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2004

Entwerfen adaptiver Strukturen


Lastpfadmanagement zur Optimierung tragender
Leichtbaustrukturen

Von der Fakultät Bau- und


Umweltingenieurwissenschaften der Universität Stuttgart
zur Erlangung der Würde eines Doktors der
Ingenieurwissenschaften (Dr.-Ing.) genehmigte
Abhandlung

Vorgelegt von
Patrick Teuffel
aus Aachen

Hauptberichter:
Prof. Dr.-Ing. Werner Sobek
Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren
Universität Stuttgart

Mitberichter:
Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Dr. h.c. Ekkehard Ramm
Institut für Baustatik
Universität Stuttgart

Tag der mündlichen Prüfung: 15.12.2004

Universität Stuttgart

Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren


Prof. Dr.-Ing. Werner Sobek
Prof. Dr.-Ing. Balthasar Novák
Entwerfen adaptiver Strukturen Vorwort

Vorwort
Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK) der Universität
Stuttgart in der Zeit von 1999 bis 2003.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr.-Ing. Werner Sobek, der mir am Institut einen
idealen Rahmen bot, um die Arbeit durchzuführen. Seine Anregungen und seine
Unterstützung haben die Arbeit entscheidend geprägt. Weiterhin danke ich für die
Erstellung des Hauptberichts. Herr Prof. Dr.-Ing. Ekkehard Ramm hat
dankenswerterweise den Mitbericht erstellt.
Allen Mitgliedern des Instituts und meinen Diplomanden möchte ich für die gute
Zusammenarbeit und Unterstützung danken.
Entwerfen adaptiver Strukturen Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis
Bezeichnungen 6
Zusammenfassung 8
Abstract 9
1 Einleitung 10
1.1 Leichtbau 10
1.2 Adaption 10
1.3 Ziel und Gliederung der Arbeit 11
2 Adaptive Systeme 12
2.1 Konzept 12
2.1.1 Grundlagen 12
2.1.2 Sensoren 13
2.1.3 Aktuatoren 14
2.1.4 Steuerung und Regelung 16
2.2 Anwendungen 16
2.2.1 Erste Ideen und Konzepte 16
2.2.2 Passive Systeme 17
2.2.3 Aktive Systeme 17
2.2.4 Semi-aktive Systeme 18
2.2.5 Hybride Systeme 19
2.3 Bewertung 19
3 Strukturoptimierung 20
3.1 Grundlagen 20
3.2 Optimalitätskriterienmethoden 20
3.3 Mathematische Programmierung 21
3.3.1 Problembeschreibung 21
3.3.2 Optimierungsverfahren 22
4 Lastpfadmanagement 24
4.1 Konzept 24
4.1.1 Definition und Ziel 24
4.1.2 Manipulierbarkeit 25
4.1.3 Übersicht 26
4.2 Kraftpfadoptimierung 29
4.2.1 Ermittlung der optimalen Kraftpfade 29
4.2.2 Formoptimierung 34
4.2.3 Ermittlung der Differenzkräfte und –verschiebungen 38
4.2.4 Fail-safe - Konzept 39
4.3 Auswahl der Aktuatoren und Sensoren 40
4.3.1 Problematik 40
4.3.2 Effizienzindikator 41
4.3.3 Regel- bzw. Steuerbarkeit 43
4.3.4 Beobachtbarkeit 43

4
Entwerfen adaptiver Strukturen Inhaltsverzeichnis

4.4 Adaptionsvorgang 44
4.4.1 Vorüberlegungen 44
4.4.2 Statisch bestimmte Systeme 44
4.4.3 Statisch unbestimmte Systeme 45
4.5 Form follows energy 47
4.5.1 Metabolismus 47
4.5.2 Formänderungsarbeit 48
4.5.3 Erweiterung der Kraftpfadoptimierung 48
5 Tragwerksstudie 53
5.1 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen 53
5.2. Beispiel 1 – 4-Stabfachwerk 53
5.2.1 Systembeschreibung 53
5.2.2 Kraftpfadoptimierung 54
5.2.3 Fail-safe - Konzept 57
5.2.4 Ergebnisse 59
5.3. Beispiel 2 – Fachwerkbogen 59
5.3.1 Systembeschreibung 59
5.3.2 Kraftpfadoptimierung 60
5.3.3 Auswahl der Aktuatoren und Verformungsadaption 62
5.3.4 Formoptimierung 66
5.3.5 Ergebnisse 66
5.4 Beispiel 3 – Fachwerkträger 66
5.4.1 Systembeschreibung 66
5.4.2 Form follows energy 67
5.4.3 Ergebnisse 69
6 „Stuttgarter Träger“ 70
6.1 Vorüberlegungen 70
6.2 Entwurf 70
6.3 Realisierung 70
7 Zusammenfassung und Ausblick 72
7.1 Zusammenfassung 72
7.2 Ausblick 72
7.2.1 Tragwerk 72
7.2.2 Aktuatoren, Sensoren und Regelung 73
7.2.3 Wirtschaftlichkeit 74
7.2.4 Full-scale testing und Realisierung 74
7.2.5 Nutzerakzeptanz 75
Literatur 76
Lebenslauf 81

5
Entwerfen adaptiver Strukturen Bezeichnungen

Bezeichnungen
γ [-] Sicherheitsfaktor
γfs [-] reduzierter Sicherheitsfaktor (fail-safe)
εik [-] Dehnung, Element i, Lastfall k
κ [-] Anzahl der möglichen Aktuatorkombinationen
3
ρ [kg/m ] Materialdichte
σik [N/mm2] Spannung (Element i, Lastfall k)
σzul [N/mm2] zulässige Spannung
σzul fs
[N/mm ] 2
zulässige Spannung (fail-safe)

Γ [-] Zuordnungsmatrix
Θ [-] Entwurfsraum
Ψ [m] Knotenkoordinaten

a [-] Anzahl der Aktuatoren


b [-] Transformationsmatrix
c [-] Elementrichtungskosinusse
e [-] Effizienzindikatoren der Aktuatoren
f Zielfunktion
g Ungleichheitsnebenbedingung
h Gleichheitsnebenbedingung
i [-] Elementnummerierung
j [-] Nummerierung der Freiheitsgrade
k [-] Nummerierung der Lastfälle
l [m] Elementlängenvektor
li [m] Länge Element i
∆la [m] adaptive Elementlängenänderungen
∆lp [m] passive Elementlängenänderungen
pa
∆l [m] passiv-adaptive Elementlängenänderungen
r
∆l [m] geregelte (adaptive + passive) Elementlängenänderungen
m [-] Anzahl der Elemente
n [-] Anzahl der Freiheitsgrade
n f
[-] Anzahl der gehaltenen Freiheitsgrade
n r
[-] Anzahl der zu regelnden Freiheitsgrade
p [-] Anzahl der Lastfälle
p [m], [m2], [N] Entwurfsparameter
r [-] Redundanz

6
Entwerfen adaptiver Strukturen Bezeichnungen

s [m2/N] Matrix der inversen Spannungen


ujk [m] Knotenverschiebungen, Freiheitsgrad j, Lastfall k
ua [m] adaptive Knotenverschiebungen
up [m] Knotenverschiebungen (passives System)
pa
u [m] Knotenverschiebungen (passiv-adaptives System)
r
u [m] Knotenverschiebungen (geregeltes System)
∆u [m] Differenz der Knotenverschiebungen (geregelter
Verformungszustand – passiv-adaptiver Verformungszustand)
x [m], [m2], [N] Entwurfsvektor
xu [m], [m2], [N] untere Grenze des Entwurfsvektors
xo [m], [m2], [N] obere Grenze des Entwurfsvektors

A [m2] Querschnittsflächen
g
A Koeffizientenmatrix Ungleichheitsnebenbedingungen
h
A Koeffizientenmatrix Gleichheitsnebenbedingungen
E [N/m2] Elastizitätsmodul
G [kg] Gewicht
Nk [N] Normalkräfte, Lastfall k
gk
N [N] Normalkräfte bei Berücksichtigung der geometrischen Kompatibilität
Nik [N] Normalkraft, Element i, Lastfall k
Na [N] adaptive Normalkräfte
opt
N [N] kraftpfadoptimierte Normalkräfte
p
N [N] Normalkräfte am passiven System
N pa [N] Normalkräfte am passiv-adaptiven System
∆N [N] Differenz der Normalkräfte infolge Inkompatibilität
Pk [N] Lastvektor, Lastfall k
Qk [N] Auflagerkräfte, Lastfall k
SN [N/m] Sensitivitäten ausgewählter Aktuatoren, Kraftzustand
~N
S [N/m] Sensitivitäten aller möglichen Aktuatoren, Kraftzustand
Su [m/m] Sensitivitäten ausgewählter Aktuatoren, Verformungszustand
~u
S [m/m] Sensitivitäten aller möglichen Aktuatoren, Verformungszustand
V [m3] Volumen
WäV [Nm] äußere Verschiebungsarbeit
WiV [Nm] innere Verschiebungsarbeit

7
Entwerfen adaptiver Strukturen Zusammenfassung

Zusammenfassung

Im Rahmen der Arbeit wird ein Entwurfskonzept für adaptive Tragstrukturen entwickelt,
mit dem gewichtsminimale Tragwerke unter Beibehaltung von Spannungs- und
Verformungskriterien entworfen werden können. Die Adaption an verschiedene
Belastungszustände wird durch den Einsatz von längen- und steifigkeitsvariablen
Elementen ermöglicht. Dieses Verfahren wird als Lastpfadmanagement (LPM)
bezeichnet.

Unter adaptiven Tragstrukturen werden Systeme verstanden, die auf äußere


Einwirkungen reagieren und ihren Beanspruchungszustand anpassen können. Um die
Adaption zu ermöglichen, sind in die Systeme Sensoren, ein Steuerungs- bzw.
Regelungssystem sowie Aktuatoren integriert.

Das entwickelte Verfahren (LPM) besteht im Wesentlichen aus 3 Schritten:


- Bestimmung der optimalen Kraftpfade für verschiedene Lastfälle
- Ermittlung der Anzahl und Lage der erforderlichen Sensoren und Aktuatoren
- Adaptionsvorgang

Die optimalen Kraftpfade werden für verschiedene Lastfälle mit Hilfe der
mathematischen Programmierung bestimmt: Ziel ist es, das Eigengewicht (bei
gleichzeitiger Berücksichtung von Gleichgewichtsbedingungen und Einhaltung der
zulässigen Spannungen) zu minimieren. Im Gegensatz zu einer „normalen“ statischen
Berechnung werden die geometrischen Kompatibilitätsbedingungen in diesem Schritt
nicht berücksichtigt. Neben der Querschnittsoptimierung kann auch eine
Formoptimierung des Systems durchgeführt werden.

Durch die nicht berücksichtigte geometrische Kompatibilität ergeben sich Differenzkräfte


im System, die durch die adaptiven Elemente ausgeglichen werden müssen. Die
Auswahl der hierfür notwendigen Aktuatoren erfolgt in zwei Schritten: Zuerst wird
anhand eines Effizienzkriteriums untersucht, welchen Beitrag die einzelnen Elemente am
Adaptionsprozess leisten können. Anschließend werden verschiedene Kombinationen
der effizientesten Aktuatoren auf Regelbarkeit überprüft.

Nach der Wahl der Anzahl und Position der adaptiven Elemente kann die erforderliche
Reaktion derselben ermittelt werden. Die erforderlichen Längenänderungen der Elemente
können mit Hilfe der geometrischen Kompatibilitätsbedingungen ermittelt werden. Die
Kraft- und Verformungsadaption kann auf zweierlei Arten erfolgen, entweder durch eine
direkte Längenvariation der Elemente (z. B. durch Linearaktuatoren) oder indirekt über
eine Anpassung der Steifigkeiten (z. B. eine Variation der Materialeigenschaften).

Weitere Untersuchungen berücksichtigen den Energiebedarf sowie die


Tragwerkszuverlässigkeit dieser Systeme. Anhand von numerischen Beispielen wird das
Tragverhalten verschiedener Systeme untersucht und hinsichtlich des
Gewichtseinsparpotenzials bewertet.

8
Entwerfen adaptiver Strukturen Abstract

Abstract

In the context of this work a design concept for adaptive structures is developed. The
aim of the concept is to minimize the weight of the structures while maintaining stress
and deformation criteria. The adaptation to different load conditions can be realized
using variable length and variable stiffness elements. This procedure is called load path
management (LPM).

Adaptive structures can be defined as systems, which are able to react to external
stimuli and adapt to variable conditions. In order to achieve the adaptation, the systems
consist of sensors, a control unit and actuators.

The developed procedure (LPM) essentially consists of 3 steps:


- determination of the optimal force path for different load cases
- determination of the number and location of the necessary sensors and actuators
- adaptation process

The optimal force path for different load cases is determined using mathematical
programming: The goal is it to minimize the self weight of the structure (taking nodal
equilibrium and permissible stresses into account). Contrary to a “conventional” static
analysis the geometrical compatibility equations are neglected. Apart from the cross-
sectional optimization a shape optimization of the system can be accomplished as well.

As a result of ignoring the geometrical compatibility equations constraint forces arise in


the real system, which can be compensated by the adaptive elements. The selection of
the required actuators takes place in two steps: On the basis of an efficiency criteria
the level of contribution of the individual elements at the adaptation process is
determined. In a subsequent step the controllability of the combinations of the most
efficient actuators is reviewed.

After selecting the number and position of the adaptive elements their necessary
reaction can be determined. The necessary extension respectively shortening is
determined on the basis of the geometrical compatibility equations. The force and
deflection adaptation can be achieved in two different ways, either via a direct length
variation of the element (e.g. by linear actuators) or indirectly by an adjustment of the
rigidity (e.g. a variation of the material properties).

Further investigations include the energy requirement as well as the reliability of these
systems. On the basis of numerical examples the load carrying behaviour of different
systems is examined and evaluated regarding their potential to weight savings.

9
Entwerfen adaptiver Strukturen 1 Einleitung

1 Einleitung

1.1 Leichtbau

Leichtbau ist Notwendigkeit bei Konstruktionen, die weit gespannt sind oder große
Höhen erreichen sollen (Sobek 1995). Auch für mobile oder wandelbare Strukturen
bedeutet eine mögliche Gewichtsersparnis einen deutlichen Vorteil. Leichtbau ist aber
auch bei allen übrigen Konstruktionen anzustreben, um eine ressourcen- und damit auch
energiesparende Bauweise zu realisieren. Dies führt in der Regel auch zu hohen
ästhetischen Qualitäten.

Grundsätzlich existieren drei verschiedene Prinzipien des Leichtbaus. Beim


Materialleichtbau werden Werkstoffe verwendet, die in Relation zum Eigengewicht eine
hohe Festigkeit und Steifigkeit haben. Unter Strukturleichtbau versteht man die
Vorgehensweise, bei der optimale Lastabtragungsmechanismen für eine Struktur
entwickelt werden, z. B. die Vermeidung von Biegebeanspruchungen. Bei der
Anwendung des Systemleichtbaus werden verschiedene Funktionen in einem einzelnen
Bauteil vereint (Wiedemann 1989). Bei adaptiven Tragwerken werden die Prinzipien des
Struktur- und des Systemleichtbaus verwendet.

Je leichter eine Konstruktion ist, desto problematischer wird die Bestimmung eines
formbestimmenden Lastfalls, da dieser in aller Regel zeitlich nicht mehr invariant ist. Bei
einer Betonschale kann das Eigengewicht sinnvollerweise als formbestimmender Lastfall
herangezogen werden. Bei noch leichteren Strukturen erscheint es aber sinnvoll,
Tragwerke zu entwickeln, die genau auf diese zeitlichen Veränderungen eingehen
können, d.h. dass sie sich den äußeren Einflüssen anpassen (Sobek und Teuffel 2001).
Insbesondere die Verwendung von hochfesten Materialien kann zu
Verformungsproblemen führen, da die höhere Festigkeit zu reduzierten Querschnitten
führt. Die dadurch verringerte Bauteilsteifigkeit kann in der Regel nicht durch eine
höhere Materialsteifigkeit ausgeglichen werden.

1.2 Adaption

Adaptive Systeme sind in der Natur eine Selbstverständlichkeit und können auch beim
Einsatz in technischen Systemen Vorteile bieten. Hinsichtlich der Anpassung wird
unterschieden, in welchem zeitlichen Rahmen sie sich abspielt (Clark et al. 1998). Man
spricht von Kurzzeitadaption, wenn die Anpassung in Echtzeit auftritt, beispielsweise
die farbliche Anpassung eines Chamäleons. Langfristige Adaptionsprozesse sind
beispielsweise Wachstumsvorgänge von Bäumen (Mattheck 1998) und Knochen
(Thompson 1917, Cowin 1990). Es wird Material an hochbeanspruchten Stellen
angelagert und somit werden Spannungsspitzen vermieden. Evolutionäre
Anpassungsprozesse treten über mehrere Generationen auf und verändern das
Erscheinungsbild oder die Funktionalität natürlicher Systeme (Holland 1992). Diese
Überlegungen, jedenfalls die zur Kurz- und Langzeitadaption, lassen sich auch auf
technische Systeme übertragen. Die Anwendung der Kurzzeitadaption wird im Rahmen

10
Entwerfen adaptiver Strukturen 1 Einleitung

dieser Arbeit behandelt, aber auch längerfristige Vorgänge, wie Bauwerkssetzungen,


können betrachtet werden. Ebenso denkbar ist die Anwendung der Adaption auf
Gebäudehüllen, wie beispielsweise die Verwendung schaltbarer Gläser (Sobek et al.
2000).

Eine funktionale Anpassung im Sinne von wandelbaren Dächern oder beweglichen


Brücken wurde schon oftmals realisiert. Aufgrund einer höheren Funktionalität adaptiver
Systeme erscheint es in jedem Falle sinnvoll, tragende Strukturen adaptiv zu realisieren,
um neue Ziele, beispielsweise Extremleichtbau, zu erreichen. Prinzipiell lassen sich mit
adaptiven Systemen entweder leichtere Systeme bei gleicher Funktionalität oder
Systeme mit gleichbleibendem Gewicht bei höherer Funktionalität schaffen.

1.3 Ziel und Gliederung der Arbeit

Ziel der Arbeit ist die Entwicklung eines Verfahrens zum Entwurf gewichtsminimaler
adaptiver Strukturen. Es wird eine Vorgehensweise entwickelt, mit der das Potenzial der
Adaptivität beim Entwurf einer tragenden Struktur von Beginn an berücksichtigt werden
kann. Im Gegensatz zur herkömmlichen Vorgehensweise des structural control werden
dadurch nicht "nur" unter Zuhilfenahme von aktiven Elementen die Probleme des
passiven Systems gelöst, sondern es wird angestrebt, von Beginn an eine Struktur zu
entwickeln, bei der diese Probleme erst gar nicht auftauchen. Dafür wird in dieser Arbeit
das Lastpfadmanagement entwickelt, mit dem die Lastabtragung in Strukturen
hinsichtlich der Kraftverteilung optimiert werden kann. Weiterhin ist es möglich, das
Verformungsverhalten zu manipulieren. Der Aspekt der Formoptimierung wird ebenso
untersucht.

In Kap. 2 und 3 werden die für die Optimierung adaptiver Strukturen notwendigen
Grundlagen und der Stand der Technik erörtert. Verschiedene adaptive Systeme werden
in Kap. 2 beschrieben, während in Kap. 3 ein Überblick über verschiedene Verfahren der
Strukturoptimierung gegeben wird. Der Hauptteil der Arbeit, das entwickelte Verfahren
zum Lastpfadmanagement sowie die Anwendung auf drei Beispiele, wird in Kap. 4 und
5 beschrieben. Neben der Kraftpfadoptimierung, d.h. der Ermittlung der optimalen
Kraftzustände, werden weitere Aspekte wie die Auswahl und Positionierung der
Aktuatoren, Verformungskriterien, ein fail-safe - Konzept und die Formoptimierung
berücksichtigt. Im Rahmen dieser Arbeit entstand ein Prototyp eines adaptiven Systems
– der „Stuttgarter Träger“. Die Wirkungsweise sowie die Realisierung werden in Kap. 6
beschrieben. In Kap. 7 werden die wesentlichen Aspekte der Arbeit zusammengefasst
und es wird ein Ausblick für die weitere Entwicklung adaptiver Strukturen gegeben.

11
Entwerfen adaptiver Strukturen 2 Adaptive Systeme

2 Adaptive Systeme

2.1 Konzept

2.1.1 Grundlagen
Adaptive Vorgänge sind in der lebenden Natur selbstverständlich und unbedingte
Voraussetzung für das Überleben und Weiterentwickeln der jeweiligen Spezies. Die
Definition adaptiver Systeme kann auf zweierlei Arten erfolgen (Rogers 1999). Zum
Einen können sie über ihre Bestandteile definiert werden, d.h. die Integration von
Sensoren, Aktuatoren und einer Regelungseinheit in einem System. Eine weitere
Möglichkeit besteht in der Beschreibung des Zieles, d.h. der Erhöhung der Funktionalität
durch eine Anpassung an variierende Umgebungsbedingungen. In diesem Ansatz wird
nicht der Weg, sondern das Ziel näher beschrieben.

Basierend auf der Definition von Yao (1972) ist in Abb. 2.1 ein schematischer Überblick
gegeben, der den Zusammenhang zwischen Sensoren, Aktuatoren und der
Regelungseinheit wiedergibt. Je nachdem, ob es sich um ein semi-aktives oder ein
aktives System handelt, können die Aktuatoren die Systemeigenschaften verändern
oder Zusatzkräfte in der Struktur bewirken.

Erregung Tragwerk Systemantwort

Aktuatoren
Sensoren Sensoren
Ausführung der
Überwachung der Überwachung der
gewünschten
Erregung Systemantwort
Reaktionen

Entscheiden

Erkennen

Regelung

Abb. 2.1: Adaptives System

12
Entwerfen adaptiver Strukturen 2 Adaptive Systeme

Neben dem Begriff „adaptiv" werden in der Literatur weitere Termini, wie „intelligent“
oder „smart“, benutzt. Der Fachbereich, der sich mit dem Zusammentreffen von
elektronischen und mechanischen Bauteilen beschäftigt, wird Adaptronik oder auch
Mechatronik genannt (Janocha 1999). Im Rahmen dieser Arbeit soll von "adaptiv"
gesprochen werden, da Begriffe wie „intelligent" im Zusammenhang mit technischen
Produkten – jedenfalls zu Beginn des 21. Jahrhunderts - nicht angebracht erscheinen
(Sobek und Teuffel 2002). Die Diskussion über die Verwendung der Begriffe ist
umfassend dokumentiert (z. B. Clark et al. 1998, Srinivasan und McFarland 2001) und
soll an dieser Stelle nicht weiter geführt werden, sondern mit einem Zitat von Culshaw
(1999) abgeschlossen werden:

"I conclude by observing that adaptronics, smart structures or whatever we call it, is
nothing other than a synonym for good engineering...".

