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Nr. 2465
Hubert Haensel
Nach
der Stasis
Ihr Schlaf währte Äonen –
die neue Zeit nach der Mentalen Revision
Die Lage für Perry Rhodan und die Menschheit ist verzweifelt: Eine gigantische Raumflotte, die
Terminale Kolonne TRAITOR, hat die Milchstraße besetzt. Sie wirkt im Auftrag der Chaotarchen, und
ihr Ziel ist kompromisslose Ausbeutung.
Die Milchstraße mit all ihren Sonnen und Planeten soll als Ressource genutzt werden, um die Exis
tenz einer Negasphäre abzusichern. Dieses kosmische Gebilde entsteht in der nahen Galaxis
Hangay – ein Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Na
turgesetze enden.
Mit verzweifelten Aktionen gelingt es den Menschen auf Terra und den Planeten des Sonnensys
tems, dem Zugriff der Terminalen Kolonne standzuhalten. Sie verschanzen sich hinter dem TERRA
NOVA-Schirm und versuchen, die Terminale Kolonne zumindest zu stören.
Währenddessen halten sich die SOL, die RICHARD BURTON und ihr Raumschiffsgeschwader in der
Galaxis Hangay auf, um vor Ort gegen TRAITOR vorzugehen. Für Perry Rhodan und die Besatzung
der JULES VERNE, die unterwegs in Richtung Milchstraße sind, tauchen allerdings grundlegende
Probleme auf: Uralte Wesen erwachen infolge einer irrtümlichen Bitte um Hilfe, werfen die Terraner
aus dem GESETZ-Geber und beginnen ihr neues Leben und Wirken NACH DER STASIS ...
4 HUBERT HAENSEL
Kampf gegen die Mächte des Chaos ebenso erfolgreich gewesen wäre, im
zählte. Schutz der Unsichtbarkeit an dem Gol
Zählen sollte. denen vorbeizukommen, vermochte
Wer solche Freunde hat, der braucht Mondra nicht zu sagen. Zuletzt hatten
keine Gegner mehr. die Deflektoren jedenfalls versagt. Sie
Diese Feststellung schmeckte galle bezweifelte nicht, dass der Gegner die
bitter. Für Mondra Diamond war sie ein Klaviatur des GESETZ-Gebers bald
Zwang, die Dinge noch kritischer zu virtuos spielen würde.
hinterfragen. Noch schien die Gegenseite nicht er
Später, befahl sie sich dennoch. So kannt zu haben, dass ein versprengtes
bald das alles hinter uns liegt und wenn Grüppchen aus der JULES VERNE an
wir dann noch existieren. Wir Menschen Bord des goldfarbenen Gigantraumers
haben bislang nicht die technischen Mit zurückgeblieben war. CHEOS-TAI war
tel, um gegen den Strom anzukämpfen. groß wie ein Mond und bot unzählige
Wir können nur als Verbündete der Kos Verstecke. Aber es ging nicht darum,
mokraten überleben, und den entstehen sich zu verbergen und auf ein Wunder zu
den Schaden ... warten. Mondra musste die Befehlsge
Ihre Überlegung brach ab. Vor ihr, we walt wiederherstellen. Erst danach
nig mehr als dreißig Meter entfernt, er konnte und wollte sie über das Schicksal
schienen soeben zwei Gestalten aus dem der JULES VERNE nachdenken.
Nichts, verschwanden ebenso gedan Pothawk materialisierte neben ihr
kenschnell wieder und materialisierten und drängte sich an ihre Seite. Mit bei
weitere dreißig Meter tiefer in dem Kor den Ohrenhänden griff er zu ...
ridor. Mondra erkannte Commander ... und Mondra Diamond unterdrückte
Pothawk und Master-Sergeant Ardibi. gerade noch einen Aufschrei, als sie ge
Eine Sekunde später stand da nur noch meinsam in der Einmündung des Seiten
Ardibi. Er hob die Hand zum Zeichen, korridors materialisierten. Es war nur
dass alles in Ordnung sei, und als die eine schmale Abzweigung, die zudem
Terranerin sich daraufhin zu ihren Ge schon nach knapp hundert Metern blind
fährten umwandte, sah sie Pothawk ge endete.
meinsam mit Leutnant Tlacomal entma Mondras Anspannung entlud sich in
terialisieren. einem tiefen Aufatmen. Der Seitengang
Keine halbe Minute war zwischen war leer, es gab dort keinen goldenen
dem Anhalten und diesem Moment ver Roboter.
gangen. Mondra nickte Captain Telar Ihr Blick huschte die Wände entlang,
Ipthaal zu. Vizquegatomi stellte mit der glitt in die Höhe. Jeden Moment erwar
fülligen Frau soeben den für eine Tele tete sie, aus dem Schutz eines Deflektor
portation erforderlichen Körperkontakt schirms heraus unter Feuer genommen,
her. Gleich darauf waren beide ver zumindest mit einer Paralysedosis nie
schwunden. dergestreckt zu werden. Aber nichts ge
Limbox, der jüngste der Laosoor, ent schah.
blößte seine Reißzähne. Mondra glaubte, »Ich messe eine nahezu verwehte
das Äquivalent eines triumphierenden Energiefahne an«, sagte Pothawk.
Grinsens zu erkennen. Sie wusste, dass »Und ...?«
die pantherartigen Hightech-Diebe Der Laosoor schaute sie durchdrin
nichts unversucht lassen würden, gend an, als wisse er längst, was die na
CHEOS-TAI zurückzugewinnen. he Zukunft bringen würde. Sein Mus
Der Kampfroboter reagierte nicht auf kelspiel ließ das dichte schwarze Fell in
die Teleportationen. Ob der Versuch seidigem Glanz schimmern. Er zog die
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Lippen auseinander und entblößte die Déjà-vu ... Da war wieder dieses un
fingerlangen Reißzähne. glaubliche Gefühl, klein und bedeu
»Nur ein einziger Roboter«, sagte der tungslos zu sein wie eine Ameise, die
Commander mit Nachdruck und schob ihren Bau verlassen und sich verirrt hat
das Messgerät in das Futteral an seinem te.
Schultergurt zurück. »Er muss ungefähr Der Maschinensaal vor der Terranerin
in dem Moment verschwunden sein, als und ihren Begleitern war in dem Deck-
wir angehalten haben.« Plan eingezeichnet, wenngleich nur als
Die Bewegung der echsenähnlichen Symbol, das sie leicht mit dem Daumen
Kampfmaschine hatte demnach den va abdecken konnte. Zweifellos gab es in
gen goldenen Reflex hervorgerufen. CHEOS-TAI Hunderte solcher Anlagen,
Mondra nickte. Noch einmal taxierte sie die einander glichen wie ein Ei dem an
den Seitenstollen. Es schien keine ab deren, und jede von ihnen war riesig.
zweigenden Durchgänge zu geben, zu Einige hatte Mondra mittlerweile betre
mindest keine, die ihr schnell aufgefal ten, dennoch konnte sie gar nicht anders,
len wären. Andererseits bestand die als erneut den Kopf weit in den Nacken
Gefahr, dass der Goldene zurückkam. zu legen und an den bizarren Maschi
Oder dass er an anderer Stelle den nenblöcken suchend in die Höhe zu
Hauptkorridor betrat. schauen.
Diese Roboter waren mit Punktbe Etliche hundert Meter schienen allein
schuss zu besiegen, solange sie nicht die kleinsten Aggregate aufzuragen.
massiert angriffen. Aber darum ging es Darüber spannten sich, teils filigran an
Mondra gar nicht. Wichtig war ihr al mutend, aber auch erdrückend wuchtig
lein, dass sie und ihre Begleiter als letz und jeder Schwerkraft Hohn sprechend,
te Einsatzgruppe vorerst unbemerkt fächerartig große Anlagen. Weiter hin
blieben. auf reichte der Blick nicht mehr, er ver
Das Zwischenziel würde bald erreicht lor sich in dem verfilzten Dickicht aus
sein: eine der Hallen, in denen für die fremder Technologie. Diese Maschinen
Erforschung des GESETZ-Gebers wich hatten in zwanzig Jahrmillionen keine
tige Ausrüstungsgegenstände zwischen Patina angesetzt, sie würden weitere
gelagert worden waren. Von den Trup zwanzig Millionen Jahre und länger ih
pen der JULES VERNE waren mehrere ren Dienst versehen.
solcher Depots angelegt worden, doch Mondra empfand immer noch ein Ge
nur eines davon befand sich in schnell fühl des Staunens angesichts der Tatsa
erreichbarer Nähe; die anderen waren che, dass sie ausgerechnet CHEOS-TAI
weit über CHEOS-TAI verstreut. wiedergefunden hatten, jenen GESETZ-
Möglich, dass zu der Ausrüstung noch Geber, den sie besser kannten als jeden
einige TARA-V-UH-Kampfroboter ge anderen. Aber sollte sie deshalb so etwas
hörten, die in den Kämpfen gegen die wie Ehrfurcht empfinden?
Goldenen nicht eingesetzt worden wa Vielleicht, sobald der GESETZ-Geber
ren. Mondra wusste das nicht, sie hatte hilft, die in Hangay wachsende Nega
auch keine andere Möglichkeit, das her sphäre auszulöschen. Aber auch dann
auszufinden, als sich an Ort und Stelle keine Ehrfurcht. Respekt – ja, Respekt
umzusehen. vor der Technik, die unseren menschli
Einige der schlagkräftigen TARAS chen Errungenschaften so weit voraus
waren genau jene Art Verstärkung, auf ist. Doch das werden wir eines Tages
die ihr Trupp angewiesen war. aufholen ... wir müssen bis dahin nur
überleben.
* »Der kürzeste Weg führt durch die
Nach der Stasis 7
Maschinenhalle«, hörte sie sich sagen sehr wenig, auf das sie aufbauen konnte.
und schreckte aus ihren Überlegungen Ob die JULES VERNE nach dem er
auf. »Wenn wir sie umgehen wollten, zwungenen Verlassen des GESETZ-Ge
wäre das ein Zeitverlust von mehreren bers vernichtet worden war, entzog sich
Stunden.« ihrer Kenntnis.
»Es gibt hier Transportsphären!« Vorerst blieb ihr nur die Hoffnung,
Leutnant Tlacomal zeigte hinüber zu ei dass Rhodan und die Besatzung des
nem Komplex, der den Anschein er Hantelraumers noch lebten und dass die
weckte, jemand habe mehrere Korvetten Ziele der Operation Tempus weiter be
von Pol zu Pol durchgeschnitten und die standen. Sie hatten die Gefahren ihrer
Hälften jeweils zu einem Drittel gegen Mission zwanzig Millionen Jahre in der
einander verschoben. Die unteren Run Vergangenheit überlebt – und sollten
dungen wirkten wie im Boden verankert, nun ausgerechnet an CHEOS-TAI schei
in den dennoch verbliebenen Zwischen tern, dem GESETZ-Geber, dem wäh
räumen schwebten flirrende Kugeln. Al rend der Retroversion von Tare-Scharm
lem Anschein nach handelte es sich tat entscheidende Bedeutung zugekommen
sächlich um energetische Sphären. war?
CHEOS-TAI durchmaß 1126 Kilome Was konnte das anderes sein als eine
ter. Angesichts dieser Dimensionen wa bitterböse Ironie des Schicksals?
ren schnelle Transportsysteme unver Das Schlimme daran war, dass Mon
zichtbar. dra keine Ahnung hatte, wer den GE
»Wir gehen das Risiko nicht ein!«, SETZ-Geber gerade beherrschte und für
wehrte Mondra ab. »Eine einzige routi den Einsatz der goldenen Roboter gegen
nemäßige Statusmeldung an die Lenk die Terraner verantwortlich war. Vor al
zentrale genügt, um unsere Anwesenheit lem fragte sie sich, warum der Angriff
zu verraten.« erfolgt war.
»Zu viel Sicherheitsdenken macht uns Überleben und die Handlungsfreiheit
langsam«, wandte Ardibi ein. Unruhig behalten waren die wichtigsten Forde
massierte der Master-Sergeant sein rungen. Ihr kleines Erkundungsteam
Kinn. »Wir verlieren unnötig Zeit.« war das einzige, das es nicht mehr ge
Mondra hatte sich ihm schon nach schafft hatte, die JULES VERNE recht
dem ersten Satz zugewandt und bedach zeitig zu erreichen. Erst war Mondra
te ihn mit einem durchdringenden Blick. deshalb schockiert gewesen. Mittlerwei
»Keineswegs unnötig!«, sagte sie scharf. le fühlte sie jedoch Dankbarkeit dafür,
»Mit allem anderen hast du aber recht. dass sie diese Chance erhalten hatte.
Wir nutzen unsere Gravo-Paks, um die Mit wachsender Geschwindigkeit
Maschinenhalle zu durchqueren.« durchquerte sie die Halle, permanent
Sie musterte die wechselnden Holo darauf gefasst, von goldenen Robotern
anzeigen, die ihr Kombiarmband über angegriffen zu werden. Aber nichts ge
ihrem Handrücken projizierte. schah.
»Streustrahlung in weiten Bereichen. Sie musste die Befehlsgewalt über
CHEOS-TAI erscheint mir wie ein Ur CHEOS-TAI zurückgewinnen. Danach
zeitgigant, der aus einem Äonen wäh die JULES VERNE wiederfinden oder
renden Schlaf erwacht und erst langsam zumindest Kenntnis über das Schicksal
zu sich selbst findet. Die Emissionen un des Schiffes und seiner Besatzung erlan
serer Triebwerke und der Deflektoren gen. Anschließend galt es, mit CHEOS
werden in der Halle kaum auffallen.« TAI Kurs auf die Milchstraße zu neh
Mondra gab sich zuversichtlicher, als men!
sie es wirklich war. Eigentlich hatte sie Nie hatte Mondra Diamond sich so
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Bereichen des GESETZ-Gebers, und der Ein muffiger Geruch hing in der Luft.
Erkundungstrupp hatte nur einige we Schnell argwöhnte jeder, dass sie weite
nige dieser Räume betreten. Womöglich ren Schlafsälen nahe kamen. Der Ge
ging die Zahl der Schläfer in die Millio stank wurde jedenfalls intensiver und
nen. Alle, die sie in diesen Räumen an legte sich erstickend auf die Atemwege.
getroffen hatten, waren tot gewesen – Wieder Tote, deren Körper in Verwesung
aber einige hatten offenbar auch übergingen, kaum dass der Erweckungs
überlebt. Nur konnte niemand bislang vorgang eingeleitet wurde?
sagen, wie viele ... Wie groß mochte die Besatzung des
Mondra biss sich auf die Unterlippe. GESETZ-Gebers einst gewesen sein?
Vermutungen ohne jede Grundlage hal Die Zahl konnte leicht in die Millio
fen in keiner Weise weiter. nen gehen, vermutete Mondra, als sie vor
Vor wenigen Minuten hatte der Trupp den aufklaffenden breiten Lamellen ei
eine leere, etliche Decks durchstoßende nes schweren Schottes stand. Sie
Halle betreten. Umlaufende Galerien er schwang sich hindurch.
schienen wie Wartungsplattformen. In Keine kreisrunden Hightech-Liegen,
die Tiefe setzte sich der röhrenartige in endlos anmutender Monotonie anein
Ausschnitt über mehrere hundert Meter andergereiht. Keine reglosen Körper, die
fort. Projektorköpfe übersäten die Wän zu schlafen schienen, aber dennoch seit
de. Formenergiebrücken, Zapfpole, Ver unbestimmter Zeit tote, von einer stupi
sorgungs- oder Messstationen – was im den Maschinerie konservierte Hüllen
mer in einer bestimmten Betriebsphase waren.
entstehen mochte, CHEOS-TAI barg oh Die Halle war nicht sonderlich groß.
nehin Tausende Überraschungen. Eine der vielen Biosphären – vielleicht
In der Mitte der Galerie hielt Mondra ein Freizeitbereich für die Besatzung,
Diamond inne. Sie zeigte auf die nächste wie er sich auch auf terranischen Raum
in die Höhe führende Rampe. »Mir er schiffen fand. Überwuchert von üppiger
scheint es sinnvoll, die Ebene zu wech Flora, die sich bis in den letzten Winkel
seln.« ausgebreitet hatte, jedoch mittlerweile
»Du fürchtest, wir könnten den Robo in Fäulnis übergegangen war.
tern in die Arme laufen?«, fragte Captain Mit berstendem Geräusch neigte sich
Ipthaal. eine der mehrfach mannshohen Pflanzen
»Zumindest sollten wir auf das zur Seite, riss im Stürzen andere mit sich
Schlimmste vorbereitet sein.« und klatschte inmitten aufstiebender
»Ich habe keinen Einwand gegen ei Sporenwolken zu Boden. Instinktiv zog
nen Umweg, solange wir nicht unnötig die Terranerin den Helm ihres SERUNS
lange irgendwo herumstehen.« Telar Ip nach vorne und ließ ihn einrasten.
thaal lächelte. Hinter ihr betraten die anderen eben
Ausgerechnet um dieses Materialde falls die verfallende Biosphäre.
pot, das vergleichsweise nahe bei der »Helmfunk auf Minimaldistanz und
JULES VERNE eingerichtet worden das nur, bis wir hier wieder raus sind!«,
war, hatte Mondra sich nicht geküm ordnete Mondra an.
mert. Sie und ihre Gruppe waren mehr Den vermodernden Dschungel zu
als siebenhundert Kilometer entfernt im durchqueren nahm zehn Minuten in
oberen Bereich des GESETZ-Gebers tä Anspruch. In jeder Richtung schien es
tig gewesen. mehrere halb geöffnete Schotten zu ge
Ungehindert stiegen sie drei Etagen in ben.
die Höhe, bevor sie die Nähe des Schach »Schwache Energiefelder liegen vor
tes verließen. den Durchgängen. Sie halten die Pflan
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zen zurück, behindern uns aber in keiner Terranerin blinzelte gegen die Blendung
Weise ...« an, die sie kaum erkennen ließ, was vor
In dem Moment zeigte die Ortung hef ging. Sie verwünschte die Tatsache, dass
tige energetische Entladungen. Mondra sie ihren Helm nicht geschlossen hatte.
brauchte nur Sekunden, um zu erken Im selben Moment spürte sie eine heftige
nen, dass in unmittelbarer Nähe ein er Berührung ...
bitterter Kampf ausgebrochen war. ... und schon veränderte sich ihre Um
»Pothawk!« Sie streckte dem Laosoor gebung erneut. Der Laosoor hatte sie aus
ihre Hand entgegen. »Wir müssen uns der unmittelbaren Gefahrenzone tele
beeilen!« portiert.
Mondra griff endlich in den Nacken
und zog den Helm nach vorne. Pothawk
2. hatte sie beide auf einen zerklüfteten
Aggregatblock gebracht. Ein Konglome
Ein Konglomerat von Eindrücken, die rat sechskantiger Säulen erhob sich wie
an einen reißerisch geschnittenen Tri ein Berg aus Basalt. Mit einigen Dutzend
vid-Film erinnerten ... Metern Abstand ragte die nächste Ma
Mondra kniff die Augen zusammen. schine auf.
Sie sah eine Szene, erhielt aber nicht Mondra schob sich bis unmittelbar an
die Gelegenheit, sich darin zurechtzufin- die Abbruchkante nach vorne. Die Helm
den, weil der Eindruck innerhalb eines sensoren registrierten ihre Pupillenbe
Sekundenbruchteils wieder wechselte. wegung und schalteten die optische Er
Obwohl sie diese hektische Abfolge fassung in den Zoombereich. Sie sah
mittlerweile kannte und sich intensiv einen grell lodernden Energieschirm, der
konzentrierte, wurde ein verwirrend bereits deutliche Überlastungserschei
ruckartiger Ablauf daraus. nungen erkennen ließ. Obwohl der Robo
Pothawk teleportierte in hastiger Fol ter sich jäh vom Boden löste und in die
ge. Wiederverstofflichung und erneute Höhe stieg, konnte er den nächsten
Entmaterialisation schienen ineinander Strahltreffern nicht entgehen. Sein für
überzugehen, zu schnell jedenfalls, als Kosmokraten-Technik offenbar erstaun
dass es Mondra möglich gewesen wäre, lich schwacher Schutzschirm brach auf.
auch nur die Anzahl der Sprünge mitzu Für den Bruchteil eines Augenblicks
zählen. Diese Art der Fortbewegung hatte die Terranerin den Kampfroboter
kostete den Laosoor enorme Kraft. Aber deutlich im Blick, seinen mehr als zwei
der Commander wusste, wie weit er sich Meter hohen glänzenden Rumpf mit dem
verausgaben durfte ... echsenartig vorspringenden Schädelseg
Die Wahrnehmung blieb stabil. ment. Dazu die kräftigen Beine, die
Mondra Diamond registrierte, dass Schnelligkeit und Ausdauer erkennen
der Druck von Pothawks bebender Flan ließen und das Bild einer Raubechse
ke an ihrer Hüfte wich. Er atmete heftig, perfektionierten. Anstelle kurzer Stum
beinahe fauchend. melarme, die in klauenbewehrte Pran
In unmittelbarer Nähe tobte ein erbit ken ausliefen, ragten schwere Strahl
tertes Gefecht. Mondra glaubte, mehrere projektoren aus dem geschmeidig
goldene Roboter unter heftigem Strahl gebogenen Körper hervor.
feuer zu sehen. Ein sonnenheller Glut Der Goldene verglühte in der Ketten
ball loderte auf, und dem Dröhnen einer reaktion mehrerer Explosionen.
