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2022/10/1 10:46 Das Krankheitsmotiv in der Lyrik des Andreas Gryphius — Allemand

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Lyrik des Andreas 
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Par Ferdinand Schlie : Elève - ENS de Lyon
Publié par Marie Laure Durand le 07/05/2012 登录或注册
Les métaphores exprimant la vanité de l’existence parcourent la littérature baroque et
la poésie d’Andreas Gryphius. L’article se concentre sur le thème de la maladie comme
expérience de la peur et de la vulnérabilité du corps dans deux sonnets d’Andreas
Gryphius, et s’interroge sur l’intention qui sous-tend la description de l’existence
comme parcours éprouvant et douloureux.

Sommaire

1. Einleitung
1. Problemstellung
2. Textgeschichte
3. Sprechsituation und Titel
2. I. Schilderung der Krankheit
1. 1. Das erste Quartett
2. 2. Das zweite Quartett
3. II. Der anthropologische Aussagegehalt der Krankheit
1. 1. Sonett IX: Makrokosmischer Vergleich und Sterbeakt
2. 2. Sonett XLV: Häufung und Antithetik
4. III. Die Intention der Sonette
5. Abschließende Bemerkung
6. Literaturverzeichnis

Andreas Gryphius, Kupferstich von Philipp Kilian, 17. Jahrhundert


Quelle: wikipedia

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2022/10/1 10:46 Das Krankheitsmotiv in der Lyrik des Andreas Gryphius — Allemand

„Ich bin nicht, der ich war“


Zur Bedeutung des Krankheitsmotivs in der Lyrik des Andreas Gryphius am Beispiel
der zwei Sonette „Tränen in schwerer Krankheit“登录到编辑器

Diese Hausarbeit wurde im Rahmen des Hauptseminars若要在大多数网站上获取写作建议,请登录到你


Lyrik in der Epoche des „Barock“
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unter der Leitung von Prof. Dr. Wilhelm Kühlmann an der Ruprecht-Karls-Universität
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Heidelberg im Wintersemester 2010/2011 geschrieben.

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Einleitung
Problemstellung

„Es ist alles ganz eitel“ (Die Bibel, 2009, Prediger 12:8) – in keiner Epoche hat dieses
Bibelzitat wohl eine so gewaltige Wirkung entfaltet wie im 17. Jahrhundert. In Dichtung und
bildender Kunst häufen sich die Bemühungen, die Hinfälligkeit und Nichtigkeit alles Irdischen
durch eine Vielzahl von Metaphern und Vergleichen besonders eindrücklich darzustellen. Die
bald zerplatzte Seifenblase, die schnell verblühte Rose und die erloschene Kerze
werden zu Sinnbildern der ‚Eitelkeit’ des menschlichen Lebens und verschaffen jenem
Teil der christlichen Lehre, der die Vergänglichkeit der irdischen Güter dem Ewigen
gegenüberstellt, besondere Geltung.
Die „Sonnete“ des Andreas Gryphius gehören zweifellos zu den bekanntesten Beispielen der
‚Vanitas-Dichtung’. Es finden sich hier zahlreiche Gedichte, die nicht nur die Thematik der
‚Eitelkeit’ umkreisen, sondern auch die in den Werken der Zeit oft mit ihr
zusammenhängenden sprachlichen und metaphorischen Mittel wirkungsvoll einsetzen.
Gryphius versteht es dabei nicht nur, die Kürze des menschlichen Lebens durch zahlreiche
Sinnbilder zu evozieren (vgl. Fricke 1933; Jöns 1966), sondern auch, in seinen Gedichten das
Augenmerk des Lesers auf solche Situationen zu richten, welche die Hinfälligkeit und die
damit verbundenen Ängste, Nöte und Qualen besonders deutlich hervortreten lassen. Der
Krieg bringt Zerstörung, Tod und Verlust der irdischen Anhaltspunkte mit sich (vgl. das Sonett
„Threnen des Vatterlandes“ in Gryphius 1963, S. 48) ; in der Einsamkeit richten sich die
Gedanken des meditierenden Ichs auf die Zeitlichkeit, der alles, was es umringt, unterworfen
ist (vgl. das Sonett „Einsambkeit, a. a. O., S. 68); in schwerer Krankheit wird der Mensch
unmittelbar mit dem eigenen Lebensende konfrontiert.
Das Krankheitsmotiv scheint für Gryphius zur Behandlung der Vanitasthematik scheinbar
besonders geeignet gewesen zu sein: Man trifft es im „Ersten Buch“ der Sonette von 1643
nicht weniger als fünfmal an. Die Titel dieser fünf Sonette zeigen – bei aller thematischen
Gemeinsamkeit – an, auf welchen Punkt Gryphius jeweils besonderes Gewicht gelegt hat. In
„An die Freunde“ (a. a. O., S. 54 f.) sowie in „An die umbstehenden Freunde“ (a. a. O., – S.
60) wird die soziale Dimension, das Abschiednehmen des lyrischen Ichs von seinen ihm
beistehenden Weggefährten in den Vordergrund gerückt; in „An sich selbst“ (a. a. O., S. 61)
steht die Selbstbeobachtung und -aussprache des hilfsbedürftigen, von den Ärzten
verlassenen Ichs im Mittelpunkt; in „Threnen in schwerer kranckheit“ (Sonett IX, a. a.
O., S. 34) bzw. „Threnen in Schwerer Kranckheitt“ (Sonett XLV, a. a. O., S. 59) werden
insbesondere die Angst des Ichs und sein körperlicher Verfall geschildert.
Dass Gryphius das Thema ‚Krankheit’ verschiedentlich variiert hat, wirft die Frage auf, worin
der besondere Reiz dieses Motivs für den Dichter lag und welcher Platz ihm in Gryphius’
lyrischer Produktion zuzuweisen ist. Anhand der zwei zuletzt genannten Sonette soll in der
vorliegenden Arbeit der Bedeutung des Krankheitsmotivs in der Lyrik des Andreas Gryphius
nachgegangen werden. Die Darstellung des kranken Menschen als ‚Sonderfall’ der
Vanitasdichtung soll anhand von drei Fragen untersucht werden, die nacheinander behandelt
werden: Inwiefern ist das Thema ‚Krankheit’ dazu geeignet, dem Leser die Hinfälligkeit des
menschlichen Körpers besonders eindrucksvoll vor Augen zu führen? Was genau sagt die
Krankheit über das Wesen des Menschen aus, und wie gestaltet Gryphius diese
anthropologische Aussage? Welche Deutungsmuster sollen bei der Frage nach der ‚Intention’

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dieser Gedichte angewandt, welcher Standpunkt soll bei der Interpretation der Gedichte
eingenommen werden: ein rein ästhetischer, ein religiöser oder gar ein politisch-sozialer?
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Textgeschichte
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Zur näheren Bestimmung der Textgrundlage sind zunächst einige Anmerkungen Office
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Druckgeschichte sowie zu den verschiedenen Fassungen der zwei Gedichte
vorauszuschicken (vgl. Gryphius 1963, S. XII ff.).
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Eine frühe Fassung des Sonnets IX erschien unter dem Titel „Trawrklage des Autoris / in sehr
schwerer Kranckheit. A. MDCXXXVI Mense Febr.“ (a. a. O., S. 8) in der 1637 in Lissa
gedruckten Sammlung „Sonnete“. In überarbeiteter Form erschien das Gedicht anschließend
unter neuem Titel in der 1643 in Leiden gedruckten Sammlung „Sonnete. Das erste Buch“, in
der auch das Gedicht „Threnen in Schwerer Kranckheitt“ (Sonett XLV) erstmals erschien. In
beiden Gedichten gebraucht Gryphius den Alexandriner und den durchgehenden,
regelmäßigen Jambus. Insgesamt wurden beide Sonette nach 1643 zu Gryphius’ Lebzeiten
in sechs weiteren Sammlungen gedruckt, wobei in drei von diesen Sammlungen bei beiden
Sonetten zumeist leichte, in einigen Fällen aber größere Abweichungen von der 1643
publizierten Fassung auffallen. Im Folgenden sollen die von Gryphius vorgenommenen
Änderungen in den Kommentar mit einbezogen werden; als Grundlage dient jedoch die
Ausgabe letzter Hand, die 1663, ein Jahr vor dem Tod des Dichters, erschien.