Ein weiterer Aspekt bei der Entwicklung adaptiver Strukturen ist die Notwendigkeit einer
interdisziplinären Zusammenarbeit verschiedenster Fachrichtungen, die bisher im
konstruktiven Ingenieurbau oder auch in der Architektur in dieser Art selten vorkommt.
Die Integration von elektronischen Bauteilen in tragende Strukturen sowie der Einfluss
der Informationsverarbeitung auf die Gebrauchstauglichkeit von Tragwerken sind
heutzutage unüblich.

Die drei Hauptbestandteile von adaptiven Systemen - Sensoren, Regelungseinheit und


Aktuatoren - werden in den folgenden Abschnitten kurz beschrieben.

2.1.2 Sensoren

Bei Sensoren handelt es sich um die Bauteile, welche die Veränderungen von äußeren
Einflüssen, aber auch die des systeminternen Zustandes messen und diese
Informationen an die Steuerungs- bzw. Regelungseinheit weiterleiten. Je nach der zu
messenden Größe, wie z. B. Dehnung oder Beschleunigung, können verschiedene Typen
zum Einsatz kommen (Janocha 1999, Srinivasan und McFarland 2001). Resistive,
induktive sowie kapazitive Wegaufnehmer werden beispielsweise von Isermann (1999)
beschrieben.

Dehnmessstreifen gehören zu den am häufigsten verwendeten Sensoren und kommen


zum Einsatz, um Dehnungen in Bauteilen zu messen. Die Funktionsweise beruht auf der
Änderung des elektrischen Widerstandes des verwendeten Materials infolge einer
Längenänderung.

Optische Fasern werden heutzutage primär zur Datenübertragung verwendet. Mögliche


Einsatzbereiche liegen aber auch im Bereich der Sensorik. Änderungen der optischen
Eigenschaften infolge Dehnungen werden genutzt, um den aktuellen Tragwerkszustand
zu überwachen. Die Vorteile liegen in ihrem geringen Gewicht, einer geringen Größe und
ihrer geometrischen Flexibilität. Faseroptische Sensoren werden hauptsächlich zur
zerstörungsfreien Überwachung von Bauwerken (health-monitoring) eingesetzt.

13
Entwerfen adaptiver Strukturen 2 Adaptive Systeme

Der piezoelektrische Effekt wurde von Jacques und Pierre Curie 1888 entdeckt
(Janocha 1999). Der Effekt erfasst den Zusammenhang von elastischen Dehnungen und
der Ausrichtung von elektrischen Dipolen eines Materials. Durch das Anbringen einer
mechanischen Belastung und einer daraus resultierenden Dehnung wird ein elektrisches
Feld erzeugt, das gemessen werden kann. Somit können Rückschlüsse auf die Dehnung
gezogen werden.

Die Anwendung von Sensoren ist relativ ausgereift und verschiedene Systeme für
unterschiedliche Aufgaben sind kommerziell erhältlich. Folgende Parameter sind bei der
Auswahl zu beachten: Sensitivität hinsichtlich der zu messenden Größen, mechanische
Robustheit, Überlastbarkeit, Linearität, Kompatibilität zu anderen Materialien,
Messbereich, Auflösung, Kosten sowie Reifegrad der Entwicklung.

2.1.3 Aktuatoren

Aktuatoren stellen die Verbindungsglieder zwischen dem informationsverarbeitenden


Teil eines Systems, d. h. der Regelung, und einem technischen Prozess dar. Mit ihrer
Hilfe findet eine Energieumwandlung statt, z. B. von elektrischer Energie in
Bewegungsenergie. Grundsätzlich ist eine Vielzahl von verschiedenen Typen realisierbar
(Isermann 1999, Janocha 1999, Srinivasan und McFarland 2001). Im Folgenden sollen
die wichtigsten Aktuatorsysteme vorgestellt werden, deren Anwendung im Bauwesen
denkbar ist. Neben herkömmlichen Aktuatoren, wie elektromechanischen oder
fluidtechnischen Systemen, kommen in den letzten Jahren verstärkt Aktuatoren zum
Einsatz, die auf der Verwendung von smarten bzw. intelligenten Werkstoffen basieren.
Es handelt sich hierbei um Materialien mit „interessanten“ variablen Eigenschaften. Die
für tragwerkstechnische Anwendungen relevanten smarten Materialien können im
Wesentlichen in form- und phasenveränderliche Materialien unterteilt werden (Sobek et
al. 2000).

Elektromechanische Stelleinrichtungen sind aufgrund ihrer großen Typenvielfalt sehr


weit verbreitet – eine flexible Anpassung an unterschiedliche Anforderungen ist mit
ihnen möglich. Neben diesem Vorteil bieten sie auch gute Regeleigenschaften und hohe
Gesamtwirkungsgrade. Nachteilig sind die relativ geringe Leistungsdichte, ein
eingeschränkter thermischer Betriebsbereich und ein hoher Anteil an beweglichen Teilen
(Isermann 1999). Elektromechanische Antriebe sind in der Lage, translatorische
(Elektromagnet, Linearmotor) sowie rotatorische Bewegungen (Elektromotor)
durchzuführen. Der Leistungsbereich erstreckt sich bis hin zu Antrieben mit mehreren
kW Leistung.

Pneumatische und hydraulische Aktuatoren gehören in die Klasse der fluidtechnischen


Stellantriebe. Beide Typen werden primär als Lineartranslatoren verwendet. Ihre
Vorteile, wie große Stellkräfte (hydraulische Aktuatoren) und große Stellwege, machen
sie für den Einsatz im Bauwesen interessant, während Nachteile, wie z. B.
eingeschränkte Positioniergenauigkeit, ein nicht allzu großes Problem darstellen. Ein
weiterer Vorteil ist, dass hohe statische Gegenkräfte mit geringer Leistung gehalten

14
Entwerfen adaptiver Strukturen 2 Adaptive Systeme

werden können und die Aktuatoren nur im dynamische Zustand Leistung aufnehmen
(Isermann 1999).

Im Gegensatz zu piezoelektrischen Sensoren wird bei der Anwendung für Aktuatoren


der inverse piezoelektrische Effekt genutzt, d. h. durch das Erzeugen eines elektrischen
Feldes wird eine elastische Verformung des Materials verursacht. Das am weitesten
verbreitete Material ist hierbei Blei – Zirkonium - Titanat (PZT). Die Vorteile dieser
Aktuatoren liegen in der hohen Reaktionsgeschwindigkeit (im Bereich von ms), hohen
zulässigen Spannungen (ca. 300 N/mm2) sowie einer hohen Steifigkeit; nachteilig ist
das geringe Verformungsvermögen (0.2%), das für baupraktische Anwendungen sehr
gering ist. Eine dem piezoelektrischen Effekt verwandte Wirkung ist der
magnetostriktive Effekt, der in den meisten ferromagnetischen Materialien auftritt.
Hierbei kommt es zu einer Expansion bzw. Kontraktion infolge eines magnetischen
Feldes. Das am häufigsten verwendete magnetostriktive Material ist TERFENOL
(Terbium – Ferrum – Naval – Ordnance - Lab).

Formgedächtnislegierungen (FGL), bzw. shape-memory-alloys (SMA), sind in der Lage,


beim Übergang vom austenitischen Zustand in den martensitischen Zustand reversible
Verformungen durchzuführen. Dieser Übergang erfolgt bei der so genannten
Übergangstemperatur. Der Formgedächtniseffekt kann bei metallischen Legierungen und
auch bei Kunststoffen auftreten. Eine heutzutage häufig verwendete
Formgedächtnislegierung ist NITINOL - eine Nickel-Titan-Legierung (Nickel – Titan –
Naval – Ordnance - Lab). Die Integration von Formgedächtnislegierungen in
Faserverbundwerkstoffen führt zu aktiven Verbundwerkstoffen. Neuere Entwicklungen
zeigen die Möglichkeit auf, auch den Einfluss magnetischer Felder zu nutzen. Magnetic–
shape–memory-alloys (MSMA) werden von Tickle und James (1999) beschrieben.

Eine Volumenänderung infolge einer Stimulation durch elektrische Signale bzw. durch
eine chemische Reaktion ist die Besonderheit des Verhaltens elektro- bzw. chemoaktiver
Polymere. Im Gegensatz zu den oben genannten Materialien sind die möglichen
Verformungen wesentlich größer (>100%), allerdings verbunden mit geringer
Steifigkeit und Festigkeit. Der mögliche Einsatzbereich liegt daher auch eher im
biomedizinischen Bereich als im Bauwesen (Gülch et al. 2002).

Magneto- wie auch elektrorheologische Fluide besitzen die Eigenschaft, dass ihr
rheologisches Verhalten durch das Anlegen eines magnetischen bzw. elektrischen
Feldes veränderbar ist. Mit ihnen lassen sich regelbare Dämpfungselemente entwickeln,
um Schwingungen zu kontrollieren. Die möglichen Einsatzbereiche liegen im
Fahrzeugbau und Bauwesen.

In Zukunft werden auch Mikrosysteme (z. B. Mikro-elektro-mechanische Systeme


MEMS) eingesetzt werden, um aktuatorische Aufgaben zu übernehmen. Beispielsweise
können Schrägseile von Brücken mit multifunktionalen Materialien, wie z. B.
piezoelektrischen Keramiken, beschichtet sein, um die aerodynamischen Eigenschaften
zu variieren und Schwingungsprobleme zu vermeiden (Korvink und Schlaich 2000).

15
Entwerfen adaptiver Strukturen 2 Adaptive Systeme

Tanaka et al. (2003) beschreiben ein Konzept, mit dem durch die Integration von
Funktionsmaterialien (z. B. Piezokeramiken) in ein Verbundsystem Materialien mit
variabler Steifigkeit entwickelt werden können.

Eine Vielzahl von Typen von Aktuatoren steht heutzutage zur Verfügung. Diese können
für verschiedene Aufgaben eingesetzt werden. Für die Beurteilung sind folgende
Kriterien zugrunde zu legen: Kraft, Hub bzw. Weg, Beschleunigung, Frequenzbereich,
Linearität, Einbaugröße, Wartung, Kosten und Entwicklungsgrad. Für die im Rahmen
dieser Arbeit dargestellten Untersuchungen kommen neben herkömmlichen Stellgliedern
auch piezoelektrische sowie magnetostriktive Bauteile oder Formgedächtnislegierungen
für einen Einsatz in Frage. Weiterhin interessant sind die oben genannten
steifigkeitsvariablen Mehrwerkstoffsysteme.

2.1.4 Steuerung und Regelung

Der Unterschied zwischen einer Regelung und einer Steuerung liegt darin, dass bei
einem geregelten System eine Rückmeldung über die tatsächliche Systemantwort
auftritt, während bei einer Steuerung nur die äußeren Einflüsse ermittelt werden. Für die
Realisierung adaptiver Strukturen ist eine Regelung notwendig, um eine realistische
Beurteilung des Systemverhaltens auch bei möglichen Störeinflüssen, die in der Realität
auftreten werden, zu gewährleisten (s. a. Abb. 2.1). Als eine Erweiterung der
klassischen Regelung kann die adaptive Regelung angesehen werden, bei der nicht nur
das mechanische System einer Anpassung unterliegt, sondern auch die der Regelung
zugrunde liegenden Algorithmen mit der Zeit variiert werden können (Clark et al. 1998).
Durch den Einsatz neuronaler Netze oder auch künstlicher Intelligenz ist somit in
Zukunft auch ein gewisser Lerneffekt erreichbar (Shea et al. 2002).

2.2 Anwendungen

2.2.1 Erste Ideen und Konzepte


Die prinzipielle Möglichkeit der Anwendung aktiver Elemente mit variabler Vorspannung
in tragenden Strukturen wurde erstmals von Freyssinet in den 60er-Jahren
vorgeschlagen (Zuk und Clark 1970). Kobori und Minai (1960) beschreiben
Überlegungen zu aktiven Schwingungstilgersystemen. Eine systematische Betrachtung
über gesteuerte bzw. geregelte (open vs. closed loop) Systeme wird erstmals von Yao
(1972) beschrieben.

Die Klassifizierung in passive, semi-aktive, aktive sowie hybride structural control –


Systeme wird von Housner et al. (1997) umfangreich anhand von Beispielen
beschrieben. Ein aktueller Überblick über realisierte Projekte wird von Spencer und
Nagarajaiah (2003) sowie Giuliani (2002) gegeben. Bei den dort beschriebenen
Bauwerken werden verschiedene Systeme zur Kontrolle von Bauwerksschwingungen
eingesetzt. Im Folgenden sollen die wichtigsten Systeme kurz erläutert werden.

16
Entwerfen adaptiver Strukturen 2 Adaptive Systeme

2.2.2 Passive Systeme


Passive Systeme zeichnen sich dadurch aus, dass sie keine externe Energiezufuhr
benötigen. Die in einem passiven System hervorgerufenen Reaktionen werden durch
Bauwerksbewegungen verursacht. Bei Energiedissipationssystemen ist zwischen
Schwingungstilgern und Schwingungsdämpfern zu unterscheiden. Bei
Schwingungstilgern wird die extern eingebrachte Energie durch Umwandlung in
kinetische Energie dissipiert, während bei Schwingungsdämpfern die Energie in
Reibungswärme umgesetzt wird (Housner et al. 1997, Symans und Constantinou
1999). Eine weitere Möglichkeit der passiven Anpassung besteht in der Formadaption
(Sobek et al. 2000). Denkbar sind beispielsweise Bauwerke oder Bauwerksteile, die sich
entsprechend der Windrichtung ausrichten.

Schwingungstilger (tuned mass damper bzw. tuned liquid damper) wurden erstmals
1947 von den Hartog (Housner et al. 1997) vorgeschlagen und werden seitdem primär
zur Reduktion wind-, aber auch verkehrsinduzierter Schwingungen verwendet. Die
Funktionsweise der Tilger beruht auf dem Effekt, dass die extern eingebrachte Energie
(z. B. infolge Wind) durch eine gedämpfte Schwingung des Tilgers dissipiert wird.
Schwingungstilger, bestehend aus einem Feder-Masse-System, können für eine
bestimmte Frequenz eingestellt („tuned“) werden. Dadurch wird in der Regel die 1.
Eigenfrequenz eines Tragwerks getilgt. Weitere Eigenschwingungen können jedoch nicht
getilgt werden. Um dieses Problem zu umgehen, können Mehrfach-Schwingungstilger
eingesetzt werden, die aus mehreren Feder-Masse-Systeme bestehen und für mehrere
Frequenzen eingestellt werden können.

Einige Hochhäuser und Brücken sind mit TMDs realisiert worden, erstmals der
Centerpoint Tower in Sydney. Weitere frühe Projekte sind das Citicorp Building in New
York sowie der John Hancock Tower in Boston (Housner et al. 1997).

Als Schwingungsdämpfer können verschiedene Typen zum Einsatz kommen. Ihre Wahl
hängt von der Art der Erregung ab: Metallische Dämpfer sowie Reibungsdämpfer
kommen bei seismischen Problemen zum Einsatz - sie dissipieren die Energie über
plastische Verformungen bzw. über Reibung. Viskoelastische bzw. viskofluide
Dämpfungssysteme werden bei wind- bzw. verkehrserregten Schwingungen eingesetzt
(Soong und Spencer 2002).

Eine weitere Möglichkeit, das Tragverhalten zu kontrollieren, besteht in der Entkopplung


des Bauwerks und des Baugrundes. Bei der base isolation wird das Tragwerk gegenüber
horizontalen Schwingungen des Baugrundes (Erdbeben) u.a. durch Elastomerlager
entkoppelt.

2.2.3 Aktive Systeme

Im Gegensatz zu passiven Systemen wird bei aktiven Systemen die Reaktion des
Systems nicht direkt durch die äußere Erregung hervorgerufen. Die gewünschte bzw.
erforderliche Reaktion wird durch eine Regelung bzw. Steuerung ermittelt und durch die

17
Entwerfen adaptiver Strukturen 2 Adaptive Systeme

Aktuatoren ausgeführt. Mit einer externen Energiezufuhr werden beispielsweise


elektromechanische oder –hydraulische Aktuatoren versorgt (Symans und Constantinou
1999). Sakamoto et al. (2000) sowie Spencer und Nagarajaiah (2003) geben einen
Überblick über bereits realisierte aktiv kontrollierte Hochbauten und Brücken.
Verschiedene Konzepte aktiver Systeme kommen für Tragwerke im Bauwesen zum
Einsatz, die an dieser Stelle kurz beschrieben werden sollen.

Die Weiterentwicklung der passiven Schwingungstilger (tuned mass damper) führt zur
Entwicklung von aktiven Systemen (active mass damper). Das erste realisierte aktiv
kontrollierte Gebäude – das Kyobashi Seiwa Building - befindet sich in Japan (Sakamoto
et al. 2000). Der Vorteil gegenüber passiven Tilgern liegt in der Anpassbarkeit an
verschiedene Erregerfrequenzen.

Erste Ideen für Systeme mit einer veränderlichen Vorspannung werden von Zuk und
Clark (1970) beschrieben: als mögliche Anwendungen werden Brücken und Hochhäuser
genannt. Reinhorn und Soong (1993) verwenden aktive Aussteifungselemente zur
Regelung erdbebenerregter Schwingungen. Die Verwendung von regelbaren
vorgespannten Stahlbetonträgern zur Reduktion von Vorspannverlusten wird von
Pacheco und da Fonseca (2002) vorgeschlagen. Zur Verbesserung des Tragverhaltens
von Tensegrity-Strukturen schlagen Fest et al. (2003) den Einsatz aktiver Systeme vor.

2.2.4 Semi-Aktive Systeme


Bei semi-aktiven Systemen wird die Anpassung durch die Manipulation der
Systemeigenschaften, d. h. der Steifigkeit oder der Dämpfung, erreicht. Sie kombinieren
die Vorteile von passiven und aktiven Systemen. Sie sind anpassungsfähig und bieten
damit eine ähnliche Leistungsfähigkeit wie aktive Systeme, ohne auf große externe
Energiequellen angewiesen zu sein. Sie können daher sehr zuverlässig arbeiten (Symans
und Constantinou 1999).

Der Einsatz von regelbaren Ventilen in fluiden Dämpfungselementen ermöglicht es, den
Strömungswiderstand des Fluides zu kontrollieren und Dämpfer mit variablen
Eigenschaften zu realisieren. Dadurch kann das dynamische Verhalten von
Tragstrukturen beeinflusst werden. Patten et al. (1999) führten hierzu Versuche an der
Interstate I-35 Highway Brücke durch, um die Spannungsspitzen infolge einer
Beanspruchung durch Schwerlastverkehr zu reduzieren. Eine weitere Möglichkeit, die
Dämpfung zu variieren, liegt im Einsatz von regelbaren Fluiden. Elektro- oder
magnetorheologische Fluide besitzen die Eigenschaft, dass ihre Viskosität durch den
Einfluss von elektrischen bzw. magnetischen Feldern variiert werden kann. Der Vorteil
gegenüber den oben genannten einstellbaren Ventilen bzw. Drosseln liegt im Fehlen von
beweglichen mechanischen Bauteilen und damit von potentiellen Fehlerquellen (Spencer
und Sain 1997).

Sakamoto et al. 2000 beschreiben ein Konzept mit einer variablen Steifigkeitsverteilung
in Bauwerken zur Kontrolle von erdbebenerregten Schwingungen. Anstelle der
einstellbaren Ventile, die den Widerstand - und damit das Dämpfungsverhalten -
18
Entwerfen adaptiver Strukturen 2 Adaptive Systeme

kontrollieren, werden hierbei ein- bzw. ausschaltbare Ventile eingesetzt. Mit diesen
Elementen werden beim Kobori Research Complex die einzelnen Aussteifungsverbände
aktiviert bzw. deaktiviert und somit werden die Steifigkeit und die Eigenfrequenz der
tragenden Struktur entsprechend den Anforderungen eingestellt.

Regelbare Reibungselemente bieten die Möglichkeit, eine variable Energiedissipation zu


realisieren (Spencer und Nagarajaiah 2003). Hierzu werden Elemente eingesetzt, bei
denen die übertragbare Reibungskraft eingestellt werden kann. Eine mögliche
Realisierung besteht durch den Einsatz von piezoelektrischen Aktuatoren an den
Fügestellen (z. B. Schraubverbindungen).

2.2.5 Hybride Systeme


Unter hybriden Systemen versteht man Kombinationen von passiven, aktiven oder semi-
aktiven Systemen. Beispiele hierfür sind Systeme wie hybrid mass damper oder hybrid
base isolation (Spencer und Sain 1997). Der Grund für die Entwicklung dieser Systeme
ist die mögliche Kombinierbarkeit der Vorteile von aktiven Systemen (hohe
Leistungsfähigkeit) und von passiven Systemen (hohe Robustheit).

2.3 Bewertung

Aktive Systeme, wie aktive Schwingungstilger oder eine geregelte Vorspannung,


können als logische Weiterentwicklung ihrer passiven Pendants – tuned mass damper
und Vorspannung – gesehen werden. Sie zeichnen sich durch eine hohe Funktionalität
aus und ermöglichen eine deutliche Verbesserung des Tragverhaltens. Problematisch
kann der erforderliche Energiebedarf sein. Semi-aktive Systeme sind in ihrer
Leistungsfähigkeit nicht ganz so hoch einzuschätzen wie aktive Systeme, allerdings wird
bei einer Variation der Systemeigenschaften nur Energie zur Regelung benötigt.

Die oben beschriebenen Konzepte für anpassungsfähige Tragstrukturen erfuhren in den


letzten 20 Jahren eine rasante Entwicklung. Bisher liegt aber kein integratives Konzept
für den Entwurf dieser Strukturen vor, sondern die aktiven Elemente werden nur als
Hilfsmaßnahmen betrachtet. Weiterhin gibt es bisher auch wenig Kenntnisse bei den
Planern und zu wenig Interaktion zwischen allen Projektbeteiligten. Der Einfluss auf das
Erscheinungsbild von Bauwerken ist bisher nicht erkennbar.