überaus heftigen Explosion folgte ein Vier TARA-V-UH gerieten in Mondras
wahrer Trümmerregen. Sichtfeld. Die terranischen Kampfrobo
Tränen schossen ihr in die Augen. Die ter waren kleiner als ihre Gegner, und
Nach der Stasis 11
mit ihrem kegelförmigen Rumpf wirkten ner und Laosoor in der Nähe warteten?
sie geradezu plump und konservativ. Im Die Funksignale auf der Standfrequenz
Sperrfeuer der Gegner fächerten sie auf, waren jedenfalls jäh verstummt.
als wollten sie sich zurückziehen. Schwe Mondra bedeutete dem Laosoor, noch
re Treffer ließen düstere Strukturrisse in nicht mit ihr zurückzuspringen. Vier
ihren Paratronschirmen aufbrechen. Kampfroboter der JULES VERNE wa
Mondra empfing in dem Moment deut ren innerhalb weniger Minuten vernich
liche Funksignale. Die TARAS forderten tet worden. Gerade weil die TARAS
Unterstützung an. dank ihres Waffenparks ihrerseits eine
Schon verglühte der erste von ihnen größere Zahl der Goldenen zerstört hat
im Feuer der Angreifer. Auch die Golde ten, wog ihr Verlust schwer.
nen setzten auf Punktbeschuss, um die Zudem zweifelte die Terranerin nicht
Schirmfelder zu überlasten. daran, dass zur selben Zeit auch die an
In wildem Zickzackflug versuchten deren Materialdepots angegriffen wur
zwei TARA-V-UH der Vernichtung zu den. Sie war zu spät gekommen, konnte
entgehen. Sekundenlang schien ihr Ma aber trotzdem noch von Glück sagen,
növer die Kampfroboter des GESETZ- dass sie und ihre Leute den Goldenen
Gebers tatsächlich in Bedrängnis zu nicht in die Arme gelaufen waren.
bringen, dann vereinte sich gut ein Dut Weit verstreut brannten die Wracktei
zend glosender Strahlschüsse auf ihnen. le der Roboter. Reinigungsmaschinen
Einer der TARAS wurde auseinander erstickten die letzten Glutnester. Dich
gerissen. Die Unterstützung, auf die ter Qualm breitete sich aus. Indessen
Mondra gehofft hatte, verglühte vor ih verschwanden gut ein Dutzend Goldene
ren Augen. aus Mondras Sichtfeld. Sie nahm an,
Zwei der Goldenen, die ihrem Opfer dass die Roboter die Halle inspizierten
gefolgt waren, drehten sofort wieder ab und sicherten.
– gerade rechtzeitig, ehe die Terranerin Endlich nickte sie Pothawk zu. Es
und der Laosoor in ihren optischen Er wurde Zeit, zu den anderen zurückzu
fassungsbereich gerieten. Mondra spürte springen. Hier hatten sie jedenfalls
Pothawks Ohrenhände wieder an ihren nichts mehr zu erwarten.
Schultern. Der Commander war bereit, In dem Moment erschien Terenako
erneut mit ihr zu teleportieren. Ardibi neben ihnen.
Ein weiterer terranischer Roboter
verglühte, der nächste taumelte den An *
greifern entgegen. Als Mondra erkannte,
dass diese Einheit irreparabel geschä Der Master-Sergeant war mit seinen
digt war, brodelten bereits Energiewol einunddreißig Jahren der Benjamin der
ken an den Aggregatsäulen in die Höhe. Gruppe, gab sich aber manchmal, als
Alles sah danach aus, als hätte der TA hätte er schon während des Krisenfalls
RA sich selbst zerstört und in der hefti Karthago mit der Waffe in der Hand das
gen Entladung mehrere Angreifer mit Solsystem verteidigt. Allerdings war er
ins Verderben gerissen. im Jahr 1304 NGZ noch gar nicht gebo
Das entsprechende Asimovsche Robo ren gewesen.
tergesetz – die eigene Existenz zu schüt Ardibi lächelte jovial. »Wir haben
zen – galt selbstverständlich auch für schon befürchtet, ihr könntet Unterstüt
Kampfmaschinen dieses Typs. Es sei zung nötig haben«, flüsterte er und reck
denn, der Opfergang bewahrte Men te den Hals, um einen Blick in die Tiefe
schen vor schweren Schäden. zu erhaschen. »Das Feuerwerk war
Hatte der TARA erkannt, dass Terra schwer zu übersehen.«
12 HUBERT HAENSEL
»Es ist vorbei«, erwiderte Mondra und reich, in dem sich die Roboter bekämpft
löste den Helmverschluss. hatten, sehr hohe Temperaturen. Mon
»Dann haben wir Zeit, uns endlich um dra brauchte nur auf ihr Kombiarmband
die Lenkzentrale zu kümmern ... Ich zu sehen, um festzustellen, dass sogar in
meine, Captain Ipthaal dürfte dieser ihrer Höhe gut und gerne fünfzig Grad
Meinung sein.« Ardibi korrigierte sich Celsius gemessen wurden.
sofort, als er Mondras Blick bemerkte. Die Helme spiegelten leicht. Trotzdem
»Wir werden darüber reden. Aber konnte sie nicht nur einen blaugrünen
nicht hier«, sagte sie. »Sind die ande Schimmer von Haut oder Fell erkennen,
ren auch ...?« sondern ebenso die spitz zulaufende
Die Frage war überflüssig. Mondra Kopfform. Als eines dieser Wesen den
Diamond entdeckte Vizquegatomi und Kopf hob, sah sie zwei kräftige, über
Limbox auf dem nächsten Maschinen groß wirkende Nagezähne. Der Vergleich
block. Ipthaal war bei den beiden Lao mit Gucky lag auf der Hand.
soor, während Leutnant Tlacomal nicht Biberartige ...
einmal vier Meter hinter Pothawk kau Sie verfügten über einen großen, gut
erte. Er wurde sichtbar, als er seinen De körperlangen Schwanz, mit dem sie ih
flektor abschaltete. ren schnellen Lauf geschickt ausbalan
Immerhin. Mondra nahm zur Kennt cierten.
nis, dass die Deflektorfelder zumindest »Sie wurden aufgeweckt«, murmelte
in diesem Bereich des Raumers funktio Ardibi verblüfft. »Und es kommen im
nierten. CHEOS-TAI war riesig. Sie mer mehr von ihnen. Ich frage mich,
durfte nicht erwarten, in allen Kuben welche Aufgaben sie einst an Bord hat
gleiche Verhältnisse anzutreffen. Viel ten.«
leicht waren nur während des Angriffs Mondra nickte. Der Master-Sergeant
auf die JULES VERNE Störfelder ein hatte recht: Das waren biberartige We
gesetzt worden. sen wie jene, die sie in dem letzten
»Runter mit den Köpfen!«, rief Ardibi. Schlafsaal entdeckt hatten. Einen Ver
»Trotzdem solltet ihr euch das anse such, diese pelzigen Geschöpfe aus ih
hen!« rem Konservierungsschlaf aufzuwecken,
Mondra folgte seiner Blickrichtung hatten sie aber schon nicht mehr ge
und suchte prompt neue Deckung, die es wagt.
ihr erlaubte, in die Halle hinabzu Jemand konnte es besser, und dieser
schauen und einigermaßen gut das Ge Jemand hatte keineswegs nur zu Staub
schehen dort zu überblicken. zerfallende Körper produziert, sondern
Mindestens dreißig vermummte Ge sehr lebendige Helfer. Die Biberartigen
stalten traten aus einem Seitenbereich waren offenbar gekommen, um das De
hervor. Sie waren merklich kleiner als pot auszuräumen.
die Roboter, Mondra schätzte sie auf et Mondra sah einige von ihnen halb ge
wa einen Meter fünfzig. schmolzene Gegenstände untersuchen,
Lebewesen! Also hatte sie recht ge die sie selbst kaum zuzuordnen ver
habt, von Anfang an! Es gab lebende mochte. Andere befassten sich mit Frag
Geschöpfe an Bord des so antiseptisch menten der TARA-V-UH. Nennenswer
wirkenden Schiffes! Und endlich sahen ten Erfolg würde wohl niemand haben.
sie sie leibhaftig vor sich. Nur für einen Moment fragte sich
Die Fremden bewegten sich aufrecht Mondra, was aus den Ausrüstungsgü
auf zwei Beinen. Sie trugen Schutzanzü tern der JULES VERNE herauszulesen
ge mit geschlossenen eiförmigen Hel sein konnte. Bestimmt nicht, dass das
men. Zweifellos herrschten in dem Be Schiff sich zwanzig Millionen Jahre tief
Nach der Stasis 13
in der Vergangenheit aufgehalten und genblick später berührten sich ihre Hel
die Retroversion der Negasphäre von me.
Tare-Scharm beobachtet hatte. Die mit »Funkempfang läuft«, stellte der Lao
der Rückkehr verbundenen Strangeness soor fest. »Translatormodul ist akti
erscheinungen waren längst verflogen. viert.«
Zumindest die für terranische Geräte
anmessbaren ... *
Wie immer das Ergebnis ausfallen
würde, Mondra erwartete keineswegs, »Wir werden Vorgesetzte finden, die
dass die Hohen Mächte plötzlich Unter uns sagen, was in CHEOS-TAI gesche
stützung anbieten würden, sobald offen hen ist. Ich glaube, dass Selexon selbst
bar wurde, woher die JULES VERNE nichts weiß. Diese Fragmente hier lassen
gekommen war. sich jedenfalls nicht zuordnen, zumin
Eine undeutliche Stimme im Helm dest fehlt uns das entsprechende Wis
empfang ließ Mondra aufmerken. Die sen.«
pelzigen kleinen Wesen in der Halle un »Minderwertiges Material«, erwiderte
terhielten sich über Funk. Die Mikro- eine zweite Stimme. »Niedriger Schmelz
Positronik ihres SERUNS suchte auto punkt. Das ist nichts Vertrautes. Oder
matisch alle Frequenzbänder ab und bist du immer noch anderer Ansicht,
analysierte nach Prioritätsmerkmalen. Taffanaro?«
Bislang war jedoch nur das Hilfeersu »... die Überreste gehören zu den
chen der TARAS empfangen worden. Fremden, nicht zu uns. Du hast es selbst
Die Stimme wurde klarer. Mondra zu verstehen gegeben, Kafarain: Sie ha
glaubte, einige Satzfetzen halbwegs ver ben den GESETZ-Geber in Aufruhr ver
stehen zu können. Was das Wesen von setzt!«
sich gab, klang enttäuscht. Offensicht Mondra Diamond schluckte schwer.
lich fühlte sich der Sprecher nicht aus Inzwischen waren an die hundert dieser
reichend gefordert. Wesen – »Heromet« nannten sie sich –
»Die Auswertung ergibt eine schwer damit beschäftigt, das Materiallager zu
verständliche Abart der Sprache der sichten.
Mächtigen«, wisperte der Servo. »Trans Welche von ihnen mochten Taffanaro
lator steht zur Verfügung. Zuschaltung und Kafarain sein? Mondra verlangte
kann sofort erfolgen.« von der Positronik eine Identifikation.
»Translator stumm schalten, nur Sekunden später verriet ihr die Markie
Sprachdechiffrierung.« Mondra wollte rung im Helmdisplay, dass sie das Ge
die Stimmen im Original hören und spräch jener zwei verfolgte, die mit ei
nicht in Überblendung. »Aufzeichnung nem von Strahlschüssen zerstörten
des Gesamtempfangs für spätere Analy Paratronprojektor hantierten.
se.« »Wie viele Servos werden die Ewig
Sie schaltete nicht zu den anderen keit des Schlafes überlebt haben?«
durch, machte allerdings mit der linken Schweigen.
Hand die Geste für Funkempfang. Cap »Du weißt es nicht?« Kafarains Stim
tain Ipthaal antwortete mit »Verstan me klang mittlerweile heiser. Er stieß
den«; Ardibi grinste breit und klopfte hustende Geräusche aus. »Mir dreht sich
sich mit zwei Fingern an den Helm. der Magen um, wenn ich daran denke,
Die Laosoor waren mit den terrani dass wir vielleicht nie geweckt werden
schen Gepflogenheiten mittlerweile gut sollten. Ist das zu fassen? Für die Ewig
vertraut. Pothawk streckte sich jeden keit zu schlafen ... Das kann nicht bloß
falls der Terranerin entgegen, einen Au mit der Umstrukturierung zu tun haben.
14 HUBERT HAENSEL
mer schon so gewesen war. Aber seine auf, höhlte ihn aus, würde eines Tages
Erinnerung blieb leer. nur eine leblose Hülle übrig lassen ...
Er starrte zur Decke hinauf. Der Als Inkh Selexon Minuten später zum
Schall flutete von dort zurück und ver zweiten Mal aus der Wahrnehmungslo
mischte sich mit dem, was von den Sei sigkeit des Nichts emportauchte, lagen
ten herandrang, lauter werdend, eine seine Hände schwer auf dem Organband
schreckliche Unruhe, die sich aufschau und erstickten nahezu jede äußere Wahr
kelte und zur erstickenden Woge an nehmung.
wuchs ... Seine Wut über das Geschehene wur
Er riss die Hände hoch, verkrampfte de zu Zorn ... schwoll an zu Hass auf al
die Finger über dem Organband und les, was für seinen Zustand verantwort
versuchte auf diese Weise, den Schall lich war ... und verwehte in dem Moment,
fernzuhalten. als ihm klar wurde, dass ihn die Hinter
Das Abbild seiner näheren Umgebung gründe der Mentalen Revision nicht in
verwischte sofort. Selexon starrte in eine teressieren durften. Die Revision konnte
eigentümliche Leere, die nur an wenigen nur von einem Thermodyn-Ingenieur
Stellen verzerrte Konturen generierte, angeordnet worden sein, und die Inge
genau dort, wo der Schall zwischen sei nieure waren die obersten Befehlshaber
nen Fingern hindurchschlüpfte. jedes GESETZ-Gebers. Ihre Entschei
Übrig blieb eine brennende Übelkeit. dungen, wie immer sie ausfallen moch
Die furchtbare Empfindung, krank zu ten, unterlagen keinesfalls der kritischen
sein, etwas Unheimliches in sich zu tra Bewertung durch die Tibirian Melech.
gen, das seinem Leben jäh ein Ende set Quirlende Bewegung lenkte ihn ab.
zen konnte. Rings um seine Stasisliege registrierte
Selexon krümmte sich zur Seite. Eine er mehrere Wesen. Sie schienen un
unbändige, brennende Wut wuchs in schlüssig zu sein; ihre Haltung und ihr
ihm. Wer immer für seinen Zustand ver Flüstern drückten das deutlich aus.
antwortlich war, musste sich vorsehen. Dennoch kamen sie zögernd näher.
Allzu schnell konnte derjenige sich auf Heromet?
einer unbelebten Welt wiederfinden, Selexon reagierte erneut mit Zorn.
denn was der Fiktiv-Ankläger ringsum Hatten ausgerechnet Heromet den Weck
wahrnahm, waren nicht die Maßstäbe, vorgang eingeleitet? Aber warum nicht?
die in CHEOS-TAI galten. Was war daran falsch? Er fragte sich,
Namen waren plötzlich wieder da. wer sonst die Tibirian Melech hätte auf
Bilder. Nicht viele. Nicht zusammen wecken sollen – und entsann sich nicht.
hängend. Darüber hinaus kaum etwas. Wenn er dieses Wissen jemals besessen
Den Rest an Wissen hatte ihm die Men hatte, war es ihm von der Revision ge
tale Revision genommen. nommen worden.
Warum? Doch die Heromet, das Millionenheer
Inkh Selexon atmete hastiger. Er hy der dienstbaren Servos? Sicherlich hat
perventilierte. Wehrte sich mit aller ten sie mit dem Erweckungsvorgang
Kraft gegen den nahenden Tod, weil er nichts zu tun. Sie waren keine Spezialis
doch eben erst ins Leben zurückgerufen ten, die das Überleben aller im Stasis
worden war. Das Pochen verlagerte sich schlaf Liegenden garantieren konnten.
in seinen Brustkorb, ein Rumoren, als Und gerade deshalb bereitete ihm ihre
hätten Sehnen, Muskeln und Knochen Nähe quälendes Unbehagen. Neugierig
einen unverständlichen Wachstumspro drängten sie heran, als hätten sie nie ei
zess begonnen. Etwas Unheimliches nen Fiktiv-Ankläger gesehen.
hatte sich in ihm eingenistet. Es fraß ihn Inkh Selexon würgte. Das Pochen war
18 HUBERT HAENSEL
in seinen Hals weitergewandert und Taffanaro und der Kleinere, der sich
schnürte ihm die Luft ab. Er rang nach schräg hinter ihm hielt, bedachten sich
Atem, drückte beide Hände auf seinen gegenseitig mit einem verwirrten Blick.
Hals und richtete sich ruckartig auf. »Von ...« Taffanaro schloss eine Hand
»Ich bin Inkh Selexon«, brachte er um seine beiden riesengroßen Zähne.
heiser über die Lippen. »Was geht hier Kein Zweifel, dass er davor zurück
vor?« schreckte, die Verfehlung einzugestehen.
Mehrere Servos wichen zurück, als er Dass er wusste, welchen Vertrauens
sich ihnen zuwandte. Selexon grub die bruch er begangen hatte, wog umso
Finger in seinen Hals und in die untere schwerer.
Gesichtshälfte. Das lenkte ihn ein wenig »Servo-Unterstützung wurde ange
von dem tobenden Schmerz ab. Seine fordert. Aber das Problem ist, Fremde
Kehle schien der Länge nach aufzurei haben das verlangt. Sie gehören nicht zu
ßen, obwohl er kein Blut schmeckte. CHEOS-TAI. Sie sind in den GESETZ-
Vielleicht waren auch nur die Schleim Geber eingedrungen und versuchen, sich
häute ausgetrocknet. Die Stasis schien in seiner Bedienung zurechtzufinden.«
jedenfalls einige Wochen länger gedau Die Mentale Revision war mit einer
ert zu haben, als es seinem Organismus Umstrukturierung einhergegangen. Das
wirklich zuträglich gewesen wäre. war Selexon plötzlich wieder bewusst.
Selexon bemerkte zwei Servos, die ihn »Diese Fremden sind vielleicht die
anstarrten. Er setzte gerade zu einer neuen Herren des GESETZ-Gebers«,
scharfen Rüge für dieses Verhalten an, vermutete er. »Sie brauchen mehr Zeit
als es aus dem etwas Größeren der bei als nur wenige Wochen ...«
den hervorsprudelte. »Nein, nein!« Heftig mit einer Hand
»Ich bin Taffanaro. Wenn es das wedelnd, fiel der Servo dem Tibirian
Schicksal nicht mehr anders bestimmt, Melech ins Wort, aber Selexon ignorier
bin ich der einzige TAI-Servo, der den te den Vorfall. »Das sind Fremde! Sie
langen Stasisschlaf überlebt hat. Viele gehören nicht hierher! Sie haben die
von uns sind tot. Aber wir haben gesucht Servo-Unterstützung irrtümlich ange
und diesen Saal mit den Tibirian Melech fordert. Weil sie nicht einmal wissen,
entdeckt – und euch aufgeweckt.« was das bedeutet, und schon gar nicht,
Die letzten Worte kamen hastiger als dass wir Heromet aus der Stasis aufge
alles vorher. Als fürchte sich der TAI- weckt werden. Ein Teil des Problems ist
Servo vor dem eigenen Fehlverhalten. Es die Zeit, die wir im Konservierungs
war nicht richtig, dass Servos im Stasis schlaf verbracht haben: neunundzwan
schlaf Liegende weckten, davon war Se zig Millionen Jahre!«
lexon nun endgültig überzeugt. Neunundzwanzig ... Inkh Selexon
»Wer hat euch die Befugnis erteilt?«, brachte den Gedanken nicht zu Ende.
fragte er lauernd. Absurd, sagte er sich. Die Servos hatten
Ein solches Fehlverhalten musste un den Verstand verloren – ein Grund mehr,
weigerlich zur Anklage führen. Hatte es gegen sie Fiktiv-Anklage zu erheben.
das jemals gegeben, dass einfache Ser Andererseits: Deshalb spürte er Tod und
vos einen Thermodyn-Ingenieur über Leben so nahe beieinander. Und dass er
gingen? Das Urteil konnte nur auf Ver sich schwach fühlte, krank geradezu,
bannung aus CHEOS-TAI lauten. erklärte sich aus dieser unglaublichen
Taffanaro schwieg. Zeitspanne. Mehrere galaktische Zeital
»Warum antwortest du nicht?«, herrsch ter waren vergangen. Für einen solchen
te Selexon den Pelzigen an. »Ich will wis Zeitraum waren die Stasisliegen ver
sen, von wem die Befugnis stammt!« mutlich nie gedacht gewesen.