Sprechsituation und Titel

Vor der eigentlichen Analyse der beiden Sonette ist noch eines festzuhalten: Gemeinsam ist
den Gedichten nicht nur das Thema und der Titel, sondern auch die Sprechsituation. In
beiden Sonetten äußert sich ein „Ich“ über den eigenen körperlichen und seelischen
Zustand, was die Frage nach dem eventuell autobiographischen Charakter der Texte
aufwirft. Verschiedene Interpreten – darunter Hermann Palm (vgl. Gryphius 1884) und Erich
Trunz (vgl. Trunz 1956) – sind von einem biographischen Bezug der Texte ausgegangen,
wobei sie nicht zuletzt auf die Datumsangabe hingewiesen haben, die im Titel der „Trawrklage
des Autoris“ enthalten war.
In der jüngeren Forschung warnt Wolfram Mauser davor, bei der Deutung des Gedichts von
einem biographischen Bezug auszugehen (vgl. Mauser 1976, S. 134 ff.): Entscheidend sei
nicht die – letztlich anekdotische und belanglose – ‚reale’ Erkrankung des Dichters, sondern
die „Formulierung eines Themas von allgemeinem Interesse“ (a. a. O., S. 134), die der
Dichter anhand der Schilderung einer Krankheit in seinem Text vornehme – ob dieser nun auf
einer authentischen Erfahrung beruhe oder nicht. Das sprechende „Ich“ ist somit nicht in
erster Linie das Ich des Dichters, sondern eine exemplarische Verkörperung „des
angefochtenen Menschen“ (Mauser 1988, S. 223); es tritt als Beispiel für die Bedeutung
des Allgemeinen in den ‚Dienst der Sache’, in diesem Fall der Frage nach dem eigentlichen
Wesen des Menschen, das in der Krankheit besonders eindeutig zutage tritt. So ist es kein
Zufall, wenn Gryphius bei der Überarbeitung der „Trawrklage des Autoris / in sehr schwerer
Kranckheit“ auch den Titel entscheidend geändert hat: Zu sehr ins Biographische zielende
Elemente wie die Formulierung „des Autoris“ und die Zeitangabe wurden getilgt.
Unter diesem Gesichtspunkt ist nun der endgültige Titel der beiden Sonette kurz zu
kommentieren. Der Begriff „Threnen“ darf nicht als Ankündigung eines emotionsgeladenen
Bekenntnisgedichtes, in dessen Mitte das leidende Individuum steht, missverstanden werden;
wie schon im Gedicht „Threnen des Vatterlandes“ fungiert er vielmehr als Affektindikator, als
sprachliches Korrelat von Zuständen wie tiefer Ergriffenheit und Erschütterung. Dieses Wort,
das insbesondere in der religiösen Poesie zum Inbegriff des menschlichen Lebens im Zeichen
des gekreuzigten Heilands wurde (vgl. Mauser 1976, S. 147), signalisiert, dass die in diesem
Gedicht beschriebenen Nöte und Qualen das menschliche Leiden schlechthin meinen, nicht
etwa die besonderen Schmerzen des Einzelnen. Behandelt wird das Thema ‚Krankheit und
Schmerzen’ in Form einer Klage – dies jedenfalls lässt die Ähnlichkeit des Wortes „Threne“

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zum griechischen „thrénos“ vorausahnen, das soviel wie „Klagelied“ bzw. „Grabgesang“
bedeutet.
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Ursache der vom Ich durchlittenen Schmerzen ist schwere Krankheit, wobei auch hier für den

neuzeitlichen Leser die Gefahr besteht, das Gedicht若要在大多数网站上获取写作建议,请登录到你
als bloße Verarbeitung von Erlebtem zu
deuten. Zu bedenken ist hier, dass Krankheit im 17. Jahrhundert zwar eine
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allgegenwärtige und für den Einzelnen kaum zu umgehende Erfahrung darstellte, aber
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auch als Thema der Literatur in ganz Europa verbreitet war und in einer Tradition stand,
deren Ursprünge im Renaissancehumanismus zu suchen sind (vgl. Kühlmann 1992). Es
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entstand in dieser Zeit ein regelrechter „Gedichttypus mit der topischen Überschrift De se
aegrotante“ (a. a. O., S. 3), in dem sich „ein dichtendes Ich mit dem – wie auch immer
authentischen – Erlebnis seiner Erkrankung und des körperlichen Leidens“ (ebd.)
auseinandersetzte. Der im Titel vorhandene Begriff „Kranckheit“ ist somit keineswegs als
Ankündigung von Erlebnislyrik zu deuten, sondern vielmehr als Hinweis darauf, dass hier ein
bestimmtes, in jener Zeit vielfältig bearbeitetes Thema ‚durchgeführt’ wird (vgl. Trunz 1956, S.
74). Eben nach der Art und den Mitteln der ‚Durchführung’ soll nun in den ersten beiden
Teilen dieser Arbeit gefragt werden.

I. Schilderung der Krankheit


In beiden Sonetten stehen die Quartette im Zeichen der eindrucksvollen, drastischen
Schilderung des Siechtums.

1. Das erste Quartett

Auffallend ist zunächst, dass beide Gedichte mit einer Aussage beginnen, die auf den – durch
die Krankheit bedingten – Verlust der „inneren Sicherheit“ und „Orientierungsfähigkeit“
(Mauser 1988, S. 226) hinweisen. „Ich bin nicht / der ich war“, heißt es im ersten
Halbvers des Sonettes IX; das lyrische Ich stellt der gesunden Vergangenheit die durch
Schmerz und Schwäche gekennzeichnete Gegenwart gegenüber und stellt an sich
selbst eine tiefgreifende Veränderung fest, die im vierten Vers in der Erfahrung der
Selbstentfremdung gipfelt: „Ich werde von mir selbst nicht mehr in mir gefunden“. Die
Krankheit hat den Körper des lyrischen Ichs dermaßen entstellt, dass es sich selbst nicht
wiedererkennt; in Zeiten der Krankheit bricht die körperliche Hülle als identitätsstiftender,
fester Bezugspunkt weg. Die Steigerung, die sich im Übergang vom ersten Halbvers zum
vierten Vers vollzieht, fehlt in der ersten Fassung des Gedichtes; Gryphius hat sie wohl
hinzugefügt, um die Orientierungslosigkeit des Ichs eindrücklicher zu gestalten.
Das Sonett XLV hebt mit einer Aussage an, die in die gleiche Richtung zielt: „Mir ist ich weis
nicht wie“. Hier ist es die Unfähigkeit des lyrischen Ichs, seinen Zustand klar zu erkennen und
zu benennen, die auf Desorientierung und Verlust der bisherigen Anhaltspunkte hinweist.
Kündigten die beiden ersten Halbverse der Sonette gleichsam den Grundgedanken des
Gedichtes an, so wird dieser in den folgenden Versen durch Beispiele, also durch Nennung
der verschiedenen Krankheitssymptome, veranschaulicht. Unter Rückgriff auf einen in der
Literatur des 17. Jahrhunderts fest etablierten Fundus an topischen
Krankheitssymptomen (vgl. Mauser 1976, S. 145) wird nun der Vorgang des physischen
Verfalls mit „physiologischer Genauigkeit“ (a. a. O., S. 139) festgehalten.
Auf die Feststellung der allgemeinen körperlichen Schwäche in Form eines Ausrufs, der den
Schrecken und die Hilflosigkeit des lyrischen Ichs zum Ausdruck bringt („die kräffte sind
verschwunden!“), folgen im Sonett IX zwei genauere Symptome: „Die glider sind verdort / als
ein durch brandter graus. / Mir schawt der schwartze tod zu beyden augen aus“. Die im ersten
Halbvers des zweiten Verses bloß festgestellte Austrocknung der Glieder wird nach der Zäsur
durch einen Vergleich intensiviert, in dem Gryphius zwei Gedanken komprimiert: der
Ausdruck „durch brandt“ spielt auf das den Körper verzehrende Fieber an und erklärt das
Adjektiv „verdort“, während der „graus“ die Wirkung des Fiebers auf das Gemüt, also
gleichsam das Affektkorrelat der Krankheit, schildert. Der dritte Vers weist nicht nur auf die
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Trübung der Augen und die geschwächte visuelle Wahrnehmung hin, sondern enthält auch
einen Hinweis auf die Natur der Krankheit: Der „schwartze tod“ ist eine Umschreibung für die
Pest (an der Gryphius wohl selbst nie erkrankt ist – 登录到编辑器
ein weiterer Heinweis dafür, dass der Text
als Rollengedicht zu lesen ist. Vgl. Kemper 1987, S. 115). Der unmittelbar bevorstehende Tod
des von dieser Seuche befallenen lyrischen Ichs wird 若要在大多数网站上获取写作建议,请登录到你
somit zur beängstigenden Gewissheit.
Bemerkenswert ist auch die Formulierung „Mir schawt (...)“, durch
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grammatikalischen Subjekt und eigentlich Handelnden wird, während das lyrische Ich die
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Inbesitznahme des Körpers durch die Krankheit nur noch passiv erleiden kann.
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Während im ersten Quartett des Sonettes IX die physischen Symptome der Krankheit im
Vordergrund stehen, hebt das erste Quartett des Sonettes XLV vor Allem die Auswirkungen
der Krankheit auf das Gemüt des lyrischen Ichs hervor. Seufzen und Weinen („ich seuftze
für undt für. / Ich weine tag und nacht“) sind Ausdruck der Angst („tausendt fürcht ich
noch“) und der Hoffnungslosigkeit („die krafft in meinem hertzen / Verschwindt“) des
Sprecher-Ichs. Auch das „[V]erschmacht[en]“ des „geistes“ ist nur die psychische
Konsequenz der körperlichen Erkrankung. Physische Symptome der Krankheit sind lediglich
die „schmertzen“ und die kraftlosen, sinkenden Hände („die hände sincken mir“). Nachdruck
verleiht Gryphius der Not des lyrischen Ichs durch den ‚abgehackten’ Rhythmus des ersten
und vierten Verses, der „atemlos“ klingt und den „Eindruck des Kraftlosen, Erlöschenden
[bestärkt] “ (Trunz 1956, S. 71), sowie durch Wiederholungen („für undt für“, „ich sitz in
tausend schmertzen; / Undt tausendt fürcht ich noch“), Hyperbeln („Ich weine tag undt nacht“,
„ich sitz in tausend schmertzen“) und durch den Zeilensprung, der das Verb „Verschwindt“ an
den Anfang des vierten Verses platziert und somit die Hoffnungslosigkeit betont.