Für die im Rahmen dieser Arbeit vorgeschlagene Vorgehensweise zum Entwurf und zur
Optimierung adaptiver Strukturen können die in Kap. 2.1.3 beschriebenen Aktuatoren
zum Einsatz kommen. Es wird ein einheitliches Konzept vorgeschlagen, bei dem eine
variable Längenänderung einzelner Elemente – aktiv mit Gegenkräften oder semi-aktiv
durch Steifigkeitsvariation – verwendet wird.

19
Entwerfen adaptiver Strukturen 3 Strukturoptimierung

3 Strukturoptimierung

3.1 Grundlagen

Die ersten systematischen Überlegungen zur Optimierung tragender Strukturen werden


von Maxwell (1869) und Michell (1904) beschrieben. Ihre Arbeiten bilden die Grundlage
für erste Überlegungen zur Gewichtsminimierung tragender Strukturen. Sie entwickelten
eine grundlegende Theorie zur optimalen Topologie von tragenden Strukturen, die
jedoch auf einen Lastfall und auf Spannungskriterien beschränkt ist. Die mit dieser
Theorie entwickelten Optimalstrukturen sind häufig kinematisch, ihre praktische
Anwendbarkeit ist daher beschränkt (Wiedemann 1989).

Das Zusammenführen der mathematischen Programmierung und der statischen


Berechnung von tragenden Strukturen wird erstmals von Schmit (1960) beschrieben
und von ihm als systematic synthesis bezeichnet. Im Weiteren wurden verschiedene
Verfahren entwickelt, die in unterschiedliche Kategorien unterteilt werden können. Zum
einen gibt es die Optimalitätskriterienmethoden (optimality criterion methods, bzw. OC-
methods), bei denen durch Aufstellen und Erfüllen eines Kriteriums die Optimalität
ermittelt wird (s. Kap. 3.2). Zum anderen gibt es die Verfahren der mathematischen
Programmierung (s. Kap. 3.3). Die verschiedenen Verfahren sind umfassend
beschrieben (z. B. Adeli 1997, Arora 1989, Bletzinger und Kimmich 1985, Haftka und
Gürdal 1992, Kirsch 1993, Maute et al. 1999, Vanderplaats 1999), daher sollen an
dieser Stelle nur die wesentlichen Begriffe und Verfahren kurz genannt werden.

Bei der Strukturoptimierung ist zu unterscheiden, auf welcher hierarchischen Ebene die
Optimierung erfolgt. Im Rahmen dieser Arbeit werden die untersuchten Strukturen
hinsichtlich der Elementquerschnitte sowie der Geometrie optimiert. Die Verwendung
der Strukturoptimierung zur Formfindung wird von Bletzinger et al. (1995) beschrieben.
Die Form- bzw. Geometrieoptimierung kann in einer geschachtelten Form, d.h. iterativ
mit einer getrennten Querschnitts- und Formoptimierung erfolgen (Wang et al. 2002).
Ebenso ist die gleichzeitige Optimierung von Querschnitt und Form möglich (Topping
1983, Vanderplaats 1984, Bendsøe et al. 1994). Bei der Topologieoptimierung handelt
es sich um die komplexeste Aufgabe im Rahmen der Strukturoptimierung, da neben der
Anzahl der Knoten und Elemente auch die Beziehungen zwischen Knoten und
Elementen, d.h. die Topologie, variabel ist.

3.2 Optimalitätskriterienmethoden
Die am weitesten verbreitete Optimalitätskriterienmethode ist das fully-stressed-design
(FSD). Das hierbei verwendete Kriterium besagt, dass alle Elemente in mindestens
einem Lastfall voll ausgenutzt werden müssen, d.h. fully-stressed sind. Dem FSD liegt
der intuitive Ansatz zugrunde, dass eine Gewichtsverringerung durch eine iterative
Anpassung der Querschnitte erreicht werden kann (Haftka und Gürdal 1992). Die
Ermittlung der Querschnitte erfolgt iterativ nach der stress-ratio-method (SRM). Diese
Vorgehensweise führt bei statisch bestimmten Systemen zum Optimum, nicht jedoch
bei statisch unbestimmten Tragwerken. Bei ihnen führt das FSD in der Regel zu
20
Entwerfen adaptiver Strukturen 3 Strukturoptimierung

gewichtsreduzierten Strukturen, nicht jedoch notwendigerweise zum absoluten


Optimum (Schmit 1960). Neben dem FSD wurden in der Vergangenheit noch weitere
mathematische OC - Methoden entwickelt, dabei wird das Problem mit Hilfe der Kuhn-
Tucker-Bedingungen gelöst. Die hierfür notwendigen Bedingungen werden
beispielsweise von Arora (1989) oder Kirsch (1993) näher beschrieben.

3.3 Mathematische Programmierung


3.3.1 Problembeschreibung
Mathematische Formulierung

Eine allgemeine Optimierungsaufgabe – minimiere die Zielfunktion f(x), unter


Berücksichtigung der Gleichheitsnebenbedingungen h(x), Ungleichheitsneben-
bedingungen g(x) und der Entwurfsvariablen x zwischen gegebenen oberen xo und
unteren xu Grenzen - lässt sich in folgender Form beschreiben:

minimiere f(x) 3.1


mit xi ∈ Θ
unter Berücksichtigung h(x)=0 3.2
g(x) ≤ 0 3.3

xu ≤ x ≤ xo 3.4

Entwurfsvariablen und -parameter


Mit Hilfe der Entwurfsvariablen x kann ein bestimmter Entwurf beschrieben werden. Der
Entwurfsraum wird durch Θ definiert. Auf der Suche nach einem Optimum können die
Werte dieser Variablen zwischen den unteren xu und oberen xo Grenzen variiert werden.
Im Rahmen der Strukturoptimierung beschreiben sie typischerweise die
Querschnittsabmessungen oder die Geometriedaten der tragenden Struktur. Notwendig
für eine Lösung des Problems ist, dass die einzelnen Variablen voneinander linear
unabhängig sind. Entwurfsparameter p beschreiben einzelne Größen, die einerseits
Einfluss auf das Ergebnis der Optimierung haben, andererseits aber konstante Werte
annehmen, wie z. B. die zulässigen Spannungen in den Bauteilen.

Zielfunktion

Die Zielfunktion f(x) beschreibt in Abhängigkeit von den Variablen x und den Parametern
p die zu optimierende Größe, z. B. die Kosten eines Projektes oder das Gewicht einer
Struktur. Neben der Definition skalarer Zielfunktionen besteht auch die Möglichkeit,
vektorielle Zielfunktionen zu definieren, die mehrere zu optimierende Größen enthalten.
Man spricht dann von einer Mehrkriterienoptimierung. In der Regel widersprechen sich
die Ziele der einzelnen Funktionen. Ein Ansatz zur Lösung der Mehrkriterienoptimierung
besteht darin, dass die Gruppe der Funktionen durch eine gewichtete lineare
Kombination auf eine einzelne Funktion reduziert wird - problematisch hierbei ist die
Wahl der Gewichtungsfaktoren.

21
Entwerfen adaptiver Strukturen 3 Strukturoptimierung

Nebenbedingungen

Die Nebenbedingungen sind wie die Zielfunktion abhängig von den Variablen x und den
Entwurfsparametern p. Für den Fall, dass keine Nebenbedingungen vorliegen, spricht
man von unbeschränkten Optimierungsaufgaben, ansonsten von beschränkten
Optimierungsaufgaben. Man unterscheidet weiterhin Gleichheitsnebenbedingungen h(x)
und Ungleichheitsnebenbedingungen g(x). Mit den Nebenbedingungen werden
einzuhaltende Werte, z. B. die zulässigen Spannungen, definiert. Wie die Variablen
müssen auch die Nebenbedingungen voneinander linear unabhängig sein.

3.3.2 Optimierungsverfahren

Lineare Programmierung (LP)


Man spricht von einer linearen Optimierungsaufgabe, wenn sich alle zugrunde liegenden
Gleichungen, d.h. Zielfunktion und Nebenbedingungen, linear darstellen lassen. Die
mathematische Formulierung lautet in Matrizenschreibweise:

minimiere f (x ) = cT x 3.5

mit x∈Θ
unter Berücksichtigung h(x) = A h x − b h = 0 3.6

g(x) = A g x − b g ≤ 0 3.7

xu ≤ x ≤ xo 3.8

Es existieren verschiedene Verfahren zur Lösung der linearen Programmierung (LP), wie
das Simplex-Verfahren (Arora 1989) oder das LIPSOL-Verfahren (Zhang 1998). Ein
wesentlicher Vorteil linearer Optimierungsaufgaben ist neben einer hohen
Rechengeschwindigkeit der globale Charakter der Lösung. Allerdings lassen sich in der
Realität nur wenige technische Zusammenhänge linear beschreiben.

Nichtlineare Programmierung (NLP)

Eine nichtlineare Programmierung (NLP) liegt vor, wenn entweder die Zielfunktion und/
oder eine Nebenbedingung einen nichtlinearen Zusammenhang beschreiben. Im Rahmen
der Strukturoptimierung liegt im Allgemeinen eine nichtlineare Optimierungsaufgabe vor.
Die Lösung des Problems erfolgt, basierend auf der Angabe eines Startwertes, durch
einen iterativen Prozess. Die mathematische Formulierung erfolgt entsprechend Gl. 3.1
– 3.4. Die nichtlineare Programmierung basiert häufig auf verschiedenen
Gradientenverfahren, die im Folgenden genannt werden.

Bei unbeschränkten Problemen lassen sich die verschiedenen Methoden in Verfahren 0.,
1. und 2. Ordnung einstufen. Die Verfahren 0. Ordnung verwenden keine Informationen
aus den Ableitungen der Zielfunktion. Gradientenbasierte Verfahren hingegen
verwenden die erste Ableitung der Zielfunktion, d. h. die Bedingung ∇f=0.
Verschiedene numerische Verfahren, wie die des steilsten Abstieges, die der
konjugierten Gradienten (Fletcher-Reeves) sowie das Broyden-Fletcher-Goldfarb-Shanno-

22
Entwerfen adaptiver Strukturen 3 Strukturoptimierung

Verfahren (BFGS) können hierbei angewendet werden (Venkataraman 2002). Die


Anwendung von Verfahren 2. Ordnung kommt aufgrund des großen numerischen
Aufwandes durch die Ermittlung der Hesse-Matrix in jedem Iterationsschritt nur selten
vor.

Im Rahmen der Strukturoptimierung handelt es sich in der Regel um beschränkte


nichtlineare Probleme. Die verschiedenen Lösungsverfahren für beschränkte Probleme
lassen sich in indirekte und direkte Ansätze einteilen. Bei den indirekten Methoden
handelt es sich um Weiterentwicklungen der unbeschränkten Optimierung, während die
direkten Verfahren die Zielfunktion und die Nebenbedingung ohne Transformation
behandeln. Bei den indirekten Methoden werden die beschränkten Probleme in
unbeschränkte Probleme überführt, um z. B. auf robuste Verfahren wie das BFGS-
Verfahren zurück greifen zu können. Die Überführung in unbeschränkte Probleme erfolgt
mittels der Lagrange-Funktion. Die notwendige Bedingung für das Optimum ergibt sich
durch die Kuhn-Tucker-Bedingung (Arora 1989). Im Gegensatz zu den indirekten
Methoden werden bei den direkten Verfahren die Gleichungen nicht in unbeschränkte
Probleme überführt, sondern die Funktionen in der Regel linearisiert. Neben der
sequentiellen linearen Programmierung (SLP) kommt auch die sequentielle quadratische
Programmierung (SQP) zum Einsatz.

Bei der nichtlinearen Programmierung liegt das Problem vor, dass zwischen lokalen und
globalen Minima unterschieden werden muss. Im Falle einer konvexen Zielfunktion (die
bei einer linearen Programmierung grundsätzlich vorliegt) existiert genau eine Lösung –
das globale Minimum. Die mit den oben genannten Verfahren gefundenen Minimalstellen
sind jedoch nicht notwendigerweise globale Optima, sondern eventuell nur lokale
Extremstellen. Bei der Verwendung der oben genannten Verfahren muss darum das
Ergebnis eventuell mittels verschiedener Startwerte überprüft werden. Verschiedene
Verfahren zur globalen Optimierung basieren u. a. auf heuristischen Verfahren, wie das
simulated annealing (SA) oder die Verwendung evolutionärer Strategien, wie genetischer
Algorithmen (GA), die von Rechenberg (1973) und Goldberg (1989) beschrieben
werden.

Diskrete Optimierungsprobleme

Alle bisher beschriebenen Verfahren beziehen sich auf kontinuierliche


Problemstellungen. Bei der praktischen Anwendung handelt es sich bei den
Entwurfsvariablen jedoch oftmals um diskrete Größen, z. B. Standardstahlquerschnitte.
Zur Lösung von diskreten Optimierungsproblemen sind verschiedene Verfahren, wie die
Anwendung von Evolutionsstrategien, entwickelt worden. Eine Form der diskreten
Optimierung sind kombinatorische Aufgaben. Im Rahmen dieser Arbeit handelt es sich
bei der Auswahl der Aktuatoren und Sensoren um ein diskretes kombinatorisches
Optimierungsproblem. Eine Lösungsmöglichkeit dieses Problems ist die totale
Enumeration, die aber aufgrund der vielen Kombinationsmöglichkeiten schnell an ihre
Grenzen stößt. Eine weitere Möglichkeit besteht im Einsatz von Entscheidungsbäumen
(Arora 1997).

23
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

4 Lastpfadmanagement

4.1 Konzept
4.1.1 Definition und Ziel
Unter Lastpfadmanagement wird die gezielte Manipulation der Eigenschaften des
Tragwerks (z. B. durch Steifigkeitsvariation) bzw. der Reaktion (z. B. durch
längenveränderliche Elemente) verstanden. Ziel ist es, den Lastabtragungsmechanismus
für veränderliche Lasten zu optimieren und somit das Gewicht der tragenden Struktur zu
minimieren. Neben der Einhaltung der zulässigen Spannungen können auch
Verformungsbeschränkungen berücksichtigt werden. Der Sonderfall einer geregelten
Verformung von „Null“ entspricht einer unendlichen Steifigkeit. Dies macht deutlich,
dass durch die Einführung der Adaptivität nicht nur eine quantitative Verbesserung
erreicht werden kann, sondern auch qualitativ neue Möglichkeiten entstehen. Weiterhin
erfolgt in dieser Arbeit die Berücksichtigung der optimalen Geometrie zur Abtragung der
angreifenden Lasten. Die Untersuchungen im Rahmen dieser Arbeit beziehen sich auf
quasi-statische Belastungen von ebenen Fachwerksystemen.

Pjk Pjk

Nik ujk

Kraftpfadoptimierung: Nik=Nikopt Verformungsregelung: ujk=ujkr

Pjk

Lastpfadmanagement:
Nik=Nikopt
ujk=ujkr

Abb. 4.1: Definition Lastpfadmanagement

Lastpfadmanagement beinhaltet sowohl die Manipulation der inneren Kraftpfade (inkl.


der Auflagerkräfte) als auch die Regelung der daraus resultierenden
Knotenverschiebungen, d.h. es berücksichtigt den kompletten
Lastabtragungsmechanismus. Im Gegensatz zur Optimierung von passiven Systemen,
bei denen eine optimale Dimensionierung der Bauteile für eine gegebene Beanspruchung

24
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

erfolgt, werden für adaptive Systeme die Kraftpfade optimiert und anschließend das
Tragwerk so ausgelegt, dass diese Kraftzustände auftreten.

Die durch den Adaptionsvorgang hervorgerufenen Zustandsänderungen (Kraft- bzw.


Verformungsgrößen) werden im Folgenden als adaptive Zustandsgrößen bezeichnet
(Index a). Zustände des adaptiven Systems ohne Regelung (z. B. durch Ausfall) werden
als passiv-adaptiv beschrieben (Index pa). Die Überlagerung der passiv-adaptiven
Zustandsgrößen mit den adaptiven Größen wird bei Verformungsgrößen als geregelt
bezeichnet (Index r). Die Überlagerung der passiv-adaptiven und adaptiven Normalkräfte
ergibt für die Kraftpfade den optimalen Zustand (Index opt). Diese Unterscheidung
(geregelt vs. optimal) wird gemacht, da die Normalkraftverteilung das Resultat einer
Optimierung ist, während die gewünschten Verformungen durch den Planer bzw. Nutzer
„beliebig“ definiert werden können und dann durch das System eingeregelt werden.
Vergleichstragwerke ohne Aktuatoren, Sensoren und Regelung werden als passive
Systeme bezeichnet (Index p).

Ziel der Untersuchungen ist primär die Minimierung des Gewichts tragender Strukturen.
Es ist jedoch zu unterscheiden, ob es sich um eine reine Gewichtsminimierung handeln
soll, d.h. keine Betrachtungen hinsichtlich der für die Aktuatoren erforderlichen Energie
in die Optimierung einfließen, oder ob energetische Aspekte zumindest qualitativ
betrachtet werden sollen. Für den Fall, dass der Energieaufwand keine Rolle spielt,
werden nur Verformungsrestriktionen am geregelten System betrachtet. Dies kann
jedoch dazu führen, dass das passiv-adaptive System (d. h. das adaptive System im
passiven Zustand) zu flexibel wird und große Längenänderungen der Aktuatoren
notwendig werden, um das Verformungsziel zu erreichen. Dies kann verhindert werden,
wenn Verformungsbeschränkungen am passiv-adaptiven System eingeführt werden.

Das Vorgehen zum Lastpfadmanagement ohne Berücksichtung von


Verformungsrestriktionen am passiv-adaptiven System ist in Kap. 4.2 – 4.4
beschrieben. In diesem Fall werden alle Verformungen von den Aktuatoren reduziert
bzw. kompensiert. Das Vorgehen mit Berücksichtigung von Verformungsrestriktionen
am passiv-adaptiven System ist speziell bei der Formoptimierung von Interesse, da
hierbei die eingesetzte Energie die Form und damit das Erscheinungsbild der Struktur
beeinflussen kann – form follows energy, s. Kap. 4.5. bzw. 5.4.

4.1.2 Manipulierbarkeit

Im Rahmen der Arbeit wird die Manipulation des Systems für quasi-statische
Belastungen betrachtet, damit ergeben sich für den Entwurf des topologisch
vorgegebenen Systems folgende Möglichkeiten der Tragwerksmanipulation:

- zeitlich invariant: Elementquerschnitte A und Knotenkoordinaten Ψ


- zeitlich variant: Elastizitätsmodul E und Elementlängen l

Die Abhängigkeit der zeitlich varianten Werte von internen bzw. externen Größen
bestimmt, ob es sich bei dem Problem um eine Steuerung (open-loop-control) oder um

25
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

eine Regelung (closed-loop-control) handelt. Für den Fall, dass diese von den äußeren
Lasten abhängen, spricht man von einer Steuerung, wenn sie jedoch von den
Systemverformungen, bzw. von der Systemantwort abhängen, dann spricht man von
einer Regelung (s. Kap. 2.1.4). Gleiches gilt auch für die Variation der
Systemeigenschaften.

Die Mannigfaltigkeit der möglichen Normalkraft- bzw. Spannungszustände ist abhängig


vom Grad der statischen Unbestimmtheit des Systems. In einem r-fach statisch
unbestimmten System können maximal r verschiedene (linear unabhängige)
Kraftzustände erreicht werden. Daher entspricht r auch der minimalen Anzahl der zur
exakten Kraftanpassung notwendigen Aktuatoren.

4.1.3 Übersicht

Zur Optimierung adaptiver Strukturen wird in dieser Arbeit ein Verfahren vorgestellt, mit
dem optimale Kraftzustände entwickelt werden können. Es werden zuerst
Kraftzustände für verschiedene Lastfälle optimiert und anschließend die dafür
notwendige tragende Struktur bestimmt. Das bedeutet, dass nicht nur die
Tragwerksgrößen (Querschnitte, Geometrie) Entwurfsvariablen sind, sondern auch die
Zustandsgrößen (Kräfte und Verformungen) direkter Bestandteil des
Optimierungsprozesses sind.

Zuerst werden mit Hilfe von Gleichgewichtsbedingungen an den Knoten die optimalen
Kraftpfade für verschiedene Lastfälle entwickelt. Die Kompatibilitätsbedingungen und
Verformungskriterien werden an dieser Stelle nicht berücksichtigt und werden erst in
einem weiteren Schritt, im Rahmen der eigentlichen Adaption, eingeführt. Dieses
Vorgehen kann bei gegebener oder noch zu optimierender Geometrie durchgeführt
werden. Ziel ist die Minimierung des benötigten Tragwerksgewichts (s. Kap. 4.2.1 –
4.2.2).

Hemp (1973) beschreibt eine ähnliche Vorgehensweise zur Optimierung passiver


Strukturen; aufgrund der Verletzung der Kompatibilitätsbedingungen führt diese jedoch
nur bei statisch bestimmten Systemen zur richtigen Lösung. Für statisch unbestimmte
Systeme kann mit diesem Verfahren nur eine untere Grenze des Optimierungsproblems
gefunden werden (Kirsch 1993).

Der Einfluss des Ausfalls der Regelung wird durch ein fail-safe - Konzept berücksichtigt,
das in Kap. 4.2.4 beschrieben wird.

Die notwendige Anzahl a der Aktuatoren ist vom Grad der statischen Unbestimmtheit
des Systems sowie der Anzahl nr der zu regelnden Freiheitsgrade abhängig. Die
Anordnung der Aktuatoren wird mit Hilfe einer Sensitivitätsanalyse und der Bildung
eines Effizienzindikators bestimmt. Dieses Vorgehen wird in Kap. 4.3 näher erläutert.

26
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

Nach der Ermittlung der optimalen Kraftzustände und der eventuellen Vorgabe von
Verformungsbeschränkungen erfolgt der eigentliche Adaptionsvorgang, der durch die
Veränderung der adaptiven Elemente erreicht wird (s. Kap. 4.4)

Bei einer Optimierung ohne Beschränkungen der Aktuation (wie in Kap. 4.2 – 4.4
beschrieben) haben Verformungsrestriktionen des geregelten Systems keinen Einfluss
auf die optimale Steifigkeitsverteilung und Geometrie der Struktur. Diese
Vorgehensweise ist jedoch bei häufig auftretenden Belastungen nicht sinnvoll, da dann
die Gewichtsersparnis durch einen hohen Energieverbrauch bezahlt werden muss. Bei
der Berücksichtigung des Energieverbrauchs werden Verformungsrestriktionen am
passiv-adaptiven System eingeführt. Daraus folgt ein Einfluss auf die Geometrie der
Struktur, d.h. es existiert ein Zusammenhang zwischen erforderlichem
Tragwerksgewicht und aufzuwendender Energie, der in Kapitel 4.5 beschrieben wird.