Nach der Stasis 19
»Ist das alles?«, hörte Selexon sich fra desto mehr Anlass sah Selexon, sich nä
gen. Jedes Wort stieß er wie eine wüten her mit ihnen zu befassen.
de Anklage hervor. Er konnte nicht an Der TAI-Servo neben der Stasisliege
ders, musste das tun, was er stets getan redete so hastig wie jemand, der sich al
hatte, nämlich Schaden von CHEOS le Mühe gab, unlautere Machenschaften
TAI abwenden. Keine Mentale Revision zu verbergen.
würde es jemals schaffen, ihn seine Auf Inkh Selexon unterbrach ihn schließ
gabe vergessen zu lassen. lich mit einem harschen Ausruf: »Sei
Bebend hörte er zu, was Taffanaro ihm endlich still, du Schwätzer! Oder ist dir
berichtete. egal, was ringsum vor sich geht?«
Vergeblich hatten die Servos versucht, Das Schallbild des Saales hatte sich
kompetente Hilfe gegen die fremden deutlich verändert. Überall waren die
Eindringlinge zu mobilisieren. Doch of weichen Schwingungen des Todes, aber
fensichtlich war die gesamte ursprüng dazwischen Wellen wachsender Unru
liche Besatzung in den Stasisschlaf ver he.
setzt worden. Ungezählte Tote, nach all Der TAI-Servo und der andere, sein
den Jahrmillionen zu Staub zerfallene Stellvertreter, starrten ihn mit einem
Körper – mehr hatten die Servos nicht Mal seltsam unbewegt an. Für einen
vorgefunden. Erst zuletzt den Schlafsaal flüchtigen Moment fragte sich Selexon,
der Tibirian Melech. wie diese Wesen mit nur zwei optisch
»Ich habe angeordnet, die Schläfer in wirkenden Organen diffizile Details
diesem Saal aufzuwecken«, gestand Taf wahrnehmen wollten. Doch offenbar
fanaro. »Die Tibirian Melech sind schafften sie es, denn sie schienen sein
höchstwahrscheinlich die Einzigen, die Organband zu mustern, als könnten sie
Klarheit in das Geschehen an Bord brin tatsächlich das leichte Muskelspiel er
gen können.« fassen, mit dem Selexon sich einpegelte.
»Was ist mit den Fremden?«, herrsch Seine Sinne suchten nach der idealen
te Selexon den TAI-Servo an. Wahrnehmung.
Furchtsam schaute das pelzige Wesen Schräg hinter ihm richtete sich einer
zur Seite. »Ich ... wir ... wir hoffen, dass der anderen Schläfer auf. Während Se
die Tibirian Melech wissen, was zu tun lexon festzustellen versuchte, wie viele
ist.« Fiktiv-Ankläger die Stasis wirklich
überstanden hatten, fixierte er den
* Mann, der sich schon von der Liege
schwang.
Inkh Selexon war entsetzt. Was bilde Er war gut eine Handspanne größer
te sich der TAI-Servo eigentlich ein? Die als Selexon und wirkte ungewöhnlich
Tibirian Melech waren keine Techniker, hager. So überaus zerbrechlich, wie sei
und sie würden es schon gar nicht wa ne Gliedmaßen erschienen, konnte jeder
gen, sich mit den Thermodyn-Ingenieu nur Mitleid mit ihm empfinden.
ren auf eine Stufe zu stellen. Nie hatten Mirscon? Der Name tauchte ohne Se
sie gelernt, den GESETZ-Geber zu be lexons Zutun in seinen Gedanken auf.
herrschen; ihre Aufgabe war einzig und Struul Mirscon, einer der rührigsten An
allein, die Gesinnung der Besatzungen kläger überhaupt.
zu analysieren und Fehlentwicklungen Sogar so kurz nach dem Erwachen
zu verhindern. Und je mehr einfache glaubte Inkh, Struuls bedrückend schwe
ausführende Organe wie die Servos ihre re Ausstrahlung zu spüren. Kein Wunder,
Zuverlässigkeit betonten und zugleich dass der Mann die zahlenmäßig größten
Sorgen über andere Dinge äußerten, Erfolge aufzuweisen hatte, vor allem
20 HUBERT HAENSEL
sehr viele frühzeitig aufgespürte Verwir und entsann sich entsetzt des Pochens,
rungen, die noch eine schnelle Behand das er selbst vor wenigen Augenblicken
lung erlaubt hatten. Ungewöhnlich viele in sich gespürt hatte.
seiner Fänge hatte deshalb auch weiter Dass Mirscon kein Einzelfall war, er
hin an Bord bleiben können. kannte Inkh Selexon erst jetzt. Ein un
Selexon setzte sich am Rand seiner heilvolles Stöhnen und Wimmern erfüll
Liege auf. Wenig später stand er sogar te den Saal.
schon wieder auf den Beinen, wenn Er presste seine Arme an den Ober
gleich er noch einen Halt brauchte, an körper, als könne er auf diese Weise das
dem er sich abstützen konnte. Die Ser Unheil abwehren. Mirscon wälzte sich
vos beachtete er schon nicht mehr, denn am Boden. Seine Beine zuckten, als müs
er brauchte sie jetzt nicht. se er sich eines unsichtbaren Gegners
Mirscon hob den Kopf, neigte ihn ein erwehren, und für einen Moment war
Stück weit zur Seite. Ja, das war wirk Selexon tatsächlich versucht zu glau
lich Mirscon. Die verquollene Narbe ben, dass die Fremden angriffen.
quer über dem Organband, die einen Was wollten sie in CHEOS-TAI?
schmalen Teil seines Gesichtsbereichs Mirscon lag endlich still. Sein Gesicht
für immer geblendet hatte, war unver entspannte sich. Inkh Selexon konnte
kennbar. jenen zufriedenen Ausdruck darin er
Selexon lachte heiser. »Freund!«, rief kennen, als habe der Freund Abwei
er. »Du weißt gar nicht, wie gut es tut, chungen aufgespürt.
dich zu sehen.« Immer mehr Erinnerungsfetzen bra
Er wollte auf Mirscon zueilen, der zö chen in ihm auf. Er entsann sich, dass sie
gernd einen Arm hob, wollte ihn unmit beide in perfekter Zusammenarbeit das
telbar vor sich sehen, obwohl ihm solch Volk der Khormuren von Bord entfernt
intensive Nähe sonst den Schweiß aus hatten, mehr als drei Millionen Indivi
allen Poren trieb, doch er verharrte duen, die in der Lage gewesen waren, so
schon nach wenigen Schritten. gar die Ingenieure über ihre Absichten zu
Mirscons Arm entsetzte ihn. Die Haut täuschen. Sie würden wieder so erfolg
hatte sich in einem begrenzten Bereich reich zusammenwirken wie damals ...
dunkel verfärbt, und daran änderte sich Mirscons Schwingungen erloschen in
auch nichts, als Mirscon die Pigmentstö dem Moment. Der Ankläger, einer der
rung hastig mit der anderen Hand ver besten auf CHEOS-TAI, war tot.
decken wollte. Der gesamte Unterarm Selexon warf den Kopf in den Na
schien mit einem Mal zu pulsieren, cken.
Handballen und Finger schwollen zu ei »Mörder!«, gellte sein heiserer Auf
nem unförmigen Fleischklumpen an. schrei durch den Saal, und er sah einige
Der Vorgang erfasste Augenblicke spä Servos furchtsam zurückweichen. Sie
ter auch den Oberarm. interessierten ihn nicht.
Mirscon taumelte. Er schaffte es nicht Was hatte sich an Bord abgespielt?
mehr, sich zu artikulieren. Nur ein un Selexon registrierte den beißenden,
verständliches Wimmern quoll aus sei süßen Gestank, der sich langsam aus
nem Mund. Langsam sackte er in sich breitete und intensiver wurde. Es roch
zusammen. Sein Gesicht spiegelte Ent nach Moder und Verwesung, und beides
setzen und Panik. bereitete ihm Übelkeit. Seine rechte
Wir gelähmt wartete Selexon darauf, Hand fuhr hoch zur Kehle, einen Atem
dass die Schwellung auf den ganzen zug später presste er sie auf seine Nasen
Körper übersprang. Er starrte den öffnung. Nichts wurde davon besser.
Freund an, sah dessen Arm pulsieren Schier unüberschaubar reihten sich
Nach der Stasis 21
die Stasisliegen aneinander. Jede war lexons Gedanken. Mit vor das Gesicht
dafür geschaffen, einen Tibirian Melech gepressten Händen torkelte er weiter.
am Leben zu erhalten. Entsetzt regis Aber schon nach wenigen hastigen, von
trierte Selexon die vielen regungslos da Furcht getriebenen Schritten wurde der
liegenden Körper, die ihm so unverän Drang einzuatmen unerträglich. Als er
dert steif erschienen wie noch vor weni keuchend die Luft zwischen den Fingern
gen Minuten, als er selbst erwacht war. hindurchsog, brannte der Moder ekeler
Weit mehr als die Hälfte aller Schläfer regend auf seiner Zunge und in der Keh
lebten nicht mehr. Diese Körper verfie le. Selexon kippte einfach nach vorne, er
len zusehends, und der Gestank, den sie stützte sich an der Liege ab und übergab
verbreiteten, wurde unerträglich. sich.
»Unternehmt doch etwas dagegen!«, Winzige Schleimfetzen brachen wür
herrschte Selexon die Servos an. »Schafft gend aus ihm hervor, doch er fühlte sich
die Leichen fort! Raus damit!« danach keinen Deut besser. Der Mann,
Der Gestank würgte ihn. der den Staub aufgewirbelt hatte, lag
Alle diese Tibirian Melech konnten schlaff und eigenartig verdreht wenige
nur während der Stasis gestorben sein. Schritte neben ihm.
Die Konservierungsfelder hatten Tote Selexon schaffte es nicht, sich abzu
erhalten, verwesende Hüllen, die nun wenden. Er wollte davonlaufen, aus dem
schlagartig verfielen. Saal fliehen, in dem längst alles vom Tod
Hatte es schwere Kämpfe gegeben, in infiziert war – er konnte es nicht.
die CHEOS-TAI verwickelt worden war? Voll Abscheu und Faszination zu
Dann waren möglicherweise Energie gleich starrte er den Sterbenden an, des
ausfälle für den Tod so vieler Schläfer sen aufgeblähten Schädel, den ein unbe
verantwortlich. greiflicher Vorgang auseinandertrieb.
Selexon fragte sich nicht, wann das Was immer die Knochenstruktur zu die
geschehen sein mochte, sondern warum sem Riesenwuchs veranlasste, das Or
er zu jener Zeit nicht geweckt worden ganband war bereits in unzählige Fetzen
war. Welche Besatzung trug die Verant zerrissen. Selexon vermochte nicht zu
wortung für all das, und wohin mochte erkennen, ob dieser geradezu explosive
sie verschwunden sein? Wachstumsprozess nur noch totes Ge
Das waren Fragen, auf die es keine webe erfasste. Auch der Oberkörper des
Antwort gab. So weit reichte Selexons Tibirian Melech blähte sich nun auf; die
Erinnerung, dass ihm bewusst wurde, er Haut wurde spröde und rissig.
würde von CHEOS-TAI direkt keine In Selexon hastete weiter. Einen Servo,
formationen über die Vergangenheit er der urplötzlich vor ihm stand und auf
halten. Aber diese Fragen lenkten ihn ihn einredete, stieß er schroff zur Seite.
ab, während er zwischen den Liegen Erst kurz darauf wurde ihm bewusst,
hindurchtaumelte. dass der Servo Hilfe angeboten hatte. Es
Andere Tibirian Melech erhoben sich. war ihm egal, er hatte keine Unterstüt
Überall registrierte er nun Bewegung; zung angefordert.
mehrere hundert waren wach. Selexon Inkh Selexon hielt inne, um sich zu
glaubte zu spüren, dass viele von ihnen orientieren. Wenn er überleben wollte,
den Tod dennoch in sich trugen. Er wich musste er den Saal schnellstens verlas
ihnen aus. sen. Versiegeln. Desinfizieren. Er wusste
Vor ihm zerfielen die Überreste eines nur nicht, wie er das bewerkstelligen
Körpers. Einer der Überlebenden torkel sollte, solange die Fremden die Lenk
te heran und wirbelte den Staub auf. zentrale besetzt hielten.
Nicht einatmen!, dröhnte es durch Se Weiter!
22 HUBERT HAENSEL
und schloss die Wulstkombi um seinen Einer der Pelzigen hatte ein Steuerge
Oberkörper. Ein rascher Test der in den rät von seinem Gürtel gelöst. Mehrere
Wülsten untergebrachten Energiespei kleine Holos leuchteten auf. Das Käst
cher und Projektoren verlief für ihn zu chen entglitt ihm, als Selexon auf ihn
friedenstellend. zukam, und rutschte ein Stück weit über
Mit einigem Unbehagen widmete er das nasse Gras.
sich schließlich der angesetzten Kultur. Bis der Servo sich bückte, stand der
Die Nachweisschale entstammte dem Fiktiv-Ankläger schon vor ihm und
medizinischen Notfallsatz der Wohnein stellte seinen Fuß auf das Steuergerät.
heit. Obwohl Selexon den Nährboden »Ich zweifle an deiner Zuverlässig
nur mit zwei Fingern berührt hatte, wa keit«, herrschte Selexon den Kleinen
ren in kürzester Zeit flaumartige Struk an.
turen gewachsen. »Herr, das war keine Absicht, ich ...«
Selbst wenn die Filtersysteme der At Ein leises Knirschen erklang, als Se
mosphäreumwälzung alle pathogenen lexon heftig zutrat. Er drehte den Fuß
Erreger abtöteten, überall da, wo sich ballen mehrmals, und als er sein Bein
die Eindringlinge aufhielten, musste die zurückzog, war das Steuergerät in eine
Belastung deutlich erhöht sein. Vielzahl von Splittern zerborsten.
Selexon unterzog sich nicht der Mühe, »Wenn ich umgehend sage, meine ich
länger darüber nachzudenken. Die Be umgehend. Also sieh dich vor, Servo!
schreibung der vielgestaltigen Fremden, Fall mir nicht noch einmal unangenehm
die ihm der TAI-Servo gegeben hatte, auf.«
sagte wenig aus. Möglicherweise gehör Selexon ging weiter. Mit einer unwil
ten sie nicht nur einem, sondern mehre ligen Bewegung rückte er seinen leicht
ren Völkern an. verrutschten Mundschutz zurecht. Der
Viele Völker, viele Keime. Das war die TAI-Servo hatte das blaue antiseptische
erste Folgerung, die der Ankläger dar Material nach seinen Anweisungen erst
aus zog. vor wenigen Minuten verarbeitet.
Es war nicht einfach gewesen, den
* Produktionsautomaten so zu program
mieren, dass er die Filterfunktion des
»Ich habe diesen grässlichen Regen Mundschutzes ebenso generierte wie die
nicht angeordnet!«, herrschte Inkh Sele Passgenauigkeit der Handschuhe, die an
xon die beiden Servos an, die stehen ge Selexons Armmanschetten hermetisch
blieben waren, um ihn vorbeizulassen. abschlossen. Taffanaro hatte Blut und
»Sorgt dafür, dass der Niederschlag um Wasser geschwitzt und sich alle Mühe
gehend aufhört!« gegeben, zur Zufriedenheit seines Vor
Unwillig schaute er zu dem kuppel gesetzten zu arbeiten. Aber dafür war
förmig gewölbten grauen Himmel hoch, ein Servo schließlich da.
der nicht einmal einen Hauch des sonst Zu locker, konstatierte Selexon, als
üblichen Goldtons erahnen ließ. Nebel der Mundschutz sich erneut verschob.
waberte bereits über den Boden. Blieb zu hoffen, dass der TAI-Servo die
»Soll ich mir in diesem nassen Klima Passform nicht absichtlich falsch zuge
den Tod holen?« schnitten hatte. Aber nachbessern muss
Für einen Moment sah es so aus, als te er ohnehin.
wolle der Tibirian Melech nach den bei Inkh Selexon fühlte sich gereizt. Der
den Heromet greifen. Sie entblößten ihre Gedanke an die Fremden beunruhigte
Schneidezähne, was Selexon nur noch ihn. Doch das war es nicht allein. Mit
mehr aufbrachte. den Eindringlingen fertig zu werden
26 HUBERT HAENSEL
»Woher kommen die Eindringlinge?« Kombination vom Leib. Für einen Mo
»Das ist unbekannt«, antwortete Se ment starrte er auf das Zucken unter der
lexon. Haut, die sich aufwölbte und wie spröde
»Könnte ihre Absicht sein, den GE Folie einriss ...
SETZ-Geber zu entführen?«, wollte Sogleich war Lindbak neben ihm. Se
Lindbak wissen. »Wir müssen in Erwä lexon verstand nicht die Hälfte dessen,
gung ziehen, dass sie für die Chaosmäch was der andere rief, wenngleich er be
te agieren.« griff, dass Kalitt ihm helfen wollte.
Das wäre der schlimmste aller denk Lindbak griff nach seinen Handgelen
baren Fälle gewesen! Einen Moment ken.
lang fühlte Selexon sich wie paraly Selexon verkrallte die Finger über
siert. seiner Brust, als könne er auf diese Wei
»Ich habe das ebenfalls in meine se verhindern, dass sein Körper auf
Überlegungen einbezogen«, antwortete brach. Er spürte Lindbaks Atem, sah
er. »Nachdem mir offiziell das Komman dessen verzerrte Miene, den Schweiß,
do übertragen wurde, werde ich deshalb der über seine Wangen rann, und in dem
die nächstgelegene Kontrollstation auf Moment explodierte alles in ihm, was er
suchen.« eben noch mühsam zurückgehalten hat
Inkh Selexon unterbrach sich. Für al te. Mit aller Kraft riss er die Arme aus
le sichtbar, rang er nach Atem. einander. Lindbak wurde davon völlig
Zwar redete er gleich darauf weiter, überrascht und taumelte ihm entgegen.
aber seiner schwächer gewordenen Selexon wich aus und rammte Kalitt
Stimme war anzumerken, dass er mit beide Ellenbogen in die Seite. Der tor
Problemen kämpfte. kelte noch mehrere Schritte weit, dann
»Mehrere Tibirian Melech sollten mich stürzte er.
in die Station begleiten. Ich entscheide »... brauche ... keine Hilfe«, keuchte
mich für Kalitt Lindbak an erster Stelle. Selexon. Und von Lindbak, der be
Die anderen ...« stimmt noch den Staub und die Erreger
Seine Hände zuckten hoch. Er drück aus dem Saal an sich trug, würde er sich
te sie auf den Oberkörper, dessen Mus ohnehin nicht anfassen lassen.
kelstränge zu zucken begonnen hatten. Der Schmerz wurde schlimmer. Sein
Erst kaum merklich, und das hatte er Brustkorb war jetzt schon prall aufge
noch ignoriert, dann aber sehr schnell wölbt und konnte jederzeit aufbrechen.
mit einer Heftigkeit, die ihm Schmerzen Hatte er wirklich eine Ewigkeit über
bereitete. dauert, nur um auf diese Weise zu ster
Selexon brachte nur noch ein Gurgeln ben? Selexons Panik wuchs. Alles in ihm
über die Lippen. Keuchend rang er nach schrie danach, davonzustürmen, einfach
Atem. Was immer sich in seinem Brust nur wegzulaufen, vor sich selbst und
korb veränderte, es schnürte ihm die dem Schmutz, der ihm überall entgegen
Luft ab. Mit jedem Herzschlag schien starrte; nur weg, so weit ihn die Füße
das Unheimliche in ihm zu wachsen; es trugen ...
blähte ihn auf, verformte ihn, würde ihn Trotzdem kämpfte er dagegen an.
von innen heraus zerreißen, wie er es bei Zwang sich zur Ruhe. Wenn er schon
etlichen Tibirian Melech im Stasissaal starb, wollte er wenigstens erfahren,
gesehen hatte. Der Anblick würgte ihn warum das so war, wollte bis zur letzten
auch jetzt noch, nach Stunden, in denen Sekunde spüren, was mit ihm geschah.
er es geschafft hatte, Abstand zu gewin Er sank auf die Knie, kippte zur Seite
nen ... und rollte sich zusammen. Auf die Weise
Taumelnd riss er sich das Oberteil der fiel es ihm wieder leichter, Luft zu be
Nach der Stasis 29
kommen. Das merkte er schon nach dem einer heftigen Armbewegung zurück.
ersten gierigen Atemzug, der kühle Luft Jetzt kniete er auf dem Boden, richtete
in seine Lungen pumpte. sich vollends wieder auf ...
Von allen Seiten erklangen Stimmen. ... und fühlte sich, als wäre nichts ge
Etliche Tibirian Melech umringten ihn. wesen.
Selexon fürchtete den Moment, in dem Einige der Umstehenden hatten genau
sie sich über ihn beugten, ihn anfassten, diese Veränderungen schon am eigenen
mit ihren kontaminierten Händen betas Leib verspürt. Selexon erkannte das an
teten. Er war erleichtert, dass sie nicht der Art, wie sie ihn anstarrten, fragend
näher kamen. und hoffnungsvoll zugleich. Alle hatten
Er atmete wieder ruhiger und gleich die schrecklichen Bilder der Sterbenden
mäßig und wälzte sich auf den Rücken. gesehen, und zweifellos hatte ihr leeres
Das Pochen in seinem Brustkorb wurde Gedächtnis diese Szenen gierig aufgeso
schwächer, eigentlich spürte er es kaum gen.
noch. Mit einiger Anstrengung hob er Was waren das für körperliche Verän
beide Hände. Die Handschuhe schienen derungen, warum überfielen sie viele
unbeschädigt zu sein. Zögernd tastete er Tibirian Melech wie aus heiterem Him
über den aufgequollenen Brustkorb. mel? Inkh Selexon hatte keine Antwort
Täuschte er sich, oder war die Wuche darauf. Vielleicht, sagte er sich, war die
rung nicht mehr so extrem wie noch vor se Erscheinung früher gar nicht so ab
wenigen Augenblicken? Konzentriert sonderlich gewesen.
stellte er sich vor, dass die Schwellung Er verfluchte die Mentale Revision,
zurückging. Er musste es schaffen, woll die ihm dieses Wissen genommen hatte.
te er nicht selbst zu stinkendem Staub Ihm und allen anderen.
zerfallen.
