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Kultur Dokumente
2018
1 Allgemeines
Aufteilung:
Was aktuell als Kultur bezeichnet wird, war vor ein paar Jahrzehnten maximal als Volkskultur bezeichnet
denkbar
Der Kulturbegriff ist dynamisch und nicht statisch.
Aufklärung
Samuel Pufendorf (1672): Ausbildung der leiblichen, seelischen und geistigen Fähigkeiten, zur
Vervollkommnung der menschlichen Natur → eher kleine Schicht mit finanziellen Mitteln wie Obesduant/
Adel
Kant (1790): Befreiung des Menschen aus seiner natürlichen „Rohigkeit“, Entwicklung zum vernünftigen
Wesen.
Im frühen 18 und späten 19. Jahrhundert entwickeln sich die Bedeutungstendenzen von Kultur, die wir
heute noch finden
→ immer nicht eher Ausschluss der Bäuerlichen, aber schulische Ausbildung gewinnt zunehmend an
Bedeutung (weit verbreitete Schulpflicht ab 19. Jh.), Kultur nicht mehr nach der Obersicht zugänglich.
Seit dem frühen 19. Jh. 3 Tendenzen in der Bedeutung von Kultur:
1. Tendenz zur Idealisierung des Kulturbegriffs (bis ca. 1960er in Deutschland präsent; Deutschland hatte im
Kulturbereich gewisse Strahlkraft; Kultur z.B. von Goethe und Schiller geprägt kanonisierte Vorstellung, was
deutsche Kultur ist; fast alle Nationalstaaten versuchen ab 19. Jahrhundert Summe der geistigen Errungenschaften
als eigentliche Kultur zu verstehen; Begriff der Aufklärer jeder ist durch Erziehung kultivierbar). Gegensatz zum
Alltagskulturbegriff, den wir aktuell zunehmend verwenden.
2. Internalisierung (man hat Kultur oder nicht internalisiert, nicht bewusst geistig schaffbar; man ist Kulturmensch
oder nicht, Sozialisierung durch kulturelles Umfeld; Kulturbegriff der Romantiker, die sich von Aufklärern absetzten
wollten. Kultur nicht regional gesetzt, kann somit nicht bewusst erlernt werden. Vor allem im Kontext der
Kolonialisierung (Rassismus beruht u.a. auf internalisiertem Kulturbegriff)
3. Empirischer Kulturbegriff (offener Kulturbegriff was ist empirisch für bestimmte Region, Zeit, Schicht
feststellbar? Offener weiter empirischer Kulturbegriff: nicht idealisiert, nicht internalisier. Ohne normative Wertung;
v.a. im wissenschaftlichen Bereich seit dem späten 18. Jahrhundert feststellbar (z.B. bei Herder); alle
Erscheinungsformen der jeweiligen Zeit und der Menschen; v.a. im angelsächsischen Raum nach wie vor verbreitet
Edward Burnett Tylor (fast alle angelsächsischen Kulturwissenschaftler berufen sich auf seinen Kulturbegriff) in
Primitive Culture 1871: „Culture, or civilization, taken in its broad, ethnographic sense, is that complex whole which
includes knowledge, belief, art, morals, law, custom, and any other capabilities and habits acquired by man as a
member of society.”Edward Burnett Tylor (1832-1917) (Deutsch: “Kultur – im weiten ethnographischen Sinne des Wortes – […] ist jenes komplexe Ganze, das Wissen,
Glauben, Kunst, Moral, Recht, Sitte, Brauch und alle anderen Fähigkeiten und Gewohnheiten umfasst, die der Mensch als Mitglied einer Gesellschaft erworben hat. Die Art der Kultur
verschiedener menschlicher Gesellschaften ist, wenn sie nach allgemeinen Prinzipien untersucht wird, ein Gegenstand, der die Erforschung der Gesetze menschlichen Denkens und
Handelns ermöglicht.”)
Kritik an Tylors Kulturbegriff: Er sucht nach Gesetzen (sehr naturwissenschaftlich); bei uns eher Modellvorstellungen
ergründen); ab ca. 1800 werden europaweit von Tylor beschriebene Kategorien (wie Wissen, Glauben, Moral, Kunst,
Recht etc.) verwendet, um “Land und Leute” zu beschreiben); seit 1970ern in Deutschland weiter verbreitet.
Weitere Tendenzen des Kulturbegriffs oder Kombinationen vorhanden, die aber nicht so große Strahlkraft
haben.
Weitere Tendenz: Antikulturalisten: Es gibt keine Kultur, grundsätzliche Ablehnung
Grimms, Herder, Riehl als führende Kulturforscher ab 18. Jahrhundert haben sich teilweise auch
idealisiertem oder internalisiertem Kulturbegriff angenähert
„Kultur ist alles, was der Mensch geschaffen hat“ ist nicht ganz so sinnvoll, eher spezifisch auf dem jeweiligen
Kontext bezogen hilfreich → unterschiedliche Vorstellung von Kultur.
Um 1900 Volkskultur normativ abwertend (nicht Kultur erster Klasse, sondern der einfachen Leute);
Volkskultur und Eliten-/Hochkultur, v.a. von gehobenen Kreisen verwendet
Volkskultur nicht negativ gemeint, sondern um 1900 hohe Wertschätzung (vgl. bspw. Rezeption bei „Blaue
Reiter“) führte zur Sammlung beispielsweise in Museen
Massenkultur: Kultur, die man eigentlich nicht als Kultur bezeichnen konnte; ungeformt, träge,
unberechenbar, ideologisch beeinflussbar (Gegensatz zu Volkskultur, Volkskultur geschätzt, Massenkultur
nicht)
Mode oder Schlager im Gegensatz zu Volksliedern oder Trachten als Volkskultur
Kultur (bürgerliche Kultur) > Volkskultur („unverändert“, „alt“) > Massenkultur
Volkskultur erfährt Ideologisierung und Überhöhung v.a. im Nationalsozialismus (in Verbindung mit
biologistischen Verständnis) ab 1960ern Volksbegriff in KuWi in Kritik Abwendung vom Begriff und von
Fachbezeichnung; in letzten Jahren Volksbegriff auch von Intellektuellen wieder aufgegriffen (z.B. von
Bourdieu) Überwindung des ideologischen Ballasts; evtl. wird Volkskulturbegriff wieder aktuell bzw.
„verwendbar“
Suche nach ideologisch neutralem Begriff: Alltagskultur (häufig aber nur Volk durch Alltag ersetzt)
Alltagskulturbegriff ist universell (umfasst auch Festkultur)
Alltagskulturbegriff scheint derzeit an Bedeutung zu verlieren, da Kulturbegriff derzeit tendenziell wieder
weiter gefasst wird und daher nicht unbedingt eine Differenzierung notwendig ist
→ Innerhalb nur einer Generation des starren Kulturbegriffs/ Kanon verändert hin zu einem offenen, erweiterten.
25.10.2018
2.5 Erkenntnisinteressen
Was will und kann das Fach leisten: „… Analysiert die Vermittlung (die sie bedingenden Ursachen und die sie
begleitenden Prozesse) von kulturalen Werten in Objektivationen (Gegenstände) und Subjektivationen
(immaterielle Kultur).
Ziel ist es, an der Lösung sozio-kulturaler Probleme mitzuwirken.“ (Martin Scharfe, 1970,
Falkensteiner Tagung)
Sehr ambitionierte Definition (nicht nur Rettung von Kultur), die analysieren und vermitteln soll; Geist der
1960er Jahre
Aber: nicht nur auf gesellschaftliche Bedeutung/Problemlösung beschränken, da sonst Abhängigkeit von
wirtschaftlichen Interessen bestehen kann
Beispiel für neue Themen: Herbert Schwedt: Kulturstile kleiner Gemeinden (in dieser Zeit viel Kritik, da man
sagte, kleine Gemeinden könnten keinen eigenen Kulturstil haben; heute Arbeiten wie diese „normal“); oder
Protestkulturen
Mit anderem Fachverständnis tauchen neue Forschungsfelder auf.
Kulturverständnis ändert sich noch vor weniger Jahren nicht denkbar ländliche Prozesse als Forschungsfeld
anzusehen.
„Vermutlich ist alles, was über Kultur zu sagen ist, schon einmal formuliert worden und mehr als eine Variation des
Aktbekannten kaum zu erhoffen. Aber es ist natürlich unmöglich, dass alle bemerkenswerten Gedanken und
Betrachtungsaspekte, die je geäußert wurden, in jedem Diskussionszusammenhang präsent sind.“ (aus Gerndt:
Kulturwissenschaft im Zeitalter der Globalisierung, 2002, S. 191)
Enge Kulturdefinitionen meist überholt, zu weite („Alles, was der Mensch gemacht hat“) wenig brauchbar, um etwas
analysieren zu können
„Wir alle setzen voraus, dass es Kultur gibt; Kulturbesitz und Kulturverhalten unterscheiden den Menschen vom Tier.
Was Kultur aber genau bedeutet, lässt sich nicht von vornherein und ein für alle Male bestimmen, sondern gewinnt
aus jeder Betrachtungsperspektive andere Akzente. Kultur erscheint darum eher als ein offenes Erkenntnisfeld denn
als abgrenzbarer Gegenstand. Kein Forschungsobjekt, sondern ein Forschungsfeld fordert unser Interesse.“ (aus:
Gerndt: Kultur als Forschungsfeld München 1981)
Kulturbegriff wird immer wieder neu erfunden oder akzentuiert, letztlich ist er aber immer wieder an den drei
Grundtendenzen orientiert Eigentlich gibt es wenig Neues.
2.7 Definitionen
Die VKW analysiert und vergleicht systematisch die Alltagskultur der breiten Bevölkerung Europas in Gegenwart und
Vergangenheit.
8.11.2018
Seit 19190er in verschiedenen Instituten ein fester Bestandteil ist die Vergleichende Kulturwissenschaft.
