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Band 71.] HERBERT RICKE : Der „Hohe Sand in Heliopolis".

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Der „Hohe Sand in Heliopolis".


Von HERBERT RICKE.

Petrie hat bei seiner Untersuchung der Umfassungsmauern des Tempelbezirks von
Heliopolis auch die Lage einer ringförmigen Wallanlage innerhalb dieses Bezirks fest-
gestellt, die er in den seinem Grabungsbericht beigegebenen Lageplan eingezeichnet hat 1
und die in den Plan von Heliopolis zum nachfolgenden Aufsatz (Abb. 4) übertragen
ist. Petrie hat den Ringwall als „Hyksosfestung" gedeutet, diese Auslegung halte ich
aber für unmöglich und schlage in folgendem eine andere vor, die mehr als Einwand gegen
die Deutung Petries anzusehen ist und nicht als endgültige Beantwortung aller sich daraus
ergebenden Fragen.
Der von Petrie an allen Seiten festgestellte Ringwall bildet ungefähr ein Quadrat
mit stark abgerundeten Ecken und einem äußeren Durchmesser von etwa 440 m. Dieses
Quadrat ist genau so orientiert wie das große, von Ziegelmauern umgrenzte Rechteck
des Tempelbezirks, über dessen ganze Breite es hinwegreicht. Im Norden und Süden
führen die Ziegelmauern auf den Resten der Ringwallanlage entlang. Der Ringwall besteht
aus einem älteren, etwa 15 m dicken Kernwall, der aus Nilschlamm und Sand aufgeschüttet
zu sein scheint, und einer Ubermauerung -— Erhöhung und Verstärkung — aus un-
gebrannten Ziegeln, die nach den Ermittlungen Petries die Dicke des Walles auf rund
40 m verbreitert hat 2 . Die Innenseite des erhöhten Ringwalles ist steil geböscht, äußerer
Umriß des Querschnitts und ursprüngliche Höhe des Walles konnten nicht festgestellt
werden.
Petrie hat nach einem Eingang des Ringwalls gesucht und zwar nur auf der Ver-
bindungslinie zwischen dem Osttor in der (nach Petrie) ramessidischen Umfassungsmauer
und dem stehenden Obelisken Sesostris' I. Auf dieser Linie oder wenig neben ihr nimmt
Petrie nämlich eine alte Straße an, auf die man bei der Anlage eines Tores im Ringwall —
den Petrie ja später ansetzt als den Obelisken — nach seiner Meinung hätte Rücksicht
nehmen müssen, wie das bei der Errichtimg der ramessidischen Umfassungsmauer ge-
schehen sei. Daß man hier keine von Osten kommende alte Straße auf Grund des Stand-
ortes des Obelisken annehmen kann, ist im nachfolgenden Aufsatz aus der Richtung
der Inschriften auf dem Obelisken festgestellt. Man kann nach einem Eingang im Ring-
wall auch auf allen anderen Seiten mit gleichem Recht suchen, etwa auf der dem damals
entfernt vorübergeflossenen bubastidischen Nilarm zugekehrten Westseite. Petrie hat
kein Tor gefunden und wahrscheinlich war auch wirklich keins vorhanden. Davon ist
weiter unten zu reden3.
Um zu einer zeitlichen Ansetzung des Ringwalls zu kommen, für die einfache Anhalte
fehlen, geht Petrie von zwei Punkten aus:

1) P E T R I E U. a., Heliopolis, Kafr Ammar and Shurafa. Brit. Sch. of Arch, in Eg., Bd. 2 4 , Lon-
don 1915, 3f., Taf. 1. — 2 ) Schnitt durch den Ringwall bei PETRIE, Hei. Taf. 2 . — 3 ) Schiaparelli hat
während seiner Grabungen 1903-^-1906 den Ringwall ebenfalls untersucht und hat als Ergebnis im Tu-
riner Museum ein Modell aufgestellt, das R. W E I L L , Sphinx 15 (1911) 9f. genau beschreibt. Die von
Schiaparelli rekonstruierten fünf ringförmigen Paralleltunnel mit Entlastungskammern, Verbindungstüren
in regelmäßigen Abständen usw. können nur als Phantasie angesehen werden und nicht als „un modèle
exact de l'édifice", wie R. Weill meint. - - -•
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108 HERBERT RICKE: Der „Hohe Sand in Heliopolis". [71. Band.

