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Titel der französischen Original-Ausgabe:
Jean-Philippe Lauer
Membre de Plnstitut d’Égypte
LE MYSTERE DES PYRAMIDES
© Presses de 1a Cite, Paris, 1974
Vorwort 7
TEIL I
Die Pyramiden in Überlieferung und Legende, Reiseschilderungen,
Erkundungen und Ausgrabungen 11
1. Kapitel
Reisende und Schriftsteller im Angesicht der Pyramiden - von der Antike
bis zur napoleonischen Expedition 13
2. Kapitel
Die »Expedition d’Égypte« und die archäologische Erforschung der Pyramiden 57
TEIL II
Die Pyramide: Königsgrab mit zugehörigen Kultbauten 121
TEIL III
Theorien: Die angeblichen Geheimnisse der Pyramiden 165
1. Kapitel
Die mystischen Theorien 171
A) Bibeltheorien 171
B) Die theosophischen Theorien 187
2. Kapitel
Die pseudowissenschaftlichen Theorien 202
A) Astronomische Theorien 202
B) Mathematische Theorien 225
TEIL IV
Wissen und Glaubensvorstellungen der Pyramidenbauer 237
1. Kapitel
Technische Kenntnisse. Der Bau der Pyramiden 239
2. Kapitel
Die naturwissenschaftlichen Kenntnisse in der Pyramidenzeit
und die Geometrie der Pyramiden 269
3. Kapitel
Die Glaubensvorstellungen der Pyramidentexte 284
Anmerkungen 313
Bibliographie 322
Abkürzungsverzeichnis 322
Literatur zu Pyramidenproblemen, außer der im Text zitierten 323
Abbildungen im Text 326
Verzeichnis der Farbtafeln 328
Verzeichnis der Schwarzweiß-Tafeln 329
Obersichtstabelle für die Böschungsverhältnisse, Proportionen
und Abmessungen der wichtigsten Pyramiden 330
Quellen verzeichnis der Abbildungen 331
Verzeichnis der Orts- und Eigennamen 332
Abb. 1: Karte von Ägypten, bis Theben/Luxor im Süden
Vorwort
Noch immer gilt vielen Menschen die Zweckbestimmung und der Bau
der Pyramiden als geheimnisumwittert. Neue Entdeckungen in den
Nekropolen von Memphis und damit verbundene wissenschaftliche
Erkenntnisse lassen daher eine Neubearbeitung des 1948 erschienenen
Buches »Le probleme des pyramides d’Égypte« in der »Bibliotheque
Historique« von Payot (Zweite Aufl. 1952) geboten erscheinen, nach-
dem in dem seither vergangenen Vierteljahrhundert wesentliche Fort-
schritte bei der Erforschung dieser außergewöhnlichen Königsgräber
gemacht worden sind.
An erster Stelle wäre hier die Entdeckung des Grabbezirks des Horus
Sechemchet in Saqqâra durch Zakaria Goneim zu nennen. Sechem-
chet, direkter Nachfolger des Horus Neterichêt, d. h. des Königs Djoser
aus der 3. Dynastie, war bis zur Auffindung der für ihn errichteten
Grabanlage nur von Felsinschriften und Reliefs auf dem Sinai und im
Wadi Maghära bekannt. Auf diesen Darstellungen trägt er die ober- und
unterägyptische Krone und wird u. a. auch in der bekannten Pose des
»Feinderschlagens«, einer symbolischen Siegesszene, wiedergegeben.
Er hält einen um Gnade flehenden Asiaten gepackt. Da jedoch die
Ägyptologen den Horusnamen des hier abgebildeten Herrschers
fälschlicherweise als den des Semerchet, des vorletzten Königs der
1. Dynastie, gedeutet hatten, waren diese Belege nicht auf Sechemchet
bezogen worden.
Bald darauf wurden dann auch die Restlagen der fast völlig abgetrage-
nen Stufenpyramide mit dem noch verschlossenen, abwärts führenden
Gang zur Grabkammer gefunden. Neben einem umfangreichen Hort
an Steingefäßen und großen Keramikkrügen mit Siegelabdrücken des
Horus Sechemchet wurde auch sein mit einem Deckel versehener,
aber leerer Sarkophag gefunden, der anscheinend nie benutzt worden
ist. Mit dieser zweiten Stufenpyramide in Saqqâra ist die Zahl dieser
speziellen Form der Königsgräber, die der eigentlichen Pyramide mit
Dreiecksseiten in der Entwicklung vorausgingen, auf insgesamt vier
angestiegen.
Als man die Südseite der Großen Pyramide vom Sand befreite, wurden
an der Pyramidenbasis zwei große Vertiefungen im Boden festgestellt.
Vorwort 9
für die Brennöfen zu dienen. Kniende, gefesselte Figuren mit den Ge-
sichtszügen der Nachbarvölker Ägyptens im Norden und Süden, mit
denen das Land am Nil zu Zeiten in kriegerische Auseinandersetzun-
gen verwickelt war (Taf. 16) stellen eine wertvolle Bereicherung dar.
Seit beinahe 5000 Jahren haben die Pyramiden von Gisa (Giseh, Gizeh),
jene drei gigantischen Wahrzeichen (Taf. I), deren Steinmassen un-
mittelbar an der Stelle emporragen, wo sich das Niltal fächerförmig
zum Delta öffnet, in unzähligen Besuchern die lebhaftesten Gefühle
der Bewunderung, des Erstaunens und bisweilen auch der Entrüstung
hervorgerufen. Heute mehr als je zuvor gibt es wohl kaum einen Be-
sucher, der nicht, sobald er den Boden Ägyptens berührt, wenigstens
versuchen würde, von Kairo aus die berühmten geometrischen Sil-
houetten der Pyramiden aus der Ferne zu erblicken, wenn schon die
Zeit nicht reicht, zu ihren Füßen zu verweilen. Dieser Anblick gehört
allerdings auch zu den schönsten Eindrücken, die sie zu vermitteln
imstande sind: sei es bei Sonnenaufgang, wenn sie je nach Himmels-
richtung ihrer Seiten rosefarben oder bleu aus dem Dunst des Nil tales,
den sie mit ihren Spitzen aufzureißen scheinen, auftauchen, sei es
gegen Abend, wenn sie die glühenden Farben der in der Wüste unter-
gehenden Sonne widerspiegeln, oder auch einige Minuten später in der
Dämmerung, wenn ihre dunklen Dreiecke sich von dem im Abendrot
leuchtenden Himmel abheben.
Dieser Anblick war es, der dem Reisenden Arthur Rhone1, als er im
vorigen Jahrhundert gemeinsam mit Mariette Memphis und Saqqâra
besuchte, die folgenden Zeilen der Bewunderung entriß: »Beim Näher-
kommen, welche Überraschung! Die Deiche sind gebrochen, die
Überschwemmungswasser des Nils erstrecken sich soweit das Auge
reicht, der heilige Strom beherrscht die Ebene. Nach allen Seiten sieht
man nichts als Inselchen aus Palmen ins schlängelnde Wasser ge-
worfen, dessen Mäander sich füllen, um reizende Buchten und Vor-
sprünge zu bilden, wo eine letzte Palme ihren Wipfel über das Wasser
neigen wird. Hier breitet sich die Fläche des befeuchtenden Wassers
aus, vergrößert sich zusehends und legt sich über diese alte Erde, die
fruchtbar wird beim Erscheinen der Sonne. Dort zieht sich das Wasser
enger zusammen und flieht zwischen zwei bewachsene Hügel, um
sich ein wenig weiter wieder zu verbreiten. Die Stelle gibt den Blick
frei auf Lagunen ohne Zahl, auf das dunkelbraune, ertragreiche Land,
das die Erdhügel von Memphis umgibt, auf die Wüste, die Pyramiden,
ebenso ewig und stumm
Zur Zeit der Überschwemmung war es auch, als der sensible Künstler
Vivant Denon, der berühmte Zeichner der Expedition d’Égypte, kaum
den Schlachten entronnen, die Bonaparte den Zugang nach Kairo
Reisende und Schriftsteller im Angesicht der Pyramiden 15
eröffneten, die Pyramiden zum ersten Mal sah: »Ich wurde bei dem
großen Anblicke dieser erhabenen Gegenstände gerührt. Sehr nahe
ging es mir, daß die Nacht ihre Flügel über dieses Gemälde breitete, das
für das Auge sowie für die Einbildungskraft gleich imponierend war.
Mit dem ersten Sonnenstrahl begrüßte ich die Pyramiden wieder, und
zeichnete sie mehrmals; besonders machte es mir Vergnügen, vom Nil
aus bei seiner höchsten Erhebung die Dörfer vor jenen Monumenten
vorübergleiten und alle Augenblicke Landschaften bilden zu sehen,
wovon jene immer den Hauptgegenstand und das Hauptinteresse aus-
machten. Gern hätte ich sie in der zarten und durchsichtigen Farbe
dargestellt, die ihnen wegen der Luft, die sie umgibt, eigen ist. Diese
Eigentümlichkeit haben sie wegen ihrer außerordentlichen Höhe vor
allen übrigenMonumenten voraus. Die große Entfernung, aus der sie
gesehen werden können, macht sie fast durchscheinend im bläulichen
Ton des Himmels, und ihre Kanten erhalten dadurch die Reinheit und
das Vollendete wieder, was die Jahrhunderte ihnen abgenagt haben.«2
Abb. 2: Lage der wichtigsten Pyramidenstätten zwischen Kairo und dem Faijûm
Reisende und Schriftsteller im Angesicht der Pyramiden 17
Während sich der umgängliche Savary auf diese Weise äußerte, zollte
doch auch sein gelehrter Zeitgenosse C.-F. de Volney, ansonsten das
ganze Gegenteil in seinem gestrengen Urteil über Ägypten, den Pyra-
miden die gleiche Bewunderung:
»Der Zahn der Zeit und noch mehr die Hand der Menschen, die alle
Denkmäler des Altertums verwüsteten, haben bis jetzt bey den
Pyramiden nichts ausrichten können. Die Festigkeit ihres Gebäudes,
und der ungeheure Umfang ihrer Masse, haben sie gegen alle Ver-
wüstungen gesichert, und scheinen ihnen eine ewige Dauer zu ver-
sprechen. Alle Reisenden sprechen davon mit Enthusiasmus, und
dießmal ist er würklich nicht übertrieben. Zehn Französische Meilen
davon, ehe man noch zu ihnen kommt, sieht man schon diese künst-
lichen Berge liegen. Je mehr man sich ihnen nähert, desto mehr
scheinen sie sich zu entfernen; wenn man auch noch eine Meile weit
hin hat, fallen sie doch so sehr ins Auge; daß man an ihrem Fuße zu
seyn glaubt; endlich kömmt man bei ihnen an, und nichts vermag die
Mannichfaltigkeit der Empfindungen auszudrücken, davon man als-
dann ergriffen wird; die Höhe ihres Gipfels, ihr jäher Abhang, ihre
große Oberfläche, die Last ihrer ganzen Masse. Die Erinnerung der
Vergangenheit, der Gedanke der unermeßlichen Arbeit, die sie ge-
kostet, und daß diese ungeheuren Felsen das Werk des schwachen und
kleinen Menschen sind, der an ihrem Fuße herum kriecht; alles dieses
erfüllt auf einmal Herz und Geist mit Erstaunen, Schrecken,
Demüthigung, Bewunderung und Ehrfurcht.«4
Die Pyramide des Cheops (Abb. 3 und Taf. II), gegenwärtig noch aus
201 Steinlagen bestehend, zählte ursprünglich 215 bis 220 solcher
Schichten. Ihre Spitze wurde um etwa 10 m abgetragen, als man die
Verkleidung als Steinbruch benutzte. Legt man als mittleren Wert für
einen Steinblock dieser Pyramide 1 Kubikmeter zugrunde, dann ergibt
das 2600000 Blöcke, die bei einem spezifischen Gewicht von ungefähr
2,5 ein Gesamtgewicht von 6500000 Tonnen ausmachen. Diese kaum
vorstellbare Zahl bedeutet, daß unter Hinzufügung der Abschläge, die
durch das Behauen der Steine entstanden, ein Gesamtgewicht von
nicht weniger als 7 Millionen Tonnen Gestein involviert waren, das in
den Steinbrüchen gebrochen, bis zum Werkplatz transportiert, auf die
Pyramide gehievt und schließlich sorgfältig geschichtet in Lagen ange-
ordnet werden mußte. Für den Transport einer solchen Menge Steine
brauchte man heute siebentausend Züge mit je tausend Tonnen Last
oder siebenhunderttausend Lastwagenladungen zu je 10 Tonnen.
Napoleon Bonaparte errechnete vor seinen staunenden Offizieren,
daß man mit den Blöcken der drei Pyramiden von Gisa ganz Frank-
reich mit einer Mauer von 3 m Höhe bei einer Breite von 0,30 m hätte
umgeben können.
Bei der Cheops-Pyramide mißt die unterste Steinlage, die zugleich die
größte überhaupt ist, 1,50 m in der Höhe, die nächste 1,25 m und die
dritte und vierte zwischen 1,20 und 1,10 m. Die folgenden sind nicht
ganz 1 m hoch, sie variieren zwischen 0,65 und 0,90 m. Je weiter oben
desto kleiner werden im Durchschnitt die Blöcke, und in der Nähe der
Spitze erreichen sie eine mittlere Höhe von 0,55 m. Die Verkleidungs-
blöcke mußten einen mittleren Wert von 1,50 m Länge für die unterste
Schicht* und 0,75 m für alle weiteren Lagen aufweisen. Wenn man
* Der längste Verkleidungsblock dieser Lage wiegt ungefähr 15 Tonnen.
Reisende und Schriftsteller im Angesicht der Pyramiden 19
Wird die Vorbereitung der Blöcke und das Einweisen auf den Pyra-
miden selbst schon zu Recht als kaum vorstellbare Leistung be-
trachtet, so bilden diese Arbeiten doch nur einen Teil der notwendigen
Maßnahmen, die für die Errichtung dieser Bauwerke erforderlich
waren. Es gilt ferner zu bedenken, daß dem eigentlichen Bau weitere
Arbeitsphasen vorangehen mußten: angefangen beim Brechen der
20 Das Geheimnis der Pyramiden
Abb. 3: Die Cheopspyramide oder Große Pyramide, Schnitt, 1,2 und 3 bezeichnen
die nacheinander angelegten Grabkammern
Herodot (Historien II, 124), der erste der Reisenden, dessen Schriften
über die Pyramiden uns erhalten sind, zieht die Aufmerksamkeit
genau auf diese verschiedenen Gesichtspunkte, wenngleich er da-
neben auch all jene Legenden wiedergibt, die zu seiner Zeit über den
angeblich unfrommen und tyrannischen König Cheops umliefen: »Bis
zur Regierungszeit des Rhampsinitos hat in Ägypten, so erzählen sie
weiter, die vollkommenste Ordnung und großer Reichtum geherrscht.
Aber sein Nachfolger Cheops hat das Land ins tiefste Unglück gestürzt.
Zunächst hat er alle Heiligtümer zuschließen lassen und das Opfern
verhindert. Weiter hat er alle Ägypter gezwungen, für ihn zu arbeiten.
Die einen mußten aus den Steinbrüchen im arabischen Gebirge Stein-
blöcke bis an den Nil schleifen. Über den Strom wurden sie auf Schiffe
Reisende und Schriftsteller im Angesicht der Pyramiden 21
gesetzt, und andere mußten die Steine weiterziehen bis hin zu den
sogenannten libyschen Bergen. Hunderttausend Menschen waren es,
die daran arbeiteten und alle drei Monate abgelöst wurden. So wurde
das Volk bedrückt, und es dauerte zehn Jahre, ehe nur die Straße gebaut
war, auf der die Steine dahergeschleift wurden, ein Werk, das mir fast
ebenso gewaltig scheint, wie der Bau der Pyramide selber. Denn die
Straße ist fünf Stadien lang, zehn Klafter breit, an der höchsten Stelle
acht Klafter hoch und aus geglätteten Steinen hergestellt, in die Tier-
gestalten eingemeißelt sind... * An der Pyramide selber wurde zwanzig
Jahre gearbeitet. Sie ist vierseitig und jede Seite acht Plethren breit und
ebenso hoch**. Sie besteht aus geglätteten, aufs genaueste ineinander
gefügten Steinen, von denen jeder mindestens dreißig Fuß lang ist.«
Weiter (Historien II, 125) fügt Herodot hinzu: »An der Pyramide ist in
ägyptischen Buchstaben verzeichnet, welche Mengen von Rettichen,
Zwiebeln und Knoblauch die Arbeiter verzehrt haben. Wenn ich mich
recht an die Summe erinnere, die mir der Dolmetscher nannte, der die
Inschriften entzifferte, so waren es eintausendsechshundert Talente
Silbers. Wenn das richtig ist, welche Unsummen müssen dann erst für
die eisernen Werkzeuge, für das Brot und für die Kleidung der Arbeiter
ausgegeben worden sein. Denn zwanzig Jahre lang dauerte doch der
Bau, und die Zeit, in der sie die Steine brachen, herbeischleppten und
die unterirdischen Gemächer gruben, war doch auch nicht kurz.«
* Herodot scheint hier die für den Steintransport bestimmte Rampe mit dem gedeckten
Aufweg zu verwechseln, der bei den Pyramidenkomplexen den Taltempel am Rande des
Fruchtlandes mit dem vor der Pyramide gelegenen Totentempel verband. Diese Aufwege
waren tatsächlich außerordentlich sorgfältig gebaut und mit Reliefs verziert, die u. a.
Jagdszenen und Szenen aus der Viehzucht wiedergaben. Außerdem ist es möglich, daß
diese Wege während der Bauzeit zunächst für den Transport der Blöcke benutzt wurden
und erst nach Beendigung der Transporte mit reliefgeschmückten Seitenmauern ver-
sehen wurden.
** Die Große Pyramide mißt 280 Ellen in der Höhe bei einer Seitenlänge von 440 Ellen. Viele
Reisende haben später im Gefolge von Herodot gemeint, die beiden Dimensionen seien
gleich.
22 Das Geheimnis der Pyramiden
schem Stein* und die Pyramide bleibt bei sonst gleichen Maßen um
vierzig Fuß hinter der anderen zurück**. Beide Pyramiden stehen auf
demselben Höhenzug, der etwa hundert Fuß hoch ist. Chephren hat
sechsundfünfzig Jahre regiert.« Und Historien II, 128: »Im ganzen
waren es also hundertsechs Jahre, wo die Ägypter soviel zu leiden
hatten und die Tempel geschlossen blieben. Die Ägypter hassen diese
Könige so, daß sie ihre Namen nur ungern nennen; auch die Pyra-
miden nennt man nach dem Hirten Philitis, der um jene Zeit seine
Herden in der Gegend dort weidete.« Dann Historien II, 129: »Darauf
wurde Mykerinos, der Sohn des Cheops, König von Ägypten. Der war
ganz anders als sein Vater. Er öffnete die Tempel und entließ das arg
gequälte Volk zu den eigenen Arbeiten und zu den Opfern***... Er war
auch der gerechteste Richter unter allen Königen. Darum preisen ihn
die Ägypter auch am höchsten unter allen, die je über sie geherrscht
haben...«
Mitleid mit dem ägyptischen Volk, das von ungläubigen und hoch-
mütigen Königen versklavt worden sei und nur für deren persönlichen
Ruhm gearbeitet habe, findet sich noch bei einigen anderen Schrift-
stellern der klassischen Antike. So fragt sich auch Diodor von Sizilien,
der zwar die Pyramiden von Gisa unter die Sieben Weltwunder
einreiht - »der Anblick der großen Massen und der kunstreichen
Arbeit erregt Staunen und Bewunderung« – (Diodor LI sect. II Art.
XV bis XVII), was denn von Fürsten zu halten sei, die es als etwas
Großes ansahen, mit der Hände Arbeit und unter Einsatz von gewalti-
gen Geldmitteln gigantische Bauwerke zu errichten mit dem einzigen
Ziel, ihren Namen zu verewigen. »Diese Werke sind unstreitig die
ausgezeichnetsten in ganz Ägypten, man mag auf den Umfang der
Gebäude und die Kosten, oder auf die Geschicklichkeit der Künstler
Rücksicht nehmen. Und man glaubt, die Baumeister verdienen sogar
noch mehr Bewunderung als die Könige, welche die Kosten dazu
gegeben haben; denn jene haben durch eigene Geisteskraft und rühm-
* Die unterste Lage der Verkleidung an der Pyramide des Chephren bestand aus
Assuangranit.
** Tatsächlich mißt die Pyramide des Chephren fünfzehn Meter weniger in der Seiten-
länge, da aber der Neigungswinkel größer als bei der Cheopspyramide ist, erreichte sie
fast die gleiche Höhe, d. h. 143 m im Vergleich zu 146,60 m.
*** Die Pyramide des Mykerinos umfaßt nur 1/10 des Volumens der Cheopspyramide, d. h.
260000 Kubikmeter (statt fast 2600000).
Reisende und Schriftsteller im Angesicht der Pyramiden 23
liehe Anstrengung, diese nur durch ererbten Reichtum und durch die
Mühe anderer zur Vollendung der Arbeit mitgewirkt. Über die Pyrami-
den findet man übrigens bei den Eingeborenen sowohl als bei den Ge-
schichtsschreibern durchaus keine übereinstimmenden Nachrichten.
Denn einige behaupten, sie seien von jenen drei Königen*, andere, sie
seien von andern erbaut. Man läßt z. B. die größte von Armäus errichtet
sein, die zweite von Amasis, die dritte von Inaros...« Und weiter heißt
es bei Diodor: »Die Könige hatten sich die Pyramiden zu Grabmälern
erbaut, und doch sollte keiner von beiden darin begraben werden. Dem
Volke waren nämlich wegen der höchst beschwerlichen Arbeit und
wegen vieler Grausamkeiten und Bedrückungen diese Könige so ver-
haßt, daß es drohte, mit Hohn die Leichen aus den Gräbern heraus-
zureißen und zu zerfleischen. Daher gaben beide vor ihrem Tode ihren
Angehörigen den Befehl, sie an einem unbekannten Ort in der Stille
zu begraben.«
In der Tat scheinen die Namen der wirklichen Erbauer der Pyramiden
im Laufe der Zeit der Vergessenheit anheimgefallen zu sein, wie aus
Herodot und Diodor hervorgeht. In islamischer Zeit dann sind die
Nachrichten über die Erbauer der Pyramiden und die Gründe für deren
Errichtung allesamt gekennzeichnet durch ausschweifende Phantasie.
So auch der Bericht des Ibrahim Ibn Wasif Schah vom Ende des 12. Jahr-
hunderts in »Nachrichten von Ägypten und seinen Wundem«9, den
wir hier auszugsweise um der Kuriosität willen wiedergeben wolleh:
* d. h. Cheops, den Diodor Chembes oder Chemmis nennt, Chephren und Mykerinos.
24 Das Geheimnis der Pyramiden
»Die Ursache der Erbauung der beiden Pyramiden war, daß 300 Jahre
vor der Sintflut Saurid folgenden Traum hatte: Die Erde kehrte sich
mit ihren Bewohnern um, die Menschen flüchteten in blinder Hast,
und die Sterne fielen herab, und einer stieß gegen den anderen unter
grauenhaftem Krachen.
fertigen, was seine Vorfahren hatten schaffen lassen; dazu kam Weih-
rauch, den man den Sternen opferte, und Bücher über diese. Auch
findet man dort die Fixsterne und das, was sich in ihren Perioden von
Zeit zu Zeit begibt und die im Hinblick auf sie eingeführten Epochen
dargestellt sowie die Ereignisse der Vergangenheit, die Zeiten, zu
denen man die zukünftigen Geschehnisse erwartet und alle Herrscher
Ägyptens bis ans Ende der Zeiten. Außerdem ließ er dort Gefäße auf-
stellen, in denen sich Arzneitränke und ähnliches derart befanden.
jeden, der sich ihm näherte, ringelte sich um seinen Hals und tötete
ihn, dann kehrte sie wieder an ihren Platz zurück. Zum Hüter der öst-
lichen Pyramide machte er einen Götzen aus schwarz und weiß ge-
streiftem Onyx. Der hatte weit geöffnete, blitzende Augen, saß auf
einem Thronsessel und hatte einen Wurfspieß bei sich. Wer ihn an-
schaute, der vernahm von ihm her einen Laut, der ihn mit Entsetzen
erfüllte,- dann fiel er nieder auf sein Antlitz und vermochte nicht, sich
zu entfernen, bis er schließlich den Geist aufgab. Zum Hüter der
farbigen Pyramide machte er einen Götzen aus Adlerstein (Aetit) auf
einem Sockel aus dem gleichen Stein. Jeden, der ihn anschaute, zog er
an sich heran, bis er fest an ihm haftete und sich nicht loszureißen ver-
mochte und schließlich den Geist aufgab.
Als der König dies alles vollendet hatte, ließ er durch körperlose
Geister den Zutritt zu den Pyramiden verwehren und brachte ihnen
Opfer dar, damit sie jeden Eindringling von sich fern hielten, ausge-
nommen die, welche die Zeremonien verrichteten, deren es bedurfte,
um hineinzugelangen.
Die Kopten berichten in ihren Schriften, es finde sich auf den Pyra-
miden eine Inschrift eingemeißelt, die in arabischer Übersetzung
lautet: 'Ich, Saurid, der König, habe diese Pyramiden zu der und der
Zeit erbaut, und ich habe ihre Erbauung in sechs Jahren vollendet; wer
nach mir kommt und meint, er sei ein König wie ich, der möge sie in
600 Jahren zerstören; und es ist bekannt, daß Zerstören leichter ist
als Bauen. Auch habe ich sie, als sie fertig waren, mit Brokat über-
zogen, möge er sie mit Matten bekleiden.’
Al-Masûdi berichtet im 10. Jahrhundert, daß im Jahre 820, als der Kalif
al-Ma’mûn nach Ägypten kam und auch die Pyramiden besichtigte, er
den Wunsch geäußert habe, eine von ihnen abzutragen, um festzu-
stellen, was sie enthielten:10 Man sagte ihm: »Das steht nicht in
deiner Macht!« doch er erwiderte: »Sie soll auf jeden Fall an irgend
einer Stelle geöffnet werden!« Da stellte man für ihn die noch heutigen
Tages vorhandene Öffnung her; dazu brauchte man Feuer, Essig und
eiserne Brechstangen, und Schmiede mußten sich daran abmühen, so
daß er große Summen darauf verwendete. Man fand, daß die Dicke der
Mauer annähernd 20 Ellen betrug, und als man ans Ende der Mauer
Reisende und Schriftsteller im Angesicht der Pyramiden 27
gelangt war, entdeckte man hinter dem Eingangsstollen ein Gefäß von
grüner Farbe, in dem sich gemünztes Gold befand; jeder Dinar davon
wog 1 Unze und die Zahl der Dinare belief sich auf 1000. Da begann
sich al-Ma’mûn über dieses Gold und über seine Vorzüglichkeit zu
verwundern. Dann ließ er zusammenrechnen, was er für die Her-
stellung der Bresche verausgabt hatte, und es ergab sich, daß die
Summe des gefundenen Goldes ganz genau jenen Ausgaben gleich-
kam. Da geriet er in großes Erstaunen darüber, daß sie gewußt, was er
ausgeben werde und die genau entsprechende Summe an dem Orte
hinterlassen hatten. Das Gefäß aber, in dem man das Gold fand, soll
aus Chrysolith gewesen sein, und es wurde auf Befehl al-Ma’mûns
nach seinen Schatzkammern gebracht; danach ließ er nichts mehr von
den Wundern Ägyptens wegschaffen.«
Von den arabischen Schriftstellern sei noch Abd al-Latîf, der Arzt aus
Bagdad (1161-1231), genannt, der über die beiden großen Pyramiden
schreibt19: »Diese Pyramiden sind aus großen Steinen von zehn bis
zwanzig Ellen Länge erbaut, bei einer Breite von zwei bis drei Ellen und
der gleichen Tiefe. Was daran unbedingt größter Bewunderung würdig
ist, ist die außergewöhnliche Genauigkeit, mit der diese Steinblöcke
übereinandergeschichtet sind. Die Schichten sind so gut gefugt, daß
man weder eine Nadel noch ein Haar zwischen zwei Steine schieben
kann. Sie sind mit einem Mörtel miteinander verbunden von der Breite
eines Blattes Papier. Ich weiß nicht zu sagen, woraus dieser Mörtel be-
steht, der mir gänzlich unbekannt ist. Die Steine sind bedeckt mit
Zeichen einer alten Schrift, deren Lautwert man heute nicht mehr
kennt*. Ich habe in ganz Ägypten niemanden getroffen, der auch nur
vom Hörensagen jemanden gekannt hätte, der über diese Buchstaben
hätte Aufschluß geben können. Diese Inschriften sind in so großer
Zahl vorhanden, daß man mehr als zehntausend Seiten füllen würde,
wollte man auch nur die abschreiben, die man auf der Oberfläche der
beiden Pyramiden sieht...«
Silvestre de Sacy merkt an20, daß auch andere Reisende und Schrift-
steller von Inschriften berichten. So spricht z. B. Ibn Churdadbeh im
10. Jahrhundert von »musnadischen« Buchstaben und ein weiterer bei
Makrisi zitierter Autor schreibt, daß die Inschriften mit den »Buch-
staben derer geschrieben« seien, »deren sich diejenigen bedienten, die
diese Bauten errichtet haben« 21.
bedeutend, und ihr Bau erregt Staunen. Sie sind mit allerlei Inschriften
bedeckt, die in den Charakteren vergangener Völker und verschollener
Reiche geschrieben sind.«
Ibn al-Haukäli versichert wenig später, daß die Außenseiten der großen
Pyramiden mit Schriftzeichen bedeckt seien, die er graeco-syrisch
nennt. Abu Mashar Djafar22 schließlich zählt im 13. Jahrhundert
sieben Arten von Schriftzeichen auf: griechische, arabische, syrische,
musnadische, himjaritische (oder hiritische bzw. hebräische nach den
Manuskripten), romäische und persische.
Rufinus auf, und gegen Ende des 5. Jahrhunderts auch bei Stephan von
Byzanz25. Seit dem 9. Jahrhundert gibt es jedoch eine Gegenmeinung,
wenn Dionysios von Teil-Mahre, der jakobitische Patriarch von
Antiochia, über die Pyramiden schreibt: »Es handelt sich nicht, wie
man glaubt, um die Kornspeicher des Joseph, sondern um erstaunliche
Mausoleen, die sich über den Gräbern alter Könige erheben. Sie sind
nämlich schräg und massiv und haben keinen Hohlraum.«
Unter den Reisenden, die über die Kornspeicher berichten, seien hier
noch Benjamin von Tudela (1173), fast zwei Jahrhunderte später der
Lütticher Arzt Jean de Mandeville26 (1336), Sigoli27 (1384-1385) und
der Landedelmann Seigneur d'Anglure, der seine Pilgerreise zu den
Heiligen Stätten 1395 unternahm, genannt. In diese Reihe gehören
ferner aus dem 15. Jahrhundert der Chevalier Ghillebert de Lannoy,
Gesandter des Grafen von Bourgogne und der Bürgermeister von
Mons, Georges Lengherand28, die 1422 bzw. 1485 in Ägypten waren.
ein dunkler Ort und riecht schlecht, weil Tiere darin hausen.«
Gegen Ende des 15. Jahrhunderts breiteten sich dann allmählich ver-
nünftige Ansichten über die Bestimmung der Pyramiden aus, und als
der aus Mainz stammende Breydenbach 1486 Ägypten besuchte, sah er
in den Pyramiden nicht mehr die Kornspeicher des Joseph, sondern er
betrachtet sie als Gräber von Königen des Altertums, weil sie zum
größten Teil aus kompaktem Mauerwerk bestünden, wie er schreibt.
Im Jahre 1512 gingen gleichzeitig zwei Gesandtschaften, die eine vom
König von Frankreich und die andere von der Republik Venedig, an den
»Soudan« (Verschreibung des Seigneur d'Anglure für Sultan) nach
Ägypten ab, mit dem Ziel, erneut Handels- und Freundschaftsbe-
ziehungen herzustellen und die Sicherheit der Pilger ins heilige Land
zu gewährleisten. Die Gesandtschaft Ludwigs XII. führte Botschafter
Andre Leroy an. Ihr gehörte u. a. Bruder Jehan Thenaud an, Oberer der
Franziskaner von Angoulême, der elf Jahre später seine Endrücke ver-
öffentlichte30. Als Mönch hatte er die antiken Autoren über die Pyra-
miden gelesen und sah in ihnen die Gräber ägyptischer Könige und
eines der Sieben Weltwunder. Er schreibt die größte der Pyramiden, die
er für die am wenigsten aufwendige hält*, richtigerweise dem König
Cheopis zu und meint: »Ich war auf dem Gipfel derselben und im
Innern, zusammen mit Monsieur de Soubran, Maistre Francoys de Bon
Jehan und mehreren anderen. Als alles besichtigt war, sagten wir, daß
das Bauwerk nicht nur wunderbar genannt zu werden verdient,
sondern ganz und gar unglaublich ist...«
Was die Mission der Republik Venedig anbelangt, so stand sie unter
Leitung des berühmten Gesandten Domenico Trevisan. In seinem
Gefolge war ein gewisser Zaccaria Pagani, der über seinen Besuch der
Pyramiden berichtete und sich folgendermaßen über das große Erleb-
nis äußerte: »Man erblickt dort einen Sarkophag aus Porphyr, der
bedeckt ist, aber leer. Das hat viele Besucher vermuten lassen, daß es
sich bei der Pyramide um das Grab eines Königs von Ägypten handelt.
Gewöhnlich nennt man in diesem Lande die Pyramiden 'Berge der
Pharaonen.. .'«31
* Zweifellos durch den Eindruck, den sie aufgrund der fehlenden Verkleidung erweckte, die
bei den beiden anderen größtenteils erhalten war.
Reisende und Schriftsteller im Angesicht der Pyramiden 33
Im übrigen ist er der gleichen Ansicht wie Belon und versichert: »Das
waren Königsgräber, wie es schon bei Herodot heißt und wie ich selbst
feststellen konnte, denn ich sah in einer der Pyramiden einen großen
Stein aus Marmor, der wie ein Grabmal behauen war.«
Nun aber kam in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts eine weitere
phantastische Auslegung auf, die in den folgenden zwei Jahrhunderten
noch oft wiederholt werden sollte. Zunächst ließen sich Johannes
Helfricus und dann Jean Palerne, Sekretär des Grafen von Anjou und
Alencon, Bruder Heinrichs III. von Frankreich, die 1565 bzw. 1581 das
Innere der Großen Pyramide aufsuchten und den Sarkophag leer
fanden, dazu verleiten, diese Pyramide als Grab des Pharao zu be-
zeichnen, der bei der Verfolgung der Israeliten im Roten Meer umge-
kommen sein sollte.
Diese Legende findet sich dann auch bei einigen deutschen Reisenden,
die 1587 und 1588 die Pyramiden besuchten: Hans Ludwig von
* Diese Etymologie, die Plinius offenbar auf die Obelisken bezog, (Naturgeschichte 36,
13/14: »Um Syene aber . . . wird der Syenites gefunden, den man ehedem Pyrrhopoikilos
nannte . . . Die Könige machten Spitzsäulen daraus, die sie Obelisken nannten . . . Ihre
Gestalt deutet die Sonnenstrahlen an. »SQUUȩ9= feuerfarben; rötlich bunt als Bezeichnung
für den Rosengranit von Assuän) ist von mehreren Schriftstellern der Antike übernommen
worden: siehe Jablonski, La Religion des Egyptiens. Von Silvestre de Sacy zurückgewiesen,
wird sie seither nicht mehr akzeptiert. Aber der Ursprung des Wortes ist noch nicht ein-
deutig geklärt. Einige meinen (Littre, Dictionnaire de 1a langue francaise und Ad. Erman, La
Religion des Egyptiens, Paris 1937, p. 408), die griechischen Söldner hätten die Pyramiden
mit einem konisch geformten Honigkuchen verglichen, den man SQUDPí9 nannte,
von SQUó9 (Weizen) abgeleitet, und den man den Toten opferte. Damit wäre die
Parallele zu ӓEHOíVNR9 (Obelisk) nach den Spießen, die diese Form hatten, gegeben.
Nach anderen sollen die griechischen Mathematiker, die vor Herodot in Ägypten waren,
diese Monumente wie ihre geometrische Figur so benannt haben nach einem Terminus,
der hauhg vorkam, wenn von ihnen die Rede war. Maspero hatte daher an per-em-ous
gedacht, das von den äyptischen Mathematikern verwendet worden sei, um eine der Deter-
minanten der Pyramide zu benennen.
Reisende und Schriftsteller im Angesicht der Pyramiden 35
wiii nun wüderomb uf denn guten weeg kamen, do der ganng was
weitters ist, unnd gleich, do ich wüderomb herusserr steügen wolt,
wahren in düe fünf Arabier inwendig dös ganng müett ihren lanzen
oder langen spüesen, schrien alle: flus, flus (Filus = Geld), gellt, gellt
her,« Kiechel kam vom Regen in die Traufe: »Düe trüben müer erst
den rechten schweüs aus, inen zu antwurtt: halla mavis flus, ich
schwere bey gott, das ich kein flus oder gelt habe. Das wahr all mein
arabisch, so ich wusste.« Doch: »Nach lanngem geschrey stügen süe
wüder hinaus, volgt ich innen nach, wahr fro, das ich luft hatte, zue
besorgen, wann ich lenger hette müessen drinnen bleiben, ich wehre
verstict.«
Drei Jahre später, 1594, gehen Baumgarten und nach ihm 1610 Sandys
auf die klassische Überlieferung zurück und erinnern daran, daß die
Große Pyramide als eines der Sieben Weltwunder gegolten habe. Aber
während Baumgarten die These Diodors aufnimmt und zu akzeptieren
scheint, daß nämlich der König, der die Pyramide erbaut habe, sich aus
Furcht vor dem Groll des Volkes nicht dort habe beisetzen lassen, zeigt
Sandys eine kritischere Einschätzung und wendet sich vor allem gegen
die Ansicht, die gewaltigen aufgetürmten Steinmassen der Pyramiden
seien das Werk der Juden, da diese vielmehr mit der Ziegelbauweise
vertraut gewesen seien, auch die »Kornspeicher des Joseph« stellten
sie nach Sandys nicht dar. Darüber hinaus weist er auch Herodots
Angabe, die Grabkammer des Cheops habe sich unter der Pyramide in
von Wasser umgebenen unterirdischen Gemächern befunden, mit
dem Hinweis darauf zurück, daß ohne Zweifel in der oberen Kammer
das Grab gewesen sei, weil dieser Raum so aufwendig und sorgfältig in
Granit ausgeführt sei.
Reisende und Schriftsteller im Angesicht der Pyramiden 37
Führen wir nun aus der gleichen Zeit noch Francois des Breves38 an,
der auf der Rückkehr aus dem Heiligen Land 1605 in Ägypten Station
machte. Er besuchte dabei auch die Pyramiden, die, so schreibt er,
». . . diejenigen, die sie betrachten, durch ihre Höhe erschrecken und
die weit mehr Bergen als irgend etwas anderem ähneln.« Auch er
gehört zu denen, die die Pyramiden für so hoch wie lang halten, ein
Irrtum, dem viele erlagen. Nach der Besichtigung des Inneren heißt es
bei ihm: »Wir drangen bis zu einer Kammer vor, wo das Grabmal des
Pharao ist, vierzig Fuß lang und zwanzig Fuß breit, dreißig Fuß in der
Höhe, alles aus großen, sehr harten Quadern aus einem bestimmten
Marmor, der aus kleinen Tupfen roten, schwarzen und weißen Ge-
steins besteht, so gut zusammengepaßt, daß man nur mit Mühe eine
Nadel in die Ritzen einführen kann...«
Erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts erschien zum ersten Mal eine
objektive Studie über die Pyramiden, die wissenschaftlich abgefaßt
war und in der versucht wurde, die geschichtlichen Tatsachen mit
der Legende zu verbinden. Es handelt sich um die »Pyramidographie«
des Professors John Greaves, die 1646 in London veröffentlicht und
1663 und 1696 in französischer Übersetzung in Paris verlegt wurde.
Greaves, der in den Jahren 1638/39 Ägypten bereist hatte, leitet sein
Werk mit einer kritischen Prüfung der Berichte antiker Autoren ein.
Dabei kommt er zu dem Schluß, daß der Erbauer der Großen Pyramide
Cheops gewesen und die zweite von Chephren bzw. Chabryis und die
dritte von Mykerinos erbaut worden sei. Er bemerkt, daß Cheops mit
Chemmis oder Cham gleichzusetzen sei. Wenn Greaves auch den
arabischen Schriftsteller in Übersetzung wiedergibt, der berichtet, der
Bau der Pyramide sei nach einem Königstraum ins Werk gesetzt
worden und der über dort vergrabene Schätze schreibt sowie über
al-Ma’mûn, der die Große Pyramide habe öffnen lassen*, so weist er
doch – vielleicht etwas zu schroff - die Überlieferung der orientali-
schen Autoren insgesamt als reine Erfindungen zurück. Greaves stützt
sich vielmehr auf das Zeugnis der antiken Autoren und kommt auf-
grund der Feststellung, daß sich in der größten der Pyramiden ein
Sarkophag befindet, zu dem Schluß, daß es sich um Gräber gehandelt
* Wir haben bereits Teile dieses Berichtes zitiert, die Greaves irrtümlich Ibn Abd al-Hakam
zuschreibt.
38 Das Geheimnis der Pyramiden
habe. Er meint ganz richtig, daß der enorme Aufwand für die Bauwerke
nicht anders motiviert sein könne als um die größtmögliche Sicherheit
für die sterblichen Hüllen zu erreichen und ihre Erhaltung zu gewähr-
leisten, an die das Weiterleben der Seele geknüpft gewesen sei, wovon
auch die Praxis der Einbalsamierung zeuge. Zuletzt wendet er sich
auch gegen die von dem neuplatonischen Philosophen Proklus vorge-
brachte Ansicht, daß die Plattform auf der Spitze der Großen Pyramide
astronomischen Beobachtungen gedient habe39.
die beiden Luftschächte an, die in der Grabkammer enden, und von
dem schwarzen Fleck, den er am nördlichen Schachtende entdeckte,
meint er, dort habe man stets brennende Lampen abgestellt.
Nachdem er noch ein paar Worte über die kleineren Pyramiden verloren
hat, diskutiert Greaves zum Schluß die verschiedenen Methoden, die
nach Herodot und den übrigen antiken Autoren beim Bau der Pyra-
miden angewendet worden wären. Er schlägt folgendes vor: »Sicher
wird man zunächst einen großen geräumigen Turm in der Mitte des
Vierecks gebaut haben, das die Basis der Pyramide bilden sollte. Dieser
Turm mußte so hoch sein wie später die gesamte Pyramide. Dann
stelle ich mir vor, daß man die anderen Partien an den Seiten dieses
Turmes Stück für Stück aufgebracht hat bis man bei der ersten Stufe
angekommen war. . .«. Diese für Stufenpyramiden angenommene
Konstruktionsweise könnte auch bei einigen der eigentlichen Pyra-
miden, deren innerer Kern aus hohen Stufen besteht, angewandt wor-
* Oberst Vyse stellte zwei Jahrhunderte später das fest, was man noch heute feststellen
kann, nämlich daß diese Ruinen vom gleichen Farbton sind wie die benachbarten Bau-
werke. Vyse: »Es hat ganz den Anschein, als habe sich der Professor mit einem schnellen
Blick aus der Ferne zufriedengegeben, wie das häufig bei anderen Reisenden auch
geschah.«
40 Das Geheimnis der Pyramiden
den sein. Das trifft im besonderen für die Pyramide des Mykerinos zu,
aber auch für die Pyramiden der 5. und 6. Dynastie (Abb. 12), deren
Ruinen diese Stufen zum Vorschein kommen lassen. Die großen Pyra-
miden aus dem Beginn der 4. Dynastie jedoch, deren Erhaltungszustand
ungleich besser ist, was auf ihr beträchlich größeres Volumen und eine
sorgfältigere Bauweise zurückzuführen ist, läßt kaum an die Stufen-
konstruktion denken. Bei der Großen Pyramide bleiben Beobach-
tungen Borchardts im aufsteigenden Gang, die zur Beweisführung der
Stufentheorie tendieren, umstritten.
Aus den Jahren, die der Veröffentlichung des Werkes von Greaves
folgten, müssen unter den wichtigsten Reisenden oder Autoren, die
sich mit den Pyramiden beschäftigten, Thévenot, Melton, die Patres
Kircher und Vansleb sowie Lebrun genannt werden.