Bereits davor, da bereits häufig Referenzen zugezogen worden sind. Vergleich ist eine grundsätzliche
Arbeitsweise vieler verschiedener geisteswissenschaftlicher Wissenschaften. Primär in den 19Jhd dazu
genutzt um Gesetzmäßigkeiten zu finden. Man ist nicht davon ausgegangen, dass ähnliche kulturelle
Ausdrucksformen in verschiedenen Kulturregionen entstehen könnten. Kulturen nur von innen zu verstehen
und als abgeschlossener Raum, als etwas Einzigartiges, dass nicht bei anderen sich auch vollziehen kann.
Frühere Vorstellung basierte auf dem Gedanken geschlossenen Kulturräumen, innerhalb derer sich die
älteren Kulturen ohne jeglichen Austausch und Kontakte entwickelt hätten.
Seit 1990ern Kulturvergleich nicht nur in unserem Fach, sondern auch in weitern geisteswissenschaftlichen
Fächern prägend → 1990er: Kulturvergleich „kommt in Mode“
Grund: nahendes neues Jahrtausend (Man wollte feststellen, ob sich wirklich etwas geändert hat, wie es laut
den zahlreichen postmodernen Theorien hätte geschehen sollen.) („Feststellung der Gültigkeit
postmoderner Theorien“)
Statt „Gesetze“ eher „Modellvorstellungen“ verwenden (Gesetze nicht passend, da diese etwas „Festes“
darstellen)
Fast alle Sozialwissenschaftler betreiben Kulturvergleich (man will wissen, wo man gerade steht) immer der
Hintergrund, dass man laufende Modernisierungsprozesse als Referenz hat
VKW: exemplarisch und qualitativ unsere Befunde in größeren Zusammenhang stellen
Kulturentwicklungen sind nicht immanent. (kulturelle Ausdrucksformen gibt es in ähnlicher Form häufig auch
in anderen Ländern) Es gibt keine geschlossenen Kulturen, sondern es gibt Wechselwirkungen,
Kulturaustausch, -kontakt und -konflikt.
Ein Faktor wurde immer unterschätzt: Mobilität. Trugschluss, dass nur die Moderne mobil sei, entsteht erst
im 19.Jahrhundert, zu dem Zeitpunkt als Fahrräder und die Eisenbahn Verbreitung gefunden hat bzw
erfunden worden ist. Reisen, Arbeit, Saisonale Mobilität. Peter Harsche stellt fest, dass die Zahl der Feiertage
im katholischen und evangelischen Europa 150 überschritten hat. (Sonn- und Feiertage), diese Tage konnten
genutzt werden um Kirchweihen und Feste anderer Gegenden besuchen zu gehen. Bilderhändler waren
unterwegs. Wallfahrer waren bereits im späten Mittelalter unterwegs, dann spätes 17., frühes
18.Jahrhundert. Wallfahrtsorte 5mal so groß wie die großen Städte (150000 Besucher gegenüber 30000
Einwohner Regensburg und anderen Städten). Feiertage und Wallfahrten wurden abgeschafft (uneheliche
Kinder). Kirchweihen wurden zusammengelegt. Weitere Einschränkung durch die Industrialisierung, da
keinen Urlaubsanspruch und Feiertage. Durch aufklärerische Reformprozesse und die Industrialisierung sind
ausschlaggebend für den Rückgang der Mobilität.
Problem: Fehleinschätzung der Forscher des 19./20. Jahrhunderts, was die Mobilität der Menschen früher
betrifft
Historiker: Im Mittelalter und der Frühen Neuzeit war nur etwa ein Drittel der Bevölkerung sesshaft, der Rest
war „mobil“ ( breite Schichten der Bevölkerung „unterwegs“)
Bis Aufklärung: ca. 150 Feiertage pro Jahr (teilweise noch mehr)
Hohe Mobilität (Zeit für Fahrten zu Festen an anderen Orten viele uneheliche Kinder etc.)
Durch Aufklärung Einschränkung der Feiertage (ca. 20 + Sonntage; anfangs auch Sonntage als
Arbeitstage; bspw. Verschiebung aller Kirchweihen auf einen Termin statt mehrerer Wochenenden;)
mehr Arbeit (bzw. höhere Arbeitszeit)
Weniger Mobilität (später war der Sonntag zwar wieder frei, dieser Tag konnte dann aber nicht mehr so
stark zum Feiern genutzt werden zunehmende Immobilität)
1870er: Beamte (nur höhere Beamte) haben als erste drei Tage Urlaubsanspruch pro Jahr (markanter
Wendepunkt, da vorher niemand Urlaub bekam); Arbeiterschaft: erst um 1. WK Urlaubsanspruch
3.1.2 Stereotypisierungen
Lieder, Witze, Schwänke beinhalten Wahrnehmung der Nachbarn, der anderen Völker. ZB Völkertafel von
1720/30 elf Nationalitäten werden mit Charakteristika belegt, (Wien?). Wiener Völkertafel aus der Zeit um
1720/30: Tafel mit Fragen wie „Wie vertreiben sich die Völker die Zeit?“ Franzose: „betrügen“, Spanier:
„spielen“ etc.
Dahinter stecken theoretische Überlegungen und nicht Beobachtungen (Vorstellung, dass Völker
unterschiedlich ausgeprägtes Temperament haben; und in kalten Ländern sind Menschen weniger aktiv als
in warmen Ländern). Augsburger Bildvorlage zur Völkertafel aus Wien frühes 18.Jahrhundert. Also gibt es
verschiedene Völkertafeln.
Germania von Tacitus: Germanen trinken viel Bier (Ursprung: Herodot, der diese Eigenschaft aber
ursprünglich auf die Perser bezog)
Auswirkungen: Mit Wiederentdeckung der Germania „erfuhren“ die Deutschen, „dass sie gerne Bier trinken“
(bis dahin eher Wein) Entwicklung des Bildes vom biertrinkenden Deutschen
3.1.3 Alltagspraktiken
Differenzbetrachtung, die wir alltäglich vollführen. These: Immer schon auf der Suche nach
Gemeinsamkeiten und Abgrenzungen um unter anderem eine eigene Identität zu schaffen. „Immer das
Interesse an Abgrenzung“. Interesse auch an militärische und politische Standpunkte der anderen Völker um
mögliche Konflikte zu vermeiden bzw sich darauf vorbereiten zu können. Wissenschaftliches Einsetzen erst
spätes 18. Frühes 19.Jahrhundert durch die Einführung der Kulturwissenschaft.
Oft Beobachten („Ausspionieren“) von Nachbarn (potentielle Konkurrenten) Deuten von Kulturen „schon
immer“ vorhanden (Reflexionen über das Fremde z.B. schon im Mittelalter)
(Vico, Rousseau, Herder) In den Schriften dieser drei Theoretiker sind fast alle Ansätze der modernen
Kulturwissenschaft zu finden.
Große Theoretiker, der die christliche Kultur hinter gefragt hat. 1725
Italiener und Geschichtsphilosoph. Geboren in Neapel, damals mit 400.000 Einwohnern eine der größten
Städte Europas, z.B. größer als Rom und Paris; zu Neapel: Königreich Neapel, aber unter spanischer
Herrschaft zur Geburt Vicos; später gehörte Neapel zu Österreich und noch später zu den Franzosen. Sein
Vater war Buchhändler, der lesen und schreiben konnte. Kleine Wohnung für eine 10köpfige Familie.
Vernünftige Ausbildung, Jesuiten Kolleg, studierte juristische und theologische Vorlesungen, 1698 Lehrstuhl
für Rhetorik, schlecht bezahlt. 1736 Mitglied der neapolitanischen Akademie und bezog mehr Geld. Das
Jenseits spielt eine große Rolle für die damalige Zeit und auch für Vico. Begründer des Antipositivismus und
Wegbereiter aller Geistes- und Naturwissenschaften. Erkenntnisorientiertes Modell, das nicht positivistisch
ist.
Prinzipien einer neuen Wissenschaft über die Natur der Völker, für welche die Prinzipien eines anderen
Systems des Völkerrechts wiedergefunden werden.
Die Verhältnisse, in denen Vico aufwuchs, waren bescheiden, aber durchaus gebildet (Vater Buchhändler)
Hauptwerk: „Principj di una scienza nuova“ (1725) (Prinzip einer neuen Wissenschaft über die Natur der
Völker, für welche die Prinzipien eines anderen Systems des Völkerrechts wiedergefunden werden)
Interesse an die alten Kulturen und nicht an den religiösen Kulturen
3.2.1.1 Antipositivismus
Alle Wissenschaften waren theologisch, naturwissenschaftlicher, rechtswissenschaftlicher Natur und
Medizin. Über Textarbeit, aber nicht über Versuchsanweisungen können zu Ergebnissen führen.
Hermeneutik gab es bereits in der Antike.
Vicos Denken orientierte sich nicht am positivistischen Erkenntnismodell der Naturwissenschaften, wobei er
der erste war, der dieses Modell in Frage stellt. Dies war der Beginn der Aufspaltung in Natur- und
Geisteswissenschaften. Vico wollte ein geschichtsphilosophisches Verstehen der menschlichen
Kulturentwicklung.
(Positivismus: „Der Positivismus ist eine Richtung in der Philosophie, die fordert, Erkenntnis auf die Interpretation von „positiven“ Befunden zu
beschränken, also solchen, die im Experiment unter vorab definierten Bedingungen einen erwarteten Nachweis erbrachten.“
Antipositivismus: „Der Antipositivismus ist in der Sozialwissenschaft die Ansicht, dass der Empirismus und die wissenschaftlichen Methoden in
der Entwicklung der Gesellschaftstheorie und der Empirischen Sozialforschung abgelehnt werden müssen. Als antipositivistisch werden in den
Sozialwissenschaften auch Forschungsmethoden bezeichnet, die ausdrücklich eine qualitative Ergänzung quantitativer Erhebungen fordern.“)
Descartes: All unsere Sinne können uns täuschen (deshalb Geisteswissenschaften nicht als Wissenschaft
angesehen). Vico wollte diesen Zweifel an den Sinnen aus dem Weg räumen: „Da „alles wirkliche Wissen ein
Wissen von Ursachen ist“, andererseits „die zu erforschende geschichtliche Welt des Menschen gewiss vom
Menschen selbst gemacht worden ist“, muss sich die Wahrheit aus dem Geschaffenen selbst erkunden lassen.