Beinahe ungläubig registrierte er, dass *
die Schmerzen vollends verschwunden
waren. Eine kaum faustgroße Schwel Die Kontrollstation befand sich am
lung auf der linken Brustseite, mehr war Rand einer brachliegenden Biosphäre,
nicht geblieben, und auch diese Verän nur wenige Kilometer abseits des An
derung bildete sich weiter zurück. kläger-Dorfes. Wie die ausgedehnte Hü
Inkh Selexon lachte leise. O ja, er gellandschaft nicht mehr genutzt wurde,
lachte, über seine Furcht und seine Stär war auch die Station offensichtlich seit
ke zugleich. Er spürte, dass der Tod ihm langer Zeit von niemandem betreten
unglaublich nahe gewesen war und dass worden.
er dem Ende vielleicht nur um die Span »Vielleicht waren sämtliche Korridore
ne eines Atemzugs entgangen war. Die in diesem Abschnitt von Pflanzen ver
ses Mal. Und beim nächsten Mal? Wann stopft.« Lindbaks Feststellung kam zö
würde sein Körper wieder anfangen, gerlich, entsprach aber dem, was sie vor
sich zu verändern? Morgen oder erst in sich sahen.
einer Woche? Dann würde er vielleicht Bizarre, geometrisch exakte Skelette
nicht mehr widerstehen können. Es sei füllten weite Gangbereiche und türmten
denn, er fand eine Möglichkeit, die Ur sich an den Übergängen zu der verlasse
sache dieser seltsamen Veränderung nen Biosphäre auf. Kaum eines der röh
herauszufinden. renförmigen Gebilde, die teils mehrere
Immerhin war er nicht der Einzige. Mannslängen durchmaßen und Hunder
Noch standen etliche Tibirian Melech te Meter lang waren, glich dem anderen.
um ihn herum. Der eine oder andere kam Stilisierte Sterne, die sich in vielfältiger
näher, aber Selexon scheuchte alle mit Wiederholung fortsetzten, klebten gera
30 HUBERT HAENSEL
dezu unlösbar an den Wänden, als wären ten. Dementsprechend wurde mir das
sie im Begriff gewesen, diese aufzu Kommando übertragen.«
sprengen. »Identifikation akzeptiert«, antworte
An anderen Stellen waren die Struk te der Rechner. »Du wirst als sekundär
turen zusammengebrochen und muteten Befehlsberechtigter mit entsprechenden
an wie Halden langsam zerfallender Zugriffsmöglichkeiten anerkannt. Zu
Knochen. In diesen Bereichen forcierte gleich informiere ich dich, dass die pro
Selexon nicht nur das Tempo, sondern grammierte Befehlsstruktur pauschal
presste permanent eine Hand auf seinen außer Kraft gesetzt wurde.«
Mundschutz. Die glosende Lichtsäule erlosch.
Als er schon im Begriff war, den Zu »Und nun?«, fragte Taffanaro schrill.
gang zur Station zu öffnen, sah er in Ge »Was bedeutet das? Natürlich wurde die
danken immer noch die zerborstenen Struktur verändert. Die Fremden haben
Reste mehrerer gläserner Kuppelbauten schließlich Servo-Unterstützung ange
vor sich. Die Biosphäre schien das Refu fordert.«
gium für eine sehr fremde Flora und Üblicherweise erfolgte von einer Kon
Fauna gewesen zu sein. trollstation aus die Überwachung je
Knirschend öffnete sich das Lamel weils mehrerer TAI-Kuben. Sie waren
lenschott. Knotenpunkte, an denen Informationen
Selexon wusste, dass er sich identifi zusammenliefen und untergeordnete
zieren musste und dass ihn und seine Entscheidungsprozesse erfolgten, und
Begleiter eine dicht gepackte Anlage er boten schon deshalb keineswegs die um
wartete, deren Freiräume keineswegs fassenden schalttechnischen Möglich
üppig bemessen waren. Das gehörte wie keiten der Lenkzentrale. Möglich war
manches andere zum Grundwissen über ausschließlich ein passiver Zugriff auf
den GESETZ-Geber, das durch die Men die Lenkzentrale.
tale Revision nicht beeinträchtigt wor »Wenn keine klare Befehlsstruktur
den war. Wegen der geringen Stations definiert ist, gewinnt derjenige Priorität,
größe hatte Selexon außer Lindbak der sich in den Funktionsabläufen von
lediglich zwei weitere Tibirian Melech CHEOS-TAI am besten zurechtfindet«,
mitgenommen. Den TAI-Servo hatte er stellte Selexon unumwunden fest. »Ak
außerdem zu sich befohlen, um auf des tuell dürften das wir Fiktiv-Ankläger
sen bislang noch größeren neuen Erfah sein. Weder die Mentale Revision noch
rungsschatz zurückgreifen zu können. neunundzwanzig Millionen Jahre Sta
Eine Säule aus gleißendem Licht hüll sisschlaf werden dieses grundlegende
te Selexon ein. Er nahm die Photonen- Rangfolgeprinzip verändert haben.«
Schwingungen wahr, und in seinem »Das heißt, wir blockieren die Frem
Bewusstsein entstand daraus die Auf den?«, wollte Lindbak wissen.
forderung zur Identifikation. Der Sta Selexon reagierte mit einer heftig ab
tionsrechner hatte erkannt, dass ein wehrenden Bewegung. »Ich denke nicht
Tibirian Melech vor ihm stand, und rea daran, den Eindringlingen damit Hin
gierte mit einer akustischen Manipula weise auf unser Wirken zu geben. Jetzt
tion. noch nicht. Wahrscheinlich wird es uns
»Inkh Selexon«, wies sich der Fiktiv- in dem Sinn auch nicht möglich sein.«
Ankläger aus. »Ich wurde mit mehreren Langsam wandte er sich um und ver
hundert Angehörigen meines Volkes aus suchte, die Stationsarchitektur einzu
dem Stasisschlaf geweckt. Einweisun schätzen. Einbuchtungen stellten indi
gen durch einen Thermodyn-Ingenieur viduell generierbare Abfrageplätze dar.
liegen nicht vor und sind nicht zu erwar Es gab keine Einrichtungsgegenstände,
Nach der Stasis 31
die Rückschlüsse auf die letzten Benut ter Impuls, der in den Zentrumskern von
zer erlaubt hätten. CHEOS-TAI einschlug. Er tauchte ein in
»Wie ist deine Bezeichnung, Rech ein Universum brodelnder Energie, das
ner?« ihn jeder Orientierung beraubte. In das
»Kontrolleinheit 178-K-13.« Nichts ... den Raum vor der Zeit ...
»Ich benötige Informationszugriff auf Diese Wahrnehmung erlosch. Der
alle TAI-Kuben, für die bestimmte Kri Tunneleffekt eines Energiequants? Sele
terien erfüllt werden.« xon verstand nichts von mehrdimensio
»Kontrollstation 178-K-13 unterliegt naler Physik, zumindest glaubte er,
einer räumlichen Beschränkung.« nichts davon zu verstehen. Es war nur
»Unsinn!«, fuhr Selexon auf. »Daten das überraschende Gefühl, für einen
abfragen Befehlsberechtigter sind gene Augenblick hier wie da existiert zu ha
rell möglich. Gleiches gilt für den Kon ben, das diese Frage entstehen ließ.
takt mit übergeordneten Einheiten. Ich »Was ist mit mir, Inkh Selexon?« Taf
erwarte jedoch, dass die Lenkzentrale fanaros Stimme schlug über dem Tibiri
nicht über unsere Aktivitäten in Kennt an Melech zusammen. »Soll ich hier un
nis gesetzt wird.« tätig herumstehen?«
»Das Belegungsprotokoll muss über »Ich habe dir nicht erlaubt, dich ein
mittelt werden. Ausnahmen ...« zumischen!«, herrschte Selexon den
»Ausnahmen sind möglich!«, unter TAI-Servo an. »Ich brauche vielleicht
brach Selexon den mechanischen Rede Informationen von dir. Alles andere geht
fluss. »Ich bestätige die Fiktive Anklage dich nichts an!«
gegen Personen, die sich derzeit in der »Wir haben euch aus der Stasis ge
Lenkzentrale aufhalten.« weckt«, protestierte der Heromet. »Des
Nur wenige Sekunden vergingen. Der halb ...«
Tibirian Melech empfand die Spanne als »Kontrolleinheit 178-K-13, setz den
ungewöhnlich lang. Aber das war ein Servo mit Sperrfeldern fest!«, fauchte
Gefühl, das jeder nachweisbaren Grund Selexon zornig.
lage entbehrte. Taffanaros Aufbegehren verstummte.
»Ich erwarte deine zielführenden An Der Pelzige versuchte sich herumzuwer
weisungen«, sagte 178-K-13 endlich. fen, doch sein Körper wurde von einer
Augenblicke später entstanden aus irrlichternden goldenen Aureole einge
dem Nichts heraus in vier Nischen Sitz hüllt. Diese konnte über mehrere Stun
gelegenheiten für die Tibirian Melech. den hinweg aufrechterhalten werden,
Selexon nahm Platz. Sofort baute sich ohne den Metabolismus des Betroffenen
um ihn eine energetische Datenwand zu schädigen.
auf. Eine Serie kurzer Impulse überflu Selexon ließ die Datenwand zum
tete sein Organband, dann war die Jus zweiten Mal entstehen. Diesmal tauchte
tierung optimal auf sein Wahrneh er ungehindert in die vielfältigen Infor
mungsvermögen eingestellt. mationsflüsse ein, die eine Momentauf
Eine erschreckende Datenfülle schlug nahme mehrerer TAI-Kuben darstell
über ihm zusammen ... ten.
... und ein wütender Aufschrei riss ihn Er koordinierte seine Nachforschun
zurück. Inkh Selexon stürzte ab; ein gen mit Lindbak, Asmuel und Zevin.
stärker werdender Sog wirbelte ihn quer Gemeinsam durchforschten sie die üppi
durch den GESETZ-Geber. Er stieß ge Weite des GESETZ-Gebers, die ihnen
nicht auf Widerstand, hatte keine mate fremd war, aber dennoch zugleich ver
rielle Struktur. In diesem Moment war traut. Kubus um Kubus ließen sie von
Selexon nicht mehr als ein komprimier den Datenströmen prüfen, ignorierten
32 HUBERT HAENSEL
die ungeheure Vielfalt, die selbst in dem fand Selexon heraus, dass die Terraner
kleinen Kontrollbereich von 178-K-13 mit einem kleinen Fahrzeug an Bord ge
zum Ausdruck kam. Nach kurzer Zeit langt waren. In einem der Außenhangars
weiteten sie die Verbindungen zu den stand ein hantelförmiges Raumschiff.
Nachbarkuben aus. »Wir haben keine andere Wahl«, sagte
Zum ersten Mal sah Inkh Selexon die Inkh Selexon, nachdem die Bildwände
Fremden. Sie waren wirklich so vielge wieder erloschen waren. »Wir müssen
staltig, wie die Servos sie beschrieben sie angreifen und vernichten.«
hatten. Humanoide Zweibeiner, die, ab Nachdenklich widmete er sich für we
gesehen von dem fehlenden Organband nige Augenblicke dem TAI-Servo, den
und ihrem massigen Körperbau, durch die irrlichternde Aureole von allen
aus den Tibirian Melech ähnelten. Sie Wahrnehmungen abschnitt. Er fragte
nannten sich Terraner – ein Name, der sich, was Taffanaro in diesen Stunden
Selexon nichts sagte, ihm aber zweifel völliger Isolation fühlen mochte. Wahr
los auch nichts sagen musste. scheinlich nicht viel. Servos lebten für
Andere der Eindringlinge hießen Al den Moment, in dem sie gebraucht wur
gorrian. Selexon stutzte, als er die rup den. Das war ihre Aufgabe, und das
pigen Vierbeiner sah. Trotzdem: Auch Warten darauf unterschied sie kaum von
sie kannte er nicht. Ebenso wenig wie Maschinen.
die geschmeidigen Laosoor. »Wie sollen wir die Terraner vertrei
Es waren nur wenige Individuen, die ben?«, fragte Lindbak irritiert. »Wenn
in der Lenkzentrale versuchten, auf den ich es richtig erkannt habe, erhalten wir
GESETZ-Geber Einfluss zu nehmen. Zugriff auf die Bordwaffen ausschließ
Dabei gingen sie alles andere als sachge lich in der Lenkzentrale. Wir können
recht vor, das vermochte sogar Selexon keine Schirmfelder aktivieren, uns ist es
zu erkennen. Offensichtlich waren die nicht einmal möglich, in die Triebwerks
Eindringlinge mit einer ihnen weitge kontrollen einzugreifen.«
hend unverständlichen Technologie »Die Systeme zeigen mir: CHEOS-TAI
konfrontiert. bewegt sich mit Überlichtgeschwindig
Konnte es einen deutlicheren Beweis keit«, wandte Zevin ein.
dafür geben, dass sie CHEOS-TAI nicht »Umso schneller müssen wir den
offiziell in Besitz nahmen, sondern ille Fremden Einhalt gebieten! Bevor sie den
gal eingedrungen waren? Was sie taten, GESETZ-Geber an einen Ort versetzen,
geschah keinesfalls im Sinne der Kos an dem wir nicht mehr eingreifen kön
mokraten. nen. Wir ...« Selexon versteifte sich.
Sehr schnell stießen Selexon und Zögernd hob er seine linke Hand. Un
seine Begleiter auf den verzweigten ter dem dünnen Handschuh zeichnete
Funkverkehr der Terraner. Die ersten sich ein stärker werdendes Pulsieren ab.
Übersetzungen bestätigten Selexons Für einen Moment verzerrte sich sein
Annahme, dass die Eindringlinge mit Gesicht in ungläubigem Erstaunen,
allen Mitteln versuchten, CHEOS-TAI dann packte er mit der rechten Hand zu.
in ihre Gewalt zu bringen. Kleine Ein Er krümmte sich vornüber und presste
satzgruppen operierten bereits an weit den linken Arm an seine Wulstkombi.
auseinanderliegenden Positionen. Of Minutenlang stand er beinahe regungs
fensichtlich liefen alle Bemühungen los, mit der Schulter an die Wand ge
darauf hinaus, CHEOS-TAI zu entfüh lehnt.
ren. Er schien nicht zu bemerken, dass die
Etliche Stunden nachdem sie sich in anderen ihn angespannt taxierten.
die Datenströme eingeschaltet hatten, Urplötzlich stieß er sich ab. Den lin
Nach der Stasis 37
ken Arm hielt er noch angewinkelt, un fiel ihm schwer. Der einzige plausible
ter dem Handschuh war jedoch keine Grund war für ihn ein von den Terra
sich ausweitende Geschwulst zu erken nern befürchteter vernichtender Gegen
nen. schlag des GESETZ-Gebers. Hatten sie
»Du hast es besiegt?«, fragte Zevin nicht erkannt, dass die Waffensysteme
stockend, doch Selexon ging nicht dar von CHEOS-TAI blockiert waren?
auf ein. Mittlerweile stellte sich das Problem
»Die TAI-Bewahrer wurden in Bereit nicht mehr. Die schweren Traktorfelder
schaft versetzt«, sagte er stattdessen und hatten das Schiff der Fremden mitsamt
stellte zugleich fest, dass sein Mund seiner Besatzung aus dem Hangar gesto
schutz verrutscht war. Mit einem ra ßen. Da nicht einmal ein massierter An
schen Griff rückte er den blauen Filter griff der TAI-Bewahrer den Schutz
stoff zurecht. »Wir alle haben erkannt, schirm des Hantelraumers hatte
dass sie in der Lenkzentrale stehen, und durchbrechen können, war das für Inkh
das gilt ebenso für sämtliche neuralgi Selexon die letzte tragbare Lösung ge
schen Positionen. Die Kampfroboter wesen.
sind eine Armee, der die Terraner wei Bedauerlich nur, dass die Herkunft
chen müssen. Sie warten nur auf Befeh der Terraner im Dunkeln bleiben würde.
le von jemandem, der sie auszusprechen Vielleicht, sagte sich Selexon, hätten
weiß.« entsprechende Erkenntnisse den überle
»Eine Kleinigkeit!«, platzte Lindbak benden Tibirian Melech geholfen, mehr
heraus. über die neue Zeit zu erfahren. Im
»Du sprichst von den Befehlen für die schlimmsten Fall existierten keine Ther
TAI-Bewahrer?«, fragte Asmuel. modyn-Ingenieure mehr. Waren die aus
»Von was sonst?«, erwiderte Lindbak der Stasis geweckten Fiktiv-Ankläger
hörbar aggressiv. demnach die ranghöchsten Überleben
»Ich kann mich nicht entsinnen ...« den einer Katastrophe?
Kalitt Lindbak lachte schallend. »Mag Er streckte sich. Seine über Stunden
sein, dass du ein zu empfindsames Ge hinweg angespannte Körperhaltung
müt hast«, spottete er. »Ich werde den machte ihm schon mehr zu schaffen als
Befehl geben. Wer weiß, ob sich mir je der Jahrmillionen währende Schlaf.
mals wieder eine solche Gelegenheit bie Dass die Sensoren der Lenkzentrale jede
tet.« Reaktion seines Körpers registrierten
und ihn durch formenergetische Sitz
projektionen stützten, dämpfte den
5. Schmerz nur, beseitigte aber keineswegs
die Ursache.
Inkh Selexon fröstelte. Er zog die Selexon entsann sich nicht, jemals zu
Wulstkombi enger um seinen Oberkör vor die Kuppelhalle der Zentrale betre
per. Das Gefühl eisiger Kälte tief in sei ten zu haben. An diesem Ort schlug das
nem Innern ließ sich nicht verdrängen. Herz des GESETZ-Gebers, dort sollten
Selexon hielt es für Furcht. stets Thermodyn-Ingenieure anzutreffen
Für kurze Zeit hatte er wirklich Angst, sein und das Schicksal des Schiffes be
die an den Hangar angrenzenden TAI- stimmen. Aber es waren keine da. Nur
Kuben könnten von den Terranern in Tibirian Melech und Servos. Es gab kei
einem Feuerorkan verwüstet werden. Zu ne Lebenszeichen von anderen Völkern.
verstehen, warum die Eindringlinge Die Wände spiegelten in mattem
letztlich nicht das Wirkungsfeuer aus Goldton. Für Bedienelemente und Sitz
ihren Bordgeschützen eröffnet hatten, gelegenheiten galt dasselbe wie in der
38 HUBERT HAENSEL
Kontrollstation, von der aus der Angriff Schiff hatte den Halo einer kleinen kom
auf die Terraner eingeleitet worden war: pakten Galaxis erreicht. Mit nur zehntau
Sie entstanden unmittelbar bei Bedarf send Lichtjahren Durchmesser gehörte
aus Formenergie. die elliptische Sterneninsel zu den unbe
Natürlich war die Lenkzentrale das deutenden Objekten des Universums.
erste und wichtigste Angriffsziel der CHEOS-TAI beschleunigte wieder.
