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Die Ich-Illusion

Wie Bewusstsein und freier Wille entstehen

Von Michael Gazzaniga


Hanser © 2012, 277 Seiten

Fokus Take-aways
Führung & Management • Obwohl das Gehirn aus zahlreichen Netzwerken ohne übergeordnete Schalt­
Strategie zentrale besteht, haben wir das Gefühl eines einheitlichen Ichs.
Marketing & Verkauf
• Dieses Ich-Gefühl entsteht durch eine Interpretierfunktion in der linken Gehirnhälfte.
Finanzen
• Das Bewusstsein einer Handlung folgt immer erst, nachdem das Gehirn und der
Personalwesen
Organismus unbewusst gehandelt haben.
IT, Produktion & Logistik
• Ein großer Teil der Neuronenvernetzung und die daraus resultierenden Verhaltens­
Karriere & Selbstmanagement
weisen sind genetisch bedingt.
KMU

Wirtschaft & Politik


• Weil die Gehirnleistung auf Naturgesetzen basiert, gehen einige Forscher davon
Branchen
aus, dass der Mensch für sein Handeln nicht verantwortlich sei.
Business weltweit • Dabei wird aber übersehen, dass der Geist, den das Gehirn hervorbringt, wieder
Verwandte Themen auf dieses zurückwirkt. Diese Wechselwirkung macht den freien Willen aus.
• Das Bewusstsein kann unbewusst angestoßene Handlungen aufhalten und sogar
die Organisation der Neuronenvernetzung verändern.
• Verhaltensweisen, z. B. Naschen, können bewusst gestoppt werden.
• Die soziale Ausrichtung der Menschen ist angeboren.
• Die Hirnforschung ändert nichts daran: Wer als soziales Wesen gegen Regeln
verstößt, muss bestraft werden.

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Diese Zusammenfassung ist für den persönlichen Gebrauch von Hans-Jürg Patzen (erika.wittwer@ji.zh.ch) bestimmt.
Relevanz

Das lernen Sie


Nach der Lektüre dieses Abstracts wissen Sie: 1) wie das menschliche Gehirn arbeitet
und Bewusstsein hervorbringt, 2) weshalb das Ich-Gefühl eine Illusion ist 3) und warum
die Menschen als soziale Wesen dennoch für ihre Handlungen verantwortlich sind.

Empfehlung
Das menschliche Gehirn ist zwar nach wie vor eine riesige Blackbox, die erst noch rich-
tig erforscht werden muss. Dennoch sind die bisherigen Ergebnisse seiner Erforschung,
die der Neurowissenschaftler Michael Gazzaniga in diesem Buch präsentiert, bereits
bahnbrechend, denn sie bringen das herrschende Menschenbild ins Wanken. Spannend
und auch für wissenschaftliche Laien leicht nachvollziehbar zerstört Gazzaniga die
Vorstellung, der Mensch sei Herr seiner selbst. Gleichzeitig räumt er aber auch mit der
Vorstellung von einem Gehirn auf, in dem alle Handlungen und Verhaltensweisen vor-
herbestimmt sind. Es gelingt ihm, alle Erkenntnisse Mut machend zu vermitteln: Trotz
genetischer Veranlagung und naturgesetzlicher Abhängigkeit haben Menschen die Mög-
lichkeit, sich jederzeit zu verändern – wenn sie die Macht des Unbewussten akzeptieren
und sich auf ihre soziale Bestimmung einlassen. Verantwortung heißt für Gazzaniga
deshalb vor allem, Illusionen über das menschliche Selbstverständnis aufzugeben und
gesellschaftliche Regeln zu vereinbaren, die der tatsächlichen Arbeitsweise des Gehirns
entsprechen. getAbstract empfiehlt dieses Buch allen, die die komplexen Abläufe des
menschlichen Gehirns – und damit auch die alltäglichen zwischenmenschlichen Bezie-
hungen – besser verstehen wollen.