Die Prinzipien der menschlichen Kulturen sind demnach durch den menschlichen Geist zu erfassen.“ (Principj di
una scienza nuova)
‚Das „alles wirkliche Wissen ein Wissen von Ursachen ist“, andererseits „die zu erforschende geschichtliche
Welt des Menschen gewiss vom Menschen selbst gemacht worden ist“, muss sich die Wahrheit aus dem
Geschaffenen selbst erkunden landen. Die Prinzipien der menschlichen Kulturen sind demnach durch den
menschlichen Geist zu erfassen.‘
Wie hat sich die menschliche Entwicklung von statten gegangen. Bis dahin war die Meinung, dass man darüber
nicht nachdenken muss. Gott hat den Menschen erschaffen und die Entwicklung ist unvorhersehbar und Gott
lenkt dies und man kann keinen Einblick haben. Er sagt nun, dass der Mensch selbst verantwortlich ist.
Möglichkeit zu verstehen warum die Entwicklung sich so ergeben hat. Kulturen sind Resultate des
menschlichen Geistes, und dies muss erfassbar sein. Dazu Sprache, Gepflogenheiten, Rituale, Bräuche um dies
erfassen zu können. Er sagt, am Ende kommt das letzte Gericht (Frage: seine Meinung oder ein Zugeständnis zu
machen um eine Zensur zu vermeiden). Oder meinte er: Gott schuf die Welt, Menschen gestalten sie, aber am
Ende kommt man wieder zu, Anfang und das Ende gestaltet Gott von dem Menschen und der Welt.
Dass Erkenntnistheorie gestützte Disziplinen als Wissenschaften anerkannt werden, geht auf Vico zurück!
Welche Kulturellenformen der Völker haben? Wie kleiden sie sich? Wie Wohnen sie? Was steht hinter dieser
Kulturentwicklung? Würden die Menschen begraben oder nicht begraben? Was ist Dasein Verständnis?
Geboren in Genf als Sohn eines Uhrmachers; verlässt Genf mit 10 Jahren, nimmt verschiedene Lehrstellen an,
ab 16 Jahren in Turin verhungert fasst, wird katholisch um Essen zu bekommen ( Konvertierung zum
Katholischen Glauben; später Calvinismus); (Er lebte zwar im 18. Jahrhundert, aber er lebte an vielen
verschiedenen Orten und Ländern keine Immobilität!!) Landstreicher und Musikant durch Italien, Schweiz
und Frankreich. 1731 Paris. 1740 Hauslehrer, Sekretär der französischen Botschafter in Venedig, lernt Aufklärer
kennen, reist viel, publiziert, zieht häufig um.
Rousseau: Durch zunehmende Kultivierung entfernen wir uns von der Natur.
Homme naturel Homme civil
Kultur für Rousseau: kulturelle Umformung der Natur des Menschen
Empirische Erfahrung
Er hat sehr emanzipatorisch geschrieben. Zentrale Kultur, Theoretiker in jedem Wert, Buch über Kultur.
Nach Rousseau beginnt die Kulturgeschichte des Menschen mit dessen Entfremdung von der Natur. Dabei
prägen drei Grundgedanken Rousseaus Kulturkonzept:
1. Kultur als Naturentfremdung: Durch das Intellekt kulturelle Umformung Tugenden
2. Kultur als moralischer Verfall: Moderne Gesellschaft ist eine Konkurrenzgesellschaft durch Besitzdenken und
Beherrschung anderer geprägt, natürliche Güte wird überdeckt
3. Kultur als Verfallstheorem: man glaubte an eine Versittlichung und Humanisierung, R dagegen ist vom Gegenteil
überzeugt. Je höher die Entwicklung, desto Sittlichkeit (Theorem: aus Axiomen einer wissenschaftlichen Theorie gewonnener Satz;
Lehrsatz)
Im Gegensatz zu Vico sehr negatives Bild von Kultur bei Rousseau
Rousseau lehnt „aufgeklärten Weltbürger“ ab, plädiert eher für überschaubare „Volksgemeinschaften“
Romantik: Man glaubte, dass die „natürliche Moralität und Sittlichkeit“ noch in entlegenen Gegenden zu
finden ist (bei armen, einfachen Leuten)
1749: Lektüre des „Mercure de France“: „Hat der Fortschritt der Wissenschaft und Künste zur Läuterung der
Sitten beigetragen?“ (Preisfrage der Académie de Dijon)
1750 beantwortete ROUSSEAU die Preisfrage, ob der Fortschritt von Wissenschaft und Kunst zur Läuterung von Sitten und Moral beigetragen
habe (Discours sur les sciences et les arts). Hier entfaltet ROUSSEAU erstmals die für ihn charakteristische fortschrittspessimistische
Perspektive in Bezug auf die Gattungsgeschichte der Menschen und stellt sich damit in einen deutlichen Gegensatz zum herrschenden
aufklärerischen Fortschrittsoptimismus: Die zeitgenössische Welt ist nicht die einer emanzipierten Gesellschaft; sie ist im Gegenteil durch
Selbstentfremdung und durch den Zerfall von Sittlichkeit und Moral gekennzeichnet. Der Fortschritt in Wissenschaften und Künsten ist
ursächlich an diesen Entfremdungs- und Zerfallsprozessen beteiligt. ROUSSEAUs Discours wurde ausgezeichnet, er selbst durch seine Antwort
bekannt. (...) Großen Einfluß auf die Pädagogik übte der zunächst heftig kritisierte Erziehungsroman Émile ou de l'éducation (1762, Émile oder
über die Erziehung) aus. ROUSSEAU stellt hier - als Gegenbild zu der (...) angeprangerten Entfremdung, die die moderne Zivilisation prägt - die
gelungene Sozialisierung eines einzelnen dar. Ziel der gelungenen Erziehung ist Émiles Liebes- und Toleranzfähigkeit sowie seine soziale und
familiäre Bindung in kritischer Loyalität. Der Erzieher hat in ROUSSEAUs Konzept mehr die Aufgabe, die Anlagen und Fähigkeiten des
Individuums den verschiedenen Kindes- und Jugendaltern gemäß zu wecken und sich entwickeln zu lassen, als selbst aktiv diese zu bilden - in
der Anlage ist der einzelne gut, erst durch die verdorbene Gesellschaft kommt das Böse in und über ihn (HÜGLI/LÜBCKE 1995).
Medizin, Theologie, Philosophie studiert. Hat sich unter anderem mit Rousseau beschäftigt. Lehrte in Riga,
unternahm eine Reise. Begründer der Sturm und Drangs nach dieser Reise, auf der er seekrank wurde, dachte
er könnte sterben und wurde kritisch gegenüber den Aufklärern. Trifft u.a. Lessing, Goethe. Herder schlägt
Goethe vor, Volkslieder zu sammeln und sich mit dem einfachen Volk zu beschäftigen. Goethe holt Herder als
Schulminister nach Weimar. Nicht mehr dem Gedanken verfolgt einer immer weitergehenden höher
werdenden Entwicklung der menschlichen Kultur. Herder sagt aber auch, dass es früher auch Elend und Hunger
und schlechte Menschen gab. Folgt nicht mehr der Kritik von Rousseau
Für unser Fach bedeutender Theoretiker
Pietistisches Elternhaus
Studium vieler verschiedener Fächer in Königsberg ( Kant)
Kontakt mit jungem Goethe in Strasbourg schickt ihn zur Sammlung von Liedern in möglichst entlegene
Gegenden
Herder: „Volkspoesie“ statt „Kunstpoesie“ (erstere als „die einzig wahre Poesie“)
1778/79 Volksliedsammlung
Unterschiedliche Völker, unterschiedliche Kulturen. Bildung der Kultur Europas.
Übergeordneter Bildungsprozesse zur Universalien Humanität
Zwar von Kant geprägt, geht aber auch in Richtung Rousseau
Kritik an Rousseaus Kulturpessimismus
Man kann Menschen mit „Humanität ausstatten“
Es gibt „Kulturmuster“, durch die man den Menschen aus seiner Umgebung heraus verstehen kann.
Der Mensch ist abhängig von natürlichen Umständen Aneignung einer bestimmen Kultur
Kultur an Parametern festmachbar
Herder ebnet Weg zu empirischer Forschungspraxis (schon Anfänge bei Vico) Kontakt zu den Menschen
Herder folgt zwar einerseits romantischen Kulturformen Rousseaus, grenzt sich aber auch von Idealisierungen
(wie z.B. Antike) ab.
Kulturvorstellung Herders: eher internalisierter Kulturbegriff (anstatt idealisierter Kulturbegriff z.B. bei
Winckelmann)
Vico: Sprache → Rousseau: Sprache → Herder: einfasst Empirie: Empirische zu forschen.
Er war überzeugt, dass unterschiedlichen Kulturen unterschiedlichen Ausdrucksformen haben. An Hand dieser kann
man Kulturen unterscheiden und differenzieren. Alle Kulturen sind unterschiedlich, unter anderem weil die
Rahmenbedingungen anders sind. Die Faktoren, die geographischen müssen besser betrachtet werden. Wendet sich
gegen den Klassizismus, der die Vorstellung, dass es eine Spitze der Kultur gibt, könnte die Antike sein.
Lehnt ab „früher war alles besser“ von Rousseau, aber übernimmt auch Teile seiner Theorie. Er geht davon aus, dass
es eine Individualität von Kulturen gibt, diese macht sich fest an. Gegen klassizistische Rangehensweise, die davon
ausgehen, dass es einen Maßstab gibt, an dem jede Kultur bemessen wird (zB Griechische Antike als idealtypische
Normen für eine Kultur). Edle Einfalt und stille Größe wurde in der griechischen Antike gesehen, dies war die Norm
an der Kultur bemessen wurde, dagegen argumentierte Herder. „macht einen blind für die Eigenart der Kunst“, ist
ein Kommentar zu Winkelmann (?) Behauptung die griechische Antike ist die reine, perfekte Kultur. Maßstab kann
man nur aus der jeweiligen Kultur nehmen, sagt Herder. Eigenart und Wertvorstellung nur aus der jeweiligen Kultur
entwickelbar. Greift Rousseau und Vico auf. Bibel prägte stark das Bild wie sich Kultur und Gesellschaft entwickeln
wird.
