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Das Buch Ruth

Ruth kommt mit Naemi nach Bethlehem gehen? Trage ich denn noch Söhne in
Und es geschah in den Tagen, als die meinem Schoß, die eure Männer werden
Richter regierten, da entstand eine könnten? 12 Kehrt um, meine Töchter,
Hungersnot im Land. Damals zog ein und geht heim! Denn ich bin zu alt, um
Mann aus Bethlehem in Juda fort, um noch einen Mann zu heiraten. Und wenn
sich im Gebiet von Moab niederzulas- ich auch spräche: Es ist zu hoffen, dass ich
sen samt seiner Frau und seinen beiden schon diese Nacht einen Mann bekomme
Söhnen. 2 Und der Name dieses Mannes und sogar Söhne gebäre! — 13 wolltet ihr
war Elimelech, und der Name seiner Frau deshalb warten, bis sie groß geworden
Naemi, seine beiden Söhne aber hießen sind? Wolltet ihr euch deshalb einschlie-
Machlon und Kiljon; sie waren Ephrati- ßen und keinen Mann heiraten? Nicht
tera aus Bethlehem in Juda. Und sie ka- doch, meine Töchter! Denn mir ergeht
men in das Gebiet von Moab und lebten es noch viel bitterer als euch, weil die
dort. 3 Elimelech aber, Naemis Mann, Hand des HERRN gegen mich ausgestreckt
starb, und sie blieb allein mit ihren bei- ist! 14 Da erhoben sie ihre Stimmen und
den Söhnen. 4 Und diese nahmen sich weinten noch mehr; und Orpa küsste
moabitische Frauen; der Name der einen ihre Schwiegermutter [zum Abschied];
war Orpa, und der Name der anderen Ruth aber hing ihr an.
Ruth. Und sie wohnten etwa zehn Jahre 15 Sie aber sprach: Siehe, deine Schwäge-
dort. 5 Danach starben auch sie beide, rin ist umgekehrt zu ihrem Volk und zu
Machlon und Kiljon, so dass die Frau ihren Göttern; kehre du auch um, deiner
ohne ihre beiden Söhne und ihren Mann Schwägerin nach! 16 Aber Ruth antwor-
allein zurückblieb. tete: Dringe nicht in mich, dass ich dich
6 Da machte sie sich mit ihren beiden verlassen und mich von dir abwenden
Schwiegertöchtern auf und kehrte zurück soll! Denn wo du hingehst, da will ich
aus dem Gebiet von Moab; denn sie hat- auch hingehen, und wo du bleibst, da will
te im Gebiet von Moab gehört, dass der ich auch bleiben; dein Volk ist mein Volk,
HERR sein Volk heimgesucht und ihm Brot und dein Gott ist mein Gott! 17 Wo du
gegeben habe. 7 So verließ sie den Ort, wo stirbst, da sterbe auch ich, und dort will
sie gewesen war, und ihre beiden Schwie- ich begraben werden; der HERR tue mir
gertöchter mit ihr, und sie machten sich dies und das und noch mehr, wenn nicht
auf den Weg, um wieder in das Land Juda der Tod allein uns scheiden soll! 18 Als sie
zurückzukehren. 8 Naemi aber sprach zu nun sah, dass sie sich fest vorgenommen
ihren beiden Schwiegertöchtern: Geht hatte, mit ihr zu gehen, ließ sie davon ab,
hin, kehrt um, jede zum Haus ihrer Mut- ihr zuzureden.
ter! Der HERR erweise euch Güte, wie ihr 19 So gingen die beiden, bis sie nach
es an den Verstorbenen und an mir getan Bethlehem gelangten. Und es geschah,
habt! 9 Der HERR gebe euch, dass ihr Ruhe als sie in Bethlehem ankamen, da geriet
findet, jede im Haus ihres Mannes! Und die ganze Stadt in Bewegung ihretwegen,
sie küsste sie [zum Abschied]. Da erhoben und man fragte: Ist das die Naemi? 20 Sie
sie ihre Stimmen und weinten, 10 und sie aber sprach: Nennt mich nicht Nae-
sprachen zu ihr: Wir wollen mit dir zu mib, sondern nennt mich Marac; denn
deinem Volk gehen! der Allmächtige hat es mir sehr bitter
11 Aber Naemi sprach: Kehrt um, mei- gemacht! 21 Voll zog ich aus, aber leer
ne Töchter! Warum wollt ihr mit mir hat mich der HERR wieder heimgebracht.

a (1,2) »Ephrat« war der frühere Name von Bethlehem b (1,20) bed. »Meine Liebliche«.
(vgl. 1Mo 35,19). c (1,20) bed. »Bitterkeit«.
