmen eine „dialogische Kommunikation“ erreicht wer-
den? Welche Ziele sind damit verbunden?
18. Was versteht man unter Storytelling? Welchen Vorteil hat dieser Ansatz?
514 5 Marketing-Instrumente

19. Welche Systeme können den Aufbau von Brand Behavior fördern? Welche Be-
deutung kommt diesen zu?
20. Was versteht man unter Dashboard? Welche Bedeutung kommt diesem im Zu-
sammenhang mit dem Aufbau von Brand Behavior zu?
21. In welcher Weise sollte sich das Internal Branding in einer Balanced Scorecard
wiederfinden? Welche Anforderungen sind zu berücksichtigen?
22. Welche Zusammenhänge hat das Gallup-Institut hinsichtlich Customer und Emp-
loyee Engagement ermittelt? Welche Konsequenzen lassen sich ableiten?
23. Welche Dimensionen deckt das Engagement-Portfolio ab? Welche Ableitungen
können vorgenommen werden?

Literatur

Aaker, D. A., & Joachimsthaler, E. (2000). Brand leadership. The Free Press.
agma. (2021). Medienvermarktung und Mediaplanung auf gemeinsamer Basis. https://www.agma-­
mmc.de/. Zugegriffen am 11.05.2021.
agof. (2021). Über die agof. https://www.agof.de/. Zugegriffen am 17.05.2021.
Arnu, T. (2005). Das Ohr isst mit, Sounddesigner sorgen für den richtigen Ton bei Tisch. Handels-
blatt, whynot, Dezember, S. 36 f.
AUMA. (2021). AUMA  – Verband der deutschen Messewirtschaft. https://www.auma.de/de. Zu-
gegriffen am 17.05.2021.
Aumayr, K. (2019). Erfolgreiches Produktmanagement. Tool-Box für das professionelle Produkt-
management und Produktmarketing (5. Aufl.). Springer Gabler.
AWA. (2021). Die Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse. https://www.ifd-­allensbach.de/
awa/startseite.html. Zugegriffen am 11.05.2021.
Axel Springer. (2021). Marken. https://www.axelspringer.com/de/marken. Zugegriffen am
30.04.2021.
b4p. (2021). Wir kennen Ihre Zielgruppe. https://gik.media/best-­4-­planning/. Zugegriffen am
12.05.2021.
Backhaus, K., & Voeth, M. (2014). Industriegütermarketing (10. Aufl.). Vahlen.
BASF. (2021). Unser Verhaltenskodex. https://www.basf.com/global/de/who-­we-­are/organization/
management/code-­of-­conduct.html. Zugegriffen am 18.05.2021.
Becker, J. (2019). Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen Marke-
ting-Managements (11. Aufl.). Vahlen.
Beyrow, M., Kiedaisch, P., & Klett, B. (2018). Corporate Identity & Corporate Design 4.0: Das
Kompendium. AV Edition.
Birkigt, K., & Stadler, M. M. (2002). Corporate identity-Grundlagen. In K. Birkigt, M. M. Stadler
& H. J. Funck (Hrsg.), Corporate identity (11. Aufl., S. 12–63). mi.
Blind, J., & Stumpfrock, R. (2021). Rechtliche Rahmenbedingungen des Kundendialogs. In
R. T. Kreutzer (Hrsg.), Kundendialog online und offline (S. 387–410). Springer Gabler.
BMBF. (2021). Das Deutschlandstipendium. https://www.bmbf.de/de/das-deutschland-
stipendium-881.html. Zugegriffen am 17.05.2021.
Brexendorf, T. O., Tomczak, T., Kernstock, J., Henkel, S., & Wentzel, D. (2012). Der Einsatz von
Instrumenten zur Förderung von Brand Behavior. In T.  Tomczak, F.-R.  Esch, J.  Kernstock &
A.  Herrmann (Hrsg.), Behavioral Branding. Wie Mitarbeiterverhalten die Marke stärkt
(S. 337–372). Springer Gabler.
Literatur 515

Brockhoff, S., & Panreck, K. (2016). Menschlichkeit rechnet sich. Warum Wertschätzung über den
Erfolg von Unternehmen entscheidet. Campus.
Bruhn, M. (2016). Relationship Marketing. Das Management von Kundenbeziehungen
(5. Aufl.). Vahlen.
Bruhn, M., & Hadwich, K. (2017). Produkt- und Servicemanagement (2. Aufl.). Vahlen.
Bruhn, M., & Homburg, C. (Hrsg.). (2017). Handbuch Kundenbindungsmanagement. Strategien und
Instrumente für ein erfolgreiches CRM (9. Aufl.). Springer Gabler.
Bruhn, M., Meffert, H., & Hadwich, K. (2019). Handbuch Dienstleistungsmarketing. Planung  –
Umsetzung – Kontrolle (2. Aufl.). Springer Gabler.
Bundesnetzagentur. (2021). Aufgaben und Struktur. https://www.bundesnetzagentur.de/DE/All-
gemeines/DieBundesnetzagentur/UeberdieAgentur/Aufgaben/aufgaben-­node.html. Zugegriffen
am 03.05.2021.
Bürker, M. (2020). Content-Marketing – mit Themen gewinnen. In M. Stumpf (Hrsg.), Die 10 wich-
tigsten Zukunftsthemen im Marketing (2. Aufl., S. 131–161). Haufe.
Burmann, C., & Zeplin, S. (2005). Innengerichtetes identitätsbasiertes Markenmanagement. In
H. Meffert, C. Burmann & M. Koers (Hrsg.), Markenmanagement. Identitätsorientierte
Markenführung und praktische Umsetzung (2. Aufl., S. 115–139). Springer Gabler.
Burmann, C., Halaszovich, T., Schade, M., & Piehler, R. (2018). Identitätsbasierte Marketing-
führung. Grundlagen – Strategie – Umsetzung – Controlling (3. Aufl.). Springer Gabler.
Coenenberg, A.  G., Fischer, T.  M., & Günther, T. (2016). Kostenrechnung und Kostenanalyse
(9. Aufl.). Schäffer-Poeschel.
Dahan, E., & Hauser, J. (2002). The virtual customer. Journal of Product Innovation Management,
19(5), 332–353.
DDV. (2021). Ich habe die Wahl! https://www.ichhabediewahl.de/?cid=39. Zugegriffen am
17.05.2021.
Der Spiegel. (2021). Der Spiegel. https://www.spiegelgruppe.de/spiegel-­media/portfolio/der-­
spiegel-­print. Zugegriffen am 14.05.2021.
Deutsche Employer Branding Akademie. (2021). Future Fit stärken. https://employerbranding.org/.
Zugegriffen am 20.05.2021.
Deutscher Markenmonitor. (2019). 60 Prozent der Markenmanager haben keine Antwort auf den
digitalen Wandel. https://www.deutscher-­markenmonitor.de/. Zugegriffen am 21.05.2021.
Die Zeitungen. (2021). Preisrecherche. https://www.die-­zeitungen.de/media/mediadaten/preis-
recherche.html. Zugegriffen am 14.05.2021.
DMV. (2021). European Marketing Agenda 2021. DMV.
Dunkl, M. (2015). Corporate Code. Wege zu einer klaren und unverwechselbaren Unternehmens-
sprache. Springer Gabler.
Eckert, H.-W. (2021). Storytelling mit Daten: Erkenntnisse gewinnen, Strategie entwickeln und
Unternehmenskommunikation auf ein neues Level heben. Springer Gabler.
Economist. (2021). The Big Mac index. https://de-­statista-­com.ezproxy.hwr-­berlin.de/statistik/
daten/studie/199335/umfrage/big-­mac-­index%2D%2Dweltweiter-­preis-­fuer-­einen-­big-­mac/.
Zugegriffen am 04.05.2021.
Ellingsen, T., & Johannesson, M. (2007). Paying respect. Journal of Economic Perspectives, 21(4),
135–149.
Esch, F.-R., & Knörle, C. (2012). Führungskräfte als Markenbotschafter. In T. Tomczak, F.-R. Esch,
J. Kernstock & A. Herrmann (Hrsg.), Behavioral Branding. Wie Mitarbeiterverhalten die Marke
stärkt (S. 378–388). Springer Gabler.
Esch, F.-R., & Strödter, K. (2012). Aufbau des Markencommitment in Abhängigkeit des Mitarbeiter-­
Marken-­Fits. In T. Tomczak, F.-R. Esch, J. Kernstock & A. Herrmann (Hrsg.), Behavioral Bran-
ding. Wie Mitarbeiterverhalten die Marke stärkt (S. 141–160). Springer Gabler.
516 5 Marketing-Instrumente

Esch, F.-R., Rutenberg, J., Strödter, K., & Vallaster, C. (2005). Verankerung der Markenidentität
durch Behavioral Branding. In F.-R. Esch (Hrsg.), Moderne Markenführung. Grundlagen – Inno-
vative Ansätze – Praktische Umsetzungen (4. Aufl., S. 985–1008). Springer Gabler.
Esch, F.-R., Fischer, A., & Hartmann, K. (2012). Abstrakte Markenwerte in konkretes Verhalten
übersetzen. In T. Tomczak, F.-R. Esch, J. Kernstock & A. Herrmann (Hrsg.), Behavioral Bran-
ding. Wie Mitarbeiterverhalten die Marke stärkt (S. 161–180). Springer Gabler.
Esch, F.-R., Knörle, C., & Strödter, K. (2014). Internal Branding. Wie Sie mit Mitarbeitern Ihre
Marke stark machen. Vahlen.
Evers, M. (2009). Stunde der Wahrheit. Der Spiegel, 6, 133.
Fleming, J. H., & Asplund, J. (2007). Human Sigma. Managing the employee-customer encounter.
Gallup Press.
Fleming, J. H., Coffman, C., & Harter, J. K. (2005). Manage your human sigma. Harvard Business
Review, 2005(July/August), 1–8.
Fog, K., Budtz, C., & Yakaboylu, B. (2005). Storytelling. Branding in practice. Springer.
For me. (2021). Über for me. https://www.for-­me-­online.de/uber-­uns. Zugegriffen am 03.05.2021.
Forster, A., Erz, A., & Jenewein, W. (2012). Employer Branding. Ein konzeptioneller Ansatz zur
markenorientierten Mitarbeiterführung. In T. Tomczak, F.-R. Esch, J. Kernstock & A. Herrmann
(Hrsg.), Behavioral Branding. Wie Mitarbeiterverhalten die Marke stärkt (S. 277–294). Sprin-
ger Gabler.
Fritz, W., von Oelsnitz, D., & Seegebarth, B. (2019). Marketing. Elemente marktorientierter Unter-
nehmensführung (5. Aufl.). Kohlhammer.
Fuchs, S. (2019). Ambush Marketing  – Nutzen der Gelegenheit: Markenwahrnehmung und
Emotionsforschung anhand von Ambush Marketing Aktionen. Akademiker Verlag.
Gallup. (2019). Warum der Faktor Mensch im Zeitalter der Digitalisierung so wichtig ist. Presse-
gespräch, 12(9), 2019.
Gallup. (2020a). What is employee engagement and how do you improve it? https://www.gallup.
com/workplace/285674/improve-­E mployeeEngagement-­workplace.aspx?utm_source=pa-
per&utm_medium=in_text&utm_campaign=ee_meta_analysis#ite-­285701. Zugegriffen am
18.05.2021.
Gallup. (2020b). Employee engagement and performance: Latest insights from the world’s largest
study. Gallup.
Gartner. (2016). Gartner IT symposium. Gartner.
Gourville, T. (2006). Wann Kunden neue Produkte kaufen. Harvard Business Manager, 8, 44–57.
Green, M. C., & Brock, T. C. (2000). The role of transportation in the persuasiveness of public nar-
ratives. Journal of Personality and Social Psychology, 79(5), 701–721.
Greenpeace. (2021). So handelt Greenpeace. https://www.greenpeace.de/ueber-­uns/greenpeace-­
stellt-­sich-­vor. Zugegriffen am 10.05.2021.
Grunert, G. (2019). Methodisches Content Marketing. Erfolgreich durch systematisches Vorgehen,
integriertes Arbeiten und klare ROI-Orientierung. Springer Gabler.
Gutting, D. (2020). Interkulturelles Marketing im digitalen Zeitalter. Strategien für den globalen
Markterfolg. Springer Gabler.
GWB. (2021). Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz). https://www.gesetze-­im-­
internet.de/gwb/. Zugegriffen am 03.05.2021.
Haller, S. (2017). Handelsmarketing (4. Aufl.). Kiehl.
Haller, S., & Wissing, C. (2020). Dienstleistungsmanagement. Grundlagen  – Konzepte  – Instru-
mente (8. Aufl.). Springer Gabler.
Hartmann, O., & Haupt, S. (2016). Touch! Der Haptik-Effekt im multisensorischen Marketing
(2. Aufl.). Haufe.
Häusel, H.-G. (2016). Brain View. Warum Kunden kaufen (4. Aufl.). Haufe.
Literatur 517

Häusel, H.-G. (2019). Einführung. In H.-G. Häusel (Hrsg.), Neuromarketing. Erkenntnisse der Hirn-
forschung für Markenführung, Werbung und Verkauf (4. Aufl., S. 9–16). Haufe.
HAWESKO. (2021). HAWESKO Select. https://www.hawesko.de/hawesko-­select-­classic-­rot-­weiss.
Zugegriffen am 05.05.2021.
Heinemann, G. (2017). Die Neuerfindung des stationären Einzelhandels: Kundenzentralität und
ultimative Usability für Stadt und Handel der Zukunft. Springer Gabler.
Heinemann, G. (2021). Der neue Online-Handel. Geschäftsmodell und Kanalexzellenz im Digital
Commerce (12. Aufl.). Springer Gabler.
Henkel, S., Tomczak, T., Kernstock, J., Wentzel, D., & Brexendof, T. O. (2012a). Das Behavioral-­
Branding-­Konzept. Leitlinie für das Management von Brand Behavior. In T.  Tomczak, F.-
R. Esch, J. Kernstock & A. Herrmann (Hrsg.), Behavioral Branding. Wie Mitarbeiterverhalten
die Marke stärkt (S. 197–212). Springer Gabler.
Henkel, S., Tomczak, T., Heitmann, M., & Herrmann, A. (2012b). Determinanten eines erfolg-
reichen Behavioral Branding. In T. Tomczak, F.-R. Esch, J. Kernstock & A. Herrmann (Hrsg.),
Behavioral Branding. Wie Mitarbeiterverhalten die Marke stärkt (S. 213–236). Springer Gabler.
Herzberg, F. (1993). Motivation to work. Routledge.
HGB. (2021). Handelsgesetzbuch. https://www.gesetze-­im-­internet.de/hgb/. Zugegriffen am
05.05.2021.
Hilker, C. (Hrsg.). (2017). Content Marketing in der Praxis. Springer Gabler.
Holland, H. (2016). Dialog-Marketing, Offline- und Online-Marketing, Mobile- und Social Media-­
Marketing (4. Aufl.). Vahlen.
Homburg, C. (28. November 2011). Kundenorientierung als Managementherausforderung. Vortrag.
Homburg, C. (2020). Marketingmanagement. Strategie – Instrumente – Umsetzung – Unternehmens-
führung (7. Aufl.). Springer Gabler.
Homburg, C., & Stock-Homburg, R. (2012). Der kundenorientierte Mitarbeiter: Bewerten, be-
geistern, bewegen (2. Aufl.). Springer Gabler.
Huck-Sandhu, S. (2016). Interne Kommunikation im Wandel. Theoretische Konzepte und empirische
Befunde. Springer VS.
IBI. (2021). Prognose: E-Commerce-Anteil am Einzelhandelsumsatz wird bis 2026 nochmals deutlich
steigen. https://ibi.de/aktuelle-­meldungen/prognose-­e-­commerce-­anteil-­am-einzel­handelsumsatz-
wird-­bis-­2026-­nochmals-­deutlich-­steigen. Zugegriffen am 05.05.2021.
Ivanova, J., & Gawenda, A. (2021). Online-Mediaplanung für Einsteiger: Grundlagen, Begriffe,
Arbeitsschritte und Praxisbeispiele für B2C und B2B. Springer Gabler.
IVW. (2021). Wissen, was zählt. https://www.ivw.eu/. Zugegriffen am 11.05.2021.
IZA. (2021). Arbeitsmarktforschung am Puls der Zeit. https://www.iza.org/de. Zugegriffen am
17.05.2021.
Jahnke, M. (2021). Influencer Marketing: Für Unternehmen und Influencer: Strategien, Platt-
formen, Instrumente, rechtlicher Rahmen (2. Aufl.). Springer Gabler.
Kanning, U. P. (2017). Personalmarketing, Employer Branding und Mitarbeiterbindung. Forschungs-
befunde und Praxistipps aus der Personalpsychologie. Springer.
Keite, L. (2019). Corporate Identity im digitalen Zeitalter: Leitfaden zu einer starken Unter-
nehmensidentität. Haufe.
Kerguenne, A., Schaefer, H., & Taherivand, A. (2017). Design Thinking: Die agile Innovations-­
Strategie. Haufe.
Kernstock, J. (2012). Behavioral Branding als Führungsansatz. In T. Tomczak, F.-R. Esch, J. Kern-
stock & A. Herrmann (Hrsg.), Behavioral Branding. Wie Mitarbeiterverhalten die Marke stärkt
(S. 3–34). Springer Gabler.
Kilian, K., & Kreutzer, R. (2022). Digitale Markenführung. Springer Gabler.
518 5 Marketing-Instrumente

Kilian, K., & Miklis, M. A. (2020). Purpose im Marketing – erfolgreich mit sinnstiftendem Unter-
nehmenszweck. In M.  Stumpf (Hrsg.), Die 10 wichtigsten Zukunftsthemen im Marketing
(2. Aufl., S. 21–45). Haufe.
Kobjoll, K. (2009). Wa(h)re Herzlichkeit. Orell Füssli.
Koch & Bergfeld. (2021). Nachkauf. https://www.koch-­bergfeld.de/besteck/service/index.php. Zu-
gegriffen am 04.05.2021.
Kost, J.  F., & Seeger, C. (2020). Influencer Marketing: Grundlagen, Strategie und Manage-
ment. UTB.
Kreipl, C. (2020). Verantwortliche Unternehmensführung: Corporate Governance, Compliance
Management und Corporate Social Responsibility. Springer Gabler.
Kreutzer, R., Rumler, A., & Wille-Baumkauff, B. (2020). B2B-Online-Marketing und Social Media.
Handlungsempfehlungen und Best Practices (2. Aufl.). Springer Gabler.
Kreutzer, R. T. (2018). Toolbox für Marketing und Management. Kreativkonzepte – Analysewerk-
zeuge – Prognoseinstrumente. Springer Gabler.
Kreutzer, R.  T. (2020). Die digitale Verführung. Selbstbestimmt leben trotz Smartphone, Social
Media & Co. Springer Gabler.
Kreutzer, R. T. (2021a). Kundendialog online und offline, Das große 1x1 der Kundenakquisition,
Kundenbindung und Kundenrückgewinnung. Springer Gabler.
Kreutzer, R. T. (2021b). Praxisorientiertes Online-Marketing. Konzepte – Instrumente – Checklisten
(4. Aufl.). Springer Gabler.
Kreutzer, R. T. (2021c). Toolbox für Digital Business. Springer Gabler.
Kroeber-Riel, W., & Gröppel-Klein, A. (2019). Konsumentenverhalten (11. Aufl.). Vahlen.
LAE. (2021). Leseranalyse Entscheidungsträger in Wirtschaft und Verwaltung. https://www.lae.de/
startseite. Zugegriffen am 11.05.2021.
Lammenett, E. (2021). Praxiswissen Online-Marketing: Affiliate-, Influencer-, Content-, Social-­
Media-, Amazon-, Voice-, B2B-, Sprachassistenten- und E-Mail-Marketing, Google Ads, SEO
(8. Aufl.). Springer Gabler.
Lands’ End. (2021). Umtausch und Rücksendung. https://www.landsend.de/de_DE/kostenfreie-­
Ruecksendung/co/mobile-­ks-­ruecksendung.html. Zugegriffen am 04.05.2021.
Levinson, J. C. (2016). Guerilla Marketing Bibel. Midas Management.
Lewrick, M., Link, P., & Leifer, L. (2020). The design thinking toolbox: A guide to mastering the
most popular and valuable innovation methods. Wiley.
Lindstrom, M. (2019). Making Sense: Die Macht des multisentorischen Brandings. In H.-G. Häusel
(Hrsg.), Neuromarketing. Erkenntnisse der Hirnforschung für Markenführung, Werbung und Ver-
kauf (4. Aufl., S. 155–166). Hanser.
Lufthansa. (2021). Flüge von Frankfurt nach New York ab 487 €. https://www.lufthansa.com/xx/de/
fluege/flug-­frankfurt-­new+york. Zugegriffen am 04.05.2021.
Malik, F. (2019). Führen Leisten Leben: Wirksames Management für eine neue Welt. Campus.
MediaMarkt. (2021). HP DeskJet 2720 AIO Thermal Inkjet Multifunktionsdrucker WLAN. https://
www.mediamarkt.de/de/product. Zugegriffen am 04.05.2021.
Meffert, H., Burmann, C., Kirchgeorg, M., & Eisenbeiß, M. (2019). Marketing, Grundlagen markt-
orientierter Unternehmensführung. Konzepte – Instrumente – Praxisbeispiele (13. Aufl.). Sprin-
ger Gabler.
Merkle, W. (2020). Erfolgreich im stationären Einzelhandel. Wege zur konsequenten Profilierung im
digitalen Zeitalter. Springer Gabler.
Miele. (2021). Miele Produkte. https://www.miele.de/haushalt/produkte-­1420.htm#. Zugegriffen am
27.04.2021.
Moesslang, M. (2020). Facts tell, Storys sell: Mit Storytelling wirkungsvoll präsentieren, über-
zeugen und verkaufen. Remote.
Literatur 519

Morhart, F., Jenewein, W., & Tomczak, T. (2012). Mit transformationaler Führung das Brand Beha-
vior stärken. In T. Tomczak, F.-R. Esch, J. Kernstock & A. Herrmann (Hrsg.), Behavioral Bran-
ding. Wie Mitarbeiterverhalten die Marke stärkt (S. 389–406). Springer Gabler.
MStV. (2020). Medienstaatsvertrag. http://www.die-­medienanstalten.de. Zugegriffen am
14.05.2021.
Nölke, S. V., & Gierke, C. (2011). Das 1 x 1 des multisensorischen Marketings. Multisensorisches
Branding: Marketing mit allen Sinnen. Ed. Comevis.
Osborn, A. (1979). Applied Imagination: Principles and Procedures of Creative Problem-Solving
(3. Aufl.). Scribner.
PAngV. (2021). Preisangabenverordnung. https://www.gesetze-­im-­internet.de/pangv/BJNR105800985.
html. Zugegriffen am 03.05.2021.
Pepels, W. (2016). Produktmanagement: A. Neue Produkte am Markt einführen – B. Marken erfolg-
reich managen – C. Produktprogramme planen und kontrollieren – D. Strukturen und Prozesse
implementieren (7. Aufl.). Duncker & Humblot.
Pepels, W. (2019). Moderne Preispolitik: Gewinnoptimierung durch kluges Erlösmanagement.
Erich Schmitt Verlag.
Pepels, W. (2020). Marketing-Kommunikation. Einführung in die Kommunikationspolitik. Duncker
& Humblot.
Peppers, D., & Rogers, M. (2012). Extreme Trust. Honesty as a Competitive Advantage. Penguin.
Peppers, D., & Rogers, M. (2016). Managing customer experience and relationships: A strategic
framework (3. Aufl.). Wiley.
Piller, F., Möslein, K., Ihl, C., & Reichwald, R. (2017). Interaktive Wertschöpfung kompakt: Open
Innovation, Individualisierung und neue Formen der Arbeitsteilung. Springer Gabler.
Poguntke, S. (2019). Corporate Think Tanks: Zukunftsforen, Innovation Center, Design Sprints,
Kreativsessions & Co (3. Aufl.). Springer.
Preußig, J. (2018). Agiles Projektmanagement, Scrum, Use Cases, Task Boards & Co. Haufe.
Pulizzi, J. (2013). Epic Content Marketing. How to tell a different story, break through the clutter,
and win more customers by marketing less. Mc Graw Hill.
Rieber, D. (2017). Mobile Marketing: Grundlagen, Strategien, Instrumente. Springer Gabler.
Ries, E. (2017). The Lean Start-up: How today’s entrepreneurs use continuous innovation to create
radically successful businesses. Penguin.
Ritter, D., & Chim, L. (2019). Why agile works. BCG.
Schach, A., & Lommatzsch, T. (Hrsg.). (2018). Influencer Relations: Marketing und PR mit digita-
len Meinungsführern. Springer Gabler.
Schallmo, D. (2018). Geschäftsmodelle erfolgreich entwickeln und implementieren (2. Aufl.). Sprin-
ger Gabler.
Schmidt, A. (2021). Kostenrechnung: Grundlagen der Vollkosten-, Deckungsbeitrags- und Plan-
kostenrechnung sowie des Kostenmanagements (9. Aufl.). Kohlhammer.
Schmidt, H.  J. (2007). Internal Branding. Wie Sie Ihre Mitarbeiter zu Markenbotschaftern ma-
chen. Gabler.
Schmitz, K.-W. (2015). Die Strategie der 5 Sinne: Wie Sie mit Haptik Ihren Unternehmenserfolg
nachhaltig steigern. Wiley.
Schmitz, M. (2021). CSR im Mittelstand: Unternehmerische Verantwortung als Basis für lang-
fristigen Erfolg. Springer Gabler.
Scholz, C. (2014). Personalmanagement. Informationsorientierte und verhaltenstheoretische
Grundlagen (6. Aufl.). Vahlen.
SCHUFA. (2021). Wie funktioniert Scoring bei der SCHUFA? https://www.schufa.de/ueber-­uns/
daten-­scoring/scoring/scoring-­schufa/. Zugegriffen am 29.04.2021.
Schulte, C. (2016). Logistik: Wege zur Optimierung der Supply Chain (7. Aufl.). Vahlen.
520 5 Marketing-Instrumente

Schumacher, F., & Geschwill, R. (2013). Employer Branding: Human Resources Management für
die Unternehmensführung (2. Aufl.). Springer Gabler.
Siehoff, J. (2005). Damit man’s auch knirpseln hört. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung,
17.07.2005, S. 58.
Simon, H. (2015). Preisheiten. Alles was Sie über Preise wissen müssen. Campus.
Simon, H., & Fassnacht, M. (2016). Preismanagement. Strategie – Analyse – Entscheidung – Um-
setzung (4Aufl. Aufl.). Springer Gabler.
Sinek, S. (2011). Start with why: How great leaders inspire everyone to take action. Pinguin Group.
Statista. (2020a). Flächenproduktivität der führenden Vertriebslinien im LEH in Deutschland 2019.
https://de-­s tatista-­c om.ezproxy.hwr-­b erlin.de/statistik/daten/studie/202109/umfrage/
flaechenproduktivitaet-­deutscher-­lebensmitteleinzelhaendler/. Zugegriffen am 05.05.2021.
Statista. (2020b). Mobile apps. https://de-­statista-­com.ezproxy.hwr-­berlin.de/statistik/studie/
id/11697/dokument/mobile-­apps-­statista-­dossier/. Zugegriffen am 17.05.2021.
Statista. (2021a). Durchschnittskosten eines 30-Sekunden-Fernsehwerbespots während des Super Bowls
von 2002 bis 2021. https://de-­statista-­com.ezproxy.hwr-­berlin.de/statistik/daten/studie/1184069/um-
frage/super-­bowl-­kosten-­fuer-­30-­sekuendige-­werbung/. Zugegriffen am 04.05.2021.
Statista. (2021b). E-Commerce-Umsatz mit Waren in Deutschland in den Jahren 2000 bis 2020.
https://de-­statista-­com.ezproxy.hwr-­berlin.de/statistik/daten/studie/71568/umfrage/online-­
umsatz-­mit-­waren-­seit-­2000/. Zugegriffen am 05.05.2021.
Statista. (2021c). Anteil des Einzelhandels an den privaten Konsumausgaben in Deutschland bis 2019.
https://de-­statista-­com.ezproxy.hwr-­berlin.de/statistik/daten/studie/161796/umfrage/einzel­
handelsumsatz%2D%2D-­anteil-­an-­den-­privaten-­konsumausgaben-­seit-­2000/. Zugegriffen am
05.05.2021.
Statista. (2021d). Marktanteile von Hersteller- und Handelsmarken in Deutschland bis 2020. https://de-­
statista-­com.ezproxy.hwr-­berlin.de/statistik/daten/studie/205728/umfrage/marktanteilsentwicklung-­
von-­mehrwert-­handelsmarken/. Zugegriffen am 07.05.2021.
Statista. (2021e). Zuschauermarktanteile der TV-Sender im April 2021. https://de-­statista-­com.ez-
proxy.hwr-­berlin.de/statistik/daten/studie/75044/umfrage/zuschauermarktanteile-­der-­tv-­sender-­
monatszahlen/. Zugegriffen am 10.05.2021.
Statista. (2021f). Marktanteile der einzelnen Mediengattungen an den Bruttowerbeerlösen in
Deutschland von Januar bis März 2021. https://de-­statista-­com.ezproxy.hwr-­berlin.de/statistik/
daten/studie/225279/umfrage/markanteile-­der-­mediengattungen-­im-­bruttowerbemarkt/. Zu-
gegriffen am 11.05.2021.
Statista. (2021g). AWA: Reichweite ausgewählter Tageszeitungen in Deutschland im Jahr 2020.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/161080/umfrage/reichweite-­von-­ueberregionalen-­
abo-­tageszeitungen-­in-­deutschland/. Zugegriffen am 14.05.2021.
Statista. (2021h). Fernsehen in Deutschland. https://de-­statista-­com.ezproxy.hwr-­berlin.de/statistik/
studie/id/6383/dokument/fernsehen-­in-­deutschland-­statista-­dossier/. Zugegriffen am 14.05.2021.
Statista. (2021i). Schätzung des durchschnittlichen Preises kostenpflichtiger Apps für das iPhone
und iPad weltweit in den Jahren 2009 bis 2023 (in US-Dollar). https://de-­statista-­com.ezproxy.
hwr-­b erlin.de/statistik/daten/studie/170003/umfrage/preisentwicklung-­von-­a pps-­i n-­d en-­
fuehrenden-­app-­stores-­weltweit/. Zugegriffen am 17.05.2021.
Statista. (2021k). Anteil der Wirtschaftsbereiche an der Gesamtbeschäftigung in der Bundesrepublik
Deutschland von 1950 bis 2020. https://de-­statista-­com.ezproxy.hwr-­berlin.de/statistik/daten/
studie/275637/umfrage/anteil-­d er-­w irtschaftsbereiche-­a n-­d er-­g esamtbeschaeftigung-­i n-­
deutschland/. Zugegriffen am 18.05.2021.
Stehr, C., & Struve, F. (Hrsg.). (2017). CSR und Marketing: Nachhaltigkeit und Verantwortung rich-
tig kommunizieren. Springer Gabler.
Literatur 521

StepStone. (2017). Organigramm deutscher Unternehmen. In welchen Strukturen Fachkräfte künftig


arbeiten wollen. https://www.stepstone.de/Ueber-­StepStone/press/jeder-­vierte-­mitarbeiter-­kennt-­
unternehmensziele-­nicht/. Zugegriffen am 21.05.2021.
Sutton, R. I. (2009). Der Arschloch-Faktor. Vom geschickten Umgang mit Aufschneidern, Intriganten
und Despoten im Unternehmen. Heyne.
Sutton, R. I. (2013). Lösungen für das Arschloch-Problem. Heyne.
TCL. (2021). Verständlichkeit ist gut – Performance ist besser. https://tcl.digital/text-­performance/.
Zugegriffen am 10.05.2021.
Thoma, H. (2009). Das Helmut-Thoma-Alphabet. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung,
03.05.2009, S. 54.
Thompson, A.  B. (2017). Do good: Embracing brand citizenship to fuel both purpose and pro-
fit. Amacom.
Tomczak, T., Esch, F.-R., Kernstock, J., & Herrmann, A. (Hrsg.). (2012). Behavioral Branding. Wie
Mitarbeiterverhalten die Marke stärkt. Springer Gabler.
Tusche, C. (2020). Virales Marketing: Virales Marketing verstehen – ansteckende Kampagnen pla-
nen und umsetzen. Webmasterpress.
UGW. (2021). POS-Marketing-Report 2021. Eine Konsumentenbefragung zu Shopper Insights am
POS von medialog, POSpulse und UGW.
Unilever. (2021). Unsere Marken. https://www.unilever.de/marken/?category=408114. Zugegriffen
am 10.05.2021.
UWG. (2021). Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. https://www.gesetze-­im-­internet.de/
uwg_2004/. Zugegriffen am 03.05.2021.
Vahs, D., & Brem, A. (2015). Innovationsmanagement. Von der Produktidee zur erfolgreichen Ver-
marktung (5. Aufl.). Schäffer-Poeschel.
Voß, P. H. (Hrsg.). (2019). Logistik – die unterschätzte Zukunftsindustrie: Strategien und Lösungen
entlang der Supply Chain 4.0. Springer Gabler.
VuMA. (2021). Konsumentenverhalten transparent gemacht. https://www.vuma.de/. Zugegriffen
am 12.05.2021.
von Walter, B., & Kremmel, D. (2016). Employer Brand Management. Arbeitgebermarken aufbauen
und steuern. Springer Gabler.
We are social. (2021). Digital 2021. https://wearesocial.com/de/blog/2021/04/60-­prozent-­der-­
weltbevolkerung-­sind-­inzwischen-­online. Zugegriffen am 17.05.2021.
Wentzel, D., Tomczak, T., & Herrmann, A. (2012). Storytelling im Behavioral Branding. In T. Tomc-
zak, F.-R. Esch, J. Kernstock & A. Herrmann (Hrsg.), Behavioral Branding. Wie Mitarbeiterver-
halten die Marke stärkt (S. 425–442). Springer Gabler.
Wicher, U. (2015). Managementkompetenzen. Kiehl.
Wiesner, K. A. (2016). Faires Management und Marketing. De Gruyter.
Wirtz, B.  W. (2021). Multi-Channel-Marketing. Grundlagen  – Instrumente  – Prozesse (3. Aufl.).
Springer Gabler.
WTO. (2021). Anti-dumping. https://www.wto.org/english/tratop_e/adp_e/adp_e.htm. Zugegriffen
am 04.05.2021.
Entwicklung einer geschlossenen
Marketing-­Konzeption 6

„Damit das Mögliche entsteht, muss immer wieder das Unmög-


liche versucht werden.“
Hermann Hesse

„Veränderung kann man nicht verwalten. Man kann ihr nur einen
Schritt voraus sein.“
Peter F. Drucker

Lernziele
Fähigkeit,
• den Aufbau eines strategischen sowie eines operativen Marketing-Plans nachzu-
vollziehen
• einen Marketing-Plan eigenständig zu erstellen
• spezifische Marketing-Aktivitäten idealtypisch den einzelnen Phasen des
Produktlebenszyklus zuzuordnen

Elektronisches Zusatzmaterial Die elektronische Version dieses Kapitels enthält Zusatzmaterial,


das berechtigten Benutzern zur Verfügung steht. https://doi.org/10.1007/978-­3-­658-­35307-­0_6.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2022 523
R. T. Kreutzer, Praxisorientiertes Marketing,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-35307-0_6
524 6  Entwicklung einer geschlossenen Marketing-Konzeption

6.1  rstellung eines strategischen und operativen


E
Marketing-Plans

Um eine geschlossene Marketing-Konzeption zu entwickeln, müssen die auf den unter-


schiedlichen Ebenen getroffenen Entscheidungen in einem Plan zusammengeführt wer-
den. Die Ausprägung eines typischen strategischen Marketing-Plans zeigt Abb. 6.1 (vgl.
auch Meffert et al. 2019, S. 918–920).
Übergeordnet finden sich hier die Festlegungen zu Vision, Mission und Purpose des
Unternehmens (vgl. Kap. 3). Außerdem werden die Ergebnisse dokumentiert, die bspw.
durch die SWOT-Analyse, das Benchmarking, die Portfolio-Analyse, die Wertkettenana-
lyse etc. gewonnen wurden (vgl. Abschn. 2.2.3). Basierend auf diesen Erkenntnissen er-
folgt zunächst die Festlegung der Chancen und Risiken, die sich insb. für den Planungs-
zeitraum abzeichnen.

• Welche Veränderungen im Wettbewerb werden sich in den nächsten Jahren ergeben?


• Welche Faktoren wirken sich zusätzlich auf die Marktentwicklung aus? Dies kann die
Konjunktur in den Zielmärkten sein, die sich bspw. in der Kauf- und Investitions-
neigung, aber bspw. auch in der Entwicklung der Arbeitslosigkeit ausdrücken kann.
• Zeichnen sich technologische und/oder rechtliche Veränderungen ab, auf die im
Planungszeitraum reagiert werden muss?
• Welche Herausforderungen gehen mit der verstärkten Digitalisierung einher?

6WUDWHJLVFKHU0DUNHWLQJ3ODQ

9LVLRQ0LVVLRQ3XUSRVHGHV8QWHUQHKPHQV 6WUDWHJLVFKH0DUNHWLQJ=LHOH

([WHUQ&KDQFHQXQG5LVLNHQ
0DUNHWLQJ6WUDWHJLHQ
=HQWUDOH:HWWEHZHUEHU KHXWHXQG]XNQIWLJ
0DUNWIHOGVWUDWHJLH
0DUNWHQWZLFNOXQJ LQNO]HQWUDOHU(LQIOXVVIDNWRUHQ
0DUNWVWLPXOLHUXQJVVWUDWHJLH
7HFKQRORJLVFKHXQGUHFKWOLFKH9HUlQGHUXQJHQ
0DUNWVHJPHQWLHUXQJVVWUDWHJLH
,QWHUQ6WlUNHQXQG6FKZlFKHQ 0DUNWDUHDOVWUDWHJLH
/HLVWXQJVIlKLJNHLWGHUHLJHQHQ9HUWULHEVPLWDUEHLWHU
4XDOLWlWVQLYHDXGHUHLJHQHQ/HLVWXQJVSDOHWWH
4XDOLILNDWLRQV XQG,GHQWLILNDWLRQVQLYHDXGHU 6WUDWHJLVFKHV$QJHERWV3RUWIROLR
0DUNHWLQJ0LWDUEHLWHULQVJHVDPW 3URGXNW'LHQVWOHLVWXQJV3RUWIROLR
7HFKQRORJLH3RUWIROLR
%HZHUWXQJGHU(UIROJVVWlUNHGHV8QWHUQHKPHQV /HLVWXQJVNRPSRQHQWHQ3RUWIROLR
LQVJHVDPWVRZLHGHU(UIROJVEHLWUlJHHLQ]HOQHU
6*(VLQGHU9HUJDQJHQKHLW
8QWHUQHKPHQJHVDPW 0DUNHWLQJ2UJDQLVDWLRQ
6*(«Q $XIEDXRUJDQLVDWLRQGHV0DUNHWLQJV
$EODXIRUJDQLVDWLRQGHV0DUNHWLQJV
6WUDWHJLVFKH8QWHUQHKPHQV]LHOH 0DUNHWLQJ3ODQXQJVSUR]HVVH
8PVDW]*HZLQQ 0DUNHWLQJ,PSOHPHQWLHUXQJVSUR]HVVH
0DUNWDQWHLO DEVROXWUHODWLY 0DUNHWLQJ&RQWUROOLQJ3UR]HVVH
(%,7(%,7'$52,52652&(

Abb. 6.1  Grobstruktur eines strategischen Marketing-Plans


6.1 Erstellung eines strategischen und operativen Marketing-Plans 525

Dieser externen Perspektive schließt sich die Analyse der Stärken und Schwächen
an. Zur Konkretisierung der Stärken und Schwächen des Unternehmens sind die eigenen
Leistungen einer vergleichenden Analyse im Wettbewerbsumfeld zu unterziehen.
­Hierdurch kann bspw. ermittelt werden, welche Stärken die eigene Vertriebsmannschaft
aufweist. Auch die eigene Leistungspalette ist im Vergleich mit Konkurrenten zu bewerten.
Das Qualifikations- und Identifikationsniveau der Marketing-Mitarbeiter generell gehört
ebenso zu den an dieser Stelle festzuhaltenden Informationen (vgl. Kap. 2). Die detail-
lierte Bewertung des Unternehmens und seiner strategischen Geschäftseinheiten
schließt sich an. Auf diesen Ergebnissen basieren die strategischen Festlegungen auf
Unternehmensebene (vgl. Abschn. 3.3).
Basierend auf den strategischen Festlegungen des gesamten Unternehmens und fun-
diert durch die Erkenntnisse verschiedener Analyse-Instrumente erfolgen die Festlegungen
im Marketing-Bereich (vgl. Abb. 6.1). Dazu zählen die Konkretisierung der strategischen
Marketing-Ziele und die Dokumentation der einzuleitenden Marketing-Strategien.
Diese Festlegungen konkretisieren sich im strategischen Angebots-Portfolio (vgl.
Kap. 3 und 4).
Darüber hinaus ist im Rahmen des strategischen Marketing-Plans festzulegen, wie das
Marketing zu organisieren ist. Hierzu zählt zum einen die Aufbauorganisation des Mar-
ketings. Diese legt fest, in welcher Form das Marketing in der Unternehmensorganisation
zu verankern ist. Dies kann als Vorstandsressort, als Bereichsfunktion oder als unter-
geordnete Servicefunktion erfolgen (vgl. dazu Kap. 8). Die hierarchische Einbindung des
Marketings, die Anzahl der in diesem Bereich arbeitenden Mitarbeiter sowie die Budget-
höhe, über die das Marketing verfügt, können als Indikatoren für die Verankerung des
Marketings als Führungskonzeption im Unternehmen interpretiert werden.
Zum anderen ist im Rahmen der Ablauforganisation festzulegen, wie die relevanten
Marketing-Prozesse ausgestaltet werden sollen. Diese beziehen sich insb. auf die Be-
reiche Planung, Implementierung und Controlling des Marketings (vgl. Kap. 7). Hier sind
bspw. die folgenden Fragen zu beantworten:

• Welche unternehmensinternen Vernetzungen sind zu berücksichtigen, wenn ver-


schiedene Funktionsbereiche Marketing-Aufgaben zu übernehmen haben?
• Wer ist für das Controlling der Marketing-Aktivitäten verantwortlich?
• Wie ist ein internes Marketing-Kennzahlensystem auszugestalten?

Die Fragen zur Organisation sind jeweils sowohl inhaltlich (d. h. „Was soll getan wer-
den?“) als auch prozessual (d. h. „Wie soll etwas erledigt werden?“) zu beantworten.

cc Denkanstoß  Versuchen Sie einmal, Einblick in einen strategischen Marketing-Plan


zu erhalten. Welche Themenbereiche sind dort abgedeckt? Welche zusätzlichen Er-
kenntnisse können Sie anhand eines realen strategischen Marketing-Plans gewinnen?
526 6  Entwicklung einer geschlossenen Marketing-Konzeption

Der operative Marketing-Plan ist aus dem strategischen Marketing-Plan abzuleiten.