Zwar viele Kulturtheorien, aber wenige, auf die sich die meisten Theoretiker beziehen
Herder (eigentlich Aufklärer, stellt später ratio in Zweifel)
- Zweifelt an rationaler, aufklärerischer fortschrittsorientierter Kultur
- Aber auch nicht wie bei Rousseau („Früher war alles besser.“)
- Sondern: Individualität von Kulturen
- Richtete sich gegen klassizistische Vorstellung beispielsweise von Winckelmann (griechische Antike als
idealtypischer Maßstab für Kultur Wie weit ist die jeweilige Kultur von der griechischen Antike entfernt?)
Herder: Klassizismus macht „blind“ für eigentliche Kultur
- Herder: Keine Eindimensionalität wie bei Winckelmann, sondern Fokus auf Eigenartigkeiten (z.B. Wie
gestalten Menschen ihren Alltag? Was erzählen sie sich? Wie kleiden sie sich?)
- Maßstab für Kulturen aus ihrer Eigenart heraus (nicht griechisches/europäisches Verständnis für die ganze
Welt verwenden)
- Herder greift z.B. Vico und Rousseau (in Teilen) auf
- Wichtig: Dem Menschen zuwenden!
Schwellen-/Sattelzeit: spätes 18. und frühes 19. Jahrhundert (Begriff geprägt von Historiker Reinhart Koselleck
in 70er Jahren; Ausdruck für fundamentale Veränderungen auf dem Weg zur Moderne)
- Im 18. Jahrhundert wird kultureller Fortschritt von einem kleinen Kreis von Aufklärern mit der Überzeugung
gleichgesetzt, dass der Mensch befähigt sei, sich höher zu entwickeln. Der aufklärerische Kulturbegriff folgt
dem Fortschrittsdenken und wird als selbstreflexiver Begriff verwendet.
- Im ausgehenden 18. Jahrhundert hegten Aufklärungskritiker Zweifel an der Vernunftbegabung und an einer
entsprechenden Kulturentwicklung.
- Aus der Aufklärungsskepsis entwickelte sich die romantische Kulturtheorie.
Die Romantik greift durchaus Elemente der Aufklärung auf!
Aufklärung: dazwischen Französische Revolution 1789: man kann viel über Aufklärung reden, aber es kommt
bei den Menschen nicht an nicht alle Personen waren im 18. Jahrhundert aufgeklärt!
15.11.2018
4. Fachgeschichtliche Grundzüge
Es gibt kein fixes Datum, mit dem die Geschichte der VKW/Europäischen Ethnologie beginnt.
Letztlich hängt es vom heutigen Erkenntnisinteresse und Fachverständnis ab, wo man die Geschichte des
Faches beginnen lässt, sodass es in Europa teilweise erhebliche Unterschiede gibt. Zwischen dem späten 19.
und dem frühen 20. Jahrhundert etabliert sich die Volkskunde als Wissenschaft
Lange Zeit Volkskunde bei Germanistik angesiedelt
Wiederentdeckung (1457/58) der Germania von Tacitus (basiert nicht auf empirischer Forschung)
Schedelsche Weltchronik (1493) (ca. 1800 Holzschnitte mit Städten und Landschaften Interesse an Land und
Leuten
Reiseberichte (z.B. Felix Fabris Reisen 1483/84 nach Jerusalem)
Um 1500 großes Interesse an „Land und Leuten“ (im 17. Jahrhundert wenig Interesse daran, sondern eher an
Merkwürdigkeiten)
Interesse an Kuriositäten
Kameralistik und Statistik befassen sich mit dem Alltag der „einfachen Bevölkerung“ (man wollte aber auch
Wirtschaftskraft und wirtschaftliche Daten aufnehmen)
Differenziertes Interesse an Ernährung, Arbeiten, Wohnen
Warum Interesse an „Banalitäten“? Lebensgewohnheiten erfassen
Dokumentation einer „im Verschwinden begriffenen“ Kultur z.B. Gründung des Germanischen
Nationalmuseums, Verein für Volkskunde, Freilichtmuseen; Zeitschriften
Reflex auf Modernisierungsprozesse
Riehl 1858: Vortrag „Die Volkskunde als Wissenschaft“ (Riehl: Volkskunde als Dachwissenschaft für
verschiedene Disziplinen über breite Bevölkerung)
19. Jahrhundert
„Nationale Wiedergeburt“
Nach NS-Zeit in den 60er/70er Jahren Aufarbeitung und Weiterentwicklung (Subjektzentrierung)
Gründung des „Germanischen Nationalmuseums“ (1890)
1858 Wilhelm Heinrich Riehl (1823-1879) hält in München einen programmatischen Vortrag über die
Volkskunde als Wissenschaft.
Was war die Motivation der Grimms, „abergläubische Ammenmärchen“ zu sammeln? (trotz des Spotts der
Aufklärer?)
Insgesamt sieben Jahre, bis die erste Auflage der KHM (900 Stück) verkauft waren
Rezension Prof. August Wilhelm Schlegel (1767-1845; kommt aus Umfeld von Herder): „Wenn man […] die
ganze Rumpelkammer wohlmeinender Albernheit ausräumt, und für jeden Trödel im Namen der ‚uralten Sage‘
Ehrerbietung begehret, so wird in der That gescheiten Leuten allzu viel zugemuthet.“
Der Bereich in Frage des Erzählens.
Die räumliche Dimension und Richtung Ritual
22.11.2018
die verlorenen Welten. Alltags und Bewältigung durch unsere Vorfahren- und weshalb wir uns heute so schwer
damit tun.
Es gab eine andere Form des Erzählens (eigenes Leben) die Lebenserwartungen waren nicht hoch. Währen des
18. und 19 Jh. haben viele neue geborene nicht überlebt, das wurde durch die medizinische Versorgung
geschafft.
Ein Grund für Großen Familien. Heuten im Schnitt relativ lang halten, was früher der Fall nicht war.
Partnerwahl war auch von den Eltern übernommen. Die Ökonomie hat eine Rolle gespielt. Es kam häufig vor,
dass ein Partner gestorben ist und dann der überlebende Partner wieder geheiratet hat und meistens einen
jüngeren Partner.
Das Denken, die Handlung und das Kommunizieren wurden von Lebenslang bestimmt. Viele Menschen sind an
Hunger, Pest usw. gestorben. Dieser Angst findet heute nicht mehr statt.
Die Angst vor Sozialen sich zu vergiften, sich falsch zu ernähren, der Schule. Diese Situationen haben sich
verändert und das widerspiegelt sich in der Art und Weise, wie wir unsere Biographien erzählen.
Die Grundthese dieses Buch hat dazu geführt, dass die niedrigleiten an Bedeutung gewinnen.
Vorstellungsverhältnis, die im 18. Jh. eine andere Dimension hatte.
Große Veränderung passieren auch über die Emotionen, die Gefühle
Bild: Ulrich Bräker (1735-1798) mit seiner Ehefrau. Der war der erste einfache Mann, der seine Autobiographie
geschrieben und veröffentlich hat.
Das Buch war das beste Beispiel, dass die einfachen Leute auch denken und Gefühle haben.
Der Mann hat berichtet, er hatte Schwierigkeiten mit dem Namen seiner Großmutter und über seine Vorfahren
hat er ganz wenig gehört, nichts Schlechtes, aber auch nichts Gutes. Die Familia war arm und hat an Hunger
gelitten.
Ann Wimschneider; Herbstmilch: Als dieses Buch publiziert wurde, dachte der Verlag es wurde sich lohnen. Es
war erfolgreich und war außergewöhnlich: Wer hat sich in der 80. Jahre für das Leben einfache Leute
interessiert?
Bäuerliche Welt ohne industrielle Einflüsse. Es ist wie ein autobiografisches Erzählen einer Bäuerin. Viele
Menschen in der Stad (alte Damen) haben berichtet, dass es genauso wie damals war, so war ihre Kindheit.
Dieses Buch der Lebensgeschichte einer ganzen Generation erzählt.
Ein Aspekt: Verhältnis von Mann und Frau: Männer haben das Leben der Frauen bestimmt. Frauen durften
nicht zur Schule gehen.
Diese Realität war die Realität einer ganzen Generation in der 80er Jahre.
In Amerika gab es in dieser Zeit ein Seminar: autobiographisches Schreiben. Eine Frau hat sich schwergetan,
weil in ihr Leben nicht passiert hat. Laut der Frau: Meine Kindheit war wie andere, wir waren nicht reich und
nicht arm. Das hat die Menschen interessiert.
Biographisches Erzählen ist ein spannendes Thema
29.11.2018
Seit 19. Jahrhundert auch Bräuche oder personale Beziehungen als Bestandteil der Heimat/regionalen Identität
Veränderbar
Heimat: ein Begriff, der im Moment eine Konjunktur erlebt. Zuerst in der Form des ganz konkreten Wohnhauses
in dem wir leben. Das ist eine Ebene und die andere Ebene ist eine gewisse Hinsicht die eine komplexe kulturelle
und idiologische
Räume mir kultureller Vorstellung aufgeladen sind.
Konkrete Heimatverständnis und ein Verständnis, dass eine räumliche Beheimatung gewährlistet
Seit 1960er in Wissenschaft: Scheu im Umgang mit Heimat (ideologisch belastet und Kitsch). Dieser Heimat
Begriff ist in der 50er, 60er, 70er Jahre entstanden. Es ging um den Verlust der Heimat nach dem Krieg, eine
Industrie um das Sentiment der Heimat, Heimat und Heimweh Industrie mit Liedern, Literatur, Filme. Was als
Heimat dargestellt wird, ist meistens eine Konstruktion, was zunehmen in der Kritik gerät.
1962: Moser „Vom Folklorismus in unserer Zeit“ (Folklorismus: industriell gefertigte Massenprodukte etc.)
