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Wüstenrot Stiftung (Hrsg.

Wohnvielfalt
Wohnvielfalt
Gemeinschaftlich wohnen – im Quartier vernetzt und sozial orientiert

Gemeinschaftlich wohnen – im Quartier vernetzt und sozial orientiert


Susanne Dürr, Gerd Kuhn
Wüstenrot Stiftung (Hrsg.)

Wohnvielfalt
Gemeinschaftlich wohnen – im Quartier vernetzt und sozial orientiert

Susanne Dürr, Gerd Kuhn


I N H A LT

Inhalt

Vorwort 4 4 Raum 115

4.1 Gebäudetypologie 117

1 Einführung 7 4.2 Begegnung Freiraum 120

1.1 Fragestellung 9 4.3 Begegnung intern 130

1.2 Gemeinschaftlich Wohnen 11


5 Programm 137

2 Wohnprojekte 17 5.1 Wohnen 139

2.1 Lebensort Vielfalt, Charlottenburg, Berlin, D 20 5.2 Gemeinschaft 152

2.2 Kalkbreite, Zürich, CH 26 5.3 Quartier 161

2.3 wagnis 4, am Ackermannbogen, München, D 32


6 Organisation 169
2.4 Giesserei, Neuhegi, Winterthur, CH 38
6.1 Förderung 171
2.5 en famille, Alte Weberei, Tübingen, D 46
6.2 Rechtsform 185
2.6 Wohnen mit alles!, Nordbahnhof, Wien, A 52
6.3 Partizipation 190
2.7 Generationenpark, Königsbrunn, D 60

2.8 Grünmatt, Friesenberg, Zürich, CH 68 7 Fazit 199

2.9 Wohn_Zimmer, Sonnwendviertel, Wien, A 76 7.1 Grafische Analysen 200

2.10 Spreefeld, Mitte, Berlin, D 82 7.2 Chancen und Grenzen 226

2.11 wagnisART, Domagkpark, München, D 90


8 Anhang 231
2.12 mehr als wohnen, Hunziker Areal, Zürich, CH 96
8.1 Literaturverzeichnis 232

3 Stadt 105 8.2 Abbildungsverzeichnis 240

3.1 Kontext 107 8.3 Beteiligte Personen 242

3.2 Standort 112 8.4 Eläuterungen Matrix 244

Matrix Klappseite hinten


VORWORT

Vorwort Zahl von Städten, in deren Stadtteilen mit geringer


Lage- und Quartiersqualität eine zunehmende,
besorgniserregende Entmischung und Überlagerung
der Wohnraumversorgung. In einem Forschungspro-
jekt der Wüstenrot Stiftung wurde deshalb an zwölf
Fallstudien die soziale, quartiersbezogene Orientie-
von ökonomischen und sozialen Problemlagen zu rung von gemeinschaftlich oder genossenschaftlich
beobachten ist. Die Politik kann sich deshalb nicht nur organisierten Wohnprojekten untersucht. Sie stellen
auf die Verknappung von Wohnraum konzentrieren. dabei teilweise neue Formen sozialer, ethnischer und
Außerdem wäre eine Rückkehr zu früheren Ansätzen generativer Mischung her und leisten damit wich-
sozialer Wohnungspolitik mit einer korrigierenden und tige Impulse zum Aufbau und zur Stabilisierung von
steuernden Rolle der öffentlichen Hand zumindest für Nachbarschaften in den Wohnquartieren. Untersucht
sich allein betrachtet keine tragfähige Lösung. Zu ge- wurde deshalb auch die Frage, welchen Beitrag solche
ring sind die finanziellen Möglichkeiten, zu gering sind Projekte für eine soziale Stabilisierung der Bewohner-
die personellen, administrativen Ressourcen und zu struktur leisten können und welche funktionalen,
gering ist das Reservoir an präventiven, kooperativen räumlichen oder organisatorischen Ergänzungen sie
Konzepten und Strategien. Solche Konzepte wären für die sie umgebende Stadt bieten.
‚Bezahlbarer Wohnraum in den Städten‘ ist auf der ihrer Wohnfunktion zurückgeht. Die erzielten Erfolge angesichts eines zwar funktionsfähigen, aber sehr un-
Agenda öffentlich diskutierter Fragen zur Stadtent- zeigen sich nicht nur quantitativ als wachsende Nach- einheitlichen Wohnungsmarktes jedoch erforderlich, Augenscheinlich ist, dass sich die Projekte in vielerlei
wicklung rasant nach oben gestiegen. Ausgehend frage, sondern auch qualitativ in einer Annäherung um mehr Wohnungen für Menschen mit finanziellen, Hinsicht voneinander unterscheiden; dies gilt für ihren
von der zunächst in Fachkreisen geführten Debatte der Sozialstrukturen von Kernstädten und Umland- ethnischen, sozialen oder altersbedingten Zugangs- Entstehungskontext ebenso wie für ihre Lage, ihre
reagiert die für populäre Themen sensible Politik auf gemeinden mit entsprechend positiven Auswirkungen schwierigkeiten zur Verfügung stellen zu können. konzeptionelle Ausrichtung und ihre Größe. Auch der
neue Schlagworte wie Gentrifizierung, Mietenexplo- auf die Finanzsituation der Zentren. Anteil der Kommunen – Konzeptvorgaben, finanzielle
sion oder Verdrängung. Im politischen Kontext gehö- Ein dritter Grund ist, dass sich in den verschiedenen wie ideelle Unterstützung, Akzeptanz und Begleitung
ren dazu vor allem Vorschläge für regulierende Ein- Als problematisch erweist sich, dass sich die gestie- Facetten der Reurbanisierung auch grundsätzliche, usw. – variiert deutlich bei den Beispielen, die aus
griffe, etwa im Sinne einer Mietenbegrenzung oder für gene Nachfrage nach dem Wohnen in der Stadt auf qualitativ ausgerichtete Fragen rund um das Wohnen Deutschland, Österreich und der Schweiz stammen.
eine Stärkung sozial orientierter Wohnraumbelegung. bestimmte Standorte mit hohen Lage-, Quartiers- und die Lebensqualität spiegeln. Dies zeigt sich
und Umweltqualitäten konzentriert. Hier kommt es deutlich an den vielfältigen Formen gemeinschaft- Prof. Susanne Dürr und Dr. Gerd Kuhn ist es trotz
Eine wichtige Rolle spielt aktuell, dass sich mit der zu Verdrängungsprozessen, zu einem besonders für lichen Wohnens. Hier werden vermehrt Fragen des dieser Vielfalt gelungen, wichtige und analytisch
Zuwanderungswelle 2015/2016 die Lage auf zahlrei- Haushalte mit Kindern zunehmenden Armutsrisiko Verhältnisses von Privatheit und Öffentlichkeit, von fundierte Erkenntnisse zu gewinnen, die weit über
chen Wohnungsteilmärkten dynamisch verändert hat; und bei Neuvermietungen zu erheblichen, allzu oft individuellem Lebensentwurf und kollektiver Verant- eine deskriptive Beschreibung der Projektmerkmale
viele Fragen, die bis dahin im Hintergrund standen, nicht angemessenen Kostensteigerungen. wortung, von persönlichen Interessen und geleb- hinausgehen. Sie liefern wichtige Impulse und
wurden in das mediale und politische Bewusstsein der ter aktiver Nachbarschaft behandelt. Immer mehr Antworten in Hinblick auf die Übertragbarkeit der
Gesellschaft getragen. Fachlich begründet aufseiten Unter dem Eindruck der dadurch ausgelösten Anspan- Projekte fokussieren auf eine stärkere Vernetzung mit Beispiele. Die Wüstenrot Stiftung dankt den beiden
der Kommunen, denen eine angemessene Versorgung nung auf den Wohnungsmärkten wird nun wieder dem umliegenden Quartier und versuchen auf diese Autoren der Studie herzlich für ihre ebenso enga-
mit Wohnraum und wichtige Integrationsperspektiven über Förderkulissen für eine Stärkung des sozialen Weise, auch eine soziale Verantwortung für die Per- gierte wie kompetente Forschung.
überlassen werden; populistisch genutzt von politi- Wohnungsneubaus debattiert und eine Anknüpfung spektiven und die Lebensqualität im ganzen Quartier
schen Akteuren und anderen Gruppierungen, die aus an ‚bewährte Strukturen‘ vorgeschlagen. Die Politik zu übernehmen. Herzlicher Dank gilt auch allen Beteiligten aus den
der gestiegenen Zuwanderung und damit verbunde- kann diese Vorschläge bislang nicht in substanziell Kommunen, Projekten und lokalen Kooperations-
nen Problemen möglichst viel Kapital für ihre eigenen wirksame Förderprogramme umsetzen. Zum einen, Spannend ist, dass in einigen Projekten auch das formen für ihre Bereitschaft, diese Untersuchung zu
Interessen schlagen möchten. weil die Entwicklung insgesamt ambivalent ist. Zu gerade (wieder) auflebende Thema der Suffizienz neu unterstützen und ihre Erfahrungen und Erkenntnisse
den wichtigsten Merkmalen der Städte gehört ihre interpretiert wird: Wie viel individuelle Wohnfläche zu teilen. Mit der vorliegenden Veröffentlichung stellt
Ohne Zweifel trägt vor allem die Sprunghaftigkeit im Funktion als Motoren gesellschaftlicher Entwicklung. benötigen wir überhaupt? Wie können wir auf einen die Wüstenrot Stiftung die Erkenntnisse aus ihrem
Anstieg der Zuwanderung dazu bei, Probleme in der In Zeiten demografischen und wirtschaftsstrukturellen insgesamt wachsenden Wohnflächenkonsum reagie- Forschungsprojekt der Öffentlichkeit zur Verfügung
quantitativen Wohnraumversorgung schneller und Wandels ist diese Aufgabe von besonderer Bedeu- ren, ohne Abstriche bei der individuellen Wohn- und und verbindet damit die Hoffnung, dass daraus
stärker zu akzentuieren, als es ohne diese Dynamik tung; deshalb bleibt es notwendig, die Städte als Lebensqualität in Kauf nehmen zu müssen? Welche möglichst viele neue Impulse für die quantitative wie
erfolgt wäre. Das darf jedoch nicht verdecken, dass Wohn- und Lebensort für hochqualifizierte Arbeits- Tragweite haben solche Ansätze über die ‚Lage-Hot- qualitative Wohnraumversorgung entstehen mögen.
zahlreiche Entwicklungen, deren Kehrseiten nun kräfte mit nicht familialen Lebensweisen zu stärken spots‘ in den angesagten Quartieren der Wachstums-
zur Verknappung von preisgünstigem Wohnraum und die wachsende Bedeutung urbaner Milieus für und Universitätsstädte hinaus, in denen sie mehrheit- Stefan Krämer, Wüstenrot Stiftung
in wachsenden Regionen beitragen, andere und wissensbasierte Ökonomien anzuerkennen. lich entstehen?
zum Teil selbst geschaffene Ursachen haben. Dazu
gehört beispielsweise, dass die neue Attraktivität Ein zweiter Grund liegt in der Heterogenität und Wir benötigen die Impulse aus diesen Projekten für
städtischen Wohnens auch auf die Wirksamkeit der Gleichzeitigkeit der Entwicklungen. Neben prospe- neue Antworten auf die Engpässe und die sowohl
Maßnahmen und Strategien vieler Städte zur Stärkung rierenden Regionen gibt es eine ebenfalls wachsende quantitativen als auch die qualitativen Restriktionen in

4 5
1 Einführung

2 Wohnprojekte

3 Stadt

4 Raum

5 Programm

6 Organisation

7 Fazit

8 Anhang
1.1 EINFÜHRUNG FRAGESTELLUNG

1 Einführung 1.1 Fragestellung

1 Vgl. Bundesamt für Bau-, In den europäischen Städten entstehen zurzeit ge- Nicht mehr Abschließung, sondern Begegnung durch Nach Jahren eines ausgeglichenen Wohnungsmarktes Diese These von der tendenziellen Fortführung tra- 3 M:AI (Museum für Architek-
Stadt- und Raumforschung tur und Ingenieurkunst NRW)
meinschaftliche Wohnprojekte, die eine enorme Kraft Vielfalt ist das prägende Merkmal. Der vielschichtigen sind „bezahlbare“ Wohnungen für viele Wohnungs- dierter Modelle vertreten die Herausgeber des Kata-
(BBSR) im Bundesamt für (Hg.): Alle wollen wohnen.
Bauwesen und Raumordnung und Lebendigkeit entfalten. Noch vor wenigen Jahren Mischung von Wohnen, Arbeiten, Kultur und Versor- suchende wieder zu einem Mangelgut geworden. Es logs „Bauen und Wohnen in Gemeinschaft“, der an- Gerecht. Sozial. Bezahlbar.
(BBR) (Hg.): Wohnungsgenos- sahen Kritiker in den neuen Wohnprojekten nur peri- gung wird daher große Bedeutung beigemessen. In wird in den letzten Jahren wieder lebhaft darüber ge- lässlich der gleichnamigen Ausstellung des Deutschen Katalog zur Ausstellung. Köln
senschaften als Partner der 2016, S. 22
phere Inseln für gemeinschaftssehnsüchtige Nostalgi- diesem Kapitel werden die Bandbreite des Wohnens, stritten, wie dauerhaft Wohnraum zu angemessenem Architekturmuseums 2016 erschienen ist. Sie gehen
Kommunen. Bonn 2016
ker. Inzwischen finden gemeinschaftliche Wohn- und Räume für die Gemeinschaft und funktionale Ange- Mietpreis hergestellt und gesichert und wie man dem zunächst auch von der Grundlage veränderter Familien- 4 Becker, Annette/Kienbaum,
2 Vgl. Kuhn, Gerd/Harlander, Laura/Ring, Kristien/Cachola
Lebensprojekte eine breite Anerkennung. Besonders bote an das Quartier untersucht. doppelten Charakter der Wohnungen als Wirtschafts- formen aus, die zu einem „Wohnwandel“ geführt hät-
Tilman: Baugemeinschaften Schmal, Peter (Hg.): Bauen und
im Südwesten Deutschlands. Genossenschaften1, aber auch private Baugemein- und als Sozialgut gerecht werden kann. Gegenwärtig ten. Ursache der Veränderungen sei ein Wertewandel. Wohnen in Gemeinschaft. Basel
Hg. v. d. LBS-Stiftung Bauen schaften2 haben sich als neue Akteure auf einem an- Rechtsformen, die die Inhalte der Projekte stützen, befindet sich nicht nur der Wohnungsmarkt in einer Die Menschen seien nicht länger in traditionellen 2015, S. 10
und Wohnen. Stuttgart 2010; gespannten Wohnungsmarkt etabliert und werden aber auch Fragen der Finanzierung, die über die allge- Krise, sondern auch die Wohnungen selbst genügen Institutionen wie Kirche und Sozialstaat gebunden.
Wüstenrot Stiftung (Hg.):
Städte und Baugemeinschaften. von Städten und Gemeinden unterstützt. meine Förderung hinausgehen, werden im Kapitel nicht mehr den wohnkulturellen und demografischen Die neuen gemeinschaftlichen Wohnprojekte hätten
Bearb. v. Krämer, Stefan/Kuhn, „Organisation“ erörtert. Gemeinschaftliche Wohnpro- Ansprüchen. Die Autoren der Publikation und beglei- ein „Raumprogramm“ entwickelt, das „Individuelles
Gerd. Stuttgart/Zürich 2009 Die folgende Forschung beginnt mit der Analyse von jekte beruhen stets auf der wechselseitigen Hilfe unter tenden Ausstellung „Alle wollen wohnen. Gerecht. mit Kollektivem“ verbindet und Wert auf „geteilte
zwölf gemeinschaftlichen Wohnprojekten. Durch den Mitgliedern. Es haben sich Strukturen der Solida- Sozial. Bezahlbar“3 vertreten daher die Auffassung, Räumlichkeiten oder Gemeinschaftsgärten“ legt. „Es
eine systematische Gegenüberstellung werden in den rität entwickelt und neue Ansätze der Beteiligung, dass „die tradierte abgeschlossene Familienwohnung“ ist kein Wunder, wenn quasi in einer Rückwärtsbewe-
Kapiteln Stadt, Raum, Programm und Organisation die über formalisierte Verfahren hinausgehen. Ge- heute nicht mehr den veränderten Bedürfnissen an gung ‚Gesellschaft‘ und ‚sich umeinander kümmern‘,
allgemeingültige Thesen abgeleitet. meinschaftliche Wohnprojekte sind inzwischen reiche das Wohnen entspricht. wenn ‚Nachbarschaft‘ und ‚Freundschaften‘ als soziale
Experimentierfelder der demokratischen Willensbildung Netze wieder höher geschätzt werden, wenn Wohn-
Im Kapitel „Stadt“ stehen die Nachbarschaft und da- und Mitentscheidung geworden. Es verwundert daher Es sind inzwischen zwei unterschiedliche Bedürfnisse modelle ‚in getrennten Wohnungen, aber unter einem
mit das räumliche Gebilde Quartier im Fokus. Gemein- auch nicht, dass sich diese Kooperationsstrukturen in anzuerkennen und für diese Bedürfnisse entsprechende Dach‘ attraktiv erscheinen. Hinzu kommt der Wunsch,
schaftliche Wohnprojekte werden in ihrem städtebau- die angrenzenden Quartiere ausweiten. soziale und bauliche Antworten zu finden: Einerseits selbst aktiv auf die eigene Lebenssituation einwirken
lichen Kontext analysiert und es wird danach gefragt, dauert der Trend nach mehr Privatheit und Individu- zu können. Neu ist die Idee freiwilliger Gemeinschaft-
in welcher Wechselwirkung Stadtstruktur, Standorte Eine Matrix gibt einen komprimierten Überblick über alität an und wird u. a. durch die hohe Anzahl von lichkeit beim Wohnen nicht, vielmehr kennt schon
und die Projekte zueinanderstehen. die Fallbeispiele und ihre individuellen Eigenarten. Sie Einpersonenhaushalten sichtbar gestützt. Andererseits das 19. Jahrhundert einen Wohnungsbau mit Gemein-
stellt darüber hinaus die Verbindung zu den überge- ist der zunehmende Wunsch einer immer größeren schaftseinrichtungen und Mitbestimmungsprozessen –
Die Gestaltung von Räumen als Handlungsrahmen für ordneten Kategorien Stadt, Raum, Programm und Anzahl von Menschen festzustellen, die in selbst es ist eine aktuelle Herausforderung, aus den Erfolgen
verschiedene Akteure steht im Zentrum des Kapitels Organisation her. Zentrale Aussagen und Ergebnisse gewählten Gemeinschaften leben möchten. Unklar und Misserfolgen dieser langen Baugeschichte zu
„Raum“. Gerade in kooperativen Wohnprojekten sind im Buchinnenblatt grafisch aufgearbeitet. ist dabei allerdings, ob die heutigen gemeinschaft- lernen.“4
werden die Möglichkeitsräume differenziert gestaltet. lichen Wohnprojekte angemessen auf diese beiden
Gebäudetypologien und Freiräume, die den neuen Im abschließenden Kapitel wird das Fazit gezogen. Anforderungen reagieren. Fördern die gemeinschaft- Aus der hier vorgelegten Analyse der zwölf Wohn-
Nachbarschaften Potenziale für konkretes Handeln Anhand einer grafischen Analyse werden die Ergeb- lichen Wohnprojekte wirklich neue Lebensformen, die projekte vertreten wir folgende These: Die neuen
in ihrer räumlichen Umwelt bieten, werden ebenso nisse vergleichend ausgewertet. In den thesenartigen zeitgemäßes Wohnen in einer sozial diversifizierten innovativen gemeinschaftlichen Wohnprojekte re-
untersucht wie interne Erschließungssysteme und deren Schlussbetrachtungen wird nochmals auf die Poten- urbanen Gesellschaft ermöglichen, oder bilden sie nur agieren sehr wohl auf wirkungsmächtige Prozesse des
Vernetzung. ziale gemeinschaftlicher Wohnprojekte verwiesen. Strukturen ab, die auf einer sozialen Homogenität der gesellschaftlichen Wandels. Sie finden neue soziale
Diese Conclusio zeigt die Chancen, aber auch die Mitbewohner beruhen und sozialräumlich abgeschot- wie bauliche Antworten. Sie führen nicht bloß Altes
Das anschließende Kapitel „Programm“ betrachtet Grenzen des gemeinschaftlichen Bauens und Woh- tet sind, wie einst in den traditionellen Genossen- fort, sondern schaffen Neues. Es geht ihnen zumeist
die funktionalen Bausteine der untersuchten Projekte. nens auf. schaftsprojekten vor 100 Jahren? nicht um eine „Versöhnung“ des „Individuellen mit

8 9
1.2 EINFÜHRUNG GEMEINSCHAFTLICHES WOHNEN

dem Kollektiven“, sondern um die Anerkennung von


„Individualität neben Gemeinschaft“. Der Fokus ist in
dieser Forschung daher nicht auf das einzelne Projekt
1.2 Gemeinschaftliches Wohnen
gelegt, sondern öffnet sich dem gesellschaftlichen
Nahraum, der Nachbarschaft. Es geht damit nicht
mehr um sozial homogene, inszenierte Gemeinschaf-
ten, sondern um sozial ausbalancierte Kooperations-
gemeinschaften in einer sozial, kulturell und ethnisch
vielfältigen Gesellschaft. Die ebenfalls architektonisch
und städtebaulich ambitionierten Projekte setzen
zudem eine Verschränkung der sozialen mit der räum-
lichen Ebene um.
5 Bundesamt für Bau-, Stadt-
und Raumforschung (BBSR)
Sozial orientiertes Wohnen kann heute keineswegs (Hg.): Neues Wohnen – Ge-
mehr ausschließlich auf die Frage der quantitativen Da sich in den letzten Jahren neue Wohnformen und Da sich unter dem Begriff „gemeinschaftliche Wohn- meinschaftliche Wohnfor-
men bei Genossenschaften.
Bedarfsdeckung fixiert werden. Im Fokus steht ebenso Wohnprojekte stark ausdifferenzierten, ist es notwen- projekte“ viele unterschiedliche Wohn-, Bau- und BBSR-Sonderveröffentlichung.
die Notwendigkeit der Bildung bzw. Stabilisierung be- dig, die von uns angewandten Begriffe „gemeinschaft- Trägerformen sowie Lebensweisen subsumieren, ist Bonn, 2014, S. 17
stehender Nachbarschaften in den Wohnquartieren. liches Wohnen“ bzw. „gemeinschaftliche Wohnpro- es notwendig, die vielfältigen Dimensionen einzu- 6 Göschel, Albrecht: Gemein-
jekte“ zu definieren und die sich neu herausbildenden grenzen. Nur so kann die Prägnanz der Projekte schaftliches Wohnen: (K)ein
In diesem Buch wird der Blick auf die unterschied- Wohnweisen gegenüber verwandten Wohnformen, herausgearbeitet werden. neuer Wohnungsmarkt? vhw FW
5/2010, S. 247
lichen Dimensionen der Quartiersvernetzung und wie gemeinschaftliche Wohnformen in institutionel-
Nachbarschaftsbildung gemeinschaftlicher Wohnpro- len Häusern, beispielsweise Studentenwohnheimen Die von uns untersuchten Wohnprojekte wollen eine 7 In ihrer Forschung zur
Selfmade City nennt Kristien
jekte gerichtet. Die gemeinschaftlichen Wohnprojekte, oder Altenwohnanlagen/Mehrgenerationshäuser oder soziale Abschließung vermeiden. Dies hat zur Konse- Ring als ersten von zehn Punkten
die in diesem Buch behandelt werden, wollen keine Kommunen, abzugrenzen. quenz, dass sie Personengruppen mit Zugangsschwie- der Selfmade-Qualitäten vor
alternativen Modelle in selbstbezogenen, homoge- rigkeiten im Wohnungsmarkt in ihren Projekten sozialen Hausgemeinschaften die
nachbarschaftliche und urbane
nen Gemeinschaften mehr sein. Nicht Abschließung, In einer Publikation des Bundesamts für Bau-, Stadt- integrieren müssen. Sie bewegen sich zudem deutlich Interaktion: Vgl. Ring, Kristien/
sondern Öffnung ist die neue Qualität dieser Pionier- und Raumforschung werden gemeinschaftliche von ihren Wurzeln fort: Während traditionelle gemein- Eidner, Franziska: Selfmade City.
projekte gemeinschaftlichen Wohnens und Lebens. Wohnprojekte wie folgt definiert: „Danach sind schaftliche Wohnprojekte sich primär dem unmittelba- Senatsverwaltung für Stadtent-
wicklung und Umwelt. Berlin
Sie wollen individuelles Leben ermöglichen, aber auch gemeinschaftliche Wohnprojekte Wohnformen, bei ren Wohl der Mitglieder des Wohnprojekts verpflichtet 2013, S. 28–47. Im DAM-Katalog
neue Formen der Gemeinschaft. denen mehrere Haushalte an einem Wohnstandort fühlen – das Genossenschaftsgesetz definiert dies als „Bauen und Wohnen in Gemein-
jeweils in separaten Wohnungen leben, sich aber für zentrale Aufgabe –, suchen die neuen Kooperations- schaft“ wird weiterhin der Fokus
auf das einzelne Wohnprojekt
das gemeinschaftliche Leben, eine gegenseitige Un- gemeinschaften nach Formen der Vernetzung urbanen und nicht auf das Quartier
terstützung oder die Verfolgung eines gemeinsamen Wohnens im gesellschaftlichen Nahraum des Quar- gelegt. Vgl. Kasper, Birgit: Ge-
Lebensgrundsatzes entschieden haben. Die Projekte tiers.7 Der Prozess der Vergemeinschaftung basiert meinschaftliche Wohnprojekte –
der soziale Aspekt. In: Becker,
bzw. Wohngruppen werden in wesentlichen Berei- dabei auf einer aktiven Teilhabe und auf selbstbe- Annette u. a./Dezernat für Kultur
chen durch die Bewohner selbst organisiert.“5 stimmtem Handeln sowie selbsttätigem Gestalten. und Wissenschaft/Kulturamt der
Stadt Frankfurt am Main (Hg.):
Bauen und Wohnen in Gemein-
Gemeinschaftliches Wohnen stellt letztlich eine Le- Entsprechend ihres Selbstverständnisses entwickeln schaft. Basel 2015. Michael
bensform dar, die sich nicht auf eine bauliche Struktur die Initiatoren („Anstifter“) veränderte Formen der LaFond rückte in seiner For-
festlegen lässt; vielmehr stellt dieses Wohnen eine Beteiligung. Üblicherweise werden die zukünftigen schung „Cohousing Cultures“
hingegen stärker die innere
Kooperationsverabredung dar, die zunächst keiner Bewohner bereits im Planungsstadium einbezogen. „Nachhaltigkeit“ und die ge-
besonderen Baustruktur bedarf. Albrecht Göschel be- Einige Projekte öffnen sich bereits in einem sehr frühen genseitige Vernetzung, wie dies
tont, dass gemeinschaftliches Wohnen als Lebensform Stadium der Projektentwicklung zur Nachbarschaft auch das Mietshäuser Syndikat
mit dem Konzept der inter-
„die unterschiedlichsten Ausprägungen annehmen und fordern zum Beispiel in Workshops zu aktiver nen Solidarität zwischen den
kann, die sich also nicht exakt normieren oder verre- Teilnahme auf. Während formalisierte Formen der Be- Syndikatsprojekten verfolgt, in
geln lässt, die aber immer vom Element der wechsel- teiligung üblich sind, variieren darüber hinausgehende den Mittelpunkt. Vgl. LaFond,
Michael: Gegenseitig von unse-
seitigen Kooperation, der Unterstützung und Hilfe in Mitgestaltungsmöglichkeiten deutlich. ren Wohnformen lernen: eine
alltäglichen oder auch besonderen, anspruchsvollen inspirierende Vielfalt. In: Id22:
Lebenssituationen bestimmt ist“.6 In der Nutzungsphase wird oftmals eine aktive Cohousing Cultures. Handbuch
für selbstorganisiertes, gemein-
Teilhabe an der Ausgestaltung des Alltagslebens schaftliches und nachhaltiges
erwartet. Es besteht eine große Palette von freiwilli- Wohnen. Berlin 2012, S. 182–195

10 11
1.2 EINFÜHRUNG GEMEINSCHAFTLICHES WOHNEN

8 Der Definition von Kirsten gen Initiativen (Hausgärten etc.) bis zu verpflichten- Lebensführung zu ermöglichen, bei gemeinschaftli- barschaft ist – anders als beispielsweise die Familien- Walter Siebel: „Urbane Lebensweise und Segregation 15 Häußermann, Hartmut:
Mensch kann in dem wichtigen den Gemeinschaftsarbeiten (Hausdienste). Während cher Verbundenheit im Projekt und im Quartier. Die bande – an den Ort der Wohnung gebunden. sind Strategien der Vermeidung von Kontakt.“17 Räum- Segregation in der Stadt – Be-
Punkt „Baugemeinschaften“ fürchtungen und Tatsachen. In:
nicht zugestimmt werden, da Baugemeinschaften 8 das gemeinsame Planen und gemeinschaftlichen Wohnprojekte zielen also auf eine liche Nähe in urbanen Quartieren bewirke demnach vhw FW Juni-Juli 2008, S. 125.
die Entwicklungen der beiden Bauen als zentrale, gemeinschaftsbildende Erfahrung teilnehmende, integrative und gestaltete Alltagspraxis. Integrative Wohnprojekte bilden bereits durch das keineswegs soziale Nähe und Vertrautheit. (www.vhw.de/fileadmin/
letzten Jahrzehnte, besonders in den Mittelpunkt rücken und in der Nutzungsphase gemeinsame Planen und Bauen vertraute Nachbar- user_upload/08_publikationen/
in süddeutschen Städten, studien/PDFs/segregation/
negiert werden („Unterschied „normale“ Wohnsituationen, d. h. das Leben in abge- schaften; die Personen lernen sich in der Regel bereits So weit scheint diese Argumentation zunächst plau- Segregation_in_der_Stadt_
zu Bauherrengemeinschaften, schlossenen Wohnungen, anstreben, sehen die meis- Vertraute Nachbarschaften und gelebte vor dem Einzug kennen und haben die Stärken und sibel. Wenn aber umgekehrt danach gefragt wird, ob FW0308Haeussermann.pdf)
die gemeinsam bauen, um das ten neuen genossenschaftlichen Wohnprojekte die Quartiere Schwächen ihrer zukünftigen Nachbarn frühzeitig sozial oder ethnisch homogene Gebiete, also räum- 16 Park, Zit. in: Siebel, Walter:
Eigenheim kostengünstig zu re-
alisieren. Über das Miteinander gemeinschaftlich genutzten Räume als wesentlich für erfahren. Ihre Nachbarschaft beruht meistens auf ähn- lich segregierte Quartiere und sozial geschiedene Die Kultur der Stadt. Berlin 2015,
machen sich diese Bauherren, ihre Wohnform an. Gemeinschaftsräume finden sich Noch vor 15 Jahren schrieben die Soziologen Ruth lichen Interessen und Werten. Ganz anders verhält es Nachbarschaften in den Städten zu einem friedvollen S. 370
wenn überhaupt, erst später deshalb häufiger in genossenschaftlichen Projekten, Rohr-Zänker und Wolfgang Müller: „Der Stand der sich in gefügten Nachbarschaften, die sich erst durch Zusammenleben führen würden, wird man dies sicher- 17 Ebenda, S. 371
Gedanken.“). Vgl. Mensch,
Kirsten: Gemeinschaftliches während diese in Baugemeinschaften optional sind. stadtsoziologischen Diskussion zur Bedeutung der den Einzug bilden. Diese Nachbarschaft entsteht zu- lich nicht bejahen können. Forschungen zur sozialen 18 Harlander, Tilman/Kuhn,
Wohnen. Der Versuch einer Nachbarschaften lässt sich auf die Kurzform bringen. nächst alleine durch die Tatsache der Gemeinsamkeit Mischung in der Stadt18 oder zu Desintegrationspro- Gerd/Wüstenrot Stiftung (Hg.):
Definition. In: wohnbund-in- Soziale Mischung in der Stadt.
Alle hier behandelten Wohnprojekte beruhen auf der Sie hatte eine Vergangenheit, aber keine Gegenwart – des Wohnortes, der durch Einzug in eine Wohnung zessen kritisieren nachdrücklich Überlegungen zur
formationen 1/2011, S. 10. Vgl. Stuttgart 2012; Deutsches Ins-
hingegen Wüstenrot Stiftung Freiwilligkeit und auf der Intention der eigenständigen die Diskussion ist abgeschlossen […].“9 vollzogen wird. Positiv könnte von einer Entwicklungs- „binnenintegrativen Segregation“ und betonen das titut für Urbanistik: Nutzungs-
(Hg.): Städte und Baugemein- Gestaltung des Lebensalltags. Es sind selbstgewählte offenheit gesprochen werden; diese kann von einer Wechselverhältnis von Segregation und Integration: mischung und soziale Vielfalt
schaften. Stuttgart/Zürich 2009 im Stadtquartier – Bestandsauf-
Wohnformen, die häufig auf Selbstorganisation und Inzwischen haben Nachbarschaften als soziale Ein- flüchtigen Begegnung reichen („Guten Tag, Herr „Je höher der Segregationsgrad, desto niedriger der
nahme, Beispiele, Steuerungs-
9 Rohr-Zänker, Ruth/Müller, -verwaltung beruhen. Die Bewohner der untersuchten heiten und Quartiere als räumliche Einheiten jedoch Nachbar“) bis hin zu intensiven Beziehungen. Integrationsgrad.“19 bedarf. Endbericht. Im Auftrag
Wolfgang: Die Rolle von Nach- gemeinschaftlichen Wohnprojekte streben eine gegen- einen enormen Bedeutungszuwachs erhalten. Bereits des Ministeriums für Bauen,
barschaften für die zukünftige Wohnen, Stadtentwicklung und
Entwicklung von Stadtquartie- seitige Hilfe und eine behutsame Rücksichtnahme an, mit der Studie „Überforderte Nachbarschaften“10, Albrecht Göschel glaubt, dass das gemeinschaftliche
Verkehr des Landes Nord-
ren. Expertise im Auftrag der ohne dass diese helfenden Mitbewohner an die Stelle die Ende der 1990er-Jahre erschien, wurde auf die Privatheit und Öffentlichkeit Wohnen eine intermediäre Instanz darstellt, indem rhein-Westfalen. Berlin 2015
Bundesforschungsanstalt für des städtischen Gemeinwesens („Care-Arrangement“) enormen Problemlagen insbesondere durch die diese Wohn- und Lebensform versucht, die beiden
Landeskunde und Raumord- 19 Heitmeyer, Wilhelm: Versagt
nung. Oldenburg 1998, S. 5 treten wollen. Ebenso beabsichtigen sie nicht, den So- multiplen Überforderungen der Nachbarschaften in Zu den Grundpfeilern der traditionellen Stadtsoziologie Ebenen Privatheit und Öffentlichkeit „zu integrieren die ‚Integrationsmaschine‘
(abzurufen unter: stadtregion. zialstaat aus seiner Sozialverantwortung zu entlassen. Großsiedlungen verwiesen. Durch die Studie ausge- gehören das Spannungsverhältnis von Privatheit und und zu einer neuen Ressource im Übergang zwischen Stadt? In: Ders. et al.: Die Krise
net/fileadmin/downloads/Rolle_ der Städte. Analysen zu den
Somit grenzen sie sich von Formen des „betreuten“ löst, entwickelte sich in den Folgejahren seit 1999 das Öffentlichkeit sowie die Auswirkungen auf die ländli- Privat und Öffentlich zu entwickeln, und dies bei Wah-
von_Nachbarschaften.pdf) Folgen desintegrativer Stadtent-
Wohnens ab, deren Grundlage eine verpflichtende Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“. Es wurde che und städtische Lebensweise. Die Stadt bietet – im rung der beiden Pole Privat und Öffentlich. In jedem wicklung für das ethnisch-kultu-
10 Bundesverband deutscher
Hilfe (in der Regel durch professionelle Dienste) ist. zum wichtigsten Instrument zur Stabilisierung benach- Gegensatz zum traditionellen Dorf – ein Sozialsystem Wohnprojekt bleiben die Privatsphäre der Mitglieder relle Zusammenleben. Frankfurt
Wohnungsunternehmen (GdW) a. M. 1988, S. 446
(Hg.): Überforderte Nachbar- teiligter Quartiere vor allem in den Großsiedlungen der „unvollständigen Integration“, so Hans Paul und die das Projekt umgebende Öffentlichkeit in
schaften. Zwei sozialwissen- Die eindeutige Trennung zwischen privatem Wohn- mit hohen Anteilen an Zuwanderern. Gerade von den Bahrdt vor einem halben Jahrhundert, ein System, in vollem Umfang erhalten. Aber zwischen diese beiden 20 Göschel, Albrecht: Gemein-
schaftliche Studien über Wohn- schaftliches Wohnen. Eine inno-
raum und projektinternem Gemeinschaftsraum verliert sogenannten nicht investiven Mitteln im Sozialbe- dem nicht jeder alles über jeden weiß. Formen der Di- Pole wird eine neue Form der Gemeinschaft gelegt,
quartiere in den alten und den vative Wohn- und Lebensform.
neuen Bundesländern. Berlin in einigen innovativen Wohnprojekten ihre klaren reich gingen die wichtigsten stabilisierenden sozialen stanz und der Anonymität bilden demnach die Grund- die sich als gleichermaßen durch Empathie wie durch Abzurufen unter: fgw-ev.de/
1998 Konturen. Besonders an den Großwohngemein- Impulse aus. Der Bedeutungsgewinn von Nachbar- lagen für die Entfaltung freier und ungebundener kooperative Verabredung, sowohl durch Anteilnahe als fileadmin/PDF/Beitraege_
Vorstand_etc/Vortrag%20
11 Vogelpohl, Anne: Stadt der schaften und Cluster- bzw. Satellitenwohnungen ist schaften in den letzten 20 Jahren hat noch andere Individualität in der modernen Gesellschaft. Die wech- auch durch Verpflichtung getragene erweisen muss.“20
Dr%20A%20Goeschel%20-
Quartiere? Das Place-Konzept dieser Trend deutlich erkennbar. Wichtig bleibt aber, gesellschaftliche Gründe. So verloren traditionell selseitige Gleichgültigkeit – Georg Simmel nannte dies Nach seiner Ansicht hätte es weder in den klassischen %20Wohnen%20hoch%20drei.
und die Idee der sozialen
dass sich diese „neuen Haushalte“ (Cluster) zwar integrative Instanzen, wie die Familie, gewerkschaftli- Blasiertheit des Großstädters – wird geradezu als Merk- Sozialutopien noch in den Alltagsrealitäten der Städte pdf (besucht am 24.04.2017)
Dörfer. In: Schnur, Olaf (Hg.):
Quartiersforschung. Zwischen selbst organisieren, aber dennoch integrativer Teil der che Organisationen, christliche Kirchen oder auch der mal urbaner Lebensstile in heterogenen Umwelten Vergleichbares gegeben. Selbst Wohnformen wie die
Theorie und Praxis. Wiesbaden (Haus-)Gemeinschaft bleiben. Durch diese Aspekte Arbeitsplatz, deutlich an Bedeutung, während in der angesehen. Sie bildet erst die Grundlage, auf welcher bekannten Arbeitersiedlungen mit ihrer hohen Dichte
2008, S. 69–86
unterscheiden sie sich von Kommunen, die privates Gesellschaft der Zweiten Moderne räumliche Nähe die Freiheit zum Anderssein entsteht. Die ethnische an nachbarschaftlichen oder verwandtschaftlichen
12 GdW Bundesverband Wohnen auflösen wollen, oder von institutionellen und soziale Interaktion auf dem lokalen Maßstab und soziale Mischung in einem Quartier führt nicht Beziehungen haben durch ihre strikte Kontrolle des
deutscher Wohnungs- und
gemeinschaftlichen Wohnprojekten, wie Wohnhei- deutlich an Relevanz gewannen.11 „Quartiere werden zwangsläufig auch zu interkulturellen Beziehungen. Privatlebens, durch das Fehlen von Öffentlichkeit
Immobilienunternehmen e. V.
(Hg.): Wohntrends 2030. Studie – men, die als „Einrichtungen“ für die dort lebenden die Plattform für die große Integrationsleistung dar- Stadtsoziologen wie Hartmut Häußermann betonten, diesen Punkt, den die Projekte des gemeinschaftlichen
Kurzfassung. Berlin 2013, S. 8–9 Personen kein eigenständiges Wohnen in abgeschlos- stellen“, so eine GdW-Studie, „die in der Gesellschaft dass „für soziale Kontakte […] ähnliche Lebensstile, Wohnens anstreben, nie ganz erreicht. Als integrierte
13 Hamm, Bernd: Betrifft: senen Haushalten ermöglichen. Die Wiener „Heime“ der Zukunft gefragt sein wird“.12 ähnliche Wertorientierungen und ähnliche Einkom- Stadtdörfer wurden traditionelle Lebensformen aus
Nachbarschaft. Düsseldorf stellen dabei eine Sonderform dar, da deren Bewohner men entscheidend“15 seien. Robert Ezra Park be- ländlichen Kontexten in die Städte übertragen. Dort
1973, S. 18
keine Mietverträge abschließen und „nur“ Bewohner Eine Nachbarschaft, ist – so die Definition von Bernd schrieb einst die Stadt aus kleinen Welten bestehend. hätten sie ihren „vormodernen“ Status nie ganz abge-
14 Hamm, Bernd: Nachbar- einer Unterkunft sind. In der Praxis hat sich allerdings Hamm – eine „soziale Gruppe, die primär wegen der Diese würden sich zwar berühren, aber nicht durch- legt. „In den Projekten des Gemeinschaftlichen Woh-
schaft. In: Großstadt. Soziologi-
sche Stichworte. Opladen 1998,
aus dem Heimmodell eine lebendige Form neuen Gemeinsamkeit des Wohnortes interagiert“.13 Wohnt dringen.16 Das probateste Mittel, eine konfliktträchtige nens dagegen sehen wir zurzeit Modernisierungen
S. 173 gemeinschaftlichen Wohnens entwickelt. man in Quartieren und Dörfern, ist man Nachbar, ob Nähe zu Fremden zu vermeiden, sei vielmehr – so die von Lebensformen, in denen die Polarisierungen des
man will oder nicht. Die Qualität nachbarschaftlicher Auffassung der Vertreter der Chicagoer Schule – die Industriezeitalters – Spaltung in Privat und Öffentlich –
Zentrales Anliegen der Bewohner dieser Wohnpro- Beziehungen entsteht durch die „faktische Kommu- Akzeptanz der sozialräumlichen Segregation in den durch Bindeglieder überwunden werden, die Pole als
jekte ist, in allen Lebensphasen eine individuelle nikationsdichte“.14 Die primäre Sozialgruppe Nach- Quartieren. In seinem Buch „Kultur der Stadt“ schreibt solche aber erhalten bleiben.“ Da die Kooperations-

12 13
1.2 EINFÜHRUNG GEMEINSCHAFTLICHES WOHNEN

21 Ebenda beziehungen über die einer traditionellen Nachbar- Haushaltstypen sich die Bedeutungen und der Charakter der Nachbar- den und zu befähigen (Empowerment), wurden neue 29 Schnur, Olaf: Nachbarschaft
schaft deutlich hinausgehen, „entsteht hier eine neue schaften deutlich geändert. Formen der Teilhabe oder Mitwirkung in den Wohn- und Quartier. In: Eckhardt, Frank
22 Beck, Ulrich: Tragische (Hg.): Handbuch Stadtsoziologie.
Individualisierung. Laudatio für Lebensform, die ohne Einschränkung als innovativ In den letzten 20 Jahren hat sich die Zusammenset- quartieren erprobt. „Aus pragmatischer Sicht spricht Wiesbaden 2012, S. 451
Richard Sennett anläßlich der anzusehen ist“.21 zung der Haushalte grundlegend verändert. Beson- Nachbarschaft und Quartier als „Mittelpunkt-Ort viel dafür, das Wohnquartier als sozialen Nahraum in
Verleihung des Hegel-Preises 30 Rohr-Zänker, Ruth/Müller,
2006. Stuttgart, März 2007, ders prägnant ist der Anstieg der Einpersonenhaus- alltäglicher Lebenswelten und individueller sozialer den Blick zu nehmen; die Ausstattung und die Ressour- Wolfgang: Die Rolle von Nach-
S. 6. Online verfügbar unter: halte. In Großstädten wie München sind inzwischen Sphären“, als das „alltagsweltliche Experimentierfeld cen im Sozialraum sind für alle Bürger_innen relevant, barschaften für die zukünftige
www1.stuttgart.de/stadtbue- Gemeinschaft und Gesellschaft mehr als die Hälfte aller Privathaushalte Singlehaus- für Gemeinsamkeit und Individualität, Nähe und Dis- insbesondere aber für diejenigen, die nicht über eine Entwicklung von Stadtquar-
cherei/ldh/laudatioBeck.pdf tieren. Oldenburg 1998, S. 13
(besucht am 11.01.2015) halte. Besonders hoch stieg der Anteil der Seniorin- tanz, für Öffentlichkeit und Privatheit, Anonymität und hochgradige Mobilität verfügen, beispielsweise für (abzurufen unter: stadtregion.
In den letzten Jahrzehnten haben sich die gesell- nen-Einpersonenhaushalte (60 Jahre und älter, in Intimität, für Ortsbindung und Entankerung“ werden Kinder, Jugendliche und Familien sowie für Ältere und net/fileadmin/downloads/
23 Ebenda, S. 10 Rolle_von_Nachbarschaften.pdf
schaftlichen Determinanten grundlegend geändert. München mit einem Anteil von 37,0 Prozent; hinge- inzwischen in der Frage des sozialen Zusammenhalts Menschen mit individuellen Einschränkungen.“32
24 Wenzlaff, Adriana: Münch-
Besonders das Verhältnis von Individuum zur sozialen gen nur 19,7 Prozent bei allein lebenden Männern).24 unseres Gemeinwesens eine zentrale Bedeutung 31 Schubert, Herbert: Lokale
ner Statistik, 4. Quartalsheft, Governance – Einführung in
Jahrgang 2014, S. 27 Gruppe wurde neu austariert. Indem sich der oder Eine erhebliche Zunahme ist auch bei Haushalten zugesprochen.29 Damit verändert sich auch der Blick Diese Verschiebung der Perspektive von der „inszenier-
das Konzept. In: Knabe, Judith/
die Einzelne im sozialen Verband neu verorten und von allein lebenden Hochbetagten zu erwarten. Mit auf Chancen nachbarschaftlicher Entwicklungen. Es ten Gemeinschaft“ der Wohnprojekte hin zum Quartier von Rießen, Anne/Blandow,
25 GdW Bundesverband
deutscher Wohnungs- und vernetzen, werden sich neue Kulturen nachbarschaft- dieser Bedeutungsminderung familiärer Haushalte stehen inzwischen weniger die möglichen Defizite, führt zu einer Territorialisierung des Sozialen.33 „Dem Rolf (Hg.): Städtische Quartiere.
Kommunale Herausforderungen
Immobilienunternehmen e. V. licher Beziehungen entwickeln und entfalten. Es gibt und familiärer Lebensformen gewinnen neue urbane sondern die Potenziale dieser Stadtbereiche im Vor- Nahraum wird das Potenzial zugeschrieben, in Zeiten
(Hg.): Wohntrends 2030. Studie – und Chancen im transformierten
einige wesentliche Kriterien, die diesen tief greifenden nachbarschaftliche Formen des Zusammenlebens an dergrund. Vertraute Nachbarschaften sollten als Orte gesellschaftlicher Heterogenität und einer Pluralisierung Wohlfahrtsstaat. Bielefeld 2015,
Kurzfassung. Berlin 2013 S. 66
Wandel charakterisieren. Wichtigkeit. Dies verdeutlichen auch Umfragen, die der Integration und Koexistenz in die Zukunft weisen. der Lebensentwürfe eine adäquate Handlungsgröße zu S. 113–130. „Es setzte sich die
26 Heitmeyer, Wilhelm: Erkenntnis der topologischen
Gruppenbezogene Menschen-
vom Gesamtverband der Wohnungswirtschaft zu Es sind folglich jene sozialen Kohäsionskräfte zu stär- sein und zur Rückbettung sozialer Handlungsbezüge
Struktur von Räumen durch,
feindlichkeit (GMF) in einem Individualisierung den Wohntrends in Auftrag gegeben wurden. Über ken, die den sozialen Zusammenhalt in den Quar- beitragen zu können.“34 In der Sozialen Arbeit wird welche den Fokus auf die Bezie-
entsicherten Jahrzehnt. In: Ders. 80 Prozent der Befragten äußerten hier, dass ihnen tieren durch urbane Kollaboration fördern. Mit dem dabei die Gefahr der „Containerisierung“ durch Homo- hungen zwischen Räumen und
(Hg.): Deutsche Zustände. Folge deren Bedeutungen legten.“
10. Berlin 2012, S. 15
Individualisierung wird hier nicht als Zustand, sondern Nachbarschaftshilfe und gegenseitige Unterstützung gesellschaftlichen Wandel und dem Paradigmenwech- genisierung diskutiert. Die neuen gemeinschaftlichen
Lang, Susanne: Stadtentwick-
als ein Prozess des „Vereinzelt-Werdens“ verstanden. wichtig oder sehr wichtig seien. Aufgrund veränderter sel in der Problemwahrnehmung veränderten sich in Wohnprojekte, von denen in diesem Buch die Rede ist, lungskonzepte: eine historische
27 Häußermann, Hartmut: Die
Stadt und die Stadtsoziologie.
Ulrich Beck betonte in den letzten Jahren stets, dass Familien- und Haushaltsstrukturen würden Nachbar- den letzten Jahrzehnten auch zentrale Leitbilder, wie weisen allerdings auf das kreative Potenzial hetero- Hinführung und Einordnung.
Ebenda, S. 134
Urbane Lebensweise und die Individualisierung bedeute, „wählen zu können, wo schaften zunehmend an Bedeutung im Sinne von jenes der Integration. Inzwischen versteht man unter gener Lebensformen und vielfältiger Lebenswelten
Integration des Fremden. In: früheren Generationen diese Wahlmöglichkeiten nicht „Ausgleichbeziehungen“25 gewinnen. Integration immer weniger die Unterordnung kulturel- hin. Nicht Homogenität, sondern Heterogenität, nicht 32 Riessen, Anne von/Knopp,
Berliner Journal für Soziologie Reinhold: Partizipation von
1/1995, S. 89–98; Heitmeyer,
offenstanden. Aber heute sieht sich das Individuum ler Werte orientierend an die „Normal“-Gesellschaft Abschottung und Abschirmung, sondern Vernetzung
unten? Ebenda, S. 207
Wilhelm: Versagt die ‚Integrati- überrollt, gleichsam zugemüllt von Wahlmöglichkei- (Assimilation), sondern vielmehr die Anerkennung der und Vielfalt sind die neuen Parameter der instrumentali-
33 Vgl. Beck, Sylvia: Gemein-
onsmaschine‘ Stadt? In: Backes, ten, die keine sind, aber eben doch schnellstens ent- Integration und Diversität Andersartigkeit (Heterogenität) und Vielfalt (Diversi- sierten Vergemeinschaftung im Nahraum.
schaftliches Wohnen: zwischen
Otto/Heitmeyer, Wilhelm/Dol-
lase, Rainer (Hg.): Die Krise der
schieden werden müssen, sozusagen reflexartig. Jeder tät). Nicht die homogene Nachbarschaft, sondern die gelebter Sozialutopie, prag-
Städte. Analysen zu den Folgen muss dauernd schnelle Entscheidungen treffen. Dem In ihren Forschungen zur gruppenbezogenen Men- Gemeinschaft der vielen ist inzwischen zur gesell- matischer alltäglicher Lebens-
führung und instrumentalisier-
desintegrativer Stadtentwick- Individuum der Zweiten Moderne ist die Möglichkeit schenfeindlichkeit (GMF) betonen die beteiligten schaftlichen „Normalität“ geworden. Analog zum Von inszenierten Gemeinschaften zu ter Vergemeinschaftung. In:
lung für das ethnisch-kulturelle
Zusammenleben. Frankfurt a. M.
hinreichender reflexiver Distanz zu sich selbst ab- Sozialwissenschaftler, dass „ein möglichst angstfreies Begriff „Bastelbiographie“, den Anthony Giddens und Kooperationsgemeinschaften Widersprüche: Zeitschrift für so-
1988, S. 443–467 handengekommen. Sie sind schlicht nicht mehr in der Zusammenleben von Individuen und Gruppen unter- Ulrich Beck für die Bezeichnung der freigesetzten zialistische Politik im Bildungs-,
Gesundheits- und Sozialbereich
28 Vogelpohl, Anne: Stadt der
Lage, lineare narrative Biographien zu konstruieren. schiedlicher ethnischer, religiöser, kultureller oder Individuen prägten, wird daher auch der Begriff der In den 1970er- und 1980er-Jahren bildeten sich an
32/2012, S. 33–53
Quartiere? Das Place-Konzept Sie balancieren auf einem Hochseil in der Zirkuskuppel sozialer Herkunft mitsamt ihrer alltäglichen Lebens- „Bastelnachbarschaften“30 entwickelt, da diese sich vielen Orten neue Formen des gemeinschaftlichen
34 Lingg, Eva/Stiehler, Steve:
und die Idee der sozialen zwischen Scheidung, Jobverlust und permanenter praxis“ immer schwieriger „zu realisieren“26 sei. Eine überlagern und zudem einzelne Menschen in ver- Wohnens heraus, die zum Ziel hatten, gemeinsam
Dörfer. In: Schnur, Olaf (Hg.): Nahraum: In: Reutlinger, Christian/
Quartiersforschung. Zwischen
Selbstanpreisung. Sie sind nicht Künstler, sondern zentrale Frage wird daher sein, so Wilhelm Heitmeyer, schiedenen Nachbarschaften leben können. Sozialbe- wohnen und arbeiten zu können. Häußermann und Fritsche, Caroline/Lingg, Eva (Hg.):
Theorie und Praxis. Wiesbaden Bastler, Flickschuster ihrer selbst. Diese nicht-linearen wie der soziale Zusammenhalt und das friedliche ziehungen im Quartier finden heute nicht mehr linear Siebel charakterisierten diese Wohnprojekte als Raumwissenschaftliche Basics.
2008, S. 69–86 Eine Einführung für die Soziale
Individuen haben noch den Wunsch zu reflektieren, Zusammenleben in einer Gesellschaft gewährleistet statt, sondern heterogen und vernetzt. Es ist demnach inszenierte Gemeinschaften. Diese würden auf einer
Arbeit. Wiesbaden 2010, S. 170
aber sie haben weder die Zeit noch den Raum zur Re- werden können. auch nicht von einer Deckungsgleichheit von Nach- bewussten Organisation sozialer Netze beruhen, um
35 Häußermann, Hartmut/
flexion“.22 Gegen den Ausnahmezustand, der normal barschaften und Quartieren auszugehen. bestimmte Haushaltsfunktionen gemeinschaftlich zu Siebel, Walter: Soziologie des
geworden ist, wenden sich heute viele Akteure in den In der stadtsoziologischen Literatur wurde oftmals erledigen (Kinderbetreuung, Kochen, Beschaffung Wohnens. Weinheim/München
neuen Wohnquartieren. In einer Laudatio für Richard von der Stadt als „Integrationsmaschine“27 gespro- In den Politikwissenschaften setzte sich bereits Ende ökologisch unbedenklicher Lebensmittel in Koope- 1996, S. 320–321
Sennett anlässlich der Verleihung des Hegel-Preises in chen, in der dem Arbeitsplatz als Ort der Integration der 1990er-Jahre immer stärker das Konzept der rationen usw.).35 Diese „neuen selbstgewählten 36 Ebenda, S. 321
Stuttgart fasste Ulrich Beck die Möglichkeit der Indivi- eine zentrale Bedeutung zugewiesen wurde. Der „Local Governance“ durch, das die Befähigung lokaler Nachbarschaften funktionieren auf der Basis ähnlicher
duation folgendermaßen zusammen: „Der ‚Fortschritt‘ Blickwinkel hat sich jedoch in Zeiten von struktureller Netzwerke zur selbstorganisatorischen Steuerung in Lebensauffassungen und weitergehender sozialer
liegt in dem Trennenden, nicht in dem Verbindenden; Arbeitslosigkeit und hoher Migration von der ‚Werk- den Mittelpunkt rückte.31 Pluralistische Perspektiven Homogenität, d. h. sie beruhen auf einer feinkörnigen,
genauer gesagt: in einer Art Gemeinsamkeit ohne bank‘ auf die urbanen und multikulturellen Quartiere eröffnen polyzentrische Handlungsansätze. Es ging sozialen Segregation“.36 Auch viele Wohnprojekte,
Gemeinschaft, also in der Heterogenität von Gemein- verlagert. Inzwischen gewinnt das Verhältnis von auch um Entwicklungen und Chancen, die sich im die beispielsweise im „Netzwerk gemeinschaftliches
schaften (im Plural). Denn die sind es, die Individuation räumlicher Nähe und sozialer Interaktion deutlich an Sozialraum eröffnen. Mit dem zentralen Bestreben, Wohnen“ aufgelistet sind, beruhen noch auf der
ermöglichen.“23 Relevanz.28 Entsprechend dieser Verlagerungen haben die Bewohner in die Quartiersentwicklung einzubin- sozialen Homogenität und Interessensgleichheit der

14 15
1.2 EINFÜHRUNG

37 Ring, Kristien/AA Projects/


Senatsverwaltung für Stadtent-
inszenierten Gemeinschaft. Für neue, urbane Projekte bewusstsein etabliert werden? Es geht um ein Neben- 1 Einführung
des gemeinschaftlichen Wohnens, wie die Züricher einander von Gemeinschaften, die sich begegnen und
wicklung und Umwelt Berlin
(Hg.): Selfmade City. Stadtge- Modellprojekte, trifft diese Zuschreibung allerdings durchdringen können. Bereits in ihrer Forschung zu
staltung und Wohnprojekte nicht mehr zu. selbstinszenierten Wohnprojekten in Berlin betonte
in Eigeninitiative. Berlin 2013, Kristien Ring 2013 die neuen Nachbarschaftsqua-
S. 29
Neue urbane Formen des gemeinschaftlichen Woh- litäten in Baugemeinschaftsprojekten: „Selfmade
38 Sennett, Richard: Verfall und
Ende des öffentlichen Lebens.
Die Tyrannei der Intimität.
nens beabsichtigen programmatisch, eine soziale und
kulturelle Heterogenität herzustellen. Sie gestalten
City zeigt zahlreiche Beispiele, in denen Baugemein-
schaften über ihre individuellen Wohnräume hinaus
2 Wohnprojekte
Frankfurt a. M. 1983, S. 382 aktiv ihr Zentrum des Alltagslebens, bleiben aber Verantwortung übernehmen. So entstehen funktio-
39 Rauterberg, Hanno: Wir sind offen in der urbanen Gesellschaft für andere. Es geht nierende Nachbarschaften, die allen Anwohnern neue
die Stadt! Urbanes Leben in der ihnen letztlich um die Herstellung einer Balance zwi- Möglichkeiten bieten.“37
Digitalmoderne. Berlin 2013,
schen Homogenität und Heterogenität.
S. 19.

3 Stadt
Richard Sennett schrieb: „In dem Maße, wie die
Menschen lernen können, ihre Interessen in der
Solidarische Diversität in Kooperations- Gesellschaft entschlossen und offensiv zu verfolgen,
gemeinschaften lernen sie auch, öffentlich zu handeln. Die Stadt sollte
eine Schule solchen Handelns sein, das Forum, auf
Die neuen gemeinschaftlichen Wohnprojekte stre- dem es sinnvoll wird, anderen Menschen zu begeg-
ben – anders als die inszenierten Gemeinschaften nen, ohne dass gleich der zwangsvolle Wunsch hinzu-

4 Raum
der 1970er- und 1980er-Jahre – keine abgeschirmten, träte, sie als Personen kennenzulernen.“38
homogenen Lebenswelten mehr an, sondern, im
Gegenteil, eine urbane und soziale Vielfalt. Die Perspektive zum gemeinschaftlichen Wohnen
wird in unserer Forschung nicht auf die politische
Das Ziel der Diversität äußert sich in einer baulichen und Partizipation gelegt, die eine politische Einflussnahme
sozialen Vielfalt. Es wird mit den unterschiedlichsten intendiert, und auch nur nachgeordnet auf die soziale
Grundrisstypen experimentiert, aber auch die Zugangs- Partizipation, die die Teilhabe von Bürgern an ge-
chancen für finanziell schwächere Personen werden
erhöht. Um eine soziale Abschließung zu vermeiden,
legen einige Projekte das Ziel der sozialen Mischung
sellschaftlichen und gemeinschaftlichen Prozessen
anstrebt. Vielmehr sollen konkret die Möglichkeits-
räume für nachbarschaftliches Handeln im Quartier
5 Programm
bereits dezidiert in ihrer Satzung fest, wie beispiels- untersucht werden. Gemeinschaftliches Wohnen
weise wagnis in München oder die Kalkbreite in Zürich – ist eine Lebensform. Wenn auch formale bauliche
und/oder sie entwickeln Formen des Sozialtransfers. Ausstattungen, wie beispielsweise ein Gemeinschafts-
Immer verbreiteter werden auch Sozialfonds, die finan- zimmer, keine Voraussetzung für gemeinschaftliches
zielle Hilfe in temporären Notsituationen geben.

Die Inklusion finanziell schwächerer Personen spiegelt


Wohnen sein muss, so ist das Zusammenspiel von
sozialen und räumlichen Strukturen dennoch wichtig.
Dieses Wechselverhältnis von baulicher Gestaltung
6 Organisation
sich allerdings nicht in einer räumlichen Hierarchisie- und sozialem Handeln betont Hanno Rauterberg in
rung wider, wie sie üblicherweise von kommerziellen seinem Buch „Wir sind die Stadt!“: „Wie die Häuser
Bauträgern angewandt wird (die finanziell Schwachen zueinanderstehen, welche Bedeutung den Alleen,
in den unteren Stockwerken und die finanziell Starken Plätzen und Parks zukommt, kündet stets vom Zuei-
in den Obergeschossen bzw. im Penthouse). nander der Menschen und von der Geschichte der
geteilten Räume. Mehr noch: Die Stadt speichert nicht 7 Fazit
nur gesellschaftliche Ideale, sie scheint diese ebenso
Möglichkeitsräume in den „neuen urbanen in die Gegenwart hineinzutragen und das Zusammen-
Quartieren“ leben auf unterschwellige Weise mitzubestimmen.“39
Die neuen Möglichkeitsräume gemeinschaftlicher
Die Qualität nachbarschaftlicher Beziehungen Wohnprojekte in den nachbarschaftlichen Quartieren
entsteht, wie bereits gesagt, durch die faktische
Kommunikationsdichte. Wie kann durch bauliche
fördern die Entfaltung gemeinschaftlichen Lebens und
gestalten bereits die nahende Zukunft. 8 Anhang
Beschaffenheit eine neue Verantwortungsgemein-
schaft unterstützt und wie kann ein neues Bürger-

16
2 WOHNPROJEKTE WOHNPROJEKTE

2 Wohnprojekte ersten Hinweis auf das Selbstverständnis des Projekts


zu Quartiersvernetzung und Sozialorientierung. Mit
einem plakativen Titel beginnt auf der dritten Seite
tung erkannten Kategorien Stadt, Raum, Programm
und Organisation. Die Projektmatrix bildet damit
Gliederung und Inhalte des Buches ab und stellt einen
eine verbale Erläuterung: Sie charakterisiert die Entste- systematischen Überblick über die Forschungsergeb-
hung des Projekts, den baulichen Kontext, Motiva- nisse dar. Die gesamte Matrix ist im Bucheinschlag am
tion, Zielsetzung und das eigentliche Projektverfahren. Ende abgebildet, sie wird begleitet von einer Defini-
Die verschiedenen Ebenen der nach innen und außen tion der gliedernden Begriffe und ihrer Abgrenzung
gerichteten Vernetzung und projektspezifische Wege zueinander. Zur besseren Zuordnung und Lesbarkeit
zur Sozialorientierung werden aufgezeigt. Ein tabel- werden zu Beginn der einzelnen Kapitel die betreffen-
larischer Steckbrief beendet die Projektbeschreibung den Spalten noch einmal vergrößert dargestellt.
mit der Zusammenfassung der Fakten. Inhalte und
Zahlen sind in der Regel der Projekt- oder der Planer- In der abstrahierten grafischen Zusammenfassung
homepage entnommen, andere Quellen werden werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten sowie
benannt. der hohe Komplexitätsgrad der Projekte deutlich – die
Zwölf gemeinschaftsorientierte, gebaute Wohn- Schweiz, Österreich, Deutschland Matrix bildet aber keinen Bewertungsmaßstab ab. In
projekte mit Vorbildcharakter werden in Bezug auf der Vielfalt der möglichen Lösungen zeigt sie zum Bei-
Quartiersvernetzung und Sozialorientierung betrach- Fünf der Gebäudekomplexe befinden sich in Deutsch- Reihenfolge der Fallstudien spiel auf, dass gemeinschaftsorientierte Wohnprojekte
tet. Entstehungsorte, Motive und Akteure werden land, vier in der Schweiz und drei in Österreich. Die mit Öffnung zum Quartier in verschiedenen urbanen
charakterisiert und der Mehrwert, den diese Projekte dortigen Traditionen des genossenschaftlichen oder Die Abfolge orientiert sich an der städtebaulichen Kontexten, in einer Pluralität der Planungsfiguren und
für die Quartiere, in denen sie sich befinden, generie- gemeinnützigen Wohnungsbaus in urbanen Zonen Grundfigur von der Blockrandstruktur über die Zeile Gebäudetypologien oder im Rahmen unterschiedli-
ren, wird untersucht. Ermöglichungsarchitektur und erfordern einen Blick in diese Staaten und in her- zu Solitär und Cluster. Die ersten Beispielprojekte – cher Förderkonzepte und Trägerschaften entstehen
Aneignungsräume für nachbarschaftliches und quar- vorgehobene Städte. Die internationalen Beispiele Blockrandbauten im Bestand – sind damit tendenziell können; Leuchtturmprojekte existieren sowohl als Teil
tiersvernetzendes Miteinander werden aufgezeigt. ermöglichen eine länderübergreifende Perspektive; sie geschlossene Raumkonstrukte, von Beispiel zu Beispiel einer raumbegrenzenden Blockrandstruktur als auch
dienen vor dem Hintergrund veränderter wohnungs- öffnen sich die Planfiguren zum Quartier und zur Stadt, in freier Anordnung der Baukörper als Cluster.
politischer Rahmenbedingungen als Impuls für vor- der Grad der Durchwegung nimmt zu. Die Abfolge
Vorbildhafte Fallbeispiele bildhafte, innovative wie evolutionäre Entwicklungen. ist nicht als qualitative, sondern als methodische Ord-
nung zu verstehen. Aufbau der Matrix
Ausgewählt wurden innovative und experimentier-
freudige Wohnprojekte, die sich in Bezug auf ge- Quellen Die Fallbeispiele werden auf der linken Seite der Matrix
meinschaftlich orientiertes Leben mit Öffnung zum Struktur durch einen ‚Fußabdruck‘, einen Schwarzplan ohne
umgebenden Quartier auszeichnen. Alle Fallbeispiele Nach einer breiten Recherche ist die Selektion und Maßstab, durch Projektname, Quartier, Stadt, Land
sehen sich im Gründungsselbstverständnis und in der Darstellung der Projekte auf der Grundlage von Orts- Auf der Basis der Projektbeschreibungen werden in und eine Größenzuordnung knapp charakterisiert.
Selbstdefinition mit dem Quartier verbunden. Von besichtigungen und Interviews mit den verschiedens- den folgenden Kapiteln 3 bis 6 die Erfolgsfaktoren Eine quantitative Kennzeichnung folgt: Punkte mar-
einer Vernetzung mit dem Quartier bis hin zur Rolle ten Prozessbeteiligten entstanden: Initiatoren, Planer, gemeinschaftsorientierter Wohnprojekte herausgear- kieren die Zuordnung zu den Aspekten Stadt, Raum,
als Schrittgeber für Quartiersentwicklung ist die Rede. Bewohner, öffentliche Repräsentanten, Bauträger, beitet. Die beeindruckende Komplexität der Projekte Programm und Organisation und zu der benannten
Als Teil von prosperierenden Stadtentwicklungen mit Genossenschaftsakteure oder Kümmerer kamen zu erfordert eine strukturierte, vergleichende Betrach- Untergliederung. Eine weitere Informationsebene wird
angespanntem Wohnungsmarkt sind sie mit einer Wort. Zusätzlich wurden Fachpublikationen herange- tung – deshalb wird eine vertiefte, vergleichende an der oberen Blattkante durch eine Reihe von Pikto-
sozial anspruchsvollen Zielsetzung angetreten und zogen, die Innen- wie Außensicht der Projekte damit Analyse vorgelegt, die in die Kategorien Stadt, Raum, grammen eingeführt, ein begleitendes Stichwort er-
verstehen sich mit günstigen Mieten und einer breiten der Beschreibung zugrunde gelegt. Programm und Organisation untergliedert ist. Die läutert die Bildzeichen zusätzlich. Die vertikale Lesart
sozialen Durchmischung als Gegenmodell zum Woh- Benennung dieser übergeordneten Aspekte dient der ordnet die Fallbeispiele dem Inhalt der Piktogramme
nungsmarkt der privaten Bauträger. Die Umwandlung methodischen Erläuterung und abstrakten Darstellung. zu, die Charakterisierung der Projekte lässt sich in
monofunktionaler Siedlungen zu lebendigen Quartie- Aufbau der Fallbeispiele Damit wird die Veröffentlichung als Kompendium horizontaler Folge lesen. Die Piktogramme werden
ren spiegelt sich in der zunehmenden Gewichtung von nutzbar. Akkumulierte Informationen zu Einzel- auch im Fließtext der Kapitel eingesetzt: Sie kenn-
gemeinschaftlicher und gewerblicher Nutzung nicht Alle Projektdokumentationen sind zur Vergleichbarkeit aspekten werden durch die Struktur auffindbar. zeichnen inhaltlich zugehörige Abschnitte und stellen
nur im Erdgeschoss. Die ausgewählten Projekte mit ei- parallel aufgebaut. Auf der jeweils ersten Doppelseite ein Bindeglied zwischen übergeordneter Ebene, Matrix
ner Größe zwischen ca. 50 bis ca. 450 Wohneinheiten stehen sich eine Fotografie aus Fußgängerperspektive und damit Fallbeispielen her. Auch die Abbildungen in
wurden nach 2012 fertiggestellt. Dadurch kann nicht und ein Schwarzplan, der den städtischen Kontext Projektmatrix als Abbild den Kapiteln Stadt, Raum, Programm und Organisa-
nur die Handlungsabsicht, sondern auch die derzei- und die Lage des Fallbeispieles in Bezug auf Freiräume tion werden mit den Piktogrammen über den Kontext
tige Umsetzung in die Praxis betrachtet werden. zeigt, gegenüber. Alle Schwarzpläne sind genordet, Eine Matrix bietet einen komprimierten Überblick des Fallbeispiels hinaus einem übergeordneten Kon-
Dimensionen sind durch eine Maßskala nachvollzieh- über die Fallbeispiele und ihre individuelle Charakteri- text zugewiesen.
bar. Ein Zitat eines/einer Projektbeteiligten gibt einen sierung in Bezug auf die von übergeordneter Bedeu-

18 19
2.1 WOHNPROJEKTE L E B E N S O R T V I E L F A LT – C H A R L O T T E N B U R G , B E R L I N , D

„Wir sind ein Haus der Vielfalt; wir sind nach außen offen.“
2.1 Lebensort Vielfalt – Bernd Gaiser
1

Charlottenburg, Berlin, D

Blockinnenbereich mit Terrasse 1 Bernd Gaiser, Bewohner von Lebensort Vielfalt, Berlin, 31.10.2016

20 21
2.1 WOHNPROJEKTE L E B E N S O R T V I E L F A LT – C H A R L O T T E N B U R G , B E R L I N , D

Queere Gemeinschaften Prioritäten sollte aber weder eine generative Abschot- Wohnungen stehen älteren Schwulen zur Verfügung 2 Vgl. Lautmann, Rüdiger:
tung noch eine Abschottung nach sexueller Orientie- (60 Prozent Schwule über 55 Jahre, 20 Prozent Lebensort Vielfalt: Ghetto oder
Schutzschild? In: Informations-
rung stattfinden. Schwule unter 55 Jahre, die restlichen 20 Prozent broschüre der Schwulenbera-
Heterosexuelle und Lesben). Diese Quotierung tung. Berlin 2012, S. 42; Rote,
verdeutlicht das schwierige Bestreben, im Haus eine Michèle: Allein-unter-Männern.
In: SZ-Magazin 46/2011 , S. 8
Quartier – Balance zwischen Sichtbarkeit Balance zwischen Schutz und Öffnung zu finden.
und Einfügen Zwar steht der Wohnbereich vordergründig älteren 3 Gaiser, Bernd: Ein ganz
normales Mietshaus. In:
Schwulen zur Verfügung, gleichzeitig soll aber auch Informationsbroschüre der
Nach längerer Suche wurde in Charlottenburg in der eine generative Öffnung und ein Zusammenleben mit Schwulenberatung. Berlin 2012,
Die Schwulenberatung Berlin, gegründet 1981, er- Deshalb wurde in Berlin ein Ort gesucht, an dem Niebuhrstraße ein leer stehendes Gebäude gefunden, Menschen anderer sexueller Orientierung signalisiert S. 38–39

öffnete 1998 eine Wohngemeinschaft für Schwule ältere und jüngere Schwule zusammenleben können. das 1938 als Polizeistation gebaut und später als Kin- werden. Der Lebensort Vielfalt ist beides: ein „ganz
mit psychischen Beeinträchtigungen. Es war das erste Der beschützte Wohnort sollte auch ein Platz sein, derheim und Kindertagesstätte genutzt wurde. Das Be- normales Mietshaus“3 und gleichzeitig ein ungewöhn-
homosexuelle Wohnprojekt in Deutschland. Da das an dem die Bewohner ihre sexuelle Neigung nicht standsgebäude liegt in der dichten Blockstruktur eines liches Wohnexperiment.
Wohnen für ältere homosexuelle Männer eine beson- ständig erklären müssen. Gleichzeitig sollte das bürgerlichen innerstädtischen Stadtteils, die benach-
dere Herausforderung darstellt, bildete sich 2003 ein Projekt aber in eine ‚normale‘ Nachbarschaft einge- barten Gründerzeitgebäude sind denkmalgeschützt. Der experimentelle Charakter zeigt sich nicht in un-
Gesprächskreis zu dem Thema ‚Wohnen im Alter‘. bunden sein. Der Umbau des großen Gebäudes passt sich auch mit gewöhnlichen Wohnformen. Intensive Diskussionen
In der Regel haben ältere Schwule keine jüngeren Einfügung von Balkonen und einem durchlaufenden verdeutlichten den Wunsch der zukünftigen Bewoh-
Angehörigen (Kinder und Enkelkinder). Zudem sind Gaubenband im Dachgeschoss angemessen an die ner, in ‚normalen‘ abgeschlossenen Wohnungen zu
sie aufgrund ihrer früheren Diskriminierung durch Lebensperspektiven schwuler Männer Umgebung an. Die Gestaltung der Fassade ist zurück- leben. Nur in der Pflegewohngruppe wurde eine
den Paragrafen 175 sehr distanziert gegenüber tradi- haltend, selbst der Schriftzug über dem Eingang sucht gemeinschaftliche Wohnform angestrebt. Da jedoch
tionellen Institutionen der Altenpflege, zum Beispiel In der Projektfindungsphase mussten grundlegende die Balance zwischen Sichtbarkeit und Einfügung. der Bedarf an einer Wohngemeinschaft für demenziell
Altenheimen. Die etwa 200.000 Schwulen, die in Fragen diskutiert werden, die sich von anderen ge- Erkrankte anders als erwartet bisher nicht sehr hoch
Berlin leben, bilden keine geschlossene Gemeinschaft. meinschaftlichen Wohnprojekten unterschieden: war, entstand eine offene Pflegewohngemeinschaft.
Besonders ältere und jüngere Schwule trennen sehr Wollen die schwulen Männer unter sich bleiben Vier Säulen
unterschiedliche Lebenswelten. oder ihr Projekt auch Menschen mit einer anderen
sexuellen Orientierung (z. B. heterogenen Menschen) Im Gesprächskreis Anders Altern wurde eingehend Vielfältige Nutzungen
öffnen? Wie kann das Leben im Alter aussehen? Sind über das Wohnprojekt Lebensort Vielfalt beraten. Vier
besondere Anforderungen für demenziell Erkrankte Säulen sollten das Gesamtprojekt tragen: Das Gebäude des Lebensort Vielfalt ist ein Altbau.
erforderlich? • ein Wohnbereich mit Gemeinschaftsraum im Die roedig.schop architekten mussten die historische
Erdgeschoss, Bausubstanz – vor allem die Tragstruktur – berück-
Nach eingehenden Diskussionen entschied sich eine • eine Wohngemeinschaft für demenzkranke bzw. sichtigen und beim Umbau zeitgemäße energetische
Arbeitsgruppe dafür, den Schwerpunkt auf ‚normale pflegebedürftige schwule Männer, und technische Standards erfüllen, aber auch sozialen
Wohnformen‘ schwuler Männer zu legen. Es sollte • wilde Oscar als Café und Restaurant sowie Ort für und funktionalen Anforderungen gerecht werden. In
aber auch ein besonderes Angebot für ältere Schwule Kommunikation und Veranstaltungen und einer dem Gebäude, das 2012 bezogen wurde, befinden
(z. B. Demenz-WG) integriert werden. Trotz dieser Bibliothek sich ein Café/Restaurant, Besprechungsräume der
• und die Beratungsstelle (Schwulenberatung Berlin). Schwulenberatung Berlin und die Bibliothek im Erd-
geschoss, im ersten Obergeschoss die Büroräume der
Innerhalb der Schwulenbewegung war es nicht un- Schwulenberatung sowie die Wohnnutzungen in den
umstritten, ein Wohnprojekt vorrangig für Schwule zu oberen Stockwerken. Diese werden durch einen innen
realisieren. So gab es Stimmen, die dieses Projekt als liegenden Laubengang erschlossen, der gleichzeitig
einen „grausigen Rückzug“2 bezeichneten und den energetischer Pufferraum ist und erlaubt, dass die
Hausbefürwortern vorwarfen, sich aus Furcht vor Aus- Fassade nicht gedämmt werden muss. Eingänge und
grenzung lieber gleich selbst zu diskriminieren. Küchen orientieren sich zu diesem auch als ‚Dorf-
straße‘ bezeichneten Begegnungsraum.
In den 24 Wohnungen, die sich in dem sechsstöckigen
Gebäude in den oberen Stockwerken befinden, sollen Im Unterschied zu vielen anderen gemeinschaftlichen
vorrangig alte schwule Männer mit jungen Schwulen, Wohnprojekten wurde eine ungewöhnliche Rechts-
aber auch mit Lesben und heterosexuellen Menschen form und Trägerschaft gewählt. Nicht die Bewohner
leben können. Um trotz der Prioritäten eine gewisse selbst, sondern die Schwulenberatung Berlin ist
Durchmischung zu gewährleisten, wurde für die Besitzer des Gebäudes. Als Rechtsform wurde 2007
Belegung eine Quotierung entwickelt. Die meisten eine gGmbH (gemeinnützige Gesellschaft mit be-
Ansicht Straße Empfang

22 23
2.1 WOHNPROJEKTE L E B E N S O R T V I E L F A LT – C H A R L O T T E N B U R G , B E R L I N , D

4 Interview mit Marcel de schränkter Haftung) gewählt, da sich diese auch für Transgender-Community verortet. Folglich ist das Pro- chen Bereichen klar getrennt und befindet sich in den rungen – Vielfalt und Homogenität, Jung und Alt,
Groot (interviewt von: Lisa den späteren Betrieb des Hauses mit einer Mieterge- jekt Lebensort Vielfalt ein Kristallisationspunkt nicht oberen Stockwerken. In den Wohnbereichen ermög- Öffnung und Inklusion – finden muss. Das Projekt
Fürniss/Hannes Kalau vom Hofe/
Johannes Riekert/Lucia Wolf, meinschaft eignete. „Die neue Rechtsform […] sollte nur der Schwulenbewegung in einer weltoffenen lichen die breiten Erschließungsflächen Räume zur bewegt sich zudem zwischen Normalität (individuelle
Berlin; 21.11.2014) eine klare Struktur schaffen, das operative Geschäft Hauptstadt. Kommunikation. Zwischen den Wohnungen entstan- Wohnräume) und soziales Experiment. Gerade diese
sichern und die Weiterentwicklung der Schwulenbera- den im Laubengang kleine Flurnischen. Ein Gemein- gelungene Balance unterschiedlichster Anforderungen
tung Berlin erleichtern“4, so Marcel de Groot von der Stadt- und Quartiersöffentlichkeit schaftsraum mit Hofzugang befindet sich zudem im zeichnet das Projekt aus.
Schwulenberatung. Erdgeschoss.
Am Eingang im Erdgeschoss befindet sich ein Concierge-
Besonders schwierig gestaltete sich die Finanzierung Dienst. Dort werden Besucher empfangen, persön- Interviews
des Projekts, da es auf einen hohen Anteil an Fremd- lich begrüßt und über die verschiedenen Angebote Experiment und Normalität
mitteln angewiesen war. Die Finanzierung der Ge- informiert. Ein weiteres Angebot im Erdgeschoss stellt Bernd Gaiser, Bewohner des Lebensort Vielfalt, Berlin, 31.10.2016
samtkosten von ca. 6 Millionen Euro konnte schließ- die Bibliothek dar. Mit rund 3.500 Büchern und 500 Der Lebensort Vielfalt ist ein hybrider Ort, der sehr Ulrich Schop (roedig.schop architekten), Architekt des Lebensort
lich durch Mittel der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Zeitschriften ist diese die umfangreichste Leihbibliothek viele Anforderungen erfüllen muss. Er soll normaler Vielfalt, Berlin, 12.09.2015

Berlin (3 Millionen Euro), der Stiftung Deutsches Hilfs- des Landes zu den Themen der Queer-Community. Wohnraum für überwiegend ältere Männer sein, er Marcel de Groot, Leiter der Schwulenberatung (Lisa Fürniss/Hannes
Kalau vom Hofe/Johannes Riekert/Lucia Wolf – Studierende), Berlin,
werk/Ein Platz an der Sonne, einen Kredit der KfW, soll einen Quartierstreffpunkt bilden und eine Bera- 21.11.2014
Sponsoren- und Spendengelder sowie Mieterdarlehen Das im Erdgeschoss zum Innenhof orientierte Café und tungs- und Anlaufstelle für Schwule der ganzen Stadt Korrespondenz mit Dr. Marco Pulver, Netzwerk Anders Altern,
gesichert werden. Das Grundstück wurde vom Bezirk Restaurant wilde Oscar ist ein integratives Restaurant sein. Das Projekt ist ein Lebensort des Ausgleichs, der Oktober/November 2016
Charlottenburg für 75 Jahre in Erbpacht vergeben. mit 120 Sitzplätzen und regelmäßigen Veranstaltun- stets die Balance zwischen verschiedenen Anforde-
gen im Kulturbereich. Dieser Ort wurde ursprünglich
auch als alltäglicher Treffpunkt der Hausbewohner
Vernetzungen und Öffentlichkeit gedacht, ist aber seit Frühjahr 2016 nur noch bei Ver-
anstaltungen geöffnet. Lebensort Vielfalt, Charlottenburg, Berlin, D
Aufgrund der verschiedenen Nutzungen im Gebäude Adresse Niebuhrstraße 59 – 60
werden sehr unterschiedliche Formen von Privatheit Die Eigentümerin des Hauses, die Schwulenberatung 10629 Berlin
und Öffentlichkeit angestrebt. Das Projekt soll intimer Berlin, betreibt im ersten Geschoss eine Beratungs- Deutschland
Wohnort und öffentliche Bühne zugleich sein. stelle; hier arbeiten bis zu 50 Personen. Auf städti-
Erstbezug 2012
scher Ebene fungiert der Lebensort Vielfalt und die
‚Weltöffentlichkeit‘ dortige Schwulenberatung als zentrale Einrichtung für
Berlin. Es finden regelmäßig Informations- und Bera-
Bauträger Psychosoziales Zentrum für Schwule, Berlin
Da das Projekt einmalig in Europa ist, besuchten es tungsveranstaltungen sowie Besprechungen statt.
Delegationen aus vielen Ländern. Laut der Schwulen-
beratung entwickelten sich unabhängige Folge- Hausöffentlichkeit Entwurf roedig.schop architekten, Berlin
projekte in London, Stockholm, Kopenhagen und Riepl Kaufmann Bammer Architektur, Wien (Bauteil b)
Amsterdam. Die Bewohner und die Schwulenberatung Die Pflege-WG befindet sich im zweiten Stock. Der Univ.-Prof. Arch. DI Klaus Kada, Graz (Bauteil c)
sind international in der Lesbian-, Gay-, Bisexual- und sonstige Wohnbereich ist ebenso von den öffentli- rajek barosch landschaftsarchitektur, Wien

Flächen Grundstück 2.230 qm


Wohnen 1.505 qm
Gewerbe 1.262 qm
Gemeinschaft 184 qm

Wohnungen 24 Wohnungen
Pflegewohngemeinschaft für schwule Männer

Förderung Erbpacht, Stiftung Deutsche Klassenlotterie, Stiftung Deutsches Hilfswerk/Ein Platz an der Sonne,
Mieterdarlehen, Sponsoren

Gemeinschaft Räume: Gemeinschaftsraum, Bibliothek, Concierge-Dienst, interner Laubengang


Freiflächen: Innenhof, Terrasse

Quartier Räume: Beratungsstelle und Büros der Schwulenberatung Berlin, Versammlungs- /


Besprechungsraum, Bibliothek, Restaurant wilde Oscar

Bibliothek Blick in eine Wohnung

24 25
2.2 WOHNPROJEKTE KALKBREITE – ZÜRICH, CH

„Die Menschen, die Stadt konsumieren,


2.2 Kalkbreite – Zürich, CH sollen sie auch produzieren.“
1
Sabine Wolf

Aufenthalt im grünen Innenhof 1 Sabine Wolf, Tagung Soziale Ausrichtung von Baugemeinschaften, Vortrag Kalkbreite, Wien, 21.10.2016

