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Tempel von Dendera

Der Tempel von Dendera ist eine altägyptische Tempelanlage in Dendera, 55 km nördlich von Luxor in
Oberägypten. Sie ist eine der wichtigsten Tempelstätten Ägyptens und war der Göttin Hathor gewidmet.
Die Anlage liegt im Bezirk der antiken Provinzhauptstadt Tentyris, die während einiger Epochen der
ägyptischen Geschichte als wichtiges religiöses Zentrum galt. Der heutige Tempelkomplex gehört zu den
am besten erhaltenen ägyptischen Tempeln dieser Zeit.

Inhaltsverzeichnis
Baugeschichte
Besucher- und Forschungsgeschichte
Tempelanlage
Überblick
Tempel der Hathor
Vorhof und großes Hypostyl
Innerer Tempel
Sanktuar
Krypten Großes Hypostyl des Dendera-Tempels
Tempeldach
Außenbereich
Mammisi
Nebengebäude
Hathorsäulen
Kulte
Mythologie
Siehe auch
Literatur
Weblinks
Einzelnachweise

Baugeschichte
Die heutige Tempelanlage stammt aus griechisch-römischer Zeit, basiert jedoch auf Vorgängerbauten, die
bis ins Alte Reich zurückreichen. In Dendera lassen sich Kulte der Hathor anhand einiger Quellen und
Funde bis in prähistorische Zeit zurückverfolgen. Nach Texten in den Krypten wurde die
Gründungsurkunde in prädynastischer Zeit geschrieben und tauchte angeblich zur Zeit von Cheops in einer
Kiste im königlichen Palast von Memphis wieder auf.[1] Der frühe Tempel wurde während der
Regierungszeit von Pepi I. ausgebaut, der als erster Pharao den Titel „Sohn der Hathor, der Herrin von
Dendera“ trug, was auf eine besondere Stellung Denderas in der 6. Dynastie hindeutet.
Früheste bauliche Überreste stammen erst aus dem Mittleren Reich und finden sich in der Ka-Kapelle des
Mentuhotep II. In einem Dekret von Amenemhet I. werden zum ersten Mal in Dendera gefeierte
Tempelfeste erwähnt. Einige wiederverwendete Blöcke bezeugen Bautätigkeiten von Mentuhotep II. im
Mittleren Reich bis zu Schebitko in der 25. Dynastie. In der 18. Dynastie erfolgte ein Wiederaufbau unter
Thutmosis III. und die Dekoration durch verschiedene Herrscher des Neuen Reiches, darunter von
Amenophis III., Ramses II. und Ramses III.[1]

In spätptolemäischer Zeit kam es zur Abtragung der


alten Vorgängerbauten und zu einem kompletten
Neubau des Haupttempels, der in drei Etappen
erfolgte. Die erste Etappe begann am 16. Juli 54 v.
Chr.[1] mit der Errichtung des Kerngebäudes unter
Ptolemaios XII. Neos Dionysos. 29 v. Chr. war der
Tempel soweit fertiggestellt, dass die Priester ihre
Tempeldienste aufnehmen konnten. Tiberius begann
den Pronaos mit den berühmten Hathor-Kapitell-
Säulen, bei dem sich die Namen von Caligula,
Bauphasen des Haupttempels
Claudius und Nero finden.

Die dritte Etappe setzte unter Nero mit dem Bau der
inneren Steinumwallung ein, die vorne in einen Säulenhof und in ein Eingangstor übergehen sollte, aber
unvollendet blieb. Bei der Fundament-Legung der Mauer wurde das ptolemäische Geburtshaus
durchschnitten, das Nero durch einen prachtvollen Neubau direkt hinter dem Eingangstor ersetzte.[2] Das
römische Geburtshaus trägt die Kartuschen von Trajan und Antoninus Pius und wurde noch bis in die Zeit
von Marcus Aurelius erweitert und ausgeschmückt. In der Regierungszeit von Domitian und Trajan
entstand das Tor am nördlichen Eingang. In späterer Zeit folgten der heilige See, das Sanatorium und die
römischen Zisternen. Letztes Bauwerk war die koptische Basilika aus dem fünften Jahrhundert.[3]