Die doppelten Umfassungsmauern des rechteckigen Tempelbezirks führen teilweise


über den Ringwall hinweg, dieser muß also älter sein als jene. Unter der äußeren Mauer
hat Petrie Scherben aus der 18. oder 19. Dynastie gefunden, sie kann also nicht früher als
19. oder 20. Dynastie errichtet sein; Petrie schreibt sie Ramses III. zu. Die innere Mauer
bestand einst für sich, wie äußere Verstärkungspfeiler an der Nordwest-Ecke des Tempel-
bezirks zeigen1. Sie kann nicht wesentlich früher sein als die äußere Mauer, da sie nur
wenig tiefer steht als diese; Petrie schreibt sie Ramses II. zu2. Das obere Datum für die
Entstehung des Ringwalls muß daher längere Zeit vor der 19. Dynastie liegen.
Das untere Datum ergibt sich für Petrie aus dem Bericht R. Weills über die Auf-
findung von Bruchstücken eines Kalksteingebäudes des Djeser, die in einer Entlastungs-
kammer des in Anmerkung 3, S. 107 erwähnten fünffachen Ringtunnels gefunden sein sollen.
Petrie schließt daraus, daß der Ringwall jünger ist als die Zerstörung des Heiligtums der
3. Dynastie. Da es nach den Petrieschen Untersuchungen weder Ringtunnel noch Ent-
lastungskammern gegeben hat, sind Weills Angaben über die Fundstelle der Bruchstücke
nicht zu benutzen3. Aber Petrie hat selbst ein Reliefbruchstück aus dem AR. (wahr-
scheinlich 6. Dyn.) in der Übermauerung des Kern walls gefunden, dessen Fundlage zeigt,
daß die Ubermauerung aus Ziegeln jünger ist als die Zerstörung des AR.-Heiligtums, zu
dem das Reliefbruchstück gehört, daß der Kernwall aber älter ist als diese Zerstörung
und zwar ganz unbestimmt, wieviel älter.
Da für Petrie das MR. als Entstehungszeit des Ringwalls ausfällt, weil der Wall
auf die von ihm angenommene, mit dem Obelisken irgendwie in Zusammenhang stehende
Ost-West-Straße keine Rücksicht nimmt, so blieb für ihn die Zeit von der 7.—10. Dynastie
und die Hyksoszeit. Petrie entscheidet sich für die letztere : weil er die gleichartige Ring-
wallanlage in Tell-el-Jehudieh für eine Hyksosfestung hält4, sieht er den Ringwall in
Heliopolis ebenfalls für eine Hyksosfestung an. Diese Deutung und auch die zeitliche An-
setzung der beiden Ringwälle sind ganz unhaltbar.
Die Einzelheiten der Untersuchungen in Tell-el-Jehudieh mag man in Petries Ver-
öffentlichung nachlesen. Als Ergebnis hat Petrie ein Modell anfertigen lassen®, aus dem
zu ersehen ist, daß es sich in Tell-el-Jehudieh um eine nach äußerer Form und Abmessung
gleiche Anlage wie in Heliopolis handelt. Petrie hat, was in Heliopolis nicht möglich war,
hier auch den Zugang gefunden: eine Rampe, die in der Mitte der Ostseite von außen auf