26 27
2.2 WOHNPROJEKTE KALKBREITE – ZÜRICH, CH

Die Kalkbreite – ein neues Stück Stadt im Rosengarten oder Plenumssitzungen ein breites Erd- und Zwischengeschoss (Ebene Null, Mezzanin) 5 Interview mit Sabine Wolf
Spektrum an Beteiligungs- und Mitentscheidungs- wird durch vielfältige gewerbliche Nutzungen geprägt. 6 Vollenweider, Iris: Gesucht
prozessen. Sabine Wolf und andere Aktivisten ver- Der Gewerbemix reicht von Läden über Gesundheits- sind Autorenbetriebe. In: Ge-
wenden für diesen Beteiligungsprozess den Begriff praxen, Restaurants und Cafés bis hin zu Tagungs- nossenschaft Kalkbreite (Hg.):
Kalkbreite. Ein neues Stück
der „generischen Planung“5. In verschiedenen Veran- und Arbeitsräumen. Auf der Stadtebene entstand Stadt. Zürich 2015, S. 74
staltungen wurde das Nutzungskonzept und Bau- schließlich ein zusammenhängender, verdichteter und
programm entwickelt, das wiederum Grundlage für lebendiger Gewerbemix, der – so die Leiterin der Pro-
den Architektenwettbewerb wurde. Der Architektur- jektentwicklung Iris Vollenweider – „Boulevard- und
wettbewerb zog sich von 2007 bis 2009 hin. Flanieratmosphäre“6 schaffen sollte.
2 Genossenschaft Kalkbreite In Zürich entstand durch eine neu gegründete Ge- Doppelnutzung – Trambahnhalle und Wohnüberbau-
(Hg.): Kalkbreite. Ein neues nossenschaft ein ungewöhnliches und viel beachtetes ung – zu schaffen. In der Verwaltung herrschte die Das Büro Müller Sigrist Architekten aus Zürich setzte Der Hauptzugang zum zentralen Innenhof und
Stück Stadt. Zürich 2015
Quartiersprojekt. Eine neu gegründete Genossen- Ansicht vor, dass die „Stadt als Siedlungseigentümerin sich schließlich 2009 in dem offenen Wettbewerb Wohnbereich erfolgt vom Rosengartenplatz über eine
3 Ess, Peter: Der Gordische schaft wollte inmitten eines attraktiven und dicht nicht in der Lage wäre, eine solche Vision umzusetzen, gegen 54 weitere Teilnehmende durch. 2011 wurde großzügige Außentreppe. Hier befindet sich auch
Knoten. In: Genossenschaft
Kalkbreite (Hg.): Kalkbreite. Ein bebauten Innenstadtquartiers kein Siedlungsprojekt, Mieterpartizipation zu leben und Quartiersaktivitäten der Gestaltungsplan durch den Gemeinderat geneh- der Hauptzugang zum Gebäude (s. u.). Das Wohn-
neues Stück Stadt. Zürich 2015, sondern ein „neues Stück Stadt“2 realisieren. Die Ziele zu organisieren“3. Deshalb wurde 2006 das Areal im migt und die Baubewilligung erteilt, der Baubeginn angebot ist ausgesprochen vielfältig und reicht von
S. 30 waren von Beginn an ambitioniert und umfassend: Es Baurecht ausgeschrieben. Die neu gegründete Ge- erfolgte 2012 und die Eröffnung bereits im August Kleinst- und Familienwohnungen bis zu Wohngemein-
4 Vgl. Gmür, Patrick: Dafür sollte bezahlbarer Wohn- und Gewerberaum entste- nossenschaft Kalkbreite erhielt den Zuschlag. Es war 2014. schaften, Cluster- und Großwohnungen. Zudem gibt
musste ich bisher nach Berlin
hen und die Trennung von Wohnen, Arbeiten und seitens der Stadt mutig, einer neu gegründeten Ge- es neun Einzimmer-Wohnjoker, auch einzelne Räume
oder New York reisen. In: Ge-
nossenschaft Kalkbreite (Hg.): Kultur, die die traditionelle Moderne prägte, aufgeho- nossenschaft das Projekt anzuvertrauen, aber ebenso wie Flex-Zimmer oder Gemeinschaftsbüros können
Kalkbreite. Ein neues Stück ben werden. Vielfältige gemeinschaftliche Einrichtun- mutig war die Zuversicht der Akteure der Kalkbreite, Eine neues Stück Stadt zugemietet werden. Die Ausstattung mit Gemein-
Stadt. Zürich 2015, S. 41
gen sollten Orte der Begegnungen in dem sozial und dieses anspruchsvolle und große Projekt stemmen schaftsangeboten ist enorm (331 qm) und umfasst
funktional durchmischten Quartier schaffen. Das Ge- zu können, zumal sie nicht über hinreichende Erfah- Die Kalkbreite ist ein kompaktes Wohn-, Arbeits- und Gemeinschaftsräume, eine Sauna, Dachterrassen und
samtprojekt sollte weiterhin eine nachhaltige Entwick- rungen in der Bewirtschaftung von Gewerbeflächen Lebensprojekt, das durch die Überbauung der Tram- eine Gartenküche.
lung im Sinne der 2000-Watt-Gesellschaft fördern. verfügten (HNF Wohnen beträgt 7.811 qm, Gewerbe halle entstehen konnte. Die ebenerdige Tramhalle
4.784 qm und Gemeinschaft 631 qm!). Die Stadt wird durch Gewerbegebäude an der Badener- und
verabschiedete zudem einen Gestaltungsplan. Dieser Kalkbreitestrasse eingefasst und ist überdeckelt. Das Einhausung
Generische Planung schaffte für den speziellen Ort ein neues Baugesetz.
So konnten architektonische und städtebauliche Die städtebauliche Form der Blockrandbebauung
Bereits 1978 wurde auf dem Areal der Kalkbreite eine Qualitäten und der Verzicht auf Parkplätze festgelegt ist durch die „Einhausung“ der Tramabstellanlage
kommunale Wohnbebauung gefordert. In diesen werden.4 geprägt. Das achtgeschossige Gebäude wird durch
Jahren bemühten sich verschiedene Initiativen um die die stark befahrene Badenerstraße und durch die
Überbauung des Trambahnareals. Unter anderem wa- Die Genossenschaft strebte immer nach Transparenz Kalkbreitestrasse eingerahmt und erhält seine charak-
ren das stadt.labor und Vertreter der Genossenschaf- der Entscheidungen sowie nach Information der teristische Form durch die Abstaffelung des Baukör-
ten Karthago und Dreieck beteiligt. 2003 beauftragte Öffentlichkeit. Sie implantierte mit Arbeitsgruppen, pers nach Südwesten. Durch die Überdeckelung des
der Gemeinderat den Stadtrat, Grundlagen für die Workshops, meinungsbildenden Veranstaltungen Straßenbahndepots entstand ein 2.500 Quadratmeter

Knotenpunkt Kalkbreite Hofabstaffelung nach Südwesten Sitzstufen und Weg zur Dachterrasse Wohnen am Innenhof

28 29
2.2 WOHNPROJEKTE KALKBREITE – ZÜRICH, CH

7 Kalkbreite-News. Newslet- großer Innenhof. Das kleine Bestandsgebäude am Der Kalkbreitehof – das Wohnzimmer des zweigeschossig ausgebildet. Als Kompensation für hier gegeben. Der in der Planungsphase formulierte
ter Nr. 24 der Genossenschaft Rosengartenplatz, an der Spitze des Baukörpers, Quartiers die Reduzierung des individuellen Wohnraums sind Anspruch, ein neues Stück Stadt zu bauen, wurde
Kalkbreite. 27.04.2015
gehört zur Kalkbreite; es enthält unter anderem sie großzügig bemessen. Insgesamt wird die durch- überzeugend umgesetzt.
8 „Die Genossenschaft Besprechungsräume. In den hohen Sockelgeschossen Die Überbauung des Straßenbahndepots ermöglichte schnittliche Wohnfläche verringert (von 40 qm, die in
Kalkbreite strebt bei den
Wohnungsmieterinnen eine des Hauptgebäudes befinden sich die öffentlichen die Anlage einer großzügigen, erhabenen Innenhof- Zürich durchschnittlich üblich sind, auf 31,9 qm in der
ausgewogene Durchmischung Nutzungen mit Gewerbe, Restaurant, Geschäften, fläche. Diese bietet ruhige Aufenthaltsmöglichkeiten Kalkbreite – inkl. Gemeinschaftsflächen). Trotz der Interview
an. Um dies zu erleichtern, Kino und Cafés. inmitten eines hochverdichteten, hektischen Quar- Reduzierung der Wohnflächen steigt der Wohnwert.
wird ein Solidaritätsfonds Sabine Wolf, Geschäftsleitungsmitglied der Kalkbreite, Zürich,
eingerichtet. Dieser soll helfen, tiers. Der Innenhof ist – dem Selbstverständnis der
11.03.2015
Mieterinnen in Notlagen und Genossenschaft entsprechend – öffentlich zugängig.
Haushalte mit einer zu starker Vielfältige Gemeinschaften Er wird quasi zum „Wohnzimmer des Quartiers“10. In Fazit
Belastung des Haushaltsbudgets
durch die Miete resp. durch unmittelbarer Nähe der Treppe befindet sich das Foyer, Literatur
den Erwerb von Pflichtanteilen Das Wohnprojekt Kalkbreite sprengt viele tradierte mit der Drehscheibe. Von diesem Bereich aus gelangt Die Kalkbreite zählt zu den Leuchtturmprojekten
zu unterstützen.“ Zitiert aus: Vorstellungen des gemeinschaftlichen Wohnens. man auch zu den Gästeapartments, zur Bibliothek des gemeinschaftlichen Wohnens in Europa. Durch Genossenschaft Kalkbreite (Hg.): Kalkbreite. Ein neues Stück Stadt.
Reglement des Solidaritätsfonds Zürich 2015
der Genossenschaft Kalkbreite. Es beruht nicht, wie traditionelle gemeinschaftliche und Waschküche sowie zur Kantine. Auf der anderen verschiedene Partizipationsmöglichkeiten wurden
Kalkbreite-News. Newsletter Nr. 24 der Genossenschaft Kalkbreite.
Genossenschaft Kalkbreite(Hg.): Wohngenossenschaften, auf einer weitgehenden Seite des Eingangsbereichs liegt der Gemeinschafts- neue Formen des städtischen gemeinschaftlichen 27.04.2015
Zürich 2015, S. 1. Abzurufen Homogenität und Interessenübereinstimmung der raum einer Großwohngemeinschaft. Je weiter man sich Zusammenlebens entwickelt. Zentrale Aspekte neue-
unter: www.kalkbreite.net/
anleitung/Solifondsreglement. Mitglieder. Vielmehr wird Vielfalt und Differenz vom Eingang des Innenhofs entfernt, umso stärker rer Wohnprojekte wie soziale Durchmischung, Woh-
pdf, (besucht am 21.12.2015) zum wesentlichen Merkmal. Dieser Haltung ent- wird der nicht öffentliche Charakter. Am Ende des nen und Arbeiten oder Quartiersorientierung sind
9 Jugel, Grit: Das Ringen um sprechend wurde ein extrem breites Spektrum an Hofes befindet sich der Kindergarten, der den hinteren
die richtige Form. In: Genos- unterschiedlichen Wohnungstypen realisiert, die von Teil des Innenhofs ebenfalls als Freifläche nutzt. Die
senschaft Kalkbreite (Hg.):
Einzimmer- bis 17-Zimmer-Wohnungen reichen; es Übergänge zwischen öffentlichen und privaten Be-
Kalkbreite. Ein neues Stück
Stadt. Zürich 2015, S. 60 sollte Raum für die unterschiedlichsten Wohnformen reichen sind fließend und für manche Besucher nicht Kalkbreite, Zürich, CH
entstehen (Einzelpersonenhaushalt, Zweipersonen- direkt erkennbar. Aufgänge als Rundweg-Erschlie-
10 Gratz, Lucia: Das gebaute
haushalt, Einelternhaushalt, Zweielternhaushalt, WG ßungen führen in projektinterne Bereiche (Stadtgarten Adresse Kalkbreitestrasse 2
Wir-Gefühl. In: Genossenschaft
Kalkbreite (Hg.): Kalkbreite. Ein mit Kindern, WG und Joker) und es sollen Menschen etc.). Balkone gibt es nur bei den Gemeinschaftsräumen 8003 Zürich
neues Stück Stadt. Zürich 2015, Schweiz
aus verschiedenen Nationalitäten und Einkommens- und nicht an individuellen Wohnräumen.
S. 66
situationen zusammenleben können. Durch städtische Erstbezug 2014
und kantonale Darlehen in Höhe von 2,2 Millionen
Schweizer Franken konnten zwölf Wohnungen verbil- Innere Erschließung und Clusterwohnungen
ligt an Haushalte mit niedrigem Einkommen vermietet Bauträger Genossenschaft Kalkbreite, Zürich
werden.7 Da die Genossenschaft der Gemeinnützig- Grit Jugel, die als Architektin im Büro Müller Sigrist
keit verpflichtet ist, muss sie nicht gewinnorientiert Architekten an der Planung der Kalkbreite beteiligt
wirtschaften. Es werden dadurch vergleichsweise war, sieht in der Form des Projekts, die sich im Innern Entwurf Müller Sigrist Architekten, Zürich
freiraumarchitektur, Luzern
günstige Mieten für Zürich erzielt. Zur Ergänzung und aus der Erschließungsstraße, der Rue Intérieure,
Überbrückung von sozialen Notlagen der Genossen- entwickelt, das Vernetzende und Verbindende des
Flächen Grundstück 6.350 qm
schaftsmitglieder können zudem Mittel eines Solidari- ganzen Hauses. Durch Kaskadentreppen, die diagonal
Wohnen 7.811 qm
tätsfonds in Anspruch genommen werden.8 durch das Gebäude führen, wird das komplexe
Gewerbe 4.784 qm
Gebäude erschlossen. Vom Foyer – einem Hybrid Gemeinschaft 631 qm
In traditionellen Wohnprojekten wird zudem häufig aus Verwaltung, Hauswartung und Concierge – aus-
die Auffassung vertreten, dass der Ort, an dem sich gehend, verbindet die innere Erschließungsstraße die Wohnungen 97 Wohneinheiten in 55 Wohnungen plus 10 Jokerzimmer
Wohngemeinschaft-, Familien-, Paar- und Singlewohnungen
die Gemeinschaft findet, der zentrale Gemeinschafts- Wohngeschosse und führt auf die Dachgärten und
raum sein sollte. In der Kalkbreite hingegen wurde Gemeinschaftsräume.
Förderung Baurecht, Solidaritätsfonds, 11 subventionierte Wohnungen
eine andere Vision des gemeinschaftlichen Wohnens
entwickelt: „Irgendwie war klar, dass die Gemein- Die Clusterwohnungen sind an die Perlenkette der
schaftlichkeit nicht nur in den Großwohnungen und inneren Erschließung angefügt und räumlich nicht als
Gemeinschaft Räume: Foyer, Kantine, Waschsalon, Werkstätten, Bibliothek, Gemeinschaftsküche,
Gemeinschaftsräumen zum Ausdruck kommen sollte. eigenständige Wohneinheiten ausgebildet. Cluster- Pension mit 11 Zimmern
Das ganze Haus sollte die Gemeinschaftlichkeit wohnungen in der Kalkbreite ergeben sich aus der Freiflächen: Innenhof, Dachterrassen
ausdrücken.“9 Summe vieler Kleinstapartments, die mit der horizon-
talen Erschließung verbunden sind und als Zentrum Quartier Räume: Gewerbe, Büroarbeitsplätze, Schulungs- und Sitzungsräume, Kindertagesstätte, Café,
Restaurant, Kino, Pension mit 11 Zimmern
gemeinsame Räume haben. Die an der Rue Intérieure
Freiflächen: öffentlicher Innenhof
gelegenen Gemeinschaftsräume der Cluster sind stets

30 31
2.3 WOHNPROJEKTE WAGNIS 4 – AM ACKERMANNBOGEN, MÜNCHEN, D

2.3 wagnis 4, Am Ackermannbogen, „Für alle Projekte gilt, dass die wagnis eG mit ihrem Selbstverständnis von Beteiligung
und guter Nachbarschaft und vor allem mit den von ihr geschaffenen Gemeinschaftsräumen
in allen ihren Projekten eine wichtige Basis für das Miteinander vor Ort gelegt hat.
München, D Davon profitieren die eigenen Genossen, aber immer auch das Quartier.“
1
Homepage des Ackermannbogen e. V.

Zwei benachbarte Innenhöfe 1 Ackermannbogen e. V. (Hg.): 25 Annahmen und Richtigstellungen. Abzurufen unter: www.ackermannbogen-ev.de/verein/25-annahmen-und-richtigstellungen.html
(besucht am 13.03.2016)

32 33
2.3 WOHNPROJEKTE WAGNIS 4 – AM ACKERMANNBOGEN, MÜNCHEN, D

Nachbarschaftliches Genossenschaftswohnen Raumkanten heraus. An der exponierten Blockecke abgestimmt. Die Abstimmungen reichten von der 2 Anhang C1: Koop
liegen im Erdgeschoss die gewerblichen, öffentlichen Planung und Errichtung einer gemeinsamen Tief- Ackermann. In: Wohnbau-
genossenschaft wagnis eG
Räume: Das Büro der Genossenschaft befindet sich garage bis zur parzellenübergreifenden Außenraum- (Hg.): München-Schwabing.
nach Fertigstellung des Gebäudes vorübergehend hier; gestaltung. Dezidiert wurde angestrebt, die EG-Zonen Städtebauliche Entwicklungs-
die Räumlichkeiten sollen aber nach Bezug des Quar- zum Quartiersplatz öffentlich zu nutzen, „um die maßnahme Ackermannbogen 4.
Bauabschnitt. Wohnbaugrund-
tiers als Café genutzt werden. Zum Platz hin geöffnet Flächen städtisch zu beleben“2. stück WA4-Nord für Genossen-
befindet sich im Nordhaus der etwa 30 Quadratmeter schaften. Angebotsunterlagen,
große Seminarraum, die Stadtplatzlounge und Marias S. 19. Abzurufen unter:www.
wagnis.org/assets/files/
Kiosk mit Angeboten für den alltäglichen Bedarf. NachbarschaftsBörse und mehr wagnis4/20110209-WA4-
Im wagnis 4-Projekt soll genossenschaftliches Zu- gegenüber der Genossenschaft vertritt. Alle zentralen Angebotsunterlagen-wagnis4.
sammenleben in geförderten und frei finanzierten Entscheidungen werden durch das Plenum getroffen. Ähnlich wie in wagnis 1 gibt es einen Durchgang vom Das Wohnprojekte wagnis 4 der Genossenschaft wag- pdf

Wohnungen möglich sein. Ziel ist ein ressourcen- Platz zum Innenhof, der als überdachte Bühne der nis setzt im Ackermannbogen seine hohe Bereitschaft, 3 Vgl. Ackermannbogen e. V.
schonendes, ökologisches, verantwortungsvolles Gemeinschaft genutzt werden kann. Dort befinden eine Vernetzung von verschiedenen Initiativen im Quar- (Hg.): Sachbericht zum Verwen-
dungsnachweis 2014 der Nach-
Bauen und Leben. Das gemeinschaftsorientierte Haus am Platz sich auch die Boulderwand und der Zugang des Büros tier zu fördern, fort. Mit dem Café Rigoletto in wagnis 1, barschaftsBörse am Ackermann-
Projekt soll gemeinsam mit den Nachbarn Möglich- für Pflegedienste. das als eigenständige GmbH geführt wird, oder dem bogen (NB). Abzurufen unter:
keiten zum Älterwerden im Quartier sichern. Das vierte Projekt der wagnis Genossenschaft wurde Raum Olmyp in wagnis 2 entstanden bereits Räume, www.ackermannbogen-ev.de/
verein/25-annahmen-und-
von dem Büro A2architekten (Freising) geplant, das Die Gemeinschaftsräume und -flächen sind großzügig die öffentlich und nachbarschaftlich nutzbar waren. Im richtigstellungen.html (besucht
bereits verantwortlich für das wagnis 1-Projekt war. bemessen; es gibt einen schallisolierten Musikraum im vierten Bauabschnitt des Ackermannbogens wird dieses am 21.11.2015)
Kontinuitäten Drei längliche, miteinander verbundene Baukörper Keller, der auch von externen Musikgruppen gemietet Angebot erweitert. So sollen die Gemeinschaftsräume
sind in U-Form angeordnet. Über die kommunikative werden kann. Zwei Gästeapartments stehen den Haus- der GEWOFAG ebenso wie die Gemeinschaftsräume
Die Genossenschaft wagnis hat im Konversions- Erschließungsform der Laubengänge, die sich im bewohnern und Gästen zur Verfügung. Großzügig von wagnis 4 in die vorhandene Struktur der Nachbar-
gebiet Ackermannbogen in München im letzten Nord- und Osthaus zum Innenhof und im Westhaus ist der projektinterne Dachgarten, der als Gemein- schaftsBörse eingebunden werden.
Bauabschnitt ihr drittes Wohnprojekt wagnis 4 zur Quartiersstraße orientieren, werden die Wohnun- schaftsdachterrasse und als Gemeinschaftsgarten
(neben wagnis 1 und wagnis 2; wagnis 3 befindet gen zugängig gemacht. Ausbuchtungen, die privat genutzt wird. Die NachbarschaftsBörse, die seit 2004 besteht,
sich in Riem) realisiert. Mit dem vierten Projekt setzt genutzt werden können, weiten die Laubengänge offeriert inzwischen ein breites Angebot an Mitmach-
die Genossenschaft die wohnreformerische Tradition stellenweise auf. Der Preis der offenen Erschließungs- aktivitäten. Ziel ist dabei der Aufbau langfristiger und
fort, die bereits mit den Vorgängerprojekten seit den form ist die Einsehbarkeit der Wohnungen von den Nachbarschaftliche Abstimmung tragfähiger nachbarschaftlicher Beziehungen und
1990er-Jahren eingeleitet wurde. Laubengängen. Netzwerke. Zur Entlastung der Ehrenamtlichen und
Im vierten Bauabschnitt im Wohnbaugrundstück WA 4 um Synergien von quartiersbezogener und stadtteil-
Die Hausgemeinschaft gibt sich jeweils eine Organi- Die 53 Wohnungen tragen den unterschiedlichen im Ackermannbogen verfolgten verschiedene Akteure kultureller Arbeit zu erreichen, wird seit 2015 eine
sation innerhalb der Genossenschaft, um sich weit- Haushaltstypen, zum Beispiel Singles oder Familien, gemeinsame Ziele in Planung, Bauausführung und Dauer-Teilzeitstelle durch das Kulturreferat der Stadt
gehend selbst zu verwalten. Es gibt verschiedene Rechnung. Es wurde jedoch auf experimentelle Formen Bewirtschaftung der Gebäude und Freiflächen. Ge- München gefördert. So gibt es als Kooperations-
Hausgruppen – Finanzen, Hausbewirtschaftung, wie variable Grundrisse verzichtet. Der begrünte Innen- meinsam mit den beiden benachbarten Baugemein- projekt von NachbarschaftsBörse und KulturBüro an
Gemeinschaftsräume und Kommunikation – und raum vermittelt deutlich einen privaten Charakter. Im schaften wohnen & atelier und gemeinsam größer Wochenenden auch interkulturelle Mitmachangebote
einen Haussprecher, der die Interessen des Hauses Osten und zum Stadtplatz im Norden bilden sich klare wurden Eckpunkte in regelmäßigen Jour-fixe-Treffen (KulturNachbarn).3

Laubengang mit Balkon Laden zum Platz Durchgang – gemeinsamer Ort Gemeinsamer Dachgarten

34 35
2.3 WOHNPROJEKTE WAGNIS 4 – AM ACKERMANNBOGEN, MÜNCHEN, D

4 Vgl. Wohnbaugenossen- Bemerkenswert ist ebenfalls das Projekt Wohnen im Übergang öffentlich zugänglich.“7 Heute öffnet sich Interviews Anhang C1: Koop Ackermann. In: Wohnbaugenossenschaft wagnis eG
schaft wagnis eG (Hg.): Praxis Viertel. Es soll älteren Menschen helfen, auch bei Pflege- das Projekt zum Platz, schirmt sich aber im Innern ab. (Hg.): München-Schwabing. Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme
für Psychotherapie und Pflege- Ackermannbogen 4. Bauabschnitt. Wohnbaugrundstück WA4-Nord
stützpunkt. Abzurufen unter: bedürftigkeit weiterhin im eigenen Viertel und der Elisabeth Hollerbach, Geschäftsführerin der Genossenschaft wagnis für Genossenschaften. Angebotsunterlagen. Abzurufen unter:
www.wagnis.org/wagnis/ eigenen Wohnung leben zu können. Das Älter werden Als Kommunikationsort wird auch Marias Kiosk ange- eG, München, 24.03.2015 und 03.07.2015 www.wagnis.org/assets/files/wagnis4/20110209-WA4-
wohnprojekte/wagnis-4/ am Ackermannbogen (ÄlwA) ist eine Initiative von sehen. Umfragen hatten ergeben, dass die Bewohner Christoph Miller, Vorstandsmitglied der Genossenschaft wagnis eG, Angebotsunterlagen-wagnis4.pdf (besucht am 21.11.2015)
praxisraeume-pflegestuetzpunkt- München, 01.07.2016 Wohnbaugenossenschaft wagnis eG (Hg.): München-Schwabing.
wagnis-4.html (besucht am wagnis-Genossen und Nachbarn mit Einbindung von des Ackermannbogens insbesondere einen Zeitschrif-
Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme Ackermannbogen 4. Bau-
21.02.2016) Ehrenamtlichen und dem Evangelischen Pflegedienst tenladen vermissen. Deshalb wurde am Quartiersplatz abschnitt. Wohnbaugrundstück WA4-Nord für Genossenschaften.
5 Wohnbaugenossenschaft München. Auch das Projekt wagnis 4 ist in dieses im wagnis-Gebäude ein Dorfladen eröffnet, der auch Literatur Angebotsunterlagen. Abzurufen unter: www.wagnis.org/assets/
wagnis eG (Hg.): Mün- Netzwerk eingebunden: In der Petra-Kelly-Straße 29 „als Kommunikationsort für das Quartier und als files/wagnis4/20110209-WA4-Angebotsunterlagen-wagnis4.pdf
chen-Schwabing. Städtebauliche (besucht am 21.11.2015)
wurde ein Büro an einen Pflegedienst vermietet, der Bindeglied zwischen Gemeinschaftsraum, Mobilitäts- Ackermannbogen e. V. (Hg.): 25 Annahmen und Richtigstellungen.
Entwicklungsmaßnahme Acker- Abzurufen unter: www.ackermannbogen-ev.de/verein/25- Wohnbaugenossenschaft wagnis eG (Hg.): Praxis für Psychotherapie
mannbogen 4. Bauabschnitt. ältere Menschen im Viertel versorgt. Es dient auch als station und Bistro“8 dienen soll. und Pflegestützpunkt. Abzurufen unter: www.wagnis.org/wagnis/
annahmen-und-richtigstellungen.html (besucht am 13.03.2016)
Wohnbaugrundstück WA4-Nord Anlaufstelle für Beratung und Zentrale für die Pflege- wohnprojekte/wagnis-4/praxisraeume-pflegestuetzpunkt-wagnis-4.
für Genossenschaften. Ange- Ackermannbogen e. V. (Hg.): Sachbericht zum Verwendungsnach- html (besucht am 21.02.2016)
kräfte. Die gelungene Vernetzung ist auch dadurch weis 2014 der NachbarschaftsBörse am Ackermannbogen (NB).
botsunterlagen, S. 10 Abzurufen
unter: www.wagnis.org/assets/ ersichtlich, dass in der Nachbarschaft die GEWOFAG Soziale Mischung Abzurufen unter: www.ackermannbogen-ev.de/fileadmin/user_
files/wagnis4/20110209-WA4- eine Pflegewohnung auf Zeit eingerichtet hat und im upload/pdf/nachbarschaftsboerse/Sachbericht_2014.pdf (besucht
Angebotsunterlagen-wagnis4. am 21.11.2015)
Gemeinschaftsraum der Baugemeinschaft Schwabing Grundsätzlich verfolgt die Genossenschaft wagnis
pdf (besucht am 21.11.2015)
Hoch Vier ein gemeinsamer Mittagstisch und weitere das Ziel der sozialen und generativen Mischung. Im
6 Ebenda, S. 10
Gemeinschaftsangebote angeboten werden.4 Projekt wagnis 4 waren etwa 60 Prozent der Wohnun-
7 Ebenda, S. 10 gen gefördert (u. a. München-Modell) und 40 Prozent
8 Ebenda, S. 11 Die Genossenschaft wagnis sieht die nördlich an das Wohnungen frei finanziert. In den geförderten und
9 „Die angestrebte Quartiers-
Baugrundstück anschließenden öffentlichen Freiflächen freifinanzierten Wohnungen leben Singles, Paare,
vernetzung findet in erster Linie „als Chance und zugleich als Verpflichtung“5. In den Wohngemeinschaften, Familien und Alleinerziehende
im Freiraum statt; als Gegenmo- Planungen war ursprünglich beabsichtigt, auch den durchmischt unter einem Dach. Eine soziale Hierarchi- Wagnis 4, Am Ackermannbogen, München, D
dell zu ‚gated communities‘ blei-
ben die Freiflächen der Genos-
Innenbereich des Wohnprojekts „als Keimzelle für eine sierung wie die Positionierung der Sozialwohnungen
Adresse Petra-Kelly-Straße 29
senschaft öffentlich zugänglich funktionierende Quartiersvernetzung, für vielfältige unten und der freifinanzierten Wohnungen oben
80797 München
und auch für die Anwohner aus Aktivitäten am Stadtplatz“6 zu nutzen. „Die Freiflächen findet nicht statt. wagnis 4 bietet Raum für das nach-
der Nachbarschaft und Gäste Deutschland
erlebbar.“ Ebenda, S. 6
der Genossenschaften im Innern bleiben über diesen barschaftliche und quartiersvernetzte Mehrgeneratio-
nenwohnen. Dies impliziert, dass auch Älterwerden Erstbezug 2014
im Ackermannbogen möglich sein soll.

Bauträger wagnis eG, München


Genossenschaftliches Wohnen im Quartier
Entwurf A2architekten, Freising
Die sozialen, ökologischen und gemeinschaftsorien-
FreiRaumArchitekten, Regensburg
tierten Ansprüche der Genossenschaft wagnis sind
sehr ambitioniert. Das vierte Projekt ist erneut ein
Flächen Grundstück 3.776 qm
ausgesprochen gelungener Baustein der Quartiersent- Wohnen 4.083 qm
wicklung. Es zeigt die Fortentwicklung der Genossen- Gewerbe 186 qm
schaft auf anschauliche Weise. Wesentliche Aspekte Gemeinschaft 184 qm
der Quartiersvernetzung und Sozialorientierung
Wohnungen 53 Wohnungen und 2 Gästeapartments
konnten umgesetzt werden.

Im Detail zeigen sich aber auch Grenzen der Quartiers-


Förderung München Modell-Genossenschaften, Einkommensorientierte Förderung
öffnung. Das Bedürfnis nach Ruhe führte bereits in
der frühen Nutzungsphase dazu, dass der Innen-
bereich von Fremden nicht durchquert werden soll. Gemeinschaft Räume: Gemeinschaftsräume, Gästeapartments, Musikraum,
Somit kann ein in der Planungsphase dezidiert for- Freiflächen: Dachgärten, Laubengänge, Stadtplatzlounge, Boulderwand
muliertes Ziel9, die Freiflächen der Genossenschaft
öffentlich zugänglich und auch für die Anwohner aus Quartier Räume: Kiosk, eine Praxis für Psychotherapie, Seminarraum
der Nachbarschaft und Gäste erlebbar zu machen,
nicht umgesetzt werden.
Private Balkone zum Hof

36 37
2.4 WOHNPROJEKTE GIESSEREI – NEUHEGI, WINTERTHUR, CH

2.4 Giesserei, Neuhegi – „Ein aktives Zusammenleben der Generationen verbessert das gegenseitige Verständnis,
steigert die Wertschätzung, das Sicherheitsgefühl und die Lebensqualität.

Winterthur, CH Wir versuchen eine lebendige Nachbarschaft auch mit dem umliegenden Quartier
anzustreben und zu pflegen.“
1
Homepage der Giesserei

Innenhof mit Ausblick 1 Giesserei – das Mehr-Generationen-Haus (Hg.): Kredo der Giesserei. Abzurufen unter: www.giesserei-gesewo.ch/siedlung/siedlungskonzept (besucht am 27.10.2016)

38 39
2.4 WOHNPROJEKTE GIESSEREI – NEUHEGI, WINTERTHUR, CH

Generationenwohnen in Gemeinschaft Wohnbaugenossenschaft Gesewo aber hatte mit dem Hof als Gefäß 2 Interview mit Hans Suter
Projekt Sagi Hegi Erfahrung in Sachen Selbstverwal- 3 Ebenda
tung gesammelt, war offen für ein weiteres Experi- Das Siegerprojekt von Galli Rudolf Architekten und
4 Ebenda
ment und somit für die Übernahme. „Schon mit der der Landschaftsarchitekten Rotzler Krebs Partner
Gesewo war die Finanzierung schwierig, selbst ihre beschreibt in dem Cluster einen Block am Eulachpark.
Partnerbanken sind abgesprungen, ohne sie wäre die Zwei sechsgeschossige Längszeilen mit zwei niedri-
Finanzierung nicht möglich gewesen. In Winterthur gen Querbauten umfassen einen Hof, der zu einem
war die Besetzung der Wohnungen nicht selbstver- kollektiv genutzten Identifikationsraum wird. Er ist
ständlich gegeben. Es bestand daher ein Risiko für die ein Gefäß, in dem sich die Bewohner begegnen, sich
Selbstverwaltetes Gemeinschaftsleben Wohneinheiten musste im Prozess in Reaktion auf Altmitglieder der Gesewo, da jeder mit einer Einlage erholen, Kinder spielen. Die Ost-West-Orientierung
verfügbare wie geeignete Grundstücke kontinuierlich von 10 Prozent auch wirtschaftlich beteiligt war.“2 der Bauten bietet allen Bewohnern eine ähnliche
Der inhaltliche Impuls zum Projekt eines Mehrgenera- angepasst werden. Situation und ermöglicht zweiseitigen Ausblick; die
tionenhauses beruhte auf der Initiative einer Einzel- zweigeschossige Bebauung erlaubt Ausblicke auf die
person. Vorbild für einen alternativen Gesellschafts- Hybridcluster am Stadtpark umliegenden Hügel und ermöglicht im Norden zum
und Lebensentwurf bot das Zusammenleben in einem Industriebrache – Tabula rasa Park die mittägliche Besonnung des Hofes. Die Längs-
Wohnprojekt einer ehemaligen Fabrik in Toggenburg, 2008 lobte die Gesewo als Bauträger einen Architek- baukörper reagieren in Schnitt und Funktion auf die
ein Inserat von Hans Suter wurde zur Initialzündung. Zeitgleich wurde die Entwicklung des ehemaligen turwettbewerb aus, der neben der sozialen Zielset- jeweilige Situation im Block: Die städtisch harte Kante
50 Interessenten meldeten sich, zwei Arbeitskreise Werksgebiets der Sulzer AG in Oberwinterthur, einer zung auch anspruchsvolle ökologische Ziele wie das wendet sich mit Gewerbe zu Straßen und zum Park,
wurden gebildet. Anfänglich stand das Wohnen in der 60 Hektar großen Brache mit wenig erhaltenswertem Minergie-P-Eco-Label formulierte. Die Ausschreibung nach innen und zur Nachbarschaftszone filtert eine
zweiten Lebenshälfte im Fokus; im Prozess wandelte Baubestand am östlichen Stadtrand, angestoßen. Die des Wettbewerbs auf dem Grundstück der ehemaligen Balkon-Vorzone zwischen halböffentlich und privaten
sich das Ziel: Wohnen sollte alle Generationen verbin- Firma Sulzer stellte der Stadt ein sechs Hektar großes Gießerei wurde von Festlegungen des städtebaulichen Bereichen.
den. Ein Pilotprojekt für generationenübergreifendes Areal mit der Auflage zur Verfügung, einen Stadt- Rahmenplans begleitet. Er definiert in Bezug auf die
Zusammenleben sollte entstehen, eine selbstverwal- park, der schon vor der Bebauung erstellt werden Dimensionen der ehemaligen Werkhallen großforma- „Die Stadt Winterthur hat uns sehr gefördert.“4 – Mit
tete Siedlung für alle Lebensphasen ein nachhaltiges, sollte, als Katalysator der Tabula-rasa-Entwicklung tige Parzellen im vorhandenen weitmaschigen Erschlie- dem Mobilitätskonzept hat sie Freiräume zur Reduktion
zwangloses Gemeinschaftsleben ermöglichen. Die zu finanzieren. Sie erhielt damit die Genehmigung ßungsnetz; Urbanität wird an der zentralen Sulzerallee der Stellplatzzahl ermöglicht, aber ebenso das Pilot-
ursprünglich angedachte Projektgröße von ca. 50 für eine dichtere Überbauung des übrigen Gebiets. konzentriert. Das Modell Hybridcluster formuliert projekt Autofreie Siedlung unterstützt. In Winterthur
Die Industriebrache erwies sich als idealer Ort zur straßenbegleitende, geschlossene Bebauungen, die als Fahrradstadt entstand damit eine Begegnungszone
Platzierung eines solchen Projekts. Die verfügbaren große Cluster zusammenfassen, Gebäudehöhe und mit einer Maximalgeschwindigkeit von 20 km/h.
Grundstücksgrößen am Park lagen allerdings über maximale Gebäudetiefe sind für das Planungsgrund-
10.000 Quadratmeter, die darauf entwickelte Strate- stück festgelegt. Ebenfalls war eine Mischung von Woh-
gie, ein Grundstück gemeinsam mit allen regionalen nen und Arbeiten Vorgabe der Stadt. Sulzer Immobilien Städtebauliche Form und „Innenraum
Genossenschaften zu erwerben, scheiterte. führte die privatrechtliche Verpflichtung ein, 7,1 Prozent Hybrid Cluster“
der Nutzfläche für Gewerbe zur Verfügung zu stellen.
Ursprünglich sollte für das Pilotprojekt eine eigene Elf eingereichte Projekte wurden beurteilt, „im Wettbe- Schon im Wettbewerb wurde in Ergänzung zum
Genossenschaft gegründet werden. Die Winterthurer werb gab es Entwürfe wie eine Wagenburg“3. Modell Hybridcluster das Regelwerk „Innenraum

Giesserei am Eulachpark Gewerbe und Wohnen zur Straße Transparenz zwischen Hof und Park Blick in die Bibliothek Hegi

40 41
2.4 WOHNPROJEKTE GIESSEREI – NEUHEGI, WINTERTHUR, CH

5 Sulzer Immobilien AG/ Hybrid Cluster“5 zugrunde gelegt. Darin wird die Vierzimmerwohnungen umgewandelt. Durch die Re- macht Versäumnisse im Prozess deutlich. Die Zitate Pantoffelbar und Waschbars 9 Interview mit Hans Suter
Schweingruber Zulauf Land- Bildung von Nachbarschaft im Cluster durch eine duzierung der Quadratmeterzahl und des Standards – „Wir haben dabei viel zu wenig an die Wirtschafts-
schaftsarchitekten (Hg.): Regel- 10 Ebenda
werk Innenraum Hybrid Cluster. übergeordnete und abgestimmte Planung der Erdge- nur mit einer Nasszelle ausgestattet –, entstand eine faktoren gedacht“9 oder „Wir können doch das selber „Wir haben sehr viele alleinstehende Personen, die
11 Ebenda
Abzurufen unter: stadt. schosszone, durch zusammenhängende Gestaltung Reihe günstiger Wohneinheiten. Mit den Zweizimmer- machen“10 erläutern in diesem Zusammenhang die sich gegen die Einsamkeit entscheiden.“12 Viele und
winterthur.ch/themen/ 12 Ebenda
und Funktionsweise vorgegeben. Die Abgeschlossen- wohnungen waren diese zuerst vermietet. Die ge- Unterschätzung komplexer Sachverhalte. qualitätsvolle gemeinschaftliche Flächen fördern
leben-in-winterthur/planen-
und-bauen/gebiets-und- heit der städtebaulichen Großform der Giesserei wird plante Großwohnung veränderte sich mehrfach; heute das Miteinander; die Größe des Projekts macht die 13 Ebenda
arealentwicklung/neuhegi-die- auf Fußgängerebene aufgehoben; Räume werden wohnen hier acht Personen – als Verein treten sie ge- Ein Fahrradladen, eine Kita, ein Zentrum für Hirn- gemeinschaftlich genutzten Flächen tragbar: Der
neue-stadt-in-winterthur/ entsprechend ihrer Bedeutung und Öffentlichkeit genüber der Gesewo als ein Mieter auf. Die Jokerzim- verletzte, ein Musikzentrum, eine Galerie oder eine Giesserei-Saal fasst die Mitgliederversammlungen,
ehemaliges-sulzer-areal-
oberwinterthur/ftw-simplelayout- zugänglich gemacht. Die Rahmenplanung wird mit mer, als anmietbare Arbeitsräume gedacht, verfügen Töpferei sind weitere, zur Straße orientierte Gewer- eine Pantoffelbar mit Dachterrasse erlaubt den Aus-
filelistingblock/regelwerk-in- einer räumlich differenzierten Durchwegung in das über eine eigene Nasszelle. Die Vorgabe, 7,1 Prozent beräume, die das öffentliche Gesicht prägen. Auch blick auf die Berge, ein Übungsraum, zwei Waschbars,
nenraum-hybrid-cluster.pdf Konzept der Giesserei implementiert. Innerhalb des der Nutzfläche für Gewerbe zur Verfügung zu stellen, die kulturelle Ausstrahlung der Giesserei ist Teil der Gästezimmer, Gemeinschaftsräume und Werkstätten
(besucht am 16.02.2017)
Clusterrands entsteht eine vernetzte Nachbarschaft. wird auch durch die Jokerzimmer erfüllt. Vernetzung, dabei ist die Quartiersbibliothek Hegi ein erweitern das Angebot der Privaträume. Die Größe
6 Interview mit Andreas Galli Sie erhält eine eigene homogene Identität durch Aus- wichtiger Anziehungspunkt. „Wir sind gut vernetzt des Projekts legte es nahe, auch eine Pflegegruppe zu
7 Interview mit Hans Suter stattung und Materialität. Die überraschend ,andere in der lokalen Situation und offensiv auf Institutionen integrieren. Immer wieder wurde versucht, diese im
8 Gesewo (Hg.): Restaurant in Welt‘ des gelegentlich einsehbaren Innenhofs ist Teil Solidaritätsfonds zugegangen.“11 Viele Kinder aus dem Quartier nutzen Raumprogramm zu etablieren und einen Betreiber zu
der Giesserei. Abzurufen unter: dieser gewünschten Vielfalt. den attraktiven Kinderspielplatz im Hof gern. finden. Gründe für das Scheitern können inzwischen
www.gesewo.ch/restaurant.
Eine eigene Kommission steuert die Vermietung. Die benannt werden: „Wir hätten von Beginn an – schon
html (besucht am 17.12.2016)
elf Jokerzimmer – drei davon sind Gästezimmer – sind zur Ausschreibung des Wettbewerbs – Experten ein-
Vielfalt an Wohnungstypen nachgefragt. Bei der Erstvergabe war die Sicherstel- binden müssen. Wir haben Zeit verloren, indem wir
lung der Belegung relevant, inzwischen kann das mit einem Anbieter, der dann abgesprungen ist,
Die Erstellung ökonomischer Wohnungen mit kompak- Kriterium des Alters herangezogen werden. Das an- eineinhalb Jahre verhandelt haben. Wir haben die
ten, flexiblen Grundrissen und effizienter Erschließung fänglich unterrepräsentierte Alterssegment der 20- bis kleinsten Aufzüge eingebaut.“13
war wesentliches Planungsziel. Bei 155 Wohnungen 30-Jährigen konnte dadurch etwas aufgefüllt werden.
bieten 43 Wohnungstypen ein breites Spektrum von 60 Prozent der Bewohner sind Frauen, die Fluktua-
1½- bis Zehnzimmerwohnungen, Studios, Atelier- und tion ist gering. Wer das Eigenkapital von 10 Prozent
Maisonettewohnungen, Behinderten- und Alterswoh- nicht aufbringen kann, muss zumindest ein Drittel
nungen bis zu Großwohnungen und Jokerzimmern. der Summe organisieren, die restlichen zwei Drittel
Der beispielhafte, seriell erstellte Holzbau auf Grund- werden vom Solidaritätsfonds getragen. Mitglieder
lage eines Rasters von 3,20 Metern erfüllt ökonomi- spenden hierfür Geld ohne Zins und können es mit
sche wie ökologische Kriterien. Die Bauten in Holzbau- einer dreimonatigen Kündigungsfrist auslösen. „Der
weise beinhalten ein vielfältiges und differenziertes Solidaritätsfonds ist völlig freiwillig.“7
Wohnungsangebot: An nur acht Treppenhäusern lie-
gen bis zu fünf Wohnungen pro Etage, subventionierte
Wohnungen sind auf alle acht Erschließungskerne Quartiersvernetzung – Restaurant?
verteilt. Größere Wohnungseinheiten binden durch
und orientierten sich abwechselnd zum Hof oder Der vonseiten der Stadt geforderte Anteil öffentlicher
nach außen. Dadurch wird eine gegenseitige Störung Nutzungen unterstützt die Zielsetzung der Genos-
reduziert. Durch tiefe und vor den Wohnräumen um- senschaft, sich zum Quartier zu öffnen. Durch die
laufende Balkone, die sich ebenfalls abwechselnd zum Platzierung von Funktionen werden Zonierungen
Hof und nach außen wenden, entsteht ein Zugewinn geschaffen: Zu Straße und Park bilden die Räume des
an Wohnraum. Die Balkone vernetzen horizontal, aber Restaurants und der danebenliegende Giesserei-Saal
auch durch gelegentliche zweigeschossige Öffnun- einen anziehenden öffentlichen Ort – Durchblicke
gen vertikal und erweitern die Wohnfläche um ein zwischen Park und Hof heben Grenzen auf, der Saal
Gartenzimmer. ist sehr gut ausgebucht. „Das Restaurant soll als
gemütliches Quartierlokal und Treffpunkt für die
Hausbewohner/innen geführt werden.“8 Seit Ende
Planungsflexibilität 2014 ist es geschlossen, eine Abstimmung bestätigte
die Wichtigkeit des Restaurants für die Mitglieder.
Im Prozess wurden Anzahl und Zuschnitt der Woh- Aktive führten übergangsweise Zwischennutzungen –
nungstypen wie Größe der Zimmer reguliert – „Wir zum Beispiel einen eintägigen Theatertrailer – durch.
nennen das Planungsflexibilität“6. Drei- wurden in Der lang andauernde Versuch der Neuverpachtung
Blick in den Fahrradladen

42 43
2.4 WOHNPROJEKTE GIESSEREI – NEUHEGI, WINTERTHUR, CH

14 Ebenda Engagement und Überforderung Nachbarschaft und Selbstverwaltung Interviews Literatur


15 Interview mit Yvonne
Lenzlinger Selbstverwaltung auf der Grundlage basisdemokra- In der großformatigen Industriebrache ohne eigene Yvonne Lenzlinger, Bewohnerin und ehemalige Präsidentin der Aeberhard, Beat: Industrieareale als Wohnlabor. In: Tec21 35/2009,
tischer Entscheidungen prägt das Projekt von der Identität führen ein bindender, auf Nachbarschaft Giesserei, Winterthur, 10.03.2015 S. 18–22

Teilnahme in der Baukommission bis zum Alltags- ausgerichteter planerischer Rahmen und das Engage- Hans Suter, Projektleiter, Mitglied der Baukommission, Vorstandsmit- Fischer, Sabine von (Hg.): Galli Rudolf Architekten. Raumfassungen
glied, wohnt und arbeitet als Architekt in der Giesserei, Winterthur, 1998–2014. Zürich 2014
betrieb. Die Gemeinschaft entsteht durch Personen, ment einer selbstverwalteten Gruppe zu bemerkens- 10.03.2015 Gesewo (Hg.): Restaurant in der Giesserei. Abzurufen unter:
die helfen, diese zu aktivieren: „Jeder leistet 35 werten Synergien. Die sorgfältige Fortschreibung Andreas Galli, Büro Galli/Rudolf und Claudio Schiess, Projektleiter www.gesewo.ch/restaurant.html (besucht am 17.12.2016)
Arbeitsstunden pro Jahr – letztendlich bringt das die der städtebaulichen Rahmenplanung zur erweiterten Giesserei im Büro Galli/Rudolf, Zürich, 12.03.2015 Giesserei – das Mehr-Generationen-Haus (Hg.): Kredo der Giesserei.
Leute zusammen.“14 Andererseits muss die Balance Nachbarschaftszone im Hybridcluster bildet den Abzurufen unter: www.giesserei-gesewo.ch/siedlung/
siedlungskonzept (besucht am 27.10.2016)
zwischen Engagement und Überforderung beachtet passenden Rahmen für die anspruchsvollen sozialen
Simon, Axel: Ich bin eine Ökosiedlung! In: Hochparterre 3/2013,
werden. Die Selbstverwaltung im Rahmen des Haus- Zielsetzungen der Giesserei. Das Projekt selbst zeigt
S. 32–37
vereins gliedert sich in finanziell autonome Bereiche die hohe Leistungsfähigkeit von bürgerschaftlichem
Sulzer Immobilien AG/Schweingruber Zulauf Landschaftsarchitekten
wie Außenraum oder Gemeinschafträume – Bereichs- Engagement mit Verantwortungsbereitschaft in (Hg.): Regelwerk Innenraum Hybrid Cluster. Abzurufen unter: stadt.
verantwortliche werden gewählt, vierzehntägig findet genossenschaftlichem Rahmen auch in Bezug auf winterthur.ch/themen/leben-in-winterthur/planen-und-bauen/
gebiets-und-arealentwicklung/neuhegi-die-neue-stadt-in-winterthur/
eine Sitzung statt. An den Mitgliederversammlungen, Quartiersvernetzung und Sozialorientierung.
ehemaliges-sulzer-areal-oberwinterthur/ftw-simplelayout-
die alle sechs bis acht Wochen stattfinden, nimmt filelistingblock/regelwerk-innenraumhybrid-cluster.pdf
ein Drittel bis die Hälfte der Bewohner – 80 bis 150 (besucht am 16.02.2017)
Personen – teil. Auch Hauswarttätigkeiten werden in
Selbstverwaltung übernommen, dafür überweist die
Gesewo jährlich eine Summe von ca. 150.000 Fran-
ken. Mit diesem Geld werden Putzmittel, aber auch
Giesserei, Neuhegi, Winterthur, CH
kulturelle Aktivitäten oder Feste bezahlt. „Über das
Angebot von gemeinsamem Essen entsteht Gemein- Adresse Ida-Sträuli-Strasse 65
schaft, aber auch gemeinsame Putztage werden zu 8404 Winterthur
Events.“15 Schweiz

Erstbezug 2013

Bauträger Gesewo, Winterthur

Entwurf Galli Rudolf Architekten, Zürich


Rotzler Krebs Partner, Winterthur

Flächen Grundstück 11.037 qm


Wohnen 13.788 qm
Gewerbe 2.590 qm
Gemeinschaft 672 qm

Wohnungen 145 Wohnungen plus 10 Jokerzimmer


43 Wohnungstypen, u. a. Studios, Atelierwohnungen, Maisonettewohnungen, 1 Wohngemeinschaft

Förderung Baurecht, 34 subventionierte Wohnungen

Gemeinschaft Räume: Giesserei-Saal, Pantoffelbar mit Dachterrasse, Übungsraum, Waschbar, Gästezimmer,


Gemeinschaftsräume, Werkstätten
Freiflächen: Innenhof mit Spielplatz

Quartier Räume: Giesserei-Saal, Kinderkrippe, Werkstätten, Tagesstätte für Menschen mit Hirnverletzungen,
Gemeinschaftsräume, Quartiersbibliothek der Stadt Winterthur, Massagepraxis, Musikzentrum,
Praxisgemeinschaft, Geschäfte, Restaurant
Freiflächen: Innenhof mit Spielplatz

Tor zur Nachbarschaftszone Balkon-Vorzone zum Hof

44 45
2.5 WOHNPROJEKTE E N F A M I L L E – A LT E W E B E R E I , T Ü B I N G E N , D

„Wir wünschen uns im ‚viertel vor‘ einen Ort, an dem Menschen


2.5 en famille – Alte Weberei, zusammenkommen – zum Reden, zum Spielen, zum Stöbern, zum Kaufen,
Tübingen, D zum Selbermachen, zum Schauen und zum Ausruhen.“
1
Baugemeinschaft en famille

Baugemeinschaft en famille am Quartiersplatz 1 Eigentümer- und Betreibergemeinschaft Gewerbe En Famille GbR (Hg.): Das viertel vor. Abzurufen unter: www.viertelvortuebingen.de/das-viertel-vor/
(besucht am 27.10.2016)

46 47
2.5 WOHNPROJEKTE E N F A M I L L E – A LT E W E B E R E I , T Ü B I N G E N , D

Quartiersentwicklung mit Baugemeinschaften der Stadtverwaltung und dem Runden Tisch Lustnau und Vertreter des Ortsteils vertreten waren. Ein Krite-
den Entwurf zu überarbeiten. Er bildete die Grund- rium für die Optionsvergabe war auch die besondere
lage für den Bebauungsplan. Berücksichtigung junger Familien, die in dem neuen
Quartier preiswert bauen sollten. Auch wurden von
Der städtebauliche Entwurf war durch eine Klein- Baugemeinschaften geförderte Wohnungen für Men-
teiligkeit der Parzellen geprägt, die eine Bebauung schen errichtet, die Zugangsschwierigkeiten auf dem
durch Baugemeinschaften erleichtern. Er gibt Raum Wohnungsmarkt haben. Berücksichtigt werden sollten
für eine Reihe von privaten Innenhöfen, die gemein- zudem jene Projekte, die nicht selbstreferenziell agie-
sam genutzt werden können. Der großzügig bemes- ren, sondern auch mit ihren Initiativen oder Struktu-
sene Quartiersplatz mit Spielplatz soll Begegnungen ren auf das gesamte Quartier ausstrahlen. Allgemein
2 Stadt Tübingen/WIT (Hg.): Ende der 1990er-Jahre erwarb die städtische essen und Notwendigkeiten auch besonders berück- erleichtern. Das Quartier öffnet sich zum Neckar, die wurden jene Projekte bevorzugt, die durch die Inte-
Die Alte Weberei Lustnau. Wirtschaftsförderungsgesellschaft Tübingen (WIT) sichtigt.“3 Gewerbliche Bauträger konnten sich auch Fußwege am Fluss sind öffentlich zugängig. gration von Gewerbenutzungen im Erdgeschoss zur
Allgemeine Informationen.
Tübingen 2011 das Industrieareal der ehemaligen Frottierweberei bewerben, spielten faktisch nur eine geringe Rolle. Um Belebung des Quartiers beitragen können. Weitere
Egeria. Wie im Mühlenviertel sollte dort privates auch einen angemessenen Anteil an Sozialwohnungen Kriterien bei der Optionsvergabe waren Mischung der
3 Stadt Tübingen (Hg.):
Lustenau-Süd. Informationsblatt Bauen im städtischen Rahmen überwiegend mit zu realisieren, wurden die städtische Wohnungsbau- Konzeptverfahren Altersgruppen, Stimmigkeit der Projekte, Füllungsgrad
für Anwohner/-innen und Inte- Baugemeinschaften möglich werden. Die meisten gesellschaft (GSW) und die Baugesellschaft des Krei- der Baugruppe, Stabilität der Gruppe und besondere
ressenten. Tübingen o. J. (nach Bestandsgebäude der Weberei wurden nach 2008 ses Tübingen (Kreisbau) eingebunden. Diese erstellten Nach Abschluss des städtebaulichen Wettbewerbs Konzepte. Im Sommer 2011 erfolgte dann die Grund-
2010)
abgerissen. Nur einige wenige denkmalgeschützte höherpreisige Eigentumswohnungen und günstige erfolgte die Vergabe der kleinteilig parzellierten stücksvergabe in Form von Optionen, die zunächst bis
4 Es gingen ca. 150 Bewer-
Gebäude blieben erhalten, um die Identität des Ortes Sozialwohnungen auf der Grundlage einer Misch- Grundstücke zu einem Festpreis an Bauinteressierte. Frühjahr 2012 gültig waren. Bis dahin mussten sich die
bungen ein. Davon waren 75
Bewerbungen von Bauge- zu wahren. Die Lage am Neckar wertet das neue kalkulation. Dem besonderen Ort Rechnung tragend Die Grundstücksvergabe ist das zentrale Steuerungs- ausgewählten Baugruppen und -träger für den Kauf
meinschaften; an sie wurden Quartier auf, führt aber gleichzeitig wegen der und die Erwartungen der benachbarten Lustnauer element der Stadt Tübingen. Da in Tübingen das Fest- entscheiden.
19 Grundstücke vergeben; 25
potenziellen Hochwassergefahr auch zu Restriktionen Bevölkerung berücksichtigend, konnten an den Rand- preisverfahren Anwendung findet, konnte bei der
Bauträger hatten sich beworben
und ein Grundstück wurde an für die Bebauung. gebieten als Übergang zur bestehenden kleinteiligen Grundstücksvergabe die Priorität auf die Konzept-
einen Bauträger vergeben. 50 Bebauung auch Reihenhäuser für Familien entstehen.4 qualitäten gelegt werden und nicht auf die Höhe des Familienwohnen im Quartier
Doppelhaus- und Reihenhausbe-
Angebots für das Grundstück. Die Vergabe der Grund-
bauungen stehen 21 Vergaben
gegenüber. Stadt Tübingen Vielfalt und Baugemeinschaften stücksoptionen erfolgte wiederum durch ein Gremium, Rückgrat für die Bebauung sind die Baugemein-
(Hg.): Aufsichtsratssitzung WIT, Kleinteiliger Städtebau in dem unter anderen die Gemeinderatsfraktionen schaften mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Für
Vorlage 13/11 vom 27.07.2011
Auf dem ehemaligen Gewerbegebiet im Tübinger Fragen der Quartiersvernetzung ist die Baugemein-
Ortsteil Lustnau sollte ein gemischtes städtisches Die Stadt Tübingen veranstaltete für das Gesamtgebiet schaft en famille interessant, da sie neue Wege der
Quartier entstehen. „Vielfalt ist das Grundprinzip des Lustnau-Süd zwischen 2009 und 2010 einen zweistu- Gemeinschaft im Blick hatte. In der Baugemeinschaft
städtebaulichen Entwurfs.“2 Die privaten Baugemein- figen städtebaulichen Realisierungswettbewerb. 2010 en famille haben sich acht junge Familien zusam-
schaften waren auch in der Alten Weberei domi- wurden zunächst zwei Preisträger ausgewählt. Nach mengeschlossen, um kostengünstigen Wohnraum zu
nante Bauträger: „Baugemeinschaften spielen in den einer Überarbeitungsphase wurde das Büro Hähnig + schaffen und in einer Gemeinschaft mit ihren Kindern
Tübinger Entwicklungsprojekten eine besondere Rolle, Gemmeke in Zusammenarbeit mit dem Landschafts- zu leben. Gemeinsam mit ihrem Architekten und ihrer
daher werden in dem Vergabeverfahren deren Inter- architekten Stefan Fromm beauftragt, gemeinsam mit Projektsteuerin diskutierten sie intensiv die zukünftige

Mitglieder der Baugemeinschaft Das viertel vor kurz nach Bezug Treffen der Mütter im Café viertel vor Quartiersläden im Erdgeschoss

48 49
2.5 WOHNPROJEKTE E N F A M I L L E – A LT E W E B E R E I , T Ü B I N G E N , D

liche Initiativen zur Quartiersvernetzung in der Alten Interviews


Weberei gibt. Inzwischen hat der Betreiber des Quar-
tiersladens selbst den Laden erworben. Uwe Wulfrath/Karin Hopfner (WIT/Stadt Tübingen), Projektentwickler,
Tübingen, 05.06.2015

Das offene Gemeinschaftskonzept der Baugemein- Sonja Wenzelburger, Baugemeinschaftsmitglied en famille, Tübingen,
15.06.2015
schaft en famille zeigt, dass eine Überlagerung von
Christoph Manderscheid, Architekt von en famille, Tübingen, 03.05.2015
hausinternen Gemeinschaftsräumen mit quartiers-
öffentlichen Nutzungen stattfinden kann. Die Akteu-
rinnen der Baugemeinschaft sehen sich als Impuls- Literatur
geberinnen für nachbarschaftliche Netzwerke und
Kommunikationsstrukturen. Inwieweit sich diese André, Anouk/Kögel, Andreas: Das Quartier „Alte Weberei“. Erfahrun-
Strukturen stabilisieren, wird der Nutzungsalltag in gen und Meinungen der Mieter/-innen und Eigentümer/-innen. Institut
Schreier. Ergebnisbericht. Umfrage vom März 2015. Tübingen 2015
der Zukunft zeigen.
Stadt Tübingen (Hg.): Lustenau-Süd. Informationsblatt für Anwohner/
-innen und Interessenten. Tübingen o. J. (nach 2010)
„Provisorische“ Nutzung des Quartiersladens Luis mit Hund im Wohnflur Stadt Tübingen/WIT (Hg.): Die Alte Weberei Lustnau. Allgemeine
Informationen. Tübingen o. J. (2011)
Eigentümer- und Betreibergemeinschaft Gewerbe En Famille GbR (Hg.):
Das viertel vor. Abzurufen unter: www.viertelvortuebingen.de/das-
5 Vgl. André, Anouk/Kögel, Nutzung und Gestaltung des Hauses und entwickel- Dieser Werkstattladen bleibt ebenfalls im Eigentum
viertel-vor/ (besucht am 27.10.2016)
Andreas: Das Quartier „Alte ten ein familienorientiertes Haus. Da das Baugebiet der Hausgemeinschaft. Gleichzeitig ist er auch als
Weberei“. Erfahrungen und Stadt Tübingen (Hg.): Aufsichtsratssitzung WIT, Vorlage 13/11 vom
Meinungen der Mieter/-innen hochwassergefährdet ist, steht das winkelförmige Teilladen konzipiert. Verschiedene Selbermacherin- 27.07.2011
und Eigentümer/-innen. Institut Gebäude auf einem Sockel. nen können dort Kinderkleidung, Lampen, Schmuck,
Schreier. Ergebnisbericht. Um- Accessoires, Postkarten oder Stofftiere verkaufen.
frage vom März 2015. Tübingen
2015 Vordergründig dominiert der private Charakter des en famille, Alte Weberei, Tübingen, D
Projekts. Die meisten Eigentümerwohnungen sind
6 Die Kreisbau Tübingen errich- Adresse Egeriaplatz 12
tete 15 Eigentumswohnungen, als Maisonetten ausgebildet. Unterschiedlich private Baugemeinschaften im Übergang
72072 Tübingen
acht geförderte Wohnungen, Außenräume – Balkone, Erker, Wintergärten oder
drei Maisonettewohnungen Deutschland
unterschiedlich große Dachterrassen – schaffen indivi- Ziel der Quartiersentwicklung in der Alten Weberei
sowie einen integrativen
Kindergarten und die städtische duelle Freiräume. Auf eine gemeinsame Dachterrasse war, eine soziale und bauliche Vielfalt herzustellen. Erstbezug 2014
GWG Tübingen 20 geför- oder traditionelle Gemeinschaftsräume wurde aus Wie eine Evaluierung vom März 2015, die mit der
derte Wohnungen und eine Kostengründen verzichtet, ebenso auf einen im Bau WIT entwickelt wurde, zeigt, wohnen überwiegend
Tagesstruktureinrichtung der Bauträger Baugemeinschaft en famille, Tübingen
Bruderhaus-Diakonie. und im Unterhalt teuren Fahrstuhl. Selbstnutzer im Quartier.5 Es dominieren Familien
mit Kindern (52 Prozent; durchschnittliche Kinderzahl
1,9). 71 Prozent der Befragten haben einen Hoch-
Entwurf Architekturbüro Manderscheid, Stuttgart
Ort für nachbarschaftliches Netzwerk schulabschluss und sind gut situiert. Die angestrebte
Projektsteuerung: Lucia Landenberger
soziale Mischung konnte demnach nur unzulänglich
Trotz des sehr privaten Charakters der Familien- erreicht werden. Zwar errichteten die beiden ehemals
Flächen Grundstück 761 qm
wohnungen wurden neue Wege des Miteinanders gemeinnützigen Wohnungsbauträger geförderte Wohnen 1.217 qm
gesucht. Im Erdgeschoss, zum Quartiersplatz hin Wohnungen, deren Anzahl ist aber in Anbetracht des Gewerbe 50 qm
orientiert, wurde von den Bewohnern der Treff- Bedarfs an günstigem Wohnraum zu niedrig.6 Die Gemeinschaft 87 qm
punkt viertel vor eingerichtet, der an einigen Tagen Baugemeinschaft La Tour unternahm einen Versuch,
Wohnungen 8 Wohnungen
von einem professionellen Bäcker als Kleinbäckerei eine Mischung im Haus durch die Errichtung von
betrieben wird. In dem semiöffentlichen Raum sind Sozialwohnungen herzustellen. Aufgrund der starren
auch andere Nutzungen, zum Beispiel ein Müttertreff, Vergabekriterien der Landesbank Baden-Württem-
Förderung Keine spezifische Förderung
denkbar. Er steht allen Bewohnern und Besuchern berg konnten aber keine öffentlichen Fördermittel
des Quartiers offen. Abends kann das selbstverwal- für diese Sozialwohnungen in Anspruch genommen
tete Familiencafé aber auch als Gemeinschaftsraum werden. Mitglieder der Baugemeinschaft verpflichte- Gemeinschaft Räume: Kind-Eltern Café
von den Hausbewohnern intern genutzt werden. Der ten sich dennoch, günstige Wohnungen 20 Prozent
Treffpunkt viertel vor befindet sich im Eigentum der unter den Vergleichsmieten bereitzustellen. Auch die
Baugemeinschaft (Eigentümer- und Betreibergemein- Bemühungen der Bewohner, einen genossenschaftlich Quartier Räume: Kind-Eltern-Café, Keramikwerkstatt mit Werkstattladen
schaft Gewerbe En Famille GbR). Neben dem Quar- organisierten Quartiersladen zu gründen, zeigen, dass
tierscafé befindet sich die Keramikwerkstatt Alawari. es bereits in der frühen Phase des Bezugs unterschied-

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2.6 WOHNPROJEKTE W O H N E N M I T A L L E S ! – N O R D B A H N H O F, W I E N , A

2.6 Wohnen mit alles! – „Außerdem wollen wir auch im Grätzel Verantwortung übernehmen
und das Wohnumfeld mit unseren NachbarInnen aus dem neuen Stadtteil
Nordbahnhof, Wien, A um den Rudolf-Bednar-Park gemeinsam gestalten.“
1
Homepage Wohnprojekt Wien

Geöffneter Blockrand am Rudolf-Bednar-Park 1 Wohnprojekt Wien (Hg.): Verein für nachhaltiges Leben. Abzurufen unter: www.wohnprojekt-wien.at/ (besucht am 04.08.2014)

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2.6 WOHNPROJEKTE W O H N E N M I T A L L E S ! – N O R D B A H N H O F, W I E N , A

Antipoden – Wohnen mit alles! Der Verein Wohnen mit uns!, 2009 auf die Initiative veröffentlichte einen Artikel über ihre erste Wohnung. 2 Wohnprojekt Wien (Hg.):
einer Gruppe von ca. 15 Personen gegründet, for- 20 Prozent der entstehenden Wohnungen dienen zur Verein für nachhaltiges Leben.
Abzurufen unter: www.wohn-
muliert als Zielsetzung, „dass ein von Nachhaltigkeit Integration der zweiten und dritten Generation von projekt-wien.at/ (besucht am
und Solidarität geprägtes Zusammenleben in der Zuwanderern. 04.08.2014)
Großstadt möglich ist“2. In einem Visionsworkshop 3 Interview mit Katharina
werden Aspekte wie Individualität in der Gemein- Bayer
schaft, interkulturelles Wohnen, umfassende Gemein- Ostentative Diversität
schaftsräume mit hoher Lebensqualität, partizipative
Wohnungsplanung, niedriger Heizwärmebedarf, Zur Veranschaulichung dieser Ziele fassen zwei stark
Auf der 65 Hektar großen Brache des ehemaligen benen Wettbewerb mit Schwerpunkt Interkulturelles ressourcenschonendes Baumaterial oder Wohnen und unterschiedlich gestaltete achtgeschossige Baukörper,
Wiener Nordbahnhofs wird seit den 1990er-Jahren Wohnen. Ein Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Arbeiten unter einem Dach als gemeinsame Grund- die sich aber in ihrer Grundstruktur ähneln, straßen-
ein neuer Teil des zweiten Wiener Gemeindebezirks der auf Grundlage eines städtebaulichen Verfahrens lage diskutiert. Der Begriff Nachhaltigkeit wird dabei begleitend die offene Ecke eines Baublocks. In der
Leopoldstadt geplant und gebaut. Bewohner von entwickelt wurde, war Wettbewerbsvorgabe: Nur im erweiterten Sinn angewandt, auch die ökonomi- grünen Mitte ist Raum für eine Wiese, einen Spiel-
ca. 10.000 neuen Wohnungen und 10.000 Arbeitende 5.300 Quadratmeter Bruttogrundrissfläche sind auf sche Dimension – das Gebäude wird der Spekulation platz wie einen Gemeinschaftsgarten. Die Wohn-
nutzen die gute Anbindung des Standorts über den dem Grundstück erlaubt, der Zwang zur maxima- entzogen – wird beansprucht. Eine gewisse Projekt- gruppe Wohnen mit uns! (b) – politisch im Fokus als
Verkehrsknoten Praterstern und die Nähe zur Donau len Flächenausnutzung damit nicht vorhanden. Der größe für eine bestimmte Anzahl an Wohnungen ist Modellvorhaben und Signal für Baugruppen in Wien –
und zum Prater. Um die zentral gelegene große Frei- Bauträger baut auf einem Grundstück zwei Gebäude gefordert, Gemeinschaftsräume müssen leistbar sein. wird verkehrsberuhigt am Park positioniert, Wohnen
raumanlage Bednarpark und neben dem Schulcampus für völlig unterschiedlich geförderte Wohnmodelle. Um ein geeignetes und bezahlbares Grundstück in der mit scharf! (a) an der Straße.
wird die Blockstruktur der umgebenden Stadt groß- Wohnen mit scharf! bleibt in Besitz des Bauträgers, die Stadt zu finden, nahm der Verein Kontakt mit dem
maßstäblich und durchgrünt fortgesetzt – sie bietet Wohnungen werden vermietet. Das zweite Gebäude Bauträger Schwarzatal auf. Eine Kooperation, die die Für den Verein Wohnen mit uns! plante das Archi-
Freiraum und wird zum Experimentierfeld für Wohn- verkauft Schwarzatal nach Fertigstellung an den als Rechtsunsicherheit des Vereins durch den Bauträger tekturbüro einszueins „Individualität in der Gemein-
formen mit verschiedenen Schwerpunkten. Wohnheim organisierten Verein Wohnen mit uns!, auffing, entstand: Trotz Konkurs der Baufirma konnte schaft in kommunikativer Architektur“3. Eine zentrale,
die Stadt übergibt das Grundstück in Erbbaurecht. die Wohngruppe das Projekt ohne Risiko entwickeln. langgestreckte Halle mit Lufträumen erschließt alle
40 Wohnungen des Wohnheims sowie die Gemein-
Bauträgerwettbewerb – zwei Das Projekt Wohnen mit scharf! ist geprägt von Leit- schaftsräume im Erd-, Unter- und Dachgeschoss.
unterschiedliche Wohnmodelle ‚Interkulturelles Wohnen‘ und fragen des interkulturellen Wohnens: Wie wollen junge Diese durch zwei Einschnitte belichtete Zone ist
‚gemeinschaftlich nachhaltig in der Stadt‘ Immigranten wohnen? Wie sieht die erste eigene kommunikativer Begegnungsort. Als tragender Kern
Das ‚Dönerbuden-deutsch‘ benannte Kooperations- Wohnung außerhalb der Familie, das Start-up aus? ermöglicht sie hohe Flexibilität im Bereich der ange-
projekt Wohnen mit alles! entstand in Reaktion auf Die im Wettbewerb definierte Zielsetzung bestand Das Architekturbüro SUPERBLOCK ging eine Medien- lagerten Wohnungsgrundrisse. Der holzverkleidete
einen Bauträgerwettbewerb des wohnfonds_wien in der Förderung von interkulturellem Wohnen und kooperation mit dem Stadtmagazin biber mit scharf Baukörper ist geprägt durch allseits weit auskragende
für ein Grundstück am Rudolf-Bednar-Park: Drei interethnischem Zusammenleben. Beide Projekte ein, um aus einer Befragung die Wohnvorstellungen private Balkonplatten und eine transparente, von
Partner – der gemeinnützige Bauträger Schwarzatal, verfolgen auf einer Gesamtgrundstücksfläche von von jungen Migranten im Alter zwischen 15 und Balkonen geschützte Erdgeschosszone.
das Architekturbüro SUPERBLOCK und der Verein 4.700 Quadratmetern die eigenen Schwerpunkte. 30 Jahren zwischen den Jugendkulturen kennenzu-
Wohnen mit uns! mit dem Architekturbüro einszu- lernen. Die Wohnungen wurden später hier bewor- In Reaktion auf die Umfrage im Stadtmagazin biber
eins – gewannen gemeinsam den 2009 ausgeschrie- ben, die Chefredakteurin wurde zur Bewohnerin und mit scharf hat Identität für die ‚Puma-Generation‘ ei-

Platz zwischen zwei Partnern Ladencafé Salon am Park Tiefhof zum Blockinneren Wegevernetzung

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2.6 WOHNPROJEKTE W O H N E N M I T A L L E S ! – N O R D B A H N H O F, W I E N , A

nen hohen Stellenwert. Für das Gebäude Wohnen mit Aktivitäten und für Begegnungen. Er dient der ge- Veranstaltungsraum – Keimzelle im zwischen den beiden Baukörpern orientiert; hier wird 4 Ebenda
scharf! liefert ein tief eingeschnittenes, magentafarbe- werblichen Gastronomie als Außenraum – festgelegte Neubaugebiet gemeinschaftlich gekocht und gegessen. Ein von hier 5 Vgl. Interview mit Christoph
nes Stiegenhaus im Stadt- wie im Innenraum Wieder- Regeln definieren die Ausdehnung als Vorbereich des einsehbarer Kinderspielraum ist angeschlossen, ein Mörkl
erkennungswert. Auch hier kragen auffällig geformte zweigeschossigen Gemeinschaftsraums mit Empore, In beiden Projekten ist die Erdgeschosszone frei Fahrradabstellraum – Teil des nachhaltigen Mobili-
Balkone allseitig aus. Dichtes Wohnen für Individua- Waschsalon und Küche von Wohnen mit scharf! und von Wohnnutzung. Für den Verein ist es erklärtes tätskonzepts – wird über die Stirnseite ebenerdig
listen ist gewünscht: Eine breite Palette verschiedener ebenso als Außenbereich des Ladencafés und der Ziel, „mit der Nachbarschaft in Kontakt zu treten“4. und direkt von außen erschlossen. Er beinhaltet 116
Kleingrundrisse unterscheidet sich durch typologische Küche der Wohngruppe. Temporäre Aktionen wie Gewerbeflächen im Erdgeschoss sind Teil dieses Stellplätze und eine Fahrradwerkstatt.
Besonderheiten. In den letzten Geschossen liegen da- Flohmarkt und Wochenmarkt finden hier und auf der Konzepts: das Ladencafé Kreisler, der Salon am Park
gegen große Familienwohnungen für Migranten, die verkehrsberuhigten Krakauer Straße zum Park statt. wird von acht Bewohnern des Hauses betrieben, das Die kollektiven Nutzungen beanspruchen aber vor
auf dem Wohnungsmarkt selten sind – sie erstrecken Architekturbüro einszueins, eine Coachingpraxis und allem die attraktiven Dachflächen. Rückzug und Ruhe
sich teilweise über drei Geschosse mit Dachterrasse. Im grünen Blockinneren stehen auch die Wiese, der andere Dienstleistungen befinden sich im Haus, eine bieten eine Bibliothek, ein Wellnessbereich mit Sauna
Spielplatz und der Obst- und Gemüsegarten den Be- Einkaufsgemeinschaft organisiert sich. Der Veranstal- und ein Meditationsraum. Anmietbare Gästewoh-
Die Kontraste zwischen den Profilen beider Zielgrup- wohnern beider Gebäude zur Verfügung. Um darüber tungsraum im Untergeschoss mit den davorliegenden nungen sind belegbar von Vereinsmitgliedern oder in
pen werden auch gestalterisch als Gegensatzpaar hinaus mit der Nachbarschaft in Kontakt zu treten, Höfen ist extern anmietbar, die Orientierung des Saals Verbindung mit dem ebenfalls anmietbaren Veranstal-
bearbeitet: Identität für Wohnen mit scharf! entsteht gibt es hier das Angebot des gemeinschaftlichen zum Innenbereich führt allerdings zu Lärmkonflikten tungsraum. Der Gemeinschaftsraum mit Dachterrasse
durch den Erschließungsraum in Magenta, das äußere Gärtnerns. In Reaktion auf das Thema des Wettbe- mit der Nachbarbebauung.5 Ein Raum dieser Größe ist und ein Dachgarten nutzen den unverbaubaren Weit-
Signal hebt den Kontrast zu der Wohngruppe mit werbs – interkulturelles Wohnen – verbinden die nicht in einem Neubaugebiet stark nachgefragt, hier finden blick. Der Verein muss die Betriebskosten tragen – die
‚inneren Werten‘. sprachbasierten Tätigkeiten des Gärtnerns; sie sind zum Beispiel Bürgerbeteiligungen zur Planung des Angemessenheit der Größe der Gemeinschaftsräume
Baustein zu interkulturellem wie nachbarschaftlichem Quartiers Nordbahnhof statt. der Wohngruppe wird sich damit im Laufe der Zeit
Wohnen. Die gemeinsame Freiraumplanung durch das herausstellen.
Platz und Garten – Gemeinschaft beider Büro Detzlhofer Landschaftsplanung gestaltet diese Für das Projekt Wohnen mit uns!, auch Wohnprojekt
Häuser und mehr Schnittstelle im Sinne aller Anlieger. Wien genannt, wurde nach Abwägung verschiedener Auch das Projekt Wohnen mit scharf! verfügt über
Alternativen die Heimform als Förderkulisse gewählt: eine gemeinschaftliche Dachterrasse und einen 80
Der Platz zwischen beiden Baukörpern bietet über die Die Summe maximal förderbarer Flächen – zum Bei- Quadratmeter großen, zweigeschossigen Gemein-
Feuerwehrzufahrt hinaus Raum für gemeinschaftliche spiel Gemeinschaftsflächen – kann hier höher sein, schaftsraum, der sich zum verbindenden Platz öffnet.
die Subjektförderung entfällt. Die Heimform bringt
unter anderem geänderte Stellplatzverpflichtungen
mit sich. Der Stellplatzschlüssel von 1:10 entsprach Selbstorganisation mit Soziokratie
dem Ziel der Gruppe, nachhaltige Mobilität zu leben.
Carsharing wird zum gemeinsamen Mobilitätsmodell, Die Entscheidung, das Dachgeschoss gemeinschaftlich
die Parkierung einschließlich der sieben Stellplätze zu nutzen, hat die nachfolgende Wohnbelegungs-
für Wohnen mit uns! ist im Nachbarhaus Wohnen diskussion entspannt. Nach dem Wettbewerbs-
mit scharf! konzentriert. Das Untergeschoss ist damit gewinn fand eine Gruppenerweiterung von 15 auf
verfügbar für alternative Nutzungen, der Verzicht auf 55 Personen statt, zu diesem Zeitpunkt wurde mit
Stellplätze in größerer Zahl erlaubt auch ökonomische ca. 70 Prozent Belegung die extern moderierte Woh-
Spielräume. nungsvergabe der 40 Wohnungen vorgenommen.
Die Vereinsentwicklung und partizipative Planung
Ein frei finanziertes Geschoss als Vorgabe des Wettbe- wurde mithilfe der Soziokratie, einem Steuerungs-
werbs integriert Wohnen mit scharf! im Erdgeschoss: modell zwischen Basisdemokratie und hierarchischen
Die Orientierung zum Schulcampus und zum Kinder- Strukturen, organisiert: Entscheidungen werden
garten erlaubt hier Gewerbeflächen für Gastronomie. nicht in der ganzen Gruppe, sondern in Gremien
getroffen; acht bis zehn Personen mit je zwei Leitern
sind entscheidungsbefugt. Mit einem Veto müssen
Prototyp und seine Leistungsfähigkeit ein begründeter schwerwiegender Einwand und ein
Alternativvorschlag formuliert werden. Es gab unter
Das System von Gemeinschaftsräumen von Wohnen verschiedenen Arbeitsgruppen – zum Gärtnern, zu
mit uns! ist im Rahmen der Wettbewerbsbearbeitung den Gemeinschaftsräumen – auch die Arbeitsgruppe
entstanden und unverändert geblieben. 700 Quadrat- Architektur. Die Architekten veranstalteten Workshops
meter Fläche mit vielfältigen Nutzungen stehen den mit allen, individuelle Wünsche wurden in Einzelge-
Vereinsmitgliedern zur Verfügung. Im Erdgeschoss sprächen bearbeitet.
befindet sich eine große Küche, die sich zum Platz
Foyer von Wohnen mit uns!