Er stellt eine Konkretisierung des meist auf drei bis fünf Jahre ausgerichteten strategischen
Marketing-Plans dar. Der operative Marketing-Plan dient als Grundlage für die innerhalb
eines Geschäftsjahres umzusetzenden Schritte (vgl. Abb.  6.2). Dieser Plan ist deshalb
meist auf zwölf Monate ausgerichtet.
Im operativen Marketing-Plan wird zunächst festgehalten, mit welchen kurzfristigen
Entwicklungen im Umfeld des Unternehmens zu rechnen ist. Zusätzlich erfolgt hier die
Konkretisierung des relevanten Marktes. Dabei wird – orientiert an den strategischen
Festlegungen des Unternehmens – dokumentiert, für welches Angebot der Plan gültig ist.
Außerdem wird festgelegt, welche Zielgruppen in welchen Regionen und/oder Ländern
angesprochen werden sollen.
Bei der Ausgestaltung des operativen Marketing-Plans fließen ebenfalls die Ergebnisse
der vorgestellten Analysen ein. Hierzu zählen insb. die Analysen im Vorfeld einer Produkt-
einführung (vgl. Abschn.  2.2.3) sowie die Ergebnisse der laufenden Analysen, wie sie
bspw. Panel-Untersuchungen, Kundenbefragungen und Analysen zur Fundierung der
Markenführung darstellen (vgl. Abschn. 2.2.4).
Neben der Fixierung dieser Rahmenbedingungen sind die Marketing-Ziele konkret zu
dokumentieren (vgl. Kap. 3). Dabei sind eine Zielpyramide oder eine Balanced Scorecard
zu entwerfen und vorhandene Zielkonflikte zu thematisieren. Die davon abgeleiteten
Marketing-Strategien sind als Guidelines für das operative Marketing zu konkretisieren
und in die Ausgestaltung der Marketing-Instrumente herunterzubrechen (vgl. Kap. 4
und 5). Hierbei ist auf die Integration der ggf. von verschiedenen Funktionsbereichen be-
arbeiteten Marketing-Aufgaben zu achten. Die Klammer um alle diese Aktivitäten stellt

2SHUDWLYHU0DUNHWLQJ3ODQ

3URJQRVHQEHUGLHNXU]IULVWLJH(QWZLFNOXQJGHU 0DUNHWLQJ=LHOH
UHOHYDQWHQ8PIHOGHUGHV8QWHUQHKPHQV 'HILQLWLRQGHULP$NWLRQV]HLWUDXPDQJHVWUHEWHQ=LHOH
0DNUR8PZHOW SROLWLVFKHUHFKWOLFKH8PZHOW (UDUEHLWXQJHLQHU=LHOS\UDPLGHE]ZHLQHU%DODQFHG
VR]LDOHNXOWXUHOOH8PZHOW|NRQRPLVFKH8PZHOW 6FRUHFDUG IUDOOHLQYROYLHUWHQ%HUHLFKH
WHFKQRORJLVFKH8PZHOW 'RNXPHQWDWLRQGHUMHZHLOLJHQ=LHOEH]LHKXQJHQ
0LNUR8PZHOW .XQGHQ/LHIHUDQWHQ.DSLWDOJHEHU
:HWWEHZHUEHU 0DUNHWLQJ6WUDWHJLHQ
)L[LHUXQJGHUDXVJHZlKOWHQVWUDWHJLVFKHQ2SWLRQHQ
.RQNUHWLVLHUXQJGHUVWUDWHJLVFKHQ$XVJHVWDOWXQJIU
'HILQLWLRQGHVUHOHYDQWHQ0DUNWHV GHQ$NWLRQV]HLWUDXP
3URGXNW'LHQVWOHLVWXQJ
.HUQ XQG5DQG]LHOJUXSSH 0DUNHWLQJ,QVWUXPHQWH
5HJLRQDOHV=LHOJHELHW DXIQDWLRQDOHURGHU $XVJHVWDOWXQJGHV0DUNHWLQJ'LDPDQWHQ 3V
LQWHUQDWLRQDOHU(EHQH ,QWHJUDWLRQGHUYHUVFKLHGHQHQ$NWLYLWlWHQEHU2Q
XQG2IIOLQH*UHQ]HQKLQZHJ8PVHW]XQJHLQHV
1ROLQH$QVDW]HV
,PSOHPHQWLHUXQJXQG&RQWUROOLQJ
,QKDOWOLFKH9HUDQWZRUWOLFKNHLWHQIU,PSOHPHQWLHUXQJ
0DUNHWLQJ%XGJHW
XQG0DUNHWLQJ&RQWUROOLQJ
+|KHGHV%XGJHWV
3UR]HVVXDOH9HUDQWZRUWOLFKNHLWHQIU
$XIWHLOXQJGHV%XGJHWVDXI$NWLRQVEHUHLFKH
,PSOHPHQWLHUXQJXQG0DUNHWLQJ&RQWUROOLQJ
3ULRULWlWHQGHU$NWLRQVEHUHLFKH

Abb. 6.2  Grobstruktur eines operativen Marketing-Plans


6.2 Zuordnung von Aktivitäten zum Produktlebenszyklus 527

das Marketing-Budget dar. Durch die Aufteilung des Marketing-Budgets erfolgt eine gut
sichtbare Prioritätensetzung. Hier wird deutlich, welche Schwerpunkte im Marketing und
damit auch im Unternehmen im laufenden Geschäftsjahr vorgenommen werden.

cc Denkanstoß  Versuchen Sie einmal, Einblick in einen operativen Marketing-Plan zu


erhalten. Welche Themenbereiche sind dort abgedeckt? Welche zusätzlichen Er-
kenntnisse können Sie anhand eines realen operativen Marketing-Plans gewinnen?

6.2 Zuordnung von Aktivitäten zum Produktlebenszyklus

Auf der Grundlage eines solchen Marketing-Plans können die Aktionen anlaufen, die sich
bspw. an den Phasen des Produktlebenszyklus orientieren. Eine idealtypische Zu-
ordnung liefert Abb. 6.3. In Abhängigkeit von den konkreten Marketing-Zielen und -Stra-
tegien (bspw. hinsichtlich der Positionierung) kann eine solche Zuordnung auch anders
ausfallen. Die in Abb. 6.3 zugeordneten Aktivitäten dienen hier als Denkanstoß.

cc Denkanstoß  Versuchen Sie für einige Ihrer Lieblingsprodukte einmal zu ermitteln,


in welcher Phase des Produktlebenszyklus sich diese momentan befinden. Welche
Maßnahmen des Herstellers können Sie feststellen?

*UR‰ XQG(LQ]HO :LHGHUKROXQJV 3URGXNWYHUEHVVHUQ


KDQGHOV NlXIH I|UGHUQ
'LVWULEXWLRQ 'LVWULEXWLRQV 5HSRVLWLRQLHUXQJGHV
DXIEDXHQ 3URGXNWEHNDQQW QHW]HUKDOWHQ $QJHERWHV
KHLW ZHLWHUVWHLJHUQ
+DQGHOGXUFK 9HUSDFNXQJ 1HXH9HUZHQGXQJV
3URPRWLRQ .lXIHUVWDPP YHUEHVVHUQ P|JOLFKNHLWHQHUVFKOLH‰HQ
0D‰QDKPHQ YHUJU|‰HUQ
PRWLYLHUHQ 3URGXNWZHLWHU
.DXIKlXILJNHLW HQWZLFNHOQ
3URGXNWEHNDQQW HUK|KHQ
KHLW GXUFK2Q XQG 6WDPPNXQGHQ .XQGHQWUHXH
2IIOLQH:HUEXQJ 'LVWULEXWLRQV JHZLQQHQ EHORKQHQ
VWHLJHUQ GLFKWHHUK|KHQ
3URGXNWOLQLH .XQGHQDEZDQ $XVGQQXQJ
(UVWNlXIHI|UGHUQ DXVEDXHQ GHUXQJ YHUPHLGHQ GHV$QJHERWHV 9HUWULHEVHQJDJH
EVSZGXUFK PHQW YHUVWlUNHQ
(LQIKUXQJVSUHLVH 1HXH9HUZHQGHU +DQGHOV 6FKUXPSIXQJGHV
&RXSRQ(LQVDW] VFKLFKWHQJHZLQQHQ HQJDJHPHQW 'LVWULEXWLRQVQHW]HV 6XEVWLWXWLRQVSURGXNW
=ZHLWSODW]LHUXQJHQ DEVLFKHUQ EVSZ YHUODQJVDPHQ SODW]LHUHQ
9HUNRVWXQJHQ 1HXH9HUWULHEVNDQlOH GXUFK6DOHV
HUVFKOLH‰HQ 3URPRWLRQ 3UHLVOLFKH$WWUDNWLYLWlW .XQGHQDXIQHXHV
HUK|KHQ $QJHERWDXVULFKWHQ
1HXH0lUNWH
HUREHUQ :HUEXQJVWHLJHUQ 3URGXNWDXVGHP0DUNWQHKPHQ

Abb. 6.3  Idealtyptische Zuordnung von Aktionsbausteinen eines Marketing-Plans in Abhängigkeit


von den jeweils erreichten Phasen des Produktlebenszyklus
528 6  Entwicklung einer geschlossenen Marketing-Konzeption

Was es zu behalten gilt

• Im Marketing-Plan fließen alle kurz- und langfristig aktionsrelevanten Informa-


tionen verdichtet zusammen.
• Der Marketing-Plan dokumentiert die Aufgaben, das relevante Umfeld und die
vorgenommenen Marketing-Festlegungen.
• Klassisch wird zwischen einem strategischen und einem operativen Marketing-­
Plan unterschieden.
• Den einzelnen Phasen des Produktlebenszyklus können idealtypisch verschiedene
Aktivitäten auf instrumentaler Ebene zugeordnet werden.

Fragen zur Überprüfung Ihres Wissensstandes

1. Welche Felder muss ein strategischer Marketing-Plan abdecken?


2. Welche Festlegungen sind in einem operativen Marketing-Plan enthalten?
3. Welche Rahmenbedingungen sind in diesen Marketing-Plänen zu fixieren?
4. Welche Festlegungen erfolgen auf der operativen Ebene der Ziele, Strategien und
Instrumente?
5. Welche Funktion hat das Marketing-Budget zu erfüllen?
6. Erarbeiten Sie mit anderen Personen einen strategischen Marketing-Plan für einen
Automobilhersteller Ihrer Wahl aus. Welche Rahmenbedingungen sind zu berück-
sichtigen? Welche Ziele stehen bei einem solchen Unternehmen im Mittelpunkt?
Welche Strategien würden Sie dem von Ihnen ausgewählten Unternehmen empfeh-
len? Wie könnte der Marketing-Diamant beispielhaft ausgestaltet werden?
7. Erarbeiten Sie mit anderen Personen zusammen einen operativen Marketing-Plan
für eine (fiktive) Buchhandlung in Ihrer Heimatstadt. Wie sehen die Rahmen-
bedingungen aus? Welche Ziele könnte diese Buchhandlung realistischerweise
verfolgen? Welche Strategien können eingesetzt werden? Wie könnte der Marke-
ting-Diamant ausgestaltet werden?
8. Welche operativen Marketing-Aktivitäten lassen sich exemplarisch verschiedenen
Phasen des Produktlebenszyklus zuordnen und warum?
9. Wie könnten sich die hier zugeordneten Maßnahmen unterscheiden, wenn ein
Unternehmen andere Marketing-Ziele anstrebt?
10. Wie könnten sich die Maßnahmen unterscheiden, wenn einmal ein nationales Ein-­
Produkt-­Unternehmen am Start ist und einmal ein internationaler Konzern mit
Dutzenden von Produkten?
Literatur 529

Literatur

Meffert, H., Burmann, C., Kirchgeorg, M., & Eisenbeiß, M. (2019). Marketing, Grundlagen markt-
orientierter Unternehmensführung. Konzepte – Instrumente – Praxisbeispiele (13. Aufl.). Sprin-
ger Gabler.
Marketing-Controlling
7

„You can’t manage what you can’t measure.“


Manager-Weisheit

Lernziele
Fähigkeit,
• zu erkennen, welche wichtige Bedeutung dem Marketing-Controlling zukommt
• die Aufgaben des strategischen und operativen Marketing-Controllings zu
unterscheiden
• die Relevanz des Marketing-Audits zu erkennen und dieses zielorientiert
einzusetzen
• Instrumente des operativen Marketing-Controllings sicher zu beherrschen
• Methoden des Instrumental-Audits gezielt einzusetzen

Elektronisches Zusatzmaterial Die elektronische Version dieses Kapitels enthält Zusatzmaterial,


das berechtigten Benutzern zur Verfügung steht. https://doi.org/10.1007/978-­3-­658-­35307-­0_7.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2022 531
R. T. Kreutzer, Praxisorientiertes Marketing,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-35307-0_7
532 7 Marketing-Controlling

7.1 Kennzeichnung und Ziele des Marketing-Controllings

Wie bereits in Abschn.  1.1.3 vorgestellt, sollte jede Abteilung  – nicht nur Marketing  –
spezifische Ziele definieren, die sich aus den allgemeinen Unternehmenszielen ableiten.
Zur Erreichung der Marketing-Ziele stellt das Marketing verschiedene Strategien bereit,
die wiederum den Einsatz der Marketing-Instrumente beeinflussen.

cc Merk-Box  Erst durch das Setzen und das möglichst schriftliche Fixieren von
Zielen wird die Möglichkeit geschaffen, den Erfolg des Marketings zu bewerten.

Für die Erfolgskontrolle und -bewertung ist das Controlling verantwortlich – genauer
gesagt das Marketing-Controlling. Dieses stellt einen Teilbereich des gesamten betrieb-
lichen Controllings dar. Deshalb ist das Marketing-Controlling mit dem Controlling des
Gesamtunternehmens informatorisch und/oder organisatorisch häufig eng vernetzt.
Die Funktionen des Marketing-Controllings zeigt Abb. 7.1. Die Kernaufgaben des
Marketing-Controllings bestehen darin, die Effektivität und Effizienz des Marketings zu
fördern.
Im Einzelnen lassen sich die Funktionen des Marketing-Controllings wie folgt kon-
kretisieren (vgl. Reinecke 2021):

• Informationsfunktion
Im Kern geht es bei der Informationsfunktion darum, die verschiedenen Leistungs-
träger im Marketing mit den jeweils relevanten Informationen zu versorgen. Die Brand-
breite reicht hier von Deckungsbeitragsrechnungen über die Abschätzung von Ent-
wicklungskosten für Produkt- und Dienstleistungsinnovationen bis hin zu einer

Marketing-Controlling
Sicherung von Effektivität und Effizienz im Marketing

Informationsfunktion
Fokussierte Informationsversorgung des Marketings

Planungsfunktion
Unterstützung der strategischen und operativen Marketing-Planung

Koordinationsfunktion
Management von Schnittstellen über Abteilungen/Bereiche hinaus

Kontrollfunktion
Überwachung der gesamten Marketing-Aktivitäten

Abb. 7.1  Funktionen des Marketing-Controllings


7.1 Kennzeichnung und Ziele des Marketing-Controllings 533

vertiefenden Analyse der technologischen Entwicklungen, bspw. im Bereich der Künst-


lichen Intelligenz.
• Planungsfunktion
In diesem Bereich ist es die Aufgabe des Controllings, bei der Ausgestaltung der stra-
tegischen und operativen Marketing-Planung zu unterstützen. Ein besonderes Augen-
merk liegt auf der Analyse geplanter Marketing-Strategien und unterschiedlicher ope-
rativer Maßnahmen. Diese gilt es, im Hinblick auf ihre Effektivität und Effizienz hin zu
bewerten. Diese Bewertungen können sich unmittelbar auf die Marketing-­Budgetierung
auswirken, indem bspw. auch konkrete Empfehlungen ausgesprochen werden.
Zur Unterstützung der Planungsprozesse gehören auch die Maßnahmen zur Be-
wertung von Innovationen anhand von Scoring-Modellen. Auch weiterführende
Wirtschaftlichkeits-Analysen und Machbarkeits-Studien gehören zum Handwerkszeug
des Marketing-Controllings (vgl. Abschn. 5.1.2).
• Koordinationsfunktion
Eine wichtige Unterstützung leistet das Marketing-Controlling auch durch die Ab-
stimmung der Ziele, Strategien und operativen Maßnahmen des Marketings unter-
einander sowie im Hinblick auf die anderen Unternehmensbereiche. Das Schnittstellen-­
Management über das Marketing hinaus ist hierbei von besonderer Bedeutung, um eine
Erreichung der Unternehmensziele zu fördern.
• Kontrollfunktion
Im strategischen Bereich zielt das Controlling bspw. darauf ob, die informatorischen
Grundlagen der Planung kritisch zu durchleuchten. Außerdem kann überprüft werden,
wie die Implementierung der Planung gelingt. Im operativen Umfeld gilt es vor allem,
die erzielten Ergebnisse in den verschiedenen Zielgruppen und Zielmärkten zu ana-
lysieren. Außerdem ist zu prüfen, wie erfolgreich der Einsatz verschiedener Marketing-­
Instrumente war. Das Marketing-Controlling soll hier durch rückblickende Soll-Ist-­
Vergleiche ermitteln, ob die definierten Ziele auf den verschiedenen Ebenen erreicht
wurden. Die Bandbreite reicht dabei von den Erfolgen einer Online-Banner-Aktion
über Out-of-Home-Kampagnen bis hin zu umfassenden Kundenbindungssystemen.
Um die Marketing-Aktivitäten zu überwachen und zu bewerten, können die Kontrol-
len beim Input, beim Output sowie bei den verwendeten Prozessen ansetzen. Überall
können sich Ansatzpunkte zur Optimierung ergeben.

Hier wird deutlich, dass Marketing-Controlling neben der „reinen Kontrolle“ einen
wichtigen Beitrag zur Schaffung und zur Ausschöpfung von Erfolgspotenzialen leisten
kann und soll (vgl. Becker 2019, S. 892–912; Meffert et al. 2019, S. 925–962; Ehrmann
2016; Halfmann 2017; Zerres 2021; zu spezifischen Kennzahlen Krause und Arora 2010).
534 7 Marketing-Controlling

cc Merk-Box  Wie umfassend der Controlling-Ansatz zu wählen ist, zeigt bereits der
Prozess des Marketing-Managements in Abb. 1.4.

Die generelle Zielsetzung des Marketing-Controllings ist sowohl eine punktuelle wie
auch kontinuierliche Analyse der Marketing-Aktivitäten sowie der dadurch ausgelösten
Ergebnisse. Im Zuge dieser Analyse können verschiedene Vergleichs- und Zielgrößen
herangezogen werden, um die erreichten Ergebnisse zu bewerten. Übergeordnet ist beim
Marketing-Controlling immer die Frage, in welchem Umfang das Marketing und seine
Aktivitäten zur Sicherstellung einer langfristig erfolgreichen Unternehmensführung
beitragen.
Um die beschriebenen Funktionen  – Information, Planung, Koordination und Kon­
trolle – auszufüllen, können vier verschiedene Konzepte eingesetzt werden. Diese sind in
Abb.  7.2 dargestellt. Dort wird auch deutlich, dass mit den verschiedenen Vorgehens-
weisen eine unterschiedliche Komplexität und auch ein unterschiedlicher Wert für das
Unternehmen einhergehen (vgl. vertiefend Kreutzer 2021).

• Deskriptive Analysen (Description, Reporting)


Deskriptive (beschreibende) Analyse zeigen auf, was und warum etwas in der Ver-
gangenheit passiert ist. Hierzu zählen klassische Reports über die Umsatz- und Ergeb-
nisentwicklung des Gesamtunternehmens oder einzelner Geschäftsbereiche. Auch die
Darstellung der Entwicklung des Kundenwertes sowie Response-Analysen bei On-
line- und Offline-Aktivitäten gehören zu dieser Kategorie. Im Beschaffungsbereich
wird über die Lieferantenbeziehungen berichtet. Im Produktionssektor werden Daten
über die Auslastung und Anfälligkeit von Maschinen, die Output-Mengen, die Overall
Equipment Efficiency etc. bereitgestellt. Im Logistik-Bereich kann darüber informiert
werden, welche Liefertreue erreicht wurde, wie die Auslastung ausfiel etc.
Hoch

Presciption
(Empfehlung des
Wert für das Unternehmen

Prediction „Was“)
(Vorhersage des
„Wird“)
Inspection
(Analyse des
„Warum“)
Description
(Beschreibung
des „Ist“)
Niedrig

Niedrig Komplexität der Aufgabe Hoch

Abb. 7.2  Konzepte eines umfassenden Controlling-Ansatzes


7.1 Kennzeichnung und Ziele des Marketing-Controllings 535

• Diagnostische Analysen (Inspection)


Diagnostische Analysen suchen nach den Ursachen, den Auswirkungen sowie mög-
lichen Wechselwirkungen verschiedener Sachverhalte. Hier wird nach Korrelatio-
nen und Kausalbeziehungen gesucht, um einen Sachverhalt in der Tiefe zu verstehen.
Der Blick ist hier  – wie bei den deskriptiven Analysen  – auf die Vergangenheit ge-
richtet. Man möchte verstehen, warum etwas passiert ist. Das kann eine Vielzahl von
Kündigungen sein, die in den letzten Wochen eingegangen sind. Oder es soll ermittelt
werden, was zu einer deutlichen Zunahme von Besuchern im E-Commerce-Shop und
zu einer signifikanten Zunahme der Conversion Rate geführt hat. Parallel kann ermittelt
werden, wodurch Lieferketten gerissen sind und welche Ursachen den gravierenden
Einbußen bei der Produktqualität zugrunde liegen. Gegenstand der Analyse kann auch
eine erhöhte Fluktuation im Personalbereich sein.
• Prädiktive Analysen (Prediction)
Prädiktive (vorhersagende) Analysen versuchen, Vorhersagen über zukünftige Ereig-
nisse zu treffen. Diese Vorhersagen können sich auf das Response-Verhalten von
Kunden bei verschiedenen Marketing-Aktionen, auf die Vorhersage von Zahlungs-
ausfällen und auf den Ausfall von Maschinen beziehen (Stichwort Predictive Mainte-
nance). Entsprechende Vorhersagen sind auch von Bedeutung, wenn die Erfolgs-
trächtigkeit von Geschäftsmodell-Innovationen als Grundlage für einen Business-Plan
ermittelt wird.
• Präskriptive Analysen (Prescription, Empfehlungen)
Präskriptive (vorschreibend, verordnende) Analysen entwickeln Empfehlungen darü-
ber, wie ein Unternehmen handeln sollte. Solche Empfehlungen können sich auf In-
vestitionen in Finanzanlagen, auf Milestones bei der Etablierung neuer Geschäfts-
modelle oder  – ganz konkret  – auf die Ableitung von Maßnahmen der
Kundengewinnung und Kundenbindung beziehen. Auch die Auswahl von Liefe-
ranten sowie die Ausgestaltung von Produktions- und Logistikprozessen können
auf präskriptiven Analysen basieren.

cc Merk-Box  Die Breite der hier aufgezeigten Aufgaben unterstreicht, dass Con­
trolling nicht schlicht als „Kontrolle“ übersetzt werden darf. Marketing-­
Controlling ist auch wesentlich mehr als ein „Rechnungswesen im Marketing“.
Ein leistungsstarkes Controlling ist für die Manager ein wichtiger Partner, um
immer bessere Entscheidungen zu treffen. Dass die Manager über die Ergeb-
nisse von Controlling-Maßnahmen nicht immer begeistert sind, liegt in der
Natur der Sache!

Die Aufgaben eines Marketing-Controllings können sowohl auf der strategischen


wie auch auf der operativen Ebene angesiedelt werden. Hierbei hat das Marketing-­
Controlling die Gesamtheit des Marketings kritisch zu analysieren. Das Marketing-­
Controlling kann und soll auch bei der Erarbeitung von kreativen Lösungen unterstützen.
Ein Marketing-Controlling, das sich auf eine Ergebniskontrolle am Ende eines Geschäfts-
jahres beschränkt, wird seinem Anspruch nicht gerecht.
536 7 Marketing-Controlling

7.2 Strategisches Marketing-Controlling

Der Schwerpunkt des strategischen Marketing-Controllings liegt auf den grundlegenden


Fragestellungen des Marketings. Hier wird bspw. analysiert, ob die Aufbau- und Ablauf-
organisation des Marketings noch geeignet ist, die Erreichung der Marketing-Ziele und
die Umsetzung der Marketing-Strategien optimal zu unterstützen. Zusätzlich kann das
strategische Marketing-Controlling einen wichtigen Beitrag leisten, um für das Unter-
nehmen zukünftige Erfolgspotenziale zu erkennen und zu erschließen. Hier ist vor allem
an neue Geschäftsmodelle zu denken (vgl. vertiefend Kreutzer 2021). Im Mittelpunkt des
operativen Marketing-Controllings steht dagegen die Ergebnisüberwachung und -analyse,
um daraus Optimierungsimpulse für die laufenden (operativen) Marketing-Aktivitäten zu
gewinnen.
Ein spezielles Konzept des Marketing-Controllings stellt das Marketing-Audit (engl.
für „Überprüfung“ oder „Rechnungsprüfung“) dar. Ein Marketing-Audit beinhaltet eine
kritische Reflexion einzelner oder aller Marketing-Aktivitäten eines Unternehmens.
Marketing-­ Audit kann als umfassende, systematische, nicht weisungsgebundene und
regelmäßige Untersuchung von Marketing-Umwelt, -Zielen, -Strategien und -Aktivitäten
eines Unternehmens oder einer strategischen Geschäftseinheit definiert werden (vgl. Koh-
lert 2013).
Durch ein Marketing-Audit sollen möglichst frühzeitig Risiken identifiziert werden,
die durch die Art der Ausgestaltung des Marketing-Managements verursacht werden kön-
nen. Das Marketing-Audit kann eher strategisch oder eher operativ ausgerichtet sein. Bei
einer strategischen Ausrichtung erfolgt – bspw. in ein- oder zweijährigem Abstand – ein
systematischer Abgleich zwischen den Veränderungen der Umwelt und den Marketing-­
Gegebenheiten innerhalb des eigenen Unternehmens. Zu diesen zählen nicht nur die In-
halte der Marketing-Aktivitäten, sondern auch die Prozesse und Strukturen des Marke-
tings. Basierend auf den durch ein Audit gewonnenen Erkenntnissen sind ggf. die Systeme
selbst (bspw. die Marketing-Organisation), die eingesetzten Prozesse und/oder die an-
gestrebten Ziele und eingesetzten Strategien zu überarbeiten.
Zur Erfassung der externen Gegebenheiten können bspw. die im Abschn. 5.2.2 definier-
ten Instrumente der SWOT-Analyse sowie der 5-Forces-Analyse eingesetzt werden. Durch
dieses Scannen der Unternehmensumwelt sollen sich abzeichnende Veränderungen mit
Relevanz für die Ausgestaltung des Marketings i. S. eines Frühwarn- oder besser Früh-
erkennungssystems identifiziert werden. Diesem Vorgehen liegt die Annahme zugrunde,
dass signifikante Veränderungen in Umwelt und Markt (hier bspw. bzgl. der Kunden und
Wettbewerber) nicht abrupt geschehen, sondern sich durch schwache Signale („Weak Si-
gnals“) ankündigen. Schwache Signale können in diesem Zusammenhang bspw. die
zurückgehende Akzeptanz von Medikamentenrückständen in Nahrungsmitteln, eine zu-
nehmende Nachfrage nach Fair-Trade- und Öko-Produkten, der Trend zu kleineren
Familiengrößen oder die alternde Bevölkerung sein.
7.3 Operatives Marketing-Controlling 537

Ein strategisches Marketing-Audit dient der Aufdeckung dieser Signale und leitet
sowohl Chancen als auch Risiken für das Unternehmen ab. Darauf basierend sind
Marketing-­Konzepte zu entwickeln, die ein profitables Wachstum des Unternehmens auch
bei Eintritt der sich ggf. erst schwach abzeichnenden Veränderungen sicherstellt. Diese
zukunftsorientierte Überwachung soll dazu dienen, dass Marketing-Maßnahmen recht-
zeitig und umfassend an Umweltveränderungen angepasst werden.

cc Merk-Box  Ein strategisches Audit soll prüfen, ob ein Unternehmen mit den
richtigen Produkten in den relevanten Märkten zur rechten Zeit und mit den
passenden Strategien tätig ist.

7.3 Operatives Marketing-Controlling

Eine Schwerpunktaufgabe des operativen Marketing-Controllings sind Plan-Ist-­


Vergleiche, die sich auf das „Tagesgeschäft“ konzentrieren. Hierbei werden die erreichten
Marketing-Ergebnisse (Ist) mit den angestrebten Ergebnissen (Soll/Ziel) verglichen, die
im Rahmen der Planungsprozesse festgelegt wurden. Eine zentrale Grundlage hierfür stel-
len die in Kap. 3 präzisierten Zielkonzepte dar. Dazu gehören vor allem die Markenwert-
schöpfungskette und die Balanced Scorecard.
In diesen Bereichen geht es um eine klassische Ergebnisüberprüfung mit der Auf-
gabe, den Zielerreichungsgrad zu ermitteln und ggf. auch eine Ursachenanalyse hierfür
anzustoßen. Erst eine solche Ursachenanalyse ermöglicht einer Organisation, aus den
Erfolgen und Misserfolgen der Vergangenheit zu lernen. Nur so kann eine Optimierung
der Vorgehensweise in der Zukunft sichergestellt werden.
In jedem Fall setzen diese Controlling-Maßnahmen eine fundierte Planung voraus. Nur
wenn präzise Ziele (vgl. zur Formulierung von Zielen Abschn. 3.2) definiert wurden, kön-
nen Kontrollen zur Ermittlung der Wirkungen der angewendeten Strategien und ein-
gesetzten Instrumente durchgeführt werden. Operational formulierte Ziele stellen gleich-
zeitig die relevanten Kontrollgrößen dar. Es kann sich um Gewinn- oder Umsatzziele, um
Vorgaben zu ROI oder ROS bzw. um angestrebte EBIT-Werte handeln. Ein weiteres be-
währtes Instrument, das hier oft eingesetzt wird, ist die in Abschn.  5.2.3.1 vorgestellte
Deckungsbeitragsrechnung.
Im Zuge dieses operativen Controllings werden für jede Zielgröße die erreichten Ist-­
Werte Periode für Periode erhoben und den Soll-Werten gegenübergestellt. Bei allzu gro-
ßen Abweichungen  – auch unterjährig  – sind ggf. Anpassungsmaßnahmen bei den
Marketing-­Aktivitäten selbst notwendig. Dies kann bspw. eine zusätzliche Werbe-
kampagne, eine Weiterentwicklung der Serviceangebote, die Schließung von Filialen oder
die Senkung der Preise sein, um die Ziele noch innerhalb des Jahres zu erreichen.
Sehr viel schwerer ist es für einen Marketing-Manager dagegen, gegenüber dem Vor-
gesetzten Zielanpassungen „nach unten“ durchzusetzen, weil damit die unter-
nehmerische Zielerreichung insgesamt gefährdet werden kann. Wenn allerdings erkennbar
538 7 Marketing-Controlling

ist, dass aufgrund gravierender Veränderungen im Markt eine Zielerreichung nicht mehr
gewährleistet werden kann, sollte zeitnah darüber informiert und Alternativpläne sollten
erarbeitet werden. Die Notwendigkeit für solche Anpassungen kann durch eine unvorher-
gesehene Wirtschaftskrise, eine Pandemie oder eine Umweltkatastrophe wie ein Tsunami
entstehen.

cc Denkanstoß  Probleme und Aufgaben verschwinden nicht dadurch, dass man sie
ignoriert!

Die aus dem Controlling gezogenen Schlussfolgerungen sollten zwingend in spätere


Planungsprozesse einfließen, um einen Closed-Loop-Ansatz sicherzustellen. Hiermit ist
der in Abb. 7.3 gezeigte „geschlossene Kreislauf“ gemeint. Danach sind – basierend auf
präzisen Zielen des Marketings – die entsprechenden Maßnahmen auszuarbeiten und die
dadurch erzielten Ergebnisse zu erfassen. Basierend auf deren Analyse sind Maßnahmen
zur Optimierung abzuleiten, die wiederum in die Ziele des Marketings einmünden sollen.
Es entsteht eine lernende Organisation, die aus den Erfolgen und Misserfolgen der Ver-
gangenheit Konsequenzen zieht und zukünftig entsprechend agiert.

cc Merk-Box  Unter einem Closed-Loop-Ansatz ist ein geschlossener Kreislauf zu


verstehen, der bei den zu erreichenden Zielen beginnt. Um die angestrebten
Ziele zu erreichen, werden entsprechende Maßnahmen abgeleitet. Die
­Umsetzung dieser Maßnahmen führt zu bestimmten Ergebnissen. Diese Ergeb-
nisse sind zu analysieren, um Optimierungsmöglichkeiten zu erkennen. Die
gewonnenen Erkenntnisse können zur Anpassung der Ziele und zur Ent-
wicklung entsprechend optimierter Maßnahmen führen. Dieser geschlossene
Kreislauf liefert einen unverzichtbaren Beitrag für eine lernende Organisation.

Kommt ein operatives Marketing-Audit zum Einsatz, wird bspw. einmal pro Quartal
oder pro Jahr geprüft, ob das Unternehmen mit seinem Marketing-Konzept „auf Kurs“

Ziele
Maßnahmen

Optimierung
Ergebnisse

Erkenntnisse
aus Analysen

Abb. 7.3  Closed Loop des Marketing-Controllings


7.3 Operatives Marketing-Controlling 539

liegt. Dann wird anhand eines Fragenkatalogs analysiert, ob die Marketing-Maßnahmen


hinsichtlich ihrer Effizienz und Effektivität optimal ausgestaltet sind. Darüber hinaus ist es
notwendig, über die genannten Erfolgsgrößen hinaus auch die Funktionalität einzelner
eingesetzter Instrumente zu überprüfen. Dazu können Konzepte eingesetzt werden, die
dem Instrumental-Audit zuzurechnen sind. Bei einem solchen Audit geht es im Kern
darum, die einzelnen Instrumente des Marketing-Diamanten selbst auf ihren z­ ielführenden
Einsatz hin zu überprüfen. Ausgewählte Fragenfelder eines solchen Audits zeigt Abb. 7.4.
Im Kontext der vertiefenden Analyse der Produkt- und Programmpolitik geht es
beim operativen Marketing-Controlling um die Frage, mit welchen Instrumenten die
Attraktivität des unternehmerischen Leistungsangebots überprüft werden kann. Eine be-
währte Methode stellt eine produktbezogene ABC-Analyse dar. Bei dieser werden die
Produkte eines Unternehmens in Abhängigkeit von ihrem Umsatz- oder Deckungsbei-
tragsanteil als Konzentrationskurve (auch Lorenzkurve genannt) dargestellt (vgl. Abb. 7.5).
Um eine solche ABC-Analyse zu erstellen, werden die Produkte nacheinander in diese
Grafik eingetragen. Hierbei beginnt man mit dem Produkt, das den größten Umsatzanteil
auf sich vereint. Dann folgt das Produkt mit dem zweitgrößten Umsatzanteil etc.

 In welchem Ausmaß decken die angebotenen Produkte bzw. Dienstleistungen die


Erwartungshaltungen der Kunden (noch) ab?
Produkt-/  Ist das Produkt-/Dienstleistungsprogramm ausgewogen im Hinblick auf Deckungsbeitrag,
Programmpolitik Umsatzanteil, Innovationsgrad etc.?
 Weist das Produkt-/Dienstleistungsprogramm ausreichend viele neue Angebote auf?
 Differenziert das Produkt-/Dienstleistungsprogramm ausreichend im Wettbewerbsumfeld?

 Ist die Konditionenstruktur für die Kunden ausreichend transparent?


 Wird die Preisdifferenzierung eingesetzt, um unterschiedlichste Zielgruppen für das
Preis-/ Angebot zu gewinnen?
Konditionenpolitik
 Gelingt über die Ausgestaltung der Lieferkonditionen eine Abhebung vom Wettbewerb?
 Welche Wirkungen haben Preis- und Konditionenveränderungen auf Umsatz und Gewinn?

 Verteilen sich die erzielten Umsätze ausgewogen auf verschiedene Distributionskanäle?


 Welche Potenziale in einzelnen Kanälen sind bisher nicht ausgeschöpft?
Distributions-
 Werden Synergien zwischen den einzelnen Kanälen systematisch ermittelt und genutzt?
politik
 Bietet ein Omni-Channel-Vertriebskonzept für die Kunden spezifische Vorteile?
 Stellen die verwendeten Anreizsysteme eine hohe Vertriebsunterstützung sicher?
 Ist die Off- und Online-Kommunikation umfassend miteinander vernetzt („noline“)?
 Werden Kommentare in den sozialen Netzen schnell erkannt und beantwortet?
Kommuni-  Werden die Daten- und Informationsgrundlagen für die Kundenansprache regelmäßig
kationspolitik überprüft?
 Wird jede Kundenansprache vor dem Hintergrund des erreichbaren Kundenwertes
konzipiert?
 Wird bei der Personalauswahl Wert darauf gelegt, wirklich „kundenorientierte“ Mitarbeiter
zu gewinnen?
Personal-  Wird die Marken-, Kunden- und Vertriebsorientierung in allen Schulungen gelehrt?
politik  Werden die Mitarbeiter an der „Kundenfront“ systematisch motiviert?
 Findet eine umfassende Unterstützung der Mitarbeiter an der „Kundenfront“ durch
Systeme statt?

Abb. 7.4  Ausgewählte Fragestellungen eines Instrument-Audits des Marketing-Diamanten


540 7 Marketing-Controlling

Umsatz
100 %

80 %

60 %

40 %
A B C
Produkte Produkte Produkte
20 %

Produkte
20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

Abb. 7.5  ABC-Analyse des Angebotsprogramms

Anhand einer solchen, relativ einfachen Analyse wird deutlich, in welchem Maße ein
Unternehmen von einzelnen Produkten abhängig und wie verwundbar es dementsprechend
ist. Werden – wie in diesem Beispiel – knapp unter 80 % des Umsatzes nur mit 20 % der
Produkte erzielt, muss auf diese A-Produkte besonderes Augenmerk gelegt werden.
Schließlich würden Probleme mit diesen A-Produkten zu gravierenden Umsatzeinbrüchen
führen. Diese Produkte mit besonders hohem Umsatzanteil werden auch als Bread &
Butter-Produkte bezeichnet.
Gleichzeitig ist zu fragen, ob unter den B- und C-Produkten, die heute noch keine
großen Umsatzanteile auf sich vereinen, solche mit Zukunftspotenzial sind. Welche dieser
B- und C-Produkte haben das Potenzial, einmal Bread & Butter-Produkte zu werden?

cc Merk-Box  Eine ABC-Analyse darf nicht statisch angelegt werden, um nur den
Status quo zu ermitteln. Eine ABC-Analyse ist dynamisch auszugestalten. Nur
dann kann es gelingen, Produkte aus dem B- und C-Segment zu zukünftigen
A-Produkten zu entwickeln.

Eine ABC-Analyse kann ebenso bei anderen Fragestellungen wichtige Informationen


liefern. Folgende Einsatzfelder sind relevant:

• Klassifizierung von Kunden


Welches sind die A-Kunden, von denen das Unternehmen heute besonders abhängig
ist? Welche B- und C-Kunden weisen das Potenzial auf, morgen A-Kunden zu sein?
• Klassifizierung von Vertriebskanälen
Welche Vertriebskanäle erwirtschaften heute den größten Umsatz-/Gewinnanteil? Sind
dies eigene oder fremde Vertriebskanäle? Wie können mögliche Abhängigkeiten von
7.3 Operatives Marketing-Controlling 541

einzelnen Vertriebskanälen reduziert werden? Wodurch können besonders wichtige


Vertriebskanäle langfristig gesichert werden?
• Absatzmärkten
Von welchen Absatzmärkten ist das Unternehmen heute besonders abhängig? Wie poli-
tisch bzw. wirtschaftlich gefährdet sind diese Märkte? Welche B- und C-Märkte ­können
systematisch aufgebaut werden, um die Abhängigkeit von den A-Märkten (bspw.
China) zu reduzieren?
• Beschaffungsquellen
Welche Bedeutung kommt bestimmten Beschaffungsquellen zu? Gibt es Quellen, die
mehr als 50 oder 60  % einer Kategorie liefern? Wie gefährdet sind die A-­
Beschaffungsquellen? Können zeitnah alternative Beschaffungswege erschlossen wer-
den? Wie können strategische Lieferanten langfristig an das eigene Unternehmen ge-
bunden werden?

cc Merk-Box  Die Abhängigkeit von bestimmten Produkten, Kunden, Vertriebs-


kanälen, Absatzmärkten und Beschaffungsquellen wird durch die Ermittlung
von Konzentrationseffekten deutlich. Das Ausmaß der erzielten Konzentra-
tionen kann Anlass für eine Gegensteuerung sein, um zu große Abhängigkeiten
abzubauen.

Bei den ABC-Analysen wird das Pareto-Prinzip genannte Phänomen deutlich. Häufig
zeigt sich hier eine 20  %-zu-80  %-Beziehung. Deshalb spricht man auch von der
20:80-­Regel. Die genannte Relation zeigt eine Tendenz an, die bei der Analyse unter-
schiedlichster Konzentrationseffekte immer wieder angetroffen wird. Hierbei geht es al-
lerdings nicht darum, dass exakt die Werte „20“ bzw. „80“ erreicht werden. Diese Werte
zeigen nur ein häufig ermitteltes Resultat an.

cc Merk-Box  Das Pareto-Prinzip wurde übrigens nach seinem Entdecker  – Vil-


fredo Pareto  – benannt. Pareto untersuchte Anfang des 20. Jahrhunderts die
Verteilung des Grundbesitzes in Italien. Er fand heraus, dass ca. 20 % der Be-
völkerung ca. 80 % des Bodens besaßen. Im Jahr 2021 besitzen die 20 % reichs-
ten Deutschen 75,6 % des Netto-­Gesamtvermögens. Eine ähnliche Verteilung
zeigt sich auch bei internationalen Analysen immer wieder – relativ stabil.

Durch eine Kundenanalyse kann sich herausstellen, dass ca. 25 % der Kunden 85 % des
Deckungsbeitrages erzielten. Es wird ggf. auch deutlich, dass 30 % der Kunden 70 % der
„Probleme“ verursachten. Auch kann es vorkommen, dass 80 % der Retouren auf 25 % der
Produkte entfallen. In allen Fällen ist Handlungsbedarf gegeben!

cc Denkanstoß  Prüfen Sie einmal, ob es auch in Ihrem privaten Umfeld Pareto-Effekte


gibt. Gibt es Pareto-Musiktitel, die Sie immer wieder gerne hören? Haben Sie
Pareto-­Kleidungsstücke, die Sie überdurchschnittlich häufig anziehen? Verfügen Sie
542 7 Marketing-Controlling

über Pareto-Freunde, mit denen Sie überdurchschnittlich viel Zeit verbringt? Gibt es
Pareto-Restaurants, in denen Sie überdurchschnittlich häufig essen gehen? Welche
Pareto-Effekte können Sie sonst noch feststellen?

cc Merk-Box  Konzentrationseffekte gibt es überall – beruflich und privat. Wichtig


ist, dass wir aus den gefundenen Konzentrationen die richtigen Entscheidungen
ableiten.