Daraufhin Bausinger: Breite Akzeptanz der „folkloristischen“ Elemente, Unterscheidung echt – unecht schwierig
Weitgehender Rückzug aus Heimatdiskurs in VKW
Stattdessen Region
Ähnelt in vieler Hinsicht Heimatbegriff
Von lateinisch regio
Entdeckung der regionalen Kultur regionale Identität (auch in Politik wichtig)
Identifizierung des Einzelnen mit seinem Lebensraum herstellen
Unterscheiden zwischen personaler und kollektiver Identität
Verbindliche Definition schwierig
Kollektive Identität: Gruppenspezifische Kulturformen
Sehr viele Ansätze situationsabhängig für einen Identitätsbegriff entscheiden
Die Darstellung hat wenig mit der Realität zu tun und das zunimmt als Klischee. Die Intellektuellen und Politiker
distanzieren sich von diesem Bild und suchen ein neues Bild, ein Bild der Region und die regionale Identität. Die
Zeit für kritische Heimatbilder.
Der Begriff der Region und regional Identität ist an der Stelle von Heimat getreten, was auch eine
Herausforderung für die Gesellschaft ist, weil die Regionen flexibel sind, die Städte werden immer großer und die
Mobilität ist groß.
Wie scheint ein Identitätsgefühl in einer globalisierten Welt?
In der 80er Jahre hat man Kulturreferenzen, die meine es sei sehr wichtig.
Identität Stiftung und Schaffung und der Heimat Begriff verloren gegangen ist.
Es ist kein Begriff, der man heute noch verwendet. „Heimatministerium“ hat eine politische Bedeutung.
Heimat ist in den letzten Jahren eine neue Bedeutung und spielt immer noch in der Politik eine besondere Rolle.
Der Heimat/Identität ist kein unkritischer Begriff.
Wohnen und Wohnkultur, die unsere Alltagskultur dargestellt.
Für lange Zeit dachte man dieses Thema war nicht relevant, aber es zeigte, dass das Wohnen viel über die
Gesellschaft zeigt.
Die Frage: Wie man wohnen möchte?“ ist nicht neue. Es gibt unzählige Ratschläge, wie man eine Wohnung
einrichten können. Es gibt immer wieder neuen Medien, die vermitteln, wie können wir selbst realisieren.
Ausstellung eines Hauses mit hoher Flexibilität und Modernität (auch „Haus der Zukunft“; 2006):
3 Räume im EG mit jeweils eigenem Eingang, Zugang zum Bad und zum Garten; Treppen führen alle in einen
großen Gemeinschaftsraum, der drei Türen zur Terrasse hat (man kann allein sein oder auch „Gemeinschaft
erleben“) sowohl für Familien, Studenten/allg. WGs, Wohngemeinschaft für ältere Menschen etc.
Auch über die Lage eines Wohnorts kann eine unterschiedliche kulturelle Wertigkeit ausgedrückt werden.
Möbel verweisen auf unsere personalen und sozialen Wertigkeiten. Einrichtung des Hauses, dazu gehören
Mobiliar, was scheint banal zu sein. Aber ist ein wesentlicher Aspekt der Kulturindustrie und die sagen viel über
uns.
Möbel: psychische, soziale, modische Ebene
Der Bedeutungsebene Gerndt: Möbel als Gebrauchsobjekt: aus die Betrachtungsebene geht es um die
instrumentelle Handhabung, also die Primärfunktion. Verwahren von Kleidung und Tuchballen usw. Das ist die
Primärfunktion. die Bedeutung stimmt (festgesetzter und kontrollierbarer Zweck wie Stuhl). Möbel als Zeichen:
es geht um die „geistige“ Bedeutung d.h. um die insb. Im Dekor manifesten Informationen über die Bedeutung
des Objekts für Hersteller, Auftraggeber usw. Funktionalität: ästhetische Dimension. (Infos über Bedeutung für
Besitzer, wie Heiligenbild in Schrank Frömmigkeit), Möbel als Indikator: es geht um die Einsichten in
überindividuelle „abstrakte“ Sinnzusammenhänge.
Funktionen sind nicht immer eindeutig und nicht immer ablesbar
Z.B. Stuhl: Alter Stuhl als Repräsentation, Deko, Kleiderablage
Tatsächliche Funktion: Viel Hintergrundwissen über Besitzer nötig
Regionale Differenzen, Moden (Farben, Motive, Techniken), Kreativität, Themen über form- und
stillgeschichtlichen Wandel. Aspekte, die man betrachten kann. Stehen die Möbel im Widerspruch mit der
moralischen Werten?
Der Kontext muss auftauchen
Methodische Schwierigkeit u.a.: zu Grunde liegende Prämissen reflektieren!
Historische Möbel: Wenig Infos über kulturelle Wertigkeiten etc. Antiquitätenhandel schwierig für KuWi
Erheblicher Teil der „Bauernmöbel“ sind eigentlich für bürgerlichen Kontext gemacht nicht „Schöpfung einer
dörflichen Gemeinschaft“
Neusath-Perschen: erst Aufbau von Häusern, dann Inventar; später: Prüfung des Inventars fast nichts
stammte wirklich aus der Oberpfalz! ABER: auch früher war nicht alles aus der Oberpfalz (Heirat etc.); außerdem
wenig über Entstehungskontext
Vor allem vor 19. Jahrhundert sehr schlechte Quellenlage in der Oberpfalz
Bauerschrank und die Vorstellung ist, dass es ein Schrank, der einen Bauer gehört hat oder dass ein Bauer
gemacht hat. Der Bauer ist bis heute nicht gefunden worden und es konnte sich um ein Missverständnis
handeln. Die Aufgabe des Tischlers war Tische und Stühle einzurichten. Man kann nicht etwas machen, weil man
talentiert ist. Das ist die Aufgabe von jemandem.
Diese Schränke sind nicht unbedingt in einem bäuerlichen Kontext produziert worden, sondern konnte auch in
Städte gemacht werden.
Möbel gekauft um die Häuser einzurichten. In der 80er Jahre kam es zu Schwierigkeiten zu beweisen, dass die
Möbel in den Antiquitäten Läden wirklich in den Orten des Ursprungs gefertigt worden sind.
Die Stücke erleben auch einen Wandel. z.B. ein Schrank, das eine Geschichte hat und einen funktionalen und
Bedeutung Wandel erfahren hat. Die Farben des Schrankes spiegeln den Zeitgeschmack. Anhand Bildes des
Schrankes zeigt, wie Möbel einen funktional und Bedeutung/Wertigkeit Wandel erfahren/umgehen (synonym).
Grenzwertigkeit in den funktionalen Wandel.
Bett für alle noch sehr jung (erst 2-3 Generationen). Das Bett: Ab der 50er Jahren und 60er Jahren ist ein
Ausdruck. Es wurde bewiesen, dass in Deutschland jeder, der wollte, ein Bett besitzt. Früher war es nicht der Fall,
in Zeiten des Krieges.
Frühe Darstellung eines Bettes auf der 12 Jh. Ein Bett ist nicht auf der breiten Bevölkerung zu finden.
Chiffre für Zufriedenheit und Geborgenheit. Das Bett gibt einen großen Grad der Zufriedenheit. In der 30er Jahre
ist eine Schlafräumlichkeit entstanden, aber kein Schlafzimmer, wie wir heute kennen
Regional deutliche Unterschiede
Zunehmende Intimisierung des Schlafens. Wachstum Scham und Peinlichkeit schwellen, die dazu geführt hat ein
eigenes Zimmer sich zu wünschen. Eine Entwicklung der Privatsphäre. Dieser Situation, ein Schrankbett hinter
dem Ofen war funktional. Frauen und Männer haben häufig getrennt geschlafen. Dieser Situation wurde
diskutiert, die Frage; ist das Moder? Voltaire ist in der Diskussion eingetreten und hat geäußert, es sei primitiv
Eigenes Zimmer für Bett war bis ins 20. Jahrhundert kaum verbreitet
Mehrere Personen nutzten ein Bett. Es gab eine Nutzung des Bettes von vielen Leuten und die Ärzte haben
hervorgehoben, dass das ein Grund für die Verbreitung der Krankheiten ist. Viele Leuten haben ein Bett genutzt.
Das war ein Schritt in den hygienischen Aspekt. Es war nötig, dass jeder ein eigenes Bett besitzt und dass das Bett
regelmäßig geputzt, gereinigt und gewechselt wäre.
Kurz nach 1500: Separierungsrozess von Schlafräumen in Oberschichten
Meist auf Boden oder im Stall geschlafen
Voltaire zu Niederdeutschem Hallenhaus: rückständig Justus Möser (1720-1794, greift für das
Niederdeutsche Hallenhaus 1780 Partei): „Ihre [Bäuerin] ist hinter diesem Feuer, und sie behält aus derselben
eben diese große Aussicht, sieht ihr Gesinde zur Arbeit aufstehen und sich niederlegen, das Feuer abbrennen
und verlöschen und alle Türen auf- und zugehen, höret ihr Vieh fressen, die Weberin schlagen, und beachtet
wiederum Keller, Boden und Kammer. Wenn sie im Kindbette liegt, kann sie noch einen Teil ihrer häuslichen
Pflichten aus dieser Schlafstelle wahrnehmen.“
Strikte Kammerbildung auch noch nicht im 18. Jahrhundert
Statt Bett Strohsack o.Ä.
5,8 Personen pro Haushalt im Schnitt
Bäuerliche Großfamilie erst ab 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts (bessere Hygiene und Medizin)
Städtische Gesellschaften: Betten zwar verbreitet, es hatte aber nicht jeder eines
Bett als Statussymbol
Bett als Prestigeobjekt → Bauer haben weniger Betten vorhanden. Reiche Bauer hatten Betten und sie waren
schön dekoriert. Sie haben dieses Bett aufbewahrt, aber sie waren nicht gewohnt auf dem Bett zu schlafen. Das
preußische Offizierkort war nicht gewohnt im Bett zu schlafen, das war einfach Prestige. Es hat 150 Jahre
gebraucht, bis das eine Realität geworden ist (Ein Objekt, das man haben muss). Eine Notwendigkeit, die man
sich leisten konnte
Bett nicht immer akzeptiert (z.B. neben oder unter dem Bett schlafen)
Städte: Schlafgängerwesen
Bett setzte sich in 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts durch
Sittlichkeitsdebatte um Betten/Schlafgängerwesen z.B. von Pastoren, bürgerlicher Mittelschicht
Bettenmangel als Grund für Infektionskrankheiten
Hygienischer Diskurs (neben Prestige) fördert den Besitz von Betten
Verlauf im 18./19. Jh.: Betten gehörten zur Hochzeitsausstattung, wurden aber teilweise nicht mal aufgebaut
(nur Prestige!)