Jean de Thévenot, der während einer Reise durch die Levante 1655
Ägypten besuchte, schreibt zwar noch von der Kammer, die in der
Großen Pyramide für den Pharao bereitet worden sei, der im Roten
Meer umkam, berichtet aber im Gegensatz zu Greaves, und in Über-
einstimmung mit der heutigen Feststellung, daß die dritte Pyramide
mit dem gleichen Stein verkleidet sei, aus dem auch die Grabkammer
der Großen Pyramide bestehe, d. h. also mit Granit. Daneben weist er
auf eine unterirdische Passage hin, die, wie man ihm sagte, Neben-
bauten der zweiten Pyramide mit der Sphinx verbinde und die von den
einen als Gruft des Amasis betrachtet werde, nach anderen von Amasis
zu Ehren der Rhodopis errichtet worden sei und ein Orakel enthalten
habe.
Damit haben wir uns der Zeit genähert, da Bossuet für den Unterricht
des französischen Thronfolgers seinen »Discours sur l'Histoire Uni-
verselle«, der 1681 erschien, verfertigte. In den Berichten der modernen
Reisenden wie in den Schriften der antiken Autoren entdeckte er nur
Zeugnisse für die Stützung der christlichen These, daß selbst die
grandiosesten profanen Werke eitel Machwerk seien, was er seinem
königlichen Schüler folgendermaßen entwickelte:
»Ägypten hatte, außer dem Thurme von Babel, noch keine großen
Gebäude gesehen, als es seine Pyramiden erfand, die sowohl wegen
ihrer Gestalt, als wegen ihrer Größe über die Zeiten und die Barbaren
triumphiren. Der gute Geschmack der Aegypter war Ursache, daß sie
Festigkeit, und die bloße Regelmäßigkeit allein liebten. Leitet uns die
Natur selbst zu der edlen Einfalt, zu welcher man nicht ohne die größte
Mühe zurückkehren kann, wenn der Geschmack einmal durch Neu-
42 Das Geheimnis der Pyramiden
Vom Ende des 17. Jahrhunderts mögen von den wichtigsten Pyramiden-
forschern nur de Careri, de Chazelles, Benoit de Maillet und Paul Lucas
genannt sein. Die beiden Erstgenannten bereisten Ägypten 1693. De
Careri vertritt in Anlehnung an die antiken Autoren die Meinung, daß
es sich unzweifelhaft um königliche Grabbauten handle, aber zugleich
stellt er heraus, daß sie auch mit dem Ziel astronomischer Beobach-
tungen errichtet worden seien. Außerdem schreibt er, daß nach arabi-
scher Überlieferung vom Schacht am Fuße der Großen Galerie eine
Passage zur Sphinx führe, eine etwa abweichende Version der These,
die bereits Thévenot aufführt.
die überproportionale Höhe der Großen Galerie damit erklärt, daß hier
bis zur Beisetzung die Blöcke hochzuschichten waren, die den Zugang
zur Grabkammer im aufsteigenden Gang blockieren sollten, so ist
dem hinzufügen, daß das Kragsteingewölbe, das hier wie in den
übrigen frühen Pyramiden zur Überdachung von Kammern oder
Gängen von mehr als 2 Metern Spannweite angewandt wurde, an sich
schon diese Höhe erforderte.
* Dieses tiefe Loch existiert nicht. Der zweite Schacht führt auch nicht abwärts, wie de
Maillet annimmt, sondern eine kurze Strecke horizontal, um dann aufzusteigen.
** Dabei bezweifelt de Maillet nicht im geringsten die Verkleidung der Außenseiten, die
ja allein schon das Auf- und Absteigen verhindert hätte.
*** Damit meint de Maillet offenbar al-Ma’mûn.
Reisende und Schriftsteller im Angesicht der Pyramiden 45
schrieben. Zu den beiden anderen Pyramiden meint er, daß sie eben-
falls Gänge und Kammern besitzen müßten und man auch bei ihnen
mit einem Eingang an der Nordseite wie bei der Großen Pyramide
rechnen könne. Ferner berichtet er, daß die Araber ihm versichert
hätten, auf der Spitze der zweiten Pyramide habe eine goldene Statue
von 40 Ellen Höhe gestanden, ein Bildnis des darin bestatteten Königs.
Maillet nimmt an, daß es sich möglicherweise um eine Granitstatue
gehandelt haben könne, die wohl später von den Mohammedanern
zerstört worden sei.
Auf Reiseberichte wie die von Veryard, Egmont oder Perizonius, die
im frühen 18. Jahrhundert die Pyramiden besuchten, wollen wir nicht
näher eingehen. Angemerkt sei lediglich, daß Veryard behauptet, er sei
in der Grabkammer der Großen Pyramide gewesen, die der Pharao
erbaut habe, dessen sterbliche Überreste bei der Verfolgung der Hebräer
im Roten Meer geblieben seien. Egmont, der bei der Beschreibung
gewisser Details im Innern der Großen Pyramide auf Thévenot ver-
weist, behauptet wie Greaves und im Gegensatz zu anderen Besuchern
seiner Zeit, daß die Oberfläche der zweiten Pyramide bis auf die Süd-
seite völlig glatt und folglich der Aufstieg nicht möglich sei.
Perizonius schließlich, der sich in diesem Punkte auf Josephus verläßt,
möchte den Bau der Pyramiden unzweifelhaft den Hebräern zu-
schreiben.
46 Das Geheimnis der Pyramiden
Um die gleiche Zeit befaßte sich Pater Claude Sicard, Superior der
Jesuiten-Mission in Kairo, mit dem alten Ägypten, wobei er in nicht
unerheblichem Maße wissenschaftlich vorging. Unglücklicherweise
war das im Manuskript vorhandene, aber nicht veröffentlichte Werk
nach seinem Tode nicht mehr auffindbar. Geblieben ist der »Discours
sur l’Égypte«, erschienen in den »Lettres édifiantes et curieuses écrites
par des missionaires de la Compagnie de Jésus (Mémoires du Levant)«
sowie eine im Manuskript vorhandene Karte des antiken Ägypten, die
später von dem berühmten Geographen d’Anville verwendet wurde.
In seinem »Discours sur l’Égypte« zeichnet er vor allem ein Bild von
den pharaonischen und christlichen Denkmälern, von denen er Kennt-
nis haben konnte, und darunter finden sich nicht weniger als zwanzig
große Pyramiden.
* Dieser Irrtum basiert auf der Tatsache, daß damals die Zugänge zu den Grabkammern bei
beiden Pyramiden noch unter dem Sand lagen.
** Shaw denkt hier sicher an die Angabe Herodots (Historien II, 86) »So eingeschlossen in
einen hölzernen Sarg wird sie (die Mumie) in der Familiengrabkammer geborgen, aufrecht
gegen die Wand gestellt.«
Reisende und Schriftsteller im Angesicht der Pyramiden 47
Diese Ansichten sind offenbar ein paar Jahr später, 1743, von Doktor
Perry aufgenommen worden. Er, der nicht zugeben will, daß die Pyra-
miden um reiner Prahlerei willen errichtet worden seien oder mit dem
Ziel, Arbeiter zu beschäftigen oder auch zu funerären Zwecken, zitiert
Shaw und erklärt, daß sie zur Durchführung von Riten und religiösen
Mysterien gedient hätten.
Unter allen Reisenden der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts muß die
Aufmerksamkeit vor allem auf Frederick-L. Norden und den Eng-
länder Richard Pococke gelenkt werden, die beide 1737 die Pyramiden
besuchten.
am besten erhalten war. Dabei handelt es sich um die östlichste der drei
kleinen Pyramiden an der Südseite der Mykerinospyramide (Taf. I, a).
Bei seiner sorgfältigen Erforschung des Innern der Großen Pyramide
führt er die Rillen im Granit, die das Gleiten der Verschlußsteine er-
möglichen sollten, auf und interpretiert sie auch vollkommen richtig.
Bei der zweiten Pyramide hat er nicht die Spur eines Eingangs gefunden,
und er gibt irrtümlich an, daß die an der Spitze erhaltene Verkleidung
(Taf. 4, b) aus Granit bestehe. An der dritten Pyramide hat er keine Ver-
kleidung bemerkt, was nicht stimmt, denn an der Basis sind noch an
verschiedenen Stellen mehrere Lagen Verkleidungssteine erhalten, die
aber damals vielleicht vom Sande bedeckt waren. An der Ostseite der
beiden zuletzt genannten Pyramiden sah er »Steinquader von kolos-
saler Größe«, die er richtig als zugehörige Tempelruinen deutet. Über
die vierte Pyramide heißt es bei Norden, daß sie ebenfalls keine Ver-
kleidung aufweise und die Spitze von einem einzigen großen Stein
gebildet werde, der als Sockel gedient zu haben scheine. Den Eingang
hat er wie bei den beiden anderen auch bei dieser vierten Pyramide
nicht entdeckt, dagegen seien mehrere der anderen kleinen Pyramiden
offen gewesen. Dann erwähnt Norden noch mit ein paar Worten die
Pyramiden von Dahschûr, zu denen er alle jene rechnet, die südlich
von Gisa liegen, bis hin zur Pyramide von Medûm »die die Türken und
Araber gewöhnlich 'die falsche Pyramide' nennen.« Die meisten dieser
Pyramiden lägen im Gebiet von Saqqâra, auf einer Hochebene, die von
der Nilschwemme niemals erreicht werde. »Wenn man diese Lage
wohl durchdenkt, kommt man zu der Überzeugung, daß dies die
Gegend sein könnte, wo die alte Stadt Memphis war; und ich möchte
beinahe den Schluß ziehen, daß die betreffenden Pyramiden im Um-
kreis der Hauptstadt versammelt waren.« *
In Nordens Plan der Pyramiden von Gisa sind die Tempel des Chephren
und des Mykerinos sowie die Aufwege zur Cheopspyramide und der
Pyramide des Mykerinos angegeben, während er den Chephren-Auf-
weg nicht ausmachen konnte, der offenbar vollständig vom Sande ver-
schüttet war. Von den zahlreichen Tafeln seines Werkes sind besonders
hervorzuheben: eine Ansicht der Sphinx und der großen Pyramiden
* Dennoch behält Norden bei seinen Karten und Plänen die Identität von Gisa und
Memphis bei, wie es allgemein üblich war.
Reisende und Schriftsteller im Angesicht der Pyramiden 49
Abb. 5: Die Sphinx und die Pyramiden von Gisa, nach F. L. Norden (1737)
(Abb. 5), wobei diese zu steil wiedergegeben sind, und auf der Spitze der
Chephrenpyramide die wie eine Kappe wirkende Verkleidung, wie wir
sie heute noch beobachten können, angegeben ist; ferner vier Tafeln
für die Große Pyramide mit sehr interessanten Schnitten; ein ziemlich
zuverlässiges Panorama der Pyramiden von Dahschûr und Saqqâra und
schließlich vier ebenso malerische wie ungenaue Blätter zur großen
nördlichen Pyramide von Dahschûr und der »Knickpyramide« sowie
zwei Stufenpyramiden, der von Saqqâra und wahrscheinlich der von
Sauijet el-Arijân.*
Stein« (d. h. Granit) und weist darauf hin, daß noch zahlreiche Blöcke
aus diesem Material um die Pyramide herum verstreut seien. Hin-
sichtlich der Pyramidenmaße führt er neben den von den antiken
Autoren genannten auch die von modernen Reisenden an, so z. B.
Greaves, Thévenot, de Maillet und Pere Sicard. Er verzeichnet darüber
hinaus die Tatsache, daß sich in der Zeit zwischen Diodor und Greaves
die Plattform der Großen Pyramide vergrößert habe und schließt
daraus zu Recht, daß dort Steine entnommen wurden. Mit einigen
Bemerkungen zur Beschreibung der Gänge, Galerien und Kammern bei
Greaves, Thévenot, de Maillet und Pere Sicard. Er verzeichnet darüber
forschung dieses Bauwerkes. Es ist wohl angebracht, noch auf den selt-
samen Vorschlag Pococke's zur inneren Struktur der Pyramiden einzu-
gehen, »die ihren Ursprung der Sitte verdanken, daß man Hügel ver-
kleidete, um königliche Gräber zu errichten«. Demnach hätten die
Ägypter bei Errichtung einer Pyramide einen natürlichen Fels umbaut,
der es ihnen erspart hätte, den Kern des Bauwerkes aufzuschichten.
Pococke äußert denn auch die Ansicht, daß sich unter der Großen Pyra-
mide zwei Felshügel befänden, wobei der jetzige Eingang auf dem
Gipfel des einen und die Grabkammer auf dem anderen liege. Heute
können wir feststellen, daß nichts von alledem stimmt, der Felsboden
zur Pyramidenmitte hin steht nicht höher als etwa 10 m über der
Grundlinie an. Die Höhe des anstehenden Gesteins läßt sich in dem
Ausstiegsschacht, der an der »Großen Galerie« beginnt und in den ab-
steigenden Gang zur unterirdischen Grabkammer mündet, kontrol-
lieren.
Nach Norden und Pococke sind nun Fourmont, Niebuhr, Davison und
Bruce zu nennen, die den Pyramiden in den Jahren 1755,1761,1765 und
1768 einen Besuch abstatteten. Fourmont47, »königlicher Dolmetscher
für orientalische Sprachen«, teilt die richtige Auffassung, daß Memphis
in unmittelbarer Nähe von Mitz-rain (Mit Rahina) gelegen habe, und
zwar in dem Dorf, das er Manof nennt. An der Cheopspyramide be-
wundert er lebhaft die »Große Galerie« (Taf. 3 b), »die«, so schreibt er,
»eine großartige Leistung darstellt, keinem anderen Bauwerk ver-
gleichbar, weder vom künstlerischen Standpunkt aus noch vom
Reichtum des Materials her... der Stein, aus dem diese Galerie besteht,
ist ein blankpolierter Marmor in großen behauenen Blöcken, die so gut
aneinandergefügt sind, daß man nur mit sehr guten Augen die Stellen
Reisende und Schriftsteller im Angesicht der Pyramiden 51
Niebuhr48 kritisiert die Reisenden, die sich ein Vergnügen daraus ge-
macht hätten, den immensen Arbeitsaufwand und die enormen
Kosten, die der Aufbau solcher Massen und das Auftürmen solcher
Berge von behauenen Steinen erforderten, zu übertreiben, indem sie
vorbrächten, daß sie (die Pyramiden) »mit Marmor bedeckt« gewesen
seien; und Paul Lucas versicherte uns, daß sie »mit einem Küt über-
zogen gewesen sind. Aber dieß ist wenigstens bey der zweyten Pyra-
mide ganz falsch.«
Um dieses zu verifizieren, ist er wohl der einzige unter den bisher ge-
nannten Reisenden, der die Chephren-Pyramide bestiegen hat. Davon
berichtet er, daß ein Teil ihrer Verkleidung auf der Spitze noch erhalten
sei (Taf. IX b und Taf. 4 b).
Bruce49 mißt der Entdeckung von Davison kaum Gewicht bei, findet
es vielmehr erstaunlich, daß man so lange gebraucht habe, um diesen
Hohlraum zu finden. Immerhin geruht er, die Zeichnungen Davisons
zu verwenden, die kurz zuvor veröffentlicht worden waren.
Grabkammer
des
Cheops
»Lettres sur l’Égypte«, wovon einige auch den Problemen der Pyra-
miden gewidmet sind. Anhand der antiken Autoren läßt er es sich be-
sonders angelegen sein, den Irrtum neuzeitlicher Reisender wie Shaw
und Thévenot aufzudecken, die Große Pyramide sei offen gelassen und
ohne Verkleidung nie vollendet worden. An anderer Stelle polemisiert
er gegen die These von Paw, der in seinen »Philosophischen Unter-
suchungen über die Ägypter und Chinesen«, vielleicht von den Ideen
Reisende und Schriftsteller im Angesicht der Pyramiden 53
Shaws oder Perrys beeinflußt, in der Pyramide das Grab des Osiris
hatte sehen wollen:
»Es ist auch unstreitig, daß sie ein Mausoleum eines der ägyptischen
Pharaone gewesen ist. Die in der Ebene, an deren Ende sie erbauet ist,
befindlichen Gräber, der Sarcophagus in dem großen Saale, die Blende
in dem untern Saale, das Zeugnis des Herodots und des Strabo, und der
arabischen Schriftsteller, alles dieses beweiset die Wahrheit dieser
Meynung. Ich weiß, daß Herr Paw welcher mitten in seiner Studier-
stube besser sieht, als alle Reisende, sie lehret, daß diese Pyramide das
Grab des Osiris war. Er hegt aber ganz allein diese Meynung, welche
durch die Sache selbst und durch die Geschichte widerlegt wird...«
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts verbindet sich dann das Urteil
Diodors und Plinius’ über den Despotismus der Pyramidenerbauer in
besonderem Maße mit den humanitären Ideen der französischen
Philosophen und Enzyklopädisten, die schon bald das Dogma der
absolutistischen Monarchie vom göttlichen Recht umstoßen sollten.
Solche Gedanken finden sich z. B. in der »Voyage en Syrie et en Egypte«
von Volney. Er bereiste den Vorderen Orient von 1783 bis 1785. Nach-
dem er die Pyramiden zunächst überschwenglich bewundert hatte
(siehe S. 17), kommt er zu folgendem Schluß, und wir möchten hier
etwas ausführlicher zitieren:
»Aber man muß gestehen, ein anderes Gefühl tritt auch bald an die
Stelle des ersten Entzückens. Wenn auch dieses alles vorher so hohe
Begriffe von der Kraft und Stärke des Menschen erregt hat, und man
nun überlegt, wozu er sie anwendet, so kann man nur einen Blick des
Schmerzes und der Traurigkeit auf dieses sein Werk werfen. Man be-
trübt sich, wenn man bedenkt, daß eine ganze Nation zwanzig Jahre
geplagt wurde, um der Eitelkeit ein Grabmal zu erbauen; man seufzt
über die Menge von Ungerechtigkeiten und Bedrückungen, die diese
beschwerliche Frohne, das Herbeyschaffen und Behauen der Steine,
und das Verarbeiten einer so ungeheuren Masse von Materalien ver-
ursacht haben müssen. Man entrüstet sich über den Unsinn der Des-
poten, die solche barbarische Unternehmungen veranstalteten. Mehr
54 Das Geheimnis der Pyramiden
als einmal regt sich dieß Gefühl, wenn man Aegypten durchstreicht;
Diese Labyrinthe, diese Tempel, diese Pyramiden mit ihrer massiven
Bauart zeugen mehr von der Knechtschaft einer Nation, die durch den
Eigensinn ihrer Herrn auf das äußerste gepeinigt wurde, als von dem
Genie eines wohlhabenden und die Künste liebenden Volks. Alsdann
verzeiht man es dem Geize, der ihre Gräber erbrach, und ihre Er-
wartung der Unverletzlichkeit täuschte. Man hat weniger Mitleid mit
diesen Ruinen; und wenn in Alexandria den Liebhaber der Künste Un-
wille und Verdruß ergreift, wenn er die Säulen des Palastes zu Mühl-
steinen zerschneiden sieht, so kann sich der Philosoph nach jener
ersten Empfindlichkeit, die jeder Verlust einer vortrefflichen Sache
würkt, nicht enthalten, über die Stille Gerechtigkeit des Schicksals zu
lächeln, die dem Volke das wiedergibt, was ihm so viel Mühe und
Arbeit kostete, und den Stolz eines unnützen Luxus, dem niedrigsten
seiner Bedürfnisse Preiß giebt.«
Volney lehnt es ab, bei der Beschreibung der Pyramiden das zu wieder-
holen, was seine bedeutendsten Vorgänger wie Paul Lucas, de Maillet,
Sicard, Pococke, Greaves, Norden und Niebuhr bereits gesagt haben
und stellt statt dessen allgemeinere Überlegungen an. Er schreibt, daß
die Autoren in den Maßangaben keine Übereinstimmung erzielen und
Reisende und Schriftsteller im Angesicht der Pyramiden 55
man auf keinen Fall jenen zustimmen dürfte, »die der Großen Pyra-
mide die gleiche Höhe wie Basislänge geben, weil das Dreieck deutlich
abgeflacht ist.« Er bringt dann seine Hoffnung zum Ausdruck, qualifi-
zierte Fachleute möchten sich bei aller gebotenen Sorgfalt der Aufgabe
annehmen, die exakte Basislänge festzustellen, weil das wahrschein-
lich zur Wiederentdeckung der ägyptischen Maßeinheiten führen
werde. Da es ferner schwierig sei, die Gliederung der inneren Räum-
lichkeiten der Pyramide anhand von Zeichnungen verständlich zu
machen, wäre es sinnvoll, ein Modell in verkleinertem Maßstab »aus
ungebranntem oder gebranntem Ton« herzustellen. Sein Pyramiden-
kapitel beschließt Volney mit dem innigen Wunsch, Ägypten möge
aus den Händen der Mamlûken befreit werden, damit »die Erde des
Nils und der Sand Libyens umgegraben« werden könnten: »Wenn eine
Nation, die die schönen Künste liebte, Aegypten besäße, so würde man
hier gewiß Quellen und Mittel zur Kenntniß der Vorwelt finden,
welche uns alle übrigen Theile der Erde versagen«. Volney hat sich
nicht geirrt. Sein Wunsch ging mit der berühmten Expedition d’Égypte
unter Napoleon Bonaparte 1798 in Erfüllung. Ihre Arbeiten und Ent-
deckungen bezeichnen den Beginn der Ägyptologie und wissenschaft-
licher archäologischer Untersuchungen. Sofern sie die Pyramiden be-
treffen, soll darüber und über die Erforschung bis in unsere Tage im fol-
genden Kapitel berichtet werden.
Oberst Coutelle verdanken wir den Bericht über die unter seiner
Leitung gemeinsam mit dem Architekten Le Peré an den Pyramiden
von Gisa ausgeführten Arbeiten: »Observations sur les pyramides de
Guizeh et sur les monuments qui les environnent« 55 (Untersuchungen
über die Pyramiden von Gisa und die Denkmäler in der Umgebung).
Le Pére bildet auf den Tafeln 14 und 15 des V. Bandes Grundriß und
Schnitte der Großen Pyramide ab, während Tafel 16, mit den ent-
sprechenden Ansichten der 2. und 3. Pyramide sowie zweien der drei
kleinen Pyramiden an der Südseite der Mykerinospyramide - eine
stufenförmig wiedergegeben und die andere als 4. bezeichnet -, auf
Jomard zurückgeht. Die topographischen Karten des Gebietes von
Memphis und der Pyramiden fertigte Oberst Jacotin an. Die eindrucks-
vollen Zeichnungen der Großen Galerie, wovon eine auf Taf. 3 b
wiedergegeben ist, stammen von dem Architekten Cécile, der mit
seinem Kollegen Balzac sowie Dutertre und Conté auch für die Tafeln
mit verschiedenen Ansichten der Pyramiden verantwortlich zeichnet.
Jomard stand gleich Denon außerordentlich stark unter dem Bann der
Pyramiden, was aus folgender Schilderung hervorgeht: »Der Gesamt-
eindruck dieser Denkmäler56 vermittelt eine frappierende Erkenntnis:
Aus der Ferne haben ihre Spitzen die gleiche Art Wirkung wie die
Die archäologische Erforschung der Pyramiden 59
Gipfel hoher Berge von pyramidaler Form, die in den Himmel ragen
und deren Umrisse sich klar gegen den Himmel abzeichnen. Je näher
man aber kommt, desto mehr schwindet dieser Eindruck. Aus der
Nähe betrachtet, vermitteln diese regelmäßig aufgetürmten Massen
eine ganz neue Empfindung: Überraschung übermannt einen. Steigt
man zu ihnen hinauf, wandeln sich die Gedanken urplötzlich. Un-
mittelbar zu Füßen der Großen Pyramide aber wird man von mäch-
tigen Gefühlen ergriffen, die nur gemildert werden von einer Art
Betäubung, ja Ermattung. Spitze und Kanten entgleiten den Blicken.
Das, was man empfindet, hat nichts mit der Bewunderung für ein
Meisterwerk der Kunst zu tun, sondern geht tiefer. Die Wirkung liegt
in der Größe und Einfachheit der Formen, im Kontrast und dem Miß-
verhältnis von menschlicher Statur zum Umfang des Werkes, das aus
der Hand des Menschen hervorgegangen ist: Das Auge kann es nicht
fassen, selbst der Verstand vermag es kaum zu begreifen. Schließlich
beginnt man allmählich eine Vorstellung zu bekommen von diesem
riesigen Berg aus behauenen Steinen, ordentlich aufgetürmt zu uner-
hörter Höhe. Man sieht und berührt Hunderte von Steinlagen im
Umfang von 200 Kubikfuß mit einem Gewicht von Tausenden von
Tonnen. Und man versucht zu begreifen, welche Kraft diese Zahl
kolossaler Steinquader bewegt, geschleppt und auf einandergeschichtet
hat, wieviele Menschen daran wohl gearbeitet haben, wieviel Zeit sie
dazu gebraucht haben mögen, welche Werkzeuge ihnen zur Verfügung
gestanden haben mögen; und je weniger man sich all dies erklären
kann, um so mehr bewundert man die Macht, die diese Hindernisse
überwand.
Bald aber greift ein anderes Gefühl um sich. Betrachtet man das Aus-
maß der Beschädigungen im Innern, dann wird einem klar, daß die
Menschen mehr als die Zeit an der Zerstörung gearbeitet haben. Wenn
sie auch wohl die äußerste Spitze angegriffen hat, so waren es doch
jene, die die Steine hinabstürzten, so daß der Aufprall die Steinlagen
beschädigte. Auch die Basis wurde als Steinbruch benutzt, schließlich
verschwand die gesamte Verkleidung unter den Händen von Barbaren.
Mag man die Gewalt bedauern, so halte man diese nutzlosen Angriffe
doch gegen das Massiv der Pyramide, und man wird feststellen, daß es
nicht gelungen ist, es auch nur um ein hundertstel Teil zu mindern.
Dann wird man dem Dichter zustimmen müssen, der sagt: Leur masse
indestructible a fatigue le temps57...«
60 Das Geheimnis der Pyramiden
Bei den Beschreibungen und genauen Angaben stützt sich Jomard zum
einen vor allem auf die Beobachtungen des Astronomen Nouet und
zum anderen auf die exzellente Arbeit des Architekten Le Peré. Sein
Schnitt von der Großen Pyramide insbesondere gibt zum ersten Mal
annähernd richtig die Neigung der Seitenflächen und die Lage der ver-
schiedenen Gänge und Räumlichkeiten im Innern wieder. Im Gegen-
satz dazu sind die Zeichnungen von Greaves, Maillet, Norden, Savary
und anderen gerade in diesem Punkt doch noch recht ungenau ge-
wesen, da sie die Pyramiden im allgemeinen zu steil darstellten
(Abb. 4, die Große Pyramide, Schnitt nach Maillet).
Jomard wußte zudem offensichtlich nicht, was man ihm aber auch
nicht zum Vorwurf machen kann, aus welcher Epoche in der Ge-
schichte der ägyptischen Architektur die Pyramiden stammen, denn
sonst hätte er im Zusammenhang mit diesen Bauwerken nicht ge-
schrieben: ». . . daß die Könige von Memphis mit denen von Theben
rivalisieren wollten, kann wohl nur die Unvernunft anzweifeln« 61. Die
archäologische Forschung seither hat die Überlegungen Jomards zu-
nichte werden lassen, aber wir führen sie hier an, weil sie auf viele Pyra-
midenforscher des 19. Jahrhunderts und sogar manche Schriftsteller
unseres Jahrhunderts ihre Wirkung nicht verfehlten. Im dritten Teil
dieses Buches werden wir die grundlegenden Irrtümer und Ungenauig-
keiten aufzeigen und richtigstellen.
einmal damit beauftragt, gemeinsam mit einem Teil der Truppe die
Basis der Großen Pyramide zu suchen, eine der kleinen Pyramiden
abzutragen, den Schacht der Großen Pyramide auszuräumen, die
Sphinx freizulegen und Gräber auszugraben. Während diese Arbeiten
liefen, beschäftigten wir uns damit, den Eingang der Großen Pyramide
und die Galerien und Kammern zu erkunden und zu vermessen; denn
obwohl sie von fast allen Reisenden beschrieben werden, müssen sie
doch Gegenstand unserer Untersuchungen sein
Auch Coutelles Erklärung für die Anordnung der Fallsteine vor der
Königskammer stimmt: »Die Vorkammer weist auf beiden Seiten drei
Führungsrillen auf, die wohl für die Granitblöcke, die den Eingang zur
Grabkammer verschließen sollten, gedacht waren.«
* Coutelle und Le Peré kannten übrigens nur die erste dieser Entlastungskammern, für deren
Entdecker sie sich hielten. Wir haben jedoch im vorigen Kapitel erwähnt, daß ihnen
Davison in Begleitung des Konsuls Cosigny und des französischen Handelsherrn Meynard
um 35 Jahre zuvorgekommen war.
Die archäologische Erforschung der Pyramiden 63
auf einer etwas dickeren Steinplatte (D) aufgelegen, die in den Fels ein-
gelassen gewesen wäre64.
Coutelle und Le Peré schlössen ihre Grabungen in Gisa mit dem ver-
geblichen Versuch ab, in die südöstliche der drei kleinen Pyramiden an
der Südseite der Mykerinos-Pyramide einzudringen, die oft als vierte
Pyramide bezeichnet worden ist. Sie hatten gehofft, hier einen Sar-
kophag und eine unberührte Grabausstattung finden zu können. Da
sie aber die Lage der inneren Räumlichkeiten nicht kannten, hatten sie
schon beschlossen, die Pyramide vollständig abzutragen. Glücklicher-
weise wurde dieses unsinnige Unterfangen verhindert, und zwar aus
den gleichen Gründen und zur selben Zeit wie die Arbeiten zur
Räumung des Schachtes in der Großen Pyramide.
Die einzige zugängliche Pyramide in Gisa war nach wie vor die Große
Pyramide, und doch war das gesamte Innere noch nicht vollständig
untersucht worden. Im Januar 1817 machte sich Caviglia daran, mit
Unterstützung von Kabitziet und Fuentes den Schacht, den Coutelle
und Le Peré im Jahre 1801 aufgeben mußten, vollkommen freizulegen.
Als sie etwa 15 m weit bis zu dem Punkt gekommen waren, wo er sich
nach Süden wendet, verweigerten die Arbeiter die Fortsetzung der
66 Das Geheimnis der Pyramiden
* Unbestreitbar sind auf dem Antlitz der Sphinx rötlich-ockerfarbene Farbspuren erhalten.
Bei der Pyramidenverkleidung sind die Verhältnisse nicht so eindeutig. Mehrere solcher
Fragmente mit rötlicher oder rose-orangefarbener Oberfläche sind von Chemikern des
Ägyptischen Museums in Kairo untersucht worden. Sie versichern, daß diese Tönung auf
das Phänomen zurückzuführen sei, daß sich unter der Lufteinwirkung Eisen- und Mangan-
salze, die im Kalkstein enthalten sind, an der Oberfläche kondensieren. So z. B. A. Lucas:
Were the Giza pyramids painted? in: Antiquity XII, p. 26-30, Gloucester 1938. A. Pochan
hingegen, der chemische Analysen an Verkleidungsblöcken von der Chephren-Pyramide
vornahm und dann spektrographische Analysen an vier Fragmenten von der Großen Pyra-
mide durchführte, versichert, daß die Denkmäler mit einer Farbauflage auf der Basis
Ocker-Rot versehen gewesen seien. Pochan: Observations relatives au revetment des
deux grandes pyramides des Giza, in: BIE XVI; und Note relative ä 1a peinture des grandes
pyramides de Giza, in: BIE XXXV, p. 377-383 mit 3 Tafeln. Nach Gegenüberstellung dieser
beiden diametral entgegengesetzten Standpunkte in einem Referat vor dem Institut
d’Égypte am 2. März 1953 haben wir unseren Standpunkt veröffentlicht. J.-P. Lauer:
Observations sur les Pyramides, in: BIFAO XXX, p. 31-40; Ergebnis: bis heute besitzen wir
keinen eindeutigen Beleg für die Behauptung, die beiden großen Pyramiden von Gisa und
Dahschûr seien außen bemalt gewesen.
** Belzoni hat stets behauptet, daß dieser Firman auf seinen eigenen Namen ausgestellt
gewesen sei, während sein Mitarbeiter Athanasi versicherte, daß er ihn nur in der Eigen-
schaft als Dragoman Salts erhalten habe, der die Arbeiten finanzierte. Nach Belzoni habe
es sich dabei um ein Darlehen gehandelt, das er zurückgezahlt habe.
68 Das Geheimnis der Pyramiden
jemand bis hierher vorgedrungen war. Auf der Südwand brachte Bel-
zoni in riesigen rauchgeschwärzten Lettern seinen Namen und das
Datum der Entdeckung - 2. März 1818 - an. Von innen her erreichte
er dann schließlich auch die übrigen Gänge und die unterirdische
Kammer der Pyramide.
Von nun an übernahm Vyse, assistiert von Hill und bald auch von
Raven, die Leitung der Arbeiten. Er stützte sich vor allem auf den Rat
Perrings, der bald noch einen weiteren tüchtigen Ingenieur namens
Nash hinzuzog. Perring brauchte gar nicht lange, bis er die Außen-
mündung des Luftschachtes von der Nordseite der Grabkammer der
Großen Pyramide gefunden hatte. Da dieser Schacht zum größten Teil
verstopft war, man jedoch annahm, daß er die Königskammer mit
weiteren, bisher nicht bekannten Räumen verbinde, mußte er frei-
gelegt werden, was nur mit Hilfe von Bohrern bewerkstelligt werden
konnte. Gleichzeitig wurden die Untersuchungen in der Pyramide
vorangetrieben, vor allem an der dem Zugang gegenüberliegenden
Seite der ersten Entlastungskammer, der sogenannten Davison-
72 Das Geheimnis der Pyramiden
Im Zuge dieser Untersuchung aber wurde das äußere Ende des süd-
lichen Luftschachtes völlig intakt aufgefunden. Die Mündung liegt auf
der gleichen Höhe wie die des nördlichen Schachtes und mißt 22,5 cm
in der Breite und 23 cm in der Höhe. Da die Grabkammer aus dem
Zentrum nicht unerheblich nach Süden verschoben ist, ist der süd-
liche Luftschacht kürzer und steiler in der Neigung als der nördliche.
Aus diesem Grunde konnte er in nur wenigen Tagen freigeräumt
werden, was sich als viel einfacher als beim nördlichen Schacht
herausstellte. Damit war die Ventilation für die Pyramide wieder her-
gestellt. Da nun der Zweck der beiden schmalen Schächte hinreichend
geklärt war, gab Vyse die Idee, sie könnten noch weitere Räume und
die Grabkammer miteinander verbinden, auf, obwohl er im Gefolge
von Caviglia lange daran geglaubt hatte. Er verzichtete auf weitere
Nachforschungen in dieser Richtung*.
* Goyon hat während seiner Untersuchungen über die Graffiti auf der Pyramide eine Orange
in die Öffnung des Südschachtes geworfen, die sofort in der Grabkammer wieder zum
Vorschein kam. Dieses Experiment beweist, daß sich auf dem Wege keine weiteren
Kammern befinden.
74 Das Geheimnis der Pyramiden
Ende Mai kamen nach Grabungen an der Ostseite der Großen Pyra-
mide Reste eines Basaltpflasters und weitere Spuren eines Tempels
zutage. Damit galt die Erforschung der eigentlichen Pyramide als abge-
schlossen. Noch einen Monat lang befaßte man sich lediglich mit
Aufräumungsarbeiten in den Kammern und Gängen und nahm sich
die Nordseite noch einmal vor.
eine Art Tunnel in das Massiv vorgetrieben. Als die Tunnelarme in der
Mitte zusammenstießen, ohne daß man auf einen Raum gestoßen
wäre, entschied Vyse, in Höhe der Grundlinien Stichstollen in unter-
schiedliche Richtungen anzulegen, um so vielleicht auf die Öffnung
eines großen Schachtes zu stoßen.
5. Pyramide. Der Deckel lag auf dem Boden an der Südwand. Im Innern
des Sarkophages befanden sich noch einige Knochen, darunter eine
verhältnismäßig zierliche Kinnlade mit bemerkenswert schönen
Zähnen, offenbar von einer Frau. Einige wenige verstreute Holzfrag-
mente hatten wohl zum inneren Sarg gehört. Inschriften waren auch
hier keine vorhanden, bis auf ein paar Zeichen in Rot auf einer der
Deckenplatten der Grabkammer, die u. a. die Kartusche des Menkaure
(Mykerinos) enthielten.
Die wohl wichtigste Entdeckung machte Vyse am 29. Juli 1837, als er
den Eingang der dritten Pyramide nach mehr als einem halben Jahr und
größten Anstrengungen fand. Vyse, der in diesem Punkte mit Caviglia
übereinstimmte, hatte sich von der riesigen Mauerbresche auf der
Nordseite täuschen lassen, indem er annahm, daß die Mamlûken eine
derartige Arbeit sicher nicht in Angriff genommen hätten ohne zu
wissen, daß der Eingang der Pyramide in diesem Bereich zu suchen sei.
Mit anderen Worten: Sie seien versichert gewesen, daß der Eingang
nicht auch weiter unten liegen könne. Genau das aber war der Fall,
denn der Eingang befindet sich nur 4 m über der Grundlinie. Vyse
konnte feststellen, daß er lange vor den Mamlûken gewaltsam geöffnet
worden war und noch zu der Zeit zugänglich gewesen sein mußte, als
man in großem Umfang das Gestein dieser Pyramide abzutragen
begann. Der absteigende Gang, die Vorkammer, der Bereich der Fall-
steine und der größte Teil des horizontal verlaufenden Ganges waren
fast bis zur Decke mit Sand gefüllt. Die übrigen Teile der Grabkammer-
anlage waren mit Gestein und Schutt angefüllt, die von früheren Ein-
Abb. 11: Sarkophag des Mykerinos, Seitenansicht und Schnitt, nach Perring
78 Das Geheimnis der Pyramiden
Nach diesem wichtigen Fund bestieg Vyse am 27. August 1837 ein
Schiff nach Malta, wobei er die Reste dieses Holzsarges für das British
Museum mitnahm, während seine Mitarbeiter Perring, Raven, Hill
und Andrews zurückblieben, um restliche Aufräumungsarbeiten ab-
zuschließen und die Zeichnungen fertigzustellen. Ihnen war es auch
überlassen worden, den hervorragenden Sarkophag des Mykerinos aus
der Pyramide zu entfernen, um ihn ebenfalls dem British Museum in
London zu übergeben, aber dieses einmalig kostbare Stück ging bei
einem Schiffbruch unter.
Perring setzte zunächst auf dem Wüstenplateau von Abu Roâsch an,
etwa 10 km nordwestlich der Pyramiden von Gisa. Dort legte er eine
Pyramide frei, von der nur die Basis des Massivs ohne äußere Ver-
kleidung erhalten war, sowie eine tiefe Ausschachtung, in die ein
abwärts führender Graben von der Nordseite mündet. In dem Schacht
weisen Spuren einer feinen Kalksteinverkleidung auf die Grabkammer
hin. Es handelt sich um die Pyramide des Königs Radjedef, Nachfolger
des Cheops und Halbbruder des Chephren.
Darauf begab sich Perring in das Gebiet südlich von Gisa, nach Sauijet
el-Arijân, wo er nur oberflächliche Sondierungen vornahm, die keine
Klärung darüber erbrachten, ob es sich dort um eine Stufenpyramide
wie in Saqqâra handelt.
Von da aus ging er weiter südlich zu einem Bauwerk, das man damals
noch die Pyramide von Riga nannte, wobei es sich aber nicht um
eine Pyramide, sondern um einen gedrungenen Obelisken auf einem
Sockelbau aus Granit handelt, errichtet von König Niuserre für sein
Sonnenheiligtum, wie die Arbeiten von Borchardt von 1900-1901
gezeigt haben72.
Perring hatte festgestellt, daß die Verkleidung des Bauwerks in zwei
Teilen sehr unterschiedlich geneigt war und ein Teil aus Granit, der
andere aus Kalkstein bestand, aber er konnte kein Profil geben. Den
Eingang dieser seltsamen Anlage suchte er vergeblich an der Nordseite.
Er befand sich nämlich an der Südseite und führte auf eine im Innern
ansteigende Rampe, die auf einer Terrasse endete und nicht in einem
absteigenden Gang wie bei den Pyramiden.
80 Das Geheimnis der Pyramiden
Von Abusir ging Perring nach Saqqâra, wo er umsonst nach dem Ein-
gang der nach seinem Plan mit Nr. 1 bezeichneten Pyramide suchte*.
Im Hochsommer schließlich, am 24. Juni 1839, nahm er die Pyramide
Nr. 2 ** in Angriff, in die er auch bald vordringen konnte. Er fand die
Reste eines schmucklosen kleinen Basaltsarkophages, der nicht an
seinem ursprünglichen Platz stand.
In den Monaten Juli und August untersuchte Perring dann die Stufen-
pyramide – nach ihm Nr. 3 – und führte die für seine Grundrisse und
Schnitte notwendigen Arbeiten durch, da er dieses Bauwerk publi-
zieren wollte. Unter seinen Zeichnungen sind diejenigen besonders
beachtenswert, die den großen Zentralschacht betreffen, auf dessen
Grund sich die granitene Sargkammer befindet.
befindet sich die Granitkammer, die nach von Minutoli als Orakel-
stätte gedient haben sollte. Perring, der diese Deutung ablehnte,
glaubte jedoch auch nicht, daß diese Kammer das Grab gewesen sei,
denn – so seine Argumentation -, um daraus einen Leichnam ent-
fernen zu können, hätte man ihn in Stücke brechen müssen, und dann
hätte man im Innern wenigstens einige Reste davon finden müssen. Er
plädiert daher für die Deutung als Schatzkammer. Perring drang aber
offenbar nicht selbst in diesen schwer zugänglichen Raum ein, sondern
gab sich mit den Berichten der Arbeiter zufrieden. Als wir nämlich
rund hundert Jahre danach dort gruben, fanden sich im feinen Sand
verstreut Knochenreste des Königs, darunter ein mumifizierter Fuß
(siehe S. 70).
Perring suchte darüber hinaus die mit blauen Fayencekacheln ver-
zierten Räume auf und veröffentlichte gute Zeichnungen davon und
von der Technik ihrer Anbringung. Außerdem nahm er den mit fein
skulpierten Hieroglyphen geschmückten Türrahmen auf, der sich in
einem der Räume befand. Vyse stellte fest, daß es sich dabei um die
Titulatur eines Königs aus sehr alter Zeit handeln müsse, da er aber
keine Kartusche sah, meinte er, daß der König nicht namentlich ge-
nannt sei. Tatsächlich ist der Name Neterichêt mehrfach erwähnt,
sowohl in der üblichen Titulatur als auch in den von Falken gekrönten
Rechtecken, »serech« genannt. Mittlerweile wissen wir auch, daß
dieser Neterichêt kein anderer als König Djoser, der mögliche Be-
gründer der 3. Dynastie, war. Perring erreichte die Freilegung dieser
Räumlichkeiten nicht und kannte daher auch die Reliefdarstellungen
von Djoser nicht. Sie wurden erst 1929 von Firth entdeckt. Überdies
konnte er in dem ungewöhnlichen Gewirr von unterirdischen Gängen
und Stollen nicht die ursprüngliche Anlage von späteren Hinzu-
fügungen unterscheiden.
0 1OOm
Abb. 13: Nördliche Pyramide des Snofru in Dahschûr, Schnitt
Beduinen überfallen und mußten sich ihrer mit der Waffe in der Hand
erwehren. Dennoch verfolgten sie ihre Feldarbeit an den Pyramiden
weiter. Am 20. Oktober kamen sie in Lischt an, am 29. in Medûm, in
Einer der Gesichtspunkte, der seine Aufmerksamkeit auf sich zog, war
die Struktur des Pyramidenkerns. Nach eingehendem Studium der
Großen Pyramide von Abusir sowie der Medûm-Pyramide und der
Stufenpyramide von Saqqâra, wo er als erster die ursprünglich zu-
grundeliegende Mastaba wiederentdeckte, die sich noch heute an der
Südseite abzeichnet, vertrat er die Ansicht, daß mehr oder weniger die
meisten Pyramiden, einschließlich der großen von Gisa, in Stufen er-
Die archäologische Erforschung der Pyramiden 87
richtet worden seien, wobei nach und nach in einer Art Schalen- oder
Manteltechnik Mauerhüllen auf die zugerichteten Seiten der Stufen
und parallel zu ihnen aufgebracht worden seien. Gestützt auf diese
Hypothese, formulierte er seine berühmte Theorie73, wonach die
Könige je nach der Länge ihrer Regierung immer neue Schalen hinzu-
gefügt hätten. Die Größe einer Pyramide wäre demnach proportional
zur Regierungsdauer eines Königs gewesen, und diese Zeit müßte sich
aus der Anzahl der Mäntel irgendwie bestimmen lassen, so wie sich
das Alter eines Baumes durch die Jahresringe, die beim Querschnitt
seines Stammes sichtbar werden, bestimmen läßt.
Eine geodätische Vermessung der Pyramiden von Gisa wurde erst 1874
von dem vom Kap stammenden Astronomen Gill vorgenommen, der
nicht weniger als drei Tage für die Ermittlung der Basislängen brauchte.