Die Altersstrukturanalyse rundet die Bewertung des Produkt- und Angebots-


programms ab. Hier wird ermittelt, welchen Umsatz- oder Gewinnbeitrag einzelne Pro-
dukte aufweisen und welche Lebenserwartung noch besteht (vgl. Abb. 7.6).
In Abb. 7.6 wird sichtbar, dass der größte Umsatzanteil von zwei Produktgruppen ab-
hängt – konkret A und B. Allerdings weisen diese beiden Gruppen – basierend auf den
Ergebnissen der Marketing-Forschung – nur noch eine geringe Lebenserwartung auf; hier
weniger als drei Jahre. Ursachen für die geringe Lebenserwartung können bspw. erfolg-
reich eingeführte Ersatzprodukte oder Nachfolgetechnologien sein. Deshalb sind aus dem
restlichen eigenen Programm solche Produkte zu identifizieren, die die Umsatz- bzw. die
Gewinnnachfolge antreten können. Sind solche Produkte nicht zu finden, ist unverzüglich
ein Innovationsprozess zu starten, um die absehbaren Umsatz- und Gewinnausfälle durch
neue Angebote zu kompensieren.
Durch derartige Analyseinstrumente sind die Erfolgsträchtigkeit sowie das Zukunfts-
potenzial des Angebotsprogramms kontinuierlich zu überwachen. Wenn Handlungs-
bedarfe sichtbar werden, kann unmittelbar in den skizzierten Innovationsprozess ein-
gestiegen werden. Die Marketing-Planung ist dann entsprechend anzupassen.

Produktgruppe A 2

Produktgruppe B 7

Produktgruppe C 38

Produktgruppe D 5

Produktgruppe E
9

40 30 20 10 1 2 3 4 5

Umsatz-/Gewinnbeitrag in % Lebenserwartung in Jahren

Abb. 7.6  Altersstrukturanalyse eines Produktprogramms (in den Balken „Anzahl der Produkte“)
7.3 Operatives Marketing-Controlling 543

Eine spezifische Ausprägung kann das operative Marketing-Controlling als Vertriebs-­


Controlling erfahren (vgl. mit Schwerpunkt auf der Sortimentsanalyse). Hierbei können
bspw. die folgenden Fragen im Zentrum stehen:

• Umsatz/Deckungsbeitrag je Absatzkanal
• Umsatz/Deckungsbeitrag je Vertriebsmitarbeiter/je Vertriebsregion
• Anzahl der Kundenkontakte je Vertriebsmitarbeiter
• Anzahl der Reklamationen je Vertriebsmitarbeiter
• Anzahl der Neukunden je Vertriebsmitarbeiter
• Akquisitionskosten je Neukunde und je Vertriebsmitarbeiter
• Gewährte Preisnachlässe je Vertriebsmitarbeiter
• Relation der Mitarbeiter im Vertriebs-Innen- und Vertriebs-Außendienst

cc Merk-Box  Jeder Teilbereich des Marketings  – sowohl auf strategischer wie


auch auf operativer Ebene  – ist regelmäßig im Hinblick auf den erbrachten
Mehrwert für das Unternehmen zu hinterfragen. Nur auf diese Weise kann
sichergestellt werden, dass Marketing nicht als „Cashburner“ erlebt wird.
Wenn die erwirtschafteten Leistungsbeiträge sicht- und damit auch
dokumentierbar werden, kann sich Marketing als zentraler Werttreiber des
Unternehmens positionieren.

Was es zu behalten gilt

• Das Marketing-Controlling ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Marketing-­


Managements.
• Marketing-Controlling deckt strategische und operative Fragestellungen ab.
• Das Marketing-Controlling weist vier Funktionen auf: Informationsfunktion,
Planungsfunktion, Koordinationsfunktion und Kontrollfunktion.
• Die Ergebniskontrolle ist folglich nur ein Bestandteil des Marketing-­
Controllings – wenn auch ein sehr wichtiger.
• Es ist zwischen deskriptiven Analysen (Description, Reporting), diagnostischen
Analysen (Inspection), prädiktiven Analysen (Prediction) und präskriptiven Ana-
lysen (Prescription, Empfehlungen) zu unterscheiden.
• Ein Marketing-Audit kann auf der strategischen sowie auf der operativen
Marketing-­Ebene eingesetzt werden.
• Das Produktprogramm eines Unternehmens ist hinsichtlich seiner langfristigen
Attraktivität kontinuierlich zu bewerten.
• Das Pareto-Prinzip, das Konzentrationen verdeutlicht, findet sich im unter-
nehmerischen wie im privaten Umfeld wieder.
544 7 Marketing-Controlling

Fragen zur Überprüfung Ihres Wissensstandes

1. Wie lässt sich Marketing-Controlling kennzeichnen?


2. Wie ordnet sich das Marketing-Controlling in das Unternehmens-Controlling ein?
3. Wodurch unterscheidet sich das strategische vom operativen Controlling?
4. Welche Funktionen des Marketing-Controllings werden unterschieden?
5. Welche Konzepte des Controllings werden für die verschiedenen Fragestellungen
verwendet?
6. Was versteht man unter dem „Closed-Loop-Ansatz“? Welche Bedeutung kommt
diesem zu?
7. Was versteht man unter Marketing-Audit? Welche Arten werden hier unter-
schieden?
8. Was ist ein Instrumental-Audit? Welche Erkenntnisse lassen sich durch ein solches
gewinnen?
9. Welche Aussagen lassen sich durch die ABC-Analyse ermitteln? Wie sind diese zu
interpretieren?
10. Was versteht man unter dem Pareto-Prinzip? Welche Bedeutung kommt diesem zu?
11. Wo lässt sich das Pareto-Prinzip überall beobachten?
12. In welchen Feldern  – außerhalb der Produkt- und Programmpolitik  – kann die
ABC-Analyse ebenfalls genutzt werden?
13. Führen Sie eine ABC-Analyse auf Kundenbasis mit folgendem umsatzbezogenen
Datensatz durch: Kunde 1: 25.000 €, Kunde 2: 8000 €, Kunde 3: 14.000 €, Kunde
4: 5000 €, Kunde 5: 70.000 €, Kunde 6: 12.000 €, Kunde 7: 43.000 €, Kunde 8:
2500 €. Welche Erkenntnisse lassen sich daraus ableiten? Welche Gefahren sind
mit dieser umsatzbezogenen ABC-Analyse verbunden?
14. Ihre Aufgabe ist die Durchführung einer Absatzsegmentrechnung nach Regionen.
Folgender Datensatz ist zugrunde zu legen: Die Umsatzerlöse verteilen sich wie
folgt: Region A: 800.000  €, Region B: 1.200.000  €, Region C: 600.000  €. Die
Materialeinzelkosten für die drei Regionen belaufen sich auf 300.000 € und sollen
umsatzproportional zugerechnet werden. Der harte Wettbewerb in Region B hat
hier eine zusätzliche Werbekampagne für 100.000 € erforderlich gemacht. In jeder
Region arbeitet ein Vertriebsmitarbeiter. Deren Kosten belaufen sich auf 100.000 €
(A), 95.000  € (B) und 84.000  € (C). Das Gehalt des Gesamtvertriebsleiters von
160.000 € soll zu gleichen Teilen auf alle Regionen verteilt werden. Welche Region
erzielt den höchsten Gewinn?
15. Welche Relevanz hat die Altersstrukturanalyse für produkt- und programm-
politische Entscheidungen? Wie ist diese Analyse aufgebaut?
16. Welche Fragestellungen können im Zuge eines Vertriebs-Controllings be-
arbeitet werden?
Literatur 545

Literatur

Becker, J. (2019). Marketing-Konzeption. Grundlagen des ziel-strategischen und operativen


Marketing-­Managements (11. Aufl.). Vahlen.
Ehrmann, H. (2016). Marketing-Controlling (5. Aufl.). Kiehl.
Halfmann, M. (2017). Marketing-Controlling. Springer Gabler.
Kohlert, H. (2013). Marketing-Audit – Überprüfung der Leistungsfähigkeit im Marketing techni-
scher Unternehmen. In G. Hofbauer, A. Pattloch & M. Stumpf (Hrsg.), Marketing in Forschung
und Praxis (S. 999–1009). Uni-Edition.
Krause, H.-U., & Arora, D. (2010). Controlling-Kennzahlen. Key Performance Indicators (2. Aufl.).
De Gruyter.
Kreutzer, R. T. (2021). Toolbox für Digital Business. Springer Gabler.
Meffert, H., Burmann, C., Kirchgeorg, M., & Eisenbeiß, M. (2019). Marketing, Grundlagen markt-
orientierter Unternehmensführung. Konzepte – Instrumente – Praxisbeispiele (13. Aufl.). Sprin-
ger Gabler.
Reinecke, S. (2021). Marketingcontrolling. Springer Gabler Verlag (Hrsg.), Gabler Wirtschafts-
lexikon. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/marketingcontrolling-­41129/version-­264500.
Zugegriffen am 25.05.2021.
Zerres, C. (Hrsg.). (2021). Handbuch Marketing-Controlling: Grundlagen – Methoden – Umsetzung
(5. Aufl.). Springer Gabler.
Marketing-Organisation
8

„Structure follows strategy.“


Alfred Chandler
„Structure leads to strategy.“
Manager-Weisheit

Lernziele
Fähigkeit,

• zu erkennen, dass es „die“ optimale Organisationsform nicht geben kann


• zwischen Ablauf- und Aufbauorganisation zu unterscheiden
• zu verstehen, welche Prozesse zur Ablauforganisation zählen
• verschiedene Konzepte zur Ausgestaltung der Aufbauorganisation zu
unterscheiden
• Gestaltungselemente der Aufbauorganisation anzuwenden
• verschiedene Arten der Marketing-Organisation zu unterscheiden

Elektronisches Zusatzmaterial Die elektronische Version dieses Kapitels enthält Zusatzmaterial,


das berechtigten Benutzern zur Verfügung steht. https://doi.org/10.1007/978-­3-­658-­35307-­0_8.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2022 547
R. T. Kreutzer, Praxisorientiertes Marketing,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-35307-0_8
548 8 Marketing-Organisation

8.1 Grundlagen der Unternehmensorganisation

Aufgrund der genannten Zitate wird deutlich, dass die Organisationsform eines Unter-
nehmens in unmittelbarem Bezug zu den Unternehmenszielen und damit auch zur
Unternehmensstrategie steht. Deshalb kann es keine „optimale Organisationsform“
geben. Bei der Organisation geht es darum, das Unternehmen bei der Erreichung der je-
weiligen Ziele sowie der Umsetzung der Strategie bestmöglich zu unterstützen. Aufgrund
dieser Abhängigkeiten ist die Organisationsform eines Unternehmens nicht statisch. Ver-
ändern sich die Ziele und/oder Strategien eines Unternehmens in größerem Maße, muss
häufig die Organisation des Unternehmens angepasst werden.
Dieser Prozess der Weiterentwicklung einer Organisation wird als Um- bzw. Re-
strukturierung oder auch als Reorganisation bezeichnet (vgl. grundlegend zur Organi-
sation Frese et  al., 2019; Kieser & Ebers, 2019; Kieser & Walgenbach, 2010; Rahn &
Mintert, 2019; Schreyögg & Geiger, 2015; vertiefend zum Change-Management Kreutzer,
2018, 2021, S. 247–267).

8.2 Unternehmerische Ablauf- und Aufbauorganisation

Jedes Unternehmen benötigt eine interne Struktur, um die komplexen Aufgaben, die sich
aus den Unternehmenszielen und damit auch aus der Strategie ableiten, so effizient und
effektiv wie möglich zu bewältigen. Diese Aufgabenstellungen unterteilt man sowohl pro-
zessual als auch im Hinblick auf die damit zu betrauenden organisatorischen Einheiten am
besten in mehrere Komponenten. So können Aufgaben schneller und ggf. besser gelöst
werden. Bei dieser Unterstützung ist zunächst zwischen der Ablauf- und der Aufbau-
organisation zu unterscheiden.
Unter Ablauforganisation sind Prozesse zu verstehen, die komplexe Aufgaben in
Arbeitsschritte aufteilen. Hierdurch soll eine bessere Handhabbarkeit erreicht werden.
Hierzu zählen bspw. die in Abb. 1.4 genannten Aktivitäten der Marketing-Forschung, des
Marketing-­Controllings sowie die Marketing-Planung. Hier gilt es, unternehmensintern
festzulegen, wie bspw. der Planungs- und Controlling-Prozess in einem in über 200 Län-
dern tätigen Unternehmen wie Coca-Cola im Vergleich zu einem stationären Einzel-
händler wie Maria Büscher Koffer & Lederwaren, München, auszugestalten ist.
An diesen beiden Beispielen wird deutlich, dass die jeweils zu bewältigende Komplexi-
tät extrem unterschiedlich ausfällt. Ein Beispiel für einen komplexeren Planungsprozess
bei der Kommunikation zeigt Abb. 5.56. Wie unterschiedlich ein Planungsprozess generell
ausgestaltet sein kann, ist in Abschn. 2.1.1 dargestellt.
Parallel zur Ausgestaltung der Ablauforganisation eines Unternehmens ist die Aufbau-
organisation zu entwickeln. Gegenstand der Aufbauorganisation ist die Schaffung ver-
schiedener organisatorischer Einheiten. Hier sind bspw. Divisionen, Bereiche, ­Abteilungen
8.2 Unternehmerische Ablauf- und Aufbauorganisation 549

oder Stabsstellen zu unterscheiden. Derartige Definitionen können sich an den in


Abschn. 2.1.2 vorgestellten strategischen Geschäftseinheiten orientieren.
Diesen organisatorischen Einheiten werden Aufgaben, Kompetenzen und Ver-
antwortung zugewiesen. Die Aufgaben können sich auf Marketing, den Einkauf, den
Vertrieb, die Produktion, das Personalwesen oder das Controlling beziehen. Zur Er-
reichung der Ziele werden den organisatorischen Einheiten die erforderlichen Ressourcen
zugewiesen. Neben Mitarbeitern und Budget sind dies bspw. auch Büro- oder Produktions-
flächen und Technologien.
Zusätzlich ist im Rahmen der Aufbauorganisation festzulegen, an welcher Stelle im
organisatorischen Hierarchiegefüge die einzelnen organisatorischen Einheiten zu plat-
zieren sind. Eine visuelle Darstellung der Unternehmensstruktur wird Organigramm ge-
nannt. In diesem Organigramm werden die verschiedenen Hierarchieebenen sichtbar (vgl.
Abb. 8.1). Es gilt, dass die größere Nähe einer Organisationseinheit zur Unternehmens-
führung in einem solchen Organigramm ein Indikator für die größere Bedeutung dieser
Einheit darstellt.
Innerhalb eines Organigramms spricht man von Linien- und Stabsstellen. Manager, die
für eine Linienstelle verantwortlich sind, werden Linienmanager genannt. Sie verfügen
gegenüber den nachgeordneten Organisationseinheiten über ein Weisungsrecht. Dieses
wird auch disziplinarische Führungsverantwortung genannt. Sie umfasst nicht nur die
Definition und Kontrolle von Aufgaben für die nachgelagerten Einheiten, sondern schließt
auch Einstellungen, Beförderungen und Entlassungen ein. Auch die Festlegung der Ver-
gütung für die unmittelbar unterstellten Mitarbeiter – meist in enger Abstimmung mit dem
Personalbereich – gehört zur disziplinarischen Führungsverantwortung. Diese disziplina-
rische Führungsverantwortung ist im Organigramm in Abb. 8.1 durch die senkrecht nach
unten führenden Linien verdeutlicht.

Unternehmens-
führung
Ebene 1
Stabsstelle Recht
Europa Asien Amerika
Ebene 2

Westeuropa Osteuropa Nordamerika Südamerika

Ebene 3

Beschaffung Produktion Controlling Marketing Personal


Ebene 4

Ebene n

Abb. 8.1  Organigramm eines Unternehmens


550 8 Marketing-Organisation

Parallel zu Linienstellen werden in größeren Unternehmen vielfach auch Stabsstellen


definiert. Die für diese verantwortlichen Manager (Stabsstellenmanager) haben gegen-
über den Organisationseinheiten, denen sie zugeordnet sind, nur eine beratende Funktion.
Sie werden oft geschaffen, um Linienmanager zu entlasten und in bestimmten Aufgaben-
bereichen zu beraten. In Abb.  8.1 ist ersichtlich, dass die Stabsstelle Recht der Unter-
nehmensführung disziplinarisch untergeordnet ist. Dies ist an der durchgezogenen Linie
zu erkennen. Gleichzeitig wird sichtbar, dass die Stabsstelle Recht gegenüber den Be-
reichen „Europa“, „Asien“ und „Amerika“ nur eine beratende Funktion ohne disziplinari-
sche Weisungsbefugnis verfügt. Dies ist an der gepunkteten Linie (auch „dotted line“ ge-
nannt) zu erkennen. Werden in einem Unternehmen neben den Linienverantwortlichkeiten
auch Stabsstellen definiert, spricht man von einer Stab-Linien-Organisation.
Solche Stabsstellen decken typischerweise Aufgabenbereiche ab, die außerhalb der
Kernkompetenzen der Linienmanager liegen und/oder einen hohen zeitlichen Aufwand
mit sich bringen, den der Linienmanager nicht leisten kann. Vielfach finden sich in den
Unternehmen die folgenden Stabsstellen:

• Stabsstelle „Recht“
Hier erfolgt die rechtliche Beratung anderer Abteilungen und Bereiche des Unter-
nehmens, etwa im Hinblick auf die Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung.
• Stabsstelle „Strategische Planung“
Diese unterstützt die gesamte Organisation beim Planungsprozess, bspw. durch die
Durchführung strategischer Analysen (etwa SWOT-Analyse, Benchmarking).
• Stabsstelle „PR“
Der Bereich Public Relations wird häufig als Stabsstelle der Unternehmensführung
ausgestaltet. Eine Weisungsfunktion gegenüber den anderen Organisationseinheiten
hat die PR-Einheit dann nicht.

Neben diesen spezialisierten Stabsstellen („Spezialisten“) gibt es auch eher generalis-


tisch angelegte Stabsstellen. Dies ist bspw. bei Assistenten der Geschäftsführung/des Vor-
stands oder bei Team-Assistenten der Fall („Generalisten“). Sowohl bei den Spezialisten
wie auch bei den Generalisten liegt eine qualifizierte Zuarbeitsfunktion vor. Eine Weisungs-
befugnis gegenüber anderen Einheiten ist nicht gegeben.

cc Merk-Box  Auch ohne eine Weisungsbefugnis der Stabsstellen sind Linien-


manager gut beraten, sich mit solchen Stabsstellen „gut zu stellen“. Diese Stabs-
stellen weisen häufig einen direkten Zugang zu wichtigen Entscheidungs-
trägern im Unternehmen auf. Eine qualifizierte Zusammenarbeit kann deshalb
für die eigene Entwicklung im Unternehmen wichtig sein.

Unternehmen sehen sich nur in der Gründungsphase mit der Aufgabe konfrontiert,
eine Unternehmensorganisation erstmalig „am grünen Tisch“ zu planen. Meistens domi-
nieren in dieser Anfangsphase bei Start-ups allerdings andere Themenstellen als die der
8.2 Unternehmerische Ablauf- und Aufbauorganisation 551

Organisationsform. Dann sind häufig zunächst „viele für vieles“ verantwortlich. Ein-
deutige Aufgabenbeschreibungen für Organisationseinheiten und Stellenprofile für
Mitarbeiter (auch Stellenbeschreibungen genannt) fehlen dagegen. Mit zunehmender
Unternehmensgröße werden die „Schmerzen“ einer fehlenden Organisationsstruktur
sichtbar und führen zur notwendigen Professionalisierung durch die Entwicklung einer
Unternehmensorganisation.
Bei schon etablierten Unternehmen entsteht – wie bereits angedeutet – die Notwendig-
keit einer Reorganisation oder Umstrukturierung, wenn Unternehmensziele verändert
und neue strategische Ausrichtungen erarbeitet werden. Dann ist die Ablauf- und Aufbau-
organisation entsprechend anzupassen.

cc Merk-Box  Es gibt nicht den einen besten Weg, ein Unternehmen zu struk-
turieren.

Die im Zuge eines Reorganisations-Prozesses getroffenen Entscheidungen beeinflussen


sich gegenseitig und bringen jeweils Vor- und Nachteile mit sich. Man spricht auch von
Trade-offs. Da Unternehmen nur im Abstand von mehreren Jahren solche Um-
strukturierungen vornehmen, lassen sie sich häufig von Consulting-­Unternehmen be-
gleiten. Diese wiesen meist mehr Erfahrungen beim Management solcher Veränderungs-
prozesse auf. Häufig werden auch Personalberatungen eingeschaltet, um zu ermitteln,
welche der eigenen Führungskräfte für einen nächsten Karriereschritt das höchste Poten-
zial aufweisen. Welche Entscheidungen zu treffen sind und welche Faktoren darauf Ein-
fluss ausüben, zeigt Abb. 8.2.
Die Art der primären Organisationsform wird definiert durch das Kriterium, nach
dem ein Unternehmen auf der höchsten oder zweithöchsten Führungsebene strukturiert
ist. Die zweithöchste Hierarchieebene ist zu betrachten, wenn – wie dies in Abb. 8.1 der
Fall ist – die höchste Führungsebene selbst nicht weiter untergliedert ist. In Abhängigkeit
von den gewählten Kriterien ist zwischen den folgenden Konzepten zu unterscheiden:

• Produkt: produktbezogene Organisation


• Funktion: funktionale Organisation
• Region: regionale Organisation
• Kunden: kundenorientierte Organisation

Werden bei der Ausgestaltung der Aufbauorganisation zwei Kriterien gleichzeitig ein-
gesetzt, wird diese Matrix-Organisation genannt. Kommen sogar drei Kriterien zur An-
wendung, liegt eine Tensor-Organisation vor. Dies ist aber nur selten der Fall.
Eine produktbezogene Organisation liegt in Abb. 8.3 vor. Diese wird auch divisio-
nale Organisation oder Spartenorganisation genannt. Das Unternehmen ist hier auf der
zweiten Hierarchieebene nach Produkten oder Produktgruppen in Divisionen auf-
gegliedert. Dadurch werden sämtliche Funktionen, die mit einer bestimmten Produkt-
gruppe verbunden sind, organisatorisch zusammengeführt.
552 8 Marketing-Organisation

Einflussfaktoren der Organisationsentwicklung Entscheidungsfelder

 Vision, Purpose, Ziele, Strategie  Primäres Organisationskriterium als Basis der


Abteilungsbildung auf der obersten Führungsebene
 Größe des Unternehmens (Anzahl der Mitarbeiter, der (produktbezogen, funktional, regional und/oder
Niederlassungen, der betreuten Länder; Umsatzhöhe) kundenbezogen)

 Leistungstiefe des Unternehmens (bspw. F&E,  Eindimensionale vs. mehrdimensionale Struktur (bspw.
Beschaffung, Produktion, Marketing, Vertrieb, Logistik) Matrix-, Tensor-Organisation)

 Internationalisierungsgrad (Anzahl der betreuten  Anzahl der Hierarchieebenen (flache vs. tiefe
Länder, Art des Engagements in verschiedenen Hierarchie)
Ländern, bspw. mit F&E, Beschaffung, Produktion,
Marketing, Vertrieb)  Größe der Kontrollspanne i. S. der Anzahl der
Direktreports, die eine Führungskraft haben soll
 Unternehmens-/Führungskultur, „Historie des
Unternehmens“, Ausrichtung des Vorstands, der  Festlegung der hierarchischen Über - und
Geschäftsleitung Unterordnung, (d. h. wer berichtet an wen und wer
darf an wen delegieren?)
 Komplexität des Produkt-/Dienstleistungs-Portfolios
(Anzahl der Marken bzw. der Produktlinien,  Ausmaß der Zentralisierung der Entscheidungsfindung
Beratungsintensität des Angebots etc.) (Grad, zu dem die Entscheidungsgewalt an einem
Punkt im Unternehmen gebündelt ist, etwa in der
 Art/Beschaffenheit des Produkt-/Dienstleistungs- Zentrale) bzw. Dezentralisierung der
Portfolios (Konsumgüter, Industriegüter und/oder Entscheidungsfindung (hier wird diese an Mitarbeiter
Dienstleistungen) auf niedrigeren hierarchischen Ebenen und/oder in
anderen Niederlassungen, bspw. im Ausland,
 Konkurrenzsituation und dadurch bedingt notwendige delegiert)
Schnelligkeit der Entscheidungsfindung
 Formalisierungsgrad, in dem zentrale Regeln,
 Erwartungen der Mitarbeiter (Motivationsfaktoren wie Richtlinien und Vorschriften zu den verschiedenen
flache Hierarchien, schnelle Entscheidungswege, Verhaltensbereichen eines Unternehmens definiert
große Verantwortung, agiles Management, Empowerd werden (bspw. zum Thema Compliance,
Teams) Nachhaltigkeit, aber auch zum Dresscode)

Abb. 8.2  Einflussfaktoren und Entscheidungsfelder der Organisationsentwicklung

Unternehmens-
führung
Ebene 1
Stabsstelle
Controlling
Pkw Dienstleistungen Lkw
Ebene 2

Produktion Markeng Produkon Markeng

Ebene 3

Ebene 4

Abb. 8.3  Grundform einer produktbezogenen Organisation

Am Beispiel „Pkw“, „Lkw“ und „Dienstleistungen“ in Abb. 8.3 kann diese Notwendig-


keit gut nachvollzogen werden. Die Anforderungen an Produktion, Marketing und Ver-
trieb unterscheiden sich zwischen diesen drei Produktgruppen häufig sehr stark. Die nach
Produkten bzw. Produktgruppen definierten Einheiten werden häufig als Profit Center
geführt, weil sie eigene Märkte bearbeiten (vgl. Abschn. 2.1.2).
8.2 Unternehmerische Ablauf- und Aufbauorganisation 553

In Summe kann festgestellt werden, dass die Spezialisierung auf Produkte zu einer
schlechteren Nutzung von Synergien zwischen den verschiedenen Produktdivisionen
führt, da in diesem Beispiel alle Einheiten über einen eigenen Marketing-Bereich ver-
fügen. Die Stabsstelle Controlling kann hier einen wichtigen Beitrag leisten, um diesen
Defiziten Grenzen zu setzen. Allerdings kann häufig auch festgestellt werden, dass eine
innerbetriebliche Leistungsverflechtung nur in geringem Umfang besteht. Die Abb.  8.3
zeigt, dass unterhalb der nach Produkt gegliederten Organisation ein anderes Kriterium für
die weitere Aufgliederung eingesetzt wird, hier bspw. die nach Funktionen.
Eine funktionale Organisation zeigt Abb. 8.4. Die Abteilungen werden hier nach den
wahrgenommenen Funktionen gebildet, also bspw. nach Beschaffung, Produktion, Marke-
ting und Controlling.
Auch eine Organisation nach Funktionen hat verschiedene Vor- und Nachteile. Das Ziel
einer solchen Struktur liegt darin, gleichartige Tätigkeiten zusammenzuführen. Durch eine
Bündelung der fachlichen Kompetenzen soll ein hoher Spezialisierungsgrad innerhalb der
jeweiligen Abteilung erreicht werden. So können funktionale Synergien in hohem Maße
ausgeschöpft werden. Hier betreut die Marketing-Abteilung alle Produktbereiche. Eine
Gefahr besteht darin, dass die Marketing-Generalisten die Spezifika der einzelnen
Leistungsfelder nicht beherrschen und deshalb auch nur „durchschnittlich gut“ be-
treuen können.
Ein stärker vernetztes Denken kann durch eine intensive Kommunikation erreicht wer-
den. Hierzu sind bspw. Projektteams und Arbeitsgruppen einzurichten. Zusätzlich kann
die Ablauforganisation die funktionalen Organisationseinheiten durch eine prozessuale
Verknüpfung zu einer intensiven Zusammenarbeit „zwingen“. Bei der funktionalen Orga-
nisation liegt bei Beschaffung, Produktion und Controlling meist ein Cost Center vor.
Diese Bereiche werden über Budgets geführt. Nur im Marketing bzw. im Vertrieb können
oft unmittelbare Umsatzerlöse erzielt werden, sodass hier die Profit-Center-Lösung ge-
nutzt werden kann (vgl. Abschn. 2.1.2).

Unternehmens-
führung
Ebene 1

Beschaffung Produktion Marketing Controlling


Ebene 2

Verpackungs-
komponenten Rohstoffe ProduktA ProduktB

Ebene 3

Ebene 4

Abb. 8.4  Grundform einer funktionalen Organisation


554 8 Marketing-Organisation

Eine regionale Organisation war schon in Abb. 8.1 zu sehen. Die Abteilungen werden
hier nach den betreuten Regionen gebildet, also bspw. nach Europa, Asien und Amerika.
Die Ebene 3 in Abb. 8.1 ist in der Realität natürlich wesentlich komplexer als im Schaubild
angedeutet. Denn nicht nur Nordamerika ist auf die Funktionen Beschaffung, Produktion,
Marketing, Controlling und Personal angewiesen, sondern auch alle anderen Regionen. In
diesem Modell werden jedoch kaum Synergien gehoben, da jede Unit ihren eigenen Ein-
kauf, eine eigene Produktion und eine eigene Vermarktung aufbaut.
Ein Vorteil der Organisation nach Regionen ist, dass sich alle Unternehmenseinheiten
besser auf die regionalen Gegebenheiten einstellen können. Dieser regionale Fokus kann
allerdings dazu führen, dass länder- bzw. regionenübergreifende Synergien  – wie be-
schrieben  – nicht gesehen und deshalb auch nicht ausgeschöpft werden können. Fehlt
dann auch noch ein regionenübergreifender Informationsaustausch, kann es zu kosten-
intensiven Parallel-Entwicklungen kommen. Auch hier gilt es, durch die Ablauf-
organisation – bspw. im Rahmen von Planungs- und Controlling-Prozessen – diese Nach-
teile auszugleichen.
Eine kundenorientierte Organisation ist in Abb. 8.5 zu finden. Die Abteilungen wer-
den hier nach Kundengruppen gebildet. Unternehmen, die im B2B- und B2C-Markt
gleichzeitig tätig sind, unterscheiden dann bspw. zwischen Unternehmenskunden und
Konsumenten. Hierdurch gelingt es in besonderem Maße, eine Ausrichtung auf die spezi-
fischen Kundenbedürfnisse sicherzustellen. Eine solche Aufteilung wird häufig bei Be-
ratungsunternehmen sowie bei Banken (private Anleger, institutionelle Anleger, andere
Unternehmen) eingesetzt.
In Summe wird deutlich, dass es keine Überlegenheit einer Organisationsform geben
kann. Die Gliederung nach den Kriterien Produkt, Region oder Kundengruppe führt dazu,
dass sehr einfach festgestellt werden kann, wie profitabel die einzelnen Geschäftsfelder
sind. Allerdings bleiben hier in hohem Maße die schon angesprochenen Synergieeffekte
durch die Duplizierung von Aufgaben ungenutzt. So muss ein Regionalleiter bei dem in
Abb. 8.1 gezeigten Organigramm den kompletten Fertigungs- und Vermarktungsprozess

Unternehmens-
führung
Ebene 1
Stabsstelle
Controlling
Kundengruppe 1 Kundengruppe 2 Kundengruppe 3
Ebene 2

Produktion Marketing Produktion Marketing

Ebene 3

Ebene 4

Abb. 8.5  Grundform einer kundenbezogenen Organisation


8.3 Ausgestaltung der Marketing-Organisation 555

Unternehmens-
führung

Beschaffung Produktion Marketing Controlling

Westeuropa

Osteuropa

Nordamerika

Südamerika

Abb. 8.6  Grundform einer Matrixorganisation

seiner Produkte oder Dienstleistungen aufbauen und überwachen. Hiermit kann Parallel-
arbeit im Gesamtunternehmen verbunden sein. Gleichzeitig kann es zu einem umfassenden
internen Wettbewerb zwischen den Bereichen kommen, die zum einen die Leistungsstärke
erhöhen, gleichzeitig aber auch zu einer Ressourcenverschwendung führen können.
Die Matrixorganisation verknüpft – wie bereits angedeutet – zwei verschiedene Kri-
terien. Wie in Abb.  8.6 gezeigt, kann diese Form bspw. anhand der Verknüpfung von
­Funktionen und Regionen gebildet werden. Es können ebenso Funktionen und Produkte
oder Produkte und Regionen miteinander kombiniert eingesetzt werden.
Eine Besonderheit der Matrixorganisation ist das Entstehen eines Mehrliniensystems.
Ein Mitarbeiter ist nicht nur einem, sondern zwei weisungsbefugten Managern unter-
geordnet. Die Manager, die an den Schnittpunkten der Zuordnungslinien tätig sind, müs-
sen aufgrund dieser „Sandwich-Position“ gleichsam „zwei Herren“ dienen. Hierdurch
werden Konfliktbereiche durch Kompetenzüberschneidungen bewusst institutionalisiert,
um die Betroffenen zu kreativen Lösungen herauszufordern. In Summe sollen dadurch
Ressortegoismen überwunden und eine höhere – über den eigenen Tellerrand der Region,
des Produktes oder der Funktion hinausgehende  – Entscheidungsqualität sicher-
gestellt werden.

cc Denkanstoß  Prüfen Sie einmal, wie die Organisation ausgestaltet ist, in der Sie
arbeiten. Versuchen Sie ein Organigramm für das gesamte Unternehmen zu be-
kommen. Versuchen Sie, in diesem die hier beschriebenen Elemente zu entdecken.

8.3 Ausgestaltung der Marketing-Organisation

Die Marketing-Organisation selbst regelt, wie die Aufgaben des Marketings unter-
nehmensintern organisiert werden. Es können die gleichen Organisationsprinzipien ein-
gesetzt werden, die schon diskutiert wurden. Abb. 8.7 stellt eine funktionale Marketing-­
556 8 Marketing-Organisation

Marketing Stabsstelle
Controlling

Werbung/ Marketing-
Vertrieb Kundendienst Forschung
Verkaufsförderung

Online Offline Region Süd Region Nord

Abb. 8.7  Grundform einer funktionalen Marketing-Organisation

Stabsstelle Stabsstelle
Marketing- Marketing
Controlling
Forschung

Marke 1 Marke 2 Marke 3 Marke 4

Produkt- Werbung Verkaufsförderung


entwicklung Vertrieb

Abb. 8.8  Grundform einer produktorientierten Marketing-Organisation

Organisation dar. Hier werden die Aufgaben Werbung/Verkaufsförderung, Vertrieb,


Kundendienst und Marketing-Forschung verschiedenen Organisationseinheiten zu-
gewiesen. Während sich Werbung/Verkaufsförderung weiter – wenig überzeugend – nach
Online- und Offline-Instrumenten gliedert, wird der Außendienst nach Regionen auf-
geteilt. Die Funktion des Marketing-Controllings ist hier als Stabsstelle ausgelegt, die die
Marketing-­Leitung unterstützt.
Die Marketing-Organisation kann auch nach Produkten bzw. nach Produktgruppen oder
Marken ausgestaltet werden, wie dies in Abb.  8.8 der Fall ist. Hier liegt eine produkt-
orientierte Marketing-Organisation vor. Bei dieser Organisationsform kommt dem
Produktmanager häufig eine zentrale Stellung zu. Dieser hat alle auf diese Produkte und/
oder Marken abzielenden Aktivitäten zu bündeln und zu einem konsistenten Marktauftritt
zusammenzuführen. Hierdurch wird eine hohe Marktnähe erreicht und sichergestellt, weil
der Produktmanager unmittelbar anhand des Erfolgs „seiner Marke“ bewertet werden kann.
Die produktorientierte Organisation stellt die konsequente Unterstützung einer Marken-
artikelstrategie sicher. Hierbei kann es passieren, dass verschiedene Aufgaben innerhalb
dieser Organisationsform u. U. doppelt ausgelegt werden müssen. Um bspw. die Funktion
„Marketing-Forschung“ nicht für jedes Produkt gesondert installieren zu müssen, ist diese
Funktion hier als Stabsstelle ausgestaltet. Durch den starken Produkt-/Marken-­Fokus sind
Konflikte mit den anderen Funktionsbereichen – bspw. der Produktion oder dem Einkauf –
8.3 Ausgestaltung der Marketing-Organisation 557

vorprogrammiert. Außerdem kann es passieren, dass der Produktmanager seine Ergeb-


nisse – auch auf Kosten des Gesamtunternehmens – zu optimieren versucht. Dem kann
eine Stabsstelle Controlling entgegenwirken.
Wird die Marketing-Organisation nach Kundengruppen gebildet, wie dies in Abb. 8.9
der Fall ist, liegt eine kundenorientierte Marketing-Organisation vor. Dabei kann
bspw. zwischen Privat- und Gewerbekunden oder zwischen Großverbrauchern,
­Weiterverarbeitern und Endkunden unterschieden werden. Es kann auch eine Gliederung
nach Groß- und Kleinkunden erfolgen. Erfahren Großkunden eine besondere Betreuung
durch dafür verantwortliche Manager, wird von einem Key-Account-Management ge-
sprochen (vgl. Abschn. 5.3.2.1).
Bei der kundenorientierten Marketing-Organisation wird eine konsequente Ausrichtung
des Marketings an den spezifischen Anforderungen der unterschiedlichen Kundenseg-
mente sichergestellt. Auch hier sind wieder zwei Stabsstellen eingebunden, um den
kundenorientierten Abteilungen zuzuarbeiten und mögliche Synergien zu nutzen.
Schließlich kann auch eine Marketing-Matrixorganisation zur Anwendung kommen,
wie sie in Abb. 8.10 zu sehen ist. Welche Vor- und Nachteile damit verbunden sein können,
wurde bereits diskutiert.

Stabsstelle Stabsstelle
Marketing- Marketing
Controlling
Forschung

Kundengruppe 1 Kundengruppe 2 Kundengruppe 3 Kundengruppe 4

Produkt- Werbung Verkaufsförderung


entwicklung Vertrieb

Abb. 8.9  Grundform einer kundenorientierten Marketing-Organisation

Marketing

Waschmittel Haushaltsreiniger Kosmetikprodukte Klebstoffe

Westeuropa

Osteuropa

Nordamerika

Südamerika

Abb. 8.10  Grundform einer Marketing-Matrixorganisation


558 8 Marketing-Organisation

cc Merk-Box  Die Organisation des Unternehmens ist regelmäßig daraufhin zu


überprüfen, ob sie noch einen optimalen Beitrag zur Unterstützung der Er-
reichung der Unternehmensziele bzw. der Umsetzung der Unternehmens-
strategien leistet. 

Was es zu behalten gilt


• Jedes Unternehmen bedarf einer Aufbau- und einer Ablauforganisation, um effi-
zient und effektiv arbeiten zu können.
• Eine ideale Organisationsform gibt es nicht; es gibt immer nur Organisations-
formen, die die Zielerreichung und die Strategieumsetzung eines Unternehmens
mehr oder weniger gut unterstützen.
• Die Aufbauorganisation kann nach den Kriterien Produkt, Funktion, Region und/
oder Kundengruppe gebildet werden.
• Wird eine Organisation auf der gleichen Ebene nach zwei Kriterien gebildet, ent-
steht eine Matrixorganisation.
• Für die Entwicklung der Marketing-Organisation können die gleichen
Gliederungskriterien wie für die Unternehmensorganisation eingesetzt werden.
• Auch die Organisationsform muss regelmäßig auf ihre Stimmigkeit hin über-
prüft werden.

Fragen zur Überprüfung Ihres Wissensstandes

1. Gibt es eine „ideale“ Organisationsform?


2. Was versteht man unter Reorganisation?
3. Was ist der Unterschied zwischen der Ablauf- und der Aufbauorganisation?
4. Nennen Sie Beispiele für die Ablauforganisation. Welche Ausprägungen haben Sie
selbst schon kennengelernt?
5. Wie wird die grafische Darstellung der Aufbauorganisation genannt?
6. Nach welchen Kriterien kann die Aufbauorganisation ausgestaltet werden? Nen-
nen Sie die Konzepte und zählen Sie deren mögliche Vor- und Nachteile auf.
7. Wie wird die Organisationsform genannt, bei der zwei Kriterien zur Organisations-
bildung herangezogen werden? Welches Phänomen ist damit verbunden?
8. Wie heißt die Organisationsform, wenn drei Kriterien eingesetzt werden?
9. Recherchieren Sie im Internet Beispiele für die verschiedenen Organisations-
formen auf verschiedenen Unternehmens-Websites.
10. Anhand welcher Kriterien ist zu entscheiden, welche Organisationsform eingesetzt
werden sollte?
11. Welche Organisationsformen können im Marketing Anwendung finden? Welche
Vor- und Nachteile sind damit verbunden?
Literatur 559

cc Mega-Merk-Box  Erfolg im Marketing, Erfolg im Unternehmen, Erfolg im Leben


bedeutet immer auch, etwas Neues zu wagen, Unbekanntes auszuprobieren,
Mut zu haben. Denn:
Wer immer nur in die Fußstapfen eines anderen tritt, wird ihn nie
überholen.
Nicht nur im Marketing gilt:
Nichts Großes ist je ohne Begeisterung geschaffen worden.
Begeistern Sie sich für das, was Sie tun  – und der Erfolg wird sich
einstellen!

