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Nötigung an den Flughäfen

Hauptverbindung zum Buchungsserver der britischen Airline


an dem wohl mein Umbuchungsversuch am 12. August 2006 gescheitert ist...

Wer eine Reise tut, der kann manchmal einiges erzählen – dazu gehören gute und schlechte
Erfahrungen. Folgende Reiseberichte dokumentieren Erfahrungen, die ein Passagier als Nötigung
empfinden mag, aber von Fluglinien und EU-Behörden als ganz normale Ereignisse im Bereich der
„höheren Gewalt“ eingestuft werden. Trotzdem gibt es Unterschiede.
In folgenden Beispielen ist die eine, spanische Airline unschuldig an der Panne und bemüht sich
trotzdem nach Kräften, die Schäden zu begrenzen. Die andere, britische Airline interessiert sich
nicht für ihren Passagiere und verschlimmert die Situation durch Abzug des Personals und
Unerreichbarkeit sämtlicher Umbuchungsoptionen.
Von den EU-Behörden ist keinerlei Hilfe zu erwarten. Sie können erfahrungsgemäß nicht einmal ein
Pamphlet entwerfen in dem das Wort „Haftungsausschluss durch höherer Gewalt“ überhaupt
erwähnt wird. Auch Schlichtungsorganisationen sind gegen die Anwaltsgruppen und Nötigung der
Airlines machtlos. An den großen Flughäfen herrscht schlichtweg die Anarchie.

Erfahrungen am Flughafen Madrid


Der Flughafen Madrid-Barajas (span. Aeropuerto de Madrid Barajas) der spanischen Hauptstadt
Madrid ist der größte internationale Verkehrsflughafen von Spanien, europaweit nach London-
Heathrow, Paris-Charles de Gaulle und Frankfurt Rhein-Main der viertgrößte und lag 2008 laut
Wikipedia im Weltvergleich aller Verkehrsflughäfen an 11. Stelle. Mit einigen dieser Großflughäfen
habe ich in den vergangenen Jahren einige Erfahrungen gemacht.
Nach einer einwöchigen Rundreise von Madrid über Granada, Sevilla, Cordoba, und Toledo wollten
wir am Sonntag 5.12.2010 wieder zurückfliegen nach Fraport-Airport in Frankfurt am Main. Der
über 150 Teilnehmer großen Reisegruppe war bereits bekannt, dass ab Freitagnachmittag 3.12.2010
in ganz Spanien ein wilder Streik der Lotsen vom Zaun gebrochen war. Der Streik kam zu einem
denkbar ungünstigen Zeitpunkt, weil er mit dem Beginn eines langen Wochenendes in Spanien
zusammentraf.
Um diesen erst um Weihnachten erwarteten Fluglotsenstreik aufzuheben, musste die spanische
Regierung den ersten Alarmzustand seit 1975 ausrufen. Diese in der Verfassung festgelegte
Maßnahme ist für besondere Notlagen gedacht, zum Beispiel Erdbeben, Überschwemmungen und
Großbrände sowie Epidemien, Lebensmittelknappheit oder der Ausfall wichtiger Dienstleistungen
wie der Luftverkehr. Der Alarmzustand gibt der Regierung landesweit besondere Vollmachten. Er
ermächtigt etwa, die Kontrolle über zentrale Wirtschaftszweige zu übernehmen, sämtliche
Notdienste zu mobilisieren und Beamte und öffentliche Angestellte zum Dienst zu verpflichten.
Dienstverweigerer können sofort suspendiert und einem Haftrichter vorgeführt werden.
Am Samstagabend 4.12.2010 informierte uns die Reiseleitung, dass die Lotsen die Anordnung der
Regierung unter Protest akzeptierten und dass unser Rückflug normal stattfinden würde. Im
spanischen Fernsehen wurde berichtet, dass der Luftraum wieder vollständig geöffnet sei. Es könne
aber noch einige Tage dauern, bis sich der Flugverkehr normalisiere. Nach Angaben der
Flughafengesellschaft waren etwa 300.000 Flugpassagiere vom Streik betroffen.
Am Sonntagmorgen wurden wir um 4:00 Uhr geweckt und waren um 5:30 bereit für die etwa 1-
stundige Fahrt zum Flughafen Barajas. Bei Ankunft am Flughafen war die enorme Abflughalle
bereits gut gefüllt. Einige Dutzend Passagiere lagen auf dem nackten, gefliesten Boden und
schliefen. Der Rest reihte sich in langen Schlangen vor den Schaltern. Immerhin hatte die für uns
zuständige spanische Airline die Sache relativ gut organisiert. Nahezu alle (etwa 300) Passagiere
hatten bereits ihre Tickets und Gepäckbanderolen an den Buchungsautomaten vorbereitet. Die
Schlange an den Umbuchungsschaltern war mit ca. 10-20 Personen relativ kurz.
Nach etwa ein bis zwei Stunden Wartezeit in der Schlange am Check-in-Schalter konnten wir unser
Abflugtor pünktlich um 8:15 Uhr erreichen. Als Abflugtermin war 8:55 Uhr vorgesehen, aber der
Flug wurde etwa eine halbe Stunde verspätet. Die riesige, viermotorige Maschine vom Typ A340-
300 schaffte es jedoch die Verspätung weitgehend auf zu holen und wir landeten in Frankfurt mit
nur geringer Verspätung. An Bord befanden sich auch zahlreiche Reisende, die bereits an Freitag
hatten abfliegen wollen. Sie hatten sich bereits Freitag auf der Startbahn eingereiht, als der
Fluglotsenstreik sie zum verlängerten Wochenende in einem Madrider Hotel zwang.
In diesem Fall hatten wir das Glück, dass die spanische Airline die reguläre Flüge bevorzugt
abwickelte und uns sofort transportierte. Einige Jahre zuvor wurden alle 300.000 bis 400.000
Fluggäste dagegen völlig ihrem Schicksal überlassen....