Besucher- und Forschungsgeschichte


Der Tempel war bis in das 19. Jahrhundert hinein verschüttet und
konnte somit gut erhalten bleiben. Das Tempelgelände wurde nach
der Ptolemäerzeit immer wieder genutzt und besiedelt, so dass sich
östlich der Mauern ein gewaltiger Schutthügel (Kom) bildete, der
bis an das Tempeldach heranreichte und dieses als Siedlungsfläche
einbezog. Die Siedlungsschichten auf den anderen drei Seiten
waren weniger stark, jedoch war der heilige See komplett
verschüttet und überlagert und das Mammisi bis ans Dach bedeckt
und besiedelt.[4] Topografische Karte der Ruinen,
Description de l'Egypte (1817)
Die ältesten Darstellungen
des Tempels stammen vom
dänischen Offizier Frederic Louis Norden aus dem Jahr 1737, der
jedoch bei seiner Reise durch Ägypten Dendera nie zu Land
besuchte. Seine Beschreibungen der Landschaft, des Ortes und der
Ruinen stammen unter anderem von Richard Pococke und James
Bruce. Weitere historische Darstellungen finden sich in der
Description de l’Égypte (1800) und bei David Roberts (1838). Aus
den Beschreibungen von Giovanni Battista Belzoni geht hervor,
Dach des Osttors, dass die Tempelanlage 1816 immer noch von Geröll- und
David Roberts (1838) Schuttbergen bedeckt war und dass sich auf dem Dach ein
unbewohntes arabisches Dorf aus verfallenen Hütten befand, das 1826 von Edward William Lane bemerkt
wurde. 1845 veranlasste Mohammed Ali eine partielle Ausgrabung des Haupttempels, um diesen von
mittelalterlichen und neuzeitlichen Schichten zu befreien. Die Tempelfront wurde bis auf Höhe der
Hypostylschranken freigelegt und der Zugang mit einer Mauergasse befestigt. Der neue Zustand wurde
durch zahlreiche historische Fotografien dokumentiert.[5]

Eine weitere Freilegung erfolgte ab 1859 durch Auguste Mariette. Zu seinen 1869 veröffentlichten
Forschungsergebnissen zählt ein neuer topografischer Plan, der wie in der Description nicht das südliche
Gelände berücksichtigte, dafür aber Teile des östlichen Tempels zeigt. Die Abtragung des Schutthügels
wurde bis ins zwanzigste Jahrhundert durch Grabräuber fortgesetzt, die den Tempelbezirk auf der Suche
nach Antiquitäten durchwühlten. Die Inschriften der Tempelanlage wurden 1865 bis 1875 von Johannes
Dümichen, 1879 von Mariette und 1880 von Heinrich Brugsch untersucht.[6] Eine vollständige,
systematische Veröffentlichung erfolgte durch die Franzosen Émile Gaston Chassinat, François Daumas
und Sylvie Cauville. 1897 bis 1898 fanden archäologische Untersuchungen durch Flinders Petrie und
Charles Rosher statt. Petrie entdeckte als erster die Stadt Dendera samt Friedhof und begann mit
Forschungen auf dem Gräberfeld. 1915 bis 1918 erfolgten systematische Ausgrabungen des University
Museum von Philadelphia unter der Leitung von Clarence Fisher.[7]

Historische Fotografien der Tempelfront

Maxime Du Camp Francis Frith (1857) Pascal Sébah (1875) H.W. Dunning (1905)
(1850)

