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Einführung in das Marketing

Frühjahrssemester 2023

Prof. Dr. Harley Krohmer


Dr. Clemens Ammann
Institut für Marketing und Unternehmensführung
Abteilung Marketing
Universität Bern
Das Veranstaltungsteam

Prof. Dr. Harley Krohmer


Engehaldenstrasse 4, Büro 111
Email: harley.krohmer@unibe.ch

Dr. Clemens Ammann


Engehaldenstrasse 4, Büro 106
Email: clemens.ammann@unibe.ch

Seite 2
Organisation der Veranstaltung

Dozent Prof. Dr. Harley Krohmer

Ort der Vorlesung Hörsaal 001, vonRoll

Zeit der Vorlesung Donnerstag, 10:15 – 12:00 Uhr, wöchentlich

Beginn 23. Februar 2023

Leistungskontrolle 1. Termin:
Mittwoch, 14. Juni 2023, 13.00 – 14.30 Uhr
2. Termin:
Donnerstag, 7. September 2023, 09.00 – 10.30 Uhr

Seite 3
Unterlagen zur Vorlesung

> Die Vorlesungsunterlagen können


auf Ilias heruntergeladen werden.
> Auf Ilias wird zudem jede Woche ein neuer
Podcast hochgeladen.
> Der Beitritt in diese Ilias-Gruppe erfolgt
automatisch über die Anmeldung zur
Lehrveranstaltung in KSL.
> Bitte beachten Sie, dass die Aufnahme in die
Ilias-Gruppe manchmal bis zu 24 Stunden
dauern kann.

> Link zur Ilias-Seite: https://ilias.unibe.ch/goto_ilias3_unibe_crs_2613987.html

Seite 4
Lehrbuch

Empfohlene Literatur für die Vorlesung (keine Pflichtlektüre)


Marketing Management - A Contemporary Perspective
Christian Homburg, Sabine Kuester und Harley Krohmer (2013)

Christian Homburg, Sabine Kuester und Harley Krohmer vermitteln Studierenden und
Praktikern die Grundlagen des Marketingmanagements. Der Leser erhält in kompakter
Weise eine systematische Einführung in die Denkweisen, Konzepte, Methoden und
Instrumente des Marketings. Die Themenauswahl und -aufbereitung sind dabei
insbesondere auf die Anforderungen an Studierende im Einführungsstudium
zugeschnitten, dienen aber ebenfalls als Grundlage für weitere Veranstaltungen des
Lehrstuhls. Rechen- und Praxisbeispiele sowie Case Studies unterstützen das
Verständnis und ermöglichen dem Leser die eigenständige Bearbeitung von
Fragestellungen im Marketing.

Seite 5
Inhaltsverzeichnis

1. Allgemeine Grundlagen
2. Theoretische Perspektive
3. Informationsbezogene Perspektive
4. Instrumentelle Perspektive
4.1 Grundlagen der Produktpolitik
4.2 Grundlagen der Preispolitik
4.3 Grundlagen der Kommunikationspolitik
4.4 Grundlagen der Vertriebspolitik

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1. Allgemeine Grundlagen

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Märkte als Bezugs- und Zielobjekte des Marketings

Märkte setzen die Rahmenbedingungen für


das Marketing eines Unternehmens:
Bezugsobjekte
Marketing findet auf Märkten statt und wird
des Marketings
deshalb von den Akteuren auf einem Markt
stark geprägt.
Märkte

(Markt = engl. market


→ MARKETing) Unternehmen streben mit ihren
Marketingaktivitäten an, Märkte und ihre
Akteure zu gestalten bzw. zu beeinflussen.
Zielobjekte des
Der Einfluss auf das Verhalten der
Marketings
(potenziellen) Kunden sowie auf die
Wettbewerber soll möglichst zum Vorteil des
eigenen Unternehmens sein.

Quelle: in Anlehnung an Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 8


Akteure im Markt

Nachfrager Anbieter

Akteure
auf einem
Interessen- Markt Vertriebs-
vertretungen partner

Staatliche
Einrichtungen

Quelle: in Anlehnung an Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 9


Arten von Märkten

Nach Richtung der Transaktion Nach Gütern

Beschaffungs- und Absatzmärkte Konsumgütermärkte, Industriegüter-


märkte, Märkte für Dienstleistungen

Kriterien für die


Unterscheidung von
Märkten
Nach regionaler Nach
Ausdehnung Machtverteilung

Regionale Märkte, Ländermärkte, Käufermärkte, Verkäufermärkte


internationale Märkte, globale Märkte

Quelle: in Anlehnung an Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 10


Abgrenzung des relevanten Marktes

Anbieter Produkte

Beispiel: „Lebensmittelmarkt“ = alle Beispiel: „Markt für Freizeitaktivitäten“ =


Unternehmen, die Lebensmittel alle Produkte/Dienstleistungen, die mit
herstellen bzw. vertreiben der Freizeitgestaltung
zu tun haben
Kriterien für die
Abgrenzung des
relevanten Marktes
Nachfrager Bedürfnisse

