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Adolph Freiherr von Knigge und die Benimmregeln

Knigge ist ein Begriff, den viele von uns kennen, aber nicht jeder weiß, woher
er kommt und was er bedeutet. Es geht um gutes Benehmen, aber wie hat sich
das entwickelt?

Benimmregeln und Höflichkeitsformen wurden bereits in antiken Kulturen


praktiziert. Im alten Griechenland und Rom waren Benehmen und Etikette
wichtige Bestandteile des sozialen Lebens. Es gab klare Regeln, wie man sich
in Gesellschaft zu verhalten hatte und welche Rituale bei verschiedenen
Anlässen einzuhalten waren.

Der Name "Knigge" stammt jedoch von einem deutschen Schriftsteller und
Adligen namens Adolph Freiherr von Knigge, der im 18. Jahrhundert lebte.
Knigge schrieb das berühmte Werk "Über den Umgang mit Menschen", das
1788 veröffentlicht wurde. In diesem Buch legte er die Grundlagen für
modernes gutes Benehmen fest und betonte die Bedeutung von Respekt,
Höflichkeit und Anstand im sozialen Miteinander.

Knigges Werk war zu seiner Zeit eine Sensation und wurde in ganz Europa
gelesen und diskutiert. Sein Einfluss auf die Gesellschaft war enorm, und die
Menschen begannen, die Knigge-Regeln in ihrem Alltag zu befolgen. Die Ideen
von Knigge wurden jedoch auch parodiert und karikiert, was zeigt, dass sich
nicht jeder mit den neuen Regeln anfreunden konnte.

Im 19. Jahrhundert wurde die Etikette immer wichtiger, vor allem für die
reichen Menschen. Es gab zahlreiche Bücher und Anleitungen, die detaillierte
Regeln für alle möglichen Situationen enthielten - vom Essen am Tisch über
das Ankleiden bis hin zu Umgangsformen in der Gesellschaft. Manche dieser
Regeln mögen uns heute seltsam erscheinen, wie zum Beispiel die Regel, dass
Frauen beim Teetrinken ihren kleinen Finger abgespreizt halten sollten.

Kopieren der Texte verboten! 1 Annik Rubens


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Mit der Industrialisierung und dem Aufstieg des Bürgertums im 19.


Jahrhundert wurden die Etikette und gute Manieren auch Mittel, um sich von
der arbeitenden Klasse abzugrenzen. Wer sich an die Regeln des Knigge hielt,
zeigte damit seinen höheren gesellschaftlichen Status. Im 20. Jahrhundert
lockerten sich viele Etikette-Regeln. Die beiden Weltkriege und der
gesellschaftliche Wandel nach dem Zweiten Weltkrieg führten zu einem Bruch
mit einigen starren Konventionen. Die Jugendkulturen der 1960er und 1970er-
Jahre rebellierten gegen traditionelle Normen und Konventionen und prägten
eine neue, freiere Art des Miteinanders.

Gutes Benehmen geht heute eher darum, respektvoll und rücksichtsvoll mit
anderen umzugehen, unabhängig von starren Regeln. Die Digitalisierung und
die sozialen Medien haben neue Herausforderungen geschaffen, die es zu
bewältigen gilt, wie z.B. das angemessene Verhalten in Online-Kommunikation
und in sozialen Netzwerken. Von den antiken Zivilisationen über das Werk von
Adolph Freiherr von Knigge bis heute haben sich die Regeln und Normen des
guten Benehmens ständig gewandelt. Doch der Kern von Knigges Ideen bleibt
weiterhin relevant: Respekt, Höflichkeit und Rücksichtnahme bilden die
Grundlage für ein harmonisches Miteinander in jeder Gesellschaft.

Vielleicht sollten wir manchmal auch über uns selbst lachen können, wenn wir
unabsichtlich gegen die Etikette verstoßen oder in komischen Situationen
landen. Denn am Ende des Tages geht es nicht darum, perfekt zu sein,
sondern einander mit Verständnis und Herzlichkeit zu begegnen - das ist die
wahre Essenz des guten Benehmens.

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