Literatur

Frese, E., Graumann, M., Talaulicara, T., & Theuvsen, L. (2019). Grundlagen der Organisation.
Entscheidungsorientiertes Konzept der Organisationsgestaltung (11. Aufl.). Springer Gabler.
Kieser, A., & Ebers, M. (2019). Organisationstheorien (8. Aufl.). Kohlhammer.
Kieser, A., & Walgenbach, P. (2010). Organisation (6. Aufl.). Schäffer-Poeschel.
Kreutzer, R. (2018). Toolbox für Marketing und Management. Wiesbaden: Springer Gabler.
Kreutzer, R. T. (2021). Toolbox für Digital Business. Springer Gabler.
Rahn, H.-J., & Mintert, J. (2019). Unternehmensführung (10. Aufl.). Kiehl.
Schreyögg, G., & Geiger, D. (2015). Organisation: Grundlagen moderner Organisationsgestaltung
(6. Aufl.). Springer Gabler.
Glossar

ABC-Analyse  Die ABC-Analyse ist eine Methode, die eine Grundgesamtheit hinsicht-
lich bestimmter Kriterien (wie bspw. Umsatz oder Rentabilität) in drei Klassen einteilt.
Es wird eine Identifikation bspw. derjenigen Produkte, Kundengruppen oder Länder
angestrebt, die am meisten (Klasse A), durchschnittlich (B) oder wenig (C) zum Unter-
nehmenserfolg beitragen.
Ablauforganisation  Unter Ablauforganisation ist die Definition von Prozessen zu ver-
stehen, die komplexe Aufgaben in Arbeitsschritte aufteilen, um so eine bessere Hand-
habbarkeit sicherzustellen. Hierzu zählen bspw. die Aktivitäten der Marketing-­
Forschung, des Marketing-Controllings sowie der Marketing-Planung.
Above-the-Line-Kommunikation (ATL)  Zur Above-the-Line-Kommunikation werden
i. d. R. die klassischen Kommunikationsformen bzw. die klassischen Kommunikations-
medien und die klassischen Kommunikationskanäle gezählt. Fokussiert man die
Werbeträger, so gehören zu ATL Zeitungen, Zeitschriften, TV, Hörfunk, Kinos und
Plakatwände. Die entsprechenden Werbemittel sind Anzeigen, TV-, Rundfunk-, Ki-
no-Spots und Plakate.
Absatz, direkter  Beim direkten Absatz werden die vom Produzenten erzeugten Güter
ohne Einschaltung des Handels direkt an Endabnehmer vertrieben.
Absatz, indirekter Beim indirekten Absatz werden die vom Produzenten erzeugten
Güter durch Einschaltung des Handels und/oder anderer Dienstleister an Endabnehmer
vertrieben.
Absatzhelfer  Absatzhelfer sind rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Organe, die
den Distributionsprozess auf unterschiedliche Weise unterstützen, ohne selbst Eigen-
tum an der Ware zu erlangen. Hierzu zählen bspw. Logistikunternehmen oder Handels-
vertreter, Kommissionäre und Makler.
Absatzmittler  Absatzmittler sind rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Organe, die
Produkte und Dienstleistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zum
Weiterverkauf erwerben. Hierzu zählen vor allem der Einzel- und Großhandel.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2022 561
R. T. Kreutzer, Praxisorientiertes Marketing,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-35307-0
562 Glossar

Abschöpfungspreisstrategie (auch Skimming Pricing) Bei der Abschöpfungspreis-


strategie werden Produkte oder Dienstleistungen zunächst zu einem hohen Preis im
Markt eingeführt. „To skim the cream from the milk“ heißt wörtlich „die Milch ent-
rahmen“. Erst im Zeitablauf werden die Preise reduziert. So wird die Preisbereitschaft
der Kunden sukzessive abgeschöpft.
Adresse  Die postalische Adresse setzt sich aus Vor- und Nachnamen (bei Entscheidungs-
trägern auch Funktion und Unternehmen), Straße, Hausnummer und Postleitzahl mit
Ort zusammen. Häufig werden auch E-Mail-Adressen und Telefon- und Faxnummern
der Adresse zugerechnet. Die Adresse ist für viele Formen der Dialogkommunikation
(bspw. Werbebriefe, E-Mails) unverzichtbar.
Adressenverlag  Ein Adressenverlag ist ein Unternehmen, welches sich auf die Gewin-
nung, Pflege, Veredelung und Vermietung bzw. den Verkauf von Adressen spezialisiert
hat. Diese Adressen umfassen Privatpersonen, Unternehmen, Entscheidungsträger in
Unternehmen, Selbstständige wie auch Angehörige freier Berufe.
Affiliate-Marketing  Beim Affiliate-Marketing (abgeleitet von „to affiliate“ i. S. von „an-
geschlossen, assoziiert“) handelt es sich meist um onlinebasierte Vertriebskooperationen.
Hierbei stellt ein Anbieter einem anderen Unternehmen Werbemittel zur Verfügung,
damit dieser Partner (der „Affiliate“) diese auf seinen Websites zur Bewerbung des
eigenen Angebotes einbindet. So wird versucht, Internet-­Nutzer auf das eigene On-
line-Angebot hinzuweisen.
After-Sales-Service  Unter After-Sales-Service sind unterschiedliche Dienstleistungen zu
verstehen, die ein Unternehmen seinen Kunden nach dem Kauf in der Ver- bzw. Ge-
brauchsphase anbietet. Dazu gehören kostenpflichtige oder kostenlose Service-Hot-
lines, Schulungen, Wartungsverträge u. Ä. After-Sales-Services sollen die Kunden-
bindung verstärken und weitere Käufe (More Sell, Cross-Sell, Up-Sell) vorbereiten und
fördern.
AIDA-Formel  Die AIDA-Formel ist ein Stufenmodell der Kommunikationswirkung, bei
dem die Stufen Attention, Interest, Desire und Action unterschieden werden.
ASIDAS  ASIDAS ist die Weiterentwicklung der AIDA-Formel. In das klassische Stufen-
modell der Kommunikationswirkung mit den Stufen Attention, Interest, Desire und
Action wurden die Aktivitäten Search (für Offline-/Online-­Suchprozesse) und Share
(für das Teilen der Erfahrungen mit anderen) in den Prozess integriert.
Akquisition  Unter Akquisition ist die Gesamtheit der Aktivitäten eines Unternehmens zu
verstehen, die darauf abzielen, einen Interessenten zum Erstkauf oder einen schon be-
stehenden Kunden zu einem Wiederholungskauf zu motivieren.
All-you-can-afford-Methode  Die All-you-can-afford-Methode ist ein Ansatz der Werbe-
budgetplanung, bei der sich das Werbebudget als Restgröße ergibt, wenn vom unter-
nehmerischen Budget alle anderen Ausgaben bereits abgezogen wurden. Es wird folg-
lich gefragt: „Wie viel Werbung können wir uns noch leisten?“
Alleinvertriebssystem  Bei Alleinvertriebssystemen erfolgt der Vertrieb der Produkte
und/oder Dienstleistungen eines Herstellers oder eines Teils dieses Programms in
Glossar 563

einem festgelegten Gebiet nur durch einen Abnehmer. Je Bezirk wird einem Partner das
Alleinvertriebsrecht eingeräumt und dadurch ein Exklusivvertrieb durchgesetzt.
Ambient Advertising (auch Ambient Media, Ambient-Marketing)  Das Ambient Ad-
vertising ist eine Werbeform, die im direkten Lebensumfeld der anzusprechenden Ziel-
gruppe platziert wird (deshalb „ambient“ für die Zielperson „umgebend“). Personen
werden an Orten und in Situationen des Alltags werblich angesprochen, wo diese
klassischerweise nicht mit Werbung rechnen.
Arbeitgebermarke   Vgl. Employer Branding)
Aufbauorganisation  Gegenstand der Aufbauorganisation ist die Schaffung verschiedener
organisatorischer Einheiten, die Divisionen, Bereiche, Abteilungen oder Stabsstellen
genannt werden. Diesen organisatorischen Einheiten sind Aufgabenbereiche und damit
Verantwortungsfelder (bspw. für Marketing, Einkauf, Vertrieb, Produktion, Personal,
F&E) sowie die zur Zielerreichung erforderlichen Ressourcen (wie bspw. Budget und
Mitarbeiter) zuzuweisen. Zusätzlich wird im Rahmen der Aufbauorganisation fest-
gelegt, an welcher Stelle im organisatorischen Hierarchiegefüge die einzelnen organi-
satorischen Einheiten zu platzieren sind. Eine visuelle Darstellung der Unternehmens-
struktur, aus der auch Hierarchieebenen erkennbar sind, wird Organigramm genannt.
Außendienst  Unter Außendienst werden die Personen verstanden, die überwiegend
außerhalb des Unternehmenssitzes mit der Anbahnung und Abwicklung von Aufträgen
sowie der Betreuung von Interessenten und Kunden beschäftigt sind. Hierzu zählen
insb. die Reisenden und die Handelsvertreter sowie die Vertriebsmitarbeiter des an-
bietenden Unternehmens.
Balanced Scorecard (BSC) Die Balanced Scorecard ist ein mehrdimensionaler Ziel-
rahmen und bildet gleichsam ein Steuerungs-Cockpit für das gesamte Unternehmen.
Neben Zielen der Finanzwirtschaft werden meist zusätzlich prozess-, kunden- und mit-
arbeiterbezogene Ziele definiert. Zentrale Idee der BSC ist die Berücksichtigung meh-
rerer strategischer Zielperspektiven auf einer Unternehmensebene. Auf diese Weise
können die Erwartungen verschiedener Stakeholder gleichzeitig berücksichtigt werden.
Bedarf  Bedarf ist eine „objektorientierte Handlungsabsicht“. Die zunächst allgemein an-
gestrebte Befriedigung eines Bedürfnisses wird durch die Konkretisierung eines Be-
darfs auf ein ganz bestimmtes Objekt ausgerichtet. So wird aus dem Bedürfnis „Hun-
ger“ ein Bedarf, der sich entweder auf einen Schokoriegel wie Mars oder Twix, aber
auch auf eine Karotte oder eine Banane ausrichten kann. Dieser Bedarf wird erst dann
als Nachfrage handlungswirksam, wenn das Individuum das entsprechende Produkt
erwerben möchte und dafür auch die erforderliche Kaufkraft aufbringt.
Bedürfnis  Das Bedürfnis entspricht einem „Spannungszustand mit Antriebscharakter“
im inneren System eines Menschen und stellt einen Initialfaktor u. a. für Kaufprozesse
dar. Dieses Bedürfnis, sei es bspw. Hunger oder Durst, „schreit gleichsam nach Be-
friedigung“. Das Bedürfnis ist zunächst noch ungerichtet und erfährt eine Konkretisie-
rung, wie das Bedürfnis zu befriedigen ist, erst als Bedarf.
Befragung  Befragung (auch Meinungsumfrage bzw. Interview) ist eine Forschungs-
methode, bei der – meist orientiert an einem Fragebogen oder einem Frageleitfaden –
564 Glossar

ein Gespräch mit dem Ziel geführt wird, systematisch Informationen über Einstellung,
Meinungen, Verhaltensweisen, Wissen, Motive und/oder Absichten von Personen zu
gewinnen.
Below-the-Line-Kommunikation (BTL)  Zur Below-the-Line-Kommunikation werden
i.  d.  R. alle nicht-klassischenKommunikationsformen bzw. die nicht-­ klassischen
Kommunikationsmedien und die nicht-klassischen Kommunikationskanäle gezählt.
Fokussiert man die Werbeträger, so gehören zu BTL Telefon-­Marketing, Mailings und
das Online-Marketing. Die entsprechenden Werbemittel sind Telefon-Anrufe, Mai-
lings, E-Mails, Online-Banner etc.
Benchmark  Ein Benchmark stellt einen „Vergleichsmaßstab“ dar, mit dem ein Unter-
nehmen die eigene Leistung vergleichen kann, um Leistungslücken oder Leistungsvor-
teile zu identifizieren.
Benchmarking  Benchmarking ist eine Methode, um die Leistungsfähigkeit des eigenen
Unternehmens mit der Leistungsfähigkeit anderer eigener Unternehmensteile oder an-
derer Unternehmen der gleichen Branche, anderer Branchen und/oder aus anderen Län-
dern zu vergleichen. Die Zielsetzung besteht darin, Anhaltspunkte für die Weiter-
entwicklung des eigenen Unternehmens zu gewinnen.
Benefit   Vgl. Nutzen
Beobachtung  Bei der Beobachtung erfolgt eine an einer Forschungsfrage orientierte und
damit zielgerichtete Wahrnehmung von Subjekten und/oder Objekten. Dies können
bspw. Personen, Unternehmen oder Prozesse sein.
Beschaffungs-Marketing  Unter Beschaffungs-Marketing wird das unternehmerische
Konzept verstanden, möglichst effiziente und effektive Lösungen für betriebliche Be-
schaffungsprozesse durch den Einsatz von Marketing-Instrumenten zu erreichen.
Betriebsformen des Handels Unter Betriebsformen des Handels werden die Er-
scheinungsformen des Groß- und Einzelhandels subsummiert, die sich u. a. hinsichtlich
Standort, Größe, Sortiment, Serviceintensität, Preislevel und Zielgruppe unterschieden.
Beziehungsmarketing   Vgl. Customer-Relationship-Management
Bivariates Verfahren  Bei einem bivariaten Verfahren werden bei einer statistischen Be-
rechnung genau zwei Variablen simultan analysiert (bspw. das Alter und das Ge-
schlecht).
Blickaufzeichnung/Blickregistrierung/Eyetracking  Die Blickaufzeichnung ist eine
Methode der Marketing-Forschung, durch die die Augenbewegungen bei der Be-
trachtung einer Vorlage (bspw. eines Mailings oder einer Anzeige) oder bei On-
line-Recherchen erfasst werden, um den Prozess der Informationsaufnahme für die
Optimierung der Kommunikationsmittel zu erfassen.
Blog (auch Weblog)  Der Begriff Weblog oder abgekürzt Blog ist ein Kunstwort aus Web
und Log(buch). Das bzw. der Weblog ist ein Web-Tagebuch, das als Website geführt
wird. Dieses Logbuch entspricht einem Journal und umfasst Einträge, Kommentare
und Notizen. Blogs basieren auf einer einfach zu bedienenden Software, die es auch
ungelernten Nutzern ermöglicht, eigene Beiträge schnell und ohne Kosten im Internet
zu publizieren.
Glossar 565

Boutique  Boutique ist eine Betriebsform des Einzelhandels, die durch ein kleines Laden-
geschäft mit einem begrenzten, auf eine Zielgruppe ausgerichteten Sortiment gekenn-
zeichnet ist. Eine hohe Beratungsintensität geht hier häufig mit einem höheren Preis-
niveau einher.
Brainstorming  Brainstorming ist eine Kreativitätstechnik, um in Meetings schnell inno-
vative Lösungen zu erarbeiten.
Brand Academy (auch Marken-Akademie)  Unter Brand Academy ist ein Raum zu ver-
stehen, an dem die Marke hinsichtlich aller relevanten Sinne vom Unternehmen selbst
inszeniert wird. Die Marke ist dort im wörtlichen Sinne zu sehen, zu hören, zu schme-
cken, zu fühlen und/oder zu riechen. Neben der Vermittlung von Wissen über die Marke
ist ein dominantes Ziel, für die Marke auf allen Sinnesebenen zu begeistern. In Ab-
hängigkeit von der jeweiligen Ausgestaltung stehen diese Inszenierungen der Marke
nur den eigenen Mitarbeitern und Führungskräften, externen Leistungspartnern und/
oder der gesamten interessierten Allgemeinheit offen.
Brand Behavior  Brand Behavior beschreibt ein Verhalten von Führungskräften und Mit-
arbeitern, das sich an den Markenerfordernissen ausrichtet und zusätzlich gleichermaßen
kunden- und vertriebsorientiert ist. Während Internal Branding die Managementaufgabe
adressiert, stellt Brand Behavior das Ergebnis aller Internal-Branding-Maßnahmen dar
und fungiert folglich als zu überprüfende Zielgröße.
Brand Building  Der Aufbau einer Marke wird als Brand Building bezeichnet. Hierzu
sind zunächst die Bausteine zu entwickeln, die die Marke prägen sollen. Dazu gehören
bspw. die eingesetzten Farben, die bspw. beim Logo, im Verpackungsdesign und in der
Kommunikation auftauchen. Auch der Einsatz von Duft sowie die Tonalität in der An-
sprache prägen eine Marke. Die Gesamtheit der einzelnen Markenbausteine erschafft
idealerweise eine überzeugende Markenidentität. Diese wird durch verschiedene Maß-
nahmen nach innen und außen kommuniziert.
Brand Citizenship Behavior (auch Markenbürgertum)  Unter Brand Citizenship Be-
havior werden verschiedene generische, d. h. marken- und branchenunabhängige Ver-
haltensweisen der Führungskräfte und Mitarbeiter verstanden, die den Aufbau einer
Markenidentität untermauern und durch ein entsprechendes Führungsverhalten zu
unterstützen sind.
Brand Community (auch Markengemeinschaft)  Unter Brand Community wird eine
Gruppe von Menschen verstanden, die sich durch eine gemeinsame Markennutzung
auszeichnet und miteinander in Kontakt steht. Diese Gruppen können online und off-
line agieren.
Branding  Branding bezeichnet den Prozess zur Kreation einer Marke, in deren Verlauf
die Kennzeichnung der Marke (bspw. anhand von Marken- und/oder Wortzeichen) er-
folgt. Ziel des Brandings ist die Erreichung einer Unterscheidbarkeit und damit einer
Differenzierung des eigenen Angebots im Wettbewerbsumfeld.
Break-even-Point  Im Break-even-Point kreuzen sich die Umsatz- und die Gesamtkosten-
kurve eines Produktes oder eines anderen Leistungsangebotes. An diesem Punkt wird
weder ein Gewinn noch ein Verlust erwirtschaftet. Ab der durch den Break-even-Point
566 Glossar

gekennzeichneten Menge übersteigt der erzielte Umsatz die Kosten, sodass das Unter-
nehmen die Gewinnzone erreicht.
Briefing  Das Briefing ist die schriftliche oder mündliche Beschreibung des Ziels sowie
der zur Zielerreichung relevanten Rahmenbedingungen durch einen Auftraggeber. Ein
Briefing kann für eine Kommunikationskampagne, für den Aufbau einer Auslands-
niederlassung oder für die Entwicklung eines neuen Produktes erfolgen. Briefings kön-
nen durch Vorgesetzte als Zielvorgabe i. S. eines Auftrags an ihre Mitarbeiter eingesetzt
werden. Ein Briefing enthält i. d. R. in komprimierter Form Informationen über den
angestrebten Zielzustand, die verfügbare Ressourcen (Zeit, Budget, Mitarbeiter) sowie
weitere relevante Informationen (bspw. hinsichtlich des Kontextes der Aufgaben-
bearbeitung).
Business-Marketing  Von Business-Marketing wird gesprochen, wenn der Einsatz des
Marketings in Unternehmen mit dem Ziel erfolgt, Gewinne zu erzielen.
Business-to-Business-Marketing (B2B-Marketing, B-to-B-Marketing) Unter Busi-
ness-to-Business-Marketing wird das Konzept einer marktorientierten Ausgestaltung
von Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen verstanden.
Business-to-Consumer-Marketing (B2C-Marketing, B-to-C-Marketing)  Unter Busi-
ness-to-Consumer-Marketing wird das Konzept einer marktorientierten Ausgestaltung
von Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen einerseits und Konsumenten
andererseits verstanden.
Buying Center  Das Buying Center stellt ein gedankliches Konstrukt dar, in welchem die
an Beschaffungsprozessen beteiligten Rollenträger in einem Unternehmen durch die
anbietende Organisation gemeinsam betrachtet werden. Im Buying Center werden fünf
verschiedene Rollenträger unterschieden: Nutzer, Einkäufer, Beeinflusser, Ent-
scheidungsträger und Gatekeeper. Die Idee des Buying-­Center-­Konzepts besteht darin,
die verschiedenen Erwartungen und Ziele dieser Rollenträger bei der kommunikativen
Ansprache gleichzeitig zu berücksichtigen.
Buzz-Marketing  Buzz-Marketing setzt auf dem Prinzip der Freundschaftswerbung auf.
„Buzz“ heißt wörtlich übersetzt „Summen“ und bedeutet, dass sich möglichst viele
Personen intensiv in der Öffentlichkeit und/oder in ihrem Freundes- und Bekannten-
kreis über die Vorzüge von Produkten oder Dienstleistungen austauschen sollen. Beim
Buzz-Marketing handelt es sich um die mehr oder weniger intensive Einbindung eige-
ner Kunden bzw. als solche in Erscheinung tretender Personen, die in ihrem jeweiligen
Umfeld aktiv oder passiv ein bestimmtes Angebot herausstellen, um dessen Bekannt-
heit zu steigern und entsprechende Kaufprozesse auszulösen.
Call-Center (siehe auch Customer-Service-Center)  Das Call-Center stellt eine organi-
satorische Einheit von Unternehmen dar, welche für die telefonische Annahme von
Anfragen, Reklamationen, Bestellungen etc. von Interessenten und Kunden verantwort-
lich ist.
Car Clinic  Car Clinic ist ein speziell im Automobilbereich häufig eingesetztes Verfahren
der Fokusgruppe. Die Testpersonen werden hierzu in ein Studio eingeladen, um bspw.
ein neues Automodell zu bewerten, das als Prototyp präsentiert wird. Ist dieser einsatz-
Glossar 567

bereit, kann die Car Clinic auch Testfahrten einschließen. Hierdurch soll ermittelt wer-
den, wie ein neues Modell beim Kunden „ankommt“.
Category-Management (CM) Das Category-Management interpretiert Produkt- bzw.
Warengruppen (Categories) als (strategische) Geschäftseinheiten. Für diese entwickeln
Hersteller und Handel gemeinsam Prozesse, um durch die abgestimmte Ausrichtung an
Kundenbedürfnissen eine möglichst optimale Produkt- bzw. Warengruppenleistung zu
erzielen. Hierdurch sollen Umsatz und Gewinn gesteigert werden. Category Manage-
ment ist eine wesentliche Voraussetzung für Efficient Consumer Response (ECR).
Churn-Management  Churn ist ein Kunstwort, das sich aus „Change“ und „Turn“ zu-
sammensetzt. Churn-Management bezeichnet den Vorgang, mit dem versucht wird,
einen verlorenen Kunden wieder „umzudrehen“, damit dieser seine Kündigung zurück-
zieht bzw. seinen Wechsel zu einem Wettbewerber rückgängig macht.
Closed-Innovation-Modell  Beim Closed-Innovation-Modell entwickeln und vermarkten
Unternehmen primär die Ideen, die im Unternehmen selbst (insb. im F&E-Bereich)
gewonnen wurden.
Closed-Loop-Ansatz  Unter einem Closed-Loop-Ansatz ist ein geschlossener Kreislauf
zu verstehen, der bei den zu erreichenden Zielen beginnt. Um die angestrebten Ziele zu
erreichen, werden entsprechende Maßnahmen abgeleitet. Die Umsetzung dieser Maß-
nahmen führt zu bestimmten Ergebnissen. Diese Ergebnisse sind zu analysieren, um
Optimierungsmöglichkeiten zu erkennen. Die gewonnenen Erkenntnisse können zur
Anpassung der Ziele und zur Entwicklung entsprechend optimierter Maßnahmen füh-
ren. Dieser geschlossene Kreislauf liefert einen unverzichtbaren Beitrag für eine ler-
nende Organisation.
Compliance  Der Begriff „Compliance“ kann als „Regeltreue“ im Hinblick auf die Ein-
haltung von Gesetzen, aber auch von spezifischen Richtlinien innerhalb von Unter-
nehmen verstanden werden.
Content-Marketing  Unter Content-Marketing versteht man einer Form der Kommuni-
kation, bei der den Zielpersonen und Zielgruppen informierende, beratende und/oder
unterhaltende Inhalte angeboten werden, die häufig nur einen indirekten Bezug zum
Leistungsangebot des kommunizierenden Unternehmens aufweisen. Hierdurch möchte
sich das Unternehmen als leistungsstarker Partner in einem bestimmten Umfeld posi-
tionieren  – ohne unmittelbar bzw. direkt auf einen Kauf hinzuwirken. Das über-
geordnete Ziel des Content-Marketings ist allerdings auch hier, Käufe oder sonstige
gewünschte Aktivitäten der Zielpersonen auszulösen.
Convenience Good  Convenience Goods sind Produkte, bei denen die Bequemlichkeit
des Einkaufs im Mittelpunkt steht. Da der Kunde die Produkte regelmäßig kauft,
möchte er keinen großen Such- und Auswahlaufwand betreiben und folglich den Be-
schaffungsaufwand minimieren. Deshalb werden diese Produkte gewohnheitsmäßig
bzw. habitualisiert gekauft.
Convenience Store (auch Nachbarschaftsladen)  Convenience Store ist eine Be-
triebsform des Einzelhandels, die sich durch räumliche Nähe zum Kunden und
ein eingeschränktes Angebot an Lebensmitteln und weiteren Produkten des täg-
568 Glossar

lichen Bedarfs auszeichnet. Häufig sind auch längere Öffnungszeiten und be-
sondere Services vorhanden.
Conversion Rate (auch Reaktionsquote, Responsequote)  Die Conversion Rate zeigt
als Prozentwert den Anteil der Personen, die ein bestimmtes Verhalten (bspw. Kauf,
E-Newsletter-Abonnement, Angebotsanforderung, App-Download) gezeigt haben – in
Relation zur Gesamtzahl der angesprochenen Personen einer Aktion. Sie ist mit der
Responsequote identisch.
Corporate Behavior (CB)  Corporate Behavior beschreibt das unternehmensbezogene
Ziel, dass alle Unternehmensmitglieder im Innen- und Außenverhältnis ein in sich
möglichst widerspruchsfreies Verhalten zeigen, das sich am Selbstverständnis des
Unternehmens und seiner Vision und seinen Werten orientiert. Grundlage hierfür sind
entsprechende Verhaltensrichtlinien, auch Codes of Conduct genannt. Hierdurch wird
die Schaffung einer in sich konsistenten Unternehmensidentität (Corporate Identity)
gefördert.
Corporate Communications (CC) Corporate Communications beschreibt das unter-
nehmensbezogene Ziel, dass alle Kommunikationsmaßnahmen, die ein Unternehmen
einsetzt, aufeinander abgestimmt und miteinander verzahnt sind. Hierdurch soll ein
konsistentes, mit den Unternehmenszielen übereinstimmendes Bild in der Öffentlich-
keit und im Unternehmen selbst geschaffen werden. Corporate Communications tragen
dazu bei, eine konsistente Unternehmensidentität (Corporate Identity) aufzubauen.
Corporate Culture (auch Unternehmenskultur)  Corporate Culture beschreibt die in
einem Unternehmen wahrzunehmende Kultur. Diese Kultur wird geprägt durch die ge-
lebten Beziehungen der Führungskräfte und Mitarbeiter untereinander sowie zu den
externen Leistungspartnern (u. a. Kunden, Lieferanten, Wettbewerbern). Diese Kultur
wird beeinflusst durch die gelebten – nicht allein die kommunizierten – Unternehmens-
werte und die im Unternehmen gewachsenen und gelebten Denk- und Verhaltensmuster.
Corporate Design (CD)  Corporate Design beschreibt das unternehmensbezogene Ziel,
dass alle Gestaltungselemente, die ein Unternehmen einsetzt, aufeinander abgestimmt
und miteinander verzahnt sind. Dies soll die Schaffung einer in sich konsistenten Unter-
nehmensidentität (Corporate Identity) fördern. Hierzu werden bspw. die einzusetzenden
Schrifttypen und Schriftgrößen sowie die Farben und die Logos für den unter-
nehmerischen Auftritt zur Schaffung eines einheitlichen visuellen Erscheinungsbildes
des gesamten Unternehmens verbindlich definiert. Zusätzlich wird deren Einsatz bei
Anzeigen, in Broschüren, in Mailings, auf der Website etc. genau vorgeschrieben.
Corporate Identity (CI, auch Unternehmensidentität)  Corporate Identity beschreibt
den angestrebten, in sich konsistenten und glaubwürdigen Gesamtauftritt eines Unter-
nehmens. Durch diesen möchte sich ein Unternehmen nach innen und außen im Wett-
bewerbsumfeld differenzieren. Dieser Gesamtauftritt wird geprägt durch das Er-
scheinungsbild (Corporate Design), die kommunikativen Maßnahmen (Corporate
Communications) sowie das Verhalten aller Mitarbeiter (Corporate Behavior). Die Cor-
porate Identity ist folglich kein Instrument, sondern ein Zielzustand.
Glossar 569

Corporate Publishing  Corporate Publishing bezeichnet eine journalistisch aufbereitete,


häufig periodisch erscheinende Form der Unternehmenskommunikation, die durch
eigene Medien erfolgt. Neben Mitarbeiter-, Kunden- und Mitglieder-­Magazinen zählen
bspw. auch Zeitschriften dazu, die sich an die im Vertrieb eingebundenen Händler oder
an Investoren richten. Corporate Publishing ist eine Form des Content-Marketings.
Corporate Social Responsibility (CSR)  Unter Corporate Social Responsibility ist die
von den Unternehmen wahrgenommene soziale Verantwortung gemeint, die den frei-
willigen, von Unternehmen übernommenen Beitrag zu einem nachhaltigen Wirtschaf-
ten beschreibt, der über die bloße Orientierung an den gesetzlichen Vorschriften
hinausgeht.
Cost Center  Ein Cost Center ist ein nach bestimmten Kriterien (bspw. Produkte/Dienst-
leistungen, Kunden, Regionen, Funktionen) abgegrenzten organisatorischen Leistungs-
bereich im Unternehmen. Dieser verfügt über keine eigenständige Marktaufgabe und
trägt deshalb auch keine Gewinn- und Verlustverantwortung. Cost Center können folg-
lich nicht über die erzielten Markterfolge, sondern nur über Budgets geführt werden,
mit deren Einsatz bestimmte Ziele zu erreichen sind.
Cost per Interest (CPI)  Cost per Interest beschreibt die Kosten pro neu gewonnenem
Interessenten. Cost per Interest wird ermittelt durch die Teilung der Akquisitionskosten
einer Aktion durch die Anzahl der hierdurch gewonnenen Interessenten.
Cost per Order (CPO)  Cost per Order wird ermittelt durch die Teilung der Akquisitions-
kosten einer Aktion durch die Anzahl der hierdurch gewonnenen Aufträge.
Coupon  Unter einem Coupon ist ein Reaktionsträger i. S. eines Berechtigungsausweises
zu verstehen, mit dem der Inhaber bestimmte Vorteile erhalten kann. Coupons können
bspw. als Rabatt, aber auch als Zugriff auf bestimmte Services, in Papierform oder
virtuell – als E-Coupon – ausgestaltet werden.
Coupon-Anzeige  Bei einer Coupon-Anzeige wird in eine Anzeige als Response-­
Instrument ein Coupon eingearbeitet. Dieser Coupon ist als Response-Medium an das
anbietende Unternehmen zu senden, online einzusetzen oder im Handel vorzulegen,
um den versprochenen Vorteil zu erhalten.
Couponing  Couponing ist eine Maßnahme, bei der ein Herausgeber einer ausgewählten
Personengruppe durch ein Medium einen Berechtigungsausweis (entspricht dem Cou-
pon) zur Verfügung stellt. Bei dessen Einsatz gewährt eine On- oder Offline-Akzeptanz-
stelle während eines definierten Zeitraums einen spezifischen Vorteil, wenn die Ziel-
person ein bestimmtes Verhalten zeigt.
Cross-Sell  Cross-Sell zielt darauf ab, einen bereits gewonnenen Kunden zum Erwerb
anderer Produkte oder Dienstleistungen desselben Unternehmens zu motivieren. Hier-
durch strebt das Unternehmen an, mit einem Kunden höhere Umsätze zu erzielen, in-
dem dieser aus verschiedenen Sortimentsbereichen einkauft.
Customer Centricity   Customer Centricity ist ein konzeptioneller Ansatz bei der Ent-
wicklung und Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen, der sich konsequent
an den gegenwärtigen und zukünftigen Erwartungen der Zielgruppen orientiert. Durch
570 Glossar

eine konsequente Kundenorientierung soll die Wertschöpfung für das Unternehmen


langfristig gesichert werden.
Als Customer Experience werden die Erlebnisse bzw. die Erfahrungen eines Kunden
bezeichnet, die dieser an den verschiedenen Customer Touchpoints eines Unternehmens
gesammelt hat. Die Customer Experience fasst folglich alle Erlebnisse und Erfahrungen
eines Kunden zusammen, die dieser am POS, auf der Website, im Online-Shop, im
Service-­Center etc. gewonnen hat.
Customer Journey  Mit dem Begriff Customer Journey wird der Weg beschrieben, den
ein (potenzieller) Kunde bis zum Kauf bei einem Unternehmen zurücklegt. Hierzu zäh-
len die Customer Touchpoints mit Unternehmen wie auch viele weitere Anlaufstellen
(bspw. Vergleichs-Plattformen), die ein potenzieller Kunde nutzt. Die Customer Jour-
ney kann mehrere Online- und Offline-Touchpoints umfassen.
Customer Life Cycle   Vgl. Kundenbeziehungslebenszyklus
Customer Lifetime Value (CLV)  Der Customer Lifetime Value stellt die Summe der
nach unterschiedlichen Kriterien ermittelten Wertbeiträge eines Kunden ­aggregiert
über die Dauer der Beziehung zu einem Unternehmen dar. Dieser Wert kann für Konsu-
menten und Unternehmen gleichermaßen ermittelt werden.
Customer-Relationship-Management (CRM)  Customer-Relationship-­Management ist
ein konzeptioneller Ansatz im Marketing, der eine ganzheitliche, einzelkunden-
orientierte Betreuung von Zielpersonen im Rahmen des Kundenbeziehungslebens-
zyklus durch integrierte Marketing-Maßnahmen anstrebt. Im Kern geht es – orientiert
an den Begriffen „Customer“, „Relationship“ und „Management“  – um das ziel-
orientierte Ausgestalten von Beziehungen zu Kunden. Die Grundlage hierfür bildet
eine Datenbank, die die erforderlichen Informationen für die Schaffung von Mehrwert
in der Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden bereitstellt.
Customer-Service-Center (auch Customer-Care-Center oder enger Call-­Center)  Das
Customer-Service-Center bezeichnet eine organisatorische Einheit, in der die unter-
schiedlichsten, von Interessenten und Kunden eingehenden und zu diesen ausgehenden
Kommunikationskanäle betreut werden. Hierzu zählen neben dem Telefon auch die
Kommunikation über Briefe, E-Mail und Fax sowie der Austausch über Blogs, Com-
munitys sowie über die sozialen Medien.
Customer Touchpoints Customer Touchpoints stellen die Schnittstellen eines Unter-
nehmens dar, mit denen ein Kunde in Kontakt zu einem Unternehmen kommt. Hierzu
zählen E-Mails, Online-Banner, Keyword-Anzeigen, Printanzeigen, Beilagen, Plakate,
Social-Media-Posts, Verkäufer, Mitarbeiter im Service-Center sowie TV- und Ra-
dio-Spots und vieles mehr. Hierbei handelt es sich um die vom Unternehmen selbst zu
gestaltenden Kontaktpunkte. Darüber hinaus gibt es weitere Kontaktpunkte, die sich
der direkten Einflussnahme des Unternehmens entziehen. Hierzu zählen bspw. Preis-
vergleichs-Seiten, Bewertungs-Plattformen sowie kundengetriebene Dialoge in den
sozialen Medien.
Dashboard  Ein Dashboard (i. S. eines Armaturenbretts) stellt ein Steuerungs-­Cockpit für
Führungskräfte und/oder Mitarbeiter dar, welches detaillierte Informationen liefert.
Glossar 571

Marketing-Dashboards stellen solche Informationen bspw. über Kundengruppen oder


einzelne Kunden bereit. Auf Basis solcher Informationen kann ein Customer-Ser­vice-
Center-Agent eine individualisierte Kundenansprache und -betreuung durchführen.
Deckungsbeitrag  Deckungsbeitrag ist der Teil des Umsatzes (ohne Mehrwertsteuer), der
nach Abzug der dem jeweiligen Bezugsobjekt (bspw. Sortiment, Produkt, Region,
Kunde, Absatzweg) direkt zurechenbaren Kosten zur Deckung aller anderen Kosten
sowie zur Gewinnerzielung verbleibt.
Dialog-Marketing (auch Direkt-Marketing)  Das Dialog-Marketing stellt eine Vielzahl
von Instrumenten bereit, um in einen direkten Kontakt mit Interessenten und Kunden
zu kommen. Die Dialog-Marketing-Instrumente zielen darauf ab, eine unmittelbare
Beziehung und damit gleichsam einen Dialog mit den angesprochenen Zielpersonen zu
eröffnen. Da hierzu eine „direkte“ Reaktion des ­Angesprochenen angestrebt wird, wer-
den die Begriffe Direkt-Marketing und Dialog-­Marketing meist synonym verwendet.
Dialogwerbung/Direktwerbung  Von Dialog- bzw. Direktwerbung ist zu sprechen, wenn
direkt wirkende bzw. auf einen unmittelbaren Dialog abzielende Kommunikations-
instrumente zur Erreichung werblicher Ziele eingesetzt werden.
Dienstleistung  Dienstleistungen sind nicht-gegenständliche Güter, wie bspw. die Be-
ratung eines Unternehmens, die Inanspruchnahme eines Friseurs, den Besuch eines
Restaurants, die Entwicklung einer Werbekampagne oder das Unterrichten von Studen-
ten. Häufig umfassen diese Dienstleistungen allerdings auch anfassbare Leistungen.
Hierzu zählen das Booklet oder die Präsentation bei einer Beratung, das im Restaurant
servierte Essen, die Layouts einer Werbekampagne sowie die Vorlesungsskripte.
Direct Mail   Vgl. Mailing
Direct-Response-Anzeige  Eine Direct-Response-Anzeige wird in Print-Medien (Zei-
tung, Zeitschrift) geschaltet und soll den Leser zu einer unmittelbaren Reaktion (Direct
Response) motivieren. Hierzu erfolgt entweder die Angabe eines Response-­Kanals
(Telefon- oder Faxnummer, Corporate Website, E-Mail- und/oder postalische Adresse
oder eines Social-Media-Accounts) oder der Leser verwendet ein Responseelement der
Anzeige selbst (bspw. einen Coupon oder eine Karte). Dieses Response-Element kann
ein Coupon oder eine Tip-on-Karte sein, der oder die die Reaktion des Angesprochenen
erleichtern soll. Durch die Integration solcher Responsemöglichkeiten wird eine klassi-
sche Anzeige zu einer DR-Anzeige.
Direct-Response-Spot  Ein Direct-Response-Spot, der im TV, Radio und teilweise auch
in Kinos geschaltet wird, soll Zuschauer bzw. Zuhörer zu einer unmittelbaren Reaktion
(Direct Response) motivieren. Hierzu erfolgen bspw. die Angabe einer Telefon- oder
Faxnummer, einer E-Mail- oder einer postalischen Adresse bzw. einer Corporate Web-
site, an die sich der Empfänger unmittelbar wenden soll. Zusätzlich kann bspw. die
Angabe eines Social-Media-Accounts zum Dialog auffordern. Hierdurch wird ein TV-
Spot zum DR-TV-Spot und ein Radio-Spot zum DR-Radio-Spot. Im Kino erfolgt häu-
fig die Aufforderung: „Jetzt hier direkt das Produkt xy erwerben!“
572 Glossar

Direct-to-Consumer  Direct-to-Consumer (D-to-C) bezeichnet ein Vorgehen, bei dem


Unternehmen ihre Leistungen unter Umgehung von Einzelhändlern, Großhändlern
oder anderen Zwischenhändlern direkt an die Konsumenten vermarkten.
Discounter  Discounter ist eine Betriebsform des Einzelhandels, bei der meist ein sehr
schmales, auf schnellen Warenumschlag ausgerichtetes Sortiment zu niedrigen Preisen
in Selbstbedienung angeboten wird.
Distribution, akquisitorische Die akquisitorische Distribution beinhaltet die Maß-
nahmen der Distributionspolitik, die zur Anbahnung und Sicherung von Beziehungen
zu Interessenten und Kunden eingesetzt werden.
Distribution, physische Die physische Distribution umfasst den körperlichen Güter-
transfer vom Hersteller zum Endkunden. In Rahmen der physischen Distribution wird
entschieden, welche Logistiklösungen durch welche möglichen Partner erbracht werden.
Distributionspolitik  Zur Distributionspolitik gehören die Planung, Organisation, Durch-
führung und Kontrolle der unternehmerischen Aktivitäten, die die Entwicklung und die
Umsetzung der akquisitorischen und physischen Distribution von Gütern vom Herstel-
ler und/oder Handel zum Endkunden umfassen. Dazu zählen insb. die Auswahl der
Absatzwege, die Einbindung von Absatzmittlern und Absatzhelfern sowie der Aufbau
der notwendigen Logistik.
Diversifikation  Bei der Diversifikation werden das Leistungsprogramm eines Unter-
nehmens und der bearbeitete Markt ausgeweitet. Man unterscheidet drei Arten der Di-
versifikation. Bei der horizontalen Diversifikation bleibt das Unternehmen auch bei
einer Ausweitung des Leistungsprogramms auf der gleichen Wirtschaftsstufe tätig. Bei
der vertikalen Diversifikation wird das Unternehmen auf einer vor- und/oder nach-
gelagerten Wirtschaftsstufe aktiv. Bei der lateralen Diversifikation erschließt sich das
Unternehmen einen neuen Aufgabenbereich, der in keinem sachlichen Zusammenhang
zu den bisherigen Tätigkeitsfeldern steht.
Dynamic Pricing  Dynamic Pricing ist eine besondere Form der persönlichen und zeit-
lichen Preisdifferenzierung. Die angebotenen Preise werden den ganzen Tag über ver-
ändert. Zusätzlich variiert der Preis in Abhängigkeit von weiteren Faktoren des poten-
ziellen Käufers. Hierdurch können sich für jeden Käufer unterschiedliche Preise
ergeben.
E-Commerce (auch Versandhandel, Distanzhandel)  E-Commerce bezeichnet den Ein-
und Verkauf von Produkten und Dienstleistungen auf Online-Plattformen. Im Kern
handelt es sich um Versand- bzw. Distanzhandel, weil „auf Distanz“ gekauft und ver-
kauft wird. Wenn der Kauf online erfolgt, wird von E-Commerce gesprochen  – un-
abhängig davon, ob die bestellten Güter online oder offline versandt werden.
Effektivität  Bei der Effektivität geht es um die Frage: „Doing the right things?“ Bei der
Effektivität wird geprüft, ob eine Maßnahme oder ein Zwischenziel auf ein über-
geordnetes Ziel positiv einzahlt. Damit geht es um den „Grad der Wirksamkeit“.
Efficient Assortment (EA)  Das Efficient Assortment beinhaltet die kundenorientierte
Ausgestaltung der Sortimente am POS i.  S. einer bedarfsorientierten Bestands- und
Regaloptimierung.
Glossar 573

Efficient Consumer Response (ECR)  Beim Konzept der Efficient Consumer Response
wird die Prozesskette vom Hersteller über den Handel bis zum Verbraucher ganzheit-
lich aus der Perspektive der Kunden betrachtet. Es wird das Ziel angestrebt, die Wün-
sche der Endverbraucher schnell und exakt zu ermitteln, um diese kosteneffizient
zu decken.
Efficient Product Introduction (EPI)  Bei der Efficient Product Introduction werden die
Prozesse von der Produktentwicklung bis zur Markteinführung zwischen Hersteller
und Handel intensiv abgestimmt. Hierbei werden verschiedene Testmöglichkeiten ein-
gesetzt, um eine schnellere Reaktion auf das Einkaufsverhalten der Konsumenten zu
ermöglichen.
Efficient Promotions (EP)  Bei Efficient Promotions geht es um eine enge Abstimmung
der Verkaufsförderungsaktivitäten zwischen Hersteller und Handel, um eine möglichst
optimale Wirkung der eingesetzten Mittel zu erreichen.
Efficient Replenishment (ER)  Unter Efficient Replenishment ist ein spezifisches Modell
der Zusammenarbeit zwischen Handel und Hersteller zu verstehen. Nicht der Handel
ruft beim Hersteller Waren ab, sondern der Hersteller hat direkten Zugriff auf Abver-
käufe des Handels und liefert direkt nach. Voraussetzung hierfür ist ein direkter Daten-
zugriff des Herstellers auf die relevanten Verkaufsdaten des Händlers.
Effizienz  Bei der Effizienz geht es um die Frage: „Doing the things right?“ Bei der Effi-
zienz wird die Input-Output-Relation betrachtet – unabhängig davon, ob das Ergebnis
dieses Prozesses zur unternehmerischen Zielerreichung beiträgt oder nicht. Damit ist
der „Grad der Wirtschaftlichkeit“ angesprochen.
Einzelhandel  Der Einzelhandel beschreibt die Aufgabe der Beschaffung von Gütern und
deren Weiterveräußerung an Endverbraucher. Die Funktion wird von bestimmten
Unternehmen wahrgenommen. Hierzu zählen bspw. Warenhäuser, Discounter, Fach-
märkte und Boutiquen, die als Einzelhandelsunternehmen bezeichnet werden.
E-Mail  E-Mail ist die Abkürzung für Electronic Mail und bezeichnet eine über elektroni-
sche Netzwerke ausgetauschte Nachricht.
Employer Branding (auch Arbeitgebermarke) Employer Branding beinhaltet die
markenstrategisch fundierte interne Entwicklung und externe Positionierung eines
Unternehmens mit dem Ziel, dieses als attraktiven und glaubwürdigen Arbeitgeber zu
positionieren. Zu dessen Aufbau wird ein abgestimmter Mix von Kommunikations-
instrumenten eingesetzt. Das Ergebnis soll eine attraktive Arbeitgebermarke sein, die
nach innen und außen wirkt.
Erfahrungskurveneffekt  Erfahrungskurveneffekt benennt das empirisch belegte Phäno-
men, dass mit jeder Verdopplung der im Zeitablauf kumulierten Produktionsmenge
eines Produktes ein auf dessen Wertschöpfung bezogenes Kostensenkungspotenzial der
Stückkosten von 20 bis 30 % einhergeht. Das heißt, je größer die Menge, die ein Unter-
nehmen vom identischen Produkt erzeugt, desto günstiger kann dessen Produktion ten-
denziell erfolgen. Um die Erfahrungskurveneffekte auszuschöpfen, sind verschiedene
Maßnahmen einzusetzen.
574 Glossar