2. Das zweite Quartett

Wurden im ersten Quartett des Sonetts IX die genannten Symptome noch vom lyrischen Ich
kommentiert, so steht das zweite Quartett nun ganz im Zeichen der beklemmenden
Schilderung. Das Stillstehen des Atems („Der Athem will nicht fort“) unterstreicht erneut, dass
der Tod unmittelbar bevorsteht, was im achten Vers durch die Zeitangabe „noch inner wenig
stunden“ bestätigt wird. Die zum Sprechen nötige Kraft kann das geschwächte Ich nicht mehr
aufbringen, es verstummt: „die zunge steht gebunden.“ Die Zweiteilung des Alexandriners
durch die Zäsur ahmt auch hier die Atemlosigkeit und Schwäche des lyrischen Ichs
nach.
Bemerkenswert ist an dieser Stelle, dass erstmals in ein und demselben Vers zwei
verschiedene Symptome genannt werden; die Aufzählung gewinnt somit an Dichte und wird
beklemmender. Die in der ersten Fassung des Gedichtes im vierten Vers enthaltene Aussage
„Nichts wird als Haut und Bein mehr an mir ubrig funden“ hat Gryphius bei der Überarbeitung
des Sonettes in den sechsten und siebten Vers verlegt: „Wer siht nicht / wenn er siht die
Adern sonder Mauß / Die armen sonder fleisch [...]“; was für Leben und Vitalität steht –
Muskeln und Fleisch –, ist am abgezehrten Körper nicht zu finden, übrig bleibt nur noch das
‚biologische Minimum’: Adern und Glieder.
Formal fällt der Gebrauch der rhetorischen Frage auf („Wer siht nicht [...]“), durch die der
Leser angesprochen und einbezogen wird. Die Wiederholung des Verbs „sehen“, die in der
ersten Fassung des Gedichtes fehlt, lässt das Bild des kranken Leibes – dessen
Abgezehrtheit durch die Wiederholung des Adverbs „sonder“ unterstrichen wird – nur noch
eindringlicher vor seinem geistigen Auge entstehen. Zu kommentieren ist auch die
metaphorische Umschreibung des Körpers als „schwaches haus“, das kurz vor dem
Zusammenbruch steht: Implizit wird hier auf das hingewiesen, was in diesem Haus
wohnt – die menschliche Seele. Das Sonett reiht sich somit in die jahrtausende alte, schon
bei Platon vorhandene Unterscheidung von ‚körperlicher’ und ‚geistiger’ Substanz ein – (vgl.
Platon 2011, S. 82e); an der Schwelle zum Tode zeigt sich in diesem Gedicht das ‚eigentliche
Ich’, das als geistiges Subjekt souverän auf den Verfall des eigenen „haus[es]“, des eigenen
Körpers hinweist und ihn – auf diesen Punkt wird noch genauer einzugehen sein – gleichsam
zum Emblem der Vergänglichkeit werden lässt.

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Auch das zweite Quartett des Sonettes XLV führt zunächst die Schilderung der
Krankheitssymptome fort. Allerdings wird hier stärker als im Sonett IX das Allmähliche,
Prozesshafte der Verschlechterung herausgearbeitet, 登录到编辑器
so dass für den Leser der Eindruck 
entsteht, er wohne dem Verfall, dem Hinübergleiten in den Tod unmittelbar bei: „Die wangen
werden bleich / der schoenen augen zier / Vergeht“ 若要在大多数网站上获取写作建议,请登录到你
[von F. S. hervorgehoben]. Das Adjektiv
„bleich“ wird hier – wie so oft bei Gryphius (vgl. Fricke 1933, S.帐户,或登录你用于
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Office
Leidens und Dahinschwindens“ (ebd.) gebraucht; es或学校帐户。 fungiert als farbliches Signal der
Vergänglichkeit.
Überhaupt steht der Aspekt der Vergänglichkeit hier登录或注册
viel mehr im Vordergrund als in den
Quartetten des Sonettes IX. Die schon im Sonett IX vorhandene Trübung der Augen wird hier
insofern anders behandelt, als sie mit dem Verlust der „[S]chön[heit]“ verbunden und dadurch
mit dem Motiv der ‚Eitelkeit’, der Hinfälligkeit dessen, was auf Erden wertgeschätzt wird,
verknüpft wird. Der Aspekt der Vergänglichkeit wird überdies durch den Zeilensprung
hervorgehoben, der das Verb „vergehen“ an den Anfang des sechsten Verses platziert. Der
Vergleich – „gleich als der Schnee der schon verbrandten kertzen“ – zielt in die selbe
Richtung: Das tertium comparationis zwischen dem „Schnee“ – also dem weißen Wachs – der
Kerzen einerseits und der Augenzier andererseits besteht nicht nur darin, dass beide
„vergehen“, sondern auch darin, dass beide sehr schnell zunichte werden. Indiz dafür ist das
Adverb „schon“ sowie die Tatsache, dass das Wachs metaphorisch als „Schnee“ umschrieben
wird; Schnee aber zählt bei Gryphius zu den Elementen, die als Inbegriff des
Unbeständigen, Kurzlebigen fungieren (a. a. O., S. 52).
So wie im ersten Quartett dieses Sonetts nicht nur die physischen Anzeichen der Krankheit,
sondern auch und insbesondere deren Auswirkungen auf das Gemüt geschildert wurden, so
geht das Ich auch im zweiten Quartett auf die seelischen Implikationen der Krankheit ein: „Die
Seele wird besturmbt gleich wie die see im mertzen“. Anders als im ersten Sonett wird die im
Körper wohnende „Seele“ also ausdrücklich genannt; die Krankheit erscheint – auch dies wird
noch genauer zu untersuchen sein – als eine Prüfung, welche die Seele angreift und der
diese scheinbar hilflos ausgeliefert ist. Veranschaulicht wird dies durch den Vergleich
zwischen der Seele und der stürmischen See im März, einer besonderen Ausprägung des
Motivs der navigatio vitae. Traditionell wird der den Anfechtungen des Lebens ausgesetzte
Mensch dort mit einem Schiff verglichen, das Stürme und rauen Seegang zu überstehen hat,
bevor es den sicheren Hafen erreicht, der in der christlichen Tradition oft für den Tod und die
Vereinigung der Seele mit Gott steht. Von einem Schiff ist in diesem Gedicht jedoch nicht die
Rede; vielmehr scheint das dem Sturm ausgesetzte Meer hier selbst für die „durch das
bewegte und bewegende Chaos der Dinge rastlos gepeitscht[e]“ Seele zu stehen (Trunz
1956, S. 72), die von den Widrigkeiten des Lebens – in diesem Falle der Krankheit –
‚bestürmt’ wird.
Bei den beiden soeben kommentierten Vergleichen im sechsten und im siebten Vers des
Sonetts handelt es sich nicht um bloß schmückende rhetorische Stilmittel; in beiden Fällen
liegt, wie Erich Trunz gezeigt hat, der Parallele zwischen dem Ich und den Objekten der Welt
ein tieferer Sinn zugrunde. Bei den Vergleichen, so Trunz, ziehe Gryphius „Bilder aus
dem Makrokosmos“ (ebd.) – in diesem Falle die Kerzen und das Meer – heran, die
verdeutlichen sollen, dass das mikrokosmische Schicksal des Einzelnen eine
Entsprechung im „allgemeine[n] Weltschicksal“ (ebd.) findet. „Vergänglichkeit und
Geworfenheit“ (ebd.) gelten nicht nur für das Ich, sondern gleichermaßen für alles Irdische
überhaupt. So kommt auch der letzte Vers des zweiten Quartetts – „Was ist dis leben doch!
was sindt wir / ich und ihr?“ – „nicht ganz unvorbereitet“ (ebd.): Auf die makrokosmischen
Bilder, die einen Bezug zwischen dem Ich und der Welt herstellen, folgt die anthropologische
Grundfrage nach dem, was der Mensch eigentlich sei. Allgemeines und Individuelles („ich und
ihr“) wird im achten Vers zusammengefasst („wir“). Die Krankheit als individuelle Erfahrung
führt über den Vergleich zwischen den Krankheitssymptomen und Dingen aus dem
Makrokosmos zur Erkenntnis, dass alles Geschaffene vergänglich ist; unter diesem
Gesichtspunkt wird nun vom lyrischen Ich die Frage nach dem Wesen des Menschen
gestellt.