Beispiel: „Markt der vermögenden Beispiel: „Markt für Mobilität“ = alle


Privatkunden“ = alle Nachfrager, die ein Bedürfnisse der Fortbewegung wie „Zug
überdurchschnittliches Vermögen haben fahren“, „Fliegen“, „Sportwagen fahren“,
„Rad fahren“

Quelle: in Anlehnung an Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 11


Marktabgrenzung am Beispiel von drei Anbietern im
Tourismusbereich

Bedürfnisse

Abenteuer

kulturelle Weiterbildung

Anbieter 2
kulinarische Genüsse

Anbieter 1
körperliche Fitness

soziale Kontakte/Geselligkeit Anbieter 3


Erholung

Nachfrager

Quelle: Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 12


Marketingbegriff

Unternehmens-
Marktorientierte

Relationship
Marketing
führung
Marketing- Marketing-
implementierung implementierung

Marketingmix Marketingmix Marketingmix

Produktpolitik Produktpolitik Produktpolitik

Preispolitik Preispolitik Preispolitik

Kommunikations- Kommunikations- Kommunikations-


Werbung politik politik politik

Verkauf Verkauf Vertriebspolitik Vertriebspolitik Vertriebspolitik

ca. 1900-1920 ca.1920-1950 ca. 1950-1980 ca. 1980-1990 ab ca. 1990

Quelle: Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 13


Netzwerkorientierung als neue Perspektive des Marketing

vgl. Folie 9

Produkt- Verkaufs- Markt- Wettbewerbs- Umfeld- Beziehungs- Netzwerk-


orientierung orientierung orientierung orientierung orientierung orientierung orientierung

1950er 1960er 1970er 1980er 1990er 2000er 2010er

Quelle: in Anlehnung an Zentes, Swoboda und Schramm-Klein (2012) Seite 14


Definition des Marketing

Beziehungsorientierte
Aktivitätsorientierte Definition Führungsorientierte Definition
Definition

Bündel von marktgerichteten Ziel des Unternehmens bzw. der „Marketing ist die bewusst marktorientierte Führung
Aktivitäten eines Unternehmens Marketingfunktion = Aufbau, Erhalt des gesamten Unternehmens oder marktorientiertes
→ Betonung des Marketingmix und Stärkung von Kunden- Entscheidungsverhalten in der Unternehmung.“
beziehungen (Meffert 2000, S. 8) → Betonung der unternehmens-
→ Hervorhebung von internen Rahmenbedingungen für die Ausrichtung
Kundenbeziehungen der Unternehmensaktivitäten am Markt

Integrative Marketingdefinition:
Marketing hat eine unternehmensexterne und eine unternehmensinterne Facette.
• Unternehmensexterne Facette: Marketing = Konzeption und Durchführung marktbezogener Aktivitäten eines Anbieters gegenüber
(potenziellen) Nachfragern seiner Produkte. Diese marktbezogenen Aktivitäten beinhalten die systematische Informationsgewinnung über
Marktgegebenheiten sowie die Gestaltung des Marketingmix.
• Unternehmensinterne Facette: Marketing = Schaffung der Voraussetzungen im Unternehmen für die Durchführung der marktbezogenen
Aktivitäten. Dies schliesst insbesondere die Führung des gesamten Unternehmens nach der Leitidee der Marktorientierung ein.
• Sowohl die externen als auch die internen Ansatzpunkte des Marketings zielen auf eine im Sinne der Unternehmensziele optimale
Gestaltung von Kundenbeziehungen ab.