Im "Heathrow-Hassle" herrscht nur "Höhere Gewalt"


Am 12. August 2006 endete eine sehr schöne Urlaubsreise nach Cornwall abrupt in der Endstation
Heathrow. Es gab bereits tagelang zuvor Terrormeldungen, aber unsere britische Airline gibt sich
ganz cool: es gibt mal wieder einen Heathrow Hassle, wobei die Engländer ein unglaubliches Chaos
anrichten. Die Hauptairline, dessen Namen ich bewusst aus meinem Gedächtnis getilgt habe, ist
einfach nicht erreichbar. Sie schließt in solchen Fällen sofort alle Schalter und überlässt die
gestrandeten Passagiere ihrem Schicksal. Hilflose Lehrlinge gingen herum und drücken uns
Handzettel1 mit einer Telefonnummer und einer Internetadresse zum Umbuchen unseres Fluges in
die Hand. Selbstverständlich fehlt auf diesen Zetteln jeglicher Hinweis über Haftungsausschluss
durch „höherer Gewalt“

1 Siehe Anlage 2
Leider wurde die Telefonnummer zur Umbuchung nie (auch nicht um Drei Uhr nachts) beantwortet
und stürzte die Internetseite beim Abschluss der Buchung grundsätzlich ab. Die Belegschaft dieser
Airline war für keinen Passagier ansprechbar und qualmte hinter verschlossenen Schaltergittern
eine Zigarette nach der Anderen. Offensichtlich bereiteten sie sich auf das Wochenende vor und
schlossen vielleicht Wetten ab, wie lange der Urlaub diesmal dauern würde... (die Engländer wetten
bekanntlich grundsätzlich auf jedes nur erdenklichen Ereignis).
Auf einem Pamflet mit dem vielversprechenden Namen "Air Passenger Rights 2" stehen ganz
eindeutige EU-Richtlinien, an denen sich eine Airline zu halten hat. Von höherer Gewalt ist in
diesem Pamphlet gar keine Rede. Offensichtlich hat die zuständige EU-Behörde keine Ahnung wie
Fluglinien arbeiten oder den Passus zum Thema "Höhere Gewalt" einfach vergessen.
Im Vertrauen, dass eine Airline uns auf jedem Fall einen Rückflug schuldet, beschlossen wir -
nachdem auf der Anzeigetafel alle BA-Flüge des nächsten Tages auch schon mit der Überschrift
"cancelled" beschriftet wurden - ein neues Lufthansa-Ticket für den nächstbesten Flug mit einer
kompetenten Airline zu beschaffen. Wir bezahlten dazu über 900 British Pfund und legten uns dann
auf dem kalten Boden des Lufthafens zu "Ruhe". Geschlafen haben wir allerdings nicht.
Selbstverständlich gab es an diesem Abend kein Essen. Dafür gab es Kaffee, Tee und Kekse von der
Air France und Alitalia – eine britische Airline ist für einen solchen Service nicht zu haben. Wir
aber hatten Glück im Pech, weil wir uns auf Isomatten hinlegen konnten. Weniger erfolgreiche
Passagiere haben auf dem nackten, kalten Boden oder in einer Alufolie gewickelt auf einer
metallenen "Couch" schlafen dürfen... Ich hatte mich natürlich auch um einem Hotelzimmer
beworben. Laut Flugzettel bezahlt die britische Airline 100 Pfund für ein Doppelzimmer, aber bei