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II. Der anthropologische Aussagegehalt der Krankheit


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Dienten die Quartette in beiden Sonetten dazu, die durch die Krankheit hervorgerufenen

physiologischen Veränderungen und – vor allem im若要在大多数网站上获取写作建议,请登录到你
Sonett XLV – ihre Auswirkungen auf das
Gemüt darzustellen, so steht nun in den Terzetten das im Vordergrund,
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über den Menschen aussagt: Er ist ein kreatürliches, dem
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1. Sonett IX: Makrokosmischer Vergleich 登录或注册


und Sterbeakt

Im ersten Sonett greift Gryphius zur Veranschaulichung dieser Tatsache auf ein bereits aus
dem Sonett XLV bekanntes Verfahren zurück: Durch den Vergleich zwischen dem Körper des
lyrischen Ichs und einer Wiesenblume wird ein „makrokosmischer Bezug“ hergestellt (Mauser
1976, S. 139). Wieder wird das individuelle Schicksal des Ichs in ein allgemein-irdisches
Schicksal eingebettet. Der Vergleich, den es hier zu kommentieren gilt, hat jedoch eine weit
größere anthropologische Tragweite als der des Sonettes XLV: War es in diesem Gedicht nur
„der schönen augen zier“, die verging, so ist es hier das Ich an sich, das „vor der zeitt“ stirbt,
genauer gesagt das Ich in seiner körperlichen, natürlichen und somit vergänglichen
Dimension, denn genau unter diesem Aspekt wird es hier mit der „wiesenblum“ verglichen.
Der neunte und zehnte Vers gehen zunächst auf das erste Glied des Vergleichs, die Blume,
ein. Gemäß der schon in der Bibel vorhandenen Metaphorik (vgl. Jöns 1966, S. 237 ff.)
wird die Kurzlebigkeit der Blume hervorgehoben, die morgens aufblüht und vor
Tagesende, ja „noch ehr der mittag weggeht / fällt“. Auffallend ist die metaphorische
Umschreibung „licht der welt“ für die Sonne; durch den Begriff „welt“ wird verdeutlicht, dass
alles Kreatürliche, alles von der Sonne beschienene dem gleichen Schicksal unterworfen ist
(vgl. Mauser 1976, S. 131).
Ab dem elften Vers kommt die Sprache auf das lyrische Ich, das zweifach mit der Blume
verglichen wird, wobei die Tageszeiten – Morgen und Mittag – jeweils mit Stationen im Leben
des Ichs gleichgesetzt werden. Zum Einen wird durch den metaphorischen Ausdruck
„threnentaw“ der morgendliche Tau der Blume mit den Tränen gleichgesetzt, die – ob von der
Mutter oder vom Neugeborenen selbst – bei der Geburt des lyrischen Ichs vergossen wurden.
Berücksichtigt man den Titel des Gedichtes, so wird klar, dass die Tränen die irdische
Existenz gleichsam umrahmen: Sie werden sowohl bei der Geburt als auch beim Sterben, „in
schwerer kranckheit“, vergossen. Auch hier zeichnet sich eine anthropologische Aussage ab:
Das Leben ist nicht nur vergänglich, es ist auch von Leid und Traurigkeit
gekennzeichnet; der Hinweis auf die Tränen definiert das Leben als Jammertal, als
„Folter“, um auf den Titel einer „Leichabdankung“ Gryphius’ zurückzugreifen.
Dem verfrühten Fallen der Blume entspricht der frühe Tod des lyrischen Ichs, das „vor der
zeitt“ stirbt. Syntaktisch gesehen fällt auf, dass der zwölfte Vers der einzige des gesamten
Gedichtes ist, der durch einen Punkt in zwei geteilt wird; man mag hierin ein Zeichen der
zunehmenden Schwäche des lyrischen Ichs sehen, das aus Kräftemangel gleichsam
innehalten muss. Auch könnte der ‚syntaktische Bruch’ – das Abbrechen des Satzes mitten
im Vers – auf formaler Ebene dem jähen Eintreten des Todes mitten im Leben entsprechen,
der nun im Gedicht inszeniert wird.
Das Sonett endet damit, dass in der Schilderung des Krankheitsverlaufs die letzte
Konsequenz aus der Beschreibung der Symptome und aus dem Vergleich zwischen dem
physischen Ich und der Blume gezogen wird. Die Sterblichkeit des Ich wird nicht nur
behauptet, sie wird uns unmittelbar vor Augen geführt. Durch die traditionsreiche Metapher
der Nacht und des Schlafes wird im letzten Terzett des Gedichtes das Sterben des lyrischen
Ichs dargestellt. Die Geburt war mit dem Hervorbrechen von Licht und Helligkeit assoziiert;
darauf antwortet nun die ‚dunkle’ Todesmetaphorik. Zunächst erfolgt das topische, aus der
antiken Literatur stammende Valet an die Welt, das hier in Form eines elegisch anmutenden
Ausrufs vollzogen wird: „O erden gutte nacht!“. Der dreizehnte Vers führt anschließend den
Sterbeakt fort, indem er die zweiteilige Struktur des zwölften Verses aufgreift: Im ersten
Halbvers ist jeweils von der abgelaufenen Lebenszeit die Rede – „So sterb ich vor der zeitt“
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bzw. „Mein stündlein laufft zum end“ –, im zweiten wird der gleiche Gedanke auf die
metaphorische Ebene des Schlafes transponiert – „itzt hab ich ausgewacht“, heißt es im
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dreizehnten Vers. Erst ganz zum Schluss des Gedichtes nimmt die Metapher den ganzen 
Vers ein; dem entspricht auf inhaltlicher Ebene, dass auch der Todesschlaf nun vom lyrischen
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Ich ganz Besitz ergreift. Bemerkenswert ist die passive Formulierung – „Und werde von
dem schlaff des todes eingenommen“ –, in der das Ausgeliefertsein,
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des Ichs gegenüber Krankheit und Tod erneut zum Ausdruck kommt.
或学校帐户。
Führt das erste Sonett uns die Vergänglichkeit des Menschen durch einen über mehrere
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Verse ausgesponnenen Vergleich und die abschließende Darstellung eines Sterbeaktes vor
Augen, so setzt Gryphius im Sonett XLV zur Vergegenwärtigung der ‚Eitelkeit’ menschlichen
Lebens eher auf die Häufung von Sinnbildern der Vergänglichkeit sowie auf den wiederholten
Gebrauch antithetischer Wendungen. –