Ein Vorteil des in dieser Arbeit vorgestellten Verfahrens liegt darin, dass die Ermittlung
der optimalen Kraftzustände ohne Vorgabe der dafür notwendigen Aktuatoren erfolgen
kann. Daher ist in der anschließenden Auswahl die Zielsetzung klar definiert und die
bevorzugten Positionen der adaptiven Elemente können über den Effizienzindikator
ermittelt werden.

In Abb. 4.2 ist das beschriebene Verfahren schematisch dargestellt.

27
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

Kap. 4.2.1 - 2 Kraftpfadoptimierung Zielfunktion: min G = Σ l * A * ρ


Gleichheitsnebenbedingung: Knoten- und
Optimale Geometrie Elementgleichgewicht
und Querschnitts-
verteilung Ungleichheitsnebenbedingung: Spannungen
Berücksichtigung der Formoptimierung

Normalkraftermittlung
Kap. 4.2.3

Passiv-adaptives System

Verletzung der geometrischen


Ermittlung der Diff.kräfte ∆N
Kompatibilität

Auswahl der Aktuatoren über Ermittlung der Sensitivität SN


Effizienzindikator
Ermittlung der Sensitivität Su
Kap. 4.3

Überprüfung auf lineare


Kombination der Aktuatoren Unabhängigkeit
Überprüfung der Regelbarkeit

Adaption Anpassung der Elemente


Kap. 4.4

Kraft- und a = nr – exakte Verformungsadaption


Verformungszustände
a < nr – Minimum der Fehlerquadrate

Abb. 4.2: Schematische Übersicht - Lastpfadmanagement

Um die oben genannten Untersuchungen zur Optimierung durchzuführen und die


entsprechenden Algorithmen zu entwickeln, wird im Rahmen dieser Arbeit das
Programm MATLAB verwendet. Bei MATLAB handelt es sich um eine
Entwicklungsumgebung für technische Berechnungen, Visualisierung und zur
Entwicklung eigener Algorithmen (MathWorks 2002a). Die notwendigen statischen
Berechnungen werden mit der Methode der finiten Elemente durchgeführt (Kwon 2000).
Hierzu wurde aufbauend auf der FEM-Toolbox CALFEM (CALFEM 2002) ein
Berechnungsmodul entwickelt, mit dem die Daten eingelesen werden und die
Berechnungen durchgeführt werden.

28
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

4.2 Kraftpfadoptimierung (KPO)


4.2.1 Ermittlung der optimalen Kraftpfade

Konzept

Anhand eines einfachen Systems soll das Konzept zur Ermittlung der optimalen
Kraftpfade kurz beschrieben werden. Bei einem statisch unbestimmten System
existieren unendlich viele mögliche Kraftpfade, die eine Gleichgewichtsgruppe bilden
können. In dem in Abb. 4.3 dargestellten System existieren für die Lösung eines
Gleichungssystems mit 14 Unbekannten (11 Normalkräften und 3 Auflagerreaktionen)
und 12 Gleichungen (12 Gleichgewichtsbedingungen für alle Knotenfreiheitsgrade)
unendlich viele Lösungen. Ziel der Kraftpfadoptimierung ist es, die Kraftpfade zu finden,
die ein minimales Tragwerksgewicht ermöglichen.

P10

N6 N7

N9 N11
N3 N4 N5
N8 N10

Q2 N1 N2
Q1 Q5

Abb. 4.3: Kraftsystem im Gleichgewicht – Auflagerreaktionen Qj, Normalkräte Ni, Lasten Pj

Dieser Ansatz ist im Gegensatz zur Strukturoptimierung passiver Systeme zulässig, da in


einem ersten Schritt auf die Einhaltung der geometrischen Kompatibilität verzichtet
werden kann. Dies bedeutet, dass die Verträglichkeiten zwischen Stabend- und
Knotenverschiebungen in einem weiteren Schritt gewährleistet werden.

Zielfunktion

Die Ermittlung optimaler Kraftpfade für verschiedene Lastfälle erfolgt durch Minimierung
des Gewichts G bei gleichzeitiger Beachtung von Spannungs- und
Gleichgewichtsnebenbedingungen.

Für Fachwerkstrukturen mit vorgegebener Topologie und Geometrie lassen sich die
optimalen Kraftpfade wie folgt ermitteln: Die Zielfunktion, die das Gewicht G der
Struktur beschreibt und die zu minimieren ist, wird durch folgenden linearen
Zusammenhang formuliert:

29
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

m
min G =∑ l i ⋅ Ai ⋅ ρ = lT ⋅ A ⋅ ρ 4.1
i =1

Das Gesamtgewicht G aller m Elemente ist eine Funktion der Elementlängen l


(Entwurfsparameter), der Elementquerschnitte A sowie der Materialdichte ρ.

Entwurfsvariablen und Restriktionen


~
Der Entwurfsvektor N k enthält neben den Normalkräften Nk auch die
Auflagerreaktionen Qk des Systems für den Lastfall k.

~ ⎡N ⎤
Nk = ⎢ k ⎥ 4.2
⎣Q k ⎦

Diese Entwurfsvariablen und die Querschnittsflächen A werden im Entwurfsvektor x für


insgesamt p Lastfälle zusammengefasst.

⎡A⎤
⎢N
~

x=⎢ ⎥
1
4.3
⎢ M ⎥
⎢~ ⎥
⎣N p ⎦

Weitere Einschränkungen der Optimierungsaufgabe ergeben sich durch Restriktionen der


Entwurfsvariablen, hier durch die physikalische Notwendigkeit positiver Werte der
Querschnittsflächen A. Für die die Normalkräfte beschreibenden Variablen werden keine
Restriktionen vorgegeben.

A ≥ 0 4.4

Somit ergibt sich eine untere Grenze xu der Entwurfsvariablen x (dim(0)=(m x


1)=dim(A)), eine obere Grenze existiert in diesem Fall nicht.

⎡ 0 ⎤
xu = ⎢ ⎥ 4.5
⎣− ∞ ⎦

Gleichheitsnebenbedingungen

Das Knotengleichgewicht für einen Lastfall k wird durch Gleichheitsnebenbedingungen


erfüllt. Hierfür wird die Transformationsmatrix b benötigt. Die Transformationsmatrix b
(dim(b)=(m x n)) setzt sich aus den Matrizen der Element-Richtungskosinus ci und der
topologischen Zuordnungsmatrix Γ zusammen und beschreibt die geometrische
Ausrichtung der einzelnen Elemente.

[
b = L cTi ]
L 4.6

30
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

Die Berücksichtigung der Auflagerkräfte im Entwurfsvektor x erfordert die Erweiterung


~
der Matrix b zu b durch weitere Einträge, d. h. die Auflagerkräfte werden den
entsprechenden Freiheitsgraden zugeordnet. Der Zusammenhang zwischen den
Normalkräften Nk, den Auflagerreaktionen Qk und den äußeren Lasten Pk für einen
Lastfall k lässt sich mit Gl. 4.7 darstellen.

~~
b N k − Pk = 0 4.7

Für insgesamt p Lastfälle wird die Gesamtmatrix folgendermaßen zusammengesetzt:

⎡~ ⎤ ~ ⎤
⎢b 0 L 0⎥ ⎡ N ⎡ P1 ⎤
⎢0 b L 0⎥ ⎢⎢ ⎥⎥ ⎢ ⎥
~ 1

⎢ ⎥ ⋅ ⎢~M ⎥ − ⎢ M ⎥ = 0 4.8
⎢ M M O M ⎥ Np ⎢Pp ⎥
⎢0 0 L b ⎥ ⎢⎣ ⎥⎦ ⎣ ⎦
~
⎣ ⎦

Da im Entwurfsvektor die Querschnittsflächen A enthalten sind, diese jedoch bei den


Gleichheitsnebenbedingungen keinen Einfluss haben, muss die Gesamtgleichheitsmatrix
durch Nulleinträge erweitert werden. Hiermit ergibt sich mit der Einführung der
Koeffizientenmatrix Ah folgende Gleichheitsnebenbedingung:

⎡ ~

⎢0 b 0 L 0⎥ ⎡ A ⎤
~ ⎢ N~ ⎥ ⎡ P1 ⎤
⎢0 0 b L 0⎥ ⎢ 1 ⎥ ⎢ ⎥
⎢ ⎥⋅⎢ M ⎥−⎢ M ⎥ =0 4.9
⎢ M M M O M ⎥ ⎢ ~ ⎥ ⎢Pp ⎥
⎢0 0 0 L b ⎥ ⎣⎢N p ⎦⎥ ⎣ ⎦
~
⎣ ⎦

bzw. Ah x - P = 0 4.10

Ungleichheitsnebenbedingungen

Die Einhaltung der zulässigen Spannungen wird durch Ungleichheitsnebenbedingungen


gewährleistet, wobei unterschiedliche Werte für die Zug- und Druckspannungen
angenommen werden können. Die entsprechenden Ungleichheitsnebendingungen zur
Berücksichtigung der zulässigen Spannungen in Element i bei Lastfall k lauten bei
unterschiedlichen zulässigen Druck- und Zugspannungen:

N ik
Zugstäbe ≤ σ zul ,i ,Z 4.11
Ai

N ik
Druckstäbe − ≤ σ zul ,i ,D 4.12
Ai

Die zulässigen Spannungen werden entweder als Entwurfsparameter vorgegeben oder


unter Berücksichtigung von Einzelstabknicken (Eulerknicklast) in Abhängigkeit von
Stablänge und Querschnittswerten ermittelt. Die Definition von Seil- bzw. „nur-Zug“ -
31
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

Elementen ist ebenso möglich. Durch Umformung von Gl. 4.11 und 4.12 in
Matrizenschreibweise, können die Bedingungen zur Einhaltung der Spannungen für den
Lastfall k folgendermaßen formuliert werden.

s ⋅ Nk − A ≤ 0 4.13

− s ⋅ Nk − A ≤ 0 4.14

Die Matrix s beinhaltet die inversen Werte der zulässigen Spannungen.

⎡σ −1zul ,1 0 L 0 ⎤
⎢ ⎥
0 σ −1zul ,i L 0 ⎥
s=⎢ 4.15
⎢ M M O M ⎥
⎢ ⎥
⎢⎣ 0 0 L σ −1zul ,m ⎥⎦

Die Berücksichtigung der Auflagerreaktionen im Entwurfsvektor macht auch hier eine


Erweiterung der Matrix notwendig. Die Nullmatrix hat hier die Dimension dim(0) = (m x
nf).
~
s = [s 0] 4.16

Der Zusammenbau der Gesamtmatrix der Ungleichheitsnebenbedingungen zur


Berücksichtigung der Einhaltung der Zug- und Druckspannungen in allen Lastfällen lässt
sich folgendermaßen darstellen:

⎡ ~

⎢ − Ι s 0 L 0⎥
~
⎢− Ι − s 0 L 0 ⎥ ⎡A⎤
⎢ ~ ⎥
⎢− Ι 0 0 ⎥ ⎢N ⎥
~
s L
⎢ ~ ⎥ ⎢ 1⎥
⎢− Ι 0 − s L 0 ⎥⋅⎢ M ⎥ ≤0 4.17
⎢ M M ⎥ ⎢N ⎥⎥
~
M M O
⎢ ~ ⎥ ⎢ ⎣ p⎦
⎢− Ι 0 0 L s ⎥
⎢ ~⎥

⎣⎢− Ι 0 0 L − s ⎦⎥

bzw. Ag·x<=0 4.18

I beschreibt die Einheitsmatrix mit der Dimension (m x m).

Alle Ungleichheitsnebenbedingungen sind in Gl. 4.18 in Matrizenschreibweise


dargestellt. Ag bezeichnet die Koeffizientenmatrix der Ungleichheitsnebenbedingungen.

Erweiterte Problembeschreibung
Aufgrund der Berücksichtigung der Normalkräfte und Auflagerreaktionen im
Entwurfsvektor muss der Elementlängenvektor l in der Zielfunktion um Nulleinträge

32
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

erweitert werden. Für insgesamt p Lastfälle ergibt sich somit folgende Darstellung
(dim(O)=((m+nf)x1).

~T
l = lT[ O1T L OTp ] 4.19

Mathematische Formulierung

Mit Hilfe der oben beschriebenen Gleichungen kann das Problem in der
Standardformulierung der linearen Programmierung (LP) beschrieben werden.
Zusammenfassend ergibt sich somit:

~T
G = l ⋅x⋅ρ 4.20
Minimiere die Funktion

unter Einhaltung der Ah x - P = 0 4.21


Nebenbedingungen
Ag·x ≤ 0 4.22

und den Restriktionen x ≥ xu 4.23

Lösung

Da sich das an dieser Stelle beschriebene Problem einer Fachwerkstruktur mit


gegebener Geometrie mittels linearer Zielfunktion und Nebenbedingungen darstellen
lässt, handelt es sich um ein konvexes Problem. Die Lösung führt daher mit Sicherheit
zu einem globalen Minimum. Die Lösung dieses linearen Problems erfolgt mit dem
LIPSOL-(Linear-Interior-Point-Solver)-Verfahren (Zhang 1998). Die optimierten
opt
Kraftzustände werden in der Matrix N zusammengefasst.

Nopt = [N1opt ... Npopt] 4.24

Zusammenfassung

Im Idealfall ist es möglich, Kraftpfade zu entwickeln, die in allen Lastfällen alle Elemente
zu 100% ausnutzen (s. Kap. 5.2). Im allgemeinen Fall ist dies jedoch nicht gegeben. Es
ist jedoch erkennbar, dass in den untersuchten Beispielen eine Verbesserung der
Lastabtragung mit dieser Tendenz auftritt. Dies wird durch die Erhöhung der Werte der
durchschnittlichen Spannungsausnutzung deutlich (s. Kap. 5.3).

Die Fragestellung, ob eine 100%-ige Ausnutzung aller Elemente in allen Lastfällen


möglich ist, führt zu folgender Überlegung: Bei einer 100%-igen Ausnutzung aller
Elemente in allen Lastfällen können die Spannungsungleichheitsbedingungen 4.11 -
4.12 in Gleichheitsnebenbedingungen umgewandelt werden.

N ik
Zugstäbe = σ zul ,i ,Z 4.25
Ai

33
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

N ik
Druckstäbe = σ zul ,i ,D 4.26
Ai

Die Einhaltung aller Nebenbedingungen ist aber nur dann möglich, wenn die Anzahl der
Entwurfsvariablen mindestens so groß ist wie die Anzahl der Gleichheitsneben-
bedingungen. Die Anzahl der Variablen (s. Gl. 4.3) beträgt:

∑ Variablen = Elementque
m{
rschnitte
+ m
(1 + n4
42
f
3) ⋅ p
{ 4.27
Elementkräfte + Auflagerreaktionen Lastfälle

Die Anzahl der Gleichungen (Gleichgewichts- und Spannungsnebenbedingungen, Gl.


4.21 und 4.22) beträgt:

∑ Gleichungen = n{
⋅p + m
12 p
⋅3
4.28
Gleichgewichtnebenbdingungen Spannungsnebenbedingungen

Die Summe der Variablen und die Summe der Gleichungen ist abhängig von der Anzahl
der Elemente m, der Anzahl der Freiheitsgrade n, der Anzahl der Auflagerreaktionen nf
sowie der Anzahl der Lastfälle p.

Die Forderung, dass die Anzahl der Variablen mindesten so groß sein soll wie die Anzahl
der Gleichungen, ergibt mit Umformung der Gl. 4.27 und 4.28 folgenden
Zusammenhang:

m − p ⋅ (n − n f ) ≥ 0 4.29

Bei adaptiven Systemen, bei denen Gl. 4.29 erfüllt wird, können alle Elemente in allen
Lastfällen zu 100% ausgenutzt werden können (s. Beispiele in Kap. 5.2.4 bzw. 5.3.2).
Die Bestimmung der hierfür erforderlichen Aktuatoren wird in Kap. 4.3 beschrieben.

4.2.2 Formoptimierung

Konzept

Die in Kapitel 4.2.1 beschriebenen Untersuchungen beziehen sich auf die


Querschnittsoptimierung von adaptiven Tragwerken mit vorgegebener Geometrie. Die
Berücksichtigung der Formoptimierung von adaptiven Strukturen führt zu folgenden
Überlegungen: Zum einen ist es möglich, optimale Kraftpfade analog zu dem Vorgehen
aus Kap. 4.2.1 mit Berücksichtigung einer variablen Geometrie zu entwickeln.
Verformungskriterien werden zuerst nicht berücksichtigt und erst im eigentlichen
Adaptionsprozess eingebracht, d.h. diese haben auch keinen Einfluss auf die optimale
Geometrie. Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass das Gewicht des Systems minimiert
werden kann, allerdings auf Kosten der notwendigen Längenänderungen der Aktuatoren
und auch der einzubringenden Energie. Ein Verfahren mit diesem Ansatz wird in diesem
Kapitel beschrieben. Alternativ kann die Aktuation in der Optimierungsprozedur
berücksichtigt werden. Damit hat die einzusetzende Energie Einfluss auf die optimale

34
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

Geometrie sowie Steifigkeitsverteilung, dieser Ansatz – form follows energy – wird in


Kapitel 4.5 näher erläutert.

Freiheitsgrade
8 10 12
7 9 11 P10

Ψ10

2 4 6
1 3 5
N6 N7

N8 N11

Ψ8= Ψ12
N4

N3 N5
N9 N10

Q1 N1 N2

Q2 Q6

Abb. 4.4: Entwicklung von optimalen Kraftpfaden bei Berücksichtigung der Formoptimierung

Die gleichzeitige Optimierung der Querschnittsflächen sowie der Geometrie der Struktur
erfolgt mit Hilfe einer geschachtelten Optimierungsprozedur. Dies ist vergleichbar mit
der Vorgehensweise bei passiven Systemen, bei denen die Formoptimierung
beispielsweise mit einem fully-stressed-design (FSD) kombiniert werden kann. Anstelle
des FSD wird für adaptive Systeme die Kraftpfadoptimierung (KPO) verwendet. Hierzu
werden die Entwurfsräume für die Geometrie- und die Querschnittsoptimierung
getrennt. Zuerst wird, ausgehend von der Ausgangsgeometrie, die Geometrie in der
übergeordneten Ebene 1 optimiert - dies stellt ein Problem der nichtlinearen
Programmierung dar. Unterhalb dieser Ebene wird für jede Variation der
Tragwerksgeometrie eine Querschnittsoptimierung mit Hilfe der KPO durchgeführt.
Diese zwei Stufen werden solange durchlaufen, bis ein vorgegebenes
Konvergenzkriterium erfüllt wird. Alternativ können diese beiden Probleme in einem
Verfahren gekoppelt werden - dies wird in Kap. 4.5.3 näher erläutert.

Zielfunktion und Nebenbedingungen

Es liegen prinzipiell die gleiche Zielfunktion und die gleichen Nebenbedingungen wie in
Kap. 4.2.1 vor. Durch die Abhängigkeit der Elementlängen von den variablen
Knotenkoordinaten ergibt sich jedoch eine nichtlineare Problemformulierung. Der
Elementlängenvektor l wird daher bei jeder Geometrieänderung aktualisiert.

m
min G = ∑
i
l i (x) ⋅ Ai (x) ⋅ ρ = l (x) ⋅ A (x) ⋅ ρ + ... + l m (x) ⋅ Am (x) ⋅ ρ
=1
1 1 4.30

35
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

Entwurfsvariablen und Restriktionen


Der Entwurfsvektor x1 beinhaltet die variablen Knotenkoordinaten Ψ des Tragwerks, der
Entwurfsvektor x2 entspricht x aus Kapitel 4.2.1.

⎡ Ψ1 ⎤
⎢ ⎥
Ψ
x =Ψ=⎢ i⎥
1
4.31
⎢ M ⎥
⎢ ⎥
⎢⎣Ψn ⎥⎦

⎡A⎤
⎢N~

2
x = ⎢ 1
⎥ 4.32
⎢ M ⎥
⎢~ ⎥
⎣Nq ⎦

Restriktionen für den Entwurfsvektor x1 (Knotenkoordinaten) ergeben sich durch den


gegebenen Entwurfsraum des Systems. Einschränkungen können sich z. B. durch
vorgegebene Lichtraumprofile ergeben. Die Vektoren Ψ1,u und Ψ1,o beschreiben die
unteren und oberen Grenzen des Entwurfsraumes für die einzelnen x- und y-
Koordinaten.

Nebenbedingungen

Weiterhin müssen in jedem Iterationsschritt bei jeder Geometrieveränderung die


Gleichheitsnebenbedingungen (Knotengleichgewicht) aktualisiert werden, da diese von
den Richtungskosinus der Elemente abhängen.

neu
b = b(x neu ) 4.33

Die Ungleichheitsnebenbedingungen zur Begrenzung der auftretenden


Elementspannungen müssen nur bei der Berücksichtigung des Einzelstabknickens
modifiziert werden, ansonsten bleiben diese konstant.

Lösung
Die Lösung des beschränkten nichtlinearen Formoptimierungsproblems erfolgt mit Hilfe
der sequentiellen-quadratischen Programmierung (SQP). Hierbei wird in jeder Iteration
ein Subproblem der quadratischen Programmierung (QP) gelöst. Die Abschätzung der
Hesse-Matrix wird in jeder Iteration mit Hilfe der BFGS - Methode aktualisiert
(Venkataraman 2002). Für das lineare Problem der Kraftpfadoptimierung wird wiederum
das LIPSOL-Verfahren verwendet (Wang et al. 1998). Die Lösung des Gesamtproblems
wird von 2 Lösungsvektoren beschrieben: x1 beinhaltet die optimale Geometrie, x2
beschreibt die Querschnittsverteilung sowie die optimalen Kraftpfade.

36
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

Zusammenfassung
Das geschachtelte Verfahren zur Formoptimierung verläuft aufgrund der Trennung der
Entwurfsräume sehr stabil. Allerdings ist zu beachten, dass die optimale Geometrie nur
das Ergebnis aus den optimalen Kraftzuständen ist und eventuelle
Verformungsrestriktionen keinen Einfluss auf die gefundene Geometrie haben. Dies kann
unter Umständen zu großen Längenänderungen der Aktuatoren führen. Allerdings führt
eine Begrenzung der Aktuation bzw. der zu verrichtenden Arbeit zu einem
Gewichtsanstieg der Struktur. Darauf wird in Kap. 4.5 näher eingegangen. Der Vorteil
des an dieser Stelle verwendeten Verfahrens liegt darin, dass es zum globalen
Gewichtsminimum des oben definierten Problems führt.