einem Heathrow Hassle steigen die Hotelpreise in 50 Km Umkreis sofort auf 100 Pfund pro Person!
Dann bleibt man lieber gleich am Flughafen und hofft auf bessere Zeiten.
Am nächsten Morgen mussten wir mit einer Hundertschar Mitleidenden um 5:30 Uhr eilig in ein
anderes Terminalgebäude umziehen. Auch um dieser Uhrzeit war diese Abflughalle der Lufthansa
und einiger anderen Fluglinien bereits vollkommen überfüllt mit schwitzenden Passagieren.
Weinende Passagiere flehten um einen Stehplatz in der Warteschlange. Die Polizeistaffel nahm
schon die Gummiknüppel zur Hand um dieses Gebäude zu räumen als uns ein freundlicher und
kompetenter Lufthansa-Mitarbeiter bemerkte und zur Hilfe kam (und ich habe ihn für diese Wohltat
seitdem in meinen Abendgebeten inbrünstig eingeschlossen). Er zeigte uns die Schalter zum
automatischen Checkin, wovon die britische Airline noch nie gehört hatte, und schleuste uns mit
den Koffern zum Schnellschalter, wo wir das Gepäck innerhalb 5 Minuten loswerden konnten.
Danach flogen wir tatsächlich mit einem rettenden Kranich innerhalb einer Stunde nach Stuttgart.
Ich fühlte mich wie der letzte US-Amerikaner, der mit dem Hubschrauber aus Saigon ausgeflogen
wurde...
In diesem Flieger erfuhren wir von anderen gestrandeten BA-Passagieren, dass die auf den
Flugzetteln genannten Telefonnummern bei keinem Passagier zum Umbuchen funktioniert haben.
Damit war die britische Airline auf dem einzigen vorgeschriebenen Weg wohl für keinen
gestrandeten Passagier erreichbar. Stattdessen sollte man:
• ein Deutsches Handy mit vollgeladenem Batterie und unbegrenzten Guthabenkonten zur
Hand haben,
• eine Nummer einer Deutschen BA-Niederlassung wählen
• und dann dort eine Umbuchung veranlassen.
Nur so wäre es ihnen gelungen den Platz in der Lufthansa-Maschine zu ergattern...

2 Siehe Anlage 1
Der Kampf um Rückerstattung der Mehrkosten
Wir fühlten uns nun sicher, dass wir die Kosten von über 1500 Euro von der Airline zurückerstattet
bekommen würden. Diese Hoffnung hat sich jedoch nicht bewahrheitet. Obwohl wir die Unterlagen
sofort eingereicht hatten, antwortete die britische Airline zunächst einmal monatelang gar nicht.
Dann hieß es: der Flug wäre gar nicht storniert worden und hätte sogar mit nur geringer
Verzögerung abgehoben... Weil der Flug aber nicht storniert worden ist, gäbe es einfach auch keine
Entschädigung. Dabei wäre für eine Verweigerung der Boarding-Prozedur ja die gleiche
Entschädigung fällig.
Über die Fehlfunktion der Telefonanlage zum Umbuchen hat die britische Airline uns dann erst
nach anderthalb Jahren (d.h. nach mehreren Hundert Nachfragen) geantwortet, dass die
Telefonzellen bekanntlich zum Verantwortungsbereich des Flughafens Heathrow gehöre und
deshalb nicht zum Zuständigkeitsbereich der Fluglinie gehören.