2. Sonett XLV: Häufung und Antithetik

Erinnern wir uns zunächst daran, dass am Ende der Quartette eine Frage nach dem
eigentlichen Wesen des Menschen stand; es fragt sich nun, inwiefern die Terzette als
Antwort darauf zu verstehen sind. Eingeleitet werden die Terzette durch eine rhetorische
Frage, welche die Struktur des achten Verses aufgreift und so gleichsam als ‚Echo’ auf diesen
fungiert. ‚Einbildung’ – gemeint ist wohl die Fähigkeit, Projekte und ‚Lebensträume’ zu
entwickeln – und Besitz („was wünschen wir zu haben?“) werden als menschliche
„Orientierungshilfen“ infrage stellt (Kühlmann 1992, S. 7). Was dem modernen Menschen als
Leitfaden und Halt gilt, irdische Zielsetzungen und irdische Güter, ist ebenso schwankend und
vergänglich wie der Mensch selbst: „Das, was wir wertschätzen, sind kurzsichtig als
Sicherungen empfundene Dinge der irdisch-nichtigen Welt; wir leben in einem Wertreich, das
ein Wahn ist“ (Trunz 1956, S. 72 f.). Die rhetorische Frage des neunten Verses ist somit
bereits als Antwort auf den achten Vers zu werten: „dis leben“ beruht auf einem Streben
nach unbeständigen, keinerlei Halt bietenden Dingen.
Bestand das Sonett bislang nur in einer Reihung von Frage-, Ausrufe- und
Aussagesätzen, so greift Gryphius nun zur näheren Bestimmung des menschlichen
Wesens auf ein neues, in seiner Lyrik und in der Literatur des 17. Jahrhunderts
überhaupt weit verbreitetes rhetorisches Stilmittel zurück: Das der Antithese. Zunächst
werden im zehnten Vers durch die Zäsur zwei entgegengesetze Zustände einander
gegenübergestellt: Eine „über gewöhnliches Maß hinausreichend[e] Position des Ich in der
Welt“ (Kühlmann 1992, S. 7) durch sozialen Erfolg („hoch“) und die daraus erwachsende
gesellschaftliche Achtung („gros“) wird durch den Hinweis auf den Tod („vergraben“)
entwertet. Wieder wird die extreme Geschwindigkeit, mit der alles Irdische sich in sein
Gegenteil verwandeln kann, hervorgehoben: auf „itzt“ antwortet im zweiten Halbvers
„morgen“, und am Versende heißt es nicht etwa „tot“, sondern, die Antithetik zuspitzend,
„schon vergraben“.
Was im zehnten Vers den ganzen Alexandriner ausfüllt, wird in der ersten Hälfte des nächsten
Verses noch einmal in aller Knappheit – und diesmal metaphorisch – ausgedrückt: „Itz blumen
/ morgen kott“. Das bereits aus dem ersten Sonett bekannte Bild der Blume wird hier als
Inbegriff des Blühenden und Schönen dem Kot, der für Widerwärtigkeit und Verfall steht,
gegenübergestellt. Der rasche Übergang vom einen zum anderen, der dem Leser prägnant
vor Augen geführt wird, beantwortet noch einmal die Frage nach dem Wesen dieses Lebens,
indem es auf die Unbeständigkeit als seine wichtigste Eigenschaft hinweist.
Auch die nun einsetzende Häufung von Metaphern ist als Antwort auf die im achten Vers
gestellte Grundfrage zu verstehen. Durch eine sich über anderthalb Verse erstreckende
asyndetische Reihung von Bildern, die größtenteils der Bibel und insbesondere den Psalmen
entlehnt sind (vgl. Jöns 1966, S. 235 ff.), unterstreicht Gryphius das Hauptmerkmal alles
Kreatürlichen, die Vergänglichkeit. Jedes dieser sieben Bilder ist als ein „illustratives
Konkretum“ (Fricke 1933, S. 133) zu werten, das uns die Nichtigkeit alles Körperlichen zu
verstehen gibt.

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2022/10/1 10:46 Das Krankheitsmotiv in der Lyrik des Andreas Gryphius — Allemand

Wie schon im ersten Sonett wird hier eine Parallele zwischen Mensch und Natur gezogen:
Aus dem uns umgebenden, natürlichen Makrokosmos wird das „rasch Verschwindende“,
„nicht mehr Wiederzufindende“ (Trunz 1956, S. 73) 登录到编辑器
zur Versinnbildlichung der Vergänglichkeit
des Menschen, also des Mikrokosmos, herangezogen. Das Inkonsistente, nicht Greifbare
(„windt“, „nebel“, „schatten“), das Dahineilende,若要在大多数网站上获取写作建议,请登录到你
nicht Aufzuhaltende („bach“), das
schnell Vergehende („schaum“, „reiff“, „taw“) wird bemüht,
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Menschen mit Nachdruck als eine unbeständige或学校帐户。 und letztlich unbedeutende zu
definieren. Eindrücklich ist die äußerst dichte, ‚komprimierte’ Nennung von Dingen, die
aufgrund ihrer instabilitas oder mutabilitas zu Verkörperungen
登录或注册 des menschlichen Wesens
werden (vgl. Jöns 1966, S. 240); es handelt sich um die „rhetorisch-nachdrückliche
Darstellung“ einer Wahrheit, „in der Mensch und Dinge gleich sind“ (a. a. O., S. 238).
Der nächste Halbvers fasst den der Aufzählung zugrunde liegenden Gedanken noch einmal
zusammen und beantwortet die im achten Vers gestellte Frage in Form einer begrifflichen
Antithese: „Itz was undt morgen nichts“. Die Häufung von Bildern in den Versen 10 und 11
wird also durch zwei Halbverse, die das Wesen des natürlichen, körperlichen Menschen
zunächst bildlich und dann begrifflich definieren, eingerahmt (vgl. Trunz 1956, S. 73); dies
mag dazu dienen, der Unentrinnbarkeit des Gesetzes der Vergänglichkeit Nachdruck zu
verleihen.
Wenn der Mensch „seinem Wesen nach“ ein „Was“ ist, „das ins ‚Nichts’ geht“ (ebd.), so ist es
nicht verwunderlich, dass auch seine Taten nichts Bleidendes sind. Nachdem das lyrische
Ich im dreizehnten Vers zu einer letzten Frage ausgeholt hat („und was sind unser
thaten?“), gipfelt das Sonett in der Entwertung eines Elementes, das wie der Wunsch
nach Besitz und herausgehobener sozialer Stellung „die moderne Persönlichkeit
charakterisiert“ (Kühlmann 1992, S. 6): der „Stolz auf die eigene Leistung“ (ebd.). Die
menschlichen Taten sind nichts als ein „traum“ – ein Begriff, den man im Kontext dieses um
die Vanitasthematik kreisenden Sonetts zunächst schlicht als einen weiteren Hinweis auf die
Flüchtigkeit und Vergänglichkeit des menschlichen Treibens, auf die Nichtigkeit unserer
Handlungen und ihrer Folgen versteht (vgl. das Sonett „Es ist alles eitell“ in Gryphius 1963, S.
34). Wolfram Mauser jedoch schlägt eine andere, überzeugende Lesart vor, indem er einen
Kausalzusammenhang zwischen „angst“ und „traum“ herstellt und das Wort als Synonym für
„Wunschdenken“ versteht: „Es ist Wunschdenken (Traum), das bitterer (herber) Angst
entspringt, wenn man in den Taten (Verdiensten, Werken) anderes als Eitel-Irdisches sieht“
(Mauser 1988, S. 223 f.).
Im ersten Sonett wurde durch die Tränensymbolik die Allgegenwart des Leidens im
menschlichen Leben hervorgehoben. Auch im Sonett XLV ist dieser Aspekt präsent: Unsere
Taten sind kein ruhiger Traum, sondern ein „mit viel herber angst durchaus vermischter“. Das
Wort „angst“ ist angesichts der anthropologischen Tragweite des Gedichtes wohl „allgemeiner
[zu] fassen als in der Alltagssprache des 17. Jahrhunderts“ (Trunz 1956, S. 73). Es meint
nicht nur die zeitweilige Furcht angesichts einer konkreten Bedrohung, sondern es
kennzeichnet das menschliche ‚Lebensgefühl’ schlechthin: Die Feststellung, dass alles
Irdische dem Prinzip der Vergänglichkeit unterworfen ist, verursacht im Menschen eine
stets gegenwärtige, „nagende Ahnung“ (ebd.), dass auch seine Taten „sinnlos und
nichtig“ (ebd.) seien. Das Gedicht endet somit mit einem pessimistischen Blick auf
alles irdische Wirken.
Nachdem nun gezeigt wurde, dass Gryphius in beiden Sonetten auf plastische und
eindrückliche Weise die Hinfälligkeit des Menschen thematisiert, soll die eigentliche ‚Deutung’
dieser Gedichte versucht werden. Worin liegt der ‚Sinn’ dieser drastischen Schilderung der
Krankheit und der Behauptung der menschlichen Nichtigkeit, für die Gryphius virtuos auf
verschiedene rhetorische Stilmittel zurückgreift? Worin liegt der ‚Zweck’ dieser
Vergegenwärtigung der Vanitas, die mit allen Mitteln der Kunst durchgeführt wird?