Event-Marketing  Beim Event-Marketing handelt es sich um die Planung, Organisation,


Durchführung und Kontrolle von Veranstaltungen. Diese werden von Unternehmen für
bestimmte Zielgruppen durchgeführt und können sich bspw. an Interessenten, Kunden,
Entscheidungsträger und/oder Multiplikatoren richten.
Experiment  Das Experiment ist eine methodisch angelegte Untersuchung, um systema-
tisch Daten über Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen Variablen zu gewinnen.
Fachdiscounter  Der Fachdiscounter ist eine Betriebsform des Einzelhandels, die sich auf
ein branchenspezifisches, enges Sortiment konzentriert und oft keine Markenartikel
anbietet. Durch eine einfache bis einfachste Warenpräsentation und Selbstbedienung
wird das niedrigste Preisniveau angestrebt.
Fachhandel  Der Fachhandel ist eine Betriebsform des Einzelhandels, die sich auf be-
stimmte Branchen spezialisiert. Dies sind bspw. Sport, Bekleidung, Schuhe oder Auto-
zubehör). Hier wird meist ein tiefes Sortiment unter Bereitstellung von Service-
leistungen (insb. Beratung und Bedienung) in mittlerer bis höherer Preislage angeboten.
Fachmarkt  Der Fachmarkt ist eine Betriebsform des Einzelhandels, die sich zwischen
Fachhandel und Verbrauchermarkt positioniert. Die auf bestimmte Warengruppen spe-
zialisierten Fachmärkte sind gekennzeichnet durch größere Verkaufsflächen sowie
durch ein schmales, aber häufig tiefes Branchensortiment.
Flatrate  Eine Flatrate ist ein Festpreis bzw. ein Pauschalpreis, mit dem die unbegrenzte
Nutzung eines Gutes abgegolten wird. Sie wird u. a. bei der Telekommunikation und im
Streaming-Bereich eingesetzt.
Fokusgruppen  Fokusgruppen beschreiben einen Personenkreis, der ausgewählte
Themenstellungen (bspw. Innovationsprojekte, Kommunikationsstrategien) im Plenum
diskutiert, um zu neuen Ideen zu kommen.
Follow-the-Cheap-Strategie  Bei der Follow-the-Cheap-Strategie erfolgt eine Produkt-
einführung zunächst durch eine niedrige Preisstellung, um möglichst viele Erst- bzw.
Testkäufe auszulösen. Zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt eine einmalige Preisan-
hebung auf das als zielführend betrachtete Preisniveau, ohne dass i. d. R. qualitative
Weiterentwicklungen des Angebotes stattfinden. Dieses Preisniveau wird dann lang-
fristig beibehalten.
Follow-the-Free-Strategie  Bei der Follow-the-Free-Strategie bietet ein Unternehmen
eine Leistung zunächst kostenlos an, um so eine große Kundenbasis aufzubauen und
einen Kundenbindungseffekt zu erzielen. Zu einem späteren Zeitpunkt werden die glei-
chen Leistungen mit Preisen versehen und/oder den Kunden höherwertige Angebote
unterbreitet, während die kostenlose Leistung entfällt.
Franchise (auch Franchising)  Das Franchise-Konzept beinhaltet eine vertragliche Be-
ziehung zwischen einem Franchise-Geber und mehreren selbstständigen Fran-
chise-Nehmern. Das Konzept basiert meist auf einem bestimmten Produkt oder einer
Dienstleistung, einer Geschäftsidee, einem Markennamen oder einem Patent, das der
Franchise-Geber entwickelt hat (Franchise-System). Der Franchise-­Geber ermöglicht
den Franchise-Nehmern die Nutzung dieses Konzeptes (inkl. Werbung, Dienst-
leistungen, Belieferung) gegen eine Gebühr.
Glossar 575

Freemium  Freemium ist ein Kunstwort, das sich aus den Begriffen „free“ für „kostenlos“
und „premium“ für „hochwertig“ bzw. für „Aufpreis“ zusammensetzt. Freemium be-
zeichnet eine Preisstrategie, bei der ein Basisprodukt kostenlos angeboten wird. Wer
das Vollprodukt und/oder Erweiterungen in Anspruch nehmen möchte, muss dafür
bezahlen.
Freundschaftswerbung  Freundschaftswerbung ist eine Form der Kundenakquisition,
bei der ein Kunde einen Nichtkunden als Käufer gewinnt. In neueren Ausprägungen
können allerdings auch Nicht-Kunden andere Nicht-Kunden als Käufer gewinnen. Der
Freundschaftswerber erhält meist eine Werbeprämie.
Fundraising (auch Spendenwerbung)  Fundraising zielt auf die Gewinnung von finan-
ziellen Mitteln ab, die gemeinnützige, nicht auf Profit ausgerichtete Organisationen
benötigen, um ihre Ziele zu erreichen. Hier wird von Non-Profit-­Organisationen ge-
sprochen.
Gebrauchsgut  Gebrauchsgut ist ein Konsumgut, das für den mehrmaligen bzw. für den
längerfristigen Gebrauch vorgesehen ist.
Genre  Das Genre beschreibt die Wertigkeit eines Produktprogramms oder eines Sorti-
ments. Es ist bspw. zwischen einer Ansiedlung im Premium-Segment und einer Posi-
tionierung als preisgünstigster Anbieter zu unterscheiden.
Großhandel  Der Großhandel beschreibt die Aufgabe der Beschaffung von Gütern und
deren Weiterveräußerung an Weiterverarbeiter (bspw. Industrie, Handwerk), Großver-
braucher (u.  a. Hotels, Gaststätten) und/oder Wiederverkäufer (Einzelhandelsunter-
nehmen). Diese Funktionen werden von Unternehmen wahrgenommen, die als Groß-
handelsunternehmen bezeichnet werden (bspw. dem Pharma- oder Buch-Großhandel).
Grundnutzen  Grundnutzen beschreibt den technisch-funktionalen Nutzen eines Produk-
tes. Dazu zählen bspw. die Reinigungswirkung einer Seife und die Schutz- und Wärme-
funktion von Kleidung.
Handel, nicht- bzw. halbstationärer  Zum nicht- bzw. halbstationären Handel zählen
bspw. Wochenmärkte, Verkaufsfahrzeuge (bspw. zur Brötchen- und Fischversorgung
auf dem Land), Kaffee-Verkaufsfahrten sowie Verkaufs- und Ordermessen.
Handel, stationärer  Der stationäre Handel weist feste Standorte (Ladenlokale) auf, die
ein potenzieller Käufer aufsuchen muss, um Einkäufe zu tätigen. Hierzu zählen u. a.
Waren- und Kaufhäuser sowie Tankstellen und Verbrauchermärkte.
Handelsfunktionen  Handelsfunktionen sind die Aufgaben, die die Institutionen des
Handels im Rahmen der akquisitorischen und/oder der physischen Distribution
übernehmen.
Handelsmarke  Bei der Handelsmarke handelt es sich um Zeichen, mit denen ein
Handelsunternehmen Waren versieht, um diese im Wettbewerbsumfeld zu differenzie-
ren. Der Eigentümer der Markenrechte ist hier das Handelsunternehmen.
Handelspanel  Ein Handelspanel liefert Informationen über die Verkäufe in den unter-
schiedlichen Vertriebsformen. Hierzu werden bei den gleichen Absatzmittlern in regel-
mäßigen Abständen gleiche Sachverhalte erhoben. Durch diese Form der Längsschnitt-
analysen können Veränderungen im Zeitablauf erkannt werden.
576 Glossar

Handelsvertreter  Handelsvertreter sind rechtlich selbstständige Gewerbetreibende und


damit betraut, für andere Unternehmen Geschäfte zu vermitteln oder diese in deren
Namen abzuschließen. Sie agieren damit im Namen und für Rechnung eines Unter-
nehmens oder mehrerer Unternehmen. Für ihre Leistungen erhalten sie primär eine
variable Vergütung, die sich am erzielten Umsatz bzw. generell an der Zielerreichung
orientiert.
Hautwiderstandsmessung (auch elektrodermale Reaktion/EDR bzw. psycho-
galvanische Reaktion/PGR)  Bei der Hautwiderstandsmessung wird die Aktivierung
des Körpers ermittelt. Grundlage hierfür ist die mit einer steigenden Aktivierung zu-
nehmende Schweißabsonderung, die sich als erhöhte Leitfähigkeit der Haut für Strom
ermitteln lässt.
Herstellermarke   Vgl. Markenartikel
High-Interest-Produkt  High-Interest-Produkte sind Produkte, denen aufgrund ihrer Art,
ihres Gebrauchs- oder Verbrauchsumfeldes, ihrer Langfristigkeit und/oder ihres Preises
seitens des Käufers bzw. Nutzers ein hohes Interesse entgegengebracht wird.
Image  Ein Image (i. S. eines Bildes) ist die Summe aller Vorstellungen, Kenntnisse, Er-
fahrungen einer Person oder einer Personengruppe, die diese gegenüber einem Objekt
(Unternehmen, Dienstleistung, Produkt, Marke) oder gegenüber einer Person oder
einer Personengruppe (Schauspieler, Orchester) aufweist. Das Image wirkt in hohem
Maße handlungssteuernd.
Inbound-Telefon-Marketing (auch passives Telefon-Marketing)  Beim Inbound-Tele-
fon-Marketing reagiert ein Unternehmen auf hereinkommende Telefonate.
Influencer-Marketing (auch Social-Influencer-Management) Das Influencer-Marke-
ting macht sich das zweistufige Kommunikationsmodell („Two Step Flow Model“) zu-
nutze. Hierbei werden Meinungsführer gezielt in den Informationsprozess zu den
„finalen“ Zielpersonen eingebunden. Da ein Meinungsführer häufig mehrere Personen
erreichen kann, nimmt er die Funktion eines Multiplikators ein. Damit kann diese Per-
son durch positive Stellungnahmen Wert für das Unternehmen schaffen – oder durch
negative Statements vernichten.
Innovation  Innovation steht für die „Einführung von etwas Neuem“ und zusätzlich für
die „Erneuerung von Bestehendem“. Innovation kann sich sowohl auf Produkte und
Dienstleistungen beziehen (Produkt- oder Dienstleistungsinnovation; allgemein auch
Angebotsinnovation), als auch auf Prozesse, bspw. im Produktions- oder Vermarktungs-
bereich (Prozessinnovation). Werden neue Geschäftsmodelle entwickelt oder
bestehende Geschäftsmodelle weiterentwickelt, handelt es sich um Geschäfts-
modell-Innovationen.
Interessenten-Management  Beim Interessenten-Management handelt es sich um die
Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle aller Maßnahmen, die eine Person
oder ein Unternehmen zum Interessenten eines Unternehmens oder eines bestimmten
Angebotes entwickeln sollen. In diese Phase fallen alle M ­ aßnahmen eines Unter-
nehmens zur Akquisition neuer Kunden. Mit Interessenten-­Management wird eine
Phase im Kundenbeziehungslebenszyklus beschrieben.
Glossar 577

Inter-Media-Selektion  Bei der Inter-Media-Selektion geht es um die Fragestellung, wel-


che Medien im Rahmen einer Kommunikationskampagne eingesetzt werden sollen.
Hier wird bspw. darüber entschieden, ob Werbung im TV, im Radio, in Printmedien
oder online geschaltet werden soll.
Internal Branding  Internal Branding strebt als ganzheitlicher Führungsansatz an, dass
sich die Mitarbeiter und Führungskräfte eines Unternehmens nicht nur in hohem Maße
kunden- und vertriebsorientiert, sondern auch markenkonform verhalten.
Internes Marketing  Beim internen Marketing werden die klassischerweise auf externe
Zielgruppen ausgerichteten Instrumente des Marketings (insb. der Kommunikation)
auf den unternehmensinternen Bereich und damit die eigenen Führungskräfte und Mit-
arbeiter ausgerichtet.
Interview  Ein Interview ist eine mündliche oder fernmündliche Befragung eines Pro-
banden. Ein Proband ist eine Versuchs- oder Testperson.
Intra-Media-Selektion  Die Intra-Media-Selektion beinhaltet die Auswahl der Medien
im Rahmen der Media-Planung, die innerhalb einer Werbeträgergruppe eingebunden
werden sollen. Beim Einsatz von TV-Werbung stellt sich dann die Frage, ob ein TV-
Spot in der ARD, im ZDF, bei RTL oder bei VOX geschaltet werden soll.
Intra-Werbemittel-Selektion pro Werbeträger Die Intra-Werbemittel-Selektion pro
Werbeträger beinhaltet im Rahmen der Media-Planung nach der Entscheidung für
einen Werbeträger die Auswahl des einzusetzenden Werbemittels. Bei einer Ent-
scheidung für Online als Medium schließt sich bspw. die Frage an, ob Werbebanner,
Keyword-Anzeigen oder Social Media Ads eingesetzt werden sollen.
Investitionsgüter  Investitionsgüter sind Produkte und Dienstleistungen, die von Einzel-
personen oder Organisationen zur Erzeugung anderer Produkte oder Dienstleistungen
erworben und damit einer produktiven Verwendung zugeführt werden.
Joint Venture  Ein Joint Venture (i.  S. „gemeinsames Risiko“) ist ein Gemeinschafts-
unternehmen, das von mindestens zwei Unternehmen neu gegründet wird, um ge-
meinsam bestimmte Ziele zu erreichen.
Kaufakt  Beim Kaufakt handelt es sich um den vollzogenen Kauf.
Kaufentscheidung, extensive  Bei einer extensiven Kaufentscheidung erfolgen eine in-
tensive Beschäftigung und eine umfassende Abwägung möglicher Vor- und Nachteile
der verfügbaren Angebote, bevor eine Kaufentscheidung erfolgt.
Kaufentscheidung, habituelle Bei der habituellen Kaufentscheidung ist die Ent-
scheidungsfindung aufgrund früherer Erfahrungen extrem verkürzt und erfolgt quasi
gewohnheitsmäßig, ohne erneut die Vor- und Nachteile eines Kaufs zu ­hinterfragen.
Kaufentscheidung, impulsive (auch Impulskauf)  Bei der impulsiven Kaufentscheidung
erfolgt eine Entscheidung spontan und damit ungeplant. Eine vorgelagerte Aus-
einandersetzung mit dem Kauf hat hier nicht stattgefunden.
Käufermarkt  Beim Käufermarkt hat der Käufer aufgrund eines Überangebotes die do-
minierende Marktposition inne.
Kaufhaus  Das Kaufhaus ist eine Betriebsform des Einzelhandels, die meist in der Innen-
stadt über ausgedehnte Verkaufsräume verfügt und ein tief gegliedertes, branchen-
578 Glossar

homogenes Sortiment aufweist. Beratung und offene Warenpräsentation in Selbst-


bedienung sowie verschiedene Preislagen sind hier anzutreffen. Solche Kaufhäuser
können sich bspw. auf Mode konzentrieren.
Kaufkraft  Die Kaufkraft kennzeichnet den Geldbetrag, der einem Nachfrager oder eine
Gruppe von Nachfragern für Einkäufe zur Verfügung steht.
Key-Account-Management (auch Schlüsselkunden-Management)  Beim Key-­
Account-­Management handelt es sich um eine Ausgestaltung der Vertriebsorganisation
eines Unternehmens, die sich an der Wertigkeit der Kunden orientiert. Hier werden für
Großkunden eigene Vertriebsmitarbeiter (die sogenannten Key-­ Account-­
Manager)
oder Gruppen von Vertriebsmitarbeitern eingesetzt.
Keyword-Anzeigen (auch Sponsoren-Links)  Keyword-Anzeigen sind meist über Ge-
botsverfahren vergebene Platzierungen auf den Ergebnisseiten von Suchmaschinen.
Diese Fundergebnisse werden dort als Anzeigen gekennzeichnet.
Kommissionär  Kommissionäre übernehmen es gewerbsmäßig, Waren oder Wertpapiere
für Rechnung eines anderen (Kommittent) im eigenen Namen zu kaufen oder zu ver-
kaufen. Sie unterliegen besonderen Weisungen des Kommittenten (bspw. in Gestalt von
Preisrichtlinien) und erhalten für abgeschlossene Verträge eine meist umsatzabhängige
Provision (Kommission).
Kommunikationspolitik  Zur Kommunikationspolitik gehören die Planung, Organisa-
tion, Durchführung und Kontrolle der betrieblichen Aktivitäten, die die Entwicklung
und die Umsetzung aller Maßnahmen zur Darstellung des Unternehmens, seiner
Leistungsträger sowie seiner geschaffenen Produkte und Dienstleistungen im Markt
und in der weiteren Öffentlichkeit umfassen. Dazu zählen insb. die Werbung, die Ver-
kaufsförderung und die Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations).
Konkurrenzanalyse   Vgl. Wettbewerbsanalyse
Konsumgüter  Konsumgüter sind körperliche Produkte, die Einzelpersonen oder private
Haushalte kaufen, um sie einer konsumtiven Verwendung zuzuführen. Das bedeutet,
dass diese Produkte für den eigenen Ge- oder Verbrauch bestimmt sind und keiner
gewerblichen Nutzung unterliegen.
Konzepttest  Im Rahmen eines Konzepttests wird kein physisch vorliegendes Produkt be-
wertet. Um einen Test vorzunehmen, wird lediglich die Produktkonzeption beschrieben
(i. d. R. inkl. Zeichnungen), um dem Probanden eine Produktvorstellung zu vermitteln,
die dieser bewerten soll.
Kostenführerschaft  Bei der Kostenführerschaft handelt es sich um eine Wettbewerbs-
position eines Unternehmens, die auf einem Kostenvorsprung gegenüber den relevan-
ten Wettbewerbern basiert.
Kundenbeziehungslebenszyklus (auch Customer Life Cycle)  Der Kundenbeziehungs-
lebenszyklus gliedert die über die Zeit definierte Beziehung eines Individuums zu
einem Unternehmen in die drei Phasen Interessenten-Management, Kundenbindung-/
Kundenentwicklungs-Management und Rückgewinnungs-­Management. Im Zuge eines
CRM kommen im Rahmen dieser Phasen unterschiedliche Marketing-Strategien und
verschiedene Ausprägungen des Marketing-­Diamanten zum Einsatz.
Glossar 579

Kundenbindung  Kundenbindung beschreibt das Ziel eines Unternehmens, die Be-


ziehung zwischen einem Kunden und einem Unternehmen so zu gestalten, dass diese
langfristig trägt, profitabel ist und der Kunde im Idealfall seinen Share of Wallet bei
diesem Unternehmen kontinuierlich erhöht.
Kundenbindungs-Management  Beim Kundenbindungs-Management handelt es sich
um die Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle aller Maßnahmen, die eine
Person oder ein Unternehmen langfristig an ein Unternehmen binden sollen. Hierzu
werden vom anbietenden Unternehmen verschiedene Maßnahmen eingesetzt. Mit
Kundenbindungs-Management wird auch eine Phase im Kundenbeziehungslebens-
zyklus beschrieben.
Kundenclub  Bei einem Kundenclub organisiert ein Unternehmen für Kunden ein über
die Kernleistungen des Unternehmens hinausgehendes Leistungsangebot, welches
nicht nur die Herausgabe einer Kundenkarte beinhaltet. Flankierend hierzu erfolgt eine
kontinuierliche, dialogorientierte Kommunikation.
Kundenkarte  Eine Kundenkarte stellt ein meist als Plastikkarte ausgestaltetes Konzept
dar, das zur Kundenbindung eingesetzt wird. Hierbei handelt es sich um eine normierte
Karte in der Größe eine Kredit- oder Giro-Karte, die verschiedene Speichermedien
(Barcode, Magnetstreifen, Chip) aufweist. Hierdurch wird die Möglichkeit geschaffen,
den Kunden beim Einsatz der Karte individuell zu identifizieren.
Kundenkarte, virtuelle  Eine virtuelle Kundenkarte ist körperlich nicht fassbar und er-
laubt bspw. eine Online-Sammlung von Punkten.
Kundenmagazin  Ein Kundenmagazin ist ein als Zeitschrift oder als Zeitung aufbereitetes
Kommunikationsmedium, welches auf die eigenen Kunden ausgerichtet und diesen
meist kostenlos zur Verfügung gestellt wird.
Kundenmanagement, wertorientiertes Beim wertorientierten Kundenmanagement
geht es im Kern um die Auswahl und Bearbeitung profitabler Kundenbeziehungen. Zu
den Aufgaben des wertorientierten Kundenmanagements gehören die Selektion, der
Aufbau, die Gestaltung, die Erhaltung und die Beendigung von Geschäftsbeziehungen
zu einzelnen Kunden oder Kundengruppen auf Basis von deren Wertbeiträgen zu defi-
nierten Unternehmenszielen. Das wertorientierte Kundenmanagement umfasst damit
die Auswahl der zu gewinnenden und zu h­ altenden Kunden sowie die Ausgestaltung
der Kundenbetreuung orientiert am Kundenbeziehungslebenszyklus.
Kundenwert  Der Kundenwert bildet den Maßstab zur Beurteilung der Werthaltigkeit
einer Kundenbeziehung. In die Ermittlung des Kundenwertes können unterschiedliche
monetäre und nicht-monetäre Größen einfließen. Der Kundenwert, etwa in Gestalt des
Customer Lifetime Values (CLV), gibt bspw. den Deckungsbeitrag an, den ein Kunde
während seines gesamten „Kundenlebens“ realisiert. Neben historischen Umsätzen
werden meist auch zukünftig erwartete Umsätze berücksichtigt.
Ladentest (auch Storetest)  Beim Ladentest werden Produkte in einer beschränkten An-
zahl von Geschäften (häufig 10 bis 30) innerhalb des realen Sortiments eines Handels-
geschäfts testweise verkauft. Hierdurch soll möglichst schnell ermittelt werden, wie die
Akzeptanz eines neuen Produktes ausfällt.
580 Glossar

Lead User  Unter Lead Usern werden trendführende Verwender oder Kunden verstanden,
die dem Mainstream als Trendsetter vorauseilen und mit ihren Anforderungen, Er-
wartungen und/oder Ideen einen nachhaltigen Einfluss auf den Massenmarkt haben
können. Sie lassen sich kennzeichnen als Kunden mit Bedürfnissen hinsichtlich Pro-
dukten und Dienstleistungen, welche für den Massenmarkt erst später relevant werden.
Zusätzlich lassen sich Lead-User auch dadurch charakterisieren, dass sie wahr-
genommene Bedürfnisse kommunizieren – auch gegenüber relevanten Anbietern – und
teilweise bereits über Ideen zur Problemlösung verfügen. Lead User gehören häufig zur
Gruppe der Innovatoren bzw. der Kreativen, die für bestehende Aufgaben selbst Lösun-
gen finden, wenn der Markt solche noch nicht bereitstellt.
Lead-User-Konzept  Beim Lead-User-Konzept werden wichtige Kunden sehr frühzeitig
in den unternehmerischen Innovationsprozess eingebunden.
Lean-Start-up-Methode  Bei der Lean-Start-up-Methode wird ein Geschäftsmodell bzw.
ein Produkt oder eine Dienstleistung sehr marktnah entwickelt, indem bereits im Zuge
des Entwicklungsprozesses kontinuierlich Feedback potenzieller Kunden eingeholt
wird. Hierbei kommt es zu einem Bauen-Messen-Lernen-­Kreislauf, der wiederholt
durchlaufen wird (Iteration), um Innovationen schrittweise zu entwickeln (inkremen-
telles Vorgehen) und schnell zu überzeugenden Leistungen zu kommen.
Listbroker  Listbroker sind Unternehmen, die werbetreibenden Unternehmen Adressen
vermitteln, ohne dass die als Listbroker bezeichneten Unternehmen selbst Eigentümer
der Adressen sind. Sie treten folglich als Makler für Adressen auf.
Low-Interest-Produkt  Low-Interest-Produkte sind Produkte, denen aufgrund ihrer Art,
ihres Gebrauchs- oder Verbrauchsumfeldes, ihrer kurzen Nutzungsphase und/oder ihres
geringen Preises seitens des Käufers bzw. Nutzers nur ein geringes Interesse entgegen-
gebracht wird.
Mailing (auch Direct Mail, Werbebrief, White Mail) Ein Mailing ist eine papier-
gestützte, adressierte werbliche Ansprache von Zielpersonen auf postalischer Basis, die
als Einzelansprache oder als Massenansprache ausgestaltet sein kann.
Makro-Umwelt  Die Makro-Umwelt beschreibt die weitere Umwelt des Unternehmens,
die dieses bei der Ausgestaltung seiner Aktivitäten zu berücksichtigen hat. Dazu zählen
insb. die sozio-kulturelle, die technologische, die ökonomische sowie die politisch-recht-
liche Umwelt. Aus diesen können Anforderungen an das Unternehmen resultieren.
Gleichzeitig wirkt das Unternehmen mit seinen Tätigkeiten in diese Bereiche hinein.
Marke  Unter Marke wird ein Name oder Begriff, oft verbunden mit einem bestimmten
Zeichen oder Symbol, verstanden, welcher bei den relevanten Zielpersonen zu einer
Differenzierung im Wettbewerb beitragen soll.
Marken-Akademie   Vgl. Brand Academy
Markenartikel (auch Herstellermarke) Markenartikel sind Produkte, die sich durch
eine Markierung und/oder einen Markennamen auszeichnen und damit eine – häufig
auch über Ländergrenzen und über längere Zeitspannen hinweg  – einheitliche Auf-
machung aufweisen. Sie zeichnen sich durch eine relativ hohe Qualität bzw. durch
einen hohen eigenen Qualitätsanspruch aus. Diese Qualitätsorientierung geht mit einer
Glossar 581

relativ hohen Preisstellung einher. Das „relativ“ bezieht sich auf die relevanten Wett-
bewerbsangebote. „Absender“ der Markenartikel ist das herstellende Unternehmen,
welches den Markenartikel konzipiert und produziert bzw. produzieren lässt. Deshalb
wird statt von Markenartikel auch von Herstellermarke gesprochen – in Angrenzung
zur Handelsmarke.
Markenwertschöpfungskette  Die Markenwertschöpfungskette misst im Zeitablauf dif-
ferenziert den Erfolg der eingesetzten Marketing-Instrumente anhand von KPIs (Key
Performance Indicators). Die Markenwertschöpfungskette gibt Aufschluss über den
Erfolg der eingesetzten Marketing-Instrumente in der jeweiligen Zielgruppe und defi-
niert gleichzeitig die als besonders relevant erachteten Ziele. Die Markenwert-
schöpfungskette beinhaltet zum einen wertschaffende Aktivitäten. Zu den hier ge-
tätigten Investitionen zählen bspw. Kampagnen zum Aufbau von Markenbekanntheit
und zur Imageaufladung. Zum anderen umfasst die Markenwertschöpfungskette auch
wert(ab)schöpfende Aktivitäten. Zu diesen zählen – i. S. des „Return on Investment“ –
u. a. die Käufe von Kunden sowie deren Weiterempfehlungen.
Marketing  Marketing kennzeichnet das Konzept der marktorientierten Unternehmens-
führung und umfasst die Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle aller
marktorientierten Aktivitäten. Marketing stellt zum einen das Leitbild des Manage-
ments für die Unternehmensführung dar. Zum anderen bezeichnet Marketing auch eine
Funktion, die neben Beschaffung, Produktion, Human Resources, Controlling die Auf-
gabenbereiche eines Unternehmens beschreibt.
Marketing-Analyse (auch Marketing-Forschung)  Marketing-Analysen umfassen alle
Aktivitäten, die im Zuge der Planung, Organisation, Durchführung und K ­ ontrolle von
Marketing-Maßnahmen eingesetzt werden, um die Anforderungen aus der Mikro- und
der Makro-Umwelt sowie die Auswirkungen des eigenen Marketings auf diese Be-
reiche zu erfassen und zu bewerten.
Marketing-Audit  Marketing-Audit („Audit“ engl. für „Überprüfung“ oder „Rechnungs-
prüfung“) beinhaltet eine kritische Reflexion einzelner oder aller Marketing-­Aktivitäten
eines Unternehmens. Das Marketing-Audit kann strategisch oder operativ aus-
gerichtet sein.
Marketing-Automation  Marketing-Automation bezeichnet die selbständige Auslösung
von wiederkehrenden Marketing-Aktivitäten. Das Ziel der Marketing-­Automation be-
steht in der Steigerung der Effizienz von Marketing-Prozessen und Steigerung der
Effektivität der Marketing-Maßnahmen. Im Kern geht es hierbei meistens um
Kommunikationsanstöße, die systemseitig (d. h. ohne weitere menschliche Eingriffe)
aufgrund des Vorliegens bestimmter Trigger (Auslösefaktoren) erfolgen.
Marketing-Controlling  Zum Marketing-Controlling gehören alle Aktivitäten, die zur
Überwachung und Steuerung des gesamten Marketing-Management-­Prozesses ein-
gesetzt werden. Das Marketing-Controlling soll die Gesamtheit der Marketing-­
Aktivitäten laufend, systematisch und kritisch analysieren und Beiträge zur Erkennung
und Ausschöpfung von Erfolgspotenzialen leisten.
582 Glossar

Marketing-Diamant  Der Marketing-Diamant wird gebildet durch die Instrumente der


Produkt- und Programmpolitik, der Preis- und Konditionenpolitik, der Distributions-
politik, der Kommunikationspolitik und der Personalpolitik. Der Marketing-­Diamant
stellt eine Weiterentwicklung des klassischen Marketing-Mix dar, der die Produkt- und
Programmpolitik, die Preis- und Konditionenpolitik, die Distributionspolitik und die
Kommunikationspolitik umfasst.
Marketing-Execution  Unter Marketing-Execution ist der konkrete Einsatz von Marke-
ting-Strategien sowie der Marketing-Instrumente i. S. der Umsetzung zur Erreichung
von Marketing-Zielen zu verstehen. Die Marketing-Execution beschreibt die Um-
setzung bzw. die Implementierung von Maßnahmen.
Marketing-Forschung   Vgl. Marketing-Analyse
Marketing-Instrumente  Die Marketing-Instrumente umfassen die Produkt- und
Programmpolitik, die Preis- und Konditionenpolitik, die Distributionspolitik und die
Kommunikationspolitik. In neueren Werken wurden diese vier Marketing-­Instrumente
um die Personalpolitik ergänzt. Es wird auch von den „4 Ps“ (Product, Price, Promo-
tion, Place) bzw. den „5 Ps“ (Product, Price, Promotion, Place, People) gesprochen.
Marketing-Management  Das Marketing-Management umfasst den Prozess der Marke-
ting-Forschung, um in einem Planungsprozess die Marketing-Ziele, die Marke-
ting-Strategien, die Marketing-Maßnahmen sowie den Prozess zur Implementierung zu
definieren. Der Implementierungsprozess wird durch die Marketing-­Organisation ge-
tragen und im Hinblick auf die Erreichung der definierten Ziele durch ein Marke-
ting-Controlling überwacht.
Marketing-Mix  Die spezifische Ausgestaltung der Marketing-Instrumente eines Unter-
nehmens bildet in Summe den Marketing-Mix dieses Unternehmens.
Marketing-Organisation  Die Marketing-Organisation beinhaltet die formalen Fest-
legungen des Marketing-Bereichs. Dazu zählen die Aufbauorganisation (u.  a. das
Organigramm des Marketing-Bereichs) wie auch die Ablauforganisation (bspw. der
Prozess der Kommunikationsplanung oder zur Entwicklung neuer Produkte).
Marketing-Planung  Die Marketing-Planung stellt das Bindeglied zwischen Information
und Aktion im Marketing-Bereich dar. Sie basiert auf einer umfassenden Marketing-Ana-
lyse des eigenen Unternehmens sowie der Mikro- und Makro-Umwelt. Die Marke-
ting-Planung beinhaltet im Kern die Definition der Marketing-Ziele sowie die Fest-
legung der zu ihrer Erreichung geeigneten Marketing-­Strategien und die Beschreibung,
wie der Marketing-Diamant auszugestalten ist. Im Zuge der Marketing-Planung gilt es
auch, die zur Zielerreichung relevante Marketing-Execution sowie die flankierenden
Systeme des Marketing-­Controllings sowie der Marketing-Organisation festzulegen.
Marketing-Strategie  Marketing-Strategien sind langfristig wirkende Grundsatzent-
scheidungen eines Unternehmens, die auf die Erreichung der übergeordneten Marke-
ting-Ziele ausgerichtet sind.
Marketing-Ziel  Ein Marketing-Ziel ist ein angestrebter Zielzustand eines Unternehmens.
Dieser Zielzustand soll durch den Einsatz von Marketing-Strategien und den Einsatz
spezifischer Marketing-Instrumente erreicht werden. Diese Marketing-­Execution wird
Glossar 583

idealerweise flankiert durch das Marketing-­Controlling und unterstützt durch die Mar-
keting-Organisation.
Markt  Ein Markt ist eine (gedankliche) Zusammenfassung aller Geschäftsbeziehungen
zwischen aktuellen und potenziellen Anbietern und Nachfragern für ein bestimmtes
Gut bzw. ein bestimmtes Güterspektrum zu einem bestimmten Zeitpunkt und bezogen
auf einen bestimmten Raum. Der Markt kann so konkrete Gestalt annehmen wie ein
Wochenmarkt. Ein Markt kann aber auch so abstrakt sein wie der globale Arbeitsmarkt
bzw. der globale Energie- und Kapitalmarkt.
Marktanteil  Der Marktanteil ergibt sich als Verhältnis zwischen dem von einem Unter-
nehmen im Betrachtungszeitraum erzielten Umsatz (z. T. auch Absatz) in Relation zu
dem im gleichen Betrachtungszeitraum durch alle dort tätigen Unternehmen erzielten
Gesamtumsatz (z.  T. auch Gesamtabsatz). Dieser Gesamtabsatz wird Marktvolumen
genannt. Der Marktanteil wird in Prozent ausgedrückt.
Marktanteil, relativer  Der relative Marktanteil ergibt sich als Verhältnis zwischen dem
von einem Unternehmen im Betrachtungszeitraum erzielten Umsatz (z. T. auch Absatz)
in Relation zu dem im gleichen Betrachtungszeitraum vom größten Wettbewerber er-
zielten Umsatz (z. T. auch Absatz). Der relative Marktanteil hat keine Wertebezeichnung.
Marktausschöpfungsgrad  Der Marktausschöpfungsgrad ergibt sich aus der Division
des Marktvolumens durch das Marktpotenzial. Der Marktausschöpfungsgrad wird in
Prozent ausgedrückt. Der Marktausschöpfungsgrad ist eine M ­ aßgröße dafür, welches
Marktwachstum in einem Markt zukünftig noch erreicht werden kann.
Marktlebenszyklus  Der Marktlebenszyklus beschreibt die Nachfrageentwicklung für
ein bestimmtes Marktsegment (bspw. Tablet-PCs, Wäschetrockner) über mehrere Pro-
dukt- und/oder Technologiegenerationen hinweg. Es wird – wie beim Produktlebens-
zyklus im engeren Sinne  – zwischen den Phasen Einführung, Wachstum, Reife und
Sättigung unterschieden.
Marktpotenzial  Das Marktpotenzial beschreibt die potenzielle Aufnahmefähigkeit eines
Marktes für ein Gut und kennzeichnet damit die maximal mögliche Absatzmenge bzw.
den maximal erreichbaren Umsatz und stellt einen prognostizierten Wert dar.
Marktsegmentierung  Die Marktsegmentierung versucht, einen Markt unter Zugriff auf
bestimmte Merkmale in homogenere Teilmärkte aufzuteilen, die sich für eine Markt­
bearbeitung anbieten. Die zur Segmentierung eingesetzten Merkmale werden
Segmentierungskriterien genannt. Beispiele hierfür sind bspw. Alter, Geschlecht, Kauf-
kraft bei Konsumenten. Bei Unternehmen können die Branche, die Rechtsform und die
Anzahl der Mitarbeiter zur Segmentierung verwendet werden.
Marktsegmentierung, mikrogeografische  Die mikrogeografische Marktsegmentierung
analysiert auf kleinräumiger Basis das Kauf- und Informationsverhalten von Konsu-
menten. Hierzu wird eine Vielzahl von kaufverhaltensrelevanten Informationen aus
verschiedenen Quellen über Konsumenten zusammentragen. Die in einer geografisch
definierten Zelle zusammengefassten Haushalte werden als homogen angesehen und
mit einem „Stempel“ i. S. einer Zuordnung zu einem bestimmten Merkmals- und Ver-
haltensmuster versehen.
584 Glossar

Markttest  Beim Markttest handelt es sich um einen probeweisen Verkauf eines neuen
Produktes oder den probeweisen Einsatz eines veränderten Marketing-­Diamanten auf
einem regional abgegrenzten Markt mit dem Ziel, die Wirkungen auf das Informations-
und Kaufverhalten der Zielpersonen im Vorfeld einer Einführung auf dem Gesamt-
markt zu ermitteln.
Markttest, regionaler  Im Rahmen eines regionalen Markttests erfolgt eine temporäre
Einführung eines Produktes in einem räumlich begrenzten Teilmarkt. Voraussetzung
für die Übertragbarkeit der hierbei erzielten Ergebnisse auf den Gesamtmarkt ist die
Repräsentativität des Teilmarktes für den Gesamtmarkt. Durch Markttests lassen sich
nicht nur die Reaktionen der Käufer, sondern auch die Akzeptanz im Handel sowie
mögliche Reaktionen der Wettbewerber ermitteln.
Marktvolumen  Das Marktvolumen bezieht sich auf den bereits realisierten Umsatz oder
Absatz für ein entsprechendes Gut oder auf einen in naher Zukunft prognostizierten
Umsatz bzw. Absatz.
Mediaplanung  Die Mediaplanung umfasst die zeitliche und instrumentelle Aufteilung
des Kommunikationsbudgets auf die zur Verfügung stehenden Werbeträger und Werbe-
mittel. Die Zielsetzung besteht darin, eine optimale Verteilung des Kommunikations-
budgets hinsichtlich der angestrebten Kommunikationsziele zu erreichen.
Messe  Eine Messe ist eine zeitlich befristete Veranstaltung mit Marktcharakter, auf der
sich Unternehmen einzelner Branchen (Spezialmesse) oder mehrerer Branchen (Uni-
versalmesse) mit ihrem Leistungsangebot präsentieren. Sie finden in regelmäßigen Ab-
ständen an gleichen Orten statt. Eine Messe kann sich an Fachbesucher und/oder an die
breite Öffentlichkeit wenden.
Mikro-Umwelt  Die Mikro-Umwelt definiert den unmittelbaren Aktionsraum eines
Unternehmens und umfasst neben den Kunden und Lieferanten auch die Wettbewerber
und die Kapitalgeber.
Mobile Marketing  Unter Mobile Marketing ist die Planung, Organisation, Durchführung
und Kontrolle von Marketing-Maßnahmen zu verstehen, die ein Unternehmen durch
eine Kontaktaufnahme über mobile Endgeräte betreibt. Werden Informationen oder
Dienstleistungen direkt auf den räumlichen Aufenthaltsort der Zielpersonen aus-
gerichtet, spricht man von Location-based Services.
Monitoring  Monitoring sucht durch Datenanalyse Antworten auf die Frage: Was passiert
momentan? Monitoring steht für das unmittelbare, systematische Beobachten, Erfassen
und damit Überwachen von Prozessen und Entwicklungen, um auf Basis der ge-
wonnenen Erkenntnisse ggf. sofort in laufende Prozesse einzugreifen.
More Sell  More Sell zielt darauf ab, einen bereits gewonnenen Kunden zum wiederholten
Erwerb der gleichen Produkte oder Dienstleistungen desselben Unternehmens zu moti-
vieren. Hierdurch strebt das Unternehmen an, den Umsatz pro Kunde – auch bei glei-
chen Produkten – zu erhöhen.
Multi-Channel-Vertrieb  Beim Multi-Channel-Vertrieb werden parallel verschiedene
Vertriebskanäle (bspw. Online- und Offline-Vertrieb) eingesetzt, um möglichst viele
Glossar 585

Zielgruppen zu erreichen. Die eingesetzten Kanäle stehen hier weitgehend unver-


bunden nebeneinander.
Multivariates Verfahren Multivariate Verfahren analysieren bei statistischen Be-
rechnungen mehr als zwei Variablen gleichzeitig (bspw. das Alter, das Geschlecht und
das Einkommen).
Nachfrage  Unter Nachfrage ist ein kaufkraftgestützter Bedarf zu verstehen.
Nachfragemacht  Nachfragemacht beschreibt die Möglichkeit von Käufern, aufgrund
ihrer überlegenen Marktsituation gegenüber den Lieferanten ihre eigenen Interessen in
hohem Maße durchzusetzen.
Nachkaufdissonanz (auch „Post Decisional Regret“)  Mit Nachkaufdissonanz wird ein
Phänomen beschrieben, welches nach dem Erstkauf insb. bei Käufern von höher-
preisigen Gütern oder bei Produkten, die eine längere Nutzungsdauer aufweisen, auf-
tritt. Es handelt sich um eine Verunsicherung des Käufers, ob tatsächlich das richtige
Angebot gewählt wurde. Dieses Phänomen stellt sich ein, weil sich der Käufer für ein
Angebot (mit dessen Schwächen) und damit gegen eine mögliche Vielzahl von Alter-
nativen (mit deren spezifischen Stärken) entschieden hat. Es ist eine spezifische Aus-
prägung der kognitiven Dissonanz.
Neukundenakquisition  Neukundenakquisition bezeichnet die Planung, Organisation,
Durchführung und Kontrolle aller Maßnahmen, die ein Unternehmen einsetzt, um erst-
malig Personen oder Unternehmen zum Einstieg in die kaufende Beziehung zum eige-
nen Unternehmen zu motivieren.
Neuro-Marketing  Neuro-Marketing bezeichnet zum einen die Analyse von Informations-
aufnahme- und Informationsverarbeitungsprozessen sowie von Entscheidungs-
prozessen im menschlichen Gehirn. Hier geht es um den informationsbeschaffenden
Aspekt des Neuro-Marketings. Zum anderen bezieht sich Neuro-Marketing auch auf
die Ausgestaltung der Marketing-Instrumente, wenn hierbei Erkenntnisse der
Neuro-Marketing-Forschung einfließen. Dies ist der informationsnutzende Aspekt des
Neuro-Marketings.
No-Name-Produkt (auch Gattungsmarke, Generic)  No-Name-Produkte sind Konsum-
güter, die teilweise eine bewusst einfach gehaltene Verpackung aufweisen, im niedrigs-
ten Preissegment angesiedelt sich und über keinen produktspezifischen Markennamen
verfügen. Das Produkt wird hier schlicht als „Mehl“, „Papiertaschentücher“ etc. be-
zeichnet. Gattungsmarken verbinden unterschiedliche Produkte aus dem gesamten
Sortiment eines Einzelhändlers.
Non-Profit-Marketing  Non-Profit-Marketing bezeichnet den Einsatz der Marketing-­
Instrumente in Unternehmen oder sonstigen Institutionen, die keine Gewinnerzielungs-
absicht verfolgen. Die Marketing-Instrumente sollen hier dazu beitragen, bspw. soziale
Ziele („Gurt im Auto anlegen“, Spenden für Amnesty International), umweltbezogene
Ziele („Wasser sparsam verwenden“), glaubensbezogene Ziele, Bildungsziele oder
politische Ziele (etwa in der Parteienwerbung im Wahlkampf) zu erreichen
Nutzen  Nutzen bezeichnet das Maß an Bedürfnisbefriedigung, das für ein Individuum,
eine Gruppe oder eine organisatorische Einheit aus der Inanspruchnahme einer Leis-
586 Glossar

tung, dem Kauf eines Produktes oder dem Erwerb einer Dienstleistung entsteht. Beim
Nutzen wird zwischen Grund- und Zusatznutzen unterschieden.
Objektivität  Objektivität bezeichnet – bspw. bei Forschungsprojekten – das Fehlen von
subjektiven Einflüssen. Ist eine Objektivität gegeben, dann werden die gleichen Ergeb-
nisse erreicht, unabhängig davon, welcher Forscher hier tätig war. Die Objektivität be-
zieht sich auf die Durchführung der Datenerhebung, die Auswertung der Daten und die
Interpretation der Ergebnisse. Die Objektivität des Forschers und des Forschungs-
ansatzes stellt eine notwendige Bedingung für die Gewinnung von vertrauenswürdigen
und damit von „belastbaren“ Informationen dar.
Omni-Channel-Vertrieb  Der Omni-Channel-Vertrieb strebt eine „nahtlose“ Betreuung
der Kunden über verschiedene Betriebskanäle an, um den Kunden bestmöglich zu be-
treuen. Die Aktivitäten auf den verschiedenen Kanälen sind hier untereinander ab-
gestimmt und miteinander verzahnt.
One-to-Many  One-to-Many ist eine Form der Marktkommunikation, bei der ein Kom-
munikator (bspw. ein Unternehmen) eine Botschaft – nach Marktsegmenten differen-
ziert  – aussendet. Die einem Segment zuzurechnenden Personen werden folglich in
gleicher Weise angesprochen. Unterschiede gibt es dagegen zwischen den Ansprachen
von verschiedenen Segmenten.
One-to-Mass  One-to-Mass ist eine Form der Marktkommunikation, bei dem ein Kom-
munikator (bspw. ein Unternehmen) eine Botschaft undifferenziert an die Allgemein-
heit aussendet.
One-to-One  One-to-One ist eine Form der Marktkommunikation, bei dem ein Kommu-
nikator (bspw. ein Unternehmen) eine Botschaft personalisiert und ggf. auch individua-
lisiert genau auf eine Zielperson ausrichtet.
One-to-One-Marketing  One-to-One-Marketing beschreibt eine Ausgestaltung des Mar-
ketings (häufig primär der Kommunikation, in Ansätzen auch der Leistungserbringung),
die sich in ihrer Idealausprägung an den spezifischen Bedürfnissen jedes einzelnen
Kunden orientiert und diesen mit individuell aufbereiteten Angeboten anspricht.
Online-Community (auch Internet-Community, Online-Gemeinschaft)  Eine Online-­
Community ist eine virtuelle Gemeinschaft von Online-Nutzern, die ihre Zusammen-
gehörigkeit durch eine häufig intensive Interaktion untereinander zum Ausdruck brin-
gen. Vielfach besteht die Möglichkeit, dass Nutzer eigene Texte, Bilder oder Videos als
Beitrag in die Community einbringen. Darüber hinaus können meist auch Beiträge
anderer Mitglieder der Community genutzt, kommentiert und/oder verändert werden.
Online-Marketing  Online-Marketing umfasst die Planung, Organisation, Durchführung
und Kontrolle aller marktorientierten Aktivitäten, die sich des Internets sowie stationä-
rer und/oder mobiler Endgeräte mit Internet-Zugang zur Erreichung von Marke-
ting-Zielen bedienen.
Open-Innovation-Modell  Das Open-Innovation-Modell greift neben den intern ge-
wonnenen Impulsen für Innovationen auch fremde Anregungen und Innovationen auf.
Hierzu werden externe Entwicklungspartner wie Kunden, aber auch Lieferanten, Hoch-
Glossar 587

schulen, Forschungsinstitute, offensiv in die eigenen Innovationsprozesse eingebunden.


