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Definition:
• Ensemble sehr verschiedenartiger Genres und Gattungen der Musik
• spielt im Alltag fast aller Menschen – wenn auch im Einzelnen auf sehr
unterschiedliche Art und Weise – eine bedeutende Rolle
• wird massenhaft produziert, verbreitet und angeeignet
• lässt sich nicht auf einen Katalog von Merkmalskomplexen festlegen
• ist vielmehr als Resultat eines komplexen soziokulturellen Prozesses anzusehen
• dessen Hauptakteure (Musiker*innen, Publikum und Musikindustrie) suchen ihre
Vorstellungen darüber gegeneinander auszuhandeln und durchzusetzen
• ist institutionalisiert in den globalen, regionalen und lokalen Musikmärkten, die mit
ihrer Struktur und den herrschenden – zumeist ökonomisch vermittelten – Macht-
verhältnissen einen Rahmen setzen
• ein Syntheseprodukt aus:
o volksmusikalischen Traditionen
o der artifiziellen Musiktradition
• allerdings keine Weiterentwicklung der Volksmusik unter bloß veränderten
Bedingungen, weil:
o klare Trennung von musikalisch produzierenden und musikalisch konsu-
mierenden Gruppen
o ausgewiesene Autorschaft der Komponist*innen
o Verbreitungsform auf der Grundlage technischer Medien (Druck oder Schall-
aufzeichnung)
o Massenproduktion nach zunehmend industriellem Muster mit arbeitsteiliger
Organisation
o Funktion in der Lebenspraxis primär Unterhaltung
Formen:
• bisher in den westlichen Industrieländern folgende Formen:
• praktisch angewandte Musik wie die Marschmusik und die Tanzmusik
• Unterhaltungsmusik wie die Salonmusik, die Kaffeehausmusik, die Barmusik, die
Blasmusik und die sog. „populäre Klassik“
• unterhaltendes Musiktheater wie die Operette, das Musical und die musikalischen
Possen und Schwänke des 19. Jahrhunderts
• die Musik der Revue, des Vaudeville, des Varietés, des Kabaretts, der Music Hall,
des Zirkus usw.
• aus ihrem ursprünglichen ethnischen und funktionalen Zusammenhang heraus-
genommene und zur Darbietung gebrachte bzw. durch Massenmedien verbreitete
Volksmusik
• selbständig gewordene Liedformen wie das Couplet, das Chanson, der Schlager und
das Brettllied
• volkstümliche Lieder des 19. Jahrhunderts wie der Gassenhauer, das Küchenlied,
der Bänkelgesang, die Moritat usw.
• politische Lieder wie die Topical Songs, Protestsongs, Union Songs und Strike
Ballads usw.
• Filmmusik (besonders bis zum Zweiten Weltkrieg)
• afroamerikanische Musik bis hin zum Jazz (im 20. Jahrhundert mit stark zuneh-
mender Bedeutung)
• Rock(-musik) (seit Anfang der 1960er Jahre)
• Pop(-musik) (seit Mitte der 1970er Jahre)
• Musik als emotionelles Stimulans oder rein illustratives Mittel, als musikalischer
Hintergrund für artistische oder sportliche Darbietungen, die Werbemusik, die
funktionelle Musik und die Hintergrundmusik
• Kennmelodien oder Signature Tunes usw.
• „Massenkultur“ (Alltagskultur): zu Grunde liegt ein anderer Begriff von Kunst mit
anderen ästhetischen Wertbeziehungen und sozialen Normativen als in der sog.
„Tonkunst“ (die Subjektivität des Ausdrucks, die differenziert strukturierte
Gestaltung, die rationalisierte Konstruktivität, das Werkganze usw. spielen eine
andere Rolle)
Spannungsverhältnis:
• Beginn des 19. Jahrhunderts: Idee der populären Musik, „die jedermann verständ-
lich und behaglich fällt“ (Aufklärung)
• im 20./21. Jahrhundert: auf einer Vielzahl von Instanzen und Aktionsfeldern werden
heftige Auseinandersetzungen geführt, um:
o kulturelle Leitbilder und Wertorientierungen
o Marktanteile
o die Vorherrschaft von Technologien
Entwicklung:
• im 19. Jahrhundert Etablierung einer eigenständigen und autarken Institution mit
eigenen Regeln und Gesetzmäßigkeiten (Ballsaal, Unterhaltungsbühne, Varieté,
Volkstheater, öffentliche Plätze, gastronomische Betriebe vom Gartenlokal bis zu
den Vergnügungsetablissements)
• mit der vollen Entfaltung der Industriegesellschaft an der Wende vom 19. zum 20.