Im Jahre 1879 wurde Flinders Petrie mit der Fortführung dieser Arbeit
beauftragt. Nach umfangreichen Vorbereitungen, die es ihm ermög-
lichten, die besten Instrumente zu besorgen, kam er nach Ägypten und
richtete sich im Dezember 1880 an den Pyramiden von Gisa ein, wo er
bis Mai 1881 blieb. Eine erneute Kampagne dauerte von Mitte Oktober
1881 bis Ende April 1882. Petrie vollbrachte eine erstaunliche Leistung,
die sich bereits 1883 in der ersten Ausgabe seiner »The Pyramids and
Tempels of Gizeh« niederschlug. Dort beschränkt er sich nicht nur
Abb. 15: Mastabat Faraûn, 4. Dyn. Rekonstruktion, nach Jequier und Lauer
vor allem den der Großen, den er den »Winkel TI« nennt, weil die Höhe
dieser Pyramide dem Radius eines umschreibenden Kreises der Basis
gleich ist. Die Publikation schließt mit ein paar Seiten über die In-
schriften auf den Seitenflächen der Pyramiden, von denen mehrere
Reisende berichten, und über die wichtigsten Epochen, in denen die
Zerstörungen erfolgten.
Abb. 16: Kapelle od. kleiner Tempel mit unbeschrifteten Stelen an der Ostseite der
Pyramide von Medûm, Grundriß, Seitenansichten und Schnitte, nach Alan Rowe
Zwei Jahrzehnte später, im Jahre 1910, kehrte Petrie als Direktor der
British School of Archaeology in Egypt an die Grabungsplätze im
Faijûm zurück. In Medûm untersuchte er gemeinsam mit G.
90 Das Geheimnis der Pyramiden
Aber auch der Service des Antiquités de l’Égypte, die Ägyptische Alter-
tümerverwaltung, war nicht untätig geblieben. 1880 nahm Mariette
auf Anregung von Gaston Maspero, der aus Textfragmenten mit den
Kartuschen des Königs Pepi Merire geschlossen hatte, daß sie von
dessen Pyramide stammen müßten, die zu einem Geröllhügel zu-
sammengeschrumpft war, Erkundungen auf. Gleichwohl meinte
Mariette, als er ganze mit Texten bedeckte Wände fand, daß es sich bei
dem betreffenden Bauwerk lediglich um eine Mastaba handle, denn er
glaubte nicht an Inschriften in Pyramiden. Im Januar 1881, kurz vor
seinem Tode, mußte er sich angesichts der Beweislast in die Einsicht
ergeben,- denn Maspero hatte die Pyramide des Merenre, wo sich die
Bauform klarer abzeichnete, geöffnet und ähnliche Texte wie in der
Grabkammer Pepis I. gefunden (Taf. XVI). Maspero, der bald darauf
Generaldirektor der Altertümerverwaltung geworden war, entschloß
sich aufgrund dieser wichtigen Entdeckung, nun systematisch alle
Pyramiden zu öffnen, die bis dahin noch unerforscht waren, um fest-
zustellen, ob sie Texte enthielten oder nicht. Es stellte sich heraus, daß
sich diese Art Texte zum ersten Mal in der Pyramide des Unas vom
Ende der 5. Dynastie (Taf. 15 a) finden und dann die Nachfolger der 6.
Dynastie, d. h. die Könige Teti, Pepi I., Merenre und Pepi II. gleicher-
maßen die Wände ihrer Grabkammern damit hatten bedecken lassen.
Maspero machte sich unverzüglich an die Abschrift und Übersetzung
dieser so wichtigen Texte, die zwischen 1882 und 189277 veröffentlicht
Die archäologische Erforschung der Pyramiden 91
wurden und auf die Religion, das Denken und die Sprache der
Ägypter des Alten Reiches ebenso wie auf den Mythos, die Jenseitsvor-
stellungen und die Apotheose des Pharao neues Licht warfen.
Granitblöcken verstellt, war in einer Länge von mehr als 50 m und bis
zu einer Tiefe von 22 m freigelegt, als die Arbeit abgebrochen werden
mußte, weil man auf Grundwasser stieß. Ausgrabungen an der nörd-
lichen Pyramide gestatteten die Zuweisung an Amenemhet I., aber die
Arbeiten mußten aus den gleichen Gründen auch hier abgebrochen
werden, so daß die Grabkammer nicht erreicht wurde.
Einige Jahre später, 1901, untersuchte das Institut Français, das seine
Aktivitäten nach Abu Roâsch nordwestlich der Pyramiden von Gisa
verlagert hatte, die bereits erwähnte unvollendete Pyramide. Diesen
Grabungen verdanken wir die Zuweisung des Bauwerks an König
Radjedef oder Djedefre, Sohn und Nachfolger des Cheops. 1899, als
Maspero in die Leitung der Altertümerverwaltung zurückgekehrt war,
wurden die 1886 unterbrochenen Arbeiten in Saqqâra fortgesetzt. Es
ging dabei um die systematische Erfassung der Gesamtanlagen ein-
schließlich der Totentempel, während sich Maspero bis dahin vor
allem den Gängen und Räumlichkeiten im Innern der Pyramiden
gewidmet hatte. Die Grabungsleitung übernahm Alexandre Barsanti,
der am 4. Dezember im Bereich der Unas-Pyramide begann. Im Laufe
einer ersten Grabungskampagne bis März 1900 und dann während
einer zweiten im Winter 1900/1901 und schließlich einer dritten im
Jahre 1904 brachte Barsanti die Reste eines Tempels an der Ostseite der
Pyramide zutage. Darunter befanden sich einige ausgezeichnet ge-
arbeitete und gut erhaltene Palmkapitellsäulen aus Granit oder
Quarzit und Fragmente von Kalksteinreliefs. Barsanti konnte jedoch
den Grundriß der einstigen Tempelanlage nicht vollständig klären und
veröffentlichte daher nur eine schematische Wiedergabe einiger
Stellen der großen Anlage unter Angabe der wichtigsten Grabschächte,
die aus der Saiten- oder Perserzeit stammen und die er entdeckt hatte82.
Daneben hatte Barsanti zwischen März und Mai 1900 die Arbeit in
Sauijet el-Arijan wieder aufgenommen, die zunächst 1885 von Maspero
begonnen und 1896 von de Morgan fortgesetzt, seither aber liegen-
geblieben war. Barsanti legte Suchgräben an, räumte aber vor allem
eine 10 m lange Treppe frei, die de Morgan entdeckt hatte und die
parallel zur Nordseite der Pyramide verläuft83. Die Treppe führt in
einen Schacht, von dessen unterem Ende ein Gang in Nord-Süd-
Richtung abzweigt. Nach einer kurzen Treppe erreicht der Gang eine
Die archäologische Erforschung der Pyramiden 93
kleine, aus dem Fels gehauene Kammer, die unter der Pyramidenmitte
liegt. Gegenüber dem eben beschriebenen Gang zweigt ein zweiter
nach Norden ab, der den Zugang zu 32 länglichen, rechenförmig ange-
legten Kammern an der Nordseite und zu einem Teil an der Ost- und
Westseite der Pyramide (Grundriß und Schnitt Abb. 17) bildet. Die
Kammer unter der Pyramide wies rohbehauene Wände auf und ent-
hielt weder Mumienfragmente noch Reste eines Sarkophags. Sowohl
die Kammer als auch das Gangsystem, in denen sich keine Spuren von
Benutzung fanden, machten auf Barsanti den Eindruck einer unfertigen
Grabanlage.
Abb. 17: Südliche Pyramide von Sauijet el-Arijân, Grundriß und Schnitt,
nach Lauer
Die archäologische Erforschung der Pyramiden 95
Abb. 18: Die Pyramiden von Abusir und die zugehörigen Kultbauten, 5. Dyn.
Rekonstruktion von Borchardt, nach Encyclopaedia Universalis
96 Das Geheimnis der Pyramiden
Abb. 19: Nördl. unvollendete Pyramidenanlage von Sauijet el-Arijân, 4. Dyn. nach
G. A. Reisner
von Gautier und Jequier 1895 nicht mehr weitergegraben worden war.
Sie hatten sich vor allem mit dem Umfeld der südlichen Pyramide, der
Sesostris' I. befaßt, während A. M. Lythgoe und Arthur C. Mace sich
nunmehr mit Winlock als ihrem Assistenten den Bereich der nörd-
lichen Pyramide, der Amenemhets's I., vornahmen. Im Verlaufe der
ersten beiden Kampagnen legten sie hier den Totentempel frei, und
erst während der 3. Kampagne wandten sie sich wieder Tempel und
Pyramide Sesostris' I. zu87. Nach fast vierjähriger Unterbrechung
wurden die Grabungen 1913 und 1914 zunächst unter der Leitung von
Mace wieder aufgenommen und, nach neuerlicher Unterbrechung
durch die Kriegsereignisse, unter der Leitung von Ambrose Lansing im
Oktober 1916 bis 1918 weitergeführt88. Diese Grabung zog sich schließ-
lich bis 1934 hin89, da das Metropolitan Museum einmal seine ganze
Unterstützung H. Carter zukommen ließ, nachdem er das Grab des
Tutanchamun gefunden hatte, und zum anderen auch in Der el-Bahari
beschäftigt war, wofür er ebenfalls die Konzession hatte. Die an dieser
Stelle zutage geförderten vielfältigen Funde von Winlock90 vervoll-
ständigen die von Naville vorgelegte Publikation über Tempel und
Pyramide des Mentuhotep.
Die archäologische Erforschung der Pyramiden 97
Firth legte auch den Eingang des absteigenden Ganges in die Pyramide
frei, der von einer kleinen Kapelle an der Nordseite ausging. Diese
Kapelle (Abb. 20), von der nur noch eine Lage der Wände stand, muß
nach Funden von Fragmenten eine Basaltscheintür und Reliefdar-
stellungen von Opferträgern enthalten haben. Durch eine Doppeltür,
deren Drehzapfenlager aus schwarzem Stein noch vorhanden sind93,
trat man hier ein. Schließlich gelangte Firth auch ins Innere der
Pyramide, wo Maspero fast vierzig Jahre zuvor die Texte kopiert hatte,
die die Wände bedecken und wo noch immer der mit Inschriften ver-
zierte Basaltsarkophag des Teti steht.
Abb. 20: Nordkapelle an der Pyramide des Teti, Rekonstruktion des Grundrisses,
von Lauer
Die archäologische Erforschung der Pyramiden 99
100 m nördlich der Königspyramide fand Firth den Eingang der Grab-
kammer der Königin Iput, deren Pyramide und Kapelle94 bereits 1897-
1898 von V. Loret, damals Generaldirektor der Altertümerverwal-
tung95, entdeckt worden war. Neben dieser Anlage legte Firth auch die
Pyramide der Königin Chuit frei.
Jequier beschränkte sich nicht nur darauf, wie das bis dahin geschehen
war, die Ergebnisse seiner Grabungen zu publizieren, sondern setzte
100 Das Geheimnis der Pyramiden
Jequier grub noch bis 1936 die kleine Pyramide des Königs Ibj aus, die
offenbar aus der 8. Dynastie stammt, ferner die Ziegelpyramide des
Chendjer (Abb. 22) sowie eine zweite größere (Abb. 23), die wohl nie-
mals vollendet worden war99. In der stark zerstörten Pyramide des Ibj
fanden sich auf den Wänden der Grabkammer Texte wie unter der 6.
Dynastie. Die beiden Ziegel-Pyramiden aus der 13. Dynastie hingegen
sind besonders von der Anlage ihrer Verschlußsteine sowie von der
Anordnung der Grabkammerverschlüsse her interessant. Die Grab-
kammern selbst bestehen aus riesigen monolithen Quarzitwannen
Die archäologische Erforschung der Pyramiden 101
mit einem Gewicht von einigen sechzig Tonnen bei Chendjer und
mehr als dem doppelten Gewicht im Falle der unvollendeten Pyramide
(Abb. 34).
Zur Zeit, da Jequier an der Mastabat Faraûn arbeitete, begann Firth mit
der Freilegung der großen Umfassungsmauer der Stufenpyramide.
Nach und nach schälten sich die erstaunlichen Bauten des Königs
Djoser aus feinstem, sorgfältig geglättetem und verfugtem Kalkstein,
mit nischengegliederten Mauern, kannelierten und gebündelten
Säulen und seltsamen steinernen Nachbildungen offener Türen aus
dem Sand heraus (Taf. IV und Taf. V)100
102 Das Geheimnis der Pyramiden
Abb. 23: Unvollendete Pyramide aus der 13. Dyn. in Saqqâra-Süd, Grundriß
stört worden war, befand sich wie in der Stufenpyramide auf dem
Grunde eines gewaltigen Schachtes. Die anschließenden Räumlich-
keiten enthielten Kammern mit blauen Fayencekacheln und drei
Scheintüren mit feinen Reliefdarstellungen des Horus Neterichêt-
Djoser (Taf. 7 und 8). Diese interessante Entdeckung veranlaßte Firth,
sich der Pyramide selbst zuzuwenden und die von Perring verfertigten
Pläne nachzuprüfen. Die Nachforschungen führten schon bald zur
Auffindung weiterer fayencegekachelter Räume, die, wie das Grab aus
der Umfassungsmauer, drei Scheintüren des Neterichêt-Djoser ent-
hielten. Im Boden einer der Kammern gestattete ein Grabräuber-
schacht den Zugang zu weiteren, tiefer liegenden Stollen, auf deren
Freilegung Firth allerdings vorderhand verzichtete, um mit seinem
Grabungsteam zu einer etwa 200 m entfernten, zusammengestürzten
Pyramide nordöstlich des Djoserbezirks zu ziehen und dort den
Pyramidentempel freizulegen. Dieser war ausnahmsweise aufgrund
der Bodenverhältnisse zum größten Teil an der Südseite der Pyramide
errichtet worden. Firth fand dort die Reste eines gut gearbeiteten
Basaltpflasters des Haupthofes sowie nach entsprechenden Grabungen
die Einlassungen für Granitpfeiler, von denen noch einige Fragmente
erhalten waren, ferner einige Türschwellen aus Granit, die sich noch
an Ort und Stelle befanden (Abb. 41). Relieffragmente mit Hieroglyphen
nannten mehrfach den Namen des Userkâf, Gründer der 5. Dynastie.
In einer Ecke des Hofes fand Firth den hervorragenden Kolossalkopf
aus Granit, der sich seither im Museum von Kairo (Taf. 2 b) befindet.
Südlich des Tempels wurde die Pyramide einer Königin mit Resten
einer Kapelle an der Ostseite und westlich des Pfeilerhofes eine zweite
kleine Pyramide ohne Kapelle festgestellt.
Nach dem Tode von Firth, der 1931 überraschend starb, nahmen wir
gemeinsam mit Quibell die Arbeit an den tief gelegenen Korridoren der
Stufenpyramide wieder auf. Wir stellten fest, daß es sich dabei um ein
Gangsystem handelt, das unabhängig von den Grabräumen des Djoser
104 Das Geheimnis der Pyramiden
Die Südwand des Korridors über dem Sarkophag ließ, vermischt mit
dem zerbröckelten Fels, zahllose Fragmente von Steingefäßen sichtbar
werden. Beim Abkratzen dieser Wand vergrößerte sich die Zahl der
Gefäßfragmente sehr schnell, was auf die Existenz eines weiteren
Stollens an dieser Stelle schließen ließ. Da aber der Fels hier zu brüchig
war, mußten wir aus Gründen der Sicherheit unseren Gang etwa 15 m
weiter hinten anlegen, wo er dann allerdings bald auf den vermuteten
Korridor stieß, der vom Boden bis zur Decke vollständig mit Stein-
gefäßen (Taf. 6 b)103 angefüllt war. Als wir ihn nach beiden Richtungen
ausräumten, stellten wir fest, daß er mit einer kaum vorstellbaren
Menge von Gefäßen aller Art, mit Krügen, Schüsseln und Stößen von
flachen Schalen aus Alabaster und härterem Gestein angefüllt war,
Beim weiteren Vorgehen nach Süden wurden noch vier stets in Ost-
West-Richtung verlaufende Korridore gefunden, die jeweils mit einem
Schacht vor der Ostseite der ursprünglichen Mastaba korrespondierten.
Diese in der Regierungszeit des Djoser nicht benutzten Gänge waren
später mit dem Schutt angefüllt worden, der aus der eigentlichen
Anlage kam.
106 Das Geheimnis der Pyramiden
Seine Arbeit wurde erst im März 1951 von Professor Ahmed Fakhry
wieder aufgenommen, der den westlichen absteigenden Gang der
Knickpyramide säubern konnte109. Er verlegte sich aber besonders auf
Grabungen im Außenbereich und entdeckte während vier aufein-
anderfolgender Kampagnen110 an der Ostseite zunächst ein beschei-
denes Sanktuar, in dem noch die Reste zweier riesiger monolither
Abb. 25: Sanktuar an der Ostseite der Knickpyramide des Snofru, Rekonstruktion,
nach Ricke
Die archäologische Erforschung der Pyramiden 109
Stelen vorhanden waren, die in Relief die Titulatur des Königs getragen
hatten. Sie hatten einen Opfertisch aus Kalksteinblöcken flankiert, in
den eine Opferplatte aus Alabaster eingelassen war (Abb. 25). Diesen
Altar schützte eine Decke aus großen Kalksteinblöcken, die zu beiden
Seiten auf Mauern auflagen. Das Ganze, von Mauern aus unge-
brannten Ziegeln umgeben, die auch eine Art Eingangsbau ein-
schlössen mit dem Zugang an der Südseite der Südostecke, war
späteren Veränderungen unterworfen gewesen.
Nach dem Komplex der Knickpyramide begann Fakhry mit der Frei-
legung der Ostseite der großen Pyramide des Snofru in Dahschûr; da
ihm aber das notwendige Material und die notwendigen Werkzeuge
fehlten, um zahlreiche große Blöcke, die aus der Verkleidung gebrochen
waren, beiseitezuräumen, mußte er dieses Projekt zunächst aufgeben,
das er erst später wieder aufnehmen konnte.
Die Grabungen im Bereich des oberen Tempels der Pyramide des Isesi-
Djedkare in Saqqâra hatte Fakhry dagegen fortsetzen können und dort
u. a. mehrere interessante Gräber der 6. Dynastie freigelegt, dazu den
oberen Tempel an der Königinnenpyramide unmittelbar nördlich der
Pyramide des Königs. Dieser Totentempel der namentlich noch nicht
bekannten Königin enthielt unter anderen Architekturelementen ein
Die archäologische Erforschung der Pyramiden 111
Während nun der Boden beider Kammern von der Ausbeute im Mittel-
alter mit Steinsplittern und Schutt angefüllt war, hatte sich die Decke
vollkommen intakt erhalten, so vor allem die Malerei, die hier nicht
in Blau und Schwarz, sondern einem sepiabraunen Ton gehalten ist,
auf dem sich in Weiß die großen, fünfzackigen Sterne entfalten, was
den Anblick dieser sonst so verstümmelten Räume überwältigend
erscheinen läßt (Taf. XVI)121.
Die erste Aufgabe bestand darin, durch aufgemauerte Pfeiler die Enden
des gigantischen Monolithen zu stützen, der den Rest der Mauer
bildete, die Vorkammer und Grabkammer voneinander getrennt hatte.
Danach konnte das Umfeld des außergewöhnlich schönen und großen
Basaltsarkophags (Taf. XVI c) freigelegt werden. Im Unterschied zum
Sarkophag Pepis I. ist er sehr gut erhalten, die Königstitulatur findet
sich wie dort in einem oben umlaufenden Band auf dem Unterteil und
auf dem Deckel eingeschnitten. Analog zu Pepi und auch an der
gleichen Stelle vom Sarkophag aus steht der Kanopenschrein aus
Rosengranit mit einem Deckel aus schwarzblauem Granit. Kanopen-
krüge kamen hier bisher nicht zum Vorschein. Die seinerzeit von
Maspero geborgene Mumie befindet sich heute im Kairoer Museum122.
Erwähnt sei zum Schluß, daß beim Beiseiteräumen der großen Stein-
brocken an der Ostseite der Vorkammer unter dem Monolithen, der
den Giebel der Wand bildet, ein zweiter von 4,60 m Länge, 1,10 m Höhe
und ungefähr 1,50 m Dicke zutage kam. Er ist in einer Breite von 3 m
120 Das Geheimnis der Pyramiden
Die Pyramide enthielt stets in einem zentral gelegenen Raum oder auf
dem Grunde eines tiefen Schachtes einen Sarkophag aus Hartgestein
(Granit, Basalt u. a.). Bei einigen Bauten, wie z. B. der Stufenpyramide
von Saqqâra oder der Anlage von Sauijet el-Arijân, sollten offenbar ein
Grabraum aus Granit oder eine wannenförmige Vertiefung, die aus
dem Granit herausgehauen wurde, den Sarkophag ersetzen (Taf. 6 a
und 14 b). Als Beweis für den Grabbau mag schließlich auch gelten, daß
Reste einiger königlicher Mumien gefunden wurden, so z. B. in Gisa in
der Pyramide des Mykerinos und in einer der Königinnenpyramiden
südlich der Mykerinos-Pyramide, ferner im Grabraum der Stufen-
pyramide von Saqqâra sowie in den Pyramiden des Djedkare – trotz
fast vollständiger Zerstörung des Sarkophags - und des Merenre.
hat. Auch in der Pyramide des Unas steht der große Basaltsarkophag
noch an Ort und Stelle: in der Ausrichtung Nord-Süd befindet er sich
neben der Westwand des Sargraumes, während der Deckel quer im
Raum liegt. In anderen Pyramiden wie z. B. bei Teti, Merenre (Taf.
XVI, c) und Pepi II. ist der gleichermaßen aus Basalt bestehende
Deckel nur mehr oder weniger beiseitegeschoben worden. Bisweilen
wurde er auch zerschlagen, wie im Falle Pepis I.
gleiche Struktur aufweist wie die beiden zuvor genannten, aber nicht
mehr als fünf Stufen aufweisen sollte, sind in Sauijet el-Arijân, einige
Kilometer südlich der Nekropole von Gisa (Abb. 17) erhalten. Sie wird
heute dem Horus Chaba (siehe S. 93) zugewiesen. Eine vierte Stufen-
pyramide, die vielleicht auf Huni, den letzten König der 3. Dynastie
zurückgeht, erhebt sich in Medûm unweit des Faijûm-Eingangs. Zu-
nächst in sieben Stufen, dann erweitert und erhöht, enthielt sie offen-
bar eine achte Stufe, bevor sie durch die Verkleidung die Form einer
echten Pyramide mit Dreieckseiten erhalten sollte (Abb. 31). Diese
Erweiterung ist auf Snofru am Beginn der 4. Dynastie zurückzuführen.
gang wird sich ganz einfach so vollzogen haben, daß der Architekt das
Stufenprofil im Bauwerk in einen Dreiecksumriß umsetzen wollte.
Der Aufstieg der Seele des verstorbenen Königs konnte durch die
schrägen Flächen, die, anders als die Stufen, direkt zum Himmel
wiesen, ganz entschieden erleichtert werden.
Abb. 31: Pyramide von Medium, Schnitt Ost-West und Ansicht von Norden unter
Angabe der drei Bauphasen, nach Borchardt
Als Begründer der 4. Dynastie errichtete Snofru, der Vater des Cheops,
in Dahschûr den ersten kolossalen Pyramidenbau mit einer Seiten-
länge von 180 m und mehr als 100 m Höhe. Aufgrund des abgeänderten
Neigungswinkels wurde diese Pyramide stets als »Knickpyramide«
bezeichnet (Abb. 14). Die Forschungsarbeiten unter Leitung des
Architekten Abdessalam M. Hussein haben ergeben, daß die Änderung
des Neigungswinkels bedingt war von der Absicht, das Gewicht, das
auf den Kragsteingewölben der Räume im Innern lastete, zu redu-
zieren,- denn mehrere Sei ten wände wiesen schon während der Bauzeit
Risse und sonstige Anzeichen auf, die zu Sorge Anlaß gaben. Aus
diesem Grunde gab Snofru diesen Bau wohl auch ganz auf und ließ
nördlich davon eine zweite Pyramide errichten, die eine noch um-
Die Pyramide: Königsgrab ... 127
Der Sohn des Mykerinos, Schepseskâf, der letzte König der 4. Dynastie,
verzichtete auf die Pyramidenform und errichtete südlich von Saqqâra
ein nicht minder bedeutendes Denkmal, dem er die Form eines
gigantischen Sarkophags gab, bekannt unter der Bezeichnung »Masta-
bat Faraûn«, d. h. »Pharaos Bank« (Abb. 15).
Mit dem Beginn der 5. Dynastie und dem Vordringen des Sonnen-
kultes des Re von Heliopolis gingen die Könige zwar vom Pyramiden-
bau nicht ab, aber diese Anlagen übertrafen nicht einmal die Maße der
Mykerinospyramide, wobei die kleinste von ihnen, die des letzten
Königs der 5. Dynastie, Unas (Taf. 13 b), zum ersten Mal Pyramiden-
texte enthält. Sie erreicht nur eine Seitenlänge von 57,60 m an der Basis
und eine Höhe von 43 m. Gleichzeitig werden in dieser Epoche die
Anlagen des absteigenden Ganges und der Grabräume vereinfacht und
vereinheitlicht. Diese Entwicklung setzt sich in der 6. Dynastie (Abb.
32) fort, wo sich die Pyramidenmaße auf 150 Königsellen = 78,60 m für
die Seitenlänge der Basis und 100 Ellen = 52,40 m in der Höhe ein-
pendeln. Sämtliche Pyramiden aus diesen beiden Dynastien - bis auf
vier in Abusir aus der 5. Dynastie - befinden sich in Saqqâra (Abb. 2).
Nach Pepi II. und dem Ende der 6. Dynastie kennen wir aus der Ersten
Zwischenzeit nur die kleine Pyramide des Ibj in Saqqâra-Süd, die
* Zwischen beiden regierte der Erbauer der riesigen Anlage von Sauijet el-Arijân mit der
Sargkammer aus Granit, S. 141 f.
128 Das Geheimnis der Pyramiden
weitgehend zerstört ist, aber auf den Wänden der Grabkammer Pyra-
midentexte erhalten hat. Bedeutende Pyramiden im Bereich von
Memphis entstanden dann erst wieder in der 12. Dynastie. Während
Abb. 32: Pyramide des Teti, absteigender Gang, Fallsteinvorrichtung und Grab-
räume, Schnitt und Grundriß, nach Lauer
Die Pyramiden der ersten Könige des Mittleren Reiches weisen eine
bau technische Eigenheit auf: Ein System kreuzweise geführter Haupt-
mauern, von denen Nebenmauern wie Adern abzweigen, bildet ein
Gerippe (Abb. 47). Die Hauptmauern bestehen aus Steinen, während
Die Pyramide: Königsgrab . . . 129
Die Pyramiden der 12. Dynastie sind im allgemeinen größer als die der
6. Dynastie. Die drei besterhaltenen erreichen eine Basisseitenlänge
von 200 Ellen, d. h. 105 m. Ihr Neigungswinkel scheint häufig größer
gewesen zu sein als im Alten Reich, d. h. die Pyramiden waren steiler.
Die Verkleidungsblöcke von den Pyramiden Sesostris' III. und
Amenemhets III. aus Dahschûr lassen auf Neigungswinkel von 56°
und 57° schließen.
In dieser Zeit wurde offenbar auch mit der Tradition des Eingangs an
der Nordseite gebrochen. Dabei gilt es natürlich zu bedenken, daß im
Grunde die Arbeit der Eindringlinge erleichtert worden war, indem
man den Zugang einheitlich stets an der gleichen Stelle anlegte, wie
das seit der 5. Dynastie der Fall gewesen war. Seit Sesostris II. in
Lahûn wurde der Zugang zu den Gängen im Innern im allgemeinen
aus der Pyramidenachse verschoben und konnte sich überdies an jeder
Seite befinden (Abb. 33 und 49). Es handelt sich bisweilen um einen
absteigenden Gang, manchmal auch einen Schacht, der verhältnis-
mäßig weit von der Pyramide entfernt lag. Analog zur 3. und 4. Dyna-
stie haben sich die Baumeister damals offenbar wieder stärker bemüht,
die Grabkammer unzugänglich zu machen, wobei sie immer kom-
pliziertere Methoden erfanden. Den Höhepunkt in dieser Beziehung
bildet die zweite Pyramide Amenemhets III. in Hawâra aus dem Ende
der 12. Dynastie (Abb. 33) sowie die seiner Nachfolger in Masghûna
und dann in der 13. Dynastie in Saqqâra-Süd (Abb. 22 und 23). Man
vervollkommnete das System der Fallsteine, die zahlreicher und
größer wurden, legte Blindgänge an, die irgendwo endeten, und
schließlich machte man den Zugang zur einmal verschlossenen Grab-
kammer überhaupt unsichtbar, indem man sie aus einem wannen-
förmig ausgehöhlten Monolithen bildete, der mit drei gigantischen
Steinblöcken zugedeckt wurde. Bis zur Beisetzung der Mumie blieb
einer dieser Blöcke aufgebockt und wurde dann durch eine raffinierte
130 Das Geheimnis der Pyramiden
Danach wäre aus der memphitischen Region erst wieder die kleine,
etwa 1 km südlich der Pyramide Amenemhets III. in Dahschûr ge-
legene Ziegelpyramide des Imeni Aamu (des Asiaten), die fast völlig
dem Erdboden gleich ist, zu erwähnen. Er gehört sicher zu den Hyksos-
herrschern der 15. oder 16. Dynastie, die Memphis und das Delta be-
herrschten, während Fürsten der 17. Dynastie von Theben aus die
Souveränität über Oberägypten ausübten.
Abb. 33: Pyramide Amenemhets III. in Hawâra, absteigender Gang und Grab-
räume, Grundriß, 12. Dyn.
Die Pyramide: Königsgrab ... 131
Ahmose, der das Land wieder vereinigte und um 1580 v. Chr. die
18. Dynastie gründete, errichtete in Abydos einen Kenotaph in Form
einer Pyramide, sein eigentliches Grab jedoch gilt es noch zu finden.
Sein Sohn Amenophis I. legte sein Grab in der thebanischen Nekropole
von Dra-abu'l Nega an, aber anhand der Reste dieses Bauwerks läßt
sich nicht mit Sicherheit ausmachen, ob es auch eine kleine Pyramide
einschloß.
Abb. 34: Pyramide der 13. Dyn. in Saqqâra-Süd, Anlagen zum Schutz der Grab-
räume, nach Lauer
trieben, und damit war das nachmals berühmte »Tal der Könige«
geboren. Von da an ließen sich alle Pharaonen des Neuen Reiches am
Fuße der Flanken dieser natürlichen Pyramide von unerreichbarer
Höhe für Menschenwerk bestatten, während die Totentempel in der
thebanischen Ebene errichtet wurden.
Doch wenn auch die Pyramide damit aus der altägyptischen Architek-
tur verschwand, so wurde sie doch als Symbol des Schutzes durch die
Sonne in den Privatgräbern weiter tradiert. Seit dem Mittleren Reich
schon waren in Abydos Gräber mit Kragsteingewölben in kleinen
Pyramiden aus ungebrannten Ziegeln errichtet worden. Vom aus-
gehenden Neuen Reich bis in die Römerzeit enthielten die Gräber in
Hausform oder mit einer Säulenhalle auf dem Dach der Oberbauten
eine steile Pyramide aus ungebrannten Ziegeln. Die besten Beispiele
fanden sich in Der el-Medineh; der thebanischen Nekropole (Abb. 35).
Auf den als Pyramidion bezeichneten Schlußsteinen ließ sich der
Grabeigentümer in Relief darstellen wie er den Sonnengott anbetet.
Der Begründer der 25. Dynastie, Pianchi, der als Herrscher von Napata
715 v. Chr. Ägypten eroberte, wählte acht Jahrhunderte nach dem
letzten königlichen Pyramidenbau in Theben die Form des Pyra-
midengrabes, das er in Kurru, der Nekropole seiner Vorgänger bei
Napata im heutigen Sudan, aufführen ließ. Diese kleine Pyramide, an
der Basis nicht länger als 12 m, ist heute völlig verschwunden. Sie hatte
sich über einem in den Fels getriebenen Grabschacht mit Kragstein-
gewölbe und Zugang über eine Treppe im Osten erhoben. Die Nach-
folger Pianchis blieben dieser Sitte treu und ließen ähnliche, etwas
aufwendigere Pyramiden erbauen. Als die Hauptstadt weiter südlich
nach Meroe verlegt worden war, entstanden dort weitere über fünfzig
königliche Pyramiden, bis 350 n. Chr. das Königreich von Meroe durch
die Axumiten vernichtet wurde (Taf. 15 b). Darüber hinaus aber hatten
sich auch an anderen Orten des meroitischen Reiches, so z. B. in
Sedeinga, hohe Beamte in Pyramiden aus ungebrannten Nilschlamm-
ziegeln bestatten lassen.
Abb. 35: Von kleinen Pyramiden gekrönte Privatgräber in Der el-Medineh (19.120.
Dyn.), Rekonstruktion von B. Bruyere und Cl. Robichon, nach: Encyclopaedia
Universalis
134 Das Geheimnis der Pyramiden
Bei der Knickpyramide des Snofru - wohl aufgrund der großen Ent-
fernung zum Tal - fanden bestimmte Begräbnisriten, die später in
einem Tempel an der Ostseite der Pyramide abliefen, auf zwei 850 m
voneinander entfernt liegenden Bauten verteilt, statt. Am Fuße der
Pyramide befinden sich das Opfersanktuar mit dem Opfertisch, flan-
kiert von zwei Stelen mit dem Namen des Königs (Abb. 25), sowie die
umgebenden Bauten zum Schutze des Sanktuars. In einiger Ent-
fernung liegt ein eigener Tempel für den Empfang der Opfer und den
Statuenkult. Dieser Tempel, der offenbar nicht mit dem Taltempel
identisch ist (Abb. 36), weil er zu weit vom Rande des Fruchtlandes,
von woher Reste eines von Mauern eingefaßten Weges zu erkennen
sind, entfernt liegt, ist mit der Pyramidenanlage durch einen 704 m
langen Weg verbunden, von Mauern aus feinem Kalkstein eingefaßt. *
Reliefs mit der Darstellung von Opferträgerinnen aus den Stiftungs-
gütern Ober- und Unterägyptens (Taf. 12 a) schmückten im unteren
Register die Wände des Vestibüls sowie die drei Seiten des großen
Hofes, dessen vierte an der Nordseite von einer Halle mit doppelter
Pfeilerstellung eingenommen wurde. Auf den Pfeilern, von denen nur
mehr die Basen zu sehen sind, war der König bei verschiedenen
Kulthandlungen dargestellt. Fragmente dieser Szenen sind erhalten.
Hinter der Pfeilerhalle verschaffte ein Gang in Ost-West-Richtung
Zutritt zu sechs Kapellen, die mit Doppeltüren ausgestattet waren und
in der Nordwand eine Nische enthielten. Wenig überlebensgroße
Reliefstatuen des Königs, von denen noch bedeutende Fragmente er-
halten sind, waren aus den Steinblöcken der Nischenrückseiten
herausgehauen.
berühmten Kultort des Deltas, gedient hätten, während in den vier an-
schließenden Kapellen, deren Nischen eine Statue des Königs ent-
hielten, die Kanopenkrüge abgestellt gewesen wären, und zwar ent-
Abb. 36: Der untere Tempel im Bereich der Knickpyramide, nach H. Ricke
die Lagerung und die Auswahl der Opfer vor der Überführung zur
Opferstelle an der Pyramide, wie es im täglichen Kult notwendig war,
benutzt wurde. Dabei handelt es sich nach Ricke um für Oberägypten
typische kultische Handlungen. Uns scheint es daher schwierig, diesen
Tempel als nur für unterägyptische Begräbnisriten vorgesehenen Bau
zu betrachten.
Auch der Totentempel des Cheops war bis 1946 unbekannt, bis wir
selbst nach den wenigen Überresten – namentlich Basaltplatten vom
Bodenpflaster (Abb. 37) - einen Rekonstruktionsvorschlag machten126.
Danach muß der Tempel im wesentlichen aus einem großen, 20 x 40 m
messenden Hof bestanden haben, der von einer Halle aus Granit-
pfeilern umgeben war. Die Pfeilerhalle diente offenbar als Schutz für
die Reliefs an der Innenwand der Hofumfassungsmauer, von denen
einige ganz wenige Fragmente erhalten geblieben sind. An der West-
seite bildeten drei Pfeilerstellungen die Halle, wobei die zweite Reihe
acht statt der vierzehn Pfeiler der ersten enthielt und die dritte nur
mehr vier. Von der Pfeilerhalle aus nach Westen und in der Achse
sowohl des Tempels als auch der Pyramide, führte eine Passage, die
sich noch auf dem Felsboden abzeichnete, in ein Sanktuar, das zur
Pyramide hin zurücksprang. Dieses Sanktuar hat vielleicht Schein-
türen oder noch wahrscheinlicher Kapellen oder Nischen enthalten, in
denen Statuen des Königs aufgestellt waren. Im letzteren Falle hätten
zwei große Stelen zu Seiten eines Opfertisches – analog zu Medûm
oder der Knickpyramide - zwischen Tempel und Pyramide Platz fin-
den können, wie es Ricke vorgeschlagen hat127.
Pyramide angeordnet, vorhanden war. Bevor man nun aber daran den-
ken konnte, die Barke zu bergen, die so zufällig ans Licht gekommen
war, mußten zunächst die mächtigen Steinblöcke beiseitegeräumt
werden, die bei einer Länge von 4,50 m und einer Breite von 1,80 m
zwischen 15 und 20 Tonnen wiegen128. Die Blöcke trugen zahlreiche
Zeichen und Markierungen der Steinbruch- oder Bauarbeiter, darunter
mehrfach die Kartusche des Radjedef, der die Begräbnisfeierlichkeiten
Die Pyramide: Königsgrab ... 139
seines Vaters geleitet hatte. Dieser verhältnismäßig neue Fund ist ein
erneuter Hinweis darauf, daß er und nicht Chephren als unmittelbarer
Nachfolger des Cheops zu betrachten ist.
Dieses herrliche Schiff, 42,32 m lang und an der weitesten Stelle 5,66 m
breit, weist keine Merkmale eines speziellen Sonnenbootes auf. Es
handelt sich vielmehr um ein Boot, wie es der König für seine Fahrten
auf dem Nil benutzte und das hier wohl beigegeben worden war, damit
sein KĮ die verschiedenen Heiligtümer Ober- und Unterägyptens be-
suchen konnte. Außer der Barke, die sich im zweiten Graben befindet,
der noch nicht geöffnet wurde, sind noch drei weitere Vertiefungen an
der Ostseite der Pyramide erhalten: zwei zu beiden Seiten des Toten-
tempels sind Nord-Süd ausgerichtet, während die dritte nördlich vom
Ende des Auswegs parallel zu diesem verläuft. Die Spuren des Auf-
wegs, den schon Herodot erwähnt und der den Taltempel mit dem
oberen Totentempel verband, sind seit Errichtung des Dorfes Näslet
el-Simmän im wesentlichen verschwunden. Unter diesem Dorf ver-
borgen sind auch die Reste des einstigen Taltempels zu denken, die
aber vielleicht durch die Anlage des Dorfes zerstört wurden.
140 Das Geheimnis der Pyramiden
Nach Cheops wählte sein Sohn Radjedef den Felsrücken von Abu
Roâsch an der Deltaöffnung, 9 km nordwestlich der Großen Pyramide,
als seinen Begräbnisplatz. Die Pyramide, die heute fast völlig ver-
schwunden ist bis auf einige Granitblöcke von der Verkleidung, kenn-
zeichnet vor allem ein gewaltiger Graben, der für den absteigenden
Gang angelegt worden war, und eine große rechteckige Vertiefung von
24 x 11 m senkrecht zum Graben, der, von Norden kommend, in der
Nähe der Nordostecke mündet. Radjedef, der nur kurze Zeit regierte,
hatte auch bereits mit dem Bau des Totentempels begonnen, der wohl
aus Granit bestehen sollte, wie bei Ausgrabungen des Französischen
Archäologischen Instituts in der Nähe des vorgesehenen Aufstellungs-
ortes der Scheintür in der Achse der Ostseite festgestellt wurde. Außer-
dem wurden Reste von Bodenplatten und einer Granitsäule gefunden.
Wahrscheinlich war der Tempel dann mit ungebrannten Nilschlamm-
ziegeln zu Ende geführt worden. Außer im Bereich des Sanktuars vor
der Scheintür weist der Tempel eine seltsame Achsenverschiebung
nach Norden auf, während der Südteil des Plateaus östlich der Pyra-
mide teilweise von einem Graben in Barkenform von 37,50 m Länge
eingenommen wird. Dort fand Chassinat zahlreiche Statuenfrag-
mente, darunter auch den wunderbaren Königskopf aus rötlichem
Quarzit, der sich heute im Louvre befindet. Der Tempel hatte wahr-
Die Pyramide: Königsgrab ... 141
Zwischen Chephren und Mykerinos sollte wohl, wie wir es bereits vor
Jahren vorgeschlagen haben131, der Erbauer der nur skizzenhaft ange-
legten nördlichen Pyramide von Sauijet el-Arjiän mit ihrer wahrhaft
gigantischen Ausschachtung eingefügt werden (S. 95 f. und Abb. 19).
Der rechteckige Schacht mit dem langen und breiten absteigenden
Gang ist nach dem gleichen Prinzip angelegt wie Abu Roâsch, aber in
weit größeren Dimensionen (Taf. 14) geplant. In Anbetracht der Aus-
maße und der Verwendung von massivem Granit für die Grabkammer
142 Das Geheimnis der Pyramiden
und das Bodenpflaster sowie der enormen Größe der Blöcke wegen
könnte es sich weit eher um ein Bauwerk der 4. als der 3. Dynastie
handeln, wie seit langem angenommen wird. Außerdem ließen sich
die kursiv geschriebenen Kartuschen, die Barsanti auf Blöcken dieses
Bauwerks fand und die nur zwei Zeichen enthalten, wobei das zweite
»ka« bedeutet, während das erste, schwerer zu identifizierende viel-
leicht einen Falken darstellt, als Bik-ka lesen und mit Bicheris in Ein-
klang bringen, den Manetho als einen der Könige aus der zweiten
Hälfte der 4. Dynastie aufführt. Damit fiele auch eine Lacune im
Turiner Papyrus weg, wo am Ende der 4. Dynastie vier Könige einge-
setzt sind, von denen uns nur zwei, nämlich Mykerinos und Schepses-
käf, aus den Listen von Saqqâra, Abydos und von sonstigen Denk-
mälern bekannt sind. Wir glauben daher, daß es sich um einen Sohn
des Radjedef handelte, der nach dem Tode seines Onkels Chephren die
Macht an sich riß, nachdem Chephren ihm zuvor den Thron strittig
gemacht hatte. Seine Regierung muß wohl ephemer gewesen sein,
denn schließlich setzte sich der Sohn des Chephren, Mykerinos, als
sein Nachfolger durch.
Mit Userkâf jedoch, dem Begründer der 5. Dynastie, erhält das traditio-
nelle Grabmonument unter Einschluß der Pyramide neue Impulse.
Obwohl seine Pyramide kleiner als die des Mykerinos ausfiel und der
Totentempel (Abb. 41), der zweifellos aus topographischen Gründen an
die Südseite verlegt wurde, stark zerstört ist, war dieser Tempel doch
recht bedeutend und üppiger ausgestattet als die vergleichbaren Bauten
seiner Vorgänger. Die Reste des Basaltpflasters im Hof, der von Granit-
pfeilern umgeben war, der Kolossalkopf des Königs aus Granit (Taf. 2 b)
und die schönen Kalksteinreliefs, von denen einige wenige Fragmente
auf uns gekommen sind, belegen seine Pracht. Die kleine Neben-
pyramide findet sich hier an der Westseite des Tempels, wie es von da
an üblich werden sollte.
Die drei letzten Könige der 5. Dynastie nach Niuserre gingen nach
Saqqâra zurück, um dort ihre Grabdenkmäler anlegen zu lassen.
Während der Pyramidenkomplex des Menkauhor noch nicht mit
Sicherheit lokalisiert werden konnte, sind Pyramide und Totentempel
seines Nachfolgers Djedkare-Isesi von Abdessalam Hussein freigelegt
146 Das Geheimnis der Pyramiden
Abb. 41: Totentempel des Userkâf (5. Dyn.) in Saqqâra, Grundriß, Rekonstruktion:
Lauer
Die Pyramide: Königsgrab ... 147
Abb. 42: Taltempel und Totentempel des Sahurê in Abusir, nach: Borchardt
148 Das Geheimnis der Pyramiden
Die zwei einzigen Tempel aus der 6. Dynastie, die fast vollständig frei-
gelegt worden sind, der des ersten Königs der 6. Dynastie, Teti, und der
Pepi;s IL, des letzten Königs, sind im Grundriß sehr ähnlich. Dies gilt
vor allem für den intimen Bereich der Totentempel, die in den Maßen
fast identisch sind (Abb. 44 und 45).