In den 1920ern statteten Ludwig Borchardt und Herbert Ricke einen Besuch ab. Zu dieser Zeit war der
Bodenabtrag fast vollendet. Auf der Ostseite war der Schutt bis tief in den Untergrund ausgegraben und nur
im hinteren Bereich reichten einige Schuttmassen bis ans Tempeldach heran. Eine Untersuchung und
Veröffentlichung des Mammisi erfolgte 1959 durch Daumas. Barry J. Kemp fand innerhalb des Hathor-
Bezirkes an der Ostseite des Tempels Scherben aus dem Alten Reich. Bei der Installation von elektrischem
Licht im Herbst 1978 wurden zudem intakte Schichtreste aus dem Alten Reich entdeckt.[8] Ende des
zwanzigsten Jahrhunderts wurden Inschriften des Isis-Tempels, des nördlichen Eingangs und der
Monumente außerhalb der Umfassungsmauer veröffentlicht. Außerdem wurden Architekturstudien des
Hathortempels und der Basilika durchgeführt.[6]

Tempelanlage

Überblick

Der Tempel von Dendera bietet eine große Bandbreite typischer spätägyptischer Tempelmerkmale. Die
Anlage ist, ähnlich wie bei anderen ägyptischen Tempelanlagen, zum Nil hin ausgerichtet, allerdings nicht
in Ost-West, sondern in Süd-Nord-Richtung, da der Nil an dieser Stelle eine Biegung macht. Am Nilufer
befindet sich eine Tribüne, von der eine alte Prozessionsstraße an den Tempeln des Schai und der
Thermuthis vorbeiführt. An der nördlichen Frontseite des Dendera-Tempels befinden sich mehrere Kioske
aus römischer Zeit und ein Propylontor aus der Zeit von Domitian
und Trajan, das mittig in die massive Umfassungsmauer aus
Lehmziegeln eingelassen ist. Die Umfassungsmauer ist 280 mal
280 Meter weit, zehn Meter dick und stammt entweder aus der Zeit
des Schabaka oder aus römischer Zeit.[9] Hinter dem Tor setzt sich
die Prozessionsstraße bis zum Haupttempel fort und wird von zwei
Geburtshäusern und einem Sanatorium flankiert.

Tempel der Hathor Prozessionsstraße zum Nordtor

Der Haupttempel der Hathor von


Dendera misst 35 mal 81 Meter und gilt als das letzte vollständig erhaltene
Tempelhaus in Ägypten.[9] Nur die Bemalung, die noch bis ins neunzehnte
Jahrhundert teilweise sichtbar war, ist verschwunden. Der Tempel ist ein
hervorragendes Beispiel für die spätptolemäische Tempelbaukunst
Ägyptens und besitzt große Ähnlichkeiten mit dem Edfu-Tempel.

Vorhof und großes Hypostyl

Der Vorhof ist mit einer


unvollendeten Steinmauer umgeben.
Auffälliger Unterschied zu den
anderen Tempeln aus dieser Zeit ist,
dass am Eingang Säulengang und
Grundriss des Pylonen fehlen. Der Hof endet am
Haupttempels großen Hypostyl (Pronaos), zu dem
links und rechts Seiteneingänge
Hypostylhalle
durch die Umfassungsmauer führen.

Das große Hypostyl wurde im ersten Jahrhundert von Tiberius


erbaut und besitzt eine einzigartige Fassade mit ungewöhnlichen
Proportionen und eingelassenen sistrenförmigen Säulen. Im
Gegensatz zu früheren Tempeln wurde die Fassade des Hypostyls
mit einer halbhohen Mauer und darüber stehenden Säulen
konstruiert. Der Pronaos ist mit insgesamt 24 Hathorsäulen
ausgestattet. Die vierseitigen Kapitelle sind mit dem Gesicht der
kuhohrigen Hathor verziert und wurden während der Antike
teilweise zerstört. Die Hathorsäulen sind das Wahrzeichen des Hauptachse des inneren Tempels
Tempels und wurden von frühen Christen schwer beschädigt, um
die Bildnisse der heidnischen Göttin unkenntlich zu machen. Die
Hallendecke, bei der die Farbe noch erkennbar ist, trägt eine komplexe und fein gearbeitete Himmelskarte
mit Tierkreiszeichen und Abbildungen der Himmelsgöttin Nut, die abends die Sonnenscheibe verschlingt
und am Morgen wieder zur Welt bringt.