Abstract

Das universelle Prinzip der Wechselwirkung


In einer Sache sind sich die heutigen Neurowissenschaftler einig: Das Gehirn bringt den
menschlichen Geist hervor, und es arbeitet dabei konsequent auf der Basis der Naturge-
setze. Doch wenn es an die Schlussfolgerungen aus dieser Erkenntnis geht, driften die
Meinungen der Forscher weit auseinander. Viele Wissenschaftler sind der Ansicht, der
Mensch könne aufgrund der Dominanz der Naturgesetze keinen freien Willen haben.
„Unser bewusstes
Erleben ist ledig- Einige leiten daraus sogar ab, dass Menschen für ihre Handlungen nicht verantwortlich
lich die Spitze gemacht werden können und Bestrafung nach dem Gesetz damit falsch sei.
eines wahren Eis-
bergs unbewusster
Verarbeitungspro- Doch diesen deterministischen Fundamentalismus gilt es infrage zu stellen, vor allem
zesse.“ wenn man die Erkenntnisse der Quantenphysik einbezieht. Diese hat bereits im vergan-
genen Jahrhundert gezeigt, dass auf atomarer und molekularer Ebene keine eindeuti-
gen kausalen Beziehungen existieren. Zudem muss dem Prinzip der Wechselwirkung
in allen Bereichen des Lebens eine grundlegende Bedeutung zugewiesen werden: Ver-
mutlich ist es nicht nur so, dass das Gehirn den Geist hervorbringt, sondern dieser wirkt
wiederum auf die Arbeit des Gehirns zurück und prägt es. Freier Wille und menschliche
Verantwortung sind das Resultat dieser Wechselwirkung.

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Das Gehirn und das Ich
Die Menschen sind bislang die einzigen Wesen auf der Erde, die einen enormen For-
„Das Bewusstsein scherdrang besitzen, technische Entwicklungen voranbringen und auch in der Lage sind,
braucht Zeit, und über Kontinente hinweg und in großer Anzahl zu kooperieren. Darüber hinaus nehmen
die haben wir oft sie sich selbst, d. h. ihre Gedanken, Gefühle, Ziele oder Absichten, bewusst war. All
nicht.“ das führt dazu, dass der Mensch davon ausgeht, ein festes Ich zu besitzen, das Herr
über seine Entscheidungen ist. Die moderne Neurowissenschaft mit ihren Methoden der
Elektrodenmessung und Aufzeichnung von Gehirnaktivitäten räumt jedoch mit dieser
Vorstellung auf.
Lange dachte man, die Größe des Gehirns – vor allem die Zunahme des für die kogniti-
ven Fähigkeiten zuständigen Großhirns – sei für die Unterschiede im Denken zwischen
Mensch und Tier verantwortlich. Das ist allerdings falsch. Zahlreiche Untersuchungen
belegen, dass die besondere Gehirnleistung der Menschen in erster Linie auf die Art der
„Die natürliche Vernetzung der Nervenzellen und deren Struktur zurückgeht. Eine weitere Erkenntnis
Selektion bevor- der Forscher: Das Gehirn ist keine Blaupause, die von Geburt an unendliche Möglichkei-
zugt unbewusste ten eröffnet. Der größte Teil der Neuronenvernetzung ist genetisch festgelegt: Bestimmte
Prozesse.“
Verhaltensweisen, wie das Zurückweichen vor Schlangen, sind schon bei Babys zu beob-
achten. Daraus folgt aber keine grundlegende Determinierung des menschlichen Geistes.
Weitere Forschungen belegen nämlich, dass erlernte Verhaltensweisen wie etwa das Kla-
vierspielen auf das Gehirn zurückwirken sowie dass durch regelmäßiges Üben die Zahl
der Neuronenverbindungen wächst und diese sich neu strukturieren lassen.