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2.6 WOHNPROJEKTE W O H N E N M I T A L L E S ! – N O R D B A H N H O F, W I E N , A

6 Schönfeld, Annika: „Einmal Mittelstand und freiwilliger Kommunizierende Gefäße Der gemeinnützige Bauträger Schwarzatal hat sich Interviews
Wohnen mit scharf, bitte!“ In: Solidaritätsfonds mit diesem ‚andersartigen‘ Projekt auf dem Wiener
Zement + Beton 4/2012, S. 25
„Das Wohnprojekt Wien (Wohnen mit alles!) ist ein Markt positioniert und hat inzwischen in der Seestadt Katharina Bayer, Geschäftsführerin einszueins architektur, Wien,
7 Interview mit Christoph Die Zielgruppen beider Häuser unterscheiden sich: In politisch gewolltes Vorzeigeprojekt und konnte reali- Aspern ein weiteres Baugemeinschaftsprojekt fertig- 18.09.2014
Mörkl Daniel Glaser, Wiener Wohnbauforschung, Wien, 19.09.2014
dem Projekt Wohnen mit scharf! leben vorwiegend siert werden, weil man sich mit den kleinen Wohnun- gestellt. Das Gelingen des Projekts am Nordbahnhof
8 Interview mit Katharina Dieter Groschopf, Geschäftsführer wohnfonds_wien, Wien,
junge Menschen, Personen mit „bikultureller Identität, gen und ökonomischen Lösungen im Nachbargebäude hatte Signalwirkung – Baugemeinschaften erhalten in
Bayer 18.09.2014
MigrantInnen erster und zweiter Generation sowie (Wohnen mit scharf!) freigespielt hat. Von beiden Wien ein umgesetztes Beispiel, die gute Zusammen-
9 Ebenda Christoph Mörkl, Architekt SUPERBLOCK, Wien, 18.09.2014
temporär in Wien lebende AusländerInnen“6 in Miete. Teilprojekten kann man lernen, sie sind innovativ, arbeit von Bauträger und Baugemeinschaft veränderte
10 Interview mit Daniel Glaser Alle Wohnungen wurden mit Superförderung erstellt – sie werden aber Sonderfälle bleiben.“10 Nicht nur den Markt.
11 Interview mit Christoph der Eigenmittelanteil beträgt nur 60 Euro pro Quadrat- die Dichte des Projekts Wohnen mit scharf! und der Literatur
Mörkl meter, dafür sind die Mieten höher. Die Fluktuation Ausbaustandard hat Spielräume für das Projekt Woh-
12 Ebenda im Haus wird durch kompakte Grundrisse befördert: nen mit alles! erarbeitet. Die Belegung geförderter Schönfeld, Annika: „Einmal Wohnen mit scharf, bitte!“ In: Zement +
Falls sich Familienzuwachs einstellt, ist Auszug unver- Wohnungen unterliegt bestimmten Regeln: Ein Drittel Beton 4/2012, S. 22–25

meidlich, da die Wohnungen keine höhere Belegung muss dem Wohnservice zur Vermittlung angeboten Wohnprojekt Wien. einszueins architektur. In: Detail 9/2015,
S. 854–867
erlauben – „mehr geht nicht in den Wohnungen“7. werden. Das Drittel der Wohngruppe wurde auf das
Projekt Wohnen mit scharf! übertragen, damit der
Im Wohnprojekt Wien und damit dem Verein für nach- Verein seine Mitglieder selbst wählen kann. „Man darf
haltiges Leben mit gemeinsamer Zielsetzung und so- sie nur als kommunizierende Gefäße sehen.“11 Wohnen mit alles!, Nordbahnhof, Wien, A
zialer Bindung ist dagegen die Fluktuation voraussicht-
lich gering. „Der Neubau ist für den Mittelstand“8. Die Das Wohnprojekt Wien mit seinen Gemeinschaftsräu- Wohnen mit uns! Wohnen mit scharf!
Maximalgröße zur Förderung einer Wohnung beträgt men, ins Quartier orientierten Aktivitäten und einem Privilegierter Impulsgeber in Heimform (b) Wohnen mit Identität für junge Migranten (a)
150 Quadratmeter, auch die Einkommensgrenzen gefestigten sozialen Gefüge wird zur Keimzelle im Adresse Krakauer Straße 19 Krakauer Straße
zur Förderberechtigung sind relativ weit gefasst. Neubaugebiet. Aber: „Inwieweit sponsert die öffent- 1020 Wien Ernst-Melchior-Gasse
Dadurch kann in Wien in den geförderten Quartieren liche Hand eine Privatinitiative und was gibt diese der Österreich 1020 Wien
eine soziale Mischung entstehen. Die Eigenmittel Öffentlichkeit zurück?“12 Österreich
betrugen 570 Euro pro Quadratmeter, das monatli- Erstbezug 2013 2013
che Nutzungsentgelt liegt gegenwärtig bei 9,30 Euro
pro Quadratmeter, ein Beitrag zum Vereinsbudget ist
darin beinhaltet. Zur Förderung der sozialen Durch- Bauträger Schwarzatal – Gemeinnützige Wohnungs- & Schwarzatal – Gemeinnützige Wohnungs- &
mischung gibt es zwei Solidaritätswohnungen, die Siedlungsanlagen GmbH, Wien Siedlungsanlagen GmbH, Wien
aus einem Solidaritätsfonds unterstützt werden. Die
Arbeitsgruppe Solidarität entwickelte dazu Konzepte:
In den Fonds werden monatlich freiwillige Beiträge Entwurf einszueins architektur, Wien SUPERBLOCK, Wien
geleistet, die für einen gewissen Zeitraum zugesichert Detzlhofer Landschaftsplanung, Wien Detzlhofer Landschaftsplanung, Wien
sind.9
Flächen Grundstück 2.350 qm Grundstück 2.350 qm
Wohnen 3.300 qm Wohnen 3.838 qm
Gewerbe 350 qm Gewerbe 198 qm
Gemeinschaft 700 qm Gemeinschaft 80 qm

Wohnungen 40 Wohnungen 51 Wohnungen


Familienwohnungen, Singlewohnungen, Wohngemeinschaften Geschosswohnungen, Maisonettewohnungen

Förderung Superförderung, 2 Solidaritätswohnungen Superförderung, 20% „Migranten“-Wohnungen 13

Gemeinschaft Räume: Gemeinschaftsküche, Kinderspielzimmer, Bibliothek, Räume: zweigeschossiger Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss


Gästeapartments, Mehrzwecksaal, Werkstätten, Sauna Freiflächen: Dachterrasse, Urban Gardening
Freiflächen: Dachterrassen, Urban Gardening

Quartier Räume: Mehrzwecksaal, Ladencafé, Gewerbeeinheiten Räume: Café, Gewerbe


Freiflächen: Vorplatz Freiflächen: Vorplatz

Dachgarten mit Parkblick Werkstatt am Tiefhof 13 www.rwt.at/files/wha_nordbahnhof_architektur_aktuell_mai_2014.pdf (besucht am 21.03.2015)

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2.7 WOHNPROJEKTE G E N E R AT I O N E N PA R K – K Ö N I G S B R U N N , D

2.7 Generationenpark – „Wir wollen vernetzen, Soziales gestalten,


die GWG will verwalten, vermieten –
Königsbrunn, D das sind unterschiedliche Welten.“
1
Achim Friedrich

Kleinteilige Struktur im Wohngebiet 1 Interview mit Achim Friedrich

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2.7 WOHNPROJEKTE G E N E R AT I O N E N PA R K – K Ö N I G S B R U N N , D

Neue soziale nachbarschaftliche Mitte Realisierungswettbewerb beide bilden eine Einheit. Um eine noch wirtschaft-
lichere Bauweise zu erreichen, wurden lediglich Details
2009 wurde ein europaweiter Realisierungswettbe- optimiert und auf eine Tiefgarage verzichtet. Die tren-
werb zur Planung eines Mehrgenerationenhauses mit nende Erschließungsstraße zwischen den Bauabschnit-
Kinderkrippe in zwei Bauabschnitten für 40 Teilneh- ten soll als Spielstraße umgewidmet werden, die einen
mer ausgeschrieben; Basis war die detaillierte Sozial- ungehinderten Übergang und damit die Verbindung
konzeption der Gemeinde. Der Standort befindet sich der beiden Bauabschnitte ermöglicht.
ca. einen Kilometer südlich des Zentrums zwischen
gewachsener Stadt und einem kleinteiligen Neubau-
Königsbrunn, eine Stadt mit ca. 28.000 Einwohnern, Ein anspruchsvolles, spezifisch für die Bedürfnisse von gebiet mit Einfamilienhäusern. Im Norden liegen wich- Laubengänge zur Vernetzung
hat sich politisch zum Ziel gesetzt, eine familien- Königsbrunn entwickeltes Sozialkonzept ist Grundlage tige Infrastrukturen, im Süden das Gemeindezentrum
freundliche Gemeinde zu sein, um sich im Wettbe- der Planung. Soziale Gemeinschaft wird zur Antwort St. Johannes mit Pfarrzentrum, Kindergarten und Im Norden liegen gemeinsam nutzbare und multifunk-
werb mit anderen Kommunen zwischen Augsburg auf sich auflösende traditionelle Familienstrukturen: Kirche. Bei der Beurteilung der Wettbewerbsprojekte tionale Räume: der Gemeinschaftsraum mit Terrasse
und München zu positionieren. Bundesmittel wurden Singles, Paare, Senioren, Alleinerziehende, Familien, wurde eine dieser Struktur angemessene Maßstäb- nach Süden zum Hof, das Büro für die Kümmerin und
erfolgreich beantragt: Zur Förderung des Ehrenamtes Stief- und Patchworkfamilien unterschiedlichster Her- lichkeit zum wesentlichen Kriterium. Das Siegerpro- ein Gästeapartment. Die Treppenhäuser an den Ge-
sollte in jeder kreisfreien Stadt ein Mehrgeneratio- kunft und Nationalität sowie eingeschränkte Perso- jekt nimmt die Hausstruktur der Umgebung auf, ist meinschaftsräumen erlauben im Vorübergehen einen
nenhaus entstehen. Personal- und Sachkosten zur nen sollen in aktiver, guter Nachbarschaft leben und maximal dreigeschossig und erreicht trotz aufgelo- Blick auf das Geschehen dort. Laubengänge erschlie-
Erstellung des Antrags wurden aus diesen Mitteln individuell wohnen. Der Bedarf ergibt sich aus dem ckerter Struktur eine angemessene Dichte mit einer ßen die Häuser – hier finden nicht nur kindliche Akti-
bestritten. Parallel wurden Grundstück und Bauträger demografischen Wandel, der starken Nachfrage von Grundflächenzahl von über 1,0. Die dorfähnliche vitäten statt. Sie stehen vielmehr für Begegnung und
gesucht, vergleichbare Projekte besichtigt und die Alleinerziehenden nach bezahlbarem Wohnraum an Struktur besteht aus Häusern, die sich um intime und Gemeinschaft und lösen das System ‚Haus‘ – Sinnbild
inhaltliche Konzeption erstellt. einem Standort mit guter Betreuung – eine dreigrup- differenziert gestaltete Innenhöfe gruppieren. Externe für Privatheit – und die Orientierung nach Hausein-
pige Kinderkrippe wird daher im Auftrag der Kirche wie gemeinschaftliche Nutzungen werden in einem gängen auf. Deshalb nennen die Bewohner auf die
Teil des Raumprogramms. Mobilitätskonzepte werden Gebäuderiegel im Norden integriert, die Kinderkrippe Frage nach ihrem Wohnort zuerst den Generationen-
Sozialwohnungen in aktiver Nachbarschaft erdacht, das Thema Greenbuilding wird integriert. für 36 Kinder orientiert sich nach Süden und liegt park, danach die Hausnummer – dort befinden sich
Aus den inhaltlichen Zielen wird deutlich, dass das damit in Nachbarschaft zur Kirche. Parallel geführte die Klingelanlage, Aufzug und Treppe. Diagramme für
Die Stadt Königsbrunn, die Gesellschaft für Woh- Projekt eine gewisse Größenordnung braucht, um Wege und Laubengänge verbinden die Häuser und die Briefträger unterstützen die Auffindbarkeit. Nicht
nungsbau und Gewerbeansiedlung der Stadt Königs- einen Wohnungsmix bereitzustellen, der wiederum erschließen einen breiten Wohnungsmix. Mit den nur gemeinsame Nutzungen und Angebote bilden die
brunn (GWG) sowie die evangelische Gemeinde eine gewisse soziale, kulturelle und eine Altersband- vielfältigen Aufenthalts-, Erschließungs- und Durch- Grundlage eines aktiven Miteinanders, auch infor-
St. Johannes antworten mit dem in diesem Kontext breite an Bewohnern aufnehmen kann. Mindestens wegungsmöglichkeiten wird Begegnung im Alltag melle Begegnungen unterstützen die Grundidee: Die
entstehenden Projekt Generationenpark auf Fragen der 50 Wohnungen sind dazu notwendig. kultiviert und inszeniert. Bündelung zentraler Funktionen wie Briefkastenan-
zunehmenden Wohnungsnot, der anstrebenswerten lage, Müll, Keller oder die Parkgarage provozieren den
Inklusion von Benachteiligten in der Gesellschaft und Der zweite Bauabschnitt, der aufgrund großer Nach- Austausch. Jede Wohnung verfügt über einen privaten
des Bedarfs nach einer Kinderkrippe. Politisches Ziel frage kurz nach Fertigstellung des ersten Bauabschnit- Freibereich; die Höfe und die gemeinschaftlich nutz-
der Stadt ist die Erhöhung des sozialen Wohnungs- tes gebaut wurde und seit Oktober 2016 bezogen ist, baren Dachterrassen sind wie die Laubengänge Orte
baubestands, umgesetzt mit der stadteigenen GWG. orientiert sich konzeptionell am ersten Bauabschnitt, der alltäglichen Begegnung. Ältere Bewohner dürfen

Innenhof mit Hochbeet Laubengänge, mehr als Erschließung Geöffneter Zugangshof Benachbarte Kindergärten

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2.7 WOHNPROJEKTE G E N E R AT I O N E N PA R K – K Ö N I G S B R U N N , D

2 Interview mit Marcella Wolf sich an der Pflege der Hochbeete beteiligen, die Höfe Meter Wand stehen im Flur als Kunstgalerie zur Verfü- Bereitschaft, sich einzubringen, wird bei einem aus- der Einrichtung brauchen einen baulichen Rahmen, 4 Interview mit Achim
werden von der GWG gepflegt. 87 Wohneinheiten gung, ein Bibliotheksregal wird von einer literatur- führlichen Bewerbungsgespräch abgefragt. Aus Sicht der ermöglicht, dass sie – mit 24-stündiger Assistenz Friedrich
3 Interview mit Achim
Friedrich werden barrierefrei über diese Laubengänge erschlos- affinen Bewohnerin betreut. Der Trocken- und Bügel- der Kümmerin trägt mehr als die Hälfte der Bewohner und größeren Gerätschaften – wieder selbstständiger
sen – fünf Einzimmerwohnungen mit 36 bis 38 Qua- raum ist auch Fitnessraum, am Samstagvormittag liest im Alltag das Konzept der aktiven Nachbarschaft. werden können. Der Verein stieg somit in die Planung
dratmetern, 37 Zweizimmerwohnungen mit 53 bis 65 hier eine Seniorin Kindern vor und ermöglicht den Die Mieter des Generationenparks haben durch die ein. Für das Konzept des Miteinanders von Menschen
Quadratmetern, 32 Dreizimmerwohnungen mit 70 bis Eltern ruhige Erledigungen. Auch die Werkstatt im positive Identifikation mit dem Generationenpark mit und ohne körperliche/geistige Beeinträchtigung,
85 Quadratmetern, elf Vierzimmerwohnungen mit 90 zweiten Bauabschnitt steht allen Bewohnern zur Ver- allerdings ein anderes, höheres Anspruchsdenken. verschiedener Nationalitäten sowie verschiedener Ein-
bis 101 Quadratmetern, zwei Fünfzimmerwohnungen fügung. Hier können Fahrräder repariert oder kleinere Der dadurch entstehende Mehraufwand für die kommensgruppen wurde der Generationenpark 2014
mit 144 Quadratmetern; davon sind neun Wohnungen Schreiner- und Reparaturarbeiten ausgeführt werden. Wohnungsbaugesellschaft wird kontrovers diskutiert mit dem bayrischen Inklusionspreis ausgezeichnet.
rollstuhlgerecht. zwischen GWG und betreuendem Familienbüro.
Die Räume wurden schnell angenommen, das Gäste-
apartment ist ausgebucht. Generationenpark-Mieter Dichtes Netzwerk im Einfamilienhausgebiet
Vernetzung nach außen zahlen 15 Euro pro Tag und 60 Euro wöchentlich „Grenzen überschreiten, Brücken bauen“4
sowie eine Reinigungspauschale von 20 bis 30 Euro, Die Architektur macht aus dem Generationenpark
Räumliche und funktionale Angebote richten sich die Anmietung durch Außenstehende ist teurer. Die Der Generationenpark sollte Impulsgeber für Quar- ein auf den Ort bezogenes, in seiner Größe sozial
auch an die Nachbarschaft und die Stadt: Großzü- Gemeinschaftsräume gehören der GWG und sind tiersentwicklung werden und Vorbildcharakter erhal- erfahrbares und einladendes Projekt. Ein zugäng-
gige Vorzonen zur Straße, der Veranstaltungsraum ohne Förderung frei finanziert. Die Umlage der Ne- ten. Projekte mit diesem Anspruch können allerdings liches, lebendiges Netzwerk von Wegen und Höfen
und die Gästewohnung, die beide extern anmietbar benkosten auf die Mieter ist nicht möglich, sie wird nicht alle Fragestellungen beantworten, in Umsetzung ermöglicht die Durchquerung. Die aktuelle Bemü-
sind, tragen zur Öffnung bei. Auch die dreigruppige viel zu teuer. Durch externe Vermietung der Räume und Praxis müssen Abstriche gemacht werden – zum hung um Ausgestaltung einer Spielstraße zwischen
Kinderkrippe schafft Verbindungen und Kontakte. Die sollen künftig die Nebenkosten der Gemeinschaft- Beispiel war ein Kinderhotel geplant, dafür gab es beiden Bauabschnitten fördert die Ausbildung eines
städtische Krippe in Trägerschaft der Kirche hat zwar räume finanziert werden. allerdings keinen Bedarf. Andererseits entwickeln sie für das Quartier relevanten Projekts. Die zuvor tren-
eigene Kriterien der Aufnahme, die Kinder aus dem auch unerwartete Kapazitäten: Während der Bau- nende Straße wird damit zur Nachbarschaftszone.
Generationenpark werden inzwischen aber bevorzugt phase entstand eine Kooperation mit dem Fritz- Der quartiersoffene Gemeinschaftsraum und die
aufgenommen – der Mehrwert könnte allerdings noch Fördermittel und Preispolitik Felsenstein-Haus für Körperbehinderte und damit Kinderkrippe in Nachbarschaft von Gemeindezen-
größer sein. die Möglichkeit, Inklusion in einem zuvor nicht für trum, Kindergarten und Kirche ziehen Leben und
Das Modellvorhaben IQ – Innerstädtische Wohn- realisierbar gehaltenen Maße zu fördern. Bewohner Frequentierung nach sich. Die vergleichsweise dichte
quartiere des Landes Bayern wurde während der
Städtische Organisationsstruktur Planungszeit aufgelegt, eine zusätzliche Förderung
wurde dadurch möglich. Die Nutzung verschiedener
Seit März 2013 ist eine angestellte Kümmerin mit Fördertöpfe mit jeweils spezifischen Rahmenbedin-
19,5 Stunden wöchentlich zuständig für soziale gungen (Kindergarten, Energie, Personalmittel durch
Kontakte und Belange, für organisatorische Verknüp- Mehrgenerationenhaus-Förderung) war aufwendig.
fungen mit dem Quartier, interveniert aber auch bei
Anmeldungen für den Kindergarten. Sie organisiert Die Kaltmiete der geförderten Wohnungen beträgt
ebenfalls den Seniorenfahrdienst, der auch auf ein vom 6,80 Euro pro Quadratmeter, dazu kann es Zuschüsse
ehemaligen Bürgermeister gesponsertes behinderten- von 1,00 und 2,00 Euro pro Quadratmeter geben.
gerechtes Fahrzeug zugreift, vermittelt und koordiniert Frei finanzierte Wohnungen kosten 7,80 Euro pro
Fahrer und Auto. Die Kümmerin Marcella Wolf benennt Quadratmeter, die Staffelung ist damit von 4,80 Euro
die Abwägung folgendermaßen: „So viel gesteuerte pro Quadratmeter bis 7,80 Euro pro Quadratmeter
Aktivität wie notwendig, so wenig wie möglich.“2 möglich – alle wohnen in der gleichen Anlage, die
Wohnungen sind vorwiegend gleich behandelt. Mit
Die vielfältigen Aktivitäten im Gruppenraum werden dieser Preis- und Belegungspolitik ist die Grundlage
geplant und organisiert als Generationen verbindende für soziale Mischung gegeben.
Angebote, verschiedenste Tätigkeiten finden an einem
Ort statt: Mittwoch nachmittags wird Kaffee getrun-
ken, jeden ersten Sonntag im Monat findet ein Brunch Unterschiedliche Welten
statt – jeder bringt sich selbst etwas mit; vormittags
nutzen Kindergruppen den Raum, der Sportverein „Wir wollen vernetzen, Soziales gestalten, die GWG
unterrichtet Pilates, eine externe Yogagruppe und will verwalten, vermieten.“3 Die GWG Königsbrunn
eine Musikschule haben sich eingemietet, der Beamer trifft darüber hinaus eine sehr genaue Auswahl der
an der Wand ermöglicht Public Viewing. 30 laufende zukünftigen Mieter für den Generationenpark; die
Offene Durchwegung Erschließung Gemeinschaftsräume

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2.7 WOHNPROJEKTE G E N E R AT I O N E N PA R K – K Ö N I G S B R U N N , D

Bebauung des Generationenparks mit integrierten Interviews


öffentlichen Funktionen wird an diesem Standort zum
Impuls und Zentrum in einer zuvor verwechselbaren Sibylle Ebe, Architekturbüro Ebe I Ausfelder I Partner, Entwurfsver-
Stadterweiterung. Vor allem die Suche nach einer fasserin und ausführende Architektin, Königsbrunn, 06.10.2014

Balance zwischen zivilgesellschaftlichem Handeln und Achim Friedrich, Familienbüroleiter, Verfasser der Konzeption zum
Mehrgenerationenwohnen Wettbewerb, Königsbrunn, 06.10.2014
staatlicher Fürsorge und das anspruchsvolle Sozial-
Marcella Wolf, Kümmerin des Generationenparks Königsbrunn,
konzept, das auf politischer Kontinuität und städtisch Königsbrunn, 06.10.2014
bereitgestellter Organisationsstruktur basiert, prägen Nadine Bissinger, GWG Königsbrunn, zuständig für Vermietung
den Generationenpark. Generationenpark, Königsbrunn, 06.10.2014
Martin Janik, Architekturbüro Ebe I Ausfelder I Partner, 16.09.2015

Generationenpark, Königsbrunn, D
Adresse Dietrich-Bonhoeffer-Straße 38 – 42
86343 Königsbrunn
Deutschland

Erstbezug 2013 1. Bauabschnitt


2016 2. Bauabschnitt

Bauträger GWG Gesellschaft für Wohnungsbau und Gewerbeansiedlung der Stadt Königsbrunn

Entwurf Ebe I Ausfelder I Partner Architekten, München


lab I landschaftsarchitektur brenner, Dettenhausen

Flächen Grundstück 8.919 qm


Wohnen 7.303 qm
Gewerbe 500 qm
Gemeinschaft 400 qm

Wohnungen 78 Wohnungen plus 9 Wohnungen rollstuhlgerecht


1–5 Zimmer Wohnungen, 1 Wohngemeinschaft

Förderung Mehrgenerationenhaus-Förderung, IQ Innenstädtische Wohnquartiere

Gemeinschaft Räume: Veranstaltungsraum, „Kümmerer“-Büro, Wasch-/Bügelraum, Bibliothek, Gästeapartment,


Gemeinschaftsküche, Werkstatt, Carsharing mit Seniorenfahrdienst, Rollstuhllager
Freiflächen: Innenhöfe, gemeinsame Dachterrasse, Pflanzenbeete

Quartier Räume: Kinderkrippe, Veranstaltungsraum, Gästeapartment


Freiflächen: Geöffnete Höfe

Modell mit zwei Bauabschnitten

66 67
2.8 WOHNPROJEKTE G R Ü N M AT T – F R I E S E N B E R G , Z Ü R I C H , C H

2.8 Grünmatt – Friesenberg, „Die alten Reihenhaussiedlungen haben etwas stark Separierendes, es gibt dort keine
öffentlichen Plätze oder gemeinschaftlichen Räume. Diesen Nachteil haben wir bei der
Zürich, CH Neubausiedlung Grünmatt behoben. Die einzelnen Häuser besitzen hier nur noch einen
‚Badetuch-Garten‘, dafür gibt es zwei breite, autofreie Wege zwischen den Zeilen, auf
denen das gemeinsame Leben stattfindet.“
1
Alfons Sonderegger

Freiraum zwischen den Zeilen 1 Interview mit Alfons Sonderegger, Präsident FGZ

68 69
2.8 WOHNPROJEKTE G R Ü N M AT T – F R I E S E N B E R G , Z Ü R I C H , C H

Transformation einer Wohnsiedlung Formel 60 plus 2 gebracht: Die Vergabe kann zwei- vative Interpretation von Reihenhaus und Zeilenbau in 3 Interview mit Alfons
mal um jeweils 15 Jahre bis auf 90 Jahre verlängert der Gartenstadt an. Durch die Neubebauung wurde Sonderegger

werden, danach kann wieder Eigenbedarf geltend eine Verdichtung mit dem Faktor 2,3 erreicht: Zuvor 4 Ebenda
gemacht werden. lebten ca. 210 Personen in den Reihenhäusern, heute 5 Vgl. arc Consulting (Hg.):
leben hier ca. 480 Personen, statt 64 stehen nun 155 Familienheim-Genossenschaft
Zürich (FGZ). Organisation
Wohneinheiten zur Verfügung.
zweistufiger Studienauftrag.
Reihenhäuser und Gemeinschaft Abzurufen unter: www.
arc-consulting.ch/content/
uploads/812-FGZ-A41.pdf
Grünmatt, die dritte, 1929 erbaute Siedlung der FGZ, Verkehrsfreie Gartenstadt (besucht am 17.12.2016)
2 Vgl. Familienheim-Genossen- Die Familienheim-Genossenschaft Zürich (FGZ) wurde ersetzen. Parallel hat die Genossenschaft nach einem war bebaut mit 64 eingeschossigen, wenig tiefen Drei-
schaft Zürich (FGZ)/Amt für 6 Interview mit Alfons
1924 nach dem Vorbild englischer Gartenstädte ge- kooperativen Planungsprozess mit der Stadt im März und Vierzimmer-Reihenhäusern mit kleinem Kohlekeller Vier geschwungene Zeilen begleiten wie die Reihen-
Städtebau der Stadt Zürich Sonderegger
(Hg.): Masterplan FGZ. Kurzfas- gründet und ist die größte Siedlungsgenossenschaft 2016 einen Masterplan verabschiedet. Auf Basis einer und großen Gärten. Im Bauleitbild 2004 bis 2025 hauszeilen zuvor den Höhenverlauf des Bergs, die
sung. Zürich 2016. Abzurufen der Schweiz. Sie konnte einen wenig gefragten, obst- kontinuierlichen Erneuerung ist eine Weiterentwick- waren Ersatzneubauten beschlossen worden, um eine Baukörper treppen sich dem Hangverlauf folgend
unter: www.fgzzh.ch/resources/ baumbestandenen Nordosthang in Zürich aufkaufen. lung von innen vorgesehen, um die räumliche und so- Verdichtung zu erzielen und barrierefreien Wohnraum nach Nordosten ab. 13 Häuser mit Geschosswohnun-
uploads/MasterplanFGZ/
Masterplan%20FGZ_2016-03- Hier entstanden im Laufe der Jahre 24 Etappen des ziale Qualität der Nachbarschaft weiter zu entwickeln. anbieten zu können, denn Wohnen sollte möglichst gen und Reihenhäusern bilden eine städtebauliche
31_Kurzfassung.pdf (besucht Wohnungsbaus in direkter Nachbarschaft zueinander. Über Verdichtungen bis zum Jahr 2050 werden 500 lange für ältere Bewohner in der Genossenschaft Großform, die zwei großflächige, autofreie Außen-
am 08.01.2017) Sie folgten jeweils dem Planungsleitbild ihrer Zeit, bis 700 Wohnungen zusätzlich hinzugefügt. Beste- ermöglicht werden. Grünmatt war damit die erste räume fasst. Zweifach aufgeweitet durch verschie-
Zeilenbauten und eine starke Durchgrünung prägen hende Themen wie zum Beispiel die Zeilenbebauung Reihenhaussiedlung, die abgebrochen werden sollte. dene Krümmungen und gerahmt von der großzügi-
den Siedlungscharakter. 2.274 Wohnobjekte bilden im sollen aufgenommen werden, private Außenräume Den Hintergrund der Diskussion um die Typologie des gen Geste der nach Süden vorgestellten Loggien sind
Friesenberg ein eigenes Quartier, 1.100 Wohnungen – sollen zugunsten halböffentlicher Freiflächen redu- Reihenhauses und die Wettbewerbsentscheidung sie urbaner, gemeinschaftlicher Raum und Foyer der
also ca. die Hälfte – sind als Familienwohnobjekte ziert werden.2 90 Prozent der Siedlungsfläche ist in beschreibt Alfons Sonderegger wie folgt: „Wohnraum Siedlung: Alle Zugänge werden von hier erschlossen.
deklariert. Die Genossenschaft wuchs damit zu einem Besitz der FGZ, Grundlage weiterer Bodenvergabe ist wie Freiraum ist ein gemeinschaftliches Eigentum – Der Kleinteiligkeit des privaten Reihenhauses wird die
familiengerechten, attraktiven Wohnstandort mit das Baurecht (Erbbaupacht): Seit 1960 verkauft die den Bewohnern gehört nicht ihre Wohnung, sondern bindende Kraft der ‚urbanen Loggia‘ und des niveau-
Sicht auf Zürich und den Uetliberg. Die Siedlung Stadt Grund und Boden nicht mehr, sondern vergibt 1
/ 2274tel. Das Reihenhaus als Typus verstärkt das Gefühl gleichen Freiraums entgegengestellt. Das Paradox des
Grünmatt liegt am südwestlichen Siedlungsrand die- die Grundstücke nur noch im Baurecht. Die Dauer des individuellen Eigentums. Hier gibt es die meisten privaten Bildes der Reihenhaustypologie in genossen-
ses zusammenhängenden Genossenschaftsquartiers der Vergabe von 60 Jahren wurde inzwischen auf die Veränderungsgesuche.“3 Und: „Da sind viele Diskus- schaftlichem Kontext wird damit partiell aufgelöst.
im Südwesten des Stadtkreises Zürich. sionen vorausgegangen und die Einfamilienhausfrak- Heckengefasste kleine Gärten als private Außenzim-
tion war sehr lautstark.“4 2006 und 2007 wurde im mer bilden einen Puffer zu den Wohnungen. Prä-
Auftrag des FGZ ein Studienauftrag mit sechs Teams gend für die Siedlung bleibt weiterhin der Zeilenbau,
Kontinuierliche Erneuerung ausgeführt. Das zweistufige Verfahren war nicht aber die beiden Haupterschließungsräume – zuvor
anonym und sah Zwischenpräsentationen vor. Der Straßen – sind nun Orte der Begegnung: „Die neue
Die FGZ hat sich in ihrem Bauleitbild 2004 bis 2025 erste Preis ging an Graber Pulver Architekten AG aus Siedlung Grünmatt bietet völlig neue Außenräume.
zum Ziel gesetzt, die bestehenden Bauten sinnvoll Zürich.5 Das Projekt berücksichtigte einerseits die Topo- Die Kinder können direkt auf die Spielfläche.“6
zu erhalten, zu verbessern und gegebenenfalls zu grafie und bauliche Vorgängerstrukturen und damit
die Identität des Orts, andererseits bot es eine inno-

Grünmatt zur Känguruwiese Durchwegung zur Nachbaretappe 2 Ebenerdige Durchwegung Begegnung am Kopf der Zeile

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2.8 WOHNPROJEKTE G R Ü N M AT T – F R I E S E N B E R G , Z Ü R I C H , C H

7 Ebenda Wohnungsvielfalt Verdichtung durch Zügel- und ‚Zeitimporte‘ zur Quartiersvernetzung dem Weg ins Grüne, zur Känguruwiese mit Kinder- 9 Interview mit Alfons

8 Vgl. Liechtie, Richard: Mehr Umzugsfristen spielplatz oder auf dem Weg ins Quartierszentrum Sonderegger

als Reihenhäuser. In: Wohnen Der Aufbau der Wohnungsgrundrisse reagiert auf Die allseitige Vernetzung mit der Nachbarschaft ist ‚natürlichen‘ Anlass, sich zu treffen: „Wir sind die 10 Ebenda
5/2014, S. 15–20 die gute Orientierung der Zeilen nach Südwesten Relativ strenge Belegungsvorschriften und das Um- wesentlicher Bestandteil der Neuplanung: Die beiden größte Gemeinschafts-Kompostanlage in der Schweiz 11 Ebenda
wie auf die Aussicht auf die Stadt nach Nordosten: zugssystem der FGZ führen zu einem für Zürich unter- großen Freiräume bieten den Bewohnern der Siedlung mit 13 Anlagen im ganzen Areal. Wir haben etwa
Wohn- und Esszimmer binden durch die Gebäude- durchschnittlichen Flächenverbrauch pro Bewohner und des Friesenbergs über ihre Aufenthaltsqualität 150 Leute mit einer Kompostberaterin im Einsatz – sie
tiefe, nach Süden bietet eine 2,15 Meter tiefe vorge- von 31,5 Quadratmeter. „Wenn ich in einem Vierzim- hinaus ebenerdige Wege ins Grüne und in Richtung schaut, dass immer neue Kompostbetreuer rekrutiert
stellte Loggia überdachten und besonnten Freiraum. merhaus wohne und die Kinder ausziehen, muss ich eines neuen Quartierszentrums. Hangaufwärts führen werden und dass sie den Kompost richtig kehren. Da
Das Wohnungsangebot ist breit gefächert nach in der Regel in eine kleinere Wohnung ziehen. Es gilt, zwischen den 13 Häusern Treppen und auch Rampen trifft man sich, da ist der Briefträger mit dem Akade-
Typologie, Größe und räumlicher Eigenart: Von den so viele Zimmer wie Personen. Die Bewohner haben zu den benachbarten Siedlungsbausteinen und ins miker oder der Coop-Lageristin zusammen. Sie haben
155 Wohneinheiten sind 59 Reihenhäuser und 96 sechs Jahre Zeit und die Genossenschaft macht drei Grüne. Diese Hang-Durchwegung ist begleitet – und Geld zur Verfügung, damit sie pro Gruppe einen
Wohnungen. 31 Wohnungen haben einen kleinen Angebote.“7 In der viergeschossigen Zeilenbebauung damit in ihrer Wichtigkeit hervorgehoben – von Kunst Ausflug machen können und immer im Januar gibt
Südgarten, 71 sowohl eine Loggia nach Süden als im Südwesten der Siedlung entstanden alternative am Bau. Der Schweizer Künstler Yves Netzhammer es ein Kompostessen.“11 Die Belegung aller Grün-
auch Blick über die niedrigeren Zeilen zur Stadt, neun Wohnungen besonders für jene älteren Personen, installierte in den neun Durchgängen zwischen den matt-Dächer mit einer Fotovoltaikanlage dient der
Wohnungen greifen über zwei Geschosse und haben die wegen Unterbelegung bald ihre Wohnung hätten Häuserzeilen Fundgegenstände aus der Vorgänger- Stromerzeugung von 100 Haushalten.
sowohl im Süden als auch im Norden einen kleinen wechseln müssen. Die mit Aufzügen bis in die Tief- siedlung. Eine Dachrinne, ein Koffer, eine Tür oder ein
Garten. 44 Wohnungen umfassen drei Geschosse. garage erschlossenen Wohnungen sind altersgerecht Fenster sind in Beton gegossene ‚Zeitimporte‘, die wie
Die reihenhausartigen Wohnungen sind aufgeteilt in ausgebaut. Ca. 100 interne Wechsel konnten so ver- die Gebäudestellung selbst eine Verbindung zwi- Soziale Unterstützung
drei mal 3,5-Zimmer, 41 mal 4,5-Zimmer und 15 mal zeichnet werden, eine große Zahl von Reihenhäusern schen Gegenwart und Vergangenheit herstellen und
5,5-Zimmer, die Wohnungen in neun mal 2,5-Zimmer, im Altbestand wurde damit frei für neu hinzuziehende gleichzeitig zum erzählerischen Orientierungssystem Dienstleistungen im sozialen Bereich werden als
37 mal 3,5-Zimmer, 23 mal 4,5-Zimmer und 15 mal Familien.8 werden. direkte Sozialangebote der FGZ ausgeführt. Ein
5,5-Zimmer. Zusätzlich gibt es 18 Individualzimmer Sozialberater und fünf Personen zur Altersbetreuung
und zwei Gästezimmer. werden finanziert aus Mieteinnahmen. Der Hilfs-
Teil einer Gesamtheit fonds FGZ speist sich aus 0,25 Prozent der Mieten
und unterstützt gezielt Genossenschaftsmitglieder in
Die gemeinschaftlichen Räume von Grünmatt sind am finanziellen Engpässen oder Notlagen.
nordöstlichen Zeilenende in Richtung der räumlichen
Mitte des Friesenbergs konzentriert. Hier bilden sie in
der Nähe des 1928 gebauten Genossenschaftshauses, Ein neues Quartierszentrum
das einen Kindergarten, eine Gemeindestube, den
Genossenschaftssaal sowie zwei Ladenlokale enthält, Ein übergeordnetes Zentrum als zentraler Treffpunkt
einen öffentlichen Schwerpunkt. Ein neu entstandener wird in Zukunft die einzelnen Etappen verbinden: Bis
Kindergarten mit Hort, eine städtische Pflegewohn- 2018 entsteht innerhalb der Gartenstadt Friesenberg
gruppe für acht Demenzerkrankte und ein Gemein- mit einer neuen Quartiersmitte ein funktionaler wie
schaftsraum mit 160 Quadratmetern Fläche sind Teil räumlicher Schwerpunkt. Ein großer mäandrierender
des Quartiersnetzwerks. „Jetzt haben wir immerhin Baukörper, geplant von Architekturbüro Enzmann
acht Gemeinschaftsräume. Wenn man schaut, wie Fischer aus Zürich, umfasst einen öffentlichen, zur
sie genutzt werden, ist das gar nicht so verrückt. Der Straße gewandten Stadtplatz und einen talseitig
Gemeinschaftsraum ist nun automatisch dabei, wenn geöffneten Grünhof. Ein Coop als Lebensmittel-Groß-
wir neu bauen.“9 Der Präsident der Genossenschaft versorger, kleine Läden, ein Gesundheitszentrum mit
Sonderegger weist darauf hin, dass nachträglich kaum Gruppenpraxis, ein Kindergarten und die Geschäfts-
ein Gemeinschaftsraum eingefügt werden kann. „Die stelle der Genossenschaft werden einziehen, in den
Leute fürchten den Lärm!“10 oberen Stockwerken werden über 100 mit Aufzug
erreichbare Geschosswohnungen angeboten. Dieses
neue Zentrum befindet sich östlich der Siedlung
Nachhaltige Vernetzung Grünmatt.

Die Vernetzung findet nicht nur räumlich und funktio-


nal, sondern auch in Bezug auf Aspekte der Nachhal-
tigkeit statt. Zwei Gemeinschafts-Kompoststationen
sind mit der Siedlung neu entstanden. Sie bieten auf
Autofreie Durchwegung

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2.8 WOHNPROJEKTE G R Ü N M AT T – F R I E S E N B E R G , Z Ü R I C H , C H

12 Ebenda Vielfalt in der Stadt Nicht nur die räumliche Vernetzung der Siedlung Interviews 13 Familienheim-Genos-
Grünmatt mit dem Quartier und die Neuinterpretation Alfons Sonderegger, Präsident der FGZ, Zürich, 12.03.2015 senschaft Zürich (FGZ)/
Amt für Städtebau der Stadt
Die FGZ hat sowohl bei den Genossenschaften eines zuvor privaten Wohnbausteins ist beispielhaft. Alexander Huhle, Graber Pulver Architekten, Zürich, Zürich (Hg.): Masterplan FGZ.
Kalkbreite wie bei der ‚Genossenschaft der Genossen- In vielen Aspekten hat die Siedlung Grünmatt vor- 12.03.2015 Kurzfassung. Zürich 2016.
schaften‘ mehr als wohnen Anteilsscheine gezeichnet weggenommen, was der „Masterplan FGZ“ zur Abzurufen unter: www.fgzzh.
ch/resources/uploads/Mas-
und trägt damit auch eine Vielfalt an Wohnkonzepten: Quartiersvernetzung auf dem Friesenberg bis 2050 Literatur terplanFGZ/Masterplan%20
„Wäre es richtig, überall Kalkbreiten oder überall mehr als Zielsetzung formuliert: „In allen Bauetappen der arc Consulting (Hg.): Familienheim-Genossenschaft Zürich (FGZ). FGZ_2016-03-31_Kurz-
als wohnen zu machen? Oder ist es eben nicht auch FGZ sollen kleinere, gemeinschaftliche Freiräume Organisation zweistufiger Studienauftrag. Abzurufen unter: www. fassung.pdf (besucht am
arc-consulting.ch/content/uploads/812-FGZ-A41.pdf (besucht am 09.01.2017)
stimmig, hier diese Struktur weiter zu entwickeln, um als Orte für spontane Begegnungen erhalten und 17.12.2016)
bewusst ein Angebot für Haushalte mit Kindern zu geschaffen werden.“13 Familienheim-Genossenschaft Zürich (FGZ)/Amt für Städtebau
machen? Wir denken im Moment immer noch mehr- der Stadt Zürich (Hg.): Masterplan FGZ. Kurzfassung. Zürich 2016.
heitlich: Doch, das ist auch richtig. Es ist wunderbar, Abzurufen unter: www.fgzzh.ch/resources/uploads/MasterplanFGZ/
Masterplan%20FGZ_2016-03-31_Kurzfassung.pdf (besucht am
dass es die anderen und die Experimente gibt, aber 08.01.2017)
das Wohnen hat auch immer noch etwas Konserva- Liechtie, Richard: Mehr als Reihenhäuser. In: Wohnen 5/2014,
tives. Es braucht die Vielfalt – es dürften nicht alle S. 15–20
plötzlich Kalkbreite werden, es sollten aber auch nicht
alle Friesenberg werden.“12

Grünmatt, Friesenberg, Zürich, CH


Den Freiraum rahmende Loggien Adresse Baumhaldenstrasse 1–30, Grünmattstrasse 1–36
8055 Zürich
Schweiz

Erstbezug 2014

Bauträger Familienheim Genossenschaft, Zürich

Entwurf Graber Pulver Architekten, Zürich


4d AG Landschaftsarchitekten, Bern

Flächen Grundstück 31.797 qm


Wohnen 17.327 qm
Gewerbe 508 qm
Gemeinschaft 160 qm

Wohnungen 155 Wohnungen


Geschosswohnungen, Reihen-Einfamilienhäuser, Gästezimmer

Förderung Baurecht, FGZ durch Mietumlagesystem

Gemeinschaft Räume: Gästezimmer, städtische Pflegewohngruppe, Gemeinschaftsraum


Freiflächen: Spielwege

Quartier Räume: Kindergarten, Kinderhort, städtische Pflegewohngruppe


Freiflächen: Spielwege

Grünmatt zur Friesenberghalde

74 75
2.9 WOHNPROJEKTE WOHN_ZIMMER – SONNWENDVIERTEL, WIEN, A

„Die Organisation erfolgt über soziale Medien.


2.9 Wohn_Zimmer – Die Bewohner und Bewohnerinnen bringen Leute aus dem Quartier mit,
Sonnwendviertel, Wien, A allein das öffnet schon.“
1
win4wien

Durch den Wohnrahmen in den Innenhof 1 Züger, Roland: Herzblut ist kein Argument. Spaziergang durchs Wiener Sonnwendviertel. In: werk, bauen + wohnen 5/2016, S. 28–38

76 77
2.9 WOHNPROJEKTE WOHN_ZIMMER – SONNWENDVIERTEL, WIEN, A

Gemeinnützige Quartiersvernetzung als Akzent Lage und Ausstattung von Gemeinschaftsbereichen baufeldübergreifend erarbeitetes Freiraumkonzept 2 Aus: Vgl. wohnfonds_wien:
oder die Aneigenbarkeit der (Außen-)Flächen durch hebt die üblichen Grundstücksaufteilungen auf, es Beurteilungsblatt 4-Säulen-
Modell, Stand Oktober 2009
unterschiedliche Nutzer- und Altersgruppen.2 Zur unterscheidet mit Rampen, Terrassen und Mauern
Wahrung dieser Aspekte werden auch Sozialplaner öffentliche und halböffentliche Flächen. Diese teil- 3 Interview mit Bernd Vlay

Teilnehmer der Wettbewerbsjury. Das mit dem ersten weise auch gebäudeintegrierte Landschaft erschließt
Preis ausgezeichnete Projekt wurde in Bezug auf das die großflächig verglasten, abends hell erleuchteten,
neu eingeführte Kriterium zum Vorbild für die Wiener öffentlichen Funktionen Wellnesscenter, Theater
Wohnbauförderung, gemeinschaftsorientierte Funk- und Bibliothek barrierefrei und ermöglicht, das
tionen dienen als Impulse. Wohn_ Zimmer mit Angeboten wie Wochen- oder
Sonnwendviertel – ein neues Stadtquartier eine Nachbarschaft entwickelt, ein gemeinsam abge- Flohmarkt bei Tag und bei Nacht zu nutzen und zu
stimmtes Freiflächenkonzept erarbeitet und Vielfalt durchqueren. Rampen und begleitende Geländer als
Auf den Flächen des ehemaligen Wiener Frachten- in der Architektur sichergestellt. Das Instrument der Im Dialog mit dem Quartier Begleiterscheinung eines in einen Hügel integrierten
bahnhofs im 10. Wiener Gemeindebezirk entsteht Bauträgerwettbewerbe dient der Stadt Wien seit 20 Jugendraums stören allerdings die Offenheit und
südlich des neuen Hauptbahnhofs bis 2025 das Sonn- Jahren der Qualitätssicherung – der Grundstückspreis Das prämierte Projekt wurde von vier Bauträgern mit zerschneiden mit den Tiefgaragenentlüftungen die
wendviertel. Das dichte Stadtquartier mit ca. 5.500 wird unabhängig von den Marktkonditionen als drei Architekturbüros und einem Landschaftsarchitek- Freiflächen. Den Wohnungen sind private Freiberei-
Wohneinheiten, einem Bildungscampus für Kinder Festpreis für alle Bauträger vordefiniert, die Bauträger turbüro gemeinsam entwickelt; es beherbergt ca. 450 che zugeordnet, für die Gemeinschaft existieren eine
und Jugendliche, Arbeitsplätzen und Geschäften qualifizieren sich im Team mit Architekten und an- Wohnungen mit mehr als 3.000 Quadratmetern Ge- große Dachterrasse, ein Winter- und ein Kräutergar-
wird zukünftig von einem zentralen Park durchzogen. deren Sonderfachleuten über Realisierungskonzepte. meinschaftseinrichtungen. In Reaktion auf die städte- ten. Das Erdgeschoss steht somit der Allgemeinheit
Blockrandbebauungen setzen die Stadtstruktur des Der Erhalt der Wohnbauförderungsmittel ist an eine baulichen Vorgaben des 2004 beschlossenen Master- zur Verfügung.
benachbarten Gründerzeit-Arbeiterquartiers Favoriten gemeinsame Umsetzung gebunden. Der Bauträger – plans „Bahnhof Wien – Europa Mitte“ und auf die
fort. Dem Baufeld C.01 kommt aufgrund seiner Lage daran interessiert, den Wettbewerb zu gewinnen – ist Forderung nach hoher baulicher Dichte entstand ein
an der Nahtstelle zwischen Hauptbahnhof, Favori- in der Wettbewerbsphase offen für konzeptionell Wohnrahmen entlang der Grenzen des Sonnwend- Promenade
ten, neuem Park und zukünftigem Sonnwendviertel starke Ideen. Im Bauprozess werden pragmatische viertels nach Norden, Osten und Westen. Durch eine
besondere Bedeutung in Bezug auf die Quartiersver- und ökonomische Aspekte relevant, Ideen werden der differenzierte Baukörperausbildung, unterschiedliche Die im Nordwesten zum Bezirk Favoriten orientierten
netzung zu. Realität angepasst. Architekturen, durch Fugen, Zäsuren, durch Stiegen- und an der Hauptstraße gelegenen zehngeschos-
häuser und Zugänge wird die vorgegebene Geschlos- sigen Blockrandbauten (Bauteil A, STUDIOVLAY)
senheit aufgebrochen und die Verbindung mit den enthalten eine zentrale Eingangshalle mit Concierge
Bauträgerwettbewerbe Soziale Nachhaltigkeit umgebenden Stadtteilen ermöglicht. Unterschiedlich und Briefkästen für alle Bewohner. Hier befindet sich
positionierte Öffnungen erlauben Durchquerung, auch im ersten Obergeschoss der Zugang zum für
2009 forderte der wohnfonds_wien als Grundstücks- Zur Beurteilung des Wettbewerbs wurde im Rahmen Durch- und Einblicke auf die interne Landschaft wie die Bewohner anmietbaren Kino. Brücken definieren
eigentümer Teams von zumindest drei Bauträgern dieses Verfahrens die Säule der sozialen Nachhaltigkeit Ausblicke in den Park. Nach Süden inszenieren drei die dritte Dimension und verbinden in verschiedenen
mit drei Architekten zur Teilnahme an einem ein- zu dem bisher gültigen Drei-Säulen-Modell (Planung, auffällige, siebengeschossige rote polygonale Solitäre Geschossen die Gebäude und Gemeinschaftsbereiche
stufigen Bauträgerwettbewerb auf. Damit wird für Ökonomie, Ökologie) hinzugefügt. In den Fokus die Wegeverbindung zur benachbarten neuen Bebau- mit Räumen bis zu fünf Meter Höhe. Es entsteht ein
das Baufeld C.01 – ein Zusammenschluss von sieben geraten damit die Themen Wohnen in Gemeinschaft, ung und fassen den zentralen Bereich, das Wohn_ generöses Erschließungsmodell, „eine Promenade mit
Grundstücken – schon im Rahmen des Verfahrens kommunikative Qualitäten von Begegnungsorten, Zimmer. Zufällige Begegnungen sind hier gewollt. Ein Abfolgen von unterschiedlichen Raumqualitäten“3,

Solitär als Ziel des Weges Passerelle als barrierefreie Flanierzone Marktplatz des Wohn_ Zimmers Dreidimensionale Promenade

78 79
2.9 WOHNPROJEKTE WOHN_ZIMMER – SONNWENDVIERTEL, WIEN, A

4 Interview mit Klaus Kada eine barrierefreie Flanierzone. Die Gemeinschafts- kann individuell gebucht werden. Angebote für alle Interviews Literatur
5 Vgl. Interview mit Dieter räume sind für alle Bewohner nutzbar, ein auch für die Altersklassen existieren: Spielecken für Kleinkinder, ein
Groschopf Öffentlichkeit gegen Entgelt zugängliches Schwimm- Spielraum mit Kletterwand über drei Geschosse mit Dieter Groschopf, Geschäftsführer wohnfonds_wien, Wien, Brandl, Freya/Gruber, Ernst: Gemeinschaftliches Wohnen in Wien.
bad mit Wellnessbereich ist durch die Promenade „im Abenteuerrutsche, ein Jugendraum, ein Musikproben- 18.09.2014 Bedarf und Ausblick. Wien 2014
6 Vgl. Interview mit Bernd Vlay
Bademantel erreichbar“4. Für jene, die schon dort raum, Lesezirkel, Bibliothek, Werkstätten und Ateliers, Klaus Kada, Bernd Vlay, Daniel Bammer, Architekten Wohn_ Zimmer, Leeb, Franziska: Kino, Schwimmbad, Kletterwand inklusive. Das
Wien, 19.09.2014 WOHN-ZIMMER Sonnwendviertel in Wien. In: Der Architekt 6/2014,
wohnen, werden damit Verbesserungen angeboten, eine Fahrradwerkstatt sowie eine Spielhölle. Ebenso S. 62–65
Daniel Glaser, Wiener Wohnbauforschung, Wien, 19.09.2014
die Akzeptanz der Bevölkerung für das neue Quartier werden aus interkulturellem Kontext entwickelte win4wien (Hg.): Sonnenwendviertel. Facts. Abzurufen unter:
wird erhöht.5 Das Netzwerk mit seinen durch die Lage genderhomogene Räume wie das Mädchenzimmer www.win4wien.at/projekte/sonnwendviertel_0Facts.aspx (besucht
von Gemeinschaftsräumen definierte Planschnittstel- angeboten. Das von einem professionellen Betreiber am 20.09.2015)
Züger, Roland: Herzblut ist kein Argument. Spaziergang durchs
len und Fugen wurde zwischen den drei beteiligten geführte Schwimmbad mit Wellnesscenter, Sauna
Wiener Sonnwendviertel. In: werk, bauen + wohnen 5/2016, S. 28–38
Planern frühzeitig vereinbart und bildet das überge- und Nebeneinrichtung umfasst ca. 1.000 Quadrat-
ordnete Konzept. meter und ist öffentlich nutzbar und wesentlicher
Teil des Raum- und Funktionsangebots für die ganze
Quartiersgemeinschaft. Vierzehn Geschäftslokale
Wohn_Zimmer und kleinteilige Gewerbeeinheiten ermöglichen eine
Durchmischung von Arbeiten und Wohnen. Zwei bis
Der Projektname Wohn_ Zimmer entstand aus der Ziel- drei Prozent der Nettonutzfläche für Gemeinschafts-
setzung, den Gebäudekomplex mit seinen Freiräumen flächen ist die Regel im geförderten Wohnungsbau in Wohn_Zimmer, Sonnwendviertel, Wien, A
zum anregenden Aufenthaltsort und Wohnzimmer Wien – bei diesem Projekt liegt der Anteil für Gemein-
Adresse Sonnwendgasse, Alfred-Adler-Straße, Vally-Weigl-Gasse, Antonie-Alt-Gasse
werden zu lassen. Privatflächen werden zugunsten der schaftsflächen zwischen sieben und acht Prozent.6
1100 Wien
Allgemeinflächen um ca. zehn Prozent reduziert. In Zu Bearbeitungsbeginn lagen die geschätzten Bau-
Österreich
den Wohnungen sind keine Wohnzimmer vorgesehen, kosten ca. 30 Prozent über den geplanten Baukosten.
in den drei Türmen wird wohnungsintern auf Flur- Das Projekt win4wien im Sonnwendviertel wird den Erstbezug 2014
flächen verzichtet. Bewegliche – zu kaufende – Schränke goldenen Zeiten der Stadt zugewiesen, aus Gründen
erlauben hier verschiedenste Konfigurationen der der gegenwärtig stark diskutierten Leistbarkeit wird es
Grundrissorganisation. Die Anforderung nach interkul- voraussichtlich keine direkten Nachfolger haben. Bauträger win4wien:
turellem Wohnen wird beantwortet mit Wohnungs- EBG Bauen Wohnen Leben, Wien
GEWOG Neue Heimat, Wien
typen, die bei 140 Quadratmetern sieben Zimmer
Neues Leben, Wien
ohne Verkehrsfläche erschließen – die dreiseitige Signal Vernetzung Mischek Bauträger Service GmbH, Wien
Belichtung der Solitäre erlaubt diesen Typus. Hier
zeigt sich eine Ambivalenz im Fördermodell: Für Im Rahmen der introvertierten städtebaulichen Groß- Entwurf STUDIOVLAY | Lina Streeruwitz mit puk architekten, Wien (a)
ausgelagerte Wohnflächen und die Reduzierung der figur gibt das Wohn_ Zimmer räumlich differenziert Riepl Kaufmann Bammer Architektur, Wien (b)
Wohnflächen, die nun Gemeinschaftsflächen werden Anreize und Möglichkeiten zur Quartiersvernetzung Univ.-Prof. Arch. DI Klaus Kada, Graz (c)
rajek barosch landschaftsarchitektur, Wien
können, werden keine Fördergelder angeboten. Die innerhalb der straßenübergreifenden Blockrandstruk-
hohe Anzahl geförderter Wohnungen und eine große tur sowie darüber hinaus. Die Vernetzung ist sichtbar Flächen Grundstück 39.000 qm
Wohnungsvielfalt – von Single-Lofts über Smart- tragender Konzeptgedanke: Allseits präsente gelbe Wohnen 50.000 qm
Wohnungen (drei Zimmer mit 55 qm) zu Familien- Brücken verbinden die sieben Gebäude durch ein Gewerbe 37.213 qm
maisonetten und 360 Quadratmeter großen Wohn- großzügiges dreidimensionales, um Gemeinschafts- Gemeinschaft 3.099 qm
gemeinschaften – fördert die soziale Durchmischung. räume erweitertes Gerüst von Erschließungsflächen Wohnungen 436 Wohnungen
Eigentumswohnungen sind tendenziell in den oberen und werden zum Symbol für gelebte Gemeinschaft. Wohnheim mit 18 Plätzen
Geschossen angesiedelt. Die roten, weithin sichtbaren Türme sind visuell, aber
auch funktional zentrale Bauten im ansonsten eher Förderung ca. 320 geförderte Mietwohnungen mit Eigentumsoption, ca. 50 Mietwohnungen mit
monofunktionalen Sonnwendviertel. Superförderung, ca. 50 geförderte Eigentumswohnungen, 16 geförderte Heimplätze
Vertikaler Spielplatz
Gemeinschaft Räume: Entree, Heimkino, Gemeinschaftsküche, Bibliothek, Mädchenzimmer, Jugendraum,
Das große Angebot an funktional vielfältigen so- Musikproberaum, Spielraum mit Kletterwand, Kleinkinderspielecke, Werkstätten, Ateliers,
zialen und infrastrukturellen Gemeinschaftsräumen Fahrradwerkstatt,
ist Kompensation des Trends zu kleineren und damit Freiflächen: Marktplatz, Luftbrücken
leistbaren Wohnungen. Eine 183 Quadratmeter große Quartier Räume: Schwimmbad mit Wellnesscenter, Gewerbe
Gemeinschaftsküche wird außerhalb der begrenzten Freiflächen: Marktplatz
Wohnung Alltagsküche und Festsaal, der Heimkinosaal

80 81
2.10 WOHNPROJEKTE SPREEFELD – MITTE, BERLIN, D

2.10 Spreefeld – Mitte, Berlin, D „herzlich willkommen bei den spreegenossen


unser grundstück ist offen für die nachbarschaft, gäste sind willkommen. das betreten des grundstücks, das verweilen
und auch der durchgang in richtung schillingbrücke erfolgt auf eigene gefahr. der strand ist ein ort, der von allen
genutzt werden kann, solange dies mit dem nahen wohnen vereinbar ist. Eine nutzung durch veranstaltungen aller art,
für die offen/öffentlich eingeladen wird, ist ausdrücklich untersagt und nur in ausnahmefällen und nur nach
schriftlicher zustimmung der sfb genossenschaft möglich.“

Infoschild auf dem Grundstück

Durchlässigkeit zur Spree

82 83
2.10 WOHNPROJEKTE SPREEFELD – MITTE, BERLIN, D

Optionen und Durchlässigkeit am Spreeufer Einzelnen oder der Gemeinschaft im Fokus? Die Inter- von Entwurfsvarianten, die Durchlässigkeit wurde zum 2 Satzung der Bau- und Wohn-
essenslage veränderte sich als privater Eigentümer oder Hauptargument für die gewählte offene städtebau- genossenschaft Spreefeld Berlin
eG, Fassung vom 29.06.2015,
Anteilseigner. Mit der Umwandlung in eine Genossen- liche Struktur. Das Interesse der Bevölkerung, an die S. 4. Abzurufen unter: wolke.
schaft 2011 erweiterte sich die Kerngruppe von 15 um Spree zu kommen, galt es zu wahren, das Durchlau- spreefeld-berlin.de/index.php/s/
weitere 30 stimmberechtigte Personen, das gemein- fen sowie Durchblicke zu ermöglichen: „Die prakti- hqrIU442FvEk7wG (besucht am
17.02.2017)
sam formulierte Ziel „des generationsübergreifenden, sche Wahrnehmung der Durchlässigkeit ist räumlich.“4
nachbarschaftlichen Zusammenlebens und der sozial 3 Ballhausen, Nils: Spreefeld.
In: Bauwelt 39/2014, S. 19
gemischten Zusammensetzung der Bewohner/innen“2
4 Interview mit Angelika
wurde mit der Satzung zur Gründung einer Genos- Gemeinschaftliche Vernetzung durch Drescher
1 Interview mit Angelika Der Impuls zum Projekt entstand durch den Archi- entstehung. Bürger forderten eine 50 Meter breite, senschaft von den Gesellschaftern unterzeichnet. Das Raumgerüst
Drescher 5 Ebenda
tekten Christian Schöningh auf der Suche nach einer öffentlich zugängliche Uferzone in Reaktion auf Dauerwohnrecht und das Gleichbehandlungsgesetz –
Projektentwicklung in Berlin. Eine Seifenfabrikruine Bebauungsvorschläge zur Privatisierung des Fluss- festgelegt in den Statuten des Genossenschaftsge- Das Alltagsleben sollte nicht in drei Häusern, sondern
in einem Gewerbegebiet am Spreeufer, ca. vier ufers mit undurchlässiger, verdichteter Bürobebauung. setzes – steht über allem. Mit Wandel der Rechtsform gefühlt in einem Haus stattfinden. Zur Verbindung,
Kilometer östlich des Zentrums zwischen Mitte und Das Projekt Spreefeld versteht sich als Debattenbei- stellte sich ein Perspektivwechsel zugunsten gemein- aber auch, um das Erdgeschoss der Öffentlichkeit
Kreuzberg, sollte mit einer Baugesellschaft bürger- trag zum Thema alternativer, sozialer, ökologischer schaftlicher Belange ein – es zeigte sich, „dass die freizugeben, waren Stege zwischen den Gebäuden
lichen Rechts gekauft werden. Nach dem Scheitern Stadtentwicklung und als Antwort auf die Frage: Rechtsform bzw. die Eigentumsform einwirkt auf die im Mezzanin-Geschoss vorgesehen, das Dach des
des Kaufs wandte sich die Gruppe dem zum Verkauf „Was kann und darf Wohnen an diesem Ort?“1 Ein Leute und damit indirekt auch auf das Ergebnis“3. Heizhauses, überbaut mit einem ausgeführten Winter-
angebotenen, unbebauten Nachbargrundstück zu. Regelwerk, das gesellschaftliche Perspektiven mit dem garten, sollte in diese Luftwelt integriert werden. Aus
Um das Grundstück dem Spekulationskreislauf zu Fokus auf gemeinschaftliche Nutzung und auf die Kostengründen wurden nur die Andockmöglichkeiten
entziehen, sollte es von der Schweizer Pensionskasse Durchlässigkeit für die Öffentlichkeit verfolgt, wurde Gebäudetypologie – Bereicherung für den der Stege umgesetzt, die Wege werden damit der-
Stiftung Abendrot erworben und in Erbbaurecht an vor dem Kauf des Grundstücks festgelegt. Werte- Spreeuferweg zeitig auf den Erdboden verlagert. Die Vereinbarung
die Baugruppe weitergegeben werden. Aufgrund der prioritäten – offen genug, um Wandel aufgreifen zu lautete: „Wir ziehen ein und schauen, wie es sich
ungeklärten Erschließung konnte zu diesem Zeitpunkt können – wurden formuliert. Das Grundstück sollte Drei frei stehende, achtgeschossige, kompakte Punkt- anfühlt.“5 Als Hofersatz werden große Privatbal-
kein Baurecht vergeben werden. Darauf gründete sich demnach nicht geteilt werden, im Erdgeschoss nicht bauten in Passivbauweise beinhalten ca. 6.200 Qua- kone und Dachterrassen in Gemeinschaftsnutzung
eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung von zehn gewohnt werden, experimentelle Gemeinschafts- dratmeter Wohnfläche mit 44 Wohneinheiten und angeboten. Variationen in der Planung entstanden
Personen, die 2010 das Grundstück kaufte. Inzwischen wohnformen sollten gefördert werden. 1.000 Quadratmeter Gewerbeflächen. Das Baufeld durch die Beauftragung von drei Architekturbüros.
hatte die Stadt die Erschließung gesichert, eine Bau- war begrenzt, ca. ein Drittel der Grundstücksfläche Gemeinschaftlich wurde ein Baukastensystem für
genehmigung konnte vergeben werden. an der Spree war der öffentlichen Durchwegung vor- Standardgrundrisse entwickelt, ein Modellbaukasten
Genossenschaft – Rechtsform mit behalten. Es galt Paragraf 34: Die Höhe des benach- als Werkzeug der Planungspartizipation erleichterte
Vertrauensvorschuss barten Deutschen Architektur Zentrums (DAZ) von die Konkretisierung der Wohnvorstellungen. Jedes
Durchlässigkeit und soziale Stadt sechs Stockwerken mit hohem Sockel war Bezugs- Architekturbüro hat die Betreuung der Grundrisse für
Die Entscheidung, welche Rechtsform dem Charak- größe. Gebäudetypologie wie Nutzung entstanden ein Haus übernommen, im Erdgeschoss sind individu-
Die Diskussionen um den Bürgerentscheid Spree- ter des Projekts entsprach, wurde mit Beratern in in Verbindung von harten Forderungen und anderen elle Handschriften erkennbar.
ufer für alle und die Initiative Mediaspree versenken! Workshops erörtert. Ziel und Form wurden dabei in Interessen – im Mischgebiet hätte ebenfalls ein
bildeten 2007 den politischen Kontext der Projekt- Einklang gebracht. Steht die Entscheidungsfreiheit des Gewerbebau entstehen können. Es gab eine Vielzahl

Öffentlicher Weg durch die Mitte Gestaltung des Spreeufers Grüne Mitte mit Blick zur Spree Mulitfunktionaler Optionsraum

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2.10 WOHNPROJEKTE SPREEFELD – MITTE, BERLIN, D

6 Satzung der Bau- und Wohnen – Gemeinschaft und Experiment von der Genossenschaft betrieben. Die Kita ist offen
Wohngenossenschaft Spree- für Bewohner des Quartiers, sie zieht Leute von
feld Berlin eG, Fassung vom
29.06.2015, S. 4. Abzurufen un- Der Anspruch, „gemeinsames und selbstbestimm- außen an. Trotz schwieriger Rahmenbedingungen –
ter: wolke.spreefeld-berlin.de/ tes Wohnen“6 umzusetzen, führte zum vielfältigen die Spielbereiche im Hof sollten nicht abgegrenzt
index.php/s/hqrIU442FvEk7wG Angebot gemeinschaftlicher Flächen. Aktivitäten wie werden, obwohl das Spreeufer nahe liegt – hat die
(besucht am 17.02.2017)
zum Beispiel Waschen oder Handwerken wurden aus Genossenschaft ihren Einzug sehr begrüßt. Ein selbst
7 Interview mit Angelika den Privatwohnungen in die Gemeinschaftsräume mit aufgebauter Marktstand mit Kasse bietet die Mög-
Drescher
einer Waschmaschinengalerie verlagert. Gästewoh- lichkeit, frisches Gemüse zu erwerben. Das Büro der
nungen als temporär verfügbarer Raum bieten die Zusammenarbeiter ist ebenso Keimzelle – die Bürofee
Möglichkeit, solidarisch-gesellschaftliche Verantwor- wird zur Concierge, damit wird sich wahrscheinlich
tung zu übernehmen – sie werden gegenwärtig als zukünftig ihr Arbeitsvertrag verändern.
Wohnungen für Flüchtlinge genutzt. Experimentelle
Gemeinschaftswohnformen waren von Beginn an als
Teil des Projekts definiert. Zwei Etagen blieben als Optionsräume – Ort für sukzessive
Versuchsplattform reserviert und wurden für sechs Entwicklung
Monate nicht vergeben, Wohngruppen konnten sich
langsam zusammenfinden. Aus sechs Wohnungen Die Optionsräume sind Schnittstellen. Sie werden
wurde eine Großwohnung. Im Rahmen der Grundriss- dauerhaft für öffentliche, geschäftliche, gesellschaft-
gestaltung wurde das Kartausen-Ideal – die Wie- liche, nachbarschaftliche, gemeinschaftliche Nut-
derholung gleicher Zellen – sowie eine verschieden zungen vorgehalten, sie lassen Raum für sukzessive
schaltbare Vielfalt an Zellengrundrissen diskutiert. Entwicklung, bieten die Chance zur Beteiligung
Jeder Genosse erhält den Schlüssel einen Monat vor und sind Ankerpunkte für Personen von außen. Sie
Mietbeginn – schon mit der Erstellung der Oberflä- werden für ergänzende Inhalte wie Handwerk oder
5 Meter Raumhöhe – Büroeinbauten Gestaltungsvorschlag zum Spreeweg
chen findet Aneignung statt. „In den Großwohnun- Ernährung zur Miete vergeben. Gegenwärtig ist in
gen entsteht eine eigene Position gegen Eigentums- einem Optionsraum eine Hauswerkstatt eingerichtet,
bildung.“7 die jeder Bewohner nutzen kann; langfristig könnte
sie zur Kiezwerkstatt werden. In ehrenamtlicher nachgefragt, jedoch kommen Dauermieter bisher anmietbar. Es wird als Raum der Debatte öffentlich 8 Interview mit Angelika
Arbeit hat ein Kuratorenteam ein Papier zur Vergabe nicht oder nur für kleine Flächen infrage. Da die Seifen- genutzt – der Bezirksausschuss zum Uferweg tagte Drescher

Vernetzung – Infrastruktur und soziale der Optionsräume verfasst; das Team ist autorisiert, fabrik nah am Wasser gebaut war, konnte – trotz der hier.
Einrichtungen die Räume zu bespielen. Die Erstellungskosten der Vorgabe eines 50 Meter breiten freien Streifens – ein
Gemeinschafts- und Optionsräume von 600 Euro Haus ebenfalls am Wasser positioniert werden. Im
Im Erdgeschoss sind Gewerbe- und Optionsräume pro Quadratmeter wurden umgelegt auf den Qua- Erdgeschoss befindet sich – nach der ersten Planung Strategie – Implementieren von
platziert, verschiedene Akteure gestalten, beackern dratmeterpreis der Wohnungen. Die Optionsräume einer überdachten Durchwegung, die nicht genehmigt ‚handfesten Gegebenheiten‘
und nutzen diesen Ort für nachbarschaftliche und wurden nicht fertig gebaut, Mieteinnahmen sollen wurde – ein geschlossener Optionsraum als Schnitt-
öffentliche Aktivitäten. Die Gewerberäume werden die Fertigstellung finanzieren. Die Optionsräume sind stelle zum zukünftigen öffentlichen Uferweg. Mit einem Wettbewerb zur Programmierung des
Außenraums wurde das Ziel verfolgt, „Handfestes“8
zu schaffen, um damit die Aushandlung des öffent-
Hier war Kiki Blofeld – Bestand als Anker lichen Raums zu provozieren, aber auch, um den noch
eigenen Grund zu gestalten. Über einen städtebau-
Ein auf dem Grundstück existierendes Bootshaus, lichen Vertrag wurde der Abverkauf des Areals für
ein Bunker für Patrouillenboote der DDR-Grenzpolizei den Uferweg an die Stadt fixiert. Um die Durchlässig-
aus den 1960er-Jahren, wurde zwischen 2005 bis keit zu fördern und als Anwohner und Bürger das
2011 von der Strandbar Kiki Blofeld bespielt. Entge- Spreeufer mitzugestalten, wurden fünf Beiträge von
gen der ersten Planungsabsichten erwies es sich als Nutzern, die gemeinnützige Angebote an die Öffent-
romantische Idealvorstellung, den Soulklub als Be- lichkeit machen, implementiert. Vor der Bauphase gab
standteil der Veränderung einzubinden. Die Nutzung es urbane Gärtner, weitere Pachtverträge wurden an
des Spreeufers als Partymeile ist nicht mehr sinnvoll, eine kleine Sauna, eine Jurte zur Vermittlung mongo-
da dies mit dem nahen Wohnen nicht vereinbar ist – lischer Kultur und das Institut für kreative nachhaltige
Kiki Blofeld zog weiter. Das Bootshaus ist nun für Stadtentwicklung vergeben. Die Verträge berück-
Genossenschaftsmitglieder gemeinschaftlich nutzbar, sichtigen die drei Phasen vor Baubeginn, während
aber auch extern zum Beispiel für kulturelle Ereignisse der Bauzeit und nach Fertigstellung des Projekts. Der
Heizhaus mit Wintergarten Zum Uferweg offener Optionsraum

86 87
2.10 WOHNPROJEKTE SPREEFELD – MITTE, BERLIN, D

9 Interview mit Angelika Verein Spreeacker, der bürgerschaftliches Engagement Solidartopf, Einzelne können allerdings langfristig nicht ideologisch geführt, die Genossenschaft könnte treiben die Genossen politische Verhandlungen 10 Interview mit Angelika
Drescher bündelt, ist daraus entstanden, die Stadt muss diese den Eigenkapitalbeitrag stunden. 50 Prozent Eigen- auch Abverkäufe verkraften.“10 voran. Das Projekt Spreefeld wird so mit Offenheit Drescher

Pächter übernehmen. Damit wird der Standort geprägt kapital musste eingebracht werden – auch, um die für Verschiebung von Gewichtungen zum Akteur der 11 Ebenda
und die Umgebung mitgestaltet. Strukturen werden Optionsräume vorzufinanzieren. Die Genossenschaft Gestaltung und der Nutzung des weiteren Umfelds. 12 Ballhausen, Nils: Spreefeld.
entwickelt, die mit Übernahme des Uferstreifens durch finanzierte den Bau, jedes Mitglied finanzierte seinen Vielschichtige Durchlässigkeit In: Bauwelt 39/2014, S. 14–23
die Stadt fortgeführt werden können, strategisch- Beitrag. Die Mieten von vier bis sechs Euro pro Qua-
spielerisch wird eine Auseinandersetzung angelegt, dratmeter, je nach Lage der Wohnung, decken die „Uns geht es um unser Hier-Wohnen und das Mitge- Interview
die Aushandlung provoziert. Zins- und Tilgungskosten, weitere 2,50 Euro pro Qua- stalten der Umgebung“11 – mit dieser Zielsetzung ist
dratmeter die Betriebskosten. Soziale Mischung ist Spreefeld als heitere, informelle und offene Bricolage Angelika Drescher, Geschäftsführerin von die zusammenarbeiter,
daher ohne Förderung nur im Rahmen der Finanzier- mit Strahlkraft in die Nachbarschaft entstanden. Berlin, 04.12.2014

Genossenschaftsmodell – Soziale Mischung barkeit herstellbar. Ursprünglich sollten zur Erhöhung Durchlässigkeit wird vielschichtig und experimentier-
mit Einschränkung der Mischung auch Mietwohnungen erstellt werden, freudig umgesetzt: Offene Punktbebauung, Freigabe Literatur
das wäre aber ein Geschäftsmodell, das die Genos- des Erdgeschosses in Bezug auf private Ansprüche,
„Das Genossenschaftsmodell und das Versprechen, senschaft mit freiwilligen Mehranteilen hätte betrei- Integration sozialer Infrastruktur, Optionsräume und Ballhausen, Nils: Spreefeld. In: Bauwelt 39/2014, S. 14–23
günstig zu wohnen, ist nicht zwingend miteinander ben müssen. Die Genossenschaft ist nach oben wie Durchwegung zeigen eine Haltung gegenüber der Satzung der Bau- und Wohngenossenschaft Spreefeld Berlin eG,
verbunden.“9 Neu gegründete Genossenschaften nach unten anschlussfähig, Leute mit wenig Kapital Öffentlichkeit, die zur Bereicherung für den Spree- Fassung vom 29.06.2015. Abzurufen unter: wolke. spreefeld-berlin.
de/index.php/s/hqrIU442FvEk7wG (besucht am 17.02.2017)
können das nicht einlösen; erst Alter, Größe und und Personen mit mehr Kapital – vor allem die Grund- uferweg führt. Durch aktive Gestaltung des Spree-
damit erwirtschaftetes Vermögen ermöglichen diese stückskäufer – sind Mitglieder. Nach drei Jahren – ufers mit kreativen und strategischen Beiträgen
Zielsetzung. Im Spreefeld ist das günstige Wohnen nach Erprobung des Zusammenlebens – darf jeder die
möglich durch die umgebende Blase und normale Wohnung, die er im Nutzungsrecht bewohnt, kaufen.
Marktmechanismen. Hier gibt es keinen Ansatz zum „Die Diskussion um den möglichen Abverkauf wird
Spreefeld, Mitte, Berlin, D
Adresse Köpenicker Straße 42–49
10179 Berlin
Deutschland

Erstbezug 2014

Bauträger Bau- und Wohngenossenschaft Spreefeld eG, Berlin

Entwurf Silvia Carpaneto, Berlin


BARarchitekten, Berlin
fatkoehl architekten, Berlin
die zusammenarbeiter, Berlin

Flächen12 Grundstück 7.500 qm


Wohnen 5.485 qm
Gewerbe 980 qm
Gemeinschaft 770 qm

Wohnungen 44 Wohnungen
Clusterwohnungen

Förderung

Gemeinschaft Räume: Bootshaus, Optionsräume, Gemeinschaftsräume, Waschsalon, Werkstatt, Gästewohnung


Freiflächen: Wintergarten, Gemeinschaftsterrassen

Quartier Räume: Kindertagesstätte, Gewerberäume, Optionsräume


Freiflächen: Spreeweg

Bootshaus als Erinnerung

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2.11 WOHNPROJEKTE WA G N I S A R T – D O M A G K PA R K , M Ü N C H E N , D

„Mit wagnisART erfolgt ein Brückenschlag


2.11 wagnisART – Domagkpark, zwischen Künstlern und sonstiger Bevölkerung“
München, D 1
Elisabeth Hollerbach

Blick in den Gartenhof 1 Elisabeth Hollerbach, Geschäftsführerin wagnis eG, im Rahmen einer Führung

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2.11 WOHNPROJEKTE WA G N I S A R T – D O M A G K PA R K , M Ü N C H E N , D

Wohnen im Kreativquartier Das Besondere an dem Entwurf war, dass die beteilig- Australien benannt sind, werden durch die gemein- 2 Hofmann, Rainer (bogevischs
ten Büros gemeinsam mit den zukünftigen Bewohnern samen Freiflächen zur Binnennutzung und durch buero): wagnisART – Neubau
einer genossenschaftlichen
dieses Konzept in Workshops entwickelten. Die Archi- Luftbrücken miteinander verbunden. Der Innenhof ist Wohnanlage. Interview mit Kaye
tekten teilten, so der beteiligte Architekt Hofmann die Bühne des Projekts und über ihn werden zentrale Geipel (24.07.2013). In: Bauwelt
in einem Interview, „einen Teil der entwerferischen gemeinschaftliche und private Orte erschlossen. 36/2013

Verantwortung, der entwerferischen Autorität“2 mit 3 Ebenda


den zukünftigen Bewohnern. Es wurde der „starke 4 Ebenda
Wunsch“ geäußert, „Einzelgruppierungen“ innerhalb Quartiersgenossenschaft DomagkPark eG 5 Ebenda
des Gesamtensembles zu realisieren.3 „Das heißt, dass
wagnisART ist ein Wohnprojekt der Genossenschaft Partizipatives Entwerfen Leute mit vergleichbaren Interessen in einem näheren Eine Chance für das urbane Wohnen liegt heute in der
wagnis eG. Es nimmt im Vergleich zu den bisherigen räumlichen Zusammenhang wohnen wollten als mit erneuten Zusammenführung der Funktionen Wohnen
wagnis-Projekten, die von wagnis 1 bis wagnis 4 Für den Domagkpark existierte ein Bebauungsplan, anderen.“4 Eine Grundfrage des Workshops lautete und Arbeiten, die in den Wohngebieten der Moderne
durchnummeriert waren, eine Sonderstellung ein. der aus einem städtebaulichen Wettbewerb des Büros daher: „Wie kommt man von der individuellen Idee verloren ging. Es wurden daher für die Künstler im
Das Projekt liegt im Domagkpark, einem ehemaligen Ortner & Ortner Baukunst hervorging. Hier sollten der eigenen Wohnung hin zu einer Vorstellung der Projekt und im benachbarten Künstlerhof vielfältige
Kasernengebiet, das sich nach der militärischen Nut- ca. 1.600 Miet- und Eigentumswohnungen durch Gemeinwohlidee der Räume in einem Wohnkom- Arbeitsmöglichkeiten – Ateliers, Spezialräume wie ein
zung temporär zu einem quirligen Kunstquartier entwi- Genossenschaften, Baugemeinschaften und Bauträger plex, die gemeinsam genutzt werden.“5 Die Lösung Fotolabor oder Ausstellungsmöglichkeiten – geschaf-
ckelt hatte. Nach der Phase der Zwischennutzung will realisiert werden. war schließlich die Konzeption der einzelnen Häuser, fen. Für die neuen Bewohner des Quartiers sollte zu-
wagnisART an den kreativen Aufbruch im Münchener die durch ein kommunikatives Erschließungssystem dem eine alternative Gesundheitsversorgung in ‚nach-
Norden anknüpfen und Kunst, Kultur und Wohnen Die Genossenschaft wagnis schrieb für ihr 12.900 verbunden wurden. Das Gefüge bildet eine räumliche barschaftlicher Nähe‘ möglich sein. Besonders reich
einen neuen Raum geben. Eng soll daher gemein- Quadratmeter großes Baufeld einen Architekturwett- Einheit, bleibt aber offen zum Quartier. und gut vernetzt sind die quartiersoffenen Angebote.
schaftliches Wohnen mit kreativem Arbeiten verknüpft bewerb aus, den das bogevischs buero gemeinsam Ein Kulturcafé, das möglicherweise als eigenständige
werden. Gesucht wurden Wohngenossen, die Lust mit Schindler Hable Architekten gewann. Abweichend Genossenschaft organisiert und betrieben wird, bietet
auf Eigeninitiative und Mitgestaltung hatten. Selbst- von der im Rahmenplan vorgesehen U-förmigen Vielfalt, Gemeinschaft und Experiment auf über 200 Quadratmetern Fläche Platz für etwa 90
ständige und Kreative, die ein besonderes Kultur- und Blockschließung, wurde in einem partizipativen Personen.
Arbeitsumfeld im Projekt mitgestalten wollten, wurden Planungsprozess ein Konzept entwickelt, das ein loses wagnisART zählt sicherlich zu den ambitionierten
explizit zur Mitarbeit aufgefordert. Da auch wohnkul- Arrangement von fünf Einzelgebäuden vorsah. Die Wohnprojekten in Deutschland. Das Projekt ist reich Es sind allerdings nicht nur die mannigfaltigen Gemein-
turell neue Wege beschritten werden sollten, wurden Gruppierung polygonaler Solitärbauten zu einem an unterschiedlichen Gemeinschaftsflächen, es ist schaftseinrichtungen für die Binnen- und Quartiers-
vor allem auch Interessierte angesprochen, die sich für Ensemble hatte den Vorzug, dass projektinterne offen für neue Wohnformen und zudem ein wichtiger nutzung bemerkenswert, sondern auch Initiativen der
neue Wohnformen interessieren. Dies konnten Allein- Plätze und Nischen geschaffen werden konnten. Ein Baustein der Quartiersentwicklung. Domagk-Bewohner für das gesamte Quartier. Gemein-
erziehende ebenso wie Patchworkfamilien sein. Es kommunikatives Erschließungssystem – auch mit sam mit den Genossen von WOGENO, den städtischen
wurde auch ausdrücklich darauf verwiesen, dass nicht Luftbrücken – förderte die Verflechtung der Binnen- Fünf Einzelhäuser sind auf dem Stadtbaufeld platziert. Wohnungsbaugesellschaften und den Vertretern der
nur freifinanzierte Wohnungen gebaut werden. De- struktur. Gleichzeitig öffnet sich das Projekt mit Sie bleiben jedoch keine Solitärbauten, sondern sind Baugemeinschaften wurde die Quartiersgenossen-
zidiert wurden Personen gesucht, die gerne auch mit seinen Angeboten wie Café, Gastronomie etc. zum konzeptionell verschränkt und über den gemeinschaft- schaft DomagkPark eG gegründet. In diesem Netz-
München-Modell oder der sozialorientierten Einkom- Quartier. lichen Freiraum verflochten. Die einzelnen Häuser, die werk werden Dienstleistungen zur Unterstützung der
mensorientierten Förderung (EOF) bauen wollten. nach den Erdteilen Afrika, Amerika, Europa, Asien und Mitglieder angeboten, die Nutzung der verschiedenen

Zwischen Platz und Hof wagnisART zum Quartier Stege fassen Platz Gemeinschaftsraum zum Hof

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2.11 WOHNPROJEKTE WA G N I S A R T – D O M A G K PA R K , M Ü N C H E N , D

6 wagnis eG (Hg.): Wir ziehen Zentral- und Gemeinschaftseinrichtungen im Quartier orientiert, während die Gemeinschaftsflächen – Küche Wohnhaushalle mit Briefkästen
um nach Afrika. Cluster-Flyer organisiert und koordiniert. Denkbar sind auch Be- und Wohnraum – in der Regel einen polygonalen
der Wohnbaugenossenschaft
wagnis eG. Abzurufen unter: legungs- und Buchungssysteme, Mobilitätsangebote, Grundriss bilden und mit den gemeinschaftlichen
www.wagnis.org/assets/files/ Coworking Spaces oder Concierge-Stützpunkte. Es Freiflächen zum Innenhof orientiert sind. Für sieben
wagnis-art/Formulare/ sollen Netzwerke der gegenseitigen Unterstützung bis acht Künstler wurde zudem das Cluster ARTrefugio
Clusterflyer_waART.pdf
(besucht am 12.02.2016) durch Aktivierung des nachbarschaftlichen Engage- gewidmet.
ments entstehen. Diese Non-Profit-Organisation, die
7 Ebenda
eine Anschubfinanzierung durch das Sozialministerium
8 wagnis eG (Hg.): Nachhal-
tigkeit und Energie. Abzurufen
erhielt, strebt eine Eigenwirtschaftlichkeit an und Experimentierfreude und soziale
unter: www.wagnis.org/wagnis/ kann zum Nukleus der Quartiersverflechtung werden. Verantwortung
wohnprojekte/wagnisART/
nachhaltigkeit-energie-
Das Quartier Domagkpark ist bereits jetzt ein Ort, in Das Wohnprojekt wagnisART ist auch für die reform-
waginsART.html (besucht am
21.03.2016) dem sich der Eigensinn individuellen Wohnens neben freudige Genossenschaft wagnis ein ungewöhnlich
freiwilligen Kooperationen im Quartier entfaltet. offenes Wohnexperiment. Es wurde mit der städte-
baulichen und architektonischen Form experimen-
tiert, qualitätsvolle Binnenräume geschaffen, neue
Neues Wohnen im Wohncluster Grundrisstypologien entwickelt, ausgesprochen
vielfältige Gemeinschaftsräume bereitgestellt und das
In wagnisART wurde, anknüpfend an die Erfahrungen Vernetzungskonzept konsequent baulich zwischen
Züricher Genossenschaftsprojekte, erstmals in Mün- den Häusern durch Luftstege und sozial zum Quartier
chen eine nennenswerte Zahl von Clusterwohnun- umgesetzt. Bei aller Experimentierfreude blieb sich
gen realisiert. „Mit dem Projekt Wohnen im Cluster die Genossenschaft jedoch treu im Festhalten am wagnisART, Domagkpark, München, D
überschreiten wir bei wagnisART die Grenzen her- Konzept der sozialen Mischung.
kömmlicher Vorstellungen des Wohnens.“6 In einem Adresse Fritz-Winter-Straße 10, 12, 14, 16 und Margarete-Schütte-Lihotzky-Straße 18, 20
Flyer der Genossenschaft heißt es weiter: „Im Cluster 80807 München
Deutschland
finden sich Menschen zusammen, die einen gemein- Interviews
samen Haushalt gestalten, ohne dabei ihr Bedürfnis Erstbezug 2016
nach Eigenzeit und Eigenraum aufgeben zu müssen. Elisabeth Hollerbach, Geschäftsführerin der Genossenschaft wagnis
Persönliche Interessen und das Gemeinwohl werden eG, München, 03.07.2015 und 13.03.2016

im Cluster gleichermaßen berücksichtigt.“7 Da das Cenk Sargut, Vorstand DomagkPark Genossenschaft eG, München, Bauträger wagnis eG
03.07.2015
Ziel der Genossenschaft ist, Gemeinschaft „in jeder
Christian Stupka, Vorstand WOGENO eG, München, 03.07.2015
Form zu ermöglichen und zu fördern“ wurde in einem
größeren Experiment das Clusterwohnen ermöglicht. Entwurf bogevischs buero architekten & stadtplaner GmbH, München und
SHAG Schindler Hable Architekten GbR, Planegg
Diese noch ungewohnte Wohnform soll eine neue Literatur
Auböck + Kárász Landscape Architects, Wien, mit bauchplan GbR, München
„Wir-Kultur“8 fördern.
Hofmann, Rainer (bogevischs buero): wagnisART – Neubau einer Flächen Grundstück 12.900 qm
Dieser noch relativ neue Wohntypus kombiniert indivi- genossenschaftlichen Wohnanlage. Interview mit Kaye Geipel Wohnen 10.610 qm
(24.07.2013). In: Bauwelt 36/2013
duelles mit kollektivem Wohnen. Etwa 30 Prozent der Gewerbe 683 qm
Oberste Baubehörde im Bayrischen Staatsministerium des Innern, Gemeinschaft 307 qm
gesamten Wohnfläche werden für Cluster reserviert. für Bau und Verkehr. Sachgebiet Technische Angelegenheiten des
In jedem Cluster können fünf bis zehn Personen Wohnungsbaus, Experimenteller Wohnungsbau (Hg.): Gemein- Wohnungen 130 Wohnungen plus 8 Clusterwohnungen
zusammenwohnen; dabei werden eigenständige Ein- schaftlich nachhaltig bauen. Forschungsbericht der ökologischen
Singlewohnungen bis Mehrzimmerwohnungen, 1 Wohngemeinschaft
Untersuchung des genossenschaftlichen Wohnungsbauprojektes
bis Dreipersonenapartments mit einem gemeinsamen wagnisART. München 2017.
Wohnbereich kombiniert. Die einzelnen Apartments wagnis eG (Hg.): Wir ziehen um nach Afrika. Cluster-Flyer der Förderung 40 % Wohnungen München-Modell-Genossenschaften
haben eine individuelle Nasszelle und eine Kleinst- Wohnbaugenossenschaft wagnis eG. Abzurufen unter: 30 % einkommensorientierte Förderung
küche. Dem Selbstverständnis der Genossenschaft www.wagnis.org/assets/files/wagnis-art/Formulare/Clusterflyer_
waART.pdf (besucht am 12.02.2016)
wagnis entsprechend werden auch in den Cluster- Gemeinschaft Räume: Ateliers, Praxisräume, Büros, Veranstaltungsraum, Gemeinschaftsräume, Werkstätten,
wagnis eG (Hg.): Nachhaltigkeit und Energie. Abzurufen unter:
wohnungen frei finanzierte mit öffentlich geförderten Waschcafé, Nähstube, Toberaum, Proberäume, Gästeapartments, Kulturcafé, Baderaum und Sauna
www.wagnis.org/wagnis/wohnprojekte/wagnisART/
Wohnungen gemischt. nachhaltigkeit-energie-waginsART.html (besucht am 21.03.2016) Freiflächen: Dorfplatz, Kinderspielplatz, Gemeinschaftsgärten, Dachgärten, Terrassen und -brücken

Quartier Räume: Kulturcafé, Ateliers, Künstler-Cluster ARTrefugio, Veranstaltungsraum


Die individuellen Apartments haben zumeist einen Freiflächen: Platz
rechtwinkeligen Grundriss und sind nach außen hin

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2.12 WOHNPROJEKTE MEHR ALS WOHNEN – HUNZIKER AREAL, ZÜRICH, CH

„Wir bauen ein Quartier, keine Siedlung.“


2.12 mehr als wohnen – Andreas Hofer
1

Hunziker Areal, Zürich, CH

Hunzikerplatz 1 Interview mit Andreas Hofer, Geschäftsführung mehr als wohnen, Leiter Forschung und Innovation