In Abb. 4.5 ist die kombinierte Form- und Querschnittsoptimierung schematisch


dargestellt.

37
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

Ebene 1 - Formoptimierung

Modifikation der Geometrie – Nichtlineare Programmierung


Entwurfsvektor x1

Berechnung der neuen Transformationsmatrix bneu


Ermittlung der Gleichheitsnebenbedingungen Ah
Elementlängenvektor lneu

Ebene 2 - Querschnittsoptimierung

Ermittlung der optimalen Normalkraftzustände – KPO


Entwurfsvektor x2

Zielfunktion G
Berücksichtigung von Nebenbedingungen
Knotengleichgewicht Ah,neux2-P=0
Einhaltung der Spannungen Agx2<=0

Zielfunktion Ebene 2: G=lTAρ

Einhaltung der Konvergenz

Zielfunktion Ebene 1: G=l1(x)A1(x) ρ+...+lm(x)Am(x) ρ

Einhaltung der Konvergenz

Abb. 4.5: Ablauf der kombinierten Form- und Kraftpfadoptimierung

4.2.3 Ermittlung der Differenzkräfte und -verschiebungen

Im Anschluss an die Kraftpfadoptimierung (mit oder ohne Formoptimierung) wird eine


statische Berechnung des Systems mit der neu ermittelten Geometrie und
Steifigkeitsverteilung durchgeführt. Die sich dabei im System ergebenden Normalkräfte
Npa weichen aufgrund der bisher nicht berücksichtigten Verträglichkeit zwischen
Stabend- und Knotenverschiebungen von den gewünschten optimierten Normalkräften
Nopt ab. Die auftretenden Differenzkräfte und -verschiebungen werden ermittelt und
bilden eine Grundlage für die Auswahl der erforderlichen Aktuatoren des Systems (s.
Kap. 4.3).

38
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

∆N = Nopt – Npa 4.34

Nopt beinhaltet die Werte aus der Kraftpfadoptimierung, d.h. der optimalen
Normalkraftverteilung, Npa beschreibt das Ergebnis der Berechnung am passiv-adaptiven
System, d. h. mit der in der KPO ermittelten Steifigkeitsverteilung, aber ohne
Adaptionsvorgang. Die Ermittlung der Knotendifferenzverschiebung ∆u erfolgt analog.

∆u = ur – upa 4.35

Hierbei wird die angestrebte Verschiebung mit ur, d.h. mit dem geregelten Zustand
bezeichnet. Die Knotenverschiebungen am passiv-adaptiven System werden von upa
beschrieben.

Die Ermittlung der auftretenden Differenzkräfte ist weiterhin Grundlage der Simulation
eines Regelungsausfalles. Dieser Aspekt wird im Folgenden näher diskutiert.

4.2.4 Fail-safe - Konzept

Im Rahmen dieser Arbeit wird ein fail-safe - Konzept für die Optimierung adaptiver
Strukturen verfolgt. Fail-safe bedeutet, dass eine Struktur nicht durch den Ausfall eines
einzelnen Elements versagen darf und alternative Lastabtragungsmechanismen zur
Verfügung stehen (Haug und Arora 1979). Im Falle von adaptiven Strukturen betrifft
dies neben den einzelnen tragenden Elementen auch die Regelung. Dies bedeutet, dass
auch bei einem Ausfall der Regelung die Standsicherheit gewährleistet werden muss.
Hierfür können jedoch ein reduzierter Sicherheitsfaktor bzw. reduzierte Lastannahmen
akzeptiert werden. Im Rahmen dieser Arbeit wird dies durch einen reduzierten globalen
Sicherheitsfaktor berücksichtigt.

Bei statisch unbestimmten System kann der Ausfall einzelner Elemente eventuell
akzeptabel sein, ohne die Gesamttragfähigkeit zu verlieren. Im Rahmen dieser Arbeit soll
jedoch auch der Ausfall einzelner Elemente beim Ausfall der Regelung verhindert
werden. Weitergehende Betrachtungen hierzu können mit Hilfe von Untersuchungen der
Redundanzanteile durchgeführt werden (Ströbel 1997).

Um den Ausfall der Regelung beim Entwurf und der Optimierung zu berücksichtigen,
wird die Einhaltung von Spannungsrestriktionen (mit reduziertem Sicherheitsfaktor) am
passiv-adaptiven System als Nebenbedingung eingeführt.

Der reduzierte globale Sicherheitsfaktor wird als Optimierungsparameter vorgegeben.


Bei der Ermittlung der optimalen Kraftzustände werden zusätzliche Randbedingungen
eingeführt, die die Einhaltung der Spannungen im Falle des Ausfalls der Regelung
garantieren. Weiterhin sind auch Verformungsvorgaben für den Regelungsausfall
möglich. Die mathematische Formulierung der Optimierungsaufgabe (Gl. 4.20 – 4.23)
wird durch eine weitere nichtlineare Nebenbedingungen ergänzt:

39
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

σ ik − σ zul
fs
≤0 4.36

γ
mit σ zul
fs
= σ zul ⋅ 4.37
γ fs

γfs bezeichnet den reduzierten Sicherheitsfaktor bei Regelungsausfall. Prinzipiell ist zu


beobachten (s. Kap. 5.2.3), dass oberhalb eines bestimmten Grenzverhältnisses γ/γfs der
Zustand „Regelungsausfall“ keinen Einfluss auf das minimale Gewicht hat; dieser Wert
ist jedoch systemabhängig. Die mögliche Gewichtseinsparung fällt mit einem steigenden
Sicherheitsfaktor γfs ab. Bei einem Verhältnis der Sicherheitsfaktoren von γ/γfs = 1.0 ist
keine Gewichtseinsparung möglich, da keine Adaption erfolgt und die Kräfte nicht
umgelagert werden können.

Durch die reduzierte Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls der Regelung bei gleichzeitiger
Maximalbeanspruchung kann ein reduzierter Sicherheitsfaktor akzeptiert werden.
Weiterhin ist durch die ständige Systemüberwachung der jeweils aktuelle Zustand des
Tragwerks bekannt und eventuelle Bauwerkschädigungen können rechtzeitig erkannt
werden.

4.3 Auswahl der Aktuatoren und Sensoren


4.3.1 Problematik
Bei der Wahl der Anzahl und der Positionierung der Aktuatoren und Sensoren handelt es
sich um ein diskretes kombinatorisches Optimierungsproblem. Die Zahl der möglichen
Lösungen steigt mit der Anzahl der Elemente und Aktuatoren bzw. Sensoren drastisch
an. Die Anzahl κ kann bei einem System mit m Elementen und a Aktuatoren
folgendermaßen ermittelt werden.

m!
κ = 4.38
(m − a)! ⋅ a!

Hiermit ergeben sich bei einem System mit 2 Aktuatoren und 10 Elementen 45
Kombinationsmöglichkeiten, die noch problemlos durch eine totale Enumeration
überprüft werden können. Bei einem, aus baupraktischer Sicht, kleinen System mit 13
Aktuatoren und 49 Elementen (s. Kap. 5.3) steigt die Zahl auf 2.63·1011 Möglichkeiten
an.

Die Anzahl a der notwendigen Aktuatoren ergibt sich aus dem Grad der statischen
Unbestimmtheit bzw. der Redundanz r des Systems, d. h. a=r. Dies kann mittels einer
Betrachtung des Kraftgrößenverfahrens erklärt werden: in einem r-fach statisch
unbestimmten System können r verschiedene linear unabhängige Kraftzustände erzeugt
werden. Für jeden weiteren zu kontrollierenden Verformungsfreiheitsgrad wird ein
weiterer Aktuator benötigt, um die exakte Lösung zu erhalten. Näherungslösungen sind
mit weniger Aktuatorelementen möglich.

40
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

Um eine optimale Positionierung der Aktuatoren zu erreichen, werden die Sensitivitäten


der Normalkräfte sowie der Knotenverschiebungen bezüglich einer Einheitsverlängerung
aller Elemente bestimmt. Hierzu wird das Prinzip der virtuellen Kräfte angewandt. Durch
die Einführung eines Effizienzindikators, der die Kraft- wie auch die
Verformungsbedingungen berücksichtigt, kann eine Rangliste der Elemente erstellt
werden, die den gewünschten Kraft- und Verformungszustand einstellen können.

Bei der Betrachtung der Sensitivitätsmatrix zeigt sich, dass ihr Rang dem Grad der
statischen Unbestimmtheit des Systems entspricht, d.h. in einem r-fach statisch
unbestimmten System liegt die Mannigfaltigkeit der möglichen Kraftzustände bei r.
Mathematisch bedeutet dies, dass der Rang der Matrix der Normalkraftsensitivitäten der
ausgewählten Elemente gleich dem Rang der Gesamtsensitivitätsmatrix sein muss,
damit die gewünschte Normalkraftänderung als Linearkombination der adaptiven
Elemente darstellbar ist.

4.3.2 Effizienzindikator

Um die Zahl der zu untersuchenden Aktuatorkombinationen zu reduzieren, wird mit Hilfe


einer Sensitivitätsanalyse die Effizienz der einzelnen Elemente bestimmt. Mit ihr kann
der Anteil der Wirkung des Aktuators an der für die Adaption erforderlichen
Differenzkräfte bzw. –verschiebungen bestimmt werden. Mittels des Effizienzindikators
kann eine Vorauswahl getroffen werden, welche Elemente sinnvollerweise zu
verwenden sind.

Zuerst werden die Sensitivitäten ermittelt, die den Zusammenhang zwischen


Längenveränderungen der einzelnen Elemente und den gewünschten Regelgrößen, d.h.
Kräften und Verschiebungen, beschreiben. Die Sensitivitäten der Stablängenänderungen
hinsichtlich den Normalkräften und den Knotenverschiebungen im System sind in Gl.
4.39 und 4.40 dargestellt.

⎡ ∂N1 ⎤
⎢ L K ⎥
~N
⎢ ∂l1 ⎥
⎢ ∂N i ⎥
S =⎢ M ⎥ 4.39
∂l i
⎢ ⎥
⎢ M ∂N m ⎥
⎢⎣ ∂l m ⎥⎦

⎡ ∂u1 ⎤
⎢ ∂l L K⎥
~u
⎢ 1 ⎥
⎢ ∂u j ⎥
S =⎢ M ⎥ 4.40
∂l i
⎢ ⎥
⎢ M ∂u n ⎥
⎢⎣ ∂l m ⎥⎦

41
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

~N
Si1i 2 beschreibt den Einfluss einer Längenänderung von Element i2 (i2-te Spalte) auf die
~u
Normalkraft von Element i1 (i1-te Zeile). S ji beschreibt den Einfluss einer
Längenänderung von Element i (i-te Spalte) auf die Verformungsgröße j (j-te Zeile).

Mit der Betrachtung der Effizienz der einzelnen Elemente wird untersucht, inwieweit die
gewünschten Kraft- oder Verformungszustandsänderungen durch eine Aktuation
erreicht werden können.

Unter der Annahme, dass alle Elemente adaptiv sind, wird die für die gewünschte
Anpassung notwendige Aktuation ermittelt. Diese kann mit Hilfe der Lösung eines
linearen Gleichungssystems (Bedingungsgleichungen für die Normalkräfte) mit m
Unbekannten (Anzahl der Elemente) und m Gleichungen bestimmt werden. Der Rang der
Koeffizientenmatrix ist aber r < m, d.h. es existieren unendlich viele Lösungen. Zur
Einschränkung des Problems wird es als Optimierungsaufgabe formuliert. Ziel ist es, die
vorgegebene Verformungsfigur unter Beachtung der optimierten Kraftzustände
möglichst gut zu approximieren. Hierfür wird eine Minimierung der Fehlerquadrate
durchgeführt.

2
~u ~a
a
min S ∆ l − u 4.41

mit Berücksichtigung
~N ~a
der Nebenbedingung S ∆ l = ∆N 4.42
(s. Gl 4.29)

~a
Die Lösung von Gl. 4.41 unter Berücksichtigung von Gl. 4.42 ergibt die Lösung ∆ l .
Liegen keine Verformungsrestriktionen für das geregelte System vor, so wird ua = 0
gewählt, d.h. es sollen möglichst keine Knotenverschiebungen infolge der Adaption
auftreten und somit keine äußere Arbeit verrichtet werden.

Basierend auf dieser Lösung wird in einem weiteren Schritt untersucht, welchen Anteil
jedes Element zu der erforderlichen Gesamtänderung beiträgt. Der Term im Zähler des
Bruches in Gl. 4.43 beschreibt die Änderung der Normalkräfte infolge der Aktuation
~a
∆ l i des Elements i, der Nenner bezeichnet die gewünschte Normalkraftänderung. Die
Matrix ei erhält dadurch Werte, die für jedes Element i den Anteil an der
Zustandsänderung aller Elemente und aller Lastfälle beschreiben.

~N ~a
S ⋅∆ li 4.43
ei =
∆N

42
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

Die Summe für alle Elemente und Lastfälle ist ein Indikator dafür, wie hoch der Anteil
jedes Elements am Adaptionsvorgang ist.

p m
ei = ∑
k

i
ei
=1 =1
4.44

Die Summe aller Anteile ergibt 100%. Bei der Berücksichtigung von
Verformungsrestriktionen gehen diese in die Gleichheitsnebenbedingungen (Gl. 4.42)
ein.

4.3.3 Regel- bzw. Steuerbarkeit

Unter Regel- bzw. Steuerbarkeit versteht man die prinzipielle Möglichkeit, durch die
Regelung bzw. Steuerung und die vorhandenen Aktuatoren die gewünschten Zielgrößen
(Verformungen oder Kraftzustände) zu beeinflussen. Sie beinhaltet keinerlei Aussagen
über die dafür notwendigen quantitativen Größen der Aktuationen.

Die Regelbarkeit mit den gewählten Aktuatoren wird über eine Überprüfung der linearen
Unabhängigkeit gewährleistet. Hierzu werden nacheinander die Spalteneinträge der
einzelnen Elemente (Reihenfolge entsprechend ihrer Effizienz) in eine Matrix addiert.
Entspricht der Rang dieser Matrix dem Rang der Gesamtmatrix der Sensitivitäten, dann
ist das System mit den gewählten Elementen regelbar. Andernfalls werden die Werte
eines weiteren Elements zu der Matrix ergänzt. Für den Fall, dass der Rang sich nicht
vergrößert, d.h. eine lineare Abhängigkeit besteht, wird das entsprechende Element
nicht ausgewählt, sondern das nachfolgende Element aus der Rangliste verwendet.

Rang[SNi+1] = Rang[SNi]+1 4.45

Dieser iterative Vorgang wird so lange wiederholt, bis der Rang der Matrix der Anzahl
der zu verwendenden Elemente entspricht. Zuletzt ergibt sich somit folgender
Zusammenhang, d.h. ∆N ist als Linearkombination von SN darstellbar.

Rang[SN] = Rang[SN ∆N] 4.46

4.3.4 Beobachtbarkeit

Die Beobachtbarkeit behandelt die Frage, inwieweit äußere Erregungen durch eine
vorgegebene Anzahl und Positionierung von Sensoren erkannt und eindeutig
beschrieben werden können. Im Vergleich zu den Aktuatoren liegen die Kosten von
Sensoren deutlich niedriger, während der technische Reifegrad in der Regel höher liegt.
Daher erscheint es nicht sinnvoll, das Optimierungspotenzial der Adaptivität durch die
Anzahl der Sensoren einzuschränken. Bei der Positionierung der Sensoren ist zu
unterscheiden, ob die angreifenden Belastungen, wie z. B. die sich bewegenden
Fahrzeuge auf Brücken, gemessen werden oder ob direkt die Beanspruchungszustände
im Tragwerk überwacht werden. Werden die Beanspruchungen des Systems
beobachtet, dann handelt es sich um ein geregeltes System.

43
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

4.4 Adaption
4.4.1 Vorüberlegungen

Wie in Kapitel 4.2 erwähnt, werden bei der Kraftpfadoptimierung die geometrischen
Kompatibilitätsbedingungen nicht berücksichtigt. Im Rahmen des Adaptionsprozesses
muss die geometrische Kompatibilität wieder hergestellt werden, um die optimalen
Kraftpfade in einem realen Tragwerk, d.h. mit Berücksichtigung der Steifigkeiten, zu
ermöglichen. Diese Anpassung kann entweder über steifigkeits- oder längenvariable
Elemente erfolgen. In diesem Schritt werden auch Verformungsrandbedingungen
definiert und die entsprechenden Verschiebungen der Freiheitsgrade angepasst.

In dieser Arbeit soll nicht strikt zwischen aktiven und semi-aktiven Systemen getrennt
werden - es soll das jeweils angemessene verwendet werden, d.h. eine Kombination
von aktiven als auch von semi-aktiven Elementen ist einzusetzen, um die Vorteile beider
Konzepte zu nutzen. Hierzu wird eine entsprechende Vorgehensweise vorgestellt.

Für den Adaptionsvorgang sind zwei verschiedene Fälle zu unterscheiden. Zum einen die
Verformungsregelung bei statisch bestimmten Tragwerken, bei denen keine Verletzung
der Kompatibilität auftritt und daher keine Anpassung der Kraftzustände möglich bzw.
nötig ist. Zum anderen werden statisch unbestimmte Systeme untersucht, bei denen
eine Anpassung zur Erreichung der optimalen Kraftzustände nötig ist. Weiterhin können
hier Verformungsrandbedingungen berücksichtigt werden.

Basierend auf den Untersuchungen zur Auswahl der Aktuatoren werden die
~N ~u
Sensitivitätsmatrizen S und S zu SN und Su reduziert – durch die Auswahl der
entsprechenden Spalten aus den Sensitivitätsmatrizen werden nur noch die
ausgewählten Elemente berücksichtigt.

~N
S → SN 4.47

~u
S → Su 4.48

4.4.2 Statisch bestimmte Systeme

Einen Sonderfall stellt die Adaption bei statisch bestimmten Systemen dar, da keine
Kompatibilitätsverletzung auftritt und jegliche Längen- bzw. Steifigkeitsänderungen der
Elemente keine Änderung der Kraftzustände hervorrufen. Die Aktuatoren werden nur für
die Verformungsadaption benötigt. Die Kraftpfadoptimierung entspricht bei statisch
bestimmten Systemen einer herkömmlichen Querschnittsoptimierung. Die passiv-
adaptiven Verschiebungen upa sind aus der statischen Berechnung des passiv-adaptiven
Systems für alle Lastfälle bekannt (Kap. 4.2.3). Die angestrebten Verschiebungen der
einzelnen Freiheitsgrade werden vorgegeben und für alle Lastfälle durch die Matrix ur
beschrieben. Die Differenz muss durch die Aktuatoren ausgeglichen werden.

44
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

∆u = u r − u pa = u a = S u ⋅ ∆l a 4.49

Die erforderlichen Längenänderungen der Aktuatoren können dann mit Gl. 4.50 ermittelt
werden.
−1
∆l a = S u ⋅ ∆u 4.50

Für mehrere Lastfälle gilt:

∆u = [∆u1 L ∆u p ] 4.51

∆l a = [∆l a1 L ∆l a p ] 4.52

Entspricht die Anzahl a der Aktuatoren der Anzahl nr der zu regelnden Freiheitsgrade
kann eine exakte Lösung gefunden werden. Für den Fall, dass weniger Aktuatoren
verwendet werden, kann eine Näherungslösung mittels der Minimierung der
Fehlerquadrate gefunden werden. Die Matrix Su ist in diesem Fall nicht quadratisch und
damit nicht invertierbar. Die Näherungslösung erfolgt daher mit der Moore-Penrose-
Pseudoinversen Su+ (MathWorks 2002b).

∆l a = S u + ⋅ ∆u 4.53

4.4.3 Statisch unbestimmte Systeme

Bei statisch unbestimmten Systemen ist zu unterscheiden, ob nur eine Anpassung an


die in Kap. 4.2 entwickelten optimalen Kraftpfade erfolgen soll, oder ob zusätzliche
Verformungsrandbedingungen zu berücksichtigen sind.

Die reine Kraftanpassung verläuft vergleichbar zur Verformungsregelung statisch


bestimmter Systeme.

∆N = Nopt − N pa = N a = S N ⋅ ∆l a 4.54

SN beschreibt die Sensitivitäten der einzelnen Normalkräfte der einzelnen Elemente


hinsichtlich einer Längenänderung der Aktuatoren. Die erforderliche Aktuation kann
direkt bestimmt werden. Die Anzahl a der variablen Elemente muss der Redundanz r des
Systems entsprechen, um eine exakte Lösung zu finden. Auch hier kann eine
Näherungslösung ermittelt werden, falls die Anzahl der Aktuatoren geringer ist.
+
∆l a = S N ⋅ ∆N 4.55

Im Falle von Verformungsrestriktionen sind weitere Aktuatoren erforderlich. Zur


Ermittlung der notwendigen Aktuation wird die Sensitivitätsmatrix Su verwendet, die die
Einflüsse von Längenänderungen einzelner Elemente auf die Knotenverschiebungen
beinhaltet. Die Matrizen ∆u und ∆N beschreiben die notwendigen Korrekturen
hinsichtlich der Knotenverschiebungen und der Normalkraftverteilung im Rahmen des
Adaptionsvorganges.

45
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

Die erforderlichen adaptiven Längenänderungen ∆la können mit Hilfe einer


Fehlerquadratminimierung bestimmt werden.

1 u 2
min S ⋅ ∆l a − ∆u 4.56
2

Hierbei wird vorausgesetzt, dass der optimale Kraftzustand exakt erreicht werden soll –
dieser geht daher als Gleichheitsnebenbedingung in die Lösungsprozedur ein.

S N ⋅ ∆l a + N p − Nopt = 0 4.57

Die notwendigen Adaptionskräfte Na werden durch folgenden Zusammenhang


beschrieben:

N a = S N ⋅ ∆l a 4.58

Nur für den Fall, dass die Summe aus der Anzahl der zu regelnden Freiheitsgrade und
der Redundanz des Systems mit der Anzahl der Aktuatorelemente übereinstimmt, ist
1 u 2
eine exakte Lösung möglich, d.h. S ⋅ ∆l a − ∆u = 0 . Ist die Anzahl der adaptiven
2
Elemente geringer, wird eine Näherungslösung ermittelt.

Die eigentliche Anpassung im physikalischen Sinn kann auf zweierlei Arten erfolgen:
zum einen können längenveränderliche Elemente (z. B. Linearaktuatoren) eingesetzt
werden, zum anderen kann untersucht werden, ob die Adaption über eine
Steifigkeitsvariation des Materials erfolgen kann.