Innerer Tempel

Hinter dem Pronaos folgt das kleine Hypostyl (Erscheinungssaal), wo bei religiösen Zeremonien und
Prozessionen die aus ihrem Sanktuar geholte Statue der Göttin vorgeführt wurde. Die Wandbilder zeigen
den König bei der Gründungszeremonie des Tempelbaus. An den Seiten befinden sich jeweils drei
Kammern, die als Vorbereitungsräume für tägliche Rituale und zur Aufbewahrung von Kultobjekten
dienten. Die Öffnung auf der Ostseite diente als Zugang für
Opfergaben, während die Öffnung auf der Westseite zu den
Brunnen führte. Ab hier beginnt der innere Tempel, der von
mehreren späten Ptolemäer-Königen erbaut wurde. Auf den
Wänden befinden sich viele unbeschriftete Kartuschen, die auf
unruhige Regierungszeiten hinweisen. Vom Erscheinungssaal führt
eine kleine Rampe zum Opfertischsaal, in dem die Opfergaben für
die Göttin abgelegt wurden. Dahinter folgt der Saal der Enneaden
(oder Saal der Götterneunheit), wo bei Prozessionen die Statuen
der Gottheiten versammelt wurden. Verschlingen und Geburt der Sonne
durch Nut an der Decke des Wabet

Sanktuar

Der zentrale Teil des inneren Tempels wird vom Barkensanktuar eingenommen, in dem eine tragbare Barke
und ein steinerner Schrein mit der Hathor-Statue standen. Die Wanddekorationen zeigen, dass bei
religiösen Festen die Barke des Horus von Edfu zu Besuch war. Der Raum enthielt die Barken des
Harsomtus und der Isis von Dendera. Das Barkensanktuar ist von einem Korridor mit elf heiligen Kapellen
umgeben, die für mit Hathor assoziierten Gottheiten vorgesehen waren. Dazu zählen mitunter das heilige
Sistrum und das menat-Halsband. Die mittlere Kapelle in der Tempelrückwand enthielt die heiligen
Kultbilder und Symbole der Göttin, von denen das heiligste oben in einer Wandnische verstaut wurde. Im
Westen des Enneadensaals führt ein Durchgang zu einem Lichthof und dem Wabet, wo die Krönungs- und
Bekleidungszeremonien für die Hathor-Statue stattfanden. Der Raum besitzt eine Zweisäulenfront und ist
durch Schrankenwände verschlossen. Die Decke ist mit der Geburt der Sonne verziert. Davor befindet sich
auf gleicher Stufe ein kleiner Innenhof, der für die Weihung des Festopfers vorgesehen war.

Innerer Tempel
Leeres Südlicher Korridor Wabet Krypten
Barkensanktuar

Massive Säulen des


Tempels

Krypten

In den Außenwänden des Tempelhauses befindet sich ein in der ägyptischen Architektur einmaliges
Kryptensystem. In den Wänden und unter den Fußböden im hinteren Teil des Tempels befinden sich
zahlreiche Krypten, die für die Aufbewahrung der Tempelschätze dienten. Der Zugang erfolgt über kleine,
durch Platten abgedeckte Einstiege im Boden oder in den Mauern. Die Krypten enthielten Kultobjekte und
Kultbilder und reichen bis in die Tempelfundamente hinab. Von Bedeutung war die Statue des ba der
Hathor, die während des ägyptischen Neujahrfestes aus dem Versteck aufs Tempeldach gebracht wurde. In
einigen Krypten wurden Mumienreste heiliger Kühe gefunden.[10]

Tempeldach

Westlich des Opfersaals führt eine gerade lange Treppe zum Tempeldach. Die Wandabbildungen zeigen
Figuren des Königs und der Priester bei der Prozession mit dem Schrein der Göttin. Auf dem Dach befindet
sich in der Südwestecke ein wohlerhaltener 12-Säulen-Kiosk. Die Statue der Göttin wurde über Nacht in
die Dachkapelle gestellt. Am nächsten Morgen sollte die Göttin die aufgehende Sonne in symbolischer
Verbindung mit der Sonnenscheibe betrachten. Die östliche Treppe diente für die Rückkehr der
Prozessionen.