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2.12 WOHNPROJEKTE MEHR ALS WOHNEN – HUNZIKER AREAL, ZÜRICH, CH

Kollektive Quartiersentwicklung nalen Architekturwettbewerbs wurden die Arbeits- Plätze, das Wegesystem, die Frei- und Landschafts- 5 Vgl. Hodel, Marcel: Ein
gemeinschaft futurafrosch/Duplex Architekten sowie räume, die von den Landschaftsarchitekten Müller Genossenschaftsprojekt als
Stadtbaustein. In: archithese
die Büros Müller Sigrist Architekten, Architekturbüro Illien geplant sind, zeigen, ob sich ein quirliges Leben 1/2015, S. 27
Šik und pool Architekten. Um eine Balance zwi- entfalten kann.
6 Simon, Axel: Gespräch
schen „Vielfalt und Einheit“ (Anne Kaestle, Duplex Bauen Ausbilden. „Die Architek-
Architekten) herzustellen, mussten die Büros in eine ten haben hier nicht die Schlüs-
Dialogphase treten, die von fünf Workshops begleitet Dialogische Beteiligung selrolle gespielt“. In: Hugen-
tobler, Margrit/Hofer, Andreas/
wurde. Das entwickelte Regelwerk sah eine einheit- Simmendinger, Pia (Hg.): mehr
liche Gliederung der Fassade mit einer horizontalen Erklärtes Ziel des neuen Genossenschaftsquartiers als wohnen. Genossenschaftlich
2 Es können weitere Genos- Zürich ist eine Stadt mit einer langen Genossenschafts- und Reduktion des individuellen Flächenverbrauchs). Dreiteilung mit Sockelbereich und Dachabschluss vor.5 war, eine breite soziale, ethnische, generative Mi- planen – Ein Modellfall aus
senschaften und seit 2012 auch Zürich. Basel 2016, S. 51
tradition. Knapp jede fünfte Wohnung ist hier eine Zentrale Anliegen waren zudem, eine soziale Jedes Büro realisierte zwei gegenüberliegende Häuser, schung herzustellen. Architekten, Planer, aber auch
Privatpersonen Mitglied der
Genossenschaft werden. Genossenschaftswohnung. Mit der Immobilienkrise Durchmischung im Quartier herzustellen, vielfältige sogenannte Zwillinge, sowie ein Haus in einem ande- die Genossenschaftsmitglieder und Interessierte
in den frühen 1990er-Jahren und befördert durch das Wohnformen zu ermöglichen und neue Wege in der ren Teil des Quartiers, die sogenannten Geschwister. wurden von Anfang an aufgefordert, sich an den
3 Heye, Corinna/Borowski,
Thomas/Fuchs, Sarah/Craviolini, städtische Ziel, in zehn Jahren 10.000 Wohnungen Gemeinschaft aufzuzeigen. Mit den Zwillingen sollten weniger ähnliche Baukör- Entwicklungsprozessen in intensiven Debatten auf
Christoph: Erstvermietung auf zu bauen, erfolgte ein erstaunlicher Aufbruch im per entstehen, sondern die Möglichkeit, Zwischen- verschiedenen Veranstaltungen zu beteiligen. Parallel
dem Hunziker Areal. Instru- genossenschaftlichen Wohnungsbau. Neue, selbstbe- räume zu bilden, sollte selbst definiert werden. zu den Architekturwettbewerben wurden verschie-
mente, Prozesse, Erfahrungen.
Zürich 2015, S. 5 wusste Genossenschaften wie Kraftwerk, Dreieck oder Dialogische Prozesse dene Gruppen zu Ökologie und Nachhaltigkeit,
neuerdings Kalkbreite zeigten die enormen gemein- Städtebaulich wurde nicht an traditionelle Planfiguren Ökonomie und Nutzung gebildet. In einem dialogi-
4 Frei, Sabine/Gysel, Kornelia:
Kodex oder Ein Handbuch zur schaftlichen Reformpotenziale in dieser Stadt. Um dieses sehr ambitionierte und große Projekt (z. B. Block oder Zeile) angeknüpft, sondern die schen Prozess mussten die unterschiedlichen Akteure
Qualitätssicherung im zukünfti- realisieren zu können, schlossen sich über 50 Ge- „Quartiersidee“6 beruht darauf, dass 13 ‚dicke‘ Bau- um die Inhalte des neuen Quartiers ringen. Es gab
gen Wohnungsbau. Zürich 2015
Im Jahr 2007 haben die Stadt Zürich und die Genos- nossenschaften2 zusammen. Das neue Stadtquartier körper (23 auf 27 Meter) in einen Dialog treten. Die sogenannte Echoräume, in denen die zukünftigen Be-
senschaften ihre 100-jährige Zusammenarbeit gefeiert sollte auf dem Gelände eines ehemaligen Betonwerks zum Teil sehr geringen Abstände zwischen den Bau- wohner mit den Fachleuten diskutieren konnten. Die
und aus diesem Anlass gemeinsam einen Wettbe- gebaut werden. Die Genossenschaft erhielt von der körpern schaffen enge Gassen, die Anordnung der basisdemokratische Struktur der Genossenschaft mit
werb für ein neues Stadtquartier im Züricher Norden Stadt Zürich das 40.000 Quadratmeter große Grund- Baukörper ergibt wiederum kleinere urbane Quartiers- dem Mitsprache- und Mitentscheidungsrecht aller Ge-
ausgeschrieben. Dieses ausgesprochen ambitionierte stück in Baurecht (Erbpacht). Beide Partner schrieben plätze. Es bilden sich daher keine privaten Innen- nossenschaftsmitglieder in der Generalversammlung
Leuchtturmprojekt wollte offen für Experimente sein gemeinsam einen Ideenwettbewerb aus, der „das Po- höfe heraus. Gemeinschaftsgärten oder andere, für wurde ergänzt durch verschiedene Gremien wie zum
und Perspektiven für das gemeinschaftliche Wohnen tential des gemeinschaftlichen Bauens auf Quartiers- gemeinschaftliche Nutzungen offene Flächen bilden Beispiel die Allmendkommission (zur Begleitung und
der Zukunft aufzeigen. Der Name mehr als wohnen ebene“3 analysieren sollte. Weiterhin sollten Aussagen gemeinsam mit den unregelmäßigen Baukörpern ein Förderung von gemeinschaftlichen, kulturellen oder
war also Programm. Das mehr kann sehr breit auf- zum urbanen Leben, zu veränderten Wohnformen städtebauliches Mosaik. Das Herz in diesem Mosaik ökologischen Initiativen) oder durch andere Quartiers-
gefasst werden: Es bezieht sich auf neue Wege im und zur sozialen Durchmischung getroffen werden. stellt der Hunzikerplatz dar, an dem sich auch eine gruppen. Das elaborierte Partizipationsverfahren kann
Planungs- und Partizipationsprozess, auf die Organi- Behindertenwerkstatt, ein Restaurant, das Gästehaus bei der wichtigen Frage der Belegung veranschau-
sation der neuen Genossenschaft, auf die Suche nach Das Architekturbüro futurafrosch gewann den Ideen- mit 20 Zimmern und die Rezeption der Verwaltung licht werden. So erarbeitete eine Themengruppe das
urbanen Bausteinen für einen zeitgemäßen Städtebau wettbewerb mit dem assoziativen Kompendium befinden. Die gewerbliche Nutzung der Erdgeschoss- Nutzungskonzept. Auf verschiedenen Echoraum-Ver-
und auf ökologisches Bauen und Wohnen in der „Kodex oder Ein Handbuch zur Qualitätssicherung des zonen soll zudem den urbanen Charakter des Quar- anstaltungen wurde das Konzept der Öffentlichkeit
2000-Watt-Gesellschaft (energiesparende Bauweise Wohnens“4. Gewinner des nachfolgenden internatio- tiers fördern. Erst in der Nutzungsphase werden die vorgestellt „und in Aushandlungsprozessen zwischen

Durchwegung zum zentralen Platz Platz mit Mobilitätsstation Zwischen Gasse und Straße Blick zum Hunzikerplatz (Ausschnitt)

98 99
2.12 WOHNPROJEKTE MEHR ALS WOHNEN – HUNZIKER AREAL, ZÜRICH, CH

7 Heye, Corinna/Borowski, den Themengruppen und den Entscheidungsgremien vorrangig um kleine Wohnungen (2,5 bis 3,5 Zimmer)
Thomas/Fuchs, Sarah/Craviolini, der Baugenossenschaft mehr als wohnen (Bau- bemühten. Neue Wohnformen – Wohngemeinschaf-
Christoph: Erstvermietung auf
dem Hunziker Areal. Instru- kommission, Vorstand und Geschäftsleitung) über- ten oder Satelliten/Cluster9 – wurden von den Älteren
mente, Prozesse, Erfahrungen. arbeitet“.7 Daraus entstanden die Leitlinien für das Zu- kaum nachgefragt. Werden im Kanton und in der
Zürich 2015, S. 31 sammenleben. Der Vorstand entschied dann, welcher Gesamtstadt ein Drittel der Wohnungen von dieser
8 Ebenda Wohnungsmix letztlich realisiert wurde. Altersgruppe bewohnt, so waren es im Hunziker Areal
9 Die Begriffe Satelliten- bzw. nur sechs Prozent.
Clusterwohnungen werden
oftmals synonym verwendet.
Soziale Mischung Trotz der Zielsetzungen und dem Monitoring-
10 Vgl. Heye, Corinna/Fuchs, verfahren konnten die formulierten Mischungsziele
Sarah: Bewohnerschaft und
Die Vielfalt an Wohnraum ist enorm und trägt die bei der Erstbelegung erst ansatzweise umgesetzt
Bewerbungen im Hunziker
Areal. In: Hugentobler, Margrit/ Handschrift der Themengruppe ‚Nutzung‘: Bei werden. Wie allgemein im Siedlungsbau charakteris-
Hofer, Andreas/Simmendinger, insgesamt 370 Wohneinheiten gibt es 160 verschie- tisch, prägen auch im Hunziker Areal junge Familien
Pia (Hg.): mehr als wohnen.
dene Wohnungsgrundrisse und einen breiten Mix aus zunächst den Wohnalltag. Neue kollektive Wohnfor-
Genossenschaftlich planen – Ein
Modellfall aus Zürich. Basel ausgesprochen vielen Wohnungstypen, die von einer men – Groß-WGs und Clusterwohnungen – mussten Durchwegung und Veloparken Gemeinschaftsgarten zur Schule
2016, S. 132 Studiowohnung, Zwei- bis 7,5-Zimmerwohnungen, intensiv beworben werden. Es wurde noch keine der
11 Vgl. Buchholz, Ruth: Großwohngemeinschaften bis hin zu Clusterwohnun- Gesamtstadt vergleichbare Durchmischung erreicht.
„Wohnen, ein ganzes Leben gen reichen. Der Wohnungsmix prägt in hohem Maße Um sich dem gewünschten Ziel anzunähern,10 wurde ten. Es wird deshalb nach dem Bezug der Wohnungen meinschaftsräume wird bei mehr als wohnen der Ter- 14 Baugenossenschaft mehr als
lang“ (Interview). In: Bundes- wohnen (Hg.) Newsletter #44,
die Durchmischung. Von diesen 370 Wohnungen wa- ein Vermietungstool etabliert. Auch das Versprechen, umso wichtiger werden, die vielen neuen Bewohner, minus ‚Allmendräume‘ verwendet. Mit diesem Begriff
amt für Wohnungswesen BWO 1. Oktober 2015. Abzurufen
(Hg.): mehr als wohnen. Von ren 80 Wohnungen durch Darlehen oder Beiträge der „Wohnen, ein ganzes Leben lang“, also die Möglich- die größtenteils auch keinen Bezug zur Genossen- will man an die alte Tradition des genossenschaftli- unter: www.mehralswohnen.ch/
der Brache zum Stadtquartier. öffentlichen Hand subventioniert. Auch vom Woh- keit, aufgrund der Größe des Projekts innerhalb des schaftskultur hatten, für das genossenschaftliche chen Gemeinguts anknüpfen. Für gemeinschaftliche, fileadmin/downloads/Newsletter/
Dokumentation „Entwicklungs- Newsletter_bg_maw_15-44.pdf
nungsmarkt ausgegrenzte soziale Gruppen sollten be- Quartiers bei Bedarf umziehen zu können, wird sich, Leben in Gemeinschaft zu gewinnen. offene Aktivitäten stehen den Bewohnern zehn All-
und Realisierungsprozess der (besucht am 20.04.2017)
gemeinnützigen Wohnsiedlung rücksichtigt werden. Daher ist jede zehnte Wohnung trotz der verschiedenen Wohnformen und Wohngrö- mendräume zur Verfügung. Bewohner können diese
Hunzikerareal in Zürich-Leut- an ausgewählte Stiftungen oder an eine besondere ßen, aller Voraussicht nach nicht erfüllen.11 Räume auch für private Zwecke mieten. Externen ist
schenbach“. Report 1: 2007 bis
2010. Zürich 2010, S. 64
Genossenschaft vergeben worden: für Menschen mit Vernetzung im neuen Stadtquartier es ebenfalls möglich, Allmenden auf dem Hunziker
Beeinträchtigungen (Stiftung Züriwerk), Menschen Areal anzumieten. „Es gibt Gemeinschaftsräume mit
12 Thiesen, Claudia: Gespräch
Partizipation. Partizipation führt
mit Migrationshintergrund und niedrigem Budget Vernetzung durch Partizipation im Das neue Hunziker Areal liegt im Entwicklungsgebiet Küchen, Sitzungszimmer und einen attraktiven Semi-
zu Identifikation. In: Hugentobler, (Stiftung Domicil), Studierende und Lehrende (Genos- Planungsprozess? Leutschenbach zwischen Oerlikon und Schwamendin- narraum. Wir können bereits nach wenigen Monaten
Margrit/Hofer, Andreas/Sim- senschaft WOKO) und Kinder, die längere Zeit nicht in gen. Nicht weit entfernt befindet sich die größte Neu- feststellen, dass die Allmendräume einem vorhande-
mendinger, Pia (Hg.): mehr als
wohnen. Genossenschaftlich
ihren Familien aufwachsen können (Stiftung zkj). Während bei anderen Züricher Wohnprojekten Perso- bausiedlung der Schweiz, der Glattpark in Opfikon. nen Bedürfnis entsprechen. Sie werden intern und
planen – Ein Modellfall aus nen mitdiskutierten und entschieden, die ein persön- Das Stadtviertel stellt sich als ‚urbaner Unort‘ dar, extern viel genutzt. Aus Quartierinitiativen sind in den
Zürich. Basel 2016, S. 108 Um die Erstvermietung möglichst objektiv zu regeln liches Interesse an dem Projekt hatten und auch nach der durch eine sehr heterogene Mischung aus Resten Allmendräumen unter anderem ein Bewegungs- und
13 Heye, Corinna/Borowski, und das Ziel der sozialen Durchmischung zu erreichen, Fertigstellung dort einziehen wollten, musste, da die alten Gewerbes, dem städtischem Recyclinghof Meditationszentrum, eine Art erweitertes Wohnzim-
Thomas/Fuchs, Sarah/Craviolini, wurde ein Mieterdaten-Monitoring eingeführt, das Beteiligung freizeitig einsetzte und die zukünftigen Hagenholz und anonymen Bürobauten definiert ist. mer mit Bar und Heimkino sowie eine Gemeinschafts-
Christoph: Erstvermietung auf
dem Hunziker Areal. Instru-
in der Kalkbreite erstmals angewendet worden war. Bewohner noch nicht ausgewählt waren, in mehr als werkstatt entstanden.“14
mente, Prozesse, Erfahrungen. So wurde beispielsweise die Erstvermietung bereits wohnen ein neues Verfahren erprobt werden. Das Aufgrund der Größe und isolierten Lage des Projekts
Zürich 2015, S. 33. evaluiert.8 Als Vergleichs- und Referenzmatrix wurde Experiment der frühzeitigen Beteiligung allgemein bietet es sich deshalb an, Aspekte der Vernetzung auf Die gewerbliche Nutzung der Erdgeschosszone soll
Etwa 60 Prozent der Erstbe-
werber kamen aus Zürich. Die
die Belegungsquote des Kantons und der Stadt Zürich Interessierter stellte sich allerdings als fragwürdig dar, das Hunziker Areal selbst zu beziehen. Ein wichtiger eine Vitalisierung des Quartiers erleichtern. Das Res-
Mehrheithatte noch keine zugrunde gelegt. Für das Hunziker Areal wurde denn weniger als fünf Prozent der Erstmieter haben Aspekt der Vernetzung stellt in diesem Projekt die taurant und das Gästehaus befinden sich daher auch
Genossenschaftserfahrung. allerdings keine starre Quote fixiert. Schwierigkeiten sich vor dem Einzug bereits im Hunziker Areal bei frühzeitige Integration und Beteiligung der Erstbe- am zentralen Platz.
bereitete, dass innerhalb einer kurzen Zeitspanne, mehr als wohnen engagiert. Statt der potenziellen Be- wohner dar. Durch die vielfältigen Initiativen, durch
zwischen Spätherbst 2014 und Anfang 2015, eine wohner nutzten, quasi stellvertretend, Fachpersonen Formate wie Informationsveranstaltungen, Workshops In der noch jungen Phase nach dem Bezug sind
hohe Anzahl an Wohnungen auf den Markt kam. Am und allgemein Interessierte die Partizipationsmöglich- und Echoräume wurde dieses genossenschaftliche bereits zahlreiche Aktivitäten festzustellen. Großes In-
beliebtesten waren ruhig gelegene, kleine Wohnun- keiten. Die erfahrene Genossenschaftsaktivistin und Leuchtturmprojektbereits in der Planungs- und Ent- teresse fanden die Möglichkeiten zum gemeinschaft-
gen sowie subventionierte Wohnungen. Hingegen Mitglied im Vorstand von mehr als wohnen Claudia stehungsphase stadt- und landesweit diskutiert und lichen Gärtnern. Bereits 2012 schenkte die Genossen-
waren die 26 Großwohnungen mit 7,5 und mehr Zim- Thiesen hinterfragt daher das Verfahren in der Pla- rückte ins öffentliche Bewusstsein. Alle Verfahren und schaft der benachbarten Leutschenbach-Schule zwei
mern wenig nachgefragt. Der Anteil junger Familien nungsphase kritisch: „Dann wurde gebaut, aber nun Diskussionsschritte waren sehr transparent. bepflanzte Kisten. Mit diesen ‚Vor-Gärten‘ hätte sich
war sehr hoch, sodass zwischenzeitlich ein Vermie- ziehen ja ganz verschiedene Leute ein. Da stellt sich ein Bindeglied zwischen dem wachsenden Quartier
tungsstopp für diese Gruppe erfolgte. Die generative schon die Frage: Was ist Partizipation?“12 Erhebungen Jetzt in der Nutzungsphase kann die gemeinschafts- und der Schule entwickelt. „Sie erkannten, dass
Durchmischung war insgesamt schwierig, da ältere der Erstmieter zeigen, dass nur „ein Viertel der Be- fördernde Architektur und Außenraumgestaltung des nachbarschaftliche Räume nicht einfach entstehen,
Menschen unterrepräsentiert waren und sie sich werbenden […] einen hohen Quartiersbezug“13 hat- Hunziker Areals ihre Möglichkeiten entfalten. Für Ge- sondern dass sie gestaltet werden können und dass

100 101
2.12 WOHNPROJEKTE MEHR ALS WOHNEN – HUNZIKER AREAL, ZÜRICH, CH

15 Tausendpfund, Doris: Sozial- ihr Beitrag geschätzt wird. Die Kinder tragen diese raum, der nach sozialen Kriterien vergeben werden Interview Frei, Sabine/Gysel, Kornelia: Kodex oder Ein Handbuch zur Qualitäts- 18 Maier, Florian: DEUBAU-
integrativ – Der Gemeinschafts- Erfahrungen in ihre Familien und leisten so wichtige kann. Die architektonischen Grenzen der urbanen sicherung im zukünftigen Wohnungsbau. Zürich 2015 Preis 2014: Hunzikerareal in
garten im Hunziker Quartier. Gysel, Kornelia/Frei, Sabine/Kaestle, Anne/Schürch, Dan (Hg.): Zürich. Abzurufen unter: www.
In: Hugentobler, Margrit/ Vernetzungsarbeit in den bestehenden Quartieren.“15 Vielfalt ergaben sich durch die Beschränkung auf fünf Claudia Thiesen, Vorstandsmitglied der Genossenschaft mehr als detail.de/architektur/themen/
wohnen, und Andreas Hofer, Geschäftsführung mehr als wohnen, Häuser im Dialog. Ein Quartier entsteht. Zürich 2015
Hofer, Andreas/Simmendinger, Büros. Inmitten der Bauphase musste aus Kostengrün- deubau-preis-2014-
Pia (Hg.): mehr als wohnen. Leiter Forschung und Innovation, Zürich, 11.03.2015 Heye, Corinna/Borowski, Thomas/Fuchs, Sarah/Craviolini, Christoph: hunzikerareal-in-zuerich-
den zudem ein Totalunternehmer (Generalunterneh- Erstvermietung auf dem Hunziker Areal. Instrumente, Prozesse,
Genossenschaftlich planen – 022096.html (besucht am
Ein Modellfall aus Zürich. Basel Wohnen im Cluster – Vernetzung im Haus mer) hinzugezogen werden. Es sollte keine Muster- Erfahrungen. Zürich 2015 04.11.2016)
2016, S. 157 siedlung entstehen, sondern ein offenes Interface, das Literatur Hodel, Marcel: Ein Genossenschaftsprojekt als Stadtbaustein. In:
man bespielen kann. archithese 1/2015, S. 22–29
16 Vgl. Hofer, Andreas: Teil ei- Obwohl den Initiatoren des Projekts durchaus be-
Hugentobler, Margrit/Hofer, Andreas/Simmendinger, Pia (Hg.): mehr
ner vernetzten Stadt. Gespräch wusst war, dass große, gemeinschaftliche Wohnun- Baugenossenschaft mehr als wohnen (Hg.): Newsletter #44,
mit Andreas Hofer, Projektleiter als wohnen: Genossenschaftlich planen – Ein Modellfall aus Zürich.
gen nicht leicht zu vermieten sind und baurechtliche Die außergewöhnliche Qualität von mehr als wohnen 01.10.2015. Abzurufen unter: www.mehralswohnen.ch/fileadmin/
Bau (Interview). In: Bundesamt Basel 2016
downloads/Newsletter/Newsletter_bg_maw_15-44.pdf (besucht am
für Wohnungswesen BWO Probleme (Feuerschutz etc.) hervorrufen, wurden liegt auch in der hohen Transparenz aller Prozesse und 20.04.2017) Schultz, Brigitte: „Wir mischen sehr wild“. Andreas Hofer im
(Hg.): mehr als wohnen. Von gezielt auch 38 Wohneinheiten gefördert, die neue Entscheidungen. So kann das Quartier zu einem wich- Bundesamt für Wohnungswesen BWO (Hg.): mehr als wohnen. Von
Gespräch mit Brigitte Schultz. In: Bauwelt 48/2012, S. 46–49
der Brache zum Stadtquartier. gemeinschaftliche Wohnformen ermöglichen. Diese tigen Lernort werden. Die Züricher Genossenschaften der Brache zum Stadtquartier. Dokumentation. „Entwicklungs- und
Dokumentation. „Entwicklungs- Realisierungsprozess der gemeinnützigen Wohnsiedlung Hunziker-
und Realisierungsprozess der reichen von Großraum-Wohngemeinschaften mit waren ungewöhnlich offen für Experimente. Statt
areal in Zürich-Leutschenbach“. Report 1: 2007 bis 2010. Zürich 2010
gemeinnützigen Wohnsiedlung über sieben Zimmern bis hin zu Clusterwohnungen. ausgetretene Wege weiterzugehen, beschritten sie
Hunzikerareal in Zürich-Leut- Die programmatische Offenheit für neue Wohnfor- neue Pfade und richteten ihren Blick in die Zukunft.
schenbach“. Report 1: 2007 bis
2010. Zürich 2010, S. 54 men, die durch eine Kombination von individueller
Wohnzelle und kollektiver Fläche entstehen, wird als Einige Wohnformen wie Großwohnungen oder Clus-
17 Hofer, Andreas: „mehr als
wohnen“ – Ein ABC. In: Hugen- Reaktion auf gesellschaftliche und demografische ter waren in der Erstvermietungsphase nicht so stark mehr als wohnen, Hunziker Areal, Zürich, CH
tobler, Margrit/Hofer, Andreas/ Veränderungen angesehen. Soziale Veränderungen nachgefragt. Bewusst hat die Genossenschaft aber
Simmendinger, Pia (Hg.): mehr Adresse Hagenholzstrasse 104b
sind meist dynamischer als bauliche Realisierungen. den Auftrag angenommen, den Rahmen konventio-
als wohnen. Genossenschaftlich 8050 Zürich-Leutschenbach
planen – Ein Modellfall aus Der Mitinitiator Andreas Hofer betont daher auch, nellen Wohnungsbaus zu dehnen. Diese Experimente
Schweiz
Zürich. Basel 2016, S. 169 dass ganz bewusst neue Spielräume ausgelotet sind, so Andreas Hofer, „nicht Risiken, sondern
werden sollten.16 Im Haus A an der Dialogstraße 6 Lernchancen“.17 Erstbezug 2015
von Duplex Architekten zeigt sich diese Offenheit
für Ungewohntes am deutlichsten. In diesem Haus Ein Bereich, der kritisch zu sehen ist, ist die aufwen-
befinden sich je eine Wohnung der Stiftung Züriwerk dige und zeitintensive Partizipationskultur in der Kon- Bauträger Genossenschaft mehr als wohnen
und der Wohnstiftung zkj sowie eine Galerie und eine zept- und Planungsphase durch externe Akteure. Das
Behindertenwerkstatt. Besonders ungewöhnlich sind Ziel, eine hohe Identifikation der späteren Bewohner
Entwurf Duplex Architekten, Zürich und futurafrosch, Zürich
aber die sechs Clusterwohnungen mit 10,5 Zimmern bereits in der Konzeptionsphase zu erreichen, konnte
Duplex Architekten, Zürich (a+m)
und fünf Clusterwohnungen mit 12,5 Zimmern. Diese nicht erreicht werden. Nach dem Bezug aller Woh- pool Architekten, Zürich (g+j+l)
gemeinschaftsbildenden Grundrisse schaffen struktu- nungen können die neuen Bewohner allerdings an Architekturbüro Šik, Zürich (b+c+k)
rell enge Nachbarschaften. Der großzügige Lichthof, ‚vorbereitete‘ Strukturen der Beteiligung anknüpfen. Müller Sigrist Architekten, Zürich (d+e+h)
der den dicken Baukörper auflockert, ist auch ein Ort Es wird sich aber erst in einigen Jahren zeigen, ob die- futurafrosch, Zürich (f+i)
der alltäglichen Begegnung und des angenehmen ser Weg zu neuen Formen urbaner Nachbarschaften Müller Illien Landschaftsarchitekten, Zürich
Aufenthalts. in Gemeinschaft führt.
Flächen Grundstück 41.000 qm18
Wohnen 41.061 qm
Gewerbe und Gemeinschaft 6.680 qm
Lernchancen
Wohnungen 370 Wohnungen
Große Wohnungsvielfalt, Studios, Wohngemeinschaften, Satellitenwohnungen
mehr als wohnen muss an seinen hohen Erwartun-
gen gemessen werden, das die Initiatoren weckten.
Förderung Baurecht, 80 öffentlich subventionierte Wohnungen, 10 % Wohnungen für soziale Nutzungen
Das Hunziker Areal will keine Siedlung, sondern ein
Stück Stadt sein. Deshalb wurde Wert auf eine große
Vielfalt an Wohnungstypen und Wohnformen gelegt.
Gemeinschaft Räume: Quartierszentrum, Gemeinschaftsräume, Büros und Studios, Werkstätten, Gästehaus,
Die durchschnittliche Größe der Wohnung liegt mit Beschäftigungsatelier für Menschen mit Behinderung, Musikübungsraum, Allmende
etwa 36 Quadratmetern deutlich unter dem Züricher Freiflächen: Quartiersplätze, Pflanzengärten, Dachgärten
Schnitt von 40 Quadratmetern. Durch die kompakte
Bauweise, durch Förderungen und durch eine hohe Quartier Räume: Kindergarten, Kindertagesstätte, Gastronomie und Büroflächen, Gästehaus,
Beschäftigungsatelier für Menschen mit Behinderung
Spreizung der Mieten nach Lage und Stockwerk
Freiflächen: Quartiersplätze, Park
entstand für Züricher Verhältnisse bezahlbarer Wohn-
Grüne Durchwegung

102 103
1 Einführung

2 Wohnprojekte

3 Stadt

4 Raum

5 Programm

6 Organisation

7 Fazit

8 Anhang
3 . 1 S TA D T KONTEXT

3 Stadt
Mit dem Bedeutungsgewinn von Nachbarschaft und damit dem räumlichen Gebilde Quartier verstärkt sich die
Beziehung zwischen den gemeinschaftlichen Wohnprojekten und ihrem städtebaulichen Kontext. Die Projekte
Stadt Kontext Standort
erhalten einen Auftrag aus der jeweiligen Stadtstruktur, die Standorte beeinflussen die Chancen der Projekte, die
Stadt- und damit die Quartiersentwicklung positiv zu beeinflussen. Abhängigkeiten zwischen dem urbanen Kon-
text und den Fallbeispielen werden betrachtet, räumliche Kategorien beleuchtet und relevante Faktoren benannt.

Nutzungsgefüge
Wohneinheiten

Park /  Wasser
Infrastruktur
3.1 Kontext

Industrie
Wohnen
Zentrum

Platz
  
Ort

Lebensort Vielfalt
Berlin, D
Charlottenburg

Räumliche, funktionale wie soziale Gegebenheiten eines der wesentlichen Argumente für den gewählten 1 Hubacher, Sabina: Nach
Kalkbreite Zürich, CH fünf Tagen wählte die Jury das
prägen die Stadt. Die aktuellen Fallbeispiele sind Entwurf: „Die Kalkbreite passt sehr gut an diesen Ort,
grüne Haus. In: Genossenschaft
bedingt durch ihre Entstehungszeit in bestimmten sie fügt sich ein ins Quartier als normaler Stadtbau- Kalkbreite (Hg.): Kalkbreite. Ein
wagnis 4 Stadtstrukturen platziert: Sie liegen im historischen stein, ohne ihre spezifische Nutzung allzu vordergrün- neues Stück Stadt. Zürich 2015,
München, D
Am Ackermannbogen Zentrum, in monostrukturierten Wohngebieten, in dig aufs Auge zu drücken.“1 S. 64–65

peripheren Gewerbegebieten oder Infrastruktur-


Giesserei brachen. Die Charakteristik der umgebenden Quartiere Die historische Stadtstruktur setzt in ihrer örtlichen
Winterthur, CH
Neuhegi
bildet die Ausgangsposition zur Bildung von Nach- Charakteristik einen verbindlichen Rahmen für Neu-
barschaft, räumlicher und sozialer Nähe oder Distanz, bauten in Bezug auf Maßstab, Körnung, Gebäude-
en famille
Tübingen, D Quartiersvernetzung und Sozialorientierung. Das tiefen und Geschossigkeit, aber auch auf die Glie-
Alte Weberei
urbane Umfeld beeinflusst die Eigenart der Projekte in derung der Fassaden und die Materialwahl. Durch
Wohnen mit alles!
Bezug auf Körnung der Bebauung, Dichte, Freiraum- eine angestrebte hohe Dichte und die Maßgabe,
Wien, A wie Verkehrsstrukturen und Projektgröße. Potenziale, den Straßenraum mit Bebauung zu fassen, sind im
Nordbahnhof
aber auch Grenzen entstehen aus dem Netzwerk Erdgeschoss die Möglichkeiten für Freiräume limitiert.
umgebender stadtstruktureller Prinzipien. In gewachsenen Quartieren hat darüber hinaus der
Generationenpark Königsbrunn, D
Neubau von gemeinschaftsorientiertem und quar-
tiersoffenem Wohnungsbau sowohl in Bezug auf das
Grünmatt Historisches Zentrum – Nachjustierung
 Nutzungs- als auch in Bezug auf das Wohnungsan-
Zürich, CH
Friesenberg mit Bindung gebot (barrierefreie, alternative Grundrisstypologien)
eine nachjustierende, regulierende Rolle.
Wohn_Zimmer Zwei innovative Projekte befinden sich in zentralen,
Wien, A
Sonnwendviertel innerstädtischen und historischen Strukturen in der Die Größe der Projekte in eher kleinteilig parzellierten
gemischt genutzten, gut erschlossenen Stadt. Sowohl historischen Zentren ist tendenziell begrenzt. Die Be-
Spreefeld das Altbauprojekt Lebensort Vielfalt in Charlotten- rücksichtigung aller Restriktionen und Bindungen, die
Berlin, D
Mitte
burg in Berlin als auch die Kalkbreite in Zürich sind im weiteren Sinne aus der umgebenden Stadtstruktur
Beispiele unterschiedlicher Größe, die Teil des dichten, resultieren, bietet aber die Chance, ein vielfältig
wagnisART
München, D gründerzeitlichen Stadtzentrums werden und die die reagierendes Projekt zu entwickeln, das das Neben-
Domagkpark
umgebende Stadtstruktur mit einem differenzier- einander von Gemeinschaften, die sich begegnen und
ten Nutzungsangebot ergänzen. Sabina Hubacher, durchdringen können, ermöglicht und fördert.
mehr als wohnen
Zürich, CH Mitglied des Wettbewerbspreisgerichts zur Kalkbreite,
Hunziker Areal
kommentiert dieses Fortführen des Stadtgewebes als

106 107
3 . 1 S TA D T KONTEXT

2 Interview mit Sibylle Ebe Monostruktur Wohnen – Anpassung Brachen ist aufgrund ihres Kontextes grundsätzlich Die außerordentlichen Arealgrößen der postindus- wird zum öffentlichen Platz und zur aktiven Verbin-
3 Muhmenthaler, Walter (Hg.): und neue Qualität Freiraum unterschiedlich zu bewerten. Gewerbegebiete, die triellen Landschaft und die Dimensionen umgebender dung der beiden Gebäude für zwei Zielgruppen.
Sulzer Areal Oberwinterthur – zur Energiegewinnung am Fluss und in der Nähe zum Gebäude erlauben neue Stadtstrukturen und Baukör-
Das Hybrid Cluster Modell. Auch im wenig dichten Siedlungsteppich in der Peri- Siedlungsrand angesiedelt wurden, verfügen über per. Die Größe der Parzellen ermöglicht die Ansied- Großformatige, zentrumsferne, häufig isoliert ge-
Zürich 2003
pherie mit einem hohen Anteil an Einfamilienhäusern Potenziale, die eine neue Identität eines Stadtquartiers lung großer Projekte und bietet Raum für Experimente legene Militärbrachen sind meist nicht durch den
4 Müller, Pascal: Neue
und Gärten können gemeinschaftliche Wohnprojekte prägen können. Die Alte Weberei in Tübingen steht auf gebäudetypologischer Ebene, aber auch in der öffentlichen Nahverkehr erschlossen. Eine Vernetzung
Wohnmodelle in der Stadt.
Vortrag Hochschule Karlsruhe, entstehen. Der Generationenpark in Königsbrunn stellvertretend für diesen Gebietstypus: In Nachbar- Entwicklung von gemischt genutzten Konzepten in muss erstellt, die Ausstrahlung von Bestandsbauten
27.04.2016 passt sich der Struktur der kleinteiligen, durchgrünten schaft zu einer fast dörflichen Struktur erlaubt die Fortsetzung der Bestandsnutzung des Arbeitens. Vor- verändert und eine neue Identität entwickelt werden.
Umgebung und der Dimension der Wohnhäuser an. Anpassung an den Maßstab des industriellen Bestan- handene Freiräume erlauben es, eine neue Identität Das neue Quartier DomagkPark, ehemals Panzer-
Der Freiraum wird zu einem Netzwerk halböffentlicher des eine Erhöhung der baulichen Dichte – damit auch des Ortes durch gestaltete Grünräume zu entwickeln. kaserne, entsteht inselartig ohne Bindung an die
Höfe. Der Generationenpark erreicht eine Verdichtung Vielfalt, Diversität und Kommunikationsdichte. Die Gemeinschaftlich orientierte und vernetzt denkende umgebende Stadt, aber unter Berücksichtigung letzter
durch die additive Wiederholung der Einzelbauten erhaltene Bausubstanz bietet darüber hinaus den Rah- Wohnprojekte nutzen diese neu geschaffenen attrak- Spuren der vormaligen Nutzung. Breite Straßen –
zu einer aufgelösten Gesamtstruktur. Die Ersatzneu- men für eine neue kulturelle Mitte und eine urbane tiven Lagen; sie werden hier als häufig schon in einer Relikte der militärischen Nutzung – werden Teil der
bauten der Siedlung Grünmatt auf dem Friesenberg Atmosphäre; das öffentliche Flussufer bietet Ausgleich ersten Bauphase erstellten Gebäude zum Motor einer neuen Struktur, alter Baumbestand wird zum zen-
in Zürich sind hingegen Teil einer ausgedehnten zur urbanen Dichte. Zur Identifikation bleibt der Name peripheren Stadtentwicklung. tralen Park, ein Atelierhaus, ehemals Standort einer
durchgrünten Gartenstadt. Zeilen – zuvor Struktur Alte Weberei als Adresse des Quartiers erhalten. Künstlerkolonie, beherbergt auch zukünftig Ateliers.
der Vorgängerbebauung – nehmen die Körnung und wagnisART, als eines der zuletzt umgesetzten Projekte
Orientierung der Reihenhauszeilen benachbarter Sied- Im neu entstehenden Quartier Neuhegi auf dem pe- Infrastrukturbrachen – Stadt in der im Domagkpark, verändert den gegebenen städte-
lungsfelder auf. Die Reaktion auf den demografischen ripher gelegenen ehemaligen Werksgebiet der Sulzer Neuerschaffung baulichen Rahmen von Solitären und Zeilenbauten; im
Wandel, optimale Orientierung der Wohnungen sowie AG in Winterthur bildet der überdimensionale Maß- Verlauf der Entwicklung zeigt sich eine Zunahme an
Veränderungen von Standards und Bedürfnissen stab der ehemaligen Werkshallen sowie das großma- Großflächige Brachen resultieren aus dem schrump- Offenheit gegenüber Experimenten in Bezug auf die
bestimmen die Positionierung und Organisation der schige Straßennetz die Grundlage des städtebaulichen fenden Flächenbedarf von Bahn- oder Militärinfra- Konfiguration der Baukörper.
Bauten. Der Zwischenraum als verkehrsfreier, öffentli- Rahmens und der neuen Identität. Ein „Hybrid Cluster strukturen. Bisherige Nutzungen spielen hier keine
cher Begegnungsort mit hoher Kommunikationsdichte Modell“3 definiert Cluster aus unterschiedlichen Bau- Rolle mehr. Diese Brachen unterscheiden sich in ihrer Bahn- und Militärbrachen sind Stellvertreter für ver-
wird zum innovativen Impuls. feldern mit verschiedenen Nutzungen. Baufeldgrößen Ausgangssituation wesentlich durch die verkehrliche schiedene Gattungen von Infrastrukturbrachen. Alle
ab ca. 6.000 Quadratmeter schaffen übersichtliche Anbindung, die Lage in der Stadt, aber auch durch sind gekennzeichnet durch große Dimensionen. Häu-
„Wenn der Baukörper schon ein Fremdkörper ist, wird Investitionseinheiten. Innerhalb dieser Cluster, die sich mögliche Lärmbelastung aktiver Bahnflächen. fig wird auf der Grundlage von tradierten Blockrand-
auch das Projekt immer ein Fremdkörper bleiben.“2 – zum Straßenraum als überdimensionale Blockstruk- strukturen und orientiert an vorhandenen Straßen-
so Sibylle Ebe, Architektin des Generationenparks in turen darstellen, entstehen zwischen den Baufeldern Große, zentral gelegene, gut erschlossene Bahnbrachen, dimensionen ein Stück Stadt neu geschaffen. Der Grad
Königsbrunn. Hier wie bei der Siedlung Grünmatt war verkehrsfreie, halböffentliche Nachbarschaftsräume. meist ohne zu integrierenden Baubestand oder fort- der Nutzungsmischung ist neu zu definieren, Identität
das Aufgreifen der Dimension der vorhandenen oder Die Veränderung des städtebaulichen Maßstabs zuführende Nutzungen, werden zu eigenständigen neu zu schaffen. Hierzu wie zur Konstruktion von
vorherigen Baukörperstruktur ausschlaggebendes Ar- wurde genutzt, um neue Raummodelle und ökono- neuen Stadtteilen: Das Sonnwendviertel südlich des Nachbarschaft können die gemeinschaftsorientierten
gument für die Auszeichnung mit dem ersten Preis im misch gedachte Projektgrößen umzusetzen. Die neuen Wiener Hauptbahnhofs ist ein entstehender Projekte beitragen, sie sind in einem an Investoren
Architekturwettbewerb. Additive Stadtbausteine, die Giesserei wurde als eines der ersten Projekte im Quar- Stadtteil mit zentralem Park. Er gliedert sich östlich und orientierten Städtebau Belege einer anderen Kultur.
mit Fokus auf ideale Wohnbedürfnisse wie Freiraum- tier umgesetzt. Mit 130 Meter auf 60 Meter und 155 westlich des Freiraums in Quartiere mit unterschiedlich
vernetzung entstehen, reagieren in ihrer Körnung Wohneinheiten ist sie ein großes gemeinschaftsorien- dimensionierten Stadtbausteinen. Grundlage der städte-
auf das Umfeld. Die Größe der Einzelbauten wie der tiertes Wohnprojekt, das als Motor Nachbarschaften baulichen Konzeption bleibt der Blockrand in Fort- Stadtstruktur und Quartiersvernetzung
Projekte ist durch den Wunsch nach Anpassung und mit Blick auf das Quartier, aber auch im Rahmen des setzung der Stadtstruktur des Gründerzeitquartiers
damit baulicher Integration begrenzt. Eine alternative Clusters knüpft. Favoriten. Im Sonnwendviertel West, dem Standort Die neuen gemeinschaftsorientierten Wohnprojekte
Ausbildung des Freiraums schafft bei weiterhin hohem des Wohn_ Zimmers in Wien, werden im Vergleich zur sind Teil der Stadtstruktur. Ihre Rolle, ihr Auftrag wie
Anteil an Durchgrünung neue Räume der Begegnung. Ein anderes Beispiel ist die große, zentrumsferne tradierten Baustruktur der Nachbarschaft die Block- ihre Körnung unterscheiden sich allerdings je nach
Industriebrache der Betonelemente produzierenden größen überdimensioniert. Auch auf dem Stadtent- Stadtstruktur und Quartierscharakteristik. Vorhandene
Firma Hunziker in Zürich. Sie wurde von der Genos- wicklungsgebiet Nordbahnhof in Wien wird der Block- Raumstrukturen können einen neuen Sinnzusammen-
Industriebrachen – Große Dimensionen senschaft mehr als wohnen mit 370 Wohneinheiten rand des angrenzenden Stadtgewebes fortgeführt. hang erzeugen – die Möglichkeit, ein ‚Experiment‘ zu
überbaut. Ein Cluster von tiefen Baukörpern schafft in Die schallschützende Straßenrandbebauung löst sich bauen, wird durch die umgebende Stadtstruktur mit-
Durch Standortverlagerungen, Flächenreduzierun- Reaktion auf die Baukörperdimensionen des gewerb- zum zentral gelegenen, neu erstellten Park zugunsten geprägt. Die Integration in die Stadtstruktur ist nicht
gen oder Schließungen von Industrie werden große lichen Umfelds eine neue Stadt mit Gassen, Straßen von Durchgrünung, Durchblicken und Vernetzung in allein ausschlaggebend für die Fähigkeit der Projekte
Flächen in peripher gelegenen Stadtgebieten frei. und Plätzen und provoziert die Entstehung einer Einzelbaukörper auf. Freiräume für andersartige Bau- zur Quartiersvernetzung. Kommunikative Knoten-
Überdimensionale, autoorientierte Straßennetze ohne „architektonischen Raumlösungsmaschine“4 : Jeder typologien und Gruppierungen von Gebäuden wer- punkte entstehen in verschiedenen Maßstabsebenen,
Grünräume und großformatige Gewerbebauten in der der Baukörper wird bezogen auf bestimmte Ziele den damit eröffnet. Wohnen mit alles! nutzt diese die umgebende Stadtstruktur wird damit zu einem
Nachbarschaft bilden den Kontext. Die Kapazität der spezifisch entwickelt. Chance der offenen Bauweise – eine Abstandsfläche projektprägenden Ausgangsfaktor.

108 109
3 . 1 S TA D T KONTEXT

Teil der historischen Blockstruktur, Teil der Wohnstruktur, Generationenpark, Tiefe Baukörper im Kontext Gewerbe, mehr als wohnen, Identität durch Industriebestand und Fluss, Alte Weberei,
Lebensort Vielfalt, Berlin Königsbrunn Zürich Tübingen

Großformatiger Baustein im Kontext Industrie, Giesserei, Winterthur Überdimensionaler Blockrand in der Bahnbrache, Wohn_ Zimmer, Wien

110 111
3 . 2 S TA D T S TA N D O R T

3.2 Standort Höhe des Ostbahnhofs ermöglicht Blicke auf die drei
achtgeschossigen Bauten und das Areal. Verortet am
Park, am Fluss oder an relevanten Freiraumverbindun-
Nutzungsgefüge – Teil einer
alltäglichen Lebenswelt
5 Schnur, Olaf: Nachbarschaft
und Quartier. In: Eckhardt,
Frank (Hg.): Handbuch Stadt-
soziologie. Wiesbaden 2012,
gen signalisieren diese gemeinschaftlich orientierten Das Einfügen in ein vorhandenes Nutzungsgefüge, in S. 451
Projekte ihre Öffnung zur Stadt und bleiben in ein Netzwerk frequentierter Funktionen, macht die 6 Rauterberg, Hanno: Wir sind
Erinnerung. Projekte zum Bestandteil eines „Mittelpunkt-Ortes die Stadt. Urbanes Leben in der
alltäglicher Lebenswelten“5. Die Quartiersvernetzung Digitalmoderne. Berlin 2013

erhält einen Impuls aus der räumlichen Nähe und


Platz – Öffnung zur Stadt fußläufigen Erreichbarkeit weiterer alltäglicher oder
spezifischer Nutzungen. Der Generationenpark in
Auch die Lage an städtischen Plätzen demonstriert Königsbrunn, selbst kleinteilig durchzogen von Wegen,
dieses neue Selbstbewusstsein und damit die Teilhabe liegt in einem Wegegeflecht der durchgrünten Stadt-
an der Quartiersvernetzung. wagnis 4 am Acker- erweiterung zwischen Schule, Kindergarten, Kirche,
mannbogen in München ist Teil der Randbebauung Gemeindezentrum, aber auch Nahversorger und Bank-
Der Wunsch, das Alltagsleben aktiv zu gestalten, aber wahrnehmbar: Auf der symmetrischen Stirnfassade eines neuen Stadtplatzes, die Baugruppe en famille in filiale. Das Mehrgenerationenhaus Lebensort Vielfalt in
gleichzeitig für andere in der urbanen Gesellschaft mit roter Holzverkleidung ist der Schriftzug „giesserei“ der Alten Weberei in Tübingen besetzt ebenfalls eine Charlottenburg mit der Schwulenberatung ist Teil der
offen zu sein, hat Auswirkungen auf die Standortwahl mittig platziert. Auch die beiden Projekte Wohnen mit Ecke des zentralen Egeriaplatzes. In beiden Fällen sind fünfgeschossigen, dichten, gemischt genutzten Berliner
gemeinschaftlicher Wohnprojekte. Die Anforderungen uns! und Wohnen mit alles! am Nordbahnhof in Wien diese urbanen Räume Fokus einer neuen Stadtviertel- Blockstruktur. wagnisART in München entsteht in
an die Positionierung haben sich gewandelt. Die Pro- bilden in Schulnähe eine Kulisse zum Rudolf-Bednar- kultur mit Nahversorgung und Verkehrsanschluss. Nachbarschaft zu einem bestehenden Atelierensemble,
jekte, die sich in den 1970er- und 1980er-Jahren iso- Park. Funktionen wie Café und Laden im Erdgeschoss Die Akteure der Wohnprojekte gestalten öffentliches Teil einer ehemals großen Künstlerkolonie.
liert in urbanen wie ländlichen Randlagen mit Fokus nutzen in beiden Projekten die Sichtbarkeit und Leben mit Programmen wie einer Stadtplatzlounge,
auf die eigene, inszenierte Gemeinschaft befanden, Frequentierung des Ortes. Drei auffällige rote Punkt- einem Kiosk oder einem Café. Die Kalkbreite – eine Sichtbar und integriert
werden abgelöst durch wahrnehmbare, gut erschlos- bauten, die Bedeutungsträger des Wohn_ Zimmers dominante, urbane, gemischt genutzte Blockstruktur
sene Projekte, situiert an Grünflächen, am Wasser, an im Sonnwendviertel in Wien, markieren das Zentrum im Zentrum Zürichs – ist vielfältig sichtbar: Sie liegt Ein Erfolgsfaktor gemeinschaftlich orientierter Wohn-
urbanen Plätzen oder in einem Netz von öffentlich einer großformatigen, straßenübergreifenden Block- zwischen einer Straßenbahnhaltestelle und der Bahn- projekte ist damit ihr Standort im urbanen Kontext.
relevanten Nutzungen. struktur und die Öffnung nach außen. Sie sind der haltestelle Zürich Wiedikon an einem stark frequen- Als „Räume der urbanen Kollaboration“6 benötigen
Anziehungspunkt einer wichtigen quartiersinternen tierten Ort. Neben Logo und der Internetplattform, die Projekte eine hervorgehobene Öffentlichkeit durch
Wegeführung und halböffentlichen Grünzone. Farbe, die eine breite Zielgruppe anspricht, ist auch das ehe- zentrale Lage, Attraktivität im direkten Umfeld oder
Park/Wasser – Öffentlich wahrnehmbar Form und das Angebot öffentlicher Funktionen in malige Restaurant Rosengarten öffentlicher Bestand- Einbindung in ein gemischtgenutztes, dichtes Umfeld.
dem ansonsten monostrukturierten Quartier unter- teil der Erscheinung der Kalkbreite. Der Stadtplatz Namensgebung, aber auch durchgängige Konzepte
Einige der Projekte sind in attraktiver Lage an einem stützen diese Sonderstellung. Das Projekt Spreefeld zwischen dem denkmalgeschützten Altbau und dem für die visuelle Erscheinung des Projekts in der öf-
städtischen Grünraum oder einem Fluss positioniert wird als Teil der Spreeuferbebauung gesamtstädtisch dramatisch inszenierten Aufgang zum öffentlichen fentlichen Wahrnehmung sind Teil dieser Sichtbarkeit.
und nehmen hier sichtbar eine hervorgehobene Rolle wahrgenommen – der zukünftig öffentlich begehbare Innenhof wird gastronomisch genutzt. Eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr
ein: Die Giesserei in Winterthur ist vom Eulach- Spreeuferweg führt direkt am Gelände vorbei und und an ein Fahrradwegenetz schafft Erreichbarkeit,
park, einem großzügigen Stadtpark, aus weithin erlaubt die Nutzung des Strandes, jede Flussfahrt auf Frequentierung und damit Kommunikationsdichte.

Gemeinschaftsorientiertes Wohnen am Park, Wohnen mit Ziel der Blockdurchquerung, Wohn_ Zimmer, Wien Lage am öffentlichen Spreeuferweg, Spreefeld, Berlin Platz zwischen Straßenbahn und Zwischen Kirche und Nahversorger,
alles!, Wien Treppenaufgang, Kalkbreite, Zürich Generationenpark, Königsbrunn

112 113
1 Einführung

2 Wohnprojekte

3 Stadt

4 Raum

5 Programm

6 Organisation

7 Fazit

8 Anhang
4.1 RAUM GEBÄUDETYPOLOGIE

4 Raum
„Räume und gesellschaftliche Situationen zu gestalten bedeutet, Handlungsrahmen für verschiedene Akteure 1 Oswalt, Philipp: Gestalten
zu schaffen, in denen sie interagieren und handeln.“1 Diese Möglichkeitsräume sind in den kooperativen Wohn- von Situationen. In: Arch+
Raum Gebäudetypologie Begegnung Freiraum Begegnung intern 222/2016, S. 126
projekten differenziert gestaltet und ausgeprägt als Übergangsräume, Sowohl-als-auch-Räume, Schwellen,
Schnittstellen und hybride Orte. Räumlich innovative und übertragbare Lösungen zu Orten der Begegnung wer- 2 Rohr-Zänker, Ruth/Müller,
Wolfgang: Die Rolle von Nach-
den im städtebaulichen Maßstab, in Freiräumen und Gebäuden aufgezeigt. Gebäudetypologien und ihre Aus- barschaften für die zukünftige
wirkungen auf die Quartiersvernetzung und die Etablierung sozialer Netzwerke werden betrachtet. Freiräume, Entwicklung von Stadtquartie-
die den „Bastelnachbarschaften“2 Möglichkeiten bieten, sich ihre räumliche Umwelt durch konkretes Handeln ren. Expertise im Auftrag der
Bundesforschungsanstalt für
Wohneinheiten

Zentraler Raum
anzueignen und die Koppelung von internen Erschließungssystemen und Vernetzung werden untersucht.

Durchwegung
Landeskunde und Raumord-

Innere Straße

Dachflächen
nung. Oldenburg 1998, S. 13.

Block / Hof

Innenhof
Abzurufen unter: stadtregion.

Cluster
Solitär
net/fileadmin/downloads/

Platz
Zeile
Rolle_von_Nachbarschaften.pdf
Ort

4.1 Gebäudetypologie
3 Interview mit Andreas Galli,
Lebensort Vielfalt Claudio Schiess
Berlin, D
Charlottenburg

Kalkbreite Zürich, CH

wagnis 4 Gebäudetypologien, häufig kontextorientiert ent- seit Beginn des 20. Jahrhunderts häufig demonstrativ
München, D
Am Ackermannbogen standen, rufen herkömmliche Bilder in Bezug auf ihre als räumliche Umsetzung des Wunsches nach Ge-
Auswirkung auf das städtische Umfeld hervor: Eine meinschaft eingesetzt (Karl-Marx-Hof, Wien). Block-
Giesserei Blockstruktur signalisiert Abgeschlossenheit, Zeilen und Hofstrukturen werden auch heute eingesetzt:
Winterthur, CH
Neuhegi
stehen für die Auflösung des Straßenraums und Die Blockstruktur der Giesserei in Winterthur wird
serielle Typenwiederholung, Solitärbauten demons- gegliedert in zwei fünfgeschossige Zeilen und Stirnsei-
en famille
Tübingen, D trieren Durchlässigkeit. Cluster sind in Erinnerung ten, die trotz möglichem Baurecht nur zweigeschossig
Alte Weberei
als Bautypus, der in der Gruppierung Räume bildet. überbaut werden. Die Architekten erläutern dies so:
Wohnen mit alles!
Die Eignung bestimmter Typologien für die Bauauf- „Die Ost-West-Orientierung der Bauten bietet allen
Wien, A gabe und die damit verbundenen Ansprüche werden Bewohnern eine ähnliche Situation und ermöglicht
Nordbahnhof
beleuchtet, Auswirkungen auf die komplementär das Durchwohnen, die zweigeschossige Seite zum
entstandenen Freiräume, die Beziehung zum Quartier Park erlaubt, dass der Hof von Mittagssonne erhellt
Generationenpark Königsbrunn, D
und auf die interne Vernetzung werden gezeigt. Die ist. Wir wollten das Quartier vernetzen und sind an
Bedürfnisse nach Gemeinschaft, nach quartiers- den Enden als Signal tiefer geblieben. Der große Hof
Grünmatt bezogenen Kooperationsräumen, nach Intimität und ist wie ein Gefäß, in dem sich die Bewohner weiter-
Zürich, CH
Friesenberg Heterogenität, ziehen räumliche Konsequenzen nach entwickeln.“3 Die Kapazitäten von Block, Zeile und
sich. Lassen sich über die Bewertung einzelner Typolo- Hof werden zusammengeführt, ein typologisches
Wohn_Zimmer gien Tendenzen ableiten? Hybrid entsteht, das die scharfe Trennung des Typus
Wien, A
Sonnwendviertel Block zwischen öffentlich und privat sorgfältig
differenziert. Auch die Kalkbreite in Zürich, im Erd-
Spreefeld  lock/Hof – dehnbare städtebauliche
B geschoss mit straßenseitiger Erschließung wie ein
Berlin, D
Mitte
Vorgabe Block organisiert, wandelt ihre Typologie über dem
überbauten Straßenbahndepot. Der Block wird zum
wagnisART
München, D Eine Blockstruktur schafft mit einer durchgängigen Hof, die Erschließung des zentralen Eingangs erfolgt
Domagkpark
Straßenrandbebauung Raumkanten und grenzt über einen alltags öffentlich genutzten, räumlich
öffentliche und private Räume voneinander ab. Die gefassten Hof. Nach städtebaulichen Wettbewerben
mehr als wohnen
Zürich, CH introvertierte Typologie „Hof“ – die Umkehrung des wie zum Beispiel am Nordbahnhof oder im Sonn-
Hunziker Areal
Systems Block in Bezug auf die Erschließung – wurde wendviertel in Wien oder in der Alten Weberei in

116 117
4.1 RAUM GEBÄUDETYPOLOGIE

4 Sonderegger, Alfons: Wir Tübingen werden häufig Blockstrukturen baurechtlich Solitär – Isolation gegen Ökonomie Vorteile kann erst im Verbund mit anderen Bautypen bar und in den meisten Fällen öffentlich begehbar. In
brauchen eine Vielfalt von vorgegeben. Die Beispiele zeigen, dass dieser Typus und Nachhaltigkeit geleistet werden. der bewussten Platzierung der Gebäude zueinander
Bewohnern. In: Wohnen
5/2014, S. 11 stark überformt werden kann und damit auch die und damit der Formbarkeit der Freiraumstruktur und
komplexen Anforderungen von gemeinschafts- Allseits frei stehende Gebäude – Solitäre – sind ge- der Vernetzung liegt eine wesentliche Stärke der
5 Vgl. Müller, Pascal: Neue
Wohnmodelle in der Stadt. orientierten Wohnprojekten erfüllt werden können. staltbar in Ausdehnung und Grundrissgeometrie. Die Cluster – Durchlässigkeit und Typologie Cluster.
Vortrag Hochschule Karlsruhe, Reduzierung des Fußabdrucks durch Höhe führt zu Freiräume in zweiter Reihe
27.04.2016 einem Gewinn an Freiflächen. Mögliche große Ge- Hybride mit gemeinschaftlichem Freiraum Im Kon-
6 Hofmann, Rainer: Zeile – von der Separierung zur bäudetiefen lassen mit der Minimierung der Gebäude- Einzelne Baukörper bilden eine Gruppe in räumlicher text der aktuellen gemeinschaftlich orientierten und
Wagnisse – Programm und
Prozess. Vortrag Hochschule
großzügigen Raumbildung oberfläche und Maximierung der Geschossfläche Separierung vom Kontext. Solitäre sind häufig die quartiersoffenen Projekte zeigt sich ein ideologiefreier
Karlsruhe,13.04.2016 ökonomische Erstellung und nachhaltigen Betrieb zu.5 typologische Grundlage dieser Gebäudegruppen. und pragmatischer Umgang mit den klassischen
Lineare, von der Straße entkoppelte Zeilen bilden kein Effiziente Erschließung, allseitige Orientierung und da- Addiert werden sie zu Clustern zusammengefasst und Stadtbausteinen. Verschiedene Gebäudetypologien
7 Sennet, Richard: Verfall und
Ende des öffentlichen Lebens. Außen oder Innen. Sie erlauben neben der optimalen mit eine zweiseitige Belichtung fast aller Wohnungen, bilden Räume, erlauben Durchblicke und Durchwe- werden in Überlagerung eingesetzt – spezifische
Die Tyrannei der Intimität. Orientierung zur Sonne die Verzahnung mit der Land- aber auch die Chance, private Freiräume mit Aussicht gungen. Die drei Türme der Genossenschaft Spreefeld Eigenschaften werden orts- und situationsbezogen
Frankfurt a. M. 1983, S. 382
schaft, die Hinführung zum umgebendem Grünraum anzubieten, machen den Solitär zur ökonomisch in Berlin schaffen die Durchlässigkeit zum Spreeufer. kombiniert und variiert. Orte, die sowohl Intimität als
und damit eine hohe Durchlässigkeit in eine Richtung. und ökologisch sinnfälligen Wohnungsbautypologie. Auch bei mehr als wohnen in Zürich ermöglichen tiefe auch Heterogenität zulassen, erfordern auf gebäude-
Die zur Quartiersvernetzung notwendige allseitige Diese grundsätzliche Eignung nutzen einige Projekte. Bautypen Durchblicke. Häuser, Straßen, Gassen und typologischer Ebene komplexe räumliche Vielfalt. Die
Durchlässigkeit, aber auch die geringe Fähigkeit zur Spreefeld in Berlin bietet große private Balkone mit Plätze bilden das Gerüst einer Stadt in der Stadt. Ein Typologien Block, Zeile, Solitär und Cluster prägen mit
Raumbildung, zeigen Grenzen dieser Bautypologie Blick zur Spree. Zusätzlich wird die Typologie zum von den fünf planenden Architekturbüros erarbeitetes Abweichungen von den herkömmlichen Bildern auch
auf. Die Addition des Reihenhauses als eine Form Experimentierfeld: Bei mehr als wohnen in Zürich Regelwerk definiert Gemeinsamkeiten wie die Baukör- gemeinschaftliche und quartiersorientierte Projekte:
der Zeile wird von Alfons Sonderegger, Präsident oszilliert das einzelne Haus aufgrund seiner Tiefe von pergliederung in Sockel, Körper und Dachabschluss – Blockrandbebauungen enthalten halböffentliche oder
der Familienheim-Genossenschaft in Zürich (FGZ), in jeweils 20 bis 30 Metern zwischen Einzelgebäude und aus Solitären wird ein Quartier. Die Erschließungs- öffentliche Innenhöfe, Zeilen werden durch Arkaden
einem Interview kommentiert: „Eigentlich hatte der Stadtbaustein. Zum Umgang mit der Gebäudetiefe zonen der einzelnen Solitäre werden bei zweien der zur urbanen Kulisse, die Isolation von Solitären wird
Vorstand in den ‚Sieben Leitlinien‘ festlegen wollen, und deren Belichtung werden verschiedene Lösungs- Projekte auch über Verbindungsstege in den Oberge- durch dreidimensionale Erschließungssysteme aufge-
dass die FGZ keine Reihenhäuser mehr baut. Denn die ansätze erprobt: Die Überhöhung von Räumen, der schossen miteinander verbunden. So wird der Isola- hoben. Städtebauliche Vorgaben sollten zukünftig an
alten Reihenhaussiedlungen haben auch etwas stark Einsatz alternativer Wohnungstypen, die Bespielung tion der einzelnen Solitärbauten entgegengewirkt: Im hervorgehobenen Orten die Möglichkeit einräumen,
Separierendes, es gibt dort keine öffentlichen Plätze der Fassade mit vertikalen Gärten oder räumlich be- Projekt Spreefeld in Berlin war eine (nicht umgesetzte) nicht nur Straßenraum fassende Konzepte zu verwirk-
oder gemeinschaftlichen Räume.“4 Die Ersatzsiedlung eindruckende Erschließungen. wagnisART in München Verbindung der drei Baukörper durch Stege geplant, lichen, sondern auch „Durchlässigkeit“ in Baukörper
Grünmatt der FGZ in Zürich zeigt, wie Variationen des arbeitet mit der Grundkonfiguration der Gebäude: In wagnisART in München nutzt Brücken, um Einzelbau- zu fassen.
Typus die beschriebenen Probleme lösen können: Die einem partizipativen Prozess entwickelten die Genos- ten und gemeinschaftlich nutzbare Dachterrassen mit-
Krümmung der vier in Einzelbauten aufgelösten Zeilen senschaftsmitglieder gemeinsam die „Wildheit der einander zu verbinden, aber auch um einen zentralen
schafft differenzierte Außenräume und Durchlässig- Struktur“6. Polygonale Baukörper werden hier zum Platz räumlich zu fassen. Das Wohn_ Zimmer in Wien
keit in beide Richtungen. Besondere Orte mit öffent- Sinnbild eines anderen Lebensmodells. Die isolierte hebt die dreidimensionale Verknüpfung der Türme
lichen Nutzungen zur Nachbarschaft entstehen durch Stellung der Solitäre zeigt allerdings die Grenzen mit dem umgebenden Blockrand durch Stege hervor.
die Staffelung der Zeilenköpfe. Mit gemeinschafts- der Typologie in diesem Aufgabenfeld auf: Gemein- Starke Farben tragen das Signal der Vernetzung sicht-
und ortsbezogenen Abwandlungen und ihrer Eignung schaftsorientierte, quartiersvernetzte und sozial- bar ins Quartier. Freie Geometrien ersetzen die zuvor
im Wohnungsbau kann die Zeile als Stadtbaustein neu orientierte Projekte suchen das „Nebeneinander von serielle Addition orthogonaler Baukörper und prägen
interpretiert werden. Gemeinschaften, die sich begegnen und durchdringen die öffentlichen und halböffentlichen Räume. Cluster
können“.7 Raumbildung und Vernetzung kann der bilden unabhängig vom Straßenraum spannungsvolle,
Typus allein nicht erzeugen, die volle Entfaltung der differenzierte Freiräume. Sie sind verkehrsfrei, einseh-

Hybrid zwischen Block, Zeile Block und Hof, Kalkbreite, Zürich Gekrümmte Zeilen, Versatz der Köpfe, Urbanes Dorf durch „Wildheit“ der Cluster – Durchlässigkeit zum Spreeufer, Verbindung von Solitären in Oberge-  Hybrides Netzwerk zur Durchquerung, Cluster – Freiräume in zweiter Reihe,
und Hof, Giesserei, Winterthur Grünmatt, Zürich Baukörper, wagnisART, München Spreefeld, Berlin schossen, Wohn_ Zimmer, Wien Generationenpark, Königsbrunn mehr als wohnen, Zürich

118 119
4.2 RAUM BEGEGNUNG FREIRAUM

4.2 Begegnung Freiraum

„Zwischen“-Platz als Bühne und Stadtbalkon zum Platz, en famille, Hierarchisches Netzwerk an Plätzen,
Schaufenster, Kalkbreite, Zürich Tübingen mehr als wohnen, Zürich

8 Gehl, Jan: Städte für Der Diskurs um die lebenswerte Stadt – immer wie- ren zu einer Reduktion der Verkehrsgeschwindigkeit im Ein breiter Maßnahmenkatalog stellt in diesem wie in stelle zum öffentlichen Grund wird als Begegnungs- 9 Sonderegger, Alfons: Wir
Menschen. Berlin 2015 der auch von dem dänischen Stadtplaner Jan Gehl Wohnumfeld. Damit wird umsetzbar, was Jan Gehl in den Züricher Projekten Grünmatt, mehr als wohnen ort kultiviert: Bisher private Vorzonen verschwinden, brauchen eine Vielfalt von
Bewohnern. In: Wohnen
thematisiert – fokussiert sich auf den öffentlichen seinen Publikationen fordert: „Der Stadtraum muss mit und Kalkbreite sicher, dass sich Parkplatzangebot und Verkehrsraum wird umgedeutet, Abstandsflächen 5/2014, S. 11
Raum als Ausgangspunkt aller Entwicklungen und die der Geschwindigkeit eines Fußgängers erlebt wer- Nachfrage dauerhaft die Waage halten. und Zwischenbereiche werden genutzt. Die offene
10 Interview mit Alfons
Erdgeschosszone als Keimzelle der Urbanität. Diese den.“8. Ein veränderter Flächenanspruch und die damit Benutzbarkeit wird barrierefrei über eine Vielfalt an Sonderegger
These lässt sich auch auf den Freiraum gemeinschaft- einhergehende vielfältige Nutzbarkeit der bisherigen Reduzierung von Privatnutzung im räumlichen Zeichen, über Größe, Zuschnitt, Materiali-
licher Wohnprojekte übertragen. Vernetzt gedachte Verkehrsflächen bieten Spielräume. Tiefgaragen in fast Erdgeschoss tät, Ausstattung oder Bepflanzung und darüber hinaus
„Wohn“gemeinschaften öffnen sich auf Straßenniveau allen Projekten schaffen verkehrsfreie Binnenbereiche. über angelagerte Funktionen lesbar gemacht.
zum Quartier und zur Stadt. Die Bespielung der Frei- Schwellenfreiheit wird zur Zielvorgabe für den öffent- Durch den Verzicht auf den Wohnungen zugeordnete
flächen und damit die Gestaltung der Schnittstellen lichen und den gemeinschaftlich genutzten Raum, Ver- Gärten entstehen weitere Freiräume im Erdgeschoss. Von der Straße zum linearen Platz
spielt eine hervorgehobene Rolle. Konzepte für die kehrsraumprofile verschwinden, eine Mehrfach- oder Private Flächen wie die Gärten der Siedlung Grünmatt
veränderte Rolle des Außenraums werden mit Fokus temporäre Nutzung wird auf verschiedene Art und in Zürich werden auf ein Minimum reduziert, in Spree- In der Siedlung Grünmatt in Zürich besitzen „die ein-
auf verschiedene Freiraumtypologien erläutert, der Weise organisiert. Die definierten Kategorien „auto- feld in Berlin bieten große Balkone mit Blick auf den zelnen Häuser […] nur noch einen ‚Badetuch-Garten‘,
Durchwegung als Bindeglied kommt besondere Be- frei“ und „autoarm“ kennzeichnen verschiedene der Fluss privaten Außenraum. In der Kalkbreite in Zürich dafür gibt es zwei breite, autofreie Wege zwischen
deutung zu. Die Verfügbarkeit der Freiräume entsteht Projekte: Die Giesserei in Winterthur gilt als autofreie werden private Außenräume zugunsten von kollek- den Zeilen, auf denen das gemeinsame Leben statt-
auch aus veränderten Mobilitätskonzepten und der Siedlung, das Label dient als wesentliches Merkmal tiven Freiräumen aufgegeben. Die Planer gehen hier findet und die Kinder gefahrlos spielen können“.9
Reduktion von privaten Nutzungen im Erdgeschoss. in der Außendarstellung. Die angrenzenden Straßen auf den in der Wettbewerbsausschreibung formulier- Diese hybriden Räume zwischen Bewegung, Durch-
werden als Begegnungszone mit Tempo 20 befahren, ten Wunsch nach gemeinschaftlichen Außenräumen querung und Aufenthalt werden jeweils im Süden
Mehr und anderer Raum durch veränderte das Parkieren im öffentlichen Straßenraum ist hier mit unterschiedlichen Qualitäten ein. über die gesamte Länge von einer arkadenartigen
Mobilität verboten. 577 großteils überdachte Velo-Parkplätze Vorzone über zwei Geschosse gefasst. Die Arkaden
stehen zur Verfügung, dem steht eine stark vermin- verwandeln die Einzelhäuser in eine durchgängige
Flächen, die in den Projekten zur Quartiersvernetzung derte Parkplatzquote von 0,2 PKW-Parkplätzen pro Platz – erinnerbare räumliche Schaufassade, die den öffentlichen Raum begleitet.
und Begegnung genutzt werden, wurden bisher vor Wohnung entgegen. Carsharing ist primäre Form des Schnittstelle zum Quartier Der Freiraum wird durch Aufweitungen zu einem
allem durch den ruhenden Verkehr belegt. Veränderte motorisierten Individualverkehrs, autofreie Interessen- Platz mit urbanem, öffentlichen Charakter, gleichzei-
Anforderungen durch eine nachhaltige Mobilität füh- ten werden bei Vermietung der Wohnung bevorzugt. Zur Stadt, zum Quartier und zur umgebenden Nach- tig verstärkt die Materialwahl und die Bepflanzung –
barschaft gewandt, bilden öffentliche Plätze die räum- blühende Obstbäume über wassergebundener Decke,
liche Schnittstelle zwischen den gemeinschaftsorien- mit Hecken gerahmte Gärten – das Bild der traditio-
tierten Wohnprojekten und ihrem direkten Umfeld. nellen Gartenstadt. „Allerdings ist die Hecke nur so
Als allgemein zugänglicher Raum mit meist prägnanter hoch, dass man darüber hinwegsehen kann. Dadurch
Gestalt sind sie zentraler Aufenthalts- und Kommunika- wirkt der eigentlich private Bereich des Gartens halb-
tionsort sowie Bühne der lokalen Öffentlichkeit. Hier öffentlich – und das verändert das Verhalten.“10
begegnet sich die Gemeinschaft der vielen. Diese
Plätze sind wesentlicher räumlicher und sozialer Von der Abstandsfläche zum Platz
Bestandteil der gemeinschaftlichen Wohnprojekte,
der Grund und Boden ist häufig Teil des erworbenen Das Projekt Wohnen mit alles! in Wien, bestehend
Areals, die hier verortete Öffnung zur Stadt ist Teil aus zwei Bauten mit unterschiedlicher Bewohner-
des Selbstverständnisses. Jede erdenkliche Schnitt- schaft, realisiert in der Abstandsfläche der offenen
Private Balkone als Gartenersatz, Spielende Kinder auf der Straße, Platz zwischen Gartenstadt und
Spreefeld, Berlin mehr als wohnen, Zürich Urbanität, Grünmatt, Zürich

120 121
4.2 RAUM BEGEGNUNG FREIRAUM

11 Interview mit Christoph Blockrandstruktur auf privatem Grund einen öffent- Plätzen, Straßen und Gassen eine Verbindung zur und zur umfassenden Wohnmauer aus. Die Möblie- als Sinnbild für Gemeinschaft. Ursprünglich der kon- 12 Hubacher, Sabina: Nach
Mörkl fünf Tagen wählte die Jury das
lichen Platz. Er verbindet die beiden Gebäude, die unmittelbaren Umgebung her. Ein zentral gelegener, rung greift das intime Bild eines Wohnzimmers auf. trollierte, private Freiraum als konträrer Bestandteil
grüne Haus. In: Genossenschaft
der Architekt Christoph Mörkl als „kommunizierende großer Platz, der Hunzikerplatz, ein Werkplatz mit des Konzeptes Blockstruktur, ist er inzwischen häufig Kalkbreite (Hg.): Kalkbreite. Ein
Gefäße“11 bezeichnet, und bietet eine Schnittstelle Ausgang der zentralen Garage und ein Pocketplatz Stadtmöbel – mehrdeutige Orte der ein halböffentlicher Außenraum, der gemeinschaftliche neues Stück Stadt. Zürich 2015,
zum Quartier. Straßenlaternen, Pflasterung und über- bieten unterschiedliche Dimensionen, Atmosphären Begegnung Aktivitäten ermöglicht, aber auch immer häufiger S. 65

dimensionale Kieselsteine als Sitzgelegenheit signali- und die Möglichkeit zu Aufenthalt, Aktivität und öffentliche Durchwegung erlaubt.
sieren die offene Benutzbarkeit. Das Engagement für Kommunikation. Zu den umgebenden Grünzügen ge- Die hochwertige Ausstattung der öffentlichen Räume
die erweiterte Nachbarschaft findet mit Floh- oder wandte Gärten schaffen Rückzugsräume. Das Projekt und vor allem der Plätze spielt eine wesentliche Rolle – Innenhof – Wohnzimmer
Wochenmarkt hier seinen Raum. Generationenpark in Königsbrunn verfügt über ein ein Brunnen zur Möblierung definiert zum Beispiel
repetitives, hierarchiefreies Netzwerk von Freiflächen: einen Ort der Begegnung und wird selbst zum Aufent- Die beiden genossenschaftlichen Projekte Giesserei in
Der ‚Zwischen‘-Platz Nach außen orientierte, befestigte Plätze bilden der haltsort. Die mit steinerner Oberfläche ausgestatteten Winterthur und Kalkbreite in Zürich verfügen jeweils
Nachbarschaft zugewandte ‚Zugangsplätze‘, über Plätze von mehr als wohnen orientieren sich – mit über große Innenhöfe: Sabina Hubacher, Fachjurorin
Zwischen dem Bestandsgebäude Rosengarten und die öffentliche Spielstraße hinweg verbinden sie zwei Brunnen, Bank und Bäumen bestanden – an erinner- im Preisgericht, macht den Innenhof der Kalkbreite
dem Aufgang in den Innenhof der Kalkbreite spannt Bauphasen. Innen gelegene, begrünte Flächen haben baren Vorbildern der Gründerzeit. Das Becken auf zum wesentlichen Kriterium für den Wettbewerbs-
sich ein von der Straße zurückgesetzter Platz. Er ist – halböffentlichen Charakter. dem Hunzikerplatz in Zürich – ein überdimensionales gewinn: „Das Projekt bot schon im Wettbewerb eine
gefasst durch das Bestandsgebäude – Begegnungs- vorfabriziertes Betonelement auf dem Areal der ehe- sinnfällige und damit gut kommunizierbare Idee für
stätte zwischen Projekt und Quartier. Bekieste baum- Miteinander von Platz und Hof mals Betonelemente produzierenden Firma Hunziker – die Gemeinschaft: einen schön proportionierten
bestandene Oberflächen markieren gastronomisch lädt zum Sitzen ein, der Wasserauslauf erinnert an Hof […].“12 Der Innenhof mit Spielplatz und Garten
genutzte Bereiche, großflächige Verglasung erlaubt Im Projekt Wohn_ Zimmer in Wien wird durch drei den traditionellen Dorfbrunnen. Damit ist der Brun- ist betretbar über einen inszenierten Treppenaufgang
Blicke durch das Café bis in das Tramdepot. Die städti- Solitäre innerhalb eines großen Blockinnenhofs ein nen ein mehrdeutiges Stadtmöbel. Die Überdachung und wird halböffentlich als städtisches Wohnzimmer
sche Durchwegung ist asphaltiert und durch Straßen- erhöhter Platz eingefasst. Dieser ist das Ziel der des zentralen Tiefgaragenzugangs macht aus einem genutzt. Geschwungene Wege und befestigte Platz-
laternen markiert. Die über mehr als zwei Geschosse Durchwegung der Blockrandstrukturen im Süden. funktionalen Abgang einen theaterreifen Auftritt. flächen signalisieren Zugänglichkeit zur Drehscheibe,
führende gewaltige Treppe zum Hof ist als Skulptur Rampen führen auf diese Plattform, ein in das zent- Ein großformatiges Dach kann auch als Bühne oder dem zentralen Hauptzugang und zu den Treppen-
bei Tag und Nacht Bestandteil der Platzinszenierung – rale Haus integrierter Verkaufsstand ist mit der Auf- wetterunabhängiger Spielort genutzt werden. Die häusern. Bepflanzte, von Sitzbänken gefasste Inseln
der Platz wird zur Bühne und dient gleichzeitig als schrift „Markt“ versehen. Bühne, Foyer, Jugendraum, direkte Vergangenheit des Betonwerks wird auch bilden Puffer zum Kindergarten und angrenzenden
Schaufenster ins Projekt. Das in einer Blockrandstruk- Gemeinschaftsküche und -essraum, Stiegenzugänge durch wieder eingesetzte, großformatige Betonplat- Wohnnutzungen. Die abfallende Bebauung nach Süd-
tur eingefügte Wohnhaus en famille in der Alten We- und der Zugang zur öffentlichen Wellnesslandschaft ten – ein wertvoll scheinender Spiegel – auf diesem westen erlaubt die Besonnung des Hofes, überdachte
berei in Tübingen nutzt einen zum Hochwasserschutz rahmen diesen Marktplatz. Öffnungen über zwei Ge- Platz lebendig. und offene Werkstätten ermöglichen einen gefilterten
vorgeschriebenen Sockel, um einen halböffentlichen schosse bieten witterungsgeschützten Freiraum. Sie Blick in die Stadt.
Stadtbalkon zum öffentlichen Egeriaplatz auszubilden. schaffen Aufenthaltsbereiche zwischen drinnen und
draußen und bilden Spontanräume der Begegnung. Innenhof – mehr als Idee für die Innenhöfe des Blockrands
Platzfolgen und Cluster Die geschützten Freibereiche sind sowohl Marktplatz Gemeinschaft
wie wetterunabhängiger Kinderspielbereich. Durch Lebensort Vielfalt in Berlin und en famille in Tübingen
Das Quartiersprojekt mehr als wohnen in Zürich zweigeschossige Überhöhung und durch farbige Fas- Der Innenhof, ein von Gebäuden mehr oder weniger sind als eher kleine Projekte Bestandteil herkömm-
stellt über ein hierarchisches Netzwerk von urbanen sung räumlich inszeniert richten sie sich zum Quartier umschlossener und damit geschützter Freibereich, gilt licher Blockstrukturen mit abgeschlossenen Innen-

Aufenthalt zwischen drinnen und Brunnen als Möblierung des Stadtzim- Dach zur Tiefgarage, mehr als wohnen, Durchwegter Innenhof, Giesserei,
draußen, Wohn_ Zimmer, Wien mers, mehr als wohnen, Zürich Zürich Winterthur

122 123
4.2 RAUM BEGEGNUNG FREIRAUM

höfen. Die Bewohner haben Zugang und können fand gemeinsam mit den im Block angrenzenden
den Hof nutzen, in Berlin teilen sie sich räumlich klar Baugemeinschaften statt.
definiert diesen Bereich mit der Gastronomie wilde
Oskar. Bei Wohnen mit alles! in Wien wird der groß- Dualität von Öffentlichkeit und Gemeinschaft
räumige, zu Park und Straße durchlässige Blockinnen-
bereich zentral mit einem Kinderspielplatz belegt. Um Das Projekt wagnisART verfügt über zwei interne,
mit der Nachbarschaft in Kontakt zu treten, gibt es aneinandergrenzende und unterschiedlich gestaltete
das Angebot des gemeinschaftlichen Gärtnerns. Diese Freibereiche – einen öffentlichen Kunst-Platz und einen
nicht sprachbasierte Tätigkeit ist auch Baustein zu halböffentlichen Gartenhof. Fünf Gebäude fassen
interkulturellem Wohnen. diese beiden geometrisch verwandten, aber unter-
schiedlich behandelten Freiräume: Angelagerte Funk- Hof als Erweiterung des Spreeufers, Apfelwiese und Holzwege, wagnis 4, Urbaner Platz neben Wohnhof,
Spreefeld, Berlin München wagnisART, München
Innen wird zu Außen tionen, die Breite der Zugänge, Oberflächenbehand-
lung und Bepflanzung erläutern die Unterscheidung.
In dem Innenhof von Spreefeld in Berlin bewegen sich Der im Westen zum Quartier geöffnete, räumlich
Bewohner und Besucher frei zwischen den Gebäuden. gefasste Platz ist sowohl für das Projekt als auch für
Die Durchlässigkeit zum Fluss ist die eigentliche Exis- das Quartier identitätsstiftende, nach innen gewandte Freiraumhybride Wegenetze und Quartier 13 Informationsschild auf dem
tenzgrundlage der Bebauung, der Weg zum Ufer und Mitte der Kunstbegegnung. Durch eine gepflasterte, Areal Spreefeld, Berlin 2014

zum städtischen Spreeweg bleibt für alle offen. Auch terrassierte Fläche ist er als Zentrum erfahrbar. Auch Die Koppelung der klassischen Freiraumtypologien ist Die Vernetzung entsteht häufig in Reaktion auf das 14 Altrock, Uwe/ Kunze, Ron-
bei dem Projekt wagnis 4 in München findet eine zum Quartier gewandte Vorzonen sind hier urban eines der zentralen Themen der zur Stadt geöffneten städtische Umfeld, knüpft die Verbindung zu wich- ald/ Schmitt, Gisela/ Schubert,
Dirk (Hg.): Jahrbuch Stadter-
angestrebte Quartiersvernetzung über die Freiflächen und steinern. Der begrünte und baumbestandene Gemeinschaftsprojekte. Platz und Innenhof werden tigen Alltagsorten wie zum Zentrum, zur Haltestelle neuerung 2013: Das Ende der
des Innenhofes statt. Sie bleiben für Anwohner aus Hof im Osten ist Schnittstelle zwischen Gemeinschaft erweitert definiert, die Gliederung in öffentliche, oder zum Park und berücksichtigt die Topografie. Behutsamkeit? Berlin 2014,
der Nachbarschaft und Gäste zugänglich. Eine große und Privatheit: Über ihn werden die angrenzenden halböffentliche und private Räume erhält eine breite Die Durchwegung der Siedlung Grünmatt gliedert S. 313; Dürr, Susanne/Simon-
Philipp, Christina: Stadterneu-
Apfelwiese mit erhaltenem Baumbestand und ge- Wohnungen erschlossen, private Terrassen greifen Differenzierung und ein abgestuftes Nebeneinander sich in zwei räumliche Kategorien: Senkrecht zum erung und öffentlicher Raum.
fassten Gartenzimmern bietet großflächige, vielfältig ins Grün. Massive Brücken zwischen den Solitären jenseits der herkömmlichen Bilder. Hang verlaufende Treppen und Rampen knüpfen Wohnraum Stadt – Strategien,
nutzbare und für alle Altersgruppen anregende Ge- rahmen Platz und Hof und inszenieren Zu- und Durch- an existierende Wegebeziehungen zur benachbarten Projekte. Berlin 2013

meinschaftsfreiräume. Ein schmaler Wasserlauf über gänge, Ausblicke ins städtische Umfeld und Einblicke Hochhaussiedlung an. Eine auch bei Nacht gut 15 Schweingruber Zulauf
Landschaftsarchitekten, Sulzer
einem Kiesbett bildet die Schwelle zur U-förmigen, ins Projekt. Aufweitungen der Brücken werden zu Durchwegung – „Gäste sind beleuchtete Querung ist damit gesichert. Den Höhen-
Immobilen AG (Hg.): Regelwerk
die Gebäude begleitenden Durchwegung. Zugänge Aussichtsbalkonen und erinnern an ein Amphitheater. willkommen“13 linien folgende Wege und Plätze öffnen sich mit Innenraum Hybrid Cluster.
und Terrassen unter den vorgestellten Laubengängen Beide Innenbereiche liegen 50 Zentimeter über dem verschiedenen Aufenthalts- und Ereignisflächen zur Zürich 2008
mit Balkonen sind durch gemeinsame Bepflanzung Straßenniveau und demonstrieren damit ihre Eigen- Der „‚Renaissance der Höfe‘ und der Wohngruppen- Nachbarschaft im Südosten und zu Pachtgärten im
und Gestaltung wie Rittersporn und Holzlegen als ständigkeit in Bezug auf den umgebenden öffentlichen projekte, in denen der Wohnhof einerseits für das Nordwesten – hier wird Boule, Tischtennis oder Bas-
Privatraum gekennzeichnet – Apfelwiese und Holz- Raum. gemeinschaftliche Wohnen und die Kommunikation ketball gespielt, aber auch Kompost gesammelt. Die
wege werden zu Bildern für Gemeinschaft und Privat- andererseits für die Abschirmung gegen den öffent- Siedlung Grünmatt wird damit Teil des Wegenetzes
heit. Die Planung und Realisierung der Hofgestaltung lichen Raum steht“14, wird mit den betrachteten des Quartiers Friesenberg, das sich aus Bauetappen
Projekten eine alternative Herangehensweise gegen- verschiedener Entstehungszeiten und Gebäudetypolo-
übergestellt. Die Freiraum- und Wegevernetzung in gien und einem neuen Zentrum zusammensetzt.
die direkte Nachbarschaft erzeugt nicht mehr Abschir-
mung, sondern Bewegungen, Begegnungen, Interak- Übergreifende Freiraumplanung
tionen, Aktivitäten und Situationen – ihr kommt in der
Planung zentrale Bedeutung zu. Fußgänger- und Fahr- Um Nachbarschaftsräume zu stärken und um die
raddurchwegungen sind Teil der Partitur unterschied- Identität eines Quartiers mit eigenen Qualitäten zu
licher Geschwindigkeiten. Die Kategorien privat und entwickeln, kommt einer übergreifenden Freiraum-
öffentlich werden durch vielfältige Zwischenstufen gestaltung eine hervorgehobene Rolle in der Ver-
erweitert, um das Miteinander im Quartier und der netzung zu. In der Giesserei in Winterthur wird die
Stadt zu unterstützen und zu steuern. Wege erhalten Durchwegung eines Hybridclusters15, der verschiedene
neue Bedeutung als Orte informeller Begegnung und Parzellen zu einer Nachbarschaft zusammenfasst, ein-
als Bindeglied zwischen Baukörpern, Plätzen und heitlich gestaltet. Eine nachbarschaftliche Benutzbar-
Innenhöfen. Die Vereinbarkeit mit den Bedürfnissen keit wird lesbar durch Materialität, Bepflanzung und
des Wohnens ist dabei Teil der zu berücksichtigenden Ausstattung. Auch die Freiräume von mehr als wohnen,
Balance. einem Quartier mit vierzehn großen Häusern, sind
quartiersbezogen geplant. Räumliche Elemente wie-
Städtisches Wohnzimmer, Kalkbreite, Nachbarschaftliches Gärtnern, Wohnen
Zürich mit alles!, Wien

124 125
4.2 RAUM BEGEGNUNG FREIRAUM

16 Interview mit Angelika derholen sich: Wege, begleitet von baumbepflanzten Bewusst gestaltete Übergänge
Drescher Wiesenstreifen, leiten erkennbar von allen Seiten in
17 www.spreeacker.de das Quartier. Ein definierter Materialkanon schafft Viele der Durchwegungen sind gekennzeichnet durch
ebenso Wiedererkennbarkeit wie Kontinuität und erinnerbare Orte. In der Giesserei in Winterthur
verbindet alle Außenräume. durchzieht ein strukturiertes Wegenetz mit verschie-
den gestalteten Durchgängen den großen Block mit
Aushandlung des öffentlichen Raumes dem zentralen Innenhof – die Abgeschlossenheit der
städtebaulichen Großform wird aufgehoben. In einem
Von den Projekten selbst geht ein Impuls zur bürger- Gebäude, das durch serielle Wiederholung kosten-
schaftlichen Planungsbeteiligung am direkten Umfeld günstigen Wohnraum schafft, ist die räumliche Viel-
aus. „Uns geht es hier um […] das Mitgestalten der falt dieser Durchgänge auffallend. Sie sind in Bezug
Umgebung.“16 In diesem Sinne greifen die Aktivitäten zu ihrer Bedeutung unterschiedlich dimensioniert: Ein
der Genossenschaft Spreefeld über das eigene Areal schmaler, über zwei Geschosse geöffneter Zugang,
hinaus, um damit auch die Aushandlung des öffentli- begleitet von einer roten Wand, bildet ein Portal
chen Raumes zu provozieren und durch selbst geschaf- zum Park – hier ist auch die Adresse der Giesserei Grüne Wegführung zur Mitte, mehr als wohnen, Zürich Planung des Uferwegs, Spreefeld, Berlin
fene Tatsachen zu beeinflussen. Auf Initiative und in angebracht. Eine breite, ebenfalls zweigeschossige
Ergänzung der Spreefeld Genossenschaft ist Spree- Öffnung verbindet das Baufeld mit der verkehrsfreien
acker e. V., ein Verein für urbane Landschaftspflege, Nachbarschaftszone. Treppenzugänge und Werk-
entstanden. Zweck des Vereins ist „die Förderung der stätten werden über diese Durchgänge erschlossen, liebter Telefonaufenthalt, aussichtsreiche Plattform Durchgang als Ereignisort 18 Züger, Roland: Herzblut ist
Bildung und des bürgerschaftlichen Engagements im Briefkästen und Fahrradstellplätze sind hier platziert. auf das Geschehen am Rosengarten, Zugang auch zu kein Argument. Spaziergang
durchs Wiener Sonnwendviertel.
Bereich der Landschaftspflege“17 und die Mitgestal- Der Zugang zum Innenhof der Kalkbreite in Zürich Greenpeace und einem Blumenladen auf halber Höhe. Die Durchgänge werden durch ihre hervorgehobene In: werk, bauen + wohnen
tung einer am Gemeinwohl orientierten Entwicklung ist theatralisch inszeniert: Eine eindrückliche Höhen- Daneben wird er mit der Adressaufschrift, aber auch Gestalt und die neue Geräumigkeit zur Aufenthalts- 5/2016, S. 38
des öffentlichen Spreeufers. Die Mitglieder haben differenz wird mit einer Raumskulptur überwunden, einer eindrucksvollen nächtlichen Beleuchtung zur zone aufgewertet. Bei dem Projekt wagnis 4 in Mün-
nach Workshops zu Zielen und Gestaltung und in Ab- die von einer scheinbar dunklen, bei Gegenlicht kost- Visitenkarte und repräsentiert das Projekt in der Stadt. chen nutzen die Bewohner den breiten, zweigeschos-
sprache mit der Spreefeld eG einen Teil des Uferwegs bar funkelnd gekachelten Oberfläche expressiv um- sigen Durchgang zwischen städtischem Platz und
in Eigenarbeit für die Öffentlichkeit angelegt. hüllt ist. Dieser „Bühnen“aufgang übernimmt mehr Die Vernetzung im Quartier kann an diesen Übergän- begrüntem gemeinschaftlichen Innenhof temporär als
als eine Funktion: Er ist Schnittstelle und Schwelle gen aber auch räumlich beeinträchtigt werden. Im überdachte Bühne der Gemeinschaft und zur Freizeit-
zwischen Straße und Gebäude und als solcher be- Wohn_ Zimmer in Wien entstand das Wellnesscenter gestaltung. Veranstaltungen wie die offizielle Projekt-
als „versunkenes Erdgeschoss“ in Reaktion auf hohe einweihung können hier auch bei Regen zwischen
Dichte und die Konkurrenz um Flächennutzungen.18 selbst gebauten Sitzmöbeln und einer Boulderwand
Daraus resultiert eine schwierig zu begehende, stattfinden. Auch bei dem Projekt Wohnen mit alles!
zerschnittene Freiraumlandschaft mit Rampen und am Nordbahnhof in Wien dient der zweigeschossige
Geländern an der Schnittstelle zu benachbarten Durchgang gleichzeitig als Überdachung des Zugangs
Stadtbausteinen. zur Fahrradstation und zum Nachbarschaftsgarten.
In der Giesserei in Winterthur sind zwei Waschbars

Gäste willkommen, Spreefeld, Berlin Treppenwege ins umliegende Quartier, Nachbarschaftszone, Giesserei, Zugang zum Park und Adresse, Giesserei, Breiter zweigeschossiger Durchgang,
Grünmatt, Zürich Winterthur Winterthur Giesserei, Winterthur

126 127
4.2 RAUM BEGEGNUNG FREIRAUM

Treppenaufgang zum Innenhof, Gemeinschaftsraum mit Durchblick, Temporäre Belegung des Durchgangs, Durchblicke, Generationenpark,
Kalkbreite, Zürich Giesserei, Winterthur wagnis 4, München Königsbrunn

19 Maier, Marlene: Ein Wohn- und drei Werkstätten Teil der informellen Begeg- laden zum Durchwandern ein. In dem Quartier mehr Durchwegung – Teil der Durchlässigkeit Verknüpfung zwischen Quartier und Projekt 20 Vgl. Wüstenrot Stiftung (Hg.):
zimmer lädt zum „Hinauswoh- nungswelt: Sie sitzen an den großzügig geöffneten als wohnen sind die Freiräume unterschiedlich dimen- Herausforderung Erdgeschoss.
nen“ aus den eigenen vier München 2014
Wänden ein. In: MAKblog. Durchwegungen im Erdgeschoss und beleben die sioniert, sie werden auch als Fahrradabstellflächen ge- Die Ausgestaltung der Durchwegung wird damit zum Der veränderte Flächenanspruch nachhaltiger Mobi-
Abzurufen unter: blog.mak.at/ Vernetzung und den Hof. Sie sind sowohl von den nutzt. Der Generationenpark ist ein strukturalistisches zentralen räumlichen Werkzeug der Quartiersorientie- litätskonzepte, der zunehmende Verzicht auf private
ein-wohnzimmer-ladt-zum- Treppenhäusern als auch aus den Freibereichen zu Netzwerk gleichberechtigter überdachter Durchgänge rung und Grundlage für das Entstehen einer Nach- Nutzungen im Erdgeschoss sowie die Aktivierung der
hinauswohnen-aus-den-
eigenen-vier-wanden-ein/ betreten. Große Fassadenöffnungen und durch das und Wege. Dies stellt allerdings eine Herausforde- barschaft als Ort der Integration und der Koexistenz. Dachflächen bieten neue Chancen für die Verflech-
(besucht am 24.04.2017) Balkonband überdachte Vorzonen erlauben eine an- rung für die Orientierung dar. Durch die organische Verschiedene Durchwegungsstrukturen reagieren auf tung von Gemeinschaft und Quartier. Übergangs-
genehme und begegnungsreiche Wartezeit. Form und die Positionierung der fünf Gebäude von die räumliche Charakteristik der gemeinschaftsorien- bereiche und Schwellen sind mit besonderer Sorgfalt
wagnisART entstehen dagegen differenzierte Zu- tierten Wohnprojekte und auf das städtische Umfeld. definiert und gestaltet 20. Freiraumhybride zwischen
Transparenz – visuelle Durchwegung gänge: Enge und Weite signalisieren Privatheit und Feinmaschig verzweigte, vielfältig gestaltete Wege- Platz, Innenhof und Durchwegung setzen Quartier
Öffentlichkeit. netze erlauben gezielte Berührungen zwischen Besu- und Projekt differenziert in Kontakt.
Transparente Fassaden an strategisch wichtigen Punk- chern und Bewohnern. Der Ausprägung der Zu- und
ten der Durchwegung erhöhen die visuelle Durchläs- Vernetzung versus Verkehrsplanung Durchgänge kommt eine hervorgehobene Bedeutung
sigkeit zwischen Quartier und Projekt im Erdgeschoss. zu. Übergänge und Schwellen setzen Signale in Bezug
Die Transparenz erlaubt Ein- und Ausblicke, demons- Eine Abstimmung zwischen Stadt- und Verkehrs- auf die Art der Öffnung. Inszenierungen, Durchblicke,
triert die Verbindung zwischen Außen- und Innenwelt planung ist ausschlaggebend für das Gelingen der Ein- und Ausblicke, Transparenzen und schwellenfreie
und zeigt meist öffentliche Benutzbarkeit an. Bei dem Vernetzung und Durchwegung. Das neue Sonnwend- Ausbildung der Wege ermöglichen die Benutzbarkeit
Projekt Wohn_ Zimmer in Wien liegt ein zweigeschos- viertel in Wien wird durch den Ausbau der Sonn- und steuern die Durchlässigkeit. Baufeldübergreifend
siges verglastes Restaurant am großzügig geöffneten wendgasse zu einer vierspurigen Straße von dem können so erkennbare Nachbarschaften entstehen.
Durchgang zum Park – es erweitert den Durchblick Stadtquartier Favoriten getrennt. Die Zielsetzung des
nach innen und außen. Das Restaurant Urban’s Projekts Wohn_ Zimmer, Durchwegungen zu bieten,
orientiert sogar seine Hauptpublikumszone zum Durch- wird in ihrer Wirkung drastisch reduziert. Die Durch-
gang und nicht ins Grün. Auch der Gemeinschafts- lässigkeit zum Altbaubestand nach Westen ist gestört,
raum der Giesserei in Winterthur erlaubt Durchblicke die neuen Stadtbausteine werden zum „Ufo“19. Aber
und relativiert damit die Intimität des Innenhofes. auch übergeordnete Leitbilder der klimaschonenden
Stadtentwicklung und der Stadt der kurzen Wege
Cluster und Durchwegung werden nicht beachtet.