Bei Pepi L, wo bis jetzt nur der intime Teil des Tempels im wesentlichen
freigelegt wurde, läßt sich ebenfalls eine große Ähnlichkeit feststellen,
was im übrigen auch für Merenre gilt, bei dem die Ausgrabungen am
wenigsten weit fortgeschritten sind. Jedoch auch hier weisen die Reste
des Opfersanktuars, des quadratischen Vorraumes und des Nischen-
raumes für die Statuen größte Übereinstimmung auf. Die nur im
Umriß skulpierten Reliefs lassen darauf schließen, daß der Tempel
niemals fertig geworden ist, wofür im übrigen auch die Bodenpflaste-
rung des Sanktuars spricht, die in einfachem Tura-Kalkstein ausge-
Die Pyramide: Königsgrab . . . 149
Abb. 43: Totentempel des Unas (5. Dyn.) in Saqqara, Grundriß, Rekonstrukion:
Lauer
150 Das Geheimnis der Pyramiden
Wenn auch die Tempel der 6. Dynastie stets mit Reliefs von ausge-
zeichneter Qualität versehen sind, so geht doch die Verwendung von
Hartgestein wie Basalt und Granit merklich zurück. Granit oder
Quarzit weden auf die Pfeiler beschränkt, die die Säulen der Hofkolo-
naden ablösen, sowie auf Architrave, Türschwellen und -einf assungen.
Die Mauersockel bestehen aus Kalkstein, dem Material, aus dem außer
in der Empfangshalle, dem Pfeilerhof und den wichtigsten Kulträumen,
wo nach wie vor Alabaster verwendet wird, auch das Bodenpflaster
gearbeitet ist. Dagegen werden die Magazinräume zahlreicher. An der
Nordseite der Pyramide tritt eine kleine Kapelle mit Scheintür auf, die
in ihren Bodenplatten die Mündung des absteigenden Ganges birgt und
deren Spuren schon bei Djedkare und Unas zu erkennen sind. Be-
sonders deutlich wird dieser Bau bei Teti, wo der Grundriß klar zu
erkennen ist (Abb. 20), aber auch bei Pepi I. sowie bei Merenre, wo
Eckenfragmente und Teile der Kranzleiste von der Fassaden-Hohl-
kehle gefunden wurden132, ist sie bereits vorhanden.
Von den Taltempeln ist nur der Pepis II. bekannt (Abb. 45). Er enthält
keine Eingangshalle mit offener Fassade mehr, sondern hinter dem
Eingang einen Saal mit acht Pfeilern, dem sich zwei weitere kleinere
Räume anschließen mit bedeutenden Magazinräumen zu beiden
Seiten, die es bei den Anlagen der 5. Dynastie in Abusir noch nicht gibt.
Vor dem Tempel breitet sich eine langgestreckte Terrasse aus (Abb. 21),
auf die man entweder über Rampen, die sich vor der Mitte vereinigten,
oder über Treppen, die im Norden und Süden angrenzten, hinauf-
gelangte. Unterhalb der Esplanade sind weitere Rampen und viel-
leicht - wie bei Unas - Kaianlagen nachzuweisen, die jedoch noch
nicht ausreichend freigelegt werden konnten.
* Manetho gibt für Merenre eine Regierungszeit von nur sieben Jahren an.
Die Pyramide: Königsgrab ... 151
Abb. 44: Totentempel an der Pyramide des Teti (6. Dyn.) in Saqqâra, Grundriß,
Rekonstruktion: Lauer
152 Das Geheimnis der Pyramiden
In der Endphase der politischen Wirren gegen Ende der Ersten Zwi-
schenzeit erbauten die Könige Antef der 11. Dynastie, die von Theben
aus Teile Oberägyptens beherrschten, ihre Grabkomplexe in Dra
abu'1-Nega auf dem linken Nilufer gegenüber von Karnak. Diese
Abb. 45: Grabbezirk Pepi's II. und seiner drei Königinnen (6. Dyn.) in Saqqâra,
Grundriß, Rekonstruktion: Jequier und Lauer, nach: Encyclopaedia Universalis
Über eine große Rampe, die senkrecht auf die Mitte der Ostseite zulief,
erreichte man die erste Terrasse. Dahinter erstreckte sich ein Pfeiler-
saal mit reliefgeschmückten Wänden. Oktogonale Pfeiler in drei
Reihen umgaben hier den Kernbau an drei Seiten, während an der
Westseite nur zwei Pfeilerreihen angebracht waren, hinter denen sich
sechs Grabkapellen von Königinnen oder Prinzessinnen befanden, die
ebenfalls mit Reliefs geschmückt und teils in die große Mauer einge-
fügt waren, die diesen Saal von einem westlich gelegenen säulen-
gerahmten Hof trennte. In diesem Hof führen die Schächte zu den
Gräbern der Hofdamen hinab. Außerdem beginnt hier ein Graben, der
in einen langen unterirdischen Korridor übergeht, welcher unter dem
Felsenabhang in einer mit Granit ausgekleideten Kammer endet, die
eine aus Granit und Alabaster bestehende Kapelle enthält. Darin muß
sich der königliche Sarkophag befunden haben, von dem nichts er-
halten ist. Im Westen folgt auf den Hof ein rechteckiger Säulensaal mit
sechs Reihen von jeweils zehn oktogonalen Pfeilern, die von zwei
Reihen mit je elf Pfeilern gerahmt werden. In der Mitte der an den
Berghang angelehnten Rückwand schloß das Sanktuar, wo sich die
Statue des Königs befunden haben muß, den Gebäudekomplex ab.
In dem großen Vorhof vor der Gesamtanlage, in dem noch die Pflanz-
stellen für Tamarisken in mehreren Reihen und für vier große
Sykomoren zu Seiten des Aufweges und der Rampe ausgemacht
werden konnten, entdeckte Howard Carter im Jahre 1900 zufällig eine
Vertiefung, als sein Pferd an dieser Stelle einsank. Von dieser etwa
100 m östlich des Rampenanfangs gelegenen Vertiefung geht ein langer
Gang aus, der nach 142 m einem unterirdischen Raum unter dem
Kernbau endet. In dieser Kammer, die vielleicht ursprünglich einmal
als Begräbnisplatz vorgesehen war, machte Carter die überraschende
Abb. 47: Pyramide und Totentempel Sesostris' I. (12. Dyn.) in Lischt, Grundriß,
nach: B.M.M.A.
Die Pyramide: Königsgrab ... 155
Unter Mentuhotep III. riß Amenemhet, der zunächst Wesir und Ober-
befehlshaber der Armee war, die Macht an sich und begründete um
2000 v. Chr. die 12. Dynastie. Obwohl auch er aus Theben stammte,
verlegte er doch die Residenz zurück in die Gegend von Memphis, und
zwar etwa 60 km südlich von Kairo in die Nachbarschaft des heutigen
Dorfes Lischt, wo bis heute seine Pyramide und die seines Sohnes,
Sesostris' L, an ihn Erinnern (Abb. 48). In beiden Denkmälern und den
sie umgebenden Bauten wird der Rückgriff auf die Traditionen des
Alten Reiches deutlich. Vor allem der Pyramidenkomplex Sesostris' I.,
der der besser erhaltene von beiden ist und zunächst vom Franzöischen
Archäologischen Institut in Kairo133 und dann erneut vom Metro-
156 Das Geheimnis der Pyramiden
Die oberen Tempel der Pyramidenanlagen aus der späten 12. (Abb. 49)
und der 13. Dynastie (Abb. 22) liegen stets an der Ostseite, sind aber
teils so stark zerstört oder unzureichend ausgegraben, daß ein ernst-
hafter Vergleich mit den Totentempeln des Alten Reiches nicht mög-
lich ist.
Ein Problem, das bis heute nicht zufriedenstellend gelöst ist, erhebt
sich in der Frage nach der unterschiedlichen Funktion der beiden
Tempel, vor allem in Anbetracht der Begräbnisriten: die Reinigung
des Leichnams, die eigentliche Mumifizierung, die Mundöffnung an
der Mumie, die Vorlage der Opfer usw. 1941 fand Bernhard Grdseloff auf
einem von mehreren neuen Inschriftfragmenten, die ins Museum von
Kairo gelangten, die Erwähnung eines »Reinigungszeltes« im Zu-
sammenhang mit der Stiftung einer Grabausstattung durch König
Neferirkare136. Als er der Bezeichnung nachging, die laut Gardiner
zunächst einmal eine Schutzhütte aus Flechtwerk für Fischer meinte,
welche am Ufer aufgerichtet wurde, um dort schlafen zu können und
vor Krokodilen geschützt zu sein, fand er sechs Darstellungen des
Zeltes in Mastabas der 6. Dynastie aus der Epoche zwischen Teti und
Pepi II. Danach rekonstruierte Grdseloff den Hergang des Begräbnisses
in dieser Epoche, wie er für die Eigentümer der erwähnten Gräber an-
158 Das Geheimnis der Pyramiden
Abb. 49: Pyramide und Totentempel Amenemhets III. (12. Dyn.) in Dahschûr,
Grundriß, nach: J. de Morgan
Die Pyramide: Königsgrab ... 159
pretiert worden zu sein, die dazu bestimmt gewesen wäre, den Ablauf
des Reinigungswassers in den Kanal zu gewährleisten. Drioton dagegen
hielt es für wenig glaubhaft, daß »das von der Reinigung eines Leich-
nams abgeleitete Wasser einfach in den Fluß zurückgeführt wurde«,
160 Das Geheimnis der Pyramiden
Der eine war sozusagen der öffentliche Teil des Tempels, wo das Geleit
und die Abordnungen der Gaue und königlichen Domänen mit ihren
unzähligen Opfergaben empfangen wurden. Dazu gehörten der Tal-
162 Das Geheimnis der Pyramiden
Der zweite bildete den intimen und geheimen Teil, der zweifellos nur
der Priesterschaft und einigen Eingeweihten der königlichen Familie
zugänglich war. Dazu gehörten im wesentlichen vier Räume: zunächst
vom Vorplatz aus über einige Stufen hinweg ein Raum mit fünf
Statuennischen, vor denen bestimmte Riten vollzogen werden
mußten, wie z. B. die »Mundöffnung«; anschließend ein länglicher
Raum, der zu einem quadratischen Raum mit einer zentralen Säule
führte und sich zum eigentlichen Sanktuar öffnete, einem großen
überdachten Saal, der ungefähr 15 m x 5 m maß und an dessen Westseite
sich die Scheintür des Königs befand, gegen die Pyramide gelehnt. Vor
der Scheintür stand ein Opfertisch, auf dem die Opfer dargebracht
wurden. Die Reliefs, mit denen die Wände des Sanktuars geschmückt
waren, lassen keinen Zweifel an dieser seiner Bestimmung auf-
kommen, wie sie im übrigen Jequier anhand des Totentempels von
Pepi II. belegen konnte.
Abgesehen von diesen vier wichtigsten Räumen lagen nach Süden und
Norden Bauten von sekundärer Bedeutung, so z. B. die Magazine oder
Schatzkammern. Sofern die Priesterschaft überhaupt im Tempel-
bereich wohnte, wurde sie auf der Dachterrasse untergebracht140.
Jedem Pyramidenkomplex war eine ständige Priesterschaft zuge-
wiesen, die den Totenkult verrichtete. So wissen wir u. a., daß der Kult
an den Pyramiden der Pharaonen Snofru, Cheops, Chephren und
Sahurê über lange Zeit hinweg aufrecht erhalten wurde. Es liegt nahe,
daß es bei den anderen Königen nicht viel anders war.
Der Hauptzweck der Pyramide und der zugehörigen Bauten, deren Ent-
wicklung über etwa ein Jahrtausend hinweg wir hier kurz zu skizzieren
versucht haben, bestand also darin, dem vergöttlichten Pharao in
Ewigkeit einen ungestörten und unzerstörbaren Aufenthaltsort zu ge-
ben und seinen Totenkult dauern zu lassen. Mehr als sechzig Pyrami-
den einschließlich einiger zwanzig kleinerer Anlagen von Königinnen,
sind bisher von den Archäologen untersucht oder zumindest identifi-
Die Pyramide: Königsgrab ... 163
ziert worden. Von den Königspyramiden stellen nicht viel mehr als ein
Dutzend noch eindrucksvolle Bauwerke dar, viele dagegen erscheinen
heute nur mehr als Stein- oder Sandhügel, während einige fast völlig
dem Erdboden gleich gemacht sind.
Teil III
Theorien:
Die angeblichen Geheimnisse
der Pyramiden
Nach den eingangs gemachten Ausführungen steht fest, daß die
Schriftsteller und Historiker der Antike die Funktion der Pyramiden
als Grabdenkmäler der Pharaonen nicht in Frage stellten, sie weichen
lediglich in ihren Ansichten darüber ab, welche Könige sie erbaut und
wann sie regiert hätten. Erst im 5. Jahrhundert unserer Zeitrechnung
äußert der Neuplatoniker Proklus in seinem »Kommentar zu
Timaios« den Gedanken, daß die Pyramiden außer ihrer Bestimmung
als Grabstätten auch die astronomischer Observatorien gehabt haben
könnten; dabei handelte es sich jedoch um seine rein persönliche
Meinung, die durch keinen Beweis abgesichert gewesen wäre. Sieht
man einmal von der mittelalterlichen Legende der Kornspeicher des
Joseph und einigen unbegründeten Erzählungen arabischer Schrift-
steller ab, so wird die überlieferte Interpretation erst im 18. Jahrhundert
zurückgewiesen und einige höchst phantastische Theorien geäußert,
in denen die in diesen außergewöhnlichen Bauwerken angeblich ver-
borgenen Mysterien oder Geheimnisse entschleiert werden. Seither
haben sich diese Ausdeutungen vervielfältigt und weite Verbreitung
gefunden, vor allem seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts bis in
unsere Zeit hinein.
Es würde zu weit führen, hier die unzähligen Theorien auch nur auf-
zuführen, die zumeist einer fruchtbaren Einbildungskraft entspringen,
den notwendigen Anforderungen der Archäologie aber, wie der Wis-
senschaft überhaupt, nicht gerecht werden. Und so seltsam es an-
muten mag, selbst angesehene Gelehrte, Astronomen oder Mathe-
matiker insbesondere, die auf ihrem eigentlichen Gebiet stets die
größte Strenge und wissenschaftliche Sorgfalt walten lassen, haben
168 Das Geheimnis der Pyramiden
keine Skrupel, gleich auf Anhieb in Fragen der Pyramiden die erstaun-
lichsten Behauptungen aufzustellen oder nicht nachprüfbare Angaben
zu machen. Wir wollen daher nur auf die wichtigsten dieser Theorien
eingehen, die wir in zwei Kategorien einteilen: mystische Theorien
und pseudowissenschaftliche Theorien. Die Ägyptologen haben stets
strenge Maßstäbe angelegt und stimmen darin überein, daß die großen
Pyramiden, einschließlich und ohne jeden Zweifel die berühmte
Große Pyramide von Gisa, Königsgräber sind. »Über die Bestimmung
der Pyramiden ist viel diskutiert worden«, schreibt schon Mariette,
»und ohne daß man eigentlich wüßte warum, ist es stets die Pyramide
des Cheops, die zum Ausgangspunkt von Vermutungen wurde. A priori
ist zu bemerken, daß es keinen Grund gibt, warum die Pyramide des
Cheops eine andere Funktion gehabt haben sollte als die übrigen mehr
als sechzig Pyramiden, die man in Ägypten gefunden hat. Zudem
liegen alle Pyramiden inmitten von Nekropolen und in allen, die erst
später geöffnet wurden, sind Sarkophage gefunden worden...«. Seither
hat sich die Ansicht der Ägyptologen nicht geändert. Führen wir zu
diesem Punkt einige ihrer berühmtesten Vertreter an. So schreibt
Capart141: »Mit Hilfe der Mathematiker und häufig in enger Verbin-
dung mit ihnen haben die Mystiker das erfunden, was man 'die
Religion der Pyramide' nennen möchte. Ihre Kombinationen leiten
sich in erster Linie, wenn nicht ausschließlich, von einer Unter-
suchung der Cheopspyramide ab, die ihnen wie eine steinerne Bibel
vorkommt, wie eine nie endende Prophezeiung. Die leidenschaft-
lichen Anhänger dieser Mystik bilden kleine Gruppen unter der
Leitung eines inspirierten Interpreten; die Ergebnisse ihrer Aus-
legung publizieren sie in Spezialblättern und teilen sie unglück-
licherweise jenen Ungläubigen mit, die nicht ihre Überzeugung
teilen. Allerdings ist diese Kirchengemeinde der Pyramide in eine Un-
zahl von Sekten aufgespalten, die sich bekriegen, mißverstehen und
sich gegenseitig um die Wette zerfleischen.« Und Adolf Erman142
äußert: »So hat es denn niemals an Leuten gefehlt, die sich mit dieser
einfachen Erklärung nicht begnügten und die besondere Geheimnisse
hinter diesen Riesenbauten witterten. Auch in unseren Tagen müssen
wir es erleben, daß diese Torheiten wieder auftauchen, obschon sie
durch die Forschung eines Jahrhunderts längst beseitigt waren. Es gibt
in England und auch leider in Deutschland unzählige Leute, die sich
allen Ernstes einbilden, daß in der Pyramide des Cheops tiefsinnige
Die angeblichen Geheimnisse der Pyramiden 169
Wenn sich also die Ägyptologen darüber einig sind, daß diese Theorien
zurückgewiesen werden müssen, dann tun sie es ohne jede Diskussion
übereinstimmend, wobei sie die komischsten und unwahrscheinlich-
sten Argumente höchstens mit sanfter Ironie belächeln. Aber sowohl
in den angelsächsischen Ländern als auch in Deutschland und Frank-
reich haben populäre Bücher oder Zeitschriftenartikel, die viel mehr
gelesen werden als archäologische Publikationen und manchmal mit
Namen unterzeichnet sind, die in gewissen wissenschaftlichen Kreisen
über Autorität verfügen, eine breite Öffentlichkeit erreicht und Ver-
wirrung hervorgerufen über die Vorstellungen von der Bestimmung der
Pyramiden und die Kenntnisse vom alten Ägypten. Darum schien es
uns notwendig, dem ein für allemal ein Ende zu bereiten, indem noch
einmal die wesentlichen Theorien aufgeführt werden, um den Gegen-
beweis zu führen und zu versuchen, den Teil der Wahrheit, den sie ent-
170 Das Geheimnis der Pyramiden
halten können, offenzulegen'. Wir stützen uns bei dieser Kritik wesent-
lich auf das interessante und gewissenhafte Werk von William Kings-
land, »The Great Pyramid in Fact and in Theory«, das in zwei Bänden
in den Jahren 1932 und 1935 erschienen ist. Wir können jedoch dem
Autor nicht in allen Schlußfolgerungen zustimmen und ihm auch
nicht überall folgen, so z. B., wenn er die heute von allen Ägyptologen
anerkannte Tatsache, daß die Große Pyramide als Grab für König
Cheops gebaut wurde, als eine simple Hypothese betrachtet, die er
»Tomb Theory« nennt und auf eine Ebene mit den übrigen Theorien
stellt, die wir im folgenden diskutieren möchten.
1. Kapitel
Ihren Ausgang nahm die Bibeltheorie von dem Werk von John Taylor,
»The Great Pyramid: Why was It Built and Who Built It ?«, das 1859 er-
schien. Der Hauptgedanke dieses Buches ist, daß die mathematischen,
astronomischen und sonstigen Kenntnisse, die der Bau dieser Pyra-
mide erforderte, nicht vereinbar seien mit dem Wissen, das die Mensch-
heit zu dieser Zeit haben konnte. Taylor meint die Zeit um 2400 v.
Chr., nach der Bibel um 1600 nach Adam. Die Erbauer dieses Monu-
ments hätten also notwendigerweise von Gott inspiriert sein müssen.
Wie die Schrift selbst nun aber bezeuge, seien die Ägypter ja Götzen-
diener gewesen, so daß sie diese göttliche Inspiration gar nicht hätten
empfangen können.'Daher stelle sich die Frage, wer die Pyramiden er-
baut habe.
Taylor stützt sich auf eine Passage bei Manetho, in der es heißt, daß
Menschen niedriger Art aus dem Osten gekommen seien und, nach-
dem sie das Geheimnis des Zugangs nach Ägypten entdeckt hätten,
172 Das Geheimnis der Pyramiden
das Land erobert und seine Einwohner unterworfen hätten, ohne daß
es zu einer Schlacht gekommen sei145.
Hieran schließt Taylor die Aussagen Herodots und Diodors an, wonach
die Ägypter die Erinnerung an die Erbauer der beiden großen Pyrami-
den von Gisa verabscheuten, und schließt daraus, daß die Eindring-
linge nur zum auserwählten Volk Gottes gehört haben könnten, aller-
dings vor Abraham. Vielleicht seien sie von Sem oder dem geheimnis-
umwitterten Priesterkönig Melchisedek angeführt worden.
Nun ist es kaum wahrscheinlich, daß diese These von Taylor selbst in
England Verbreitung gefunden hätte, wenn sie nicht mit außerge-
wöhnlichem Eifer aufgenommen und weiterentwickelt worden wäre
von Professor Piazzi Smyth, dem königlichen Astronom von Schott-
land und zugleich glühendem Verfechter, wenn nicht sogar fanati-
schem Anhänger, einer buchstabengetreuen Auslegung der Heiligen
Schrift. 1864 veröffentlichte er sein populäres Werk: »Our Inheritance
in the Great Pyramid« (Unser Pyramidenerbe). 1865 begab er sich dann
nach Ägypten, um durch wissenschaftliche Beobachtungen an Ort und
Stelle die Theorie Taylors, die er sich zu eigen gemacht hatte, zu bestä-
tigen, indem er an der Großen Pyramide Messungen und Untersu-
chungen vornahm. Die Ergebnisse seiner Reise machte er 1867 in
einem neuen Band unter dem Titel »Life and Work at the Great Pyra-
mid in 1865« (Leben und Arbeit an der Großen Pyramide 1865) publik.
Mit Vehemenz ging er gegen die Ägyptologen vor, die sich verständ-
licherweise weigerten, seiner These zuzustimmen und deren For-
schungen er abqualifizierte als »schauderhafte Verstocktheit, mit der
sie Gelehrsamkeit zu erwerben trachten über die antike Götzenver-
ehrung«.
Wir können an dieser Stelle nichts Besseres tun als kurz die Einwände
gegen die Bibeltheorie wiederzugeben, wie sie William Kingsland146
mit kritischem Verstand zusammengetragen hat, um die bisweilen
verblüffenden Behauptungen zu widerlegen. Zunächst einmal ist er
der Meinung, daß man nach den Entdeckungen der modernen Archäo-
logie die Bibel texte nicht mehr wörtlich nehmen kann, vor allem nicht
hinsichtlich der Daten der Schöpfungsgeschichte um 4000 v. Chr. und
der Sintflut um 2400 v. Chr. Überdies haben die archäologischen Ent-
deckungen den Bau der großen Pyramiden um einige Jahrhunderte vor
Die mystischen Theorien 173
die Zeit gerückt, in der diese Autoren ihn ansetzen. Morton Edgar147
gibt für die Sintflut das Datum 2472 v. Chr. an und für den Bau der
Großen Pyramide 2140 v. Chr., d. h. also fast fünf Jahrhunderte später
als allgemein anerkannt wird.
Hinzu kommt: Selbst wenn man die Chronologie der Anhänger der
Bibeltheorie gelten lassen will, so sehen wir uns doch gezwungen fest-
zustellen, daß die angebliche göttliche Inspiration der Erbauer nicht
für alles gut stehen konnte, und darum 300 Jahre zwischen der Sintflut
und dem Bau der Pyramiden wohl kaum ausgereicht hätten, um aus
der gerade neu beginnenden Menschheit so viele fähige und verständi-
ge Handwerker und Arbeiter auszubilden, die zweifellos für die Bereit-
stellung aller benötigten Materialien vorhanden sein mußten.
Schließlich äußert Kingsland seine Verwunderung darüber, daß diese
von Gott inspirierten Menschen gleichwohl fähig waren - wie es ja
auch die antiken Autoren berichten - die Ägypter so grausam zu unter-
drücken und ihnen den Pyramidenbau abzupressen. Nun ist diese
Meinung zwar mit aller gebotenen Vorsicht zu sehen, aber die Vertreter
der Bibeltheorie hatten sie ja akzeptiert.
Morton Edgar (The Great Pyramid: Its Scientific Features), der einen
Mittelwert zwischen den Erddurchmessern nimmt, wie sie von zwei
der bedeutendsten Geodäten Englands ermittelt worden waren, erhält
die Zahl von 500 500 500 englischen Zoll, die, in Pyramidenzoll von
Piazzi Smyth umgerechnet, 500000499,5 ergibt, eine Zahl, die um
fast 500 Zoll höher als die von Smyth liegt. Edgar berechnet dann den
Zoll als Pyramideneinheit mit dem 500 Millionsten Teil der Länge von
500500500 englischen Zoll, d. h. 1,001001 englische Zoll. 1000 eng-
lische Zoll würden auf diese Weise 999 Pyramidenzoll entsprechen.
Die mystischen Theorien 175
Davidson nimmt für den Erddurchmesser an den Polen 500 000 000
Zoll an, die er »Primitiv«-Zoll nennt und die je 1,0011 englischen Zoll
entsprochen hätten. Damit käme er auf einen Erddurchmesser von
500550000 englischen Zoll, was keinem der zugestandenen Maße
entspricht* und von Edgar abweicht. Die Pyramidenelle von 25
»Primitiv«-Zoll hätte demnach 25,0275 englischen Zoll entsprochen.
Kingsland fragt zu Recht, wie seit man solchen Berechnungen trauen
könne, die, statt auf wirklichen Beobachtungen zu beruhen, nur darauf
abzielten, eine Thorie zu stützen, vor allem, wenn jeder der Thesen-
anhänger auf der Exaktheit seiner Berechnungen bestehe, auch wenn
er sich nicht in Übereinstimmung mit den Vertretern ganz ähnlicher
Theorien befinde. Überdies gilt es zu bedenken: Obwohl die drei
Autoren leicht voneinander abweichende Werte für die heilige oder
Pyramidenelle erhalten, so gehen sie doch alle von einer Tatsache aus,
die sie als gesichert ansehen, nämlich einem Erddurchmesser an den
Polen von 500 000 000 Pyramidenzoll oder »Primitiv«-Zoll.
Nun gibt es aber nicht den geringsten Beweis dafür, daß die Ägypter des
Alten Reiches auch nur die mindeste Ahnung von diesem Erddurch-
messer gehabt hätten, geschweige denn von seiner Länge. Dieser
Punkt aber scheint unsere Theoretiker keineswegs beunruhigt zu
haben, die im Gegenteil vielmehr Nutzen daraus ziehen, um ihre
These zu stützen: Die Pyramidenkonstrukteure konnten eben nur von
Gott inspiriert sein, der allein zu dieser Zeit den Erddurchmesser
natürlich kannte. Piazzi Smyth ist sogar der Meinung, daß »die Ägypter
keineswegs Intelligenz zeigten, als sie die Pläne zur Großen Pyramide
entwarfen, sie führten sie auf, ohne zu verstehen, was sie taten und
zwar, weil es zu dieser Zeit nicht anders sein konnte.« Im übrigen
* Die Angabe des Erddurchmessers an den Polen beruht auf den Berechnungen des ameri-
kanischen Astronomen J. H. Hayford und wurde 1910 veröffentlicht. Er wird mit 12 713 818 m
angegeben, was 500 543 014 englischen Zoll entspricht.
176 Das Geheimnis der Pyramiden
spricht er »von den kindlichen Kenntnissen, die die Ägypter von den
Naturwissenschaften und den kosmischen Beziehungen hatten«,
wobei er anscheinend vergaß, wie Kingsland bemerkt, daß nach den
Worten der Bibel »Moses alle Weisheit der Ägypter gelehrt worden
war«.
* In Wirklichkeit scheinen die Architekten der Pyramide die Mitte für den Standort des
Sarkophages vorgesehen zu haben. Da der Zugang zur Grabkammer an der entgegenge-
setzten Seite liegt, mußte selbstverständlich auch der hinführende Gang aus der Achse ver-
schoben sein.
Die mystischen Theorien 177
herauskäme. Nach Petrie weicht auch die Achse der Gänge von der
Mitte der »Großen Stufe« im oberen Bereich der »Großen Galerie« aus
gemessen nicht mehr als 284,4 englische Zoll ab. So muß also der als
so präzise bezeichnete Verlagerungsfaktor, den Davidson aufgrund rein
theoretischer Betrachtungen erhielt, als illusorisch gelten. Der Autor
behauptet aber, daß er diesen Faktor an mehreren Stellen in der
Pyramide habe feststellen können, vor allem aber in den folgenden
drei Fällen, die er für besonders wichtig hält:
zoll und dem Zeitablauf sieht so aus, daß ein Pyramidenzoll einem Jahr
entspricht, aber von der »Großen Stufe« (Abb. 51,M) an, die den Beginn
des modernen Zeitalters versinnbildlicht, fällt der Wert des Zolls
plötzlich auf die Spanne eines Monats von 30 Tagen. Dies geschieht
mit dem einfachen Hinweis darauf, daß sich die Ereignisse be-
schleunigt hätten. Hier wird doch die absolute Herrschaft der Willkür
zur totalen Unvernunft!
Vor nicht allzu langer Zeit war es dann Georges Barbarin149, der sich
in Frankreich zum Verfechter des größten Teiles der Theorien über die
Große Pyramide gemacht hat, wobei er die mystische wie astronomi-
schen und anderslautenden in einer wahren tour de force kombinierte
und tatsächlich in Einklang miteinander brachte. »Wenn die äußeren
Maße der Pyramide«, so heißt es bei ihm, »eine höhere astronomische
Bedeutung haben und mit minutiöser Präzision gewisse große Formeln
des Universums enthalten, so führen uns die inneren Maße zu noch
ungeahnteren Möglichkeiten, die ein umso leidenschaftlicheres
Interesse verdienen, als sie sich unmittelbar auf die Gegenwartsge-
schichte der Menschheit beziehen. Das Innere der Pyramide enthält
ein Zusammenspiel von Passagen und Kammern, die auf die subtilste
Weise zueinander in Beziehung stehen. Dort gibt es keine Abzweigung,
keine Entfernung, keine Richtung, keinen Kubus, keine Schräge,
keinen Vorsprung, die nicht ihre hohe, genau definierbare und blei-
bende Bedeutung hätten. Das System der Gänge folgt einem geometri-
schen und symbolischen Plan, bei dem nichts dem Zufall überlassen
ist...« Zur angeblichen Symbolik der Anlagen im Innern der Pyramide
fügt Barbarin folgende Einzelheiten hinzu: »Von den Kommentatoren
werden die Unterschiede zwischen den schräg und eben verlaufenden
Stellen dahingehend gedeutet, daß sie den ursprünglichen Abstieg der
Menschheit zu Unwissenheit und Übel hin symbolisieren (absteigender
Gang am Eingang) bis zu dem Moment, wo die bösen Geister ihren
Absturz zur unterirdischen Kammer hin fortsetzen, während die Ge-
meinschaft der Menschen an der Abzweigung des ersten aufsteigenden
Ganges zum Licht der Großen Galerie emporgeht, die der christlichen
Ära entspricht. Nachdem sie die Große Stufe überschritten hat, geht
der Aufstieg der Menschheit nicht mehr weiter, der geistige Aufstieg
ist zu Ende, sie bewegt sich nun in der Ebene fort. Dann tritt sie in die
Epoche des Chaos ein, wo sie in gebückter Haltung die niedrigen
180 Das Geheimnis der Pyramiden
Abb. 51: Oberer Teil der »Großen Galerie« und Fallsteinanlage in der Pyramide
des Cheops
Dank der Arbeiten von Flinders Petrie, Borchardt und anderen Archäo-
logen und Architekten über die Große Pyramide erklärt sich jede
Eigenheit der Anlage im Innern als technisch notwendig oder praktisch
Die mystischen Theorien 181
Jenseits der Großen Stufe aber gibt es wieder eine Menge Daten abzu-
lesen! Sie liegt – nach Barbarin - im »Schnittpunkt der Achse der
182 Das Geheimnis der Pyramiden
Uns kann daran nur wundern, daß irgend etwas, und sei es noch so
merkwürdig, für diesen mit einer so fruchtbaren Phantasie ausge-
statteten Ausdeuter unerklärlich sein sollte! Allerdings sei an dieser
Stelle angemerkt, daß Piazzi Smyth, der als erster die Beziehungen zu
historischen Daten aufstellte, für die Basis der Großen Stufe das Jahr
1813, und nicht 1844, gegeben hatte und dafür folgende Interpretation
fand: »Dieses Datum bezeichnet den Zeitpunkt energischster Fort-
schritte Großbritanniens bei dem Versuch, die Bibel zu verbreiten und
der ganzen Welt das Evangelium zu bringen.«
Nach der einen wie der anderen Hypothese sollte doch die Datierung
derart vager Dinge nicht mit einer so präzisen Stelle wie der Großen
Stufe in der Großen Galerie zusammenfallen! Außerdem scheinen die
angelsächsischen Bibeltheoretiker die Erfüllung von Prophezeiungen
nur auf Ereignisse zu beziehen, die Großbritannien betreffen. Auch
Kingsland fragt sich trotz seiner Nationalität, warum dieses Land wohl
besonders auserwählt sei, da doch die Voraussetzungen das Universum
betreffen müßten. Auf diese Frage antworten die englischen Exegeten
ohne Verlegenheit, daß sie die Nachfahren der verlorenen Stämme
Israels und daher von Gott auserwählt seien für die Verwirklichung
seiner großen Pläne!
Unsere Autoren kommen weiterhin überein, das Ende der Großen
Galerie, d. h. die Basis der Südmauer und den Beginn der niedrigen
Passage zur »Vorkammer«, als Datum für die Erklärung des Ersten
Weltkriegs 1914 anzusehen. Morton Edgar fügt hinzu, daß dies der
Die mystischen Theorien 183
Beginn eines »Jahrtausends« sei, das demnach 2914 enden werde, aber
er wagt es doch nicht, bestimmte Ereignisse genau zu benennen, die
auf das Jahr 1914 folgen151. Die übrigen sind der Meinung, daß hier das
Chaos beginne und das Ende des ersten niedrigen Durchgangs den
Waffenstillstand 1918 bezeichne. Darauf folgen Daten, die sie als
wesentlich betrachten. Überlassen wir unseren Lesern das Urteil über
einige solcher Daten, wie sie bei Davidson und Barbarin aufgeführt
sind:
6. März 1926: Unterzeichnung des Berichts der Königlichen Kom-
mission über die Kohleindustrie und überraschender Sturz der
Regierung Briand!
29.-30. Mai desselben Jahres: anglo-ägyptische Krise!
11. Juli 1927: Erdbeben in Jerusalem und Abschaffung des Islam als
Staatsreligion in Ankara!
29. Mai 1928: Beginn der Weltwirtschaftskrise, die zusammenfällt mit
dem Beginn des zweiten niedrigen Durchgangs!
Nach diesen Autoren wäre die Periode des Chaos oder »der letzten
Drangsal« am 5. Dezember 1936 mit dem zweiten niedrigen Durch-
gang zu Ende gegangen, und der Beginn des theokratischen Zeitalters,
der 15.-16. September 1936, stimmte mit dem Eingang zur Königs-
kammer, die Barbarin pompös als »Saal der Wiederauferstehung und
des Gerichts über die Völker« bezeichnet, überein!
Basil Stewart schreibt152: »Wenn erst einmal die letzte Drangsal be-
gonnen hat, die in den Grenzen der letzten niedrigen Passage liegt, wird
evident werden, daß selbst diejenigen, die bis dahin nichts Ungewöhn-
liches finden konnten, realisieren, was geschehen ist... Wenn dem
nicht so wäre, würde sich der ganze prophetische Kalender der Großen
Pyramide als irrig erweisen.« Was das Datum September 1936, das von
diesem Autor als Ende der Drangsal bezeichnet wird, anbelangt, und
das doch jetzt immerhin einige Zeit her ist, so kann man kaum zu
einem anderen Schluß als der Autor selbst kommen!
Ähnlich verhält es sich mit den Vorhersagen des Oberst J. Garnier aus
dem Jahre 1905153. Danach sollten sich im Jahre 1920 Plagen und
Katastrophen im Mittelmeerraum ereignen. In einer Neuauflage des
Buches von 1912 wurden diese Ereignisse auf 1922 vertagt, wo dann die
Zerstörung eines großen Teiles von Europa und anderer Erdteile durch
184 Das Geheimnis der Pyramiden
Feuer stattfinden sollte. Als Krönung des Ganzen war »die Zerstörung
der Armeen des Antichristen in Harmagedon und die Wiederkunft
Christi mit den Heiligen, die sich aus den Wolken erheben«, vor-
gesehen!
viel schrecklicher war als der Erste, auf den es doch in den Vorhersagen
viele Hinweise gegeben hatte, und daß auch die bedingungslose
Kapitulation Deutschlands nicht angezeigt war?
Anfang 1942 tritt ein weiterer Adept dieser Theorien auf. R. Foretich155
wandte sich vor allem den Daten der Vorkammer und des zweiten
niedrigen Durchgangs zu. Indem er aus der Tatsache, daß Davidson
und seine Schüler bereits das Verhältnis zwischen Chronologie und
Pyramidenzoll ab der »Großen Stufe» geändert hatten, den Schluß
zieht, daß sich die Folgen dieser Umstellung bis zum Ende der Kalk-
steinplatten kurz nach dem Eingang zur Vorkammer auswirken
müßten, die das Datum des 12. Dezember 1919 festhielten, meint er:
»Da von dieser Stelle an die Bodenplatten aus Granit bestehen, muß
logischerweise auch die Zeitskala modifiziert werden.«
Wie meint doch Kingsland ganz richtig: »Wir müssen eben stets be-
fürchten, daß einer der Autoren einen Irrtum in seinen Berechnungen
entdeckt und auf dieser Basis von vorn anfängt! Ab 1957 kam dann mit
dem »Institute of Pyramidology« in Dunsdale (Bedforshire), das 1966
nach Harpenden (Hertfordshire) umzog, erneut Bewegung in die Sache,
als die »Pyramidology« von Adam Rutherford, ein Werk in 5 Bänden,
neu aufgelegt wurde. Der vierte Band erschien 1972, den ersten haben
wir seinerzeit in der Revue d'Egyptologie 16, p. 229-30 besprochen.
Der Autor definiert darin Pyramidologie als die Wissenschaft von der
Großen Pyramide, die sich am Schnittpunkt von Wissenschaft und
Religion befinde.* Nach Rutherford ist »der Architekt der Großen
Pyramide gleichzusetzen mit dem Architekten des Universums, dem
Allmächtigen selbst. Die Große Pyramide ist der Göttliche Entwurf,
der die tiefen Geheimnisse des Unendlichen Geistes enthält.« (Band I,
S. 148). Präziser heißt es dann (Band IV, S. 1187), »the Great Pyramid
and the Bible reproduce the same original, the one in words, the other
in stone.« Von daher stellt er auch, wie alle seine Vorgänger, eine Kon-
kordanz zwischen Daten und den Räumlichkeiten im Innern der
Pyramide her. So setzt er die Jahrtausendepoche zwischen 1979 und
2979 an, und zwar nach neuerlichen Berechnungen auf der Grundlage
eines neuen Wertes für die Heilige Elle, die er 25,0265 englischen Zoll
gleichsetzt. Diese Daten liegen zwischen dem Eingang zur Köni-
ginnenkammer und der Südwand dieser Kammer**. Demnach wäre es
also noch eine Weile hin, bis wir ins apokalyptische Goldene Zeitalter
eintreten!
des Totenbuches trennen demnach mehr als 1000 Jahre von der Pyra-
midenepoche, und im Totenbuch sind nur sehr wenige Texte ent-
halten, die Gemeinsamkeiten mit den Pyramidentexten aufweisen,
die selbst erst zwei Jahrhunderte nach Cheops schriftlich gefaßt wur-
den. »Die Pyramidentexte lehren das Ritual, mittels dessen die Men-
schen vor dem Tode bewahrt und ihre Existenz im Grabe wie im Him-
mel gesichert sein sollte. Sie geben nicht die Mittel an die Hand, um
den Weg ins Paradies zu finden, der Feinde und der Hindernisse Herr zu
werden, der Prüfung des letzten Gerichts zu entgehen. Diese prakti-
schen Lehren und weisen Ratschläge finden sich vielmehr im Toten-
buch. Der Mensch, der wie im Leben diese Formeln kannte, hatte nach
dem Tode nichts zu fürchten.« Soweit Moret156.
Diese wenigen Zeilen waren zur Klärung des Sachverhaltes not-
wendig, denn die beiden sehr unterschiedlichen Textgruppen werden
häufig durcheinandergebracht.
Für die Autoren der theosophischen Theorien gewinnt das Totenbuch
eine Bedeutung, die viel weiter greift als seine Texte nahelegen, die im
übrigen oft dunkel bleiben. Danach handelt es sich um ein mystisches
Werk, das sich vor allem auf die Initiationsriten der ägyptischen
Mysterien bezieht und symbolisch verbrämt die Proben enthält, die
der Myste zu bestehen hat. Außerdem seien im Totenbuch die Fort-
schritte über die verschiedenen Stadien der Erlangung von Fähigkeiten
hinweg bis zur letzten Stufe der Unsterblichkeit enthalten. Wie die
Bibel gäbe das Totenbuch in Allegorien das Wissen der Welt und der
Menschen wieder, das nur den Eingeweihten einsichtig sei. Und so wie
sich die einen von der biblischen Pyramidentheorie inspirieren ließen,
so behaupten andere Autoren im Gefolge von Werken wie W. Mar-
sham Adams, »The House of the Hidden Places« und »The Book of the
Master», daß die Pyramide das gigantische Bemühen darstelle, in
monumentaler Form das zum Ausdruck zu bringen, was im Toten-
buch geschrieben stehe. Unter ihnen findet sich auch Barbarin wieder,
der die Bibeltheorie mit der theosophischen verbindet: ». . . Für viele
wird immer deutlicher, daß die Pyramide nicht nur ein Eichmaß und
ein geometrisches und mathematisches Gebäude der Wissenschaft
einer ersten Zivilisation war, sondern auch das graphische Abbild einer
Chronologie von Prophezeiungen, verbunden mit dem Alten und
Neuen Testament auf der einen Seite und dem Totenbuch auf der an-
deren Seite.« Und er fügt noch hinzu: »Das Totenbuch ist eine
Die mystischen Theorien 189
Das Werk Skinners besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil stellt er eine
Reihe von Entwicklungen dar, die auf der Verwendung von Elementen
der Geometrie beruhen, wobei vor allem der Kreis in Zahlen zerlegt
wird. Dann erfolgt die Anwendung auf die Pyramide. Im zweiten Teil
seines Buches bemüht sich Skinner, die Beziehung zwischen den
Zahlenwerten und der kabbalistischen Interpretation verschiedener
biblischer Erzählungen aufzuzeigen, so z. B. der Schöpfungsgeschichte,
dem Garten Eden, dem Namen Gottes und der Patriarchen, zur Arche
Noah, der Bundeslade, dem Tempel Salomons usw. Sein kabbalisti-
sches System besteht darin, mittels einer zahlenmäßigen Äquivalenz
für jeden Buchstaben den geheimen Sinn eines hebräischen Wortes zu
entdecken. William Kingsland weist darauf hin, daß er sich nicht für
kompetent genug halte, um Skinner hierin in allem zu folgen oder ihn
zu widerlegen, und wir müssen gestehen, daß wir uns in der gleichen
Lage befinden. Der Punkt, auf den es uns ankommt, ist der der An-
wendung solcher Zahlenwerte auf die Pyramidenmaße, und auf
diesem weitaus sichereren Terrain kann Kingsland mehrere Fälle an-
führen, in denen Skinner höhere Werte angibt oder überhaupt willkür-
liche Veränderungen vornimmt, um alles seinem System unterordnen
zu können. Kingsland schreibt: »All das erweckt den Anschein einer
reinen Zahlenspielerei. Gewiß werden wir mit einer geradezu ver-
wirrenden Fülle von Zahlen konfrontiert, die jedoch im weiteren Sinne
verwendet oder anders gesagt, abgeändert sind, um sie mit astronomi-
schen oder sonstigen Zahlen und den kabbalistischen Werten in Ein-
klang zu bringen.« Kingsland weist u. a. nach, daß die Pyramidenab-
messungen, die Skinner seinen Berechnungen zugrundelegt, nicht
stimmen und macht anhand einer Aufstellung (Bd. II. Taf. XIX) deut-
Die mystischen Theorien 193
lieh, wie erheblich die Abweichungen zum Teil sind. So hat sich
Skinner im wesentlichen auf die Angaben der Wissenschaftler von
der Expedition d’Égypte und von Vyse und Perring verlassen, obwohl
die Große Pyramide damals in ihren Umrissen noch gar nicht voll-
ständig freigelegt war und diese Angaben folglich nicht mehr stimmen,
so daß auch die daraus abgeleiteten Berechnungen zunichte werden.