300 RUTH 1.2
Warum nennt ihr mich denn Naemi, da Gefäßen und trinke von dem, was die
doch der HERR mich gedemütigt und Knechte schöpfen!
der Allmächtige mich betrübt hat? 22 So 10 Da fiel sie auf ihr Angesicht und neigte
kehrte Naemi aus dem Gebiet von Moab sich zur Erde und sprach: Warum habe
zurück, und mit ihr Ruth, die Moabiterin, ich vor deinen Augen Gnade gefunden,
ihre Schwiegertochter; und sie kamen dass du dich um mich kümmerst, da ich
am Anfang der Gerstenernte nach Beth- doch eine Fremde bin? 11 Da antwortete
lehem. Boas und sprach zu ihr: Es ist mir alles er-
zählt worden, was du an deiner Schwie-
Ruth liest Ähren auf bei Boas germutter getan hast nach dem Tod dei-
Nun hatte Naemi einen Verwandten nes Mannes, wie du deinen Vater und
ihres Mannes, der war ein sehr ange- deine Mutter und dein Heimatland ver-
sehener Mann aus dem Geschlecht Eli- lassen hast und zu einem Volk gezogen
melechs, und sein Name war Boas. 2 Ruth bist, das du zuvor nicht kanntest. 12 Der
aber, die Moabiterin, sprach zu Naemi: HERR vergelte dir deine Tat, und dir wer-
Lass mich doch aufs Feld hinausgehen de voller Lohn zuteil von dem HERRN,
und Ähren auflesen bei dem, in dessen dem Gott Israels, zu dem du gekommen
Augen ich Gnade finde! Da sprach sie bist, um Zuflucht zu suchen unter seinen
zu ihr: Geh hin, meine Tochter! 3 Und so Flügeln! 13 Und sie sprach: Mein Herr,
ging sie hin, kam und las Ähren auf dem lass mich Gnade finden vor deinen Au-
Feld hinter den Schnittern her. Es traf sich gen; denn du hast mich getröstet und
aber, dass jenes Stück Feld dem Boas ge- deiner Magd freundlich zugesprochen,
hörte, der aus dem Geschlecht Elimelechs obwohl ich doch nicht [einmal] wie eine
war. 4 Und siehe, Boas kam von Bethle- deiner Mägde bin!
hem her und sprach zu den Schnittern: 14 Und zur Essenszeit sprach Boas zu ihr:
Der HERR sei mit euch! Und sie antworte- Komm her und iss von dem Brot und tun-
ten ihm: Der HERR segne dich! ke deinen Bissen in den Essiga! Und sie
5 Und Boas fragte seinen Knecht, der über setzte sich neben die Schnitter. Er aber
die Schnitter bestellt war: Zu wem gehört gab ihr geröstetes Korn, und sie aß und
diese junge Frau? 6 Und der Knecht, der wurde satt und ließ übrig. 15 Und als sie
über die Schnitter bestellt war, antwortete wieder aufstand, um Ähren aufzulesen,
und sprach: Das ist die moabitische junge gebot Boas seinen Knechten und sprach:
Frau, die mit Naemi aus dem Gebiet von Lasst sie auch zwischen den Garben auf-
Moab zurückgekommen ist. 7 Und sie hat lesen und tut ihr nichts zuleide! 16 Und
gesagt: Lass mich doch auflesen und zwi- ihr sollt auch aus den [Ähren-]Bündeln
schen den Garben sammeln hinter den etwas für sie herausziehen und es liegen
Schnittern her! Und sie kam und blieb lassen, damit sie es auflesen kann, und
vom Morgen an bis jetzt; sie bleibt nicht ihr sollt sie deswegen nicht schelten!
lange zu Hause sitzen! 17 So las sie auf dem Feld bis zum Abend;
8 Da sprach Boas zu Ruth: Hörst du, mei- und als sie ausgeklopft hatte, was sie auf-
ne Tochter? Du sollst auf keinen anderen gelesen hatte, war es etwa ein Epha Gers-
Acker gehen, um aufzulesen; und begib te. 18 Und sie hob es auf und trug es in die
dich auch nicht weg von hier, sondern Stadt; und ihre Schwiegermutter sah, was
halte dich da zu meinen Mägden. 9 Dein sie aufgelesen hatte; dazu zog sie heraus,
Auge sei auf das Feld gerichtet, wo sie was sie übrig gelassen hatte, nachdem sie
schneiden, und geh hinter ihnen her! satt geworden war, und gab es ihr.
Habe ich nicht den Knechten geboten, 19 Und ihre Schwiegermutter sprach zu
dass dich niemand antasten soll? Und ihr: Wo hast du heute aufgelesen, und wo
wenn du Durst hast, so geh hin zu den hast du gearbeitet? Gesegnet sei, der sich

a (2,14) Mit Wasser verdünnter Weinessig diente damals als erfrischendes Getränk.