III. Die Intention der Sonette


In Bezug auf den Inhalt des Sonettes XLV macht Erich Trunz eine Feststellung, die fast
uneingeschränkt auch auf das Sonett IX zutrifft. Es sei bemerkenswert, so Trunz, dass die
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2022/10/1 10:46 Das Krankheitsmotiv in der Lyrik des Andreas Gryphius — Allemand

in anderen Texten des 17. Jahrhunderts oft anzutreffende Antwort auf die
Vergänglichkeit des Menschen, der „Hinweis auf die Erlöstheit der Seele und das
Unsterbliche im Menschen“ (Trunz 1956, S. 74), 登录到编辑器
hier fehle, so dass der Eindruck 
entstehe, dem „düstere[n] Pessimismus“ (ebd.) sei nichts entgegenzusetzen. Diese
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Tatsache wird umso frappierender, wenn man die beiden Sonette etwa mit geistlichen Liedern
aus dem 16. Jahrhundert vergleicht, in denen Krankheitsschilderungen
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dienen, die
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„im Christusglauben angelegte Heilshoffnung“ (Kühlmann
或学校帐户。 1992, S. 5) anzuregen. Doch auch
bei Gryphius selbst trifft man auf genügend Gedichte, in denen das Ewige explizit der
hinfälligen, von Leid gezeichneten irdischen Welt entgegengestellt
登录或注册 wird. Hier jedoch scheint
die „Spannung zwischen Diesseits und Jenseits“ (Trunz 1956, S. 74) ganz ausgespart.
Wer genauer hinsieht, mag zwar erkennen, dass die ‚jenseitige’ Welt in beiden Gedichten
diskret suggeriert wird: Im ersten Gedicht schwingt in der Metaphorik des Schlafes insofern
Hoffnung mit, als es nach dem Schlaf ein Erwachen gibt, mit dem für den guten Christen das
ewige Leben anbricht, und im Sonett XLV gibt uns die Formulierung „dis leben“ („was ist dis
leben doch?“) zu verstehen, dass es nach dem irdischen noch ein ‚anderes’ Leben gibt. Von
einer eindeutigen, „mit starkem Willen“ (ebd.) ausgesprochenen Hoffnungsbotschaft kann
jedoch nicht die Rede sein.
Es stellt sich folglich die Frage, ob hier bei der Schilderung der Krankheit und der
Vergänglichkeit alles Irdischen nicht eine gewisse ästhetische Verselbstständigung vorliegt.
Da der Hinweis auf Gott als festen, verlässlichen Bezugspunkt jenseits aller Widrigkeiten
fehlt, ist man versucht, in der „strenge[n], künstlerische[n] Ausschließlichkeit“ (ebd.) der
Sonette eine Virtuosität zu sehen, die um ihrer selbst Willen existiert und keinem anderen
Zweck dient. Würde man dem autobiographischen Aussagemodus der Sonette Glauben
schenken und das „Ich“ tatsächlich mit Gryphius gleichsetzen, so könnte man die Gedichte
mit Trunz noch als verzweifelten Versuch einer „Rettung in ein Gesetz“ (Trunz 1956, S. 74)
deuten und die strenge Form des Sonettes gleichsam als festen Anker, als „geistige Ordnung
inmitten alles Schwankend-Vergänglichen“ (ebd.) sehen. Angesichts der von Mauser
angeführten Argumente gegen eine in erster Linie biographische Deutung der Gedichte
erscheint diese Lesart jedoch als fragwürdig.
Weiterführende Überlegungen zeigen allerdings, dass man bei einer Interpretation der
Sonette als bloßem Beweis für die sprachliche Brillanz und das dichterische Können
Gryphius’ nicht stehenbleiben kann. Trunz weist in seinem Kommentar zum Sonett XLV
darauf hin, dass die Ausblendung der Heilsbotschaft aus dem Gedicht noch lange nicht
bedeutet, dass diese tatsächlich im ‚Horizont’ des Gedichtes und in dem Weltbild, aus dem
heraus es entstanden ist, nicht vorhanden sei (Trunz 1956, S. 74 f.). Ein neuzeitlicher Leser
könne diesen Eindruck gewinnen, weil ihm die damalige Auffassung der Welt als „ordo“, als
Zusammenhang, dem der Dichter seine „Sachen“ – seine „res“ – entnehme, nicht geläufig sei.
Nach dem Verständnis des 17. Jahrhunderts sei jedes Gedicht zwar „in sich gerundet, ein
Kunstwerk für sich“ (a. a. O.., S. 74), doch zeige es immer nur „einen Ausschnitt aus dem
Ganzen“ (ebd.), wobei das Gesamte stets als etwas „Sicheres und Selbstverständliches“
(ebd.) vorausgesetzt werde. Die beiden hier zu kommentierenden Sonette wären somit als
Behandlung eines bestimmten Themas zu verstehen – in diesem Falle die menschlichen
Gebrechen und die Vergänglichkeit als allgemeines Weltschicksal –, das jedoch, weil es
einem festgefügten System entnommen ist, nur im Rahmen dieses Systems ganz zu
verstehen ist. Der Hinweis auf Gott wäre in diesem Falle nicht nötig, weil er implizit ist
und sich von selbst versteht.
Trunz weist auf einen weiteren Punkt hin, der diese Auffassung bestätigt und der von Wolfram
Mauser eingehend kommentiert wird: Die Anordnung der Gedichte innerhalb der
Sammlungen, in denen sie veröffentlicht wurden. Sowohl in den „Lissaer Sonetten“ von 1637
als auch in der Sammlung „Sonnete. Das erste Buch“ von 1643 stehen die geistlichen
Gedichte vor den weltlichen: Auf zwei Sonette, die als Invokation an Gott zu lesen sind, folgen
1643 vier Gedichte, die den irdischen Leidensweg Christi nachzeichnen. Nach einem
weiteren Sonett, das als „Leidens- und Sühne-Exempel“ (Mauser 1976, S. 29) zu verstehen
ist, stehen im ersten Buch der Sonette sowie vor dem fündundvierzigsten Sonett des erstmals
1650 veröffentlichten zweiten Buches (ebd.), das Mauser zufolge eine kompositorische

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2022/10/1 10:46 Das Krankheitsmotiv in der Lyrik des Andreas Gryphius — Allemand