Quelle: in Anlehnung an Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 15


Die vier P‘s des Marketingmix

Product
Produktpolitik

Place Price
Vertriebspolitik Preispolitik

Promotion
Kommunikationspolitik

Quelle: in Anlehnung an Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 16


Perspektiven des Marketing im Überblick

I. Theoretische
Perspektive

VII. Führungsbezogene II. Informationsbezogene


Perspektive Perspektive

VI. Implementations- III. Strategische


bezogene Perspektive Perspektive

4.1 Grundlagen der Produktpolitik


V. Institutionelle IV. Instrumentelle 4.2 Grundlagen der Preispolitik
4.3 Grundlagen der Kommunikationspolitik
Perspektive Perspektive 4.4 Grundlagen der Vertriebspolitik

Seite 17
2. Theoretische Perspektive
-
Konsumentenverhalten

Seite 18
Definition Konsumentenverhalten

Der Begriff Konsumentenverhalten umfasst alle beobachtbaren Handlungen von Individuen


im Zusammenhang mit dem Kauf oder Konsum wirtschaftlicher Güter.
Vgl. Homburg, Kuester und Krohmer (2013)

> Beschaffung
> Verbrauch
> Übertragung
> Entsorgung
von Gütern, Dienstleistungen und Ideen.

Seite 19
Kategorisierung von Käuferverhalten

Käuferverhalten

Kaufverhalten von
einzelnen Individuen Kaufverhalten von
Organisationen
(= Konsumentenverhalten)

Seite 20
Konsumentenverhaltensforschung

Erkenntnisobjekt Konstruktbeispiele

Motivation, Persönlichkeit,
Psychologie Individuum
Wahrnehmen, Lernen

Individuum im sozialen Soziale Motivation,


Sozialpsychologie
Kontext Kommunikation, Interaktion

Verhalten sozialer
Soziologie Konflikt, Macht, Rolle, Schicht
Einheiten

Verhaltens-/ Angeborenes Instinkt, Gestik, Aktivierung,


Naturwissenschaften Zentralnervensystem Informationsverarbeitung

Quelle: Trommsdorff (2003) Seite 21


Marketing und Konsumentenverhalten (1)

Kernprozesse des Beispielhafte Fragestellungen zum


Beispielhafte Fragestellungen
Konsumenten- Verständnis des
für das Marketing
verhaltens Konsumentenverhaltens
• Welche Handlungsoptionen stehen dem Marketing zur Verfügung,
• Wie suchen Konsumenten Informationen? um die Informationsaufnahme der Konsumenten zu beeinflussen?

• Wie nehmen Konsumenten Informationen auf? • Wie lässt sich die Informationsbeurteilung der Konsumenten
durch Marketingaktivitäten steuern?
Informations- • Wie beurteilen Konsumenten Informationen?
verarbeitung • Wie können durch das Marketing günstige Voraussetzungen dafür
• Wie speichern Konsumenten Informationen? geschaffen werden, dass die Konsumenten die gewünschten
• Wie rufen Konsumenten Informationen aus ihrem Informationen speichern?
Gedächtnis ab? • Wie kann die Erinnerung von Konsumenten durch das Marketing
gefördert werden?

• Welche Fragestellungen sind im Vorfeld einer


Kaufentscheidung relevant?
• An welchen Einflussgrößen der Kaufentscheidung soll das
• Welche Faktoren beeinflussen die
Kaufentscheidung Marketing ansetzen, um die Kaufentscheidungen der
Kaufentscheidung?
Konsumenten zugunsten des Unternehmens zu beeinflussen?
• Wie kann das Zustandekommen einer
Kaufentscheidung theoretisch erklärt werden?

Seite 22
Marketing und Konsumentenverhalten (2)

Marketinginstrument Beispielhafte Aspekte des Konsumentenverhaltens

Produktpolitik • Wie nehmen Konsumenten Produkte wahr?

• Wie nehmen Konsumenten den Preis eines Produktes wahr?


Preispolitik
• Wie wichtig ist der Preis für die Konsumenten?

• Welche Werbemassnahmen sind für bestimmte Produkte bzw.


Kommunikationspolitik
Dienstleistungen am ehesten geeignet?

• Welchen Einfluss hat die Gestaltung der Vertriebswege auf


Distributionspolitik
das Kaufverhalten?

Seite 23
Zentrale Konstrukte des Konsumentenverhaltens
– Aktivierung (1) –

Aktivierung:
Ausdruck für die Erregung („psychische Aktivität“) von Konsumenten, die sie zum Aktivsein
stimuliert.
vgl. Homburg, Kuester und Krohmer (2013)

Wache
Leistungs- Aufmerksamkeit
fähigkeit
Entspannte Starke
Wachheit Erregung

Schlaf Panik

Aktivierungsgrad

Quelle: Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 24


Zentrale Konstrukte des Konsumentenverhaltens
– Aktivierung (2) –

Auslöser der Aktivierung

Äussere Reize der Sinnesorgane:


• Emotionale Innere Reize:
• Kognitive, • Stoffwechsel
• Physische Reize • Gedankliche Aktivitäten

Stimuli, die biologische Reflexe auslösen,


z.B. Kindchenschema

Stimuli, die physische Bedürfnisse


ansprechen, z.B. Back-Duft

Stimuli, die psychische Bedürfnisse


ansprechen, z.B. der eigene Name

Stimuli, die als Gefühlsauslöser gelernt


sind, z.B. Kerzenschein für Romantik

Quelle: in Anlehnung an Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 25


Zentrale Konstrukte des Konsumentenverhaltens
– Motivation –

Aktivierende Ausrichtung einer Person auf einen als positiv (oder negativ) bewerteten
Zielzustand.
in Anlehnung an Rheinberg (1995)

> Die Aktivierung von Motiven kann


— Durch die Person selbst (z.B. Hunger) oder
— durch Stimuli der Situationsgegebenheiten (z.B. Geldmangel) erfolgen.

> In der Konsumentenverhaltensforschung ist die Motivationstheorie von Maslow (1970, 1975) am
weitesten verbreitet (siehe nächste Folie).

> Untersuchung der Frage, welche Motive das Verhalten des Konsumenten bestimmen

Seite 26
Grundlegende Bedürfniskategorien nach Maslow und
Möglichkeiten der Ansprache durch Marketinginstrumente

Grundlegende Beispielhafte Bedürfnisse / Beispielhaftes Ansprechen


Bedürfniskategorien Kaufhandlungen der Konsumenten der Bedürfnisse im Marketing

• Persönliche Entfaltung, z.B. durch das Tragen • Kommunikationspolitik: emotionale Erlebnis-


Selbstver- extravaganter Kleidung vermittlung in der Werbung
wirklichung • Nutzung von Produkten, die zur Selbst- • Produktpolitik: Entwicklung von Produkten, die auf
verwirklichung beitragen, z.B. Abenteuerreisen das Selbstverwirklichungsbedürfnis abzielen

• Anerkennung durch Bekannte aufgrund des Kaufs • Kommunikationspolitik: Betonung der Bedeutung des
Aner- und des Tragens modischer Kleidung Produktes für die soziale Anerkennung (z.B.
kennung • Verwendung des Produktes als Statussymbol, z.B. exklusive Uhrenmarke)
Luxusauto • Preispolitik: hohe Preise

• Zugehörigkeit zu einer Gruppe durch den Kauf • Kommunikationspolitik: Betonung zwischen-


Soziale eines Produktes, z.B. Harley-Davidson-Motorrad menschlicher Aspekte des Produktes (z.B. Anti-
Bedürfnisse • Geselligkeit durch gemeinsame Inanspruchnahme pickelcreme für Teenager)
von Produkten, z.B. Tenniskurs, Club-Urlaub • Produktpolitik: Entwicklung entsprechender Produkte

• Erhöhung der Sicherheit durch bestimmte Produkte,


z.B. Autos mit Airbag, umfassendes Versicherungs- • Produktpolitik: Entwicklung sicherer Produkte,
Sicherheit paket Zufriedenheitsgarantie, Entwicklung von Marken
• Altersabsicherung durch Kauf entsprechender • Preispolitik: Niedrigpreisgarantie
Geldanlageprodukte, z.B. Lebensversicherung
• Erhalt der menschlichen Existenz durch regel-
mässige Nahrungsaufnahme • Produktpolitik: Entwicklung von Produkten, die auf
Existenz
• Schutz vor Erfrieren durch Tragen von Kleidung im existenzielle Bedürfnisse abzielen
Winter

Quelle: Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 27


Weiterentwicklung der Bedürfnishierarchie

> ERG Theorie von Clayton Alderfer:


— Existenzbedürfnisse (Existence needs)
— Beziehungsbedürfnisse (Relatedness needs)
— Wachstumsbedürfnisse (Growth needs)
> Dominanzprinzipien:
— Frustrations-Hypothese:
Nicht befriedigtes Bedürfnis führt zu Frustration und manche Menschen streben dann danach dieses zu
befriedigen
— Frustrations-Regressions-Hypothese:
Nichtbefriedigung eines Bedürfnisses führt dazu, dass ein hierarchisch niedrigeres aktiviert wird
— Frustrations-Progressions-Hypothese:
Ein nicht befriedigtes Bedürfnis kann zu einer Verstärkung des Bedürfnisses führen oder ein höheres
aktivieren
— Befriedigungs-Progressions-Hypothese:
Durch die Befriedigung eines Bedürfnisses wird ein hierarchisch höheres aktiviert.
➢ Menschen reagieren unterschiedlich auf die Nicht-/Befriedigung von Bedürfnissen