Bei den Aktuatoren setzt sich die Gesamtverlängerung bzw. –verkürzung (d. h. der
geregelte Zustand) aus dem passiv-adaptiven und dem adaptiven Anteil zusammen.

Bei Systemen mit längenveränderlichen Elementen werden die erforderlichen


Veränderungen direkt über translatorische Aktuatoren aufgebracht, d.h. es ist möglich
Zugelemente zu kürzen bzw. Druckelemente zu verlängern.

Bei steifigkeitsvariablen Elementen erfolgt die Anpassung über eine Variation des
Elastizitätsmoduls (Verwendung von smart materials). Der passiv-adaptive Anteil kann
mittels der Elastizitätstheorie bestimmt werden. Die sich dann ergebende Differenz
beschreibt die erforderliche adaptive Längenänderung zur Erlangung der geometrischen
Kompatibilität. Zuerst werden die erforderlichen Elementlängenänderungen und die
Gesamtelementdehnungen ermittelt.

∆l r = ∆l pa + ∆l a 4.59

ε r = ε pa + ε a 4.60

Die notwendige Materialsteifigkeit der einzelnen Elemente i für Lastfall k kann mit Gl.
4.61 bestimmt werden.

46
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

N kiopt σ
E ik = = rik 4.61
ε ik ⋅ Ai
r
ε ik

Hierbei wird ersichtlich, dass die geregelte Gesamtdehnung das gleiche Vorzeichen
erfordert wie die Normalkraft, ansonsten ist ein – physikalisch nicht möglicher –
negativer Elastizitätsmodul (z. B. „sich verkürzende“ Zugelemente) erforderlich, um die
Kompatibilität zu ermöglichen. Dadurch ergibt sich folgender notwendiger
Zusammenhang zwischen passiv-adaptiver und adaptiver Längenänderung.

Druckelemente (Nikopt<0) ∆l pa + ∆l a < 0 4.62

bzw. ∆l a < − ∆l pa 4.63

Zugelemente (Nikopt>0) ∆l pa + ∆l a > 0 4.64

bzw. ∆la > −∆l pa 4.65

Für den Fall, dass diese Bedingungen erfüllt sind, kann die Anpassung mit einer
Steifigkeitsvariation erfolgen.

4.5 Form follows energy


4.5.1 Metabolismus
Ein vollkommen neuer Aspekt für die Entwicklung tragender Strukturen ist der Einfluss
der metabolischen Kosten. Die Höhe der einzubringenden Energiemenge ist von der
Auftretenshäufigkeit einzelner Belastungsfälle abhängig. Die Berücksichtigung der
metabolischen Kosten kann das Erscheinungsbild adaptiver Strukturen beeinflussen. Für
die Bemessung einer adaptiven Struktur ist also bei einer Berücksichtigung der
einzubringenden Energie nicht nur die Größe der angreifenden Lasten relevant, sondern
auch deren Auftretenshäufigkeit.

Wesentliche Grundlage für die Betrachtung von adaptiven Strukturen und eine
Beurteilung hinsichtlich energetischer Aspekte ist eine Untersuchung der tatsächlich zu
erwartenden Lasten im Gegensatz zu den aus Vorschriften gegebenen maximalen
Bemessungslasten. Diese können zwar auftreten, eventuell aber nur einmal in 50
Jahren. Deshalb soll auf Studien, die die tatsächliche Belastungsdauer sowie -häufigkeit
zum Gegenstand haben, zurückgegriffen werden. Die Kenntnis über die variable reale
Beanspruchung ist eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung anpassungsfähiger
Strukturen.

In Tab. 4.1 sind Untersuchungen zusammengefasst, in denen verschiedene Statistiken


ausgewertet wurden (Bachmann et al. 1997). Es ist zu erkennen, dass die tatsächlich
auftretenden Belastungen z. T. nur 20-30% der Bemessungslasten betragen. Dies führt
zum Schluss, dass es sinnvoll erscheint, anpassungsfähige Systeme zu entwickeln, die
nicht für den Großteil ihrer Lebenszeit überdimensioniert sind.

47
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

Lastannahme DIN 1055 T3


Mittelwert [kN/m2] 2
[kN/m ]
Büroräume 0.5 2
Wohnräume 0.3 1.5
Lagerflächen 3.5 >10

Tab. 4.1: Vergleich von tatsächlich auftretenden Lasten (Bachmann et al. 1997) mit Lastannahmen DIN 1055 T3

4.5.2 Formänderungsarbeit

Die Berücksichtigung der externen Arbeit, die von den Aktuatoren verrichtet werden
muss, wird im Folgenden erläutert. Bei der Formänderungsarbeit ist zwischen der
Eigenarbeit und der Verschiebungsarbeit zu unterscheiden. Bei der äußeren Eigenarbeit
handelt es sich um die Formänderungsarbeit, die eine Kraft P auf dem durch sie selbst
hervorgerufenen Verschiebungsweg u verrichtet.

Die von den Aktuatoren zu verrichtende Arbeit ist hingegen die Verschiebungsarbeit. Bei
der Verschiebungsarbeit handelt es sich um die Formänderungsarbeit, die durch andere
Kräfte oder Ursachen hervorgerufen wird, z. B. Temperaturänderungen oder im Rahmen
dieser Arbeit durch Aktuatoren.

Die äußere Verschiebungsarbeit WäV kann mit Gl. 4.66 bestimmt werden.

n
WäV = ∑
i
Pn ⋅ u n
=1
4.66

Die innere Verschiebungsarbeit, d.h. die Arbeit der Aktuatoren, kann mit Gl. 4.67
ermittelt werden.

nElem
⎛ ∆N i l i ⎞
WiV = − ∑ N ipa ⎜⎜ + ∆l ia ⎟⎟ 4.67
i =1 ⎝ (EA)i ⎠

Bei Nipa handelt es sich um die Normalkraft im passiv-adaptiven System, während ∆Ni
die in Gl. 4.34 ermittelte Normalkraftdifferenz, d.h. die adaptiven Zusatzkräfte,
bezeichnet. Die Aktuation der adaptiven Elemente wird von ∆lia beschrieben.

4.5.3 Erweiterung der Kraftpfadoptimierung


Konzept

Ein wichtiger Aspekt der vorangegangen Untersuchungen (Kap. 4.2 – 4.4) ist die
Tatsache, dass mit dem vorgestellten Verfahren die gefundene optimale Geometrie
unabhängig von möglichen Verformungsvorgaben ist, da diese von den Aktuatoren
erfüllt werden können. Führt man allerdings zusätzliche Randbedingungen für die
maximale Aktuation oder Begrenzungen der Verformungen des passiv-adaptiven
Systems ein, dann hat dies Einfluss auf die optimale Geometrie der Struktur.

48
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

Die Grundlage des Verfahrens mit Berücksichtigung von Verformungskriterien ist die in
Kapitel 4.2.1 beschriebene Kraftpfadoptimierung. Zusätzlich zu den
Gleichheitsnebenbedingungen für das Knotengleichgewicht und den
Ungleichheitsnebenbedingungen für die zulässigen Spannungen werden weitere
geometrische Zusammenhänge des Systems berücksichtigt. Hierzu werden für jeden
Freiheitsgrad die Knotenverschiebungen und für die Aktuatoren die benötigten
Auslenkungen als weitere Variablen eingeführt.

Für die Anzahl der notwendigen Aktuatoren gelten die Aussagen aus Kap. 4.3. Die
Anordnung derselben kann prinzipiell in jedem Iterationsschritt aktualisiert werden. Dies
ist jedoch nicht praktikabel, da es hierbei zu Konvergenzproblemen der numerischen
Lösung kommen kann. Daher wird in dieser Arbeit zu Beginn der Optimierung die
Anordnung an einem Referenzsystem, das mit der Kraftpfadoptimierung ohne
Verformungsrestriktionen optimiert wird, bestimmt.

Zielfunktion

Durch die Einführung der Knotenkoordinaten als Entwurfsvariablen und damit variablen
Elementlängen kann das Problem des minimalen Gewichts nicht mehr linear formuliert
werden, sondern es besteht ein nichtlinearer Zusammenhang (vgl. Gl. 4.30). Der
Entwurfsvektor x enthält die beiden Vektoren l und A.

Entwurfsvariablen und Restriktionen


~
Zusätzlich zu dem die Kraftpfade beschreibenden Vektor N k gehen die
a
Knotenverschiebungen uk, die Aktuationen ∆lk und die variablen Knotenkoordinaten Ψ
(vgl. Gl. 4.31) in den Entwurfsvektor ein.

⎡A⎤
⎢~ ⎥
⎢ N1 ⎥
⎢ M ⎥
⎢~ ⎥
⎢Np ⎥
⎢ ⎥
⎢ u1 ⎥
x=⎢ M ⎥ 4.68
⎢ ⎥
⎢ up ⎥
⎢ ∆l1a ⎥
⎢ ⎥
⎢ M ⎥
⎢∆l a ⎥
⎢ p⎥
⎣⎢ Ψ ⎦⎥

Verformungsbeschränkungen können direkt über eine Restriktion des Entwurfsvektors


vorgegeben werden, da die Knotenverschiebungen Variablen der Optimierungsaufgabe
sind. Als weitere Restriktionen des Entwurfsraumes können neben der positiven
Definition der Querschnittswerte noch geometrische Randbedingungen für die
49
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

zulässigen Knotenverschiebungen bestimmt werden. Die Werte Ψu sowie Ψo beschreiben


jeweils die oberen und unteren Grenzen der zulässigen Koordinaten der Knoten im
Rahmen der Formoptimierung. Ebenso werden die Begrenzungen der Aktuationen an
dieser Stelle definiert. Die Restriktionen werden in den Vektoren xu und xo
zusammengefasst.

⎡ 0 ⎤ ⎡ ~A ⎤ ⎡ ∞ ⎤
⎢ ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ ⎥
⎢ − ∞ ⎥ ⎢ N1 ⎥ ⎢ ∞ ⎥
⎢ M ⎥ ⎢ M ⎥ ⎢ M ⎥
⎢ ⎥ ⎢~ ⎥ ⎢ ⎥
⎢ − ∞ ⎥ ⎢Np ⎥ ⎢ ∞ ⎥
⎢ uu ⎥ ⎢ u ⎥ ⎢ uo ⎥
⎢ 1 ⎥ ⎢ 1⎥ ⎢ 1 ⎥
xu = ⎢ M ⎥ ≤ ⎢ M ⎥ ≤ ⎢ M ⎥ = xo
⎢ uu ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ uo ⎥ 4.69
⎢ ap,u ⎥ ⎢ u p ⎥ ⎢ ap,o ⎥
⎢∆l1 ⎥ ⎢ ∆l1a ⎥ ⎢∆l1 ⎥
⎢ ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ ⎥
⎢ M ⎥ ⎢ M ⎥ ⎢ M ⎥
⎢∆l ap,u ⎥ ⎢∆l ap ⎥ ⎢∆l ap,o ⎥
⎢ u ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ o ⎥
⎢⎣ Ψ ⎥⎦ ⎢⎣ Ψ ⎥⎦ ⎢⎣ Ψ ⎥⎦
123
x

Gleichheitsnebenbedingungen

Die Gleichheitsnebenbedingungen für das Knotengleichgewicht entsprechen Gl. 4.10,


allerdings muss auch hier bei jeder Geometrieänderung die Koeffizientenmatrix
aktualisiert werden.

Zusätzlich müssen weitere Bedingungen eingeführt werden, die die geometrischen


Zusammenhänge berücksichtigen. Hierzu werden zuerst in einer Nebenroutine die
Normalkräfte ermittelt, die sich infolge der aus der Elastizitätstheorie bekannten
Gleichung ergeben.

∆l ik
N ikgk = ⋅ E i Ai 4.70
li

Hierbei bezeichnet li die unverformte Elementlänge, ∆lik die Differenz der


Stabendverschiebungen, Ei und Ai den Elastizitätsmodul bzw. die Querschnittsfläche.
Die Stabendverschiebungen werden mittels der transponierten Transformationsmatrix bT
und der Knotenverschiebungen ui in folgender Form bestimmt.

∆lik = bT ⋅ uk 4.71

Zur Berücksichtigung der Aktuation muss Gl. 4.70 folgendermaßen erweitert werden:

50
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

∆l ikpa − ∆l ika
N ikgk = ⋅ E i Ai 4.72
li

Hierbei setzt sich die tatsächliche Elementverkürzung bzw. –verlängerung aus dem
passiv-adaptiven Anteil ∆lpa und dem adaptiven Anteil ∆la zusammen.

Bei Betrachtung von Gl. 4.72 wird der Einfluss der adaptiven Längenänderungen
deutlich: Bei einer Zugbeanspruchung (Nik > 0) und der daraus resultierenden positiven
Längenänderung kann die Normalkraft im Stab betragsmäßig reduziert werden, wenn die
adaptive Längenänderung ebenso positiv ist. In diesem Fall wird die Summe aus (∆likpa -
∆lika) betragsmäßig kleiner.

Durch die Einführung weiterer Gleichheitsnebenbedingungen kann die geometrische


Kompatibilität des Systems erreicht werden. Mit Hilfe von Gl. 4.72 und 4.73 wird
gewährleistet, dass die optimierten Kraftzustände unter Berücksichtigung der
Werkstoffbeziehungen geometrisch verträglich sind.

gk
Nk − Nk =0 4.73

Ungleichheitsnebenbedingungen
Die Aufstellung der Ungleichheitsnebenbedingungen zur Einhaltung der zulässigen
Spannungen erfolgt analog zu Gl. 4.18.

Mathematische Formulierung

Das Problem der kombinierten Kraftpfad- und Formoptimierung lässt sich mathematisch
folgendermaßen zusammenfassen.

Minimiere G= ∑
i
l i (x) ⋅ Ai (x) ⋅ ρ = lT ⋅ A ⋅ ρ
=1
4.74

mit Berücksichtigung der

Spannungs- Ag ⋅ x ≤ 0 4.75

Gleichgewichts- Ah ⋅ x − P = 0 4.76

gk
und geometrischen Nk − Nk =0 4.77
Kompatibilitätsbedingungen

Lösung

Die Lösung der Aufgabe erfolgt wiederum mit einer sequentiellen-quadratischen


Programmierung (s. Kap. 4.2.2).

51
Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

Zusammenfassung
Die gleichzeitige Berücksichtigung von Verformungsrandbedingungen und Vorgaben für
die Aktuatoren verändert das Vorgehen, da die Ermittlung des optimalen Kraftzustandes
sowie die Berücksichtigung der geometrische Kompatibilität und der
Verformungsrestriktionen nicht mehr separat erfolgen kann. In Abb. 4.6 ist der Ablauf
der erweiterten Kraftpfadoptimierung (eKPO) schematisch dargestellt.

Veränderung der Tragwerksgeometrie durch Variation des Entwurfsvektors

Ermittlung der modifizierten Transformationsmatrix b sowie der neuen Elementlängen l

Berechnung der Längenänderungen infolge der Knotenverschiebungen


∆ l = bT ⋅ u i

Berechnung der Normalkräfte mit Berücksichtigung der aktiven Längenänderungen

∆ l ikpa − ∆ l ika
N ikgk = ⋅ (EA ) j
li

Gleichheitsnebenbedingung 1 – Knotengleichgewicht
b·Nk – Pk = 0
Gleichheitsnebenbedingung 2 – Geometrische Kompatibilität
Nk – Nkgk = 0
Ungleichheitsnebenbedingung – Spannungen
S·Nk – A <= 0 bzw. -S·Nk – A <= 0

Zielfunktion
G = lT·A ·ρ

Konvergenzkriterium eingehalten
ja: Abbruch der Berechnung
nein: weitere Iteration

Abb. 4.6: Schematischer Ablauf der erweiterten Kraftpfadoptimierung (eKPO)

52
Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

5 Tragwerksstudie

5.1 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen


Anhand von Beispielen soll das in Kap. 4 vorgestellte Verfahren zur Optimierung
adaptiver Strukturen diskutiert werden. Hierbei wird untersucht, ob und, wenn ja, wie
die Einführung der Adaptivität den Entwurf der Struktur beeinflusst. Vorhandene aktive
Systeme, wie active mass dampers (AMD), haben bisher keinen Einfluss auf das
Erscheinungsbild von Bauwerken. Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass neue
Technologien Einfluss auf die ästhetischen Qualitäten von Bauwerken haben können. So
ist beispielsweise die Entwicklung von Hänge- oder Schrägseilbrücken nur durch das
Vorhandensein von hochfesten zugbeanspruchbaren Werkstoffen möglich geworden.

Wesentlich beim Entwurf adaptiver Strukturen ist es, die Adaptivität von Beginn an
beim Entwurf zu berücksichtigen. Dies führt zu wirklich adaptiven Systemen und nicht
nur zu aktiv unterstützten Systemen, wie AMDs, bei denen der aktive Systemanteil
„nur“ dazu dient, die Probleme des passiven Teiles zu kompensieren. Die Entwicklung
wirklich adaptiver Strukturen kann nicht nur zu größeren Spannweiten und Höhen,
sondern eventuell auch zu komplett neuen Strukturen und Formen führen. Weiterhin ist
neben der Interaktion zwischen Struktur und Umgebung auch eine Interaktion zwischen
Struktur und Nutzer gegeben; das Gebäude kann mit dem Nutzer Informationen
austauschen und somit können Rückschlüsse auf das tatsächliche Tragverhalten
geschlossen werden.

Neu beim Entwerfen adaptiver Strukturen ist die Möglichkeit, Masse durch Energie zu
ersetzen, da anstelle von physikalischer Steifigkeit durch die Aktuation eine „virtuelle“
Steifigkeit simuliert werden kann.

In den weiteren Abschnitten werden anhand von Beispielen das in dieser Arbeit
beschriebene Verfahren vorgestellt und die Ergebnisse diskutiert. Während in Kap. 5.2
die Kraftpfadoptimierung und der fail-safe-Aspekt im Vordergrund stehen, fließen bei der
Betrachtung eines Fachwerkbogens in Kap. 5.3 auch Verformungskriterien in die
Optimierung ein. Des Weiteren werden die Anordnung der Aktuatoren untersucht und
eine Formoptimierung durchgeführt. Die Untersuchungen in Kap. 5.4 beleuchten den
Aspekt form follows energy.

In den folgenden Beispielen wird eine Volumenminimierung angestrebt. Da in den


Beispielen jeweils ein Material mit konstanter Dichte verwendet wird, entspricht dies
auch einer Gewichtsminimierung, wie sie in Kap. 4 beschrieben ist.

5.2 Beispiel 1 – 4-Stab-Fachwerk


5.2.1 Systembeschreibung

Im Folgenden wird ein Tragwerk vorgestellt, das für die weiteren Untersuchungen
verwendet wird. Die Ergebnisse einer nichtlinearen Programmierung des passiven
Tragwerks dienen als Referenz für die Ergebnisse des adaptiven Systems. Bei dem

53
Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

gewählten System handelt es sich um ein 4-Stabsystem. Anhand dieses Beispieles wird
insbesondere die Möglichkeit der Steifigkeitsvariation als Alternative zu variablen
Vorspannzuständen beschrieben.

Folgende Werte liegen den Untersuchungen zugrunde:

Knotenlasten: LF 1 P1 = 100 kN

LF 2 P2 = 200 kN

Elastizitätsmodul: E = 21000 kN/cm2

Zulässige Spannung: σzul = 30 kN/cm2

Globaler Sicherheitsbeiwert: γ = 1.5

Die Systemabmessungen sowie die Lastfälle 1 und 2 sind Abb. 5.1 zu entnehmen.

4 4
LF 2
LF 1
3 3

2 2
[m]

[m]

1 2 3 4

1 1

0 0

-1 -1

-4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4
[m] [m]

Abb. 5.1: 4-Stabfachwerk mit Abmessungen und Belastung

Im Folgenden sind die Ergebnisse der Querschnittsoptimierung am passiven System als


Referenzwerte dargestellt, hierbei sind Untersuchungen ohne Verformungskriterien und
Formoptimierung berücksichtigt. Stabilitätsversagen wird an dieser Stelle nicht
berücksichtigt. In diesem Beispiel stimmt das Ergebnis einer nichtlinearen
Programmierung (NLP) mit dem fully-stressed-design (FSD) überein.

A1 = A4 = 2.39 cm2

A2 = A3 = 4.28 cm2

V = 4756 cm3

5.2.2 Kraftpfadoptimierung
Die Ermittlung der optimalen Kraftzustände erfolgt mit Hilfe der Kraftpfadoptimierung,
wie in Kap. 4.2.1 beschrieben. Bei vorgegebener Geometrie und ohne Berücksichtigung
von Verformungskriterien ergeben sich für die beiden Lastfälle folgende

54
Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

Normalkraftverteilungen (Abb. 5.2). Es ist zu erkennen, dass bei der


Kraftpfadoptimierung in allen Stäben in beiden Lastfällen jeweils betragsmäßig die
gleichen Kräfte auftreten, was dazu führt, dass alle Stäbe in allen Lastfällen eine 100%-
ige Ausnutzung der Spannungen erfahren (Abb. 5.3). Dieser Optimalzustand ist
allerdings nicht in jedem Tragsystem erreichbar (s. Kap. 5.3).
5 5
x 10 x 10
1 1
LF 1 LF 1
0.8 LF 2 0.8 LF 2

0.6 0.6

0.4 0.4

Normalkraft [N]
0.2 0.2

0
Normalkraft [N]

-0.2 -0.2

-0.4 -0.4

-0.6 -0.6

-0.8 -0.8

-1 -1
1 2 3 4 1 2 3 4
Elementnummer Elementnummer

Abb. 5.2: Normalkraftverteilung: passives (links) und kraftpfadoptimiertes (rechts) System

120 120
LF 1 LF 1
LF 2 LF 2

100 100
Spannungsausnutzung [%]

Spannungsausnutzung [%]

80 80

60 60

40 40

20 20

0 0
1 2 3 4 1 2 3 4
Elementnummer Elementnummer

Abb. 5.3: Spannungsausnutzung: passives (links) und kraftpfadoptimiertes (rechts) System

Bei der durch eine Kraftpfadoptimierung erzielten Normalkraftverteilung ist zu erkennen,


dass die Elemente 2 und 3 in Lastfall 1 wesentlich höher beansprucht werden, als im
passiven System – dies ist jedoch nicht bemessungsmaßgebend - die Kräfte werden von
den Elemente 1 und 4 umgelagert und entlasten diese. Es ergeben sich folgende
Querschnittswerte und ein Gesamtvolumen für das optimierte adaptive System:

A1 = A4 = 1.77 cm2

A2 = A3 = 3.95 cm2

V = 4000 cm3

Die Volumeneinsparung im Vergleich zum passiven System liegt somit bei 16%.