Netzwerke
Eines der wichtigsten Ergebnisse der Neurowissenschaften ist jedoch, dass die Leistung
„Wir benutzen un- des menschlichen Gehirns auf ein Zusammenspiel spezialisierter Neuronennetzwerke
ser Interpretiermo- zurückgeht. Von großer Bedeutung ist dabei die Verbindung der beiden Hirnhälften,
dul tagaus, tagein, das Corpus callosum. Es sorgt für einen schnellen Informationsaustausch zwischen
indem wir Situati- diesen Netzwerken im gesamten Gehirn. Diese Kommunikation ist zwar durch die Gene
onen einschätzen,
Informationen bestimmt. Aber durch äußere Einflüsse, Verhaltensweisen oder Lernprozesse kann die
interpretieren und Wirkung von Genen verändert und die Organisation des Gehirns ständig modifiziert
unsere physiologi- werden, sodass neue Lebensanforderungen bewältigt werden können. Trotz dieser zahl-
schen Reaktionen reichen Netzwerke ohne übergeordnete Schaltzentrale haben wir erstaunlicherweise das
erkennen und auf
Gefühl eines einheitlichen Ichs, das die eigenen Entscheidungen kontrolliert.
diese Art und Wei-
se alles erklären,
was uns passiert.“ Die Macht des Unbewussten
Sigmund Freud gilt gemeinhin als der Entdecker des menschlichen Unbewussten. Doch
die Tatsache, dass Entscheidungen durch unbewusste Abläufe beeinflusst werden,
erkannten bereits viele Forscher und Philosophen, unter ihnen Arthur Schopenhauer,
lange vor dem berühmten Psychologen. Die moderne Neurowissenschaft kann die Arbeit
des Unbewussten inzwischen genau lokalisieren. Anhand von Schädigungen bestimm-
ter Hirnareale lassen sich Funktionen genau zuordnen. Sind diese Teile des Gehirns irre-
parabel verletzt, kann es etwa vorkommen, dass Menschen Obst oder Tiere nicht mehr
bewusst wahrnehmen; oder sie können zwar fließend sprechen, reden aber nur Unsinn.
„Der Interpret ist
nur so gut wie die Untersuchungen mit Epilepsiepatienten, bei denen die Verbindung der beiden Gehirn-
Informationen, die hälften durchtrennt wurde, brachten weitere wichtige Aufschlüsse. Der Eingriff sorgte
er bekommt.“
für ein Abklingen oder sogar für ein vollständiges Ende der Anfälle. Die Forscher
erwarteten nun bei den Patienten Auffälligkeiten, da die Gehirnhälften die Körperseiten

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kreuzweise steuern: Die linke Hirnhälfte kontrolliert die rechte Körperseite und umge-
kehrt. Doch die Probanden berichteten nach der Operation von keinerlei Veränderungen.
„Die Neurowissen-
Sie nahmen sich selbst genau so wahr wie vorher. Spezielle Versuche, bei denen Infor-
schaft geht heute mationen nur einer Gehirnhälfte zugänglich gemacht wurden – die Patienten bekamen
davon aus, dass im linken bzw. rechten Gesichtsfeld unterschiedliche Gegenstände zu sehen –, führten
das Bewusstsein jedoch dazu, dass die Teilnehmer aufgrund des fehlenden Informationsaustauschs zwi-
kein einheitlicher, schen den Gehirnhälften Dinge nur noch partiell wahrnahmen. So erkannten sie z. B. mit
umfassender Pro-
zess ist.“ der rechten Gehirnhälfte Gegenstände, konnten sie aber nicht benennen, oder sie sagten
sogar, sie hätten sie nicht gesehen. Für die Forscher ergab sich daraus eine wichtige
Frage: Warum nahmen sich die Patienten im Alltag bewusst als Einheit wahr, obwohl die
beiden Gehirnhälften doch offensichtlich nicht mehr zusammenarbeiteten?