Quelle: Alderfer (1969); Stock-Homburg (2010) Seite 28


Zentrale Konstrukte des Konsumentenverhaltens
– Emotionen (1) –

Augenblicklicher oder anhaltender Gefühlszustand eines Individuums, der zumeist mit (mehr
oder minder starker) körperlicher Erregung verbunden ist.
vgl. Homburg, Kuester und Krohmer (2013)

Seite 29
Zentrale Konstrukte des Konsumentenverhaltens
– Emotionen (2) –

Messung von Emotionen

> Psychobiologische Indikatoren


— Elektrodermale Reaktion
— Gehirnwellen

> Subjektive Erlebnismessung


— Verbal: Semantisches Differential, Emotionsprofil
— Non-verbal: Bilder- oder Farbskalen

Seite 30
Zentrale Konstrukte des Konsumentenverhaltens
– Emotionen (3) –

Messung des Ausdruckverhaltens


> Den Teilnehmen wird eine Video- oder
Audiosequenz präsentiert (bspw. Werbespot).
Dabei filmt eine Webcam ihr Gesicht.
> Eine 3D Facial Imaging Software erkennt in den
Gesichtsaufnahmen kleinste Bewegungen der
mimischen Muskulatur.
> Die Software berechnet die ausgelösten Emotionen
basierend auf dem bewährten Facial Action Coding
System (FACS) nach Paul Ekman
> Alle wichtigen Emotionen und deren
Veränderungen im Zeitverlauf werden erfasst.

Seite 31
Zentrale Konstrukte des Konsumentenverhaltens
– Involvement (1) –

Involvement:

Zielgerichtete Form der Aktivierung des Konsumenten zur Suche, Aufnahme, Verarbeitung und
Speicherung von Informationen.
Trommsdorff (2004)

A person’s perceived relevance of the object based on inherent needs, values, and interests.
Zaichkowsky (1985)

Seite 32
Zentrale Konstrukte des Konsumentenverhaltens
– Involvement (2) –

Schokoriegel Seife Softdrink CD Jeans PC Auto Haus


Low involvement High involvement

> Geringe wahrgenommene Wichtigkeit des Produktes > Hohe wahrgenommene Wichtigkeit des Produktes
> Passives/wiederkehrendes Entscheidungsverhalten > Aktiver/komplexer Kaufentscheidungsprozess
> Konsument sucht nach einem akzeptablen Niveau der > Konsument versucht, die Zufriedenheit zu
Zufriedenheit maximieren
> Kauf derjenigen Marke, die am wenigsten Probleme > Kauf derjenigen Marke, die am meisten Nutzen
verursacht bringt
> Kauf basiert auf wenigen einfachen Kriterien > Kauf erfolgt nach ausführlichem Vergleich
verschiedener Marken (viele Kriterien)

Quelle: in Anlehnung an Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 33


Zentrale Konstrukte des Konsumentenverhaltens
– Involvement (3) –

Wichtig Unwichtig

Brauchbar Unbrauchbar

Wertvoll Wertlos

Interessant Langweilig

Einfach Schwierig

Trivial Komplex

Quelle: Trommsdorf (2003), Zaichkowsky (1985) Seite 36


Zentrale Konstrukte des Konsumentenverhaltens
– Werte und Lebensstil (1) –

Die Werte eines Konsumenten können definiert werden als die dauerhafte Überzeugung, dass
ein bestimmtes Verhalten wünschenswert oder gut ist. Werte bilden einen „internen
moralischen Kompass“ und beeinflussen die Zielvorstellungen, Einstellungen und Motive
des Konsumenten. Die Gesamtheit der Werte eines Konsumenten wird als Wertesystem
bezeichnet.
vgl. Homburg, Kuester und Krohmer (2013)

Soll-Werte (normativ) und


Ist-Werte (deskriptiv)
Arten von Werten
Persönliche Werte und
gesellschaftliche Werte

Quelle: Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 35


Zentrale Konstrukte des Konsumentenverhaltens
– Werte und Lebensstil (2) –

Ausgewählte Beispiele empirisch untersuchter Werte:

Autor Beispielhafte Werte


Bequemes Leben, Genuss, Glück, Freude, soziale Anerkennung,
aufregendes Leben, Ehrgeiz, Befähigung, Erfolgsorientierung,
Rockeach Selbstachtung, Einfallsreichtum, Unabhängigkeit, Grosszügigkeit,
(1973, Intellektualität, Logik, Gleichheit, Vergebung, Hilfsbereitschaft, Glaube an
1986) Gott, Ehrlichkeit, Liebe, Gehorsam, Höflichkeit, Selbstkontrolle, Sauberkeit,
Verantwortung, echte Freundschaft, Weisheit, Schönheit der Welt, Mut,
Sicherheit, Freiheit, innere Harmonie, Frieden
Selbstachtung, positive zwischenmenschliche Beziehungen,
Kahle
Erfolgsorientierung, Selbstverwirklichung, Lebensfreude, spannendes
(1983)
Leben, Zugehörigkeitsgefühl, Anerkennung durch andere, Sicherheit

Schwartz Macht, Erfolg, Genuss, Stimulation, Selbstbestimmtheit, Güte, Tradition,


(1992) Konformität, Sicherheit

Seite 36
Zentrale Konstrukte des Konsumentenverhaltens
– Werte und Lebensstil (3) –

50er 60er 68 70er 80er 90er 2000/10er


Vorrang der Wirtschafts- Alternativen zum Schneller, höher, Neue Unüber- Suche nach
Wirtschaft: wachstum: genormten weiter: sichtlichkeit Orientierung und
− Recht und − Prosperität Leben: − Hedonismus − Individualismus Zugehörigkeit:
− Unabhängigkeit − Beziehungen/

Öffentlichkeit
Ordnung − Materieller − Ich- − Eigenverantwortung
− Leistung und Wohlstand − Selbstverwirk- Bezogenheit Kommunikation − Nutzenorientierung

Protest,
Disziplin − Soziale lichung − Erlebnis- − Authenzität − Wunsch nach
− Leben, um zu Sicherheit − Alternative orientierung − Prosperität/ Unterstützung
arbeiten − Aufsteigen Lebenswege − Oberflächlich- Leistung − Sicherheit und
− Pflichtgefühl − Prestige − Konsumkritik keit − Realismus Verlässlichkeit
− Konsum − Soziale − Selbstdar- − Flexibilität − «Embedded
Bewegungen: stellung individuality»
Frieden, − Gestalten und
Ökologie, partizipieren
Frauen, − Nachhaltigkeit und
Psychoboom soziale
Verantwortung

Aufbauen und Haben und Sein und Geniessen und Sein, Haben ?
Erhalten Zeigen Selbstbestimmung Exponieren und geniessen

Traditionelle Materielle Postmoderne


Postmaterielle Werte Postmoderne Werte
Werte Werte Wertehybridisierung

Trend zur Individualisierung und Pluralisierung

Quelle: In Anlehnung an GIM (2001, 2008) Seite 37


Zentrale Konstrukte des Konsumentenverhaltens
– Werte und Lebensstil (4) –

Quelle: MIM (2018); Kantar Millward Brown (2017) Seite 38


Zentrale Konstrukte des Konsumentenverhaltens
– Werte und Lebensstil (5) –

Quelle: Sinus-Institut (2016, 2019) Seite 39


Zentrale Konstrukte des Konsumverhaltens
– Werte und ihre Konsumrelevanz –

Wert Ausprägungen Konsumrelevanz


Leistung / Arbeit ist gut, Erfolg kommt von Man hat den Konsum
Erfolg Arbeit «verdient»

Beschäftigtsein ist gesund und


Aktivität Freizeitprodukte
natürlich

Probleme lösen, Zeitersparnis,


Effizienz Zeitsparprodukte
weniger Anstrengung
Freiheit Wählen können Breites Produktangebot
Eigeninteresse, Selbstachtung, Individualitätsfördernde
Individualismus
Selbstentfaltung Produkte

Quelle: Trommsdorf (2003) Seite 40


Zentrale Konstrukte des Konsumentenverhaltens –
Grundorientierungen und ihre Konsumrelevanz