Ab 19. Jh.: „Siegeszug“ des Bettes
1852: Berliner Arzt entdeckt „miserable Bettenversorgung im Spessart“, noch schlechtere Situation in Berlin;
Theorie: keine/wenige/„schlechte“ Betten als Hauptgrund für schlechte hygienische Zustände
Teilweise Teilen der Betten (z.B. je einer morgens/nachmittags/nachts „Schlafgängerwesen“ auf Grund der
Wohnungsnot/Kostengründen
Neben medizinischem Diskurs jetzt auch moralisch-sittlicher Diskurs („Mädchen werden verkuppelt, die
Männer fangen aus Scham zu trinken an)
Ab ca. 2. WK „träumt“ auch die normale Bevölkerung von eigenen Betten, aber erst ab wirtschaftlichen
Aufschwung der 60er/70er Jahre größtenteils realisierbar
Heute: Strenge Trennung von Wohn- und Schlafräumen wird wieder aufgelöst; Entwicklung der Betten wird auch
in Zukunft noch weitergehen!
Verbesserung der hygienischen und sozialen Bettsituation
Hygiene-, Gesundheits- und Moraldiskurs vor 2. WK bereits viele Betten, ab 60er/70er Jahren auch für breite
Bevölkerung möglich. Wir haben ein Prestige Diskurs, ein Hygiene Diskurs und ein Moral Diskurs und alles hat
dazu geführt, den Besitzt des eigenen Bettes. Der Traum von eigenem Bett ist der Traum, der im 20 Jh. realisiert
worden ist. Streng tabuisierter Raum (Schlafzimmer) in der Zeit der Großeltern. In der 70er und 80er Jahre sind
die Türe geöffnet worden
Betten deutliche Aufwertung (auch funktional)
Wohnkultur ist ein elementarer Bereich, in dem Identität ist wichtig sowie die Performanz. Die Art und Weise,
wie wir wohnen. Eine Herausforderung für die KW.
Die materiellen Rahmbedingungen haben erlaubt, eine eigene Wohnung einzurichten.
Möbel und Designermöbel waren nicht überall vorhanden. Nicht immer gab es die Möglichkeit, Möbel durch
Internet, was zu kaufen (Amazon, Ebay
Ikea als Beispiel für globalisierende Prozesse, die im 20. Jh. im Bereich der Wohnung stattgefunden hat.
1974 erstes IKEA in Deutschland
Möbelhaus von Ikea: 24Millionen mögliche Kunden: Ein Faktor, dass eine Leitfunktion in der Entwicklung hat.
Nachkriegsgeneration: Modernes, frisches Mobiliar. Ein Mythus von Ikea, das kultiviert wird. Eichenmobiliar ist
sehr stark mit der bürgerlichen Kultur verbunden ist. Ikea hat diese Idee nicht entwickelt, sondern die
Generation nach dem Krieg, die in der 50er und 60 er Jahre dieses Konzept entwickelt hat. Es ging um Kunststoff
mit neuen Farben.
Ikea kam mit einem neuen Programm auf dem Markt. Ikea tauchte in der 70er Jahre mit Holzwaren, echtes Holz
für echte Leute. Materialwertigkeit Umkehrung. Ikea nimmt dem Lack weg und macht Naturholz, was der
Generation zuvor nicht geschätzt hat.
„Warum fahren die Menschen zu KEA, warum freuen sie sich über den jährlich erscheinenden Katalog sowie
über den Brief einer längst verschollenen Urlaubsliebe aus den Abruzzen? Der Erfolg von IKEA hat wenig damit
zu tun, dass dort also so billig ist. Im Zweifelsfall bekommt man in Baumärkten viele vergleichbare Produkte
günstiger, aber darum geht es bei IKEA schon lange nicht mehr. IKEA ist ein Seismograph kollektiver Wünsche
und Ängste. Schon in den Produktnamen offenbart sich die gesellschaftliche Befindlichkeit direkter als in allen
soziologischen Studien.“ (Niklas Maak. In: SZ, 09.09.1999)
Die Leute sich mit diesem Material wieder identifizieren konnten. Eine jüngere Generation, die akademisch
gebildet ist und weißt nicht mehr, was in den nächsten Jahren machen wird (neue Arbeit, neue Stadt). Die
Möglichkeit ein eigenes Regal zu machen und selber die Dinge zu kombinieren, die Sachen zu gestalten. Dieses
Konzept hat mit Holz angefangen Ikea hat diese Idee verstanden, echtes Holz für echten Mensch.
Es kommt andere Bedürfnisse: Class und Style und Holz passt nicht dazu. Ikea hat eine Marktforschung, die
recherchiert, wohin den Style von jüngeren Leuten geht, damit sie diese Bedürfnisse aufdecken können.
Veränderung der Gesellschaft hat dazu geführt, wo fühlen sie sich wohl? Beheimatung und familiarisieren mit
Ikea Möbel. Eine Ikea Familie zu werden. Ein Wochenende Ausflug nach Ikea.
Bei IKEA bekommen alle Möbel einen Namen (mit Geschlechterspezifik: Gardinen weiblich, Schränke männlich)
IKEA ist etwas für „glückliche Paare“ (SZ 1999)
Ikea ist zum Kulturmuster geworden, Möbel als Orientierung im Alltag. Häufig kommt unbewusst eine Form von
Ikea, wenn man in einem Haus denkt
Unverwechselbarkeit, Gefühl von Orientierung und Heimat
Mit Ikea „austreiben“ der miefigen Nachkriegszeit
Das Einfache als schön
IKEA hat „den Deutschen schwere, langlebige Möbel ausgetrieben“ leichte Montage, leichtes Gewicht
leichter Wohnungswechsel
Corporate Identity: möglichst alle als Mitglied der Ikea-Familie
Bild: „Authentisches Chaos“ original „Studentenbude“ des 27-jährigen Studenten Jörg aus Münster. Im Rahmen
des Projektes „ZimmerWelten“. Die Studenten haben so viel Geld ausgegeben für diese Einrichtung und diese
Sachen.
Es ist bemerkenswert, welche Bedeutung die Wohnung bekommt.
Kinderzimmer rund um die Erde: 2 Bilder ein Zimmer in Neapel und im Kontrast mit einem Zimmer in Kentucky
(Kinderzimmer). Dann ein Zimmer in Rio (Couch auf der Straße) im Kontrast mit einem Apartment in New York
5th Avenue und Privatschule.
De Charakter ist sehr unterschiedlich und nicht alle haben die Möglichkeit das eigene Zimmer selbst zu gestalten.
Vor dem Krieg war hatten die Kinder keine Entscheidung, sie konnten nicht sagen, wie sie ein Zimmer wollten.
Sie hatten meistens kein eigenes Zimmer. Heute gibt es Möbel für Kinder und sie können auch entscheiden, wie
sie das Zimmer gestalten.
Die Zeit, wenn man beginnt ein eigenes Zimmer zu gestalten. Wie leben die anderen (Arbeiter, Akademiker)
Wandschmuck
Auch fehlendes Wandschmuck sagt etwas über Bewohner
Demokratisierungsprozess von Bilderwelten durch moderne Drucktechniken wie Lithografie
Früher Bilder als Privileg von Adel und Geistlichkeit
Preiswert von Bildern: je mehr ausgedruckt sind desto weniger der Preis. Heute hat man die Möglichkeit eine
Wohnung mit Kunst und Bilder zu dekorieren
Es gibt einen Unterschied zwischen die Bilder, die im Badezimmer oder im Schlafzimmer hängen. Oder eben
auch ein Minimalist, wo keine Bilder auf der Wand sind.
Bei den Studenten sind die Wände funktional und ikonographisch.
Bild: Heidihaus, Maienfeld 2005 (Originalbild) Heide eine literarische Kunstfigur. Viele Japaner reisen nach
Europa und wollen sehen, wo die richtige Heide gewohnt hat. Die japanische Verfilmung war viel erfolgreicher in
Japan als in der Schweiz.
Möbel und Wandschmuck: Sachkulturforschung (Spezifik von VKW)
Wohnkultur als „soziales Totalphänomen“
Wohnen als Form des sozio-kulturellen Handelns
Mit dieser Form der modernen Stile kommen verschieden Formen des Lebens vor.
Ästhetisierung der Wohnung. Aufräumen und Ordnung: nicht alles Sichtbar lassen. Man sieht auch Minimalismus
oder Neobarockisierung.
Pierre Bourdieu: nach seinem Konzept von Habitus→ Lebensstil, Habitus-Konzept, Kulturelles Kapital
Die Kruzifixe werden abgehängt (Zeitungsartikel)
Dekorationen währen des ganzen Jahres nach der Season (Weihnachten, Fasching, Ostern, Halloween) Ein
Thema, das man nicht gering schätzen soll.
13.12.2018
Wir machen uns unbewusst einen Teil der Tradition des Festes und Bräuche
Weihnachten und die Traditionen: Weihnachtsmann- Offizieller Ausstatter im Kaufland. Coca-Cola Tour im
Weihnachten wolle von dem britischen Parlament abgeschafft werden- heftige Diskussion vor Brexit.
Campaign am Christkind oder das Glauben an Nikolaus. Nicht alle Bräuche nicht von allem in gleicher Masse
genommen werden. Einige werden sabotiert oder kritisiert.
Muss man in einem Ort nicht nur geboren sondern auch Vorfahren haben, um in einer Bräuche teilnehmen zu
können oder eine Rolle zu übernehmen?
Wer gehört zu dem außen Welt?
Mythologisierung-Trend: Filme in den USA „Krampus“
Bräuche ist ein riesiges Thema. Keine einfache Frage zu beantwortet: Was ist eine Bräuche?
Wie finden wir ein Zugang zum Thema? Was verbindet wir damit?