Hierdurch soll das eigene Innovationspotenzial erweitert werden.
Organizational Citizenship Behavior Das Organizational Citizenship Behavior be-
schreibt individuelle und freiwillige Verhaltensweisen von Unternehmen, die außerhalb
der klassischen Rollenerwartungen an Unternehmen liegen. Das gezeigte Verhalten
(bspw. eine besondere soziale Verantwortung zu übernehmen) wird durch die formalen
Entlohnungssysteme von Unternehmen i. d. R. nicht direkt oder explizit sanktioniert.
Gleichwohl können diese Verhaltensmuster zur Leistungssteigerung von Organisatio-
nen beitragen und deren Ansehen in der allgemeinen Öffentlichkeit erhöhen und hier-
durch zur Erreichung von weiteren Unternehmenszielen beitragen.
Outbound-Telefon-Marketing (auch aktives Telefon-Marketing) Beim Outbound-­
Telefon-­Marketing setzt ein Unternehmen aktiv das Telefon ein, um den Kontakt zu
Zielpersonen herzustellen. Die Aufgabe kann von Unternehmensmitarbeitern und/oder
von entsprechenden Dienstleistern übernommen werden.
Outside-in-Prozess  Beim Outside-in-Prozess wird externes Wissen in den unternehmens-
internen Innovationsprozess integriert, um diesen zu beschleunigen, anzureichern
und – soweit Kunden einbezogen werden – konsequent auf (zukünftige) Kundenbedarfe
auszurichten.
Panel  Das Panel ist ein Instrument der Marktforschung, bei dem ein gleicher Kreis von
Adressaten in regelmäßigen Abständen zu identischen Themen befragt wird. Das Panel
kann sich aus Konsumenten, Haushalten, Spezialisten oder Unternehmen (bspw.
Einzelhändlern) zusammensetzen. Durch die wiederholte Befragung gleicher Adressa-
ten gelingt es, Veränderungen im Verhalten über die Zeit bei einer identischen Stich-
probe zu identifizieren. Bei entsprechender Anlage der Panels können die Ergebnisse
repräsentativ für die Grundgesamtheit sein und damit auf diese hochgerechnet werden.
Pay per Use/Pay as You Go  Bei dieser Preisstrategie bezahlt der Nutzer statt für die
Produkte selbst lediglich für die bereitgestellte Leistung.
Penetrationspreisstrategie (auch Penetration Pricing)  Die Penetrationspreisstrategie
ist eine wettbewerbsorientierte Niedrigpreisstrategie bei der Einführung von neuen
Produkten, um möglichst schnell eine Vielzahl von Kunden für das eigene Produkt zu
gewinnen. Im Laufe der Zeit wird der Preis kontinuierlich erhöht.
Percentage-of-Sales-Methode  Die Percentage-of-Sales-Methode stellt ein Verfahren zur
Bestimmung des Werbebudgets dar, bei dem sich die Budgethöhe als Prozentwert vom
Umsatz des vergangenen oder des zukünftigen Jahres ableitet. Analog kann auch der
erwartete oder in der Vergangenheit erwirtschaftete Gewinn die Bemessungsgrundlage
darstellen.
Permission  Eine Permission ist eine spezifische Erlaubnis, die ein Interessent oder ein
Kunde einem Unternehmen hinsichtlich des „erlaubten“ Weges der Kontaktaufnahme
(bspw. per E-Mail, Telefon, Fax, Push Notifications) erteilt. Die Erlaubnisse können
sich auch auf den Zugriff auf die Kamera, auf das Mikrofon, auf die Kontaktdaten u. a.
beziehen. Permissions können jederzeit durch den Interessenten oder Kunden wider-
588 Glossar

rufen werden. Unternehmen sind rechtlich verpflichtet, diese Erlaubnisse zur Kontakt-
aufnahme zu beachten.
Persona   Eine Persona ist ein fiktiver Archetyp, der die Zielgruppe repräsentiert und ihr
„ein Gesicht“ geben soll. Ein Persona wird beschrieben wie echte Personen  – mit
Namen, Beruf, Lebensgeschichte, aktueller Beschäftigung. Häufig wird der Persona
auch ein Foto zugeordnet, um sich im wahrsten Sinne ein „Bild“ von ihr zu machen.
Personalpolitik  Die Personalpolitik umfasst die Planung, Organisation, Durchführung
und Kontrolle der unternehmerischen Maßnahmen, die dazu beitragen, den Führungs-
kräften und Mitarbeitern in der Wertschöpfungskette einen gleichen Stellenwert wie
anderen Marketing-Instrumenten einzuräumen, um eine angestrebte Marktposition zu
erreichen. Ziel der Personalpolitik ist häufig die Schaffung eines Internal Brandings.
Personal Selling (auch persönlicher Verkauf)  Beim Personal Selling findet im Zuge der
Akquisition von Kunden ein unmittelbarer Kontakt zwischen dem Verkäufer und dem
potenziellen Käufer statt.
Planung  Die Planung stellt das Bindeglied zwischen Information und Aktion dar und ist
ein informationsbeschaffender, informationsverarbeitender und willensbildender Pro-
zess. Bei Planung geht es u.  a. um Entscheidungen, welche Projekte in Angriff
genommen und welche verworfen werden. Bei diesen Entscheidungen wird jeweils
versucht, die Konsequenzen der Entscheidungen durch Wirkungs- oder Entwicklungs-
prognosen „vorherzusehen“. Deshalb ist Planung das Treffen von Entscheidungen
unter gleichzeitiger Antizipation (i. S. der Vorwegnahme) der damit verbundenen Wir-
kungen. Planung ist eine geistige Vorwegnahme zukünftigen Handelns.
Point of Purchase (POP, auch Point of Sale/POS)  Point of Purchase bzw. Point of Sales
bezeichnet den Ort, an dem der Kauf bzw. der Verkauf stattfindet. Käufe und Verkäufe
können online oder offline stattfinden.
Portfolio-Analyse  Die Portfolio-Analyse stellt ein Verfahren der strategischen Analyse
und Planung dar, bei dem die gegenwärtige Marktposition von Produkten, strategischen
Geschäftseinheiten, Unternehmen oder Ländern sowie die weiteren Marktaussichten
untersucht und dargestellt werden, um darauf basierend strategische Ableitungen vor-
zunehmen.
Preis  Der Preis bezeichnet aus Käufersicht den Betrag, der beim Erwerb eines Produktes
oder einer Dienstleistung zu entrichten ist. Aus Anbietersicht stellt der Preis den Betrag
dar, der beim Verkauf eines Produktes oder einer Dienstleistung erhoben wird, um
spezifische Unternehmens- und/oder Marketing-Ziele zu erreichen.
Preis-Absatz-Funktion (PAF) Die Preis-Absatz-Funktion ist die geometrische Ab-
bildung des Zusammenhangs zwischen verschiedenen Preishöhen und den damit ver-
bundenen Absatzmengen des entsprechenden Gutes.
Preisbindung, vertikale  Bei der vertikalen Preisbindung werden gewerbliche Abnehmer
verpflichtet, gegenüber dem Endkäufer bestimmte Preise einzuhalten.
Preisdifferenzierung  Bei der Preisdifferenzierung werden für (nahezu) gleiche Leistun-
gen unterschiedliche Preise verlangt, die nach verschiedenen Kriterien fest-
gelegt werden.
Glossar 589

Preisführerschaft  Die Preisführerschaft hat das Unternehmen inne, welches eine Preis-
veränderungsrunde in einer Branche einleitet – sei es nach oben oder unten.
Preis- und Konditionenpolitik  Zur Preis- und Konditionenpolitik gehören die Planung,
Organisation, Durchführung und Kontrolle der betrieblichen Aktivitäten zur Festlegung
und Durchsetzung von Preisen und Konditionen für die Vermarktung des unter-
nehmerischen Leistungsangebotes. Dazu zählen insb. die d­ ynamischen und statischen
Preisstrategien, die Rabatt- und Skontogewährung sowie die Festlegung von Liefe-
rungs- und Zahlungsbedingungen.
Pre-Sales-Services  Pre-Sales-Services bezeichnen Dienstleistungen, die von einem
Unternehmen im Vorfeld eines Kaufaktes zu dessen Vorbereitung bzw. Anbahnung er-
bracht werden.
Pretest  Ein Pretest ist ein Marktforschungsinstrument, durch dessen Einsatz die Wirkun-
gen geplanter Marketing-Maßnahmen  – vor derem umfassenden Einsatz  – in einem
Testumfeld ermittelt werden.
Primärforschung (auch Feldforschung oder Field Research)  Bei der Primärforschung
handelt es sich um die (u. U. erstmalige) Gewinnung von Informationen über interes-
sierende Sachverhalte. Hierzu können bspw. Befragungen, Beobachtungen und/oder
Experimente durchgeführt werden. Weil man „ins Feld“ geht, um die gewünschten In-
formationen zu erheben, wird auch von Feldforschung oder Field Research gesprochen.
Product Placement  Beim Product Placement erfolgt eine Einbindung (Platzierung) von
Produkten, Dienstleistungen oder entsprechenden Marken in nicht werbliche Umfelder.
Dies können bspw. Spielfilme, Reportagen, Shows und Verbrauchersendungen sein.
Auch in redaktionellen Beiträgen von Zeitungen und Zeitschriften kann eine solche
Einbindung erfolgen, ohne dass dies als Werbung herausgestellt und/oder unmittelbar
sichtbar wird. Die Einbindung erfolgt häufig gegen finanzielle oder sachliche Zu-
wendungen und muss rechtlichen Anforderungen genügen.
Produktdifferenzierung (auch Line Extension)  Eine Produktdifferenzierung liegt vor,
wenn neben das ursprüngliche Produkt eine veränderte Produktversion tritt. Durch die
Produktdifferenzierung erweitert sich die Programmtiefe des Anbieters, weil innerhalb
einer Produktlinie ein weiteres Angebot erfolgt. Deshalb wird auch von Line Extension
gesprochen. Gleiches gilt bei der Vermarktung von Dienstleistungen.
Produktelimination  Durch eine Produktelimination werden Produkte aus dem unter-
nehmerischen Produktprogramm bzw. dem Sortiment ausgesondert, weil jene nicht
mehr zur Erreichung von Unternehmens- und/oder Marketing-Zielen beitragen. Glei-
ches gilt bei der Vermarktung von Dienstleistungen.
Produktlebenszyklus im engeren Sinne  Der Produktlebenszyklus im engeren Sinne be-
schreibt die Nachfrageentwicklung für ein bestimmtes Produkt über mehrere Produkt-
versionen hinweg (gilt analog für Dienstleistungen). Es wird zwischen den Phasen Ein-
führung, Wachstum, Reife und Sättigung unterschieden.
Produktlebenszyklus im weiteren Sinne  Beim Produktlebenszyklus im weiteren Sinne
werden die zentralen Phasen Einführung, Wachstum, Reife und Sättigung des Produkt-
590 Glossar

lebenszyklus im engeren Sinne durch die vorgelagerte Entstehungsphase und durch die
nachgelagerte Entsorgungsphase erweitert (gilt analog für Dienstleistungen).
Produkt-Markt-Matrix (auch Ansoff-Matrix)  Die Produkt-Markt-Matrix ist ein Ana-
lyseraster zur Ermittlung von strategischen Stoßrichtungen zur Expansion eines Unter-
nehmens. Es können Anhaltspunkte für eine Marktdurchdringung, eine Produkt- und/
oder Marktentwicklung sowie für eine Diversifikation gewonnen werden.
Produkt- und Programmpolitik  Die Produkt- und Programmpolitik umfasst die Pla-
nung, Organisation, Durchführung und Kontrolle der betrieblichen Maßnahmen zur
Entwicklung und Umsetzung des Leistungsangebots eines Unternehmens. Dazu zählen
insb. die Entwicklung, Führung und Elimination von Produkten und Dienstleistungen,
die Ausgestaltung der Verpackung, das Branding sowie Entscheidungen hinsichtlich
der Ausgestaltung des Angebotsprogramms.
Produkttest  Beim Produkttest geht es im Zuge einer experimentellen Untersuchung
darum, neue oder modifizierte Produkte durch Testpersonen (meist Angehörige der
Zielgruppe) nach Ansicht und/oder Ge- oder Verbrauch bewerten zu lassen. Um einen
Produkttest durchzuführen, muss ein komplett fertiggestelltes Angebot bzw. ein ent-
sprechender Prototyp vorliegen.
Produktvariation  Bei einer Produktvariation bleibt das ursprüngliche Produkt in seiner
Grundkonzeption erhalten, aber einzelne Bestandteile werden im Laufe der Zeit ver-
ändert und/oder modernisiert. In diesem Fall löst das variierte Produkt das Vorgänger-
angebot ab. Durch eine Produktvariation verändert sich folglich weder die Programm-
tiefe noch die Programmbreite.
Profilanalyse  Die Profilanalyse beinhaltet im Kern die Ermittlung von Strukturen (auch
Profile genannt) im eigenen Kunden- oder Interessenten-Bestand. Hierdurch können
Segmente sichtbar werden, die differenziert bearbeitet werden sollten (vgl. Segmentie-
rung, transaktionsorientierte). Die Profilanalyse gehört zum analytischen CRM.
Profit Center Das Profit Center ist ein nach bestimmten Kriterien (bspw. Produkte/
Dienstleistungen, Kunden, Regionen, Funktionen) abgegrenzter organisatorischer
Leistungsbereich im Unternehmen, der über eine eigenständige Marktaufgabe sowie
einen gewissen strategischen Entscheidungsspielraum verfügt und die volle Gewinn-
und Verlustverantwortung trägt. Unter Gewinn- und Verlustverantwortung ist zu ver-
stehen, dass das Management dieser Einheit an den Ergebnissen des entsprechenden
Bereichs persönlich gemessen wird  – mit einem direkten Einfluss auf die erfolgs-
abhängigen Vergütungsbestandteile.
Public Relations (PR, auch Öffentlichkeitsarbeit)  Public Relations als Instrument der
Kommunikationspolitik beinhalten den Aufbau positiver Beziehungen zwischen dem
Unternehmen und der breiten Öffentlichkeit. Die Zielgruppe geht über die Ist- und
Ziel-Kunden sowie die Interessenten hinaus und umfasst politische Entscheidungs-
träger, die allgemeine Öffentlichkeit, die Medien, Investoren, Aktionäre, Lieferanten,
Wettbewerber und schließt auch die eigenen wie auch zukünftige Mitarbeiter ein. Ge-
mäß dem PR-Grundsatz „Tue Gutes und rede darüber“ strebt das Unternehmen im
Glossar 591

Rahmen von PR-Kampagnen danach, ein möglichst positives Bild von sich in der
Öffentlichkeit aufzubauen
Pull-Kommunikation   Im Online-Marketing wird von Pull-Kommunikation gesprochen,
wenn sich eine Zielperson die gewünschten Informationen aus dem Internet „heraus-
zieht“. Dies gelingt bspw. über den Einsatz der Suchmaschinen, den Einsatz des Con-
tent-Marketings, das Anklicken von Keyword-Anzeigen sowie das gezielte Aufsuchen
von Anbieter- oder Preisvergleichsseiten. Auch das Engagement in Blogs und On­
line-Communitys kann gezielt zur Gewinnung von Informationen durch interessierte
Personen und damit als Ausdruck dieser Pull-­Kommunikation verstanden werden.
Pull-Strategie (auch Sprungwerbung)  Bei der Pull-Strategie wird der Endkunde (Ver-
braucher oder Unternehmen) vom Hersteller selbst umworben, damit dieser auf den
Handel zugeht und die Produkte und Dienstleistungen quasi „aus dem Absatzkanal
herauszieht“ („Pull“ entspricht „Ziehen“). Da hier der Handel übersprungen wird,
nennt man die Strategie bei einer werblichen Zielsetzung auch Sprungwerbung.
Push-Kommunikation  Zur Push-Kommunikation zählen Online-Aktivitäten von Unter-
nehmen, die Informationen aktiv an die Nutzer herantragen. Dazu gehören bspw.
SMS-Botschaften, E-Mails und E-Newsletter sowie Bannerwerbung, die ggf. gezielt
auf die Internet-Nutzer ausgerichtet werden. Deshalb wird hier auch von Push-Nach-
richten bzw. Push Notifications gesprochen.
Push-Strategie   Die Push-Strategie beschreibt das Vorgehen eines Herstellers, der ver-
sucht, seine Produkte in den Absatzkanal hineinzudrücken („Push“ entspricht „Drü-
cken“). Dies erfolgt unter der Prämisse, dass sich der Handel aktiv für den Verkauf der
Produkte einsetzen wird, wenn er diese erst im Sortiment führt.
QR-Code  Das „QR“ im QR-Code steht für „Quick Response“. Durch das Scannen und
damit Auslesen eines QR-Codes gelangt der Nutzer über das Internet zu weiteren Infor-
mationen. Dies können konkrete Angebote, weiterführende Nachrichten oder ganz all-
gemein eine Corporate Website sein.
Rabatt  Rabatt ist ein Preisnachlass für Waren und/oder Dienstleistungen, die auf einen
Listenpreis gewährt werden (z. T. auch Bonus genannt). Die Empfänger von Rabatten
können die Endkunden („Konsumentenrabatt“) oder Vertriebspartner sein. Man unter-
scheidet zwischen Funktionsrabatt (auch Händlerrabatt) für Vertriebspartner sowie
Mengenrabatt, Zeitrabatt und Treuerabatt.
Rack Jobber (auch Regalgroßhändler)  Ein Rack Jobber ist ein Großhändler, der seine
Waren in anderen Handelsbetrieben auf dort angemieteten Verkaufsflächen – meist mit
eigenen Regalen – anbietet.
Realtime Advertising (auch Programmatic Advertising bzw. Programmatic Ad Buy-
ing)  Beim Realtime Advertising werden Online-Werbeflächen in Echtzeit versteigert.
Realtime Advertising beschreibt den Prozess einer automatisierten und datengestützten
Mediaplanung, um Werbe-Inventar in Echtzeit auktionsbasiert zu erwerben und auto-
matisiert an vorab definierte Zielgruppen auszusteuern.
592 Glossar

Reaktanz  Reaktanz stellt sich ein, wenn sich ein Individuum einer ungewünschten Be-
einflussung ausgesetzt fühlt und sich durch eine Trotzreaktion dem erwarteten Ver-
halten entzieht. Reaktanz ist das Gegenstück zur Akzeptanz.
Reichweite (auch Reach)  Unter Reichweite wird die Anzahl bzw. der Anteil von Perso-
nen verstanden, die mit einem oder mehreren Werbeträgern oder Werbemitteln in Kon-
takt kommen. Bei der quantitativen (globalen) Reichweite geht es um die Frage, welche
Zahl von Personen angesprochen wird, unabhängig davon, ob diese zur jeweiligen Ziel-
gruppe gehören. Bei der qualitativen (zielgruppenspezifischen) Reichweite wird er-
mittelt, welche Zahl an Zielpersonen erreicht wird.
Reisender  Ein Reisender ist ein Angestellter eines Unternehmens, der im Außendienst
für die Kundenakquisition und die Kundenpflege verantwortlich ist.
Relaunch  Der Relaunch (i. S. eines Neustarts) ist ein Prozess, den ein Unternehmen in
der Sättigungs- und Rückgangsphase des Produktlebenszyklus durchführt, um vor-
handenen Produkten „neues Leben“ einzuhauchen. Ein Relaunch kann einen kommu-
nikativen Schwerpunkt haben, ein Produkt-Facelifting i.  S. einer Weiterentwicklung
der „Produktoberfläche“ in Gestalt des Designs aufweisen und/oder durchgreifende
Produktveränderungen zum Inhalt haben. Auch bei Dienstleistungen kann es zu einem
Relaunch kommen.
Reliabilität  Reliabilität beschreibt die „Zuverlässigkeit“ bzw. die „Genauigkeit“ einer
Untersuchung. Hierbei geht es um die Frage, ob unter gleichen Rahmenbedingungen
bei einer erneuten Datengewinnung die gleichen Ergebnisse erzielt würden.
Repräsentativität  Repräsentativität ist gegeben, wenn die auf Stichprobenbasis ge-
wonnenen Erkenntnisse auf eine Grundgesamtheit hochgerechnet werden können.
Voraussetzung hierfür ist, dass die Struktur der Stichprobe als Teilmenge die Grund-
gesamtheit gut abbildet, d. h. repräsentiert.
Response (auch Reaktion)  Response ist die durch eine kommunikative Ansprache aus-
gelöste Reaktion i. S. einer Antwort des Angesprochenen. Dies kann eine Rückfrage,
eine Informationsanforderung, ein App-Download, eine Bestellung oder ein Kauf sein.
Responseanalyse  Eine Responseanalyse ist die Auswertung der Daten von Reagierern
auf eine oder mehrere Marketing-Aktionen. Die Daten können Antworten auf eine
Werbeaktion, die Einlösung von Coupons, Bestellungen, Anfragen oder Käufe be-
schreiben. Durch eine Responseanalyse werden die Struktur der Reagierer und deren
genaues Verhalten analysiert, um Folgemaßnahmen zu optimieren.
Responseelement (auch Antwortelement)  Ein Responseelement bietet dem Empfänger
einer Botschaft die Möglichkeit zur Reaktion. Responseelemente sind bspw. ein On-
line- oder Offline-Coupon, eine Antwortkarte, ein Bestellformular oder ein QR-Code.
Response-Management  Das Responsemanagement beinhaltet die Gesamtheit der Maß-
nahmen, die für eine Erfassung und Bearbeitung der Response aus Marketing-­
Aktivitäten eingesetzt werden.
Responsequote (auch Reaktionsquote oder Conversion Rate)  Die Responsequote
stellt in Prozentwerten dar, wie viele Reaktionen bspw. in Relation zu den ein-
Glossar 593

gesetzten Werbemitteln zu verzeichnen waren. Die Responsequote ist eine zen­


trale Kennzahl des Marketings.
Responseverstärker (auch Early Bird)  Ein Responseverstärker ist ein ausgelobter Vor-
teil, der den Empfänger einer Botschaft motivieren soll, (schnell) zu reagieren. Hier-
durch soll die Responsequote gesteigert werden. Ein Responseverstärker kann ein zeit-
lich befristeter Preisnachlass oder ein Geschenk sein, das dem Reagierer versprochen
wird, wenn er schnell reagiert.
Rating- und Review-Management Das Rating- und Review-Management strebt an,
möglichst viele qualitativ hochwertige und positive sogenannte Social Signals von
Kunden zu gewinnen. Dazu gehören Kommentare, Shares, Likes und Bewertungen, die
auf verschiedenen Plattformen abgegeben werden können. Hierdurch sollen die ver-
schiedenen Conversions erhöht werden, die ein Unternehmen anstrebt  – vom Web-
site-Besuch über den Content-Download, die Gewinnung einer E-Mail-Permission bis
zu Store-Visits (online wie offline) und App-Downloads.
Rückgewinnungs-Management (auch Churn-Management)  Beim Rückgewinnungs-­
Management handelt es sich um die Planung, Organisation, Durchführung und Kon­
trolle aller Maßnahmen, um eine Person oder ein Unternehmen für einen Anbieter als
Kunden zurückzugewinnen. Mit Rückgewinnungs-­Management wird auch eine Phase
im Kundenbeziehungslebenszyklus beschrieben.
Sales-Services  Sales-Services bezeichnen Dienstleistungen, die von einem Unternehmen
während eines Kaufaktes zu dessen Unterstützung erbracht werden.
Sammelkarten  Sammelkarten sind papiergestützte Konzepte der Kundenbindung, auf
denen Käufe – meist personen- und zeitpunktunabhängig – durch Stempel, Wertmarken
o. Ä. erfasst werden.
Scoring-Modell (auch Nutzwertanalyse, Punktbewertungsverfahren) Das Scoring-­
Modell ermöglicht eine Bewertung von unterschiedlichen Objekten anhand von Er-
fahrungswerten und soll zur Objektivierung von Entscheidungen beitragen. Die Be-
wertung erfolgt anhand von unterschiedlich gewichteten Kriterien durch die Vergabe
von Punkten (Scores) pro Kriterium. Sie bietet eine systematische und nachvollzieh-
bare Unterstützung in komplexen Entscheidungssituationen. Scoring-Modellen kom-
men bspw. bei der Auswahl von Neuproduktideen, bei der Auswahl von Vertriebs-
partnern und Mitarbeitern sowie zur Bewertung von Investitionsstandorten zum Einsatz.
Auch Bonitätsauskünfte basieren auf Scoring-­Modellen.
Screening  Screening ist eine Vorauswahl, wenn verschiedene Optionen (bspw. Neu-
produktideen) auf ihre grundsätzliche Eignung geprüft werden sollen. Hierbei erfolgt
häufig eine Selektion anhand sogenannter „Must“-Kriterien, die die Alternativen un-
bedingt erfüllen müssen
Segmentierung, akquisitionsorientierte  Die akquisitionsorientierte Segmentierung de-
finiert, welche Personen oder Unternehmen bzw. Gruppen ein Unternehmen als Kun-
den gewinnen möchte. Hier geht es um die „Definition des Beuterasters“.
Segmentierung, transaktionsorientierte Die transaktionsorientierte Segmentierung
wird bei den bereits gewonnenen Interessenten und Kunden eines Unternehmens ein-
594 Glossar

gesetzt, soweit über diese Daten vorliegen. Um eine individuellere Betreuung zu er-
reichen, werden die im Zuge der Transaktionen zwischen Interessenten bzw. Kunden
einerseits und dem Unternehmen andererseits gewonnen Daten ausgewertet.
Sekundärforschung (auch Desk Research)  Die Sekundärforschung umfasst die Gewin-
nung von Informationen über interessierende Sachverhalte, wobei auf bereits vorliegende
Erkenntnisse und/oder Studien zugegriffen wird. Es können bspw. Online-Recherchen
sowie eine Sichtung der Studien einschlägiger Marktforschungsunternehmen durch-
geführt werden. Weil man diese Art der Forschung vom Schreibtisch aus betreiben kann,
wird auch von Desk Research gesprochen.
Servitization  Servitization beschreibt eine Entwicklung, bei der produzierende Unter-
nehmen ihr Leistungsportfolio von physischen Produkten weg hin auf Dienstleistungen
und/oder eine Kombination von Sachgütern und Dienstleistungen ausrichten.
Share of Mind   Share of Mind misst die Bekanntheit und die Vertrautheit des Kunden mit
dem Angebot eines Unternehmens im Vergleich zu dem der Wettbewerber.
Share of Wallet (auch Share of Basket)  Share of Wallet ist der Anteil eines spezifischen
Anbieters „am Einkaufskorb“ i. S. des getätigten Umsatzes eines Kunden, den dieser in
einer spezifischen Produktkategorie (bspw. Drogerieartikel oder Bekleidung) tätigt.
Der Share of Wallet wird für die jeweils interessierende Produktgruppe ermittelt und
stellt damit den Marktanteil eines Anbieters am Umsatz in dieser Produktgruppe bei der
analysierten Person dar.
Shopping-Center  Ein Shopping-Center ist ein als Gesamtanlage geplantes Einkaufs-
zentrum, welches verschiedene Einzelhandelsformate und Dienstleistungsanbieter
räumlich zusammenführt.
Shopping Good  Shopping Goods sind eher seltener gekaufte und häufig auch im höheren
Preissegment liegende Produkte (bspw. Anzüge, Schuhe, Möbel) oder Dienstleistungen
(etwa Finanzanlagen, Urlaubsreisen), bei denen der Kunde bereit ist, für das Einkaufen
Zeit und Energie zu investieren. Er vergleicht verschiedene Angebote, sucht unter-
schiedliche Einkaufsstätten auf und ist offen für Informationen und Beratung, da sein
Präferenzsystem noch nicht festliegt.
Skimming Pricing   Vgl. Abschöpfungspreisstrategie
Skonto (auch Barzahlungsrabatt)  Skonto ist ein Preisnachlass, der gewährt wird, wenn
die Bezahlung einer Rechnung innerhalb eines bestimmten Zeitraums erfolgt.
Sleeper-Quote  Die Sleeper-Quote nennt den prozentualen Anteil an ausgegebenen
Kundenkarten, die nicht oder nicht in der notwendigen Frequenz eingesetzt ­werden.
Die Sleeper-Quote kann auch für Apps ermittelt werden, die zwar heruntergeladen,
aber nicht genutzt werden.
Social-Media-Marketing  Social-Media-Marketing umfasst die Planung, Organisation,
Durchführung und Kontrolle von Maßnahmen, bei denen sich ein Unternehmen zur
Erreichung von Marketing-Zielen der sozialen Medien bedient.
Sortiment  Das Sortiment wird gebildet durch die Gesamtheit der von einem Handels-
unternehmen angebotenen Produkte und Dienstleistungen.
Glossar 595

Sortimentsbreite (auch Programmbreite)  Die Sortimentsbreite wird definiert durch die


Anzahl der unterschiedlichen Produktlinien bzw. Produktkategorien, die ein Unter-
nehmen parallel im Angebot führt.
Sortimentstiefe (auch Programmtiefe)  Die Sortimentstiefe beschreibt die Anzahl der
unterschiedlichen Produkte bzw. Produktvarianten, die ein Unternehmen innerhalb
einer Produktlinie anbietet.
Soziale Medien (auch Social Media)  Unter dem Begriff soziale Medien werden On-
line-Medien subsumiert, die es den Internet-Nutzern ermöglichen, einen Informations-
austausch online durchzuführen, der weit über die klassische E-Mail-Kommunikation
hinausgeht. Zu den sozialen Medien zählen neben sozialen Netzwerken und Media-
Sharing-Plattformen auch Blogs, Online-Foren und Online-Communitys.
Specialty Good Specialty Goods sind seltener gekaufte und häufig auch im höheren
Preissegment liegende Produkte (bspw. Anzüge, Schuhe, Möbel) oder Dienstleistungen
(etwa Finanzanlagen, Urlaubsreisen), bei denen der Kunde bereit ist, für das Einkaufen
Zeit und Energie zu investieren. Dabei ist das Präferenzsystem des Kunden – in Ab-
grenzung zu den Shopping Goods – schon ausgebildet. Bei den Specialty Goods sucht
der Kunde nach einer ganz bestimmten Marke bzw. einem ganz bestimmten Anbieter.
Sponsoring  Sponsoring umfasst die Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle
von Maßnahmen, bei denen das unterstützende Unternehmen (Sponsor) einem Emp-
fänger (Gesponsorter) Geld-, Sach- und/oder Dienstleistungen zur Verfügung stellt. Im
Gegenzug verpflichtet sich der Empfänger, auf die Unterstützung des Sponsors durch
verschiedene Kommunikationsmaßnahmen aufmerksam zu machen. Dem Sponsoring
liegt das Prinzip der Gegenseitigkeit zugrunde.
Stärken-Schwächen-Analyse  Die Stärken-Schwächen-Analyse ist eine Methode der
Unternehmensanalyse, mit der ein Unternehmen seine Positionierung im relevanten
Wettbewerberumfeld feststellen möchte. Stärken und Schwächen sind immer in Rela-
tion zu den relevanten Wettbewerbern auszuweisen.
Stichprobe  Eine Stichprobe ist eine Teilmenge der untersuchungsrelevanten Grund-
gesamtheit, für die bestimmte Erkenntnisse gewonnen werden sollen. Ist die Stichprobe
repräsentativ für die Grundgesamtheit gewählt, können die Ergebnisse der Stichprobe
auf die Grundgesamtheit hochgerechnet werden.
Storetest   Vgl. Ladentest
Storytelling  Beim Storytelling (zu Deutsch „Geschichtenerzählen“) werden Werte und
Informationen durch eine erzählte Geschichte vermittelt. Die präskriptive (d.  h. vor-
schreibende) Funktion einer solchen Erzählung wirkt Normen setzend und definiert
dadurch, welches die relevanten Werte von Unternehmen und Marke sind. Die de-
skriptive (d. h. beschreibende) Funktion liefert zusätzlich eine Vorstellung, in welcher
Form Werte konkret gelebt werden können und erleichtert hierdurch eine Umsetzung
ins eigene Tun.
Strategie  Eine Strategie beschreibt das längerfristig angestrebte Marktverhalten eines
Unternehmens, mit dem das Unternehmen seine Ziele erreichen möchte. Strategien
sind gekennzeichnet durch ihre langfristige Orientierung, bei denen häufig ein Zeit-
596 Glossar

horizont von drei Jahren und mehr zugrunde liegt. Strategien werden häufig für das
gesamte Unternehmen oder komplette strategische Geschäftsfelder (SGFs) oder strate-
gische Geschäftseinheiten (SGEs) entwickelt. Bei der Strategiearbeit erfolgt die Er-
arbeitung von Konzepten zur langfristigen Schaffung, Sicherung und Ausschöpfung
von Erfolgspotenzialen. Strategien definieren gleichzeitig die Rahmenbedingungen für
die operative Planung. Schließlich soll die operative Planung die sukzessive Umsetzung
der Strategien definieren.
Strategische Geschäftseinheit (SGE, auch strategisches Geschäftsfeld/SGF) Eine
strategische Geschäftseinheit definiert einen Ausschnitt aus dem unternehmerischen
Tätigkeitsbereich. Bei der Bildung von strategischen Geschäftseinheiten wird versucht,
möglichst homogene Produkt-Markt-Kombinationen zu finden, die eine eigenständige,
kundenbezogene Marktaufgabe umfassen. Für die strategischen Geschäftseinheiten
können eigenständige Strategien zum Aufbau bzw. zur Ausschöpfung von Erfolgs-
potenzialen entwickelt werden.
Streckengeschäft  Das Streckengeschäft ist eine Distributionsform, bei der ein (Groß-)
Händler Produkte (insb. Massengüter, wie bspw. Stahl, Kohle) unmittelbar vom Her-
steller an die Käufer liefern lässt.
Streuverluste  Streuverluste stellen nicht angestrebte Kontakte einer kommunikativen
Ansprache dar. Durch die Kommunikation werden immer wieder auch Personen oder
Unternehmen mit einem Werbeträger (einem TV-Spot, einer Anzeige, einer Beilage,
einem Mailing, einer E-Mail, einem Post, einem Online-Banner) erreicht, obwohl sie
nicht zur Zielgruppe gehören. Diese Kontakte stellen Streuverluste dar und sind das
Ergebnis einer nicht präzisen Aussteuerung der Kommunikationsmaßnahmen. Aller-
dings lassen sich Streuverluste auch durch ausgefeilte Optimierungsmaßnahmen meist
nicht vollständig vermeiden.
Suchmaschinen-Optimierung (SEO für Search Engine Optimization)  Durch die
Suchmaschinen-Optimierung versuchen Unternehmen durch eine spezifische Aus-
gestaltung ihres Internet-Auftritts, gute Platzierungen in den organischen Trefferlisten
der Suchmaschinen-Anbieter zu erreichen.
Suchmaschinen-Werbung (SEA für Search Engine Advertising; auch Keyword Ad-
vertising)  Bei der Suchmaschinen-Werbung schalten Unternehmen ­Werbebanner bei
passenden Suchanfragen im Umfeld der organischen Trefferliste der Suchmaschinen.
Diese werden auch Keyword-Anzeigen genannt.
Supermarkt  Der Supermarkt ist eine Betriebsform des Einzelhandels, die meist über
eine Verkaufsfläche von 400 bis ca. 800 qm verfügt und ein breiteres Lebensmittelsorti-
ment mit ca. 12.000 bis 25.000 Artikeln führt, welches häufig durch Non-Food-An-
gebote abgerundet wird. Bei offener Warenpräsentation und dominanter Selbst-
bedienung sind mittlere bis partiell niedrige Preislagen anzutreffen.
SWOT-Analyse (auch TOWS-Analyse) Die SWOT-Analyse analysiert die eigene
Leistungsfähigkeit im Lichte der relevanten Wettbewerber bei gleichzeitiger Bewertung
der zukünftigen Marktgegebenheiten. „SW“ steht für Strengths und Weaknesses (Stär-
ken und Schwächen) i. S. von komparativen Vor- oder Nachteilen des Unternehmens
Glossar 597

und deckt die interne Perspektive der Analyse ab. „OT“ steht für Opportunities und
Threats (Chancen und Risiken) und integriert die externe Perspektive in die Analyse.
Durch die anschließende Synthese von externer und interner Perspektive können stra-
tegische Ableitungen für die Weiterentwicklung des Unternehmens gewonnen werden.
Symbolic Management  Beim Symbolic Management werden zentrale Unternehmens-
und Markenwerte über Symbole oder symbolgleiche Handlungen (bspw. der Unter-
nehmensführung oder von einzelnen Mitarbeitern) in die relevanten Zielgruppen inner-
halb und außerhalb des Unternehmens kommuniziert.
Synergie (auch 2 + 2 = 5-Effekt)  Von Synergie wird gesprochen, wenn „das Ganze mehr
ist als die Summe seiner Teile“. Durch das geplante Zusammenwirken von mindestens
zwei Kräften kann beim Vorliegen von Synergie-Effekten mehr erreicht werden als
summiert durch den isolierten Einsatz der beiden Kräfte allein. Die hier wirksamen
Kräfte können Unternehmen, Abteilungen, Mitarbeiter, Technologien, Informationen
usw. sein.
Tachistoskop  Das Tachistoskop ist ein Apparat, durch den bspw. Abbildungen von zu
bewertenden Produkten nur für eine kurze Zeit (zwischen einer 1/1000 Sekunde und
drei Sekunden) gezeigt werden können. Hierdurch gelingt es, erste Erwartungen bzgl.
des gezeigten Produktes hinsichtlich der entsprechenden Produktkategorie sowie der
Positionierung zu erkennen. Es wird die Perzeption (Wahrnehmung) einzelner Ele-
mente ermittelt und der Anmutungs- und Aufforderungscharakter eines Produktes im
vorrationalen Raum erfasst, d.  h. noch bevor eine verstandesmäßige Bewertung der
Inhalte stattfinden konnte.
Trading-up  Trading-up bezeichnet einen Prozess, in dessen Verlauf Handelsunternehmen
ihr Leistungsangebot Schritt für Schritt verbessern.
Target Costing (auch Target Pricing)  Target Costing ist ein Vorgehen, bei dem sich die
Kostenziele eines Unternehmens aus den am Markt erzielbaren Preisen ableiten, um
kundenorientierte Preisstellungen zu erreichen. Der Preis eines Produktes wird nicht
durch eine Zuschlagskalkulation ermittelt, sondern retrograd kalkuliert. Das bedeutet,
dass die „vertretbaren“ Kosten rückwärts vom anvisierten Zielpreis am Markt aus-
gehend kalkuliert werden.
Tausenderpreis (auch Tausend-Kontakt-Preis/TKP, Cost per Mille/CPM) Der
Tausenderpreis drückt aus, wie viel es ein Unternehmen kostet, bspw. 1000 Leser oder
Seher zu erreichen. Der Tausenderpreis dient als Maßstab für die Wirtschaftlichkeit
eines Mediums. Er wird ermittelt, indem die Kosten der Schaltung durch die Anzahl der
Werbeträgerkontakte dividiert werden und das Ergebnis mit 1000 multipliziert wird. Im
Online-Marketing beschreibt der Wert CPM (Cost per Mille) die Kosten, die entstehen,
damit bspw. 1000 Personen die Chance haben, einen Online-Banner wahrzunehmen.
Tele-Shopping  Tele-Shopping (abgeleitet von Television) beschreibt die Vermarktung
von Produkten und Dienstleistungen über das Fernsehen. Hierfür werden spezielle
TV-Formate eingesetzt. Im Kern stellt es einen Versandhandel mit einem „TV-ge-
stützten, lebenden Katalog“ dar. Dazu werden in laufenden TV-Sendungen regelmäßig
unterschiedliche Angebote präsentiert, die zur sofortigen Bestellung anregen sollen.
598 Glossar