1. Von «Work vs. Life» zum «Multi-Duty-Life»


− Steigende Eigenverantwortung für sich selbst und Familie, Effizienz und Nutzenorientierung verbunden mit Wunsch nach
Unterstützung → stärkere Orientierung am Konsumenten und Unterstützung in seinem Alltag: Qualität, Service und
Dienstleistung
2. Living Substance: Zurück zum Wesentlichen
− Sicherheit und Verlässlichkeit → klare Marken- und Produktversprechen
− Struktur und Orientierung trotz Vielfalt und Abwechslung → intelligente Strukturierungen und Verknüpfungen der
Produktvielfalt, die sich an Kundenbedürfnissen orientieren
3. Embedding Individuality: Weniger Ich – mehr Wir
− Balance zwischen sozialen und individualistischen Werten: Suche nach Gemeinschaft mit genügend Raum für Individualität
und Unabhängigkeit → sozialer Mehrwert als Kundenbindung: Bereitstellen von Marktplätzen für soziale Kommunikation
zwischen Konsumenten; Unternehmen als Mitglied von Beziehungsnetzwerken
4. Creating «Lifeholder Value»: Gestalten und Partizipieren
− Eigenverantwortung als Chancen und Gestaltungsspielräume → Offenheit, Beteiligung und Kooperation zwischen Anbieter
und Kunden
5. Engaging in a Sane Society: Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung
− Soziale Verantwortung → Unternehmen sollten Verantwortung gegenüber Umwelt, Gemeinschaft und Mitarbeitern
übernehmen

Quelle: GIM (2008) Seite 41


Zentrale Konstrukte des Konsumentenverhaltens
– Kulturelle Werte –

UK
• Singularity
• Difficult to express
feelings
• Not tactile

Germany
• Tangible reality
• Concrete pleasure
France
• Search for quality of
life/well being

Spain
• Human Italy
interaction
• Religious
• Sharing
idealism
• Harmony
• Community
• Curiosity

Quelle: Harris Research (1998) Seite 42


Zentrale Konstrukte des Konsumentenverhaltens
– Umfeldfaktoren (1) –

Umfeldfaktoren

Physisches Umfeld Soziales Umfeld Kulturelles Umfeld

Natürliches Durch Näheres Weiteres


Umfeld Menschen soziales soziales
geschaffenes Umfeld Umfeld
Umfeld
z.B. eigene
z.B. Klima z.B. Gebäude z.B. Familie soziale Schicht

Quelle: Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 43


Zentrale Konstrukte des Konsumentenverhaltens
– Umfeldfaktoren (2) –

Beispiel US-Männer und –Frauen, 70er Jahre

Quelle: Davis & Rigeaux, 1974 Seite 44


Überblick zur Informationsverarbeitung anhand eines
Gedächtnismodells

Informations-
suche Gehirn
Kurzzeitgedächtnis
(Arbeitsspeicher):
Informations- Informations-
aufnahme beurteilung
Informationen/ (selektiv)
Reize
Informations- Informations-
Sensorisches abruf speicherung

Informations- Gedächtnis
Langzeitgedächtnis:
aufnahme Gespeicherte
Informationen

Quelle: Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 45


Informationsökonomie (1)

Zentrale Aussagen
> Märkte sind durch Unsicherheit und unvollständige Informationen geprägt
> Verschiedene Arten von Unsicherheit:

Unsicherheitsarten

Ereignisunsicherheit Marktunsicherheit

Unsicherheit in der
Verhaltensunsicherheit Qualitätsbeurteilung von
Leistungen

> Abbau der Unsicherheiten verursacht Informationskosten, deren Höhe insbesondere durch die
Eigenschaften der Güter beeinflusst wird, über die sich die Marktteilnehmer informieren wollen

Quelle: in Anlehnung an Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 46


Informationsökonomie (2)

Anteil an
> Unterschiedliche Strategien zur Überwindung Vertrauens-
von Unsicherheit: eigenschaften

— Strategie der direkten Informationssuche 100%


— Strategie der leistungsbezogenen
Informationssubstitute Arztbesuch

— Strategie der leistungsübergreifenden


Informationssubstitute

Restaurantbesuch
Haushaltsbesen

100% 100%
Auto

Anteil an Such- Anteil an


eigenschaften Erfahrungs-
eigenschaften

Quelle: Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 47


Theorie der kognitiven Dissonanz (1)

Zentrale Aussagen (vgl. Festinger 1975/1978):


> Individuen streben nach einem inneren (kognitiven) Gleichgewicht
> Kognitives Gleichgewicht (Konsonanz) = kognitive Elemente (Wissen, Erfahrungen, Einstellungen,
Meinungen) eines Individuums sind miteinander vereinbar
> Kognitives Ungleichgewicht (Dissonanz) wird als unangenehmer Zustand empfunden, der einen
Druck zur Reduktion erzeugt
> Je stärker die Dissonanz, desto stärker ist der Druck zur Dissonanzreduktion
> Eine Reduktion der Dissonanz kann herbeigeführt werden durch
— Änderung kognitiver Verhaltenselemente. Beispiel: Meiden eines Herstellers
— Änderung kognitiver Elemente der Umwelt. Beispiel: Information über Produkte anderer Anbieter
— Hinzufügung neuer kognitiver Elemente. Beispiel: Neue Bewertung der Kaufentscheidung (von High- in Low-
Involvement-Entscheidung)