In den Clustern schaffen Abfolgen von Gassen,


Straßen und Plätzen kontinuierliche Raumgefüge,
die Durch- und Ausblicke in die umgebende Stadt
erlauben. Fließende und schwellenfreie Übergänge

128 129
4.3 RAUM BEGEGNUNG INTERN

4.3 Begegnung intern von Briefkästen“23 ist der zentrale Zugang für 450
Wohnungen. Die Erdgeschosshöhe von 4,50 Me-
tern, die bei mehr als wohnen in Reaktion auf die
jenseits des Erdgeschosses. „Die geltenden Brand-
schutzvorgaben sind schwierig: Brandlasten in den
Brandabschnitten sind zu vermeiden, damit ist eine
23 Züger, Roland: Herzblut ist
kein Argument. Spaziergang
durchs Wiener Sonnwendviertel.
In: werk, bauen + wohnen
Platzierung von gemeinschaftlichen Nutzungen und Möblierung der erweiterten Verkehrsflächen – z. B. 5/2016, S. 34
Dienstleistungen festgesetzt wurde, kommt auch den Polster in Sitznischen – oder auch das Abstellen von 24 Interview mit Klaus Kada,
Entrées der Wohnungen zugute. Das Spiel mit halb- Kinderwagen hier nicht möglich. Das führt zu einer Bernd Vlay, Daniel Bammer
geschossigen Versätzen bei Haus D der Architekten Beschränkung in der Ausstattung und damit in der 25 Hofmann, Rainer:
Müller Sigrist beginnt schon in der Eingangshalle und Aufenthaltsqualität. Die Hausverwaltung mahnt alle Wagnisse – Programm und
Prozess. Vortrag Hochschule
steigert damit die Raumhöhe. zwei Monate ab, um formalrechtlich sicher zu sein.
Karlsruhe,13.04.2016
In Reaktion auf diesen Konflikt werden Parallelstruk-
Mehrwert – von der Kommunikation bis zur turen von Sicherheit und interessanten Räumen und
Tragstruktur Bewegungssequenzen aufgebaut.“24

Eine im Inneren der Gebäude platzierte Erschließung Sichtbeziehungen zwischen halböffentlich


21 Schnur, Olaf: Nachbarschaft Auch im Inneren der Gebäude wird das „alltagswelt- als wohnen öffnet sich zu Gassen und Straßen und erlaubt durch Lufträume und Belichtung Blickbezüge und privat
und Quartier. In: Eckhardt, liche Experimentierfeld für Gemeinsamkeit und Indivi- setzt die Durchwegung im Inneren – wie in Haus M und Kommunikation über einzelne Geschosse hinweg.
Frank (Hg.): Handbuch Stadt-
soziologie. Wiesbaden 2012, dualität, Nähe und Distanz“21 räumlich entwickelt und von Duplex Architekten – durch Passagen fort. In den Die Suche nach Synergien und Mehrwert auf ver- „Privatheit im Öffentlichen schafft Sicherheit.“25 –
S. 451 erprobt. Erweitert und funktional ergänzt, anspruchs- sehr großen, tiefen Gebäuden entstehen im Inneren schiedenen Ebenen begleitet – unabhängig von der diese These formulierte Rainer Hofmann, Architekt
22 Hofer, Andreas: mehr als voll gestaltet sowie mit Aufzug schwellenfrei zugäng- Räume, die „quasi gratis anfallen“22. Die Erschließun- Projektgröße – die Gestaltung der Erschließungen: von wagnisART. Das Bestreben, beide Sphären mit-
Wohnen – Ein ABC. In: Hugen- lich werden Erschließungssysteme und Dachflächen gen nutzen diesen Raum variantenreich als räumliche Eine zentrale Halle in dem Projekt Wohnen mit alles! – einander in Kontakt zu setzen, manifestiert sich gerade
tobler, Margrit/Hofer, Andreas/ zu internen Möglichkeitsräumen und Orten der Inszenierung. Treppenläufe werden zum gestalteten hier auch als Stiegenhaus bezeichnet – verbindet in den hausinternen Erschließungszonen. Das genos-
Simmendinger, Pia (Hg.): mehr
als wohnen. Genossenschaft- Aneignung. In diesem Kapitel steht die Betrachtung Bestandteil des Kontinuums zwischen Innen und durch Lufträume über sieben Geschosse alle Woh- senschaftliche Quartier mehr als wohnen in Zürich
lich Planen – Ein Modellfall aus verschiedener Erschließungsstrukturen und gemein- Außen. Das Wohnhaus für acht Familien, en famille nungszugänge miteinander. Roter Linoleumboden- zeigt – auch in Reaktion auf extreme Gebäudetiefen
Zürich. Basel 2016, S. 166 schaftlich genutzter Freibereiche im Vordergrund. Sie in der Alten Weberei in Tübingen, verfügt über eine belag gibt ihr wohnlichen Charakter. Gleichzeitig ist und die Notwendigkeit alternativer Belichtungen –
sind Hybride zwischen Begegnungs-, ‚Schau‘-raum zentrale begehbare Skulptur mit raffinierten Wege- sie Teil der statischen Grundstruktur und erlaubt die unterschiedliche Versionen: Geschosshohe, mehr als
und funktionalisiertem Raum, aber dienen auch zur und Tageslichtführungen. Die Treppe wird winkelför- flexible Positionierung aller Wohnungswände und der zwei Meter breite Verglasungen erlauben großzügig
Vermittlung zwischen Innen und Außen. mig um einen zentralen Lichtschacht frei durchs Treppenläufe. Ein- und Ausblicke aus dem skulptural geformten,
Haus geführt. Sie endet in einem kleinen Platz mit lichtdurchfluteten Treppenhaus in die Wohnbereiche
Erschließung – Kontinuität zwischen Innen Sitzgelegenheiten. Schwellenfreiheit und Brandschutz des Hauses a von Duplex Architekten. In Haus i von
und Außen futurafrosch werden die Öffnungen zwischen den
Grenzen der Mehrfachnutzung der Erschließung in Beton gefassten Stiegen und den gemeinschaft-
In Fortsetzung der vielschichtigen Durchwegung Zentraler Raum – Renaissance des liegen nicht nur in Österreich in den Brandschutzvor- lichen Flächen der Clusterwohnungen über farbig
draußen entstehen auch intern Orte der alltäglichen, Entrées schriften. Im Projekt Wohn_ Zimmer in Wien verbindet gerahmte, große quadratische Fenster inszeniert. Das
meist informellen Begegnung der Gemeinschaft. ein komplexes Erschließungssystem als Raumgerüst Miteinander von Privat und Halböffentlich wird auch
Die Alltagserschließung der Wohnungen bei mehr Das Empfangen-Werden im Gebäude kommt auch auch die gemeinschaftlichen Programmflächen in der Kalkbreite in Zürich immer wieder eingefor-
durch räumliche Gesten zum Ausdruck: In der
Kalkbreite in Zürich erinnert die zentral am Innenhof
gelegene Rezeption an das Foyer eines Grandhotels:
Goldene Leuchter zitieren diese Atmosphäre und nut-
zen die zweigeschossige Raumhöhe. Eine Treppe wie
ein Bühnenaufgang führt zur Rue Intérieure und zu
den Privaträumen hinauf, Blicke in gemeinschaftliche
Bereiche tun sich auf. Die ‚Drehscheibe‘ ist besetzt
mit dem ‚Deskjockey‘ als persönlichem Ansprech-
partner. Bewohner und Besucher des Wohn_ Zimmers
in Wien werden an der dem Hauptbahnhof zuge-
wandten Ecke durch eine mehrgeschossige, kathedral-
artig betonrohe Halle mit Zugang zum Kino und
Durchblick zum Innenhof empfangen: „Hier findet die
Blockdurchwegung ihren dramaturgischen Auftakt:
Die Eingangshalle als Raumskulptur mit einer Armada
 Treppe und Aufenthalt, en famille, Tübingen Zweigeschossiger Empfang, Empfangshalle Richtung Bahnhof, Wohn_ Zimmer, Wien Halle für alle, Wohnen mit alles!, Wohnungstür als Visitenkarte
Zugang zur Rue Intérieure, Wien der Privatheit, Kalkbreite, Zürich
Kalkbreite, Zürich
130 131
4.3 RAUM

Rue Intérieure, innen und umschlossen, ‚Dorfstraße‘ mit Ausblick, Lebensort Laubengang, Generationenpark, Interne Straße, Wohnen mit scharf!, Wien Laubengang, wagnis 4, München
Kalkbreite, Zürich Vielfalt, Berlin Königsbrunn

dert, der Umgang der Bewohner mit Fenstern in den Geschosse, querende Treppen beschreiben einen Kümmerin des Projekts, bemerkt zur Nutzung: „Auf zwischen Außenraum, den verschiedenen Gebäuden 26 Interview mit Andreas Galli,
Wohnungstüren zur Rue Intérieure ist vielfältig. Die Raumquerschnitt in Form eines Hauses. den Laubengängen findet das kindliche Leben statt – und Dachflächen entsteht. Erschließung und Räume Claudio Schiess

Durchblicke über Lichthöfe in die Küchen der Woh- das wird manchmal auch überstrapaziert.“ Mit dem für gemeinschaftliche Nutzungen werden über die 27 win4wien Bauträger GmbH
nungen dienen der sozialen Teilhabe, aber auch der An der Fassade – Bestand und Laubengang stehen die verschiedenen Stufen des Mit- Geschosse hinweg als Schnittstellen zwischen Innen (Hg.): Die Brücken. Abzurufen
unter: wohnzimmer.wien/
Belichtung. Kommunikation einanders in räumlichem Zusammenhang, gleichzeitig und Außen genutzt, sie bilden ein Netzwerk von die-bruecken/ (besucht am
wird das zu klimatisierende Bauvolumen reduziert und mehrgeschossigen Knotenpunkten. Dachterrasse und 20.04.2016)
In dem Projekt Lebensort Vielfalt in Berlin, dem Um- damit Bau- wie Unterhaltskosten gesenkt. Kräutergarten auf dem zentralen Punktgebäude wer-
Innere Straße – Atmosphäre des Alltags bau eines Bestandgebäudes, wird der Mittelflur der den zum Ziel der dreidimensionalen Durchwegung.
1930er-Jahre aufgehoben und durch eine ‚Dorfstraße‘ Balkonstraßen – gemeinschaftliche Pfade Auch die Kalkbreite in Zürich stellt eine Kontinuität
Schon die Benennung einiger der linearen Erschlie- an der Straßenfassade ersetzt. Im denkmalgeschütz- im Privaten zwischen außenliegenden, im Innenhof startenden
ßungszonen – wie Rue Intérieure oder ‚Dorfstraße‘ – ten Kontext führt das zu Verzicht auf Außendämmung, Treppen, Dachterrassen und der Rue Intérieure her –
signalisiert den atmosphärischen Bezug zu Alltags- die Erschließung bleibt aber diskret in das Gebäude Selbst in den privaten Zonen werden halböffentliche der Ring der Durchwegung folgt der auf- und ab-
orten. Als Ort der Bewegung, der Begegnung und integriert. Gleichzeitig wird die in der Kontur bewegte Durchwegungen erprobt: In der Giesserei in Winterthur steigenden Gebäudekontur. Der Übergang zwischen
Kommunikation bieten sie wie die Straße als meist und mit grünem Boden belegte ‚Dorfstraße‘ mit Blick „vernetzen Balkone horizontal und vertikal und erwei- Öffentlichkeit und verändert definierter Privatheit
zweibündige Erschließung wirtschaftliche Lösungen. auf die Stadt und in die angrenzenden Küchen zum tern die Wohnfläche“.26 70 Zentimeter schmale Stege wird im Foyer durch den Deskjockey gesteuert. Im
Begegnungsort der Bewohner. an der Fassade verbinden zueinander versetzte tiefere Außenraum wird die Grenze zwischen Publikumsver-
Innenliegende Straße – vielfältig und Balkone zu einem kontinuierlichen Gemeinschafts- kehr und projektinterner Nutzung nicht immer durch
erinnerbar Laubengang – wirtschaftliche Orientierung balkon. Die Durchwegung ermöglicht den Bewohnern, räumliche Anordnung verständlich: Eine Kordel sperrt
zur Gemeinschaft benachbarte Balkone und Wohnungen zu besuchen, den Aufgang zur Treppe. Das Konzept, Einzelbauten
Der Begriff Rue Intérieure – eingeführt von Le die nicht durch die vertikale Erschließung miteinander durch Brücken zu einem räumlichen urbanen Gefüge
Corbusier für seine ‚Unités d‘Habitation‘ – wurde Das vorgestellte, mehrgeschossige Erschließungssys- verbunden sind. zu verdichten wird in weiteren gemeinschaftsorien-
als Konzept schon früher in genossenschaftlichen tem mit offenen Fluren und Treppen blickt auf eine tierten Wohnprojekten fortgesetzt: In Zwicky Süd, der
Wohnbauprojekten in der Schweiz reaktiviert. Die ca. kontinuierliche Erprobung der Genossenschaft wagnis Dreidimensionale Vernetzung von der Genossenschaft Kraftwerk1 2016 fertigge-
2,50 Meter breite – und damit nicht auf das gesetz- zurück: Auch in den Projekten wagnis 1 bis 3 wurden stellten Siedlung in Dübendorf in Zürichs Norden,
liche Mindestmaß reduzierte – Rue Intérieure der Laubengänge als kommunikationsfördernde, barriere- Das Feiern der Durchwegung hat mit der Fußgänger- spannen sich Brücken zwischen verschiedenen Bau-
Kalkbreite hat die Lebendigkeit einer Stadtstraße: freie wie wirtschaftliche Erschließung für verschiedene rampe des überdimensionalen Wohnungsbaus Eight körpern. Vielfältige Nutzungen – Wohngemeinschaften
Sie weitet und verengt sich, wird von der Seite, aber Wohnungsgrößen ausgeführt und im Alltagsleben House in der neuen Stadtentwicklung Ørestad in untereinander oder Wohnen und Arbeiten – werden
auch von oben über mehrere Geschosse hinweg erprobt. Im Projekt wagnis 4 am Ackermannbogen in Kopenhagen 2010 ein neues Flagship erhalten: Die miteinander verbunden. Die Ausführung wird kosten-
belichtet und führt über Treppen auf und ab durch München begleitet die vor allem in warmen Jahres- durch den Belag wie mit ‚Spitze‘ belegte und durch günstig durch Passerellen, die zuvor als Baustellenein-
das Gebäude. Das Farbkonzept unterstreicht diese zeiten kommunikative Erschließung U-förmig die goldene Durchgänge geführte Alternativerschließung richtung dienten.
räumliche Vielfalt. Im Wiener Haus am Nordbahnhof, Gebäude mit Blick in den gemeinschaftlich genutzten huldigt der Alltagsbegegnung. Das Wohn_ Zimmer im
Wohnen mit scharf! ist die innere Straße in Reaktion Hof und zur Quartiersstraße. An dem Gang sind über- Sonnwendviertel in Wien greift die räumliche Insze- Sicherheit und Öffnung
auf eine Zielgruppenanalyse mit dem Farbton dachte Freisitze angeordnet. Der Generationenpark nierung der Durchwegung auf: Brücken – im Internet-
Magenta überzogen. Das zur Wiedererkennung für in Königsbrunn nutzt das System des Laubengangs auftritt des Projekts als „Symbole von Verbindung Die Vernetzung von Quartier, Gemeinschaft und
interkulturelles Wohnen eingesetzte Merkmal be- additiv – fünf Stränge erschließen und verbinden über und Gemeinschaft“27 bezeichnet – verbinden plaka- Privatheit stellt eine Herausforderung für das Thema
stimmt die halböffentlichen Erschließungsflächen. drei Geschosse wechselseitig positionierte Häuser und tiv die Bauten im dritten und vierten Obergeschoss. der Sicherheit dar. In den meisten Projekten wird
Lufträume mit Lichtöffnungen verbinden mehrere gemeinschaftliche Dachterrassen. Marcella Wolf, die Eine dreidimensionale, schwellenfreie Verbindung sie durch eine Strategie vieler ineinandergreifender

132 133
4.3 RAUM BEGEGNUNG INTERN

bei Spreefeld in Berlin waren Stege im Mezzanin- Preisgerichtssitzungen mit Besetzung aus verschiede-
Geschoss als projektinterne Verbindung zwischen nen Fachdisziplinen, Teilnahme der Bewohner und der
den Einzelbaukörpern geplant, wurden hier aber aus Politik bieten eine Plattform, um komplexe Entschei-
Kostengründen nicht umgesetzt. Inzwischen werden dungen projektbezogen zu diskutieren und unter Ab-
Hängebrücken zwischen den gemeinschaftlichen wägung von Alternativen transparent zu entscheiden.
Dachterrassen als alternative Vernetzung diskutiert. Diese Dynamik haben sich die Kalkbreite in Zürich
und das Nachfolgeprojekt Zollhaus zunutze gemacht:
Erschließungslandschaften Die Wettbewerbsjurysitzungen fanden unter großem
Publikumsinteresse öffentlich statt, die Transparenz
Die Erschließungen als Kern der internen Vernetzung der Entscheidungen wurde damit um eine Stufe
Gemeinschaftliche Balkone, Giesserei, Treppenaufgang zu den Dachterrassen, Kordel als Schnittstelle, Kalkbreite, stellen die Stärkung der Verbindung zwischen Innen erweitert. Das Interesse an den Verfahren zu koopera-
Winterthur Kalkbreite, Zürich Zürich
und Außen, zwischen Privatheit, Gemeinschaft und tiven Wohnformen ist aber auch in Fachkreisen groß:
Öffentlichkeit in den Fokus. In der Regel heißen Für den 2015 abgeschlossenen Wettbewerb zum
großzügige, gut belichtete, teils mehrgeschossige Zollhaus in Zürich, dem Nachfolgeprojekt der Genos-
28 Ebner, Peter/Herrman, Eva/ Maßnahmen beantwortet – sie wird nicht durch Ruhebereichen (wagnis 4, München), Gewächshäu- und anspruchsvoll gestaltete Entrées die Bewohner senschaft Kalkbreite, wurden 102 Architekturbeiträge
Höllbacher, Roman/Kuntscher, Zäune und Kameras gewährleistet, sondern durch sern, aber auch mit Gartenküchen (Kalkbreite, Zürich) willkommen. Sie sind in Bezug auf das Quartier zur eingereicht.
Markus/Wietzorrek, Ulrike:
Typologie & Innovativer Woh- Achtsamkeit. Grenzen werden sichtbar gemacht, oder einer ‚Pantoffelbar‘ (Giesserei, Winterthur) bie- Orientierung und Akzentuierung strategisch platziert.
nungsbau. Basel/Boston/Berlin soziale Kontrolle durch Nutzungsmischung erleichtert, ten zu verschiedenen Jahreszeiten vielfältigen Mehr- Trotz Begrenzung durch Wirtschaftlichkeit sind die Das Festpreis- und Konzeptverfahren zur Vergabe der
2009. S. 252 die Durchwegung gut beleuchtet. Das Angebot von wert. In dem Projekt Wohnen mit alles! in Wien gibt Erschließungsstrukturen räumlich und gestalterisch Grundstücke und der daraus resultierende Wettbe-
öffentlichen Führungen reagiert in der Kalkbreite es im Dachgeschoss – neben Gemeinschaftsräumen hervorgehoben und erinnerbare Orte mit Mehrwert. werb erweitert das Entscheidungsspektrum über
und bei wagnis 4 auf den Erfolg der Projekte und im Erd- und im Untergeschoss – ein breites Angebot Nicht räumliche Opulenz, sondern maßvolle Dimensi- räumliche Aspekte hinaus: Qualitative Kriterien wie
die damit verbundene öffentliche Neugierde. In der für Freizeit und Entspannung: Bibliothek, Gästezim- onierung und räumliche Vielfalt prägen die Konzepte. soziale Mischung, Beiträge zur Nutzungsmischung
Entstehung des Projekts Lebensort Vielfalt wurde mer, gemeinsame Küche mit Dachgarten, Sauna und Brandschutzvorschriften und Nutzungsüberlagerung oder die Kooperationsfähigkeit eines Projekts werden
Sicherheit in Bezug auf die Farbgebung thematisiert: Sonnenterrasse stehen allen Bewohnern zur Verfü- stehen allerdings im Widerspruch zueinander. in die Aufgabenstellung zur Grundstücksvergabe ein-
Leuchtend rosa als Marke für das Schwulenprojekt gung. Die Visionen des Vereins zu einem nachhaltigen bezogen. Nicht nur beim städtebaulichen oder Hoch-
wurde diskutiert, eine farblich dezente Einfügung in Lebensstil im urbanen Raum erhalten besonders an Qualitätssicherung durch Wettbewerbe bauwettbewerb, sondern auch bei dem Konzeptver-
den Kontext wurde umgesetzt. diesem Ort Gestalt. Die Grenzen der Machbarkeit fahren – wie in der Alten Weberei in Tübingen oder
zeigen sich auf der Dachterrasse des benachbarten Um zu hervorragenden Gesamtlösungen zu gelangen, im DomagkPark in München – steigert die Konkurrenz
Projektes Wohnen mit scharf!: Eingehauste Technik- sind konkurrierende Verfahren fester Bestandteil der der Ideen die Qualität der Ergebnisse.
Dachflächen – „Rückzug on the top“28 aufbauten zerschneiden die Terrasse, sie erscheint hier Projektentwicklung. Dies gilt sowohl für die Entwick-
als Nebenprodukt. lung eines städtebaulichen Rahmenplans als auch
Alle untersuchten kooperativen Wohnprojekte – bis für die Entscheidung für ein architektonisches oder
auf das Bestandsgebäude von Lebensort Vielfalt in Dachbegrünung, urbane Landwirtschaft und Energie- ein freiräumliches Konzept. Jedes der untersuchten
Berlin – nehmen ihre Dachflächen in Anspruch. Bebau- gewinnung auf der Dachfläche sind Konzepte der Projekte hat mindestens auf einer, viele haben auf
ungsdichte, Grundstückswert, Gedanken um Stoff- nachhaltigen Stadt. Auf allen Hausdächern der Sied- mehreren Ebenen Wettbewerbsverfahren durch-
kreisläufe, die Attraktivität der Fläche und vielfältige lung Grünmatt in Zürich befinden sich Photovoltaik- laufen. Die Zielformulierung im Vorfeld, der Diskurs
Funktionsansprüche motivieren hierzu. Aktivitäten, die anlagen, der Ertrag lässt sich tagesaktuell über einen über Komplexität und das Abwägen verschiedener
zuvor häufig im Erdgeschoss verortet waren, werden Zähler am Platz ablesen. Konzepte sind unverzichtbare Schritte auf dem Weg
an den Ort größter Begehrlichkeit verlegt: Die Bewoh- zu einer resultierenden Verbindlichkeit.
ner teilen sich häufig die besonnte, nicht einsehbare Netzwerk von Dachflächen
Dachfläche mit weitem Blick, die Freiräume im Erdge-
schoss stehen für alternative Nutzungen offen. Dachflächen ersetzen die Bodenwelt: In dem Projekt
wagnisART in München sind die Dächer zum großen
Gemeinsamkeit und Energie Teil begeh- und benutzbar. Eine Dachebene, auf der
alle fünf Häuser durch Brückenkonstruktionen mitein-
Auch Nachhaltigkeitsgedanken konkretisieren sich ander verbunden sind, wird mit Gemeinschaftsterras-
in Bezug auf Dachflächen: Dächer als Anbauorte für sen und zwei Dachgärten zur Mitte des gemeinschaftli-
saisonales Gemüse werden Teil des Alltags. Das ge- chen Lebens. Der aufwändige Entwurf der Brückenwelt
meinsame Gärtnern im Dachgarten mit Hochbeeten entstand in intensiver Partizipation mit den Nutzern
schafft die Möglichkeit zur Begegnung und ersetzt und war nur mit der durch die gemeinsamen Work-
private Gärten. Dachlandschaften mit begrünten shops entstandenen Verbindlichkeit umsetzbar. Auch
Gemeinsames Gärtnern, wagnis 4, Technikaufbauten Dachterrasse, Brücken und Dachterrasse, wagnisART,
München Wohnen mit scharf!, Wien München

134 135
1 Einführung

2 Wohnprojekte

3 Stadt

4 Raum

5 Programm

6 Organisation

7 Fazit

8 Anhang
5.1 PROGRAMM WOHNEN

5 Programm
Die Mischung von Wohnen, Arbeiten, Kultur und Versorgung, städtische und damit auch funktionale Vielfalt
ist anerkanntes Ziel und Grundlage für Begegnung und Kommunikationsdichte. Diese Nutzungsmischung
Programm Wohnen Gemeinschaft Quartier
wird in den gemeinschaftsorientierten Projekten realisiert. Das folgende Kapitel befasst sich mit der Frage, aus
welchen funktionalen Bausteinen sich die Projekte zusammensetzen: Die Bandbreite des Wohnens, Räume für
die Gemeinschaft – Gemeinschaftsräume, Werkstätten, Gästezimmer – und Quartiersangebote – Gewerbe,

Soz. + kult. Einrichtung


Gastronomie und kulturelle und soziale Einrichtungen – werden untersucht. Die programmatische Vielfalt und

Gemeinsch. Wohnen

Gemeinschaftsraum
Abgeschl. Wohnen
Qualität verändert das Wohnen mit den privaten Rückzugsbereichen, das Leben in der Gemeinschaft und auch

Wohneinheiten
das Verhältnis zu Quartier und Gesellschaft. Im Rahmen der ersten Diskussionen um das Projekt Kalkbreite in

Flexible Räume

Gästewohnen

Gastronomie
Zürich fasste eine Grafik 2006 diese Vision der Nutzungsmischung bildhaft zusammen. Wohnen, Arbeiten und

Werkstatt

Gewerbe
Wellness
Kultur sind in verschiedenen Geometrien vertikal geschichtet und überlagert. Die Grafik begleitete den Entste-
hungsprozess als Leitbild.
Ort

Lebensort Vielfalt
Berlin, D
Charlottenburg

Kalkbreite Zürich, CH
5.1 Wohnen
wagnis 4
München, D
Am Ackermannbogen

Giesserei Veränderungen und Kontinuitäten des Wohnens sellschaft und geben Antworten auf den enormen 1 Kraftwerk1 (Hg.): Strategie
Winterthur, CH
Neuhegi 2014–2024. So wollen wir
spiegeln sich in einer großen Bandbreite in den sozialen Wandel und auf die sich rasch verändernden
handeln. Zürich o. J., S. 7
untersuchten Projekten: Klassische Wohntypen, Wohnbedürfnisse. Besonders auffällig ist dies an dem
en famille
Tübingen, D gemeinschaftsorientierte Wohnformen und flexible neuen Positionspapier abzulesen, in dem die Genos-
Alte Weberei
Raumkonzepte werden nachfolgend betrachtet. senschaftler ihre Visionen für Kraftwerk1 weiterent-
Wohnen mit alles!
wickeln. Kraftwerk1 bekennt sich in der „Strategie
Wien, A 2014–2024. So wollen wir handeln“ eindeutig zur
Nordbahnhof
Soziale Mischung – Durchschnitt der sozialen und lebensweltlichen städtischen Vielfalt
Bevölkerung Zürichs. Bezugspunkt ist nicht mehr ein abgeschirmtes
Generationenpark Königsbrunn, D
Alternativmilieu, sondern der Durchschnitt der Bevöl-
In den meisten der Projekte steht die Diversität der kerung in der Metropolregion: „Die soziale Mischung
Grünmatt zukünftigen Bewohnerschaft als Spiegel der städ- der Bewohner_innen über alle Kraftwerk1-Siedlungen
Zürich, CH
Friesenberg tischen Gesellschaft im Fokus. Für einen Wandel vom hinweg bildet in etwa den Durchschnitt des Metro-
ehemaligen lebensweltlichen Gegenentwurf, dem politanraums Zürich ab (Alter, Geschlecht, Bildung,
Wohn_Zimmer Alternativprojekt, zum Abbild sozialer Wirklichkeit, Herkunft, Bürgerrechtsstatus, Einkommen, Vermögen,
Wien, A
Sonnwendviertel steht exemplarisch die Leuchtturmgenossenschaft spezielle Bedürfnisse, Lebensform).“1
Kraftwerk1 in Zürich. Aus der Züricher Hausbesetzer-
Spreefeld bewegung (‚Züri brännt‘) hervorgegangen, hat sich
Berlin, D
Mitte
diese Genossenschaft in den letzten Jahrzehnten Vielfalt an Typologien
sukzessiv transformiert und sich als verlässlicher und
wagnisART
München, D innovativer Kooperationspartner der Stadt etabliert. Mit dem gesellschaftlichen Anspruch, Wohnraum für
Domagkpark
Gegenüber den Anfangsjahren wandelte sich das alle Schichten der Bevölkerung und für verschiedene
Selbstverständnis grundlegend: Die Kraftwerk1-Pro- Lebensentwürfe zu schaffen, erweitert sich das Spek-
mehr als wohnen
Zürich, CH jekte sind heute keine Gegenmodelle mehr, sondern trum der Wohnungstypen und Wohnungsgrößen.
Hunziker Areal
sie spiegeln die urbane Vielfalt der Züricher Stadtge- Individualwohnungen und gemeinschaftliche Wohn-

138 139
5.1 PROGRAMM WOHNEN

2 Genossenschaft Kalkbreite zu teilen und zu tauschen, das Thema Selbstausbau, Wohnungstausch Mindestbelegung und Zügelfrist 3 Baugenossenschaft mehr als
(Hg.): Zollhaus: Umfrage zur Engagement für Gemeinschaft oder die Nachfrage wohnen (Hg.): Wohnungsspie-
sozialen und baulichen Gestal- gel. Abzurufen unter: www.
tung. Abzurufen unter: nach Wohnformen wurden abgefragt und quantifi- Ist-Analysen bilden auch siedlungsübergreifend die Die Begrenzung der Wohnraumnutzung pro Kopf mehralswohnen.ch/fileadmin/
kalkbreite.net/zollhaus/ ziert. Die Ergebnisse der Auswertung wurden wieder Basis für Planung und Belegung. Die Genossenschaft kann gesteuert werden: Belegungsvorschriften im downloads/Wohnen/
20161013_ Zollhaus_Umfrage_ kommuniziert. Kraftwerk1 beschreibt die Rolle der Analysen in ihrer geförderten Wohnungsbau in der Schweiz und in Wohnungsspiegel_1605.pdf
Ergebnisse_net (besucht am (besucht am 20.02.2017)
22.04.2017) Strategie: „[Die Verwaltung] erstellt regelmäßig Österreich und Deutschland regeln, wie viele Zimmer
Ist-Analysen. Der Vorstand erarbeitet darauf basierend eine Mietpartei maximal belegen darf. In der Regel 4 Kraftwerk1 (Hg.): Strategie
2014–2024. So wollen wir
Erfahrungszuwachs durch Erstvermietung zuhanden der Generalversammlung Vorgaben für die gilt, dass die Anzahl der Personen plus 1 der Anzahl handeln. Zürich o. J., S. 7
Neu- oder Wiedervermietung von Wohnraum und die der Zimmer entspricht. Die Familien-Genossenschaft
5 Vgl. Familienheim-Genossen-
Erkenntnisse aus den Erfahrungen der Erstvermietun- Planung neuer Siedlungen. Vorstand, Geschäftsstelle Zürich (FGZ) hat mit der Einführung der Zügelfrist schaft Zürich (Hg.): In der FGZ
gen führen zu einem Wissenszuwachs für nachfol- und Vermietungskommissionen sorgen aktiv dafür, 1998 ein ergänzendes Steuerungsinstrument ver- leben 5690 Menschen. In. FGZ-
Info 2/2016, S. 9. Abzurufen
gende Projekte und zu einer Weiterentwicklung der dass innerhalb einer Siedlung sowie zwischen den abschiedet, das erlaubt, auf Veränderungen in der
unter: www.fgzzh.ch/resources/
Vermietungspraxis: Kostengünstige Wohnungen – mit Siedlungen bei Kündigungen Rochaden möglich sind, Wohnkonstellationen zu reagieren: Innerhalb von uploads/PDFs_2015/FGZ-
Vision Nutzungsmix aus Wohnen, Arbeiten, Kultur, größerer Zimmeranzahl und nur einem Bad – finden dass der Tausch von Wohnungen möglich ist, und zwei bis acht Jahren nach Auszug der Kinder erhalten Info_2016-2_Web.pdf (besucht
Kalkbreite 2006, Zürich am 20.02.2017)
zum Beispiel in der Giesserei schnell Bewohner. In treffen allfällige weitere Maßnahmen, um möglichst die Genossenschaftler drei Ersatzangebote kleinerer
mehr als wohnen werden die Wohnungen für Familien vielen Bewohner_innen zu einer angemessenen, ihren Wohnungen; die Belegung wird jährlich kontrolliert.
mit älteren Kindern im Erstbezug nicht angenommen: geänderten Bedürfnissen entsprechenden Wohnung Damit ist der Flächenverbrauch der FGZ auf 31,5 Qua-
Die Belegungsvorschriften machen einen baldigen zu verhelfen.“4 dratmeter pro Person gefallen.5
typologien, von neuen Größenordnungen und Aus- Umzug notwendig. Das Angebot der kleineren
baustandards, werden geplant. Wohnungen für die folgende Nachfamilienphase ist
dagegen zu gering – dem Anspruch, innerhalb des
Vor allem im Hunziker-Quartier mehr als wohnen und Quartiers einen Wohnungswechsel zu ermöglichen,
in der Kalkbreite in Zürich wurde eine enorme Vielfalt kann eventuell nicht entsprochen werden. Als Reak-
an Grundrisstypen entwickelt, die den unterschied- tion wurden unter anderem auch Familienwohnungen
lichsten Haushaltsgrößen und Wohnformen sowie als WG-Wohnungen vergeben.
den sich ausdifferenzierenden Lebensgemeinschaften
entsprechen. In der Giesserei in Winterthur erlaubt
ein modulares System, unterschiedlichste Wohnungs- Belegungspraxis
größen von Ein- bis Zehnzimmerwohnungen zu
erstellen – 155 Wohnungen bieten 43 verschiedene Die Durchmischung ist nicht nur beeinflussbar durch
Wohnungstypen. Die Kalkbreite mit 97 Wohnein- gebaute Diversität, sondern auch durch Belegungs-
heiten bietet Wohnungsgrößen zwischen Ein- bis praxis oder Verteilungsschlüssel. Vermietungskriterien Wohnungsspiegel
17-Zimmerwohnungen an, in diesem Spektrum sind steuern die Erst- und Folgebelegung. In dem Mehr-
drei Clusterwohnungen, Großwohngemeinschaften generationenprojekt Giesserei in Winterthur gibt ein

Satelliten-Whg. Typ B
Satelliten-Whg. Typ A
Studio mit Nasszelle

10.5 / 12.5 Zimmer

Total Einheiten pro


9.5 / 13.5 Zimmer
und ein Großhaushalt beinhaltet. Vermietungsreglement die Altersbelegung nach dem

8.5 / 9.5 Zi.-WG


2 + 2.5 Zi.-Whg.

3 + 3.5 Zi.-Whg.
und Kochstelle
Schweizer Durchschnitt vor. Die Übernahme sozialer

12.5 Zi.-WG
4.5 Zi.-Whg.

5.5 Zi.-Whg.

6.5 Zi.-Whg.

7.5 Zi.-Whg.

Wohnatelier
Verantwortung manifestiert sich auch in der Verein-

Haus
Umfrage als Basis

Haus
barung von Kooperationen: In mehr als wohnen sind
20 Prozent der Wohnungen Familien mit Sozialhilfe Dialogweg 6 11 11
Basis für das Programm sind immer wieder Befragun- vorbehalten, sie sind – um sozialräumliche Segrega- Dialogweg 3 2 5 4 13 10 34
gen der Genossenschaftsmitglieder, aber auch eines tion zu vermeiden – auf mehrere Gebäude verteilt. Dialogweg 7 12 22 1 35
erweiterten Kreises an Interessierten. Im September In Wien, der europäischen Stadt des sozialen Woh- Dialogweg 11 4 4 10 16 4 38

2016 wurde von der Genossenschaft Kalkbreite eine nungsbaus, werden Wohnprojekte mit geförderten Hagenholzstrasse 104a/b 10 15 5 30
Hagenholzstrasse 106a/b 5 6 11 6 1 29
„Umfrage zur sozialen und baulichen Gestaltung“ Wohnungen aufgrund der Angebotsverpflichtung zu
Genossenschaftsstrasse 13 16 6 2 3 27
des Zollhauses initiiert. Das Anschreiben begann mit einem Drittel über den kommunalen Wohnservice
Genossenschaftsstrasse 5/7 15 15 30
folgender Erklärung: „Das Fundament des Zollhauses Wien belegt. Wohnquartiere in Wien sind stets durch- Dialogweg 2 6 6 5 1 18
bilden seit Beginn der Planung die Bedürfnisse, Ideen mischt. Eine Kopplung von Förderung und Belegung Genossenschaftstrasse 11 2 8 10 4 24
und Wünsche von unseren Mitgliedern und Inter- findet auch in München statt. Auch dort ist das Ziel, Genossenschaftsstrasse 18 6 6 3 5 20
essierten und wir laden Sie herzlich dazu ein, Ihre die ‚Münchner Mischung‘ zu sichern und in den Hagenholzstrasse 108a/b 18 10 15 2 45

Vorstellungen mit uns zu teilen.“2 Individueller und neuen Quartieren herzustellen. Genossenschaftsstrasse 16 4 5 10 5 5 29

gemeinschaftlicher Flächenbedarf, die Bereitschaft Total 12 44 96 133 41 15 1 6 3 11 5 3 370

3
Wohnungsspiegel mehr als wohnen, Zürich, Stand Mai 2016

Baugenossenschaft mehr als wohnen Hagenholzstrasse 104b 8050 Zürich T +41 44 325 40 40 www.mehralswohnen.ch Stand Mai 2016

140 141
5.1 PROGRAMM WOHNEN

6 Vgl. Heye, Corinna/Borowski, Professionelle Evaluierung Laien und Profis lung von kompaktem, kostengünstigem Wohnraum im Projekt Wohn_ Zimmer in Wien: „Unsere Bau- 7 Interview mit Daniel Glaser
Thomas/Fuchs, Sarah/Craviolini, mit moderatem Ausbaustandard. Abgeschlossene trägerin wünschte kleinere Wohnungen […], dafür
Christoph: Erstvermietung auf 8 Steinberg, Claudia: Wohnen
dem Hunziker Areal: Instru- Im Kontext der erfolgsbestimmenden Festlegung der Die Kommunikation zwischen allen am Projekt betei- private Wohneinheiten, Familienwohnungen oder mehr kollektiven Raum. […] Das Schwimmbad ist die im Schließfach. In: Die Zeit
mente – Prozesse – Erfahrungen. Wohnungsmischung zeigt sich erneut die hohe Lern- ligten Akteuren wird ernst genommen: Dafür werden komprimierte Kleinwohnungen bilden einen wesent- bessere Badewanne, die Bibliothek ist das bessere 50/2012. Abzurufen unter:
Zürich 2015, S. 4 www.zeit.de/2012/50/
bereitschaft aller Projektbeteiligten. Hier besteht ein projektspezifisch Instrumente entwickelt. ‚Use cases‘ lichen Bestandteil dieses Rahmens. Bücherregal und das Kino der bessere Fernseher. Was Mikroapartments-New-York-
hoher Lernbedarf, um das Ziel der Diversität nicht nur waren 2008 Bestandteil der Wettbewerbsunterlagen sich die Leute privat nicht leisten können, geben wir Wohnraum (besucht am
bei der Planung mit der Erstbelegung, sondern auch zur Kalkbreite. Gewonnene Vorstellungen zum Raumminimierung auf kollektiver Ebene zurück.“10 Die von Klaus Kada 20.02.2017)

in späteren Phasen zu erreichen. Monitoring und Eva- Raumprogramm sollten atmosphärisch dicht in eine geplanten Wohnungen in den drei Solitärbauten 9 Interview mit Dieter
Groschopf
luierungen werden beauftragt: Das ETH Wohnforum nächste Phase transportiert werden. Ein von Vertre- Die Frage nach dem Minimum an Wohnraum wird thematisieren in kleinen Wohnungen – eine Drei-
begleitet die Wohnerfahrungen im Quartier mehr als tern der Genossenschaft erstelltes Postkartenset mit im Bereich privater, abgeschlossener Wohneinheiten zimmerwohnung ist zum Beispiel 55 Quadratmeter 10 Züger, Roland: Herzblut ist
kein Argument. Spaziergang
wohnen und wertet sie aus. Die Age-Stiftung war als Fallgeschichten und erzählenden Bildern vermittelt vorangetrieben, Knappheit der Ressource Boden in groß – die Flexibilität: Bewegliche Schrankeinbauten
durchs Wiener Sonnwendviertel.
Kooperationspartner in der Entwicklung eines Moni- die komplexen Vorstellungen der Genossenschafts- prosperierenden Städten und Reduktion des Energie- erlauben verschiedene Grundrisskonfigurationen, In: werk, bauen + wohnen
toring-Tools auf dem Hunziker Areal oder in anderen mitglieder zum zukünftigen Programm. 2014 ent- verbrauchs sind dafür Motoren. Kleinstwohnungen, wohnungsinterne Erschließungsflächen werden 5/2016, S. 35
Wohnprojekten, wie der Giesserei in Winterthur, stand – ebenfalls als Übermittlung des Diskurses an Mikroapartments oder SMART-Wohnungen entstehen minimiert. Hier zeigt sich eine Ambivalenz im Förder- 11 Vgl. Interview mit Klaus
beteiligt. Das Mieterdaten-Monitoring erleichtert den die Planer – die Erzählung der Stubenfliege Max, die auch in Reaktion auf demografische Entwicklungen. modell, da für in den kollektiven Raum ausgelagerte Kada, Bernd Vlay, Daniel
Bammer
Überblick zur Einhaltung der sozialen Durchmischung in ungehinderten Streifflügen das Zollhaus erkundet, Die kritischen Diskussionen um die Angemessenheit Flächen keine Fördergelder angeboten werden. Die
und unterstützt den Erstvermietungsprozess. Das Tag und Nacht in der ‚Hallenwohnung‘ schildert und von neun Quadratmeter großen Kinderzimmern der Reduktion der Wohnfläche wird damit gegenwärtig 12 Vgl. Müller, Pascal: Neue
Wohnmodelle in der Stadt.
Projekt mehr als wohnen wird im Schlussbericht als ‚Molekularbewohner‘ begleitet. Im Layout der allseits Nachkriegszeit sind noch in Erinnerung. Alkoven nicht in der Förderung abgebildet.11 Vortrag, gehalten in der Hoch-
Innovationslabor bezeichnet, das Potenzial, Wissen zu bekannten Reclam-Schullektüren vermittelt die Erzäh- werden in New York, Zürich und Wien wiedereinge- schule Karlsruhe am 27.04.2016
generieren und Erkenntnisse zu multiplizieren, wird lung den Eindruck eines selbstverständlichen, immer führt. Auch in Wien wird die Größe der Einzelräume 13 Plus de logements, plus
ihm zugesprochen.6 Auch in München begleitete die dagewesenen Wohnumfeldes. diskutiert: „Zimmergrößen werden neu verhandelt, Gemeinschaftliches Wohnen grands, plus beaux et autrement:
TU München im Auftrag der Obersten Baubehörde die bisher waren in der Fachdiskussion dreizehn Quadrat- les leçons de Zurich (Dossier).
D’Architectures 229/2014
Planung und Umsetzung des Wohnprojekts wagnisART meter grenzwertig, jetzt wird das Kabinett – ab- Die Suche nach gemeinschaftlich Nutzbarem – sie be-
und evaluierte gemeinsam mit der Genossenschaft Abgeschlossenes Wohnen getrennte Schlafnischen – mit acht Quadratmeter trifft Raum, Dingliches, aber auch Konzepte – verän-
wagnis ökologische Fragestellungen, wie Energie- eingeführt. Die Zielsetzung, individuelle Wohnfläche dert die Definition von privat Notwendigem. Aktives
effizienzziele oder Aspekte der Lebenszyklusbilanz. Um der gewünschten sozialen Mischung einen bau- zu reduzieren, steht allerdings in der Diskussion, da und tabufreies Suchen nach möglicher Austauschware
lichen Rahmen zu bieten, zeichnen sich verschiedene Wohnfläche mit Qualität gleichgesetzt wird.“7 Claudia eröffnet neue Chancen und Möglichkeiten. Die Bereit-
Herangehensweisen ab. Ein Fokus liegt auf der Erstel- Steinberg betitelt 2012 einen ZEIT-Artikel zum Thema schaft zum Teilen schafft Synergien, Verzicht bedeutet
Kleinstwohnungen in New York mit „Wohnen im nicht Askese, sondern generiert Mehrwert.12 Kein
Schließfach“8, die Mindestgröße eines Apartments Baustein ist zu klein oder zu intim, um hinterfragt zu
wird in dem dort beschriebenen Wettbewerb auch werden – die Addition aller Tiefkühlfächer führt in einer
in Reaktion auf steigende Immobilienpreise auf energetisch sinnvollen Koppelung zu einem infor-
20,4 Quadratmeter festgesetzt. mellen Begegnungsort. Die öffentliche Diskussion „In
meiner Badewanne bin ich Kapitän“ in der Caféteria
SMART Wohnen der Kalkbreite am 3. Februar 2016 lotet die Grenzen
in Bezug auf das Teilen des Badezimmers oder der
Auch die Politik verfolgt diese Zielsetzung: Im Wanne aus. Ebenso wird in wagnisART im Gemein-
Gegensatz zum gängigen deutschen Fachsprachge- schaftsbad eine überproportional große Badewanne
brauch wird in diesem Zusammenhang mit SMART aufgestellt. Dies erfordert auch Organisationsstruktu-
Wohnen nicht das ‚intelligente‘ Wohnen durch ren, die ermöglichen, Räume oder Tauschgegenstände
Einsatz von Technologie und Elektronik bezeichnet. temporär und individuell verfügbar zu halten.
Der Begriff dient der Kennzeichnung eines 2012 in
Wien eingeführten Wohnbauprogramms. Ein Drittel Neuartige gemeinschaftsorientierte Wohntypen
der zu erstellenden Wohnungen sollen als Balance werden entwickelt – sie beinhalten Flächen sowohl
zum vorhandenen Markt als SMART-Wohnungen zur privaten Nutzung als auch gemeinschaftlich nutz-
geplant werden – „flexibel, erweiterbar, ergänzt mit bare Flächen. Im Kontrast zu den minimierten privaten
Komplementärangeboten wie zusätzlichem Stau- Wohneinheiten werden diese Typologien immer
raum, Gemeinschaftsräumen für Familienfeiern oder „größer, schöner und andersartig“13. In neuen Grund-
einer Gemeinschaftsküche“.9 Sie sind kompakter rissorganisationen wird der individuelle Wohnraum
0 2,5 5 10 15m
gestaltet als die bisher geförderten Wohnungen. Der zugunsten von wohnungsintern gemeinschaftlich
Architekt Bernd Vlay bemerkt zu den Wohnungen genutztem Raum reduziert. Der Anspruch an Privat-
Schränke als mobile Raumtrennung, Bauteil Kada, Wohn_ Zimmer, Wien

142 143
5.1 PROGRAMM WOHNEN

14 Hofer, Andreas/Weidmann, heit – das Selbstverständnis in Bezug auf die Unver- Arbeiten gefördert. In der Kalkbreite stehen zum Zielgruppenorientierte Fachkompetenz Pflegewohnen 18 Interview mit Achim
Ruedi: Inspiration Grandhotel. letzlichkeit der Wohnung – wandelt sich: Er endet nun Beispiel weniger als 35 Quadratmeter pro Person Wohngemeinschaften Friedrich
In: TEC21 36/2013, S. 16–25
an der Tür zum ‚Satellitenapartment‘. Die kollektiv Wohnfläche zur Verfügung15, die Statistik der Stadt Gerade im Bereich der Altenpflege ist allerdings
15 Vgl. Genossenschaft nutzbaren Flächen sind Bestandteil der an veränderte Zürich spricht dagegen im September 2015 von Diese Grundrisstypologie wird in einigen der Projekte weiterer Zuwachs an Erfahrung notwendig: In der
Kalkbreite (Hg.): Anleitung
Kalkbreite: Betrieb. Abzurufen Bewohnerbedürfnisse angepassten Wohntypen. Das einer mittleren Wohnfläche pro Kopf in der Stadt auch zielgruppenorientiert – vor allem für das Woh- Giesserei in Winterthur war eine Pflegewohngruppe
unter: anleitung.kalkbreite.net/ Wohnen als Familie – ein zeitlich überschaubarer Zürich von 40 Quadratmetern. nen im Alter – eingesetzt. In der Siedlung Grünmatt geplant, konnte aber nicht umgesetzt werden: „In
betrieb (besucht am 12.12.2016) Abschnitt des Wohnlebens – bleibt nach wie vor eine der FGZ wird eine Pflegewohngruppe für acht Bewoh- die Größe des Projektes würde eigentlich eine Pfle-
16 Vgl. Krausse, Joachim: gefragte Wohnform. Aber selbst in diesem Kontext Wohngemeinschaften ner mit Demenz betrieben, in der Giesserei befindet gegruppe hineingehören. Wir haben verschiedenes
Beispiel: Wohngemeinschaften.
wird der Bedarf nach differenzierten Angeboten sich im Erdgeschoß eine Wohngemeinschaft für sechs verschlafen. Wir hätten von Beginn an – schon zur
Werte aus dem Berliner Zimmer.
In: ARCH+ 218/2014, S. 68–69 deutlich: Der Begriff Patchworkfamilie benennt nur Teilen gehört auch zum Alltag der Wohnge- Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung. In Ausschreibung des Wettbewerbs – Experten einbin-
eine dieser Notwendigkeiten. Die neuen Typologien meinschaftsbewohner: Küche und Sanitärräume dem umgebauten Bestandsgebäude des Mehrge- den müssen. Wir haben Zeit verloren, indem wir mit
17 Vgl. CoHousing|Berlin (Hg.):
spree wg 1. Abzurufen unter: für die Wahlfamilien entstehen durch Lernen aus Vor- werden hier gemeinsam genutzt. Das Lernen von nerationenhauses Lebensort Vielfalt in Berlin liegt einem Anbieter eineinhalb Jahre verhandelt haben,
www.cohousing-berlin.de/de/ läufern und der Betrachtung von Referenzobjekten Vorläufern wird mit dem Rückgriff auf die aus der eine Pflegewohngemeinschaft für schwule Männer. er ist dann abgesprungen. Wir haben die kleinsten
projekte/spree-wg-1 (besucht
des gemeinschaftlichen Wohnens. Typologische Nutzung von Altbaubestand bekannte Wohnform Die 250 Quadratmeter große Wohnung ist in zwei Aufzüge eingebaut.“18
am 12.12.2016)
Vergleiche – wie in dem Artikel „Inspiration Grand- der WG deutlich. Bekannt sind Etagenwohnungen Zonen gegliedert: Im Anschluss an den barrierefreien
hotel“14 – beleuchten das Spannungsfeld zwischen in den Gründerzeitvierteln Berlins. Dort entstanden Zugang, der ein Gelenk zur Laubengangerschließung Clusterwohnen
Privatraum und öffentlich zugänglichen, kollektiv ge- durch die Reihung gleichwertiger und großzügiger des Hauses bildet, sind gemeinschaftliche Nutzungen
nutzten Räumen und regen zu neuen Interpretationen Räume variable Wohnungsgrundrisse, die sich auch konzentriert. Eine großzügige Wohnküche mit Balkon Das Clusterwohnen setzt einen Perspektivwandel in
an. Einige charakteristische, in Erprobung befindliche für Wohngemeinschaften oder zur Untervermie- und angrenzendem Wohnzimmer öffnet sich über Raum um: Wohnen wird nicht nur als privater Raum
gemeinschaftsorientierte Wohnungstypen werden tung an Einzelpersonen eigneten.16 Die Typologie Durchblicke vom Flur zum Innenhof, die gemeinsam definiert, das Leben findet in der Gemeinschaft statt.
kurz geschildert. der Wohngemeinschaft wird in den Neubauten genutzten Sanitärräume – zwei Badezimmer und eine Der Wohnungstyp ist relevanter Bestandteil einer
vieler gemeinschaftsorientierter Projekte wieder Toilette – orientieren sich zur Straße. Die Privaträume zunehmenden Anzahl gemeinschaftlicher Wohnpro-
Reduktion der Wohnfläche aufgegriffen. Eine Tendenz zur Vergrößerung der der acht Bewohner liegen, über einen Mittelflur jekte (in unseren Fallstudien ein Drittel der Projekte)
Wohnungen zeichnet sich ab: In Spreefeld in Berlin erschlossen, im ungestörten rückwärtigen Bereich und steht, als eine Wohnform, die an aktuelle Le-
Auch die Diskussion um neue Wohnungstypen ist greift die Großwohnungsgemeinschaft spree wg 1 der Wohnung. Ursprünglich als Demenz-WG geplant, bensentwürfe angepasst ist, stark in der öffentlichen
beeinflusst durch die Reduzierung des Wohnflächen- mit 800 Quadratmetern über zwei Etagen. Sie wird wird sie heute – da noch kein Bedarf bestand – als Wahrnehmung. Reduzierte, kompakte, individuelle
verbrauchs pro Kopf. Die Minimierung des Eigen- bewohnt von 15 Erwachsenen und 7 Kindern, der normale Pflege-WG genutzt. und abgeschlossene Kleinwohnungen zwischen 30
raums und die Maximierung des Gemeinschaftsraums Anteil der Gemeinschaftsfläche beträgt ca. 40 Pro- und 50 Quadratmetern mit Küchen- und Nasszelle für
werden zur Grundregel des kollektiven Wohnens, dies zent. Die Grenzen zwischen Wohngemeinschaft ein und zwei Personen gruppieren sich als autonome
aber unter den Vorzeichen, mit der Summe aus Privat- und Cluster beginnen sich mit dem Einbau von Einheiten um gemeinschaftlich genutzte Flächen.
und Gemeinschaftsraum pro Person unter dem sta- Küchenanschluss und Dusch-WC in den Privatberei-
tistischen Wert des Wohnflächenverbrauchs pro Kopf chen aufzuheben.17
zu bleiben. Individuelle Bedürfnisse werden kompakt
gesichert, das Gemeinschaftliche betont, nachhal-
tiges Leben und die Verknüpfung von Wohnen und

0 2,5 5 10 15m
Suche WG, Kalkbreite, Zürich Gemeinschaftsbereich Pflege-WG, Lebensort Vielfalt, Berlin Grundriss Pflege-WG, Lebensort Vielfalt, Berlin

144 145
5.1 PROGRAMM WOHNEN

Diese privaten Räume sind größer und mit Bad und meinschaftsraum ist gezielt zu nehmen. Dieser Raum der Wohneinheiten öffnen sich direkt zu kollekti- 19 Vgl. Kaestle, Anne: Wer
Küche autarker als ein WG-Zimmer. Die Bewohner mit einer gut ausgestatteten Küche ist durch eine ven Räumen mit unterschiedlichen Zuschnitten und teilt, hat mehr. In: Bahner, Olaf/
Böttger, Matthias (Hg.): Neue
teilen sich Aufenthalts-, Koch- und Essbereiche. Je zweigeschossige Zone und einen Balkon auch räum- Orientierungen und zu einem gemeinsamen Balkon. Standards. Zehn Thesen zum
nach Selbstverständnis der Bewohner kann dieser lich hervorgehoben. Im zweiten Geschoss anliegende Größere Clusterwohnungen bei wagnisART greifen Wohnen. Berlin 2016, S. 129
Gemeinschaftsbereich als privates Wohnzimmer oder multifunktionale Räume öffnen sich mit einem großen über zwei Geschosse und werden über Lufträume
als geöffneter Begegnungsraum verstanden werden. Fenster zum Gemeinschaftsraum – Kinder, die dort und interne Treppen verbunden. Die Typologie des
Jenseits von Familienstrukturen ist die Clusterwoh- malen, sind Teil des Gemeinschaftslebens. Clusterwohnens ist – wie das Projekt Heizenholz der
nung Basis für alters-, geschlechts- und interessens- Genossenschaft Kraftwerk1 zeigt; dieses Projekt ist
gemischte Wahlgemeinschaften. Sie ist auch für ein Bei den Clustern im Projekt wagnisART oder mehr ein Umbau eines ehemaligen Kinderheims zu einem
Leben bis ins hohe Alter geeignet, erlaubt Selbststän- als wohnen auf dem Hunziker Areal wird das Bild gemeinschaftsorientierten Wohnprojekt – aufgrund
digkeit und Kontakt mit anderen. städtischer Strukturprinzipien von Haus, Straße und der Größe der Einheiten sowie der Schichtung von
Platz kopiert. Aus dem räumlichen Netz zur Förderung Nebennutz- und Verkehrsflächen für tiefe Grundrisse
Raumkonzepte Cluster sozialer Beziehungen soll die Voraussetzung für eine geeignet und kann damit in Zukunft auch im Rahmen
intakte Quartiersstruktur entstehen:19 Die Häuser von Gebäudeumnutzungen einen Beitrag leisten.
Die gebauten Beispiele experimentieren mit unter-
schiedlichen räumlichen Konzepten: Die privaten
Einheiten des Clusters der Kalkbreite sind an einer Rue
Intérieure aufgereiht und damit eingebunden in die
übergeordnete Erschließung, der Weg in den Ge-

Doppelgeschossiger Gemeinschaftsraum – Blickbezüge,


Kalkbreite, Zürich

0 2,5 5 10 15m 0 2,5 5 10 15m


Grundriss Clusterwohnen an der Rue Intérieure, Kalkbreite, Zürich Grundriss Clusterwohnen als Stadt, Haus A,
Duplex Architekten, mehr als wohnen, Zürich

146 147
5.1 PROGRAMM WOHNEN

20 Vgl. zum Beispiel: Grossen- Mut zum Experiment wagnisART-Projekt oder in mehr als wohnen deutlich Der gemeinsame Essraum mit Küche von ca. 135 Qua- finden, Interessenten müssen entscheiden, ob die 24 Bracher, Katharina: Wohnen
bacher, Jürg: „Clusterwohnun- höher ist. Sind deshalb neue Vermarktungskonzepte dratmetern öffnet sich mit vorgelagertem Freibereich ungewöhnlichen Grundrisse die gewünschte Alter- wie die Hausbesetzer. In: NZZ
gen“ – Herausforderungen und am Sonntag. Erschienen am:
Perspektiven. Masterarbeit Die kritische Reflexion zu dieser in Erprobung befind- erforderlich und muss frühzeitiger die Wohngruppen- zum Innenhof. Die Erfahrungen der Züricher Genos- native für sie darstellen.25 In den Clusterwohnungen 06.07.2014. Abzurufen unter:
Universität Zürich, 2015; Muri, lichen Clustertypologie hat eingesetzt, da Bewohner bildung erfolgen? Trotz dieser noch offenen Fragen senschaften Karthago und Kraftwerk1 mit dieser des Duplex-Baus mehr als wohnen begann eineinhalb www.nzz.ch/nzzas/nzz-am-
Gabriella: Im „Modus der Kol- von Vorgängerprojekten wie Heizenholz in Zürich hat das Clusterwohnen vor allem in der Schweiz, aber Organisationsstruktur werden weiterentwickelt. Jahre vor Bezug die Suche nach Mitbewohnern, in sonntag/wohnen-wie-die-haus-
lektivität“. Gemeinschaftsräume besetzer-1.18337731 (besucht
in der Cluster-Wohnung als schon über Wohnerfahrungen berichten können. auch in München den freien Wohnungsmarkt er- Spreefeld in Berlin und bei der Giesserei in Winterthur am 11.08.2016)
Third Place. Master-Seminarar- Publikationen befassen sich mit ersten Evaluierungen20, reicht 22 – auch private Bauträger nehmen die Wohn- Hallenwohnen blieben die Flächen für experimentelle Gemeinschafts-
beit, Universität Zürich, Zürich 25 Vgl. Heye, Corinna/Borowski,
in einer Veranstaltung auf dem Hunziker Areal in form in ihr Angebot auf. wohnformen über einen längeren Zeitraum reserviert. Thomas/Fuchs, Sarah/Craviolini,
2016
Zürich im Januar 2015 wurde die Wohnform öffentlich Mit dieser Typologie wird in dem gerade bezogenen Der gerade in prosperierenden Städten existierende Christoph: Erstvermietung auf
21 Plattform Genossenschaf- diskutiert. Die Einladung der Plattform Genossen- Großhaushalt Projekt Zwicky Süd und in dem in Planung befindli- Druck auf den Wohnungsmarkt und wirtschaftliche dem Hunziker Areal: Instru-
ten (Hg.): Im Cluster wohnen. mente – Prozesse – Erfahrungen.
Abzurufen unter: plattform- schaften stellte die Frage: Im Cluster wohnen – eine chen Zollhaus in Zürich das Spektrum gemeinschafts- Notwendigkeiten machen dieses Bedürfnis nach Zeit Zürich 2015
genossenschaften.ch/archiv/20- neue Wohnform für wen? „Kann sie die Hoffnungen Gemeinsames Kochen und Essen kann als Schlüssel- orientierter Wohnformen zusätzlich erweitert; die zur Herausforderung.
01-2015-im-cluster-wohnen an neue Formen des gemeinschaftlichen Wohnens erlebnis der Gemeinsamkeit erlebt werden – es führt Genossenschaften beschreiten hier wohnkulturelles
(besucht am 12.12.2016)
erfüllen oder ist sie Life-Style-Luxus-WG für trendige einerseits zu einer pragmatischen Erleichterung des Neuland. Die Aufteilung der Wohnung in Funktions- Auch die Bemessungsgröße der Wohneinheit gerät
22 Kuhn, Gerd: Von der Fami-
Urbanisten?“21 Die Wohneinheit mit eigenem Bad Alltags in Berufs- und Beziehungsvielfalt, anderer- bereiche wird aufgehoben: Große Rohbauhüllen mit durch die neuen Wohntypen an ihre Grenze: Cluster-
lienwohnung zum Clusterwoh-
nen. Wohngrundrisse im Spiegel und Teeküche kostet mehr als das Zimmer in der seits ist es Plattform für intensiveren Austausch: „Der veränderten Raumqualitäten werden angeboten. wohnungen, Großwohnungen oder Wohngemein-
des gesellschaftlichen Wandels. Wohngemeinschaft – wer kann sich das leisten? Großhaushalt lebt eine Kultur der Offenheit; Gäste Durch den gemeinsamen Ausbau – der Rohbau mit schaften sind nicht mehr mit der statistischen Größe
In: Kleefisch-Jobst, Ursula/
Wer sieht die Folgen der Wohnform – die Reduktion und Freunde […] sind herzlich willkommen.“23 Eine Sanitär- und Elektroanschlüssen ist die Ausgangs- einer Durchschnittswohnung gleichzusetzen – die
Köddermann, Peter/ Jung, Karen
(Hg.): Alle wollen wohnen. Ge- des persönlichen Hausrats und das Abstimmen der große Anzahl von Wohnungen, die nicht im direkten situation – entstehen neue Wohnformen als Rahmen Anzahl der Bewohner wird zur sinnvollen Maßeinheit.
recht – sozial – bezahlbar. Berlin Einrichtung eines Gemeinschaftsraums – als berei- räumlichen Kontext stehen, schließt sich organisato- einer veränderten Lebensweise, die Reduzierung des
2017, S. 46–49.
chernde Herausforderung? Kann die angezielte soziale risch zusammen, unterhält eine Großküche und teilt Ausbaustandards beeinflusst die Kosten. Jonathan Tragstruktur und Flexibilität
23 Genossenschaft Kalkbreite Durchmischung eingeführt und gehalten werden? sich einen Ess- und Wohnraum. In der Kalkbreite sind Kischkel, Vorstandsmitglied der Genossenschaft Kalk-
(Hg.): Anleitung Kalkbreite:
Es zeigte sich, dass der Vermietungsaufwand für die 50 Wohnungen, darunter auch eine Clusterwohnung breite und selbst Architekt, erläuterte in einer öffentli- Die Offenheit in Bezug auf zukünftig sich verändernde
Wohnformen. Abzurufen unter:
anleitung.kalkbreite.net/woh- Genossenschaften bei den Clusterwohnungen im ohne eigene Küche, zu einem Großhaushalt vereint. chen Podiumsdiskussion dieses Wohnexperiment: „Bis Anforderungen an die Wohntypen ist zentrales Thema
nen/wohnformen (besucht am zu 27 Personen hausen in einem 600 Quadratmeter der gemeinschaftsorientierten und quartiersoffenen
12.12.2016)
grossen Raum mit überdurchschnittlicher Decken- Projekte. Frühzeitig zu treffende konzeptionelle
höhe. Zur Grundausstattung dieser riesigen Einzim- Grundentscheidungen zur Tragstruktur sind damit ver-
merwohnung gehören lediglich Gemeinschaftsküche bunden: Der modulare Holzbau der Giesserei ist der
und sanitäre Anlagen. Alles andere ist der Kreativität Suche nach flexibler Wohnraumaufteilung geschuldet.
und dem handwerklichen Geschick der Bewohner Die zentrale Erschließungshalle des Projekts Wohnen
überlassen. Das Hallenwohnen soll das Einfamilien- mit alles! in Wien als tragender Kern ermöglicht die
haus konkurrenzieren, das offenbar vielen Diskus- hohe Flexibilität der angelagerten Wohnungsgrund-
sionsteilnehmern ein Greuel ist: Es verschwende Platz risse. Die stützenfreie Konstruktion der Kalkbreite
und Ressourcen und der Rückzug ins Private sei einer erlaubt die Reaktion auf heute nicht Absehbares auch
Gesellschaft, die auf Toleranz und Verständigung über eine breite Zusammensetzung an Typologien
gründen solle, abträglich.“24 hinaus.

Verein als Mieter


Variable Räume
Die Vermietungsprozesse bei gemeinschaftlichen
Wohnformen entsprechen nicht den herkömmlichen Individualwohnungen werden vor allem in den schwei-
Praktiken. Andere rechtliche Konstrukte, die auf zerischen Projekten durch ein Angebot von wohnungs-
veränderte Rahmenbedingungen dieser Wohnformen nah gelegenen, variabel nutzbaren Räumen ergänzt.
reagieren, werden eingesetzt. Die WG-Initianten, Sie bieten Raum für sich verändernde Bedürfnisse im
Clusterbewohner und Mitglieder eines Großhaushalts privaten oder gemeinschaftlichen Bereich, aber auch
gründen einen Verein, um Mieterwechsel flexibel die Möglichkeit zur kleinteiligen Verbindung von
gestalten zu können. Dieser wird zur rechtlichen An- Wohnen und Arbeiten. Sie können von Hausbewoh-
sprechperson für den Vermieter, mietet die Wohnung, nern und unter bestimmten Voraussetzungen auch von
sucht Mitwohnende und gestaltet den Mietvertrag. Externen angemietet werden. Bildhafte Bezeichnungen
Die Vermietung von Cluster und Wohngemeinschaf- wie Joker- oder Locandazimmer, Separat- und Flexraum
ten braucht Zeit: Passende Mitbewohner müssen sich machen Experimentierfreude in diesem Bereich deutlich.
Terrasse der Großwohnung, Kalkbreite, Zürich

148 149
5.1 PROGRAMM WOHNEN

26 Jäger, Frank Peter: In der Siedlung Grünmatt in Zürich existieren 18 nutzbarkeit an: Eine großzügige Verglasung zum Flur Temporäre Vergabe 28 Vgl. Genossenschaft Kalk-
Qualifiziert ersetzen. In: TEC21 „Individualzimmer, die von Nutzern der benachbarten erlaubt indirekt die natürliche Belichtung der internen breite (Hg.): Anleitung Kalk-
41/2015, S. 21 breite: Wohnformen. Abzurufen
Einheiten bei Bedarf zugemietet werden können – Erschließung, demonstriert Öffnung und Vernetzung. Erst eine zeitliche Begrenzung der Mietverhältnisse unter: anleitung.kalkbreite.net/
27 Vgl. Hugentobler, Margrit: zum Beispiel für Gäste oder bei veränderten Familien- Auch Größe und Ausstattung sind Kriterien, die flexi- schafft verfügbare Räume, die flexibel angemietet wer- wohnen/wohnformen (besucht
Zürich: Verdichtung nach
innen – Ersatzneubau und situationen“.26 Die Bedürfnisse von Selbstständigkeit ble Nutzung beeinflussen: Die neun Jokerräume der den können. In der Kalkbreite werden die Wohnjoker am 12.12.2016)

Weiterbau. In: ISG-Magazin suchenden Jugendlichen können hier räumlich erfüllt Kalkbreite in Zürich sind mit einer Größe zwischen von der Vermietungskommission befristet – je nach Si- 29 Weber-Aich, Stefan: Aus-
3/2014, S. 22–26 oder ältere Familienangehörige temporär betreut wer- 27 und 29 Quadratmetern relativ groß und erlauben tuation zwischen sechs Monaten und einigen Jahren – zeichnung guter Bauten der
Stadt Zürich: Vier von sechs
den. Die Belegungsvorschrift von nur einem Zimmer verschiedene Nutzungsmöglichkeiten, die eigene vergeben; falls hausintern kein Bedarf besteht, können Wohnbauten von Genossen-
mehr als Personen pro Haushalt ist allerdings bei der Nasszelle macht sie autark nutzbar. In der Giesserei in sie auch an Dritte vermietet werden.28 Optionsräume schaften. Abzurufen unter:
temporären Anmietung dieser Zimmer zum Zwecke Winterthur existieren zwei unterschiedliche Raumgrö- sollen im Spreefeld, um eine Nutzungsvariabilität zu www.wbg-zh.ch/auszeichnung-
guter-bauten-der-stadt-zurich-
der Wohnungserweiterung nicht außer Kraft gesetzt. ßen von 26 und 36 Quadratmetern. erreichen, nicht dauerhaft vermietet werden. vier-von-sechs-wohnbauten-
von-genossenschaften (besucht
Lage und Ausstattung Puffer bei Nutzungsverschiebung Flexibilität im Quartier am 12.12.2016)

Eine neutral zugängliche Erschließung ist Voraus- Die Jokerzimmer in der Giesserei in Winterthur bilden Das Angebot von anpassungsfähigen Räumen wird
setzung für die flexible Nutzung der Räume: Die aber auch einen kalkulatorischen Puffer in Bezug auf inzwischen auch über das Einzelprojekt hinaus ge-
Locandazimmer in dem Projekt mehr als wohnen sind Nutzungsverschiebungen. Rechtlich bindende kom- macht. Mit der „Charta Quartiersvernetzung“ ist im
unabhängig von den Wohnungen über das Trep- munale Vorgaben, die in der Schweiz an die Vergabe DomagkPark in München seit 2012 eine erweiterte
penhaus erreichbar.27 Auch die Jokerzimmer in der von Baurecht gekoppelt sind, definieren einen Ge- quartiersübergreifende Plattform entstanden. Eine der
Giesserei in Winterthur werden durch das Treppen- werbeanteil von 7,1 Prozent. Bei unvorhergesehenem vielen Zielsetzungen besteht in der Optimierung der
haus erschlossen. Sie sind gleichzeitig über einen Wegfall von Gewerbenutzungen bilden die Joker- von einzelnen Projektträgern geplanten Räumlichkei-
Zugang zum Balkon mit allen Wohnungen verbunden. zimmer eine räumliche Reserve. Im Spreefeld sollen ten der kleinteiligen Infrastruktur. Dazu zählen auch
Die Positionierung ermöglicht somit auch die woh- die Optionsräume, die sich im Erdgeschoss befinden Coworking Spaces.
nungsunabhängige und externe Nutzung der Joker- und nur roh ausgebaut sind, unterschiedliche ge-
zimmer: Die Jokerräume in der Kalkbreite in Zürich meinschaftliche oder nachbarschaftliche Nutzungen Flexibilität im Rahmen der neuen
liegen jeweils den Treppenhäusern und Aufzügen ermöglichen. Grundrisstypologien
gegenüber. Transparenz zeigt ihre öffentliche Be-
Auch die gemeinschaftlichen Wohntypen erhalten
durch Joker- oder Flexräume eine erweiterte Stufe
der Nutzungsvariabilität: Die Jokerräume können
in der Kalkbreite von den Clusterwohnungen an-
gemietet werden; weitere als Box bezeichnete
Räume an der Rue Intérieure der Kalkbreite bieten
Nutzungsflexibilität.