Auf dem Dach des inneren Tempels stehen im Nordwesten und Nordosten dreiräumige Kultstätten, in
denen der Tod und die Auferstehung des Osiris gefeiert wurden. In den Kapellen sind die Göttin Nut und
verschiedene chthonische Gottheiten dargestellt. Die Dekorationen entstanden von 50 bis 48 v. Chr. und
wurden am 28. Dezember 47 v. Chr.[6] (26. Choiak) eingeweiht. Das Datum hatte eine besondere
astronomische Bedeutung, da an dem Tag ein zenitaler Vollmond beobachtet werden konnte, der an diesem
Ort nur alle 1480 Jahre auftritt.
Im Mittelraum der nordöstlichen
Anlage befindet sich eine Kopie des
berühmten Tierkreises. Das Original
wurde während der Ägyptischen
Expedition (1798–1801) Napoleons
mitgenommen und steht heute im
Louvre. Der Zodiak zeigt
astrologische Zeichen und Symbole
und trug dazu bei, den Tod und die
Auferstehung des Osiris an Kiosk auf dem Tempeldach
kosmische Vorgänge anzuknüpfen.
Er bezeugt ein erstaunliches
astronomisches Wissen der ägyptischen
Priester und wurde astronomischen
Prozessionsdarstellung an Untersuchungen zufolge 50 v. Chr.
der Wand der Treppe zum konzipiert.[6]
Tempeldach
Eine weitere Treppe führt vom Dach des
inneren Tempels zum Dach des Hypostyls,
auf dem an den Wänden verschiedene Götter dargestellt sind. Während der
Antike wurde das Dach von frommen Pilgern besetzt, die auf Zeichen oder
Wunder der Götter warteten und sich ihre Zeit mit in Steinblöcken Tierkreis (heute im Louvre)
gemeißelten Brettspielen vertrieben.

Außenbereich

Auf der Außenwand befindet sich genau an


der Stelle des Sanktuars ein Schrein des
„hörenden Ohrs“, in Form einer großen
Scheintür. Das heilige Gestein wurde über
Jahrhunderte von Pilgern abgekratzt, die
keinen Zugang zum Tempel hatten und die
Stelle aufsuchten, um Gebete an die Göttin
zu richten.[11] Die Rückwand des hintersten
Tempelbereichs enthält apotropäische,
löwenköpfige Wasserspeier, die zur Leitung
des Regenwassers vom Dach dienten. Die
Wand zeigt gewaltige Darstellungen von
Kleopatra VII. und ihr Sohn Löwenköpfiger
Kleopatra VII. und ihrem Sohn Cäsarion. Wasserspeier (Südwand)
Cäsarion

Mammisi

Der Tempel von Dendera besitzt gleich zwei Geburtshäuser (Mammisi). Das ptolemäische Geburtshaus
stammt aus der 30. Dynastie und wurde von Nektanebos I. erbaut. Es befindet sich westlich des
Eingangstores und war für Harsiese geweiht. Der Bau wurde unter Ptolemaios VI. durch ein Hypostyl
erweitert und in der Regierungszeit von Ptolemaios X. mit Säulenstellungen umgeben. Kaiser Augustus
stattete es mit einem neuen Sanktuar für Hathor-Isis aus. Das Geburtshaus wurde später von der römischen
Umfassungsmauer durchschnitten, was zum Bau des römischen Geburtshauses führte. Der römische Bau
wurde von Augustus direkt nach seiner Eroberung Ägyptens errichtet. Die Wandbilder zeigen Augustus
Nachfolger Trajan bei der Opferzeremonie für Hathor und gehören zu den schönsten Ägyptens.[12] Das
Geburtshaus war der Hathor und ihrem Kind Ihi geweiht. Auf dem Abakus über den Säulenkapitellen
finden sich Darstellungen von Bes als Schutzgott der Geburt.

