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Dr.

Behrendt
Mythos des Prometheus
Prometheus, Titan; Sohn des Iapetos und der Themis (oder der Okeanostochter Klymene). Er war der mythische
Ur-Rebell und Vorkämpfer der Menschheit gegen die Feindseligkeit der Götter; sein Name bedeutet »der
Vorausdenkende« und kennzeichnet seinen Charakter. In der frühesten Gestalt des Stoffes war er vermutlich
kaum mehr als ein trickreicher Schlaukopf, der Zeus überlistete. Griechische Autoren jedoch, allen voran Hesiod
in seinem Hauptwerk, der >Theogonie<, und Aischylos in seiner Tragödie >Der gefesselte Prometheus<,
stilisierten ihn zum Menschen-Schöpfer und Erlöser empor, während Zeus (in der restlichen Prometheustrilogie,
die aber nicht erhalten geblieben ist) als grausamer Tyrann erschien.
Im Kampf der Götter und Titanen, der mit der Verbannung von Zeus` Feinden in den Tartaros endete,
10. riet Prometheus, der — wie sein Name schon sagt — das Kommende ahnte, den Titanen zur List; als sie
seinen Rat in den Wind schlugen, ging er auf Zeus‘ Seite über. Nach dem Kampf jedoch hatten Prometheus
und Zeus wegen der Menschheit große Auseinandersetzungen. Nach Hesiods Darstellung schuf Prometheus
selber das Menschengeschlecht, und zwar aus Ton, den er im böotischen Panopea fand; als geschickter
Bildhauer vermochte er die Gestalten zu formen, denen Athene Leben einhauchte. (Nach manchen
Überlieferungen ließ er die einzelnen Modelle zunächst von Zeus begutachten und billigen, unterließ dies
aber im Falle eines besonders schönen Jünglings mit dem Namen Phainon, der Glänzende. Als Zeus die
Unterhaltung entdeckte, trug er den Knaben gen Himmel und verwandelte ihn in den Planeten, den wir
heute als Jupiter kennen. Wegen der Gebrechlichkeit des Menschengeschlechts jedoch beschloss Zeus, es
zu vernichten (jedenfalls glaubte
20 Prometheus das) und statt dessen neue und bessere Geschöpfe zu schaffen. Zeus versuchte die Menschen
auszuhungern, indem er die besten Teile der menschlichen Nahrung als Opfer verlangte; Prometheus verhinderte
diesen Plan durch folgenden Trick: In Mekone wurde eine Zusammenkunft zwischen Göttern und Menschen
vereinbart, um festzulegen, welche Teile der Nahrung den Göttern vorbehalten sein sollten. Prometheus, der
Schiedsrichter war, schaffte einen Ochsen herbei und nahm ihn aus, wobei er das Fleisch in zwei Teile
auseinanderlegte.
Den einen, der die Innereien enthielt, umgab er mit dem Fett des Ochsen; den anderen und wertvolleren
Teil stopfte er in den Magen. Dann forderte er Zeus auf, zu wählen. Zeus glaubte, den Betrug zu durchschauen,
und fiel herein: er wählte den fettigen Teil, und seitdem bestehen die Opfer für die Götter immer aus Fett und
Innereien. Jetzt beschloß Zeus in seinem Zorn, den Menschen das
30. Feuer vorzuenthalten Prometheus lehnte sich gegen diese Verfügung auf, und so brachte er den Menschen
heimlich das Feuer, entweder in einem Narthexstengel vom Olymp herab oder aus der Schmiede des
Hephaistos (er lehrte die Menschen viele andere Kunstfertigkeiten, z. B. die Metallverarbeitung);
gleichzeitig nahm er ihnen das Wissen um die Zukunft, dessen sie bis dahin mächtig waren, weil es ihnen
das Herz gebrochen hätte. In der Nacht sah Zeus auf Erden Tausende von Lichtern glühen und verfiel in
heftige Wut; so gebot er seinen Knechten Kratos Prometheus gefangen zu nehmen und an eine Felsspitze
(vielleicht im Kaukasus) am Rande des Weltstroms Okeanos zu schmieden, weit weg von den Menschen.
Sein Adler aber mußte Tag für Tag die Leber des Gefesselten fressen, die des Nachts wieder nachwuchs;
denn als Titan war Prometheus unsterblich (nach einer anderen Überlieferung hatte Chiron ihm bei seinem
Tod seine Unsterblichkeit vermacht.
40 Als Zeus hörte — so erzählt Aischylos —‚ wie Prometheus ihn verlachte und sein Geheimnis der
Unverletzlichkeit nicht verraten wollte, schleuderte er einen Donnerkeil nach dem Felsen, an den sein
Gefangener geschmiedet war, und Prometheus stürzte mitsamt dem Felsen in den Tartaros. Nach langer Zeit
erlaubte Zeus schließlich, daß Prometheus freigelassen wurde als Dank für das lebenswichtige Geheimnis: der
Sohn der Thetis (um die sowohl Zeus als auch Poseidon lange geworben hatten) würde nach dem Willen der
Vorsehung einst größer sein als sein Vater. Nun kam Herakles, der Sohn, erlegte den Adler und befreite den
Gefangenen. Von seinen Fesseln. Es hieß, daß Prometheus zum Dank hierfür dem Herakles sagte, wie er sich am
besten die Äpfel der Hesperiden beschaffen konnte, die er in seinen Besitz bringen wollte: er mußte sie durch
Atlas holen lassen und sich anbieten, inzwischen für ihn das Himmelsgewölbe zu tragen. Zeus aber hätte ohne
Prometheus‘
50. Angaben Thetis geheiratet und wäre dann seinem mächtigeren Sohn gestürzt worden, ebenso wie er Kronos
gestürzt hatte. Von der Grausamkeit der Götter gegen die Menschen zeugt auch die Geschichte, wonach sie
die erste Frau, Pandora, erschufen (bis dahin hatte es nur die von Prometheus aus geformten Männer
gegeben) und mit allen nur denkbaren Fehlern ausstatteten, sie aber schön und begehrenswert machten. Sie
gaben sie dem gutmütigen Bruder des Prometheus, Epimetheus, der sie auch trotz wiederholter Warnung
von Prometheus annahm. Seine Tochter Pyrrha heiratete Deukalion, den einzigen Mann, der jene Sintflut
überlebte, mit der Zeus die restlichen Geschöpfe des Prometheus auslöschte. Es hieß auch, Prometheus
habe Deukalion und Pyrrha angewiesen, die Knochen ihrer Mutter hinter sich zu werfen, um so ein neues
Menschengeschlecht zu gründen; nach anderen Berichten gab seine Mutter Themis diese Weisung; von ihr
soll Prometheus auch ursprünglich sein
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60 Wissen erlernt haben.

Michel Grant/John Hazel: Lexikon der antiken Mythen und Gestalten, München 1980 (= dtv 3181).

Aufgabe: Vergleichen Sie den antiken Mythos vom Prometheus mit Goethes „Antiode“.
Stellen Sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede heraus!

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