Kingsland: »Mit derart stark von den tatsächlichen Maßen ab-
weichenden Werten lohnt die weitere Analyse dieses Buches im
Grunde nicht, vor allem, was die Entsprechung zwischen den Zahlen-
werten der hebräischen Wörter und den Angaben von Zoll oder Fuß in
den Maßen der Pyramide anbelangt. Es ist bedauerlich, daß ein in
vieler Hinsicht gutes Buch gerade an der Stelle ungenau ist, wo die
Exaktheit des Recherchierens hätte Vorrang haben müssen.« Dieses
Urteil aus der Feder von Kingsland wiegt besonders schwer, weil er
grundsätzlich solchen Theorien nicht abgeneigt ist, wie aus folgen-
dem Zitat hervorgeht: »Es ist hier nicht meine Aufgabe festzustellen,
ob sich Entsprechungen zwischen kabbalistischen Zahlen und den
heutigen Pyramidenmaßen herstellen lassen. Dabei bin ich geneigt
anzunehmen, daß eine Beziehung zwischen der Kabbala und der Pyra-
mide besteht, und zwar insofern, als beide in einem gewissen Sinne
eine Zahlensymbolik enthalten, die gleichsam einen Schlüssel zu
kosmischen Grundwahrheiten, wie sie in den Lehren der alten
Mysterien enthalten waren, darstellt.« In diesem Zusammenhang sei
noch einmal darauf hingewiesen, daß die meisten Theosophen der
Meinung sind, bei den Pyramiden, ganz besonders aber der Großen
Pyramide, handle es sich nicht um Gräber sondern um Mysterien-
kultplätze. Dieser Gedanke wird lange vor den hier genannten Autoren
schon von Jomard in seinen »Remarques et recherches sur les Pyra-
mides d’Égypte« 158 zum Ausdruck gebracht, wenn er schreibt: »Der
Gedanke, daß man in einem solchen Bauwerk Mysterien feierte oder
in den inneren Gemächern vielleicht Initiationsriten durchführte und
sich dort überhaupt kultische Zeremonien oder religiöse Riten ab-
spielten, darf nicht als unwahrscheinlich gelten. Votaque pyramidium
celsas solvuntur ad aras, sagt Lukian. Die Raumaufteilung im Innern
scheint solchen Zwecken eher dienlich, zumindest ist sie dafür besser
geeignet als für ein Grab. Gleichwohl können wir keine Beweise er-
bringen zugunsten einer solchen Auslegung, die ohne Zweifel eine
Möglichkeit darstellt, die aber durch nichts Greifbares gestützt wird.«
194 Das Geheimnis der Pyramiden
genauer dar: »Der eingeführte Adept, der mit Erfolg alle Proben be-
standen hatte, wurde gebunden, aber nicht direkt gefesselt, auf ein
Lager in Form des Buchstabens Tau gelegt. . .und lag in tiefem Schlaf
(bis auf den heutigen Tag bei Mysterienkulten in Kleinasien, Syrien
und mehr noch in Ägypten als »Schlaf von Siloah« bezeichnet). Drei
Tage und drei Nächte hatte er in diesem Zustand zu verharren, wäh-
rend sich sein geistiges Ich angeblich mit den Göttern unterhielt, in
den Hades, Amenti oder Pâtâla (je nach Land) hinabstieg und gute
Werke an den unsichtbaren Wesen, den menschlichen Seelen oder ein-
fach den Geistern vollbrachte,- der Körper verblieb die ganze Zeit über
in der Krypta eines Tempels oder einer unterirdischen Höhle. In
Ägypten wurde er in den Sarkophag der Königskammer in der Cheops-
pyramide gelegt und in der Nacht vor dem dritten Tag an den Eingang
eines Stollens oder Ganges gebracht, wo zu einer bestimmten Stunde
die aufgehende Sonne dem in Ekstase befindlichen Kandidaten voll ins
Gesicht fiel, der nun erwachte, um von Osiris und Thot, dem Gott der
Weisheit, empfangen zu werden.«
Kingsland, der diese Texte zitiert, weist zu Recht darauf hin, daß dieser
der aufgehenden Sonne entgegenführende Gang bis heute gänzlich
unbekannt ist und daher also noch zu entdecken wäre und gibt zu
bedenken, daß wir, um die Frage beantworten zu können, ob die
Große Pyramide tatsächlich solchen Einweihungszeremonien gedient
haben könnte, »sehr viel mehr wissen müßten über diese Zeremonien,
vor allem über die zu dieser speziellen Zeit üblichen.« Aber nach
diesen Äußerungen gesunden Menschenverstandes schließt er über-
raschend doch mit folgender Bemerkung: »Ich vermute, daß zumindest
einige Pyramiden in verschleierter Form doch Schätze des Wissens
und der Weisheit enthalten, wie sie in den alten Mysterien verbreitet
waren und in der Hierarchie der Eingeweihten erworben wurden,-
Schätze, von denen zu allen Zeiten nur diejenigen wußten, die auf alle
weltlichen Obliegenheiten verzichtet hatten und ausschließlich mit
Eifer nach der göttlichen Weisheit strebten. Die Bauweise der Großen
Pyramide ist dergestalt, daß dieses Bauwerk noch auf Jahrtausende
hinaus das größte der Welt bleiben wird, und aller Wahrscheinlichkeit
nach wird die Pyramide auch das größte Mysterium für den ‚Laien’
bleiben. Die Autorin ist der festen Überzeugung, daß ihr (der Pyramide)
Geheimnis den Eingeweihten bekannt ist, so daß die Weisheit der
Ägypter' in Verbindung mit dem Totenbuch, unserem Christentum
196 Das Geheimnis der Pyramiden
Schure seinerseits faßt die These über die Große Pyramide als einem
Werk der Mystik folgendermaßen zusammen: »Die Obersten der
Eingeweihten in Ägypten besaßen als Eckpfeiler eine Zusammen-
schau des Wissens, die unter die Bezeichnung Osiris (O Sir-Is) als
geistigem Herrn gefaßt war. Symbol dieses Begriffs und mathemati-
scher Gnomon ist die Große Pyramide.«
Erst kürzlich hat auch Andre Pochan, obwohl er zugibt, daß »die Große
Pyramide aller Wahrscheinlichkeit nach das Grab des Königs Cheops
ist«, wieder behauptet, daß die Pyramide zugleich auch Schauplatz
isiakischer Mysterien160 gewesen sei. Nach ihm hätten die drei bisher
bekannten Grabkammern lediglich esoterischen Charakter gehabt,
und das tatsächliche Grab »liegt noch heute 58 m (sic) tief im Fels,
eifersüchtig vom Nilwasser bewacht!« ... und: »Die seltsame chaoti-
sche unterirdische Kammer war der Ort der zweiten symbolischen
Geburt des Nachfolgers des Cheops, während sich in der mittleren, der
sogenannten Königskammer, der magische Übergang des göttlichen
Ka, der den noch nicht mumifizierten Leichnam verließ, in den Körper
des Chephren vollzog, der durch Drogen eingeschläfert im Sarkophag
lag (!). Sein Erwachen nach bestimmten magisch-rituellen Zere-
monien stellte dann symbolisch die dritte Geburt dar und schloß seine
Einweihung ab. Sein Körper war damit Gefäß der Gottheit geworden.
Nachdem sich das Wunder vollzogen hatte, war die mittlere Kammer
zum heiligen Ort geworden, den Menschen nie wieder betreten
durften, und die Granitfallsteine wurden vor einem leeren Grab
heruntergelassen. Allein die durch eine Kipptür und den absteigenden
Gang zugängliche unterirdische Kammer konnte weiterhin für das
erste Stadium der isiakischen Einweihungsriten benutzt werden.
Darin liegt die esoterische Bedeutung der Großen Pyramide, die
übrigens ihre eigentliche und ursprüngliche ist.« Seine Behauptungen
überraschen angesichts der Tatsache, daß er unter anderem Piazzi
Die mystischen Theorien 197
Die Lösung, die er auf den Seiten 39-42 für die Blockade des auf-
steigenden Ganges vorschlägt, wäre ohne den Ausstiegsschacht nicht
zu verwirklichen gewesen. Der kleine Raum, der bei ihm auf Seite 40
unter N aufgeführt ist, hat keine Spur hinterlassen, der Laufgraben aber,
den al-Ma’mûn brechen ließ und der noch heute existiert, hätte nicht
so weit vorgetrieben werden müssen, wenn es diesen kleinen Raum
gegeben hätte.
Auf Seite 55 schlägt er eine eher komisch anmutende Rekonstruktion
für die »Große Galerie« vor, in der er eine »Galerie der Vorfahren*»
unterbringen wollte. Die Statuen der Vorfahren, die er auf den schrägen
Sockeln anbringt, hätten aber jeweils ein längeres und ein kürzeres
Bein haben müssen, um aufrecht stehen zu können!
Auf Seite 183 versichert er zum einen - gegen alle Evidenz und aus
dem einfachen Grunde, weil die Sieben eine heilige Zahl sei -, daß die
Stufenpyramide eine siebte Stufe gehabt haben müsse, die heute ver-
198 Das Geheimnis der Pyramiden
schwunden sei, und zum anderen, daß die Treppen der beiden ersten
Kapellen mit gebogenem Dach im Heb-Sed-Hof des Grabkomplexes
des Djoser (Taf. IV) nur sieben Stufen gehabt hätten statt der zehn von
uns angenommenen. Die Prüfung unserer Rekonstruktion, die wir
schon vor langer Zeit veröffentlicht haben163 beweist jedoch auf den
ersten Blick die Unhaltbarkeit von Pochans Behauptung.
Auf den Seiten 181 – 190 glaubt er im Gefolge von Marsham belegen zu
können, daß der absteigende Gang der Cheopspyramide bei der 17.
Steinlage der Verkleidung begonnen habe, während er doch bei der 19.
gelegen hat164, wie erst kürzlich wieder von den italienischen In-
genieuren Maragioglio und Rinaldi bestätigt wurde. Die von Marsham
Adams geforderte Übereinstimmung mit dem 17. Totenbuchkapitel
hatte sich folglich auch erübrigt.
Auf der 4. Tafel zwischen den Seiten 224-225 wird ein Photo von der
Granitverkleidung der Mykerinospyramide gewaltsam zu einer Ab-
bildung der Pyramide von Tula in Mexiko umfunktioniert, von der
Pochan versichert, daß die »Anordnung der Blöcke der der ägyptischen
Pyramiden« gleiche. Durch die Vertauschung der Aufnahme läßt sich
das ja auch nicht leugnen!
1
Nach dem berühmten französischen Architekten und Kunsthistoriker Viollet-le-Duc
(1814-79)
Die mystischen Theorien 199
* Gnomon = der auf eine waagrechte ebene Fläche senkrecht eingesetzte Stift, dessen mit
der Sonne wandernde Schattenspitze ... die Zeitbestimmung der Wenden und Gleichen,
der Sternphasen und damit der Jahreszeiten gestattete. (Der kleine Pauly, Lexikon der
Antike, Bd. II)
** (dazu Fußnote S. 67)
*** Die Archäologie hat inzwischen nachgewiesen, daß so manche dort in der Abfolge auf-
geführten Regierungen, vor allem in den Zwischenzeiten, gleichzeitig waren und Königs-
namen doppelt genannt werden, was auf unterschiedliche Transkriptionen zurück-
zuführen ist. Im übrigen sind die Regierungszeiten mit Vorsicht zu verwenden, weil sie
generell mit den Zahlen des Turiner Königs-Papyrus, sofern dort Zahlen gesichert sind,
nicht übereinstimmen.
200 Das Geheimnis der Pyramiden
Erwähnen wir von den Theorien über die esoterischen Kenntnisse der
ägyptischen Priesterarchitekten noch eine, die ihnen übernatürliche
Fähigkeiten zuschreibt. Michel-Claude Touchard zeichnet in seinem
Buch »Les Pyramides et leurs mysteres« (Edit. Planete, Histoire, 1966)
mit geschickter Feder zunächst die außergewöhnliche Expedition
unter Napoleon Bonaparte nach Ägypten nach, berichtet dann von den
Reisenden und Forschern, die ihr vorausgingen oder folgten, und nach-
dem er die verschiedenen Theorien über die Pyramiden genannt und
die wichtigsten Ausgrabungen erwähnt hat - die verschiedene Irr-
tümer enthalten –, äußert er schließlich die Überzeugung, daß die
ägyptischen Oberpriester übernatürliche Fähigkeiten gehabt hätten
(S. 279)! Er glaubt jedoch nicht, daß sie diese beim Bau der großen Pyra-
miden hätten anwenden können, denn »auf diesen bedeutenden Bau-
plätzen konnten sie nicht weitergegeben werden, wie es den Erforder-
nissen entsprochen hätte, weil die Tausende von Wesen dort auf derar-
tige Enthüllungen ungenügend vorbereitet waren.« Wir können ihm
gar nicht hoch genug anrechnen, daß er nun nicht die Telekinese als
»Goldschüssel« für die Lösung des Transportproblems der manchmal
hundert Tonnen schweren Blöcke in Anspruch nimmt! In einem
Nachtrag, der wörtlich »der Esoterik der Pyramiden« gewidmet ist und
dem Architekten Michel Bataille anvertraut wurde, stützt dieser sich
auf die von einer außerordentlich blühenden Phantasie zeugenden
Schriften von R. A. Schwaller de Lubicz und dessen Gattin, die er bei
einem Aufenthalt in Oberägypten getroffen hatte. Demnach hätten die
Pyramidenpläne schon seit den ersten Dynastien vorgelegen und »die
meisten stammten von Imhotep«. Nichts in der ägyptischen Archi-
tektur sei dem Zufall überlassen gewesen und »darum ist es fast sicher«
(S. 289), »daß das Konzept der aus Dreiecksseiten errichteten Großen
Pyramide vollkommen fertig im Gehirn eines (Imhotep) oder mehrerer
Menschen entstanden ist.« Und zum Schluß: »Es vollzieht sich alles
so, als ob der Weg schon am Beginn vorgezeichnet gewesen wäre, als ob
es am Anfang gewesen wäre, daß Ägypten am größten war.«
Das ist eine große Illusion. Die Untersuchungen an der Stufen-
pyramide von Saqqâra haben uns vielmehr die tastenden Versuche des
Imhotep gezeigt, der zweifellos kein Konzept von der eigentlichen
Pyramide hatte, was vielmehr erst bei den Architekten des Snofru zu
Beginn der 4. Dynastie nachzuweisen ist. Wenn insbesondere Imhotep
zu Beginn der Steinarchitektur eine so große Rolle spielte, so bin ich,
Die mystischen Theorien 201
der ich mich seit so vielen Jahren mit der Wiederherstellung seines
bewunderungswürdigen Werkes befasse, sicher der letzte, der ver-
suchen wollte, seine Verdienste zu schmälern; aber es ist irreführend
zu versichern, daß er das Programm sämtlicher Pyramidenarchitektur
und der späteren Tempelanlagen hätte voraussehen und entwerfen
können. Denken wir doch nur an die gewaltigen Unterschiede zwi-
schen dem Pyramidenkomplex des Djoser und der Chephren-Anlage
in Gisa, zwischen denen zeitlich nur ein Jahrhundert liegt. Im Gegen-
satz zu den Ansichten von Michel Bataille war die ägyptische Kunst in
stetiger Entwicklung begriffen und hat im Laufe ihrer langen Ge-
schichte abwechselnd Blütezeiten und Perioden der Stagnation oder
der Niedergangs durchschritten.
Um aber beim Pyramidenzeitalter zu bleiben: Höhepunkte wurden
nach Imhotep in der ersten Hälfte der 4. Dynastie und dann in der
5. Dynastie erreicht; danach und vor allem gegen Ende der 6. Dynastie
ist eine Epoche des Verfalls zu beobachten bis hin zur erstaunlichen
Erneuerung im Mittleren Reich.
2. Kapitel
nis des Zufalls sein...« Jomard nimmt also an, daß das Stadion gleich-
zusetzen sei mit der Seitenhöhe der Pyramide und 184,722 m betragen
habe, und die ägyptische Elle, die nach Herodot und anderen antiken
Schriftstellern den 400sten Teil ausgemacht habe, mit 0,462 m anzu-
nehmen sei. Aus diesen Werten leitet er dann eine ganze Reihe von
Folgerungen ab: »Die Differenz zwischen Basislänge und Seitenhöhe
(der schrägen also) betrug 100 Ellen oder anders gesagt: eine Seitenlänge
der Arure, die zu den wichtigsten Maßen in Ägypten bei der Landver-
teilung gehörte. Die Seite der Pyramide an der Basis beinhaltete 5
dieser Maßeinheiten... Der Pyramidenumfang betrug eine halbe
Minute des Erdgrades, was wiederum dem 120fachen der Höhe des
Bauwerks entspricht. Die wichtigsten Maße der Großen Pyramide und
der fünf anderen sind nur ein Andersfaches der zuvor genannten
Maße... usw.« Die wichtigste Schlußfolgerung aus all dem war jedoch
für Jomard, daß die Ägypter seit den Zeiten des Cheops, den er zeitlich
nicht einordnen konnte, Gradmessungen der Erde hätten durchführen
können und daher schon im Besitz all der astronomischen und ver-
messungstechnischen Kenntnisse gewesen wären, die dafür voraus-
zusetzen sind. »Wir müssen gestehen«, schreibt Jomard, »daß wir
nicht mehr wissen, wie diese Völker dabei vorgegangen sind; wir sind
jedoch geneigt anzunehmen, daß die Feldvermessung, die damals seit
langem schon mit großer Genauigkeit durchgeführt wurde und die
Kenntnis des Meridians, unter dem Ägypten liegt, bei der Bestimmung
des Erdgrades eine excellente Ausgangsbasis abgegeben haben, deren
Großartigkeit die Unvollständigkeit der astronomischen oder geodäti-
schen Instrumente wettmachte. ..«
Leider müssen wir feststellen, daß diese schöne Hypothese auf falschen
Voraussetzungen aufgebaut ist. Die Vermessung und Freilegung der
Großen Pyramide in den Jahren 1880-1882 durch Flinders Petrie
ergaben Maße, die seither vom »Survey of Egypt« bestätigt worden
sind, die aber doch erheblich abweichen: die Basislänge beträgt
230,364 m statt 230,902 m, der Neigungswinkel 51° 50' 35" statt 51° 19',
woraus sich eine Höhe über der Basis von 146,65 m und nicht 144,19 m
ergibt.
Überdies ist der Wert der Elle mit 0,462 m von den falschen anderen
Maßen abgeleitet, ebenso hypothetisch wie die Pyramidenelle von
Piazzi Smyth; denn dieses Maß läßt sich in den Denkmälern des
Alten Reiches nirgendwo nachweisen, wo sich stets die Elle von 0,524
204 Das Geheimnis der Pyramiden
und geringfügig darüber findet, die seit den ersten Dynastien verwendet
wurde. Es müßte doch auch seltsam anmuten, wenn man ausge-
rechnet für die Große Pyramide, die sämtliche anderen bekannten
Bauten übertrifft, eine kleinere Elle verwendet hätte als in der übrigen
Architektur.
In diesem Zusammenhang sei daran erinnert - zu Jomards Ent-
schuldigung -, daß bis dahin noch kein Eichmaß gefunden worden
war außer der Skala des Nilometers von Elephantine, der vielleicht ein
solches darstellt.* Die ersten diesbezüglichen Funde waren erst 1822
die sogenannten Drovetti-Ellen. Bei dem Versuch, die Länge der ägypti-
schen Elle zu bestimmen, mußte Jomard eine Methode wählen, die
darin besteht, in den Abmessungen der Denkmäler »übereinstim-
mende Maße zu finden, die sich durch Teilung als Bruch oder ein Mehr-
faches erweisen«. Nun ist diese Methode aber besonders gefährlich,
wie Pochan in einem Artikel über das Maß- und Gewichtssystem der
alten Ägypter167 schreibt, denn sie kann dazu führen, daß für die
gesuchte Einheit ein Wert festgestellt wird, der nur einen Bruch des
tatsächlichen darstellt. Im vorliegenden Fall ergeben die 0,462 m, die
Jomard für die ägyptische Elle annahm, in der Tat nur 7/8 ihres tatsäch-
lichen Wertes.
* An dieser Stelle sei noch einmal erwähnt, daß sich in der Description de l’Égypte, Bd. VI
(edit. Panck.) ein weiterer Teilnehmer der Expedition, P. S. Girard, mit einer gegenteiligen
Meinung zu Wort gemeldet hatte, der nachzuweisen versuchte, daß die einzige geltende
ägyptische Elle die von 0,527 m des Nilometers von Elephantine gewesen sei.
Die pseudowissenschaftlichen Theorien 205
Pochan kommt noch einmal auf diese Frage zurück169, wenn er be-
hauptet, daß der Neigungswinkel, der für die Große Pyramide gewählt
wurde, den Beweis dafür erbringe, daß die Kenntnis von der Kugel-
gestalt der Erde seit den ersten Dynastien vorhanden gewesen sei, zu-
mindest aber zur Zeit des Cheops, den er allerdings zwischen 4830 und
4760 v. Chr. ansetzt, d. h. also 2200 Jahre früher als die Archäologen und
Ägyptologen. Abgesehen von dieser ganz unwahrscheinlichen chrono-
logischen Ansetzung bliebe zu zeigen, daß die Zahl in den Proportio-
nen der Pyramide von ihren Konstrukteuren theoretisch erforscht
worden wäre, was, wie wir im weiteren sehen werden, weit davon ent-
fernt ist, bewiesen zu sein. Wenn Eratosthenes den Erdumfang
berechnete, indem er die Länge des Meridianbogens zwischen Syene
und Alexandria feststellte, dann fand das schließlich erst drei Jahr-
hunderte vor unserer Zeitrechnung statt. Natürlich haben vielleicht
andere vor ihm Meridianmessungen vorgenommen, aber nichts be-
rechtigt uns anzunehmen, daß ähnliches schon während der 3. oder 4.
Dynastie, mehr als 2300 Jahre früher, geschehen wäre.
* Heute wissen wir, daß der Gebrauch der Hieroglyphen der Epoche des Pyramidenbaus um
mehrere Jahrhunderte vorausging.
Die pseudowissenschaftlichen Theorien 207
mit dem Ziel errichtet worden sei, als Observatorium zu dienen. Die
einen wie die anderen stützen ihre Thesen auf Zahlenverhältnisse, die
in diesem Bauwerk enthalten seien und möchten damit wahrhaft ver-
blüffende Kenntnisse seitens der Pyramidenbauer belegen. So verhält
es sich zum Beispiel mit dem Abt Th. Moreux, der in seinen Büchern
»Les Enigmes de 1a Science« (Rätsel der Wissenschaft) und vor allem
»La Science mysterieuse des Pharaons« (Das verborgene Wissen der
Pharaonen) schloß, die Architekten der Großen Pyramide müßten die
Länge des Polarradius der Erde gekannt haben, dessen zehnmillionster
Teil die Heilige Elle oder Pyramidenelle von 635,66 mm gewesen sei;
ferner die Entfernung der Erde von der Sonne; die Länge der Umlauf-
bahn der Erde in 24 Stunden; die Perioden der Äquinoktien-Präzession
(Vorrücken der Nachtgleichen); die exakte Dauer des normalen und
des Schaltjahres; das spezifische Gewicht der Erde, usw. Während
einige Autoren in der Großen Pyramide ein Observatorium sehen,
betrachten andere sie als gigantische Sonnenuhr, die im Bestrahlen
ihrer Seitenflächen und den Schatten, die sie werfen, vor allem zum
Zeitpunkt der Sonnenwende und der Tag- und Nachtgleiche die Jahres-
zeiten angegeben habe. Nachdem wir die Frage der Orientierung der
Pyramide und ihrer Lage hinsichtlich Längen- und Breitengrad geklärt
haben, wollen wir noch kurz auf einige Probleme eingehen, die die
bedeutendsten Vertreter dieser Theorien anschneiden, und zu klären
versuchen, in welchem Maße die Pyramide vom Gesichtspunkt der
Astronomie aus eine Rolle spielen konnte oder auch nicht.
Obwohl andere Pyramiden ebenso wie der größte Teil sonstiger alt-
ägyptischer Bauwerke meist um einige Grade von der Nordausrich-
tung abweichen, müssen wir feststellen, daß die Pyramiden von Dah-
schür und Gisa, vor allem aber die Große Pyramide, fast genau auf den
tatsächlichen Nordpunkt ausgerichtet sind. Nach den Vermessungen
des »Survey of Egypt« im Jahre 1925170 wird für die vier Seiten ein
Mittelwert von 3' 6" für die Abweichung angegeben, ein Wert, der ge-
ringfügig unter dem von Flinders Petrie 1880 festgestellten von 3' 43"
liegt. Petrie ging soweit zu behaupten, daß diese Abweichung nicht auf
falsche Beobachtungen oder mangelnde Fähigkeiten der Baumeister
zurückzuführen sei, sondern auf eine leichte Nordpunktverlagerung
im Laufe der seither verflossenen Jahrhunderte171. Abbe Moreux je-
doch, der zwar den Fall des mit tausend Vorkehrungen von dem
berühmten Astronomen Tycho Brahe 1577 orientierten Observa-
208 Das Geheimnis der Pyramiden
toriums auf der Uranienburg zitiert, welches immerhin auch eine Ab-
weichung von 18 Minuten aufwies, betrachtet die nicht ganz 4 Minu-
ten der Pyramide als beachtlich. Wenn es sich dabei nicht doch um
einen Zufall handelt und eine solche Präzision tatsächlich erstrebt
wurde, dann stellt sich die Frage, wie sie erzielt worden ist.
Nun ist jedoch erwiesen, daß durch direktes Anvisieren dieses Polar-
sterns ebenfalls eine sehr genaue Orientierung der Seitenflächen der
Pyramide möglich war, vor allem dann, wenn man ihn zufällig oder
sogar zum Zeitpunkt der oberen oder unteren Kulmination angepeilt
hätte. Nach Somers Clarke und R. Engelbach173 wäre die Orientierung
sogar gegeben gewesen durch die Beobachtung eines am Himmel
stehenden Sterns, der nur über einige Stunden hinweg nicht sichtbar
war. Die Winkelhalbierende des Winkels, der durch die beiden
Positionen von Aufgang und Untergang vom Beobachter aus bestimmt
wird, wäre die Determinante.
* M. Fayet, Honorarprofessor für Astronomie am Pariser Observatorium, hat freundlicher-
weise auf die Bitte von M. Montel, seinem Kollegen von der Akademie der Wissenschaften,
hin eine Karte des nördlichen Sternenhimmels und der Sterne gezeichnet, die im Laufe
der Zeiten als Polarsterne gelten konnten. Diese Karte haben wir in dem Artikel
»Observations sur les pyramides in: Bibl. d'Et udc IFAO XXX, pl. XIII abgebildet. Daraus geht
hervor, daß um das Jahr 2800 v. Chr. der Stern a i m Sternbild des Drachens, kleiner als unser
gegenwärtiger Polarstern, der nächste zum Pol war, von dem er nur etwa einen halben Grad
abwich. Etwa zwei Jahrhunderte später betrug seine Abweichung von 1° 40' noch immer
viel weniger als die 3° 42', die nötig gewesen wären, um laut Piazzi Smyth für den
Neigungswinkel des Pyramideneingangs bestimmend gewesen zu sein. Übrigens ergibt
dieser Neigungswinkel von 26° und ein Halb ein Schrägenverhältnis von 1/2.
Die pseudowissenschaftlichen Theorien 209
Aber selbst wenn ein derart beachtliches Resultat von gewissen Kennt-
nissen auf dem Gebiet der Astronomie zeugt, so daß mittels recht
praktischer Methoden eine sehr präzise Orientierung möglich gewesen
wäre, dann beweist das noch nicht, daß die Pyramide selbst ein Obser-
vatorium war.
Wenn wir diesen Sachverhalt ohne weitere Beweise auch für die
Ägypter annehmen wollen, dann erhebt sich die Frage, ob sie dann
auch auf der Erde eine Parallele, die dem 30. Grad entsprach, auf die
Minute, ja die Sekunde genau, bestimmen konnten, wie einige mo-
derne Astronomen behaupten ? Hätten die Architekten dann nicht nur
über viel präzisere Peilinstrumente verfügen müssen als sie um 2600
* d. h. die Verbindung über dem Winkel, den die Verlängerung zum Pol und die Ortssenk-
rechte bilden.
Die pseudowissenschaftlichen Theorien 211
v. Chr. hatten, sondern auch über ein System der Gradeinteilung des
Kreises, das die gleichen Unterteilungen wie heute aufwies? Wenn
erwiesen ist, daß die Sumerer, indem sie den Kreisumfang in Hexago-
nalteilungen zerlegten, so frühzeitig zu ihrem Sexagesimalsystem
kamen und man letztlich in Chaldäa auf diese Weise die Kreisein-
teilung in 360° erhielt, so mußte man doch anscheinend noch lange
warten, wahrscheinlich bis ins 7. vorchristliche Jahrhundert hinein,
bis die Unterteilung in 60 Minuten und 60 Sekunden erfolgte. Wir
können daher ziemlich sicher sein, daß Ägypten, wo seit dem Beginn
des 3. vorchristlichen Jahrtausends ein Zahlensystem mit der Tendenz
zur Dezimaleinheit in Gebrauch war, zu dieser Zeit die Teilung und
Unterteilung nach dem Hexagonal- und Sexagesimalprinzip, wie es
Chaldäa eigen war, nicht kannte. Vielmehr scheint erst die alexandri-
nische Schule die Übernahme der Sexagesimalteilung des Kreises in
Ägypten eingeführt zu haben.
Da wir also nicht wissen, welche Kreisunterteilung die Ägypter zur
Zeit des Pyramidenbaus hatten und insbesondere in wieviele Teile sie
ihn zerlegen konnten, scheint doch die Behauptung zu gewagt, daß
eine exakte Breitenbestimmung auf ein oder zwei Minuten genau in
der Ortswahl für die Pyramide eine Rolle gespielt hätte. Die Wahl war
offenbar vielmehr ausschließlich von der einmaligen Lage des Wüsten-
plateaus von Gisa, an dominierender Stelle des Niltals, bestimmt. Hier,
an der Öffnung zum Delta, war die Pyramide den Besuchern und Abord-
nungen aus Ober- und Unterägypten von fern sichtbar. Ein kurzer
Blick auf die Reliefkarte zeigt, daß der Standort schwerlich weiter nach
Norden hätte verlegt werden können, ohne den Felsuntergrund aufzu-
geben und in eine sandige Vertiefung zu geraten.
Zur Lage auf dem Längengrad äußert der Abbe Moreux sich wie folgt:-
»Nachdem die Gelehrten der Ägypten-Expedition unter Bonaparte die
Vermessung Ägyptens beschlossen hatten, diente ihnen die Große
Pyramide als Ausgangspunkt eines zentralen Meridians, den sie als
Bezugspunkt der Längen in diesem Gebiet verwendeten. Wie groß war
aber ihr Erstaunen, als sie feststellten, daß die verlängerten Diagonalen
der Pyramide das Delta zwischen den Nilmündungen sehr genau be-
grenzen; daß der Meridian, d. h. die Nord-Süd-Linie über der Pyrami-
denspitze, das Delta in zwei Teile teilt, die genau gleich sind. Das ist
sicher kein Zufall. Dieses Ergebnis ist gewollt, und wir müssen daraus
schließen, daß die Baumeister Landvermesser ersten Ranges waren.«
212 Das Geheimnis der Pyramiden
Überdies bildet das Fruchtland des Delta grosso modo das Viertel eines
Kreises, dessen Mittelpunkt und zugleich Spitze des rechten Winkels
mit dem Gebiet von Kairo und Gisa zusammenfällt175. Darum müssen
die verlängerten Diagonalen der quadratischen Pyramidenbasis, so wie
sie ausgerichtet ist, die zwei Seiten des Kreisausschnitts darstellen und
das Delta im Osten und Westen begrenzen. Erinnern wir aber daran,
daß sich durch etwas Schematisierung und Annäherung dieser Be-
grenzungslinien das gleiche Faktum nicht nur für die Pyramiden des
Chephren und des Mykerinos ergibt, obwohl sie eine etwas andere
Richtungsorientierung aufweisen, sondern auf jede so ausgerichtete
Pyramide in der unmittelbaren Umgebung zutrifft.
Abbe Moreux fügt nun in Übereinstimmung mit Piazzi Smyth hin-
sichtlich des Längengrades der Großen Pyramide noch hinzu, daß es
sich um denjenigen Meridian handle, der die meisten Kontinente
berühre: »Er teilt auf diese Weise das aufgetauchte Land nach Ost und
West in zwei Teile von gleicher Oberfläche. Sollten die Erbauer der
Großen Pyramide die Erde bereist und geographische Karten des
Globus gezeichnet haben ?« Diese Bemerkung und die überraschende
Frage rufen die gleiche Erwiderung hervor: Die Eigentümlichkeit, die
hier allein dem Meridian der Großen Pyramide zugesprochen wird, ist
allen Meridianen gemeinsam, die durch das schmale Band des Niltales
oder selbst durchs Delta gehen. Es handelt sich um nichts weiter als
einen Zufall der geographischen Lage, wobei die Ägypter weit davon
entfernt waren, dies zu erkennen, geschweige denn anhand von Karten
nachzuprüfen.
Die pseudowissenschaftlichen Theorien 213
Abb. 51a: Kegelkreis der Erdachse, nach Peter Tompkins: Cheops, Die Geheimnisse
der Großen Pyramide, 1976
* Diese Vorkammer gibt es im Grunde gar nicht, es handelt sich lediglich um einen Raum
zur Aufnahme der Fallsteinvorrichtung (Abb. 51). Der gesamte Gang weist überhaupt
keine Erweiterungen als die für die Führungsrillen der Fallsteine notwendigen auf. Die
Länge dieser angeblichen Vorkammer hat also nicht die geringste Bedeutung.
Die pseudowissenschaftlichen Theorien 215
nommen habe: Wenn man die Länge des Bogens, den unser Planet an
einem Tag von 24 Stunden mittlerer Sonnenzeit beschreibt, in Pyra-
midenellen ausdrückt, dann ergibt sich eine Zahl, die ein Mehrfaches
von 3,1416 oder besser 2 n ist, der Zahl, die in der Mathematik eine so
große Rolle spielt...«
Ebenso verhält es sich mit einer weiteren Ableitung, die auf einer
falschen Angabe für die theoretische Höhe beruht, d. h. 148,20 m statt
der heute allgemein akzeptierten 146,65 m, was 280 ägyptischen Ellen
entspricht. »Heute setzt man für die Entfernung der Sonne von der
Erde die runde Zahl von 149400000 km mit einer Unsicherheits-
spanne von nur 70 000 km an, was zehnmal dem Radius des Erdglobus
entspricht. Multipliziert man nun die Höhe der Großen Pyramide mit
1 Million, dann ergibt sich mit 148 208 000 km die Entfernung Sonne -
Erde. Zweifellos ist diese Zahl nur ein Annäherungswert, aber sie ist
genauer als diejenige, die bis 1860 offiziell anerkannt war und bei wenig
mehr als 154 Millionen km lag. Zieht man in Betracht, daß über Jahr-
hunderte hinweg die zivilisierten Völker große Summen ausgegeben
und Gelehrte nicht gezögert haben, ihr Leben aufs Spiel zu setzen, um
auf gewagten Expeditionen das wichtigste astronomische Problem zu
lösen, dann mutet es doch wirklich seltsam an zu denken, daß diese
Lösung seit Jahrtausenden in der Großen Pyramide symbolisch ent-
halten und monumental zum Ausdruck gebracht war,- daß unsere
modernen Astronomen die verborgenen Symbole in ihren Abmessun-
gen nur hätten zu lesen verstehen müssen und die Architekten des
großartigen Bauwerks damals bereits einen Näherungswert gefunden
hatten, auf den wir Ende des 19. Jahrhunderts zu Recht noch hätten
stolz sein können.«
Der Näherungswert war aber sehr viel geringer als Moreux glaubt, und
zwar um so viel, als die Ägypter des Alten Reiches niemals die Ent-
fernung von der Erde zur Sonne haben berechnen können, was wir
einfach nicht für möglich halten. Warum hat Chephren, der seine um
3 m niedrigere Pyramide nach Cheops errichtete, ihr nicht auch dieses
wichtige Maß zukommen lassen, das von fundamentaler Bedeutung
war für die Entfernung zwischen Erde und Sonne ? Wir werden weiter
unten sehen, daß die Baumeister vielmehr damit beschäftigt waren,
für die Errichtung von Pyramiden den praktischen Neigungswinkel
zu finden.
Dazu schreibt Kingsland ganz richtig, daß, selbst wenn die Pyramide
in ihrer Ausrichtung von wichtigen astronomischen Erkenntnissen
ihrer Erbauer zeugt, dies noch nicht beweise, daß sie selbst als Obser-
er weist ihm eine andere Funktion als Proctor zu. In der Hoffnung, das
Datum des Pyramidenbaus noch weiter zurückverlegen zu können,
haben die Ägypter seiner Meinung nach vor allem den Sirius als einen
ihrer wichtigsten Sterne beobachtet, und dafür käme die Zeit zwischen
5600 und 5100 v. Chr. in Frage. Laut Macnaughton hätte es der Wasser-
spiegel ermöglicht, diesen im Süden liegenden Stern zu beobachten,
indem man den absteigenden Gang hinabschaute: »Meiner Ansicht
nach waren beide Gänge zur Beobachtung des Sirius angelegt. Auf-
grund der reflektierenden Fläche brauchte der Beobachter nicht weit
hinabzusteigen. Er mußte sich nur auf der Nordseite am Eingang des
Ganges an der Innenseite placieren (und die Tür schließen, damit
hinter ihm kein Licht hereinfiel, wenn die Beobachtungen bei Tage
durchgeführt wurden), denn dann war es möglich, den Sirius in seiner
Kulmination zwischen ungefähr 26° 18' und 28° 18' zu sehen.«
Macnaughton glaubt also, daß Cheops erst sehr viel später das alte
Observatorium zur Beobachtung des Sirius in seine Grabstätte umge-
wandelt habe, wobei das Bauwerk dann als Pyramide gestaltet und die
Grabkammer auf der ehemaligen Plattform der Beobachtungsstätte
errichtet worden sei.
Gegen diese Thesen läßt sich wohl am ehesten die Frage einwenden,
warum man wohl für einen bescheidenen Beobachtungsgang zur
Observation eines einzigen Sternes, auch wenn er von so großer
Bedeutung gewesen wäre wie der Sirius, eine Plattform von 165 m
Seitenlänge und 42 m Höhe auf einem Unterbau von 1,5 Millionen
Kubikmeter Stein hätte aufschichten sollen! Außerdem lassen sich
auch nirgends im Mauerwerk Spuren entdecken, die auf eine spätere
Aufstockung hindeuteten. Die Observatoriumsthese ist also ebenfalls
nichts als ein reines Phantasiegebilde.
Cotsworth vertritt also die Ansicht, daß die Große Pyramide durch
ihre Schatten die Jahreszeiten angezeigt habe, vor allem die Winter-
sonnenwende, das Frühlingsäquinoktium, die Sommersonnenwende
und das Äquinoktium im Herbst 18°. Damit wäre das astronomische
Sonnenjahr auf präzise Weise erfaßt gewesen. In der Winterjahreshälfte
habe die Nordseite der Pyramide im Schatten gelegen, während sie in
der zweiten Jahreshälfte, da die Sonne im Nordosten auf- und im Nord-
westen untergehe, am Tage in der Sonne gelegen habe. Cotsworth gibt
jedoch zu, daß der Übergang nicht genau zum Zeitpunkt der Äquinok-
tien erfolgt sei, sondern durch die spezielle Lage der Pyramide einmal
vierzehn Tage vor dem Frühlingspunkt und im Herbst vierzehn Tage
nach der Tag- und Nachtgleiche181. Cotsworth meint zudem, daß die
Pflasterung vor der Nordseite der Großen Pyramide einzig und allein
zur Beobachtung der Mittagsschatten angelegt gewesen sei. In seiner
Zeichnung besteht dieses Pflaster aus regelmäßigen Vierecken,
während die Pflasterblöcke in Wirklichkeit vollkommen unregel-
mäßig sind. Für diesen Zweck sei auch der Felsboden bis zu 268 Fuß
(etwa 90 m) nördlich der Pyramidenbasis nivelliert worden, denn diese
Entfernung entspreche dem weitesten Schattenwurf zur Mittagszeit.
Diese Behauptung läßt sich jedoch auf die allereinfachste Weise wider-
legen, denn die Spuren der Umfassungsmauer der Pyramide belegen
eindeutig, daß sie im Abstand von l i m um die Pyramide angelegt war
und in diesem Abstand auch das Bodenpflaster endete.
Zu Cotsworth nur noch so viel: Um seine Theorie von der rein astro-
nomischen Funktion der Cheopspyramide zu beweisen, muß er ihre
Entstehung erst sehr spät ansetzen, nicht nur nach den Pyramiden des
Chephren und Mykerinos, die ja eindeutig die Nachfolger des Cheops
waren, sondern sogar nach Königen, die unzweifelhaft in spätere
Dynastien gehören.
Pochan behauptet182, daß die »merkwürdig eingezogenen* Seiten der
* Gegenwärtig bilden die Seiten des Pyramidenmassivs jeweils zwei Ebenen, die nach
Flinders Petrie in einem Winkel von etwa 27' zueinander stehen. Dabei habe es sich wohl
um eine Vorsichtsmaßnahme gehandelt, die die Wölbung der Verkleidung nach außen
verhindern sollte. Die Verkleidung scheint im Gegenteil aber vollkommen plan gewesen
zu sein, wie die gerade Spur an der Basis der Ostseite nahelegt.
222 Das Geheimnis der Pyramiden
* Dabei stützt sich Pochan (siehe S.197) auf eine falscheTranskription eines Determinativs
im Namen der Cheopspyramide in einer Mastaba der 5. Dynastie. Er behauptet, daß diese
Pyramide nicht von einem Pyramidion gekrönt gewesen sei, sondern einen Obelisken
getragen habe, der vielleicht einen Metallstab aufwies (Pochan, op. cit. p. 18, 281, 284).
Abgesehen davon, daß der Name der Großen Pyramide niemals mit dem Determinativ
für Sonnenheiligtum geschrieben wurde, muß es doch auch vom architektonischen
Standpunkt aus als barer Unsinn im wahrsten Sinne des Wortes erscheinen, wenn ein
Bauwerk mit 230 m Seitenlänge und einer Höhe von 143 m an der Spitze einen kleinen
Obelisken von 3 m oder 4 m Höhe getragen hätte.
Die pseudowissenschaftlichen Theorien 223
B. Mathematische Theorien
Ähnlich wie die astronomischen gehen auch noch immer alle mathe-
matisch ausgerichteten Pyramidenthesen auf Jomard und seine Aus-
führungen zum »Metrischen System der Alten Ägypter (Exposition du
Systeme metrique des Anciens Egyptiens) zurück, wobei wir uns nur
den geometrischen Beziehungen im eigentlichen Sinne zuwenden
wollen.
Jomard widmet zunächst der führenden Rolle der Ägypter in den Ent-
deckungen der Gometrie längere Ausführungen. Schon die antiken
Schriftsteller wie Herodot, Piaton, Servius, Clemens von Alexandria,
Heron von Alexandria, Diodor von Sizilien und Porphyrios, um nur die
wichtigsten zu nennen, stimmten darin überein, daß Ägypten die
Wiege der Geometrie gewesen sei. So heiße es bei Servius z. B.: »Diese
Kunst wurde zu einer Zeit erfunden, da der Nil, als er eine außerge-
wöhnliche Schwellung erreicht hatte, die Grenzen des Erblandes ver-
wischte. Man setzte Philosophen ein, um diese Grenzen wiederzu-
finden. Durch Linien teilten sie alle Ländereien, und von daher kommt
der Name Geometrie, der nicht nur die Erde mißt, sondern auch die
Ausdehnung des Meeres und der Himmelsweiten.« Nach Diodor habe
Pythagoras von den Ägyptern gelernt, denn »die Ägypter eignen sich
die Erfindung der Buchstabenschrift und die erste Beobachtung der
Gestirne zu; ferner die Erfindung der geometrischen Lehrsätze und der
meisten Künste, auch die Einführung der besten Gesetze.« Nun, wie
Jomard richtig bemerkt, Diodor könne als Grieche nicht die Absicht
gehabt haben, die Verdienste seines Volkes zu schmälern; und Pytha-
goras und seine Schüler hätten die Griechen immerhin die Dreiecks-
lehre gelehrt. Folglich müsse etwas Wahres an der Überlieferung sein.