RUTH 2.3 301
um dich gekümmert hat! Da sagte sie ihrer fen. Und sie kam leise und hob die Decke
Schwiegermutter, bei wem sie gearbeitet auf zu seinen Füßen und legte sich dort
hatte, und sprach: Der Mann, bei dem ich hin. 8 Als es nun Mitternacht war, schrak
heute gearbeitet habe, heißt Boas! 20 Da der Mann auf und beugte sich vor, und sie-
sprach Naemi zu ihrer Schwiegertochter: he, da lag eine Frau zu seinen Füßen! 9 Da
Gesegnet sei er von dem HERRN, der seine fragte er: Wer bist du? Sie aber antwortete:
Gnade den Lebendigen und den Toten Ich bin Ruth, deine Magd! So breite deine
nicht entzogen hat! Und Naemi sagte ihr: Flügel über deine Magd; denn du bist ja
Der Mann ist mit uns nahe verwandt, er Löser!
gehört zu unseren Löserna. 21 Und Ruth, 10 Er aber sprach: Gesegnet seist du vom
die Moabiterin, sprach: Er sagte auch das HERRN, meine Tochter! Du hast jetzt noch
zu mir: Du sollst dich zu meinen Knech- edler gehandelt als zuvor, dass du nicht
ten halten, bis sie mit meiner ganzen den jungen Männern nachgelaufen bist,
Ernte fertig sind! 22 Und Naemi sprach weder den armen noch den reichen!
zu ihrer Schwiegertochter Ruth: Es ist 11 Nun, meine Tochter, fürchte dich nicht!
gut, meine Tochter, wenn du mit seinen Alles, was du wünschst, das will ich für
Mägden ausgehst und man dich nicht auf dich tun; denn jedermann im Tor meines
einem anderen Acker belästigt! 23 So hielt Volkes weiß, dass du eine tugendhafte
sie sich bei der Ährenlese zu den Mägden Frau bist. 12 Und nun, es ist wahr, dass
des Boas, bis die Gersten- und Weizen- ich ein Löser bin; aber es ist noch ein an-
ernte vollendet war. Und sie wohnte bei derer Löser da, der näher verwandt ist als
ihrer Schwiegermutter. ich. 13 Bleibe über Nacht! Und morgen
dann — wenn er dich lösen will, nun, so
Ruth auf der Tenne des Boas löse er dich! Gefällt es ihm aber nicht,
Spr 31,10
dich zu lösen, so will ich dich lösen, so
Naemi aber, ihre Schwiegermutter, wahr der HERR lebt! Bleibe bis zum Mor-
sprach zu ihr: Meine Tochter, sollte ich gen liegen!
dir nicht Ruhe verschaffen,b damit es dir 14 So lag sie bis zum Morgen zu seinen
gut gehen wird? 2 Und nun, ist nicht Boas, Füßen. Dann stand sie auf, ehe noch ei-
bei dessen Mägden du gewesen bist, unser ner den anderen erkennen konnte, denn
Verwandter? Siehe, er worfelt diese Nacht er sprach: Es soll nicht bekannt werden,
auf der Gerstentenne. 3 So bade dich nun dass eine Frau auf die Tenne gekommen
und salbe dich und lege deine Kleider an ist! 15 Und er sagte: Gib den Überwurf
und geh zur Tenne hinab; aber lass dich her, den du anhast, und halte ihn auf!
von dem Mann nicht bemerken, bis er Und sie hielt ihn auf. Da maß er sechs
fertig ist mit Essen und Trinken! 4 Wenn [Maß] Gerste ab und lud es ihr auf und
er sich dann schlafen legt, so achte auf ging in die Stadt. 16 Sie aber kam zu ihrer
den Ort, wo er sich niederlegt, und geh Schwiegermutter, und die sprach: Wie
hin und hebe die Decke zu seinen Füßen steht es mit dir, meine Tochter? Da teilte
auf und lege dich dort hin; und er wird dir sie ihr alles mit, was der Mann ihr ge-
sagen, was du tun sollst. tan hatte, 17 und sie sprach: Diese sechs
5 Sie sprach zu ihr: Alles, was du sagst, [Maß] Gerste gab er mir; denn er sagte:
das will ich tun! 6 Und sie ging zur Ten- Du sollst nicht leer zu deiner Schwieger-
ne hinab und machte es genauso, wie es mutter kommen! 18 Sie aber sprach: Blei-
ihre Schwiegermutter geboten hatte. 7 Als be still, meine Tochter, bis du erfährst,
nun Boas gegessen und getrunken hatte wie die Sache ausgeht; denn der Mann
und sein Herz guter Dinge war, ging er wird nicht ruhen, bis er die Sache noch
und legte sich hinter einen Garbenhau- heute zu Ende geführt hat!