Aktuelle Auszeichnungen der Projekte beziehen sich


auf deren innovatives Wohnungsspektrum. Die drei
untersuchten Züricher Projekte erhielten 2016 die
‚Auszeichnung für gute Bauten‘ der Stadt Zürich;
die Begründung lautet: „Die von Wohnbaugenos-
senschaften realisierten Projekte berücksichtigen die
Demografie und geben den neuen Bedürfnissen und
den neuen Wohnformen Raum. Sowohl hinsichtlich
Wohnen im Alter und in neuen Familienmodellen als
auch in Bezug auf gemeinschaftliches Wohnen.“29

0 2,5 5 10 15m 0 2,5 5 10 15m


Tragstruktur und Flexibilität, Wohnen mit alles!, Wien Jokerzimmer in Wohnungsvielfalt, Giesserei, Winterthur

150 151
5.2 PROGRAMM GEMEINSCHAFT

5.2 Gemeinschaft

 riefkastenmöbel mit Paketfächern, Kalkbreite,


B I ndividualisierte Briefkastencollage, wagnisART, Signalgelb – die Post kommt, Spreefeld, Berlin Briefkästen im Foyer, Wohn_ Zimmer, Wien
Zürich München

30 Wolf, Sabine: Ein neues Raum miteinander zu teilen heißt, Gemeinsames in ungeplanten Begegnungen, zu Gesprächen, Kontak- durch den Deskjockey erinnert an die Rezeption eines Synergien durch Austauschen 31 Hofmann, Rainer: Wagnisse –
Stück Stadt – der Wohn- und den Vordergrund zu stellen. Die Öffnung des Woh- ten und auch sozialer Kontrolle. In den meisten der Grandhotels. Dem möglichen Wandel des Anlasses Programm und Prozess. Vortrag
Gewerbekomplex Kalkbreite. In: gehalten in der Hochschule
detail 9/2015, S. 878 nens zur Gemeinschaft und zum Quartier manifestiert Projekte sind Erschließungsbereiche innen wie außen der Begegnung – Rückgang der Postzustellung und Einer dieser informellen Begegnungsorte steht in Karlsruhe am 13.04.2016
sich, über die Suche nach neuen Grundrisstypologien durch Impulse dieser Art aufgewertet. zunehmendem Onlinehandel – wird mit dieser Kons- Zusammenhang mit einem erweiterten Verständnis
32 Interview mit Alfons
und Flexibilität hinaus, auch in einem vielfältigen tellation ebenfalls Rechnung getragen. Bei wagnisART von Nutzung und Besitztum. In der Tauschbörse der Sonderegger
Raum- und Funktionsangebot. „Uneingeschränkte sind von den Bewohnern individuell gestaltete Brief- Kalkbreite wechseln technische Gegenstände, Werk-
33 Ebenda
Privatsphäre und offene Gemeinschaftsräume“30 Briefkästen – Geist der Projekte kästen in den Eingangsbereichen der fünf Häuser zu zeuge, aber auch Fähigkeiten und Ideen temporär
34 Ebenda
bilden die Pole, zwischen denen das Leben stattfin- einer bunten Collage gruppiert, eine Sitzbank erlaubt, ihre Benutzer. In der zweigeschossigen Lobby ist eine
det. Funktionen und die dazugehörigen Räume, die Die Positionierung und Gestaltung der Briefkästen die Begegnung auszudehnen. Zur Gestaltung dieser Magnetwand platziert, die nach Farbfamilien systema-
gemeinschaftlich genutzt werden und darüber hinaus nimmt für viele der Projekte eine programmatische ‚Visitenkarte‘ formuliert der Architekt: „Die Präsenz tisierte Tauschangebote benennt. Nach anfänglicher
auch quartiersvernetzend wirken, werden nachfol- Rolle ein, sie definieren die Schnittstelle zwischen des Privaten im Öffentlichen schafft Sicherheit.“31 Überlegung, das Share-Konzept über ein Internet-
gend beleuchtet. Exemplarisch werden Gemein- Außen- und Innenwelt. In dem Projekt Spreefeld in portal zu offerieren, wurde verworfen. Damit wurde
schaftsräume, Werkstätten, Räume für Wellness und Berlin wird diese Schnittstelle auf plakative Art mit es zu einem Neugierde provozierenden Eyecatcher in
zur Gästebeherbergung und ihre räumlichen Charak- postgelben Eingangstüren vor ebensolchen Briefkäs- Kompostanlage – „natürliche Anlässe“32 der Halle.
teristika, aber auch die Orte informeller Begegnung ten gekennzeichnet. Im Wohn_ Zimmer im Sonn-
genauer betrachtet. wendviertel sind alle Briefkästen für 450 Wohnungen Auch banale und eher lästige Wege im Alltag
in einem gemeinsamen Foyer platziert; metallisch bieten Anlass, das Miteinander zu gestalten. In den Programm und Durchwegung
glänzend sind sie Teil einer kühlen, mehrgeschossi- FGZ-Siedlungen auf dem Friesenberg in Zürich wird
Informelle Begegnungsorte gen Betonhalle. Die Briefkästen der Baugemeinschaft das Entsorgen der Bioabfälle genutzt, um ein quar- Neben diesen informellen Begegnungsorten wird die
en famille sind rötlich, variieren aber im Farbton. Im tiersüberspannendes Netz an informellen Begeg- Durchwegung auch mit der Positionierung von Räu-
Zufällige Begegnungen auf den Wegen der Bewohner Entrée der Kalkbreite in Zürich kreiert ein Briefkasten- nungsorten und Ereignisflächen aufzuspannen. Die men mit Programm strategisch belebt. Am Wegenetz
werden durch die Bündelung alltäglicher Funktio- möbel mit offenen Paketfächern – eine ansprechende dazu gehörigen zwei Kompostanlagen in Grünmatt werden Funktionen für die Gemeinschaft positioniert:
nen ausgelöst: Notwendigkeiten wie der Gang zum Schreinerarbeit, die Wohnlichkeit ausstrahlt – ein sich sind Beitrag zu einem nachhaltigen Lebensentwurf in In der Giesserei in Winterthur liegen an der Durch-
Briefkasten, das Entsorgen des Mülls oder das Parken täglich veränderndes Bild. Auch die mögliche per- der Stadt und erste Vorboten des Nachdenkens über querung der Blockstruktur drei kleine Werkstätten
von Fahrrädern und Carsharing-Autos führen zu sönliche Ansprache und Inobhutnahme von Paketen urbane Landwirtschaft. „Wir sind die größte Gemein- und zwei Waschbars. Sie beleben und belichten die
schaftskompostanlage in der Schweiz mit dreizehn aufgeweiteten und teils überhöhten Gebäudedurch-
Anlagen im ganzen Areal.“33 Alfons Sonderegger, stiche. Die Optionsräume im Projekt Spreefeld in
Präsident der FGZ, schildert Struktur und Auswirkung Berlin orientieren sich nach außen zum Spreeuferweg
der Kompostanlagen: „Wir haben etwa 150 Leute im und zum Wilhelmine-Gemberg-Weg. Öffentlich zu-
Einsatz, eine 20-%-Stelle schaut, dass immer neue gänglich positioniert und anmietbar von Bewohnern
Leute rekrutiert werden und dass sie den Kompost oder Externen, bilden sie die Schnittstelle zwischen
richtig kehren. Da trifft man sich, da ist der Briefträ- Gemeinschaft und Öffentlichkeit.
ger mit dem Akademiker oder der COOP-Lageristin
zusammen. Die haben Geld zur Verfügung, damit sie
pro Gruppe einen Ausflug machen können und immer
im Januar gibt es ein Kompostessen.“34

Einsehbarer Fahrradraum am Durchgang, Kompostanlage, Grünmatt, Zürich L age am Innenhof, Kalkbreite, Zürich
Wohnprojekt Wien, Wien

152 153
5.2 PROGRAMM GEMEINSCHAFT

Verglasung zwischen Küche und Spielraum, Bibliothek mit Wohnzimmeratmo- Temporäre Wandverkleidung, Blickbeziehung zwischen Bibliothek und Waschsalon, Orangerie und überdachter Spielraum, Kalkbreite, Zürich
Wohnen mit alles!, Wien sphäre, Kalkbreite, Zürich Malwerkstatt Kalkbreite, Zürich Kalkbreite, Zürich

35 Interview mit Andreas Galli, Gemeinschaftsraum Platzhof und gemeinschaftlichem Garten positioniert. werden durch externe Mieteinnahmen beglichen.37 eine großzügige Verglasung miteinander verbunden. 37 Vgl. Zimmerli, Joëlle/Mueller
Claudio Schiess Sie bilden hier auch eine Form von sozialer Kontrolle Ein weiterer, 51 Quadratmeter großer Gemeinschafts- Eine Deckenöffnung zwischen Kinderspielbereich und Schmid, Nadja: Giesserei, das
Mehr-Generationen-Haus.
36 Hofer, Andreas: mehr als Neben den zufälligen Begegnungen an halböffent- zwischen dem öffentlichen und dem gemeinschaftlich raum im Erdgeschoß ist Treffpunkt für Bewohner und Küche zum vermietbaren Veranstaltungsbereich im Begleitstudie 2014–2016. Zürich
wohnen – Ein ABC. In: Hugen- lichen Orten sind Gemeinschaftsräume, die alle Pro- nutzbaren Hof. Arbeitsraum. Die Pantoffelbar mit 60 Quadratmetern Untergeschoss erlaubt darüber hinaus auch Blicke von 2016, S. 11
tobler, Margrit/Hofer, Andreas/
Simmendinger, Pia (Hg.): mehr jekte in unterschiedlicher Lage, Größe und Ausstat- und Dachterrasse steht Bewohnern und Gewerbetrei- Besuchern in den Alltag der Bewohner. Die Schnitt- 38 Vgl. ebenda, S. 14
als wohnen. Genossenschaftlich tung anbieten, zentrale Orte der sozialen Begegnung. Vielfalt an Räumen benden der Giesserei als interner Ort der Entspan- stelle zwischen Innen- und Außenwelt, zwischen
39 Vgl. ebenda, S. 66
planen – Ein Modellfall aus Gemeinschaftsräume mit Küche, Bar oder Jugend-, nung und Begegnung offen. In einer Befragung der Projekt und Stadt, wird damit Teil der Architektur.
Zürich. Basel 2016, S. 164 40 Genossenschaft Kalkbreite
Mädchen- und Kinderspielräumen bieten die Möglich- Im Projekt mehr als wohnen besetzen verschiedene Age-Stiftung zur Nutzungsintensität der Gemein-
(Hg.): Anleitung Kalkbreite:
keit, andere Bewohner spontan zu treffen; sie können Allmendräume unterschiedlicher Größe und Zu- schaftsangebote werden der Veranstaltungssaal, der Anspruch an Gestaltung Allgemeine Räume. Abzurufen
aber auch für organisierte Veranstaltungen genutzt schnitts frequentierte und charakteristische Positionen Gemeinschaftsraum und die Pantoffelbar weit vor den unter: anleitung.kalkbreite.
net/gemeinsam-nutzen/allge-
und vermietet werden. Im Spannungsfeld zwischen des hierarchischen Netzwerks im Erdgeschoss des als eher nicht wichtig benannten verschiedenen Werk- Die Anforderung an die Stimmung der Gemein-
meine-raeume (besucht am
sozialer Begegnung und Zweckzuweisung, zwischen Quartiers. Am zentralen Hunzikerplatz liegen zum stätten und Waschbars eingeordnet.38 schaftsräume als Gehäuse für anspruchsvolles soziales 12.12.2016)
ausschließlich gemeinschaftlicher Nutzung und Öff- Beispiel ein großer Seminarraum (81 qm), ein Raum Miteinander und als ansprechende Hülle für die
41 Hofer, Andreas/Weidmann,
nung für Externe werden die Gemeinschaftsräume mit Küche (49 qm) und eine 38 Quadratmeter große Synergien durch Nähe und Blickbezüge Öffnung nach außen ist laut Befragungen im Rahmen Ruedi: Inspiration Grandhotel.
projektbezogen unterschiedlich definiert. Galerie mit überhohem Raum. Der Begriff ‚Allmend‘ der Age-Studie39 hoch. Qualitätsvolle Ausstattung In: TEC21 36/2013, S. 22
bezeichnet eine Rechtsform gemeinschaftlichen Kollektiv zu nutzende Räume werden häufig gruppiert. und dauernde Qualitätskontrolle spielen eine wesent-
Lage im Quartier Eigentums. „Bei ‚mehr als wohnen‘ löst es den Begriff Diese ‚Raumwolken‘ erweitern die Begegnungsmög- liche Rolle. Die „Anleitung Kalkbreite“ formuliert die
‚Gemeinschaftsraum‘ ab, der einerseits zu eng und lichkeiten, schaffen Nutzungsflexibilität und Synergien. Anforderung an die Ausstattung der Caféteria, Stube
Die Lage der Gemeinschaftsräume signalisiert die andererseits zu unkonkret ist. Gemeinschaft ist eine Die Kalkbreite in Zürich – mit 88 Wohnungen und der Kalkbreite, wie folgt: „Die Grundmöblierung wird
Rolle der Räume für die Gemeinschaft und die Tätigkeit. Sie kann bei einem Fest, bei der Gartenar- einem Gewerbeanteil von 40 Prozent ein großes Pro- von der Genossenschaft gestellt, weitere gute Stücke
Quartiersvernetzung. Der Architekt der Giesserei in beit, bei Diskussionen oder in der Sauna erlebt wer- jekt – verfügt nicht über einen großen Gemeinschafts- dürfen sich mit der Zeit dazu gesellen.“40 Abgelegte
Winterthur, Andreas Galli, erläutert die Entwurfsge- den. Sie ist das ‚Wir‘ ( Ich – wir – alle) auf der Skala raum, sondern über eine Raumfolge gemeinschaftlich Möbel oder Übermöblierung werden damit ausge-
danken zur Positionierung: „Durch Platzierung von von privat bis öffentlich.“36 genutzter Räume. Über die 85,1 Quadratmeter große schlossen. Die notwendige Fürsorge für das Moderie-
Funktionen werden Zonierungen geschaffen. An der zentrale Halle am Hof wird ein Aufenthaltsbereich ren des Nutzungswandels undefinierter Räume wird
Ecke zum Park ist das Restaurant zusammen mit dem Auch die Giesserei in Winterthur mit 155 Wohnein- mit Bibliothek von 39,5 Quadratmetern und eine mit einer Analogie zur Typologie des Grandhotels
daneben liegenden Gemeinschaftsraum der attraktive heiten leistet sich verschiedene Gemeinschaftsräume 125,7 Quadratmeter große Caféteria mit einfacher im Gespräch mit dem Direktor des Hotels Waldhaus
Ort und öffentlicher Kopf, nach hinten greifen auch mit unterschiedlichem Grad der Öffnung: Ein Ver- Küche und großer Öffnung zum Hof erschlossen. Die Sils deutlich: „Diese bewusst undefinierten Räume
Wohnungen ins Erdgeschoss.“35 Bei wagnisART in anstaltungssaal mit 285 Quadratmetern Fläche liegt Halle wird damit zum Marktplatz für Bewohner und müssen jedoch schön sein, einen starken Charakter
München sind gemeinschaftliche Funktionen wie ein im Erdgeschoss am Park. Hier finden die Mitglieder- Gewerbetreibende der Kalkbreite. In dem Projekt haben und sorgfältig gepflegt werden, sonst wirken
zentraler Gemeinschaftsraum, Waschcafé, Trockenraum versammlungen, aber auch Kulturveranstaltungen Wohnen mit alles! in Wien sind die Gemeinschafts- sie unwirtlich und bleiben leer.“41
und Nähstube an der räumlichen Engstelle zwischen statt – ungefähr ein Viertel der jährlichen Mietkosten räume Küche, Essbereich und Kinderspielraum durch

154 155
5.2 PROGRAMM GEMEINSCHAFT

42 Zimmerli, Joëlle/Mueller Steuerung durch Grundstücksvergabe Age-Stiftung zeigt sich, dass die Räume weniger als zentralen Innenhof, einfach gebaut und nicht beheiz- Wellness 45 Sargfabrik (Hg.): Sargfabrik –
Schmid, Nadja: Giesserei, das erwartet in Anspruch genommen werden – es wird bar. Im Sommer können sie als überdachter Spielraum, Verein für Integrative Lebens-
Mehr-Generationen-Haus. gestaltung. Abzurufen unter:
Begleitstudie 2014–2016. Zürich Eine Steuerung im Rahmen der Grundstücksvergabe daher gegenwärtig erörtert, eine Waschbar umzunut- Werkstatt, Lager oder Raum zum Gärtnern genutzt Einige der Projekte verfügen über wellnessorientierte www.sargfabrik.at/Home/
2016, S. 65 kann die Entstehung gemeinschaftlicher Räume, die zen, um die fehlenden Nebenräume des zur Verpach- werden, im Winter als Orangerie. Offene Gitterkons- Angebote wie Schwimmbad, Sauna oder Fitnessraum. Die-Sargfabrik/Verein (besucht

43 Ebenda, S. 65 zu Schnittstellen zwischen Quartier und Projekt wer- tung stehenden Restaurants zu schaffen.44 Sie wer- truktionen erinnern an ländliche Nebengebäude und Zwei grundsätzlich unterschiedliche Zielsetzungen zur am 12.12.2016)

den, unterstützen: Im Domagkpark in München wur- den damit wie viele der gemeinschaftlich genutzten erlauben den Blick hindurch auf die umgebende Stadt Integration dieser Räume lassen sich benennen: Die 46 Fragner, Ute: Sargfabrik
44 Vgl. ebenda, S. 24 Wien. Vortrag auf der Tagung
den Baufelder nach Festpreis und Konzept vergeben. Räume als Teil einer flexiblen Puffermasse verstanden: und die Berge. Die Schöpfe der Kalkbreite sind Teil Räume werden entweder nur von Projektbewohnern
Soziale Ausrichtung von Bauge-
Bei einem Angebot von Gemeinschaftsraum wurden Die tatsächliche Nutzung wird zyklisch überprüft und eines jahreszeitenbezogenen, temporären, bedarfs- intern genutzt und bilden Rückzugsbereiche oder meinschaften, Wien 21.10.2016
drei Prozent des Grundstückspreises erlassen. Ohne gegebenenfalls neu definiert. orientierten und zukunftsoffenen Raumangebotes – sie sind Schnittstelle zwischen Gemeinschaft und
das projektinterne Angebot eines Gemeinschafts- als solches werden diese Werkstätten einfach konstru- Öffentlichkeit und tragen zur Öffnung zum Quartier
raums reduzierte sich die Chance auf den Erwerb Mehrfachnutzung und Vernetzung iert und reduziert ausgestattet. mit größeren, dementsprechend auch kostenintensi-
eines Grundstücks deutlich. veren Einrichtungen bei. Daneben existieren kleinere,
Die Flexibilität bezieht sich auch auf das Nutzungsan- Infrastruktur für bauliche Selbsthilfe flexibel nutzbare und dezentral liegende Flexräume
gebot: Die Bezeichnungen ‚Waschbar‘ oder ‚Wasch- oder Gemeinschaftsräume, die auch für Kurse und
Werkstätten café‘ signalisieren, dass auch das soziale Miteinander Auch der Ausbaustandard der Optionsräume im Aktivitäten wie Geburtsvorbereitung, Schwanger-
in diesen Funktionsräumen und darüber hinaus geför- Spreefeld in Berlin ist niedrig. Der als gemeinsame schaftsgymnastik, Pilates, Yoga oder Meditation
Neben den zuvor beschriebenen „sozialen“42 prägen dert wird. In den Waschbars der Giesserei stehen – Holzwerkstatt genutzte Optionsraum ist Ort kreati- geöffnet werden.
„funktionale“43 Gemeinschaftsräume das Angebot. wie im Waschsalon des Mehrgenerationenhauses in ver Entfaltung, aber vor allem auch der Ort, an dem
Allgemeine Werkstätten, Holz-, Metall-, Fahrrad- oder Königsbrunn oder im Waschcafé von wagnisART – Möbel für die Wohnung selbst gebaut werden. Die Teil der öffentlichen Badekultur
Nähwerkstätten, Malateliers, Musikprobenräume Ausstattungen zum Nähen, Kaffeetrinken oder für Werkstatt ist damit Teil der Infrastruktur, um bauliche
oder Waschsalons decken spezifische Bedürfnisse Sitzungen zur Verfügung. Soziale Begegnung und Selbsthilfe zu ermöglichen. In den neu konzipierten Schon die Sargfabrik in Wien, ein gemeinschaftsori-
und werden von einer Minderheit der Bewohner aktives Tun werden optisch miteinander verbunden, Hallenwohnungen im Zollhaus der Kalkbreite Ge- entiertes Vorzeigeprojekt der 1990er-Jahre, besitzt als
meist kostenfrei genutzt. Die Frage, wie viel kollektiv die Teilnahme am sozialen Leben bleibt damit auch nossenschaft soll sich eine neue Selbstausbaukultur „Dorf in der Stadt“45 neben einem Kulturhaus, einem
genutzten Raum sich ein gemeinschaftsorientiertes bei der Hausarbeit möglich. Der Waschsalon in der etablieren. Seminarhaus, einem Kinderhaus und einem Restau-
Wohnprojekt leisten kann, stellt sich gerade vor die- Kalkbreite wird nur durch eine verglaste Wand von rant ein Badehaus. Ute Fragner, eine Mitgründerin
sem Hintergrund. der Bibliothek getrennt, gemeinsam bilden sie ein Werkstätten als Schaufenster der Sargfabrik, bemerkt zur Rolle dieser Angebote
großzügiges, gut belichtetes Raumkontinuum. zwischen Quartier und Gemeinschaft in einem Vor-
Zyklische Nutzungsüberprüfung Der Freibereich vor gemeinschaftlichen Werkstätten trag: „Betriebe sind die Drehscheibe nach außen.“46
Einfache Machart – Option für die Zukunft wird immer wieder einbezogen und genutzt, um Es wird seit Beginn von den Mitgliedern des gemein-
Die Nutzungsintensität dieser meist von einer be- projektinterne Aktivitäten öffentlich zu machen: Die nützigen Vereins für integrative Lebensgestaltung
grenzten Mitgliederzahl in Anspruch genommenen Die meist gemeinsam getragenen Nebenkosten Holzwerkstatt im Spreefeld öffnet sich zum Spree- selbst verwaltet. Ein Schwimmbadclub als Mischform
funktionalen Gemeinschaftsräume unterliegt immer dieser Werkstätten erfordern Kostenreduzierungen uferweg, im zweiten Bauabschnitt des Generationen- aus privater und öffentlicher Nutzung erweitert den
wieder der Notwendigkeit einer Überprüfung. Für die zum Beispiel durch niedrige Erstellungskosten. Vier hauses in Königsbrunn zeigt sich die 30 Quadratmeter Kreis der Nutzer um maximal 500 Klubmitglieder. Die
Waschbars in der Giesserei in Winterthur kann dies als ‚Schöpfe‘ bezeichnete Räume der Kalkbreite sind große Werkstatt zur Straße und zum Hof. In dem überschaubare Zahl und die Kenntnisse zur Bad-
Konsequenzen haben: In einer Evaluierung durch die zwischen zehn und 25 Quadratmeter groß, offen zum Projekt Wohnen mit alles! in Wien ist eine Werkstatt nutzung durch eine Einschulung zum Badegesellen
im ersten Untergeschoss voll verglast und damit gut sichern eine persönliche Atmosphäre und unbürokra-
belichtet an einen großzügigen, auch als Werkhof tische Nutzung. Darüber hinaus werden durch weitere
nutzbaren Vorhof angelagert. Er ist auch dem großen Angebote – zum Beispiel das Babyschwimmen – will-
und extern anmietbaren Veranstaltungssaal vorge- kommene Beiträge zum kostenintensiven Unterhalt
lagert, Hausbewohner und externe Gäste begegnen des Schwimmbads erwirtschaftet. Die Öffnung zum
sich hier. Das Projekt wagnisART erklärt Kunst und Quartier wird somit auch genutzt, um die Kosten für
damit die Werkstätten zum Kern seines Selbstver- die Gemeinschaft zu dämpfen.
ständnisses. Kreative Arbeitsmöglichkeiten – genos-
senschaftlich erstellte Werkstätten, ein Fotolabor, Solidarische Betriebskostenmodelle
vermietbare Ateliers, Gemeinschaftsräume als Aus-
stellungsfläche – sind die Basis für das zielgruppen- Auch im Wohn_ Zimmer im Sonnwendviertel in Wien
orientierte Projekt mit Außenwirkung, verstärkt durch ist neben anderen gemeinschaftlichen Angeboten
Kooperationsmöglichkeiten mit dem benachbarten ein Schwimmbad mit Wellnessbereich Begegnungs-
städtischen Kunsthof. ort zwischen Projektbewohnern und Nachbarschaft.
Das ca. 1.000 Quadratmeter große Wellnesscenter
im Untergeschoss umfasst ein Schwimmbecken, ein
Optionsraum als Holzwerkstatt, Spreefeld, Berlin Werkstatt zum Tiefhof, Wohnen mit alles!, Wien

156 157
5.2 PROGRAMM GEMEINSCHAFT

47 Die Wellness-Oase muss Kinderbecken, drei Saunen und weitere Räume. Die Gästewohnen grundsätzlich nicht gebraucht werden, sind sie zu Wirtschaftlichkeit – Kofinanzierung 50 Vgl. Interview mit Sibylle
auch bezahlt werden. In: Sicherung der monatlichen Betriebskosten ist dabei dauerhaftem Wohnraum rückführbar. Gemeinschaft Ebe, Interview mit Achim
Der Standard, 21.10.2015. Friedrich, Interview mit Marcella
Abzurufen unter: derstan- eine Herausforderung. Der gemeinnützige Bauträger Ein gemeinsam getragener Ort für die Gästebeher- Wolf, Interview mit Nadine
dard.at/2000024223158/ EGB zahlt monatlich 11.000 Euro an den externen Be- bergung ist Programmpunkt fast aller Projekte, Gäste- Räumliche Synergien Gasträume bieten grundsätzlich die Möglichkeit, Ein- Bissinger
Die-Wellness-Oase-muss-auch- treiber, die ca. 1.200 Bewohner des Wohn_ Zimmers zimmer sind Teil der Infrastruktur gemeinschafts- nahmen durch Vermietung zu generieren. Sie können
bezahlt-werden (besucht am
20.02.2017) leisten hierzu im Rahmen der Mietzahlungen einen orientierter Wohnprojekte und auch wesentlicher Das Wiener Projekt Wohnen mit alles! nutzt das zum Ausgleich von Nebenkosten oder zur Finanzie-
Betriebskostenzuschuss von 30 Cent pro Quadratme- Indikator zum Thema der Quartiersvernetzung. Bei attraktive Dachgeschoss mit Blick auf Park und Berge rung der Mieten eingesetzt werden. In Königsbrunn
48 einszueins architektur (Hg.):
Wohnprojekt Wien. Abzurufen ter. Die Eintrittskosten der Bewohner sind zwar auf dem grundsätzlichen Bestreben, die Dimension der gemeinschaftlich. Hier sind auch drei Gästezimmer gehört das Gästeapartment des Generationenparks
unter: www.einszueins.at/pro- etwa 3,30 Euro für vier Stunden Schwimmen und Wohnungen aus Gründen der Nachhaltigkeit zu redu- untergebracht – belegbar von Vereinsmitgliedern oder der GWG. Es steht sowohl Bewohnern als auch
ject/wohnprojekt-wien (besucht 8,80 Euro für die Sauna reduziert. „Das ist nicht viel zieren, liegt das Auslagern der Gäste und das Teilen Personen, die mit dem anmietbaren Gemeinschafts- externen Mietern zur Verfügung – Mieter zahlen
am 12.12.2016)
weniger als die externen Besucher, die in der ersten dieser Räumlichkeiten nahe. Gleichzeitig erlaubt die raum verbunden sind. Die Zimmer mit Nasszelle grup- 15 Euro pro Tag und 60 Euro wöchentlich sowie eine
49 Vgl. Genossenschaft
Saison die Mehrheit der Gäste gestellt haben. Das Funktion der Beherbergung mit der Erweiterung des pieren sich um eine Gemeinschaftsküche mit Zugang Reinigungspauschale von 20 bis 30 Euro; die Anmie-
Kalkbreite (Hg.): Anleitung
Kalkbreite: Reservieren und sorgt bei manchen Bewohnern für Unmut, weil sie Programms als Pension, Gästehaus oder Hotel die zur Dachterrasse. Diese dient sowohl Gästen wie den tung von außerhalb ist teurer. Das Gästeapartment
mieten. Flex 1–7. Abzurufen entweder für eine Leistung bezahlen, die sie nicht Öffnung zum Quartier und zur Stadt. Der Wunsch, Hausbewohnern – Begegnung und Kontaktaufnahme ist ausgebucht, die Wohnung Teil der Öffnung in
unter: anleitung.kalkbreite.
nutzen – oder doppelt, wenn sie es tun.“47 finanzielle wie räumliche Synergien zu schaffen, ist ist gewünscht, die Nutzungsüberlagerung provoziert. den Sozialraum. Durch externe Vermietung werden
net/gemeinsam-nutzen/reser-
vieren-und-mieten/#flex-1-7 gekoppelt an die Suche nach sinnvoller Bettenanzahl, inzwischen die Nebenkosten der Gemeinschafträume
(besucht am 12.12.2016) Ruhezone der Gemeinschaft Raumgrößen, Orten und Organisationsstrukturen. Puffer zur Öffentlichkeit finanziert; der vorherige Ansatz, die Kosten auf die
Damit wird das Gästewohnen zum prototypischen Mieter umzulegen, erwies sich als zu teuer.50 Bei
In dem Projekt Wohnen mit alles! in Wien liegt die hybriden Funktionsbaustein zwischen Gemeinschaft Die wechselnde und temporäre Bewohnerschaft der wagnisART in München werden zwei Gästeapartments
Sauna mit Dachterrasse und Meditationsraum als und Quartier, verschiedenste Strategien werden Gäste hat andere Bedürfnisse an die Lage der Über- unterschiedlicher Größe von den Genossen betrieben.
besonderer Ort des Rückzugs auf dem Dach. „Das erprobt. nachtung als dauerhaft Wohnende. Gäste sind häufig Zur kostendeckenden Bewirtschaftung werden in
Dachgeschoß gehört allen und ist mit Sauna, Biblio- am Alltagsleben in und um das Projekt interessiert der Kalkulation Grundmiete, Nebenkosten, Internet,
thek, Dachgarten und Gästeapartments die Ruhezone Flexibilität und Möglichkeitsraum und nachsichtiger in Bezug auf eventuelle Einschrän- Instandhaltung und Reinigung sowie die Miete für je
der Gemeinschaft.“48 Auch in der Kalkbreite in Zürich kungen. Gästezimmer können an frequentierten einen Stellplatz berücksichtigt. Die Mietsätze zwi-
liegt die nur für Bewohner verfügbare Sauna im fünf- Das Gästewohnen kann Bestandteil der Flexibilitäts- Orten positioniert werden: Die Pensionszimmer der schen internen und externen Mietern unterscheiden
ten Obergeschoss mit direktem Zugang zu einem ge- masse sein: In der Giesserei sind zwei der Jokerzimmer Kalkbreite sind im zweiten Obergeschoss zum tags sich, an 40 Tagen im Jahr (z. B. Oktoberfest oder
schützten Außenraum. Die Miete beträgt 40 Schwei- reserviert als möbliertes Gästezimmer. Bei wagnis 4 wie nachts aktiven Stadtplatz orientiert, eines der Messen) gelten für alle gleiche, stark erhöhte ‚Sonder-
zer Franken für maximal drei Stunden Nutzung, die können zwei unterschiedlich große Gästeapartments Zimmer blickt in den Aufgang zum Innenhof. Bei preise‘. Die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit findet
Reservierung erfolgt über ein Onlinesystem.49 durch das Öffnen einer Verbindungstür zu einer wagnisART werden die Gästeapartments Teil der im dreimonatigen Turnus statt.
Wohnung zusammengeschaltet werden. Die Gäste- halböffentlichen Spange im Erdgeschoss zwischen
zimmer bieten darüber hinaus Möglichkeitsraum für Speisecafé und Gemeinschaftsraum. Die Genossenschaft kann sich aber auch gegen eine
zuvor nicht angedachte Fragestellungen: In dem Pro- wirtschaftsorientierte Lösung entscheiden und die
jekt Spreefeld in Berlin wohnen derzeit nach Beschluss Gastzimmer ausschließlich für Genossenschaftsmit-
der Genossenschaftsmitglieder Flüchtlinge in den glieder zur Verfügung stellen. Die Vermietung der
Gästewohnungen. Falls die Räume zur Beherbergung Gästezimmer der Giesserei in Winterthur wird in

Blick aus dem Pensionszimmer, Kalkbreite, Zürich Gästehaus Hunziker zur Durchfahrtsstraße, mehr als wohnen, Gästezimmer zum Innenhof, Nicht umgesetzte Planung für Hotel an der Quartierstreppe, Möckernkiez, Berlin
Zürich wagnis 4, München

158 159
5.2 PROGRAMM QUARTIER

51 Genossenschaft Kalkbreite
(Hg.): Pension Kalkbreite.
Abzurufen unter: www.pen-
genossenschaftlicher Selbstverwaltung organisiert.
Die drei von unterschiedlichen Treppenhäusern Rich-
tung Park erschlossenen im Obergeschoss gelegenen
Öffentliche Wahrnehmung des Quartiers

Das Gästewohnen ist vor allem im urbanen Kon-


5.3 Quartier
sion-kalkbreite.net/de/rooms
(besucht am 12.12.2016) Räume können nur von Giesserei-Bewohnern, von text und in Großstädten wie Zürich oder Berlin ein
52 Ebenda Giesserei-Gewerbetreibenden und von Gesewo-Mit- wesentlicher Funktionsbaustein zur Vernetzung mit
gliedern reserviert werden. Die jeweils 26 Quadratme- dem Quartier wie mit der Stadt. Mit zunehmender
ter großen Gästezimmer sind Teil der elf Jokerzimmer, Projektgröße steigt die Zahl interner Nutzer und damit
die ebenfalls nur den Mieterinnen des Hauses zur die Möglichkeit, mit größerer Zimmer- und Bettenzahl
Verfügung stehen – die Auslastung dieser flexibel das Gästewohnen wirtschaftlich zu betreiben. Die
anmietbaren Räume ist gut. Gästebeherbergung wird in mehr als wohnen auch
nicht mehr auf das Haus-, sondern quartiersbezogen
Selbstverständnis und Erfahrung nach gedacht. Verschiedene Organisations- und Finanzie-
außen tragen rungsstrukturen sind in Erprobung, sie reichen von
Gästeapartment über Pension und Gästehaus bis zum
Bei wagnisART wird ein drittes Gästeapartment mit Hotel. In der Pension Kalkbreite werden elf Zimmer Die Quartiersentwicklung mehr als wohnen in Zürich Johannisstift als Betreiber wurde über einen 20-jäh- 53 Fragner, Ute: Sargfabrik
53 Quadratmetern Größe von der Stadt getragen für neben dem zentralen Eingangsbereich im zweiten baut ebenfalls auf die Öffentlichkeit durch externe rigen Mietvertrag diskutiert, eine integrierte Ver- Wien. Vortrag auf der Tagung
Soziale Ausrichtung von Bauge-
Künstler mit Stipendium – öffentlich wahrnehmbar Obergeschoss auch an „TouristInnen, KünstlerInnen Besucher und damit auf die Wahrnehmung der Ideen einbarung, um eine bestimmte Zimmerzahl für die meinschaften, Wien 21.10.2016
neben dem Speisecafé als Teil der ART-Identität. und Geschäftsreisende“51 vermietet. Die Koordination des Leuchtturmprojekts. Das Gästehaus Hunziker ist Genossenschaft zu vergünstigten Konditionen bereit-
54 Vgl. Interview mit Bernd Vlay
Auch das Wiener Projekt Wohnen mit alles! beteiligt der Vermietung übernehmen neben anderen operativen sichtbar platziert und gekennzeichnet an der Durch- zustellen, wurde angestrebt.
sich mit seinen Gästezimmern an einem temporären Aufgaben die Deskjockeys an der Rezeption. „Die elf fahrtsstraße Hagenholzstrasse. Zwanzig Zimmer – 55 Zimmerli, Joëlle/Mueller
Schmid, Nadja: Giesserei, das
Wohnprogramm für internationale Künstler ‚Artists Gästezimmer bieten einen wunderbaren Blick auf das Einzel- bis Familienzimmer zwischen 15 und 40 Qua- Nach Finanzierungsschwierigkeiten und fast zwei- Mehr-Generationen-Haus.
in Residence‘. Die Architekten des Projekts wohnten rege Treiben im Quartier.“52 dratmetern – werden von der Baugenossenschaft jährigem Baustopp werden Mitte 2016 die Flächen Begleitstudie 2014–2016. Zürich
selbst im Gästezimmer von Heizenholz, einem Projekt verwaltet. Die Nähe zu Messe und Flughafen legt für das Hotel und einen ebenfalls geplanten Super- 2016, S. 69

der Genossenschaft Kraftwerk1, um sich dort auszu- auch eine Kurzzeitvermietung für Berufstätige nahe. markt verkauft, und der Erlös für die Baufinanzierung 56 Wüstenrot Stiftung (Hg.):
Herausforderung Erdgeschoss.
tauschen mit Züricher Genossenschaftsmitgliedern. eingesetzt. Liegt hier die Grenze der Integration
Ground Floor Interface. Berlin
Neben ökologischen Aspekten sind das Vernetzen, Grenzen der Belastbarkeit gewerblicher Nutzung in Hand der Genossenschaft, 2014
das Bekanntwerden und die Verbreitung des Ge- ist die Vorfinanzierung von gewerblicher Nutzung ab
genentwurfs Motive für die Bereitschaft, das Experi- Grundsätzlich stellt sich die Frage nach der Finan- einer gewissen Größe zu riskant? Eine Nutzungs-
ment Gästewohnen voranzutreiben. zierung gemeinschaftlicher Räume und damit nach mischung von Wohnen, Arbeiten, Konsum und Kultur
Größe und Zahl. Wieviel Gemeinschaft ist leistbar? im Quartier reduziert Verkehrswege, schafft Belebung
Ute Fragner von der Sargfabrik in Wien bemerkt und Begegnung bei Tag und Nacht, erhöht Sicherheit
dazu: „Bestimmte Dinge wollen wir uns gemeinsam und somit Lebensqualität. Gewerbliche, gastronomi-
leisten können.“53 Die Kalkbreite verfügt über ca. 600 sche, soziale und kulturelle Einrichtungen richten sich
Quadratmeter nutzungsoffene Gemeinschaftsräume sowohl nach außen zur Stadt als auch nach innen
und im Wohn_ Zimmer in Wien stehen immerhin ca. an die Projektbewohner. Sie tragen damit als Mo-
acht Prozent der Nettonutzfläche für die Gemein- tor zur Quartiersvernetzung bei. „Solche Angebote
schaft zur Verfügung.54 In welchem Verhältnis können übernehmen eine Rolle, eine Gemeinschaft mit der
Wunsch und Wirklichkeit stehen? Quartierbevölkerung in Kontakt zu bringen. Sie stellen
halböffentliche Räume her, die in Ergänzung zu den
Auch in Bezug auf die Gästebeherbergung ist die Gemeinschaftsräumen stehen. Von ihnen profitieren
Frage nach der Größe, aber auch nach der Organi- sowohl die Gemeinschaft als auch das Quartier.“55
sationsform, Betreiberschaft und damit der Vor-
finanzierung Teil eines Lernprozesses. Dies zeigt die
Entwicklung der Genossenschaft Möckernkiez und Erdgeschoss
des projektierten Hotels. Mitte 2014 waren im Rah-
men der Gesamtplanung des genossenschaftlichen Die Erdgeschosszone als Schnittstelle sozialer Inter-
Projekts mit ca. 460 Wohnungen auch die Planung aktionen und Spiegel stadträumlicher Qualität steht
für ein Hotel vorangeschritten. Der Integrationsbetrieb als Standort für Gewerbe, Gastronomie, kulturelle
mit 102 Zimmern war in prominenter Lage mit Café und soziale Einrichtungen im Fokus.56 Nutzungen sind
und öffentlichem Platz an der großen Treppe Richtung hier häufig stark frequentiert und liegen gut sichtbar,
Gleisdreieck vorgesehen. Mit dem evangelischen erreichbar und zugänglich – die grafischen Analysen

160 161
5.3 PROGRAMM QUARTIER

geregelt und die Mieter an die Standards der Projekte darlehen, verzichten auf Stellplätze, erhalten aber im 61 Vgl. Interview mit Angelika
gebunden werden. In dem Projekt Spreefeld wer- Standortvergleich sehr günstige Mietpreise. Die Nut- Drescher

den Leistungen, die der Vermieter bauseits erbringt, zungsrechte der Gemeinschaftsräume werden über 62 Vgl. Plattform Genossen-
maximal reduziert: Die Optionsräume werden als verschiedene Mietmodelle gesteuert. Bei dem Projekt schaften (Hg.): Die Nutzungs-
mixer. Abzurufen unter: platt-
Rohbauhülle übergeben, Mieteinnahmen sollen die wagnisART in München ist die Integration von Ge- form-genossenschaften.ch/
Fertigstellung finanzieren 61. In dem Quartier Zwicky werbe sogar tragender Bestandteil. Die den Projekt- archiv/28-10-14-die-nutzungs-
Süd werden drei Stufen des Rohbauausbaus, in mehr namen begründenden, an ein öffentliches Publikum mixer (besucht am 12.12.2016)

als wohnen fünf verschiedene Kategorien von Ausbau adressierten Ateliers und Werkstätten liegen zentral 63 Vgl. ebenda
mit entsprechender Mietpreisgestaltung angeboten.62 an dem nach innen gewandten Platz. Er ist damit nicht 64 Genossenschaft Kalkbreite
nur räumliches, sondern auch funktionales Zentrum. (Hg.): Die Kalkbreite ist auch
ein Gewerbeprojekt. Abzurufen
Mietpreise und Nutzungsmix unter: www.kalkbreite.net/
Synergien projekt/gewerbe (besucht am
Der gewünschte vielfältige Nutzungsmix steht in enger 12.12.2016)
Verbindung zu den Mietpreisen. Verschiedene Ansätze Gewerbeflächen werden auch zeitlich und funktional 65 Ebenda
Überhöhter Optionsraum im Kreativgewerbe – Visitenkarten an der Tür, Spreefeld, Berlin S alon am Park, Wohnen mit alles!, Wien
 der Mietpreisgestaltung, die auch Spielräume lassen überlagernd genutzt: Im Wohnprojekt Wien dient die
Erdgeschoss, Spreefeld, Berlin
für gewünschte, aber finanziell weniger leistungs- Kombination von Eckladen und Café zu Geschäfts-
starke Gewerbe, wurden eingeführt und werden zeiten als Ort der Erwerbsgrundlage, am Abend
kontinuierlich diskutiert, zum Beispiel bei der Veran- als kultureller Treffpunkt. Der Laden wird von acht
staltung ‚Die Nutzungsmixer‘ am 28.10.2014 auf dem Bewohnern betrieben und ist auch Schaufenster,
57 Genossenschaft Kalkbreite der Fallbeispiele in Kapitel 7 zeigen ihre Konzentration die analysierten Projekte die Rolle der Erstversorgung, Hunziker Areal.63 Bei mehr als wohnen wurde keine um die projektspezifische Zielsetzung der urbanen
(Hg.): Anleitung Kalkbreite: im Erdgeschoss. Der Austausch mit dem Quartier in dichten Lagen die der Versorgungsergänzung. In Einheitsmiete für die ca. 6.000 Quadratmeter EG- nachhaltigen Lebensweise nach außen zu tragen.
Gewerbevermietung. Abzurufen
unter:anleitung.kalkbreite. findet hier statt: „Insbesondere im EG sind nieder- der Kalkbreite in Zürich werden die Anforderungen Gewerbeflächen in den verschiedensten Zuschnitten Der Name Salon am Park – Greisslerei signalisiert
net/gewerbe-und-kultur/ge- schwellige und quartierbezogene Angebote zu an zukünftige Laden-, Büro-, Kultur- und Gastro- zwischen 30 bis 425 Quadratmetern festgesetzt, sie die zweifache Botschaft: Der Laden will gleichzeitig
werbevermietung (besucht am bevorzugen.“57 nomiemieter wie folgt formuliert: „Gesucht wurden wird nach Lage, Größe und nach weichen Faktoren, Nahversorger und Kulturinsel in einem neuen Wohn-
12.12.2016)
authentische Anbieterinnen und Ladenunikate – Au- die die Projektzielsetzung unterstützen (z. B. Mobili- quartier sein. In der Greisslerei werden hochwertige
58 Plattform Genossenschaften torenbetriebe –, möglichst wenig bekannte Marken, tät, Unterstützung kultureller Aktivitäten), differen- regionale Produkte – Brot, Butter, Milch, Käse und
(Hg.): Die Nutzungsmixer. Abzu-
rufen unter: plattform- Gewerbe Grundversorgung für das Quartier, Teamplayers und ziert. Die Umsatzmiete, die die Kalkbreite erhebt, Wurst – verkauft. Der Salon am Park dient als Motor
genossenschaften.ch/archiv/ Kreativtäterinnen.“60 Um diesem Wunsch nach Laden- verursacht einen hohen Verwaltungsaufwand und zur Integration von Kultur: Hier finden Diskussionen,
28-10-14-die-nutzungsmixer „Gewerbe bedeutet viel Aufwand. Das beginnt schon unikaten und damit nach Diversität auf einer weiteren unterstützt womöglich erfolglose Geschäftsmodelle. Lesungen, Filmvorführungen, Nähkurse, kleine Auf-
(besucht am 12.12.2016)
bei der Planung.“58 Die Flächen werden vermietet, Ebene zu entsprechen, bieten unterschiedliche Raum- Quersubventionierungen durch Wohnungsmieten führungen und Ausstellungen sowie einmal wöchent-
59 Baugenossenschaft mehr als
Flächenbedürfnisse und Standards zukünftiger Mieter, formate Steuerungsmöglichkeiten zur Besetzung der und Staffelmieten werden allgemein positiv bewertet, lich vormittags ein Philosophisches Frühstück statt.
wohnen (Hg.): Vielfältiges Ge-
werbe im Hunziker Areal. Abzu- die im Entwurfsstadium noch nicht feststehen, sind Gewerbeeinheiten: Vier ‚Doppeldecker‘, Einheiten mit allerdings sollte der Mietzins, der die Selbstkosten Auch am Egeria-Platz der Alten Weberei in Tübingen
rufen unter: www.mehralswoh- sehr unterschiedlich – Planungsflexibilität in Bezug ca. 70 Quadratmetern Größe und teilweise mit Raum- deckt, nach ca. zehn Jahren erreicht sein. Temporäre ist ein Hybrid aus Gewerbe, Kultur und Café platziert:
nen.ch/hunziker-areal/gewerbe
auf Raumgrößen und -beschaffenheiten ist Vorausset- höhen von ca. 5,60 Metern, bieten zum Beispiel einen Vermietungen schaffen darüber hinaus Optionen für Das ehrenamtlich betriebene Ladencafé viertel vor
(besucht am 12.12.2016)
zung. Vor allem die Raumhöhe ist Basis für Flexibilität sehr speziellen Hintergrund für die angesprochene die Zukunft. der Baugemeinschaft en famille changiert zwischen
60 Genossenschaft Kalkbreite
in der Erst- wie in der Folgebelegung: In mehr als Klientel. Durch kleine Raumangebote, zum Beispiel nachmittäglichem Familiencafé und abendlichem Ver-
(Hg.): Die Kalkbreite ist auch
ein Gewerbeprojekt. Abzurufen wohnen resultiert aus gemeinsamen Festsetzungen einen ‚Minishop‘ mit ca. 25 Quadratmetern Haupt- Integration in das Projekt anstaltungsraum, die benachbarte Keramikwerkstatt
unter: www.kalkbreite.net/ der Planer die Vorgabe, das Erdgeschoss in einer nutzfläche, haben gewerbliche Newcomer die Mög- ist gleichzeitig Werkstatt- und Gemeinschaftsladen.
projekt/gewerbe (besucht am
Höhe von 4,50 Metern zu erstellen und mit Gemein- lichkeit, den Standort zu nutzen. Die Gewerbemieter werden Partner, die mit Rechten
12.12.2016)
schaftsaktivitäten und Dienstleistungen zu besetzen. und Pflichten in die Zielsetzungen der Projekte ein- Professionalisierung
Die Seestadt Aspern schreibt vier Meter Mindesthöhe Grundausbau – Mieterausbau gebunden sind. In der Kalkbreite nutzen sie die Ge-
für die Erdgeschosszone der Einkaufsstraßen vor. Auch meinschaftsräume: „Um den Austausch unter den Vor allem im Kontext der Züricher Projekte wird die
die Optionsräume des Wohnprojekts Spreefeld in Ber- Die Schnittstelle zwischen Vermieter und Mieter in Kalkbreite-MieterInnen und eine effiziente Raumnut- gewonnene Erfahrung der Genossenschaften zur
lin verfügen über eine Raumhöhe von fünf Metern. Bezug auf Ausbau und Betrieb gewerblicher Flächen zung zu fördern, steht der Mieterin (der Gewerbe- Nutzungsmischung aktiv weiterentwickelt. Auf der
wird in den Projekten unterschiedlich definiert. Einer- einheit) eine Vielzahl von Gemeinschaftsräumen […] Homepage der Plattform Genossenschaften werden
Nutzungsmischung seits soll auf verschiedene Bedürfnisse der Mieter in zur Mitbenützung offen.“64 Ebenso sind sie aber auf dazu Berichte publik gemacht. Nach erfolgreichen
Bezug auf Standards oder Haustechnik eingegangen schonenden Umgang mit Ressourcen verpflichtet und innerstädtischen „Mixlabors“65 wie der Kalkbreite
„Zu einem richtigen Quartier gehört auch engagiertes werden können. Andererseits sollen die Erstellungs- unterzeichnen dazu einen Verzicht auf die Benutzung stehen mit mehr als wohnen und Zwicky Süd peri-
Gewerbe. Das Gewerbe stärkt den Quartierscharak- kosten – finanzielle Belastung in der schwierigen eines Autos für den Arbeitsweg. Auch in der Giesserei phere Standorte im Fokus. Wohnprojekte mit anmiet-
ter und sorgt nicht zuletzt auch für eine nachhaltige Startphase der Projekte – reduziert werden, die Wei- sind die Gewerbetreibenden Mitglied des Hausvereins, baren Gewerbeeinheiten entstehen somit nicht nur in
Nahversorgung.“59 In neuen Quartieren übernehmen tergabe der Räume nach Mieterwechsel eindeutig leisten ein Zehntel des Erstellungspreises als Pflicht- Reaktion auf nachhaltige Zielsetzungen, sondern auch

162 163
5.3 PROGRAMM QUARTIER

66 Zimmerli, Joëlle/Mueller auf städtische oder privatrechtliche Vorgaben: Grund- Unternehmerisches Handeln nisation für Migration und Integration – die Ausbil- Kita und Kiga als Infrastruktur 69 Interview mit Hans Suter
Schmid, Nadja: Giesserei, das stücks- oder Baurechtsvergaben sind in bestimmten dung zum Küchen- oder Restaurationsangestellten
Mehr-Generationen-Haus. 70 Jugendwohnen im Kiez e. V.
Begleitstudie 2014–2016. Lagen mit der Schaffung von Gewerbenutzungen Die in den Projekten integrierten gastronomischen wird von Deutschunterricht begleitet. Gleichzeitig ist Durch eine 2013 in Kraft getretene Gesetzgebung in (Hg.): Kita Spreefeld. Abzurufen
Zürich 2016, S. 33 verbunden: Der Zuwachs an Know-how der Genos- Betriebe stehen häufig vor der Herausforderung, das Restaurant Partner der Genossenschaft mehr als Deutschland hat jedes Kind ab Vollendung des ersten unter: www.jugendwohnen-
berlin.de/kita-spreefeld.0.html
67 Best of Swiss Gastro (Hg.): senschaft Kalkbreite über das Wohnen hinaus zur mit einer Zielsetzung zwischen Quartierslokal und wohnen und des Gästehauses Hunziker – die Gäste Lebensjahrs Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz – neue (besucht am 12.12.2016)
BEBEK. Abzurufen unter: Nutzungsmischung führte zur Vergabe des Grund- Treffpunkt für die Hausbewohner wirtschaftlich aus- nehmen hier Frühstück und als Spezialangebot das Einrichtungen wurden benötigt. Viele der Projekte,
bestofswissgastro.ch/de/guide/ stücks für das Projekt Zollhaus. In der Giesserei in kömmlich geführt zu werden. In der Giesserei wurde Abendessen ein. nicht nur in Deutschland, integrieren Einrichtungen
bebek/ (besucht am 20.02.2017)
Winterthur waren 7,1 Prozent Gewerbeanteil vorge- das von einer Genossenschaft betriebene Restaurant für Kinder. Die Kita in der Giesserei hat eine Fläche
68 Erfinderklub (Hg.): Offene
geben, aber auch die Baugemeinschaft en famille in Ende 2014 wieder geschlossen. Zwar war zuvor jeder von 400 Quadratmetern, der Generationenpark nutzt
Ideenschmiede. Abzurufen
unter: erfinderklub.de (besucht Tübingen erhielt bei Konzeptvergabe der Grundstücke dritte bis vierte Gast Giesserei-Bewohner, aber durch Soziale und kulturelle Einrichtungen die neue Kinderkrippe mit 36 Plätzen, um im Wettbe-
am 12.12.2016) den Zuschlag, da sie eine Gewerbenutzung im Erdge- das noch in Bau befindliche Quartier und die Lage in werb mit anderen Gemeinden um Arbeitskräfte einen
schoss integrierte. der Peripherie war die Zahl weiterer Besucher zu ge- Soziale Verantwortung, Kunst und Kultur sind wich- Standortvorteil zu erhalten: „Der Bedarf für ein Mehr-
ring. Zusätzliche Hinderungsgründe für eine Neuver- tige Alltagsbestandteile in den vielfältig kreativen generationenhaus ergibt sich auch aus der Nachfrage
pachtung stellen der fehlende Zugang zum Park, zu Projekten. Offene Veranstaltungsräume, aber auch von Alleinerziehenden nach einem Standort mit guter
Gastronomie gering bemessene Nebenräume und die mangelnde gewerbliche Veranstaltungsorte wie ein Kino oder Betreuung und nach bezahlbaren Wohnungen.“69
Flexibilität des Grundrisses durch die Stützenstellung zwei Bibliotheken tragen mit Kulturangeboten zur
Restaurants und Cafés sind als Frequenzbringer für der Holzkonstruktion dar.66 Auch wilde Oscar, das zu Öffnung der Projekte bei und geben dem Diskurs Sicherheit und Vernetzung
die Außenwahrnehmung der Projekte identitätsprä- dem Projekt Lebensort Vielfalt in Berlin Charlotten- der Bewohner und der Besucher Raum. Auch soziale
gend. Gut sichtbar und mit Bezug zum Platz oder Park burg gehörige Restaurant, ist inzwischen nur noch bei Einrichtungen wie Kinderkrippen, Kindergärten oder Der Wunsch nach Abgrenzung der Spielflächen ist ge-
positioniert werden sie aber auch mit den Zielen der Veranstaltungen geöffnet. Zentrale innerstädtische die Schwulenberatung sind Frequenzbringer. genläufig zur gewünschten Durchlässigkeit und Mehr-
Projekte in Verbindung gebracht. Laut Umfrage der Standorte mit hoher Dichte reduzieren das unterneh- fachnutzung der Freibereiche – das Projekt Spreefeld
Age-Stiftung zur Giesserei gehörte das zum Zeitpunkt merische Risiko: Das Café BEBEK in der Kalkbreite Vielfältige Kooperationen in Berlin hat mit dem Träger der Kindertagesbetreu-
der Befragung gerade schließende Restaurant Ida zu hat sich an der Straßenbahnhaltestelle, in fußläufiger ung mit 25 Plätzen eine Vereinbarung getroffen, um
den häufig genutzten und beliebten Einrichtungen Nähe zu verschiedenen Verwaltungsstandorten und Bei der Integration sozialer Einrichtungen in die Pro- auf Absperrungen zu verzichten: Die Kita präsentiert
des Quartiers. mit ungewöhnlichem Blick in die Tramhalle, als „best jekte werden häufig Kooperationen mit institutionel- den Aspekt, ein „gemeinsames Außengelände mit
of swiss gastro 2016“67 etablieren können. len Partnern, mit Kommunen, Kirche oder Stiftungen den AnwohnerInnen der Genossenschaft“70 zu haben,
eingegangen. Die Kindertagesstätte der Kalkbreite als erzieherisch relevanten Bestandteil ihres Alltags
Alternativen wird von der Diakonie Bethanien betrieben, der Kin- und Teil eines ganzheitlichen Bildungskonzepts.
dergarten im Generationenpark mit einer Fläche von Auch die Spielbereiche der Kindertagesstätte in der
Betreiberformen, die die Philosophie der Projekte 574 Quadratmetern von der evangelischen Kirche, die Kalkbreite in Zürich sind nicht mit einem Zaun gefasst,
stärker integrieren, werden diskutiert und erprobt: Ein Räume der Pflegewohngruppe in Grünmatt sind von sondern Teil des gemeinschaftlichen Innenhofs.
Speise- und Kulturcafé im Projekt wagnisART – das der Stadt Zürich angemietet. Die meist flächenintensi-
GastHaus im Quartier im DomagkPark – soll von einer ven Nutzungen führen zu größeren Mieteinheiten, die Belebung Tag und Nacht
Sozialgenossenschaft von Bewohnern und Nachbarn wirtschaftliche Tragfähigkeit der Mieter und langfris-
betrieben werden. Das Startkapital wird durch Ge- tige Mietverträge garantieren sichere Mietertragsquel- Öffentliche Kultureinrichtungen bringen Belebung
nossenschaftsanteile finanziert, die Eröffnung ist im len. Die fachliche Kompetenz der institutionellen Mie- rund um die Uhr und ein breites Publikum mit sich:
Winter 2016/17 geplant. Im Spreefeld in Berlin kann ter sichert Qualität und Kontinuität in der Betreuung. Das Kino Houdini ist Teil der Kalkbreite: In fünf
der Optionsraum 3 im Rohbaustandard, mit einer Kinosälen mit insgesamt 212 Sitzplätzen wird täglich
einfachen Küchenzeile ausgestattet für Veranstaltun- zwischen elf Uhr und Mitternacht ein vielfältiges
gen mit dem Schwerpunkt ‚Essen und Gemeinschaft‘
gemietet werden, das Bootshaus ist zweimal jährlich
Veranstaltungsort für eine Feierabendbar, in der
„innovative Konzepte für eine gute Nachbarschaft
ausgetauscht werden“.68

Synergien mit anderem Gewerbe

Gastronomische Betriebe können als Partner in so-


zialen Kooperationen eine wichtige Rolle einnehmen:
Das Restaurant Riedbach auf dem Hunziker Areal ist
ein Lehrbetrieb der AOZ, einer Non-profit-Fachorga-
Café BEBEK – mit Blick in die Trambahnhalle, Kalkbreite, Kindergarten als Standortvorteil, Offener Kindergartenspielbereich, Bibliothek der Schwulenberatung, Bootshaus als Veranstaltungs-
Zürich Generationenpark, Königsbrunn Spreefeld, Berlin Lebensort Vielfalt, Berlin ort, Spreefeld, Berlin

164 165
5.3 PROGRAMM QUARTIER

71 Bau- und Wohngenossen- Programm gezeigt. In zwei Projekten sind öffentliche Bewegung und Körper/Nachhaltigkeit in allen Dimen- Projektgröße geschah nach Festpreis und Konzept. Um die Planung 75 Vgl. Dörner, Klaus/Drexler,
schaft Spreefeld Berlin eG (Hg.): Bibliotheken integriert: In der Giesserei in Winterthur sionen/Umwelt/Soziales vermietet“72. der Baufelder aufeinander abstimmen zu können, Hans/Schultz-Granberg, Joachim
Spreefeld Optionsräume: Boots- (Hg.): Affordable Living – Be-
haus. Abzurufen unter: sites. ist die Quartiersbibliothek Hegi mit 250 Quadratme- Um einen breiten Mix an Wohnungsvielfalt und wurde auf Input der WOGENO München eG im Mai zahlbares Wohnen. Berlin 2014
google.com/site/spreefeldopti- tern Fläche von der Stadt Winterthur angemietet, Schaufenster und ‚Briefkasten‘ -größen als baulichen Rahmen für einen Spiegel der 2010 ein Konsortium mit 350 Wohneinheiten gegrün-
onsraeume/bootshaus (besucht 76 Vgl. Wien 3420 Aspern
Medien können rund um die Uhr zurückgegeben Gesellschaft zu ermöglichen und zu erhalten, ist eine det und die „Charta Quartiersvernetzung“ verfasst. Development AG/Stadtentwick-
am 12.12.2016)
werden. In dem Projekt Lebensort Vielfalt in Berlin Einige der Projekte besitzen einen großen Gemein- bestimmte Projektgröße sinnvoll. Gleichzeitig garan- Das Konsortium gestaltet die Quartiersvernetzung für lung Wien (Hg.): Partitur des
72 Bau- und Wohngenossen- betreibt die Schwulenberatung Berlin eine Leihbiblio- schaftsraum, der anmietbare Mitte im entstehenden tiert eine gewisse Bewohnerzahl eine kritische Masse, 1.000 Wohnungen der 16 Mitglieder, die weiteren öffentlichen Raums. Planungs-
schaft Spreefeld Berlin eG (Hg.): handbuch. Wien 2009
Spreefeld Optionsräume: Op- thek mit 4.000 Medien für die queere Community in Quartier sein kann. Hier finden Veranstaltungen statt, die gemeinschaftliche, öffentliche oder gewerbliche 600 Wohneinheiten werden mit ihren Trägern auf
tionsraum 2. Abzurufen unter: Deutschland. die teilweise explizit an das Quartier adressiert sind. Nutzungen ermöglicht und nutzt. Die Fallbeispiele freiwilliger Basis Mitglied. Gemeinsame quartiersüber-
sites.google.com/site/spreefel- Im Veranstaltungsraum des Projekts Wohnen mit weisen Größen zwischen 50 und 450 Wohneinheiten greifende Konzepte zur Mobilität und kleinteiligen
doptionsraeume/optionsraum-2
(besucht am 12.12.2016) Atmosphäre mit Bestand und Standort alles! wurden Bürgerbeteiligungen zur Planung des auf, eine Tendenz zur Vergrößerung der Projekte mit sozialen, kulturellen und kommerziellen Infrastruktur
Quartiers Nordbahnhof abgehalten, im Optionsraum einem höheren Gewerbeanteil zeichnet sich ab.75 Sie werden – finanziert durch 25 Cent pro Quadratme-
73 Fassbind, Tina: Wie geht
Hallenwohnen, Frau Wolf? Integrierte Bestandsgebäude als Kulturveranstal- des Projekts Spreefeld in Berlin fanden Workshops zur bestätigt sich durch das in Planung befindliche Projekt ter Geschossfläche – entwickelt. Ein gemeinsames
(Interview). Abzurufen unter: tungsräume bieten die Möglichkeit, die Geschichte Gestaltung des Spreeuferwegs statt. Ein zentral gele- Zollhaus in Bahnhofsnähe Zürich mit einem hohen Ge- Buchungsmanagement der unterschiedlichen Größen
www.tagesanzeiger.ch/zuerich/
des Standorts und damit des Projekts nach außen zu gener Ausstellungsraum im Projekt mehr als wohnen werbeanteil, das gerade fertiggestellte Projekt Zwicky und Lagen in den Projekten – zum Beispiel auch der
stadt/Wie-geht-Hallenwohnen-
Frau-Wolf/story/11669388 tragen: Das Bootshaus im Spreefeld in Berlin, ehemals in Zürich ist Schaufenster der Genossenschaft, Archiv Süd in Dübendorf bei Zürich mit 141 Wohneinheiten Coworkingspace im dritten Obergeschoß eines Lau-
(besucht am 12.12.2016) Patrouillenbootbunker der DDR, wird neben seiner und Vermittlung der Leitgedanken des Projekts und oder das im Bau befindliche Projekt Möckernkiez in bengangprojekts – wird zum Vermarktungsvorteil.
74 DomagkPark Genos- Funktion als Versammlungsort auch für kulturelle zu Geschäftszeitenzeiten öffentlich zugänglich. Einige Berlin mit ca. 470 Wohneinheiten.
senschaft eG (Hg.): Charta Veranstaltungen vermietet: „Ein bisschen trashig, der Projekte öffnen sich nicht nur über Räume, son-
Quartiervernetzung Domagk-
park (Funkkaserne). Abzurufen
abgefahren und geschichtsträchtig – echt Berlin dern auch über ein eigenes Veranstaltungsprogramm Quartiersvernetzung mit institutioneller Interviews
unter: www.domagkpark.de/ und ein cooler Ort!“71 Auch der Optionsraum 2, ein zwischen Kultur und Partizipation: Die Kalkbreite Unterstützung
files/domagk/dokumente/Char- 140 Quadratmeter großer Rohbau mit einer Höhe organisiert seit 2008 das Rosengarten-Programm. Laut Daniel Glaser, Wiener Wohnbauforschung, Wien, 19.09.2014
ta-Quartiersvernetzung-Domag-
von fünf Metern, mit einfachem Standard – ohne der ehemaligen Pressesprecherin Sabine Wolf sind Parallel zur Steigerung der Projektgrößen etablieren Dieter Groschopf, Geschäftsführer wohnfonds_wien, Wien,
kPark-2015-08.pdf (besucht am Charta Quartiervernetzung Domagkpark ( Funkkaserne )
WC – ausgebaut, aber zum Spreeufer offen, „wird für die Veranstaltungen „für uns ein wichtiger Prüfstand sich in Wien, München und Zürich quartiersbezo- 18.09.2014
06.01.2017)
kulturelle und gemeinschaftliche Seit geraumer Zeit erörtern
Veranstaltungen mitMünchener Wohnungsgesellschaften,
der eigenen Konzepte und Wohnbaugenossenschaften,
zugleich Schaufenster und gene Organisationsstrukturen, die Netzwerke über Klaus Kada, Bernd Vlay, Daniel Bammer, Architekten Wohn_Zimmer,
Baugemeinschaften und Bauträger, mit welchen Konzepten und Einzelbausteinen
73 sie zum guten Wien, 19.09.2014
den thematischen Schwerpunkten Kunst und Kultur/ Briefkasten der Projekte“.
Gelingen des Neubauquartiers auf dem Gelände des südlichen Teils der ehemaligen Funkkaserne
das einzelne Projekt hinaus bilden. In Wien werden
Achim Friedrich, Familienbüroleiter, Königsbrunn, 06.10.2014
beitragen wollen. Die Unterzeichnenden verpflichten sich für den Fall des Zuschlags für ein oder die Maßstabsebenen der Abstimmung erweitert:
Alfons Sonderegger, Präsident der FGZ, Zürich, 10.03.2015
mehrere Baufelder auf die verbindliche Mitwirkung bei der gemeinsamen Quartiersentwicklung Fünf gemeinschaftsorientierte Baugruppenprojekte
gemäß der nachfolgenden Bernd Vlay, Architekten Wohn_Zimmer, Wien, 19.09.2014
stimmen in der Seestadt Aspern in einem moderierten
Angelika Drescher, Geschäftsführerin von die zusammenarbeiter,
Charta Quartiersvernetzung Verfahren ihre Bauvorhaben parzellenübergreifend in Berlin, 04.12.2014
Bezug auf Grundstücksabgrenzung und Bebauungs-
Die unterzeichnenden Wohnungsgesellschaften, Wohnbaugenossenschaften, Baugemeinschaften
und Bauträger werden ihren Beitrag leisten zur Entstehung eines lebendigen und lebenswerten formen ab. Eine quartiersbezogene Abstimmung der
Quartiers im südlichen Teil der ehemaligen Funkkaserne. Infrastruktur der Seestadt entsteht mit dem Planungs-
Bei der Realisierung lassen sich die Unterzeichner von folgenden Überlegungen leiten:
handbuch „Partitur des öffentlichen Raums“ als Steuer-
ungsinstrument von Gehl Architects76, im neuen
 Neben der Errichtung von Wohnraum ist die Herstellung von Räumlichkeiten für eine kleinteilige Sonnwendviertel Ost wurde ein Stadtsockelzonen-
soziale, kulturelle und kommerzielle Infrastruktur , die den zukünftigen Bewohnern und weiteren
Interessenten, zur Nutzung offensteht, von entscheidender Bedeutung. Die vorhandenen management für das überhöhte Erdgeschoss eingeführt.
Freiflächen sind soweit als möglich einzubeziehen
 Darüber hinaus sind technisch-organisatorische Voraussetzungen zu schaffen, die eine Charta Quartiersvernetzung
Vernetzung der zukünftigen Bewohner und weiteren Akteure erleichtern und die Nutzung der
vorhandenen Infrastruktur befördern
 Die zukünftigen Bewohner und weiteren Nutzer sind – soweit als möglich – frühzeitig in die Im DomagkPark in München werden Quartiersthemen
Planung und Realisierung der Quartiersvernetzung einzubeziehen, damit sie ihr Quartier
inhaltlich und organisatorisch abgestimmt, nachdem
bestmöglich entsprechend den durchaus differenzierten Bedürfnislagen gestalten können.
 Eine frühzeitige Kooperation mit sozialen, kulturellen und kommerziellen Organisationen und in der benachbarten Parkstadt Schwabing mit 1.500
Dienstleistern, die im Rahmen der angestrebten Infrastruktur tätig werden wollen, wird Wohneinheiten und einem großen Gewerbeanteil
angestrebt.
jede soziale Infrastruktur fehlte. Bei der Entwicklung
 Das Konzept der Quartiersvernetzung ist offen für Erweiterungen über den südlichen Teil der
ehemaligen Funkkaserne hinaus. Die Einbeziehung der Bewohner und Nutzer insbesondere des des DomagkParks mit 1.600 Wohneinheiten soll-
nördlichen Teils der Funkkaserne und der Parkstadt Schwabing ist ausdrücklich gewollt und wird ten Bedürfnisse dieser Art frühzeitig berücksichtigt
angestrebt.
werden. Die nach dem ‚München Modell‘ definierte
In der Überzeugung, dass eine gedeihliche Quartiersentwicklung nur im Zusammenwirken und der Widmung der Baufelder bestimmte Zielgruppen wie
Absprache der Beteiligten untereinander gelingen kann, verpflichten sich die Unterzeichnenden auf Genossenschaften, Baugemeinschaften und Bauträ-
folgende – nicht abschließenden – Gegenstände und Themen der Zusammenarbeit:
ger. Die Ausschreibung und Vergabe der Baufelder
74
Einladung Sommerfest Verein DomagkPark, München „Charta Quartiersvernetzung“, DomagkPark, München

166 167
5.3 PROGRAMM

1 Einführung

2 Wohnprojekte

3 Stadt

4 Raum

5 Programm

6 Organisation

7 Fazit

8 Anhang

168
6 . 1 O R G A N I S AT I O N FÖRDERUNG

6 Organisation
Gemeinschaftliche Wohnprojekte streben danach, das Zusammenleben solidarisch und im Sinne des Gemein-
wohls zu organisieren und guten und bezahlbaren Wohnraum für eine langfristige Nutzung zu schaffen.
Organisation Förderung Rechtsform Partizipation
Entsprechend dieser Ziele müssen passende Rechtsformen und Trägerschaften für die Baugruppen gewählt
werden, um die sozialen Zielsetzungen mit den entsprechenden Organisationsformen in Einklang zu bringen.

Gem. Wohnbaugesellschaft
Da die Perspektive der vorliegenden Untersuchung auf die Sozialorientierung und Quartiersvernetzung gelegt

Unmittelbare Beteiligung
Zugangsermöglichung

Mittelbare Beteiligung
Öffentliche Förderung
wird, werden in diesem Kapitel weiterhin Aspekte der spezifischen Förderung gemeinschaftlicher Wohnpro-
jekte sowie ihre solidarischen Strukturen behandelt. In den verschiedenen Städten bildeten sich zudem Formen

Baugemeinschaft
Solidaritätsfonds

Verein I gGmbH
Genossenschaft
Wohneinheiten
der Beteiligung heraus, die formalisierte Partizipationsverfahren deutlich erweiterten.

Ort

Lebensort Vielfalt
Charlottenburg
Berlin, D
6.1 Förderung
Kalkbreite Zürich, CH

wagnis 4 Der Wohnungsbau und das Wohnen werden auf viel- Abwägung wichtig, inwieweit das Individualinteresse 1 Vgl. Senatsverwaltung für
München, D
Am Ackermannbogen fältige Art und Weise direkt oder indirekt öffentlich mit dem Allgemeininteresse übereinstimmt, also das Stadtentwicklung und Umwelt
Berlin (Hg.): IBA Berlin 2020.
gefördert (Objekt- und Subjektförderung). In diesem Gemeinwohl fördert. Sondierungspapier „Wohnungs-
Giesserei Kapitel soll nicht die Breite der öffentlichen Förde- bau und öffentliche Förderung“.
Winterthur, CH
Neuhegi
rung behandelt werden1, vielmehr ist der Blick auf die In Rheinland-Pfalz beispielsweise wird die ‚Mode- Aachen 2012. Abzurufen unter:
www.stadtentwicklung.berlin.
grundsätzliche Frage gerichtet, ob gemeinschaftliche rationsförderung für Bewohnergenossenschafts- de/staedtebau/baukultur/iba/
en famille
Tübingen, D Wohnprojekte öffentliche Förderungen benötigen initiativen‘ gewährt, da sich die Landesregierung download/studien/IBA-Stu-
Alte Weberei die_Wohnungsbau.pdf (besucht
und welche spezifischen Förderungen angewandt auch durch Neugründungen positive Effekte für den
am 20.02.2017)
Wohnen mit alles!
werden. Wohnungsmarkt erhofft. „Charakteristisch für das
Wien, A Wohnen in Genossenschaften sind neben geringeren 2 DGRV – Deutscher Genos-
Nordbahnhof senschafts- und Raiffeisenver-
Die gegenseitige Hilfeleistung bei Notlagen zählt zu Mieten im Vergleich zu den Durchschnittsmieten auf band e. V. (Hg.): Rheinland-Pfalz
den Grundprinzipien solidarischen Handelns. In den dem Wohnungsmarkt die Möglichkeiten zur Parti- fördert Gründung von genos-
Generationenpark Königsbrunn, D senschaftlichen Wohnprojekten.
gemeinschaftlichen Wohnprojekten haben sich inzwi- zipation und Mitbestimmung sowie das Nutzen des
Abzurufen unter: www.genos-
schen sehr differenzierte Formen der subsidiären Hilfe Kapitals nur im Sinne der Genossenschaft. Tradition, senschaften.de/rheinland-pfal
Grünmatt in Form von Solidaritätsfonds herausgebildet. Diese langfristiges Interesse an den Beständen und regio- z-f-rdert-gr-ndung-von-genos-
Zürich, CH senschaftlichen-wohnprojekten
Friesenberg Hilfen werden an manchen Orten auch auf Personen- nale Verbundenheit gelten als weitere Merkmale von
(besucht am 18.12.2016)
kreise erweitert, die materielle Zugangsschwierigkei- Genossenschaften.“2 Viele Wohnungsgenossenschaf-
Wohn_Zimmer ten haben. ten bieten zudem Dienstleistungsangebote für ältere
Wien, A
Sonnwendviertel Menschen, Kinder und Jugendliche oder Familien an.
Wenn eine neue Genossenschaft gefördert werden
Spreefeld Öffentliche Förderung will, muss sie mindestens 30 Prozent der Wohnungen
Berlin, D
Mitte
als geförderten Wohnraum im Rahmen der sozialen
Grundsätzlich bauen die Mitglieder gemeinschaft- Wohnraumförderung errichten. Die Gründung von
wagnisART
München, D licher Wohnprojekte aus einem Eigeninteresse. Indi- Baugemeinschaften wird hingegen nicht gefördert, da
Domagkpark
viduelle Nutzungserwägungen bestimmen die Art und diese primär dem Eigennutz dienen würden.
Weise der Wohn- und Lebensform. Für die Legiti-
mehr als wohnen
Zürich, CH mierung einer öffentlichen Förderung, die über die Diese Trennung – hier förderwürdige Genossenschaf-
Hunziker Areal
allgemeine Förderung hinausgeht, ist allerdings die ten, dort private Baugemeinschaften – wird oftmals

170 171
6 . 1 O R G A N I S AT I O N FÖRDERUNG

3 Soehlke, Cord: Bürgernahes nicht mehr geteilt. Vielmehr wird danach gefragt, ressenten, die gemeinschaftlich bauen wollen und
Bauen und kommunales Inter- welchen Beitrag die einzelnen Projekte für die Allge- eine Förderungen in Anspruch nehmen möchten. Die
esse – Tübinger Erfahrungen. In:
Kuhn, Gerd/Harlander, Tilman/ meinheit und für eine Quartiersentwicklung leisten Hamburgische Förder- und Investitionsbank „fördert
LBS – Stiftung Bauen und Woh- können. genossenschaftliche Baugemeinschaften, die ent-
nen (Hg.): Baugemeinschaften weder unter Aufbringung von Eigengeld und Selbst-
im Südwesten Deutschlands.
Stuttgart 2010, S. 42 Für den Tübinger Baubürgermeister Cord Soehlke hilfeleistungen eine Wohnungsbaugenossenschaft
müssen Baugemeinschaften einen Mehrwert schaf- gründen (Kleingenossenschaft) oder einer bestehen-
4 Landeshauptstadt München
(Hg.): Bericht zur Wohnungssi- fen, wenn diese – über die normalen Förderszenarien den Genossenschaft beitreten (Kooperation einer
tuation in München 2014–2015. hinaus – von den Gemeinden unterstützt werden Genossenschaft mit einer Bestandsgenossenschaft).
München 2016, S. 39 wollen. Eine Unterstützung und Förderung von Bau- Ziel dieser Förderung ist ein individuell gestaltetes
5 Vgl. Bundesamt für Bau-, gemeinschaften ist nach seiner Ansicht nur dann ge- und zugleich gemeinschaftlich orientiertes Wohnen
Stadt- und Raumforschung
rechtfertigt, „wenn gleichzeitig auch die Kommunen auf der Basis genossenschaftlichen Eigentums“.7 Es
(BBSR) im Bundesamt für
Bauwesen und Raumordnung und die Öffentlichkeit von ihnen profitieren. Anders werden auch Kleingenossenschaften gefördert oder
(BBR) (Hg.): Wohnungsgenos- formuliert: Um Baugemeinschaften mit öffentlichen Gruppen, die einer bestehenden Genossenschaft bei-
senschaften als Partner der
Ressourcen zu fördern, müssen ihre Qualitäten und treten. Baugemeinschaften, die individuelles Eigentum
Kommunen. Bonn 2016
Stärken gut zu den jeweiligen kommunalen Entwick- bilden wollen, können Mittel der Förderrichtlinie für
6 Vgl. münchen.de (Hg.):
lungszielen passen und diese in besonderer Form selbstgenutztes Wohneigentum in Anspruch nehmen.
Baugemeinschaften. Abzurufen
unter: www.muenchen.de/ unterstützen“.3 Als Ziel wird die Vergabe von 20 Prozent der Flächen
rathaus/Stadtverwaltung/Refe- für Baugemeinschaften genannt.8 In der östlichen
rat-fuer-Stadtplanung-und-Bau-
Baugemeinschaften werden in München als förder- Hafencity soll nun, nachdem eine soziale Unausgewo-
ordnung/Wohnungsbau/
Gemeinschaftliches-Bauen/Bau- fähig anerkannt, „da sich gemeinschaftliche Wohn- genheit der Belegung und Bauträger kritisiert wurde,
gemeinschaften.html (besucht projekte in besonderer Weise eignen, um alternative der Anteil für Baugemeinschaften – als Eigentums-
am 20.02.2017)
Formen des Zusammenlebens zu erproben und indivi- und als genossenschaftliche Projekte – bei rund
7 Hamburgische Investitions- duelle Lebensräume für Menschen mit unterschiedli- 15 Prozent liegen.9
und Förderbank (IFB): Bauge-
chen Bedürfnissen zu schaffen. Zudem geht es häufig
meinschaften. Förderrichtlinie
für Baugemeinschaften mit ge- auch um Barrierefreiheit, Ökologie und bezahlbare Die öffentliche Förderung gemeinschaftlicher Wohn- Baugemeinschaften im Wohnpark Am Ebenberg, Landau in der Pfalz
nossenschaftlichem Eigentum. Wohnkosten“.4 projekte kann nicht selbstverständlich erfolgen, da
Hamburg 2016, S. 5–6
dieses Wohnen – so Albrecht Göschel skeptisch –
8 Vgl. Drucksache 20/13326, Da gemeinschaftliche Wohnprojekte (Baugemein- weder eine normierbare, benachteiligte Lebenslage
Bürgerschaft der Freien und
Hansestadt Hamburg – 20.
schaften, Genossenschaften oder sonstige Vereini- darstellt oder ausschließlich von Benachteiligten hof-Viertel in Tübingen. Dort werden Sozialwohnun- In Landau in der Pfalz hat die städtische Bauverwal- 12 Vgl. Stadt Landau in der
gungen wie z. B. Mietshäuser Syndikat) in der Regel praktiziert wird noch einen Zweck des Allgemein- gen oder Flüchtlingswohnungen in die Baugemein- tung beispielsweise im neuen Quartier Am Ebenberg Pfalz: Bürgerhäuser neu
Wahlperiode, Anfrage vom
gedacht – Baugemeinschaften
17.10.14, S. 20. Abzurufen unter: verlässliche Partner der Stadtverwaltungen sind und wohls ohne unmittelbar erkennbaren privaten Nutzen schaften integriert. ein Baufeld für Baugemeinschaften reserviert. Die und Wohnprojekte in Landu in
www.gruene-fraktion-hamburg.
de/sites/default/files/dokument/
ambitionierte städtebauliche und soziale Ziele der bildet. „Ein staatliches, verregeltes und normiertes Vergabe der Grundstücke erfolgte durch ein Fest- der Pfalz. Landau 2015
13326_ska_olaf_duge.pdf Gemeinden mittragen, werden diese inzwischen in Fördersystem ‚Gemeinschaftliches Wohnen‘ kann In Wien müssen alle Wohnprojekte, die öffentliche preisverfahren; die Grundstücke sind nicht subven-
9 Vgl. Hansen, Angela: Hafen-
vielen Städten durch eine Quotierung von Bauflächen daher schwerlich zur Debatte stehen.“10 Göschel Fördermittel in Anspruch nehmen, ein Drittel der tioniert. Um die Chancen zur Gruppenbildung und
City Hamburg, bisherige Umset- explizit unterstützt.5 In München beispielsweise wer- schränkt diese Aussage allerdings insofern ein, indem Wohnungen dem Wohnservice Wien zur Verfügung Stabilisierung der Baugemeinschaften zu erhöhen,
zung und neue Entwicklungen, den in den großen städtischen Siedlungsgebieten er eingesteht, dass dann sehr wohl eine kommunale stellen. So wird die hohe soziale Durchmischung erfolgte die Vergabe der sonstigen Grundstücke an
u. a. Baakenhafen. In: Bundes-
verband Baugemeinschaften
Grundstücke in einem Umfang von 20 bis 40 Prozent Förderung sinnvoll sei, wenn das gemeinschaftliche in der Stadt gesichert. Will ein Wohnprojekt diese Bauträger zeitversetzt. Es gelang der Stadt, mit etwa
e. V./Landeshauptstadt Stuttgart der Gesamtflächen an Baugemeinschaften und Bau- Wohnen breitenwirksam realisiert werden soll. Er fo- Belegungsbindung vermeiden, um beispielsweise 46.000 Einwohnern eine gemeinschaftliche Baukultur
(Hg.): Baugemeinschaften in genossenschaften vergeben 6 und Genossenschaften kussiert die Unterstützungen besonders auf kommu- eine soziale Homogenität und geschlossene Identität zu begründen. Das Bauen mit den Bürgern wird dort
neuen Stadtquartieren. Bau-
und Wohnmodelle für Stuttgart.
über ein gesondertes Programm (München Modell- nale Beratungsleistungen, die zusätzlich neben den im Haus herzustellen, wie die Heimprojekte in Wien, zukünftig in den Stadtdörfern Landaus fortgesetzt.12
Tagung und Expertenhearing im Genossenschaften) gefördert. Regelförderungen erbracht werden sollten.11 so müssen diese Wohnprojekte Einschränkungen
Rathaus Stuttgart, 13.–14. Sep- hinnehmen. Erbpacht
tember 2013. Stuttgart 2014,
S. 37
In Hamburg gibt es eine lange Fördertradition Wichtiger als die Förderung der Beratung ist aller-
gemeinschaftlicher Wohnprojekte. Genossenschaf- dings die Integration von benachteiligten Gruppen Besonders in wachsenden Städten stellt der Mangel Da sich die Grundstücksvergabe oftmals als Schlüssel
10 Göschel, Albrecht: Gemein-
schaftliches Wohnen: (K)ein
ten – diese werden in Hamburg auch als ‚Bauge- in die Wohnprojekte. In der Regel wird die Inan- an ausreichendem Bauland ein nennenswertes Pro- zur Realisierung von gemeinschaftlichen Wohnpro-
neuer Wohnungsmarkt? vhw meinschaften‘ bezeichnet – werden bereits seit den spruchnahme von Wohnungsbaufördermitteln mit blem dar. Die bevorzugte Vergabe von Bauland an jekten erweist, erfährt das Instrument der Vergabe
FWS 5/2010, S. 251 1990er-Jahren unterstützt. Seit 2003 gibt es die der Verpflichtung verknüpft, eine Mietpreis- und/ gemeinschaftliche Wohnprojekte, auch zu einem nicht der Grundstücke in Erbpacht (Baurecht der Schweiz)
11 Vgl. ebenda Agentur für Baugemeinschaften mit einem eigenen oder Belegungsbindung einzugehen. Diese Praxis wird subventionierten Festpreis, stellt deshalb ein wichtiges in den letzten Jahren wieder eine vermehrte Anwen-
Förderprogramm. Die Agentur für Baugemeinschaften selbstverständlich auch in Baugemeinschaftsprojekten Instrument dar, die Chancen der Realisierung gemein- dung. Der Grundgedanke des Erbpachtrechts ist die
berät als erste Anlaufstelle Baugemeinschaftsinte- umgesetzt, wie beispielsweise im neuen Güterbahn- schaftlicher Wohnprojekte zu erhöhen. Trennung des Besitzes des Bodens von den Bauten.

172 173
6 . 1 O R G A N I S AT I O N FÖRDERUNG

13 Vgl. Wullers, Daniela: Erb- Die Bodenrente soll dabei der Gesellschaft zugute- Zürich verkauft die Stadt seit 1960 Grund und Boden Förderung von Genossenschaften • Genossenschaften 23 Prozent 16 Es gibt inzwischen eine
pachtrecht in den Niederlanden kommen und künftigen Generationen sollen weiterhin nicht mehr und vergibt die Grundstücke nur noch • Städtische Gesellschaften 35 Prozent Reihe von Publikationen, die die
am Beispiel Amsterdam. In: neue Bedeutung der Genos-
Stiftung trias (Hg.): Das Erbbau- Regulationsmöglichkeiten über die Bodenverwertung im Baurecht (Erbpacht). Die Dauer der Vergabe wird Genossenschaftliche Gemeinschaftsprojekte bieten • Bauträger Konzeptioneller Mietwohnungsbau senschaften betonen, u. a.:
recht. Ein anderer Umgang mit offenstehen. Für junge, kapitalschwache Baugruppen neuerdings auf die Formel 60 plus 2 gebracht: Das den Vorzug der langfristigen Sicherung von bezahl- 12 Prozent Bundesministerium für Verkehr,
Grund und Boden. Hattingen eröffnet wiederum die Übertragung des Grundstücks heißt, dass die Vergabe noch zweimal um jeweils 15 barem Wohnraum. Da Genossenschaften nicht mit • Sonstige (Israelitische Kultusgemeinde und Bau und Stadtentwicklung
2015, S. 40 (BMVBS) (Hg.): Erschließen von
in Erbpacht erst die Möglichkeit zur Finanzierung des Jahre bis auf 90 Jahre verlängert werden kann (vgl. dem gebildeten Wohnraum spekulieren, werden sie in Stadibau) 7 Prozent Genossenschaftspotentialen.
14 Zit. in: Novy-Huy, Rolf: Der Projekts. Das Wohnprojekt Lebensort Vielfalt in Berlin Fallstudie Grünmatt). einigen Städten bevorzugt kommunal gefördert.16 • 23 Prozent Eigentumswohnungen, davon: Bonn 2007; Bundesinstitut
Umgang mit Grund und Boden, für Bau-, Stadt- und Raumfor-
Menschen und Geld. In: Stiftung wäre beispielsweise ohne die Vergabe des Grund- • Bauträger Eigentum 9 Prozent
schung (BBSR) im Bundesamt
trias (Hg.): Das Erbbaurecht. Ein stücks in Erbpacht nur schwer zu realisieren gewesen. Die Erbpachtvergabe bleibt dennoch ein schwieriges In der Schweiz liegen die Mietzinsen der Genossen- • Baugemeinschaften 14 Prozent für Bauwesen und Raumord-
anderer Umgang mit Grund und Instrument der Stadtentwicklung. Zwar verbleibt das schaftswohnungen im Durchschnitt 20 Prozent nung (BBR) (Hg.): Wohnungsge-
Boden. Hattingen 2015, S. 18 nossenschaften als Partner der
Die niedrigen Zinsen auf dem Kapitalmarkt und die ‚Tafelsilber‘, die raren Grundstücke, im städtischen niedriger als im übrigen Wohnungsmarkt. Sie werden Genossenschaftliche Wohnungsbauvorhaben und Bau-
15 Novy-Huy, Rolf: Das Erbbau- Kommunen. Bonn 2016
oftmals der Kapitalentwicklung nicht angepassten ho- Besitz, unklar ist aber zumeist, welche Kontrollmecha- zu den gemeinnützigen Bauträgern17 gezählt, da sie gemeinschaftsprojekte werden in München gefördert.
recht in der Stiftung trias. In: 17 In der Schweiz und in
Stiftung trias (Hg.): Das Erbbau- hen Erbpachtzinsen führen dazu, dass von Baugrup- nismen etabliert werden können, um die bevorzugte keine gewinnorientierten Interessen verfolgen. In So war das Ziel des Programms ‚Wohnen in München V‘,
Österreich gibt es weiterhin den
recht. Ein anderer Umgang mit pen zurzeit kaum Erbpachtverträge abgeschlossen Vergabe der Grundstücke an eine Genossenschaft einem Leitfaden erklären die Genossenschaften ihr 20 bis 40 Prozent der städtischen Bauflächen in städ- Status der Gemeinnützigkeit.
Grund und Boden. Hattingen
werden. In den Städten selbst deutet sich ein Sinnes- langfristig zu rechtfertigen. Wird bei der Verlän- Modell folgendermaßen: „Wohnbaugenossenschaf- tischen Entwicklungsgebieten an gemeinschaftliche Als gemeinnützig werden dort
2015, S. 21 Wohnbauträger bezeichnet,
wandel an, nachdem in den letzten Jahrzehnten gerung der Erbpacht ein neues Konzeptverfahren ten arbeiten nicht gewinnorientiert. Das heisst, sie Wohnprojekte zu vergeben. Diese Baufelder konzen-
die gemäß ihren Statuten nicht
städtische Grundstücke in großem Umfang veräußert durchgeführt? Die Genossenschaften schrecken ihrer- erwirtschaften mit ihren Liegenschaften keinen Profit. trierten sich überwiegend in den Konversionsgebie- nach Gewinn streben und ihre
wurden. Die Städte erkennen, dass das Erbpachtrecht seits vor langfristigen und unklaren Verpflichtungen Sie verrechnen nur eine so genannte Kostenmiete, das ten.20 Im neuen Programm ‚Wohnen in München VI‘ Mietzinse nach dem Prinzip der
ein hilfreiches Instrument der Stadtentwicklung zur zurück. So haben sich beispielsweise in München oder heisst, lediglich so viel, wie sie die Wohnung (inklusive wurde diese Quote bekräftigt. Es soll den Wohnungs- Kostenmiete berechnen. Neben
Wohnbaugenossenschaften
Festlegung von sozialen und planerischen Zielsetzun- Tübingen kaum Baugruppen für einen möglichen Land, Baukosten, Unterhalt und Verwaltung) effektiv baugenossenschaften und Baugemeinschaften in gibt es auch gemeinnützige
gen sein kann. Während einige Städte in Europa auf Erbpachtvertrag entschieden. kostet. Die Immobilien können nicht weiterverkauft Zukunft die Möglichkeit gegeben werden, „fast im ge- Vereine, Stiftungen und
eine lange und ungebrochene Tradition zurückblicken werden und sind somit langfristig der Spekulation samten Stadtgebiet neue Wohnungen zu errichten“.21 Aktiengesellschaften.