TAI-Bewahrer gewesen. Inzwischen ar Zufrieden nahm Inkh Selexon diese
beiteten dort einige hundert Servos. Se Information zur Kenntnis. Andere Funk
lexon wollte, dass sie schnell herausfan tionen würden folgen und den GESETZ-
den, wie sich die von den Terranern Geber über kurz oder lang zu voller Ein
manipulierten Schaltungen in den kor satzfähigkeit zurückkehren lassen.
rekten Status zurückversetzen ließen. Einiges Wissen über die technischen Ab
Er widmete sich wieder den Ortungen. läufe war also da. Nicht unmittelbar ab
Das Hantelraumschiff entfernte sich aus rufbar, dafür hatten die Mentale Revisi
eigener Kraft und würde in Kürze au on und zweifellos auch die ewig lange
ßerhalb der Waffenreichweite sein. Stasis gesorgt, aber keineswegs völlig
Wider besseres Wissen erteilte Sele ausgelöscht.
xon den Feuerbefehl. Für diejenigen, die sich hartnäckig
Nichts geschah. Die Waffenbänke des darum bemühten, wurde dieses Wissen
GESETZ-Gebers versagten weiterhin wenigstens bruchstückhaft greifbar.
den Dienst. Selexon hätte die Hantel zu Vielleicht war es einmal sogar Routine
diesem Zeitpunkt, da sie schon etliche gewesen; angeeignet in vielen Jahrtau
Millionen Kilometer entfernt war, kom senden, die längst im Meer der Geschich
promisslos vernichtet. Aber nicht ein te versunken waren.
einziger Geschützprojektor jagte seine Selexon wusste nicht mehr, was er
tödliche Energie in den Raum hinaus. wirklich glauben sollte. Das Beste war,
Noch für eine kurze Spanne beobach er suchte nach verschütteten Erinnerun
tete Inkh Selexon die Terraner. Er konn gen, die ihm helfen konnten ...
te sich kein abschließendes Urteil bil
den. Jenes Schiff war aller Dreistigkeit *
seiner Besatzung zum Trotz nicht mehr
als ein Staubkorn im Universum, so un Die Sternenfülle der kleinen Galaxis
bedeutend und vergänglich wie alles, tauchte das Rund der Lenkzentrale in
was nicht unmittelbar von den Hohen kaltes Licht. Nach einer kurzen Hyper
Mächten kam. raumetappe trennten dreieinhalbtau
Jedes Leben außerhalb des GESETZ- send Lichtjahre CHEOS-TAI von dem
Gebers erinnerte an ein Staubkorn, das Hantelraumschiff der Terraner.
in den wirbelnden Sog einer offenen Mit halber Lichtgeschwindigkeit trieb
Flamme geriet. Es kam aus dem Nichts, der GESETZ-Geber durch den Randbe
loderte für den Bruchteil eines Augen reich eines Spiralarms, etliche Lichtmo
blicks grell auf – und war danach für nate von der nächsten Sonne entfernt.
alle Zeit verschwunden. Nur wer genau Selexon war diese Position so recht wie
hinzusehen verstand, entdeckte vielleicht jede andere.
eine zerfallende winzige Ascheflocke: Er fragte sich irritiert, weshalb seine
ausgebrannte tote Materie, unbedeutend Gedanken wieder zu den Fremden wan
und dem Vergessen preisgegeben. derten. Sie hatten es einmal geschafft, in
Erst kurz vor dem Einsatz der Trak den GESETZ-Geber einzudringen, eine
torstrahler war der Überlichtflug des zweite Möglichkeit würde sich ihnen
GESETZ-Gebers beendet worden. Das nicht bieten. Ohnehin konnten ihnen
Nach der Stasis 39
der an die Arbeit! Du, Kalitt, begleitest Und dann?, fragte sich Selexon. Wo
mich. Und von den Servos will ich kein her soll ich wissen, dass uns die Antwort
Murren hören. Ich bin ebenfalls der Mei tatsächlich gefallen wird?
nung, dass alles zu langsam voranschrei Da war es plötzlich wieder, dieses un
tet.« heilvolle Ziehen und Drücken in seinem
Leib. Er hatte geglaubt, die Anfälle
* überstanden zu haben, aber nun rebel
lierte sein Körper erneut. Tief atmete er
Unbehelligt zog der GESETZ-Geber durch und presste eine Hand auf die zu
seine Bahn. ckende linke Seite. Zugleich versuchte
Niemand nahm Notiz von dem mond er, sich zu entspannen, sich nicht anmer
großen Objekt, das vor etlichen Stunden ken zu lassen, was mit ihm geschah.
aus dem Nichts erschienen war und des »Wir beherrschen CHEOS-TAI nicht«,
sen Kurs dergestalt war, dass es dicht am sagte einer aus der Menge. »Jede andere
galaktischen Zentrumsgebiet vorbeiflie Behauptung wäre eine Lüge. Warum ge
gen würde. stehen wir uns nicht ein, dass wir am
Es hätte schon eines Zufalls bedurft, Ende angelangt sind?«
wäre CHEOS-TAI in dieser kurzen Zeit »Weil ...« Selexon schwieg sofort wie
spanne von fremden Raumfahrern auf der. Das Ding in ihm raubte ihm den
gespürt worden. Ein GESETZ-Geber Atem. Wenn es wollte, konnte es ihn um
war keineswegs leicht zu orten, solange bringen, darüber war er sich im Klaren,
seine Position unbekannt war. und niemand wäre in der Lage, ihm zu
Inkh Selexon fragte sich immer noch, helfen.
wie es die Terraner geschafft haben Dieses Ding, das war vielleicht er
mochten, an Bord zu gelangen. Er blieb selbst, sein Geist, sein Körper, wie auch
sich die Antwort weiterhin schuldig. immer.
Dabei hatte er sich mit den Eindringlin Dann bring mich doch um, wenn du
gen nicht länger befassen wollen. Sie willst! Für einen entsetzten Moment
interessierten ihn nicht mehr. Vor allem glaubte er, den Satz laut hinausgeschrien
gab es Wichtigeres. zu haben. Aber keiner der anderen re
Dreihunderteinundzwanzig Tibirian agierte darauf.
Melech hatten die Zeit der Stasis über »Auf gewisse Weise haben wir Zeit«,
lebt. Eine erschreckend geringe Zahl. wandte Lindbak ein. »Was vielleicht
Er hatte alle in der Lenkzentrale zu neunundzwanzig Millionen Jahre ge
sammengerufen, und da standen sie nun, braucht hat, um CHEOS-TAI zu dem zu
als erwarteten sie von ihm oder Lindbak machen, was wir heute sehen, werden
Wunder. wir niemals innerhalb von einem oder
Selexon glaubte, ihre Anspannung zu zwei Tagen nachvollziehen können.«
spüren, ebenso ihre Enttäuschung, weil »Uns bleibt keine Zeit«, erklang es aus
sie nicht verstanden, was geschehen war. der Menge.
Zweifellos würden sich nicht alle wie Lindbak streckte sich. »Wer ist der
Lindbak in Zornausbrüche hineinstei Verrückte?«, fuhr er auf. »Komm schon!
gern. Aber sie brauchten eine Beschäfti Fürchtest du, dass ich dich anklage? Du
gung, und in der Hinsicht glichen sie den zweifelst daran, dass wir in der Lage
Servos stärker, als sie selbst wahrhaben sind, CHEOS-TAI zu führen. Also werde
wollten. Sie verstanden die Welt nicht ich dafür sorgen, dass du den GESETZ-
mehr, in der sie erwacht waren, und Geber verlässt, hier, zwischen den Ster
suchten nach einem Sinn und einer Ant nen.«
wort auf ihr »Warum?«. »Das war keine Provokation«, be
Nach der Stasis 41
schwichtigte Selexon. »Ich glaube auch Selexon spürte den wachsenden Zorn
nicht, dass wir in der momentanen Si und die Verzweiflung, doch ebenso Ver
tuation jedes Wort abwägen müssen. bitterung und Entschlossenheit. Viel
Unser Freund wollte nur andeuten, dass leicht erging es vielen wie ihm. Er fragte
unsere Lebensdauer begrenzt ist.« nicht danach, weil es nichts an ihrer Si
Er registrierte, dass Lindbak die tuation geändert hätte.
Arme verschränkte. Das war eine un Bislang hatten sie überlebt. Ob aus
missverständliche Geste der Unterord eigener Stärke oder nur durch eine Will
nung. kür des Universums, niemand vermoch
»Wir werden bald vor wirklich erns te darauf eine Antwort zu geben.
ten Problemen stehen«, fuhr er fort. »Die Sie wussten nicht einmal, was sie zu
ersten Schaltungen sind entschlüsselt, dem gemacht hatte, was sie waren. Ihre
aber das bedeutet nicht, dass es in dieser Geschichte, ihre Biografien ... nichts war
Geschwindigkeit weitergehen kann. Die mehr da, was nicht mit dem GESETZ-
Servos wissen nicht mehr weiter. Völlig Geber und ihrem Beruf zu tun hatte.
unabhängig davon, wie viele Schaltun Die Fiktiv-Ankläger von CHEOS
gen identifiziert werden können und frei TAI.
ansprechbar sind, wir werden stets nur Ja, dieses Wissen war ihnen geblieben:
Fragmente des Gesamten aktivieren die unerbittlichen Inquisitoren, deren
können. Uns fehlt der Zusammenhang; Pflicht und Leben es war, die Gesinnung
mit unserem Verständnis von Logik er zu den Kosmokraten zu überprüfen.
halten wir keinen Überblick.« Aber war das die ganze Wahrheit?
»Selbst dann nicht, wenn wir uns aus Oder nur ein Teil davon? So, wie nur ein
führlich damit befassen?«, fragte Grud Teil der Erinnerung geblieben war?
Zevin. Immer verzweifelter fragte er sich,
»Es ist aussichtslos!«, behauptete wer er selbst wirklich war. Inkh Selexon
Lindbak schrill. »Wir verfügen nicht – ein Name, mehr nicht. Aber das Wesen,
einmal ansatzweise über das Wissen, das als das er sich fühlte? Sosehr er einer
die Thermodyn-Ingenieure anwenden verborgenen Erinnerung nachspürte, es
konnten.« gab eine Grenze, die er nicht zu über
»Nach allem, was die Servos bisher schreiten vermochte.
herausgefunden haben, wurden von den Inkh Selexon, Fiktiv-Ankläger auf
Terranern sämtliche Schalt- und Zu CHEOS-TAI.
griffsstrukturen außer Kraft gesetzt. Ge Und davor? Wie oft war sein Gedächt
blieben ist dabei eine Grundprogram nis gelöscht worden? Nur einmal? Oder
mierung, die fremdartigen Kriterien lagen längst zehn, fünfzehn oder zwan
folgt. Wir haben bislang keine Möglich zig ähnlich qualvolle Vorgänge des Er
keit gefunden, diese Programmierung zu wachens hinter ihm?
verstehen.« Und was wuchs in ihm und in vielen
»Das heißt?« anderen Tibirian Melech heran? Ein Pa
»Jeder von uns wird eine Menge zu rasit, eine fremde Kreatur, die jeden von
lernen haben, und niemand kann vor ihnen steuerte? Eher erschien es ihm, als
hersagen, ob wir am Ende CHEOS-TAI sei das alles Teil ihrer selbst ...
wirklich beherrschen werden. Falls das Wenn sie wissen wollten, was mit
überhaupt je möglich sein wird.« CHEOS-TAI geschehen war, und das
»Was müssen wir tun?« wollten sie alle, half es wenig, nur die
»Wir müssen dort weitermachen, wo gerade benötigten Funktionen zu akti
unsere Untersuchungen ins Stocken ge vieren. Auf diese Weise wurden weit
raten sind.« eher Spuren verwischt.
42 HUBERT HAENSEL
Also mussten sie systematisch vorge ander. Wieder und wieder, als müsse er
hen. Nach dem, was den Tibirian Melech sich selbst Schmerz zufügen. Dann, von
logisch erschien, auch wenn die Grund einem Moment zum nächsten, kratzte er
lagen des GESETZ-Gebers anders auf sich mit den Fingern durchs Gesicht. Die
gebaut waren. Vielleicht reichte die Haut blutete sofort.
Grundprogrammierung sehr viel weiter »Hör auf damit!«, herrschte Selexon
zurück, in eine Zeit, als weder Thermo ihn an.
dyn-Ingenieure noch Tibirian Melech »Aufhören?« Lindbak lachte schrill.
oder Heromet an Bord gewesen waren. »Ich weiß nicht, ob ich das kann. Hast du
Inkh Selexon verteilte seine Leute dich noch nicht gefragt, wieso die Terra
und einige Servos auf die Kontrollsta ner in der Lage waren, CHEOS-TAI zu
tionen. Sie sollten ein Statusbild zeich steuern?«
nen, eine Momentaufnahme, auf der »Sie haben Fehler gemacht. Sonst wä
man aufbauen und Vergangenem nach re nicht alles durcheinandergeraten.«
spüren konnte. Wo mochte das über »Und wennschon. Sie haben den GE
schäumende Leben von einst geblieben SETZ-Geber in den Hyperraum ge
sein, das immer wieder in Selexons Er bracht. Benötigt man nicht schon dazu
innerung durchschimmerte? Tausende einen Status höherer Ordnung? Wenn sie
Völker und viele Millionen Individuen diesen Status hatten ...«
hatten CHEOS-TAI in ihrem Pulsschlag »Das mag vor Jahrmillionen so gewe
mitschwingen lassen. sen sein«, unterbrach Selexon. »Wir
War wirklich von Anfang an vorgese kennen die Erfordernisse heute nicht.
hen gewesen, die Stasisschläfer niemals Vielleicht gibt es keine mehr.«
aufzuwecken? In dem Moment spürte er, was Lind
Hatten wir eine Bestimmung, die wir bak bewegte. Es musste die Empfindung
niemals erfahren durften?, fragte sich sein, gegen Mauern anzurennen. Weil sie
Selexon düster. Sollten wir tatsächlich alles verloren hatten, was sie jemals be
das Ende dieses Universums erreichen? sessen zu haben glaubten. Aufzeichnun
Aber wahrscheinlich hatte einfach gen, die geholfen hätten, ihr Schicksal
nur ein Unfall verhindert, dass die zu klären, schien es nicht zu geben. Und
Schläfer rechtzeitig geweckt worden falls doch, waren sie zu gut verborgen
waren. oder nicht mehr zugänglich. Ihre Aufga
be als Wächter hatten die Tibirian
* Melech verloren, und von der gegenwär
tigen Mission CHEOS-TAIS wussten sie
Stunden vergingen ... nichts.
Inkh Selexon erschrak, als er das Ge Falls es eine gab.
sicht seines Stellvertreters vor sich sah. Ein nachgerade blasphemischer Ge
Lindbaks Haut hatte nahezu jede Pig danke stieg in Inkh Selexon empor:
mentierung verloren und wirkte un Was, wenn die Kosmokraten gar nicht
glaublich straff. wussten, dass CHEOS-TAI überhaupt
»Du bist krank!« Instinktiv griff Sele noch existierte?
xon nach seinem Mundschutz.
»Unsinn«, wehrte Lindbak ab. »Ich
habe nur nachgedacht, während alle an 6.
deren sich in wirren Spekulationen er
gingen.« »Was ist das?«, fragte Selexon schroff,
Und?, fragte Selexons Blick. als Taffanaro zu ihm aufschaute und of
Lindbak schlug die Hände gegenein fensichtlich mit einem zufriedenen
Nach der Stasis 43
Grinsen seine beiden überdimensionier Grinsen erkannte. Hin und wieder, wenn
ten Nagezähne zeigte. »Und geh gefäl ein Servo glaubte, sich überlegen zu füh
ligst einen Schritt zurück!« len, zeigte er dieses schreckliche Grin
»Natürlich«, plapperte der TAI-Servo sen. Taffanaro stützte sich zudem auf die
drauflos. »Ich wusste, dass du mit mir Nackthand am Ende seines struppigen
zufrieden sein würdest, Inkh Selexon. Schwanzes.
Hier, in diesem Holokristall, ist alles »Wo bleibt das Hologramm?« Vergeb
verzeichnet, was du sehen willst.« lich drehte Selexon den Splitter zwi
Der Heromet hielt den funkelnden schen den Fingern.
Kristallsplitter zwischen zwei Fingern. »Hautkontakt aktiviert die Wiederga
Selexon nahm die Schwingungen deut be«, behauptete der Servo. »Die Kristal-
lich wahr; offensichtlich handelte es sich le sind unterschiedlich justiert.«
um einen der besonders seltenen Hyper »Woher hast du den Splitter?«
kristalle. Wegen Verunreinigungen in Taffanaros große Augen blickten zu
der Kristallstruktur taugte der Splitter Boden. Zögernd zeichnete er mit einer
nur als Holospeicher. Fußspitze imaginäre Linien.
Woher bezog er dieses Wissen? Inkh »Woher?«, bellte Selexon heiser.
Selexon hätte schwören können, dass es »Von einem der Toten«, antwortete der
ihm noch vor wenigen Augenblicken un Heromet leise. »Eine Handvoll Kristalle
möglich gewesen wäre, einen Kristall lagen im Staub auf der Stasisliege. Nein,
vom anderen zu unterscheiden. Viel keine Sorge, Herr, der Tote war ein
leicht, weil er die Schwingungen so Heromet.«
deutlich wahrnahm, dass sie in seinem Mit einer ausholenden Bewegung
Kopf ein überaus präzises Abbild erga schleuderte Selexon den Kristall von
ben? sich.
»Leg ihn auf die Konsole!«, herrschte »Lass ihn liegen, wo er liegt!«, herrsch
er Taffanaro an, als der schon wieder auf te er den TAI-Servo an, als der sich bü
ihn zuschritt. cken wollte. »Bring mir einen neuen
Der TAI-Servo machte eine blitz Kristall, sofort!«
schnelle Drehung zur Seite. Selexon »Einen, der nicht auf Hautkontakt
fröstelte, als er im Gegenlicht der be reagiert?«
leuchteten Wand Staub aus dem Fell des »Und der nicht von einem Toten
Heromet aufsteigen sah. Unwillkürlich stammt!«
hielt er den Atem an und zog den Mund »Ich weiß nicht, Herr, aber ... die ein
schutz ein wenig fester. zigen Kristalle, die wir bislang aufge
Endlich entsann er sich. spürt haben, sind die von ...«
»Das sind die Daten, die ich vor einer »Verschwinde!«, brüllte Inkh Selexon
Schlafperiode von dir verlangt habe?« außer sich. In dem Moment war er nahe
»Nachdem wir das zerstörte Lager der daran, sich auf den Servo zu stürzen.
Terraner untersucht hatten«, bestätigte Egal, ob er sich dabei mit irgendwelchen
Taffanaro. »Du wirst zufrieden sein.« Erregern infizierte. Die Servos durften
»Ich hoffe es!« gar nicht erst auf den Gedanken kom
Mit zwei Fingern griff Selexon zu. Für men, sie seien unentbehrlich.
einen Moment fürchtete er, der Kristall Es dauerte geraume Zeit, bis Taffana
splitter könnte seine Handschuhe durch ro mit einem neuen Speicherkristall zu
schneiden. Der Heromet entblößte schon rückkam.
wieder seine beiden Zähne. Dabei ver Selexon schwieg, als sich die Projek
zog er das spitze Gesicht zu einer Gri tion vor ihm aufbaute. Eine Zeit lang
masse, die Selexon mittlerweile als blätterte er durch die holografischen
44 HUBERT HAENSEL
Pläne, die er nur über den akustischen Hüllblättern umgebene Gewächse. Ihr
Umweg umsetzen konnte. Die vielfälti Äußeres, das spürte er an den feinsten
gen Details erstaunten ihn. Schallreflexionen, war von dünnen Seg
»Es sind alle Stasissäle eingezeich mentierungen umgeben, die ihm wie
net«, behauptete Taffanaro. »Auch die Netzgitter erschienen, zugleich gab es
versteckt angelegten. Ich habe den Plan aber eine schwere, reflektierende Ober
aus einem Nebenrechner gezogen ...« fläche.
Selexon schwieg dazu. Diese Dateien, Kalitt Lindbak wandte sich um, ehe
stellte er fest, waren weit mehr, als er Selexon ihm allzu nahe gekommen war.
sich erhofft hatte. Eine erschreckend ho »Ich frage mich, ob diese Pflanzen Ge
he Zahl von Sälen war markiert. Falls wächse sind, die von unserer Heimatwelt
wirklich alle genutzt worden waren, stammen«, sagte Lindbak nachdenk
schliefen in CHEOS-TAI ungezählte lich.
Millionen der unterschiedlichsten Indi »Unserer Heimatwelt?«, wiederholte
viduen, womöglich gar mehrere Besat Selexon. »Hatten wir denn je eine?«
zungen des GESETZ-Gebers. »Ich weiß es nicht. Aber welchen Sinn
Sie schliefen ... sollten diese Pflanzen sonst haben? Sie
... oder sie waren im Schlaf gestor wachsen so nahe an dem Dorf.«
ben. »Ist es nicht egal ...?«
Inkh Selexon würgte. Schon der Ge »Nein!«, fuhr Lindbak heftig auf.
danke an Millionen Tote, deren Körper Aber sofort besann er sich und bedachte
zu Staub zerfielen, ließ ihm die Kehle Selexon mit einer beschwichtigenden
anschwellen. Am liebsten hätte er sich Geste. »Ich versuche, auf diese Weise
herumgeworfen und wäre davonge vielleicht ein Stück Erinnerung wieder
stürmt. Aber wohin? Er wusste, dass es zufinden. Die Gewächse sind äußerst
kein Entkommen gab. robust. Wenn ich recht vermute, stam
Auch wenn nicht verzeichnet war, men sie von einer jungen und heißen
welche Völker wo der Ewigkeit entge Welt. Die Sonne überschüttet den Plane
gendämmerten, eröffnete sich dank des ten mit starker Strahlung. Extrem grel
Planes die Möglichkeit, gezielt nach les Licht. Die Pflanzen können nur einen
weiteren Überlebenden zu suchen. Bruchteil des Lichts nutzen und sind ge
»Kümmere dich darum!«, herrschte er zwungen, den Rest zu reflektieren.«
Taffanaro an. »Nimm dir hundert Servos »Eine Welt, die im Licht erstickt«,
oder meinetwegen auch zweihundert. überlegte Selexon. »Es bedarf besonde
Ich erwarte, dass ihr herausfindet, wo rer Sinne, sich auf ihr zurechtzufinden.