Jahrhundert (Angleichung der Lebensbedingungen in den urbanen Ballungszentren,
Trennung von Arbeitszeit und Freizeit, Hervorbringung ausgeprägter Rekreations-
bedürfnisse) entstehen kulturelle Massenprozesse wie Sport, Spiel und Unter-
haltung mit der festen Integration der zugehörigen Praktiken in den Alltag ihrer
Trägerschichten
o Auflösung der sozialen Verortbarkeit
o jedes Musikstück schafft sich ein eigenes Rezeptionsfeld über seine ursprüng-
lichen Adressat*innen hinaus
o Herausbildung des Arrangeurs als spezifisch musikalisches Berufsfeld
Literatur (Auswahl):
• einführende und Überblicksliteratur:
o Peter Wicke, Art. „Populäre Musik“. In: Ludwig Finscher (Hg.), Die Musik in Geschichte und Gegen-
wart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. 2., neubearb. Ausg. Kassel u. a.: Bärenreiter-Verlag, Stutt-
gart – Weimar: J. B. Metzler, 1997, Sp. 1694-1704, und in: MGG Online, hg. von Laurenz Lütteken.
Kassel, Stuttgart, New York: Bärenreiter-Verlag, J. B. Metzler, Répertoire International de Littérature
Musicale, 2016 ff., https://www.mgg-online.com/mgg/stable/13286 (07.10.2019).
o Peter Wicke, Von Mozart zu Madonna. Eine Kulturgeschichte der Popmusik. Leipzig: Gustav Kiepen-
heuer Verlag, 1998.
o Peter Wicke (Hg.), Rock- und Popmusik (Handbuch der Musik im 20. Jahrhundert 8). Laaber: Laaber-
Verlag, 2001.
o Richard Middleton, Studying Popular Music. Milton Keynes – Philadelphia: Open University Press,
1990.
o Richard Middleton (Hg.), Reading Pop. Approaches to Textual Analysis in Popular Music. Oxford – New
York: Oxford University Press, 2000.
o Richard Middleton, Art. „Popular music in the West“. In: The New Grove Dictionary of Music and
Musicians. 2nd Edition, hg. von Stanley Sadie. London und Ney York: Macmillan Publishers, 2001, Bd.
20, S. 128-153, und in: Grove Music Online / Oxford Music Online. Oxford University Press,
https://doi.org/10.1093/gmo/9781561592630.article.43179 (07.10.2019).
o Simon Frith, The Sociology of Rock. London: Constable, 1978.
o Simon Frith und Andrew Goodwin (Hg.), On Record. Rock, Pop, and the Written Word. New York:
Pantheon Books, 1990.
o Keith Negus, Popular Music in Theory. An Introduction. Cambridge: Polity Press, 1996.
o Keith Negus, Producing Pop: Culture and Conflict in the Popular Music Industry. London u. a.: Arnold,
1996.
o Simon Frith, Performing Rites. Evaluating Popular Music. Oxford – New York: Oxford University Press,
1998.
o David Hesmondhalgh und Keith Negus (Hg.), Popular Music Studies. London: Arnold, 2002.
o Roger Beebe, Denise Fulbrook und Ben Saunders (Hg.), Rock over the Edge. Transformations in Popu-
lar Music Culture. Durham – London: Duke University Press, 2002.
o Helmut Rösing, Albrecht Schneider und Marin Pfleiderer (Hg.), Musikwissenschaft und populäre
Musik. Versuch einer Bestandsaufnahme (Hamburger Jahrbuch für Musikwissenschaft 19). Frankfurt
a. M. u. a.: Peter Lang, 2002.
o Walter Grasskamp (Hg.), Was ist Pop? Zehn Versuche. Frankfurt a. M.: Fischer-Taschenbuch-Verlag,
2004.
o Andy Bennett, Barry Shank und Jason Toynbee, The Popular Music Studies Reader. London – New
York: Routledge, 2005.
o David Brackett (Hg.), The Pop, Rock, and Soul Reader. Histories and Debates. New York – Oxford:
Oxford University Press, 2005.
o Mellone V. Burnim und Portia K. Maultsby, African-American Music. London – New York: Routledge,
2005.
o Andre Millard, America on Record: A History of Recorded Sound. Cambridge: Cambridge University,
2005.
o Rupa Huq, Beyond Subculture. Pop, Youth and Identity in a Postcolonial World. London – New York:
Routledge, 2006.
• Bibliographien:
o John Shepherd u. a. (Hg.), Popular Music Studies. A Select International Bibliography (Encyclopedia of
Popular Music of the World [1]). London – Washington: Mansell Publishing, 1997.
o Philip Tagg, Laura Leante und Christophe Pirenne (Hg.), Popular Music Studies Database,
http://iismc.cini.it