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Autor: Miha Pavlovič

Datum: 30.10.2015

Heinrich von Kleist: Das Bettelweib von Locarno Hausaufgabe

7. Wer, glauben Sie, ist der/die Schuldige?


Diese Frage sieht am ersten Blick ganz einfach zu beantworten aus, ist es aber leider nicht. Es
gibt hier (wie man schon an der Frage erkennt) zwei mögliche Schuldige: den Marchesen und
Marquise. Am einfachsten wäre es den Marchesen zu beschuldigen, denn er ist ja derjenige,
der das Bettelweib hat aufstehen lassen und so ihren Tod verursachte.
Aber es ist nicht so einfach. Wieso war das Bettelweib denn überhaupt in diesem Zimmer?
Die Marquise hat sie dahin geschickt. Sie kannte ihren Mann und weiß, dass er so mürrisch
war. Sie hat gewusst, dass er immer da sein Gewehr ablegt und nicht glücklich darüber sein
wird, dass das Bettelweib da im Zimmer liegt. Genauso liegt das Zimmer sehr hoch im
Schloss und sie wusste, dass das Bettelweib kränklich ist und nur schwer gehen kann. Die
Marquise hat die ganze Situation arrangiert. Hätte sie das Bettelweib nicht in sein Zimmer
geschickt, so hätte der Marchese dem Bettelweib nie befohlen aufzustehen und
infolgedessen zu sterben.
Der Marchese ist schon an ihrem Tod schuld, aber die echte Schuldige ist die Marquise.

8. Wie würden Sie diese Geschichte interpretieren? Lesen Sie den Text als eine moralische
Parabel (der Marchese begeht ein Verbrechen und wird dafür bestraft) oder finden Sie
darin andere Perspektiven und Erklärungsmöglichkeiten? Wie würden Sie das Thema
definieren?

Um die Geschichte interpretieren zu können, müssen zuerst die Rollen die die Figuren
spielen bzw. was sie repräsentieren, geklärt werden. Der Marchese und die Marquise
repräsentieren den Adel, das Bettelweib repräsentiert das gemeine Volk (Stroh -> Bauer?)
und die potenziellen Käufer des Schlosses repräsentieren die, die auch adlig sind, haben aber
in der Region keine macht. Die Theorie, dass der Marchese ein Verbrechen beging und dann
dafür bestraft wird finde ich sehr passend.
In einem Teil Italiens gibt es also ein Schloss in dem ein Adliger mit seiner Frau und dienern
lebt. Um sie herum lebt das gemeine Volk. Tag für Tag verlangt der Marchese unmögliches
von dem Volk. Sie müssen so hart arbeiten, dass sie sich schon fast das Kreuz brechen. Eines
Tages kommen die Menschen zum ihm um ihn um Verständnis zu bitten (betteln ->
Bettelweib), denn sie können so viel nicht mehr arbeiten. Vielleicht wäre der Marchese
verständnisvoller gewesen hätte ihm die Marquise nicht manipuliert (das ist ihr Verbrechen).
Er hat das genaue Gegenteil gemacht, er hat das Volk so lange angetrieben, bis sie von
Erschöpfung einer nach dem anderen gestorben sind (das Verbrechen des Marchesen). Das
würde dem Element des erschöpften Bettelweibes entsprechen, fällt aber nicht ganz mit
dem semantischen Feld Gewalt/Mord (Jagd, Gewehr) zusammen. Das ist aber nicht
besonders kritisch, denn dieses Feld ist in der Geschichte nicht besonders präsent. Durch das
Sterben und die Übermüdigkeit des Volkes beginnt das Vermögen des Marchesen langsam
zu schwinden, bzw. ist sein Land in einer Wirtschaftskrise. Er will das Schloss verkaufen (die
Macht und Verantwortung jemandem anderen übergeben) um weckgehen und wo anders
neu anfangen zu können (dafür braucht er Geld).
Es kommen Ritter, die das Schloss kaufen wollen (sich das Recht zum Regieren kaufen
wollen, oder sie sind andere Adelige, die glauben das Land retten zu können). Alle
potenziellen Käufer werden aber von einem Gespenst verjagt, der sich auf die gleiche Weise
von einem zum anderem Ende des Zimmers bewegt, genauso als es das Bettelweib damals
Autor: Miha Pavlovič
Datum: 30.10.2015

tat (eine Anspielung auf das was er dem Volk angetan hat). Dieser Geist kommt immer
wieder und haltet ihn davon ab das Schloss zu verlassen (seine Verantwortung jemandem
anderen zu geben). Den Geist/das Gespenst sehe ich als eine Art Personifikation seines
Gewissens. Er kann sein Verbrechen nicht vergessen. Das Zimmer spielt eine sehr richtige
Rolle, denn nur da erscheint der Geist. Das lässt micht behaupten, dass der Marchese sein
eigentliches Verbrechen auch im Zimmer verging, oder das Zimmer selbst ist eine Metapher
für das Land, welchem gegenüber er seine Verantwortung nicht erfüllt hat (hat das Volk und
damit das ganze Land in Stich gelassen). Zuerst will der Marchese nicht einsehen, dass es
einen Geist gibt und wird erst als er zum dritten Mal das Gespenst sieht verrückt. Es könnte
sein, das der Marchese, den die Marquise dazu überredet hat das Verbrechen zu begehen,
am Anfang überhaupt nicht glaubt, dass er etwas falsch getan hat (den er will nicht glauben,
dass es einen Geist gibt = sein Gewissen macht ihm zu schaffen, aber er will seine Schuld
nicht einsehen). Als er dem Geist die ersten zwei Male begegnet wird er beunruhigt (sein
Gewissen fängt an stärker auf ihn zu wirken).
Als er ihm aber zusammen mit der Marquise zum dritten Male begegnet, wird es ihnen
beiden klar (sie werden auf ihr Verbrechen erinnert). Die Marquise, die sich ihrer Missetaten
bewusst war, läuft aus dem Zimmer heraus und versucht so schnell wie möglich davon zu
kommen (sie handelt rational, den für sie war sich ihrer Schuld schon vorher bewusst), der
Marchese aber, der sich endlich seiner Schuld bewusst wird, entscheidet sich sehr
tragödienmäßig, um sich seiner Sünden zu reinigen, sich umzubringen.
Er versetzt das ganze Zimmer in Flammen und stirbt. Seine Knochen, die aber verbrannt sein
müssten, sind weiß. Die Farbe weiß wird oft mit Unschuld und Reinheit verbunden. Hier gibt
es für mich zwei mögliche Interpretationen (hängt davon ab, wie man die siebte Frage
beantwortet). Die erste besagt, dass der Marchese schon vom Anfang an unschuldig war
oder die zweite, die besagt, dass der Marchese zwar schuldig war, hat sich aber durch seine
Opferung seiner Sünden gereinigt und hat seine Missetaten so wieder begleicht.

9. Gibt es was, was Sie besonders hervorheben möchten / was Ihnen besonders auffällt /
was Ihnen unverständlich geblieben ist?
Es gibt nichts dass ich besonders hervorheben möchte. Alles was mir besonders auffiel habe
ich schon in der siebten und achten Frage aufgezählt. Es wäre schön zu wissen um was für
ein Verbrechen es sich eigentlich handelte und für was das Zimmer steht (als
Metapher/wenn überhaupt).

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