55
Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

Die Ermittlung der auftretenden Differenzkräfte ergibt folgendes Resultat:


5 5
x 10 x 10
1 1
LF 1 LF 1
0.8 LF 2 0.8 LF 2

0.6 0.6

0.4 0.4

Normalkraftdifferenz [N]
Normalkraft [N]

0.2 0.2

0 0

-0.2 -0.2

-0.4 -0.4

-0.6 -0.6

-0.8 -0.8

-1 -1
1 2 3 4 1 2 3 4
Elementnummer Elementnummer

Abb. 5.4: Normalkraftverteilung (links) am passiv-adaptiven System und resultierende Normalkraftdifferenz (rechts)
infolge Kompatibilitätsverletzung

Zur Erreichung der optimalen Kraftpfade sind so viele Aktuatoren notwendig, wie das
System statisch Unbestimmte aufweist (s. Kap. 4.3). Die mögliche Anzahl der
Aktuatorkombinationen liegt in diesem Fall bei 4!/(2!·2!)=6. Aufgrund der geringen
Anzahl können alle Kombinationen ohne großen Aufwand untersucht werden. Da alle
möglichen 6 Kombinationen linear unabhängig sind, ist die Regelbarkeit bei allen
gegeben.

Bei der Verwendung von längenveränderlichen Elementen sind alle Kombinationen


möglich, die dafür notwendigen Längenänderungen der Aktuatoren sind in Tab. 5.1
dargestellt. Die Ermittlung der Werte erfolgt entsprechend der Vorgehensweise aus Kap.
4.4.

Längenänderung der Aktuatoren [mm]

LF 1 LF2

Aktuatorkombination 1 2 3 4 1 2 3 4

1-2 -2.7 -3.6 - - 5.4 2.4 - -

2-3 - -1.2 1.2 - - -2.4 -2.4 -

3-4 - - 3.6 2.7 - - 2.4 5.4

1-3 1.3 - 1.8 - 2.7 - -1.2 -

2-4 - -1.8 - -1.3 - -1.2 - 2.7

1-4 2.7 - - -2.7 1.8 - - 1.8

Tab. 5.1: Übersicht Längenänderung der Aktuatoren

Das Ergebnis soll exemplarisch für die Auswahl 1-4 erläutert werden (Tab. 5.1). Bei der
Auswahl der Elemente 1 und 4 kann man erkennen, dass in Lastfall 1 das
zugbeanspruchte Element 1 adaptiv verlängert wird und sich somit der Belastung
entzieht, während das druckbeanspruchte Element 4 adaptiv kürzer wird und ebenso die

56
Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

Beanspruchung verringert. In Lastfall 2 werden beide adaptiven Elemente, die in diesem


Fall druckbeansprucht sind, länger, d.h. sie übernehmen Lasten von den inneren beiden
passiven Elementen 2 und 3 und entlasten diese somit.

Die variable Materialsteifigkeit wird entsprechend der in Kap. 4.4.3 beschriebenen


Vorgehensweise bestimmt. Bei der Ermittlung der notwendigen Steifigkeitsvariation wird
ersichtlich, dass nicht alle Aktuatorkombinationen möglich sind, da z. T. Lösungen mit
einem negativen Elastizitätsmodul auftreten (z. B. Aktuatorkombination 1-2, s. Tab.
5.2). Dies ist zwar mathematisch korrekt, praktisch jedoch nicht anwendbar. Der Wert
für den Ausgangswert des Elastizitätsmoduls beträgt E = 21000 kN/cm2.

Variabler E-Modul [kN/cm2]

LF 1 LF2

Aktuator- 1 2 3 4 1 2 3 4

kombination

1-2 63000 -105000 21000 21000 -63000 105000 21000 21000

2-3 21000 35000 35000 21000 21000 11700 11700 21000

3-4 21000 21000 -105000 63000 21000 21000 105000 -63000

1-3 15750 21000 52500 21000 63000 21000 15000 21000

2-4 21000 52500 21000 15750 21000 15000 21000 63000

1-4 12600 21000 21000 12600 37800 21000 21000 37800

Tab. 5.2: Übersicht Steifigkeitsvariation

Die Aktuatorkombination 2-3 (Tab. 5.2) passt sich den Belastungen derart an, dass sich
die beiden inneren Elemente im Lastfall 1 (Horizontallast) versteifen. Sie tragen somit
mehr Lasten ab und „helfen“ den äußeren Stäben die Belastung abzutragen. Im
Gegensatz dazu werden die beiden inneren Elemente im Lastfall 2 (Vertikallast) weicher
und entziehen sich der Belastung – die Beanspruchungen werden im Tragwerk auf die
äußeren Elemente umgelagert.

5.2.3 Fail-safe - Konzept

Der Ausfall der Regelung (z. B. durch Stromausfall) wird durch die Berücksichtigung der
Verletzung der geometrischen Kompatibilität simuliert. Die auftretenden
Zwangsbeanspruchungen werden während der Optimierung als Nebenbedingung
berücksichtigt.

In Abb. 5.5 sind die mit Hilfe der Kraftpfadoptimierung ermittelten


Normalkraftverteilungen am adaptiven System dargestellt. In diesem Beispiel werden
unterschiedliche Sicherheitsfaktoren für das Szenario „Regelungsausfall“ in den
Nebenbedingungen berücksichtigt. Es wird deutlich, dass die optimalen
Normalkraftzustände vom geforderten Sicherheitsfaktor (Regelungsausfall) abhängen.

57
Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

Für einen Sicherheitsfaktor (Szenario „Regelungsausfall“) von maximal γfs =1.2 ergibt
sich keine Einschränkung der optimalen Normalkraftverteilung.

LF 1 LF 2
1 1
Elem 1
0.8 0.8 Elem 2
Elem 3
0.6 0.6 Elem 4

0.4 0.4
Normalkraft [N]x105

Normalkraft [N]x105
0.2 Elem 1 0.2
Elem 2
0 Elem 3
0
Elem 4
-0.2 -0.2

-0.4 -0.4

-0.6 -0.6

-0.8 -0.8

-1 -1
1.20 1.25 1.30 1.35 1.40 1.45 1.50 1.20 1.25 1.30 1.35 1.40 1.45 1.50
Sicherheitsfaktor [-] Sicherheitsfaktor [-]

Abb. 5.5: Einfluss des Sicherheitsfaktors γfs auf die kraftpfadoptimierte Normalkraftverteilung

Die Normalkraftverteilung, die sich bei einem Regelungsausfall einstellen wird, ist in
Abhängigkeit vom gewünschten Sicherheitsfaktor γfs in Abb. 5.6 dargestellt.

LF 1 LF 2
1 1
Elem 1
0.8 0.8 Elem 2
Elem 3
Elem 4
0.6 0.6

0.4 0.4
Normalkraft [N]x105

Normalkraft [N]x105

Elem 1
0.2 0.2
Elem 2
Elem 3
0 Elem 4 0

-0.2 -0.2

-0.4 -0.4

-0.6 -0.6

-0.8 -0.8

-1 -1
1.20 1.25 1.30 1.35 1.40 1.45 1.50 1.20 1.25 1.30 1.35 1.40 1.45 1.50
Sicherheitsfaktor [-] Sicherheitsfakor [-]

Abb. 5.6: Normalkraftverteilung bei Regelungsausfall (passiv-adaptives System)

Die Zwangsbeanspruchungen, d.h. die Differenzkräfte zwischen geregeltem und


ungeregeltem System sind in Abb. 5.7 dargestellt. Hierbei ist zu beobachten, dass sich
in LF 1 die Normalkraftverteilung des adaptiven Systems und des passiv-adaptiven
Systems annähern, eine Anpassung der Beanspruchungen erfolgt bei steigendem γfs
verstärkt für LF 2.

58
Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

LF 1 LF 2
0.25 0.25
Elem 1
0.2 Elem 2 0.2
Elem 3
Elem 4
0.15 0.15

0.1 0.1
Normalkraftdifferenz [N]x105

Normalkraftdifferenz [N]x105
Elem 1
Elem 2
0.05 0.05 Elem 3
Elem 4
0 0

-0.05 -0.05

-0.1 -0.1

-0.15 -0.15

-0.2 -0.2

-0.25 -0.25
1.20 1.25 1.30 1.35 1.40 1.45 1.50 1.20 1.25 1.30 1.35 1.40 1.45 1.50
Sicherheitsfaktor [-] Sicherheitsfaktor [-]

Abb. 5.7: Normalkraftdifferenz bei Regelungsausfall

In Abb. 5.8 sind die Querschnittsverteilung und das Gesamtvolumen dargestellt. Es


ergeben sich zwei Knickstellen für γfs=1.2 und γfs =1.3. Beim Übergang von γfs <1.2
zu γfs >1.2 kann die optimale Normalkraftverteilung nicht mehr erreicht werden, da für
die Elemente 1 und 4 (LF 1) der Regelungsausfall bemessungsmaßgebend wird. Durch
die dadurch erforderlichen größeren Querschnittsflächen können die Elemente 2 und 3
entlastet werden (mit und ohne Regelung). Erst beim Übergang von γfs <1.3 zu γfs >1.3
wird der Regelungsausfall für alle Elemente maßgebend für die Bemessung – das
Volumen steigt stärker an. Oberhalb eines Sicherheitsfaktors von γfs = 1.30 ist der
Regelungsausfall für alle Elemente maßgebend, daher ändert sich die
Normalkraftverteilung nicht mehr.

5.0 4800

4600
4.5

4400
4.0
Querschnittsfläche [cm2]

4200
Elem 1
Volumen [cm3]

3.5 Elem 2
Elem 3 4000
Elem 4
3.0 3800

3600
2.5
3400

2.0
3200

1.5 3000
1.20 1.25 1.30 1.35 1.40 1.45 1.50 1.00 1.05 1.10 1.15 1.20 1.25 1.30 1.35 1.40 1.45 1.50
Sicherheitsfaktor Sicherheitsfaktor

Abb. 5.8: Querschnittsflächen (links) und Gesamtvolumen (rechts) in Abhängigkeit des Sicherheitsfaktors γfs

5.2.4 Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen, dass für dieses Tragwerk mit dieser Belastung eine Anpassung
über eine Längen- und Steifigkeitsvariation möglich ist – hiermit kann eine
Spannungsausnutzung von 100% in allen Elementen in allen Lastfällen erreicht werden
(Gl. 4.29 wird erfüllt). Durch die Anpassung ist es möglich, dass einzelne Elemente
höher beanspruchten Bauteilen „helfen“ und dadurch eine Umlagerung der
Beanspruchungen eintritt.

59
Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

Ein weiterer Aspekt ist die Tatsache, dass für dieses System bis zu einem reduzierten
globalen Sicherheitsfaktor von γfs =1.2 die optimale Lastabtragung möglich ist. Für den
Fall, dass dieser Wert darüber liegt, ist nicht das volle Potenzial der Adaptivität nutzbar.

5.3 Beispiel 2 – Fachwerkbogen


5.3.1 Systembeschreibung

Anhand von Untersuchungen eines Bogentragwerkes sollen das Lastpfadmanagement


und die Möglichkeiten der Tragwerksoptimierung weiter erläutert werden. Insbesondere
werden an dieser Stelle die Verformungsregelung und die Formoptimierung adaptiver
Strukturen diskutiert. Betrachtet wird ein Fachwerkbogen mit einer Spannweite von
40m. Bei den zu berücksichtigenden Lastfällen handelt es sich neben dem Eigengewicht
um symmetrische (LF 1) und asymmetrische (LF 2-3) Schnee- und Windlasten (LF 4-5).
Weiterhin werden an den Freiheitsgraden 8 und 16 (s. Abb. 5.14) Einzellasten
betrachtet (LF 6-7).

Referenz für die weiteren Betrachtungen ist ein passives (ungeregeltes) System, das
hinsichtlich der Querschnitte (Kap. 5.3.2 und 5.3.3) und der Form (Kap. 5.3.4) optimiert
wird. Im Gegensatz zum vorangegangen Beispiel werden zusätzlich zu den
Spannungsrestriktionen noch Verformungskriterien herangezogen sowie eine
Formoptimierung durchgeführt.

10

5 6
4 7
5 3 8
y [m]

2 9

0 1 10

-25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25


x [m]

Abb. 5.9: Fachwerkbogen mit Elementnummerierung (Untergurt)

Das System ist in Abb. 5.9 dargestellt, die zulässige Spannung beträgt 40 kN/cm2
(γ=1.5). Weitere Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen sind von Hartmann
(2003) und Zappe (2003) dokumentiert.

5.3.2 Kraftpfadoptimierung

Die Durchführung der Kraftpfadoptimierung und der Vergleich mit einem passiven
System erfolgen zuerst ohne Verformungsrestriktionen bei invarianter Geometrie.
Qualitativ verhält sich das System ähnlich wie in Kap. 5.2. Durch die Umlagerung der
Kräfte kann die durchschnittliche Spannungsausnutzung der Elemente erhöht werden.
Eine Ausnutzung von 100% aller Elemente in allen Lastfällen ist bei diesem System
60
Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

jedoch nicht möglich (Gl. 4.29 wird nicht erfüllt). In Abb. 5.10 und 5.11 ist die
Spannungsausnutzung exemplarisch am Untergurt dargestellt.

LF 1
1 LF 2
Spannungsausnutzung [-]

LF 3
LF 4
0.8 LF 5
LF 6
0.6 LF 7

0.4

0.2

0
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Elementnummer

Abb. 5.10: Spannungsausnutzung der Untergurtelemente – passives System

LF 1
1 LF 2
Spannungsausnutzung [-]

LF 3
LF 4
0.8 LF 5
LF 6
0.6 LF 7

0.4

0.2

0
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Elementnummer

Abb. 5.11: Spannungsausnutzung der Untergurtelemente – adaptives System

1.0
passives System
adaptives Systeme
0.8
Spannungsausnutzung [-]

0.6

0.4

0.2

0
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Elementnummer

Abb. 5.12: Durchschnittliche (LF 1-7) Spannungsausnutzung im Untergurt: Vergleich passives und adaptives System

Die durchschnittliche Ausnutzung aller Elemente im passiven System liegt bei 51%,
während beim adaptiven System eine Ausnutzung von 67% vorliegt. Das
61
Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

Gesamtvolumen kann am kraftpfadoptimierten adaptiven System gegenüber dem


optimierten passiven System um 14% reduziert werden.

Die Vorgehensweise bei der Sicherheitsbetrachtung erfolgt analog zu Kap. 5.2, daher
soll an dieser Stelle nur kurz das Ergebnis beschrieben werden. Im Gegensatz zu dem 4-
Stab-Fachwerk liegt der Grenzwert, bei dem der Regelungsausfall bemessungsrelevant
wird, unterhalb von 1.0, allerdings verläuft die Kurve in diesem Bereich relativ flach.
Daher liegt das Strukturvolumen bei einem geforderten Sicherheitsfaktor von
mindestens 1.0 bei Regelungsausfall nur 0.2% über dem Minimalwert, der sich bei
Vernachlässigung des Regelungsausfalls ergibt. Bei einem geforderten Sicherheitsfaktor
von γfs =1.5 stellt sich dasselbe Ergebnis wie am passiven System ein, d.h. es findet
keine Adaption statt und es wird ca. 14% mehr Volumen benötigt.

0.082

0.08

0.078
Volumen [m3]

0.076

0.074

0.072

0.07

0.068
0.6 0.7 0.8 0.9 1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5
Sicherheitsfaktor [-]

Abb. 5.13: Abhängigkeit des Strukturvolumens vom Sicherheitsfaktor bei Regelungsausfall

5.3.3 Auswahl der Aktuatoren und Verformungsadaption


Die Auswahl der Aktuatoren erfolgt mittels des in Kap. 4.3 beschriebenen Verfahrens
und ergibt die in Abb. 5.14 dargestellte Anordnung der Aktuatoren. Insgesamt werden
15 adaptive Elemente ausgewählt (das System ist 13-fach statisch unbestimmt + 2 zu
regelnde Verschiebungsfreiheitsgrade).

62
Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

10

5
y [m]

FG 10 FG 14
FG 8 FG 16

-25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25


x [m]

Abb. 5.14: Anordnung der Aktuatoren (fett dargestellt) und Nummerierung der geregelten Freiheitsgrade

Durch den Adaptionsvorgang stellt sich die Verteilung der Kräfte entsprechend den
Ergebnissen aus der Kraftpfadoptimierung ein.

Ziel der Verformungsadaption soll die Begrenzung der Verschiebungen der Freiheitsgrade
8 und 16 auf einen Wert von +/- 0.03m bzw. 0.00m sein. Zur Begrenzung der
Verschiebungen stehen zwei Aktuatoren zur Verfügung, d.h. es können 2 Freiheitsgrade
exakt geregelt werden. Die Vertikalverschiebungen des Untergurts am passiv-adaptiven
System (adaptives System im passiven Zustand) sind zum Vergleich in Abb. 5.15
dargestellt. Der angepasste Verschiebungszustand des Untergurtes ist in Abb. 5.16 zu
sehen. In diesem Fall (ur=0.03m) liegt die Summe (für alle Lastfälle) der zu verrichtende
Arbeit des Systems bei 44600 Nm, das entspricht einem Energiebedarf von 0.012 kWh.

0.15

0.1

0.05
Vertikalverschiebung [m]

-0.05

-0.1 LF 1
LF 2
-0.15 LF 3
LF 4
LF 5
-0.2 LF 6
LF 7
-0.25
2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22
Freiheitsgrad

Abb. 5.15: Vertikale Knotenverschiebungen – Untergurt – passiv-adaptives System

63
Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

0.15

0.1
Vertikalverschiebung [m]

0.05
0.03
0
-0.03
-0.05

-0.1 LF 1
LF 2
-0.15 LF 3
LF 4
LF 5
-0.2 LF 6
LF 7
-0.25
2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22
Freiheitsgrad

Abb. 5.16: Vertikale Knotenverschiebungen – Untergurt – adaptives System mit Beschränkung auf u8 = u16 = 0.03m

In Abb. 5.17 ist die exakte Verformungskontrolle mit u8=u16=0.00m der Freiheitsgrade
8 und 16 dargestellt. Bei einer Restriktion von 4 Freiheitsgraden (FG 8, 10, 14 und 16)
ist nur eine Näherungslösung möglich, Abb. 5.18.

0.15

0.1

0.05
Vertikalverschiebung [m]

-0.05

-0.1 LF 1
LF 2
-0.15 LF 3
LF 4
LF 5
-0.2 LF 6
LF 7
-0.25
2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22
Freiheitsgrad

Abb. 5.17: Vertikale Knotenverschiebungen – Untergurt – adaptives System mit Beschränkung auf u8 = u16 = 0.00m

64
Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

0.15

0.1

0.05
Vertikalverschiebung [m]

-0.05

-0.1 LF 1
LF 2
-0.15 LF 3
LF 4
LF 5
-0.2 LF 6
LF 7
-0.25
2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22
Freiheitsgrad

Abb. 5.18: Vertikale Knotenverschiebungen – Untergurt – adaptives System mit Beschränkung auf u8 = u10 = u14 = u16
= 0.00m (Näherungslösung)

Die für die Adaption notwendige Aktuation der einzelnen Elemente ist in Abb. 5.19
exemplarisch für Lastfall 1 dargestellt. Die maximalen Werte steigen bei geringen
geregelten Systemverformungen an. Dargestellt sind die Auslenkungen für maximale
Verschiebungen von ur=0.00m, ur=0.01m, ur=0.02m sowie ur=0.03m (Freiheitsgrad
8 und 16).

0.04
Elem. 1
Elem. 5
0.02 Elem. 6
Elem. 10
Aktuatorauslenkung [m]

Elem. 12
0 Elem. 14
Elem. 17
Elem. 19
Elem. 25
-0.02
Elem. 31
Elem. 32
Elem. 33
-0.04 Elem. 46
Elem. 47
Elem. 48
-0.06

-0.08
0.00 0.01 0.02 0.03
Verformungsrestriktion [m]

Abb. 5.19: Aktuatorauslenkungen – LF 1

Bei der Berücksichtigung von Verformungsrestriktionen steigt die Volumendifferenz


zwischen passiver und adaptiver Struktur stark an. In Abb. 5.20 ist das notwendige
Strukturvolumen des passiven und des adaptiven Systems für verschiedene Begrenzung
der Verschiebungen des Freiheitsgrades 6 (exemplarisch ausgewählt) dargestellt.

65
Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

1
passiv
0.9 adaptiv
0.8

0.7
Volumen [m3]

0.6

0.5

0.4

0.3

0.2

0.1

0
0 2 4 6 8 10 12 14 16
maximale Vertikalverformung FG 6 [cm]

Abb. 5.20: Vergleich der Volumina des passiven und adaptiven Systems in Abhängigkeit der Verformungsbegrenzung

In Abb. 5.20 ist zu erkennen, dass das Volumen des adaptiven Systems unabhängig
von den Verformungsrestriktionen konstant gehalten werden kann, da alle
Verformungsvorgaben komplett von den Aktuatoren erzielt werden können. Im
Gegensatz dazu steigt das benötigte Strukturvolumen des passiven Systems stark an.
Im Falle einer Verformungsbegrenzung von 2cm liegt die Reduktion am adaptiven
System gegenüber dem passiven System bei 78%.

5.3.4 Formoptimierung

Für das in Abb. 5.9 dargestellte Bogenfachwerk wird an dieser Stelle das in Kap. 4.2.2
beschriebene Verfahren zur Formoptimierung angewendet. Im Rahmen der Optimierung
wird die Position der Untergurtknoten nicht verändert, während die Knoten am Obergurt
max. 3.0m nach oben und 1.0m horizontal verschoben werden können. Der Vergleich
des passiven und des adaptiven System ergibt eine große Ähnlichkeit der gefundenen
Optimalgeometrien. Dies stimmt auch mit Untersuchungen entsprechend der
Vorgehensweise aus Kap. 4.5.3 (erweiterte Kraftpfadoptimierung) überein.

