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Der historische Jesus Als engsten Kreis um sich berief er zwölf Jünger.

– im Kontext seiner Zeit Daneben begleiteten ihn aber auch Frauen, was für
jüdische Lehrer ungewöhnlich war.
Von seinen Anhängern verlangte er, sich völlig frei
Wissenschaftliche Unterscheidung: historischer zu machen von Familie, Besitz, Heimat und Sicherheit,
Jesus – verkündigter Christus (Vorbemerkung) um bereit zu sein für die bald anbrechende Gottesherr-
schaft. Von dieser erzählte er in Gleichnissen und
Kontext 1: Palästina unter römischer Besat- sprach von Gott in Bildern als liebendem und barmher-
zung zigem Vater.
Über die Zeit und das Land, in das Jesus hinein- 5. Wunderheiler
geboren wird, lässt sich aus historischen und ar- Durch Heilungen (und Dämonenaustreibungen)
chäologischen Quellen viel in Erfahrung bringen. Israel machte er zeichenhaft deutlich, dass Gottes Reich das
war damals von den Römern besetzt, das von ihnen seit Ende alles Bösen bedeutet.
135 n. Chr. Palästina genannt wurde. Durch abhängige Er sprach und aß besonders oft mit Zöllnern, Prostitu-
jüdische Herrscher ließen sie Steuern und Abgaben ierten und anderen Sündern, die ausgegrenzt wurden,
eintreiben und schikanierten die jüdische Bevölkerung, und vergab ihnen ihre Sünden. Das erregte Anstoß, und
von der sie weitgehend abgesondert lebten. Daher wa- er wurde als „Fresser und Weinsäufer" verspottet.
ren die Römer im Volk verhasst. Aus religiösen Grün- 6. Lehrer und Ausleger der Tora
den verachteten die Juden sie, da sie Heiden waren und Als Lehrer legte er die Tora neu aus, indem er ihre
ihren Kaiser als Gott verehrten. universal gültigen Aspekte verschärfte. So radikalisierte
Kontext 2: Messiaserwartung er das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe, indem er
In dieser Situation sehnten sich die Juden nach dem auch forderte, die Feinde zu lieben.
verheißenen Messias aus dem Stamme Davids, der die 7. Kritik an der Lehrtradition
Feinde vertreiben und so Israel zu neuer Blüte führen Bei rituellen Geboten, wie den Reinheitsvorschriften
würde. Diese stark politisch gefärbte Hoffnung führte oder dem Sabbatgebot, ging es ihm darum, den eigentli-
zu einer Vielzahl von Erneuerungsbewegungen. In chen Sinn, das Wohl der Menschen, deutlich zu ma-
diesen traten immer wieder einzelne Personen hervor, chen. Damit sowie auch mit seinen Taten erntete er
die sich als Prophet oder Messias ausgaben oder als nicht nur Zuspruch, sondern auch Widerspruch, insbe-
solcher angesehen wurden. sondere bei den Pharisäern, mit denen er leidenschaft-
Einige, wie die Zeloten, wollten durch Aufstände die lich diskutierte.
erhoffte Heilszeit mit Gewalt herbeiführen; die Pharisä-
er betonten dagegen, dass hierfür erst eine Rückbesin- 8. Radikale Kult- und Tempelkritik
nung auf die Gebote der Tora nötig sei. Als er schließlich – nach einigen Monaten bis drei
Jahren öffentlichen Wirkens in Galiläa – zum Passafest
1. Jesu Geburt und Familie nach Jerusalem zog, brachte er durch seine radikale
Geboren wurde Jesus (hebr. Jeschua = Gott ist Retter) Kritik am Tempel die Priesterschaft gegen sich auf.
kurz vor Ende der Regierungszeit von Herodes I. (37-4
v. Chr.) zur Zeit der Herrschaft des römischen Kaisers 9. Verurteilung und Hinrichtung
Augustus, wahrscheinlich nicht in Betlehem, der Da auch die Römer die durch seine Person mögli-
Davidsstadt, sondern in Nazareth, einem kleinen Berg- cherweise ausgelösten Unruhen fürchteten, wurde er
dorf in Galiläa. Als seine Eltern gelten Maria (hebr. aufgrund der Anklage, nach politischer Macht zu stre-
Mirjam), eine noch recht junge Frau, und ihr Verlobter ben, zum Tode verurteilt. An einem Freitag des jüdi-
Josef, ein Bauhandwerker („Zimmermann“), der ver- schen Monats Nissan (entspricht dem April) wird er
mutlich um einiges älter war. gekreuzigt. Sein Todesjahr liegt in der Amtszeit des
Jesus hatte mehrere Geschwister; die Namen der Pontius Pilatus, des kaiserlichen Vertreters in Judäa; die
Brüder sind teilweise bekannt. Quellen lassen eine Datierung zwischen 27 und 33 zu.
2. Jesu Kindheit und Jugend 10. Epilog: Zeugen des Auferstandenen
Wahrscheinlich erlernte er den Beruf des Vaters, er- Mehrere seiner Jünger, wie z. B. Petrus, die an-
fuhr aber auch eine elementare jüdische Bildung. Er gesichts seiner Verurteilung aus Angst geflohen waren,
lernte, die Tora zu lesen und zu verstehen. Seine Mut- sowie einige Frauen, darunter Maria Magdalena, be-
tersprache war Aramäisch. Über seine Kindheit und richteten jedoch wenige Tage nach seinem Tod davon,
Jugend ist wenig bekannt. Jesus sei ihnen als Auferstandener erschienen.
Die dadurch bewirkte Gewissheit, dass dieser nun an
3. Johannes der Täufer der Seite Gottes steht, ließ für sie Jesu Person, sein
In den 20er-Jahren des 1. Jahrhunderts n.Chr. schließt Wirken und seinen Tod nochmals in einem ganz neuen
er sich der Bewegung Johannes des Täufers an. Von Licht erscheinen:
ihm, der angesichts des unmittelbar bevorstehenden Ihre Erwartung, dass Gott durch ihn die Wende zum
Gerichts Gottes alle Juden zu aufrichtiger Buße und zur Heil bringen würde, hatte sich erfüllt, wenn auch an-
Umkehr aufrief, ließ er sich im Jordan zum Zeichen der ders als erwartet. Mit dieser Botschaft begannen sie,
Vergebung der Sünden taufen. Jesus unter Juden und Heiden als Messias und Gottes-
4. Wanderprediger sohn zu verkündigen.
Bald jedoch trat er als Wanderprediger unabhängig Im Laufe des 1. Jahrhunderts trennten sich Jesu An-
vom Täufer auf. Mit einer verwandten Botschaft, die hänger nach und nach vom Judentum; das Christentum
aber die Gnade Gottes stärker betonte, begeisterte er entstand als neue Religion.
viele aus dem einfachen Volk.
Religionsbuch Oberstufe, Cornelsen 2014, S. 191 f. (modifiziert).

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