Nebengebäude

Westlich des Sanatoriums stand die Ka-Kapelle für den Kult des
Mentuhotep II., die wahrscheinlich ein Nebengebäude des
Haupttempels aus dem Mittleren Reich war. Die Kapelle wurde
inzwischen entfernt und befindet sich nun im Atrium des
Ägyptischen Museums in Kairo. Weiterhin gibt es eine Thot-
Kapelle, die von einem Schreiber in der Zeit von Ptolemaios I.
errichtet wurde und eine Barkenkapelle, die von 122 bis 116 v. Chr.
unter Ptolemaios VIII. entstand.

Eines der größeren Nebengebäude ist der Geburtstempel der Isis


(Iseum) auf der Südseite des Haupttempels, mit einem
ungewöhnlichen Grundriss. Während das Hauptgebäude und das
Hypostyl nach Osten ausgerichtet sind, ist das Sanktuar um neunzig
Plan mit Haupttempel und
Grad nach Norden zum Haupttempel gedreht. Die Rückwand des
Nebenbauten
Sanktuars enthielt eine heute zerstörte Osirisstatue, die auf die Arme
der Isis und Nephthys gestützt war.

Die Umfassungsmauer stammt aus der Zeit von Nektanebos I., Ptolemaios VI. und Ptolemaios X. und
enthält wiederverwendete Blöcke von Amenemhet I. und Ramses II. Im Portal findet sich der Name von
Augustus.

In der südwestlichen Ecke des Tempelgeländes liegt der heilige See, der Wasser für die Waschungen der
Priester enthielt. Der See ist 25 mal 31 Meter groß und besitzt ein in Stein gefasstes Ritualbecken, zu dem
an jeder Ecke des Sees Treppen hinunterführen und das zu den am besten erhaltenen zählt. Zwischen den
Geburtshäusern befinden sich die Überreste eines in ägyptischen Tempeln einzigartigen Sanatoriums, das
aus Lehmziegeln gebaut wurde. Besucher konnten in den heiligen Wassern baden oder in dem Gebäude
nächtigen, um einen Heiltraum der Göttin zu empfangen. Dazu kommen römische Zisternen und die
Überreste einer christlichen Basilika aus dem fünften Jahrhundert. 400 Meter östlich des Tempelbezirks
befindet sich ein 135 mal 135 Meter großes unerforschtes Heiligtum des Ihi, der als Sohn der Hathor und
des Horus galt, dazwischen befand sich die Stadt Tentyris.

Nebengebäude des Dendera-Tempels


Geburtshäuser und Geburtstempel der Römisches Mammisi Heiliger See
koptische Basilika Isis

Hathorsäulen

Die Hathorsäule ist als Säulentyp charakteristisch für den Tempel von
Dendera und kommt dort mehrfach vor. Am auffälligsten ist sie in der
Nordfassade des Haupttempels, die aus 24 Säulen in vier Reihen gebildet
wird. Die Säulen bestehen aus Sandstein, haben einen Durchmesser von
220 cm und wurden in der Regierungszeit von Kaiser Tiberius errichtet.
Die ersten sechs Säulen in der Frontreihe sind durch eine Schrankenwand
verbunden, die bis auf halbe Höhe des großen Hypostyls reicht. Dahinter
stehen weitere drei Reihen mit je sechs Säulen, von denen jede ein
vierseitiges Hathor-Kapitell mit einer darübergesetzten Naos-Form enthält.