Testimonial  Ein Testimonial ist eine durch Sport, Film/Funk, Musik, Politik u.  a. be-
kannte Person, die sich in der Werbung zur Nutzung bestimmter Angebote bekennt und
zur Nachahmung anregt. Testimonials können auch Angehörige bestimmter Branchen
sein, denen für bestimmte Angebote (bspw. Taxifahrer für Autos oder Zahnärzte für
Zahncreme) eine besondere Kompetenz zugeschrieben wird.
Touchpoint  Touchpoints bezeichnen die Berührungspunkte eines (potenziellen) Kunden
mit einem Produkt, einer Dienstleistung, einer Marke oder einem Unternehmen.
Twitter  Twitter ist ein Informationsdienst im Internet. Registrierte Nutzer können eigene
Textnachrichten (maximal 280 Zeichen) eingeben und anderen zuleiten. Dieser
Kommunikationsprozess wird Twittern (entspricht „Zwitschern“) genannt. Die Bei-
träge werden als Tweets (entspricht „Piepsen“) bezeichnet, als chronologische Liste
dargestellt und können von interessierten Personen (hier als Follower bezeichnet) abon-
niert werden. Diese Tweets können auch kommentiert und/oder weitergeleitet werden.
Unique Advertising Proposition (UAP)  Bei der Unique Advertising Proposition wird
eine Alleinstellung einer Marke, eines Produktes oder einer Dienstleistung durch werb-
liche Aussagen und Behauptungen angestrebt, die im Gegensatz zu einem „originären“
Nutzenelement nicht einlösbar und häufig auch nur schwer zu kopieren sind. „Unique“
verdeutlicht, dass das Nutzenversprechen von der Zielperson entweder als einmalig
oder gegenüber anderen Alternativen zumindest als überlegen angesehen wird. „Adver-
tising Proposition“ bedeutet, dass das Nutzenversprechen allein durch werbliche Aus-
sagen begründet wird – und nicht durch reale Inhalte erfüllt wird.
Unique Passion Proposition (UPP) Bei der Unique Passion Proposition wird eine
Alleinstellung einer Marke, eines Produktes oder einer Dienstleistung dadurch an-
gestrebt, dass die Leidenschaft der dahinter agierenden Menschen sichtbar und erlebbar
wird. „Unique“ verdeutlicht, dass das Nutzenversprechen von der Zielperson entweder
als einmalig oder gegenüber anderen Alternativen zumindest als überlegen angesehen
wird. „Passion Proposition“ bedeutet, dass das Nutzenversprechen für die Zielperson
auf der Leidenschaft der Mitarbeiter basiert, die hinter einem Leistungsangebot stehen.
Diese Leidenschaft wird für die Kunden bei den Interaktionen mit diesem Unternehmen
erlebbar.
Unique Selling Proposition (USP)  Bei der Unique Selling Proposition wird eine Allein-
stellung einer Marke, eines Produktes oder einer Dienstleistung durch objektiv nach-
weisbare Nutzenversprechen angestrebt. „Unique“ verdeutlicht, dass das Nutzenver-
sprechen von der Zielperson entweder als einmalig oder gegenüber anderen Alternativen
zumindest als überlegen angesehen wird. „Selling Proposition“ bedeutet, dass die ob-
jektiven Nutzenversprechen für die Zielperson eine Kaufentscheidungsrelevanz be-
sitzen. Bei der Unique Selling Proposition liegen objektiv vorhandene Merkmale vor,
die nur ein Unternehmen erfüllt. Dies können bspw. der niedrigste Energieverbrauch,
die längste Haltbarkeit, der größte Vitaminanteil etc. sein.
Univariates Verfahren  Bei einem univariaten Verfahren wird bei einer statistischen Be-
rechnung nur eine Variable analysiert (bspw. nur das Alter oder nur das Geschlecht).
Unternehmenskultur   Vgl. Corporate Culture
Glossar 599

Unternehmensphilosophie  Die Unternehmensphilosophie ist eine Grundlage der Unter-


nehmenskultur und definiert durch eine Unternehmensvision und/oder Mission State-
ments die Wertebasis der Unternehmenstätigkeiten und die Richtung der weiteren
Unternehmensentwicklung.
Up-Sell  Up-Sell zielt darauf ab, einen bereits gewonnenen Kunden zum Erwerb höher-
wertiger Produkte oder Dienstleistungen desselben Unternehmens zu motivieren. Hier-
durch strebt das Unternehmen an, aus einem Kauf eine höhere Wertschöpfung zu
erzielen.
Validität  Die Validität bringt i.  S. von „Gültigkeit“ zum Ausdruck, ob im Zuge einer
Untersuchung tatsächlich das gemessen wurde, was zu messen vorgegeben wurde.
Verbrauchermarkt  Der Verbrauchermarkt ist eine Betriebsform des Einzelhandels, die
über ein branchenübergreifendes, breites Sortiment verfügt, wenig Beratung und kaum
weitere Services anbietet und ein preisgünstiges Sortiment in offener Warenpräsentation
aufweist. Selbstbedienung ist bei dieser häufig in Stadtrandlagen angesiedelten Be-
triebsform dominant.
Verbraucherpanel  Das Verbraucherpanel beinhaltet im Kern eine regelmäßige Be-
fragung identischer Verbraucher zu ihrem Informations- und Kaufverhalten. Durch die
so gewonnenen Daten lassen sich präzise Aussagen zu Veränderungen im Informations-
und Einkaufsverhalten von Endverbrauchern gewinnen, weil immer wieder die identi-
schen Personen befragt werden. Verbraucherpanels können sich auf Verbrauchs- und
Gebrauchsgüter sowie auf Dienstleistungen beziehen.
Verbrauchsgut  Das Verbrauchsgut ist ein Konsumgut, das für den unmittelbaren Ver-
brauch vorgesehen ist.
Verkäufermarkt  Beim Verkäufermarkt hat der „Verkäufer“ i. S. des anbietenden Unter-
nehmens (sei es der Hersteller selbst oder der Händler) aufgrund eines Nachfrageüber-
hangs die dominante Marktposition inne.
Verkaufsförderung (VKF, auch Sales Promotion)  Die Verkaufsförderung ist ein Instru-
ment der Kommunikationspolitik und soll den Absatz kurzfristig und unmittelbar an-
regen. Die Laufzeit von VKF-Maßnahmen ist folglich beschränkt und kann wenige
Tage bis einige Monate umfassen. Zielgruppe der Verkaufsförderung kann der Außen-
dienst (Sales-Force-Promotion), der Handelspartner (Dealer-­Promotion) und/oder der
Endkunde (Consumer-Promotion) sein.
Verpackung  Die Verpackung ist die äußere Umhüllung von Produkten. Diese dient zum
einem dem Schutz der Produkte im Zuge der Distribution und soll zum anderen durch
ihre Aufmachung zum Kauf anregen und relevante Informationen für den Käufer
bereitstellen. Zu diesen Informationen zählen bspw. Angaben über Inhaltsstoffe bei
Lebensmitteln oder Nutzungsangaben bei Gebrauchsgütern.
Versandhandel  Beim Versandhandel wird „auf Distanz“ gekauft und verkauft. Eine
Face-to-Face-Begegnung zwischen Verkäufer und Käufer unterbleibt hier. Erfolgt die
Bestellung auf Online-Plattformen, handelt es sich um E-Commerce. Erfolgt eine Be-
stellung dagegen offline (bspw. per Bestellkarte oder per Telefon), so spricht man vom
klassischen Versandhandel.
600 Glossar

Vertragshändlersystem (auch lizenzierter Handel bzw. konzessionierter Handel)  Bei


Vertragshändlersystemen werden Vertragshändler als selbstständige Gewerbetreibende
mit der (exklusiven) Vermarktung von Produkten eines Herstellers betraut. Der Händler
ist verpflichtet, sich für den Absatz gemäß der Konzeption des Herstellers einzusetzen.
Vertriebsbindungssystem  Bei Vertriebsbindungssystemen liegt eine einzelvertragliche
Vereinbarung zwischen dem Hersteller und den Vertriebspartnern vor. Sie regelt den
Absatz von Waren und erlegt den Vertragsparteien (Hersteller und Handel) bestimmte
Rechte und Pflichten auf.
Viral-Marketing (auch Virales Marketing, Virus-Marketing)  Beim Viral-­Marketing
wird die Vernetzung zwischen Menschen  – vor allem durch das Internet  – genutzt,
damit sich Informationen im Netz epidemisch und damit wie ein Virus ausbreiten.
Warenhaus  Warenhaus ist eine Betriebsform des Einzelhandels, die über große Ver-
kaufsräume (häufig ab ca. 3000 qm) verfügt und ein branchenübergreifendes, breites
Sortiment unter dem Motto „alles unter einem Dach“ anbietet. Es sind verschiedene
Preislagen in einer offenen Warenpräsentation bei Beratung und Selbstbedienung vor-
handen. Häufig finden sich Warenhäuser in der Innenstadt.
Web 2.0  Das Web 2.0 ist eine Ausprägung des Internets, die es den Nutzern ermöglicht,
zum aktiven Teilnehmer zu werden. Jeder Nutzer kann hier zum Editor von Inhalten
werden, indem eigenständig Substanz (Texte, Fotos, Videos, Musik etc.) im Internet
aufgebaut, gepflegt und weiterverbreitet wird. Der Konsument wird folglich zum Pro-
sumenten – eine Mischung aus Produzent und Konsument.
Web-Monitoring  Das Web-Monitoring umfasst eine systematische Auswertung der Bei-
träge von Internet-Nutzern, die diese generell im Internet, besonders aber in den sozia-
len Medien (insb. den sozialen Netzwerken) veröffentlicht haben. Hierdurch kann ein
Unternehmen Feedback bzgl. der eigenen Leistungen oder auch Impulse für das
Innovationsmanagement erhalten.
Weblog   Vgl. Blog
Werbebanner  Ein Werbebanner ist eine werbliche Information, die in eine Website ein-
gebunden wird. Diese Einbindung kann entweder durch die Einbettung des Banners in
das Layout oder durch eine (zeitlich befristete) Überlagerung der Site durch den Werbe-
banner erfolgen. Der Banner verweist als Hyperlink auf das werbende Unternehmen
und wird durch Anklicken aktiviert.
Werbebotschaft  Die Werbebotschaft ist der Kern einer werblichen Aussage, die ein Wer-
bender an die Zielgruppe übermitteln will.
Werbebrief   Vgl. Mailing
Werbemittel  Das Werbemittel dient als Grundlage der Übermittlung einer Werbebot-
schaft und ist bspw. ein TV- oder Funk-Spot, eine Anzeige, eine Beilage oder ein
Werbebanner.
Werbeträger  Werbeträger ist das Medium, das verschiedene Werbemittel zu den Ziel-
personen transportiert. Zu den Werbeträgern bzw. Werbemedien zählen TV, Radio, Zei-
tungen, Zeitschriften, Internet oder Filmtheater.
Glossar 601

Werbung  Werbung ist ein Kommunikationsinstrument, durch das Informations-, Beein-


flussungs- und Steuerungsziele im Hinblick auf die unternehmerische Kernleistung bei
den Zielgruppen Interessenten, Ziel- und Ist-Kunden erreicht werden sollen. Die Wer-
bung ist – bspw. im Vergleich zur Verkaufsförderung – meist längerfristig ausgerichtet.
Wertkettenanalyse  Die Wertkettenanalyse analysiert den Prozess der unternehmens-
internen Wertschöpfung im eigenen Unternehmen und bei Wettbewerbern. Hierdurch
sollen zum einen die Ursachen von Wettbewerbsvorteilen ermittelt werden. Zum ande-
ren sollen Potenziale zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen für das eigene Unter-
nehmen erkennt werden.
Wettbewerb  Wettbewerb beschreibt die Rivalitätsbeziehungen zwischen Teilnehmern an
Wirtschaftsprozessen bei der Erreichung unternehmenseigener Ziele. Diese Ziele kön-
nen bspw. auf Absatz- und Beschaffungsmärkten, aber auch in der allgemeinen
Öffentlichkeit angestrebt werden.
Wettbewerbsanalyse (auch Konkurrenzanalyse) Die Wettbewerbsanalyse strebt da-
nach, die Ziele, Strategien und Instrumente der Wettbewerber sowie die zugrunde lie-
genden Ressourcen zu ermitteln. Durch die Ermittlung von relativen Stärken und
Schwächen des eigenen Unternehmens im Wettbewerbsvergleich wird die eigene Wett-
bewerbsposition ermittelt.
Wettbewerbs-Paritäts-Methode (auch Competitive-Parity-Methode) Bei der Wett-
bewerbs-Paritäts-Methode stellt das Werbebudget von Wettbewerbern die zentrale
Bezugsgröße für die Festlegung des eigenen Werbebudgets dar.
Ziel  Ein Ziel stellt eine Konkretisierung eines angestrebten Zustands in der Zukunft dar.
Ein Ziel liefert damit  – im unternehmerischen Bereich wie im privaten Leben  – die
zentralen Orientierungspunkte für menschliches Handeln.
Zieldefinition  Zu einer präzisen Zieldefinition sind Zielinhalt (Was soll erreicht wer-
den?), Zielausmaß (Wie viel soll erreicht werden?), Zeithorizont eines Ziels (Bis wann
soll es erreicht werden?) und Geltungsbereich eines Ziels (Wo soll es erreicht werden?)
zu fixieren.
Zielgruppenauswahl  Die Zielgruppenauswahl legt bspw. fest, welche Interessenten-
und/oder Kundengruppen durch Instrumente des Marketing-Diamanten bearbeitet wer-
den sollen. Die Auswahl der Zielgruppen wie auch die Ausgestaltung der Instrumente
orientiert sich an den Unternehmens- und Marketing-Zielen.
Zielsystem  Ein Zielsystem umfasst mehrere Ziele und kann unterschiedliche Ziel-
beziehungen (Zielharmonie, Zielkonkurrenz und Zielindifferenz) beinhalten.
Zusatznutzen  Der Zusatznutzen stellt den über einen technisch-funktionalen Nutzen
eines Produktes hinausgehenden Nutzen dar und wird auch Prestige- oder Statusnutzen
genannt.
Stichwortverzeichnis

A Ad-hoc-Umfrage 152
ABC-Analyse 539, 540, 561 Adresse 562
Abgrenzung des relevanten Marktes 46 Adressen von Privatpersonen 231
Ablauforganisation 525, 548, 561 Adressverlag 231, 232, 562
Abmelde-Rate 441 Affiliate-Marketing 562
Abnehmer Affiliate-Programm 450
gewerblicher 51 After-Sales-Service 299, 562
öffentlicher 51 Agiles Management
Abonnement 346 Instrumente 272
Abonnement-Apps 429 Mindset 269
Above-the-Line-Kommunikation (ATL) AIDA 384, 562
406, 561 Aided Advertising Recall 182
Absatz Aided Recall 182
direkter 561 AISDAS 384
indirekter 561 Akquisition 246, 562
Absatzgroßhandel 357 Aktivierung 57, 58
Absatzgroßhandel, Betriebsformen 357 Messung 57
Absatzhelfer 351, 561 über äußere Reize 59
Absatzkanal über innere Reize 59
Auswahl 371 Aktivierungsspirale 62
Zielkonflikt 371, 372 Aktivität 62
Absatzkredit 345 Alleinvertriebsrecht 362
Absatz-Marketing 19 Alleinvertriebssystem 362, 562
Absatzmarkt 15 Allensbacher Werbeträgeranalyse (AWA) 400
Absatzmittler 351, 561 Alltagsstudio 143
Absatzorgane 351 All-you-can-afford-Methode 457, 562
Auswahl 371 Altersstrukturanalyse 542
Management 370 Ambient Advertising 419, 563
Absatzpotenzial 42 Ambient-Marketing 419, 563
Absatzwege 351 Ambient Media 419, 563
Absatzwege-Management 351, 370 Ambush-Marketing 419
Abschöpfungspreisstrategie 562 Amortisationsdauer (AD) 283
Accepted Set 183 Amortisationsrechnung 283
Addressable TV 416 Amygdala 65
Ad-hoc-Kundenbefragung 148 Analogie 42

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2022 603
R. T. Kreutzer, Praxisorientiertes Marketing,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-35307-0
604 Stichwortverzeichnis

Analyse preispolitischer 338


deskriptive 534 simultaner kalkulatorischer 338
diagnostische 535 sukzessiver kalkulatorischer 339
prädiktive 535 Außendienst 352, 563
präskriptive 535 Außendienstpromotion 423
Anbieter Ausstellung 453
Bedrohung durch neue 119 Auswahl aufs Geratewohl 103. Siehe auch
vertikaler 353 Willkürliche Auswahl
Anbietermacht 119 Auswahlmechanismus 104
Anbieterorientierung 113 Autopilot 66
Angebotsentwicklung 266 Available Set 183
Angebotsinnovation 264 Average Order Value (AOV) 466
Angebotsmodifikation 265, 266 Awareness 178
Anregungsphase 34 Awareness Set 183, 184
Ansoff-Matrix 212, 238, 590
Ansprache
teiladressierte 423 B
unadressierte 424 B2B2B-Marketing 20
Antwortelement 592 B2B2C-Marketing 20
Antwort-Rate 440 B2B-Marketing 20, 566
Anweisungsvertrieb 354 B2C-Marketing 19, 566
Anzeige B2C-Markt
Arten 411 Merkmale zur Beschreibung der eigenen
Dialog- 412 Interessenten und Kunden 240
Direct-Response- 412 Backloading-Strategie 399
Monolog- 412 Bad Profits 18
Apothekenbindung 362 Balanced Scorecard (BSC) 196, 563
App 427 Entwicklung 197
Abonnement- 429 Grundkonzept 196
Freemium- 429 Grundkonzept für Unternehmen 198
Geschäftsmodell 428 Balancesystem 67
Gratis- 429 Bananenprinzip 272
kostenpflichtige 429 Barzahlungsrabatt 326, 594
Marketing 427, 429 Basisanforderungen 195
Pareto- 429 Basisbotschaft 408
Shopping- 429 Basismedium 397
Sleeper- 429 Baukasten-Prinzip 206, 210
A-Produkt 540 BCG-Portfolio 124
Arbeitgebermarke 498, 563, 573 BCG-Portfolio-Analyse 126
Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse Bedarf 34, 563
(ag.ma) 400 abgeleiteter 22
Arme Hunde 125 fremdbestimmter, abgeleiteter 38
ASIDAS 562 Bedrohung
Attribute Listing 274 durch Ersatzprodukte 119
Aufbauorganisation 525, 548, 563 durch neue Anbieter 119
Aufkaufgroßhandel 357 Bedürfnis 33, 563
Aufwärtsbeurteilung 509 nach Teamarbeit 478
Ausgleich nach Unterstützung 478
kalkulatorischer 338 nach Wachstum 478
Stichwortverzeichnis 605

Bedürfnispyramide 478 keine emotionale 478


Beeinflussungsziele 384 Bindungsursache
Befragung 92, 563 freiwillige 463
Abnehmer- 92 gebundenheitsgetriebene 465
Experten- 92 technologische 464
Interessenten- 92 unfreiwillige 464
Kunden- 92 vertragliche 464
Lieferanten- 92 Bivariates Verfahren 564
persönliche 92 Blickregistrierung 145, 564
schriftliche 92 Blicksprünge 146
Begeisterungsanforderungen 196 Blickverlaufsanalyse 145. Siehe auch Blickre-
Behavioral Branding 475 gistrierung
Beilage 412 Blinder Fleck 115, 116
Belohnungszentrum 326 Blog 564
Below-the-Line-Kommunikation (BTL) b4p 401
406, 564 Big-Mac-Index 333
Benchmark 564 Bild-Familie 293
Benchmarking 130, 564 Bottom-up-Ansatz 76
branchenbezogenes 131 Boutique 565
branchenübergreifendes 131 Brainstorming 273, 565
externes 131 Brainwriting 274
internes 131 Branchenstrukturanalyse 117
Produkt-/Dienstleistungs- 130 Branchenwettbewerbstriebkraft 118
Prozess- 130 Brand Academy 508, 565
Stufenkonzept 132 Brand Behavior 475, 484, 509, 565
Varianten 130 Brand-Behavior-Aufbau 489
Benefit 564 Brand Book 506
Benefit-Selling 380 Brand Building 565
Beobachtung 98, 564 Brand Cards 506
Beratungs- und Kreditfunktion 355 Brand Citizenship Behavior 493, 565
Beschaffungs-Marketing 7, 19, 564 Brand Community 565
Beschaffungsmarkt 7, 15 Branded House 292. Siehe auch Markenhaus
Beschwerde-Rate 441 Brand Experience des Kunden 181
Best Ager 228 Brand Extension 297
Bestellquote 433 Branding 28, 565
Betriebsformen des Handels 564 Branding-Strategie 291
Betriebsgrößenersparnisse 109 Brand-Scorecard 200
Betriebsneuheit 265, 266 Bread & Butter-Produkt 540
Beuteraster 231, 408 Break-even-Analyse 282, 283
Bewertungs- und Auswahlphase 34 Break-even-Point 282, 436, 565
Beziehungsebene 495–497 Briefing 407, 566
Faktoren 496 Basisbotschaft 408
Beziehung zwischen Aktivierung und Begründung des Nutzenversprechens 408
Leistung 58 Benefits 408
Bezugsgruppe 56 Bestandteile 407
Bilderüberflutung 62 Beuteraster 408
Bindung Erfolgskontrolle 409
geringe emotionale 478 Key Visuals 409
hohe emotionale 478 Nutzenargumente 408
606 Stichwortverzeichnis

Positionierung 408 Churn-Prevention 242


Reaktionsverstärker 409 Claim 170
Reason why 408 Click and Collect 369
Response-Mechanismus 409 Click and Reserve 369
Tonality 408 Click-Rate 438
Werbekonstanten 409 Click-Through-Rate 435, 438
Zielgruppe 408 Click-to-Open-Rate (CTRO) 438
Zielsetzung 407 Closed-Innovation-Modell 277, 567
Bruttokontakte 398 Closed-Loop-Ansatz 258, 567
Bruttowerbeeinnahmen 390 Cluster-Stichprobe 102. Siehe auch Klumpen-
B-to-B-Marketing 566. Siehe auch stichprobe
B2B-Marketing Code of Conduct (CoC) 460
B-to-C-Marketing 566. Siehe auch Companion Pricing 338
B2C-Marketing Competitive-Parity-Methode 456, 457, 601
Budgetierungsmodell 456 Compliance 454, 567
Budgetierungsprozess 455 Compliance-Regeln 455
Bündelpreis 337 Consumer Promotion 422
B- und C-Produkt 540 Content-Marketing 448, 567
Bundeskartellamt 308 Continuous-Strategie 399
Bundesnetzagentur 309 Controlling-Ansatz 534
Bundling 337 Convenience Good 25, 567
Burning 469 Convenience-Sampling 103. Siehe auch
Business-Marketing 18, 566 Willkürliche Auswahl
Business Model Canvas 249, 252 Convenience Store 567
Bausteine 249 Conversion Funnel 175
Konzept 249 Conversion Rate 439, 568, 592
Business Strategy 83 Copy-Option 267
Business-to-Business-Marketing 566. Siehe Corporate Behavior (CB) 460, 568
auch B2B-Marketing Corporate Clothing 462
Business-to-Consumer-Marketing 566. Siehe Corporate Communications (CC) 462, 568
auch B2C-Marketing Corporate Core Values 170
Buy-Button 65 Corporate Culture 463, 568
Buying Center 38, 39, 566 Corporate Design (CD) 409, 462, 568
Buy-Option 267 Corporate Identity (CI) 458, 459, 568
Buzz-Agent 418 Corporate Publishing 569
Buzz-Marketing 418, 566 Corporate Social Responsibility (CSR) 14,
460, 569
Corporate Strategy 83
C Corporate Wording 462
C2C-Marketing 20 Cost-Center 81, 569
Call-Center 566, 570 Cost per Click 442
Canvas 249 Cost per Coupon (CPC) 435
Car Clinic 144, 566 Cost per Interest (CPI) 434, 569
Cashcows 125 Cost per Lead (CPL) 434. Siehe auch Cost per
Category-Management (CM) 567 Interest (CPI)
CD-Manual 462 Cost per Mille (CPM) 396, 442, 597
Celebrity 406 Cost per Order (CPO) 434, 569
Chancen-und-Risiken-Analyse 122 Cost per Redemption (CPR) 435
Churn-Management 567, 593 Cost per View 441
Stichwortverzeichnis 607

Costs of Complexity 110 Datenanalyse


Coupon 327, 569 bivariate 104
After-Sales- 328, 329 multivariate 104
Arten 327 univariate 104
Cash- 328 Datenanalysephase 104
Distribution 329 Datenerhebung, Methoden der 91
E- 328 Datengewinnungsphase 92
einstufiger 328 Datenschutz 242
Informations- 327 Dealer Promotion 422
kostenpflichtiger Vorteils- 329 Deckungsbeitrag 571
Mail-in- 328 Definitionsphase 86
mehrstufiger 328 Delphi-Befragung 96. Siehe auch
Pre-Sales 328 Delphi-­Methode
Rabatt- 328 Delphi-Methode 96
Treue- 328 Delphi-Studie 96. Siehe auch
Coupon-Anzeige 569 Delphi-­Methode
Coupon-Inflation 330 Demonstrativkonsum 305
Couponing 327, 569 Description 534
Ausgestaltungsmöglichkeiten 327 Design 403
One-to-One- 329 Desk Research 89, 594
Strategie 329 Detraktoren 94
Coupon-Katalog 327 Dialoganzeigen 412
Coupon-Schlacht 330 Dialog-Bilanz 496
Coverage-Fehler 100 Dialogische Kommunikation
CRM-Datenbank 432 Ausgestaltung 504
CRM-Marketing-Scorecard 199 Sicherstellung 503
Cross-Promotion 328 Dialogkommunikation 423, 425, 433
Cross-Sell 192, 238, 569 Dialogkommunikation, Erfolgsanalyse 433
Cross-Shopper 222 Dialog-Marketing 571
Crowdsourcing 279 Dialogprogramm 236
Customer-Care-Center 570 Dialogwerbung 425, 571
Customer Centricity 569 Dichotomie von Produkt und Dienst-
Customer Engagement 511 leistung 341
Customer Journey 368, 380, 570 Dienstleistung 22, 571
Customer Journey Map 138, 140 Dienstleistung, produktbegleitende 261
Customer Life Cycle 578. Siehe auch Kunden- Dienstleistungsdifferenzierung 289
beziehungslebenszyklus Dienstleistungsgesellschaft 480
Customer Lifetime Value (CLV) 570 Dienstleistungsinnovation 264
Customer-Relationship-Management (CRM) Dienstleistungsqualität 481
226, 239, 465, 570 Dienstleistungssektor 480
Customer-Retention-Rate (CRR) 466 Dienstleistungsvariation 289
Customer-Service-Center 426, 570 Differenzierungsstrategie 205, 208
Customer Touchpoint 486, 570 Digitaler Darwinismus 15
Customer Trustpoint 486 Digitale Transformation 501
Digital Native 229
Direct Mail 425, 580
D Direct Response (DR) 424
Dachmarke 295 Direct-Response-Anzeige 412, 571
Dashboard 509, 570 Direct-Response-Spot 571
608 Stichwortverzeichnis

Direct-to-Consumer 572 E
Direktinvestition 245 Early Bird 593
Direktkommunikation 423 Earning 469
Direkt-Marketing 571 EBIT 171
Direktvertrieb 351, 354 EBITDA 170
Direktwerbung 571 EBT 171
Discounter 359, 572 E-Commerce 353, 360, 368, 572
Diseconomies of Scale 110 Economies of Scale 109
Diskonfirmation Effektivität 177, 572
negative 193 Efficient Assortment (EA) 572
positive 193 Efficient Consumer Response (ECR)
Display-Werbung, mobile 427 371–373, 573
Dissatisfier 494 Efficient Product Introduction (EPI) 573
Distanzhandel 360, 572 Efficient Promotions (EP) 573
Distribution Efficient Replenishment (ER) 573
akquisitorische 351, 572 Effizienz 177, 573
exklusive 371 Eigen- und Fremdbild, Diskrepanz von 114
intensive 370 Einflussfaktoren, psychologische 57
physische 351, 572 Einkäufer 39
selektive 371 Einkaufshandbuch 36
Distributionsgrad 364 Einkaufsrichtlinie 36
gewichteter 365 Einlösequote 435
numerischer 364 Einmarken-Strategie 292
Distributionslogistik 373, 375 Einstellungen 63
Distributionspolitik 350, 572 Eintauschprämie 331
Einflussfaktoren und Entscheidungs- Einzelansprache
felder 350 individuelle 423
Entscheidungsfelder 350 persönliche 423
Distributionsstärke 364 Einzelhandel 356, 358, 573
Diversifikation 572 Betriebsformate des stationären 359
Formen 216, 218 Betriebsformen 357, 358
horizontale 216, 217 Formate 358
laterale 217 Elektrodermale Reaktion (EDR) 58, 576
vertikale 216, 217 Elektroenzephalogramm (EEG) 58
Diversifikationsstrategie 216 E-Mail 573
3-D-Mailing 60 E-Mail-Werbung 432
Dokumentationsphase 106 Emotionen 63
Dominanzsystem 67 Emotionsmodell 67
Door-to-Door-Selling 352 Emotions- und Motivsystem 67
Double Opt-in-Rate 439 Empfänger-Perspektive 380
DR-Anzeige 412. Siehe auch Direct-­ Empfehlung 194, 535
Response-­Anzeige Empfehlungsmarke 293, 294
Duftstoff 404 Employee Engagement 475, 477, 511
Dumping 308, 333 in Deutschland 478
Durable Good 26 Ermittlung 477
Durchschnittsumsatzsteigerung 466 Forschungsergebnisse 476
Durststrecke, lange 276 Meta-Analyse 479
Dynamic Pricing 335, 572 Employer Brand 498
Stichwortverzeichnis 609

Employer Branding 498, 563, 573 Fachmedien 411


Empowerment 492 Fachtitel 411
Endorsed Brands 293. Siehe auch Empfeh- Fachzeitschrift 411
lungsmarken Fachzeitung 411
Engagement Index in Deutschland 479 Factory Outlet 336, 367
Engagement-Portfolio 511 Faktoren der ökonomischen Umwelt 49
Engagement-Rate 440 Faktoren der politischen, rechtlichen
Entgeltentrichtung 305, 345 Umwelt 46
Entscheider 39 Faktoren der sozialen, kulturellen und ökologi-
Entscheidungsfelder der Preis- und Konditio- schen Umwelt 47
nenpolitik 303 Faktoren der technologischen Umwelt 49
Entscheidungsfelder der Produkt- und Familienmarke 295
Programmpolitik 258, 259 Fashion as a Service 341
Entwicklung durch Kunden 278 Fast Fashion 213
Entwicklung für Kunden 277 Fast Moving Consumer Good (FMCG) 25
Entwicklung mit Kunden 278 Feasibility Study 285
Erfahrungsgut 23 Feature-Selling 380
Erfahrungskurveneffekt 108, 573 Fehlschlag, sicherer 276
Erfolgsfaktoren 106, 114 Feinauswahl 282
Erfolgsfaktorenforschung 106 Feldforschung 589
Erfolgsmessung 409 Field Research 91, 589
Erfolgsmetrik 409 First Choice 184, 187
Ergebnisüberprüfung 537 First Moment of Truth (FMOT) 179, 188
Erhebung der TV-Nutzung 153 Fixation 146
Erlebnisgut 24 Flächenproduktivität 364
Erlösstrukturen 252 Flagship-Store 367
Ersatzprodukte, Bedrohung durch 119 Flatrate 340, 574
Erstkauf 189 Flighting-Strategie 398
Erwartungshaltung 405 Flopquote 268
ESG-Kriterien 15 Foggy Set 183
Event-Marketing 454, 574 Fokusgruppe 144, 574
Evoked Set 183 Follow-the-Cheap-Strategie 344, 574
Expansion, Strategien für die internationale 244 Follow-the-Free-Strategie 343, 574
Experience 178 Food as a Service 341
Experience-Phase 186 5-Forces-Analyse 117, 118, 121
Experiment 98, 574 5-Forces-Analyse, Grundkonzept 117
Explizites System 66 Foreign Direct Investment 245
Export 245 Forever Young 228
Eyetracking 145. Siehe auch Forschung
Blickregistrierung Feld- 91
Primär- 91, 92
Primär- 91
F Sekundär- 89, 91
Fabrikverkauf 367 Forschungsfrage 86
Facelifting 290 Forschungssponsoring 453
Fachdiscounter 574 Forschungsziele 87
Fachhandel 574 Fragebögen, standardisierte 92
Fachhandelsbindung 362 Fragezeichen 125
Fachmarkt 574 Franchise 574
610 Stichwortverzeichnis

Dienstleistungs- bzw. Service- 363 General-Interest-Titel 410, 411


Erfolgsfaktoren 363 Generation Silver 228
herstellergeführtes Einzelhandels- 363 Generics 585
Franchise-Geber 362 Genre 261, 575
Franchise-Konzept 362 Geräusch 403
Franchise-Nehmer 362 Geruch 404
Franchise-System 362 Gesamte Öffnungsrate 437
Franchising 245, 574 Gesamtkapitalrentabilität 172
Freemium 340, 575 Geschäftsmodell-Innovation 265
Freemium-Apps 429 Geschmackstest Coca-Cola und Pepsi-Cola 66
Freundschaftswerbung 575 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
Freundschaftswerbung 194, 418 (UWG) 310, 431
Frontloading-Strategie 399 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
Frühadoptoren 287 (GWB) 45, 306
Frühe Mehrheit 287 Gesponsorter 451
Früherkennungssystem 536 Gestaltung von Werbemitteln 146
Führung 488 Gewinnerzielungsabsicht 18
Führungsinstrumente 489 Gewinnsteigerungspotenzial durch Stamm-
Führungskultur 493, 494 kunden 192
Führungsstil 489, 490 Gewohnheiten 53
Management by Exception 490 GfK-Fernsehforschung 402
Management by Objectives 490 Globalisierung 14, 244
tranformationaler 490 Global Sourcing 83
transaktionaler 490 Global-Sourcing-Ansatz 210
transformationaler 491 go2market 147
Führungsverhalten 493 Good Profits 18
Functional Strategy 83 Grad der Wirksamkeit 165
Fundraiser 19 Grad der Wirtschaftlichkeit 165
Fundraising 575 360-Grad-Feedback 510
Fundraising 19 Gratis-Apps für unterschiedliche Dienstleis-
Funktionelle Magnetresonanztomographie tungen 429
(fMRT) 58, 64 Größenkostenersparnisse 109
Funktionseinheit Großhandel 356, 575
emotionale 65 Absatz- 357
funktional-rationale 65 Aufkauf- 357
Funktionserweiterungen 215 Betriebsformen 357
Funktionsrabatt 325 Sortiments- 357
Funktionsweisen von Pilot und Autopilot 67 Spezial- 357
Großhirn 64
Großpackung 330
G Grundbedürfnisse 478
Gallup 475 Grundgesamtheit 100
Garantieregelung 345 Grundnutzen 575
Gatekeeper 39 Gruppengespräch 144
Gattungsmarke 585 Guerilla-Marketing 418
Gebote 53
Gebräuche 53
Gebrauchsgut 575 H
Gegenstrom-Ansatz 77 Habitualisierungsgrad von Kaufprozessen 321
Gehirnaktivität 58, 64 Händlerrabatt 325
Stichwortverzeichnis 611

Handel I
Beratungs- und Kreditfunktion 355 Incoterm 345
Betriebsformen 564 Ideenkilling 273
Distanz- 572 Image 177, 576
Einzel- 356, 358 Implizites System 66
Funktionen 354 Impulskauf 24, 577
Groß- 356 Impulskauf, geplanter 25
halbstationärer 358, 575 In-App-Ad 427
konzessionierter 600 Inbound-Telefon-Marketing 426, 576
nichtstationärer 358, 575 Indifferente 94
Raumüberbrückungsfunktion 354 Industriegüter 22
Sortimentsfunktion 355 Influencer 39
stationärer 358, 575 Influencer-Marketing 447, 576
Versand- 358, 572 Information Overload 60, 61
Werbe- und Marktbeeinflussungs- Informationsfluss
funktion 355 interner 504
Zeitüberbrückungsfunktion 355 strategischer 501
Handelsfunktionen 575 Informationsfunktion 532
Handelsmacht 12 Informationsgemeinschaft zur Feststellung der
Handelsmakler 356 Verbreitung von Werbeträgern
Handelsmarke 30, 366, 575 (IVW) 400
Handelspanel 575 Informationskaskade 503
Handelspromotion 422 Informationsquellen
Handelsvertreter 353, 356, 576 externe 90
Haptik 403, 404 interne 89
Hardbounce 437 Informationsregulator 39
Hauptversammlung 420 Informations-Silo 89, 504
Haus der Marken 293, 294 Informationsüberlastung 60
Haushaltsgröße 48 Informationsziele 383
Hausverteilung 424 Infrastruktur
Hautwiderstand 58 harte 49
Hautwiderstandsmessung 576 weiche 49
Hemisphären-Modell des Gehirns 65 Inhaltsanalyse, qualitative 105
Herstellermarke 30, 366, 580 Initial Public Offering (IPO) 82
Herzberg 494 Inkrementelles Vorgehen 269
Hidden Agenda 105 Innovation 264, 576
High-Interest-Produkt 26, 576 Akzeptanz 275
Hirnströme 58 Analyseraster 275, 276
Hochpreisstrategie 324 Angebots- 264
Höchstpreis 317 Bewertung der Vor- und Nachteile 275
Hold Set 183 Dienstleistungs- 264
Homeshopping 360 Diffusionsmodell 286
Homo oeconomicus 65 Diffusionsprozess 288
House of Brands 293. Siehe auch Haus Faktoren zum Anstoß 266
der Marken Formen 264
Hygienefaktoren 494 Geschäftsmodell- 265
612 Stichwortverzeichnis

Klassifizierung 265 Intra-Media-Selektion 392, 577


Marken- 298 Intra-Werbemittel-Selektion pro Werbeträger
Produkt- 264 392, 577
Produktlinien 298 Investitionsgüter 22, 577
Prozess- 265 Investitionssicherheit 37
Trigger und Quellen 267 Item-Selling 380
Innovationsfolger 267 Iteratives Vorgehen 269
Innovationsführerschaft 267
Innovationsmanagement 268
Innovationsmanagement, kundenorien- J
tiertes 285 Johari-Fenster 114, 115
Innovationspotenzial Joint Venture 245, 577
unternehmensexternes 274
unternehmensinternes 273
Innovationswettlauf 264 K
Innovatoren 286 Käufermarkt 6, 577
Insertionsmedien 410 Kampfpreis 303
Inspection 535 Kano-Modell 194, 195
Inspektionsgut 23 Kapitalgeber 51
In-store Ordering 369 Kapitalrentabilität 172
In-store Research 369 Kapitalwert 284
Instrumental-Audit 539 Kapitalwertmethode 284
Instrument-Audit des Marketing-­ Kartellgesetz 45, 306
Diamanten 539 Kaufakt 34, 577
Interessengruppen 16 Kaufaktphase 35
Interessent 385 Kaufbereitschaft 186, 187
Interessenten-Dialog-Programm 236 Kaufbestätigung 35
Interessenten-Management 236, 329, 576 Kaufentscheidung
Interessenten- und Kundendatenbank 432 extensive 577
Inter-Media-Selektion 392, 577 habituelle 577
Internal Branding 474, 475, 486, 577 impulsive 577
Aufbau 494 Kategorien 33
Konzept 474 Kosten 322
Konzept zur Schaffung 486, 487 Kaufentscheidungsprozess 34
Systeme 508 extensiver 34
Wirkungsanalyse 509 habitueller 35
Interne Kommunikation impulsiver 36
Aufgaben 500 Phasen 34
Instrumente 505 Kauffrequenzerhöhung 466
Wirkungskette 501 Kaufhaus 577
Internet-Blase 13 Kaufinteresse 184
Internet-Community 586 Kaufkraft 49, 578
Internet-Hype 13 Kaufkraftkarte 49
Interview 144, 577 Kaufkraftunterschiede 333
Einzel- 95 Kaufverhalten
Gruppen- 95 Einflussfaktoren 53
Intensiv- 95 Psychologische Einflussfaktoren 57
teil-strukturiertes Vorgehen 96 soziologische Einflussfaktoren 53
Tiefen- 95, 96 von Organisationen 36
Stichwortverzeichnis 613