10

5
y [m]

-20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20


x [m]

Abb. 5.21: Passives (- - -) und adaptives (______) System nach der Formoptimierung (mit Verformungsbeschränkung)

66
Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

5.3.5 Ergebnisse
Die Durchführung der Kraftpfadoptimierung führt qualitativ zu ähnlichen Ergebnissen,
wie in Kap. 5.2 beschrieben. Es findet eine Umlagerung der Kräfte von (in einzelnen
Lastfällen) hoch beanspruchten Elementen zu niedrig beanspruchten Elementen statt.
Dadurch wird die durchschnittliche Spannungsausnutzung in den Elementen erhöht.
Weiterhin kann gezeigt werden, dass eine exakte sowie eine genäherte
Verformungsadaption (in Abhängigkeit von der Anzahl der adaptiven Elemente) möglich
ist. Es ist möglich, die maximalen Verschiebungen einzelner Freiheitsgrade auf „Null“ zu
reduzieren und so eine virtuelle unendliche Steifigkeit zu erzielen. Bei der
Formoptimierung kann in diesem Beispiel keine prinzipielle Abweichung der optimalen
Geometrie von adaptiven Systemen gegenüber passiven Systemen beobachtet werden.
Dies trifft auf alle im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Systeme zu, inwieweit dies für
den allgemeinen Fall bestätigt werden kann, ist in weiteren Arbeiten zu untersuchen.

5.4 Beispiel 3 – Fachwerkträger


5.4.1 Systembeschreibung

Bei dem untersuchten System handelt es sich um einen Fachwerkträger mit 30m
Spannweite (Abb. 5.22). Die Lasten betragen P = 1MN (LF 1) bzw. P = 0.5 MN (LF 2).
Für die Formoptimierung können die Untergurtknoten vertikal verschoben werden,
hierbei ist die Bauhöhe des Trägers auf 6.0m begrenzt.

P P P P P
y [m]

-5
0 5 10 15 20 25 30
x [m]

Abb. 5.22: Ausgangssystem mit Belastung

Für den hier beschriebenen Fachwerkträger wird der Einfluss der Auftretenshäufigkeit
der Belastungen auf die Formoptimierung betrachtet und diskutiert. In den
vorangegangen Untersuchungen wurde die Adaptivität immer für eine
Höchstbeanspruchung betrachtet. Es ist jedoch nicht notwendigerweise sinnvoll, dass
sich das System auch für geringere Lasten, die eventuell häufig auftreten können,
anpasst. Bei geringerer Beanspruchung ist zu untersuchen, ob die Anforderungen, z. B.
Verformungsbeschränkungen, auch vom passiv-adaptiven System ohne jegliche
Aktuation erfüllt werden können.

67
Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

5.4.2 Form follows energy

Anhand dieses Beispieles kann der Einfluss der metabolischen Kosten auf das
Erscheinungsbild der Struktur beschrieben werden (Abb. 5.23). In diesem Beispiel wird
nur eine Verformungsadaption durchgeführt. Da das System statisch bestimmt ist,
können keine Kräfte umgelagert werden.

Ziel der Untersuchung ist es, in beiden Lastfällen die maximalen Vertikalverschiebungen
der Freiheitsgrade 6 und 10 (Obergurt) auf jeweils 0.03m zu reduzieren. Bei der
Formoptimierung ohne Berücksichtigung der Verformungsrestriktionen am passiv-
adaptiven System müssen in beiden Lastfällen die Verformungen durch die Aktuatoren
reduziert werden. Unter der Annahme, dass LF 2 sehr häufig auftreten kann, ist dies
aus energetischen Gründen unerwünscht. Daher soll das Tragwerk so modifiziert
werden, dass nur noch für LF 1 eine Anpassung erfolgt und die
Verformungsanforderungen für LF 2 allein durch die Steifigkeit des passiv-adaptiven
Systems erfüllt werden können.

Abb. 5.23: Optimierte Geometrie ohne und mit Berücksichtigung der Verformungsbeschränkungen am passiv-adaptiven
System

68
Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

-0.01

-0.02
LF 2 mit Verformungsbeschränkung
-0.03
Vertikalverschiebung [m]

-0.04

LF 2 ohne Verformungsbeschränkung.
-0.05

-0.06

-0.07
LF 1 mit Verformungsbeschränkung

-0.08

LF 1 ohne Verformungsbeschränkung
-0.09

-0.1
2 4 6 8 10 12 14
Freiheitsgrad

Abb. 5.24: Vertikalverschiebungen – Obergurt – mit und ohne Berücksichtigung von Verformungsbeschränkung am
passiv-adaptiven System

In Abb. 5.24 ist zu erkennen, dass am modifizierten System in Lastfall 2 die


Verformungsrestriktionen auch ohne Adaption eingehalten werden. Nur für Lastfall 1 ist
eine Anpassung erforderlich. Durch die Modifikation des Tragwerks ergibt sich neben
der Änderung der Optimalgeometrie (Abb. 5.23) auch eine Veränderung der
Querschnittsflächen der einzelnen Elemente.

5.4.3 Ergebnisse
Anhand des an dieser Stelle gezeigten Beispieles wird deutlich, dass durch die
Adaptivität nicht nur das Volumen (und damit das Gewicht) tragender Strukturen
reduziert werden kann, sondern dass auch ein Einfluss auf das Erscheinungsbild
auftreten kann. Hierzu ist die Auftretenshäufigkeit einzelner Lastfälle zu berücksichtigen.
Allerdings ist der Einfluss der Adaptivität in diesem Beispiel, wie auch in Beispiel 2, nur
quantitativer Natur – qualitativ ergeben sich kaum Unterschiede im Erscheinungsbild im
Vergleich zu passiven Systemen.

69
Entwerfen adaptiver Strukturen 6 Konstruieren adaptiver Strukturen

6 „Stuttgarter Träger“

6.1 Vorüberlegungen

Um die in Kap. 4 und 5 gemachten Überlegungen auf Ihre Realisierbarkeit zu


überprüfen, wurde im Rahmen dieser Arbeit ein Prototyp eines adaptiven Tragwerkes
entwickelt: der „Stuttgarter Träger“ (Sobek et al. 2002). Dieser Träger wurde im
Rahmen der SWISSBAU 2002 in Basel der Öffentlichkeit präsentiert.

6.2 Entwurf

Beim „Stuttgarter Träger“ handelt sich um einen Einfeldträger, bei dem die
Verformungen mit Hilfe eines Sensor-Aktuator-Systems kontrolliert werden. Als
einwirkende Größe wurde eine fahrende Last gewählt. Ziel der Adaption ist die
Eliminierung der Vertikalverschiebung unterhalb der Last, d. h. die Last soll sich auf
einer horizontalen Linie bewegen. Bei dem statischen System handelt es sich um einen
Einfeldträger mit V-förmigen Stützen. Durch eine Horizontalverschiebung der Stützen
kann die Vertikalverformung des Trägers manipuliert werden. Die Abmessungen des
System sind folgendermaßen gewählt: Länge l = 2.0 m, Höhe der V-Stützen h =
0.10m.

6.3 Realisierung

Für den Träger wurde ein Aluminiumblech mit einer Breite von 40 mm und einer Dicke
von 3 mm gewählt, wodurch eine Schlankheit von L/ 500 erreicht wird. Bei diesen
Abmessungen ergeben sich für den Träger unter der fahrenden Last im passiven
Zustand des Systems deutlich sichtbare Verformungen von 35mm. Eine weitere
Reduzierung des Trägerquerschnitts ist aufgrund der sonst auftretenden Schwingungen
nicht empfehlenswert. Die Auflager wurden als V-Stützen ausgebildet, um eine
Einspannung des Trägers an den Feldenden zu erreichen. Auf der einen Seite ist die V-
Stütze vertikal und horizontal unverschieblich auf dem Schlitten der Linearachse
befestigt. Auf der anderen Seite ist die V-Stütze auf einer Wägezelle vertikal aufgelegt.
Um die Messung der Auflagerkraft in der Wägezelle nicht zu beeinflussen, war es
erforderlich, die horizontale Lagerung reibungsfrei auszubilden. Da ein Druckklotz mit
einer Teflongleitbeschichtung die vertikale Auflagerkraft noch zu stark beeinflusst hat,
wird als horizontales Lager ein Zugstab an der V-Stütze befestigt, der in 20 cm
Entfernung zum Auflager horizontal gehalten wird.

Als Sensor zur Ermittlung der Lastlage wurde ein Kraftaufnehmer (KD24s der Fa. ME-
Systeme) zur Messung der vertikalen Auflagerkraft gewählt. Bei der Wahl der Wägezelle
ist eine sehr große Messgenauigkeit von Bedeutung, um Störeinflüsse zu minimieren.
Zur Auswertung der Signale des Kraftsensors über eine Steuerung ist ein
Messverstärker (GSV-1 der Fa. ME-Systeme) erforderlich, der dem Kraftsensor den
erforderlichen Strom liefert und dessen Ausgangsignale so verstärkt, dass bei

70
Entwerfen adaptiver Strukturen 6 Konstruieren adaptiver Strukturen

Vollbelastung des Kraftsensors das Ausgangssignal aus dem Messverstärker den


Bereich von ± 5 V abdeckt.

Als Aktuator am anderen Auflager wurde ein Schrittmotor mit Linearachse gewählt. Die
daran angeschlossene Steuerkarte verarbeitet die eingehenden Signale aus der
Steuerung des Gesamtsystems und setzt diese in rechts- oder linksdrehenden
Motorschritte mit verschiedenen Geschwindigkeiten um. Schrittmotoren sind in der
Programmierung einfach zu steuern und anhand der ausgeführten Schritte ist eine sehr
genaue Positionskontrolle möglich. Nachteilig ist ihr ruckartiges Anfahrverhalten. Dieses
kann jedoch durch Programmierung von Anfahrtsrampen minimiert werden.

Für die Steuerung des Gesamtsystems wird ein Mikrocontroller genutzt. In voneinander
unabhängigen Prozessen wird einerseits die Fahrt der Last gesteuert, zum anderen
ermittelt der Prozessor anhand der eingehenden Signale aus dem Kraftmesser die Lage
der Last und steuert abhängig von dieser den Aktuator. Das Programm erfasst die
Eingangsspannung am Controller mit einer Frequenz von 10 MHz und ermittelt aus 10
Messungen einen Mittelwert. Somit können eventuell auftretende Störeinflüsse aus
Schwingungen minimiert werden. Die Programmierung des Mikrocontrollers erfolgt in
der Sprache C2, die syntaktisch C ähnelt, sich aber in einigen Details auch an Pascal
oder Basic anlehnt.

In Abb. 6.1 ist das System im passiven und adaptiven Zustand gegenübergestellt. Die
vertikalen Verformungen im passiven System betragen ca. 35 mm.

Abb. 6-1: Gegenüberstellung passives (oben) und adaptives (unten) System

71
Entwerfen adaptiver Strukturen 7 Zusammenfassung

7 Zusammenfassung und Ausblick

7.1 Zusammenfassung
Im Rahmen dieser Arbeit wird das Lastpfadmanagement vorgestellt, mit dessen Hilfe
adaptive tragende Strukturen entworfen werden können. Adaptive Elemente werden
hierbei nicht nur als Hilfsmaßnahmen angesehen, um einzelne Probleme des
Tragverhaltens zu lösen, sondern die Adaptivität wird von Anfang an in den Entwurf mit
einbezogen. Hierzu eignet sich das Verfahren der Kraftpfadoptimierung, mit dem
optimale Kraftpfade bei vorgegebener Geometrie entwickelt werden können. Weiterhin
kann eine gleichzeitige Formoptimierung durchgeführt werden. Mittels der
anschließenden Berücksichtigung der geometrischen Kompatibilität werden die für die
Adaption notwendigen Veränderungen im Tragwerk bestimmt. In diesem Schritt werden
auch vorhandene Verformungsrestriktionen berücksichtigt. Die Auswahl der zeitlich
varianten Elemente erfolgt mit einem Effizienzindikator und Untersuchungen zur
Regelbarkeit. Der mögliche Ausfall der Regelung wird durch ein fail-safe - Konzept im
Rahmen der Arbeit berücksichtigt. Hiermit wird die Grundlage für den Entwurf sicherer,
redundanter adaptiver Tragstrukturen gebildet.

Durch den Einsatz von Energie als „tragendem Element“ entsteht ein für das Bauwesen
vollkommen neuer Aspekt: der Einfluss der metabolischen Kosten auf das
Erscheinungsbild der optimierten Struktur. Dieser in der Natur selbstverständliche
Aspekt kommt bisher in technischen Anwendungen nicht zum Tragen. Der Einfluss von
metabolischen Kosten auf das Erscheinungsbild der Strukturen erfordert eine neue
Herangehens- und Denkweise beim Entwerfen tragender Strukturen.

Die Leistungsfähigkeit adaptiver Strukturen wird anhand nummerischer Beispiele


dargestellt. Insbesondere bei Berücksichtigung von Verformungsrestriktionen kann das
Gewicht der tragenden Struktur drastisch reduziert werden. Die Möglichkeit, die
Verformungen auf „Null“ zu reduzieren, bedeutet nicht nur eine quantitative
Verbesserung, sondern eine auch qualitativ neue Möglichkeit, da dies einer unendlichen
Steifigkeit entspricht, die bei passiven Systemen nicht erreichbar ist.

Adaptive Strukturen müssen letztendlich dieselben Kriterien wie herkömmliche


Tragwerke erfüllen, und zwar besser oder mindestens ebenso gut: Funktionalität,
Sicherheit, Wirtschaftlichkeit, Zuverlässigkeit, Dauerhaftigkeit und ästhetische
Anforderungen. Nur so können die notwendige Akzeptanz für diese neue Technologie
geschaffen werden und neue Qualitäten des Bauens in der Zukunft entwickelt werden.

7.2 Ausblick
7.2.1 Tragwerk

Aufbauend auf den hier untersuchten Aspekten sind in weiterführenden Arbeiten noch
zusätzliche Überlegungen auf konzeptioneller Ebene durchzuführen. Neben einer
Betrachtung am dreidimensionalen System ist eine Anwendung auf Flächentragwerken
möglich. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Betrachtung von zeitlich varianten
72
Entwerfen adaptiver Strukturen 7 Zusammenfassung

Formänderungen des Systems, d. h. einer Formanpassung an verschiedene Lastfälle.


Ebenso ist die Berücksichtigung von geometrischen und physikalischen Nichtlinearitäten
notwendig. Weiterhin kann aufbauend auf dem in dieser Arbeit vorgestellten Verfahren
der Kraftpfadoptimierung eine Erweiterung der Optimierung hinsichtlich des
Topologieentwurfes, z. B. in Kombination mit evolutionären Strategien, durchgeführt
werden. Durch den immer weiter geführten Leichtbau sind auch dynamische Aspekte zu
berücksichtigen.

7.2.2 Aktuatoren, Sensoren und Regelung

Der momentane Entwicklungsstand der Aktuatoren ist noch nicht ausreichend, um


hochintegrierte adaptive Systeme zu entwickeln. Bei den einzigen Aktuatoren, deren
aufnehmbare Kräfte und erreichbaren Auslenkungen in einer baupraktischen
Größenordnung und entsprechendem Kostenrahmen liegen, handelt es sich um
hydraulische, pneumatische und elektromechanische Aktuatoren. Im Bereich der
smarten Materialien sind die möglichen Längenänderungen der Aktuatoren insbesondere
bei piezoelektrischen Werkstoffen noch nicht ausreichend. Neue Tendenzen, wie die
Entwicklung von piezoelektrischen Aktuatoren mit großen Hubwegen werden von
Anderson et al. (2002) beschrieben.

Es ist in naher Zukunft wünschenswert, neuartige Aktuatorsysteme zu entwickeln, die


auf smarten Materialien basieren, gleichzeitig aber baupraktische Dimensionen
erreichen. Nur so lassen sich diese Systeme in adaptive Strukturen wirklich integrieren,
ohne „nur“ Zusatzbauteile zu sein. Idealerweise handelt es sich hierbei um
Funktionsmaterialien ohne bewegliche Bauteile (wie bei herkömmlichen Aktuatoren), um
den Wartungsaufwand zu minimieren. Die Entwicklung „neuer“ Materialien ist (neben
der Informationstechnologien) ein wesentlicher Aspekt für das Entwerfen adaptiver
Systeme. Interessant sind beispielsweise neue Entwicklungen von steifigkeitsvariablen
Materialien, die von Tanaka et al. (2003) beschrieben werden. Weitere Möglichkeiten
bieten neuartige Materialien mit sensorischen Fähigkeiten, mit denen der
Beanspruchungszustand ständig überwacht und eventuell auftretende Schäden
frühzeitig erkannt werden können. Darauf aufbauend können selbstheilende Werkstoffe
entwickelt werden.

Neuartige piezoelektrische Aktuatoren bieten die Möglichkeit energy harvesting -


Systeme einzusetzen. Hierbei kann die extern in das System eingebrachte Energie
gewonnen werden (DARPA 2003). So ist es denkbar, dass während der nichtadaptiven
Lastfälle Energie gespeichert wird, die dann für die Adaption während der kritischen
Lastfälle zur Verfügung steht. Man spricht von hochintegrierten Systemen (embedded
systems), wenn neben aktuatorischen und sensorischen Fähigkeiten auch noch der
informationsverarbeitende Teil des Systems in die tragende Struktur integriert werden
kann. Diese, sowie MEMS (Mikro-elektro-mechanische-Systeme) werden von Garg et al.
(2001) und Chong und Garboczi (2002) beschrieben. Die Entwicklung von evolvable
hardware, d. h. sich selbst konfigurierenden Systemen, wird vollkommen neue

73
Entwerfen adaptiver Strukturen 7 Zusammenfassung

Möglichkeiten bieten. Die Ursprünge liegen im Bereich der Elektronik, mittlerweile


werden aber auch Anwendungen in der Raumfahrt diskutiert (NASA 2002).

Im Rahmen weiterer Untersuchungen ist die gleichzeitige Berücksichtigung der Regelung


einzubeziehen. Hierbei sind Punkte, wie nicht zu vermeidende Zeitverzögerungen und
daraus resultierende Instabilitäten des Systems, sowie eine reduzierte Wirksamkeit zu
berücksichtigen. Die Entwicklung zuverlässiger, redundanter Informationssysteme ist
zwingende Voraussetzung, um eine ausreichende Systemzuverlässigkeit zu
gewährleisten.

7.2.3 Wirtschaftlichkeit

Bei einer ökonomischen Betrachtung adaptiver Systeme ist es ganz wesentlich, nicht
nur die Investitionskosten, sondern auch die Betriebskosten zu berücksichtigen. Eine
gesamtwirtschaftliche bzw. eine volkswirtschaftliche Untersuchung, z. B. unter
Berücksichtigung von Verkehrseinschränkungen durch Autobahnbaustellen infolge
Brückensanierungen, ist sicherlich wünschenswert und sinnvoll, wenn auch schwierig
und komplex in ihrer Durchführbarkeit. Gegenstand weiterer Untersuchungen ist daher
die Bewertung hinsichtlich der Investitionskosten im Vergleich zu den Betriebskosten.

Bei der Betrachtung adaptiver Systeme ist zu erwarten, dass bei den Investitions- wie
auch bei den Betriebskosten jeweils Vor- und Nachteile auftreten werden. Zum einen
werden die Investitionskosten durch aktuatorische und sensorische Bauteile steigen –
dies kann, wenn auch nicht komplett, durch Einsparungen infolge einer Reduktion des
Materialaufwandes ausgeglichen werden. Zusätzliche Betriebskosten entstehen durch
den Energiebedarf. Durch die ständige Überwachung und die Kenntnis des
Bauwerkszustandes kann auch erreicht werden, dass die Wartungs- oder
Reparaturkosten gesenkt werden können. Insbesondere Infrastrukturprojekte sind hierbei
hervorzuheben, da sie eine sehr wichtige und wertvolle Rolle spielen.
Reparaturmaßnahmen sind hier mit hohen volkswirtschaftlichen Kosten verbunden.

7.2.4 Full-scale testing und Realisierung

Die Implementierung der vorab beschriebenen Gedanken in Großversuchen ist


notwendig, um ausreichend Erfahrung hinsichtlich der Funktionalität und Dauerhaftigkeit
zu erlangen. Eine realistische Kosten-Nutzen-Bewertung ist nur durch eine
Lebensdaueruntersuchung möglich (Chong und Garboczi 2002).

Ein für den Erfolg adaptiver Strukturen wichtiger Aspekt ist aber auch die
Bauausführung. In diesem Bereich sind teilweise erhebliche Steigerungen der
Qualitätsansprüche nötig, um die notwendige Präzision und damit die Funktionalität
dieser Systeme zu erreichen. Problematisch ist hierbei, dass im Bauwesen relativ wenige
Erfahrungen zur Bauwerksüberwachung und der daraus resultierenden Notwendigkeit
der Integration elektronischer Bauteile in die Tragstruktur vorliegen.

74
Entwerfen adaptiver Strukturen 7 Zusammenfassung

Weiterhin erfordert die Integration von elektronischen Bauteilen in mechanische


Systeme im Bauwesen eine intensive Zusammenarbeit der beteiligten Fachdisziplinen (z.
B. Werkstoffe, Mechanik, Elektronik, Herstellungsverfahren, Datenverarbeitung, etc.).

7.2.5 Nutzerakzeptanz
Neben den verschiedenen technologischen Aspekten sind auch die psychologischen
Einflüsse zu untersuchen, wenn das Tragwerk durch elektronische Bauteile beeinflusst
wird und dabei die Gebrauchstauglichkeit und eventuell auch die Tragfähigkeit
gewährleistet wird. Es zeigt sich allerdings in anderen Bereichen, wie der Luftfahrt oder
auch dem Automobilbau, dass dies von der breiten Mehrheit der Nutzer akzeptiert wird
– auch wenn dafür mit Sicherheit eine gewisse Eingewöhnungszeit notwendig wird.

Weiterhin zu berücksichtigen ist auch die Tatsache, dass es sich im Bauwesen in der
Regel um einzigartige Projekte handelt, die nicht in Serie gefertigt werden. Dies ist auch
ein Grund für die vorherrschende konservative Einstellung vieler am Bau Beteiligter und
erklärt auch den Widerstand gegenüber unkonventionellen Technologien.

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80
Entwerfen adaptiver Strukturen Lebenslauf

Lebenslauf

Patrick Teuffel
Dipl.-Ing.

Geburtstag: 22.07.1970
Geburtsort: Aachen
Familienstand: ledig

Anschrift: Leuschnerstr. 57
70176 Stuttgart
pt@patrick-teuffel.com
www.patrick-teuffel.com

Ausbildung

1977 – 1981 Grundschule Holzgerlingen

1981 – 1990 Abitur - Schönbuch-Gymnasium Holzgerlingen


1991 – 1996 Bauingenieurstudium (Dipl.-Ing.) an der Universität Stuttgart

Berufliche Tätigkeit

1997 – 1999 Tragwerksplaner bei Ove Arup & Partners, London


1999 - 2003 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Leichtbau Entwerfen
und Konstruieren (ILEK) an der Universität Stuttgart
seit 2003 eigenes Ingenieurbüro in Stuttgart

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