Die zweite Hypostylhalle hat sechs kleinere Säulen mit einem


Schaftdurchmesser von 160 cm und Kompositkapitellen. Die Säulenbasis
und die zwei unteren Säulentrommeln bestehen aus Granit, der Rest des Hathorsäule
Schafts und das Hathor-Kapitell aus Sandstein. Alle anderen Säulen des
Tempels bestehen durchgehend aus Sandstein. Weitere Hathor-Kapitelle
finden sich in der Wabet-Kapelle westlich des Barkensanktuars und auf dem Dachkiosk. Einige Hathor-
Kapitelle der Dachkapelle tragen noch das vollständige Gesicht der Göttin, während die meisten anderen
im Tempel von frühen Christen zerstört wurden.[13]

Kulte
Aus Darstellungen und Inschriften geht hervor, dass im Tempel 162 verschiedene Kultbilder verehrt
wurden, von denen 1918 einige am heiligen See wiedergefunden wurden. Die Figuren hatten eine Höhe
von 22,5 bis 210 Zentimetern.[14] Eines der wichtigsten Feste im Tempel war das ägyptische Neujahrsfest,
bei dem Priester über die westliche Treppe mit der Hathorstatue aufs Dach zogen, ausgerüstet mit
Standarten, Kultsymbolen, Götterfiguren und geheimnisvollen Gerätschaften.[10] Am Neumondstag des
Monats Epiphi fand die Reise der Göttin nach Edfu zur Vereinigung mit dem Horus von Edfu statt. Neun
Monate nach der Vermählung zwischen Hathor von Dendera und Horus von Edfu wurde im Mammisi die
göttliche Geburt gefeiert. Die Barkenkapelle neben dem heiligen See war Schauplatz für das Schiffsfest,
bei dem die Rückkehr der Hathor aus Nubien gefeiert wurde. In den Osiriskapellen auf dem Dach des
Haupttempels fanden im Monat Choiak die Osiris-Mysterien statt, bei denen die Wiederauferstehung des
Osiris im Mittelpunkt stand.[14]

Mythologie
Die Hauptgötter des Dendera-Tempels lassen sich in zwei Triaden zusammenfassen, von denen eine aus
Hathor-Horus-Harsomtus und die andere aus Isis-Osiris-Harsiesis besteht. Aus den Inschriften geht hervor,
dass insgesamt vier verschiedene Formen der Hathor und drei des Harsomtus verehrt wurden. Bastet,
Sachmet, Mut und Tefnut bilden eine weitere Göttergruppe und verinnerlichen Aspekte der Hathor als
Rache- und Schutzgöttin. Bei den restlichen Gottheiten handelt es sich um die Deltagottheiten (Wadjet,
Hathor Nebethetepet, Iousaas) sowie um Gottheiten aus Memphis und Heliopolis. Re-Harachte gilt als
Vater der Hathor. Der Legende nach soll er Dendera als Ersatz für Heliopolis erschaffen haben, dessen
Name Iwnet die weibliche Form von Heliopolis (Iwnw) darstellt.[14]

Siehe auch
Glühbirnen von Dendera
Liste der ägyptischen Tempel

Literatur
Dieter Arnold: Die Tempel Ägyptens. Artemis & Winkler, Zürich 1992, ISBN 3-7608-1073-X,
S. 164–168.
Dieter Arnold: Lexikon der ägyptischen Baukunst. Albatros, Düsseldorf 2000, ISBN 3-491-
96001-0, S. 64–66.
Hans Bonnet: Dendera. In: Lexikon der ägyptischen Religionsgeschichte. Nikol, Hamburg
2000, ISBN 3-937872-08-6, S. 155–156.
Cordula Brand: Archäologische Spuren im Umfeld des Hathor-Tempels von Dendera. In:
Gabriele Höber-Kamel (Hrsg.): Kemet Heft 2/2009. Kemet Verlag, 2009,
ISSN 0943-5972 (https://zdb-katalog.de/list.xhtml?t=iss%3D%220943-5972%22&key=cql),
S. 62–65.
Emma Brunner-Traut: Ägypten - Kunst- und Reiseführer mit Landeskunde. 4. Auflage.
Kohlhammer, Stuttgart u. a. 1982, ISBN 3-17-007350-8, S. 579–589.
Sylvie Cauville: Le temple de Dendera - Guide archéologique. Institut français d’archéologie
orientale le Caire, Caire 1990, ISBN 2-7247-0095-3.
Sylvie Cauville: Dendera. In: Kathryn A. Bard (Hrsg.): Encyclopedia of the Archaeology of
Ancient Egypt. Routledge, London 1999, ISBN 0-415-18589-0, S. 252–254.
Richard H. Wilkinson: Die Welt der Tempel im Alten Ägypten. Wissenschaftliche
Buchgesellschaft, Darmstadt 2005, ISBN 3-534-18652-4, S. 149–151.
Pierre Zignani: Enseignment d’un temple égyptien. Presses polytechniques et universitaires
romandes, Lausanne 2008, ISBN 978-2-88074-713-8.

