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Wie die Bundesregierung die Jesiden in

Irak unterstützt
07.08.2019 - Artikel

Auch fünf Jahre nach der massiven Verfolgung durch die Terrororganisation
Islamischer Staat leiden die Jesiden noch immer an den Folgen der vom Islamischen
Staat verübten Gräueltaten und der weiterhin schwierigen Sicherheitslage im
Nordwesten des Iraks.

Verfolgung, Flucht und Vertreibung


Die Jesiden sind eine eigene Religionsgemeinschaft, die vor allem im Norden Iraks
lebt. Die Terrororganisation Islamischer Staat (IS), die im Sommer 2014 u.a. Teile des
Distrikts Niniveh, darunter auch die Region Sinjar, eroberte, verfolgte die Jesiden
brutal: Tausende von ihnen wurden ermordet und vertrieben. Frauen, Mädchen und
Jungen wurden versklavt und Opfer massiver sexueller Gewalt. Etwa 2.900 Personen
gelten noch immer als vermisst.

Sicherheitslage in Siedlungsgebieten in Sinjar


weiterhin angespannt
Auch fünf Jahre später bleibt die Lage vieler Jesidinnen und Jesiden schwierig: Immer
noch gibt es nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration ca. 300.000
Binnenvertriebene, die vor allem im Gouvernorat Dohuk in der Region Kurdistan-Irak
leben. Trotz der Verdrängung von IS aus der Fläche trauen sich viele
Binnenvertriebene und ins Ausland Geflüchtete nach wie vor nicht, in ihre Heimat in
Sinjar, auf Kurdisch Shingal, zurückzukehren. Denn die Sicherheitslage dort ist
weiterhin instabil. Zahlreiche Milizen sind in dem Gebiet aktiv. Neben der
Sicherheitslage, zerstörter Infrastruktur und fehlender Grundlage für den
Lebensunterhalt erschweren oft auch Traumata eine Rückkehr.

Hilfe und Unterstützung für die Bedürftigsten


Die Bundesregierung will mit ihrer Unterstützung für Irak, dass alle vom Konflikt
betroffenen Menschen unabhängig von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit
auf Grundlage ihres humanitären Bedarfs und gemäß der humanitären Prinzipien Hilfe
erhalten. Im Fokus stehen Menschen, die besonders verwundbar und deren Bedarfe
sehr dringend sind, darunter auch die Jesiden.
In Nordirak liegt der Schwerpunkt der deutschen humanitären Hilfe auf der Versorgung
der Binnenvertriebenen und syrischen Flüchtlinge. Dabei werden durch die deutsche
humanitäre Hilfe unter anderem sauberes Trinkwasser und wetterfeste Unterkünfte
bereitgestellt. Allein im Jahr 2019 hat die Bundesregierung über Partnerorganisationen
bereits knapp 50 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Auch viele deutsche
Nichtregierungsorganisationen arbeiten mit Unterstützung der Bundesregierung in der
Region, um Perspektiven für die Rückkehr der Jesiden zu schaffen.

Stabilisierung als Grundlage für Rückkehr


Der Nordwesten Iraks mit der Region Sinjar ist zudem einer der Schwerpunkte für
deutsche Stabilisierungsprojekte in Irak. Neben Stabilisierungsprojekten des
Auswärtigen Amts unterstützt dort auch das Bundesministerium für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) durch Übergangshilfe. Die Bundesregierung
arbeitet dabei eng mit der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen im Irak
(UNAMI) zusammen.

Deutschland unterstützt unter anderem bei der Reparatur und Wiederherstellung


zerstörter Infrastruktur, z.B. Straßen und Abwasserkanälen, aber auch von Schulen und
Kindergärten. Zudem wird die Räumung von Landminen, die von IS zurückgelassen
wurden, gefördert. Durch die Stabilisierungsmaßnahmen konnten Einkommen für 7.400
Haushalte geschaffen werden.

Durch Zuschüsse für Kleinstunternehmer soll Rückkehrern der Neustart erleichtert und
das friedliche Zusammenleben durch lokale Dialogmaßnahmen gefördert werden. In
Sinjar soll außerdem die lokale Agrarwirtschaft gefördert werden, um
Lebensperspektiven zu verbessern.

Das Engagement für Stabilisierung in Nordirak ist ein Baustein des vernetzten
Ansatzes, den Deutschland im Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat in
Irak verfolgt. Dazu gehört auch der Einsatz der Bundeswehr in Irak, der zur Stärkung
der Sicherheitsstrukturen vor Ort beiträgt. Die Bundeswehr leistet im Rahmen der
internationalen Anti-IS Koalition in Irak einen Beitrag zum Fähigkeitsaufbau der
irakischen Streit-und Sicherheitskräfte und ist hierbei sowohl in Bagdad, als auch in
Erbil aktiv. Rund 150 deutsche Soldatinnen und Soldaten sind derzeit in Abstimmung
mit anderen Partnern der internationalen Gemeinschaft auf Bitten und im
Einverständnis mit der irakischen Regierung sowie der Regierung der Region
Kurdistan-Irak im Einsatz. Darüber hinaus beteiligt sich die Bundeswehr an der
Beratung des irakischen Verteidigungsministeriums. Im Rahmen des Mandats wurden
bis 2018 auch Angehörige nationaler Minderheiten ausgebildet, darunter auch Jesiden.

Bewältigung von Traumata und rechtliche


Aufarbeitung
Angebote für die Verarbeitung von Traumata werden für Binnenvertriebene vor allem
im Raum Dohuk unterstützt – u.a. wurde auch durch die Unterstützung des Landes
Baden-Württemberg die Einrichtung eines Studiengangs zur Ausbildung von
Traumatherapeuten an der dortigen Universität ermöglicht. In Flüchtlingslagern
unterstützt die Bundesregierung neben medizinischer Versorgung auch die
psychologische Betreuung schwer traumatisierter Frauen und Kindern, die von IS
verschleppt wurden und fliehen konnten.

Ein wichtiger Schwerpunkt deutscher Förderung sind Projekte und Vorhaben zur
Dokumentation der von IS im Sinjar begangenen Menschenrechtsverletzungen und
Verbrechen gegen die Menschlichkeit, darunter Projekte der „Commission for
International Justice and Accountability“ (CIJA) und der „International Commission on
Missing Persons“ (ICMP). Deren Arbeit hilft bei der Vermisstensuche, der
Beweismittelsicherung und Exhumierung von Massengräbern - mit dem Ziel, eine
spätere rechtsstaatliche Verfolgung von IS-Verbrechen zu ermöglichen. Außerdem
unterstützt die Bundesregierung die Bemühungen des Ermittlerteams der Vereinten
Nationen (UNITAD) zur strafrechtlichen Aufarbeitung der von IS begangenen
Verbrechen in Irak.

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