Quelle: Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 48


Theorie der kognitiven Dissonanz (2)

Vermeidung von Nachkaufdissonanz


> Suche konsonanter Informationen
> Vermeidung dissonanter Informationen
> Interpretation von Informationen in
dissonanzvermeidender Weise
> Einstellungsänderung
> Handlung

Quelle: Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 49


Elaboration Likelihood Model

Hoch Hoch

Qualität der
Hohe Elaborations-
Motivation Fähigkeit Zentrale Route Argumente
wahrscheinlichkeit
wichtig

Gering Gering

Niedrige Periphere
Elaborations- Periphere Route Reize
wahrscheinlichkeit wichtig

Seite 50
Elaboration Likelihood Model: Einflussgrössen

> Motivation
— Involvement
— Verantwortung des Konsumenten für die zu treffende Entscheidung
— Need for Cognition

> Fähigkeit
— Grad der Ablenkung
— Vorwissen
— Häufigkeit der Konfrontation mit der Information
— Verständlichkeit der Information

Seite 51
Elaboration Likelihood Model: Periphere Reize

Beliebtheit und Attraktivität der


Informationsquelle

Expertenstatus der Quelle

Nonverbales Verhalten des Senders


der Kommunikationsbotschaft

Länge der Kommunikation / Zahl der


dargebotenen Argumente

Seite 52
Zentrale lerntheoretische Ansätze

Lerntheoretische Ansätze

Lernen durch klassische Lernen durch instrumentelle


Lernen am Modell
Konditionierung Konditionierung

Kernaussagen: Kernaussagen: Kernaussagen:


− Lernen basiert auf angeborenen, − Lernen erfolgt aus den Konsequenzen − Individuen lernen durch unmittelbare
unwillkürlichen Reflexen (z.B. des Verhaltens Erfahrung sowie durch Beobachtung
Lidreflexe, Speichelbildung) − Individuen werden eher das Verhalten − Verhalten wird mit Hilfe von
− Mit Hilfe erlernter Verhaltensweisen ist wiederholen, für das sie belohnt Wahrnehmungs- und
eine kurzfristige und flexible Anpassung wurden bzw. in Zukunft Verhalten Gedächtnisprozessen wahrgenommen
an die Umwelt möglich vermeiden, für welches sie bestraft (beobachtet) und in ähnlichen
wurden Situationen nachgeahmt

Anwendung im Marketing: Anwendung im Marketing: Anwendung im Marketing:


z.B. emotionale Konditionierung z.B. Prämie für besonders treue Kunden z.B. Werbung mit Prominenten

Quelle: Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 53


Lernen durch klassische Konditionierung

Seite 54
Lernen am Modell (1)

Beispiele für Werbung mit Personen,


die von den Kunden als ihnen
ähnlich empfunden werden

Seite 55
Lernen am Modell (2)

Beispiele für Werbung mit Personen,


die von den Kunden als attraktiv
empfunden werden

Seite 56
Kaufentscheidung – Das Evoked Set

Insbesondere bei Verbrauchsgütern


des täglichen Bedarfs wird im
Rahmen der Auswahlentscheidung Grösse des
Produkt-
nur eine begrenzte Zahl von Evoked Set
kategorie
Alternativen in Erwägung gezogen. (Median)
Bier 4
Evoked Set des
Deodorant 3
Konsumenten
Hautcreme 5
Häufig haben Konsumenten für eine
Shampoo 4
Produktkategorie (z.B. Shampoo)
eine definierte Menge von Waschmittel 5
Produkten/Marken, die sie beim Kauf
prinzipiell in Erwägung ziehen.

Seite 57
Kaufentscheidung – Typologisierung von Kaufentscheidungen

Kognitives Involvement
niedrig hoch

Impulsive Kaufentscheidung
Extensive Kaufentscheidung
(z.B. Kauf von Modeschmuck,
hoch (z.B. Kauf einer Immobilie, eines
Süssigkeiten an der Kasse im
Autos)
Supermarkt)
Emotionales
Involvement Primär rationale Kauf-
entscheidung
Habitualisierte Kaufentscheidung
niedrig (z.B. Kauf eines Versicherungs-
(z.B. Kauf von Milch, Brot)
produktes, eines Investment-
fonds)

Quelle: vgl. Homburg, Kuester und Krohmer (2013) Seite 58

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