Es war ein Begriff, den die breite Bevölkerung nicht kannte. Das heißt nicht, dass der Begriff nicht gibt.
Definitorische Merkmale einer Brauchdefinition
Ein Brauch hat eine gewisse Regelmäßigkeit, eine Norme. Z.B wann beginnt und Ende ein Fest (Weihnachten,
Ostern).
Brauch: das, was einen Tag vom anderen unterscheidet. Wir haben alle ein Konzept, aber wir machen es nicht
bewusst. Das ist etwas, das verschieden geschätzt wird. Wir haben eine verschiedene Qualität der Wochentage,
sie werden nicht gleich bewertet. Es gibt Tage, die eine Bedeutung haben und deswegen werden sie ritualisiert
Etwas strukturiert, akzentuiert, Haltepunkte bietet, Zyklizität herbeiführt
Zentrale psycho-soziale Bedeutung: Menschen können mit Erwartungshaltung auf etwas „hinleben“
Jeweilige Genese beachten
Etymologie:
- Das Substantiv „Brauch“ leitet sich von dem nach dem 8. Jahrhundert entstandenem Verb „brauchen“ ab,
was so viel wie „nutzen“, „genießen“, „nötig haben“ bedeutet.
- Erst nach etwa 1350 hat sich aus dem Verb „brauchen“ das uns heute geläufige Substantiv „Brauch“
entwickelt.
- In spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Quellen ist kaum von „Brauch“ die Rede.
- Eine Bedeutungsänderung hin zu unserer heutigen Wortbedeutung scheint sich erst um 1500 vollzogen zu
haben.
- Ältere Begriffe für Brauch waren „alte Gewohnheit“ oder „Herkommen“
Brauch nichts Nutzloses, sondern etwas Nützliches, Notwendiges
Standarddefinition: „Brauch ist zuallererst eine soziale Kategorie, bei der anders als bei einem Arbeitsgerät (als
Objektivation materieller Kultur) oder einem Lied (als Zeugnis geistiger Kultur) ein soziales Handeln
bestimmendes Moment ist. […] Brauch ist nun aber keine beliebige, spontan ablaufende Handlung, sondern
erfordert eine bestimmte Regelmäßigkeit und Wiederkehr, eine den Brauch ausübende Gruppe, für die dieses
Handeln eine Bedeutung erlangt, sowie einen durch Anfang und Ende gekennzeichneten Handlungsablauf,
dessen formale wie zeichenhafte Sprache der Trägergruppe bekannt sein muß.“ (Andreas Bimmer:
Brauchforschung. In: Grundriß der Volkskunde. 3. Auflage. Berlin 2001, S. 445.)
Brauch: ganz alleine kein Brauch, da soziale Gruppe notwendig
Regelmäßige Wiederkehr: Wie oft muss etwas stattfinden, um Brauch zu werden?
Klarer Anfang und Ende
derDie Frage, wann ist der 24.12 da? Kalender, die zu diesem Termin durchfuhren. Diese Erwartung kann al
positiv oder negativ betrachtet werden. Spannungsfeld zwischen Erwartung und Realität, was zu Konflikte
innerhalb einer Familie produzieren kann.
Ernst Klusen (1909-1988). „Fund und Erfindung“ (1969; bezogen auf Volkslieder)
Eric Hobsbawn (1917)/ Terence Ranger (1926): „invetion of tradition “
Fund und Erfindung ist immer etwas, mit dem man rechnen muss. Nicht unbedingt entspricht die Realität. Es
wird schnell Deutung hineinprojiziert.
Bräuche, die ein hohes Alter erreichen, müssen sich an kulturelle Gegebenheiten anpassen Kontinuität durch
Wandel
Beispiel: relative formale Kontinuität, aber mit anderer Bedeutung oder anderen Funktionsträgern
Auf welcher Ebene ist Kontinuität? zeitlich, formal, Trägergruppe, Funktion
Wie alt muss ein Brauch sein, um überhaupt Brauch zu sein oder „uralt“?
20.12.2018
Bekanntestes Nikolospiel
Am Vorabend (Einbruch der Dunkelheit zählte schon zum nächsten Tag)
Früher Stationsspiel mit von Haus zu Haus ziehen
Heute nicht mehr in Gaststuben aufgeführt, sondern auf Grund des großen Andrangs auf dem Marktplatz
„Am Abend des 5. Dezember jeden Jahres, also am Vorabend des Nikolaustages, zieht eine Schar verkleideter
Gestalten um den Bischof Nikolaus zum Teil mit furchterregenden hölzernen Masken durch die Orte und führt
an mehreren Stellen ein bäuerliches Jedermannspiel über den Tod eines armen Mannes auf. Das Spiel folgt
einem seit langer Zeit feststehenden, teilweise gereimten Text.“ [Wikipedia]
Figuren: Engel und Rollenträger- Die Männer und Frauen wollen spielen. Pfarrer und Bischof Nikolaus: Sie
geben ein Gespräch, sie wissen, wie sich die Kinder benommen haben. Ob sie brav oder schlecht waren. Die
guten sind belohnt und die schlechten sind bestraft. Botschaft vom Bischof, was bestraft werden soll. Aber alles
ist nicht so schlimm. Die Kinder sind gut informiert, sie wissen, wie sie heißen und was sie sagen. Dann kommt
eine Bettlerbeichte: der Bettler gibt zu, dass er nicht gut war. Der Tod mäht Bettler mit Sense nieder. Dann
weiß man, was passiert, wenn man sich nicht gut benimmt. Der Eheteufel nimmt die Schlechten zu ihm. Der
mächtigste und wichtigste Teufel kommt dann auch der Luzifer- er kommt mit zwei Teufel, die ihm begleiten.
Ein didaktisches Model, damit man weiß, was geschieht, wenn man sich nicht gut verhalte.
Gegenreformatorisch: Reue, Beichte und Buße der Bevölkerung vermitteln
Diese Spiele erschienen in den 17. Jh., hatten ihren hohen Punkt in den 18. Jh. uns dann sind verboten worden.
Mitten des 19. Jh. ist das Spiel wiederaufgetaucht, dank des Werks der Gebrüder Grimm. Zwischen späten 17.
Jahrhundert und 18./19. Jahrhundert: 155 Spiele sind nachgewiesen, heute aber weitgehend verloren
Während Aufklärung verboten, anschließend wiederaufgelebt
Missverständnis: Der Teufel nimmt nicht die kleinen Kinder, sondern die Seelen, die wie kleine Kinder
dargestellt sind.
Durch Aufhebung der spielerischen Praxen zunehmende Profanisierung des Nikolaus und seiner Begleiter
Teuflische Begleiter als Assistenzfiguren unter unterschiedlichsten Namen (Schwarzer Peter, Krampus
(„Krallenteufel“), Rupprecht etc.)
Nikolaus und Zwarte Peet, Niederlande.
Nikolausspiel der Niederlande sollte kulturelles Erbe werden, aber UNESCO lehnte auf Grund von Rassismus ab
Zwarte Piet: Teufelsfigur deshalb „traditionell“ schwarz. Schwarze Peter ist eine begleitende Figur eines
Teufels. Auch ein Missverständnis.
Zunehmende Säkularisierung und Profanisierung Weg zur Entwicklung des Weihnachtsmanns als stark
veränderte Nikolausfigur Profanierter Nikolaus, Mitte 19. Jh. Der Heilige Nikolaus mit einem Sack kommt.
Ikonografisches Ausgangsbild: „Herr Winter“ (personifizierte Winterfigur; nicht neu) von Moritz Schwind (1804-
1871; 1847, Münchner Bilderbogen); personifizierter Winter; prägte ikonografisch angeblich Väterchen Frost →
Vorbild für Väterchen Frost
Nikolaus von Heinrich Hoffmanns-
Die Protestanten nehmen das Christkind als zentrale Figur.
Weiteres Bild von 1849 von Frölich (1820-1908) mit Zipfelmütze: ein alter Mann, mit einem Barb und trägt einen
Sack.
Der Nikolaus transzendiert langsam zum Weihnachtsmann.
Im Struwelpeter wird Nikolausgeschichte (Pökelfasslegende) profanisiert aufgegriffen
Thomas Nast (1840-1902): geboren in Landau in der Pfalz. Bild von prototypischen Weihnachtsmann/“Santa
Claus“ um 1880 - 1846 Von Europa nach Amerika ausgewandert hatte Lehrer aus Umfeld von Moritz von
Schwind. Er kennt diese niederländische Tradition und zeichnet eine Karikatur von Nikolaus. Er hat die Farben
von Coca-Cola und auch die Funktion, Geschenke zu bringen. Er hat typische Geschenke, die damals man den
Kindern gab.
Die älteste Werbung von Coca-Cola von Nikolaus stamm aus dem 1930. Werbeindustrie: Erfindung von Coca-
Cola. Coca-Cola brach diese Standardisierung von Nikolaus.
Christmas Card 1866
Thomas Nast, Santa Claus und his work
Verschieden Postkarten mit den Farben von Coca-Cola bevor das Unternehme existiert. Der Erfolgt liegt daran,
dass diese Figur in Europa bekannt ist.
Santa Claus ist nicht anders als der profanierte Nikolaus.
Das Christkind im protestantischen Milieu.
Malerei: Christkindchen und Hans Trapp- begleitet bei einer teufelden Figur
Christkind, Kaulbach. Frühes 20. Jh. Christus: Symbol für Licht der Welt
Ikonografisch ist Figur um 1880 schon ausgebildet
Liturgische Farben der Vorweihnachtszeit
Als Coca-Cola mit Weihnachtsmann die Werbung aufnahm, war Figur des Weihnachtsmann bereits bekannt
Verstärkt ab 19. Jahrhundert (aber auch schon vorher) tritt Christkind als Gabenbringer statt Nikolaus auf
Christkindlmärkte nicht älter als Protestantismus
Innerhalb weniger Generationen Wechsel von Nikolaus zu Christkind zu profanisiertem Weihnachtsmann
Weihnachtsmann als Personifikation eines Konsum- bzw. Geschenkfestes
Weihnachtsgeschichte von Selma Lagerlöf geht um Säugling (Jesus), für den Feuer erbeten wird
Ist Christ als Mensch oder als Gott auf die Welt gekommen? Fest der drei Könige: Christ als Gott. Die Darstellung,
dass dieses Kind als jedes andere Kind auf die Welt gekommen ist.