Neben vielen anderen sei auch Piaton ausdrücklich an den Nil ge-
gangen, um Geometrie zu studieren und habe dort nicht weniger als
dreizehn Jahre verbracht. Jomard schließt daraus: »Wären wohl so
viele befähigte Menschen über fünf Jahrhunderte hinweg nach Ägypten
gezogen, wenn sie nicht hätten hoffen dürfen, dort wichtige Schriften
über die exakten Wissenschaften vorzufinden oder Lehrer, die sie in
den alten wissenschaftlichen Traditionen unterrichten konnten? Und
wenn die Entdeckungen, die man den ersten griechischen Philosophen
zuschreibt, ihnen auch wirklich gehörten, wenn die Kenntnisse der
Ägypter nichts gewesen wären als Elementaranstöße, die von den
226 Das Geheimnis der Pyramiden
* Diese als konstante Gleichung Ø = 1 +2\ 5 = 1,618 ausgedrückte Beziehung ergibt die
»Goldzahl«« und sollte in der Architektur Proportionen mit der größten Harmonie er-
geben, nach dem Prinzip der Teilung einer Strecke in der Art, daß der größte Abschnitt
zwischen der ganzen Strecke und dem anderen Teil das geometrische Mittel ist. Siehe
Matila Ghika, Le Nombre d'Or (Les Rythmes, Les Rites).
** b gleich halbe Seitenlänge an der Basis, x gleich schiefe Höhe (Apothem).
228 Das Geheimnis der Pyramiden
diese Zahl für den Umfang durch die Zahl für die doppelte Höhe der
Pyramide, die zur Zeit ihrer Erbauung 148,208 m hoch war, dann er-
halten wir den Wert n. Also:
931,22 . = 3,1416
2 x 148,208
4 x 400 = 22 = 3,1428
2 x 280 7
ein Wert, der mit n nur bis zur zweiten Stelle hinter dem Komma
genau übereinstimmt. Der Bruch 22:7 entspricht der oberen Grenze,
Die pseudowissenschaftlichen Theorien 229
die Archimedes für den Wert n zuließ, und man darf sich fragen, ob er
diesen Wert nicht bei seinem Aufenthalt in Ägypten kennenlernte.
1885 setzte sich der englische Archäologe Flinders Petrie mit Piazzi
Smyth auseinander und übte scharfe Kritik an dessen mathematischen
und astronomischen Spekulationen über die Pyramide, die er in
seinem Buch »The Pyramids and Tempels of Gizeh« niederlegte.
Gleichzeitig verfocht Petrie aber die These, daß die Dimensionen der
Kammern der Pyramide Quadratwurzeln aus ganzen Zahlen ägypti-
scher Quadratellen seien, während die Dimensionen selbst nicht
notwendigerweise ganze Zahlen in linearen Ellen ergeben hätten.
Man nennt dies die »theory of areas«, d. h. »Flächentheorie«. Unter
den Architekturteilen, die er als Belege zitiert, nennt er die unteriridi-
sche Kammer, die jedoch als unvollendet aus der Betrachtung ausge-
schlossen werden sollte. Das gilt auch für die sogenannte Königinnen-
kammer, deren Wände nicht sorgfälltig geglättet sind und wo die
vorgesehenen Bodenplatten fehlen, die teilweise im Zugang zur
Kammer vorhanden sind, ohne jedoch eine Ebene zu bilden. Breite und
Länge der Kammer machen eindeutig 10 bzw. 11 Ellen aus*. Der von
Petrie und anderen Autoren als Vorkammer bezeichnete Bauteil kann
nicht als selbständige Einheit betrachtet werden, da der Gang an dieser
Stelle in der gleichen Breite weiterläuft und lediglich die Gleitrillen für
die Fallsteine untergebracht waren (Abb. 51). Die Abmessungen dieser
»Vorkammer« sind so also fiktive Zahlen. In der Königskammer
selbst ergeben die wichtigsten Abmessungen, Breite und Länge, 10 und
20 Ellen, d. h. also runde Zahlen linearer Ellen. Was die Wurzel aus
125 Quadratellen (11 Ellen 18) anbelangt, so bezweifelt Borchardt zu
Recht, daß diese die angestrebte Höhe gewesen sei, wie Petrie ver-
sichert; denn die Ägypter hätten sie nicht berechnen können. Weder
Petrie noch Borchardt aber haben gesehen, daß die Höhe = y/5 ist bei
einer Länge der kleinen Seite von 2 und einer Hypotenuse 3, die aus
der Diagonale der Schmalwand der Kammer gebildet wird (Abb. 72).
die Höhe wäre damit nach einer ganz einfachen geometrischen
Zeichnung zustandegekommen, so daß die »theory of areas« nicht
mehr zu halten ist.
* Es wäre möglich, daß die Proportionen dieser Kammer einem rechtwinkeligen Dreieck mit
den Seiten (am rechten Winkel) 2 und ¥5 und der Hypotenuse 3 entsprechen sollten, wie an
der Ost- und Westwand der Königskammer feststellbar ist, siehe S. 280 f).
230 Das Geheimnis der Pyramiden
Zwanzig Jahre später ließ Jarolimek den gleichen Artikel in der Zeit-
schrift »Prometheus« 186 abdrucken, wobei er noch hinzufügte, daß
sich in der Grabkammer der Großen Pyramide die Formel des
Goldenen Schnitts finde:
¥5–1 : 1 = 1 : ¥5–1 denn die Abmessungen stünden im Verhält-
2 2
nis 1 : 2, was stimmt. Er sieht jedoch die Anwendung des Goldenen
Schnitts in der Tatsache, daß die Seitenwände aus fünf Lagen Steinen
bestehen und sich darüber fünf Decken (der Entlastungskammern)
finden. Also auch hier reine Phantasie.
* Die »Fibonaccische Leiter« oder »Reihe«, nach der man bei zwei Zahlen, deren zweite
größer ist als die erste, jedesmal der letzteren von beiden die vorhergehende hinzufügt, um
die folgende zu erhalten. Wenn man jeweils die letzte durch die voraufgehende teilt, so
nähert sich der Quotient mehr und mehr der Goldzahl Ø = 1,618.
Die pseudowissenschaftlichen Theorien 231
Zum Schluß wollen wir noch auf einen Autor eingehen, der sicher
in eine ganz andere Kategorie gehört. Es handelt sich um G. de Man-
teyer, der in seinem umfassenden linguistischen Werk 190, das wir hier
hinsichtlich der Thesen über Lautwert und Transkription der Hiero-
glyphen nicht erörtern wollen, auch die Entwicklung des Königs-
grabes von Menes bis Cheops aufzeigt. Er glaubt, anhand der
Pyramidenprofile, die er in geometrische und symbolische Figuren
einfügt, die Pläne der altägyptischen Architekten wiederentdeckt zu
haben. Seit Anbeginn hätte demnach den Entwürfen eine ideale Pyra-
mide in Form eines Dreiecks zugrunde gelegen, das den oberirdischen
Bau umfaßte und selbst wieder eingeschrieben gewesen wäre in einen
senkrechten Kreis, der das eigentliche Grab umfaßt hätte, dessen
Mittelpunkt jedoch zunächst noch an keiner markanten Stelle
gelegen hätte. Zum Beweis für die Dreiecksform der Pyramide ver-
weist Manteyer auf die Tatsache, daß »seit der Frühzeit in der ägypti-
Die pseudowissenschaftlichen Theorien 233
sehen Sprache das Bild der spitzen Pyramide auf einer vierseitigen
Basis das eigentliche königliche Grab, mer, bezeichnet,« was aller-
dings erst noch zu beweisen wäre. Und weiter: »Sicher haben die
Architekten der 1. Dynastie ihre himmlische ideale Pyramide deshalb
in einen Kreis eingeschrieben, weil die Erde das Grab der Toten umgibt,
und tatsächlich liegen die unterirdischen Grabräume im unteren Teil
innerhalb des Kreises.«
bauten dieser Gräber so gut wie nichts erhalten ist. Wir dürfen daher
keineswegs mit Sicherheit voraussetzen, daß diese Bauwerke Stufen
aufgewiesen haben, geschweige denn annehmen, daß das eine zwei
und das andere drei enthalten hätte. Es handelt sich dabei um reine,
durch nichts gestütze Thesen Reisners.
wegs fest, es scheint vielmehr, als sei dieser Raum bei einem ersten
Projekt, das später aufgegeben wurde, zunächst als Grabkammer vor-
gesehen gewesen (Abb. 3).
236 Das Geheimnis der Pyramiden
Technische Kenntnisse
Der Bau der Pyramiden
renden Deckenblöcken und die Einfügung von Blöcken, wie sie nur in
der Holzbauweise notwendig wären. Überdies ist der Stein häufig wie
ein Stück Holz beim Schreiner behandelt: Davon zeugen zahllose Vor-
sprünge und Abarbeitungen, die mit größter Sorgfalt als Imitationen
von Holzteilen ausgeführt sind, bei denen diese Elemente konstruk-
tionsbedingt sind.
Nach unseren eigenen Beobachtungen sind innerhalb der Djoseranlage
Fortschritte und Vereinfachungen festzustellen, sowohl in der Aus-
rüstung als auch in der Bauweise. In bezug auf das Werkzeug nimmt die
Verwendung des Feuersteinbohrers (Abb. 53) zur Vorbereitung der
Blöcke ab, weil dieses Gerät offenbar zu schwerfällig war und vor allem
von zweifelhafter Anwendbarkeit bei Kalkstein, außer zum Bohren
von Vertiefungen und begrenzten Aussparungen. Dagegen nimmt die
Behandlung mit Hämmern aus härterem Stein und Kupfermeißeln,
die mit Holzschlegeln bearbeitet wurden, zu. Die Bohrspuren finden
sich ausschließlich an den Verkleidungsblöcken der ursprünglichen
Mastaba, die dann später von der Stufenpyramide überdeckt wurde,
während die Lagen der übrigen Verkleidungssteine die punktförmigen
Spuren von Schlägen mit Kupfermeißeln aufweisen.
Beim Mauerwerk werden einmal die Steinlagen größer, was besonders
an der Umfassungsmauer auffällt, wo die obere Mauerhälfte aus
größeren Steinen besteht als die untere. Aber auch an den Verkleidungs-
blöcken der Stufenpyramide ist dies gegenüber den voraufgehenden
Bauteilen, die dann verdeckt wurden, zu bemerken. Die größeren
Steinblöcke verleihen dem Mauerwerk mehr Zusammenhalt, außer-
dem wurde das Bearbeiten der Blöcke wirtschaftlicher und damit zeit-
sparender. Der Djoserbezirk verbindet also Anzeichen einer noch im
Frühstadium stehenden Technik mit Kunstformen, die am Ende einer
langen Entwicklung stehen. Wir werden gleichsam Zeugen des Aus-
klangs einer sehr alten Architektur, die auf den Erfahrungen der langen
Vorgeschichte aufbaute und in den beiden ersten Dynastien der
Thiniten ihren Höhepunkt erreicht hatte. Die Grabanlage des Königs
Djoser (Taf. 5) bewahrt auf diese Weise den Höhe- und Endpunkt der
thinitischen Kunst und markiert gleichzeitig den Beginn einer neuen
Kunst, die in das Alte Reich hinausweist, um in dieser Epoche ihre
Vollendung zu erreichen.
Die Ausgrabungen im Bereich der Stufenpyramide haben Werkzeug
zutage gefördert194, das beim Bau verwendet worden ist.
242 Das Geheimnis der Pyramiden
1) Steinwerkzeug
Neben walzen- oder kugelförmigen Diorithämmern, die ohne Schaft
oder Griff mit der bloßen Hand benutzt wurden, kommen längliche
Formen vor, die an der Schlagseite eine Kante und an der gegenüber-
liegenden Seite, dem Griffende, eine Verengung zum Befestigen eines
Schaftes aus Holz aufweisen. Abgeflachte Kalksteinkugeln wurden
zum Zermahlen von Kalksteinsplittern verwendet. Das auf diese
Weise hergestellte Pulver benutzte man als Mörtel für das sorgfältig
verfugte Mauerwerk der Verkleidung. Außerdem fanden wir Kalk-
steinwalzen mit einem Durchmesser von 20 cm und einer Länge
von 50 cm. Darüber hinaus sind Schlagbolzen aus Feuerstein und
sichelförmige Feuersteingeräte zu nennen. In das Ende ausgehöhlter
Holzgriffe eingelassen, die mit Gewichten gedreht wurden (Abb. 53),
dienten sie als Bohrköpfe.
Klingen und zweischneidige Messer aus Feuerstein, Schärfgeräte aus
Quarzit und Geräte aus Quarzit zum Bohren und Polieren der Stein-
gefäße195 vervollständigten die Ausrüstung.
betätigt werden können, sondern daß sie für den Einsatz von Vorsatz-
zangen mit Griff klauen (Abb. 55) vorhanden waren, die das genaue
Einlassen der Verkleidungssteine ermöglicht hätten. Dazu hätte es
nach Hölscher einer einfachen Kranvorrichtung bedurft. Aber das war
vielleicht gar nicht nötig; denn die Taue der Zangen hätten auch
einfach um massige Rundhölzer laufen können, die horizontal auf
zwei provisorischen Mauern aus ungebrannten Ziegeln auflagen. Wie
dem auch sei, im Chephrentempel hat man offenbar vor allem Hebe-
bäume benutzt, in einigen Fällen aber wohl auch solche Hängevorrich-
tungen.
Auch während der 5. Dynastie sind noch Blöcke von beträchtlichem
Ausmaß verbaut worden. In der Pyramide des Niuserre gibt Borchardt
für die Deckenblöcke der Grabkammer nicht weniger als 40 Kubik-
meter mit einem Gewicht von mehr als 100 Tonnen an. Die besonders
ansprechenden Palmkapitell- und Papyruskapitellsäulen aus Granit
oder Quarzit, wie sie in den Totentempeln dieser Epoche vorkommen,
bestehen aus Monolithen von bisweilen mehr als 6 m Höhe mit einem
Gewicht von 11 Tonnen. Der Transport solcher Palmsäulen und von
Architraven oder Kranzgesimsen mit Hohlkehle auf Lastkähnen ist
auf den Reliefs vom Unas-Aufweg dargestellt. Sie erscheinen dort auf
Schlitten festgezurrt (Abb. 57). Die Giebelblöcke über den Grab-
kammern in der Pyramide des Unas und denen seiner Nachfolger
wiegen immer noch zwischen 30 und 40 Tonnen.
Zu den berühmtesten Darstellungen eines Schlittentransports gehört
wohl die Szene im Grab des Gaufürsten Djehutihotep aus der 12.
Abb. 57: Reliefdarstellung vom Aufweg des Unas: Transport von Granitsäulen für
den Toten tempel. Die monolithen Säulen sindauf Transportbarken festgezurrt und
auf diese Weise von Elephantine im Süden herangeschafft worden
248 Das Geheimnis der Pyramiden
Croon bringt dann ein Gerät in Vorschlag, das nach dem Prinzip des
ägyptischen Schadüfs gearbeitet hätte, jener Hebevorrichtung, mit der
die Fellachen noch heute Wasser schöpfen und die es bereits im Alter-
tum gab (Abb. 59). Dieser Apparat (Abb. 60) hätte als wesentlichsten
Bestandteil einen Wippbalken gehabt, der vertikal schwenkbar über
eine horizontale Achse lief, allerdings nicht im Gleichgewicht ge-
halten, sondern mit einem längeren und einem kürzeren Ende. Dieser
Balken hätte durch Stützen in der gewünschten Höhe gehalten werden
können. Der Block wäre am kürzeren Balkenende aufgehängt worden
und eine bestimmte Anzahl Leute hätten als Gegengewicht am Kraft-
arm des Wippbalkens gezogen. So wäre der Block auf die nächst höhere
Vorschlag für die Rampe aber hätte das Volumen an benötigten Nil-
schlammziegeln von Lage zu Lage abgenommen und wäre erheblich
geringer gewesen als von Croon angenommen. Doch wie auch immer:
Abb. 62: System der Rampenerhöhung und -erweiterung nach einem Vorschlag
von Lauer
Der Bau der Pyramiden 257
Croon kommt zu dem Schluß, daß man nahe der Spitze nicht mehr
Platz genug gehabt habe, um die Länge einer Steinschlittenkolonne
mit 15 m* zu verkraften, so daß also in größerer Höhe Hebevorrich-
tungen notwendig gewesen seien.
Dieser Schluß liegt nun aber keineswegs nahe, denn unserer Ansicht
nach ließ sich dieses Schlepprinzip bis zur Spitze durchführen. Die
Arbeiter hätten z.B. ihre Seile über Rundhölzer wickeln können, die
jenseits der Grenzen der vorläufigen Plattform der Pyramide horizontal
befestigt waren. Dann konnten sie auf der Rampe wieder hinunter-
gehen oder auf einer Plattform aus Ziegeln ihren Weg fortsetzen. Diese
Ziegelplattform hätte über diejenige der Pyramide wie auf Abb. 63 vor-
geschlagen hinausgeragt.
Eine solche Plattform, die man als eine Art Turmgerüst mit Mauern
und einer geringfügigen Neigung bezeichnen könnte, hätte von einer
Breite von vielleicht zwei oder drei Ellen (1,05 m - 1,60 m) an allen vier
Seiten ausgehen können. Dieses Gerüst konnte man aber gleichzeitig
zum Aufbringen und Zurechthauen der Bekleidungsblöcke benutzen.
Das Turmgerüst wäre mit jeder Steinlage gewachsen bis zu der Platt-
form, auf die der monolithe Schlußstein, das Pyramidion aus Granit,
aufgebracht worden wäre (Abb. 63/64)210.
* 48 Arbeiter sind als erforderlich errechnet. Bei je 4 Arbeitern nebeneinander würde der
Vorspann aus 12 Reihen hintereinander bestehen. Da jede Reihe etwa einen Raum von 1 m
Länge beansprucht, würde der Vorspann 12 m lang sein, 3 m kämen für den Schlitten hinzu.
258 Das Geheimnis der Pyramiden
Abb. 64: Pyramidion aus schwarzem Granit von der Pyramide des Chendjer
(13. Dyn.)
diese in die Höhe gewachsen wäre, nach und nach wieder abgetragen.
Danach wäre die Transportleistung im Verhältnis zur vorauszusetzen-
den Bauzeit erhöht worden. Aber auch mit diesem Rampensystem
könne die Pyramide nach Croon nicht ausschließlich errichtet worden
sein.
Dazu ist zu bemerken: Wenn diese Art der parallel zu den Seiten
angelegten Rampen in Frage käme, so hätte man jeder Seite eine Art
Verkleidung mit einer mittleren Breite von vielleicht 10-20 Ellen
(5-10 m) geben müssen, in deren Bereich dann die Rampen angelegt
und Plattformen für die Arbeiten geschaffen worden wären, die sich
ebenfalls Stufe um Stufe mit der Pyramide erhöht hätten. Sonst wären
die Rampen zu schmal gewesen, so daß die Arbeiter nicht genügend
Platz gehabt hätten. Die Pyramide hätte dann während der Bauzeit den
Anblick eines riesigen Hügels aus ungebrannten Nilschlammziegeln
geboten. Setzt man das Verkleidungssystem mit einer mittleren Breite*
von 10 m an, käme man auf 700000 Kubikmeter, d. h. ein wenig mehr
als 1/4 des Pyramidenvolumens. Es hätte aber fast den gleichen Auf-
wand an Volumen erfordert wie eine senkrecht auf die Pyramide zu-
führende Rampe von 100 m Breite an der Basis. Halten wir fest: Die
ersten drei oder vier Pyramidenlagen hätten mit einfachen Erdauf-
schüttungen senkrecht zu den Pyramidenseiten aufgebracht werden
können. Diese Glacis konnten dann bedeckt und zu Parallelrampen
umgewandelt werden. Sie hätten zunächst wohl aus zwei und zwei
sich gegenüberliegenden Rampen, d. h. vier an jeder Seite, bestehen
müssen, die nach und nach auf je zwei reduziert und schließlich auf
eine hätten beschränkt werden können. Weiter oben dann hätten wohl
zwei Rampen insgesamt ausgereicht, wobei jede an zwei Pyramiden-
seiten entlanggelaufen wäre, zuletzt hätte eine Rampe für alle vier
Seiten zur Spitze hin den Abschluß gebildet. Wenn die letzte Erhöhung
noch nicht ausgereicht hätte für die Spitze, dann konnte man das
Turmgerüst, das auf der umlaufenden Plattform aus Ziegeln für die
Kalksteinverkleidung aufgesessen hätte, benutzen.
Doch nach wie vor beschäftigt der oben zitierte Text von Herodot die
Grübler, die über den Holzapparat nachsinnen, der den Ägyptern das
Hochhieven der großen Verkleidungsblöcke ohne Rampen ermöglicht
hätte.
In der Berner Wochenzeitschrift »Technische Rundschau« (Nr. 42 und
43 vom 17. und 24. Oktober 1952) veröffentlichte Hermann Strub-
Roessler eine Studie unter dem Titel »Vom Kraftwesen der Pyra-
miden«. Neben verschiedenen Erwägungen, auf die wir hier nicht ein-
gehen können, kommt er zu dem gleichen Ergebnis wie wir, nämlich
daß beim Pyramidenbau der Bedarf an Menschen und Material in den
verschiedenen Stadien unterschiedlich war. Die Benutzung von Ram-
pen lehnt er allerdings ab. Er nimmt für das Emporheben der Ver-
kleidungsblöcke große Schwenkkrane an (Abb. 65). Dagegen sind drei
gewichtige Einwände vorzubringen:
1) Diese Vorrichtungen entsprechen nicht den bei Herodot erwähnten
»kurzen Holzgerüsten«.
2) Für die Aufstellungen dieser Vorrichtungen boten die Pyramiden-
lagen selbst wohl nicht ausreichende Stabilität.
3) Selbst wenn der Einsatz dieser Geräte auf den unteren Lagen noch
einleuchten mag, dürfte das freischwebend in mehr als 100 m Höhe
kaum vorstellbar sein, denn die Zugseile hätten dann 150 bis 200 m
lang sein müssen.
Außerdem nimmt Strub-Roessler an, daß die Verkleidung der Pyra-
miden von der Spitze ausgegangen sei, ein Irrtum, der auf Herodot
zurückgeht. Wie wir bereits erläutert haben, kann es sich dabei nur um
die letzten Glättungsarbeiten gehandelt haben, denn Blöcke dieser
Größe und dieses Gewichts lassen sich nicht untereinander angeordnet
aufbringen.
Wie wir gezeigt haben, mußte diese Plattform aus einer Verkleidung
von vielleicht 1 m Breite aus Ziegeln bestehen, die Stufe um Stufe
hochgezogen und ebensogut abgebaut werden konnte, je weiter die
Glättungsarbeiten nach unten fortgeschritten waren, welche am Pyra-
midion der Spitze begonnen hatten.
Die Argumente widerlegen also alle Hypothesen, die die Verwendung
von Rampen, von denen Diodor schreibt und deren Reste sich an ver-
schiedenen Stellen noch gefunden haben, ablehnen. Während alle
Theorien über die Benutzung von Hebeapparaturen im Bauwesen des
Alten Reiches bis zu einem gewissen Grade unbeweisbar bleiben,
besitzen wir auf der anderen Seite aus allen Epochen der ägyptischen
Geschichte ausreichend Hinweise darauf, daß sowohl für den Aufbau
als auch später für den Abriß der als Steinbrüche benutzten Bauwerke
Der Bau der Pyramiden 263
Borchardt zweifelte nicht daran, daß die Stelle, an der die Steigung
plötzlich zunimmt, den Beginn einer Baurampe bezeichne, die an den
von Petrie bemerkten Eintiefungen auf der Pyramide endete. Sie hätte
danach eine Höhe von 65 m über der Pyramidenbasis und eine 4–4,5 m
breite Fahrbahn gehabt. Außerdem stellte Borchardt weitere Spuren
auf der Südseite der gegenwärtig zweiten Stufe fest, und zwar zur
Südwestecke hin. Sie könnten in Richtung zweier paralleler Mauern
aus Bruchsteinen von 0,40 bis 0,45 m Dicke weisen, die im Abstand
von 3,25 m sich südlich der Pyramide über einige dreißig Meter er-
streckten, wie Mackay feststellte. Leider sind diese Mauern damals auf
den Plänen nicht eingezeichnet worden, so daß Borchardt sie unter
dem Sand und angewachsenen Geröll nicht mehr finden konnte. Diese
Mauern glichen offenbar den von Wainwright auf der Ostseite ent-
deckten. Borchardt hielt daher die Existenz einer zweiten Rampe
(Abb. 67 D) für erwiesen und meinte, daß sogar eine dritte notwendig
gewesen wäre, aber in der ihm zur Verfügung stehenden Zeit konnte er
nicht nach Resten suchen. Eine Rampe hätte nach Borchardt zum
Transport der Blöcke gedient, die zweite zum Heraufschaffen von
Mörtel, Wasser und sonstigem Gerät und die dritte sei für den Abstieg
vorgesehen gewesen.
Indem er sich auf die Verwendung von Rampen mit einer Fahrbahn-
breite von etwa 4 m stützt und mit Borchardt annimmt, daß die
Rampen nach Vollendung der jeweiligen Bauphasen (Abb. 31) ab-
getragen und für die nächste Phase neu errichtet worden seien, kommt
Croon auf eine Bauzeit von 33 Jahren im Falle einer Rampe und auf
zwanzig Jahre unter der Voraussetzung von zwei Rampen. Alle diese
Berechnungen Borchardts und Croons kranken von vornherein daran,
daß die Förderleistung für die unteren Schichten genau so hoch an-
gesetzt wird wie für die Lagen an der Spitze. Wenn man dagegen die von
uns vorgeschlagene Methode angewandt hätte (Abb. 62), dann hätte
das den Bau sowohl der Rampen als auch der Pyramide wesentlich
beschleunigt. Auch die Ansicht Borchardts, daß die Rampen nach jeder
Bauphase abgebrochen wurden, um dann für das nächste Stadium neu
errichtet zu werden, scheint uns nicht haltbar; denn über die Möglich-
keit einer Bauerweiterung oder überhaupt Änderung wurde sicher
nicht erst diskutiert, wenn der erste Bauabschnitt lange abgeschlossen
war, sondern gleich danach oder vorher. Außerdem scheint es wenig
glaubhaft, daß der Architekt, der ja wohl in den meisten Fällen als
266 Das Geheimnis der Pyramiden
Im übrigen geht Borchardt fehl in der Annahme, daß die Rampe, deren
Überreste Wainwright an der Ostseite der Medûm-Pyramide feststellte,
ihren Ausgang von Punkt B (Abb. 67) genommen habe, von wo aus die
Steigung ständig gesteigert worden sei, während der Weg etwa 4 m
breit geblieben wäre. Die Rampe konnte nämlich viel näher an der
Pyramide mit einer breiteren Fahrbahn beginnen, und dann von der
Pyramide weg verlängert werden im Verhältnis wie die Böschung in
die Höhe wuchs und die Fahrbahn schmaler wurde. Der Ausgangs-
punkt der Rampe unter B war vielleicht der Endpunkt für das Bau-
* Die zweite Rampe, die Borchardt auf der Südseite annahm, kann von den Arbeitern er-
richtet worden sein, die später die Pyramide als Steinbruch benutzten.
Der Bau der Pyramiden 267
Außerdem gilt es zu bedenken, daß die Pyramiden noch vor dem Ende
der 4. Dynastie erheblich kleiner wurden, so daß der Bedarf an Saison-
arbeitern und den entsprechenden Versorgungseinrichtungen fühlbar
nachließ; die bäuerliche Bevölkerung aber scheint kaum darunter ge-
litten zu haben, vor allem nicht in der 5. und 6. Dynastie, den Epochen
augenscheinlich großen Wohlstands in Ägypten . . . »
2. Kapitel
Die naturwissenschaftlichen
Kenntnisse in der Pyramidenzeit und die
Geometrie der Pyramiden
* Dies gilt auch für einen Winkel, den Petrie häufig für das Böschungsverhältnis der Mastaba-
fassaden festgestellt hat und der sich aus dem Verhältnis von b = 1 und h = 4 ergibt.
Die Geometrie der Pyramiden 271
h
Abb. 68: Winkel D, bestimmt durch Tangens = b oder den Kotangens = b, wenn
h = 1 Elle beträgt
Der Einfluß der Astronomie auf den Bau der Pyramiden kann so unse-
rer Ansicht nach, außer bei der Orientierung nach den Himmelsrich-
tungen, nur sehr begrenzt gewesen sein und bleibt nach wie vor hypo-
thetisch. Dennoch darf als unanfechtbar gelten, daß die Ägypter in der
Epoche des Pyramidenbaus im Besitz astronomischer Kenntnisse
waren, die damals bereits ein Jahrtausend alt waren und sich vor allem
auf die Bewegung der Sonne, des Mondes, der Planeten (die »Unermüd-
lichen« genannt) und der Sterne (als »Unvergängliche« bezeichnet, d. h.
der Zirkumpolarsterne) sowie verschiedene Konstellationen bezogen.
Der Mond, der zur Einteilung der Monate diente, hat jedoch in Ägyp-
ten, anders als in vielen anderen Gegenden der Erde, niemals im glei-
chen Maße die Aufmerksamkeit der Astronomen auf sich gezogen wie
etwa die Sonne und vor allem die Sterne. Man darf wohl sagen, daß ihr
stellarer Charakter der ägyptischen Astronomie die spezifische Eigen-
art verleiht: Die Einführung des Kalenders in weit zurückliegender
Zeit beruht auf präzisen Beobachtungen des Sonnenlaufs und der Stel-
lung der Sothis (Sirius) im Verhältnis zu ihm*. Desgleichen deuten die
Namen der Dekansterne, die in den Pyramidentexten genannt werden,
darauf hin, daß der Zyklus der Dekane, die die Stundeneinteilung der
Nacht bestimmten, seit dieser Zeit bekannt war224.
* Vom Jahre 139 n. Chr. ausgehend, in dem der erste Tag des ägyptischen Jahres mit dem
Frühaufgang (heliakischer Frühaufgang) der Sothis und dem Beginn der Nilschwemme zu-
sammenfiel, ist man mit der Einführung des Kalenders bis zur dritten Sothisperiode von
1460 Jahren in das Jahr 4241 v. Chr. zurückgegangen. Sie könnte jedoch auch eine Sothis-
periode später, also 2781 v. Chr., vielleicht durch Imhotep erfolgt sein, was glaubhafter
erscheint.
272 Das Geheimnis der Pyramiden
Abb. 69: Göttin Nut und Gott Geb, von Schu getrennt
Ursprung hatte und deren Tradition sich getreulicher und genauer er-
hielt als dies bei einer allgemein zugänglichen Überlieferung der Fall
ist. Diese Kenntnisse waren gewissermaßen das exklusive Erbteil eini-
Die Geometrie der Pyramiden i<73
Hierzu ist zu bemerken, daß die Ägypter ein solches Verhältnis nicht
in unserer Weise durch Brüche anzugeben wußten; denn sie benutzten
nur Einheitsbrüche mit dem Zähler 1, also ½. ѿ, ¼, USW. (außer Ҁ).
Aber das stellte für die Architekten keine Schwierigkeit dar. Sie gaben
den Abmessungen h und b (oder d), den Determinanten der rechtwink-
ligen Dreiecke der vertikalen Halbschnitte Werte, die so einfach wie
möglich waren und untereinander kommensurabel, um zahlreiche
Lehren* herstellen zu können, die zur Kontrolle der Seitenflächen-
böschung und Kanten notwendig waren. Wenn später in Rechenauf-
Abb. 70: Der vertikale Halbschnitt SAH einer Pyramide (über dem Apothem x)
bildet das Konstruktionsdreieck, d. h. dieses Dreieck ist für die Pyramidenpropor-
tionen bestimmend
Die Frage läßt sich auf folgende einfache Feststellung reduzieren: der
Neigungswinkel von 51° 49' 42" entspricht dem Goldenen Schnitt.
Der Neigungswinkel von 51° 50' 35" entspricht dem Böschungsver-
hältnis von 14/11 der Höhe h zur halben Seitenlänge an der Basis (Apo-
themneigung) und ergibt 22/7 = S = 3,1428. Der Neigungswinkel von
51° 50' 39" entspricht einem BöschungsVerhältnis von 9/10 im Halb-
schnitt über der Diagonale der Basis.
Der Neigungswinkel von 51° 51' 14" würde exakt n ergeben = 3,1416.*
Abgesehen von dem zuletzt genannten Winkel, dessen n-Wert 3,1416
zu dieser Zeit bestimmt unbekannt war**, beträgt die größte Abwei-
chung zwischen den drei zuerst genannten nicht einmal eine Minute,
ein Wert, der weit unter dem von der Bauausführung bedingten mittle-
ren Abweichwert liegt. Die drei Neigungswinkel können damit als zu-
sammenfallend betrachtet werden, und die aus ihnen resultierenden
Verhältnisse bedingen sich gegenseitig.
Um aber eine einleuchtende Erklärung für die Absichten der Bau-
meister bei ihrer Wahl der Proportionen der Großen Pyramide geben
zu können, müssen auch die Böschungsverhältnisse der übrigen könig-
lichen Grabdenkmäler oder Pyramiden, die vorher oder nachher ge-
baut worden sind, betrachtet werden.
Bei der ursprünglichen Mastaba des Djoser, die später von der Stufen-
pyramide überdeckt wurde, weist die in Erscheinung tretende*** Ver-
kleidung ein Böschungsverhältnis von 4/i auf, was gleichbedeutend ist
mit dem von Petrie am häufigsten festgestellten Böschungsverhältnis
bei Mastabas. Die Stufenpyramide hat einen Neigungswinkel von
etwa 74°, aus hb = 27 = 21 Handbreiten
Elle .
.
Das gleiche Verhältnis von % findet sich danach bei der Stufenpyra-
mide des Sechemchet und den ersten Stufenphasen der Pyramide von
Medûm.
Die Böschungsverhältnisse der wichtigsten echten Pyramiden, die wir
in einer Tabelle S. 332 zusammengefaßt haben, ergeben ansteigend:
* Dabei handelt es sich um den Neigungswinkel der Pyramide, den Fl. Petrie den Winkel Pi
genannt hat. Als mittleren Wert aus den verschiedensten Messungen, die er an der Großen
Pyramide vorgenommen hatte, setzte er den Neigungswinkel mit 51 ° 52' an und erhielt für
S = 3,1402.
** Nach den mathematischen Aufgaben im Papyrus Rhind setzten die Ägypter des MR den
Kreisinhalt gleich dem Inhalt des Quadrats, dessen Seite 8/9 des Durchmessers beträgt,
das ergibt für S den Näherungswert 3,11605.
*** Sie bedeckt eine frühere Verkleidungsschicht mit steilerem Böschungsverhältnis, was
etwa 8° ausmacht und durch das Verhältnis 7/1 zustandegekommen sein muß,
Die Geometrie der Pyramiden 177
1) für tg. Į̂ h
b , 17 7 6 5 14 4 7 3 14 2
18 , 6 , 5 , 4 , 11 , 3 , 5 , 2 , 9 , 1 ,
2) für tg. ȕ̂ h
d , 23 , 147 , 76 , 89 , 109 , 11 .
Das sind relativ einfache Brüche, von denen über die Hälfte als Zähler
die Zahl 7 enthalten oder eine Zahl haben, die in eine Elle von 7 Hand-
breiten oder 28 Finger umwandelbar ist, so daß sie auf Einheitsbrüche
reduziert werden können, deren Zähler 1 ist.* Das Verhältnis ließ sich
daher für h = 1 Elle allein durch den Nenner ausdrücken, der die
Kotangente des Neigungswinkels darstellt, ägyptisch »seched«. Die
Ägypter bezeichneten den Böschungswinkel nicht nach Graden, son-
dern nach einer Winkelfunktion. Das entspricht letztlich bei einer ge-
böschten Mauer dem heutigen bautechnischen Terminus »Sturz«
(franz. »fruit«).
h 14 H 2E 1E .
* z.B.: b
= 11 H
= 11 H
= 5½H
5 1/2 Handbreiten betrug auf eine Elle Höhe der Rücksprung,
oder
h 22 2E 1E .
b= 1 = 1E = 3½H
Bei diesem Verhältnis machte der Rücksprung 3 1/2 Handbreiten aus.
Siehe dazu Übersichtstabelle S. 332 (Anm. d. Übers.)
278 Das Geheimnis der Pyramiden
geschwankt haben und ihr Bemühen dahin gezielt hat, eine Neigung
zu erhalten, die gleichzeitig für Apothem und Kante einfache Verhält-
nisse ergab.
Abb. 71: Stufenprofil E2 der Pyramide von Medûm, das für die letzte Bauphase der
eigentlichen Pyramide das Neigungsverhältnis 1411
bedingte, das für die Cheops-
pyramide übernommen wurde
Die Proportion 14/11 bei Cheops, die eine solche Entsprechung ergibt,
war zum ersten Mal seit Snofru bei der letzten Phase der Medûm-
Pyramide erreicht, als der ursprünglich geplante Stufenbau in eine
echte Pyramide mit Dreiecksflächen umgewandelt wurde. Dort läßt
sich feststellen (Abb. 71), daß das Böschungsverhältnis der Stufen 7/2 be-
trägt und das Verhältnis von Stufenhöhe zu Breite 21 = 3,5 7..
.
2 7..
Die Verbindungslinie zwischen zwei Stufenkanten hat 1 3,5 darum not-
wendigerweise das Böschungsverhältnis 2 7+ 3,5 = 14
11 .
Damit ist der Beweis erbracht, daß das vieldiskutierte Böschungsver-
hältnis der Cheopspyramide direkt aus den Proportionen der Profile
der großen Stufenpyramiden der 3. Dynastie abgeleitet ist228, und die
Vermutung, daß der Architekt des Cheops im Unterschied zum Bau-
meister von Medûm die Verhältnisse Ø oder S, die in den Proportionen
der Cheopspyramide verborgen sind, gekannt habe, ist widerlegt.
Eine Überprüfung der Böschungsverhältnisse der wichtigsten anderen
Pyramiden bestätigt dies nur (siehe S. 332).
Die Geometrie der Pyramiden 279
Auch bei den Pyramiden der 6. Dynastie, deren Proportionen und Ge-
samtanlage eine Tendenz zur Vereinheitlichung erkennen lassen, ent-
spricht das Böschungsverhältnis wieder dem der Chephrenpyramide
aus dem Dreieck 3-4-5. Mit einer Seitenlänge an der Basis von 150 Ellen
mußten sie daher eine Höhe von 100 Ellen erreichen, d. h. etwas mehr
als 52 m.
Die Böschungsverhältnisse der Pyramiden des Mittleren Reiches sind
bisher nur grob geschätzt worden, sie scheinen jedoch insgesamt stei-
ler gewesen zu sein als die des Alten Reiches. Nur die Pyramide
Sesostris' I., wo der Apothemwinkel ein wenig unter 50° liegt und aus
dem Verhältnis 76 = 21 Handbreiten
Elle ..
hervorging, macht darin eine Aus-
nahme.
Beschließen wir diese Aufzählung mit der Feststellung, daß die klei-
nen Pyramiden, die sogenannten Nebenpyramiden, zumindest ab
Djedkare-Isesi alle mit dem steilen Böschungsverhältnis von 2/1 ange-
legt waren, was einem Winkel von 63° 26' entspricht.
Diese Beobachtungen sollten ein für allemal davor bewahren, in den
Pyramiden Zeugnisse esoterischen Wissens zu suchen, wie es seit
Jomard wiederholt geschehen ist. Er schrieb von dem »dort niederge-
legten Wissen, das vielleicht absichtlich wichtige Erkenntnisse ver-
bergen wollte, die durch Überlegung heute zutage gefördert wer-
den ...«
So scheint es uns abwegig, in der Cheopspyramide das gewollte
Symbol des Kreises zu sehen, der als einfachste und vollkommenste
geometrische Figur galt229, und wir glauben auch nicht, daß sie ab-
sichtlich den Goldenen Schnitt enthält, eine mathematisch-ästheti-
sche Spekulation, die den ägyptischen Architekten des dritten vor-
christlichen Jahrtausends ohne Zweifel fremd gewesen sein dürfte.
Der Vergleich der für die verschiedenen Pyramiden gewählten
Neigungswinkel zeigt vielmehr, daß die Architekten ständig auf der
Suche nach ganzen und einfachen Zahlen für die Abmessungen h und
b oder d in den entsprechenden rechtwinkligen Dreiecken waren, die
den Neigungswinkel des Apothems oder der Kante bestimmen.
Darüber hinaus sind auch noch andere arithmetische oder geo-
metrische Beziehungen in der Großen Pyramide festgestellt worden,
von denen wir zwei anführen wollen, weil sie beabsichtigt sind.
In der Grabkammer, der sogenannten Königskammer, betragen Länge
und Breite 20 x 10 Ellen. Die Höhe mit 9 cm über 11 Ellen macht somit
Die Geometrie der Pyramiden 281
11,172 E aus. Diese Ziffer, die keine runde Ellenzahl darstellt, hatte
Flinders Petrie nachdenklich gestimmt, so daß er zur Erklärung des
Sachverhaltes auf seine »theory of areas« verfiel, auf die wir bereits
hingewiesen haben (S. 229). In diesem Zusammenhang wurde gezeigt,
daß sich die Höhe aus der Diagonale der beiden kleinen Seitenwände,
Ost- und Westwand der Kammer also (Abb. 72), ergibt, die die runde
Zahl von 15 Ellen aufweist. Die rechtwinkeligen Dreiecke mit der
Basis von 10 Ellen (2) und der Hypotenuse 15 (3) ergeben die Höhe
¥5 = 2,236; 2,236 x 5 ergibt 11,18 für die Höhe und zwar bis auf ein
Hundertstel Elle genau. Die Wahl der Diagonale von 15 Ellen bedingt
dann das »heilige Dreieck« mit den Seiten 3,4 und 5 m im Längsschnitt
EBC über der Diagonale EC, so daß sich 25 Ellen für die Diagonalen
des rechtwinkeligen Parallelepipeds der Kammer ergeben. Mit Hilfe
dieser Diagonalen ließen sich die Senkrechten in den Ecken besser
kontrollieren.
bar, daß sie lange nach Vollendung des Baus Beziehungen wie Tt und 0
entdeckten, die aber den Baumeistern vollkommen verborgen geblie-
ben waren.
Im Laufe seiner dreitausendjährigen Geschichte mag Ägypten wohl
den Weg für die griechischen Gelehrten bereitet haben, indem es nach
und nach den Schatz des Wissens zusammentrug, auf den jene ohne
Zweifel zurückgreifen konnten. Aber dabei sollte doch nicht über-
sehen werden, daß zweifellos erst dank des philosophischen Geistes
der Griechen die Geometrie auf die Stufe einer Wissenschaft gehoben
worden ist.
3. Kapitel
Die Glaubensvorstellungen
der Pyramidentexte
Die Pyramide war also nicht einfach nur ein riesiges Grab, das die
Mumie des Pharao in alle Ewigkeit bewahren sollte, wie es für das
Leben im Jenseits als Voraussetzung betrachtet wurde, sondern viel-
mehr Mittelpunkt eines Kultes und damit der beherrschende Teil
eines ausgedehnten Denkmälerkomplexes. Von einer Umfassungs-
mauer umgeben, ragte die Pyramide aus der Wüste auf mit einem
Totentempel an der Ostseite, der in verhältnismäßig kurzer Zeit eine
großartige Entwicklung durchlief und über einen eingefaßten und
überdeckten Aufweg mit einem Tempel im Tal verbunden war, dessen
Landungsstätte am Rande des Fruchtlandes lag. Die beiden Tempel
dienten nicht nur den Beisetzungsfeierlichkeiten, sondern auch Vor-
gängen und Riten der Mumifizierung sowie dem täglichen Totenkult,
wobei zu verschiedenen Anlässen hier auch Zeremonien stattfanden,
die der Verherrlichung des zum neuen König der Götter gewordenen
Pharao galten.
Das trifft auf alle Pyramiden einschließlich der Großen zu. Wer
immer sich mit dem Pyramidenproblem befaßt - im besonderen mit
den Fragen der Cheopspyramide - und sie dabei als Einheit für sich,
ohne Beziehung zur Gesamtanlage, betrachtet, verfällt einem Irrtum
gleich demjenigen, der eine Kirche ausschließlich unter dem Gesichts-
punkt des Kirchturmes sieht.
Wir wollen nicht im einzelnen auf die hauptsächlich aus Abusir und
Saqqâra erhaltenen Szenen eingehen, sondern vielmehr einen der
wesentlichsten Punkte hervorheben: Alle diese Tempel sind dem
toten, vergöttlichten König geweiht, dem darum ausschließlich die
Abb. 73: König Niuserre (S. Dyn.), hinter ihm stehend die Kronengöttin Unterägyp-
tens. Gott Anubis überreicht dem König Lebenszeichen
deutung führen die Züge der unzähligen Gabenträger an, die sich mit
ihren Opfern dem König nähern, oder bringen gefesselte Gefangene
aus den feindlichen Völkerschaften vor ihn.
Abb. 74: Relief vom Totentempel des Sahurê (5. Dyn.): Eine Göttin säugt den König
Gegen Ende der 5. Dynastie finden wir dann zum ersten Mal in der
Pyramide des Unas die berühmten sogenannten »Pyramidentexte«
aufgezeichnet (Taf. 15 a). Vor seiner Regierungszeit geben Inschriften
in den Pyramiden - so z. B. auf Türeinfassungen und Scheintüren in
dem mit blauen Fayencekacheln verzierten, unterirdischen Räumen
der Stufenpyramide von Saqqâra - lediglich die Königstitulatur (in
diesem Falle des Djoser-Neterichêt) wieder oder es handelt sich um
änigmatische Zeichen, die zur bildlichen Wiedergabe des Königs in
Beziehung stehen (Taf. 8).