Weblinks
Commons: Tempelanlage von Dendera (https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Dendera
_Temple_complex?uselang=de) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Der Hathortempel von Dendera. (http://www.meritneith.de/dendera.htm) www.meritneith.de,
7. November 2003, abgerufen am 25. Dezember 2011.
Iufaa (http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=viewprofile&userna
me=Iufaa): Dendera (Hathor-Tempel). (http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/Ya
BB.pl?action=lexikond&id=050423214644) www.aegyptologie.com, 25. April 2005,
abgerufen am 25. Dezember 2011.
Dendera. (http://www.mein-altaegypten.de/internet/Alt_Aegypten_2/tempel_images/frames/d
endera_tempel.html) Gottestempel, geweiht der Göttin Hathor. www.mein-altaegypten.de,
30. November 2011, abgerufen am 25. Dezember 2011.
Mark Andrews: Dendera and the Temple of Hathor. (http://www.touregypt.net/featurestories/d
endera.htm) Abgerufen am 14. April 2011 (englisch).
Etienne Marc: The Zodiak of Dendera. (http://www.louvre.fr/en/oeuvre-notices/zodiac-dender
a) Louvre, abgerufen am 10. Dezember 2014 (englisch).

Einzelnachweise
1. S. Cauville: Dendera. In: Encyclopedia of the Archaeology of Ancient Egypt. London 1999,
S. 252.
2. D. Arnold: Die Tempel Ägyptens. Zürich 1992, S. 165.
3. S. Cauville: Dendera. In: Encyclopedia of the Archaeology of Ancient Egypt. London 1999,
S. 252–253.
4. C. Brand: Archäologische Spuren im Umfeld des Hathor-Tempels von Dendera. In: Kemet.
Heft 2/ 2009, 2009, S. 62.
5. C. Brand: Archäologische Spuren im Umfeld des Hathor-Tempels von Dendera. In: Kemet.
Heft 2/ 2009, 2009, S. 62–63.
6. S. Cauville: Dendera. In: Encyclopedia of the Archaeology of Ancient Egypt. London 1999,
S. 253.
7. C. Brand: Archäologische Spuren im Umfeld des Hathor-Tempels von Dendera. In: Kemet.
Heft 2/ 2009, S. 64.
8. C. Brand: Archäologische Spuren im Umfeld des Hathor-Tempels von Dendera. In: Kemet.
Heft 2/ 2009, S. 65.
9. D. Arnold: Lexikon der ägyptischen Baukunst. Düsseldorf 2000, S. 64.
10. D. Arnold: Die Tempel Ägyptens. Zürich 1992, S. 166.
11. Richard H. Wilkinson: Die Welt der Tempel im Alten Ägypten. Darmstadt 2005, S. 150.
12. Richard H. Wilkinson: Die Welt der Tempel im Alten Ägypten. Darmstadt 2005, S. 151.
13. J. Peter Phillips: The Columns of Egypt. Peartree Publishing, Manchester 2002, ISBN 0-
9543497-0-9, S. 174–176.
14. S. Cauville: Dendera. In: Encyclopedia of the Archaeology of Ancient Egypt. London 1999,
S. 254.

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Diese Seite wurde zuletzt am 5. Juni 2022 um 17:37 Uhr bearbeitet.

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