Die Grenzen des Bewusstseins


Auf dem Weg zur Bewusstwerdung eines Prozesses spielt die Amygdala, der Mandel-
„Unser subjektives
kern, eine große Rolle. Sie bewertet die über die Sinne aufgenommenen Informationen
Bewusstsein und leitet sie direkt an den Hirnstamm weiter, der eine Reaktion auslöst. Diese Reak-
entsteht aus tion wird nachträglich in die anderen Gehirnprozesse integriert und dann in Form einer
dem ständigen Erklärung oder Entscheidung ins Bewusstsein übertragen. Doch die eigentliche Hand-
Bemühen unserer
lung ist zu diesem Zeitpunkt schon längst erfolgt. Wenn das Gehirn z. B. eine Schlange
dominanten linken
Hirnhälfte, die ein- über die Sinne registriert, ist die Flucht längst ergriffen, bevor der Mensch das Tier
zelnen Bestandteile überhaupt bewusst wahrgenommen hat oder eine Entscheidung treffen kann.
zu erklären, die
zufällig ins Be- Die bewusste Erklärung erfolgt immer erst im Nachhinein. Verantwortlich dafür ist
wusstsein gelangt die linke Gehirnhälfte, die Handlungen und Verhalten anhand von Schlussfolgerun-
sind.“ gen aus den gespeicherten Informationen interpretiert. Damit lassen sich nicht nur
alltägliche zwischenmenschliche Konflikte, sondern auch wenig zuverlässige Aussa-
gen von Augenzeugen erklären. Die Neurowissenschaftler fanden zudem heraus, dass
dieses Interpretiermodul des Gehirns der Grund für das Einheitsgefühl von Split-Brain-
Patienten ist, also von Menschen, bei denen das Corpus callosum durchtrennt wurde.
Das menschliche Bewusstsein ist ein unaufhörlicher Fluss, der von den in den zahl-
reichen lokalen Netzwerken des Gehirns gespeicherten Informationen abhängt und
„Das Interpretier- sich ständig verändert. Das Gefühl eines einheitlichen Ichs, das dabei entsteht, ist das
modul im mensch- Ergebnis des Interpretiermoduls, das alle Erfahrungen und Erinnerungen nachträglich
lichen Gehirn führt in einen Zusammenhang stellt. Auf diese Weise versucht das Gehirn zwar eine Ordnung
uns alle permanent
in die Irre.“
herzustellen, doch entspricht diese bewusste Rationalisierung nicht der Realität. Das
Ich-Gefühl ist eine Illusion.

Die Entzauberung des freien Willens


Menschen streben nach Kontrolle und können es sich nicht vorstellen, dass sie keine
freien Entscheidungen treffen. Doch was genau ist eigentlich mit dem freien Willen
gemeint? Offensichtlich meinen wir damit nicht die Loslösung von Naturgesetzen oder
„Es hat sich
von der Notwendigkeit, zu atmen, denn dann würde kein Leben existieren. Auch wäre
gezeigt, dass wir es inakzeptabel, dass jeder Mensch machen kann, was er will, und sich an keine Regeln
schon für soziale hält, denn das würde alle Lebensbereiche ins Chaos stürzen. Die Frage lautet deshalb
Interaktionen eigentlich nicht, ob ein freier Wille existiert, sondern ob die Menschen für ihre Handlun-
ausgerüstet auf die
gen verantwortlich gemacht werden können.
Welt kommen.“
Obwohl Handlungen vom Gehirn vor allem unbewusst gesteuert werden, tragen Men-
schen eine Verantwortung. Der Grund: Zwar arbeitet das Gehirn unaufhörlich und löst