1) PETRIE, Hei. Taf. 2. •— 2) Gegen diese zeitliche Ansetzung der Umfassungsmauern des Tempel-
bezirks scheint der Aufsatz Daressys zu sprechen, in dem er die von Barsanti ausgegrabenen Priester-
gräber des AR. in Heliopolis veröffentlicht (Annales 16 (1916) 193ff. und 213ff.). Die Gräber liegen außer-
halb der Ostumfassungemauer, nicht weit von der S-O-Ecke des Tempelbezirks, zwei von ihnen seien
„accolés à la muraille". Die Umfassungsmauer ist an dieser Stelle kaum erhalten, sie gleicht nach Bar-
santis Bericht einem Graben, weil die Ziegel von den Anwohnern weggeschleppt sind. Doch ist ihre
Außenflucht zu erkennen, denn es sind noch „quelques pans de la paroi exterieure" erhalten. Danach
wäre also die äußere Umfassungsmauer älter als die an sie angebauten Priestergräber des AR. ! Das ist
aber ganz ausgeschlossen, denn sonst könnte sie nicht über Tonscherben der 18.—19. Dyn. hinweg
führen, wie Petrie beobachtet hat. Außerdem sind Tempelumfassungsmauern von so gewaltiger Stärke
bis jetzt nur aus viel späterer Zeit bekannt. Die Mauern von Schunet-el-Sebib und Hiut-Amm-Sefian
enthielten keine Tempel; die große Mauer von el-Kâb, gewöhnlich ins MR. gesetzt, schreibt Somers
Clarke auf Grund technischer Betrachtungen der 26. Dyn. zu (Journal 7 (1921) 65). Die viele Meter
dicken Festungsmauern um Tempelbezirke kommen anscheinend erst in der 19. Dyn. auf. — 3) Bor-
chardt hat sich im Turiner Museum notiert (Sommer 1934): „— Alabasterbruchstücke von Vasen, sollen
gefunden sein ,in una di queste cripte' des Modells. Darunter sind ptolemäische und NR.-Sachen".
Daraus müßte man — wenn man Petries Ideengang folgen könnte — ebenso schließen, daß der Ring-
wall jünger ist als die ptolemäischen Sachen ? — 4) PETRIE, Hyksos and Israelite Cities. Brit. Sch. of
Arch, in Eg., Bd. 12, London 1906, S. 9. — 5) PETRIE, Hyksos, Taf. 4.

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Band 71.] HERBERT RICKE: Der „Hohe Sand in Heliopolis". 109