"Höhere Gewalt" (in Englisch "Act of God")


Im Übrigen - so behauptet die britische Airline - wäre es ja ein Terroralarm, der bekanntlich jede
Haftung für Schäden der Airline ausschließe. Ich solle mich im Internet mal umsehen und könnte
dort die Geschäftsbedingungen lesen. Da das tägliche Chaos in Heathrow jedoch ein Standardfall
ist, kann sich diese Airline bei jedem Zusammenbruch durch Vogelkot auf der Startbahn mit
Ausschluss durch höherer Gewalt aus der Verantwortung ziehen. Dabei wird sie - wie wir später
noch erfahren sollten - auch noch von EU-Behörden unterstützt!!

Gesetzeslage zur Unterstützung der gestrandeten Passagiere


Dabei gibt es eine eindeutige Gesetzeslage zur Unterstützung der gestrandeten Passagiere bei
höherer Gewalt. Ich habe folgenden Notiz im Internet gefunden:
"Auch eine sogenannte Billig-Fluggesellschaft darf Passagiere, die witterungsbedingt am
Boden bleiben müssen, nicht einfach ihrem Schicksal überlassen. Die Fluggesellschaft hat
die Pflicht, den Passagieren ihre Hilfe anzubieten, beispielsweise einen Bustransfer zu einem
anderen Flughafen zu ermöglichen. Verletzt sie diese Pflicht, haben Fluggäste Anspruch auf
Schadensersatz". (OLG Koblenz, Az.: 1 U 983/05).
Dieses Urteil stammt aber aus 2006, scheint aber auf die Pflicht zur Hilfeleistung bei "Höherer
Gewalt" zu passen. Für solche Urteile interessieren sich aber die britische Airline, die EU-
Behörden, das Luftfahrtbundesamt und dergleichen Instanzen überhaupt nicht.... In einem
jahrelangen Streit mit der britischen Airline gab es nach meinen Erfahrungen nur eine
unterstützende Stelle: das Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland, das jedoch aus
Kostengründen inzwischen bereits wieder verschwunden ist.

Fazit
Genau genommen sind die gestrandete Passagiere sowohl in den beschriebenen Fällen in Madrid als
in Heathrow Opfer einer Nötigung gewesen. In beiden Fällen waren einige Hunderttausende
Passagiere betroffen und die Gesamtschäden sind vermutlich vergleichbar. Die spanische Airline
verdient jedoch im Gegensatz zur britischen Airline meine Hochachtung für ihren Einsatz bei der
Lösung der logistischen Probleme.
Die britische Fluglinie und ihr Heimatflughafen London-Heathrow sind dagegen nur für
Sadomasochisten empfehlenswert. Auf jedem Fall sind wir nicht mehr willig in irgendeine
britischen Maschine zu steigen oder überhaupt noch nach Heathrow zu fliegen, auch wenn man uns
einen Gratisflug anbieten würde...
An einigen europäischen Flughäfen werden mit Billigung der EU-Behörden gestrandete
Flugpassagiere bei „höherer Gewalt“ zu hohen Mehrkosten genötigt, weil die Fluggesellschaften
und deren Zuarbeitern unfähig oder unwillig sind ihre Hausaufgaben zu erledigen, wozu man auch
ein funktionsfähiges Konzept für den Zusammenbruch durch wilden Streiks, Wetterlage oder
Pannen rechnen sollte. Nicht einmal die klare Umschreibung der Sachlage bei höherer Gewalt hält
man bei den Fluglinien oder Behörden für nötig. Das wird der gestrandete Passagier dann schön
nach monatelanger Korrespondenz mit der Airline herausfinden...
Wer eine Urlaubsreise bucht, sollte überlegen ob man nicht besser eine Pauschalreise wählt, bei
dem der Reiseveranstalter auch für die Durchführung der Flügen haftet. Das ist immer noch
kostengünstiger als zum Beispiel bei einem Heathrow Hassle in die Fänge einer unfähigen Airline
zu geraten.
Abb.1: Einzige Info für BA-Passagiere ohne Erwähnung der höheren Gewalt aber mit
unbrauchbaren Telefonnummern
Abb. 2: Flugpassagierrechte ohne Ausschluss durch Höherer Gewalt - Stand: 12. August 2006

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