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unbewusst Aktionen aus, die nur teilweise in das Bewusstsein des Menschen gelangen.
Doch das Bewusstsein wirkt auf das Gehirn zurück. Es kann unbewusst beschlossene
„Die Spiegelneuro- Handlungen aufhalten oder sogar die Organisation der Neuronenvernetzung verändern.
nen gelten als die So kann z. B. das Verlangen nach Süßigkeiten bewusst unterbunden werden. Wie sehr
neuronale Grund- das Bewusstsein das menschliche Verhalten beeinflusst, belegen Untersuchungen mit
lage nicht nur des Teilnehmern, die nicht an einen freien Willen glaubten oder die deterministisch geprägte
Verständnisses
von Handlungen,
Texte lasen: Bei ihnen nahm die Tendenz zu aggressivem Verhalten oder zum Desinte-
sondern auch von resse an anderen Menschen zu. Diese Wechselbeziehung gewährleistet letztlich, dass
Emotionen.“ das Gehirn (genauso wie das Universum) trotz der Gültigkeit fester Naturgesetze nicht
vorherbestimmt ist und sich ständig wandelt. Bestes Beispiel dafür ist das Wetter, das nur
für maximal drei Tage zuverlässig vorausgesagt werden kann.

Die soziale Komponente


Auch wenn der Prozess der Bewusstmachung immer erst nach den fundamentalen
Abläufen im Gehirn erfolgt, wird er nie allein durch die individuellen Erfahrungen und
Erinnerungen geprägt. Das menschliche Bewusstsein ist letztlich die Folge der sozialen
Interaktion. Diese ist überlebenswichtig und angeboren. Studien mit bis zu 14 Monate
„Anscheinend alten Babys zeigen, dass die Menschen nicht nur von Geburt an positive und negative
teilen wir allesamt Absichten anderer unterscheiden können. Bis zu diesem Alter herrscht auch ein natür-
dieselben morali- liches uneigennütziges Verhalten vor. Erst mit rund drei Jahren beginnen Menschen,
schen Netzwerke
und Systeme im ein Konkurrenzdenken zu entwickeln und sich auf die Zugehörigkeit zu einer Gruppe
Gehirn und reagie- zu fokussieren. Die Forscher fanden auch heraus, dass Menschen sich in der Regel in
ren daher gleichar- einer Gruppe aus etwa 150 Individuen bewegen. Diese Zahl näherer Beziehungen lässt
tig auf gleichartige sich von den meisten ohne großen Aufwand überschauen und pflegen. Ein Beleg für die
Probleme.“
soziale Ausrichtung der menschlichen Gehirne ist die Entdeckung der Spiegelneuro-
nen. Diese Nervenzellen sind dafür zuständig, dass Menschen Gefühle und Handlungen
anderer verstehen und nachahmen können. Erkenntnisse wie diese führten zu der Hypo-
these, dass auch ein bestimmtes Grundverständnis für moralische Werte angeboren ist.

Die sozialen Beziehungen, die etwa in einer gemeinsamen Kultur und Sprache oder im
Rechtssystem ihren Ausdruck finden, werden einerseits vom individuellen Verhalten,
von der Wahrnehmung und von physischen Voraussetzungen wie den Genen gestaltet.
Andererseits wirkt das soziale Gefüge auf den Einzelnen zurück. Es beeinflusst die
„Die meisten Men- Arbeit des Gehirns und vielleicht sogar das Genom. Zweck dieser Wechselwirkung ist
schen, in welchem es, in einer sich verändernden Welt mit neuen Herausforderungen zu überleben. Der
Geisteszustand Mensch darf nicht auf sein Gehirn, seine Gene und deren Determinismus reduziert
auch immer sie
sich befinden, sind
werden: Er ist wesentlich ein soziales Wesen. Als solches kann er verantwortlich oder
imstande, Regeln unverantwortlich handeln. Verantwortung ist als eine Abmachung zwischen Menschen
zu befolgen.“ zu verstehen, bei der gewisse Regeln eingehalten werden. Wer gegen sie verstößt, muss
auch bestraft werden können.

Über den Autor


Michael Gazzaniga ist Hirnforscher und war Professor für kognitive Neurowissen-
schaft am Dartmouth College. Heute lehrt er in Santa Barbara, wo er auch ein Zentrum
für Neurowissenschaften leitet.

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