Stasisschläfer geweckt werden können. Wesen, die auf optische Wahrnehmung
Ich will keine Toten – ich will lebende angewiesen sind, würden wohl sehr
Helfer, die den GESETZ-Geber wieder schnell erblinden.«
zu dem machen können, was er einmal »Dieser Planet könnte in einer dichten
gewesen ist. Und jetzt verschwinde! Den Sternballung stehen.« Lindbak führte
Kristall behalte ich.« den Gedanken eifrig weiter. »Dutzende
Sonnen, die womöglich nur Lichtstun
* den weit auseinander stehen ...«
»Du suchst Informationen«, sagte Se
Inkh Selexon fand seinen Stellvertre lexon. »Mag sein, dass wir die Möglich
ter einige Zeit später am Rand des An keit haben, einiges zu erfahren.«
kläger-Dorfs. Pflanzen wucherten dort, »Was müssen wir dafür tun? Hängt es
die ihm wie massige Skulpturen erschie mit den Terranern zusammen?«
nen. Halbkugelförmige, von dicken »Mit einer Karte, die alle Stasissäle
Nach der Stasis 45
aufzeigt. Und dazu den Standort des Abständen kleine technische Betriebs
Rechners, in dem die Karte gespeichert räume. Auch sie Standard, genormt da
wurde.« für, die Lebensbedingungen innerhalb
»Woher stammt die Karte?« eines abgeschirmten TAI-Kubus zu ga
»Der TAI-Servo hat sie aufgespürt.« rantieren. Die beiden Tibirian Melech
Lindbak ließ ein heiseres Lachen ver stießen auf Anlagen für Druck- und At
nehmen. »Sind diese Kerle doch zu et mosphäreüberwachung, für Wasserver
was zu gebrauchen? Ich habe schon ge sorgung und -wiederaufbereitung. Da
glaubt, wir müssten alles aus ihnen neben Energiespeicher und ebenso
herausprügeln ...« Projektoren für die Errichtung starker
»Vielleicht brauchen wir sie bald nicht Schirmfelder. Das alles ausgelegt für das
mehr. Ich nehme an, es muss ein Ther räumlich begrenzte Areal des Wohnbe
modyn-Ingenieur gewesen sein, der für reichs.
die Stasis verantwortlich war. Wahr Immer wieder hielten die beiden Tibi
scheinlich wurde auch der Plan von ihm rian Melech kurz inne und lauschten.
gespeichert.« Nichts war zu hören. Es gab kein Leben
»Du glaubst, dass wir über den Rech in diesem Bereich. Vielleicht war der
ner weitere Informationen erhalten?« Kubus konserviert gewesen wie das Dorf
»Ich hoffe es«, schwächte Selexon ab. der Ankläger. So lange, bis sie eingetrof
»Du hoffst ... Ist das alles? Nicht mehr? fen waren; Selexon vermutete, dass der
Nicht noch einen Anhaltspunkt? Etwas, Schutz mit Taffanaros Eindringen erlo
für das es sich lohnt loszugehen?« schen war. Immerhin arbeiteten Sauer
»Ich hoffe, dass wir eine Spur des stoffversorgung und Temperaturrege
Thermodyn-Ingenieurs finden können.« lung.
Nahezu im Zentrum der Anlage stie
* ßen Selexon und Lindbak auf einen
Raum, der sich bei flüchtiger Betrach
In einem Konglomerat türmten sich tung zwar in nichts von allen anderen
die Wohnelemente übereinander. Große, unterschied, aus der Nähe aber seine Be
zweckmäßige Blöcke, zwischen denen sonderheit erkennen ließ.
sich Korridore, Treppen und Antigrav Ein angehefteter Schallsensor wies
schächte in Nischen quetschten und die den Wohnwürfel unmissverständlich als
in großer Höhe mit dem goldschimmern- den Ruheraum eines Thermodyn-Inge
den Himmel verschmolzen. nieurs aus.
Wohnbereiche wie diese fanden sich »Die Koordinaten der Karte sind ein
überall in CHEOS-TAI. deutig«, stellte Selexon fest. »Der Rech
»Nichts Besonderes«, stellte Lindbak ner steht im Innern dieses Raums. Das
fest, nachdem Selexon und er den drit Problem ist, dass wir nicht einfach ein
ten leeren Raum betreten hatten. dringen dürfen.«
Es gab keine Hinweise auf die frühe »Wer will uns das streitig machen?«,
ren Bewohner dieser kompakten Sied fragte Lindbak.
lung. Vielleicht hatten sie den GESETZ- »Die Thermodyn-Ingenieure sind die
Geber vor ewiger Zeit verlassen oder diesseitigen Stellvertreter der Kosmo
waren am Ende ihrer Existenz ange kraten«, antwortete Selexon.
kommen. Vielleicht lagen sie aber auch »Und?« Lindbak reagierte gereizt.
in einem der nur wenige Dutzend Kilo »Siehst du einen davon hier und jetzt?
meter entfernten Stasissäle. Taffanaro hat die Räume schon vor uns
Weit verstreut in dem Labyrinth der betreten.«
Gebäude fanden sich in regelmäßigen Entschlossen ging Selexon weiter. Der
46 HUBERT HAENSEL
Zugangsbereich löste sich vor den bei des GESETZ-Gebers hätte es gewagt, in
den auf und stabilisierte sich hinter ih die privaten Dateien eines Thermodyn-
nen wieder. Ingenieurs einzudringen?
Die Unterkunft war leer – und den Und nun? Ausgerechnet ein Fiktiv-
noch erweckte sie den Eindruck, als Ankläger war im Begriff, das zu tun,
müsse ihr Bewohner schon in der nächs wofür er andere einer eingehenden Prü
ten Sekunde zurückkehren. Einzelne fung unterzogen hätte.
Einrichtungsgegenstände aus Form »Ich kann es nicht tun«, sagte Inkh
energie stabilisierten sich vor den Ein Selexon schwer. »Das ist ein Ding der
dringlingen, sobald sie in den Grenzbe Unmöglichkeit.«
reich eindrangen. Aber auch hier nichts, »Dann werden wir nie erfahren, was
was Rückschlüsse erlaubt hätte. geschehen ist. Willst du es wirklich nicht
»Gut möglich, dass der Thermodyn- wissen?«
Ingenieur vor neunundzwanzig Millio Selexon zuckte zusammen, als er mit
nen Jahren zum letzten Mal hier war«, einem Mal Lindbaks Hände an seinen
sagte Selexon nachdenklich. Oberarmen spürte. Im ersten Erschre
»Ebenso kann es gestern gewesen cken wollte er hochfahren und Lindbak
sein«, wandte Lindbak ein. »Sie können abschütteln. Er war sich seiner Gefühle
nicht alle gegangen sein. Oder?« für den Untergebenen nicht sicher. Ei
Den Rechner fanden sie in einer Sei gentlich verachtete er Lindbak wegen
tennische. Selexon reagierte enttäuscht. seiner nervösen und oft genug unbe
Obwohl er ohnehin nur eine Nebenanla herrschten Art. Andererseits hatte er, so
ge erwartet hatte, irritierte ihn der klei lange die Bedrohung durch die Terraner
ne und unscheinbare Rechner. Solche noch bestanden hatte, einen Leibwächter
Geräte gab es zu Millionen in CHEOS zu schätzen gewusst. Und vielleicht lern
TAI. Das einzig Interessante war, dass te Lindbak auch dazu. Immerhin schlepp
dieser Rechner nachweisbar von einem te er diesmal seinen wuchtigen Strahler
Thermodyn-Ingenieur genutzt worden nicht mit sich herum.
war. Selexon fröstelte. Die Berührung ließ
Eine Sitzgelegenheit stabilisierte sich, ihn selbst gereizt reagieren.
als der Tibirian Melech den Rechner ak »Du hast recht!«, stieß er hervor. »Ich
tivierte. Selexon fand sofort die Spuren, bringe das zu Ende.«
die der TAI-Servo hinterlassen hatte. Augenblicke später holte ihn die Ver
Unmittelbar danach baute sich ein gangenheit ein.
raumfüllendes Schallholo auf. Er er
kannte die Wiedergabe der Stasissäle. *
Wie von selbst griffen seine Finger in
die permanent variablen Lichtfelder der Die Speicherdaten waren die Auf
Steuerung. Inkh Selexon brauchte nicht zeichnungen eines Thermodyn-Inge
darüber nachzudenken, das war ein Vor nieurs namens Eregitha Math Gaum.
gang, der tief in seinem Unterbewusst Offfensichtlich waren sie wirklich vor
sein verankert zu sein schien. Nur zwei- neunundzwanzig Jahrmillionen aufge
oder dreimal zögerte er kurz, als sich sprochen worden.
umfangreiche Verzeichnisstrukturen Selexon spürte erneut einen Schauder
öffneten. im Nacken, als die Stimme des Thermo
Dann stockte Selexon der Atem. dyn-Ingenieurs den Raum füllte. Ihm
Es gab in der Tat private Aufzeich schien es in dem Moment, als stünde
nungen. Sie waren nicht gesichert. Das Eregitha Math Gaum zum Greifen neben
war auch völlig unnötig. Wer an Bord ihm.
Nach der Stasis 47
»... ich werde die Umstrukturierung Momentan gehe ich davon aus, dass
für CHEOS-TAI vollziehen, wie es von dies meine letzte und einzige Aufzeich
mir verlangt wird. Die Kosmokraten ha nung sein wird. Wegen der erforderli
ben für alle GESETZ-Geber angeordnet, chen Umstrukturierung nehme ich alle
dass sie vollständig neu bemannt wer weiteren Erinnerungen aus den Spei
den. chern.«
Dies sind nicht nur kleine Umwälzun Die Stimme des Thermodyn-Inge
gen innerhalb eines überschaubaren Be nieurs verstummte.
reichs und eines geschlossenen Systems, Erst nach einer Weile, als wirklich al
wie sie in der Vergangenheit immer wie les still blieb, löste sich Inkh Selexon aus
der vollzogen wurden. Diese Umstruktu seiner Nachdenklichkeit.
rierung wird umfassend sein und alle »Ich denke, Eregitha Math Gaum hat
Besatzungen betreffen. Ich glaube, dass die Besatzungen noch in die Stasissäle
es sich um die Vorzeichen kommender geschickt und die Übersicht von diesem
großer Veränderungen handelt. Andere Rechner aus gespeichert. Danach hat er
meines Volkes sprechen sogar schon von CHEOS-TAI für immer verlassen. Es ist
dem Beginn eines neuen Zeitalters. Ich anzunehmen, dass ihm selbst eine neue
kann mich dieser Ansicht noch nicht an Aufgabe zugewiesen wurde.«
schließen, wenngleich ich es bemerkens »Seine Verwirrung schwang in diesen
wert finde, dass der Anordnung eine Be wenigen Sätzen deutlich mit«, sagte
gründung beigefügt wurde. Demnach Lindbak zögernd.
soll die Maßnahme vorgenommen wer »Ich weiß nicht. Ich frage mich, wie
den, um größere Zuverlässigkeit, bessere ich an seiner Stelle reagiert hätte. Es
Berechenbarkeit und eine verringerte so muss wehtun, den GESETZ-Geber zu
ziale Komplexität an Bord zu erreichen. verlassen.«
Natürlich werde ich den Anordnun »Besonders für jemanden, der den Kos
gen der Kosmokraten nachkommen. Die mokraten immer treu ergeben gedient
Zukunft muss dann erweisen, wie schnell hat«, stieß Lindbak spöttisch hervor.
sich alle neu festgelegten Abläufe stabi Andere mussten gehen, weil wir Fik
lisieren können. tiv-Ankläger sie für unzuverlässig be
Für den Fall, dass die Umstrukturie funden haben. Genau das meinte sein
rung nicht wie vorgesehen gelingt, wer Begleiter. Selexon fühlte sich davon ei
den die alten Besatzungen in den Stasis genartig betroffen.
schlaf versetzt. Vielleicht geht es auch »Die Erweckung, die Eregitha Math
darum, viele Milliarden hoch qualifizier Gaum zumindest angedeutet hat, ist nie
te Intelligenzen nicht irgendwo im Uni erfolgt«, sagte er zögernd. »Das heißt,
versum auszusetzen, wo sie zur leichten die Umstrukturierung an Bord muss sich
Beute der Chaosmächte werden können. als wirksam erwiesen haben, und für
Damit wird zweifellos möglichen Stör CHEOS-TAI brach tatsächlich ein neues
faktoren Rechenschaft getragen. Und Zeitalter an.«
die Schläfer können jederzeit erweckt »Das traf offenbar auf alle GESETZ-
und in ihre angestammten Funktionen Geber zu!«, erinnerte Lindbak.
zurückversetzt werden. Selexon erhob sich ruckartig. Er tau
Allerdings sind Veränderungen uner melte und presste seine Hände an den
lässlich. Eine Mentale Revision mit par Kopf. Ein gequältes Gurgeln drang un
tieller Gedächtnislöschung muss vorge ter dem Mundschutz hervor.
nommen werden. Nur dadurch kann im »Ich frage mich, ob ich dieses neue
Bedarfsfall ein Neuanfang mit der alten Zeitalter verfluchen soll. Es kann nicht
Besatzung gemacht werden. gut geworden sein. Wer immer das Kom
48 HUBERT HAENSEL
mando über CHEOS-TAI übernahm, hat Kleine wich dem Tritt aus und hetzte
unser Volk verrotten lassen. Und die He davon.
romet und alle anderen Besatzungen Selexon bemerkte etliche fragende,
wohl ebenso. Ich möchte nur noch da verwirrte Blicke. Aber die Heromet ge
vonlaufen.« horchten. Sie waren Diener, waren nie
»Warum tust du es nicht?« etwas anderes gewesen. Ihre große Zahl
Lindbaks Frage traf Selexon bis ins erlaubte es, sie überall dort einzusetzen,
Mark. Entsetzt hob er den Kopf und wo schnelle und gefährliche Arbeiten
nahm die Schallwellen des anderen auf. auszuführen waren. Ansonsten hatten
Sein Stellvertreter meinte die Frage in sie nie Bedeutung erlangt. Teil einer kos
der Tat so, wie er sie ausgesprochen hat misch bedeutungsvollen Maschinerie zu
te. sein genügte ihnen, das war mehr, als sie
Warum laufe ich nicht davon?, wie erwarten durften.
derholte Inkh Selexon in Gedanken. Er Die Servos waren ebenso schuld wie
wusste es nicht. Aus Gewohnheit? Weil die Terraner. Sie hatten die Tibirian
tief in ihm das Gefühl verwurzelt war, Melech aus dem Schlaf zurückgeholt.
mit CHEOS-TAI für immer verbunden Niemand hat euch den Befehl dazu
zu sein – verbunden bis in den Tod? Ir gegeben. Solche Eigenmächtigkeiten
gendetwas hielt ihn zurück. Es lähmte stehen euch nicht zu.
ihn. Er konnte nicht fort, nicht aus der Immer noch fühlte Inkh Selexon die
Nähe der anderen Tibirian Melech flie Bitterkeit, die Eregitha Math Gaums
hen. Worte aus tiefer Vergangenheit in ihm
»Wir müssen den Terranern dankbar ausgelöst hatten. Einiges in ihm war in
sein.« Mit eisiger Kälte fraßen sich Lind jenem Moment zerbrochen. Er hatte sei
baks Worte in seine Gedanken vor. »Nur ne Vorstellung von der Welt gehabt, in
weil sie die Servo-Unterstützung ange der er lebte, und diese Szenerie war
fordert haben, wurden wir geweckt.« durchaus angenehm gewesen. Mit einem
Dankbar? Bitterkeit stieg in Selexon ehrenvollen Platz für die Tibirian
auf. Melech. Aber dieses Bild hatte Risse be
Ohne die Eindringlinge wäre der ewi kommen. Es wankte und bedurfte wohl
ge Schlaf wunderbar geworden. Aber nur noch eines schwachen Anstoßes, um
jetzt? Er drängte seine aufwallenden es endgültig auseinanderreißen zu las
Gefühle zurück. Doch sein Zorn wuchs. sen.
Die letzten Servos verließen die Lenk
zentrale. Ihre Erregung schien noch eine
7. Weile in der Luft nachzuschwingen.
Überhaupt, fand Selexon, herrschte eine
»Verschwindet aus der Lenkzentrale! fürchterliche Atmosphäre.
Sofort!« Die wachsende Unruhe war deutlich.
Inkh Selexon war wütend. Ihm war Nur zum Teil öffnete er sich den Schall
nicht sofort aufgefallen, dass die Servos wellen, die ihm mehr als zuvor mit dem
mit einem Mal ihre Arbeit vernachläs Makel des Verfalls behaftet schienen.
sigt und offenbar angespannt zugehört Was er vor wenigen Wachperioden für
hatten, wie aufgebracht er über den eine Folge der Stasis gehalten hatte,
Thermodyn-Ingenieur geredet hatte, der kam aus jedem von ihnen. Als spürten
für den Stasisschlaf verantwortlich war. sie den Tod, der ihnen zugedacht worden
Es ging die Servos nichts an. war, auch ohne davon gewusst zu ha
Er trat nach einem der Pelzwesen, das ben.
unmittelbar vor ihm stehen blieb. Der Alle 321 überlebenden Tibirian Me
Nach der Stasis 49
lech ... Vergessen. Gezeichnet wie Aus cken. Vielleicht qualifizieren wir uns für
sätzige, weil sie weder ihr Gedächtnis neue Aufgaben, wenn wir den GESETZ-
beherrschten noch das, was in ihren Geber an die Ordnungsmächte zurück
Körpern heranwuchs. geben.«
»Wir haben unser spätes Erwachen »Wir laufen dabei Gefahr, erst recht
mit einem Unfall zu erklären versucht«, als Bedrohung eingestuft zu werden«,
hörte Inkh Selexon sich urplötzlich sa wandte Lindbak ein. »Ich weiß nicht,
gen und wurde sich erst in dem Moment was ich noch glauben soll.«
der atemlosen Stille ringsum bewusst. »Vor allem stellt sich die Frage, ob wir
»Wir waren sicher, gewichtiger Gründe wirklich ein zweites Mal unser Leben
wegen vergessen worden zu sein und und unsere Zukunft den Ordnungs
niemandem dafür die Verantwortung mächten anvertrauen dürfen.« Beschwö
zuschreiben zu können. Die Umstruktu rend streckte Selexon beide Arme aus.
rierung, von der wir nur wussten, dass »Ich sage, dass die Antwort nur ›Nein!‹
sie erfolgt sein muss, schien nichts gewe lauten kann. Dass wir noch hier stehen,
sen zu sein, was sich gegen unser Volk ist nichts anderes als eine Verquickung
gerichtet hat ... Offensichtlich haben wir von Glück und Zufall. Weil wir erst ein
uns geirrt. Hört her!« mal für eine mögliche spätere Verwen
Er spielte den Bericht des Thermo dung im Notfall gut genug waren. Aber
dyn-Ingenieurs vor. diese Verwendung sehe ich nicht mehr.
Als Eregitha Math Gaum geendet hat CHEOS-TAI scheint kein Ziel und keine
te, war die Stille vollkommen und hielt Aufgabe mehr zu haben. Wahrscheinlich
an. So lange, dass sie beinahe schmerz wurde der GESETZ-Geber von allen
te. vergessen, gilt als vernichtet ... Wir wer
Schließlich brach Inkh Selexon das den das nicht so schnell herausfinden.
Schweigen. Was spricht unter diesen Vorausset
»Wir sind nicht die Opfer eines Un zungen dagegen, dass nicht mehr wir
falls geworden! Wir wurden von der CHEOS-TAI dienen, sondern umge
Umstrukturierung beiseitegedrängt und kehrt – CHEOS-TAI uns?«
vergessen. Ich glaube, dass nicht einmal Er hatte etwas ausgesprochen, was
der Thermodyn-Ingenieur die Wahrheit vielen Tibirian Melech wie Rebellion er
kannte. Natürlich waren wir als Reserve scheinen musste. Wie eine Umkehr all
vorgesehen. Für den Fall, dass CHEOS dessen, für das sie jemals eingetreten
TAI außer Kontrolle geraten würde. waren. Die Reaktion fiel entsprechend
Aber das ist nicht geschehen. Und da laut und heftig aus.
nach wurden wir vergessen. Alle Völker, Es berührte ihn nicht. Die Argumente,
die der alten Besatzung angehörten, die er zu hören bekam, hatte er sich
wurden vergessen. Ich sage, das ist ab selbst schon vorgehalten und ebenso
sichtlich geschehen. Weil es leichter war, wieder verworfen.
die Stasis für alle Ewigkeit aufrechtzu »Wir werden den GESETZ-Geber be
erhalten, als das Risiko einzugehen, uns nutzen, um ein neues Leben zu begin
neues Leben außerhalb von CHEOS-TAI nen, über das wir selbst bestimmen!«,
zu geben. sagte er schließlich. »Die Galaxis, in der
Aus den von allen respektierten Fik wir uns befinden, könnte bereits der ide
tiv-Anklägern sind Sicherheitsrisiken ale Ort für uns sein. Wir verbergen uns
geworden.« zwischen den Sternen, bis wir herausge
»CHEOS-TAI ist heute verlassen!«, funden haben, wer wir wirklich sind.
rief jemand. »Wir sollten gar nicht erst Oder wer wir sein wollen und wo unser
versuchen, andere Schläfer aufzuwe Ziel liegt.«
50 HUBERT HAENSEL
»Wenn wir diese Gelegenheit nicht er Knie, suchten vergeblich nach einem
greifen, werden wir es nie verdienen, in Halt ...