„Altes Weihnachtsfest“: Dreikönig: Erscheinung Gottes als Herrn (orthodoxe Kirche: immer noch primäres
Weihnachtsfest)
Lehre von der Hypostatischen Union: Jesus kam als Gott und als Mensch auf die Welt
Der Versucht, der übernatürlichen zu zeigen.
Heutige Rauhnachtsaktivitäten meist nicht älter als 10 Jahre
Rauhnächte: Verbindung/Tage zwischen beiden Weihnachtsfesten
Derzeit großes Interesse an Rauhnächten bzw. dem, was für die kulturelle Tradition der Region gehalten wird
Weihnachten als Brauch/Bräuche/Ritual?
Was gehört dazu? Baum schmücken, Singen, Essen, Geschenke etc.?
Relativ eindeutig Brauch: Baum aufstellen (Anfang, Ende, ritualisiert), auch Schenken als Brauch
Nicht ganz so eindeutig: Musizieren (Was wird musiziert? Weihnachtslieder?); ähnlich beim Essen: Gibt es das
gleiche wie sonst oder etwas, was man speziell mit dem Heiligen Abend verbindet?
Ablauf Heiliger Abend ritualisiert in Ritual sind verschiedene Bräuche eingebunden; oder andere Sicht:
Bräuche als Überkategorie für Brauch Brauch mit verschiedenen Ritualen
Allgemeiner Sprachgebrauch: Ritual und Brauch ungefähr das gleiche
Beispiel: 14.00 Schmücken, dann im 17:30 singt die Familia zusammen obwohl man sich das ganze Jahr gestritten
hat. Um 18:00 ist das gemeinsame Essen, um 19:45 geschieht das Auspacken der Geschenke. 20:30 Spielen.
21:30 langweilen. 22:00 streiten, die Kinder wollen weg
8.1 Ötzi (ca. 3300 v. Chr.), der Mann aus dem Eis
Ötzi: eigentlich in KuWi erst ab 1500 gute Quellen, Ötzi aber Ausnahme (außergewöhnlich gute Quellenlage)
Ca. 3200 m Höhe
Ötzi veränderte Bild: Wie kommt ein Steinzeitmensch in diese Höhe?
Ötzi mit bisher ältester Tätowierung der Welt
Vormoderne Gesellschaft. Gab es schon eine Kleidungsproduktion im Hinblick auf die Bilder der Kleidung und das
Üben von Nähen. Ein Gürtel, der alles, was man brauch um Feuer zu machen, hatte.
Obergewand aus Fell der Hausziege mit Muster nicht zufällig zusammengenäht, sondern klare Struktur (Mode
der Jungsteinzeit?)
Gewand widerlegt Bild von primitiven und nicht-ästhetischen Menschen dieser Zeit
Naht ist rhythmisch und erstaunlich gleichmäßig vermutlich sehr geübte Näher, vermutlich bereits
spezialisierte Arbeiter
Über ein Kleidungsstück wird gängige Vorstellung von Menschen dieser Zeit stark verändert
Außerdem: Beinkleider aus Fellstücken der Hausziege (wurden mit Trageriemen am Gürtel festgeknotet)
Außerdem: Gürtel (ca. 4,5 cm breit) aus Leder, ca. 2m lang
In Gürtel integriert: Tasche mit Werkzeug
Ausstattung von Ötzi: wirkt wohlüberlegt, Überleben für längere Zeit möglich
Unterwäsche: Lendenschurz aus Ziegenleder
Schuhe: mit Heu als Kälteschutz, so geschnürt, dass kein Wasser eindringen konnte; Verfügte über rutschsichere
Sohle; Schnürsenkel funktional ausgezeichnete Schuhe
Über Ziegenmantel noch Grasmantel aus Süßgras (in Europa bis ins 20. Jahrhundert bekannt); erstaunlich
regensicher
Braunbärenfellmütze mit zwei Lederbändern zum Fixieren
Ötzi sehr gut ausgerüstet deutet auf Erfahrungswissen und gute Vorüberlegungen hin
Hatte Objekte, die für ihre Herkunft sowohl nördlich als auch südlich der Alpen bekannt waren, dabei Indiz für
Handel?
Messer war in Scheide gesichert
Heutige Lederhose: orientiert an sich an enganliegenden Kniebundhosen in Seide („culottes“) aus Frankreich
Revolutionäre: Sans culottes trugen keine Kniebundhosen
„Nachbau“ der culottes in Leder, da Material praktischer war
Ab 1820er/1830er Jahren
Bei alpiner Bevölkerung: Zeichen gegen Revolution und für Adel und Monarchie
1830er: Monarchen (Erzherzog Johann und Maximilian II) waren in Alpen unterwegs und „entdeckten“
Lederhose machten Lederhose salonfähig, z.B. bei Besuchen auf dem Land
Ziel von Joseph Vogel: möchte im Verschwinden begriffenes bewahren; war zunächst nicht erfolgreich (wurde
aus der Kirche verwiesen)
60er/70er: Schlagersänger und Heimatfilme Lederhose verschwindet aus öffentlichem Leben
Gegentrend: Renaissance ab 80er/90ern, aber auch in anderen Formen (z.B. für Motorradfahrer oder kurze
Lederhosen für Frauen)
Nach Jahrtausendwende verstärkt auf Festen anzutreffen
funktionaler Wandel und Wertewandel, ideologische Aufladung
Kleidung: ästhetische, individualisierende Bedeutung, Ausdruck von Protestverhalten
M
SP S
N T Z R
1967: „Alltags- und Festspeisen: Wandel und gegenwärtige Stellung“ Titel der Habilitationsschrift von Günther
Wiegelmann (Bonn Schwerpunkt Nahrungsforschung dort)
Räumt auf mit Vorstellung von stabilen Ernährungsverhältnissen in bestimmten Regionen und Vorstellung von
Geschmackskonservativismus
Es gibt keine Regensburger/Schwäbische Küche etc. alles Konstruktionen des 19. oder 20. Jahrhunderts
Entwicklung von Nationalstaaten Suche nach der eigenen Identität (z.B. vermutet in speziellen Gerichten oder
Kochbüchern)
Wiegelmann: Versuchsanordnung bei seiner Habilitationsschrift: Konzentration auf Hochzeitsspeisen (meist gut
dokumentiert) Was steht im Mittelpunkt? Was gilt als Einstieg? Was gilt als Festtagsspeise?
Einzelne Speisen, die nie oder nicht immer Teil des Hochzeitsessens waren, da zu „banal“ (lange Zeit Kartoffel)
Selbstverständliches wie Nahrung unterliegt einem laufenden kulturellen Wandel
Kartoffel zunächst botanische Rarität, dann Zierpflanze, ab 17./18. Jahrhundert wird es Lebensmittel
Zunächst Widerstände gegen Kartoffel, da angenommen wurde, dass sie giftig sei oder impotent macht
Angeblich: Friedrich II: Gepflanzte Kartoffeln sollen von Menschen aus Angst vor Schäden wieder herausgerissen
worden sollen Friedrich II aß angeblich in der Öffentlichkeit Kartoffeln, um Gegenbeweis zu bringen
1773 Hungerkatastrophe: Kartoffeln relativ witterungsresistent; Menschen aßen aus Verzweiflung Steine und
Gräser und „sogar Kartoffeln“
Innerhalb von wenigen Jahren verbreiteten sich die Kartoffeln aber doch
„Milchschwammerl“: entstanden in 1950ern, aber nur noch wenige erhalten (ursprünglich entstanden wegen
Werbekampagne für Milch)
Titel: geht zurück auf Buch von Andreas Hartmann über Geschmackserinnerungen
Frage z.B. nach Lieblingsspeisen
Starkes Medienecho
Beispiel: Vorbeigehen an Obststand mit reifen Erdbeeren Erinnerungen an Kindheit mit Oma, die Erdbeeren
pflanzte Erinnerung an Erdbeerpflücken und damit verbundenes Gefühl einer heilen Welt
Fünfjähriger: hört mit Mutter Radio, plötzlich Jubelschrei und Mutter schiebt Kind Löffel Zucker (teuer und
kostbar) in den Mund; Anlass: Kriegsende 2. WK Handlung macht Kind große Bedeutung des Ereignisses
deutlich
Drei Dimensionen, die für KuWi von besonderer Bedeutung sind: Zeit, Raum und Soziales
Lange Zeit: Ursprungsfrage und Vermutung langer Überlieferungen ohne Veränderungen prägend
Vorstellung, dass Überreste aus vergangener Zeit noch heute in Fragmenten weiterleben
Herder, Rousseau, Grimms etc.
Rekonstruktionsarbeit
Ausgangspunkt der Diskussion: Kulturbruch zwischen Antike und Mittelalter vielleicht auch Siedlungsleere?
Was war zwischen Verlassen der Römer (z.B. in Regensburg) und der Wiederansiedlung? Vielleicht nicht Lücke,
aber Wandel
Frage: Ist alles uralt und kann auf graue Vorzeit zurückgeführt werden?
Hans Moser/Karl-Sigismund Kramer in München: wendeten sich gegen romantische Vorstellungen prüfen,
wie alt einzelne Phänomene wirklich sind nichts ist uralt und hat es immer schon gegeben
Maibaum: früheste Belege 13. Jahrhundert in FR (Einholen von “Maien” = Zweige); 17. Jahrhundert Belege für
Aufstellen von Bäumen (aber unterschiedliche Gründe, unterschiedliche Daten); ab frühem 18. Jh. Belege für
Aufstellen von Bäumen am 1. Mai, aber erst später Popularität
Maien als Ehrenmaien im Umfeld des 30-jährigen Krieges (Aufstellen der Maien von Soldaten und
Gegengeschenk für sie (z.B. Bier))
Maibäume ab ca. 1743
Änderung der Trägergruppe: Aufstellen nicht mehr durch Soldaten, sondern z.B. Wirte