die Wallkrone führt. Den Wallquerschnitt konnte er ebenfalls ermitteln: außen ist der
Wall geböscht, der Böschungswinkel (der Winkel gegen den Baugrund) schwankt zwischen
27° und 55° und ist im Mittel 41°. Innen fällt der Wall senkrecht ab, nach Angabe Petries
ursprünglich etwa 16,50 m. Auf der Wallkrone — danach hat Petrie besonders gesucht —
befand sich keinerlei Mauerrest.
Und diese Anlage soll eine Festung gewesen sein! Der anstürmende Feind kann
über die Rampe und auf allen Seiten fast mühelos über die rauh geputzte Böschung auf
die Wallkrone gelangen, während die Belagerten aus dem befestigten Bezirk nur mit
irgendwelchen Hilfsmitteln die senkrechte, über 16 m hohe Innenseite des Walls erklim-
men konnten, um auf die ungeschützte Wallkrone zu gelangen. Um das glaubhaft zu
machen, muß Petrie die Hyksos im Kriegführen so gänzlich unerfahren machen, wie
es für ein Volk, das Ägypten überwunden hat, ganz unmöglich angenommen werden
kann. Auch mit den besten Bogenschützen ist ein solcher Ringwall nicht zu vertei-
digen, er kann also auch keine Festung gewesen sein, ebensowenig wie der Ringwall in
Heliopolis.
Die zeitliche Ansetzung des Ringwalls in Tell-el-Jehudieh in die Hyksoszeit ist
durch nichts bewiesen. Die Auffindung einiger Hyksosgräber innerhalb der Wallanlagen
zeigt höchstens, daß diese Anlagen teilweise zerfallen waren, als die Gräber angelegt
wurden. Petrie hat selbst eine Reihe von Gefäßen und Bruchstücken aus der 12. Dynastie
und noch früherer Zeit gefunden, als Uberrest eines MR.-Tempels eine von Merenptah
wiederbenutzte Säule1 ; Schott hat (wie er mir freundlicherweise mitteilte) dort Scherben
von AR.-Gefäßen aufgelesen. Damit wird die zeitliche Ansetzung auch für Heliopolis
hinfällig.
Der Umstand, daß zwar eine Rampe von außen auf den Ringwall in Tell-el-Jehudieh
führte, aber keine Rampe hinunter in das umschlossene Gelände, und der Umstand, daß
die geböschte Außenseite des Walles weiß verputzt war, die senkrechte abfallende Innen-
seite aber nicht, sind Hinweise auf die ursprüngliche Gestalt der Anlage: das vom Wall
eingeschlossene Gebiet muß aufgefüllt gewesen sein, das Ganze war also ein künstlicher
Hügel. I n Heliopolis, dessen Ringwall nur wenig untersucht und sehr schlecht erhalten ist,
muß man auf Grund der Ähnlichkeit mit der Anlage in Tell-el-Jehudieh in äußerem Um-
riß und Abmessungen zum gleichen Ergebnis kommen.
Auch an anderen Stellen in Ägypten gab es solche Hügel, und die Ruinen von
Hierakonpolis lehren, zu welchem Zweck sie aufgeschüttet worden sind. I n Hierakon-
polis liegt unter dem rechteckigen Tempelbezirk eine ältere, kreisförmige Anlage2, genau
wie in Heliopolis. Zwar ist sie wesentlich kleiner als die entsprechenden Anlagen in Tell-
el-Jehudieh und Heliopolis, hat aber mit diesen wesentliche Ähnlichkeit. Auf den Wüsten-
boden ist hier ein künstlicher Hügel aus reinem Sand aufgeschüttet, dessen Böschung
ringsum durch unbearbeitete, etwa gleichgroße Steine befestigt ist 3 . Der Böschungswinkel
beträgt rund 45°, ist also wesentlich größer als der natürliche Böschungswinkel des
Sandes. Die Bekleidung ist heute an drei Seiten noch etwa 2,50 m hoch erhalten, war
aber ursprünglich höher. Sie ist beim Einebnen des Geländes für den Bau späterer Ziegel-
tempel teilweise abgetragen. Die Ausgräber setzen die Entstehung des künstlichen Hügels
in Hierakonpolis auf Grund sorgfältiger Beobachtungen in die 1. Dynastie und deuten
ihn als Unterbau eines sehr alten Heiligtums. Und als Überreste von künstlichen Hügeln
als Unterbauten für ältere Heiligtümer müssen auch die Ringwälle in Tell-el-Jehudieh
und Heliopolis angesehen werden.

1) PETRIE, Hyksos; Gefäße usw. Taf. 1 ; die MR.-Säule erklärt P . für verschleppt. — 2 ) QUIBELL
and GREEN, Hierakonpolis. Eg. Res. Account, Bd. 4 und 5, London 1900 und 1902. Grundrißpläne mit
Längsschnitten Taf. 72—73A. — 3) Hierak. Taf. 65.

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110 HEBBERT RICKE: Der „Hohe Sand in Heliopolis". [71. Band.