Einheit mit dem ersten bildet, Gedichte, die das irdische Leben betreffen. Am Ende des
zweiten Buches stehen fünf Sonette, die den Blick wieder auf das ‚Ewige’ richten – die ‚vier
letzten Dinge’ und die biblische Figur des Elias. Die登录到编辑器
ersten sechs und die letzten fünf 
Gedichte der beiden Bücher bilden Mauser zufolge einen „heilsgeschichtlichen Rahmen“ (a.
若要在大多数网站上获取写作建议,请登录到你
a. O., S. 30) und somit den „geistig-religiösen Hintergrund aller Gedichte der Sammlung“, der
„bei der Deutung jedes Sonetts zu berücksichtigen“的 seiMicrosoft
(ebd.). 帐户,或登录你用于 Office 的工作
或学校帐户。
Welchen Bezug aber haben die hier zu erläuternden Krankheitssonette zu jenem
heilsgeschichtlichen Rahmen? Inwiefern sind sie ein Exemplum dafür, „wie die vielfältigen
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Erscheinungen des Lebens im Hinblick auf Christus und die christlichen Wahrheiten zu
verstehen und zu deuten sind“ (ebd.)?
Im 17. Jahrhundert sah man in körperlichen Veränderungen noch „untrügliche äußere
Zeichen für seelische Vorgänge“ (Mauser 1976, S. 145). Körperliches Leid war nach
damaligem Verständnis ein Indikator für Sündhaftigkeit, genauer gesagt für
Glaubensschwäche und den Abfall des menschlichen Geistes von Gott. Diese
„muthkränklichkeit“ – so der Begriff des 17. Jahrhunderts (ebd.) – erwächst aus der
Erkenntnis der Hinfälligkeit und Beschränktheit des menschlichen Lebens, die zu
Hoffnungslosigkeit und Angst führen – Affekte, welche die Seele „bestürm[en]“ und an
Zuversicht und Gottvertrauen nagen. So kann man den in beiden Sonetten zu Anfang
festgestellten Verlust der Orientierungsfähigkeit – „Ich bin nicht der ich war“ bzw. „Mir ist ich
weis nicht wie“ – als ein „Versagen der seelischen Kräfte“ (a. a. O., S. 226) verstehen: Der
Kranke verliert angesichts seiner Schmerzen und des körperlichen Verfalls jeglichen
festen Anhaltspunkt, anstatt sich im Glauben am Ewigen zu orientieren. Im Sonett XLV
offenbaren die nicht zum Gebet gefalteten, sondern sinkenden Hände, das ständige Seufzen
und Weinen sowie die schwindende Kraft im Herzen, dass das Ich ganz vom Affekt der Angst
eingenommen ist. Im ersten Sonett werden Glaubensschwäche und Hoffnungslosigkeit
weniger explizit thematisiert, doch wesen auch hier die „threnen“ und der das Ich
durchfahrende „graus“ auf tiefe Erschütterung hin. Folgt man Mauser, so offenbart die
Krankheit als „Prüfstein des Menschen“ (a. a. O., S. 228) in diesen Sonetten die
„muthkränklichkeit“ des Siechenden, der es versäumt hat, „die richtige Lebensgesinnung zu
finden“ (a. a. O., S. 228 f.).
Körperliches Leid ist jedoch nicht bloß Indiz für mangelnden Glauben, es ist zugleich
die Strafe dafür und somit auch die Gelegenheit, zu Gott zurückzufinden. Die physische
Qual als Rute Gottes soll den Menschen daran erinnern, dass der Weg zu Gott über die
„Erfahrung von Leid und Hinfälligkeit“ (Mauser 1988, S. 216) führt. Der Kreuzestod Christi
lehrt, dass „Not und Qual den Weg zum ewigen Leben eröffnen“ (a. a. O., S. 212); der
Schmerz ist für den Gläubigen die Gelegenheit, auf die irdischen Anfechtungen im Sinne der
christlichen Lehre zu antworten und durch das Leid zum Heil zu finden. Mauser weist darauf
hin, wie weit verbreitet im 17. Jahrhundert die Argumentation war, die Leid und Heil als
„interdependent“ auffasste und begründete: „Leid erwirkt Heil, Heil setzt Leid voraus“
(Mauser 1976, S. 164). So kommt es auch nicht von ungefähr, dass das Sonett IX in der
Sammlung „Sonnete. Das erste Buch“ kurz nach dem Gedicht „An den gecreuzigten JEsum“
steht: Durch diese Anordnung soll die „Parallelität zwischen dem irdischen Leiden Christi und
der innerweltlich-menschlichen Hinfälligkeit“ (a. a. O., S. 29) zum Ausdruck kommen. Der
Mensch hat dem Vorbild Christi zu folgen und soll das Leid nicht nur erdulden, sondern
bereitwillig auf sich nehmen. Das körperliche Leiden des Ichs wäre in den Sonetten IX und
XLV somit zugleich als Anzeichen der mangelnden Glaubensfestigkeit des Sprechers als
auch als Chance zur Neuorientierung durch Rückbesinnung auf die christlichen
Heilswahrheiten und Antritt der Nachfolgerschaft Christi zu verstehen.
Folgt man Mausers Auffassung, so ist das Krankheitsmotiv in den beiden Sonetten, die im
Mittelpunkt dieser Arbeit stehen, keineswegs als ein weiteres dichterisches Exercitium auf
dem Gebiet der Vanitasthematik zu lesen, sondern als eine ernste Mahnung an den Leser,
dessen Heil auf dem Spiel steht. Die Kunstmittel, auf die Gryphius zurückgreift, um uns die
physischen Verfallserscheinungen und die daraus folgende ‚Eitelkeit’ des menschlichen
Lebens vor Augen zu führen, sind als „disziplinierend[e] Möglichkeiten“ (Mauser 1988, S. 230)
zu deuten, die den Leser verunsichern sollen, indem sie ihm die Konsequenzen eines

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2022/10/1 10:46 Das Krankheitsmotiv in der Lyrik des Andreas Gryphius — Allemand

‚falschen’, nicht auf Gott bauenden Verhaltens drastisch darlegen. In der Krankheit wird
derjenige, der dachte, ohne Gott auskommen zu können, schmerzhaft erfahren müssen, dass
登录到编辑器(Kühlmann 1992, S. 18) 
seine Anhaltspunkte, „Überzeugungen und Verhaltenssicherheiten“
zusammenbrechen; die Gedichte sind als Appell zur Aufgabe einer säkularen, nicht in
erster Linie auf Gott vertrauenden Einstellung zur 若要在大多数网站上获取写作建议,请登录到你
Welt zu lesen (ebd.).
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An keiner Stelle wird in den beiden Sonetten zwar explizit „moralisch appelliert“ oder „auf
或学校帐户。
Besserung gedrungen“ (ebd.). Geht man jedoch davon aus, dass die Krankheit in beiden
Gedichten als Zeichen einer mangelnden Festigkeit im Glauben gedeutet werden kann, so
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sind doch beide Gedichte als Aufforderung zur ‚Besserung’ des Einzelnen zu lesen: „Ein
Krankheitssonett, das „Muthkränklichkeit“ diagnostiziert, verweist alle Ursachen der
„Leibesunpässlichkeit“ in den Bereich persönlichen Vermögens oder Unvermögens und lenkt
damit das Nachdenken über eine Verbesserung der Situation zurück zur Frage nach der
Bewährung des Einzelnen“ (Mauser 1988, S. 228). Folgt man Mauser, so sind wir hier bei der
Deutung der Sonette an einem Punkt angelangt, an dem unser Blickfeld sich vom religiösen
Bereich zum gesellschaftlichen und politischen ausweiten muss.
‚Besserung’ und „Bewährung“ sind – auf die Krankheit bezogen – zunächst einmal so zu
verstehen, dass der Mensch es lernen muss, das Leid bereitwillig zu tragen, anstatt sich von
Angst übermannen zu lassen. Die Bereitschaft, Leid auf sich zu nehmen, ist aber aus
politischer Sicht im 17. Jahrhundert auch eine grundlegende Tugend des Untertanen.
Eine Argumentation, die dazu auffordert, Nöte unwidersprochen zu erdulden, indem sie
Leid und Heil als interdependent begründet, ist somit im Interesse der Obrigkeit.
Mauser analysiert die ungeheure Fülle des Schrifttums, die im 17. Jahrhundert über den
Themenkreis der Vanitas, des Todes und der Nöte des irdischen Lebens in Umlauf war, im
Zusammenhang mit der Entstehung des Absolutismus. Er geht dabei von einem
„Funktionszusammenhang“ (Mauser 1976, S. 20) zwischen Kirche, Gesellschaft und Staat
aus; die Literatur war in diesen Zusammenhang stark einbezogen, wobei sie diesen nicht
einfach widerspiegelte, sondern auf ihn zurückwirkte, indem sie die durch ihn begründete
Ordnung trug und bestätigte. Eben diese ‚Ordnung’ gilt es zu verstehen, wenn man die
Funktion von Gryphius’ Sonetten im Kontext ihrer Entstehung begreifen möchte. –
Obwohl die Untertanen – Mauser konzentriert sich vor Allem auf die bürgerliche Mittelschicht
– im 16. Jahrhundert politisch weitgehend machtlos waren, lag ihrem Handeln ein solides
Selbstvertrauen und die Überzeugung, „über Dinge und Menschen in der Welt verfügen zu
können“ (a. a. O., S. 170), zugrunde. Dies änderte sich ab dem Ende des 16. Jahrhunderts
mit dem Ausbau der landesherrlichen Macht, die gegen den Einfluss der „Städte und Stände“
(a. a. O., S. 172) kämpfte und die Höfe nun endgültig zu den maßgebenden wirtschaftlichen
und politischen Zentren machten. Die Schwächung des Bürgertums führte, so Mauser, in
dieser Schicht nicht nur zu einer neuen Einschätzung der eigenen Möglichkeiten, des
Wertes der eigenen Leistungen, sondern auch zu einer neuen Einstellung zur Welt und
zum Wert der irdischen Dinge. An die Stelle der Gewissheit, über die Welt herrschen zu
können, trat angesichts der erlittenen Enttäuschung der Zweifel am Wert all dessen, was in
‚diesem’ Leben erreicht werden konnte; der Blick richtete sich – auch in der Literatur – auf
das, was das Elend und die Nichtigkeit der physischen Welt besonders deutlich hervortreten
ließ.
In diesem Kontext gewann jener Aspekt der christlichen Lehre, der die ‚Eitelkeit’ des irdischen
Lebens hervorhob, immer mehr an Beliebtheit: Er bot den benachteiligten Untertanen
Trost, indem er die ‚Welt’ und ihre Hinfälligkeit als Bestandteil der göttlichen Ordnung
darstellte. In gleichem Maße nahm auch die Bedeutung der Argumentation zu, die Leid und
Heil als interdependent auffasste, ließ sie doch die ohnmächtigen Untertanen, welche die
Folgen des fürstlichen Machtausbaus immer mehr zu spüren bekamen, auf Entlohnung im
Jenseits hoffen.
Die Verbreitung dieser Themen in den Schriften des 17. Jahrhunderts war einerseits die Folge
des neuen bürgerlichen Selbst- und Weltbildes, gleichzeitig jedoch lag sie im Interesse der
Obrigkeit und wurde von ihr durchaus gutgeheißen, da sie die von ihr allmählich eingeführten
Herrschaftsstrukturen zementierte (Mauser 1976, S. 123). Die Literatur trug somit zur