Freiheit zu leben«, bemerkte Lindbak. Ein gurgelnder Aufschrei. Im ersten
»Die Heromet werden uns dienen, bis Moment glaubte Inkh Selexon, dass er
wir die eigene Entscheidung getroffen selbst diesen Schrei ausgestoßen habe,
haben. Danach, wenn wir sie nicht mehr doch er bekam nicht genügend Luft da
brauchen, können sie für sich selbst für. Seine Kehle schien ein dicker, un
sprechen. Und falls es sich als nötig er durchlässiger Klumpen zu sein, und aus
weist, können wir jederzeit einige Völ seinen Mundwinkeln sickerte Speichel
ker dieser Galaxis in unseren Dienst und verwandelte die Gesichtsmaske in
nehmen. CHEOS-TAI gibt uns die Macht ein eklig klebriges Ding.
dazu – wir müssen nur lernen, den GE Mit aller Kraft kämpfte Selexon da
SETZ-Geber zu beherrschen.« gegen an, versuchte, sich auf den Beinen
»Wir Tibirian Melech können die Her zu halten, obwohl er spürte, dass er es
ren dieser Galaxis werden!« Inkh Sele nicht schaffen konnte.
xon führte den Gedanken zu Ende. »Wir Immer mehr Tibirian Melech wurden
können aber auch eine endlose Wander von der Qual erfasst. Einige suchten ihr
schaft antreten, die uns durch alle Gala Heil in der Flucht, aber sie kamen nicht
xien des Universums führen wird. Die weit, brachen schon nach wenigen
Entscheidung liegt einzig und allein bei Schritten zusammen, als greife das Un
uns.« heil umso schneller nach ihnen.
Nur verschwommen nahm Selexon
* wahr, dass keiner seiner Artgenossen
verschont blieb. Was immer in ihren
Niemand redete. Inkh Selexon regis Körpern schlummerte, es brach auf.
trierte die Betroffenheit, die in vielen Jetzt.
wühlte und sie bis tief in ihr Innerstes Es wird verhindern ... dass wir uns ...
erschütterte. von den Kosmokraten lösen.
Zu viel war geschehen und hatte das Inkh Selexon hatte keine Gefühle
ohnehin brüchige Selbstverständnis der mehr. Er spürte nur noch diesen zucken
Tibirian Melech bis in die Grundfesten den, reißenden Reflex in sich, der ihn
erschüttert. Sie brauchten Zeit, um sich diesmal töten würde. Ihn und alle ande
der Folgen vollends bewusst zu werden. ren, deren Qual er ebenfalls wahrnahm,
Selexon spürte die Anspannung. Sie ihr Unvermögen, der Veränderung in ih
wurde rasch intensiver, ein Hauch von ren Körpern zu entgehen.
Bedrohung. Sein instinktiver Versuch, Er sah Zevin am Boden liegen und sich
zu erkennen, woher diese Veränderung zusammenkrümmen. Grud Zevin, bei
kam, endete schon im Ansatz. Ein wi dem die Veränderung begonnen hatte,
derlich zwanghaftes Gefühl sprang auf denn sein Körper war bereits schrecklich
ihn über. entstellt. Teile des Schädels schienen
Inkh Selexon kannte diese Empfin aufgebrochen zu sein, und das wuchern-
dung, die ihm Übelkeit verursachte. de Gewebe zwängte sich zwischen den
Doch so intensiv, wie sie diesmal von au Knochen hindurch und weitete sich aus.
ßen auf ihn eindrang, hatte er die Verän Zevins Brustkorb pulsierte, hatte beide
derung nie zuvor wahrgenommen. Arme schon unter seiner Last begraben
Mehrere Tibirian Melech in seiner Nä und dehnte sich weiter aus ...
he krümmten sich bereits zusammen. Ein zarter Hauch streifte Selexon in
Ihre Arme zuckten unkontrolliert, sie dem Moment, ein Gefühl von Freiheit.
taumelten, die Ersten brachen in die Fast als platze eine harte, vertrocknete
Nach der Stasis 51
Schale auf, um neuem Leben den Weg zu zu blockieren. Zevin sah aus, als hätte
öffnen. sich sein Körper von innen nach außen
Und da waren die anderen. Er spürte gedreht, als hätte er versucht, sich in et
sie so nahe, als wollten sie ihn erdrü was anderes zu verwandeln. Eine Meta
cken. Ihre Schmerzen, ihre Kraft, alles morphose, der Schritt hin zu neuem Le
das vereinte sich in einem einzigen to ben. War es das, was er in seinem Schmerz
senden Aufschrei, in dem etwas Neues noch wahrgenommen hatte? Dass sich
entstehen sollte – doch ein greller, glü einer aus ihrer Mitte zu etwas Neuem
hend heißer Schmerz raubte ihm die Be entwickelte, so, wie manches Leben zwei
sinnung. oder drei Stufen unterschiedlicher Exis
Jede Zelle seines Körpers bebte. Das tenz durchlief, bis es seine wahre Be
war der Eindruck, der Inkh Selexons Er stimmung fand?
wachen begleitete. Die Schmerzen wa Und sie alle, er eingeschlossen, hatten
ren verflogen. ihre Kraft gegeben, um dem einen aus
Einer jähen Eingebung folgend, tastete ihrer Mitte den Weg zu erleichtern.
er über seinen Leib. Kein Geschwür, kei Es hat nicht gereicht, erkannte Sele
ne unförmigen Schwellungen. Für einen xon. Vielleicht, weil wir nicht wussten,
Moment versuchte er, sich auf sich selbst was geschehen würde. Oder wir sind zu
zu konzentrieren, aber er schaffte es wenige.
nicht. Sie alle hatten instinktiv versucht, ei
Immer noch spürte er die Nähe der nem aus ihrer Mitte zur Metamorphose
anderen. Einige von ihnen versuchten zu verhelfen. Daran zweifelte Selexon
sich aufzurichten. Auch er stemmte sich nicht einen Moment. Auch nicht daran,
langsam in die Höhe, gab vorübergehend dass es wieder geschehen würde.
der Schwäche nach, die ihn erfüllte, und Aber warum?
stand endlich, wenn auch unsicher, wie Die Mentale Revision hatte ihnen die
der auf den Beinen. ses Wissen genommen. Dabei konnte die
Nur einen Moment später sah er Zevin. Antwort entscheidend sein für das Über
Grud Zevin war tot. Auf so entsetzli leben der Tibirian Melech. Selexon war
che Weise verändert, dass Selexon gar geradezu davon überzeugt.
nicht anders konnte, als sich abzuwen
den und einen Teil seines Organbandes *
52 HUBERT HAENSEL
Ein Saal lag dahinter. Er war viel dich, Taffanaro. Wir sind nur Servos; es
leicht nicht ganz so groß wie alle ande steht uns nicht zu, in andere Geschicke
ren, aber das war es nicht, was Taffana einzugreifen.«
ro sofort ins Auge stach. Er vermisste die Taffanaro klopfte mit der Nackthand
Reihen von Liegen, die sonst dicht an auf den Boden. »Du widersprichst dem
dicht standen. Nur zehn Stasisliegen TAI-Servo«, stellte er gereizt fest. »Was
gab es in diesem Saal, sie standen weit ist das anderes?«
auseinander, und nur eine einzige war Kafarain schwieg betreten. Der An
belegt. flug von Mut schien seinen Stellvertreter
Taffanaro trat vorsichtig näher. Er schon wieder verlassen zu haben.
blickte auf ein feingliedriges, sehr groß »Wir wissen doch inzwischen, wie die
gewachsenes Wesen mit blassblauer Fiktiv-Ankläger zu den Thermodyn-In
Haut. Der Schädel wirkte ein wenig lang genieuren stehen, seit sie wissen, wer
gestreckt, wie überhaupt alles an dieser den Stasisschlaf eingeleitet hat«, fuhr
Gestalt. Anstelle von Augen zog sich ein der TAI-Servo fort. »Ich glaube nicht,
düsteres Band rund um den Kopf, es be dass sie sich freuen würden, einen leben
stand aus einer Vielzahl weicher, mu digen Ingenieur zu sehen.«
schelförmiger Auswüchse. Schon wieder hob Kafarain abweh
»Ein Thermodyn-Ingenieur«, mur rend die Hände. Herausfordernd ent
melte Taffanaro entgeistert, und schon blößte Taffanaro seine Zähne zur Hälfte.
kam es lauter über seine Lippen: »Ein Kafarain ließ sich nicht beirren.
Thermodyn-Ingenieur. Wir haben einen »Du glaubst tatsächlich, die Ankläger
der Herren von CHEOS-TAI gefun könnten darauf aus sein, dem Thermo
den!« dyn-Ingenieur Leid zuzufügen?«
Für einen Moment stand er nur da und »Sie könnten die Absicht haben, ihn
beobachtete, wie die anderen von allen zu töten!«
Seiten auf die Liege schauten. Das klang ungeheuerlich. Taffanaro
Kafarain und einige andere machten war dennoch davon überzeugt, dass es
sich an dem Kontrollrechner neben der sich so und nicht anders verhielt.
Liege zu schaffen. Es war verständlich, dass ihnen die
»Sein Name ist Eregitha Math Gaum«, Entscheidung schwerfiel. Weil sie immer
sagte Kafarain zögernd. »Mehr ist nicht schon Diener gewesen waren und nie je
verzeichnet.« mand, der aus eigener Kraft heraus die
Taffanaro fasste mit beiden Händen Dinge bestimmte. Vorauszusehen, wie
nach seinen Zähnen und klopfte mit den sich das Leben in CHEOS-TAI entwi
Fingerspitzen darauf. Er war auf einmal ckeln würde, sobald wieder ein Thermo
ungeheuer nervös. dyn-Ingenieur das Kommando innehat
»Wir müssen ihn nur lebendig we te, vermochten sie nicht abzuschätzen.
cken, dann werden uns die Tibirian Vielleicht würde Eregitha Math Gaum
Melech nicht mehr herumstoßen, als wä nicht einen Augenblick lang zögern, sie
ren wir nichts anderes als Maschinen«, alle wieder in den Stasisschlaf zu verset
flüsterte er. »Dann wird CHEOS-TAI zen.
wieder den Hohen Mächten dienen und Vielleicht, sagte sich Taffanaro, wäre
nicht nur den Anklägern, was immer sie das die Lösung aller Probleme gewesen.
damit vorhaben mögen.« Aber irgendwie fürchtete er sich zu
»Nein!«, keuchte Kafarain. »Tu das gleich davor, nie wieder aufzuwachen.
nicht! Ohne Rücksprache mit den Tibi »Wir werden die Existenz des Inge
rian Melech dürfen wir es nicht wagen, nieurs den Tibirian Melech nicht preis
den Ingenieur zu wecken. Du vergisst geben!«, sagte er mit einer Entschlossen
54 HUBERT HAENSEL
heit, die ihn selbst verblüffte. »Nicht rückgängig zu machen, bevor dauerhaf
bevor es uns gelungen ist, ihn aufzuwe te Schäden angerichtet waren.
cken.« Andere waren ähnlich qualvoll ge
Kafarain schaute ihn nur noch stumm storben wie Zevin.
an. Inkh Selexon drängte seine düsteren
»Wir machen das, was wir verantwor Überlegungen beiseite, als er das medi
ten können«, fuhr Taffanaro fort. »In den zinische Zentrum betrat. In den automa
nächsten Tagen prüfen wir alle techni tischen Medokammern wurden mittler
schen Einrichtungen im Kontrollraum weile drei Männer behandelt, die sich
und in der Peripherie des Saales. Wir selbst schwere Verstümmelungen zuge
wollen, dass der Ingenieur am Leben fügt hatten.
bleibt, also dürfen wir uns nicht den ge Kalitt Lindbak war einer von ihnen.
ringsten Fehler erlauben.« Selexon versuchte, durch die trübe
»Du willst das«, hauchte Kafarain er semitransparente Abdeckung der Kam
geben. mer zu erfassen, wie es um Lindbak
»Ja.« Es fiel Taffanaro unglaublich stand. Sein Stellvertreter wirkte, als
schwer, aber er rang sich dazu durch. schliefe er.
»Ich will das! Weil es mir nicht gefällt, Beide Arme hatten sich allerdings er
herumgestoßen zu werden.« schreckend verändert. Lindbak hatte sie
zu kurzen fleischigen Stummeln werden
lassen, aus denen geschuppte Tentakel
8. hervorwuchsen. Zwei dieser Tentakel
zuckten ruckartig aus der Nährlösung
Seit zwei Wachperioden lebte er mit hervor und pendelten Selexon entgegen.
der Furcht vor der Verwandlung, und er Er hatte Mühe, sich nicht angewidert
registrierte jeden noch so kurzen herumzuwerfen. Nur indem er für einen
Schmerz als plötzliches Alarmsignal. Moment seine Wahrnehmung blockierte,
Aber er blieb verschont. schaffte er es überhaupt.
Andere Tibirian Melech waren schon Selexon flüchtete sich in das Studium
zum zweiten oder dritten Mal davon be der angezeigten Biodaten. Sein Stellver
troffen worden. Sie sprachen von einem treter hatte es gerade noch geschafft,
Zwang, der in Schüben auftrat. Davon, dem Tod zu entkommen. Der Kreislauf
dass sie urplötzlich davon überrascht war inzwischen wieder einigermaßen
wurden und dann gar nicht anders konn stabil, über die Nährlösung wurden ihm
ten, als Veränderungen am eigenen Kör Aufbaustoffe verabreicht. Mit dem Ver
per vorzunehmen. such der Metamorphose hatte er sich
Es schien, als hätte Zevins schreckli stark verausgabt. Nun kam es darauf an,
cher Tod ein anderes Verständnis für die ihm so schnell wie möglich neue Kräfte
Vorgänge in ihren Körpern ausgelöst. zuzuführen, damit er die Veränderungen
Keiner wurde mehr von jähen Wuche rückgängig machen konnte.
rungen seines Körpers überrascht – sie »Du schaffst es«, murmelte Selexon.
hatten sich weiterentwickelt, hatten auf Täuschte er sich, oder huschte tatsäch
gewisse Weise gelernt, dass sie in der La lich ein zufriedenes Zucken über Lind
ge waren, diese unheimliche Metamor baks Gesicht?
phose zu steuern. Die Tibirian Melech Lärm brandete auf.
veränderten sich selbst. Jemand schrie. Andere Stimmen fie
Immer mehr schafften es, diesen Vor len ein. Offenbar wurde soeben ein wei
gang unter Kontrolle zu bringen und die teres Opfer zu den Medokammern ge
Veränderungen innerhalb kürzester Zeit bracht.
Nach der Stasis 55
Inkh Selexon musterte die sterile Um Als Inkh Selexon zu sich kam, wusste
gebung. Verwirrt fragte er sich, wo er er, dass es nun auch ihn erwischt hatte.
sich befand. Irgendetwas musste gesche »Du hattest großes Glück«, sagte je
hen sein ... aber er entsann sich nicht. Er mand neben ihm. »Die Veränderungen
wusste nicht ... Unwichtig. haben sich bereits zurückgebildet. Wie
Zögernd hob er seine Hand, spreizte alle, die es überkommt, hast du versucht,
die Finger. Er hörte sich klagende Töne möglichst viele von uns mitzureißen.«
ausstoßen, achtete aber kaum darauf. »Ich entsinne mich kaum. Wie viele
Dieses seltsame Gewebe, das seine Fin habe ich geschädigt?«
ger und die Hand bedeckte, gefiel ihm »Nur einen der Helfer, aber er erholt
nicht. Es war ... fremd, hatte nichts mit sich bereits wieder. Wir waren zum
ihm zu tun, mit seinem Körper. Aber Glück genug, um dich aufzuhalten. Das
vielleicht konnte er es loswerden. Betäubungsmittel hat dich drei Stunden
Es fiel ihm leicht, sich zu konzentrie schlafen lassen.«
ren. Er starrte seine Finger an und fühl »Was noch?« Selexon glaubte, das Zö
te ein warmes Prickeln, ein angenehmes gern seines Gegenübers zu spüren.
Gefühl, das sich schnell auch auf die »Es gab drei weitere Tote. Wir sind
Hand erstreckte und den Arm hinauflief. nur noch dreihundertundneun, und das
Diese Wärme machte es einfach, die bestimmt nicht mehr lange.«
Finger zurückzuziehen. Nacheinander Kurze Zeit später verließ Inkh Sele
kippten zwei der Stoffstreifen nach un xon das medizinische Zentrum. Ihm war
ten. Er lachte leise, es war ein wunder erschreckend deutlich geworden, dass
bares, verlockendes Gefühl, den eigenen die wenigen Überlebenden seines Volkes
Körper so zu beherrschen. Er konzen der Situation nicht mehr allein Herr
trierte sich jetzt auf den Daumen, zog werden konnten. Was immer diese
ihn zurück, versuchte, auch die Hand zwanghaften metamorphischen Verän
schrumpfen zu lassen ... derungen auslöste, sie waren auf Hilfe
Stimmen erklangen in unmittelbarer angewiesen. Aber CHEOS-TAI war der
Nähe. falsche Ort. Am schnellsten war Unter
Er spürte mehrere, die so waren wie er. stützung vielleicht noch aus der Galaxis
Er musste ihnen zeigen, was alles mög zu bekommen, in die der GESETZ-Ge
lich war, wie sie es schaffen konnten, ber eingedrungen war.
ihren Körper zu verändern. Er konzen Selexon eilte in die Lenkzentrale zu
trierte sich auf sie ... rück. Bislang hatten sich die Tibirian
Aus den Stimmen wurden Schreie. Melech nicht mit ihrer kosmischen Um
Dann trampelten Schritte heran, alles
um ihn herum geriet in Aufruhr.
Irgendetwas Schweres senkte sich auf
sein Gesicht. Er atmete heftiger, sträub
te sich gegen den unbarmherzigen Griff,
der seinen Kopf festhielt.
»Lasst mich!«, wollte er schreien, er
konnte es nicht, denn da war ein kurzer
stechender Schmerz, und von seinem
Hals aus tobte Eiseskälte durch die
Adern.
Dann kam die Müdigkeit.
*
56 HUBERT HAENSEL
»Lass ihn hier zurück!«, wandte Sele »Es ist zu spät ...«, sagte Taffanaro
xon sich an den Tibirian Melech, der den verhalten.
Pelzigen mit sich zog. »Aber nimm ihm In dem Moment verlor Selexon jede
das Armband ab.« Beherrschung. Gurgelnd stürmte er wei
Als er sich vor dem nächsten Saal ter, stieß rechts und links Servos zur Sei
noch einmal auf den Servo konzentrier te und warf sich auf Taffanaro. Selexons
te, hatte Kafarain sich zu einem zucken wütender Hieb erwischte ihn während
den Bündel zusammengerollt. Sein einer Fluchtbewegung und schmetterte
Schluchzen verklang allmählich. ihn gegen die Sensortafel.
Kurze Zeit später stürmten sie den Wieder schlug Selexon zu. Mit beiden
Kontrollraum, von dem aus der Erwe Fäusten prügelte er auf den Servo ein,
ckungsvorgang für den Thermodyn-In der nicht einmal die Arme hob, um die
genieur gesteuert wurde. Schläge abzuwehren.
Sie kamen zu spät. Selexon erkannte Inkh Selexon war wie von Sinnen. Er
das auf den ersten Blick. Er sah Taffana hörte erst auf, als der Heromet lautlos in
ro an der Sensortafel stehen, und offen sich zusammensackte.
sichtlich hatte der Heromet soeben die Selexon wandte sich den Kontrollen
entscheidende Schaltung vorgenommen. zu. Die Bioanzeigen pulsierten bereits.
Aus weit aufgerissenen Augen starrte Die Erweckung hatte nicht nur begon
der TAI-Servo den hereinstürmenden nen, vielmehr waren das schon die ers
Tibirian Melech entgegen. ten Zeichen erwachenden Lebens.
Auch die anderen Servos standen da Kein Zeifel: Der Thermodyn-Inge
wie gelähmt. Offensichtlich hatten sie in nieur würde aus der Stasis aufwachen.
keinem Moment damit gerechnet, über Ob wirklich lebensfähig oder nur für
rascht zu werden. Schuldbewusst blick wenige Atemzüge, um dann ebenso zu
ten sie zu Boden. Ihnen musste klar sein, sterben wie viele Tibirian Melech, hätte
dass sie ihre Herren verraten hatten.
58 HUBERT HAENSEL
in dem Moment noch niemand zu sagen für alle Zeit. Eregitha Math Gaum lebte
vermocht. Aber wenn Eregitha Math nicht mehr.
Gaum zäh genug war, um am Leben zu Du wirst nie wieder Tibirian Melech
bleiben ... Inkh Selexon musste sich in den Tod treiben! Inkh Selexon schau
nicht erst die Frage stellen, wie die Kon derte. Aber nicht der Anblick des Toten
sequenzen aussehen würden. Er wusste verursachte dieses Schaudern. Es be
es. Die Tibirian Melech hatten CHEOS gleitete jenes unheilvolle Ziehen und
TAI an sich gebracht, und das würde der Zerren in seiner Magengegend, das ihn
Ingenieur sehr schnell herausfinden. Das erschreckend intensiv daran erinnerte,
war gleichbedeutend mit einem Todes dass er selbst den Thermodyn-Ingenieur
urteil. vielleicht nur um kurze Zeit überleben
Inkh Selexon zögerte nur einen flüch würde ...
tigen Moment. Er hatte sich längst zu
weit vorgewagt, er durfte nicht zulassen, *
dass der Erweckungsvorgang abge
schlossen wurde. Seit zehn Stunden herrschte Ruhe in
Ruhig, als wäre nichts geschehen, ließ CHEOS-TAI.
er das Zugangsschott des Saales aufglei Inkh Selexon hatte den Stasissaal
ten. Noch war Zeit, nichts zu überstür schnell verlassen, die Lenkzentrale auf
zen. gesucht und sich seither nicht mehr fort
Er kam rechtzeitig, um die ersten bewegt. Er beobachtete die Hologram
Zuckungen des erwachenden Ingenieurs me, die in üppiger Fülle die fremden
zu beobachten. Prüfend sog er den Atem Sterne zeigten, und wartete.
ein, verharrte vorübergehend in leicht Erst als sich die Servos meldeten, die
gebeugter Haltung. Es roch nicht nach in Barmand-Sternborn Ausschau hiel
verdorbenem Gewebe, sondern nach Le ten, kam wieder Leben in seinen ausge
bendigkeit. mergelt wirkenden Leib.