Zu den Texten aus diesen fünf Pyramiden von Saqqâra kamen die von
Jequier in der gleichen Nekropole entdeckten hinzu: In drei Pyramiden
königlicher Gemahlinnen von Neferkare-Pepi II. und in der wahr-
scheinlich aus der 8. Dynastie stammenden Pyramide des Königs Ibj
konnte Jeqier die entsprechenden Texte feststellen.
Die von Unas eingeführte Neuerung ist zwar in vieler Hinsicht be-
deutsam, aber es kommt darin sicher keine tiefgehende Wandlung in
den Jenseitsanschauungen zum Ausdruck. Der königliche Totenkult
wurde damals schon seit längerem wesentlich von der Priesterschaft
von Heliopolis beeinflußt, zumal die Könige der 5. Dynastie, die Vor-
gänger des Unas, den Sonnenkult des Re begeistert aufgenommen
hatten, wovon u. a. das Sonnenheiligtum des Niuserre in Abu Gurôb
beredtes Zeugnis ablegt. Anscheinend hatte die heliopolitanische
Lehre, wonach der König auf den Thron des Re am Himmel gelangte, die
ursprüngliche Vorstellung vom unterirdischen Reich der Toten, dessen
Eingang das Grab bildete und das mit der Legende um Osiris verwoben
war, bereits abgewandelt. Diese tiefgreifende Umwälzung der Glau-
bensvorstellungen hatte zweifellos einschneidende Veränderungen
im Totenkult zur Folge und fiel zeitlich wohl mit den ersten Pyra-
midenbauten, offensichtlich dem Bau der Stufenpyramide von Saqqâra,
288 Das Geheimnis der Pyramiden
Wie dem auch sei, das Vorhandensein der Texte im Grab, wo sie dem
Ka jederzeit zur Verfügung standen, mußte den König beruhigen ange-
sichts der Möglichkeit, daß die Tempeldiener nach der Beisetzung das
Rezitieren der Formeln, sei es im täglichen Kult oder bei anderen An-
lässen, einmal nicht ausführen könnten.
rufungen oder Anspielungen auf die Mythologie, die sich auf den
Osirismythos beziehen oder auf kosmische, um die Sonne angesiedelte
Vorgänge, die mehr oder minder glücklich mit uralten stellaren Vor-
stellungen in Einklang gebracht werden.
Im Bereich der auf den Mythos bezogenen Texte sind es vor allem zwei
Legenden, auf die immer wieder angespielt wird: Osiris und Re.
Osiris, Sohn des Erdgottes Geb und der Himmelsgöttin Nut, war der
erste König von Ober- und Unterägypten gewesen. Er wurde von
seinem machtgierigen Bruder Seth ermordet (Pyr. 163, 173,175, 1007).
Der Mörder zerstückelte den Körper des Opfers, dessen Glieder von
seiner Gemahlin Isis gesucht, gefunden und wieder zusammengesetzt
wurden (584,1630). Vom toten Gatten wird Isis auf wunderbare Weise
schwanger (632,1636) und bringt den Sohn Horus zur Welt. Mit Hilfe
von Nut und Anubis gelingt es ihr auch, Osiris wieder zu beleben, die
Götter verleihen ihm neue Lebenskraft (318, 825, 828). Als Horus her-
angewachsen ist, will er seinen Vater rächen und fordert seinen Onkel
Seth zum Kampf heraus, in dessen Verlauf Seth ihm ein Auge heraus-
reißt. Schließlich aber kann Horus sein Auge zurückerobern und über
Seth triumphieren. Das Auge überreicht Horus seinem Vater Osiris,
der damit wieder sehend wird (609 ff, 643). Nach dem Kampf sitzt die
Götterversammlung von Heliopolis zu Gericht und entscheidet den
Fall zugunsten des Horus, der dann den Thron seines Vaters Osiris be-
steigen kann. Osiris selbst wird zum größten der Götter, denn er hat
den Tod besiegt.
als düster und dunkel betrachteten, stellten sie ihre Konzeption von
der Wohnung der Toten in der Dat heraus, die mit dem nächtlichen
Himmel verglichen wurde.
Die Himmelsgöttin Nut und ihr Gemahl, der Erdgott Geb, bringen
ihre Freude beim Empfang ihres mit Osiris verschmolzenen Sohnes,
des Königs Teti, zum Ausdruck:
(2) »Spruch der Nut, der Großen, die im Hause von Unterägypten
wohnt: Es ist mein Sohn Teti, mein geliebter, mein Erstge-
borener, der den Thron des Geb einnimmt, mit dem Geb zu-
frieden ist, dem er das Erbe gegeben hat vor der großen Neunheit
der Götter.(3) Alle Götter jubeln und sagen: Wie schön er ist,
Teti, mit dem sein Vater Geb zufrieden ist!«
Nut hatte Teti seine Schwester Isis und Nephthys gesandt, »damit sie
ihn ergreifen und sein Herz in seinen Körper setzen«, eine Anspielung
also auf die Legende von der Auferstehung des Osiris, an die sich das
292 Das Geheimnis der Pyramiden
Wie wir sehen, erscheint in vielen Sprüchen das Auge des Horus, das
eine besonders wichtige Rolle zu spielen scheint235. Durch eine merk-
würdig anmutende Indentifizierung wird es mit der Opfergabe selbst
gleichgesetzt, die zugleich auch seine magischen Fähigkeiten über-
Die Pyramidentexte 293
nimmt. Die Macht des Horusauge erwächst aus der Rolle als Einsatz
im Kampf zwischen Horus und Seth. Speleers weist darauf hin, daß
dieses Auge sogar eine von Horus unabhängige Einheit wird, denn er
»kämpft zum Schutze seines Auges (195 und 198)«, umkreist es (370)
und »jubiliert, als er sich seinem Auge nähert« (977)«. Darüber hinaus
heißt es auch (594): »Das Auge des Horus sprang auf als er gefallen war
auf jener Seite des gewundenen Wasserlaufs, damit er sich schütze vor
Seth. Gesehen hat es Thot auf jener Seite des gewundenen Wasserlaufs,
als das Auge des Horus umherirrte auf jener Seite des gewundenen
Wasserlaufs
Nach anderen Textstellen konnte das Horusauge auch mit dem König
identifiziert werden oder mit den stellvertretend für Ägypten stehen-
den Kronen, ja selbst mit dem Himmel Nut konnte es identisch sein.
In jedem Falle repräsentiert es die Macht über den Feind.
Diese Reinigung verstärkt die durch das Natron erzielte Reinigung wie
es in 849 heißt und beseitigt alles Schlechte, das Seth und die Nut der
Wüste dem König zugefügt haben. Nun wird Thot gebeten (830), dem
König das Auge des Horus zu bringen, mit dem dieser ausgestattet wird:
Die Pyramidentexte 295
(844) »Spruch: Oh Merenre, steh auf, leg dir das Horusauge an, nimm
es auf dich, damit es sich an dich schmiege, damit
(845) es sich an dein Fleisch schmiege, damit du darin herausgehst
und die Götter dich sehen, geschmückt mit ihm, nachdem du
die große Krone in Besitz genommen hast bei
(846) der großen Götterneunheit von Heliopolis. Oh Merenre, lebe
nun wieder auf, nachdem dir das Horusauge gebracht worden
ist, es soll sich nicht wieder von dir entfernen für alle Ewigkeit.
(900) Oh Pepi! Die Angst, die man um dich hat, ist das unversehrte
Auge des Horus; diese weiße Krone der Schlange von Elkab, sie
gibt deinen Schrecken, oh Pepi, in die Augen aller Götter, in die
Augen der Geister, der unvergänglichen Sterne . . . in die Augen
aller Dinge, die dich sehen werden und derer, die deinen Namen
hören werden.
(901) Oh Pepi, versieh dich mit dem roten Auge* des Horus, d. i. der
roten Krone, die groß ist an Ruhm, die vielfältig ist an Er-
scheinungen, damit sie dich schützt wie sie den Horus
(902) schützte. Sie verschafft dir Ruhm, oh Pepi, an der Spitze der
f. beiden Götterneunheiten, durch die beiden Uräusschlangen, die
an deiner Stirn sind. Sie erheben dich, oh Pepi, sie führen dich zu
deiner Mutter Nut, sie faßt deinen Arm, damit du nicht in Not
kommst, damit du nicht ächzest und dich zerschlagen fühlst...
Horus hat veranlaßt, daß du Geist wirst an der Spitze der
Geister, daß du mächtig wirst an der Spitze der Lebenden. Wie
schön ist, was Horus diesem Pepi getan hat, diesem Geist, der
von einem Gott erzeugt ist, der von zwei Göttern erzeugt war.
Oh Pepi, du wirst Seele sein wie die Seelen von Heliopolis, du
wirst Seele sein wie die Seelen von Elkab, du wirst Seele sein
wie die Seelen von Buto, du wirst Seele sein wie der Lebensstern,
der an der Spitze seiner Brüder ist.«
* Das Auge des Horus ist hier mit der roten Krone identifiziert und besitzt damit auch die
Macht, die in der Krone verkörpert ist.
296 Das Geheimnis der Pyramiden
Dank osirianischer Riten ist der tote König damit wiederbelebt und
strebt dem Himmel zu. Obwohl er als Falke dorthin gelangen kann
(461, 891, 1048), wird ihm doch außerdem eine Treppe errichtet oder
eine Leiter gezimmert. Die Himmelfahrt des Königs ist in der Pyra-
mide des Pepi auf besonders poetische Weise geschildert:
(365) »Ihm wird eine Treppe geschlagen zum Himmel, damit er
damit zum Himmel aufsteige und er steigt auf auf dem
(366) Rauch der großen Räucherung. Es fliegt dieser Pepi empor als
Gans und schwebt nieder als Käfer,- er fliegt davon als Gans
und läßt sich nieder als Käfer auf dem leeren Thron, der in
deinem Schiffe ist, oh Re ...«
Die Hilfe der Leiter wird bisweilen direkt gefordert:
(971) »Spruch: Gegrüßt seist du, Leiter des Gottes, gegrüßt seist du,
Leiter des Seth, steh da, Leiter des Gottes, steh da, Leiter des
Horus, die für Osiris gemacht worden ist, damit er auf ihr zum
Himmel aufsteige und den
(975) Schutz wähle bei Re. Laß darum dem Neferkare die Leiter des
Gottes gegeben werden, dem Neferkare die Leiter des Seth
gegeben werden, damit Neferkare auf ihr zum Himmel auf-
steige und den Schutz erwähle bei Re als der göttliche derer,
die zu ihren Kas gegangen sind.«
Es kommt die Leiter, sie kommt, sie kommt, wie dein Name
auch ist, den die Götter nannten
(373) Die beiden Länder (Ober- und Unterägypten) erglänzen wieder
im Morgenlicht und das Gesicht der Götter ist geöffnet, wenn
er (Horus) den Ka dieses Unas bringt und ihn selbst zu dem
großen Schloß, wo man ihm die Tore öffnet und ihm die
Bänderlöst.«
Isis und Nephthys bringen ihre Freude und Bewunderung über das
Geschehen zum Ausdruck:
(939) »Spruch: Wie schön ist es doch zu sehen, sagt sie, sagt Isis,- wie
zufriedenstellend ist es doch zu sehen, sagt sie, sagt Nephthys
zu dem König, zu Osiris-Pepi.«
Der König setzt seinen Aufstieg unter die Götter fort:
(940) »Wenn er zum Himmel aufsteigt unter die Sterne, unter die
unvergänglichen Sterne, ist sein Schwert an seiner
(941) Seite, seine Zauberkräfte vor ihm. Pepi geht zu seiner Mutter
Nut, er klimmt empör zu ihr in diesem seinem Namen 'Leiter'.
Man bringt dir die Himmelsgötter herbei, oh Pepi, sie ver-
einigen sich für dich mit den Göttern, die auf der Erde wohnen,
damit du mit ihnen seist, damit du vor ihnen gehst.«
Nachdem der König von der Dat umfangen ist wie Orion und Sothis,
kündigen die Götter seine Ankunft bei seinem himmlischen Vater
Atum an:
(152) »Spruch: Re-Atum! Unas kommt zu dir, ein unvergänglicher
Geist... dein Sohn kommt zu dir, Unas kommt zu dir, damit
ihr durchschreitet den Himmel, vereint in der Finsternis, und
aufgeht im Horizont, in dem Ort, wo es euch gefällt.
(153) Seth und Nephthys, eilt und verkündet den Göttern Ober-
ägyptens und ihren Geistern: Es kommt fürwahr Unas, ein
unvergänglicher Geist. Wenn er will, daß ihr sterbt, so werdet
ihr sterben, wenn er will, daß ihr lebt, so
(154) werdet ihr leben. Re-Atum! (wie 152)
(155) Osiris und Isis, eilt und verkündet den Göttern Unterägyptens
und ihren Geistern: Es kommt fürwahr dieser Unas, ein unver-
gänglicher Geist, wie der zu Preisende auf dem Nil, damit ihn
die Geister im Wasser preisen. Von wem er will, daß er lebe, der
wird leben, von wem er will, daß er sterbe, der wird sterben!
(156) Re-Atum! (wie 152)
298 Das Geheimnis der Pyramiden
(157) Thot! eile, verkünde den westlichen Göttern und ihren Gei-
stern: Es kommt dieser Unas, ein unvergänglicher Geist,
geschmückt als Anubis auf dem Halse, der gebietet über das
westliche Gebirge, damit er die Herzen zähle und sich der
Herzen bemächtige. Von wem er will, daß er lebe, der wird
leben ... usw.
(158) Re-Atum!(wiel52)
(159) Horus! eile, verkünde den östlichen Seelen und ihren Geistern,
es kommt fürwahr dieser Unas, ein unvergänglicher Geist. . .
usw.
(160) Re-Atum! dein Sohn kommt zu dir, Unas kommt zu dir, laß
ihn zu dir aufsteigen, schließ ihn dir in deine Umarmung, dein
Sohn ist er, von deinem Leibe, bis in Ewigkeit.«
Damit ist der wiederauferstandene König unsterblich geworden, er ist
nunmehr Herr über Leben und Tod der Seelen und Geister des Südens,
Nordens, Ostens und Westens. Er wird zu ihrem Richter durch seine
Gleichheit mit Osiris. Die folgende Anrufung wiederholt sich für alle
Götter der großen und der kleinen Neunheit:
(167) »Spruch: Atum, jener dein Sohn ist das hier, Osiris, den du sich
am Leben erhalten und leben ließest, er lebt und es lebt auch
dieser Unas, er ist nicht gestorben, und es ist auch dieser Unas
nicht gestorben. Er ist nicht untergegangen, und es ist auch
dieser Unas nicht untergegangen. Er ist nicht gerichtet worden,
und es ist auch dieser Unas nicht gerichtet worden. Er richtet,
und es richtet auch dieser Unas.«
Mit seinen Pflichten als Richter verbindet der König die Macht über
die Lebenden und die Geister des Jenseits:
(154) »Oh Unas! Du bist nicht als Toter gekommen, du bis als Leben-
der gekommen. Setze dich auf den Thron des Osiris, dein Szepter
in der Hand, während du über die Lebenden herrschst; dein
mks-Szepter und dein nhbt-Szepter in Händen, während du über
die herrschst, deren Wohnungen verborgen sind.«
Außer seiner unumschränkten Macht erwirbt der zu Osiris gewordene
König auch das Wissen. Alle diese Aspekte sind in einem in seiner
Prägnanz auffallenden Satz zusammengefaßt:
(307) »Unas ergreift die Herrschaft,- die Ewigkeit wird ihm zugeführt;
die Weisheit wird zu seinen Füßen niedergelegt. Unas besteigt
das Schiff, nachdem er den Horizont erreicht hat.«
Die Pyramidentexte 199
Der wiederauferstandene König ist also der Erste und größte unter den
Göttern geworden, er ist omnipotent und allgegenwärtig:
(919) »Wenn Re hervorkommt im Osten, so findet er den Pepi dort vor
im Horizonte,- wenn Re zum Westen kommt, so findet er den
Pepi dort; jeder gute Ort, an den Re geht, er findet den Pepi dort.«
Dies ist, kurz zusammengefaßt und unter Auslassung vieler Einzel-
heiten, Umschreibungen und mythologischer Bezüge, die Odyssee des
Königs nach seinem Tode. Sie endet, wie wir gesehen haben, mit der
Apotheose.
Aspekte der Moral werden bei alledem kaum sichtbar. Auf Tugenden,
gute Taten des Königs wird niemals Bezug genommen. Lobenswertes
aus seiner irdischen Regierungszeit nicht erwähnt. Keinesfalls braucht
er vorher Rechenschaft abzulegen oder sich einem Richterspruch zu
beugen wie es dann sehr viel später die Seelen normaler Sterblicher tun
müssen.
Kurz davor, in 301, ist die Rede von der unrechtmäßigen Usurpation
des Seth zum Schaden von Ösiris und Horus, den rechtmäßigen Erben
des Geb: »Spruch: Geb hat Unas zum Erben bestimmt. Atum hat
Unas zum Erben gemacht. Unas ist auf dem Thron des älteren Horus.
Die Macht der Unas ist in seinem Auge. Der Schutz des Unas ist in
dem, was man gegen ihn getan hat.« Der letzte Satz zeigt deutlich die
Reihenfolge auf. Der König, der sich mit Horus identifiziert, ist wie er
Erbe des Osiris und Geb. Wie er hat er sein Reich verloren durch das
Attentat des Seth. Er erwartet jedoch die Rückgewinnung, weil er
Opfer einer Ungerechtigkeit geworden ist und Entschädigung erwarten
darf. Er verlangt sein gutes Recht. Hier nun der Text, der eine Art
Schiedsverfahren oder Richterspruch andeuten soll, und zwar in der
Übersetzung und Interpretation von Sethe, die in verschiedenen
Punkten von der Auslegung Morets und de Speleers' abweicht, aber
hier bevorzugt werden soll:
302 Das Geheimnis der Pyramiden
(316) »Spruch: Oh Geb, Stier der Nut, ein Horus ist Unas, der Erbe
seines Vaters. Unas ist der, der gegangen ist und gekommen ist
als der vierte von jenen vier Göttern, die das Wasser herbei-
gebracht und die Reinigung verursacht haben, die einen Jubel
machen über die Kraft ihrer Väter. Er will, daß er gerechtfertigt
werde in bezug auf das, was er selbst getan hat. Unas hat als
kleines Waisenkind mit der Schwester gerechtet*. Die beiden
(317) Wahrheiten haben verhört, es fehlte an einem Zeugen**. Die
beiden Wahrheiten haben befohlen, daß ihm die Throne des Geb
(318) zufallen sollten und daß er sich erheben dürfte zu dem, was er
wollte. Vereinige nun seine Glieder, die im Verborgenen sein
sollen. Er vereinigt sich mit denen, die im Nun wohnen, er läßt
das Ende der Worte (d. h. seinen letzten Willen) in Heliopolis,
wenn er herausgeht an diesem Tage in der wahren Gestalt eines
(319) lebendigen Geistes, damit er den Kampf breche und den Streit
bestrafe. Unas geht heraus als Hüter der Wahrheit, er bringt sie,
indem sie bei ihm ist. Die, welche feindlich waren, unterwerfen
sich ihm. Die, welche im Nun wohnen, übereignen ihm das
(320) Leben. Die Zuflucht des Unas besteht in seinem Auge, der
Schutz des Unas besteht in seinem Auge, die sieghafte Stärke
des Unas besteht in seinem Auge, die Kraft des Unas besteht in
(321) seinem Auge. Oh ihr Götter des Südens, Nordens, Westens,
Ostens, ehret den Unas, fürchtet euch vor ihm. Er hat gesessen
im Lederzelt* * * der beiden Höfe (der Gerechtigkeit). Euch hätte
jene Uräusschlange, die Dnn-Schlange verbrannt, indem sie
eure Herzen traf. Ihr, die da feindlich kommen könnten zu Unas
* Bruder und Schwester rechten um das väterliche Erbe, eine Anspielung auf den Streit der
verfeindeten Verwandten Horus und Seth. Moret und Speleers übersetzen an dieser Stelle
nicht »Waise«, sondern verwenden Eigennamen von Göttern, und zwar Tefen und Tef net,
wobei ersterer sonst nicht belegt ist. Ihre Interpretation geht dahin, daß Unas von beiden
gerichtet wird.
** Wörtl.: »Schu (die Luft) war Zeuge«. Wir würden heute sagen »der Himmel ist mein
Zeuge.
*** Moret sieht in dem so von Sethe übersetzten Wort eine Variante für die Bezeichnung der
Hyäne in den Gräbern von Saqqâra und vergleicht sie mit dem Ungeheuer, das in den ent-
sprechenden Totenbuchszenen des Göttergerichts die Durchführung der Verurteilung
übernimmt, das »Ungeheuer des Amentet (Westen = Totenreich), die große Fresserin«.
Seine offenbar falsche Übersetzung gibt dem Satz »Oh ihr Götter« einen ganz anderen
Sinn: »Oh ihr Götter . . . Verteidigt Unas, denn er hat Angst gehabt als er vernommen
wurde vor der Hyäne der beiden Höfe . . .«
Die Pyramidentexte 303
(322) als einer, der sich ihm in den Weg stellt. Kommt zu ihm freund-
lich, kommt zu ihm freundlich. Unas ist das alter ego seines
(323) Vaters, der junge Sproß seiner Mutter. Der Abscheu des Unas ist
es, in der Finsternis zu wandeln, ohne daß er sieht, auf den Kopf
gestellt. Unas kommt hervor an diesem Tage und bringt die
Wahrheit, indem sie bei ihm ist. Nicht wird Unas eurer Feuers-
glut überantwortet werden, ihr Götter.«
* Stpt ist der Name der Oase, die heute als Wadi Natrûn bezeichnet wird. Von dort kam das
unterägyptische Natron.
Die Pyramidentexte 305
Von 525 bis 528 (und außerdem 981 ff, 1132 ff und 1408 ff) wird viermal
wiederholt, »daß der Himmel sich öffne dem Horus, nachdem er sich
im See der Binsen gewaschen hat«, wobei dann der gleiche Spruch auf
den König angewandt wird:
(529) »Geöffnet ist die Flügeltüre des Himmels, geöffnet ist die
Flügeltüre des Kbh.w für Teti selbst für die Zeit des Tages, da er
weggeht und sich im Gefilde der Binsen gewaschen hat...
(542) » Spruch: Gereinigt hat sich Teti auf j ener Erscheinungsinsel der
Erde, auf der sich Re gereinigt hat; er legt das hb-ib-Gestell hin
und stellt die .Leiter auf. Die, welche in der Großen (d. h. im
Himmel) sind, sie werden den Arm des Teti packen.«
Die Götter selbst gehen dem König in der Toilette und der Reinigung
voran. Dies geht nicht nur aus den Textstellen 827 und 841, die wir
zitiert haben, hervor, wo Nut und Horus den König reinigen, sondern
auch aus den folgenden Sprüchen:
(371) »Unas hat sich von dem befreit, was menschlich in seinen
Gliedern war. Aus den Händen der beiden Götterneunheiten
hat er die weiße Krone entgegengenommen. Isis hat ihn gepflegt
(372) und Nephthys hat ihn genährt. Horus nimmt ihn an seine
Finger, er reinigt den Unas im Schakalsee und säubert den Ka
des Unas im Dat-See. Er fegt das Fleisch des Ka dieses Unas und
sein eigenes ab.
(519) » Spruch: Teti hat sich gereinigt mit Re im See der Binsen. Horus
wird dein Fleisch abreiben, oh Teti, Thot wird deine Füße ab-
reiben, oh Teti. Schu, erhebe den Teti nach oben. Nut, gib dem
Teti deine Hand.
(1781) Nef erkare, du wirst von Isis gewaschen, Nephthys trocknet dich
ab, deine beiden großen Schwestern vereinigen dein Fleisch,
sammeln deine Glieder zusammen und lassen deine beiden
Augen in deinem Antlitz erscheinen.«
(1326) jeder Gott, der seinen Sitz in seinem Schiffe abtreten wird, wenn
Pepi aufsteigt und sich wie Schu erhebt zum Himmel, dem soll
die Erde gehackt werden, dem soll das Opfer gebrochen werden,
dem soll ein nmt.t-Gefäß gemacht werden, der soll einen
Rinderschenkel küssen, der soll ein Kotelett über den Mund
führen, wenn Pepi aufsteigt und sich wie Schu erhebt zum
Himmel.«
Inhaltlich ähnlich sind auch die Texte 1026,1027 und 1327. Manchmal
jedoch werden die Drohungen massiv, der König bietet furcht-
erregende Mächte auf:
(393) »Spruch: Der Himmel ist bewölkt, die Sterne sind verdunkelt,
die Bogen bewegen sich, die Knochen der 3kr.w zittern, die
Bewegungen hören auf, nachdem sie den Unas gesehen haben,
erschienen und machtvoll, als der Gott, der von seinen Vätern
(394) lebt und sich von seinen Müttern nährt. Unas ist der Herr der
Verschlagenheit, dessen Namen seine Mutter nicht kennt. Die
Ehre des Unas ist im Himmel, seine Macht ist im Horizonte wie
(395) die seines Vaters Atum, der ihn geschaffen hat. Er hat ihn ge-
schaffen so daß er mächtiger ist als er.
(397) Unas ist der Stier des Himmels, der einst Mangel litt und in sein
Herz gab, zu leben von dem Wesen jeden Gottes, der ihre Ein-
geweide aß, nachdem sie dazu gekommen waren, daß ihr Leib
gefüllt war mit Zauberkräften auf der Insel des Aufflammens.
(399) Unas ist es, der rechtet mit dem, dessen Name verborgen ist, an
jenem Tage, da die Ältesten geschlachtet werden ...
(400) Unas ist einer, der Menschen ißt und von Göttern lebt...
(402) Der mit den Messern der Herren kreist, schlachtet sie für Unas
bis und reißt ihre Eingeweide heraus für Unas, der Bote ist das, den
(407) Unas aussendet, um zu strafen. Ssm.w (Bezeichnung eines
Dekansterns) ist es, der sie für Unas zerstückelt und ihm ein
Mahl kocht von ihnen in seinen abendlichen Kochherden.
Unas ist es, der ihre Zauberkräfte ißt und ihre Geister ver-
schluckt. Die Großen unter ihnen sind da für sein Morgenmahl,
die Mittleren unter ihnen sind da für sein Abendmahl, die Klei-
nen unter ihnen sind da für sein Nachtmahl. Die Greise unter
ihnen und die Greisinnen sind da für seine Räucherung. Die aus
Mineral bestehenden, die im Norden des Himmels sind, sind es,
308 Das Geheimnis der Pyramiden
die ihm Feuer anlegen an die Kessel, mit den Schenkeln der
Ältesten von ihnen. Die Bewohner des Himmels dienen dem
Unas, wenn ihm die Kochherde zusammengestellt werden aus
den Füßen ihrer Weiber. Unas hat die beiden Himmel ganz
durchwandert, er hat durchzogen die beiden Lande. Unas ist die
große Macht, die Macht hat über die Mächte ... Wer von Unas
gefunden wird auf seinem Wege, den ißt er sich auf Stück für
Stück...
(409) Unas hat die Rückenmarkswirbel (seiner Feinde) zerbrochen, er
(410) hat die Herzen der Götter genommen. Er hat die rote Krone ge-
gessen, er hat die Papyrusfarbene verschluckt...
(411) Nicht werden die Würden des Unas von ihm genommen wer-
den, nachdem er das Wesen jedes Gottes verschluckt hat.
(412) Die Lebenszeit des Unas ist die Ewigkeit, seine Grenze ist die
Unendlichkeit
Diese Passagen, die sich auch in der Pyramide des Unas-Nachfolgers
Teti finden, scheinen sich auf anthropophage Sitten zu beziehen, als
man seine Feinde fraß, um sich ihren Mut und ihre sonstigen Kräfte
einzuverleiben. Nun gab es derartige Gebräuche im Ägypten der 5. und
6. Dynastie längst nicht mehr, sie sind vielmehr eine Erinnerung an die
graue Vorzeit, da die Stämme oder Klans unter der Oberhoheit eines
Häuptlings standen und als Zeichen ihrer Zusammengehörigkeit ein
Mal oder einen Totem verehrten. Text 399 speziell, in dem »von dem
Tage, da man die Alten schlägt« die Rede ist, geht nach Speleers auf den
Brauch zurück, sich »der Alten« zu entledigen, d. h. der Häuptlinge, die
aufgrund ihres Alters als unfähig für das Amt des Anführers betrachtet
wurden. Reminiszenzen an längst Vergangenes kommen offenbar
auch darin zum Ausdruck, daß sich der Rezitierende direkt an den
Toten wendet, ohne eine Gottheit einzuschalten oder die Identifi-
kation mit mythischen Vorgängen vorzunehmen. Auch darin sieht
Speleers einen Hinweis auf das hohe Alter dieser Texte, die auf einen
Ahnenkult schließen lassen.
In die Epoche des Stammeswesens geht wohl auch der Brauch zurück,
den Toten zunächst zu zerlegen und ihn dann wieder zusammenzu-
fügen. Es ist durchaus möglich, daß auf solche Überlieferungen letzt-
lich auch die viel spätere Osirislegende von der Zerstückelung und
Wiederbelebung zurückgeht. Sprüche wie die folgenden stellen den
Vorgang so dar:
Die Pyramidentexte 309
(617) »Horus hat deine Glieder wieder vereinigt, er duldet nicht, daß
du krank seist; er hat sie so zusammengefügt, daß es in dir keine
Unordnung gibt. Horus hat dich aufgerichtet
Von der Gestalt der Leiter oder Treppe, die den Aufstieg Pharaos zum
Himmel ermöglichen sollte und die in Form der Stufenpyramide in
Architektur umgesetzt worden war - so glauben wir - gelangten die
* siehe 365, 542, 941, 971, 974, 975, 978, 980, 995, 1322, 1325, 1474
ebenso 508 und 573
Die Pyramidentexte 311
Architekten des Alten Ägypten bald zur abstrakteren Form der eigent-
lichen Pyramide im Sinne der geometrischen Form. Sie hatte im
Grunde die gleiche Funktion zu erfüllen240, worauf im übrigen auch
die Tatsache hinzuweisen scheint, daß die meisten Pyramiden ja unter
der Verkleidung die Stufenform erhalten haben. Die geneigten Seiten-
flächen konnten im übrigen daneben den Urhügel andeuten, von dem
aus sich Atum über das Chaos erhoben hatte.241
Die Theologen, die nachträglich die Neuschöpfung der Architekten
rechtfertigen wollten, bemühten sich dann, der Pyramide weitere,
spezifisch solare Aspekte zuzuschreiben. So kam zur ursprünglichen
Vorstellung vom Aufstieg zur Wohnung der »Unvergänglichen« der
Gedanke des sich herabsenkenden Schutzes des Re, daher der Ver-
gleich der Pyramide mit einem Strahlenbündel, das durch die Wolken
bricht,242 oder auch mit dem Benben-Stein, dem heiligen Stein von
Heliopolis.243 Doch wenngleich auch im Laufe der Zeit zum geheim-
nisvollen Symbol geworden, das mächtige Schutzkräfte barg, blieb die
Pyramide doch über ein Jahrtausend hinweg das Wahrzeichen der
königlichen Grabanlage.
Anmerkungen
Epoche des Pyramidenbaus stammen. Georges Goyon, Les inscriptions et graffiti des
voyageurs sur 1a Grande Pyramide, Kairo, 1944 erwähnt p. XXVII/XXVIII eine Hiero-
glypheninschrift auf einem damals noch nicht lange bekannten Verkleidungsblock, die
den Namen eines ägyptianisierten Ausländers wiedergibt und offenbar aus dem 6. Jahrh.
v. Chr. stammt. Sicher hat es weitere solcher Inschriften gegeben und vor allem
wichtigere, wie das Beispiel der Chaemwese-Inschrift auf Verkleidungsblöcken der
Unaspyramide zeigt. Siehe S. sowie Drioton/Lauer in: ASAE XXXVII, p. 201-211
22 Zitiert bei Petrie, Pyramids and Temples of Gizeh, 2. ed. p. 90 Goyon (op. cit. p. XXIX)
hingegen hat auf den erhaltenen Verkleidungsblöcken nur eine arabische Inschrift ge-
funden, die vor das 14. Jh. zurückreicht. Da darin der Name »Gafar« vorkommt, möchte
er eine Beziehung zwischen dem Namen und dem genannten Schriftsteller sehen. Auf
der Nordwand der Großen Galerie im Innern der Cheopspyramide führt er eine ältere
arabische Inschrift auf, die Wilkinson in Modern Egypt and Thebes, London 1843, p. 336
erwähnt: Darin werden die bahritischen Mamlûken Aijbek und Baibars, die ab 1250 bzw.
1260 regierten, genannt. Die Inschrift läßt darauf schließen, daß in dieser Zeit die
Pyramiden als Steinbrüche ausgebeutet wurden.
23 Graefe, op. cit. S. 64
24 Abgebildet bei J. Capart, Memphis ä l'ombre des pyramides, fig. 276
25 De urbibus, in voce Ttugauiö
26 H. Pirenne, Biographie nationale de Belgique, t. XIII
27 Bibliographische Hinweise auf diese Reisenden bei Goyon, op. cit. p. XIX
28 Bibliographische Hinweise bei J.-M. Carre, Voyageurs et Ecrivains francais en Egypte 1,
p.2
29 Le Saint Voyage de fherusalem du Seigneur d'Anglure, publie par F. Bonnardot et A.
Longnon (Societe des Anciens Textes Francais, 1878
30 Le voyage et itineraire de Frere fehan Thenaud [Rec. de Vayages et de Doc, publies sous
1a direction de Ch. Shefer et. H. Cordier
31 Ch. Shefer au Voyage d'Outre-Mer de Jehan Thenaud, p. 197-199 (Paris, 1884)
32 Terrae sanctae quam Palaestinam nominant, Syriae, Arabiae, Aegypti doctissima des-
criptio, auctore facobo Zieglero Landavo-Bavaro, Argentorati, 1536
criptio, auctore facobo Zieglero Landavo-Bavaro, Argentorati, 1536
33 Voyage de M. d'Aramon, ambassadeur pour 1e Roy au Levant, escript par noble homme
fean Chesneau. . . (Rec. de Doc, publ. sous 1a dir. de Ch. Shefer et. H. Cordier)
34 Unter der Leitung von Serge Sauneron hat das Institut Francais d'Archeologie in Kairo
eine Reihe von Reiseberichten über Ägypten (franz.) neu aufgelegt, darunter auch das
zweite Buch der »Observations« unter dem Titel »Voyage en Egypte de Pierre Belon du
Mans«, 1547 (Pierre Belon: Les observations de plusieurs singularites et choses
memorables trouvees en Grece, Asie, fudee, Egypte, Arabie et autres pays estranges,
Paris 1553, 1554 und 1555). Deutsch: Pierre Belon, Sammlung der merkwürdigsten
Reisen in den Orient, in vier Theilen 1755, Neuauflage 1792
35 Verlegt in Lyon bei Jean de Tournes et Guill. Gazeau, 1554
36 Bd. VI der Veröffentlichungen von Reiseberichten des Institut Francais. Deutsch: Die
Reisen des Samuel Kiechel, aus drei Handschriften herausgegeben von Dr. K. D. Hassler,
Stuttgart, Bibliothek des literarischen Vereins in Stuttgart LXXXVI, 1866
Lichtenstein: Große Reisen und Begebenheiten des Herrn Wolf Christoph von Roten-
han/Herrn Hannss Ludwig Lichtenstein/Herrn Christoph von Wallenfelss/Herrn
Hannss Ludwig von Münster nach Italien, Rhodus, Chypern, Türkey, besonders
Constantinopel, nach Asien, Syrien, Macedonien, Egypten, in das gelobte Land... Berg
Sinai. . . 1585-1589, aus den Niederschreibungen des Hannss Ludwig von Lichtenstein
sowie Reise der Hans Christoph Teufel von Krottendorf, Freiherrn zu Guntersdorf und
Eckhartsau, in das Morgenland. 32. Programm des K. K. Obergymnasiums Seiten-
stetten, 1898, Linz, Feichtingers Erben 1898
37 Prosperi Alpini, Rerum Aegyptiarum, 1.1, c. 6
Anmerkungen 315
38 Relation des voyages de Monsieur des Breves tant en Grece, Terre Sainte et Egypte,
qu'aux royaumes de Tunis et Alger, etc., Paris, 1628
39 John Greaves, Pyramidographia or a Description of the Pyramids in AEgypt, London
1646, p. 73
40 Zeldzaame en Gedenkwaardige zee-en land-reizen door Egypten.. ., Amsterdam, 1681
41 Nouvelle relation en forme de journal d'un voyage fait en Egypte en 1672 et 1673, Paris,
1677
42 Cf. Abbe Le Mascrier, Description de l’Égypte, composee sur les Memoires de M. de
Maillet, etc., Paris 1735
43 (Premier] Voyage du Sieur Paul Lucas au Levant, Paris, 1704; Troisieme voyage fait en
1714 jusqu'en 1717 par ordre de Louis XIV dans 1a Turauie. . . Haute et Basse-Egypte,
ect., Rouen, 1719
44 Voyages dans .plusieurs provinces de 1a Barbarie et du Levant, contenant des obser-
vations geographiques, physiques, philologiques et melees sur les royaumes d'Alger et
de Tunis, sur 1a Syrie, l’Égypte et 1Arable Petree (traduit de l'anglais), La Haye, 1743
45 Frederick Lewis Norden, Travels in Egypt and Nubia, 2 vol. London 1757
46 Richard Pococke, A Description of the East and Some other Countries. . . (Egypt),
London 1743
47 Description historique et geographique des plaines d'Heliopolis et de Memphis, Paris,
1755
48 Carsten Niebuhrs Reisebeschreibung nach Arabien und umliegenden Ländern, 1. Bd.
Kopenhagen, 1774
49 Voyage aux Sources du Nil, en Nubie et en Abyssinie pendant les annees 1769, 1770,
1771 et 1772, Paris, 1790
50 Description des pyramides de Ghize, de 1a ville du Kaire et de ses environs, Paris, An IX
51 Descrption de l’Égypte, edit. Panckoucke, t. V, chap. XVIII
52 Ibidem, t. IX, p. 419-567
53 Ibid., t. VII,
54 Ibid., t. VI, p. 1-96
55 Ibid., t. IX, p. 261-294
56 Ibid., t. V, p. 597-598
57 Delille, fardins, ch. IV, über die Denkmäler von Rom
58 Edit. Panck. t. IX, p. 491
59 Ibidem, p. 491-492
60 Ibid., p. 518-519
61 Ibid., p. 497
62 Ibidem, p. 263-264
63 Fl. Petrie, The Pyramids and Temples of Gizeh, 2C edition, p. 10-11
64 L. Borchardt, Längen und Richtungen der vier Grundkanten der großen Pyramide, bei
Gise, in Beiträge Bf I. Kairo 1937
65 Giovanni Belzoni, Narrative of the Operations and Recent Discoveries Within the
Pyramids, Temples, Tombs and Excevations, in Egypt and Nubia, London 1820
66 Atlante del Basso ad Alto Egitto illustrato, pi. 37 D
67 Nuova Illustrazione istorico-monumentale del Basso e deli Alto Egitto, 1.1, p. 387
68 Cf. Lauer et Dr Derry, Dicouverte ä Saqqarah d'une partie de 1a momie du roi Zoser
(A. S. A. E., t. XXXV, p. 25-301
69 Operations carried on at the Pyramids of Gizeh in 1837, vol. I, II, London (James Fräser]
70 Appendix to Operations carried on at the Pyramids of Gizeh in 1837, containing a
Survey by f.-S. Perring Esq., Civil Engineer, of the Pyramids at Abou Roash, and to the
Southward, including those in the Faiyoum, vol. Ill, London (John Weale and G. W.
Nickisson]
71 The Pyramids of Gizeh, Part I, II et Part III (The Pyramids to the Southward of Gizeh and
at Abou Roash), in-fol
316 Das Geheimnis der Pyramiden
72 Cf. F. W. von Bissing, Das Re-Heiligtum des Königs Ne-Woser-Re, Part I, Der Bau: L.
Borchardt, Berlin, 1905
73 R. Lepsius, Über den Bau der Pyramiden, Monatsberichte der Akademie der Wissen-
schaften zu Berlin, 1843, S. 177)
74 Fl. Petrie, op. cit., p. 68-71
75 Medum, pl. I-IV, London, 1892
76 G. Brunton, Lahun I. The Treasure, London, 1920
77 Rec. Traveaux 4-14, später in einem Band zusammengefaßt: G. Maspero, Les inscriptions
des pyramides de Saqqarah, Paris, 1894
78 Cf. J. de Morgan. Le tresor de Dahchour, Liste sommaire des bijoux de 1a XIIC dynastie
decouverts les 7 et 8 mars 1894, Le Caire, 1894
79 Secound tresor de Dahchour. Liste des bijoux de 1a XII C dynastie, 2 C trouvaille, Le
Caire, 1895
80 The Xr dynasty temple at Deir el-Bahari (1894-1913), 3 vol.; The temple of Deir
el-Bahari (1895-1908), 6 vol. in-fol
81 Memoire sur les fouilles de Licht (Memoires I. F. A. O., t. VI)
82AS.A£.,t.II,p.244-257
83 Ibidem, p. 92-94
84 B. M. F. A., vol. IX, December 1911, n" 54, p. 56-59
85 Das Grabdenkmal des Königs Ne-user-re (1907); Das Grabdenkmal des Königs
Nefer-ir-ke-re (1909); Das Grabdenkmal des Königs Sahu-re (1910-1913)
86 A. S.A. E., t. VII, p. 260-286; t. VIII, p. 201-210; t. XII, p. 57-63
87. B. M. M.A. II (1907), nos 4 et 7; III (1908), n" 5; IV (1909), n" 7
88 Ibidem, IX (1914); 1920, p. 3 ff
89 Ibid, 1921, p. 3 ff; 1922, p. 4 ff; 1924, p. 33 ff; 1926, p. 33 ff; 1932, p. 3 ff; 1933, p. 4 ff; 1934,
p.4ff
90 Ibid, vol. XVI et XVII, The Egyptian Expedition 1920-21
91 Das Grabdenkmal des Königs Chephren, Leipzig, 1912
92 The Museum Journal vol. XXII, n° I, March 1931, p. 5-46 mit 39 Tafeln
93 C. M. Firth and Battiscombe Gunn, Teti Pyramid Cemeteries (Serv. Antiq. Egypte), 1.1,
p. 7-10, et Lauer Leclant, Le temple haut du complexe funeraire du roi Teti, p. 43-44 et pl.
XXI dans Bibli. d'Etude I. F. A. O., t. LI, Le Caire, 1972
94 Op. cit. p. 11-12
95 Loret, Fouilles dans 1a necropole memphite (1897-1899), communication faite ä
Hnstitut Egyptien, seance du 5 mai 1899, Le Caire, 1899
96 Jequier, Le Mastabat Faraoun (Serv. Antiq. Egypte)
97 Le monument funeraire de Pepi II (Serv. Antiq. Egypte) 1936 ä 1939
98 Ibidem, 1.1, pl. I-XXVII
99 Douze ans de fouilles dans 1a necropole memphite. 1924-1936, Neuchätel, 1939
100 C. M. Firth, A. S. A. E., t. XXIV ä XXVIII
101 J.-P. Lauer, La Pyramide ä degres. L 'architecture, (Serv. Antiq. Egypte), 1936
102 Lauer, in A. S.A. E., t. XXXIII, p. 155 ä 166 und Tafeln
103 Ibidem, t. XXXIV, p. 54-62, et t. XXXVI, p. 20-28 und Tafeln; außerdem: Lauer, Pyr. ä
degres, t. III
104 A. S.A. E., t. II, p. 244-257
105 Et. Drioton et J.-P. Lauer, ibidem, t. XXXVII, p. 201-211 und Tafeln
106 Lauer, Pyr. ä degres, t. III, p. 52
107 Fl. Petrie, The Pyramids and Temples of Gizeh [T edit.), p. 90-91
108 W. S. Smith, Inscriptional Evidence for the History ofthe Fourth Dynasty, dans J.N. E. S.
11/2 (April 1952) p. 124
109 Ahmed Fakhry, The Southern Pyramid of Snefru, dans A. S. A. E., t. LI, p. 509-522 et 4
planches
Anmerkungen 317
110 Idem, The excavation of Snefru's monuments at Dahshur, secound preliminary report,
in A. S. A. E., t. LII, p. 563-594, 26 Tafeln; außerdem The Monuments of Sneferu at
Dahshur, I, The Bent Pyramid, 126 p. et 51 pl., Le Caire 1959
111 Maragioglio et Rinaldi, Notiza sulle piramidi di Zadefra, ZadkaiĮ-lsesi, pi. 5, Turin,
1962
112 Lauer, Le temple haut de 1a pyramide du roi Ouserkaf ä Saqqarah, A. S. A. E., t. LIII,
p. 119-133, 4 Tafeln
113 M. Zakaria Goneim, Horus Sekhem-khet, the Unfinished Step Pyramid at Saqqara,
I, 37 p. et 73 pi., Service des Antiquites, Le Caire, 1957
114 Lauer, Recherche et decouverte du tombeau sud de l'Horus Sekhem-khet dans son
complexe funeraire a Saqqarah, R. d. E. t. 20, p. 97-107; Recherches et travaux menes
dans 1a necropole de Saqqarah au cours de 1a campagne 1966-1967, C. R. A. I., 1967,
p. 496-508
115 Lauer et Sainte Fare Garnot, Rapport preliminaire sur les recherches entreprises dans 1e
sous-sol de 1a pyramide de Teti ä Saqqarah en 1951 et 1955-1956, A. S. A. E., t. LV, p.