Kaufwahrscheinlichkeit 186, 323 Informationsfelder 383


Key-Account-Management 352, 557, 578 Informationsziele 383
Key Performance Indicators 164 Instrumente 390
Key Visuals 409 Medien 390
Keyword-Advertising 596 Steuerungsziele 384
Keyword-Anzeige 578 Systeme 458
Kindchenschema 59 Ziele 383
Klicks pro Link 438 Zielgruppen 383
Klicks-zu-Öffnungen-Rate 438. Siehe auch Kommunikationsstil 62
Click-to-Open-Rate (CTRO) Kommunikationsstrategien, Muster von 400
Klumpenbildung 103 Kommunikationssubjekt 379
Klumpenstichprobe 102, 103 Kommunikationsziele 378, 385
einstufige 103 Kompetenzentwicklung 484
zweistufige 103 Komponenten-Mix 206
Kognitive Firewall 504 Konditionenpolitik 589
Kohorten 286 Konfirmation 193
Kommissionär 356, 578 Konfirmations-Diskonfirmations-Paradigma
Kommunikation 192, 193
Above-the-Line- 406 Konkurrenzanalyse 601. Siehe auch Wettbe-
Below-the-Line- 406 werbsanalyse
Breiten- 504 Konsument 20, 51
Budgetierung 455 Konsument, hybrider 222
Dialog- 423, 425, 433 Konsumentenrabatt 325
dialogische 503, 504 Konsumgesellschaft 12
Direkt- 423 Konsumgüter 21, 578
informatorische 501 Kontraktlogistik 375
integrierte 405 Kontraktproduktion 245
interne 500, 501, 505 Kontrollfunktion 533
mehrstufige 424 Konversions-Rate 439. Siehe auch Conver-
motivatorische 501 sion Rate
nach innen 499, 500 Konversionstrichter 175. Siehe auch Conver-
Online- 443, 449 sion Funnel
persönliche 504 Konzentration aufs Wesentliche 122
Prozess 382 Konzentrationseffekte 541
Pull- 386, 591 Konzepttest 143, 578
Push- 387, 591 Koordinationsfunktion 533
Zielgruppen der unternehmerischen 385 Koppel-Angebot 337
Kommunikationsbudget 379, 456 Kosten
Kommunikationsinhalte 379 monetäre 275
Kommunikationskonzept 379 Produktions- 395
Kommunikationsmaßnahmen 405 psychische 275
Kommunikationsmodell Schalt- 395, 396
einstufiges 447 Streu- 395
zweistufiges 447 wahrgenommenen 275
Kommunikationsobjekt 379 Kostenführerschaft 205, 206, 578
Kommunikationspolitik 378, 578 Kosten-plus-Kalkulation 314
Ausgestaltung 378 Kostenstruktur 251
Beeinflussungsziele 384 Kreativitätstechniken 273
Entscheidungsfelder 381 Kreuzpreiselastizität 320
614 Stichwortverzeichnis

Kündigungsprävention 242 Leistungsversprechen 250


Kultursponsoring 452 Lesedauer 438
Kunde Leseranalyse Entscheidungsträger in Wirtschaft
ehemaliger 385 und Verwaltung (LAE) 401
gegenwärtiger 385 Lieferant 51
Kundenbefragung 148 Lieferbedingungen 345
Kundenbetreuung, Dreiklang der 237, 238 Lieferservice 374
Kundenbeziehungen 251 Lifelong Learning 485
Kundenbeziehungslebenszyklus 235, 578 Lifestyle of Health and Sustainability
Kundenbindung 14, 192, 579 (LOHAS) 229
Erhöhung 466 Limbisches System 65
Formen 467 Line Extension 289, 297, 589
Maßnahmen 467 Line Pricing 303
Operationalisierung 193 Linienausweitung 297
Treiber 463, 464 Linienmanager 549
verbundenheitsgetriebene 464 Linienstelle 549
Ziele 465 Listbroker 232, 580
Kundenbindungs-Management 237, 329, 579 Listungsgebühr 325
Kundenbindungsprogramm 14 Lizenzierung 245
Kundenbindungsstrategie 467 Lobbyismus 455
Kundenbindungssystem 463 Location-Based Services 427
Kundenclub 579 Lock-in-Produkt 339
Kundendatenbank 189 Logistik
Kundenentwicklungs-Management 237, 329 Distributions- 373, 375
Kundenintegration 277, 278 Kontrakt- 375
Kundenkarte 579 Wertschöpfungskette 374
Kundenkarte, virtuelle 579 Logistikdienstleister 374
Kundenleitbild 306 Logistikkosten 374
Kundenmagazin 579 Logistikziele 374
Kundenmanagement, wertorientiertes 579 Low-Interest-Produkt 26, 580
Kundenorientierung 113, 269, 481
Kundensegmente 251
Kundenwert 579 M
Machbarkeitsstudie 285
Mäzen 451
L Mäzenatentum 451
Ladentest 147, 579 Mailing 425, 580
Lambda-Hypothese 57 Make-Option 267
Land- und Forstwirtschaft 480 Makro-Kriterien 229
Laws of the Market Place 107 Makro-Umwelt 8, 46, 580
Lead User 580 M&A 246
Lead-User-Konzept 580 Management by Exception 490
Lean-Start-up-Methode 580 Management by Objectives 490
Lehr- und Lern-Agenda, Erarbeitung einer Marke 27, 580
(digitalen) 485 Dach- 295
Leistungsanforderungen 196 Definition 291
Leistungserbringung, Eisberg-Modell der 494 Elemente 291
Leistungspaket 341 Familien- 295
Leistungspotenzial 495 Funktionen 28
Stichwortverzeichnis 615

Namensfindung 295, 296 Markentransfer 297


Namensentwicklung 295 Markenverordnung 296
Produkt- 295 Markenversprechen 483
Unternehmens- 295 Markenwertschöpfungskette 175, 581
wertvollste 2 Faktoren 178
Marke-Kunden-Beziehung 181 Kernphasen 176
Marken-Akademie 508, 565 Phasen 182
Marken-Architektur 294 Markenwissen 506
Markenarten 291 Markenwissen im engeren Sinne 506
Markenartikel 29, 580 Markenwissen im weiteren Sinne 506
Markenartikel des Handels 30 Marketing 581
Markenattribute 181 Affiliate 562
Markenaufbau 405 als betriebliche Teilfunktion 7
Marken aus Deutschland 3 als strategische Führungskonzeption 204
Markenbekanntheit 181 als unternehmerische Führungskonzeption 8
gestützte 182 als unternehmerische Grundorientierung 7
ungestützte 183 Ambient- 419, 563
Markenbotschafter 194, 486, 488 Ambush- 419
Marken-Commitment 491, 492 App- 427
Markenelemente 291 B2B- 566
primäre 292 B2C- 566
sekundäre 292 Bedeutungsentwicklung 11
Markenerwartungen 181 Beschaffungs- 564
Markenführung 28 Business 566
identitätsorientierte 487, 488 Buzz- 418, 566
im digitalen Zeitalter 181 Content- 448, 567
multidimensionale 454 Definition 15
multisensuale 186 Dialog- 571
Markengemeinschaft 565 differenziertes 225
Markengeschichten 507 Direkt- 571
Markengesetz 296 Event- 454, 574
Markenhandbuch 506 externes 20
Markenhaus 292, 293 Grundlagen 2
Marken-Identifikations-Portfolio 510 Guerilla 418
Markenidentität 180, 181 Influencer- 447, 576
Markenidentitätsaufbau 182, 493 interaktives 13
Markenidentitätskonformes Verhalten 486 internes 21, 577
Markenimage 181 konzentriertes 225
Marken-Innovation 298 Mobile- 427, 584
Markeninszenierung 454 Multi-Channel- 366
Markenkonformes Verhalten 491 multisensorisches 403
Markenkonformität 474 nach innen 21
Marken-Konzept 295 Neuro- 585
Marken-Management 291, 294 Non-Profit- 585
Markenname 29 One-to-One- 586
Markenorientierter Veränderungsprozess 487 Online- 449, 586
Marken-Scorecard 200 Pyramide 17
Marken-Steuerrad 182 Social-Media- 594
Markenstrategie 291, 293 Telefon- 426
616 Stichwortverzeichnis

undifferenziertes 224 funktionale 555, 556


verhaltenswissenschaftliche Einfluss- kundenorientierte 557
faktoren 52 produktorientierte 556
Viral- 450, 600 „Marketing-Philosophie“ 18
virales 450, 600 Marketing-Plan
Virus 450, 600 operativer 526
Zielgruppen- 226 strategischer 524
Zielpersonen- 226 Marketing-Planung 76, 582
Marketing-Analyse 581 Marketingrelevantes Umfeld 41
Marketing-Audit 536, 581 Marketing-Scorecard 199
operatives 538 Marketing-Strategie 203, 582
strategisches 537 Marketing-System, vertikales 361
Marketing-Automation 236 Marketing-Ziel 582
Kernprozesse 236 Marketing-Zielsystem 174
Prozesse 236 Market Stretching 215
Marketing-Controlling 532, 581 Markierung 28, 29
Aufgaben 535 Marksegmentierung
Closed-Loop-Ansatz 538 transaktionsorientierte 593
Funktionen 532 Markt 41, 583
Informationsfunktion 532 Begriffe zur Beschreibung 42
Kennzeichnung 532 Definition relevanter 113
Kontrollfunktion 533 Kennzeichnung 41
Koordinationsfunktion 533 relevanter 41
operatives 537 Schichtenmodell 219
Planungsfunktion 533 Marktanteil 583
strategisches 536 absoluter 43
Ziele 532 relativer 43, 583
Zielsetzung 534 verschiedener Mediengattungen 390
Marketing-Diamant 17, 257, 474, 582 Marktanteile von Handelsmarken 366
Marketing-Excellence 483 Marktanteile von Herstellermarken 366
Marketing-Excellence-Turbine 483 Marktanteils-Marktwachstums-Portfolio 124
Marketing-Execution 582 Marktarealstrategie 211, 243
Marketing-Forschung 84, 85, 581, 582 Marktattraktivität 127
5-D-Konzept 85, 86 Marktattraktivitäts-Wettbewerbsvorteils-­
Erkenntisziele 85, 106 Portfolio 127
Gütekritierien 99 Marktausschöpfungsgrad 43, 583
im Vorfeld einer Produkteinführung 142 Marktdurchdringungsstrategie 213
operative 85 Markteinführung 285
quantitative 88 Ursachen erfolgloser 268
strategische 85 Marktentwicklungsstrategie 215
Marketing-Instrumente 257, 582 Markterfolgsabschätzung 142
Marketing-Konzeption 524 Marktfelder 212
Marketing-Konzeption, geschlossene 524 Marktfeldstrategie 211, 212
Marketing-Management 582 Marktformen 44
Marketing-Management-Prozess 9 Marktforschung 85
Marketing-Matrixorganisation 557 Marktlebenszyklus 583
Marketing-Mix 16, 582 Markt-Media-Studie 401, 402
Marketing-Organisation 548, 555, 582 Marktneuheit 265
Ausgestaltung 555 Marktneuheit, relative 266
Stichwortverzeichnis 617

Marktorientiertes Unternehmensführungs- Medienstaatsvertrag 417


konzept 15 Medienverfügbarkeit 394
Marktpotenzial 42, 583 Mehrfachkontakt 395
Marktpräsenzphase 285 Mehrliniensystem 555
Marktsegmentierung 583 Mehrmarken-Strategie 292, 297
akquisitionsorientierte 231, 593 Meinungsfolger 57
Ausgestaltungsformen 224 Meinungsführer 56
dynamische 230, 242, 287 Member gets Member 418
Kriterien einer akquisitionsorientierten 226 Mengenrabatt 325, 336
Kriterien im B2B-Markt 230 Merger 246
Kriterien im B2C-Markt 228 Messe 453, 584
managementorientierte 223, 243 Fach- 454
mikrogeografische 232, 583 Haus- 454
taxonomische 223, 243 Publikums- 454
transaktionsorientierte 233, 239 Meta-Ebene 446
Marktsegmentierungsstrategie 211, 223 6-3-5-Methode 274
Marktstimulierungsstrategie 211, 218, 219 Mikro-Kriterien 229
Markttest 584 Mikro-Umwelt 8, 50, 584
Markttest, regionaler 147, 584 Milieus 53
Marktvolumen 43, 584 Ministererlaubnis 309
Massen-Marketing 12 Mischkalkulation 338
Massenmarkt-Perspektive 11 Missbrauch einer marktbeherrschenden
Massenmarkt-Strategie 224 Stellung 307
Matrixorganisation 551, 555 Mitarbeiterwertschätzung 491
M-Commerce 428 Mitbewerberschutz 310
Media-Agentur 416 Mittellagenstrategie 220
Median 479 Mittelmarkenposition 366
Mediaplanung 584 Mobile Commerce 428. Siehe auch
Mediaplanung 392 M-Commerce
in der B2B-Kommunikation 401 Mobile Gewinnung von Informationen durch
Informationen für die 400 die Unternehmen 428
Mediaselektion 392 Mobile Lese-Rate 439
Medien Mobile Marketing 427, 584
Ambient- 419 Mobile Marketing 427
Basis- 397 Mobiler Verkauf und mobile Auslieferung von
flankierende 397 virtuellen Produkten und Dienstleis-
Insertions- 410 tungen 428
klassische 410 Mobiler Verkauf von realen Produkten und
zeitlicher Einsatz 398 Dienstleistungen 428
Zusatz- 397 Mobile Übermittlung von Informationen durch
Medienaktualisierungsrhythmus 394 die Unternehmen 427
Medienbandbreite 394 Mobility as a Service 341
Medienflexibilität 394 Mode-Diktat 213
Medienökonomie 395, 396 Modulstrategie 206
Medienpräsenz Mogelpackung 330
kontinuierliche 399 Moment der Wahrheit 179
konzentrierte 399 Monitoring 584
pulsierende 398 Mono-Label-Shops 217
Medienqualität 393 Monolog-Anzeige 411, 412
618 Stichwortverzeichnis

Monopol Scoringmodell zur Bewertung und


(beschränktes) Nachfrage- 46 Auswahl 281
zweiseitiges 46 Trichtermodell zur Bewertung und
More- ell 192 Auswahl 279
More Sell 237, 584 Neuro-Marketing 64, 585
Motivation der Mitarbeiter 477 Neuwagenspray 404
Motivatoren 494 Next best offer 508
Motive 63 Next product to buy 508
Multibranding 297, 298 Niedrigpreisstrategie 324
Multi-Channel-Marketing 366 Noline-Ansatz 140
Multi-Channel-Vertrieb 366, 368, 584 No-Name 30
Multiple Sourcing 83 No-Name-Produkt 585
Multisensory Enhancement 402 Non-Profit-Marketing 585
Multivariates Verfahren 585 „Non-Profit-Unternehmen“ 19
Mund-zu-Mund-Propaganda 187, 194, 450 Normen 53, 489
Must-Kriterien 280 Normstrategien 124
Mystery-Call 150 Nullmessung 95
Mystery-E-Mail 151 Nutzen 564, 585
Mystery-Mail 151 ästhetischer 32
Mystery-Sleeping 151 Grund- 32
Mystery-Surfing 151 Prestige- und Geltungs- 32
Mystery-Travelling 151 Zusatz- 32
Mystery-Visit 151 Nutzenmaximierung 65
Mystery-Analyse 149 Nutzenversprechen 408
Mystery-Market-Untersuchung 149 Nutzer 39
Mystery-Shopping 149 Nutzung 190
Nutzwertanalyse 280, 593

N
Nachbarschaftsladen 567 O
Nachfass-Mailing 236 Objective-Task-Methode 457
Nachfrage 34, 187, 585 Objektivität 99, 586
elastische 317 Obsoleszenz, künstliche 213
unelastische 318 Öffentlichkeitsarbeit 420, 590
Nachfragemacht 120, 585 Öffentlichkeitsarbeitsinstrumente 420
Nachfragephase 188 Ökosponsoring 453
Nachkauf 190, 191 OKR 168
Nachkaufdissonanz 35, 585 Oligopol 45
Nachkaufgarantie 345 Angebots- 45
Nachkaufphase 35 Nachfrage- 45
Nachzügler 287 zweiseitiges 45
Net Promotor Score (NPS) 93 Omni-Channel-Vertrieb 368, 369, 586
Nettokontakte 398 One-Stop-Shopping 261
Nettonutzen 323 One-to-Many 586
Netzwerkeffekt 297 One-to-Mass 586
Neukundenakquisition 585 One-to-One 586
Neuproduktidee One-to-One-Marketing 586
Modell zur Bewertung und Auswahl 281 Online-Community 586
Stichwortverzeichnis 619

Online-Gemeinschaft 586 Handels- 153


Online-Kommunikation 443, 449 Verbraucher- 151
Online-Marketing 444, 449, 586 Panel-Untersuchung 151
Online-Shopping 360 Paradigma 476
Online-Werbung 449 Pareto-App 429
Open-Innovation-Modell 277, 586 Pareto-Prinzip 541
Open Rate 437. Siehe auch Gesamte Öff- Passion-Driven Organization 483
nungsrate Pay as You Go 587
Operativer Marketing-Plan 526 Pay-back-Rechnung 283
Optik 403 Pay-off-Rechnung 283
Opt-in-Regelung 432 Pay per Lux 341
Opt-out-Regelung 432 Pay per Month 341
Organigramm 549 Pay per Part 341
Organigramm eines Unternehmens 549 Pay per Use 341, 587
Organisation Peer Group 56
Organisation Penetration Pricing 343, 587
divisionale 551 Penetrationspreisstrategie 587
funktionale 553 Percentage-of-Sales-Methode 456, 587
kundenorientierte 554 Permission 190, 432, 587
Marketing- 555 Persona 588
Matrix- 551, 555 Persona-Gründungsdokument 234
produktbezogene 551, 552 Personalentwicklung 484
regionale 554 Personalführung 476, 477
Tensor- 551 Personalmanagement 495
Organisationsentwicklung Personalpolitik 21, 474, 588
Einflussfaktoren 552 Personal Selling 352, 588
Entscheidungsfelder 552 Personas 233
Organizational Citizenship Behavior 492, 587 Personen-Marken-Fit 497
Original Equipment Manufacturer (OEM) 357 Perspektive
Outbound Call 426 anbieterorientierte 468
Outbound-Telefon-Marketing 426, 587 nachfrageorientierte 469
Outpacing 133, 210 wettbewerbsorientierte 469
Outpacing-Strategie 211 PESTEL-Analyse 8
Outside-in-Prozess 277, 587 Pilot 66
Outsourcing 375 PIMS-Projekt 107
Over-Engineering 323 Placed Viral 450
Overpromising 268 Planung 76, 588
operative 83
strategische 81
P Planungsfunktion 533
5. P 474 Plattform-Strategie 206
Package-Preis 337 50plus-Generation 228
Pain Point 139 Point of Purchase (POP) 26, 588
Pain-Point-Analyse 139 Point of Sale (POS) 26, 588
Panel 587 Polypol, zweiseitiges 45
AGF-/GfK-Fernseh- 152 Poor Dogs 125
Consumer 151 Portfolio-Analyse 124, 588
Experten- 154 Portfolio zur Analyse der Kundenorientierung
GfK Consumer 152 von Mitarbeitern 497
620 Stichwortverzeichnis

Positionierung 408 Preisfindung, prozyklische 314


Positronen-Emissions-Tomographie (PET) 58 Preisfolger 324, 331
POSpulse 154 Preisführerschaft 589
Postaktuell 424 Preisführerschaft 331
Post Decisional Regret 585 Preisgestaltung
Postwurfsendung 424 Ansätze 312
Power by the Hour 341 konkurrenzorientierte 323, 324
Präferenzstrategie 220 kostenorientierte 312
Präfrontaler Kortex 64 nachfrageorientierte 315
PR-Anzeige 421 Preiskalkulation auf Teilkostenbasis 314
Prediction 535 Preiskalkulation auf Vollkostenbasis 313, 314
Preis 588 Preis-Mengen-Strategie 220
als Gewinntreiber 305 Preispolitik 589
als Qualitätsindikator 322 Preis-Premium 32
Auswirkung auf die Kaufwahrschein- Preisstrategie
lichkeit 323 Abschöpfungs- 342, 562
Bündel- 337 dynamische 341, 342
Kampf- 303 Hoch- 324
Mittel- 304 Mittel- 323
Niedrig- 304 Niedrig- 324
optimaler Verkaufs- 303 Penetrations- 343, 587
Package- 337 statische 325
Premium- 303 trojanische 339
System- 338 Preisüberbietung 324
Preis-Absatz-Funktion (PAF) 317, 588 Preis- und Konditionengestaltung, Instrumente
Preisveränderung im elastischen Be- der statischen 325
reich 318 Preis- und Konditionenpolitik 303
Preisveränderung im unelastischen Einflussfaktoren 304
Bereich 319 Entscheidungsfelder 303
Preisangabenverordnung (PAngV) 311 Gestaltungsfelder 304
Preisbeeinflussende Faktoren, Identifi- Leitideen des Gesetzgebers 306
kation 312 rechtliche Rahmenbedingungen 306
Preisbindung Preisunterbietung 324
bei Zeitungen und Zeitschriften 308 Pre-Launch 271
vertikale 588 Premium-Marken-Anteil 366
Preisbündelung 337 Premiumstrategie 220
Preisdifferenzierung 331, 588 Pre-Sales-Service 298, 589
Arten 332 Prescription 535
leistungsbezogene 336 Presseinformation 421
mengenbezogene 336 Pressekonferenz 420
persönliche und räumliche 332 Prestigeeffekt 305
vertriebsbezogene 336 Pretest 258, 589
zeitliche 334 PR-Grundsatz 420
Preiseinstiegs-Handelsmarken-Anteil 366 Pricing Bundle 337
Preiselastizität 315–317, 319 Primärforschung 91, 589
der Nachfrage 317 Processed Set 183
Einflussfaktoren 320 Product Placement 416, 589
Kreuz- 320 Produkt als Dienstleistung 341
Preisfestsetzung 305, 312 Produktdifferenzierung 288, 289, 297, 336, 589
Stichwortverzeichnis 621

Produkteinführung, Marketing-Forschung im Prohibitivpreis 317


Vorfeld einer 142 Promotoren 94
Produktelimination 290, 589 Proust-Phänomen 404
Produkteliminationsprozess 288, 290 Prozesse
Produktentwicklungsstrategie 215 aktivierende 52
Produktinnovation 264 flankierende 134
Produktinnovationsprozess 264 Kern- 134
Produktionskosten 395 kognitive 52
Produktionsniederlassung 246 konative 53
Produktlebenszyklus 262, 527 Prozessinnovation 265
Entsorgungsphase 263 4 Ps 16
Entstehungsphase 263 Psychogalvanische Reaktion (PGR) 58, 576
erweiterter 262 Public Relations (PR) 420, 590
Formen 263 Publikumstitel 410
im engeren Sinne 285, 589 Publikumszeitschrift 410
im weiteren Sinne 589 Publikumszeitung 411
Konzept 264 Pull-Kommunikation 386, 591
Marktpräsenzphase 263 Pull-Strategie 386, 418, 591
Phasen 527 Pulsing-Strategie 398
Produktlinie 260 Punktbewertungsverfahren 280, 593
Produktlinien-Innovation 298 Pupillengröße 58
Produktmanager 556 Purchase Frequency (PF) 466
Produktmarke 295 Push-Kommunikation 387, 591
Produkt-Marken-Portfolio 296–298 Push-Strategie 385, 386, 591
Produkt-Markt-Matrix 212, 590
Produktmodifikation 289, 290
Produktmodifikationsprozess 288 Q
Produktnutzung 143 QR-Code 430, 591
Produkt-Perspektive 10 Erfassung 430
Produktpolitik 590 Writer 430
Produktpolitikanalyse 539 Qualifizierungslücke, strategische 485
Produktstandardisierung 288 Qualifying 485
Produkttest 143, 590 Qualitätsindikator 322
Produkt- und Programmpolitik 258 Qualitätswahrnehmung 323
Ausgestaltung 258, 259 Quengelzone 24
Entscheidungsfelder 258, 259 Question Marks 125
Produktvariation 289, 590 Quick Response (QR) 430
Produzierendes Gewerbe 480 Quota-Sample 103. Siehe auch Quoten-
Profilanalyse 590 stichprobe
Profitability per Order (PPO) 433. Siehe auch Quotenstichprobe 103
Umsatzprofitabilität pro Kauf
Profit-Center 80, 590
Programmatic Ad Buying 591 R
Programmatic Advertising 591 Rabatt 325, 591
Programmbreite 260, 595 Arten 326
Programmpolitik 260, 590 Barzahlungs- 326
Programmpolitikanalyse 539 Funktions- 325
Programmsponsoring 415 Händler- 325
Programmtiefe 260, 595 Konsumenten- 325
622 Stichwortverzeichnis

Mengen- 325, 336 Relevant Set 113, 183, 185


Treue- 325 Reliabilität 592
Zeit- 325 Renting as a Service 341
Rabattarten 326 Reorganisation 548, 551
Rabatt-Coupon 328 Reporting 534
Rabattgesetz 306 Repräsentativität 100, 104, 592
Rabattitis 306, 321 Repräsentativität, statistische 88
Rack Jobber 591 Re-Qualifying 485
Random Sample 101. Siehe auch Zufalls- Re-Skilling 485
stichprobe Response 592
Random Viral 450 Responseanalyse 592
Ratenzahlung 345 Responseelement 592
Rating-Management 449, 593 Response-Management 592
Rating- und Review-Management 180 Response-Medien 424
Räumlicher Fokus 395 Responsequote 443, 568, 592
Raumüberbrückungsfunktion 354 Responseverstärker 593
Razor-Razorblade-Modell 339 Response-Werbemittel 424
Reaktanz 330, 592 Ressourcenstärke, technologische 128
Reaktion 592 Restrukturierung 548
Reaktionsquote 568, 592 Return on Advertising Spend (ROAS) 436
Reaktionsträger 409 Return on Capital Employed (ROCE) 172
Reaktionsverstärker 409 Return on Investment (ROI) 172, 436
Real-Life-Tool zur Marktforschung 147 Return on Marketing Invest (ROMI) 436
Realtime Advertising 591 Return on Sales (ROS) 433. Siehe auch
Recency-Strategie 398 Umsatzprofitabilität pro Kauf
Redemption-Rate (RR) 435. Siehe auch Return to store 369
Einlösequote Revenue per Visit (RPV) 434. Siehe auch
Regalgroßhändler 591 Revenue per Visit (RPV)
20:80-Regel 541 Review-Management 449, 593
Regelkreis 258 Rivalität der am Markt aktiven Hersteller 121
Reichweite 592 Rivalität der Unternehmen 118
globale 394 Rollenträger 40
Medien- 395 Rückgewinnungs-Management 242, 593
qualitative 394, 397 Rückwärtsintegration 216, 217
quantitative 394
räumliche 395
zielgruppenspezifische 394 S
Reichweitenmedium 415 Sachebene 495–497
Reisende 592 Faktoren 496
Reize Sättigungsmenge 317
Aktivierung über äußere 59 Sakkaden 146. Siehe auch Blicksprünge
Aktivierung über innere 59 Sales Force Promotion 423
emotionale 59 Sales Promotion 599. Siehe auch Verkaufsför-
erotische 59 derung (VKF)
kognitive 60 Sales-Service 299, 593
physische 60 Sammelkarten 593
Werbung mit erotischen 59 Sampling 186
Rejected Set 183 Satisfier 494
Relaunch 289, 592 Scannability 146
Stichwortverzeichnis 623

Scentdesigner 404 Shopping Good 26, 594


Schaltkosten 395, 396 SIIR-Modell 487
Schichten 53 Silo-Denken 405
Schichtenmodell 218 Silver Surfer 228
Schichtenmodell eines Marktes 219 Single-Source-Prinzip 401
Schleichwerbung 417 Sinneseindrücke, Kongruenz der 402
Schlüsselaktivitäten 250 Sinus-Institut 53
Schlüsselkunden-Management 578 Sinus-Milieus
Schlüsselressourcen 250 Adaptiv-Pragmatische 55
Schlüsselungsproblematik 314 Bürgerliche Mitte 55
Schneeball-Effekt 450 in Deutschland 54
auf Handelsseite 418 Expeditive 55
auf Konsumentenseite 418 Hedonisten 56
Schnelldreher 207 Konservativ-Etablierte 55
Schrank-Ware 106 Liberal-Intellektuelle 55
SCHUFA-Score 282 Performer 55
Scoring-Modell 241, 280, 593 Prekäre 56
Screening 280, 593 Sozialökologische 55
Screening-Fragen 103 Traditionelle 56
Search Engine Advertising (SEA) 596 Sitten 53
Search Engine Optimization (SEO) 596 Skalenerträge 109
Second Choice 184 Skalierbarkeit 111
Second Moment of Truth (SMOT) 179, 191 Skimming Pricing 342, 562
Seeding 450 Skonto 325, 345, 594
Segment of One 226 Sleeper-App 429
Seifenoper 414 Sleeper-Quote 594
Sekundärforschung 91, 594 Slogan 170
Nachteile 90 Smart Service Terminal 430
Vorteile 90 Smell Artist 404
Sekundärquelle 92 Snob-Effekt 305
Selektivität 62 Soap Opera 414
Selling Center 40 Social-Influencer-Management 447, 576
Sender-Perspektive 380 Social Media 595
Sensorik 402 Social-Media-Marketing 594
Serviceleistung 299 Social-Sharing-Rate 440. Siehe auch
Servicestrategie 298 SWYN-Rate
Servitization 340 Softbounce 437
Shareholder-Konzept 8 Sollbruchstelle 213
Shareholder Value 8 S-O-R-Modell 52
Share of Advertising (SoA) 456 Sortiment 260, 594
Share of Basket 466. Siehe auch Share Sortimentsbreite 595
of Wallet Sortimentserweiterung, virtuelle 369
Share of Mind 594 Sortimentsfunktion 355
Share of Voice (SoV) 456 Sortimentsfunktion, qualitative und quanti-
Share of Wallet 466 tative 355
Ship from store 368 Sortimentsgroßhandel 357
Shop-in-Shop-Konzept 360 Sortimentstiefe 595
Shopping-App 429 Sounddesigner 403
Shopping Center 594 Sozialdumping 334
624 Stichwortverzeichnis

Sozialdumping, Bekämpfung 334 Storytelling 506, 595


Soziale Erwünschtheit 57, 99 Strategie 595
Soziale Medien 595 Branding- 291
Sozialsponsoring 453 Couponing- 329
Spartenorganisation 551 Diversifikations- 205, 208, 216
Späte Mehrheit 287 Efficient Consumer Response (ECR)
Special-Interest-Titel 411 372, 373
Special-Interest-Zeitschrift 411 Einmarken- 292
Special-Interest-Zeitung 411 Follow-the-Cheap- 344, 574
Specialty Good 26, 595 Follow-the-Free- 343, 574
Spendenwerbung 575 für die internationale Expansion 244
Spezialgroßhandel 357 Kennzeichnung 203
Spezialversender 361 kundenorientierte 211, 212
Sponsor 451 Marken- 291
Sponsoren-Links 578 Marketing- 582
Sponsoring 451, 595 Marktareal- 211, 243
Arten 452 Marktdurchdringungs- 213
Forschungs- 453 Marktentwicklungs^- 215
Kultur- 452 Marktfeld- 211, 212
Öko- 453 Marktsegmentierungs/ 211, 223
Sozial- 453 Marktstimulierungs- 211, 218
Sport- 452 Massenmarkt- 224
Umwelt- 453 Mehrmarken- 292, 297
Wissenschafts- 453 Mittellagen- 220
Ziele 451 Modul- 206
Spontankauf 24 Outpacing- 211
Sportsponsoring 452 Plattform- 206
Sprinkler-Strategie 247 Präferenz- 220
Sprungwerbung 386, 591 Preis- 323, 325, 341
Stab-Linien-Organisation 550 Preis-Mengen- 220
Stabsstellen 550 Premium- 220
Stabsstellenmanager 550 Produktentwicklungs- 215
Stärken-Schwächen-Analyse 113, 115, 595 Pull- 386, 418, 591
Stakeholder 16 Push- 385, 386, 591
Stars 125 Service- 298
Start with the „Why“ 488 Sprinkler- 247
Stellenbeschreibungen 551 Überhol- 211
Steuerungs-Cockpit eines Unternehmens 197 Wasserfall- 247
Steuerungsziele 384 wettbewerbsorientierte 204
Stichprobe 101, 595 Strategietypen nach Porter 206
Stichprobenumfang 102 Strategische Allianz 245
Stichprobenziehung 101 Strategische Entscheidung auf Unternehmen-
Arten 102 sebene 82
geschichtete 102 Strategische Geschäftseinheit (SGE)
Stimmfrequenz 58 78, 80, 596
Stimmungen 63 Strategische-Geschäftseinheit-Abgrenzung
Stimulanzsystem 67 angebotsorientierte 79
Stockmaterial 406 kundenorientierte 80
Storetest 147, 579 Strategische Gruppe 113
Stichwortverzeichnis 625

Strategischer Marketing-Plan 524 sematisches 232


Strategisches Geschäftsfeld (SGF) 78, 596 Social Media 233
Streckengeschäft 596 soziogemografisches 232
Streukosten 395 Suchwort- 232
Streuplan 397 technisches 232
Streuverluste 596 Target Pricing 323, 597
Studie Tauschobjekte im Marketing 21
deskriptive 87 nach dem Grad des Produktinteresses 26
explorative 87 nach der Art der Informationsbe-
kausale 88 schaffung 23
qualitative 95 nach Inhalt/Verwendungsart 21
Subbrand 293. Siehe auch Submarke nach Kaufverhalten 24
Subjektivität 62 nach Markierung/Branding 27
Subkulturen 53 Tausenderpreis 395, 597
Submarke 293, 297 für die Brutto-Reichweite 396
Subskriptionsmodell 341 für die Netto-Reichweite 396
Suchgut 23, 24 gewichteter 397
Suchmaschinen-Optimierung 596 Zielgruppen- 397
Suchmaschinen-Werbung 596 Tausend-Kontakt-Preis (TKP) 396, 442, 597
Suchphase 34 Technologieattraktivität 128
Supermarkt 596 Technologie-Portfolio 128, 129
Supplement 412 Teilerhebung 100, 101
Switching Costs 118. Siehe auch Wech- Teilgesamtheit 101
selkosten Telefon-Marketing 426
SWOT-Analyse 112, 596 aktives 426, 587
SWOT-Matrix 122 Inbound- 426, 576
SWOT-Synthese 123 Outbound- 426, 587
SWYN-Rate 440 passives 426, 576
Symbolic Management 597 Telenovela 415
Synergie 597 Tele-Shopping 361, 597
Synthese von interner und externer Pers- Tensor-Organisation 551
pektive 122 Testimonial 598
Systemlieferant 375 Testmarktuntersuchungen 147
Systempreis 338 Textanalyse 105
The Economist 333
The-Winner-takes-it-all-Konzept 297
T Third Choice 184
Tachistoskop 145, 597 Time-to-Market 270
Tag der offenen Tür 421 Time-to-Market-Perspektive 269
Tagesgeschäft 84 Time-to-Value 271
Target Costing 323, 597 Time-to-Value-Ansatz 272
Targeting 232 Tip a friend 418
Behavioral 232 Titelsponsoring 415
Content- 232 TKP für TV-Werbung 414
Context- 232 Tochtergesellschaft 246
Geo- 232 Tonality 408
IP- 232 Top-down-Ansatz 76
Keyword 232 Total Cost of Ownership (TCO) 338
Predictive Behavioral 232 Touchpoint 598
626 Stichwortverzeichnis

Offline- 380 Unique Öffnungsrate 437


Online- 380 Unique Passion Proposition (UPP) 481, 598
Townhall-Meeting 505 Unique Selling Proposition (USP) 185, 598
TOWS-Analyse 112. Siehe auch Unique Selling Proposition (USP), Vorausset-
SWOT-Analyse zungen 185
Trade-off 248 Univariates Verfahren 599
Trading-up 221, 597 Universalversender 360
Transportation 506 Uno-actu-Prinzip 23, 374
Treiber der künstlichen Veralterung 213 Untereinstandspreispolitik 308
Treuerabatt 325 Unternehmensadresse 231
Trichtermodell 279 Unternehmensidentität 568
Tür-zu-Tür-Verkauf 352 Unternehmenskultur 568
TV-Spot Unternehmensmarke 295
Ad Break Specials 415 Unternehmensmission 169
Addressable 415 Unternehmensorganisation, Grundla-
Direct-Response- 415 gen der 548
klassischer 415 Unternehmenspersönlichkeit 459, 460
Special Ad 415 Unternehmensphilosophie 460, 599
Tandem- 415 Unternehmensvision 169
Titel-Sponsoring 415 Unternehmenswerte 170, 488
Tridem-Werbung 415 Unternehmenszweck 170
Twitter 598 Unzumutbare Belästigung 431
Two-Step-Flow-Model 447 Up-Sell 192, 238, 599
Typologie von Produkten und Dienstleistungen Up-Skilling 485
nach Art der Informationsbe- URL 412
schaffung 24 Ursachenanalyse 537
User Brand Experience 181
User-generated Content 181
U
Überflussgesellschaft 12
Überholstrategie 211 V
Überholstrategie, Stoßrichtung einer wettbe- Validität 99, 599
werbsstrategischen 211 Value Chain 134
Überschneidung Value Proposition 250
externe 398 Vebleneffekt 305
interne 398 Veralterung, künstliche 213
Umsatz pro Coupon 435 Verbote 53
Umsatzprofitabilität pro Kauf 433 Verbot unlauterer geschäftlicher Hand-
Umstrukturierung 548, 551 lungen 310
Umtauschprämie 331 Verbrauchermarkt 599
Umweltsponsoring 453 Verbraucherpanel 599
Unaided Advertising Recall 183 Verbraucherpromotion 422
Unaided Recall 183 Verbrauchsgut 599
Unawareness Set 183 Verbrauchs- und Medienanalyse (VuMA)
Unique Advertising Proposition (UAP) 401, 402
185, 598 Verbundeffekte 339
Unique Klick-Rate 438 Verhaltensregeln 489
Uniqueness, Ansatzpunkte zur Errei- Verhaltensstandards 491
chung von 482 Verkäufermarkt 6, 599
Stichwortverzeichnis 627

Verkauf Warenhaus 600


leichter 277 Wasserfall-Konzept 246, 268, 269
persönlicher 352, 588 Wasserfall-Strategie 247
Tür-zu-Tür- 352 Web 2.0 600
von Leistungen unter Einstandspreis 308 Weblog 564
Verkaufsabteilung 352 Web-Monitoring 180, 600
Verkaufsförderungsarten 422 Webrooming 368
Verkaufsförderung (VKF) 422, 599 Web to store 368
Verkaufsniederlassung 352 Wechselbarriere 465
Verkaufsparty 352 Wechselkosten 118
Verkaufsschlager 276 Weiterleitungs-Rate 440
Verpackung 599 Weltneuheit 265
Versandhandel 358, 360, 572, 599 Werbebanner 600
Verteilerwachstumsrate 441 Werbebeilage 412
Vertikalisierung 353 Werbebotschaft 600
Vertragshändlersystem 362, 600 Werbebrief 425, 426, 580
Vertrauensgut 23, 24 Werbebudget, Ableitung aus spezifischen
Vertrieb Bezugsgrößen 456
Anweisungs- 354 Werbeeinahmen 390
Direkt 351, 354 Werbeelastizität 315
einstufiger 356 Werbeerinnerung
indirekter 355, 361 gestützte 182
Multi-Channel- 366, 368, 584 ungestützte 183
Omni-Channel- 368, 586 Werbekonstante 409
zweistufiger 356 Werbemittel 390, 600
Vertriebsagent 356 Werbemittelkontaktchance 396
Vertriebsbindungssystem 362, 600 Werbeträger 390, 601
Vertriebs-Controlling 543 Werbeträgerauswahl 413
Vertriebsformate 357 Werbeträgerbedeutung 390
Vertriebskanäle 251 Werbeträgerkontaktchance 396
Vertriebsorientierung 481 Werbeträgerkontakte 396
Vertriebspartnerauswahl 371 Werbe- und Marktbeeinflussungsfunktion 355
Videoüberflutung 62 Werbeverhalten, prozyklisches 456
Viral 450 Werbewirkungsmodell 456
Virales Marketing 450, 600 Werbung 407, 601
Viral-Marketing 450, 600 Betrachtungszeit 61
Virus-Marketing 450, 600 Dialog- 425, 571
Visuelle Landkarte 249 Direkt- 571
Vollerhebung 100 E-Mail- 432
Vom Produkt zum Service 340 klassische 410
Vorauswahlstufe 280 Kontaktaufnahme durch Anrufmaschinen,
Vorwärtsintegration 217 Fax und E-Mail 432
Online- 449
Sprung- 386
W Telefonanruf 432
Wachstums-Rate des E-Mail-Verteilers 441. unadressierte 432
Siehe auch Verteilerwachstumsrate Werte 53, 63
Wahrnehmung der Zielperson 61 Wertkette 134, 135
Wahrnehmungsfilter 62 Grundkonzept 135
628 Stichwortverzeichnis

System 136 Zeitungen 410


Wertkettenanalyse 134, 136, 601 Zero Moment of Truth (ZMOT) 179, 180
Wertschätzung 493 Zielausmaß 165
Wertschätzung der Mitarbeiter 491 Zieldefinition 601
Wertschöpfungskette 134 Ziele 162, 601
Wertschöpfungskette der Logistik 374 Funktionen 162
Wertschöpfungskettenanalyse 134 Geltungsbereich 167
Wertschöpfungsnetz 136 Kontrollfunktion 163
Wettbewerb 601 Maximierungs- 165
Wettbewerbsanalyse 113, 601 Minimierungs- 165
Wettbewerbsfähigkeit 165 Motivationsfunktion 163
Wettbewerbskräfte 117 Operationalisierung 165
Wettbewerbs-Paritäts-Methode 601 operative 166
Wettbewerbsposition 118 Orientierungs- und Lenkungsfunktion 162
Wettbewerbsvorteile Relevanz und Funktionen 162
Erzielung komparativer 204 Satisfaktions- 166
relative 127 SMART- 167
White Mail 425, 580 strategische 166
Wiederkauf 190 Zeithorizont 166
Willkürliche Auswahl 103 Ziele-Cockpit 197
Willkürliche Stichprobe 103. Siehe auch Zielformulierungsanforderungen 164
Willkürliche Auswahl Zielgruppe 408
Wir-Bewusstsein 463 Zielgruppenauswahl 601
Wirkungsverbund 397 Zielgruppendefinition 230
Wirtschaftlichkeitsanalyse 282 Zielgruppen-Marketing 226
Wirtschaftlichkeitsrechnung Zielgruppe, werberelevante 387
dynamische 284 Zielharmonie 173
statische 284 Zielhierarchie 172
Wissenschaftssponsoring 453 Zielindifferenz 174
Word-of-Mouse 187, 194 Zielinhalt 164
Word-of-Mouse-Propaganda 450 Effektivität 165
Word-of-Mouth 187. Siehe auch Effizienz 165
Mund-zu-Mund-Propaganda Zielkomplementarität 173
Wunsch-Kunde 385, 425 Zielkonflikte 173
Zielkonkurrenz 173
Zielkostenmethode 323
X Ziel-Kunde 385
XXL-Bürger 228 Ziel-Mittel-Relation 168
Zielneutralität 174
Zielperson, Wahrnehmung der 61
Y Zielpersonen-Marketing 226
Yield-Management 334 Zielsystem 172, 174, 601
hierarchisches 173
Z Marketing- 174
Zapping 416 Zufallsauswahl 101. Siehe auch Zufalls-
Zapping-Quote 416 stichprobe
Zeitrabatt 325 Zufallsstichprobe 101
Zeitschriften 410 einfache 101
Zeitüberbrückungsfunktion 355 geschichtete 101
Stichwortverzeichnis 629

mit Unterteilung der Grundgesamtheit 101 Zusatznutzen 601


Zugabeverordnung 306 Zuschlagskalkulation 313
Zusatzmärkte, Erschließung funktionaler 215 Zustellrate 437
Zusatzmedien 397 Zweitplatzierung 24

Das könnte Ihnen auch gefallen