– in Amsterdam wird seit 1896 der städtische Grund Die Stiftung trias sieht weiterhin die Bodenfrage als entzogen. Je älter eine genossenschaftliche Liegen- 18 Schweizerischer Verband für
Wohnungswesen SVW (Hg.):
überwiegend in Erbpacht vergeben, dort sind 80 Pro- den zentralen Ansatzpunkt zur sozialen Stadtentwick- schaft ist, desto günstiger wird sie im Vergleich zum Die Landeshauptstadt München bietet mit dem
Mehr als wohnen. Leben in
zent der Flächen in städtischem Besitz13 – öffnen lung an. In der Präambel dieser Stiftung steht: „Boden freien Wohnungsmarkt.“18 ‚München Modell‘ besonders auch mittleren Ein- einer Genossenschaft. Ein Leit-
sich andere Städte in jüngerer Zeit diesem Thema. In soll nicht als Ware behandelt werden. Wohn- und kommensbeziehern und Familien mit Kindern die faden der Schweizer Wohnbau-
genossenschaften. Zürich o. J.,
Lebensraum soll auch für weniger Begüterte und Bemerkenswert sind spezifische Förderprogramme Möglichkeit, in der Stadt Wohnungen zu tragbaren
S. 5
gesellschaftlich Benachteiligte sozial wie ökologisch einzelner Städte, die gezielt Genossenschaften unter- Mieten zu finden. Es gibt zwei Arten der Förderung:
19 Vgl. Konsortium Prinz Eugen
verträglich und identitätsfördernd zur Verfügung stützen, von diesen aber im Gegenzug einen sozialen das ‚München Modell‘ für Mieter und das ‚München
Park (Hg.): Karten Wohnen.
stehen.“14 Die Stiftung trias strebt – so ihr Geschäfts- Mehrwert oder Bindungen abverlangen. Modell‘ für Genossenschaftsmitglieder. Die Grundla- Abzurufen unter: www.
führer Rolf Novy-Huy – besonders die Kombination gen und Voraussetzungen sind in beiden Programmen prinzeugenpark.de/wohnen/
karten-wohnen.html (besucht
von Genossenschaften und Erbpachtvergabe von Beispielhaft für die Förderung von Genossenschaften dieselben.
am 23.12.2016)
trias-Grundstücken an, da diese eine sinnvolle Syn- ist München. Der Anteil der rund 40 Genossenschaf-
20 Vgl. Landeshauptstadt
these der unterschiedlichen Zielsetzungen darstellt ten liegt bei fünf Prozent des Gesamtwohnungs- „So funktioniert’s:
München (Hg.): Bericht zur
und jeweilige Stärken und Schwächen ausgleicht. Die bestands und ist damit deutlich niedriger als in • Die Stadt vergibt sozial gebundene Grundstücke Wohnungssituation in München
Genossenschaft fördert ihre eigenen Mitglieder und Hamburg, Berlin oder in Stuttgart. Die bayerische Lan- zum einheitlichen, lageunabhängigen Preis von 2014–2015. München 2016,
S. 39
errichtet langfristig nutzbaren, nicht spekulativen deshauptstadt will langfristig sozial stabile Strukturen 375 Euro pro Quadratmeter Geschossfläche
Wohnraum, und die Stiftung trias verwendet Erlöse in den städtischen Planungsgebieten sichern. Dies (erschließungsbeitragsfrei) in einem Auswahlverfah- 21 Ebenda, S. 41
der Grundstücksverpachtung für gemeinnützige kann am besten durch Mischung der Quartiere mit ren an Bauträger oder Genossenschaften zum Bau
Zwecke. Die Stiftung sieht in dieser Kooperation gute geförderten und frei finanzierten Wohnungen und von Miet-/Genossenschaftswohnungen.
Chancen für eine langfristige und sozial nachhaltige mit Miet- und Eigentumswohnungen für möglichst • Um günstige Eingangsmieten ab 7,50 Euro zu
Quartiersentwicklung.15 In verschiedenen Projek- viele Einkommensgruppen und verschiedene Zielgrup- erreichen, kann der Investor zusätzlich städtische
ten, wie in der ExRotaprint in Berlin, konnte dieses pen geschehen. Ziel der unterschiedlichen Förderun- Finanzhilfe in Form eines zinsgünstigen Darlehens in
Konzept angewandt und die lebendige Mischung von gen ist, die ‚Münchner Mischung‘ herzustellen. Im Anspruch nehmen.
Ateliers und Gewerbe dauerhaft gesichert werden. Prinz Eugen Park wird derzeit der Anteil des geförder- • Die Bindungsdauer beträgt 25 oder 40 Jahre (bei
ten Wohnungsbaus auf 50 Prozent aller Wohnungen ab 2014 errichteten Neubauten immer 40 Jahre) –
gelegt. Es werden dort sowohl Wohnungen in Miete während dieser Frist dürfen die Wohnungen ohne
als auch in Eigentum errichtet:19 77 Prozent Mietwoh- Zustimmung der Stadt München nicht verkauft
nungsbau, davon: werden.
• Bei Errichtung der Wohnungen gelten die Anforde-
rungen des ökologischen Kriterienkatalogs der Stadt
ExRotaprint in Berlin

174 175
6 . 1 O R G A N I S AT I O N FÖRDERUNG

22 münchen.de (Hg.): Das und die Wohnflächenobergrenzen der staatlichen Obwohl das ‚München Modell-Genossenschaften‘ Voraussetzung für die Gewährung der Förderung Förderung im ‚Wiener Modell‘ 24 Effern, Heiner: Stadtrats-
Programm „München Modell“ Wohnraumförderbestimmungen für den geförder- sich vorrangig an Familien mit mittleren Einkommen ist die Einhaltung definierter Kriterien. So wird das beschluss: 870 Millionen Euro
für Mieter. Abzurufen unter: für neue Wohnungen. In: Süd-
www.muenchen.de/rathaus/ ten Mietwohnungsbau. richtet, streben die beiden neuen Münchner Genos- Einkommen begrenzt – innerhalb des Artikel 11 Die europaweit sehr aufmerksam wahrgenommenen deutsche Zeitung, 15.11.2016.
Stadtverwaltung/Referat- senschaften WOGENO eG und wagnis eG dennoch des Bayerischen Wohnraumförderungsgesetzes Wiener Wohnprojekte beruhen in der Regel nicht auf Auf dem offiziellen Stadtportal
fuer-Stadtplanung-und- Miethöhe: eine breite Durchmischung an und folglich eine (BayWoFG) –, der Hauptwohnsitz oder Arbeitsplatz innovativen Trägerformen. Prägend ist vielmehr eine münchen.de werden 50–60 Pro-
Bauordnung/Wohnungsbau/ zent der Münchener Haushalte
Muenchen-Modell- • Die Anfangsmiete für die ersten fünf Jahre hängt Öffnung für alle Einkommensgruppen. Selbst in den muss ohne Unterbrechung seit mindestens drei Jahren Kooperation von Baugemeinschaften oder Vereinen bleiben förderfähig. Vgl. www.
Mietwohnungen.html (besucht von der Lage im Stadtgebiet ab. Die Höhe liegt experimentellen Clusterwohnungen in wagnisART im Stadtgebiet München liegen und es müssen die mit gemeinnützigen Bauträgern. In diesem Modell muenchen.de/akttuell/2016-11/
am 26.10.2016) zwischen 7,50 Euro und 11 Euro je Quadratmeter wird das Mischungskonzept beibehalten. Zugangskriterien geprüft sein (Berechtigungsschein). werden einerseits die Risiken der Bauenden reduziert, wohnungsbauprogramm-
wohnen-in-muenchen-VI.html
23 Referat für Stadtplanung Wohnfläche (Netto-Kaltmiete) im Monat. Ziel ist es, gleichzeitig wird ein immer noch vergleichsweise (besucht am 24.11.2016)
und Bauordnung, München 20 bis 25 Prozent unter der ortsüblichen Vergleichs- Das Programm ‚München Modell-Genossenschaften‘ München will langfristig sozial stabile Strukturen in sehr großer Spielraum für Selbstbestimmung und
(Hg.): München Modell-Genos- 25 mitbauzentrale münchen
senschaften – 2016, S. 1. Abzu- miete zu bleiben. soll grundsätzlich Impulse für den Genossenschafts- den städtischen Planungsgebieten sichern und die Gemeinschaftlichkeit eingeräumt. Robert Temel stellt (Hg.): Die mitbauzentrale mün-
rufen unter: www.muenchen. • Die Anfangsmiete erhöht sich um 0,15 Euro pro bau in München geben und langfristig bezahlbaren Bauflächen für möglichst viele Einkommensgruppen fest, dass für „die Bauträger […] das Modell insbe- chen. Abzurufen unter: www.
de/rathaus/dam/jcr:78af6e32- Quadratmeter Wohnfläche, wenn die Wohnung Mietwohnungsbau sichern. Es gibt eine festgelegte und verschiedene Zielgruppen in einer Mischung von sondere dann interessant (ist), wenn es Zugang zu mitbauzentrale-muenchen.de/
f8ab-41a0-9827-8baa0e5bb48e/ angebote-der-mitbauzentrale.
MM-Genossenschaften_ in einem Gebäude liegt, das dem energetischen Eingangsmiete, aber keine Belegungsbindung. „Die gefördertem und frei finanziertem Wohnungsbau und Grundstücken verschafft bzw. anderweitig schlecht html (besucht am 21.12.2016)
Infoblatt2016.pdf (besucht am Standard eines KfW-Effizienzhauses 55 oder besser Wohnungen […] dürfen aber nur an Mitglieder der von Miet- und Eigentumswohnungen ausschreiben. verwertbare Grundstücke nutzbar macht und wenn
16.03.2017). 26 Temel, Robert: Baugemein-
entspricht. Genossenschaft vergeben werden, wobei zur Bele- Inzwischen haben „mehr als die Hälfte aller Münchner es den Marketingaufwand reduziert, weil die Gruppe schaften in der Wiener Seestadt
• In den ersten fünf Jahren nach Erstbezug einer gung von 50 Prozent der gebundenen Wohnfläche ein Anrecht auf eine geförderte Wohnung“24, so der die Mitgliederwerbung selbst erledigt. Weiters ist Aspern. Wien 2012, S. 18.
Neubauwohnung im München Modell sind keine neue Genossenschaftsmitglieder aufzunehmen SPD-Planungssprecher Amlong. durch solche ‚Sonderprojekte‘ erhöhte mediale und 27 Die Sozialbau ist beispiels-
Mieterhöhungen zulässig. sind.“23 Mit den Genossenschaftswohnungen soll politische Aufmerksamkeit und somit zusätzliche Wer- weise die größte gemeinnützige
Wohnbaugenossenschaft Öster-
• Für Mietanhebungen ab dem sechsten Jahr nach langfristig bezahlbarer Wohnraum gesichert werden. Damit sich eine innovative Kultur des gemeinschaft- bewirkung und Positionierung für den Bauträger zu
reichs. Sie verwaltet 48.285
Erstbezug gelten während der gesamten Bindungs- Deshalb dürfen die Wohnungen bis 40 Jahre nach lichen Bauens entfalten kann, wurde zudem die mit- erwarten“.26 Von den „Genossenschaften“27 gehen Miet- und Eigentumswohnun-
dauer mieterfreundliche Regelungen. Fertigstellung ohne Zustimmung der Landeshaupt- bauzentrale münchen eingerichtet, die seit Oktober in Wien in der Regel keine erneuernden Impulse für gen, 522 Geschäftslokale und
27.907 Garagenplätze. Der Um-
• Die genauen Regelungen müssen zum Schutz der stadt München nicht verkauft werden. 2014 kostenlos Baugemeinschaften und Baugenos- das gemeinschaftlich partizipative Wohnen aus wie
satz betrug zuletzt 48,21 Milli-
Mieterinnen und Mieter (bei Neubauten ab 2014) senschaften berät. Die mitbauzentrale münchen will beispielsweise in Zürich, München oder Hamburg. onen Euro – der Bilanzgewinn
auch in die Mietverträge aufgenommen werden.“22 gemeinschaftsorientierte Wohnprojekte auf den Weg
bringen. Sie informiert über mögliche „Organisati-
onsformen (Baugemeinschaften, Baugenossenschaf-
ten, Mietergemeinschaften) und berät interessierte
Wohnbaugenossenschaft wagnis eG Gruppen über Grundlagen und Voraussetzungen Verteilung Wohnbauarten
3. Beispielwohnung 45 m²
der Realisierung von Wohnprojekten (Finanzierung, „Konzeptioneller Mietwohnungsbau – KMB“
Planung, Förderung, Durchführung etc.). Die Beratung (gemäß Beschluss des Stadtrates vom 24.07.2013)
EOF Einkommens-Orientierte Förderung
MMG München Modell Genossenschaft
richtet sich explizit an Menschen aller Alters- und Ein-
KMB Konzeptioneller Mietwohnungs-Bau kommensgruppen, unterschiedlicher Haushaltsformen
50 % geförderter Wohnungsbau 50 % frei finanzierter Wohnungsbau
Wohnfläche 45 m² EOF 1 EOF 2 München Modell III München Modell IV KMB *2 und Herkunft sowie an Menschen mit Behinderung
und besonderen Bedürfnissen“.25 Es gelang 2015 mit
Monatliche Kosten Einkommensorientierte Förderung/ frei finanzierter Wohnungsbau –
Nutzungsentgelt netto (je m²) (9,40 €) 423,00 € (9,40 €) 423,00 € Unterstützung der mitbauzentrale münchen, fünf KomPro 30% ohne Bindung 20%
Nutzungsentgelt netto (je m²) *1 (5,65 €) 254,25 € (6,65 €) 299,25 € (9,60 €) 432,00 € (10,50 €) 472,50 € (12,40 €) 558,00 €
Nebenkosten inkl. Heizung (je m²) (2,00 €) 90,00 € (2,00 €) 90,00 € (2,00 €) 90,00 € (2,00 €) 90,00 € (2,00 €) 90,00 €
neue Wohnbaugenossenschaften zu gründen.
Nutzungsentgelt brutto ohne Auto 344,25 € 389,25 € 522,00 € 562,50 € 648,00 €

TG-Stellplatz pro Monat 60,00 € 60,00 € 60,00 € 60,00 € 60,00 € Es hat sich inzwischen in München eine lokale Kultur
Nutzungsentgelt brutto mit Auto 404,25 € 449,25 € 582,00 € 622,50 € 708,00 €
herausgebildet, die nicht nur den geförderten Woh-
nungsbau, sondern auch das gemeinschaftliche Bauen
Geschäftsanteile (GA) = einmalige Kosten
GA Pflichtanteil (je Erwachsener) 1.000,00 € 1.000,00 € 1.000,00 € 1.000,00 € 1.000,00 € unterstützt. In dem neuen Programm ‚Wohnen in
GA Wohnung (je m²) *3 (150,00 €) 7.000,00 € (400,00 €) 18.000,00 € (750,00 €) 34.000,00 € (800,00 €) 36.000,00 € (850,00 €) 39.000,00 €
GA Tiefgarage / Wohnen ohne Auto 2.000,00 € 2.000,00 € 2.000,00 € 2.000,00 € 2.000,00 €
München VI‘, das im November 2016 beschlossen
Kosten ohne Auto 10.000,00 € 21.000,00 € 37.000,00 € 39.000,00 € 42.000,00 € wurde, wird dieser Weg konsequent fortgesetzt und
GA Tiefgarage / Wohnen mit Auto zuzgl. 6.000,00 € 6.000,00 € 6.000,00 € 6.000,00 € 6.000,00 € die signifikante Förderung gemeinschaftlicher Wohn-
Kosten mit Auto 16.000,00 € 27.000,00 € 43.000,00 € 45.000,00 € 48.000,00 €
projekte weiter ausgebaut. So wurde der ‚konzeptio-
nelle Wohnungsbau‘, der eine langfristige Bindung (bis
Wichtige Hinweise: 60 Jahre) vorsieht, nach einer Probephase verstetigt. München Modell-Eigentum/-Miete/ Konzeptioneller
- Alle Zahlen stellen Annahmen dar und können sich für jedes Projekt unterscheiden
*1 -Genossenschaften 20% Mietwohnungsbau 30%
abzüglich Zuschuss Wohnungsamt
*2
Grundstückspreis KMB und damit die Miete KMB werden von der Stadt festgelegt
*3
Alle Summen GA werden auf 1.000,00 € aufgerundet

Beispielwohnung 45 qm wagnis (EOF1/EOF2/München Modell III und IV und KMB) Verteilung der Wohnbauarten München

160506-Finanzierungsunterlagen.xlsx
176 177
6 . 1 O R G A N I S AT I O N FÖRDERUNG

4,6 Millionen. Es muss aber Von zentraler Bedeutung scheint in Wien weniger die schaftsprojekte kennzeichnet, nämlich das Bauen Die Wiener gemeinschaftlichen Wohnprojekte den Verein kein Leerstandrisiko. Die Erfahrungen sind 33 Initiative gemeinschaftliches
deutlich zwischen den jewei- Trägerschaft, als vielmehr die Grundlage der Woh- ohne Bauträger, ist in Wien nicht sehr verbreitet. können grundsätzlich zwischen den zwei Wegen und daher ambivalent: „In der Praxis hat sich gezeigt“, Bauen und Wohnen: Bauen und
ligen Formen unterschieden Wohnen Dokumentation der
werden. Vgl. Verein Initiative nungsgemeinnützigkeit mit hoher Objektförderung Fördermöglichkeiten – Mietmodell und Heimmodell – so Robert Temel, „dass die Menschen, die über das Workshopreihe „Gemeinsam
für gemeinschaftliches Bauen und die Bauträgerwettbewerbe zu sein. Die Vergabe Eine Ausnahme stellt das Wohnprojekt B.R.O.T. in der wählen: Wohnservice ins Haus kommen, weniger Interesse am Bauen und Wohnen in der
und Wohnen (Hg.) (2015): der Baugrundstücke und die Wettbewerbe werden Seestadt Aspern dar. Der Verein baute ohne Bauträ- Gemeinschaftsleben zeigen. Ausserdem tendieren Praxis“, Workshop 5: Förde-
Gemeinsam Bauen Wohnen rungen für Baugruppen , S. 2.
in der Praxis. Workshopreihe über den wohnfonds_wien geregelt. ger und bildet auch kein privates Wohnungseigentum. Im Mietmodell bilden sich Gruppen bereits vor der viele Bauträger zur Minimierung der gemeinschaftlich Abzurufen unter: baugruppen.
2014 über, für und mit Bau- „Etwa 30 % der Gesamtbaukosten werden durch ein Bauphase und legen ihre grundlegenden Ziele fest. genutzten Fläche zu Gunsten der finanziell lukrati- files.wordpress.com/2014/06/
gruppen in Wien. Wien 2015, Der wohnfonds_wien wurde 1984 als Bodenbereit- auf 35 Jahre mit 1 % verzinstes Wohnbauförder- Dies unterscheidet sie von normalen Wohnprojekten veren individuell vermietbaren Flächen.“33 Möchten dokumentation-ws5.pdf
S. 18. Abzurufen unter: www. (besucht am 25.02.2017)
aspern-seestadt.at/resources/ stellungs- und Stadterneuerungsfonds gegründet. darlehen des Landes Wien gedeckt. Etwa 70 % im gemeinnützigen Wohnungsbau. Zentral ist die eigentumsorientierte Baugruppen, die in Wien nicht
files/2015/11/5/4026/aspern Während in den Gründungsjahren die Altbausanie- werden durch den Verein gedeckt. Dabei belaufen Kooperation der Baugruppe mit einem Bauträger. verbreitet sind, öffentliche Wohnungsbaufördermittel
baugruppen-gesamt-issuu.pdf rung im Zentrum stand, entwickelte sich der wohn- sich die Eigenmittel der Mitglieder auf etwa 20 % der Der Bauträger realisiert in enger Abstimmung mit in Anspruch nehmen, so sind sie ebenfalls verpflichtet,
(besucht am 21.12.2016) „Die in
Deutschland übliche Form der fonds_wien seit 1995 zur zentralen Steuerungsstelle Gesamtbaukosten, der Rest wird als Hypothekarkredit der Baugruppe das Wohnprojekt und schließt dann dem Wohnservice Wien ein Drittel der Wohnungen
Genossenschaft ist in Österreich für den innovativen Wohnungsbau in Wien. Seit aufgenommen. Die 20 % Eigenmittel werden üblicher- individuelle Mietverträge ab. Vertraglich wird mit der zur Verfügung zu stellen.
für Baugemeinschaften kom- 1995 wurden über 50 sogenannte Bauträgerwett- weise innerhalb eines Monats nach Aufnahme als Mit- Gruppe die Vergabe der Wohnungen geregelt und es
plett unbekannt. Jedoch ver-
birgt sich hinter diesen Vereinen bewerbe28 ausgerichtet. Ein Vier-Säulen-Modell glied eingebracht (aktuell sind dies etwa 403,– Euro je wird ein Belegungsrecht vereinbart, welches auch das Das Heimmodell ist ein für die gemeinschaftlichen
eine Vielfalt von Formen der definiert die Qualitätskriterien, die der Vergabe der m² Wohnnutzfläche).“31 Verfahren nach dem Auszug einer Mietpartei klärt. Wohnprojekte Wiens wichtiges Modell, das es in der
Wohnungsüberlassung.“ Temel, Grundstücke zugrunde gelegt werden: Architektur, Schweiz oder in Deutschland in dieser Form nicht
Robert: Baugemeinschaften in
der Wiener Seestadt Aspern. Ökonomie, Ökologie und – seit 2009 – auch soziale Die Jurys in Wettbewerben des wohnfonds_wiens In dem Frauenwohnprojekt KalYpso im Kabelwerk gibt. Ein exponiertes Beispiel für das Heimmodell ist
Wien 2012, S. 17 Nachhaltigkeit.29 Unabhängig davon, wer Grund- sind stets interdisziplinär besetzt. Ziel ist, durch das beispielsweise haben die Frauen einen Vertrag die Sargfabrik, die 1996 realisiert wurde und lange
28 Vgl. Cavaleiro, Patrick: Wie- stückseigentümer der Liegenschaft ist, und generell Verfahren eine umfassende Qualitätssicherung durch unterzeichnet, in dem mit dem Bauträger wiederum Zeit alleiniges Referenzprojekt für gemeinschaftliches
ner Mut. Deutsches Architek- für jene Projekte, die Wohnbaufördermittel beanspru- Berücksichtigung der vier Kriterien des Säulenmodells Vereinbarungen, wie beispielsweise die Nachbelegung Bauen und Leben war.
tenblatt, 2/2015 chen, ist ab einem Volumen von 300 Wohneinheiten zu erreichen. Die seit 2009 hinzugekommene vierte von Wohnungen, getroffen wurden. Eine vollstän-
29 Vgl. Interview mit Dieter ein Bauträgerwettbewerb in Kooperation mit dem Säule – soziale Nachhaltigkeit – umfasst folgende Kri- dige Mitbestimmung im Haus ist über den Verein Im Heimmodell können die Qualitäten, die ge-
Groschopf
wohnfonds_wien durchzuführen.30 Bei kleineren terien: „Geförderter Wohnraum soll unterschiedlichen jedoch nicht möglich, da im Mietmodell ein Drittel meinschaftliches Bauen und Wohnen grundsätzlich
30 Groschopf, Dieter/Trojan, Grundstücken unter 300 Wohneinheiten wendet Nutzungen, NutzerInnengruppen und Wohnformen der Wohnungen über den kommunalen Wohnservice auszeichnen, uneingeschränkt realisiert werden:
Michaela: Der geförderte
der Grundstücksbeirat, wenn öffentliche Mittel in durch vielfältig nutzbare Grundrisse, Erschließungs- Wien belegt werden. Diese sogenannte Angebotsver- Selbstbestimmung, Selbstverwaltung und Selbstver-
Wiener Wohnungsneubau. In:
Planerin 4/2013, S. 33 Anspruch genommen werden, dieselben Qualitäts- und Gemeinschaftsflächen und Außenbereiche pflichtung erschwert die Interessenshomogenität des antwortung. Gleichberechtigte Personen entscheiden
kriterien an. entsprechen. Auf Alltagstauglichkeit und Reduktion Wohnprojekts, erfüllt aber die Sozialverpflichtung der sich in einem demokratischen Prozess, gemeinsam
31 Verein Initiative für gemein-
schaftliches Bauen und Wohnen der Errichtungs- und Bewirtschaftungskosten durch Stadt Wien. zu planen, zu bauen und nach Fertigstellung des Ge-
(Hg.) (2015): Gemeinsam Im Regelverfahren müssen sich Architektenteams und geeignete Planung ist zu achten. Soziale Durch- bäudes zusammenzuleben. Das Gebäude wird aber,
Bauen Wohnen in der Praxis.
Bauträger zusammenschließen, ein Projekt gemein- mischung, Mitbestimmungskonzepte, Hausorganisa- In Wien entscheiden sich besonders jene Wohnpro- ähnlich wie bei dem Genossenschaftsmodell, der
Workshopreihe 2014 über, für
und mit Baugruppen in Wien. sam planen und dieses der Jury des wohnfonds_wien tion, identitätsstiftende Maßnahmen und Vernetzung jekte für das Mietmodell, deren finanzielle Lage – die individuellen Verfügung entzogen.
Wien 2015, S. 48. Abzurufen vorlegen. Wenn eine positive Juryempfehlung vor- mit sozialer Infrastruktur sollen gestärkt werden.“32 Zielgruppe der Frauenprojekte besteht zum Großteil
unter: www.aspern-seestadt.at/
liegt, können diese das Projekt gemeinsam realisieren. aus alleinstehenden Frauen – es nicht zulässt, Eigen- „Was die Wohnbauförderung betrifft, gibt es
resources/files/2015/11/5/4026/
aspernbaugruppen-gesamt- Ein Grundprinzip, das die deutschen Baugemein- tum zu bilden. Anders als im Heimmodell besteht für zwischen Heim- und Mietmodell bei der gleichen
issuu.pdf (besucht am
21.12.2016)

32 wohnfonds_wien (Hg.): Be-


urteilungsblatt 4-Säulen Modell.
Stand März 2015. Abzurufen
unter: www.wohnfonds.wien.
at/media/file/Neubau/4-Sau-
len-Modell.pdf (besucht am
21.12.2016)

Gemeinschaftliches Wohnprojekt B.R.O.T. in der Seestadt Aspern, Frauenwohnprojekt KalYpso im Sargfabrik Wien H eimprojekte LiSA in Aspern, Wien H eimprojekte Seestern in Aspern, Wien
Wien Kabelwerk Wien

178 179
6 . 1 O R G A N I S AT I O N FÖRDERUNG

34 Ebenda Anzahl an Gemeinschaftsräumen kaum finanzielle ten Gemeinschaft ist und sich immer zum Quartier
35 Ebenda Unterschiede. Beim Heimmodell bekommt man eine öffnete (beispielsweise durch das Badehaus und die
Grundförderung und einen Pauschalsatz für gemein- Veranstaltungsräume). Aktuell entwickeln Mitglieder
36 Ebenda
schaftliche Flächen, weil jede/r Bewohner/in eigentlich der Sargfabrik und Nachbarn das Leitbild für die Platt-
37 Verein Initiative für ge-
nicht Mieter/in, sondern ‚Heimbewohner/in‘ ist.“34 form ‚Lebenswertes Matznerviertel‘.
meinschaftliches Bauen und
Wohnen (Hg.): Gemeinsam Im Heimmodell gelten nicht die Bestimmungen des
Bauen Wohnen in der Praxis. Mietrechts (es gibt nur Nutzungsverträge) und eine Die strukturellen Probleme, die sich aus den insze-
Workshopreihe 2014 über, für
niedrigere Nachweispflicht für Pkw. Für Nichtöster- nierten Gemeinschaften ergeben, zeigen sich gerade
und mit Baugruppen in Wien.
Wien 2015 , S. 62. Abzurufen reicher geradezu opulent erscheint der hohe Anteil am Baugemeinschaftscluster in der Seestadt Aspern.
unter: www.aspern-seestadt.at/ an Gemeinschaftsflächen. „Seit einiger Zeit gibt es In diesem Cluster wollten die Stadt Wien und die
resources/files/2015/11/5/4026/
aber vermehrt die informelle Forderung, dass 25 % Entwicklungsgesellschaft die Potenziale der Bauge-
aspernbaugruppen-gesamt-
issuu.pdf (besucht am der Flächen auch tatsächlich als Gemeinschaftsräume meinschaften erkunden. Die ersten fünf Baugemein-
25.02.2017) nachgewiesen werden müssen. Außerdem gibt es schaftsprojekte in der Seestadt Aspern wurden in
38 Temel, Robert: Baugemein- beim Heimmodell striktere Vorgaben was beispiels- einem gemeinsamen Block realisiert. Die Projekte
schaften in der Wiener Seestadt weise die rigiden (und teuren) Brandschutzmaßnah- selbst waren von großen Unterschiedlichkeiten (von
Aspern. Wien 2012, S. 62.
men betrifft. Dennoch ist das Mietmodell immer noch spirituellen bis zu pragmatischen Gemeinschaften)
die genossenschaftlichste und basisdemokratischste geprägt.
Wohnform überhaupt.“35
Die Wien 3420 AG und der wohnfonds_wien wollten
Ein wesentlicher Vorzug des Heimmodells ist, dass für das etwa 8.000 Quadratmeter große Baufeld D13
auch Gemeinschaftsflächen gefördert werden können im Süden des Wohnbauareals kooperative Prozesse
(dafür erhält man für Wohnflächen nur die Minimal- durchsetzen. „Zwischen fast allen aneinandergren-
förderung) und dass keine ‚Fremdbelegungsverpflich- zenden Baugemeinschaften kam es zu schwierigen
tung‘ (Angebotswohnungen) durch die Stadt Wien/ und langwierigen Abstimmungsprozessen bezüg-
den Wohnservice bestehen. Dadurch entstehen lich Grundstücksgrenzen, Abstandsbereichen und
weniger Konflikte in den Baugruppen, aber das Grund- Rücksprüngen vom öffentlichen Gut.“38 Die Jury
prinzip der österreichischen Wohnungspolitik, die stellte daher einen großen Abstimmungsbedarf fest
breite soziale Mischung herzustellen, wird dabei und bot an, diesen Abstimmungsprozess zu begleiten. Flyer „Lebenswertes Matznerviertel“ Internationale Badekultur Babyschwimmen im Badehaus Sargfabrik
konterkariert. In Wien bilden sich in den Heim-Wohn- In einem späteren Kolloquium wurde die Erwartung
projekten tendenziell weiterhin ‚inszenierte Gemein- geäußert, dass die Baugruppen offen für eine koope-
schaften‘, die noch nicht die Kraft kooperativer und rative Projektentwicklung seien. Von ihnen wurde
quartiersoffener Wohnprojekte entfalten. Ähnliches wie von professionellen Wohnbauträgern
erwartet, nämlich Kooperation. es bezüglich der Synergien (Gemeinschaftsräume, Solidaritätsfonds 39 Verein Initiative für ge-
Das Heimmodell gibt es in Wien seit einem Viertel- Erdgeschossnutzungen, Marketing) nur wenig Verän- meinschaftliches Bauen und
Wohnen (Hg.): Gemeinsam
jahrhundert. Es gerät aber seither regelmäßig in die Es gab 2012 ein von der Wien 3420 AG finanziertes derungen durch die Kooperation gab, war die Bau- Gemeinschaftliches Wohnen beruht auf einem soli- Bauen Wohnen in der Praxis.
Kritik. Der grundsätzliche Vorwurf lautet, dass die Moderationsverfahren, das die Themenschwerpunkte platzaufteilung und -abstimmung ein sehr intensiver, darischen Miteinander der Baugruppenmitglieder. Jen- Workshopreihe 2014 über, für
Baugruppenhäuser keine wirklichen Heime seien und gemeinsamer Freiraum, baugruppenübergreifende teils auch kontroverser Prozess, der jedoch insgesamt seits der sozialstaatlichen Hilfen haben sich Formen und mit Baugruppen in Wien.
Wien 2015 , S. 24. Abzurufen
dass sich bestimmte Gruppen die Förderungen „nur technisch-planerische Infrastruktur, Gemeinschaftsein- erfolgreich verlief und zu einem sehr guten räumli- und Praktiken entwickelt, die auf einer solidarischen unter: www.aspern-seestadt.at/
erschleichen wollen“36. Die Befürworter betonen hin- richtungen und das Zusammenleben im Baugemein- chen Gesamtkonzept führte sowie zu gut aufeinander Hilfe für einzelne Mitglieder beruhen, die in Notlagen resources/files/2015/11/5/4026/
gegen, dass „offensichtlich nicht bedacht wird, dass schaftscluster umfasst. abgestimmten Einzelprojekten.“39 geraten sind. In der Regel werden die Hilfen subsidiär aspernbaugruppen-gesamt-
issuu.pdf (besucht am
dieses Modell die einzige Möglichkeit ist, im Rahmen gewährt. Zudem werden Formen der individuellen 25.02.2017)
der Wohnbauförderung Gemeinschaftseigentum Der Verein Initiative für gemeinschaftliches Bauen und Erleichtert hätte die Realisierung des ersten Bauge- Unterstützung angeboten, um den Zugang zu Genos-
zu realisieren. Wenn also das Heimmodell grund- Wohnen, der die Evaluation durchführte, unterschied meinschaftsfelds sicherlich auch eine Beratungsstelle senschaften durch Stundung oder Kreditvergabe der
sätzlich in Frage gestellt wird, müsste es durch eine zwischen verschiedenen Kooperationsmöglichkeiten innerhalb der Stadtverwaltung. Selbstorganisierte Baukostenzuschüsse zu ermöglichen. Erst durch diese
eigene Förderschiene für Baugemeinschaften ersetzt und den Synergieeffekten: „Das Abstimmungsge- Kooperationen, wie sie im DomagkPark in München Maßnahmen ist es möglich, dass Menschen ohne
werden.“37 spräch zwischen Jury, Wohnfonds, Wien 3420 AG oder in den Züricher Quartieren anzutreffen sind, nennenswertes Vermögen (z. B. Asylbewerber/Ge-
und den Baugemeinschaften befasste sich mit der bedürfen einer gelebten und praktizierten Gemein- flüchtete) in den Genossenschaften wohnen können.
Dass grundsätzlich das Heimmodell keine Quartiers- vorgeschlagenen Bauplatzverteilung sowie mit der schaftskultur, die es in Wien noch nicht gibt.
orientierung verhindert, zeigt die ‚Mutter aller Heim- Vorgangsweise zur städtebaulichen Kooperation, der
projekte‘, die Sargfabrik. Sie zeichnet sich gerade Grundstücksabgrenzung und mit der Frage mög-
dadurch aus, dass sie das Gegenteil einer abgeschirm- licher Synergien zwischen den Gruppen. Während

180 181
6 . 1 O R G A N I S AT I O N FÖRDERUNG

40 Vgl. Tornow, Britta: Solidarische Hilfe zwischen belief sich das Stiftungsvermögen auf 41,2 Millionen Hausprojekte in der Anlaufphase unterstützt werden In der Genossenschaft Kalkbreite, die eine urbane 42 Mietshäuser Syndikat (Hg.):
Wohnungsgenossenschaften Genossenschaften Franken. Zudem haben die Wohnungsbaugenossen- können. Der Solidartransfer ist Gegenstand stetiger Mischung der Bewohnerschaft aktiv anstrebt, kann Das Mietshäuser Syndikat und
in Dänemark. Akteure in der die Hausprojekte. Rücke vor bis
sozialen Quartiersentwicklung. schaften seit 2008 die Stiftung Solinvest eingerichtet. Diskussionen. „Mittlerweile entrichten die Syndikats- sogar der Mietzins auf Dauer subventioniert werden. zur Schlossallee. Freiburg 2013,
In: Informationen zur Raument- Besonders die Genossenschaftsbewegung hat vielfäl- Diese will besonders kleineren Genossenschaften den projekte ihre Beiträge in einer modifizierten Form. Je- Dabei ist der Mietzinszuschuss auf maximal 15 Pro- S. 9
wicklung 4/2007, S. 266 tige Formen der solidarischen Selbsthilfe entwickelt. Bau und Erwerb von gemeinnützigem Wohnraum des Projekt, das den Hauskauf erfolgreich hinter sich zent der Nettomiete begrenzt. Für die Gewährung des 43 Genossenschaft Kalkbreite
41 Vgl. Wohnbaugenossen- So haben sich im 20. Jahrhundert verschiedene for- ermöglichen. So können pro Wohnung maximal gebracht hat, beginnt mit einem Betrag von 10 Cent Zuschusses werden Vermögensbegrenzungen und, (Hg.): Reglement des Solidari-
schaften Schweiz (Hg.): Eigen- melle und informelle Formen zur Förderung und Un- 10.000 Franken Anteils- oder Aktienkapital gezeich- je m² Nutzfläche im Monat, der jährlich um 0,5 % der entsprechend des Vermietungsreglements, begrenzter tätsfonds der Genossenschaft
kapitalbeteiligung. Abzurufen Kalkbreite. Erlassen auf der
unter: www.wbg-schweiz.ch/ terstützung ihrer Mitglieder herausgebildet, um auch net werden. Es werden höchstens 30 Wohnungen pro Vorjahreskaltmiete ansteigt. Sofern die Miete 80 % Wohnraum vorausgesetzt.45 Die Solidaritätskommis- Generalversammlung der Ge-
finanzierung/eigenkapitalbe- jungen und finanziell schwächeren Genossenschaften Gesuch unterstützt. Die Beteiligung ist auf zehn Jahre einer ortsüblichen Miete übersteigt, kann die Steige- sion, die in der Kalkbreite vom Vorstand eingesetzt nossenschaft vom 22.06.2016.
teiligung.html. (besucht am zu helfen. Die Formen des Beistands reichen von För- maximal begrenzt.41 Von den Fördermöglichkeiten rung des Solidarbeitrags ausgesetzt werden.“42 wird, kann zudem in begründeten Einzelfällen spe- § 1.2 Grundsätze.
01.09.2016). Eine weitere „För-
derung“ kann über den Fond derprogrammen für soziale und präventive Projekte, haben auch die in diesem Buch vorgestellten Wohn- zielle Hilfe leisten, wenn „zuvor alle anderen Möglich- 44 Gesewo (Hg.): Handbuch
Bewohner. Anhang A09: Regle-
de Roulement (FdR) erfolgen. wie die der dänischen Genossenschaften40 (Landsbyg- projekte mehr als wohnen, Kalkbreite und Giesserei Der Sozialtransfer im Mietshäuser Syndikat ist ein keiten ausgeschöpft und alternative Zuständigkeiten
Es ist ein Fond zu Rest- oder ment Solidaritätsfonds. Zürich
gefond/Solidaritätsfonds), bis hin zu Förderprogram- partizipiert. wichtiges Instrument, um neuen Hausprojekten den abgeklärt sind (Subsidiaritätsprinzip)“46. 2006, S. 1
Überbrückungsfinanzierung.
Die Darlehen sind rückzahlbar men, welche beispielsweise die Wohnungsbaugenos- Kauf eines Bestandhauses beziehungsweise den
45 Vgl. ebenda, § 3.1.
und zinsgünstig. Bei Neubauten senschaften der Schweiz auflegten. Der Schweizer Solidartransfer im Mietshäuser Syndikat Neubau zu ermöglichen. Der Solidarbeitrag leistet
46 Genossenschaft Kalkbreite:
reichen die Förderungen von Wohnungsbaugenossenschaftsverband (damals hieß aber auch einen verbindenden Beitrag zwischen den Zugangsermöglichung Reglement des Solidaritäts-
15.000 bis 50.000 Franken je
Wohnung. er noch Schweizer Verband für Wohnungswesen – Bereits in den ersten Freiburger Projekten 1992 haben Häusern und trägt so zur gemeinsamen Identität bei. fonds, S. 2, §3.3; Sollte in der
SVW) rief bereits 1966 einen Solidaritätsfonds ins die Bewohner der Häuser des Mietshäuser Syndikat Soziale Öffnung der Genossenschaften Kalkbreite der Solidaritätsfond
mehr als 200.000 Franken
Leben. 1999 wurde der Fonds in eine selbstständige Solidarbeiträge von monatlich 25 Cent je Quadrat- Interner Sozialtransfer in den (Pflichtdarlehensfonds) aufweisen, so können auch be-
Stiftung überführt. Das Ziel des Solidaritätsfonds ist meter Nutzfläche in den Solidarfonds eingezahlt. Wie Genossenschaften freundete Baugenossenschaften
die Förderung des gemeinnützigen, genossenschaft- in einigen anderen Genossenschaften auch, sollten Junge Genossenschaften sind in der Regel kapital- aus diesen Mitteln unterstützt
werden.
lichen Wohnungsbaus. Besonders kapitalschwache, die von den bestehenden Hausprojekten generierten Zur Überbrückung von Notlagen ihrer Mitglieder schwach. Deshalb müssen sie, in höherem Ausmaße
aber entwicklungsfähige Genossenschaften sollen bei Mittel als Sondervermögen des Mietshäuser Syndi- haben einzelne Genossenschaften gesonderte Fonds als traditionelle Genossenschaften mit einem nen- 47 Als Orientierung ist das das
steuerbare Vermögen gemäß
der Restfinanzierung unterstützt werden. Ende 2015 kat in einen gemeinsamen Topf fließen, damit neue geschaffen, die durch Solidaritätsbeiträge gespeist nenswerten Altbestand, Pflichtanteile und Baukos- Steuererklärung Kanton Zürich
werden. Der Solidaritätsbeitrag zur internen solidari- tenzuschüsse erheben. Diese können für finanziell maßgeblich. Kraftwerk1 (Hg.):
schen Unterstützung der Mitglieder wird explizit nicht schwache Interessenten ein enormes Zugangshemm- Reglement des Solidaritäts-
fonds. Zürich 2007, S. 3.
als eine Alternative zur öffentlichen Daseinsvorsorge nis darstellen. Um die Zugangsbarrieren für eine Mit-
angesehen. gliedschaft in den Genossenschaften zu senken, wird
vereinzelt Unterstützung bei der Pflichtanteilfinanzie-
Miete in % In der Familienheim-Genossenschaft Zürich (FGZ) rung bewilligt. In der Regel werden diese Unterstüt-
100 % besteht ein Hilfsfonds, der sich aus 0,25 Prozent der zungen in Form eines Darlehens gewährt und müssen
Mieten speist und Genossenschaftsmitglieder in finan- innerhalb von fünf Jahren zurückgezahlt werden.
90 ziellen Engpässen oder Notlagen gezielt unterstützt.
Der Charakter des Solidaritätsfonds wird im Reglement In der Züricher Genossenschaft Kraftwerk1 wurde
80
der Genossenschaft Kalkbreite klar definiert: Der So- beispielsweise ein Kapitalfonds eingerichtet, der die
lidaritätsfonds sei „als Ergänzung oder Überbrückung Herabsetzung des einzuzahlenden Genossenschafts-
70
des Unterstützungsangebots öffentlicher und privater kapitals ermöglicht, „sofern dieses aufgrund der
60
Institutionen“ 43 zu verstehen. Pioniere waren auch finanziellen Verhältnisse bei der Bewohnerin oder
Kapitalkosten
hier die ‚alternativen‘ Züricher Wohnbaugenossen- dem Bewohner nicht in voller Höhe einbezahlt wer-
Solidarbeitrag schaften Kraftwerk1, Dreieck oder Gewo Züri Ost. den kann. 1/3 des erforderlichen Anteilscheinkapitals
50 (Zins und Tilgung)
muss geleistet werden. Vom Vermögen, das nach der
40 Oftmals werden aus dem Solidaritätsfonds „keine Zahlung von 1/3 Anteilscheinkapital übrig bleibt,
regelmässigen, wiederkehrenden Beiträge“44 zur werden Fr. 20.000.– pro erwachsene Person und
30 Verfügung gestellt, wie beispielsweise im Solidaritäts- Fr. 10.000.– pro Kind (bis 16 Jahre, im gleichen Haus-
fonds der Gesewo/Giesserei Winterthur. Mittel des halt lebend) abgezogen (Sozialabzug). Der verblei-
20 Solidaritätsfonds sind zumeist Überbrückungshilfen bende Betrag muss bis zur Höhe des zu leistenden
für Mitglieder, die in Notlagen gerieten. Die Mittel aus Anteilscheinkapitals bezahlt werden“.47
10 dem Solidaritätsfonds können temporär zur Unter-
Bewirtschaftungskosten (Instandhaltung und Verwaltung)
stützung bei der Mietzinsfinanzierung gewährt wer- Ein anderes Beispiel für diese Praxis ist das rheinische
0
den, etwa bei Krankheit, einem Unfall, Erwerbslosig- Wohnprojekt Amaryllis in Bonn: „[...] sofern dieses
10 20 30 40 Jahre keit, Scheidung oder anderen finanziellen Notlagen. aufgrund der finanziellen Verhältnisse der Bewoh-
Kapitalkosten und Solidarbeitrag

182 183
6 . 2 O R G A N I S AT I O N RECHTSFORMEN

48 Kraftwerk1 (Hg.): Reglement


des Solidaritätsfonds. Abzuru-
fen unter: www.kraftwerk1.ch/
nerin/des Bewohners nicht in voller Höhe einbezahlt
werden kann. 1/3 des erforderlichen Anteilkapitals
muss von der Bewohnerin/dem Bewohner geleistet
Exkurs: Flüchtlinge in Europa und die
Solidarität der Wohnprojekte 6.2 Rechtsformen
assets/downloads/reglemente/
depositenkasse/1604021_ werden. Vom ihrem/seinem Vermögen, das nach der Die hohe Bereitschaft, solidarisch zu handeln, kann
Solireglement_neues_Logo.pdf Zahlung von 1/3 Anteilkapital übrig bleibt, werden Fr. auch an der Praxis vieler Wohnprojekte abgelesen
(besucht am 25.02.2017)
20‘000.– pro erwachsene Person und Fr. 10‘000.– pro werden, Flüchtlinge in ihren Wohnprojekten aufzu-
49 Gesewo (Hg.): Flüchtlinge in Kind (bis 16 Jahre, im gleichen Haushalt lebend) abge- nehmen. In diesem Sinne positioniert sich auch die
der Gesewo. Abzurufen unter:
www.gesewo.ch/integration. zogen (Sozialabzug). Der verbleibende Vermögensbe- Gesewo: „Die Hausgemeinschaften sind für die Aus-
html (besucht am 25.02.2017) trag muss bis zur Höhe des zu leistenden Anteilkapi- wahl neuer Mieterinnen und Mieter in den Gesewo-
50 Vgl. ebenda tals als Anteilkapital eingesetzt werden.“48 Häusern zuständig. Manche Vermietungen sind der
Anfang eines Integrationsprozesses – zum Beispiel,
51 Vgl. Wohnprojekt Wien/
einszueins architektur. In: AFA Die Gesowo in Winterthur in der Schweiz hat eben- wenn eine Wohnung an Flüchtlinge oder Asylsu-
Architekturmagazin 2/2015, falls einen Pflichtdarlehensfonds eingerichtet, der chende vermietet wird. Der Vorstand der Gesewo be-
S. 75. Abzurufen unter: www.
dann wirksam werden kann, wenn Wohnungsinteres- grüsst es sehr, wenn in Gesewo-Häusern Integration
afa-architekturmagazin.de/
wohnprojekt-wien-einszueins- senten eine Gesewo-Wohnung nicht mieten könnten, stattfindet. Er empfiehlt den Hausgemeinschaften, bei Die gewählte Organisationsform spiegelt häufig den wandeln. Mit der Entscheidung zur Überführung in 52 Vgl. Fedrowitz, Micha: Ge-
architektur-afa-magazin- weil es ihnen nicht möglich ist, das Pflichtdarlehen Integrationsprozessen professionelle Unterstützung in Charakter und die soziale Ausrichtung der gemein- eine Genossenschaft sollte, so Angelika Drescher meinschaftliche Wohnprojekte
022015-s-75/ (besucht am in Deutschland (23. September
aufzubringen. In der Schweiz ist es möglich, das Anspruch zu nehmen – am besten von Anfang an.“49 schaftlichen Wohnprojekte. Besonders relevant (die zusammenarbeiter/Projekt Spreefeld), „Ziel und 2011). In: nationalatlas.de ak-
13.07.2016)
Pflichtdarlehen, wenn es nicht aus freiem Vermögen Da Flüchtlinge in der Regel nicht über ausreichende wird die Wahl der Rechtsform dann, wenn sie eine Form in Einklang gebracht“54 werden. Dennoch war tuell. Abzurufen unter: aktuell.
finanziert werden kann, als Vorbezug aus der Pen- finanzielle Mittel verfügen, um das Pflichtdarlehen zu programmatische Weichenstellung darstellt und die es aber in der Gründungsphase für die Kerngruppe nationalatlas.de/wohnprojekte-
9_09-2011-0-html/ (besucht am
sionskasse zu beziehen. Junge Menschen, die noch leisten, können sie und Asylsuchende, wie alle Mieter, konzeptionelle Ebene mit der finanziellen Ebene ver- wichtig, rasch und unbürokratisch Entscheidungen 21.04.2016)
nicht erwerbstätig sind oder erst wenige Jahre gear- einen Antrag an den Pflichtdarlehensfonds stellen.50 knüpft wird.52 treffen zu können, um das Grundstück zu erwerben
53 Vgl. Harlander, Tilman/
beitet haben, verfügen oftmals nicht über genügend und eine konzeptionelle Ausrichtung des Projekts Kuhn, Gerd: Gemeinschaft-
Geld in der Pensionskasse. Bereits Pensionierte oder Die Unterstützung von Flüchtlingen wird nicht nur Die meisten Trägermodelle entstanden infolge der treffen zu können – deshalb die Rechtsform GmbH liches Wohnen – gestern und
oftmals auch ältere Frauen wiederum können keinen in den Genossenschaften praktiziert, sondern auch Herausbildung des Sozialstaats. Gemeinschaftliche in der Konstituierungsphase. Die genossenschaftliche heute. In: Edition Detail. Best
of Housing/Wohnen. München
Vorbezug mehr machen. In einem ersten Schritt sollen in den Wiener Heimprojekten, wie in der Baugruppe Wohn- und Eigentumsformen sind seit Verabschiedung Organisationsform wurde dann aber bevorzugt, als es 2012, S. 12–15.
deshalb Freunde und Verwandte motiviert werden, B.R.O.T. in der Seestadt Aspern oder im Wohnprojekt des deutschen Genossenschaftsgesetzes von 1889 darum ging, die gemeinschaftliche Idee institutionell
54 Interview mit Angelika
das Pflichtdarlehen zu übernehmen. Wenn dies nicht Wien im Nordbahnhof-Quartier. Im Wohnprojekt fester Bestandteil des gemeinschaftlichen Wohnens zu sichern und einem spekulativen Missbrauch des Drescher
möglich ist, kann ein Darlehen aus dem Solidaritäts- Wien unterstützt der Solidaritätsfonds bedürftige Mit- und Bauens.53 Ebenso haben kommunale Wohnungs- Wohnraums in einer späteren Phase vorzubeugen.
fonds gewährt werden. In allen Gesewo-Häusern, so glieder, stützt aber auch zwei Solidaritätswohnungen unternehmen, zunächst im Sinne des paternalistischen
auch in der Giesserei in Winterthur, sind alle Bewoh- für sozial Bedürftige.51 Aktuell wird dort auch eine Wohnungsbaus, seit den 1920er-Jahren auch als ge- Angelika Drescher (die zusammenarbeiter/Projekt
nerinnen und Bewohner aufgerufen, ein freiwilliges Gästewohnung von einer Flüchtlingsfamilie genutzt. meinnützige Bauträger wichtige wohnungspolitische Spreefeld): „Die gemeinschaftliche Kerngruppe
Solidaritätsdarlehen in der Höhe von zwei Prozent Aufgaben im Sozialstaat übernommen. In den letzten bestand aus fünfzehn Personen – diese haben sich die
ihres steuerbaren Vermögens oder mindestens 1.000 Jahrzehnten hat sich die Palette der Rechtsformen und Wohnungen schon vor Ankunft der Anderen zusam-
Franken zu leisten. Trägermodelle im gemeinschaftlichen Wohnungsbau mengepuzzelt. Es war klar, dass die Gruppe größer
nochmals stark ausdifferenziert. Starke Impulse gingen werden muss und man nicht mehr alleine bestimmen
seit den 1990er-Jahren von den neuen Baugemein- kann. Weitere Wohninteressenten für dieses hoch-
schaften aus, die sich in manchen Städten zur dritten wertige Grundstück zu finden war nicht schwierig.
Säule der Wohnungswirtschaft entwickelten. 2011 geschah die Umwandlung in eine Genossen-
schaft, danach kamen auf einen Schlag 30 weitere
Personen, jede Person wurde stimmberechtigt. Nach
Einklang von Ziel und Form drei Jahren – wenn wir das Zusammenleben erprobt
haben – darf jeder die Wohnung, die er im Nutzungs-
Die Frage, welche Rechtsform für ein gemeinschaftli- recht bewohnt, anbieten lassen und kaufen. Die
ches Wohnprojekt die angemessene ist, kann oftmals Diskussion um diesen möglichen Abverkauf wird nicht
nicht leicht oder eindeutig entschieden werden. Ein ideologisch geführt, die Genossenschaft könnte auch
sehr anschauliches Beispiel für die Notwendigkeit, ver- Abverkäufe verkraften. Das Dauerwohnrecht und das
schiedene Abwägungen zu treffen, ist das Wohnpro- Gleichbehandlungsgesetz – festgelegt in den Statu-
jekt Spreefeld in Berlin. 2010 kaufte eine Kerngruppe ten des Genossenschaftsgesetzes – steht über allem.
das Grundstück an der Spree. Bereits ein dreiviertel Die Genossenschaft ist nach oben wie nach unten
Jahr nach dem Kauf wurde der Entschluss gefasst, die anschlussfähig, Leute mit wenig Kapitel und Personen
bestehende GmbH in eine Genossenschaft umzu- mit mehr Kapital – vor allem die Grundstückskäufer –

184 185
6 . 2 O R G A N I S AT I O N RECHTSFORMEN

55 Ebenda sind Mitglieder. Das Konstrukt der Großwohnungen Diese Öffnung der Genossenschaften wurde auch in wendigkeit einer betriebswirtschaftlichen Verwaltung werden die Rechtsverhältnisse weiter individualisiert 61 Vgl. Stadt Landau in der
ist allerdings abhängig von der Genossenschaft, es der Satzung der 2003 gegründeten Genossenschaft erschwert besonders kleinen Initiativen die Gründung und zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum Pfalz (Hg.): Bürgerhäuser neu
56 Bundesamt für Bau-, Stadt- gedacht – Baugemeinschaften
und Raumforschung (BBSR) wurde ein Mietvertrag für alle abgeschlossen, jeder wagnis in München aufgenommen: einer Genossenschaft. Durch die Novellierung des nach Wohnungseigentumsgesetz (WEG) unterschie- und Wohnprojekte in Landau in
im Bundesamt für Bauwesen ist einzeln Anteilseigner. In den Großwohnungen ent- Genossenschaftsgesetzes 2006 wurde aber die Grün- den. Diese in vielen Eigentümergemeinschaften be- der Pfalz. Landau 2015.
und Raumordnung (BBR) (Hg.):
Wohnungsgenossenschaften als steht eine Riesenkraft gegen Eigentumsbildung. Auch § 2 Zweck und Gegenstand der Genossenschaft dung kleiner Genossenschaften erleichtert. währte Rechtskonstruktion ermöglicht eine relativ klare 62 Vgl. Krämer, Stefan/Kuhn,
Partner der Kommunen. Bonn eigentumsorientierte Genossenschaften werden bald (1) Zweck der Genossenschaft ist die Förderung Regelung privatrechtlicher Belange, problematisch ist Gerd: Städte und Baugemein-
2016 diese Diskussion führen müssen.“55 ihrer Mitglieder vorrangig durch eine sozial und Die Stärken und Schwächen der Rechtsform Genos- jedoch, dass gemeinschaftliche Ziele, die möglicher- schaften. Stuttgart 2009; Kuhn,
Gerd/Harlander, Tilman: Bau-
57 Satzung der Bau- und ökologisch verantwortbare und sichere Woh- senschaft zeigt, dass es kein allgemein übertragbares weise die Gründergeneration beabsichtigte, in dieser gemeinschaften im Südwesten
Wohngenossenschaft Spree-
nungsversorgung. Die Genossenschaft fördert Modell oder keine ideale Trägerform für gemein- Rechtsform nicht langfristig gesichert werden können. Deutschlands. Stuttgart 2010
feld Berlin eG, Fassung vom
29.6.2015 , S. 4. Abzurufen Wohnbaugenossenschaften (eG) insbesondere gemeinschaftliches, generationen- schaftliche Wohnprojekte gibt. Vielmehr müssen 63 Vgl. Heinzmann, Friedrich:
unter: coplaner.net/webdav/ übergreifendes, selbstbestimmtes und selbstver- die Initiativen vorab überlegen, welche Rechtsform Die freie Baugemeinschaft.
zusammenarbeiter/SFB%20 Praktische Überlegungen aus
Spreefeld%20Berlin/Pr%
Eine Wohnbaugenossenschaft ist prinzipiell eine waltetes Wohnen. gewählt werden soll, um Form und Inhalt in Überein- Wohnungsbaugesellschaften juristischer Sicht und Vertrags-
C3%A4sentation/Unterlagen/ ‚offene Gemeinschaft‘. Sie unterscheidet sich auch (2) Die Genossenschaft kann Grundstücke und stimmung zu bringen. (GmbH u. a.) muster. Tübingen 2006
150706_SFB%20Satzung% dadurch deutlich von anderen Unternehmen des Gebäude in allen Rechts- und Nutzungsformen
20A5_interaktiv.pdf (besucht 64 GWG (Hg.): Die GWG und
Handelsrechts, die stets ‚geschlossene Gesellschaften‘ bewirtschaften, errichten, erwerben, vermitteln, Als neue wichtige Bauträger des gemeinschaftlichen In der Schweiz und in Österreich gibt es weiterhin ihre Aufgaben. Abzurufen
am 21.03.2016)
sind. Jeder Frau und jedem Mann ist jederzeit der betreuen und Wohnungen veräußern. Sie kann Bauens haben sich in den letzten Jahren neben den die Wohnungsgemeinnützigkeit. Wie bei den Wiener unter: www.gwg-angebote.
58 Ebenda de/unser-auftrag (besucht am
Eintritt in die Genossenschaft möglich, jedes Mitglied alle im Bereich der Wohnungs- und Immobilien- Genossenschaften nun Baugemeinschaften etabliert. Projekten ersichtlich, spielen die Objektförderung und
25.02.2017)
59 Wohnbaugenossenschaft hat das Recht, jederzeit auszutreten. Die gezeichne- wirtschaft, des Städtebaues und der Infrastruktur der gemeinnützige Wohnungsbau dort nach wie vor
wagnis eG: Satzung. Abzuru-
ten Anteile werden dann nach einem festgelegten anfallenden Aufgaben übernehmen. Hierzu ge- eine große Rolle. In Deutschland hingegen wurde am
fen unter: www.wagnis.org/
assets/templates/wagnis/pdf/ Zeitraum (z. B. ein Jahr nach der Jahresversammlung) hören Gemeinschaftsanlagen und Folgeeinrich- Baugemeinschaften (GbR) 01.01.1990 das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz
wagnisSatzung-2008-03-09.pdf unverzinst zurückerstattet. Obwohl die eingetragene tungen, Läden und Räume für Gewerbebetriebe, aufgehoben. Dennoch handeln gerade kommunale
(besucht am 21.03.2016)
Genossenschaft (eG) eine offene Gesellschaft ist, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Einrichtun- In verschiedenen deutschen Städten und neuerdings Wohnungsunternehmen, deren Tätigkeit darauf
60 Vgl. Stiftung trias (Hg.): Die verfolgt sie nach dem deutschen Genossenschafts- gen und Dienstleistungen. Beteiligungen sind auch in Wien setzen Baugemeinschaften wichtige ausgerichtet ist, breite Schichten der Bevölkerung mit
Genossenschaft als Rechtsform
für Wohnprojekte. Hattingen
gesetz den Zweck der Förderung der Mitglieder (§ 1 zulässig. Impulse für urbane Wohnformen und für eine sozial Wohnungen zu versorgen, weiterhin nach gemein-
2015. Abs. 1 GenG). Genossenschaften sind also vorrangig (3) Die Ausdehnung des Geschäftsbetriebes auf nachhaltige Quartiersentwicklung. In Freiburg, Tübin- nützigen Prinzipien. Der Zweck der Geschäftstätigkeit
als Gemeinschaft der Genossenschaftsmitglieder Nichtmitglieder ist zugelassen; Vorstand und gen, Hamburg und neuerdings in Mittelstädten, wie ist primär nicht der erwerbswirtschaftliche Gewinn,
diesen verpflichtet und nicht dem Gemeinwesen, Aufsichtsrat beschließen gemäß § 28 die in Landau in der Pfalz61 oder in Kirchheim unter Teck, sondern wohnungswirtschaftliche Maßnahmen, die
also der Allgemeinheit oder dem Quartier. Primär Voraussetzungen.“59 wurden Baugemeinschaften zu wichtigen Kooperations- dem Gemeinwohl dienen.
verfolgen die Genossenschaften das Ziel der internen partnern für eine lebendige Quartiersentwicklung.62
Gemeinschaftsbildung.56 Genossenschaften werden von vielen Wohninitiativen Baugemeinschaften haben sich dort in den letzten In selbstbestimmten gemeinschaftlichen Wohnpro-
bevorzugt, da sie Grundsätze des gemeinschaftlichen beiden Dekaden als dritte Säule der Wohnungswirt- jekten spielen ehemals gemeinnützige Wohnungs-
Zunehmend formulieren aber neue Genossenschaften Wohnens widerspiegeln und umsetzen.60 In den schaft – neben den Bauträgern und Einzelbauherren – unternehmen, die unterschiedliche Rechtsformen
das Ziel, in Ergänzung der wohnlichen Versorgung ih- letzten beiden Jahrzehnten erleben junge und alte etabliert. Mit diesen neuen Wohnprojekten trat eine (GmbH, AG etc.) haben, eine untergeordnete Rolle.
rer Mitglieder Gemeinschaftsanlagen zu errichten, die Genossenschaften im gemeinschaftlichen Wohnen deutliche Bereicherung des gemeinschaftlichen Woh- Dennoch können auch diese, wie das Fallbeispiel aus
auch für nachbarschaftliche Nutzungen offen sind. eine Renaissance. Dieses Aufblühen der Genossen- nens und Bauens ein. Ihre bevorzugte Rechtsform Königsbrunn zeigt, durchaus nennenswerte Impulse
schaftsprojekte spiegelt sich auch am Übergewicht ist die der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). setzen.
Die Genossenschaft Spreefeld hat in ihre Satzung dieses Trägermodells in den in diesem Buch vorge- Wesentliche Merkmale der Baugemeinschaften sind
daher folgende Punkte aufgenommen: stellten Fallstudien wider. Selbstbestimmung und Selbstverantwortung. Vor- Die GWG als Tochterunternehmen der Stadt Kö-
rangiges Ziel der Baugemeinschaften ist zunächst, nigsbrunn soll „eine gute, sichere und sozial verant-
§ 2 Abs. 1 Als Vorteile der Genossenschaften werden stets ähnlich wie bei den Genossenschaften, Wohnraum wortbare Versorgung der Bürger mit bezahlbarem
Insbesondere fördert die Genossenschaft gemeinsa- genannt: Es wird eine gemeinschaftliche Lebensform für ihre Mitglieder zu schaffen. Ein gemeinschaftliches Wohnraum“64 sichern. Ehemals gemeinnützige
mes und selbstbestimmtes Wohnen ihrer Mitglieder langfristig ermöglicht und die Genossenschaften be- Mehr – beispielsweise gemeinschaftliche Sozialräume, Wohnungsgesellschaften zeigen aber auch große
in dauerhaft gesicherten Verhältnissen.57 ruhen immer auf den demokratischen Prinzipien der Werkstätten oder Gästewohnungen – ist ebenso wie Verantwortung und hohe Kooperationsbereitschaft
Mitbestimmung, Mitgestaltung und Mitentscheidung. bei der Rechtform der Genossenschaft möglich. mit anderen Baugruppen, um lebendige und ver-
§ 3 Abs. 2 Für einige Gruppen ist der Punkt wichtig, dass kein in- netzte Quartiersgemeinschaften zu bilden. Dieses
Die Genossenschaft verfolgt das Ziel des generations- dividueller Gewinn aus dem geschaffenen Vermögen Nach Jahren der Experimente hat sich folgende Engagement der Münchner kommunal geprägten
übergreifenden, nachbarschaftlichen Zusammen- geschöpft werden kann. Den deutlichen Vorzügen Rechtsform durchgesetzt: Im Bauprozess wird in der Gesellschaften ist in den gemeinschaftlichen Wohn-
lebens und der sozial gemischten Zusammensetzung stehen aber auch eine Reihe von Nachteilen entge- Regel eine GbR gegründet.63 Die Haftung der Gesell- quartieren im Ackermannbogen oder Domagkpark
der Bewohner/innen.58 gen: Genossenschaften sind nur mit einem hohen schafter bleibt auf ihren jeweiligen Gesellschaftsanteil anschaulich sichtbar. Statt Konkurrenz prägt nun die
Aufwand zu gründen und aufgrund der Bilanzierungs- beschränkt. Eine gesamtschuldnerische Haftung der Kooperation die Quartiersentwicklung (siehe Fallstu-
und Prüfungspflicht vergleichsweise teuer. Die Not- Gesellschafter ist begrenzt. Nach Baufertigstellung die wagnis 4 und wagnisART).

186 187
6 . 2 O R G A N I S AT I O N RECHTSFORMEN

Mietshäuser Syndikat gen, dass die wirtschaftlichen Aktivitäten der Gruppe Im Lebensort Vielfalt in Berlin wurde die Rechtsform 65 Mietshäuser Syndikat (Hg.):
keine untergeordnete Rolle mehr spielen, da bei den ‚gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haf- Das Mietshäuser Syndikat und
die Hausprojekte. Rücke vor bis
Die Rechtsform ‚Gesellschaft mit beschränkter Haf- meisten Gruppen das Bauobjekt mit den zahlreichen tung‘ (gGmbH) gewählt, da die Schwulenberatung zur Schlossallee. Freiburg 2013,
tung‘ (GmbH) wählte auch das Mietshäuser Syndikat, Verträgen mit Dritten im Vordergrund steht und nicht Berlin als Eigentümer den Betrieb des Hauses mit einer S. 7
das in den letzten Jahren eine große Dynamik entfal- die sonstigen sozialen und kulturellen Aktivitäten. Mietergemeinschaft als am annehmbarsten empfand. 66 Töllner, Andrea: Verein als
tete. Von Freiburg im Breisgau ausgehend, existieren Der Gesetzgeber sieht für solche Aktivitäten andere Rechtsform für Wohnprojekte
inzwischen 116 Hausprojekte und 22 Projektinitiativen Rechtsformen vor, wie zum Beispiel die Genos- Die Frage, mit welcher Rechts- und Organisationsform – ideell und gemeinnützig? In:
Stiftung trias (Hg.): Der Verein
(Stand Ende 2016). senschaft (eG), die Gesellschaft mit beschränkter Ziele einer Sozial- und Quartiersorientierung in ge- als Rechtsform für Wohnpro-
Haftung (GmbH) oder die Gesellschaft bürgerlichen meinschaftlichen Wohnprojekten am besten umge- jekte. Hattingen 2015, S. 9
Das Miethaussyndikat ist ein loser Zusammenschluss Rechts (GbR), die die Gruppe nutzen muss.“66 setzt werden können, lässt sich damit nicht eindeutig 67 Schöningh, Christian: Woh-
autonomer Hausprojekte. Die einzelnen Häuser sind als beantworten. netagen Steinstraße in Berlin
Mitte. In: Stiftung trias (Hg.):
Hausvereine selbstorganisiert. Der Eigentumstitel der In Wien haben Vereine als Organisationsform in
Modell des Mietshäuser Syndikat Rechtsformen für Wohnpro-
Immobilie liegt bei einer Gesellschaft mit beschränkter Heimprojekten, aufgrund der spezifischen örtlichen Christian Schöningh, Mitinitiator der Wohnetagen jekte. Hattingen 2016, S. 45
Haftung als rechtlich selbständigem Unternehmen. Situation, eine sehr relevante Bedeutung. Steinstrasse in Berlin, für die die Rechtsform GmbH &
Diese Hausbesitz-GmbH hat zwei Gesellschafter: KG gewählt wurde, und später auch Mitinitiator von
den Hausverein und das überregionale Mietshäuser In den letzten Jahrzehnten haben sich die gemein- Spreefeld, schrieb über die Bedeutung der Rechts-
Syndikat. Veränderungen können nur mit Zustimmung schaftlichen Wohnprojekte mit ihren gewählten form Folgendes: „Nicht die Rechtsform, sondern die
beider Gesellschafter beschlossen werden. Ziel ist Rechtsformen weiter ausdifferenziert. Kleine, selbstor- Menschen sollten den Werdegang von Wohnprojek-
die Bewahrung des Status quo, also die Abwehr der ganisierte Häuser haben andere Anliegen als Großpro- ten bestimmen. Ob ich einem Gesellschafter oder
Spekulation durch Verhinderung des Hausverkaufs für jekte. Einige Gruppen streben nach individuellem einem Genossen begegne oder zum Nachbarn habe,
alle Zeiten. In ihrem Selbstverständnis wird das Syndi- Eigentum, andere sehen nur das kollektive Eigentum ist einerlei. Bei uns ist durch die lange Planungs- und
katsmodell folgendermaßen zusammengefasst: „Im als Garant des Gemeinschaftlichen. Andere Gruppen Vorgeschichte und schließlich durch die Nutzung
Ergebnis entsteht durch die beschriebene Beteiligung können kein Eigentum (individuell oder kollektiv) eine wunderbare kooperative und auch sehr bunt
des Syndikats an den Hausbesitz-GmbHs ein Unterneh- bilden und sind auf neue selbstbestimmte Mietformen gemischte Nachbarschaft entstanden; nicht mehr und
mensverbund selbstorganisierter Hausprojekte, die sich im gemeinschaftlichen Wohnungsbau angewiesen. nicht weniger.“67
der Idee des Solidartransfers von Altprojekt zu Neu-
projekt verpflichtet haben. Die generelle Autonomie
der Projekte wird durch ein Vetorecht des Mietshäuser
Syndikats gegen Zugriffe auf das Immobilienvermögen
eingeschränkt, um eine mögliche Reprivatisierung und
erneute Vermarktung der Häuser zu verhindern.“65

Verein/GmbH/gGmbH

Da die traditionellen Organisationsformen (eG oder


WEG) oftmals nicht passend für einzelne Wohnpro-
jekte sind, entwickelte sich eine Vielfalt von Variatio-
nen und Ausdifferenzierungen.

Eine beliebte und unkomplizierte Rechtsform ist der


Verein. In Deutschland ist diese Form besonders bei
Gruppen in der Gründungsphase verbreitet. In der
Regel sind dies aber ideelle Vereine, die sozialen oder
kulturellen Anliegen dienen und nicht auf den Zweck
eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausge-
richtet sind. Die wirtschaftlichen Vereine benötigen
zur Erlangung ihrer Rechtsfähigkeit eine staatliche
Verleihung, die jedoch nur selten gewährt wird.
„Spätestens in den weiteren Planungs- und dann in
der Realisierungsphase wird jedoch davon ausgegan-
Standorte der Mietshäuser-Syndikat-Projekte Wohnetagen Steinstrasse; Berlin

188 189
Matrix Partizipation Wogeno_Elemente der Beteiligung in der Projektentwicklung, Planung und Durchführung der

Beteiligung bei übergeordneten Sachverhalten bzw.


6 . 3 O R G A N I S AT I O N Bauvorhaben Prinz Eugen Park und Riem Zentrum Ost PA R T I Z I PAT I O N

Beteiligung jedes Nutzers im Zusammenhang mit


Anmerkung:

Mögliche Organisation bzw. Arbeitsgruppe zur


Die Möglichkeiten der Beteiligung bewegen sich im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen (z.B. des geltenden
Baurechts), der baulichen und planerischen Vorgaben sowie der Finanzierbarkeit des Bauvorhabens.

Grad der Beteiligung, Verantwortlichkeit:


Information: Der Vorstand der Wogeno informiert über den betreffenden Sachverhalt
Beratung: Zusätzlich zur Information findet eine Erörterung des Sachverhaltes statt
Mitsprache: Nach Information und Beratung entscheiden die Hausgemeinschaft und die Wogeno einvernehmlich über

der jeweiligen Wohnung


den Sachverhalt. Sollte eine einvernehmliche Lösung nicht zustande kommen, können beide Seiten eine Schiedsstelle
zur Schlichtung anrufen.

6.3 Partizipation Selbstverantwortung: Die Hausgemeinschaft entscheidet eigenverantwortlich die betreffenden Sachverhalte

Elemente der Beteiligung Grad der Beteiligung, Verantwortlichkeit

Selbstver-
Standort Information Beratung Mitsprache antwortung
Lage im Stadtgebiet X
ÖPNV X

Planerische Rahmenbedingungen
Art und Maß der Nutzung X
Kooperationspartner X X

Rechtliche Rahmenbedingungen
Eigentum an Grund und Boden X
Nutzungsbeschränkungen, -auflagen X

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen/Finanzierung
Bodenpreis X
Wirtschaftlichkeitsberechnung X
Einkommensvoraussetzungen (öff. Förd.) X
68 Vgl. Bischoff, Ariane/Selle, Die ungewöhnliche Dynamik der neuen gemeinschaft- die Partizipationsansätze unmittelbar auf die Planung, Startmiete und Mietentwicklung X X AG Finanzen
Klaus/Sinning, Heidi: Informie- lichen Wohnprojekte entsteht durch die Verflechtung den Bau und die Selbstnutzung und Selbstverwaltung Eigenkapital (Höhe und Zusammensetzung) X X
ren, Beteiligen, Kooperieren: EK-Anteile nach Förderart festlegen X
Kommunikation in Planungs- der Stadt- und Wohnprojektentwicklung mit neuen des eigenen Hauses bezogen.
prozessen, Dortmund 1995 Formen der Partizipation. Die Verfahren, die immer Organisation und Arbeitsweise
Projektgruppe organisieren X X X X
69 Schärer, Caspar: Wohn- und schon das gemeinsame Planen, Bauen und Wohnen Zu den wesentlichen Prinzipien gemeinschaftlicher Informationen (Internet) X X X X
Gewerbeüberbauung Kalkbreite prägten 68, sind in den letzten Jahren erweitert und Wohnprojekte zählt die Möglichkeit der Mitglieder Entscheidungsstrukturen definieren (Leitlinien) X X X
in Zürich von Müller Sigrist Entscheidungsfindung dokumentieren (Protokolle, Intranet) X X X X
modifiziert worden. Häufig stellt man sich unter der zur direkten Mitwirkung und Mitentscheidung. Durch
Architekten. In: werk, bauen +
wohnen. 6/2014, S. 69 breiten Mitwirkung, so Caspar Schärer, „tumultuöse Partizipation können gestalterische und identifika- Kooperation mit Planern
Planerauswahl X X AG Bau+
Vollversammlungen vor, an denen tendenziell alterna- tionsstiftende Qualitäten aktiviert werden. Modus Zusammenarbeit X X AG Freiflächen
70 Vgl. Partizipation aus Sicht
der Sozialraumforschung: tiv-ökologisch angehauchte Idealisten Kaskaden von
Nutzungsbausteine
Rießen, Anne van/Bleck, sich widersprechenden Vorstellungen unendlich lange Auf welchen Ebenen und in welchem Grad diese mö- Nutzungskonzept – Wohnungsmix X X
Christian: Zugänge zu ‚Mög-
besprechen und am Schluss ohne Ergebnis auseinan- glich sind, hat die Münchner Genossenschaft WOGENO Gemeinschaftsräume, inkl. Küche (bzw. -bereiche) X X X AG Gemeinschaft
lichkeitsräumen für Partizipa- Gästeapartment X X X AG Bau
tion’ im Quartier? Abzurufen der gehen“69. Statt Chaos prägt heute Kreativität die für ihre Genossen anschaulich zusammengestellt. In Pflegeapartment oder Ähnliches X X X
unter: www.sozialraum.de/ Beteiligungsverfahren. Die in diesem Buch vorge- einer übersichtlichen und detaillierten Matrix können Räume für die Jugend X X X
zugaenge-zu-moeglichkeits Nutzungsoffene Räume X X X
stellten gemeinschaftlichen Wohnprojekte beruhen die Form und der Grad der Beteiligung sowie die Flächen für besondere Nutzergruppen (z.B. WG’s) X X
raeumen-fuer-partizipation-
im-quartier.php (besucht am überwiegend auf einer breiten Mitwirkung und einer Verantwortlichkeit innerhalb der Genossenschaft Werkstätten, Ateliers X X
21.12.2016) Konsenskultur, die nur entstehen kann, wenn gewis- abgelesen werden.
Erschließungssystem
71 Schärer, Caspar: Wohn- und senhaft, offen und klar kommuniziert wird. Damit Be- Aufzug X X AG Bau
Laubengang X X
Gewerbeüberbauung Kalkbreite teiligungsverfahren nicht zur bloßen Alibi-Beteiligung Auch in der Genossenschaft Möckernkiez wurden
Spänner X X
in Zürich von Müller Sigrist
oder Gemeinwohldienlichkeit verkommen70, müssen in einem Diagramm die Ebenen der Partizipation
Architekten. In: werk, bauen +
Möglichkeitsräume für Partizipation im Wohnpro- visualisiert und auf das Haus, die Hausgemeinschaft Wohnungsgrundriss
wohnen. 6/2014 Wohnungstypen in Varianten X X X AG Bau
jekt und Quartier definiert werden. Die Leidenschaft
der Partizipationsteilnehmer bedarf ausgleichender Wohnbezogene Nebenflächen
Größe Kellerabteile bzw. sonstige Abstellflächen X X AG Bau
Strukturierung durch Moderation und professionelle Fahrradabstellflächen Keller/TG X X X
Erfahrung. „Partizipation, so gut sie sich auch anfühlt,
Mobilität
braucht eine wichtige Partnerin an ihrer Seite: die Mobilitätskonzept X X X AG Mobilität
Professionalität.“71 Beides, die Dynamik der direkten Stellplatzschlüssel X X Quartiersmanagment
Carsharingsystem X X X
Teilhabe und die Distanz reflexiver Professionalität, Stellplätze Zweiräder/Kinderwagen X X
zeichnen die neuen Partizipationskulturen aus.
Freiflächen
Spielplatz/Spielgeräte X X X AG Freiflächen
Pflanzkonzept, Pflanzbeete X X X
Zonierung der Freiflächen X X X
Unmittelbare Partizipation Freiräume für besondere Nutzergruppen X X X

Baustandards
Trotz aller geistigen Verwandtschaft zwischen den ge- Energetischer Standard X X AG Bau
meinschaftlichen Wohnprojekten haben sich dennoch Barrierefreiheit X X
Baumaterialien (Konstruktion, Fassade) X X
unterschiedliche Wege und Verfahren in ihrem jewei- Türen und Fenster X X
ligen lokalen Kontext herausgebildet. Traditionell sind
„Modellkoffer“, Wohnprojekt Spreefeld Matrix Beteiligung in der Wohnungsbaugenossenschaft WOGENO, München (Auszug)

190 191
6 . 3 O R G A N I S AT I O N PA R T I Z I PAT I O N

72 Baugenossenschaft und auf die gemeinsamen Einrichtungen bezogen. einzelnen Häusern fördern will, ist eine Zwischenebene ihnen aber auf der anderen Seite die Möglichkeit gibt, Blockschließung vorsah. Aus Schuhschachteln und 74 Bundesministerium für Ver-
Möckernkiez eG (Hg.): Die damalige Geschäftsführung betrachtete die eingeführt worden: die der Haussprecher. Diese ver- das tägliche Zusammenleben nach individuellen Vor- Papierstreifen wurden gemeinsam fünf Gebäude zu- kehr, Bau und Stadtentwicklung
Modellprojekt Möckernkiez. Ein (BMVBS)/Bundesamt für Bauwe-
Projekt für Jung und Alt – sozial, Vermittlung von Wissen und Information zum Pla- mitteln und vertreten die Interessen der einzelnen stellungen basisdemokratisch innerhalb der Bewohner- sammengefügt, die nach Erdteilen benannt wurden. sen und Raumordnung (BBR)
interkulturell, ökologisch, nungsstand als erste und wichtigste Grundlage, damit Häuser gegenüber dem Vorstand der Genossenschaft. gruppe zu gestalten.“ 74 Die Architekturbüros setzten dann die Modelle in (Hg.): Modelle genossenschaft-
barrierefrei. Berlin 2013, S. 24. Partizipation gelingen kann. Aufbauend auf dieser Architektur um. Der beteiligte Architekt Rainer Hof- lichen Wohnens. Praxisleitfaden
Dachgenossenschaften in der
73 Ebenda Grundlage könne jedes Mitglied „Einfluss auf die Kleinere Hausprojekte streben häufig nach Eigenstän- Das zugrundeliegende Prinzip der Autonomie der mann beschrieb diesen Prozess folgendermaßen: „Wir Wohnungswirtschaft. S. 6.
Inhalte nehmen, indem wir gemeinsam Vorschläge, digkeit und Selbstbestimmung, benötigen aber eine einzelnen Häuser wird konsequent im Mietshäuser kämpfen in normalen Projekten immer, um unsere Ent- Abzurufen unter: www.bbsr.
Konzepte und Ideen entwickeln. Nur so können die unterstützende Hilfe bei der Organisation, Verwaltung Syndikat angewandt. Die übergeordnete Ebene – die wurfsautonomie gegenüber den anderen Planungsbe- bund.de/BBSR/DE/FP/ExWoSt/
Forschungsfelder/2004und-
Planungen dem Bedarf entsprechen und weiterentwi- und Finanzierung ihrer Häuser. Es haben sich daher in bundesweit tätige Mietshäuser Syndikat GmbH – teiligten zu verteidigen – gegenüber scheinbar wirt- Frueher/ErschliessenVon
ckelt werden“72. Die dritte Ebene betrifft gemeinsame Hamburg, München oder in anderen Städten soge- schließt einen spekulativen Missbrauch des Wohnpro- schaftlichen Interessen oder einer fehlenden Flexibilität Genossenschaftspotenzialen/
Entscheidungen durch Mehrheitsbeschlüsse der Mit- nannte Dachgenossenschaften etabliert, die für die jekts aus, hat aber keinen weitergehenden Einfluss Dritter. Wir sind dieses Projekt ganz anders angegan- Veroeffentlichungen/DL_Son-
dergutachten_Praxisleitfaden_
gliederversammlung und „bezieht sich vor allem auf einzelnen Wohninitiativen übergeordnete Aufgaben auf die einzelnen Häuser, die selbstverwaltend ihr gen: Wir haben, innerhalb eines choreographierten Dachgenossenschaften.pdf?__
Abstimmungen über Grundsätze, die in der Satzung übernehmen und bündeln. In Nordrhein-Westfalen Leben und die Ausgestaltung lokal regeln.75 Regelwerks, einen ergebnisoffenen Prozess aktiv blob=publicationFile&v=3
verankert sind (§ 36 der Satzung) und auf die Wahl ist gerade eine Dachgenossenschaft in Gründung moderiert. Das Resultat bestätigt, so denke ich, diesen (besucht am 18.12.2016)

der Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat“73. (Ko-Operativ eG NRW i. Gr.). Änderungen im Ge- Neue Wege der Partizipation Weg.“77 Aus dem Prozess entwickelten sich auch die 75 Vgl. ebenda
nossenschaftsgesetz (GenG) von 2006 erleichtern partiell öffentliche gemeinschaftliche Nutzung der Erd- 76 Lepik, Andres/Strobl, Hilde
In der Wohnungsbaugenossenschaft WOGENO, wie die Gründung von kleinen und kleinsten Genossen- In den untersuchten Wohnprojekten wird mit neuen geschosszonen und die private und gemeinschaftliche (Hg.): Keine Angst vor Partizipa-
tion! Wohnen heute. Magazin
im Prinzip in allen anderen Genossenschaften auch, schaften. Die Problemlage kleiner Wohnprojekte Formen der Beteiligung experimentiert. Die Wege, Ebene der Dachterrassen und Luftbrücken.78
zur Ausstellung. Architekturmu-
wird zwischen den Ebenen Information, Beratung, wird in einem Sondergutachten des Bundesamtes für die beschritten werden, sind allerdings sehr unter- seum München. München 2016,
Mitsprache und Selbstverwaltung unterschieden. Da Bauwesen und Raumordnung treffend beschrieben: schiedlich. Ihnen gemeinsam ist die Aktivierung der Wiener Wohnprojekte und die S. 85
die WOGENO über verschiedene Hausprojekte verfügt „Die meisten Wohnprojekte befinden sich in einem Bauenden und die frühzeitige Identifikationsbildung Konsenskultur 77 Schmelter-Kaiser, Antoinette:
und sie die Eigenständigkeit und Eigeninitiative in den Spannungsfeld: Zum einen besteht der Wunsch mit dem Wohnprojekt und dem Wohnquartier. Möglichkeitsszenarien (Inter-
view mit Rainer Hofmann/boge-
nach möglichst großer Autonomie, die es ihnen Besonders die Genossenschaftskultur brachte stets Die Wiener Projekte unterscheiden sich nicht nur in
vischs buero). Abzurufen unter:
ermöglicht, die wohn- und lebensformspezifischen sehr differenzierte und demokratisch legitimierende den Rechtsformen deutlich von Projekten in Zürich www.muenchenarchitektur.
Bedürfnisse in der Bewohnergruppe weitestgehend Formen der Mitwirkung bei der Organisation und der oder Berlin. Der Bezugspunkt für die Wiener ge- com/news/24-architektur-
stadtentwicklung/24204-
eigenverantwortlich und vor Ort zu gestalten; zum Ausgestaltung der Wohnnutzung hervor. Die Münch- meinschaftlichen Wohnprojekte ist immer noch die
freiraum-fuer-
anderen stoßen die Gruppierungen an Grenzen, sei ner Genossenschaft wagnis hat hierfür einen Betei- Sargfabrik. Der 1987 gegründete Verein für Integra- moeglichkeitszenarien
es hinsichtlich der Finanzierung ihrer Vorhaben oder ligungsfahrplan entwickelt. In der Bauphase bilden tive Lebensgestaltung baute nach einem 10-jährigen (besucht am 18.12.2016)
der laufenden Wirtschaftsverwaltung, die sie mangels sich Projektgruppen, die den Bauprozess begleiten. 78 Vgl. ebenda
Größe nicht effizient oder mangels Kompetenz und Besprochene Themen werden dann zur weiteren
Erfahrung möglicherweise auch gar nicht überwinden Diskussion und Entscheidung ins Plenum getragen.
können. Hier können Dachgenossenschaften eine Trä-
ger- und Unterstützungsstruktur für neu entstehende Gestaltende Partizipation
oder existierende Wohnprojekte bieten, die diese auf
der einen Seite von bestimmten Aufgaben entlastet, Oft entsteht aber dann eine Konfliktlinie, wenn die
zukünftigen Nutzer des Gebäudes auch in Gestal-
tungsfragen mitreden wollen. Im wagnisART-Projekt
erprobten die Architekten des bogevischs buero mit
SHAG Architekten zusammen mit der Münchener Ge-
nossenschaft wagnis eG ein ungewöhnliches Konzept
des basisdemokratischen Entwerfens. Für diesen Pro-
zess mussten die Entwerfer ihre Haltung grundlegend
ändern. „Der Architekt war nicht mehr der meist bis
zu einem gewissen Grad auf verlorenem Feld ste-
hende Verwalter und Verteidiger guter Gestaltung,
sondern war moderierend und strukturierend tätig.“76
In mehrstufigen interativen Entwicklungs- und Ent-
scheidungsprozessen entwickelten die zukünftigen
Nutzer mit den Architekten eine ungewöhnliche Form
des Gebäudekomplexes, die deutlich von dem städte-
baulichen Rahmenplan abwich, der eine U-förmige
Verschiedene Ebenen der Partizipation in der Genossenschaft Möckernkiez Schema Häuser und Haussprecher, WOGENO, München Planungsworkshop wagnisART

192 193
6 . 3 O R G A N I S AT I O N PA R T I Z I PAT I O N

Die Baugemeinschaften arbeiten dann, nachdem sie 80 Heute leben in den 61 Woh-
im Wettbewerbsverfahren bereits gemeinsam mit nungen rund 150 Menschen
und arbeiten in den 28 Gewer-
ihren Architekten und Projektentwicklern ihr Konzept beobjekten rund 50 Personen.
formuliert haben, ihre Planungen gemeinsam weiter von Mitgliedern der Genos-
aus. Die planerischen Ergebnisse sind dabei Resultat senschaft Dreieck. Abzurufen
unter: www.kalkbreite.net/
eines intensiven und zum Teil kontroversen Diskus- partner/genossenschaft_
sionsprozesses der beteiligten Akteure. In Tübingen, dreieck. (besucht am 25.02.2017)
aber auch in den meisten anderen Stadtentwick-
lungsgebieten mit Baugemeinschaften, können sehr
individuelle und neuerdings auch sozial ambitionierte
Wohnprojekte realisiert werden, jedoch findet weiter
eine Konzentration auf das eigene Hausprojekt statt.
Quartiersöffnungen, wie sie im Wohnprojekt en
famille angestrebt werden, finden sich erst vereinzelt;
Baugruppensitzung der Baugemeinschaft en famille in Tübingen Allmendräume in mehr als wohnen, Zürich
sie werfen aber ein Licht auf die Zukunft der Quartiers-
Links: Soziokratisches Kreismodell, Wohnprojekt Wien
entwicklung mit Baugemeinschaften.