Die künstlichen Hügel mögen angelegt sein, um die darauf zu errichtenden Heilig-
tümer in der Ebene weithin sichtbar zu machen, und sie dürften aus Sand aufgeschüttet
sein, um die Reinheit der Kultstätten zu symbolisieren. Vielleicht ist die Anordnung von
Heiligtümern auf künstlichen Hügeln die älteste oder doch eine uralte Form ägyptischer
Kultstätten 1 . Es ist eine Verkennung der Entstehungsursachen ägyptischer Köms, wenn
Diodor meint, daß alle ägyptischen Ansiedlungen auf künstlich aufgeschütteten Hügeln
angelegt seien, um sie vor der Überschwemmung zu schützen 2 . Daß Heliopolis, Tell-el-
Jehudieh und Hierakonpolis, die heute alle drei von angeschwemmtem Fruchtland um-
geben sind, schon in der Zeit ihrer Entstehung vom Uberschwemmungswasser erreicht
werden konnten, ist ungewiß. Jedoch ist die natürliche Anhöhe, auf der Koptos liegt,
schon in vorgeschichtlicher Zeit wohl gerade deshalb besiedelt, weil hier die Möglichkeit
bestand, höher als das zeitweilig überschwemmte Fruchtland zu wohnen und ein Heilig-
tum anzulegen 3 . Da, wo keine natürlichen Anhöhen vorhanden waren, mag man ur-
sprünglich künstliche aus diesem rein praktischen Grunde angelegt haben. Der künst-
liche Hügel wird daraus zur Norm, so daß in Hierakonpolis der künstliche Hügel auf der
natürlichen Anhöhe aufgeschüttet wird.
Die religiöse Lehre von Heliopolis zeugt davon, daß das älteste heliopolitanische
Heiligtum auf einem Hügel lag : „Atum-Cheprr, du bist hoch geworden auf (m) dem Hügel
und du bist erschienen als Phönix des Ben-Steines im Phönixhaus in Heliopolis" 4 . Dieses
Bild ist sicherlich von der ältesten Kultstätte in Heliopolis genommen, die also aus einem
Hügel bestand, auf dem nicht ein Tempel, sondern unter freiem Himmel der obeliskenförmige
Benben-Stein errichtet war5. Von dem Hügel sind als letzter Rest Teile des Ringwalls er-
halten, der den aufgeschütteten Sand einschloß. Der Name des Sandhügels in Heliopolis ist
uns auf der Pianchi-Stele erhalten: der König opfert im Freien auf dem „Hohen Sand in
Heliopolis" 6 . Der Sandhügel hat zur Zeit Pianchis nicht mehr bestanden, sein Name ist —
geradeso wie in dieser Zeit die Bezeichnung „Benben-Stein" in der Form „Benben-Haus"
auf das Allerheiligste des Re(-Harachte)-Tempels übertragen ist 7 — auf den rechteckigen
Tempelbezirk übergegangen, der die uralte heilige Stätte vollständig einschloß (wie in
Hierakonpolis auch) und genau so orientiert ist wie diese, an deren Stelle die späteren
Tempel errichtet sind.
Es ist schon öfter ausgesprochen, daß die Sonnenheiligtümer des Alten Reichs Ab-
bilder des ältesten Heiligtums in Heliopolis sein müssen. Man könnte jetzt versucht sein,

1) Der Ausdruck „Gott Ν auf seinem Sande" (Amduat; Miss, franç. 2, Hyp. roy. Bd. 1,4. Abt. 32; kl.
Amduat, JÉQUIER, Hadès, 108) mag eine poetische Redewendung sein, die auf diese uralte Form der ägyp-
tischen Kultstätte zurückgeht und besagen will: „Gott Ν in seinem Heiligtum (das auf einem Sandhaufen
steht)", wie eine beigefügte Zeichnung (Miss, fr., a. a. 0.) auch andeutet: es ist ein von einem Ringwall um-
gebener Sandhügel gezeichnet, auf dem der Gott sitzt. — Das „Aufschütten des Sandes" bei der Gründung
eines Tempels, und das Fest hnp s' (GRIFFITH, Hier. Pap. Mid. Kingd. Taf. 25 und Berlin P. 10001B, RS,
P. 10018, P. 10079Β und NAVILLE, Totenb. Kap. 28) oder sä-1 s' (Beni Hassan I, Taf. 25, 94 u. 24, 3) könnten
vielleicht in den gleichen Zusammenhang gehören. — 2) DIODÖR I, 57. STRABO 17, 27 meint, daß Stadt
und Sonnentempel von Heliop. auf einem aufgeschütteten Hügel lägen. — 3) Auf einer Stele römischer
Zeit, die in Koptos gefunden ist (PETRIE, Koptos, Taf. 22) hat Min den Beinamen „der im Hause des
Sandes". Der Name des Heiligtums mag eine Erinnerung daran sein, daß ursprünglich auch in Koptos
das älteste Heiligtum auf einem Sandhügel gelegen hat (der wie in Hierakonpolis auf der natürlichen An-
höhe aufgeschüttet war). Im 3. Koptosdekret des Neferkare (Urk. I, 292) ist der Hügel von Koptos mit
einem ringwallartigen Oval determiniert. Und im Stadtnamen Ht s' (DARESSY, Annales 16 (1916), 226
— Stadt Ht Γ mit dem Heiligtum Pr Min nb s'j — ROCHEMONTEIX-CHASSINAT, Edfu I, 407 und GAR-
DINER, Journal 5 (1918), 134f.) mag ebenfalls die Erinnerung an ein Heiligtum auf Sandhügel bewahrt
sein. — 4) Pyr. 1652. — 5) ERMAN, Relig. d. Ägypter (1934), 27. — 6) Urk. III, 38. — 7)- s. im nach-
folgenden Aufsatz S. 132.