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2022/10/1 10:46 Das Krankheitsmotiv in der Lyrik des Andreas Gryphius — Allemand

Disziplinierung der Untertanen bei: Die der Bevölkerung von den Landesfürsten
auferlegten Beschränkungen wurden legitimiert, indem ihnen – wie allen irdischen
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Nöten – ein notwendiger Platz im Rahmen der Heilsordnung zugewiesen wurde. 
Folgt man Mausers Ansatz, so sind die beiden in dieser Arbeit erläuterten Gedichte als
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Beitrag zur Herrschaftsstabilisierung zu deuten. Grundlegend ist dabei die Hypothese, dass
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sich die zunächst vorgeschlagene Deutung der Gedichte aus Sicht der christlichen Lehre
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gleichsam auf eine politische Ebene transponieren lässt: Aus der Aufforderung zur
Bereitschaft, die ‚Rute Gottes’ zu ertragen, wird die Aufforderung, auch die von der –
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gottgewollten – Obrigkeit auferlegten Maßnahmen hinzunehmen. So wurde bereits gezeigt,
dass im Sonett XLV ein Zusammenhang zwischen „muthkränklichkeit“ und physischer
Krankheit suggeriert wird und somit das Leid – das körperliche, aber, wenn man Mauser folgt,
auch das ‚politische’ – als Bewährungsprobe des Christenmenschen dargestellt wird, als
Chance, zu Gott zurückzufinden oder die Stärke des eigenen Glaubens unter Beweis zu
stellen. Aus politischer Sicht relevant könnte in diesem Sonnet auch die Tatsache sein, dass
gerade das, was auf Erden Rang und Würde ausmacht und ein für die Obrigkeit unter
Umständen gefährliches Selbstvertrauen spendet – Güter, die soziale Stellung, Leistung – als
nichtig entlarvt wird; dies deckt sich mit Mausers Lesart: Dem Ehrgeiz des Lesers, in der
Gesellschaft besondere Geltung zu erlangen, wird der Boden entzogen. Nicht auf
Behauptung der eigenen Person und Stolz auf das Erreichte kommt es an, sondern auf die
Fähigkeit, Widrigkeiten geduldig auf sich zu nehmen.
Versucht man, dieses Deutungsmuster auch auf das Sonett IX anzuwenden, so fällt erneut
auf, dass die ‚Diagnose’ der mangelnden Standfestigkeit im Glauben – sprich der
mangelnden Bereitschaft, auf Gott vertrauend Schmerzen zu ertragen – weniger eindeutig
ausfällt. Die weiter oben kommentierte Intensität der Schilderung durch das lyrische Ich lässt
jedoch einen klaren Rückschluss auf die tiefe Erschütterung des Sprechers zu.
Glaubensschwäche wird nicht explizit benannt, sondern sie wird uns unmittelbar vorgeführt:
Aus dem gesamten Gedicht spricht starke Ergriffenheit und Traurigkeit angesichts der Not
und der Gewissheit des eigenen Todes – eine Einstellung, die aus religiöser aber eben auch
politischer Sicht nicht wünschenswert ist. Zu berücksichtigen ist in dieser Hinsicht auch die
Nähe zum Kreuzigungssonett, durch welche die Notwendigkeit und der Nutzen des Leidens
hervorgehoben werden.

Abschließende Bemerkung
Das Thema ‚Krankheit’ ermöglicht Gryphius in den hier kommentierten Sonetten eine
besonders eindrückliche, den Leser verunsichernde Bearbeitung des Vanitas-Topos. Die
Schilderung des körperlichen Gebrechens, einer universellen Erfahrung, führt dem Leser die
eigene Hinfälligkeit unerbittlich vor Augen; wirkungsvoll stellt Gryphius die ihm zur Verfügung
stehenden rhetorischen Mittel in den Dienst der Darstellung seelischer und physischer Not.
Unzweideutig zeigt sich in der Krankheit, dass die körperliche Hülle des Menschen nur von
kurzer Dauer ist; ‚Eitelkeit’ lautet die Antwort auf die Frage nach dem Wesen des natürlichen,
‚diesseitigen’ Menschen. Dass die makrokosmischen Vergleiche das menschliche Schicksal
in ein breiteres, alles Irdische umfassendes Gesetz einbetten, bietet wenig Trost; vielmehr
bekräftigt es die unentrinnbare Flüchtigkeit und Nichtigkeit des Lebens, die schon in der
Beschreibung der Krankheitssymptome erschreckend deutlich geworden war.
Die Analyse der Sonette wirft die Frage nach dem ‚Sinn’ dieser erschütternden Schilderung
auf. Würde dem schwankend Irdischen – wie in anderen Gedichten – das Ewige eindeutig
entgegengesetzt, so erhielte die Schilderung der Krankheit im Text selbst eine
heilsgeschichtliche Deutung; in Abwesenheit eines solchen Hinweises bleibt die Frage vorerst
offen. Hinweise auf die Poetiken der Zeit einerseits und auf die Anordnung der Sonette in den
zu Gryphius’ Lebzeiten publizierten Sammlungen andererseits legen jedoch durchaus eine
Deutung nahe, welche die christliche Lehre mit einbezieht. Umso plausibler erscheint dies,
wenn man bedenkt, dass Krankheit im 17. Jahrhundert noch im Zusammenhang mit
seelischen Mängeln betrachtet wurde. Das Leiden des lyrischen Ichs darf infolgedessen als
Anzeichen und Strafe für einen Mangel an Glauben betrachtet werden, der sich in den
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Sonetten als Bestürzung und Angst angesichts des eigenen Todes offenbart. Der starke Affekt
des lyrischen Ichs ist die Folge und das Symptom einer Einstellung zur Welt, in der Gott nicht
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mehr an erster Stelle steht. Die Drastik, mit der die Krankheit beschrieben wird, soll den allzu
selbstsicheren Leser aufschrecken und ihn daran erinnern, dass derjenige, dem es an
Glauben fehlt, „mit körperlichem Leid und schließlich 若要在大多数网站上获取写作建议,请登录到你
mit dem Tode rechnen“ muss (Mauser
1976, S. 145). 的 Microsoft 帐户,或登录你用于 Office 的工作
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Die Gedichte wären folglich als Warnung vor einer allzu weltlichen Geisteshaltung zu lesen
und als Aufruf, in Rückbesinnung auf den Kreuzestod Christi zu einer auf Gott bauenden
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Einstellung zurückzufinden und folglich auch die irdischen Leiden willig zu tragen. Hier
erschließt sich eine weitere Deutungsebene, welche gesellschaftliche und politische Faktoren
mit einbezieht: Im Kontext des entstehenden Absolutismus trugen Werke, die zur
widerspruchslosen Erduldung irdischen Leidens aufforderten, zur Förderung der von den
Fürsten angestrebten Ordnung bei. Die religiöse Lesart der Texte lässt sich aus dieser
Perspektive in eine politische Botschaft ‚übersetzen’, die sich der christlichen Lehre bedient:
Von der Obrigkeit auferlegte Übel hat der Untertan zu ertragen, ist dies doch Voraussetzung
für das spätere, ewige Leben.

Literaturverzeichnis
Die Bibel. Nach der Übersetzung Martin Luthers. Hg. von der Evangelischen Kirche in
Deutschland. Stuttgart 2009.
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2022/10/1 10:46 Das Krankheitsmotiv in der Lyrik des Andreas Gryphius — Allemand

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