Partizipationskultur herausgebildet, die zunächst auf Mittelbare Partizipation


einer basisdemokratischen Willensbildung der Bauge-
meinschaftsmitglieder beruht. Es hat sich zudem ein Neuerdings finden sich auch mittelbare Partizipations-
Dreiklang zwischen Bauenden, den professionellen Ak- ansätze, die nicht nur eine interne Beteiligungskultur
teuren – Architekten, Projektentwicklern bzw. Projekt- praktizieren (unmittelbare Partizipation), sondern
steurern – und den städtischen Akteuren entwickelt. bereits in der Planungsphase eine Mitwirkung von
engagierten Stadtbürgern fördern. Mit der Öffnung
In Tübingen beispielsweise haben die städtischen des Partizipationsprozesses in die Stadtgesellschaft
79 Lepik, Andres/Strobl, Hilde Diskussionsprozess die Sargfabrik. Die Architekten, Entscheidung bedeutet, dass kein begründeter, Akteure, aufbauend auf den Erfahrungen, die mit der soll das Anliegen der Initiative frühzeitig kommuni-
(Hg.): Keine Angst vor Partizipa- die selbst Vereins- und Gründungsmitglieder waren, schwerwiegender Einwand vorliegt und Entschei- Entwicklung des städtischen Entwicklungsbereichs ziert werden, Anregungen aufgegriffen und Identifi-
tion! Wohnen heute. Magazin
zur Ausstellung. Architekturmu- „widmeten der Planungskommunikation mit den dungen zur Zufriedenheit aller getroffen werden. Südstadt/Französisches Viertel gemacht wurden, ein kationsprozesse gefördert werden. Diese Verfahren
seum München. München 2016, einzelnen Bewohner*innen sehr viel Zeit, sodass die b. Die Kreisstruktur. Im Kreis werden alle Grund- Verfahren weiterentwickelt, das auf einer kommuna- haben also stets beides im Blick: die partizipative
S. 47 Resultate zwar dem Typus ‚Wohnheim‘ entsprechen, satzbeschlüsse für die gemeinsame Zielerreichung len Steuerung der Quartiersentwicklung und der en- Projektentwicklung und die Quartiersverortung.
aber dennoch hochindividualisierte Wohnungen mit getroffen. gen Kooperation mit den Baugemeinschaften beruht.
unterschiedlichen Grundrissen und verschiedenartiger c. Die doppelte Koppelung. Jeder Kreis ist durch Wichtiges Instrument der Stadt ist der Erwerb der Generische Partizipation in der Schweiz
Ausstattung aufweisen“.79 doppelte Koppelung mit dem nächst höheren Grundstücke des neuen Baugebiets und die Erarbei-
Kreis über eine delegierte Person angebunden. tung der planerischen Grundlagen eines kleinteiligen In Zürich kann auf langjährige Erfahrungen in basis-
Wie die Züricher Altgenossenschaften unterstützt die d. Die offene Wahl. Alle Kreismitglieder entscheiden Städtebaus. Die städtische Wirtschaftsinitiative (WIT) demokratisch organisierten Wohnprojekten zurück-
Sargfabrik neue Wohnprojekte: die Baugemeinschaft im Konsens. hat, nachdem alle ehemals militärischen Konversions- gegriffen werden. Die Fertigstellung eines Projekts
LiSA in der Seestadt Aspern. gebiete bebaut waren (Loretto, Französisches Viertel, führte auf Grundlage der Erfahrungen in neue
Liegt beispielsweise ein begründeter Einwand vor Alexanderpark), nun industriell geprägte Liegenschaf- Projekte und Verflechtungen. Statt Abschottung und
Den Wiener Projekten des gemeinschaftlichen Woh- und kann keine zufriedenstellende Lösung herbeige- ten erworben (Mühlenviertel, Egeria/Alte Weberei). Stagnation gilt Öffnung und Fortentwicklung. Bemer-
nens werden immer intensivere Beteiligungsverfahren führt werden (Konsent), so berät der übergeordnete In einem öffentlichen Prozess werden die städtischen kenswert sind ‚Patenschaften‘ und Kooperationen.
zugrunde gelegt. Zumeist beruhen die Entscheidungen Kreis dieses Anliegen. Teilweise sind diese Verfahren, Zielsetzungen der Bebauung definiert und die Grund- So brachte beispielsweise die Genossenschaft Dreieck
auf dem Konsensprinzip in Gruppenentscheidungs- die auf allgemeiner Zustimmung aller beruhen, sehr stücke in einem Konzeptverfahren vergeben. Einzelne ihre Erfahrungen und Kompetenzen in die neue
prozessen. Im Wohnprojekt LiSA oder im Wohn- zeitintensiv. Einzelne Projekte haben daher dieses Baugemeinschaften entwickeln gemeinsam mit ihren Genossenschaft Kalkbreite ein.80 Zentrale Akteure des
projekt Wien wurde das soziokratische Modell der Organisationsmodell der Soziokratie modifiziert. professionellen Partnern ihr spezifisches Konzept. In Kraftwerk1 oder anderer Züricher Genossenschaften
‚Kreisorganisation‘ angewandt. einem konkurrierenden Verfahren werden dann die waren in mehr als wohnen aktiv oder als Gesellschaf-
Konzeptioneller Städtebau und besten Projekte von einem Vergabegremium, dem ter tätig. So konnte Beteiligungswissen stetig trans-
Das Kreismodell ist basisdemokratisch und beruht auf Partizipation Vertreter der Kommunalpolitik, der Verwaltung, den formiert und fortentwickelt werden. An Stelle der
folgenden Basisregeln: Ortsbeiräten oder sonstigen gesellschaftlichen Grup- Konkurrenz tritt Kooperation.
a. Konsentprinzip. Jeder soll gleichberechtigt zur In den südwestdeutschen Baugemeinschaftsquartieren pen angehören, ausgewählt. Diesen Baugruppen wird
Lösungsfindung beitragen. Konsent in der hat sich in den letzten Jahrzehnten eine spezifische dann eine Grundstücksoption eingeräumt.

194 195
6 . 3 O R G A N I S AT I O N PA R T I Z I PAT I O N

81 Hugentobler, Margrit: Partizipationsprozesse werden in Zürich grundsätz- Züricher Wohnbaugenossenschaften und die Stadt Ökologie. Sie ist das genossenschaftliche Gremium, trieb von Coworking-Spaces und die Einrichtung 82 mehr als wohnen (Hg.):
Gespräch Partizipation. Parti- lich nicht als abgeschlossene, formalisierte Verfahren Zürich beteiligt sind, will explizit eine zukunftswei- das finanzielle Mittel aus dem Solidaritäts- und Ge- eines quartiersbezogenen Concierge-Stützpunktes Allmendkommission. Abzurufen
zipation führt zu Identifikation unter: www.mehralswohnen.
(Interview mit Jürg Altwegg, behandelt. Die Prozesse sind vielmehr suchend, offen sende Innovations- und Lernplattform sein. Bereits in nossenschaftsfonds an Quartiergruppen vergibt und mit Beratungs- und Serviceleistungen für alle Be- ch/genossenschaft/allmend-
Corinna Heye, Monika Sprecher, und dennoch zielorientiert. Die Entwicklung von Vi- der frühen Planungsphase wurden Beteiligungsstruk- die Nutzung von Allmendräumen koordiniert“82. wohner (Paketservice, Beratungsleistungen etc.). kommission/ (besucht am
Claudia Thiesen). In: Hugen- sionen und die breite Beteiligung tragen deshalb auch turen aufgebaut und sukzessiv weiterentwickelt (vgl. Zudem entstand eine Einkaufsgemeinschaft für alle 25.02.2017)
tobler, Margrit/Hofer, Andreas/
Simmendinger, Pia (Hg.): mehr wesentlich zur Identifikationsbildung bei. „Schon sehr Fallstudie mehr als wohnen). So diskutierten noch vor Welch hohe Bedeutung der Partizipation in mehr als DomagkPark-Bewohner. 83 mehr als wohnen (Hg.): Das
als wohnen. Genossenschaftlich früh fanden regelmäßig Informationsveranstaltungen dem Wettbewerb verschiedene Gruppen über mög- wohnen beigemessen wird, zeigt sich auch in der Zusammenleben mitgestalten.
planen – Ein Modellfall aus Abzurufen unter:
statt. Es ging im gesamten Prozess immer wieder da- liche Aufgaben und debattierten diese in Themen- Einrichtung einer eigenständigen Stelle. „Die Leiterin Dieser modellhafte Weg – im Ackermannbogen unter www.mehralswohnen.ch/
Zürich. Basel 2016, S. 107
rum, unsere Ideen zu spiegeln und die Stimmung des konferenzen. Die verschiedenen Architektenteams, Partizipation begleitet und organisiert Mitwirkungs- anderem durch die Nachbarschaftsbörse eingeleitet, genossenschaft/mitwirken/
Quartiers auszuloten.“81 die sich durch Wettbewerbe qualifizierten, waren in prozesse, hat Einsitz in der Allmendkommission, entwi- im DomagkPark entfaltet – wird in München jetzt im (besucht am 04.01.2017)

der Dialogphase zur gemeinsamen Zusammenarbeit ckelt und setzt Konzepte gemeinsam mit Quartier- aktuellen Quartiersprojekt Prinz Eugen Park fortge- 84 DomagkPark (Hg.): Allge-
meine Informationen. Abzuru-
Es werden dabei unterschiedliche Medien kreativ verpflichtet. Durch eine Kultur der Anerkennung und gruppen um und ist generell die Anlaufstelle für die führt und institutionalisiert.
fen unter: www.domagkpark.
genutzt. So wird im Büchlein über die Stubenfliege Wertschätzung konnten die Erfahrungen der Parti- Koordination von Nachbarschaft und Quartierentwick- de/allgemeine-informationen.
Max sehr anschaulich das zukünftige Leben im neuen zipationsbeteiligten – die nur zu einem geringen Teil lung im als auch ausserhalb des Hunziker Areals.“83 Den untersuchten Wohnprojekten liegen sehr unter- html (besucht am 23.11.2016)
Projekt der Genossenschaft Kalkbreite, im Zollhaus Genossenschaftsmitglieder waren – gewürdigt und schiedliche Rechtsformen, Kooperations- und Hilfs-
am Hauptbahnhof, beschrieben. Die Planung und den in den Planungsprozess integriert werden. Charakte- Kooperation gemeinschaftlicher Bauträger strukturen sowie Beteiligungsmöglichkeiten zugrunde.
Bau der Kalkbreite begleiteten über 100 öffentliche ristisch ist in Zürich die Bündelung des Wissens durch im DomagkPark München Trotz der großen Unterschiede eint sie aber ihre
Veranstaltungen. Zeitnah sind im Internet vielfältige professionelle Akteure. In sogenannten Echoräumen kreative Suche nach neuen Wegen des solidarischen
Informationen abrufbar. trafen sich die verschiedenen Gruppen und vertieften Ein neuer Weg der Partizipation und Kooperation un- Zusammenlebens im Quartier. Sie haben die introver-
Themen wie Nutzung, Ökologie oder Nachhaltigkeit. terschiedlicher gemeinschaftlicher Bauträger wurde im tierte Kultur homogener Gemeinschaften überwunden
Entsprechend der genossenschaftlichen Organisati- Partizipation ist ein dynamischer Prozess, der auch Münchner Quartier DomagkPark entwickelt. Verschie- und sind daher offen für Diversität und Urbanität.
onsform sind nicht nur die Entscheidungsstrukturen erfordert, dass auf aktive Phasen Abschnitte der dene Akteure fanden sich dort bereits in einer frühen
demokratisch legitimiert, sondern fordern auch zur Reflektion folgen. Nach dem Bezug der Wohnungen Planungsphase zusammen, um das zukünftige Leben
aktiven Teilnahme auf. Im monatlich stattfindenden änderten sich auch die Aufgaben und Strukturen der im Quartier gemeinsam zu gestalten. „Kommunale
Gemeinrat werden alle relevanten Entscheidungen Beteiligung. Jetzt steht die Selbstverwaltung im Vor- Wohnungsgesellschaften, Genossenschaften, Bauträ-
zum Beispiel zu Fragen des Budgets getroffen (vgl. dergrund. Es haben sich inzwischen Quartiersgruppen ger und Baugemeinschaften haben sich zu einem Kon-
Fallstudie Kalkbreite). gebildet, die mindestens aus fünf Personen bestehen sortium zusammengeschlossen, um für dieses Quartier
sollen und Aufgaben des Wohnalltags übernehmen. ein Konzept für vernetztes Wohnen und ein zukunfts-
Neue Formen der Beteiligung lotete auch mehr als Eine Allmendkommission fördert zudem „Aktivitäten orientiertes Wohnumfeld zu entwickeln, in dem sich
wohnen aus. Die Genossenschaft, an der heute 55 in den Bereichen Kultur und Gemeinschaft, Kunst und Jung und Alt, Singles und Familien gleichermaßen zu
Hause fühlen können. Die Akteure werden über alle
Förderwege Wohnungen für alle Einkommensgrenzen
und Haushaltsgrößen anbieten. Damit soll eine gute
Durchmischung des Quartiers erreicht und der Grund-
stock für ein lebendiges Viertel gelegt werden.“84

Die Bewohner der neuen Nachbarschaften entwi-


ckelten in einem partizipativen Prozess nicht nur
ihr eigenes Wohnprojekt, sondern sie planten und
gestalteten gemeinsam mit ihren Nachbarn den
zukünftigen Alltag. Es wurde eine Quartiersgenos-
senschaft gegründet, die DomagkPark eG, die ‚viel
mehr als Wohnen‘ erreichen will: Sie fördert die
Quartiersentwicklung, indem nachbarschaftliche
Beziehungen gewinnbringend für alle genutzt und
einfache haushaltsnahe Dienstleistungen wie Betreu-
ung, Einkaufshilfe und Bildungsangebote angeboten
werden. Es entstanden neue Geschäftsfelder wie
zum Beispiel: Belegungs- und Buchungssysteme für
Gemeinschaftsräume (Übungsräume, Werkstätten,
Gästeapartments, Versammlungsräume etc.), Be-
Koordinierungstreffen DomagkPark

196 197
1 Einführung

2 Wohnprojekte

3 Stadt

4 Raum

5 Programm

6 Organisation

7 Fazit

8 Anhang
7.1 FAZIT G R A F I S C H E A N A LY S E N

7. Fazit Öffnung ins Quartier leisten. Der Solidarität über


die Gruppe der Bewohner hinaus wird hier Raum
geboten – das Foyer kann als Bühne genutzt werden,
eine Tendenz zur dreidimensionalen Fortsetzung
der Durchwegung im Gebäude zeichnet sich ab. Sie
verknüpft Begegnungsflächen vom Quartier über den
Gemeinschafts- oder Sitzungsräume können extern Freiraum mit den internen Begegnungsorten. Diese
vermietet werden, Durchgänge bieten Spielraum auch Erschließungssysteme integrieren öffentliche und
Das Fazit besteht aus zwei Teilen: Anhand grafischer Analysen zu den Fallbeispielen werden im Kapitel 7.1 für Kinder des Quartiers. kollektive Programmflächen in das Raumgerüst und
konkrete Möglichkeitsräume und räumlich lesbare Strukturen zur Quartiersvernetzung und Sozialorientierung verbinden die beiden für die Gemeinschaft neu in
aufgezeigt und auf eine allgemeingültige Stufe gehoben. Ökonomische, rechtliche und partizipatorische Or- Soziales Besitz genommenen Räume – das Erdgeschoss und
ganisationsstrukturen – Inhalte des Kapitels 6 – bilden sich nur indirekt räumlich ab. Diese abstrakten Aspekte die Dachflächen.
werden im nachfolgenden Kapitel 7.2 „Chancen und Grenzen“ auf einer übergeordneten Ebene diskutiert. Diese Kennzeichnung lokalisiert und benennt im Erd-
geschoss angesiedelte Einrichtungen und Initiativen
mit sozialem Anspruch wie zum Beispiel Kindergärten, Programme verbinden Quartier und Projekt
Beratungsstellen, Pflegegruppen oder Demenzwohn-
gemeinschaften. Mit diesen zusammenfassenden Die Strategie zur Nutzung des Erdgeschosses ist we-
Zeichnungen werden nicht nur auf die Fallbeispiele sentlicher Schlüssel zur Vernetzung zum Quartier. Das
bezogene, sondern gleichzeitig auch allgemeingültige Wohnen mit privaten Freiflächen im Erdgeschoss wird
Tendenzen in Bezug auf die Gebäude, den Freiraum in vielen Projekten zugunsten frequentierter öffent-

7.1 Grafische Analysen und die funktionale Struktur dokumentiert. licher, kollektiver oder hybrid genutzter Funktionen
stark reduziert. Das Erdgeschoss ist als transitorische
Zone zum Quartier bedeutsam. Zonen und Funktio-
Baukörper erlauben Durchlässigkeit nen werden standort- und entwurfsbezogen platziert,
Wegeverbindungen und Freiräume werden dabei
Grenzen zwischen Quartier und Projekt werden in berücksichtigt. Restaurants, Cafés, Gästeapartments
Nach der spezifischen Betrachtung der Fallbeispiele Lageplan breiter Differenzierung und unterschiedlicher Maß- oder Pflegeeinrichtungen werden zu wichtigen Teil-
führen standardisierte und damit vergleichbare Zeich- stäblichkeit reduziert oder sogar aufgehoben: Durch- orten des Quartierslebens. Gemeinschafträume werden
nungen die räumlichen Konsequenzen aus den Krite- Eine Erdgeschossdarstellung rechts zeigt mit ihren gänge laden ein, Baukörper öffnen sich oder bilden von ihrem Image als Resträume befreit, sie sind viel-
rien Stadt, Raum und Programm projektweise wieder vielfältigen öffentlichen und gemeinschaftlichen Nut- eine Vorzone. Wiederholt schaffen die Fallbeispiele fältige und lebendige Orte der Fantasie und Aktivität.
zusammen. Pro Projekt veranschaulichen zwei Arten zungen im Innen- und Außenraum die Eigenart jedes ein verändertes Raumbild weg von einer geschlos- Es entstehen neue Options- oder Spielräume, Ateliers,
von Darstellungen auf einer Doppelseite, wie Qua- Projekts. Projektspezifische Besonderheiten werden senen Blockrandstruktur hin zur Durchlässigkeit der Mädchenräume und vieles mehr. In fast allen von uns
litäten in der Überlagerung verschiedener Aspekte durch Farben gekennzeichnet, beiden Zeichnungen Stadt. Ungewohnte Kubaturen von Baukörpern oder behandelten Wohnprojekten werden Teile dieser Kol-
entstehen. Sie bilden die Synthese und veranschauli- liegt die gleiche Farbkodierung zugrunde. Die Farbzu- freie städtebauliche Konfigurationen rahmen differen- lektivräume der Nachbarschaft geöffnet. Auch die So-
chen verschiedene Handlungsfelder der Quartiersver- ordnungen unterstützen die Unterscheidung zwischen zierte und qualitätvolle Freiräume, Wege und Gassen. zialorientierung schlägt sich dabei räumlich nieder. Als
netzung und Sozialorientierung. Die Anordnung der Gebäude und Freiflächen: Erschließung-, Gemein- Stadträumliche Vorgaben – zum Beispiel aus vorange- Teil der Nachbarschaft betrachtet werden Flächen und
grafischen Analysen orientiert sich wie in Kapitel 2 schafts- und Gewerberäume in den Baukörpern gangenen städtebaulichen Wettbewerben – sollten Räumlichkeiten für Sozialinitiativen, soziale Einrichtun-
an der Sequenz von geschlossenen zu durchlässigen werden in Gelb- bis Rottönen gekennzeichnet, graue daher zukünftig an hervorgehobenen Standorten gen, städtische Behörden und Kulturaktivitäten. Maß
Baustrukturen. und grüne Flächen markieren die Außenbereiche, Li- auch verschiedene räumliche Möglichkeiten erlauben. und Art der Mischung ist dabei an die Zielsetzungen
nien die Durchwegung. Größe, Funktion und Lage der Nicht nur den Straßenraum fassende Konzepte sollen der Trägerschaft, die Charakteristik des Standorts und
Orte der Begegnung werden damit aufgezeigt. Die umgesetzt, sondern auch ‚Durchlässigkeit‘ in Baukör- des urbanen Kontextes gebunden. Es entstehen damit
Isometrie Grundrisse und orientierende Schwarzplanausschnitte per gefasst werden können. quartiersspezifische Mischungsprojekte in filigraner
sind genordet. Ausdifferenzierung.
Die Zeichnung auf der linken Seite der grafischen
Analysen bildet die Projekte im Quartier räumlich ab Zwei weitere Symbole in der Legende bewerten darü- Die Freiräume öffnen sich und vernetzen
und zeigt die Beziehung zwischen Fallbeispiel und ber hinaus die hervorgehobene Kapazität bestimmter mit dem Quartier.
Stadt. Gemeinschaftlich, als Hybrid und öffentlich ge- Orte in Bezug auf Öffnung zum Quartier und soziale
nutzte Räume sind im Volumen der Wohnungsbauten Orientierung: Die Projektakteure denken nicht in Kategorien wie
dreidimensional verortet. Der Blickwinkel ist jeweils „Haus mit Vorgarten“, sondern in der Kategorie eines
so gewählt, dass räumliche Zusammenhänge mit Gemeinschaft lebendigen, urbanen Quartiers. Sie öffnen projekt-
dem Quartier und die Lage der Gemeinschafts- und interne Freiflächen und ermöglichen mit differenzier-
Gewerberäume im Projekt deutlich werden. Pikto- Damit werden Räume kennzeichnet und funktio- ten Wegführungen Querungen und Durchlässigkeit.
gramme mit Schlagwort erläutern im Uhrzeigersinn nal benannt, die einen Mehrwert in Bezug auf eine Baufeldübergreifendes Handeln gewinnt in Bezug
die Funktionen der Räume und Flächen. über die gemeinschaftliche Nutzung hinausgehende auf die Freiraumplanung große Bedeutung. Auch

200 201
7.1 FAZIT G R A F I S C H E A N A LY S E N

Lebensort Vielfalt –
Charlottenburg, Berlin, D
Queere Gemeinschaften

Bibliothek Wohnen

Fahrrad Erschließung

Restaurant Gemeinschaft

Gewerbe

Öffentliche Fläche

Private Fläche

Gemeinschaftsfläche

Durchwegung

Gemeinschaft
Bibliothek
Concierge-Dienst

Soziales
Demenz-WG

202 203
7.1 FAZIT G R A F I S C H E A N A LY S E N

Kalkbreite, Zürich, CH
Ein neues Stück Stadt

Kindertagesstätte Wohnen

Kinderspielplatz Erschließung

Kantine Gemeinschaft

Bibliothek Gewerbe

Waschsalon Öffentliche Fläche

Pension Gemeinschaftsfläche

Werkstatt Durchwegung

Gemeinschaftsküche Hofgeschoss

Gemeinschaft
Jokerräume
Gemeinschaftsbüro
Sitzungsräume
Cafeteria
Concierge-Dienst

Soziales
Kindertagesstätte

204 205
7.1 FAZIT G R A F I S C H E A N A LY S E N

wagnis 4 – Am Ackermannbogen,
München, D
Nachbarschaftliches Genossenschaftswohnen

Gästeapartment Wohnen

Dachgarten Erschließung

Müll Gemeinschaft

Gewerbe

Öffentliche Fläche

Private Fläche

Gemeinschaftsfläche

Durchwegung

Gemeinschaft
Stadtplatzlounge
Seminarraum

206 207
7.1 FAZIT G R A F I S C H E A N A LY S E N

Giesserei – Neuhegi,
Winterthur, CH
Generationenwohnen in Gemeinschaft

Werkstatt Wohnen

Restaurant Erschließung

KIWA / Fahrrad / Müll Gemeinschaft

Bibliothek Gewerbe

Waschraum Öffentliche Fläche

Kinderkrippe Private Fläche

Kinderspielplatz Gemeinschaftsfläche

Schule Durchwegung

Gemeinschaft
Quartiersbibliothek
Veranstaltungssaal

Soziales
Pflegewohngruppe
Kindergarten / KITA

208 209
7.1 FAZIT G R A F I S C H E A N A LY S E N

en famille – Alte Weberei,


Tübingen, D
Quartiersentwicklung mit Baugemeinschaften

Eltern-Kind-Café Wohnen

Keramikwerkstatt Erschließung

Kinderspielplatz Gemeinschaft

Gewerbe

Öffentliche Fläche

Private Fläche

Gemeinschaftsfläche

Durchwegung

Gemeinschaft
Eltern-Kind-Café

210 211
7.1 FAZIT G R A F I S C H E A N A LY S E N

Wohnen mit alles! –


Nordbahnhof, Wien, A
Antipoden – Wohnen mit alles!

Gästeapartment Wohnen

Bibliothek Erschließung

Café Gemeinschaft

Gemeinschaftsküche Gewerbe

Kinderspielzimmer Öffentliche Fläche

Fahrrad Private Fläche

Sauna Gemeinschaftsfläche

Pflanzengarten Durchwegung

Gemeinschaft
Mehrzwecksaal
Marktplatz

212 213
7.1 FAZIT G R A F I S C H E A N A LY S E N

Generationenpark,
Königsbrunn, D
Neue soziale nachbarschaftliche Mitte

Kinderkrippe Wohnen

Kinderspielplatz Erschließung

Waschraum Gemeinschaft

Gemeinschaftsküche Gewerbe

KIWA / Fahrrad / Müll Öffentliche Fläche

Werkstatt Private Fläche

Pflanzengarten Gemeinschaftsfläche

Öffentliches Grün

Durchwegung

Gemeinschaft
Veranstaltungsraum

Soziales
Kinderkrippe

214 215
7.1 FAZIT G R A F I S C H E A N A LY S E N

Grünmatt – Friesenberg,
Zürich, CH
Transformation einer Wohnsiedlung

Wohnen
Kindergarten / -hort
Erschließung
Kinderspielplatz
Gemeinschaft
Kompost
Gewerbe
Gästezimmer
Öffentliche Fläche

Private Fläche

Gemeinschaftsfläche

Öffentliches Grün

Durchwegung

Gemeinschaft
Gemeinschaftsraum

Soziales
Kindergarten / -hort

216 217
7.1 FAZIT G R A F I S C H E A N A LY S E N

Wohn_Zimmer –
Sonnwendviertel, Wien, A
Gemeinnützige Quartiersvernetzung als Akzent

Atellier Wohnen

Wellnesscenter Erschließung

Kinderspielplatz Gemeinschaft

Spiel- / Jugendraum Gewerbe

Café Öffentliche Fläche

Kinderbetreuung Private Fläche

Bibliothek Gemeinschaftsfläche

Gemeinschaftsküche Öffentliches Grün

KIWA / Fahrrad / Müll Durchwegung

Gemeinschaft
Schwimmbad
Bühne / Treppe
Marktplatz

Soziales
Kinderbetreuung

218 219
7.1FAZIT G R A F I S C H E A N A LY S E N

Spreefeld – Mitte, Berlin, D


Optionen und Durchlässigkeit am Spreeufer

Kindertagesstätte Wohnen

Kinderspielplatz Erschließung

Pflanzengarten Gemeinschaft

Gewerbe

Öffentliche Fläche

Private Fläche

Gemeinschaftsfläche

Öffentliches Grün

Wasser

Durchwegung

Gemeinschaft
Optionsräume
Bootshaus

Soziales
Kindertagesstätte

220 221
7.1FAZIT G R A F I S C H E A N A LY S E N

wagnisART – Domagkpark,
München, D
Kreativquartier

Atelier Wohnen

Werkstatt Erschließung

Waschcafé Gemeinschaft

Müll Gewerbe

Café Öffentliche Fläche

Kinderspielplatz Private Fläche

Gästeapartment Gemeinschaftsfläche

Durchwegung

Gemeinschaft
Veranstaltungssaal
Marktplatz

222 223
7.1 FAZIT G R A F I S C H E A N A LY S E N

mehr als wohnen –


Hunziker Areal, Zürich, CH
Kollektive Quartiersentwicklung

Pflanzengarten Wohnen

Restaurant Erschließung

Gästezimmer Gemeinschaft

Atelier Gewerbe

Kindergarten / Öffentliche Fläche


-tagesstätte
Private Fläche
Kinderspielplatz
Gemeinschaftsfläche
Schule
Öffentliches Grün
Musikübungsraum
Durchwegung

Gemeinschaft
Allmendräume
Marktplatz

Soziales
Kindergarten /
-tagesstätte
Behinderten-
werkstätte

224 225
7.2 FAZIT CHANCEN UND GRENZEN

7.2 Chancen und Grenzen Sie entwickeln eine Kultur des Teilens.

Mit dem Verlust der Dominanz des Besitzens gewin-


digitale Medien, Vorträge oder regelmäßige Führun-
gen vielen schwellenfrei zugänglich. Sie sind damit
‚Professionalisierungsorganismen‘.
nen Formen des Teilens an Bedeutung. Diese Kultur
des Teilens wird dabei als bereicherndes und befrei- Sie sind entwicklungsoffen.
endes Mehr empfunden. Die Konsequenzen sind auf
allen denkbaren Ebenen abzulesen: Sie reichen von Alle suchen entsprechend ihrer lokalen Kultur
Verleihstationen für Heimwerkermaschinen über neue angemessene Konzepte. Selten geben sie sich mit
Mobilitätskonzepte (Teilauto oder E-Bike-Sharing) bis herkömmlichen und erprobten Strategien zufrieden.
hin zum gemeinsamen Gärtnern auf der Dachterrasse Sie streben dabei keine perfekte Lösung an, sondern
(Urban Gardening). bleiben offen für Experimente, Veränderungen, An-
passungen, Reflexionen. Überwiegend setzen sie sich
Sie sind Leuchttürme der Suffizienz. in konkurrierenden Verfahren um die besten Konzepte
durch. Wettbewerbe schaffen so Qualitäten. Auffällig
Was ‚schaffen‘ die neuen gemeinschaftlichen dass Vielfalt als positiv besetzter Wert gilt, werden Dem stetig steigenden Wohnflächenverbrauch treten sind dabei die lokal sehr unterschiedlichen Kulturen
Wohnprojekte über die Veränderung konkreter unterschiedliche Ebenen der Durchmischung – sozial, sie durch Minimierung der individuellen Wohnfläche des Wettbewerbs (Konzeptverfahren, Bauträgerwett-
Räume hinaus? Welche Chancen eröffnen sie? lebensweltlich, generativ, ethnisch, sexuelle Orientie- bei Maximierung der gemeinschaftlich genutzten bewerbe etc.)
rung – als Bereicherung empfunden. Folglich treffen Fläche entgegen. Überproportionale Flächennutzung
Sie verändern den Blick auf das Wohnen. in diesen Projekten verschiedene Lebensentwürfe und wird teilweise durch erhöhte finanzielle Beiträge sank- Sie integrieren Kontinuität.
Erfahrungen zusammen. tioniert oder durch ‚Zügelfristen‘ strukturell begrenzt:
Sie schaffen andere Angebote und zeigen Wege auf, Es wird, beispielsweise nach dem Auszug der Kinder, Viele der aktuellen Projekte stehen in Wechselwirkung
wie ein solidarisches Zusammenleben im Quartier Sie bauen vielfältige Wohnräume. der Umzug in kleinere Einheiten initiiert. zueinander. Sie erwachsen aus dem koordinierten Er-
möglich ist. Wohnen wird zur Lebensgestaltung. Dabei fahrungsaustausch und einer hohen Lernbereitschaft
steuern Lebensentwürfe und eine qualitative Debatte Die Projekte setzen Diversität in Wohnraum um. So- Sie entwickeln Strukturen zur subsidiären der beteiligten Akteure. Die Netzwerke beginnen auf
weniger die Erstellung von Immobilien, als vielmehr ziale und räumliche Vielfalt finden dabei ihre Entspre- Selbsthilfe. überschaubarer lokaler Ebene: In Zürich, München,
die Gestaltung des Lebensraums. Die aktuelle Diskus- chung. Die soziale Diversität und neue Haushaltstypen Berlin, Tübingen oder Wien kennt man sich und
sion, fokussiert auf Aspekte der Wirtschaftlichkeit von erfordern eine große Vielfalt an Wohnungstypen. Gemeinschaftliche Wohnprojekte stellen nicht die begegnet sich auf verschiedenen Foren, um anschlie-
gemeinschaftlichen Wohnprojekten oder gelungener Neben traditionellen Wohngrundrissen und Klein- Daseinsvorsorge oder das Sozialstaatsprinzip in Frage, ßend diese Netzwerke zu professionalisieren. Der
Architektur, wird damit erweitert. Wohnen diffundiert apartments, die ein abgeschlossenes Individualwoh- gleichen aber durch subsidiäre Hilfe soziale Defizite Austausch wird durch Vortragstätigkeiten, Fachpub-
zwischen Leben und Arbeiten, Intimität und Öffent- nen ermöglichen, werden neue gemeinschaftsori- aus. Sie unterstützen zunächst ihre in Not geratenen likationen und Veröffentlichungen von Forschungs-
lichkeit. Alle Lebensbereiche oszillieren miteinander. entierte Typologien entwickelt und experimentell Mitglieder, aber erweitern und öffnen Maßnahmen ergebnissen internationalisiert. Häufig besteht eine
Auch veränderte Mobilität schafft Freiräume: Die erprobt. Da Individualität neben Gemeinschaft ermög- der solidarischen Hilfe neuerdings. Diese subsidiäre Diffusion der Erfahrungen aus anderen Projekten –
Projekte setzen Impulse in Bezug auf Reduzierung licht werden soll, entwickelten die gemeinschaftlichen Hilfe stabilisiert auch die Projekte und fördert die inzwischen schon in der zweiten oder dritten Genera-
der Automobilität – daraus resultiert finanzieller und Wohnprojekte auch hybride Wohnungstypen als soziale Balance. tion. Akteure von Pionierprojekten übernehmen quasi
räumlicher Spielraum, der häufig zugunsten von Ge- Satelliten- beziehungsweise Clusterwohnungen, die Patenschaften für neue Projekte. Damit knüpfen sie
meinschaft und Quartier eingesetzt wird. privates mit kollektivem Wohnen versöhnen. Es wer- Sie sind Labore, die neue Wege erkunden. an Traditionen an und entwickeln diese weiter.
den zudem kollektive Wohnformen in den Großwohn-
Sie verstehen Diversität als Befreiung. gemeinschaften weiterentwickelt – das Wohnen in Als ‚freigiebige Weltverbesserer‘ generieren die Pro- Sie verknüpfen Partizipation und
der individuellen Wohnzelle wird hier durch kollektive jekte (in unterschiedlichem Maße) neue Erfahrungen Stadtentwicklung.
Grundlegende Gegensätze, die die Debatte über das Serviceangebote (z. B. Köchin) erweitert. Hallenwoh- zu vielfältigen Themen. Ihre Strategien, Instrumente
Wohnen blockiert haben, werden aufgehoben – wie nungen sollen neue Raumaneignungen und Selbst- und Resultate kommunizieren sie als Teil ihres Selbst- Statt einer Fortführung der tradierten Beteiligungs-
die Bedeutung des Besitzens oder auch der Dogma- bauinitiativen in den Großwohnungen ermöglichen. verständnisses sehr transparent und stellen sie der er- verfahren öffnen und erweitern sie die Baukultur
tismus, was gutes und falsches Wohnen sei. Indem weiterten Fachwelt oder Gruppierungen mit ähnlichen der Beteiligung radikal. Es werden neue Formen der
sie Diversität als Prinzip sehen, können sie sich von Sie sind offen für den Wohnwandel. Zielsetzungen zur Verfügung. Forschung und Evaluie- Mitbestimmung und Mitentscheidung entwickelt und
festgefahrenen Diskussionen lösen. Vieles hat im rungen werden angestoßen, beliefert und strukturiert diese ins Quartier und in die Stadt geöffnet. Erkennt-
Nebeneinander seine Berechtigung. Benachteiligte Wohnen bedeutet weiterhin Bleiben oder auch integriert: Dies betrifft die ‚Grundlagenforschung‘ nisse werden Grundlage der Projektausrichtung. Die
Gruppen werden deshalb auch selbstverständlich Verändern. Flexible Raumangebote – Jokerzimmer, (z. B. Umgang mit Energie oder Wasser), die selbstkri- Verfahren sind diskursiv und offen. Wichtig ist eine
integriert. Man will keine inszenierten Gemeinschaf- Locanda-, Separat-, Flex- oder Optionsräume – er- tische Evaluierung durch Nutzer oder durch unab- hohe Transparenz der Prozesse und Entscheidungen,
ten mehr, die sich durch Interessenshomogenität leichtern zukünftige Veränderungen. Die Wohnpro- hängige Forschungseinrichtungen (ETH-Wohnforum alle Medien und Foren werden genutzt, um jederzeit
und Konfliktarmut auszeichnen, sondern man wagt jekte wollen damit Angebote für alle Lebensphasen oder TUM, Oberste Baubehörde) und Stiftungen Einblick in die Fortschritte des Planungsablaufs zu
das anregende und bereichernde Andere. Dadurch, offerieren. (Age-Stiftung). Ihre Forschungsergebnisse sind über geben. Es werden auch ‚Schlaufen‘ und Memoranden

226 227
7.2 FAZIT CHANCEN UND GRENZEN

eingebaut, um Zeit für gemeinsames Nachdenken und Was erschwert die Entfaltung gemeinschaft- der Modelle in Frage stellen. Damit eine öffentliche privaten Wohnraum mehr gemeinschaftliche Flächen
Diskussionen zu finden. Diese neuen Partizipations- licher Wohnprojekte? Welche Grenzen werden Förderung nachvollziehbar zu rechtfertigen ist, sollten realisiert werden sollen. Ihre Chancen liegen in neuen
ansätze schaffen – von Regeln begleitet – Bilder und erfahrbar? Zielsetzungen, Qualitäten und die Kontinuität des Kooperationsmodellen.
Imaginationen zu einer veränderten Lebensweise und Mehrwerts gesichert werden können.
Umweltgestaltung. Sie brauchen bezahlbare Grundstücke. Sie können nicht alle Erwartungen
Sie finden keine ideale Rechtsform. befriedigen.
Sie greifen über. Ohne Unterstützung der Städte und Gemeinden
gelangen gemeinschaftliche Wohnprojekte nur sehr Jedes Projekt muss abwägen, welche Rechtsform mit Die Ansprüche der Projektbeteiligten, aber auch
Mit ihrer Beteiligung und Öffnung zum Quartier regen schwer an Grundstücke. Da sie in der Gründungs- den eigenen Inhalten und Zielsetzungen in Einklang der Kommunen sind vielfältig. Nicht jedes Projekt
sie baufeldübergreifende Koordination mit verschie- phase in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt sind, zu bringen ist: Im Idealfall soll die Trägerform die Um- kann alle Erwartungen befriedigen, sondern sollte in
denem Fokus an – dies kann Städtebau- und Frei- sind sie gewerblichen Konkurrenten oftmals unterle- setzung inhaltlicher Ziele unterstützen. Die Gründung Reaktion auf die Begabungen des Kontextes, des Orts
raumplanung betreffen, aber auch die Abstimmung gen. Als Ausweg aus diesem Dilemma wird vermehrt einer Genossenschaft ist aufwendig, im Betrieb durch und der Bewohner spezifische Bausteine liefern. Bei
von sozialer Infrastruktur. Erste Quartiersinitiativen die langfristige Vergabe der Grundstücke in Erbpacht die Prüfungspflichten teuer und für kleinere Häuser Konzeptvergabe sollte besonders in städtebaulichen
und -genossenschaften erweitern nun den Blick vom (Baurecht) diskutiert. Durch Erbpachtverträge verblei- kaum geeignet. Die Zielsetzung einer Genossenschaft Entwicklungsgebieten nicht nur das Einzelprojekt im
Wohnprojekt zum Quartier. Wege, die beispielsweise ben die Grundstücke im Besitz der Allgemeinheit und orientiert sich, laut dem Genossenschaftsgesetz, nicht Blick behalten werden, sondern auch die Kooperati-
im Domagkpark in München erstmals beschritten stehen zukünftigen Generationen weiterhin zur Verfü- am Wohl der Allgemeinheit oder an den Quartiersbe- onsbereitschaft der Akteure und die Befähigung zur
wurden, werden jetzt in neuen städtischen Quartiers- gung. Für Baugemeinschaften und Genossenschaften dürfnissen, sondern zunächst an Wohnbedürfnissen Quartiersvernetzung.
entwicklungen (Prinz Eugen Park) aufgegriffen und ist die Vergabe der Grundstücke in Erbpacht allerdings der eigenen Genossen. Ihre Stärke liegt wiederum in
institutionalisiert. (noch) unattraktiv, da die Erbpachtzinsen oftmals zu der langfristigen Sicherung angemessenen Wohnrau-
hoch sind, die Beleihung erschwert wird und die Zin- mes. Private Baugemeinschaften hingegen können
Sie kooperieren eng mit den Kommunen. sen auf dem Kapitalmarkt (noch) niedrig sind. Wichtig auch in kleineren Gruppen variabel agieren, vermö-
sind daher die Anpassung des Erbpachtzinses an heu- gen aber nicht, die gemeinschaftlichen Zielsetzungen
Es bilden sich Kooperationen zwischen den Kommu- tige Marktgegebenheiten und langfristige kommunale der Gründergeneration institutionell zu sichern und
nen und den Wohnprojekten zum wechselseitigen Strategien im Flächenmanagement. langfristig fortzuführen. Wertsteigerungen kommen
Gewinn heraus. Da die gemeinschaftlichen Wohnpro- in Baugemeinschaften den Eigentümern und nicht
jekte wichtige Impulse für die Quartiersentwicklung Sie brauchen flexible Fördermodelle. der Allgemeinheit zugute. Da die Grundmodelle
setzen können, langfristig bezahlbaren und nichtspe- (Genossenschaften, WEG, gGmbH etc.) selten ideal
kulativen Wohnraum sichern, vermehrt offen für die In Deutschland sind Gemeinschaftsflächen in der sind, versuchen einzelne Wohnprojekte die Schwä-
soziale Integration benachteiligter Gruppen werden Regel nicht oder nur sehr bedingt förderfähig. Enge chen der Rechtsformen durch Kombinationsmodelle
und aktive nachbarschaftliche Netzwerke aufbauen, und unflexible Finanzierungsmodelle orientierten auszugleichen.
werden sie von den Städten häufig durch eine Quotie- sich an erstarrten Wohntraditionen des sozialen
rung beziehungsweise durch eine bevorzugte Vergabe Familien-Wohnungsbaus der 1960er- und 1970er- Sie changieren zwischen verschiedenen
der Grundstücke (bei einem Festpreisverfahren) Jahre, sind kompliziert und nicht anpassungsfähig. In Projektgrößen.
privilegiert. Österreich sind dagegen – begünstigt durch spezifi-
sche Fördermodelle der Stadt Wien – Wohnprojekte Die Zahl der Beteiligten steht bei Projektstart und
entstanden, die über überproportional viel gemein- Grundstückssuche oftmals noch nicht fest. Ist ein
schaftlich genutzten Raum verfügen. Dieser ‚Luxus‘ Projekt zu groß, so ist es meistens nur schwer finan-
an Gemeinschaftsräumen kann kaum mehr bespielt zierbar; ist es zu klein, dann kann die angestrebte
werden. Die Qualität der Räume in Lage, Belichtung, Diversität und Nutzungsvielfalt nicht erreicht werden.
Ausstattung und Fürsorge entspricht nicht den Anfor- Eine Mindestgröße der Projekte ist allerdings erforder-
derungen, die die Gruppen an andere Entscheidungen lich, um eine soziale und generative Durchmischung
und Prozesse im Rahmen der Projekte stellen. herzustellen, um ausreichend großzügige Gemein-
schaftsräume zu bauen und finanzielle Belastungen
Sie brauchen dauerhafte Nachweise ihrer in Grenzen zu halten. Wie das Projekt Möckernkiez
Mehrwerte. zeigt, das über 400 Wohnungen mit umfangreichen
Gemeinschaftsräumen und Sozialbauten bauen
Die entwicklungsoffene, undogmatische Heran- wollte, erfordern diese Großprojekte professionelle
gehensweise und die damit verbundene Offenheit Akteure. Zudem sind diese Projekte stark von insti-
für Veränderungen – grundsätzlich Stärke vieler tutionellen Geldgebern abhängig. Kleine gemein-
Projekte – beinhalten auch Risiken. Beteiligung kann schaftliche Projekte können weit flexibler agieren,
auch zu Umkehr führen und die vielschichtige Qualität sind aber schnell überfordert, wenn unabhängig vom

228 229
1 Einführung

2 Wohnprojekte

3 Stadt

4 Raum

5 Programm

6 Organisation

7 Fazit

8 Anhang
8.1 ANHANG L I T E R AT U R V E R Z E I C H N I S

8.1 Literaturverzeichnis D einszueins architektur (Hg.): Wohnprojekt Wien.


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232 233
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236 237
8.2 ANHANG ABBILDUNGSVERZEICHNIS

8.2 Abbildungsverzeichnis Brunnen als Möblierung des Stadtzimmers, mehr


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Durchwegter Innenhof, Giesserei, Winterthur. bezüge, Kalkbreite, Zürich. Foto: Susanne Dürr DomagkPark-2015-08.pdf
Fotos: Susanne Dürr Grundriss Clusterwohnen an der Rue Intérieure, S. 173 Baugemeinschaften Wohnpark Am Ebenberg,
S. 124 Städtisches Wohnzimmer, Kalkbreite, Zürich; Kalkbreite, Zürich. Eigene Darstellung Landau in der Pfalz. Foto: Gerd Kuhn
Nachbarschaftliches Gärtnern, Wohnen mit alles!, S. 147 Grundriss Clusterwohnen als Stadt, Haus A, Duplex S. 174 ExRotaprint in Berlin. Foto: Susanne Dürr
S. 20 Blockinnenbereich mit Terrasse. S. 63 Geöffneter Zugangshof. S. 110 Teil der historischen Blockstruktur, Lebensort Wien. Fotos: Susanne Dürr Architekten, mehr als wohnen, Zürich. Eigene S. 176 Beispielswohnung 45 qm wagnis (EOF1/EOF2/
Foto: Thomas Müller Foto: Ebe I Ausfelder I Partner Architekten Vielfalt, Berlin; Teil der Wohnstruktur, Generatio- S. 125 Hof als Erweiterung des Spreeufers, Spreefeld, Darstellung München Modell III und IV und KMB). Quelle:
S. 22 Ansicht Straße; Empfang. Fotos: Thomas Müller Benachbarte Kindergärten. nenpark, Königsbrunn; Großformatiger Baustein Berlin; Apfelwiese und Holzwege, wagnis 4, Mün- S. 148 Terrasse der Großwohnung, Kalkbreite, Zürich. Wohnbaugenossenschaft wagnis. Finanzierungsun-
Foto: Stephan Mertens im Kontext Industrie, Giesserei, Winterthur. Eigene chen. Fotos: Susanne Dürr Foto: Nanni Abraham terlagen 2016
S. 24 Bibliothek; Blick in eine Wohnung. Darstellung Urbaner Platz neben Wohnhof, wagnisArt, Mün-
Fotos: Thomas Müller S. 65 Offene Durchwegung; Foto: Stephan Mertens S. 150 Tragstruktur und Flexibilität, Wohnen mit alles!, S. 177 Verteilung der Wohnbauarten München. Quelle:
Erschließung Gemeinschaftsräume; S. 111 Tiefe Baukörper im Kontext Gewerbe, mehr als chen. Foto: Thomas Müller Wien. Eigene Darstellung Stadt München
S. 26 Aufenthalt im grünen Innenhof. Foto: Gerd Kuhn wohnen, Zürich; Identität durch Industriebestand S. 126 Gäste willkommen, Spreefeld, Berlin; Treppenwege
Foto: Nanni Abraham S. 151 Jokerzimmer in Wohnungsvielfalt, Giesserei, S. 178 Gemeinschaftliches Wohnprojekt B.R.O.T. in der
S. 66 Modell mit zwei Bauabschnitten. und Fluss, Alte Weberei, Tübingen; Überdimensio- ins umliegende Quartier, Grünmatt, Zürich; Nach- Winterthur. Eigene Darstellung Seestadt Aspern, Wien; Frauenwohnprojekt
S. 28 Knotenpunkt Kalkbreite; Hofabstaffelung nach Foto: Ebe I Ausfelder I Partner Architekten naler Blockrand in der Bahnbrache, Wohn_ Zimmer, barschaftszone, Giesserei, Winterthur. KalYpso im Kabelwerk Wien; Sargfabrik Wien.
Südwesten. Fotos: Susanne Dürr Fotos: Susanne Dürr S. 152 Einsehbarer Fahrradraum am Durchgang,
Wien. Eigene Darstellung Fotos: Gerd Kuhn
S. 68 Freiraum zwischen den Zeilen. Foto: Susanne Dürr Wohnprojekt Wien, Wien; Kompostanlage, Grün-
S. 29 Sitzstufen und Weg zur Dachterrasse. S. 112 Gemeinschaftsorientiertes Wohnen am Park, Woh- S. 127 Grüne Wegführung zur Mitte, mehr als wohnen, matt, Zürich; Lage am Innenhof, Kalkbreite, Zürich. S. 179 Heimprojekte LiSA in Aspern, Wien; Heimprojekte
Foto: Susanne Dürr S. 70 Grünmatt zur Känguruwiese; Durchwegung zur nen mit alles!, Wien; Ziel der Blockdurchquerung, Zürich; Planung des Uferwegs, Spreefeld, Berlin;
Nachbaretappe 2. Fotos: Susanne Dürr Fotos: Susanne Dürr Seestern in Aspern, Wien. Fotos: Gerd Kuhn
Wohnen am Innenhof. Foto: Nanni Abraham Wohn_ Zimmer, Wien. Fotos: Susanne Dürr Zugang zum Park und Adresse, Giesserei, Winterthur;
S. 71 Ebenerdige Durchwegung; Begegnung am Kopf Breiter zweigeschossiger Durchgang, Giesserei, S. 153 Briefkastenmöbel mit Paketfächern, Kalkbreite, S. 181 Flyer „Lebenswertes Matznerviertel“;
S. 32 Zwei benachbarte Innenhöfe S. 113 Lage am öffentlichen Spreeuferweg, Spreefeld, Zürich; Individualisierte Briefkastencollage, Flyer Internationale Badekultur;
Foto: Thomas Müller der Zeile. Fotos: Susanne Dürr Berlin; Platz zwischen Straßenbahn und Treppen- Winterthur. Fotos: Susanne Dürr
wagnisART, München. Fotos: Susanne Dürr Flyer Babyschwimmen im Badehaus Sargfabrik.
S. 34 Laubengang mit Balkon. Foto: Thomas Müller S. 72 Autofreie Durchwegung; aufgang, Kalkbreite, Zürich; Zwischen Kirche und S. 128 Treppenaufgang zum Innenhof, Kalkbreite, Zürich; Signalgelb – die Post kommt, Spreefeld, Berlin. Quelle: Scans Flyer Sargfabrik
Laden zum Platz. Foto: Gerd Kuhn Foto. Susanne Dürr Nahversorger, Generationenpark, Königsbrunn. Gemeinschaftsraum mit Durchblick, Giesserei, Foto: Thomas Müller; Briefkästen im Foyer,
Winterthur. Fotos: Susanne Dürr S. 182 Kapitalkosten und Solidarbeitrag. Quelle Miets-
S. 74 Den Freiraum rahmende Loggien; Grünmatt zur Fotos: Susanne Dürr Wohn_ Zimmer, Wien. Foto: Susanne Dürr;
S. 35 Durchgang – gemeinsamer Ort; Gemeinsamer häuser Syndikat: Das Mietshäuser Syndikat und
Dachgarten. Fotos: Thomas Müller Friesenberghalde. Fotos: Susanne Dürr S. 118 Hybrid zwischen Block, Zeile und Hof, Giesserei, S. 129 Temporäre Belegung des Durchgangs, wagnis 4, S. 154 Verglasung zwischen Küche und Spielraum, die Hausprojekte. Rücke vor bis zur Schlossallee.
S. 76 Durch den Wohnrahmen in den Innenhof. Winterthur. Foto: Gerd Kuhn München; Durchblicke, Generationenpark, Königs- Wohnen mit alles!, Wien; Bibliothek mit Wohn- Freiburg 2013, S. 5
S. 36 Private Balkone zum Hof. Foto: Susanne Dürr brunn. Fotos: Susanne Dürr
Foto: Susanne Dürr Block und Hof, Kalkbreite, Zürich. zimmeratmosphäre, Kalkbreite, Zürich; Temporäre
S. 38 Innenhof mit Ausblick. Foto: Susanne Dürr S. 188 Modell des Mietshäuser Syndikat; Quelle: Miets-
Foto: Nanni Abraham S. 130 Treppe und Aufenthalt, en famille, Tübingen. Foto: Wandverkleidung, Malwerkstatt Kalkbreite, Zürich.
S. 78 Solitär als Ziel des Weges; Passerelle als barriere- häuser Syndikat: Das Mietshäuser Syndikat und
S. 40 Giesserei am Eulachpark. Foto: Susanne Dürr Gekrümmte Zeilen, Versatz der Köpfe, Grünmatt, Manderscheid Architekten Fotos: Susanne Dürr
freie Flanierzone. Fotos: Susanne Dürr die Hausprojekte. Rücke vor bis zur Schlossallee.
Gewerbe und Wohnen zur Straße. Zürich. Foto: Nanni Abraham
S. 79 Marktplatz des Wohn_ Zimmers; Dreidimensionale S. 131 Zweigeschossiger Empfang, Zugang zur Rue S. 155 Blickbeziehung zwischen Bibliothek und Waschsa- Freiburg 2013, S. 6
Foto: Christine Heinkel Urbanes Dorf durch „Wildheit“ der Baukörper,
Promenade. Fotos: Susanne Dürr Intérieure, Kalkbreite, Zürich; Empfangshalle lon, Kalkbreite, Zürich. Foto: Nanni Abraham Standorte der Mietshäuser-Syndikat-Projekte.
wagnisART, München (Modell aus der Ausstellung
S. 41 Transparenz zwischen Hof und Park. Richtung Bahnhof, Wohn_ Zimmer, Wien; Halle für Orangerie und überdachter Spielraum, Kalkbreite, Quelle: Mietshäuser Syndikat: Das Mietshäuser
S. 82 Durchlässigkeit zur Spree. Foto: Susanne Dürr „Keine Angst vor Partizipation – Wohnen Heute“,
Foto: Christine Heinkel alle, Wohnen mit alles!, Wien; Wohnungstür als Zürich. Foto: Nanni Abraham Syndikat und die Hausprojekte. Rücke vor bis zur
Architekturmuseum der TU München). Foto:
Blick in die Bibliothek Hegi. Foto: Gerd Kuhn S. 84 Öffentlicher Weg durch die Mitte. Visitenkarte der Privatheit, Kalkbreite, Zürich. Fotos: S. 156 Optionsraum als Holzwerkstatt, Spreefeld, Berlin. Schlossallee. Freiburg 2013, S. 60.
Susanne Dürr
S. 43 Blick in den Fahrradladen. Foto: Gerd Kuhn Foto: Susanne Dürr Susanne Dürr Foto: Thomas Müller S. 189 Wohnetagen Steinstrasse, Berlin. Foto: Gerd Kuhn
Gestaltung des Spreeufers. Foto: Thomas Müller S. 119 Cluster – Durchlässigkeit zum Spreeufer, Spreefeld,
S. 44 Tor zur Nachbarschaftszone. Foto: Susanne Dürr S. 132 Rue Intérieure, Innen und umschlossen, Kalkbreite, Werkstatt zum Tiefhof, Wohnen mit alles!, Wien. S. 190 „Modellkoffer“. Wohnprojekt Spreefeld.
Berlin(Modell aus der Ausstellung „Keine Angst
Balkon-Vorzone zum Hof. Foto: Gerd Kuhn S. 85 Grüne Mitte mit Blick zur Spree; Mulitfunktionaler Zürich; ‚Dorfstraße‘ mit Ausblick, Lebensort Foto: Susanne Dürr Foto: Susanne Dürr
vor Partizipation – Wohnen Heute“, Architektur-
Optionsraum. Fotos: Thomas Müller Vielfalt, Berlin; Laubengang, Generationenpark, S. 158 Blick aus dem Pensionszimmer, Kalkbreite, Zürich;
S. 46 Baugemeinschaft en famille am Quartiersplatz. museum der TU München). Foto: Susanne Dürr, S. 191 Matrix Beteiligung in der Wohnungsbaugenossen-
S. 86 Heizhaus mit Wintergarten; Zum Uferweg offener Königsbrunn. Fotos: Susanne Dürr Gästehaus Hunziker zur Durchfahrtsstraße, mehr
Foto: Gerd Kuhn Verbindung von Solitären in Obergeschossen, schaft WOGENO, München. Quelle: WOGENO,
Optionsraum. Fotos: Thomas Müller Wohn_ Zimmer, Wien. Foto: Susanne Dürr S. 133 Interne Straße, Wohnen mit scharf!, Wien. als wohnen, Zürich. Fotos: Susanne Dürr München
S. 48 Mitglieder der Baugemeinschaft; Das viertel vor
S. 87 5 Meter Raumhöhe – Büroeinbauten. Hybrides Netzwerk zur Durchquerung, Genera- Foto: Susanne Dürr S. 159 Gästezimmer zum Innenhof, wagnis 4, München;
kurz nach Bezug. Fotos: Manderscheid Architekten S. 192 Verschiedene Ebenen der Partizipation in der
Foto: Thomas Müller tionenpark, Königsbrunn. Foto: Ebe I Ausfelder I Laubengang, wagnis 4, München. Foto: Gerd Kuhn Foto: Gerd Kuhn
S. 49 Treffen der Mütter im Café viertel vor; Genossenschaft Möckernkiez. Quelle: Bauge-
Gestaltungsvorschlag zum Spreeweg. Partner Architekten S. 134 Gemeinschaftliche Balkone, Giesserei, Winterthur; Nicht umgesetzte Planung für Hotel an der
Quartiersläden im Erdgeschoss. nossenschaft Möckernkiez eG: Modellprojekt
Foto: Susanne Dürr Cluster – Freiräume in zweiter Reihe, mehr als Treppenaufgang zu den Dachterrassen, Kalkbreite, Quartierstreppe, Möckernkiez, Berlin. llustration:
Fotos: Gerd Kuhn Möckernkiez. Ein Projekt für Jung und Alt – sozial,
wohnen, Zürich (Modell aus der Ausstellung Zürich. Fotos: Susanne Dürr Baumschlager Eberle: Berlin/ Möckernkiez e. G.
S. 88 Bootshaus als Erinnerung. Foto: Susanne Dürr interkulturell, ökologisch, barrierefrei. Berlin
S. 50 „Provisorische“ Nutzung des Quartiersladens; „Keine Angst vor Partizipation – Wohnen Heute", Kordel als Schnittstelle, Kalkbreite, Zürich. Foto:
S. 90 Blick in den Gartenhof. Foto: Thomas Müller S. 162 Überhöhter Optionsraum im Erdgeschoss, (2013);
Luis mit Hund im Wohnflur. Fotos: Gerd Kuhn Architekturmuseum der TU München).Foto: Nanni Abraham Spreefeld, Berlin. Foto: Thomas Müller Schema Häuser und Haussprecher, WOGENO,
S. 92 Zwischen Platz und Hof; wagnisART zum Quartier. Susanne Dürr
S. 52 Geöffneter Blockrand am Rudolf-Bednar-Park. S. 135 Gemeinsames Gärtnern, wagnis 4, München; Kreativgewerbe – Visitenkarten an der Tür, München. Quelle: WOGENO, München
Foto: Gerd Kuhn Fotos: Thomas Müller S. 120 Spielende Kinder auf der Straße, mehr als wohnen, Technikaufbauten Dachterrasse, Wohnen mit Spreefeld, Berlin. Foto: Susanne Dürr S. 193 . Planungsworkshop wagnisART. Foto: Udo
S. 93 Stege fassen Platz; Gemeinschaftsraum zum Hof. Zürich. Foto: Susanne Dürr scharf!, Wien. Fotos: Susanne Dürr Salon am Park, Wohnen mit alles!, Wien;
S. 54 Platz zwischen zwei Partnern; Ladencafé, Salon am Schindler/bogevischs buero
Fotos: Thomas Müller Private Balkone als Gartenersatz, Spreefeld, Berlin. Brücken und Dachterrasse, wagnisART, München. Foto: Gerd Kuhn
Park. Fotos: Susanne Dürr
Foto: Thomas Müller Foto: Thomas Müller S. 194 Soziokratisches Kreismodell, Wohnprojekt Wien.
S. 55 Tiefhof zum Blockinneren; Wegevernetzung. S. 95 Wohnhaushalle mit Briefkästen. S. 164 Café BEBEK – mit Blick in die Trambahnhalle,
Platz zwischen Gartenstadt und Urbanität, Grün- Quelle: www.einszueins.at/project/wohnpro-
Fotos: Susanne Dürr Foto: Thomas Müller S. 140 Vision Nutzungsmix aus Wohnen, Arbeiten, Kultur, Kalkbreite, Zürich. Foto: Susanne Dürr
matt, Zürich. Foto: Susanne Dürr jekt-wien
S. 96 Hunzikerplatz. Foto: Susanne Dürr Kalkbreite 2006, Zürich. Quelle: Res Keller S. 165 Kindergarten als Standortvorteil, Generationen- Baugruppensitzung der Baugemeinschaft en
S. 56 Foyer von Wohnen mit uns! Foto: Susanne Dürr S. 121 „Zwischen“-Platz als Bühne und Schaufenster,
S. 98 Durchwegung zum zentralen Platz; Platz mit S. 141 Wohnungsspiegel mehr als wohnen, Zürich. park, Königsbrunn. Foto: Stephan Mertens; famille in Tübingen. Foto: BG en famille/ Mander-
S. 58 Dachgarten mit Parkblick; Werkstatt am Tiefhof. Kalkbreite, Zürich. Foto: Susanne Dürr
Mobilitätsstation. Fotos: Susanne Dürr Quelle: www.mehralswohnen.ch/fileadmin/down- Offener Kindergartenspielbereich, Spreefeld, scheid Architekten
Fotos: Gerd Kuhn Stadtbalkon zum Platz, en famille, Tübingen.
loads/Wohnen/Wohnungsspiegel_1605.pdf Berlin. Foto: Susanne Dürr S. 195 Allmendräume in mehr als wohnen, Zürich. Foto:
S. 60 Kleinteilige Struktur im Wohngebiet. S. 99 Zwischen Gasse und Straße; Blick zum Hunziker- Foto: Manderscheid Architekten
S. 142 Schränke als mobile Raumtrennung, Bauteil Kada, Bibliothek der Schwulenberatung, Lebensort mehr als wohnen, Zürich
Foto: Ebe I Ausfelder I Partner Architekten platz (Ausschnitt). Fotos: Susanne Dürr Hierarchisches Netzwerk an Plätzen, mehr als
Wohn_ Zimmer, Wien. Eigene Darstellung Vielfalt, Berlin; Bootshaus als Veranstaltungsort,
S. 101 Durchwegung und Veloparken; Gemeinschafts- wohnen, Zürich. Foto: Susanne Dürr S. 196 Koordinierungstreffen DomagkPark. Foto: Konsor-
S. 62 Innenhof mit Hochbeet. Foto: Gerd Kuhn Spreefeld, Berlin. Fotos: Thomas Müller
garten zur Schule. Fotos: Susanne Dürr S. 122 Aufenthalt zwischen drinnen und draußen, Wohn_ S. 144 Suche WG, Kalkbreite, Zürich. Foto: Susanne Dürr tium DomagkPark
Laubengänge, mehr als Erschließung. S. 166 Einladung Sommerfest Verein DomagkPark,
Zimmer, Wien. Foto: Gerd Kuhn Gemeinschaftsbereich Pflege-WG, Lebensort
Foto: Ebe I Ausfelder I Partner Architekten S. 102 Grüne Durchwegung. Foto: Susanne Dürr München;
Vielfalt, Berlin. Foto: Thomas Müller

238 239
8.3 ANHANG BETEILIGTE PERSONEN

8.3 Beteiligte Personen Workshopteilnehmer Architekten), Remo Montanari (Büro für Wohnbauför-
derung, Stadt Zürich), Dr. Daniel Kurz („werk, bauen +
In der Frühphase des Forschungsprojekts konnten wir wohnen“), Andreas Galli und Claudio Schiess (Galli
mit kompetenten Kolleginnen und Kollegen in einem Rudolf Architekten); in Winterthur sprachen wir mit
Workshop, der in den Gebäuden von ExRotaprint in Yvonne Lenzlinger und Hans Suter (Genossenschaft
Berlin im Dezember 2014 stattfand, unsere Forschungs- Gesewo/Giesserei); in Wien trafen wir Katharina
skizze diskutieren. Uns bewegte die zentrale Frage, Bayer (einszueins architektur), Christoph Mörkl
was neue gemeinschaftliche Wohnprojekte für die (SUPERBLOCK), Klaus Kada (kadawittfeldarchitektur),
Quartiersentwicklung leisten können, welche Voraus- Bernd Vlay (STUDIOVLAY), Daniel Bammer (Riepl
setzungen dazu erforderlich sind und wie eine neue Kaufmann Bammer Architektur), Dieter Groschopf
Sozialorientierung der Projekte ausgestaltet werden (wohnfonds_wien) und Daniel Glaser (Wiener Wohn-
sollte. Für die kritischen Kommentare und motivieren- bauforschung); in Königsbrunn: Sibylle Ebe (Ebe I
den Anregungen danken wir allen Teilnehmern: An- Ausfelder I Partner Architekten), Achim Friedrich
gela Hansen, Hamburg (Behörde für Stadtentwicklung (Familienbüroleiter), Marcella Wolf (Kümmerin Gene-
Autoren und Umwelt, Amt für Wohnen, Stadterneuerung und rationenpark), Nadine Bissinger (GWG); in München:
Bodenordnung, Agentur für Baugemeinschaften); Elisabeth Hollerbach und Christoph Miller (wagnis
Susanne Dürr ist Architektin und Professorin für Gerd Kuhn ist Stadtforscher und Wohnsoziologe Dr. Daniel Kurz, Zürich („werk, bauen + wohnen“); eG), Cenk Sargut (DomagkPark Genossenschaft),
Städtebau und Gebäudelehre an der Hochschule am Institut Wohnen und Entwerfen der Universität Rolf Novy-Huy, Hattingen (Stiftung trias, Gemein- Christian Stupka (WOGENO); in Tübingen: Sonja
Karlsruhe – Technik und Wirtschaft. Stuttgart. nützige Stiftung für Boden, Ökologie und Wohnen); Wenzelburger (Baugemeinschaft en famille), Chris-
Kristien Ring, Berlin (Architektin, AA PROJECTS); toph Manderscheid (Manderscheid Architekten), Uwe
Architekturstudium an der Universität Karlsruhe und Studium der Geschichts- und Gesellschaftswissen- Karin Sandeck, München (Oberste Baubehörde im Wulfrath und Karin Hopfner (WIT/Stadt Tübingen); in
University of Bath. Mitarbeit unter anderem bei Alison schaften (Soziologie, Geschichte) in Frankfurt am Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Berlin: Bernd Gaiser (Lebensort Vielfalt), Ulrich Schop
und Peter Smithson in London und beim Renzo Piano Main. 1989 bis 1995 wiss.enschaftlicher Mitarbeiter Verkehr, Abteilung Wohnungswesen und Städte- (roedig. schop architekten) und Dr. Angelika Drescher
Building Workshop in Genua. Von 1993 bis 1995 an der TU Berlin. 1995 Promotion zur Wohnkultur bauförderung); Robert Temel, Wien (gemeinsam- (die zusammenarbeiter).
wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ent- und kommunalen Wohnungspolitik. Seit 1997 Akade- bauen-wohnen.org) und Dr. Stefan Krämer, Ludwigs-
werfen an der Universität Stuttgart und von 1999 mischer Mitarbeiter am Fachgebiet Architektur- und burg (Wüstenrot Stiftung).
bis 2005 am Institut für Städtebau an der Universität Wohnsoziologie, Institut Wohnen und Entwerfen, Studentische Hilfskräfte
Karlsruhe. Lehraufträge an der HTWG Konstanz Fakultät Architektur und Stadtplanung, Universität
und an der Hochschule Darmstadt. 2006 und 2007 Stuttgart. Er ist Mitherausgeber der „Informationen Interviewpartner Es ist uns ein großes Anliegen, unseren „Hiwinen“
Projektmanagement am European Institute for Energy zur Modernen Stadtgeschichte“ (IMS). Forschungs- (wissenschaftlichen Hilfskräften), die das Forschungs-
Research (EIFER) in Karlsruhe. Seit 2000 städte- schwerpunkte sind Soziale Mischung, Baugemein- Grundlage dieser Forschung sind zwölf Wohnprojekte, projekt begleitet haben, herzlich zu danken: Elena
bauliche Gutachten, Preisgerichte, Gestaltungs- schaften und partizipativer Wohnungsbau, Stadtwoh- die sich durch Innovation und Experimentierfreude Eidemüller, Hannah Dobrinski und Susanna Stein
und Qualitätsratsaktivitäten. Seit 2007 Professorin im nen und Öffentlicher Raum. auszeichnen und die in Bezug auf gemeinschaftlich (Recherche und grafische Bearbeitung der Zeich-
Studiengang Architektur der Hochschule Karlsruhe. orientiertes Leben mit Öffnung zum umgebenden nungen). Für ihren unermüdlichen Einsatz gerade in
Forschungsschwerpunkte sind Strategien zur klima- Quartier Schrittmacher sind. der Schlussphase des Projekts und für die grafische
gerechten, sozialen Stadt mit Fokus auf Wohnungs- Aufbereitung der Matrix, Lagepläne und Illustrationen
bau und öffentlichen Raum. Vor Ort standen uns Bewohner, Architekten, Vertreter haben sich Nanni Abraham und Carmen Lehr beson-
der gemeinschaftlichen Wohnprojekte sowie Reprä- ders verdient gemacht – herzlichen Dank hierfür!
sentanten der Kommunen und Fachverwaltungen für
Gespräche zur Verfügung. Wir danken ihnen herzlich
für die Zeit, die sie sich für die Interviews mit uns
nahmen. Ihre wertvollen Hinweise haben unseren
Blick auf die inzwischen sehr differenzierte Praxis
gemeinschaftlichen Wohnens geschärft und uns
befähigt, fundierter eigene Einschätzungen treffen zu
können. In Zürich waren dies: Sabine Wolf (Vorstand
Kalkbreite), Claudia Thiesen und Andreas Hofer (mehr
als wohnen), Alfons Sonderegger (Familienheim-Ge-
nossenschaft Zürich), Alexander Huhle (Graber Pulver

240 241
8.4 ANHANG M AT R I X E R L Ä U T E R U N G E N

Stadt Raum Programm Organisation

Wohneinheiten Darstellung der Projekt-


 Städtischer Kontext Beschreibung des Gebäudetypologie Zuordnung der Wohnen Zuordnung der Projekte nach Förderung Individuelle und spezifische Förde-
größen bezogen auf die Zahl der Wohnein- urbanen Kontextes der Projekte Projekte in Bezug auf die sie prägende(n) klassischen Wohntypen, nach experimen- rungen der Wohnprojekte und ihrer Bewohner,
heiten (WE) – kleiner Kreis 50 Wohneinhei- Gebäudetypologie(n) tellen, gemeinschaftsorientierten Wohn- die dem Zusammenhalt dienen und Schwä-
ten, großer Kreis 400 Wohneinheiten Zentrum Gemischt genutzte, kompakte,
 formen und nach flexiblen Raumkonzepten chere unterstützen
gut erschlossene Stadt in innerstädtischer B
 lock I Hof Block oder Teil einer Block-
Lage mit historischer Baustruktur struktur mit einer mehr oder weniger Abgeschlossenes Wohnen Projekte Öffentliche Förderung Spezifische öffentli-
geschlossenen Straßenrandbebauung und/ mit abgeschlossenen privaten Wohn- che Förderungen, die eine Projektrealisierung
Monostruktur Wohnen Monostruktur
 oder einer umfassenden Hofbebauung einheiten, mit Familien- oder komprimierten ermöglichen, wie Erbpachtgewährung (CH
als wenig dichter Siedlungsteppich in der Kleinwohnungen Baurecht), München Modell-Genossenschaf-
Peripherie mit einem hohen Anteil von Zeile Linearer, von der Straße entkoppelter ten oder Wohnfonds (Wien)
Einfamilienhäusern und privaten Gärten Baukörper, der kein Außen oder Innen bildet Gemeinschaftliches Wohnen Projekte
mit gemeinschaftlich orientierten Typolo- Solidaritätsfonds Freiwillige, subsidiäre
Industriegebiete im Wandel Peripher
 gien wie Wohngemeinschaften, Cluster- Förderung der Mitglieder eines Wohnprojekts
Solitär Allseits frei stehendes Gebäde,
gelegenes, ehemaliges Industriegebiet, wohnungen oder Großhaushalten in Notlagen
gestaltbar in Ausdehnung, Höhe und
gekennzeichnet durch großformatige Grundrissgeometrie
Gewerbebauten, großen Parzellenzuschnitt, Flexible Räume Projekte mit flexibel nutz- Zugangsermöglichung Senkung der Zu-
fehlende Grünräume und überdimensionale Cluster Gruppe einzelner Baukörper in baren Flächen oder Räumen zum Wohnen, gangsbarrieren durch Bereitstellung (Darlehen)
Straßennetze räumlicher Separierung zum Kontext Arbeiten oder als Gemeinschaftsangebot oder Stundung der Baukostenzuschüsse

Infrastruktur – Stadt in der Neuerschaf-



fung Großflächige, sowohl zentral als auch
peripher gelegene Infrastrukturbrache aus Begegnung Freiraum Zuordnung von Gemeinschaft Kennzeichnung des Ange- Genossenschaft Gesellschaft, die für ihre
dem schrumpfenden Flächenbedarf von Fallbeispielen nach Freiraumkategorien, bots an gemeinschaftsoffenen Räumen wie Mitglieder primär preisgünstigen Wohnraum
Bahn oder Militär die Begegnung ermöglichen, und nach sozialen und funktionalen Gemeinschafts- im kollektiven Eigentum zur Verfügung stellt
öffentlich oder gemeinschaftlich nutzbaren räumen oder gemeinschaftlichen Freizeit- und eine gemeinschaftliche Lebensform
Außenräumen als Teil der Projekte und Beherbergungsangeboten anstrebt

Standort Lage in Bezug auf öffentliche


 Platz Projekte mit eher urbanen, öffentlich Gemeinschaftsraum Projekte mit „so- Baugemeinschaft Gemeinschaft, die ge-
Freiräume, Vernetzung und Erschließung nutzbaren Freiräumen, die sich zum um- zialen“ Gemeinschafts- und/oder Veranstal- meinsam plant und baut und nach Bau-
gebenden Stadtraum öffnen und tendenziell tungsräumen mit Küche, Bar, Jugendraum, fertigstellung den Wohnraum im individuellen
Am Park I Wasser Lage an öffentli-
 Kinderspielraum, Heimkino Eigentum nutzt (WEG)
baulich gefasst sind
chen Grünräumen wie Parkanlagen oder
Flussufern Innenhof Projekte, die sich zu internen, Werkstatt Projekte mit „funktionalen“ Wohnungsbaugesellschaft Wohnungs-
baulich gefassten Freiräumen orientieren Gemeinschaftsräumen wie Fahrrad-, Holz- baugesellschaften, die in Österreich oder der
Am Platz Lage an urbanen Plätzen
 oder Nähwerkstatt, Malatelier, Musik- Schweiz der Gemeinnützigkeit unterliegen,
Durchwegung Projekte, die über ein inter- probenraum oder Waschsalon in Deutschland WBGs, die sich auch nach
nes Wegenetz Durchwegung ermöglichen Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit
 utzungsgefüge Lage eingebunden
N Wellness Projekte mit wellnessorientierten weiterhin dem Gemeinwohl verpflichtet fühlen
in ein Netzwerk frequentierter, fußläufig Angeboten wie Schwimmbad, Sauna oder (z. B. kommunale Wohnungsbauunternehmen)
erreichbarer, alltäglicher oder spezifischer Fitnessraum
Funktionen Begegnung intern Kennzeichnung Verein I gGmbH „Verein“ ist in Österreich
interner Erschließungssysteme und Verfü- Gästewohnen Projekte mit Raumeinheiten ein Zusammenschluss von Personen mit
gungsflächen als Möglichkeitsräume der für Gäste wie Gästezimmer, Gästeapart- gemeinsamen ideellen Zielen (vgl. Wien). Eine
Begegnung ments, Pension, Gästehaus oder Hotel „Gemeinnützige GmbH“ ist eine gemein-
wohlorientierte Gesellschaft mit beschränkter
Zentraler Raum Projekte mit frequentier-
Haftung (Lebensort Vielfalt Berlin)
ten Verteilerräumen wie Entrée, Atrium oder
zentraler Halle Quartier Kennzeichnung des Angebots
von Gewerbeeinheiten, sozialen und kultu-
Innere Straße Projekte mit linearen rellen Einrichtungen und Gastronomie Partizipation Unterschiedliche Formen der
Erschließungssystemen zur horizontalen Mitsprache, Mitbeteiligung, Mitgestaltung und
Verteilung, wie der Rue Intérieure, vorge- Gewerbe Projekte mit anmietbaren
Mitverantwortung
stellten oder integrierten Laubengängen Gewerbeeinheiten
oder verbindenden Brücken Mittelbare Beteiligung Öffnung des Partizi-
Soziale und kulturelle Einrichtung
pationsprozesses in die Stadtgesellschaft
Dachflächen Projekte mit für die Gemein- Projekte mit Räumen für soziale Einrich-
schaft nutzbaren Begegnungsflächen auf tungen wie Kindergarten oder -krippe Unmittelbare Beteiligung Beschränkung
den Dächern und mit kulturellen Veranstaltungsorten des Prozesses auf die Genossenschafts-
wie Theater, Kino oder anmietbaren mitglieder bzw. die zukünftigen Bewohner des
Veranstaltungsräumen Wohnprojekts
Gastronomie Projekte mit verschieden
großen und konzeptionell unterschiedlichen
gastronomischen Angeboten, wie z. B. Café,
   

Restaurant oder Gasthaus

242 243
IMPRESSUM

Impressum

Ein Forschungsprojekt im Auftrag der


Wüstenrot Stiftung

Bearbeitet von
Prof. Susanne Dürr und Dr. Gerd Kuhn

Herausgeber
Wüstenrot Stiftung
Hohenzollernstraße 45
71638 Ludwigsburg

info@wuestenrot-stiftung.de
www.wuestenrot-stiftung.de

Gestaltung
Angela Aumann, Berlin
www.a-aumann.de

Korrektorat
Rotkel Textwerkstatt
www.rotkel.de

Druck und Bindung


Offizin Scheufele, Stuttgart

Die Abbildungen erscheinen mit freundlicher


Genehmigung der Rechteinhaber. Wo diese nicht
ermittelt werden konnten, werden berechtigte
Ansprüche im Rahmen des Üblichen abgegolten.

Um eine bessere Lesbarkeit herzustellen, haben


wir die traditionelle Schreibweise gewählt. Dies
schließt selbstverständlich eine Gendervielfalt
ein. Nur in Zitaten haben wir die von den Auto-
ren gewählte Schreibweise (Autor_Innen oder
Autor*innen) beibehalten.

© 2017 Wüstenrot Stiftung, Ludwigsburg


2. Auflage

Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved.

Printed in Germany

ISBN 978-3-933249-39-5
Stadt Raum Programm Organisation

Kontext Standort Gebäudetypologie Begegnung Freiraum Begegnung intern Wohnen Gemeinschaft Quartier Förderung Rechtsform Partizipation

Gem. Wohnbaugesellschaft

Unmittelbare Beteiligung
Soz. + kult. Einrichtung

Zugangsermöglichung

Mittelbare Beteiligung
Öffentliche Förderung

Wohnprojekt ab Seite
Gemeinsch. Wohnen

Gemeinschaftsraum
Abgeschl. Wohnen

Baugemeinschaft
Solidaritätsfonds
Nutzungsgefüge

Verein I gGmbH
Genossenschaft
Zentraler Raum

Flexible Räume
Wohneinheiten

Durchwegung

Gästewohnen
Innere Straße

Gastronomie
Dachflächen
Infrastruktur

Park/Wasser

Werkstatt
Block/Hof

Gewerbe
Innenhof

Wellness
Industrie
Wohnen
Zentrum

Cluster
Solitär

Platz
Zeile
Platz
  
Ort

Lebensort Vielfalt
Charlottenburg
Berlin, D • • • • • • • • • • • • • • 20

Kalkbreite Zürich, CH • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • 26

wagnis 4
Am Ackermannbogen
München, D • • • • • • • • • • • • • • • • • 32

Giesserei
Neuhegi
Winterthur, CH • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • 38

en famille
Alte Weberei
Tübingen, D • • • • • • • • • • • • • 46

Wohnen mit alles!


Nordbahnhof
Wien, A • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • 52

Generationenpark Königsbrunn, D • • • • • • • • • • • • • • • • • 60

Grünmatt
Friesenberg
Zürich, CH • • • • • • • • • • • • • • • • 68

Wohn_Zimmer
Sonnwendviertel
Wien, A • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • 76

Spreefeld
Mitte
Berlin, D • • • • • • • • • • • • • • • • • • • 82

wagnisART
Domagkpark
München, D • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • 90

mehr als wohnen


Hunziker Areal
Zürich, CH • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • 96
Wüstenrot Stiftung (Hrsg.)

Wohnvielfalt
Wohnvielfalt
Gemeinschaftlich wohnen – im Quartier vernetzt und sozial orientiert

Gemeinschaftlich wohnen – im Quartier vernetzt und sozial orientiert


Susanne Dürr, Gerd Kuhn

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