253-261, 2 Tafeln
116 Lauer und Leclant, Le temple haut du complexe funeraire du roi Teti, p. 10 et pi. V, VI, A
und XXXV, Bibli. d'Etude I. F. A. O.,t. LI, 1972
117 J. Leclant, in Orientalia, t. 36, p. 189 et fig. 15-18; Lauer in B. S. F. E. n° 47, p. 34
118 Leclant, in: Orientalia t. 36, p. 189, fig. 15-18; t. 37, p. 106-107; t. 38, p. 256, fig. 25-31;
t. 39, p. 332, fig. 31-36; t. 40, p. 232-233, fig. 15-24, et t. 41, p. 256-257, fig. 5-13
119 Leclant, ibidem, t. 40, p. 233, fig. 25-31, Lauer in: C. R. A. I. 1969, p. 466-469, und ibidem
1970, p. 489-501
120 Lauer und Leclant, Decouverte de statues de prisonniers au temple de 1a pyramide de
Pepir, R. d.E., t. 21, p. 55-62
121 Lauer, Recherches et travaux a Saqqarah (campagnes 1970-1971 et 1971-1972), CR. A.I.
1972, p. 577-592 et 8 pi
122 Der Kopf der Mumie ist abgebildet in: G. Maspero, Histoirel, p. 435 und Histoire, 6. Auf-
lage, p. 99
123 H. Gauthier, Livre des Rois d’Égypte, I, p. 163
124 Jequier, Deux pyramides du Moyen Empire, pl. XVII-XVIII, p. 64-65
125 H. Ricke, Baugeschichtlicher Vorbericht über die Kultanlagen der südlichen Pyramide
des Snofru in Dahschur, A. S. A. E., t. LII, p. 603-623, 6 Tafeln
] 26 Lauer, Le temple funeraire de Kheops ä 1a grande pyramide A. S. A. E. t. XLVI, p. 245-259
und 2 Tafeln; ferner Note complement aire sur 1e temple funeraire de Kheops, A. S. A. E.,
t. XLIX, p. 111-123 und 2 Tafeln
127 Ricke, Beiträge Bf 5, S. 43-45, fig. 13
128 M. Zaki Nour, M. Salah Osman, Zaky Iskander et A. Youssef Moustafa, The Cheops
Boats, I, Antiquities Department of Egypt, Le Caire 1960
129 Die Abbildung wurde entnommen: Abdel Moneim Abubakr und A. Youssef Moustafa,
The Funerary Boat of Khufu, I in Beiträge Bf. 12 (Festschrift Ricke), Wiesbaden 1971
130 Dazu Maragioglio/Rinaldi, L'architettura delle piramidi menfite, t. V, p. 38-39, pl. 2,
Rapallo, 1966
131 Lauer, Sur Vage et Vattribution possible de Vexcavation monumentale de Zaouiet el-
Aryän, R. d. E., t. 14, p. 21-36, pl. I, sowie: Reclassement des rois des IIT et IV dynasties
egyptiennes par l'archeologie monumentale, C. R. A. I., 1962, p. 290-310
132 Lauer, Recherches et travaux ä Saqqarah (compagnes 1970-1971 et 1971-1972), C. R. A. I.,
1972, p. 586-587
133 J. E. Gautier et G. Jequier, Fouilles de Licht, Le Caire, 1902
134 A. Lansing, The Museum's Excavations at Licht, in: B.M.M. A., vol. XV (1920), p. 3-11;
vol. XXI (1926), section 2, p. 33-40; vol. XXIV (1934), section 2, p. 4-9. Desgl.: A.M.
Lythgoe, Excavations at the South Pyramid of Licht in 1914, in Anc. Egypt., 1915, p.
145-53, et A. C. Mace, Excavations at Licht in B.M.M. A. Nov. 1921, Part 2, p. 5-19; Dec.
1922, Part 2, p. 4-18
318 Das Geheimnis der Pyramiden
135 W. C. Hayes, The Entrance chapel of the Pyramid of Sen-Wosret I, B. M. M. A., vol. XXIX
(19341, section 2, p. 9-26
136 Das ägyptische Reinigungszelt (Etudes egyptiennes, premier fascicule], Caire, 1941.
H. Ricke, Beiträge Bf. 5, S. 92-98 fig. 39-40
137 A. S. A. 1, t. XI, p. 1007 ä 1014
138 H. Ricke, Beiträge Bf. 5, S. 92 ff
139 H. Ricke, op. cit. 96 ff
140 Lauer und Leclant, Le temple haut du complexe funeraire du roi Teti, p. 46 et pl. XXXVII,
n°3
141 Memphis ä Vombre des Pyramides, p. 291 ä 296
142 L’Égypte des Pharaons, edit. Payot, p. 120-121
143 E. Drioton et J. Vandier, Les Peuples de VOrient Mediterraneen II: L’Égypte, p. 129
144 Nachgedruckt in: Chron. d'Eg. 24, 1937, p. 147-152
145 Manetho, Fragmenta Historicorum Graecorum, edit. Didot, t. 2, p. 566-42). Manetho
meint hier die Hirtenkönige, die sogenannten Hyksos, die lange Zeit nach der Pyra-
midenepoche über Ägypten herrschten
146 The Great Pyramid in Fact and in Theory, t. II, p. 53 ä 64
147 Great Pyramid Passages and Chambers, 2 vol., Glasgow, 1923-24
148 op. cit., Part I, p. 26 und 58
149 Le secret de 1a Grande Pyramide ou 1a fin du monde adamique (Edit. Adyar], 1936
150 Lauer, Raison premiere et utilisation pratique de 1a »Grande Galerie« dans 1a pyramide
de Kheops, in Beiträge Bf. 12 (Festschrift Ricke] p. 133-141
151 Great Pyramid Passages, vol. II, p. 232
152 The Witness of the Great Pyramid (2. Aufl., London, 1928], p. 264
153 The Great Pyramid: Its Builder and its Prophecy, London, 1905 und 1912
154 What Has and What Will Come to Pass, London, 1933
155 LĮ Grande Tourmente d'apres les predictions de Nostradamus et 1a Chronologie
prophetique de 1a Grande Pyramide, t. II, Le Caire, 1942
156 Au temps des Pharaons, Paris, 1908, p. 204
157 Maragioglio et Rinaldi, L'architettura piramidi menfite, t. IV, pl. 3, fig. I
158 Description de l’Égypte, edit. Panckoucke, t. IX, p. 491-492
159 Isis Unveiled, 1931
160 A. Pochan, L'Enigme de 1a Grande Pyramide, edit. Robert Laffont, 1971, p. 279-280
161 H. Gauthier, Le roi Zadfre successeur immediat de Khoufou-Kheops dans A.S. A.E.,
t. XXV (1925), p. 178-180. Diese Abfolge ist im übrigen auch im Turiner Königspapyrus
sowie in den Listen von Saqqâra und Abydos belegt
162 G. A. Reisner, C. S. Fisher, Preliminary Report on the Work of the Havard-Boston
Expedition in 1911-1913 in A. S. A. E., t. XIII, p. 246-248, pl. XIa. Aus der Abbildung geht
deutlich hervor, daß es sich bei dem in Frage stehenden Zeichen nicht um das Deter-
minativ für »>Sonnenheiligtum« mit dem Obelisken handelt, sondern um den m-Vogel
(Eule] des Wortes mr = Pyramide. Die Transkription auf p. 247 ist daher falsch. Im
gleichen Artikel (p. 248] wird auf eine weitere Nennung der Cheopspyramide in einer
Mastaba verwiesen, und dort wird das Pyramidendeterminativ in Form eines Dreiecks
richtig wiedergegeben
163 Lauer, La Pyramide ä degres. L'achitecture, II, pl. XIX, LVIII, I et LXIV
164 Lauer, Le probl. des pyr. d’Égypte, Payot, Paris, 1952, p. 127
165 Maragioglio et Rinaldi, op. cit., t. IV, p. 54-55 et pl. 5
166 Description de l’Égypte, edit. Panck., t. VII
167 B. I . E . , t XV, p. 277-314
168 Description de l’Égypte, edit. Panck., t. VI
169 Pochan, op. cit., p. 206-208
170 J. H. Cole, Determination of the Exact Size and Orientation of the Great Pyramid of
Giza (Survey of Egypt, Paper, n° 39
171 F. Petrie, The Pyramids and Temples of Gizeh, edit. 1883, p. 125
Anmerkungen 319
172 Piazzi Smyth, Our Inheritance in the Great Pyramid, p. 367-369. In seinem Buch Life
and Work. . Bd. II, p. 144-148 wird ein etwas abweichendes Neigungsverhältnis dieses
Ganges angegeben
173 Ancient Egyptian Masonry. The Building Craft, London, Humphrey Milford, 1930, p. 63
174 LĮ Science Orientale avant les Grecs, (Collection Henri Berr : L'Evolution de
l'Humanite»], p. 121
175 Siehe die schematische Karte bei Moreux, LĮ Science mysterieuse des Pharaons, p. 17
nach Piazzi Smyth, op. cit. pi. II
176 Dieser Gedanke war bereits von Jomard geäußert worden [Descr. de l’Égypte, edit.
Panck. t. IX, p. 500-501] mit dem Argument, daß nach Strabon der Eingang mit einem
beweglichen Stein verschlossen war und die Neigung des absteigenden Ganges 25° bis
26° 30' beträgt, stützte er seine Ansicht, daß man vom Innern aus »den Durchgang der
Zirkumpolarsterne durch den Meridian exakt beobachten konnte.« Seiner Meinung
nach habe der Gang »nach Länge und Weite eine Röhre gebildet, durch die man die
Sterne sogar bei Tage sehen konnte.«
177 Diese Auslegung auch bei Antoniadi, L'astronomie egyptienne depuis 1e temps les plus
recules, etc., Paris, 1934, p. 151-152 und fig. 36
178 A Scheme of Egyption Chromology, Londres, 1932
179 Jomard zitiert in der Descr. de l’Égypte (edit. Panck. t. IX, p. 512 Anm. 1) Chazelles und
verweist auf Memoire de l'abbe de La Caille in: Recueil de l'Academie des Sciences
180 Dazu hatte bereits Jomard bemerkt: »Die Äquinoktien waren kaum zu bestimmen, es
wäre falsch anzunehmen, daß die Erbauer der Großen Pyramide daran gedacht haben
könnten, denn dann müßte ihr Neigungswinkel 60° 0' 55" betragen haben.« [op. cit. t.
IX, p. 501-502)
181 Jomard [op. cit. t. VII, p. 460-461] schätzte 33 Tage vor bzw. nach den Äquinoktien, was
auf seinen Neigungswinkel von 51° 19' statt 51° 50' 35" zurückzuführen ist
182 Pochan, op. cit., p. 280
183 Nach Jomard {op. cit, t. VII, p. 461] findet sich die Überlieferung von den Pyramiden, die
ihren Schatten verschlingen, bei Solinus, Kassiodor und Ammianus Marcellinus
184 Borchardt, Gegen die Zahlenmystik an der großen Pyramide bei Gise, Berlin 1922
185 Der mathematische Schlüssel zu der Pyramide des Cheops (Wochenschrift des österr.
Ing. u. Arch. Vereins, Wien, 1890)
186 Die Rätsel der Cheopspyramide, Prag, 1910
187 Der Kampf um die Cheopspyr amide, Heidelberg, 1902
188 Op. C2t.,p. 30-31
189 Die Cheopspyr amide, ein Denkmal mathematischer Erkenntnis, München, Berlin,
1921
190 G. De Manteyer, Les Origines de VEurope, t. II. Le site de l’Égypte, Gap, 1936
191 G. A. Reisner, The Development of the Egyptian Tomb down to the Accession of
Cheops, Cambridge (Massachusetts], 1935
192 Eine kleine, von Sir Robert Mond gefundene Bronzeklinge mit einem Zinngehalt von
8,5% und von ihm der 4. Dynastie zugewiesen bleibe in diesem Zusammenhang
unerwähnt, weil die Datierung umstritten ist: Report of the British Association, 1933
mit Zusammenfassung in: Nature, vol. 132 (1933], p. 448
193 S. Clarke et Engelbach, op. cit. p. 23-33
194 Cf. Lauer, Pyr. ä degres, t. II, pi. XCVI, und t. Ill, pi. XIX, 10 und II
195 Vgl. dazu auch G. Goyan in Les Origines de 1a civilisation technique, t. I. L'antiquite
egyptienne (Presse Universitäres de France) p. 156-157
196 Lauer, op. cit., t. II, pl. XCVIII, 2
197 Firth-Quibell, Step Pyramid t. II, pl. 94, 5 oben und rechts. Auch an den Bauwerken des
Chephren wurde die Verwendung dieses Gerätes nachgewiesen: Hölscher, Das Grab-
denkmal des Königs Chephren, S. 77-79 und Taf. XIV; siehe auch: G. Goyon, op. cit.
p. 157
320 Das Geheimnis der Pyramiden
198 Beispiel bei S. Clarke und Engelbach, op. cit. fig. 264
199 Lauer, op. cit., t. II, pl. XXXII, 2
200 Das Grabdenkmal des Königs Chephren, S. 40 u. 52
201 Newberry, El-Bersheh, I, p. 19-26, pl. XV
202 S. Clarke et Engelbach, op. cit., p. 85
203 H. Chevrier, Technique de 1a construction dans l'Ancienne Egypte, in: R.d.E. 22,
p. 21-25
204 G. Goyon, Les ports des pyramides et 1e grand canal de Memphis, R. d. E. 23 (1971),
p. 137-153
205 L'art de bätir chez les Egyptiens, p. 80-86 und 100-101
206 In einigen populärwissenschaftlichen Büchern wird die Anwendung dieses Gerätes
erklärt, siehe z. B. J. Chr. Moreux, Histoire de Varchitecture (Collection »Que sais-je?»)
p. 11 und 13
207 Op. cit, p. 94 und p. 101-103
208 Lastentransport beim Bau der Pyramiden, Hannover, 1925
209 J. Capart, Memphis, ä l'ombre des Pyramides, p. 303
210 Nur wenige Exemplare eines solchen Pyramidions aus Granit sind erhalten geblieben.
An dieser Stelle seien die Exemplare Amenemhets III. aus Dahschûr und Chendjers aus
Saqqâra (Abb. 64) genannt. Zwei Stücke aus der 13. Dynastie hat Labib Habachi publi-
ziert in: ASAE t. LH, p. 471-479
211 F. W. von Bissing, Das Re-Heiligtum des Königs Ne-Woser-Re, Part. I, Der Bau, L.
Borchardt, S. 59 bis 61 u. Taf. 6
212 B.M.M. A. vol IX (oct. 1914), p. 220, fig. 16
213 Das Grabdenkmal des Königs Chephren, S. 71-72
214 Alan H. Gardiner, Egyptian Hieratic Texts, I. p. 16 und 31
215 S. Clarke et Engelbach, op. cit. fig. 88 et 234
216 Borchardt, Die Entstehung der Pyramide. An der Baugeschichte der Pyramide bei
Mejdum nachgewiesen
217 Petrie, Mackay and Wainwright, Meydum and Memphis, III, p. I
IIS Ibid., p. 6-9 und pl. 1-3
219 Borchardt, Op. cit., pl. 4
220 Wieslaw Kozinski, The investment process organization of the Cheops pyramid,
Warschau 1969 (Institute for organization and mechanization of building), vor allem
p. 75-76. Siehe auch: Dr. Kurt Mendelssohn, A Scientist Looks at the Pyramids, in:
American Scientist, vol. 59, n° 2 (März/April 1971), p. 216-218
221 Lauer, Remarques sur 1a planification de 1a construction del 1a Grande Pyramide, in:
B.I.F.A.O., t.LXXIII(1973)
222 Borchardt, Ein Altägyptische astronomisches Instrument, in: Z. Ä. S. 37 (1899), S. 10-17;
Zbynek ZÄBA, L'orientation astronomique dans I'ancienne Egypte et 1a precession de
l'axe du monde, Prag, 1953, p. 55-64
223 1858 von A. H. Rhind in Luxor gekauft, wurde der Papyrus zunächst 1877 von Eisenlohr
veröffentlicht. L. Borchardt widmete dem Papyrus einen Artikel in ZÄS (1893) S. 9 ff.
Eine vollständige Veröffentlichung mit Übersetzung und Kommentar legte 1923 vor:
Eric Peet, The Rhind Mathematical Papyrus
224 Der Himmelskreis wurde von den Ägyptern in 36 Teile zu 10 Tagen geteilt, denen jeweils
ein als »Dekan«« bezeichneter Stern entsprach. Im Laufe einer Nacht blieben sieben der
Dekansterne unsichtbar, von den 29 sichtbaren »arbeiteten«« 12, sie hießen bei den
Ägyptern daher »Dienersterne««. Mit ihrer Kulmination dienten sie als Stundenan-
zeiger. Siehe dazu: Chron. d-Egypte 31, p. 69-78; J. Heibig, Un nouveau papyrus
astronomique unter Einbeziehung von H. O. Lange und O. Neubauer, Papyrus Carls-
berg Nr. 1, Ein hieratischdemotischer kosmologischer Text, Kopenhagen, 1940
225 J. P. Mayer-Astruc, Trigonometrie pharaonique des murs murs »ä fruit « et des pyra-
mides, Chron. d'Eg., t. XXXVI (n° 72, juillet 1961), p. 321-325
Anmerkungen 321
226 Aufgeführt bei Piazzi Smyth, Our inheritance in the Great Pyramid-, p. 58. Von der
Herodotschen Gleichung spricht vor allem Moreux [La Science mysterieuse des
Pharaons, 1921, p. 23; les Enigmes de 1a Science, 1928, p. 8-9], aber auch Matila Ghika
(Esthetique des proportions dans 1a nature et des arts, 1927, p. 348-349]. Danach hatten
wir in der Ausgabe von Probleme des pyramides d’Égypte, 1948 die Kenntnis dieser
Gleichung zu Zeiten Herodots verausgesetzt, diesen Irrtum aber in der Ausgabe von
1952 (p. 190, Anm. 2] korrigiert. A. Rutherford [op. cit. vol. IV, p. 1203-1204] kehrt wieder
zur angeblichen Herodotschen Gleichung zurück
227 Auf folgende Beziehung zwischen S und Ø wies uns Paul Montel von der Akademie der
Wissenschaften hin:
0,618 = 1
= S²
Ø 4
= 3,1416²
4
= 0,617 d.h.also 1Øbis auf 1/1000 genau
(Anscheinend muß es aber heißen:
S² 9,8696
4²
= 16 = 0,61685, aufgerundet 0,617. Anm. d. Übers.]
228 Lauer, Choix angle de pente. . ., B.I.E., t. XXXVII, fasc. I, p. 63-65, erneut abgedruckt
Observations sur les pyramides (Bibl. d'Etude I.F. A.O., t. XXX], p. 90-91, vor allem:
O. Becker, Über die Proportionen der ägyptischen Pyramiden, III, in: Praxis der
Mathematik (Daubner & Cokg. Köln 15. Juli 1963], S. 175-176
229 M.A. Texier, Les traces des pyramides des Gizeh, dans VArchitecture, Mai 1939,
p. 177-180
230 A. Rev, LĮ Science Orientale avant 1e Grecs, p. 276-280
231 K. Sethe, Die altägyptischen Pyramidentexte, 3 Bde, Leipzig, 1908-1922
232 Übersetzung und Kommentar zu den altägyptischen Pyramidentexten, 4 Bde, Glück-
stadt
233 Speleers, Traduction, index et vocabulaire des textes des Pyramides egyptiennes,
Bruxelles, 1934
234 J. Vandier, La religion egyptienne (Collection »Mana« des Presses Universitaires de
France), p. 75
235 Speleers, Comment lire textes Pyr., p. 75-86
236 A. Moret, Le jugementdu roi mort dans les textes des pyramides de Sakkarah (Annuaire
de l'Ecole des Hautres-Etudes, 1922-1923], p. 3-32
237 Dieser Ansicht ist auch Vandier, La Religion egyptienne, p. 70/71, wobei er sich auf Kees,
Totenglauben, S. 147 stützt
238 Moret, Des clans aux empires (Collection Henri Berr, L'Evolution de I'Humanite),
p. 142-159, et Sethe, Urgeschichte, etc. Leipzig, 1930, §§ 38 ff
239 Le jugement du roi mort, ect., p. 9 und 24
240 Der Text auf dem in Dahschûr in der Nähe der Pyramide Amenemhets III. gefundenen
Pyramidion besagt, daß die Seele des Königs zum Himmel steige wie die Spitze der
Pyramide. Siehe: Moret, L'influence du decor solaire sur 1a Pyramide in: Melanges
Maspero, I, Orient Ancien, p. 629 (Mem. IFAO t. LXVI]
241 Pyr., § 1652, Moret, Mel Maspero, loc. cit., p. 633-636, und Le Nil et 1a civilisation
egyptienne (Cellection Henri Berr, L'Evolution de I'Humanite), p. 204-205
242 Moret (Mel. Maspero, loc. cit. p. 628] sieht in Pyr. 751 »einen Strahlengott \\)\)u, dessen
Wortzeichen die Sonne darstellt, aus der ein Lichtdreieck hervorgeht, wobei durch die
Winkelhalbierende dem Dreieck Pyramidenform verliehen wird.«
243 Siehe Mel. Maspero I, Kontroverse zwischen Speleers, La signification des pyramides,
p. 603-621 und Moret, art. cit. p. 623-636
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Abkürzungsverzeichnis
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Abbildungen im Text
1 Karte von Ägypten, bis Theben/Luxor im Süden
2 Lage der wichtigsten Pyramidenstätten zwischen Kairo und dem Faijûm
3 Die Cheopspyramide oder Große Pyramide, Schnitt, 1, 2 und 3 bezeichnen die nach-
einander angelegten Grabkammern
4 Cheopspyramide, Schnitt, nach Benoit de Maillet, um 1700
5 Die Sphinx und die Pyramiden von Gisa, nach F. L. Norden (1737]
6 Grabkammer des Cheops, Schnitt Nord-Süd mit der Fallsteinvorrichtung und links
außen dem oberen Ende der Großen Galerie, nach }. S. Perring
7 Schema der Verkleidungssteine an den Grundkanten der Cheopspyramide (A nach
Borchardt, B nach Petrie)
8 Die Pyramide des Chephren
9 Der Sarkophag des Chephren, nach U. Hölscher
10 Pyramide des Mykerinos, Schnitt, nach J. S. Perring
11 Sarkophag des Mykerinos, Seitenansicht und Schnitt, nach Perring
12 Pyramide des Sahurê, Schnitt, nach Borchardt
13 Nördliche Pyramide des Snofru in Dahschûr, Schnitt
14 Knickpyramide des Snofru in Dahschûr, Schnitte
15 Mastabat Faraûn, 4. Dyn. Rekonstruktion, nach Jequier und Lauer
16 Kapelle od. kleiner Tempel mit unbeschrifteten Stelen an der Ostseite der Pyramide
von Medûm, Grundriß, Seitenansichten und Schnitte, nach Alan Rowe
17 Südliche Pyramide von Sauijet el-Arijân, Grundriß und Schnitt, nach Lauer
18 Die Pyramiden von Abusir und die zugehörigen Kultbauten, 5. Dyn. Rekonstruktion
von Borchardt, nach Encyclopaedia Universalis
19 Nördl. unvollendete Pyramidenanlage von Sauijet el-Arijân, 4. Dyn., nach G. A. Reisner
20 Nordkapelle an der Pyramide des Teti, Rekonstruktion des Grundrisses, von Lauer
21 Pyramidenanlage Pepi's IL, im Vordergrund der Taltempel, Rekonstruktion von Lauer
22 Pyramide des Chendjer, 13. Dyn. in Saqqâra-Süd, Grundriß
23 Unvollendete Pyramide aus der 13. Dyn. in Saqqâra-Süd, Grundriß
24 Sarkophag einer Prinzessin, Alabaster (Stufenpyramide des Djoser)
25 Sanktuar an der Ostseite der Knickpyramide des Snofru, Rekonstruktion, nach Ricke
26 Knickpyramide mit Nebenpyramide und Umfassungsmauer, Grundriß
27 Stufenpyramide des Horus Sechemchet, Schnitt, Rekonstruktion von Lauer
28 Grabbezirk des Horus Sechemchet, nach Lauer
29 Sarkophag des Cheops, Schnitt, nach Borchardt
30 Bauphasen der Stufenpyramide des Djoser, nach Lauer
31 Pyramide von Medûm, Schnitt Ost-West und Ansicht von Norden unter Angabe der
drei Bauphasen, nach Borchardt
32 Pyramide des Teti, absteigender Gang, Fallsteinvorrichtung und Grabräume, Schnitt
und Grundriß, nach Lauer
33 Pyramide Amenemhets III. in Hawâra, absteigender Gang und Grabräume, Grundriß,
12. Dyn.
34 Pyramide der 13. Dyn. in Saqqâra-Süd, Anlagen zum Schutz der Grabräume, nach
Lauer
35 Von kleinen Pyramiden gekrönte Privatgräber in Dêr el-Medinêh (19./20. Dyn.),
Rekonstruktion von B. Bruyere und Cl. Robichon, nach: Encyclopaedia Universalis
36 Der untere Tempel im Bereich der Knickpyramide, nach: H. Ricke
37 Der Totentempel des Cheops, Grundriß, nach Lauer
38 A/B Boot des Cheops, zusammengesetzt von Ahmed Youssef Moustafa (nach: Beiträge Bf.
12, Festschrift Ricke)
39 Taltempel und Totentempel des Chephren, nach: U. Hölscher
40 Totentempel des Mykerinos, Grundriß
41 Totentempel des Userkâf (5. Dyn.) in Saqqâra, Grundriß, Rekonstruktion: Lauer
Abbildungen im Text 327
1a Die Pyramiden von Gisa, Luftaufnahme (Photo: Royal Air Force 1924)
b Zurückgehende Nilschwemme, im Hintergrund die Pyramiden von Gisa, vor 1936
(Photo: de Witasse)
2 Statuen von Pyramidenerbauern:
a Chephren, Diorit, 4. Dyn.
b Kopf des Userkâf, Rosengranit, 5. Dyn.
c Amenemhet III., Kalkstein, 12. Dyn.
3a Eingang zur Großen Pyramide (Zeichnung: J.-S. Perring)
b Die Große Galerie in der Cheopspyramide
(Zeichnung von Cecile, Description de l'£gypte)
4a Blick von der Spitze der Chephren-Pyramide auf die Cheopspyramide
b Blick von der Spitze der Cheopspyramide auf die Chephrenpyramide
5 Modell des Grabbezirks des Königs Djoser in Saqqâra, 3. Dyn. Modell: J.-Ph. Lauer
a Die Umfassungsmauer mit dem einzigen Zugang von Osten
Gesamtansicht
6a Aufsicht auf die Granitgrabkammer in der Stufenpyramide des Djoser mit dem Granit-
verschluß
b Unterirdische Galerie der Stufenpyramide des Djoser mit Gefäßen aus Alabaster und
verschiedenen Hartgesteinen
7 Das sogen. Südgrab des Djoser im Grabbezirk, an den Wänden Reste der Verzierung mit
blauen Fayencekacheln, in den Nischen Scheintüren (siehe Taf. 8)
8 Scheintür des Djoser: Reliefdarstellung des Königs beim Kultlauf
9a Statue des Djoser, Kalkstein, Ägypt. Museum Kairo. Die Statue wurde im Serdab an der
Nordseite der Stufenpyramide gefunden. (Photo: Ägypt. Museum Kairo)
b Vorratskammer im Südgrab des Djoser: die großen Tonkrüge sind einst mit der noch
heute erhaltenen Holztrage befördert worden.
10a Grabkammer des Horus Sechemchet, 3. Dyn. unter seiner unvollendeten Stufenpyra-
mide. In der Mitte der Alabastersarkophag (Photo: Ägyptische Altertümerverwaltung)
b Sarkophag des Sechemchet, verschlossen, aber leer vorgefunden (Photo: Ägyptische
Altertümerverwaltung)
c Reste der Umfassungsmauer vom Grabbezirk des Sechemchet mit Nischen und Bastio-
nen
11a Die Pyramide vom Medûm (374. Dyn.) mit dem Auf weg (links) und dem kleinen Tem-
pel mit unbeschrifteten Stelen an der Ostseite (rechts) (Photo: University Museum
Philadelphia)
b Die Knickpyramide des Snofru in Dahschûr (Photo: Trauner)
12a Reliefs mit Gabenträgerinnen von den Stiftungsgütern vom unteren Tempel des Snofru
in Dahschûr, 4. Dyn.
b Kragsteingewölbe in einem der Innenräume der Nordpyramide des Snofru in Dahschûr
(Photo: Ägyptische Altertümerverwaltung)
13a Eingang zum Taltempel des Chephren, früher fälschlicherweise als »Sphinxtempel«
bezeichnet
b Auf weg zur Unaspyramide, 5. Dyn. Saqqâra
14a Ausschachtung im Bereich einer unvollendeten Pyramide in Sauijet el-Arijân, 4. Dyn.
b Unvollendete Grabkammeranlage mit Sarkophageintiefung Sauijet el-Arijân
(Photo: Ägypt. Altertümerverwaltung)
15a Mit Pyramidentexten beschriftete Wände in den Grabräumen der Unas-Pyramide,
5. Dyn. Saqqâra
b Die Pyramiden von Meroe (300 v. Chr. bis 350 n. Chr., nach R. Lepsius)
16 Köpfe von Gefangenenstatuen vom Totentempel Pepi's I. in Saqqâra, 6. Dyn.
Übersichtstabelle für die Böschungsverhältnisse, Proportionen
und Abmessungen der wichtigsten Pyramiden
Quellenverzeichnis der Abbildungen
1. Farbtafeln
Abb. 1b, lila, mb: Uni-Dia-Verlag A. und M. Burges,
Großhesselohe bei München
Abb. II, Vd: Prof. Dr. Wildling, München
Alle übrigen: Les Presses de 1a Cite, Paris
2. Schwarzweiß-Tafeln
Sämtlich: Les Presses de 1a Cite, Paris
3. Abbildungen im Text
Abb. 51 a, 52a, 52b, 52c, 64a: Frau Dr. Eva Eggebrecht, Hönnersum
Quellenangabe bei den betreffenden Abbildungen
Alle übrigen: Les Presses de 1a Cite, Paris,
Quellenangabe bei den betreffenden Abbildungen
Die Kürzung des Zitats des Baron d'Anglure (S. 31) und die Einfügungen
der Passagen aus Samuel Kiechel (S. 35) wurden in Abstimmung mit
dem Autor vorgenommen.
Verzeichnis der Orts- und Eigennamen
A Belon, Pierre, 33, 39
Abd el-Latîf, 29, 177 Belzoni, 67 ff, 72
Abdessalam M. Hussein, 107, 126, 145 Berger (C), 117
Abraham, 172 Bicheris, 144
Abu Gurob, 106, 263, 287 Blavatsky, (H. P.), 194
Abu Mashar Djafar, 30 Bonaparte, Napoleon, 14, 18, 55, 57, 211
Abu Roasch, 79, 88, 92, 140 f, 197 Borchardt, (L.), 60, 63 f, 79, 93, 180, 226,
Abusir, 80 f, 93, 140 f, 145, 150, 285 247, 263 ff, 270 f
Abydos, 132, 144, 152 Bossuet, 41
Achpet, 116 Brahe, Tycho, 207
Adam, 181 Breasted, (J. R), 303
Agathodaimon, 30 Breydenbach, 32
Ahhotep, 28 Briand, 183
Ahmed Youssef Moustafa, 100, 139 Briggs, 66
Ahmose, 131 Bruce, 50 f
Alexandria, 54, 57, 205 Brunton, 90
Alpini, Prosper, 36 Buto, 136, 293
Amasis, 23, 40
Amenemhet L, 92, 96, 128, 155, 157, 263 C
Amenemhet IL, 91, 128, 157 Campbell, 70 ff
Amenemhet III., 89, 128 f Capart(J.),168
Amenophis I., 131 Careri, (de), 42
Anastasi, 263 Carter, Howard, 96, 154
Andrews, 78 Caviglia, 65 ff, 73
Anglure, Baron d', 31 Cecile, 64
Angoulême, 32 Chaba, 93, 125
Ankara, 183 Chabryis (Chephren)
Anubis, 273 Chaldäa, 210 f, 224
Anville (d'|, 46 Cham (Cheops)
Arbuthnot, 72 Champollion, (J. F.), 70
Archimedes, 226, 229, 27$ Chasechemui, 240
Aristoteles, 282 Chassinat, 140 f
Armäus, 23 Chazelles (J.-M. de), 44, 220
Arnold, (D.), 153 Chembes, Chemmis (Cheops)
Assuan (Syene], 34, 205, 245 f Chendjer, 100 f
Athanasi, 67 Cheops, 18, 20 ff, 28, 32, 36 f, 41 f, 46, 49, 55,
Atum, 290 ff 72, 84, 92, 126, 134, 137, 139, 162, 168,
Axumiten, 132 170, 188, 196 f, 199, 205, 216 ff, 221 ff, 250,
261,269, 278 ff
B Chephren, 18 21 ff, 37, 42, 75, 97, 139, 141,
Babylon (Altkairo], 31 144, 161 f, 196, 212, 216, 221, 246 f, 261,
Babylon (Babel), 41 269, 279
Bagdad, 29 ChesneaulM, 33
Baldensele, William of, 30 Chevrier(H.),248
Balzac, 58 Chnumit, 91
Baumgarten, 36 ChoisylA.), 251 f
Barbarin (G.j, 179, 181, 183 f, 188, 190, 194 Christian VI. v. Dänemark, 47
Barsanti(A.|, 92 f, 95, 144 Clemens v. Alexandria, 225
Bataille(M.), 200 f Colbert, 41
Verzeichnis der Orts- und Eigennamen 333
Cosigny, 51 Fourmont, 50
Conte, 58 Fuentes, 65
Cotsworth, 220 f Fustât, 28, 30
Coutelle, 58, 61 ff, 228
010011,(1.1,252 ff, 263 G
Cox, 97 Gardiner (A. R), 157
Chuit, 99 Garnier, (J.|, 183
Cyriacus, 30 Gautier (J.-E.l, 91,96
Geb, 272, 288 ff
D Ghika(M.), 227
Dahschûr, 28, 48 f, 67, 82, 84, 88, 91, 107, Gill, 88
110, 114, 126, 128, 130, 134, 137, 157, 198, Girard, (P. S.), 33, 58, 204
207, 261, 277 Gisa (Giseh, Gizeh|, 13,31,35,47 ff, 57 f, 61,
Dat, 272 67, 70, 78 f, 84 ff, 97, 125, 160, 168, 197,
Davidson, (D.|, 174 ff, 183, 185, 222 201, 207, 211, 261, 263, 269, 279
Davison, 50 f, 84, 190 Goneim, (Z.|, 111ff
Der el-Bahari, 91,96, 152 Goyon(G.|, 66, 73
Der el-Medineh, 132 f Greaves (J.|, 37 ff, 47, 50, 54, 60, 178
Delia Valle (Pietro|, 83 Grebaut, 91
Demokrit, 226, 282 Greenwich, 209
Denon (Vivant|, 14, 19, 58 Grdseloff(B.|, 157 ff
Dewen, 233 Grobert, (J. |,55 f
Diodor v. Sizilien, 22 f, 36, 39, 40, 42, 49, 53, Gunn, (B.j, 70
172, 225, 250 f, 262, 282
Dionysios v. Teil Mahre, 31 H
Djehutihotep, 247 Haram esch-Schawäf, 107
Djoser, 70, 82, 101 ff, 111, 113 f, 124 f, 134, Harun al-Raschid, 44
198, 201, 239 ff, 272, 276, 286 Harmagedon, 184
Drioton(E.|, 106, 169 Hatschepsut, 223
Drovetti, 204 Hawâra, 85, 89 f, 129
Dunsdale, 186 Hayford, 175
Dupuis, 223 Heliopolis, 127, 205, 210, 273, 287 ff
Dutertre, 58 Hermes, 30, 192
Herodot, 20 ff, 34, 40 ff, 46, 49, 55 ff, 72, 82,
E 172,206,225, 232, 249, 250 ff
Eckley B. Coxe, Expedition, 97 Heron v. Alexandria, 225
Egmont, 45 Herschel (Sir John), 208
Elephantine, 204 Hill, 70, 71, 78
Elkab, 293 Hipparchos, 215
Engelbach, (R.), 208, 251 f Hölscher(U.), 97, 246 f, 263
Eratosthenes, 205 Honorius (Julius)
Erman, (A.), 34, 168 Horus, 288 ff
Euklid, 226 Huni, 107, 125
Eudoxos, 226
Eyth, (M.]293 I
Ibj, 100, 127, 287
Ibn Abd al-Hakam, 37
F Ibn Churdadbeh, 29
Faijûm, 57, 84, 89 f Ibn al-Haukäli, 30
Fakhry, (A.), 108 ff Ibrahim Ibn Wasif Schah, 23
Fayet, 208 Ibrahim Pascha, 36
Fibonacci, 230 Imeni Aamu, 130
Firth (CM.) 82, 97 ff, 106, 116 Imhotep, 124, 200 f, 204, 210, 239 f, 271,
ForetichlR.j, 185 273, 288
334 Verzeichnis der Orts- und Eigennamen
Inaros, 23 Littre, 34
Intef I., IL, III., 152 London, 78
Ipj, 293 LoretfV.], 99
Iput, 99 Lucas (A.), 67
Ita, 91 Lucas (P.), 43, 45, 51,54, 220
Isesi-Djedkare, 107, 110, 280, 288 Ludwig XII. 32
Isis, 194 f, 289 Lukian, 193
Iskander, Zaky, 139 Lythgoe(A.M.)96
Israeliten], Hebräer, 34, 45
M
J Mace(A. C), 96
Jablonski, 34 Mackay (E.), 90, 265
Jacotin, 58 Macnaughton (D.|, 219 f
Jakob, 30 Maillet, (B. de], 43 f, 50, 53 f, 56, 60 f
Jarolimek, 230 Makrisi, 29
Jequier (C), 91, 96, 99, 100f, 115, 162, 169, Malta, 78
287 al-Ma’mûn, 26 ff, 37 f, 44 ff
Jerusalem, 183 Mandeville (J. de), 31,
Jomard, 57 ff, 64 f, 73, 202 ff, 225 f Manetho, 87, 144, 150, 171, 199
Joseph, 30, 36, 167 Manteyer (G. de), 232 ff
Josephus, 45 Maragioglio (V.), 198
Julius Honorius, 30 Masghûna, 129
Jupiter Ammon, 69 Mastabat Faraûn, 144
Medûm, 48, 85, 89, 97, 114, 125, 134, 263,
K 266 f, 276, 278
Kabitziet, 65 Melchisedek, 172
Kain, 173, 178 Melton (E.|, 40 f, 84
Kairo, 13 f, 31,46, 71,212 Memdou|Y.|, 120
al-Kaisi, 27 Memphis, 14, 49 f, 57, 61, 86, 130, 155,
Karnak, 263 205, 210, 239, 249, 273
Katharina Medici, 33 Menes, 232, 240, 249
Kiechel, Samuel, 35 Menkauhor, 145
Kingsland (W.), 170, 172 ff, 181, 184, 192 f, Mentuhotep (III., Seanchkare) 96, 152, 155
218 f Merenre, 90, 118, 148,286
Kircher, (A. |,40 f Meroe, 132
Kleppisch, 231 Meynard, 51
Kremer (G.|,66 Milet, 226
Kurru, 132 Minutoli, 69 f, 81
Mit Rahina, 49 f
L Mohammed Ali Pascha, 70
Lacau(P.|, 97, 102, 115 Mons, 31
Lahûn, 85, 90, 129 Moret |A.), 188, 301, 303, 309
Lannoy (C), 31 Moreux, 207 ff, 227 f
Lansing (A.), 96 de Morgan, 91
Lebrun, 40 f, 84 Morton Edgar, 173 ff, 182, 186
LeclantlM, 116 f, 287 Moskau, 274
Lefebure, 303 Murray (M.), 90
Legrain, 251 Mykerinos, 22 ff, 37, 48 f, 76, 78, 82, 87, 97,
Lengherand(C), 31 99, 123, 144 f, 198, 212, 221, 261, 269, 279
Le Peré, 58, 61 ff, 228
Leroy(A.),32 N
Lepsius(R.), 86 ff, 99, 187,230 Nagada, 240
Lichtenstein (H. L. von] 35 Napata, 132
Lischt, 85, 91, 155,263 Narmer, 240
Verzeichnis der Orts- und Eigennamen 335
Sedeinga, 132 U
Segato, 69 Udjebten, 100
Selim Hassan, 106 Ulm, 231
Sern, 172 Unas, 90, 103, 107, 120, 124, 127, 148, 150,
Seneca, 14 187, 247, 261, 286 ff,
Senmut, 213 Ur,44
Servius, 225 Uranienburg, 208
Sesostris I., 91, 96, 128, 155, 280 Userkâf, 81, 103, 111, 145, 279
Sesostris IL, 89, 128
Sesostris III., 128 V
Seth, (Gott) 288 f Valeriani(D.|, 69
Seth (der Bibel), 178 Vansleb (Le Peré), 40 f
Sethe(K.), 78,287 Venedig, 30, 32, 36
Shaw (Th.), 46,52 f Veryard, 45
Sicard (Le Peré Claude), 46, 50, 54 Viollet-le-Duc, 198, 279
Sieglin(E. v.), 97 Volney (C. F. de], 17, 53 ff, 223
Sigoli, 31 Vyse(H.|, 70 ff, 190,228
Siloah, 195
Sirius (Sothis), 220, 270 f W
Sloan, 70 Wadi Natrün, 304
Snofru, 107, 109 f, 126, 134, 162, 200, 266, Wadji, 233
277 ff Wainwright (C), 90, 264, 266
Somers Clarke, 203, 251 f el-Wasta, 212
Soubran (de), 32 Warschau, 231
Speleers, 287 ff Wellington, 72
Stephan v. Byzanz, 31 Winlock, 96
Stewart, Basil, 183 Wynn(W.), 184
Strabon, 23, 28, 33, 39, 53
Strub-Roessler (H.), 261 f Z
Syene siehe Assuän Ziegler, (J. ],33
T
Tanis, 28
Taylor (J.), 171 ff
Tefnut, 302
Teti, 81, 87, 90, 97 f, 103, 106, 116 ff, 148,
150, 157, 286, 291 ff,
Teufel, (H. Chr.), 35
Thaies v. Milet, 38
Theben, 61, 155
Thenau, (J.), 32
Thévenot (J. de), 40, 45, 50, 52
Thevet(A.), 33
Thot, 192, 195, 293
Tuthmosis I., 131
Titus Livius Barretinus, 38
TouchardlM.-C), 200
Trevisan(D.), 32
Tudela, Benjamin v., 31
Tula (Mexiko), 198
Tura, 80, 245 f
Tutanchamun, 28, 96
1a Die Pyramiden von Gisa, von der Westwüste her gesehen (oben) b Gisa-Pyramiden (unten|
II Cheopspyramide mit Resten der Verkleidung (nächste Seite)
IIIa Grabkammer und Sarko-
phag des Cheops, Granit
Nächste Seite:
VIII a Die Knickpyramide des Snofru
in Dahschür, rechts die zugehörige
Nebenpyramide, links die Pyramide
Amenemhets III. (oben)
b und c Knickpyramide von unten und
Ausschnitt aus dem Bereich
der Nordostkante
(unten links und rechts|
1 a Die Pyramiden von Gisa, Luftaufnahme, oben (Photo: Royal Air Force 1924) 1 b Zurückgehende Nil
schwemme, im Hintergrund die Pyramiden von Gisa, vor 1936, unten (Photo: de Witasse|
2 Statuen von Pyramidenerbauern:
14 li Unvollendete Grab
kämm eran läge mit
Sarküphaseintiefung
Süuijut el-Arijän, unten
IPhoto: Ägypt. Alter-
tümcrverwiiltung]
15a Mit Pyramidentexten beschrif-
tete Wände in den Grabräumen der
Unas-Pyramidc, 5. Dyn. Saqqära
(rechts)