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Band 71.] HERBERT RICKE: Eine Inveùtartafel aus Heliopolis im Turiner Museum. Ill

den Werksteinsockel des Obelisken im Sonne nheiligtum von Abu Gurab als den in Stein
übertragenen und stilisierten künstlichen Hügel, den „Hohen Sand in Heliopolis", an-
zusehen, den darauf stehenden eigentlichen Obelisken als Nachbildung des „Benben-
Steines", dessen Gestalt wir aus dem Deutzeichen in den Pyramidentexten kennen und
der ein Obelisk von gedrungener Form gewesen sein muß1. Wir müßten die Form der
übrigen Sonnenheiligtümer des AR. kennen, um diese Vermutungen mit mehr Nachdruck
aussprechen zu dürfen2.

Eine Inventartafel aus Heliopolis im Turiner Museum.


V o n H E R B E R T RICKE.

Hierzu Taf. II und III.

In der ägyptischen Abteilung des Museums der Altertümer in Turin befinden sich
mehrere Bruchstücke einer Tafel aus grünlich grauem, metamorphischem Schiefer (Turin
2682) ; sie stammen aus dem Tempelbezirk von Heliopolis und sind von Schiaparelli ge-
funden, der dort in den Jahren 1903—06 ausgegraben hat. Aufzeichnungen über die Fund-
umstände oder andere Notizen waren zur Zeit nicht aufzufinden. Farina sandte auf eine
Bitte Borchardts Aufnahmen der Bruchstücke, die hier mit Einverständnis Farinas ver-
öffentlicht werden. Ich danke ihm an dieser Stelle für diese Erlaubnis, ihm und seinem
Assistenten danke ich fernerhin Neuaufnahmen der Fundstücke. Im Sommer 1934 hat
Borchardt die einzelnen Stücke zur Nachprüfung gemessen und die Inschriften ab-
geschrieben; ihm verdanke ich außerdem zahlreiche Hinweise und die Skizze zu Abb. 2.
Anthes habe ich für verschiedene Hinweise und Auskünfte zu danken, Schott und Ruben-
sohn, dem Berliner Wörterbuch und Heidelberger Namenwörterbuch für bereitwillige
Beantwortung von Anfragen.
1.
Alle hier zu besprechenden Bruchstücke stammen von einer einzigen Tafel aus griin-
lich-grauem, metamorphischem Schiefer. Sie lassen sich auf Grund der Inschriften und
Zeichnungen, die in Vorder- und Rückseite der Bruchstücke eingeritzt sind, zeichnerisch
zu einer Tafel zusammensetzen ; dabei bleibt nur für die beiden kleineren Stücke die Ein-

® o
1) Pyr. 1652. — 2) Das Sonnenheiligtum des Userkaf heißt f~\ (MARIETTE, Mast. 51) und O © ^

(Äg. Insehr. Berlin 1, 44) oder © £ (Äg. Inschr. Berlin 1, 45). Sollte das Zeichen © hier nicht auch als
„Sandhügel" oder „Hoher Sand" zu lesen sein, so daß der Name dieser Kultstätte „Hoher Sand des
Re" wäre? Vielleicht hat das Wort sp, das wir „Mal" übersetzen, ursprünglich auch die Bedeutung
„Haufen", etwa in dem Ausdruck ^ ^ : ® ^ ^ ^ g ^ 11111 „hinlegen (je) 20 auf 5 Haufen" oder in

Namen von Göttern <—> n ffi „der auf seinem Sandhaufen" (?, s. S. 110, Anm. 1). Das Zei-
w DO ill
chen © im Namen der Stadt Hierakonpolis haben die Ausgräber als Abbild des von ihnen gefundenen
Sandhügels, des Unterbaus vom ältesten Heiligtum, angesehen (Hierak. II, 3).

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