Nachdenklich taxierte Selexon das »Wir haben dem Funkverkehr des An
Gesicht des Ingenieurs, den bläulichen, tikrieger-Bundes die Koordinaten eines
muskulösen Oberkörper. Das also war Sonnensystems entnommen. Im Vaka
Eregitha Math Gaum, der Mann, der das cool-System, heißt es, seien besonders
Schicksal der ungezählten Toten in den fähige Genetiker zu finden.«
Stasissälen verantworten musste. Der Selexon gab den Befehl, genau jenes
Millionen Besatzungsmitglieder in den Sonnensystem anzufliegen.
Stasisschlaf geschickt hatte, aus dem sie
nie wieder erwacht waren.
Rein mechanisch machte Selexon ei Epilog
nen Schritt nach vorne. Seine Hüfte
stieß gegen die Liege, und als wäre dies »Wir folgen Selexon und den Hero
der letzte entscheidende Impuls gewe met!« Oft hatte dieser so leicht dahinge
sen, streckte er beide Arme aus. sagte Satz in den letzten Tagen in ihr
Seine Finger tasteten nach dem Hals nachgeklungen und Mondra Diamond
des Erwachenden, und dann schlossen mit Nachdruck daran erinnert, wie gi
sie sich mit unwiderstehlicher Gewalt. gantisch der GESETZ-Geber wirklich
In dem Moment reduzierte sich Inkh war. Nicht einmal die Teleporter hatten
Selexons Wahrnehmung nur noch auf es fertiggebracht, den Gegnern über
seine Hände. Da war ein Aufbäumen, mehr als einen oder zwei Kilometer hin
ein schwaches, kaum wahrnehmbares weg zu folgen.
Zucken, dann war es vorbei. Dieses Mal Mondra blickte aus dem Schutz zwei
Nach der Stasis 59
er hoch aufragender Pflanzen über das harrte. »Wir brauchen Zugang zu den
weitläufige Biotop hinweg, das sich vor wichtigsten Antigravschächten und zu-
ihr öffnete. Eine kleine Stadt der Hero- gleich die Nähe zu Selexon und den an
met erstreckte sich über mehrere Säle, deren.«
und sie lag bereits im inneren Kernbe- »Nichts hat sich verändert«, antwor
reich von CHEOS-TAI, kaum mehr als tete Pothawk leise. »Unser Ziel ist es,
achtzehn Kilometer über der Zentrale- CHEOS-TAI unter unsere Kontrolle zu
sektion. bringen.«
»Machen wir uns auf die Suche nach »Und wir werden das schaffen«, be
einem brauchbaren Unterschlupf.« stätigte die Terranerin. »Außerdem will
Mondra wandte sich an den Laosoor, der ich endlich wissen, was mit der JULES
mit bebenden Flanken neben ihr ver- VERNE geschehen ist – und mit Perry.«
ENDE
Die Lage an Bord von CHEOS-TAI entwickelt sich für keine der Parteien gut: Die
Terraner und Laosoor müssen fürchten, bald entdeckt zu werden, und den Tibiri
an Melech droht ein qualvoller Tod.
Mondra Diamond sorgt sich zudem um Perry Rhodan. Was der unsterbliche Ter
raner erlebt, schildert in der kommenden Woche Michael Marcus Thurner in Band
2466, der unter folgendem Titel im Zeitschriftenhandel erscheint:
PERRY RHODAN – Erbe des Universums – erscheint wöchentlich in der Pabel-Moewig Verlag KG, 76437 Rastatt. Internet:
www.vpm.de. Chefredaktion: Klaus N. Frick, Postfach 2352, 76413 Rastatt. Titelillustration: Swen Papenbrock. Innenillustration:
Swen Papenbrock. Druck: VPM Druck KG, 76437 Rastatt, www.vpm-druck.de. Vertrieb: VU Verlagsunion KG, 65396 Walluf,
Postfach 5707, 65047 Wiesbaden, Tel.: 06123/620-0. Marketing: Klaus Bollhöfener. Anzeigenleitung: Pabel-Moewig Verlag KG,
76437 Rastatt. Anzeigenleiter und verantwortlich: Rainer Groß. Zurzeit gilt Anzeigenpreisliste Nr. 33. Unsere Romanserien
dürfen in Leihbüchereien nicht verliehen und nicht zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden; der Wiederverkauf
ist verboten. Alleinvertrieb und Auslieferung in Österreich: Pressegroßvertrieb Salzburg Gesellschaft m.b.H., Niederalm 300,
A-5081 Anif. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie gewerbsmäßige Weiterverbreitung in Lesezirkeln nur mit vorheriger Zustim
mung des Verlages. Für unverlangte Manuskriptsendungen wird keine Gewähr übernommen.
Printed in Germany. Oktober 2008.
Internet: http://www.Perry-Rhodan.net und E-Mail: mail@Perry-Rhodan.net
seit neuestem gibt es PERRY RHODAN auch wieder auf Mein Tipp wäre, dass ARCHETIMS Korpus in der Sonne
Italienisch. Bereits in den späten 70er Jahren er eine Rolle spielt, und zwar mit Hilfe von Myles Kantor.
schien die Serie in einer italienischen Ausgabe. Leider Liebe Grüße an das ganze Autorenteam, es soll nur
war sie damals nicht sehr erfolgreich und wurde bald so weitermachen (ungefähr die nächsten 70 bis 90
wieder eingestellt. Jahre).
Einen erneuten Versuch unternimmt jetzt der italie
nische Verlag »Armenia«. Das in Mailand ansässige Dem Wunsch nach den nächsten 70 bis 90 Jahren
Unternehmen startet allerdings nicht mit den Heftro entsprechen wir gern, sofern es sich personell ma
manen, sondern bringt die Taschenbuch-Reihe »Le chen lässt. Es bleibt zu hoffen, dass weder die Auto
muria« in großformatigen Paperbacks heraus. ren noch die Leser aussterben.
Als erstes Paperback wurde dieser Tage Frank Borschs Die Grüße haben wir ausgerichtet.
Roman »Die Sternenarche« publiziert. Der italienische
Titel lautet: »L’arca delle stelle«; bestellt werden Jürgen Friedrich, hjfriedrich@freenet.de
kann übrigens direkt beim Verlag »Gruppo Editoriale Nach meinem ersten Leserbrief vor zirka sechs Mona
Armenia«, Via Valtellina, 63, 20159 Milano, Telefon: ten muss ich mich als Altleser der Serie erneut zu Wort
0039 (0)2 683911 – Fax: 0039 (0)2 6684884, Inter melden. Zunächst einmal ein Dank an euch. Die Serie
net-Seite: www.armenia.it. (Stand: Band Nummer 2457) ist super, zu jeder Zeit
spannend.
In der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wol Nach den Ereignissen auf Evolux nun meine Spekula
fenbüttel findet im Dezember wieder ein Schreibsemi tionen zum weiteren Verlauf des Zyklus: Terraner und
nar statt, diesmal zum Thema »SF-Kurzgeschichten«. Verbündete lernen, die in der JULES VERNE durch die
Mehr dazu findet ihr am Ende dieser LKS. Metaläufer und Yakonto durchgeführten technischen
Den Reigen eurer Zuschriften beginne ich diesmal mit Veränderungen zu verstehen, anzuwenden und auch
einem Tauschgesuch. nachzubauen. Diese technischen Erkenntnisse
schwächen die Auswirkungen der erhöhten Hyperim
Klaus Liebenau, Clara-Zetkin-Weg 67, 16225 Ebers pedanz ab. Außerdem werden die Waffen der Terraner
walde effizienter und somit für TRAITOR gefährlicher.
Mir fehlen die Hefte 1700 bis 1799. Als Rentner würde Mit Hilfe einer großen Anzahl von auf die neue Technik
ich diese Romane gern noch lesen. umgerüsteten Raumschiffen sowie der JULES VERNE,
Welcher Leser bietet diese Bände im Tausch gegen die dem GESETZ-Geber CHEOS-TAI, dem Nukleus und dem
Hefte 1000 bis 1199? in der Sonne versteckten n-dimensionale strahlenden
Korpus der toten Superintelligenz ARCHETIM gelingt
Aus nah und fern
es, die Galaxis Hangay zu erreichen.
Gerti Führer, City-Hall-LD@GMX.at Dank der in Hangay operierenden Raumschiffe SOL
Seit über 20 Jahren bin ich eine mehr oder manchmal und JULES VERNE mit dem Rechner ESCHER an Bord
auch etwas weniger begeisterte Leserin von PERRY kann für die Flotte der Galaktiker der äußere Grenzwall
RHODAN. Es gab auch schon mal den einen oder ande geöffnet werden und somit auch der Zugang für die
ren Zyklus, der mir nicht so gut gefallen hat, aber Kosmischen Messenger.
trotzdem hat mich PR immer begleitet. Es gelingt auch, den inneren Grenzwall zu destabili
Der aktuelle Zyklus übertrifft meine größten Erwar sieren. Damit wird das Entstehen einer Negasphäre in
tungen bei weitem. Super! Oder wie Mister Spock sa letzter Sekunde verhindert, und das nächste Abenteu
gen würde: Faszinierend! er kann kommen.
Da ihr uns bis zum letzten Roman des Zyklus im Dun
keln tappen lasst, wer oder wie die Negasphäre be In der aktuellen Handlung geht es unter anderem um
siegt wird, ist eine Spekulation schon beinahe hinfäl die Frage, wie die neue Technik in der JULES VERNE
lig. Es kommt immer anders, als wir denken. Und das funktioniert und wie man sie beherrschen kann. Bis
ist auch ganz gut so. Wo bliebe denn sonst die Span her fehlt noch jede praktische Erfahrung damit.
nung? Andeutungen zur Handlung mache ich besser keine.
Dass es nicht einfach seinn wird, in die Milchstraße Die beiden Romantitel in Gelb: Dadurch wird auch op
zu fliegen, das ist inzwischen klar. tisch dokumentiert, dass die beiden Romane zusam
mengehören (Doppelband). Gelb ist zudem ein bes
Uwe Hammerschmidt serer Blickfang als Rot oder Grün. Davon abgesehen
Da ich seit dem 1. April 2008 in Shanghai tätig bin, lag hätte sich Rot aber auch gutgemacht.
es nahe, meinen Urlaub diesmal mit meinen Töchtern
zusammen entlang des chinesischen Teils der Sei Gerhard Schäffer, gecko1@web.de
denstraße zu verbringen (mit PERRY RHODAN-Action Meine Freude über den Roman 2458 von Leo habe ich
2 bis 5 im Reisegepäck). schon im Forum ausgedrückt; ich fand ihn spitze.
Unser Weg führte uns an den Südrand der Gobi. Rate Früher hatte ich öfter Schwierigkeiten mit dem Humor
mal, welche Fantasien das in mir weckte? Und zwi von Leo, aber nachdem ich verschiedene Sachen auf
schen Kashgar und Tashjurkan kam mir immer mal »Youtube« und auf der »Schwinge-von-Raffat«, dem
wieder der Versprecher »Taschkar« über die Lippen »Lausigen Historiker« etc. gehört habe, bin ich vollauf
(bin damals bei Band 427 in die Erstauflage eingestie begeistert.
gen). Was anderes: Viele können sich im Forum nicht mit
der Konzeption des Duals anfreunden, besonders der
Dir und deiner Familie alles Gute in Asien und ein Dan Dual Dantyren regt auf. Ich hingegen finde gerade die
keschön für die schöne Ansichtskarte. Solltest du in Konzeption der Duale eines der gelungensten Ele
der Gobi mal einen Kugelraumer landen sehen, dann mente seit dem Simusense und halte sie auch für
denke dir nichts dabei. Die üben noch. ausbaufähig.
Von daher nimm es mir nicht übel, wenn ich zu dem
Benjamin Krause, benny0908@web.de Gedankengang kam, wie ein Dual Leo/Jürgen Becker
Nach neun Jahren Abstinenz habe ich mich nach lan oder Leo/Schmickler oder Leo/Georg Schramm PERRY
gem Hin und Her dazu entschlossen, erneut in die RHODAN-Romane schreiben würde.
Erstauflage einzusteigen. Damals war ich 13. Mein Schade nur, dass Leo in dem Hörbuch nicht die Zwie
erster Roman war Band 1914 »Schmelztiegel Kris gespräche des Duals spricht. Vielleicht gibt es ja dazu
tan«, mein letzter der Band 1953 »Kampf um Zoh mal eine Sonderedition. Schon im Roman kommt der
phengorn«. Humor von Leo gut rüber. Wie lustig muss es erst sein,
Seither habe ich mich PR aber nie so richtig entfrem wenn er mit seinem Akzent den Dual gibt.
det. So las ich die »Odyssee« und »Andromeda«-Ta Mein Weihnachtswunsch wäre jedenfalls so eine Edi
schenbücher sowie die Planetenromane 1 bis 30. tion.
Jedenfalls packte mich das PR-Fieber wieder, und ich
stieg mit »Operation Kobaltblau« wieder ein, bestellte Für diese Weihnachten kommt der Wunsch vermut
die vorhergehenden Hefte zurück bis »Evolux«, damit lich zu spät. Eine solche Produktion muss vorbereitet
ich bei einer runden Zahl anfange. sein und dauert Monate. Die Tonstudios sind meist
Ohne große Probleme habe ich mich in die Story rein lange im Voraus ausgebucht.
gefunden und muss sagen, es fasziniert mich wie eh Duale: Ihre wichtigste Funktion wird oft übersehen.
und je. Großes Lob dafür! Ich bin auf jeden neuen Ro Neben den Kolonnen-Motivatoren ist es die Aufgabe
man gespannt wie ein Flitzebogen. der Duale, an vorderster Front ihre Truppen zusam
Doch ich muss auch ein wenig Kritik üben, was die menzuhalten. Die Ganschkaren, Mor’Daer und andere
Gestaltung des Covers angeht. Wo sind die Untertitel laufen ja nicht alle mit einer Kralle des Laboraten her
geblieben, die jeden Romantitel normalerweise um.
zierten? Man kann auch nicht wahllos zwei halbe Wesen zu
Des Weiteren fällt mir auf, dass Gelb anscheinend die sammenkleben. Bei dieser Synthese muss Endogene
beliebteste Farbe zu sein scheint, die für den Schrift Qual dabei herauskommen.
zug des Titels gewählt wird. Auf dem Cover zu »Dan
tyrens Rückkehr« hätte es zur Abwechslung auch ein Peter Scharle
schönes Feuerrot getan. Die aktuelle Handlung gefällt mir sehr gut, und ich bin
gespannt, wie ihr den Bogen bekommen wollt, aus der
Welcome back! Die Untertitel sind in der Zwischen Vergangenheit zurückzukommen und diese »ewige«
zeit von der Titelseite auf die Seite 3 gewandert. Seit Gefahr durch TRAITOR auszuschalten.
auf den Umschlägen auch noch der Barkode mit Dass TRAITOR ausgeschaltet wird, davon gehe ich mal
drauf muss, waren die Titelbilder mit Textblöcken aus. Vielleicht könnt ihr ES gleich mit entsorgen und so
deutlich überfrachtet. Daher die Verlagerung der Un Platz für eine neue Superintelligenz (Nukleus) machen.
tertitel. ES zu entsorgen, wäre doch mal ein Knaller, oder?
Was den Bogen aus der Vergangenheit angeht, so Kurzgeschichte. Es findet vom 12. bis 14. Dezember
weißt du inzwischen, wie wir das geschafft haben. 2008 statt; die Dozenten sind der Schriftsteller Hans-
Was TRAITOR angeht, vertrösten wir dich noch min Joachim Alpers und der PERRY RHODAN-Chefredak
destens 30 Bände. Ob nach ES was Besseres nach teur Klaus N. Frick.
kommt? Ich weiß nicht ... Das Seminar kostet 160 Euro, in denen die Gebühren
für Übernachtung und Verpflegung enthalten sind;
Gregor Lorkowski hinzu kommen fünf Euro für einen Reader. Informati
Der neue Zyklus seit Band 2400 ist weiterhin besser onen zum Thema:
als der vorherige. Vor allem Band Nummer 2437 war Auch wenn im Begriff »Science Fiction« die »Sci
herausragend gut. Die beiden Romane 2438 und 2439 ence«, also die Wissenschaft, enthalten ist, handelt
fand ich nicht so interessant, vor allem die Idee mit es sich doch nicht um wissenschaftliche Lektüre. Es
der Evakuierung der Menschheit. Allerdings bieten die ist keine besondere Spielart der Soziologie oder der
ausgewanderten Terraner einen neuen Schauplatz für Physik, in der es darum geht, eine möglichst korrekte
die Handlung. Voraussicht auf die Zukunft zu geben. Wissenschaft
ESCHER erinnert mich immer an den Bordcomputer liche Grundlagen sollten stimmen, sind aber beispiels
HAL in dem Film »Odyssee 2001 im Weltraum«. weise bei einer Science-Fiction-Kurzgeschichte nicht
Mondra Diamond und Perry solltet ihr nicht wieder zu das Maß aller Dinge: Wo in den 50er Jahren originelle
einem Liebespaar machen. Das würde nur die Span Erfindungen im Zentrum standen, sind es heute fan
nung, die derzeit in der Beziehung liegt, töten. tasiereiche Einzelideen.
Moderne Science Fiction ist häufig ein Spiel mit den
Da ist was dran. Möglichkeiten, bei dem visionäre Entwürfe oder weit
Stardust-System: Abwarten! Inzwischen ist ja ein PER gespannte Gedanken sehr wohl enthalten sein
RY RHODAN-Extra zum Thema erschienen. können. Texte dieser Art haben aber nicht vor, eine
Weltsicht par excellence zu liefern. Vor allem in der
PERRY RHODAN meets »Mark Brandis«
Kurzgeschichte können Autoren stattdessen ihre
Stellt euch folgende Szenerie vor: Shyreen McLane Fähigkeiten erproben und fantastische Welten in we
schaltet aus Versehen den Pralitz’schen Wandeltaster nigen Zügen skizzieren; der »fantastische« Aspekt
ein, Mark Brandis fällt durch einen Raum-/Zeittunnel spielt eine Rolle, kann aber nicht ohne den litera
und landet in einer Bar, dem »Old Rocketman« un rischen Anteil existieren.
seres Rasenden Reporters Robert Vogel alias Trebor In diesem Seminar sollen Autorinnen und Autoren
Legov. Dort trifft Brandis den ebenso überraschten anhand eigener und fremder Texte erkennen, wie
Perry Rhodan, und für einen kurzen Moment haben sich fantastische Szenerien erbauen lassen, die auch
diese beiden Helden des Universums die Möglichkeit, einer kritischen Lektüre standhalten. Die Autorinnen
sich bei einem Drink kennen zu lernen und Erinne und Autoren erhalten Einblicke in das Geschäft der
rungen an vergangene Abenteuer und Mitstreiter aus Science-Fiction-Verlage und wertvolle Hinweise dar
zutauschen. auf, wo sie ihre Texte anbieten können. In Schreib
Möglich wird dieses knapp zehnminütige Hörspiel übungen und Workshops werden bereits vorhandene
durch die Kooperation aller Beteiligten, insbesondere Kenntnisse vertieft sowie Arbeitstechniken er
die der beiden Sprecher Volker Lechtenbrink und Mi probt.
chael Lott, des Pabel-Moewig Verlags, der beiden Hör
Schlusswort
buchverlage »Lübbe Audio« und »steinbach spre
chende bücher« sowie der Hörspielproduzenten Andreas Walczynski-Behns
»STIL« und »Interplanar«, die ihren Teil zu diesem Seit den 500er-Bänden bin ich begeisterter Leser der
überirdischen Treffen der beiden Weltraumveteranen PERRY RHODAN-Serie. Natürlich habe ich im Lauf der
beigetragen haben. Jahre auch die Bände davor genossen. Außerdem lese
Erscheinen soll das Ganze im Frühjahr 2009. Über das ich die Silberbände, um so wieder in die früheren
Wie und Wo halten wir euch auf dem Laufenden. Zeiten des PR-Kosmos eintauchen zu können. Ein Lob
für die großartige Arbeit, die vom Autorenteam über
Science-Fiction-Seminar in Wolfenbüttel
Jahre hinweg erbracht wurde, erübrigt sich. Allein
Unter dem Titel »Alles ganz fantastisch!« veranstaltet meine Lesertreue soll dafür sprechen. Kritik negativer
die Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfen Art würde ich mir niemals erlauben, denn ich weiß, wie
büttel wieder einmal ein Seminar zur Science-Fiction hart die Arbeit an einem Werk ist.
Die Grafik der Woche
STARDUST I und GOOD HOPE
Modell mit Landschaft und See
von Marco Scheloske, Technomania@gmx.de
Zu den Sternen!
Euer Arndt Ellmer
VPM
Postfach 2352
76413 Rastatt
mail@Perry-Rhodan.net