a (2,20) hebr. goel = Blutsverwandter / Löser / Erlöser b (3,1) d.h. indem sie für einen Ehemann sorgte, der
(vgl. 3Mo 25,25-55). sich um Ruth kümmern würde.
302 RUTH 4
Ruth wird Boas’ Frau Machlons, zur Ehefrau erworben, um den
und Stammmutter des Hauses David Namen des Verstorbenen auf seinem Erb-
Boas aber war zum Stadttor hinauf- teil wieder aufzurichten, damit der Name
gegangen und hatte sich dort nie- des Verstorbenen nicht verschwinde aus
dergesetzt; und siehe, da ging der Löser der Mitte seiner Brüder und aus dem Tor
vorüber, von dem Boas geredet hatte. seines Ortes. Ihr seid heute Zeugen!
Da sprach er: Komm, setze dich her, du 11 Da sprach das ganze Volk, das im
Soundso! Und er kam herbei und setzte Stadttor stand, und die Ältesten: Wir sind
sich. 2 Und Boas nahm zehn Männer von Zeugen! Der HERR mache die Frau, die in
den Ältesten der Stadt und sprach: Setzt dein Haus kommt, wie Rahel und Lea,
euch hierher! Und sie setzten sich. 3 Da die beide das Haus Israel gebaut haben!
sprach er zu dem Löser: Naemi, die aus Werde mächtig in Ephrata und mache dir
dem Gebiet von Moab zurückgekommen einen Namen in Bethlehem! 12 Und dein
ist, verkauft das Stück Feld, das unserem Haus werde wie das Haus des Perez, den
Bruder Elimelech gehörte. 4 Darum ge- die Tamar dem Juda gebar, durch den Sa-
dachte ich dir den Vorschlag zu machen: mena, den dir der HERR von dieser jungen
Wenn du es lösen willst, so kaufe es vor Frau geben wird!
den Bürgern und vor den Ältesten mei- 13 So nahm Boas die Ruth, und sie wur-
nes Volkes; willst du es aber nicht lösen, de seine Frau, und er ging zu ihr ein.
so sage es mir, damit ich es weiß; denn Der HERR aber gab ihr, dass sie schwan-
es gibt niemand, der es lösen kann, aus- ger wurde und einen Sohn gebar. 14 Da
genommen du, und ich nach dir! Und er sprachen die Frauen zu Naemi: Geprie-
sprach: Ich will es lösen! sen sei der HERR, der dir zu dieser Zeit ei-
5 Da sagte Boas: An dem Tag, da du das nen Löser nicht versagt hat! Sein Name
Feld aus der Hand Naemis kaufst, er- werde gerühmt in Israel! 15 Der wird
wirbst du [es] auch von Ruth, der Moa- nun deine Seele erquicken und dich
biterin, der Frau des Verstorbenen, um in deinem Alter versorgen; denn deine
den Namen des Verstorbenen auf seinem Schwiegertochter, die dich liebt, hat ihn
Erbteil wieder aufzurichten. 6 Da sprach geboren, sie, die dir mehr wert ist als
der Löser: Ich kann es nicht für mich lö- sieben Söhne! 16 Und Naemi nahm das
sen, ohne mein eigenes Erbteil zu verder- Kind und legte es in ihren Schoß und
ben! Löse du für dich, was ich lösen soll- wurde seine Pflegerin.
te; denn ich kann es nicht lösen! 7 Es war
aber von alters her Sitte in Israel, bei der Geburt Obeds. Die Ahnentafel Davids
Lösung und beim Tausch die ganze Sache 1Chr 2,3-15; Mt 1,3-6
so gültig zu machen: der eine zog seinen 17 Und ihre Nachbarinnen gaben ihm ei-
Schuh aus und gab ihn dem anderen. Das nen Namen und sprachen: Der Naemi ist
war die Bestätigung in Israel. 8 So sprach ein Sohn geboren! Und sie gaben ihm den
nun der Löser zu Boas: Kaufe du es für Namen Obed. Der ist der Vater Isais, des
dich! und zog seinen Schuh aus. Vaters Davids. 18 Und dies ist der Stamm-
9 Da sprach Boas zu den Ältesten und zu baum des Perez: Perez zeugte Hezron,
dem ganzen Volk: Ihr seid heute Zeugen, 19 Hezron zeugte Ram, Ram zeugte Am-
dass ich aus der Hand Naemis alles er- minadab, 20 Amminadab zeugte Nach-
worben habe, was Elimelech, und alles, schon, Nachschon zeugte Salmon, 21 Sal-
was Kiljon und Machlon gehörte. 10 Dazu mon zeugte Boas, Boas zeugte Obed,
habe ich mir Ruth, die Moabiterin, die Frau 22 Obed zeugte Isai, Isai zeugte David.

a (4,12) d.h. Nachkommen.

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