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nachrichten g 3336 5.12.2002 18. jahrg./issn 0945-3946 1,30 ¤
www.arbeiterfotografie.com
Zeit. So hat er sich nun, doch sehr
spontan, entschlossen, den Neonazis
im Klub „Thor“ zu kündigen.
Diese erfreuliche Tatsache ist nicht
zuletzt dem Engagement vieler antifa-
Info:
schistischer Gruppen, linker Organisa-
tionen, Einzelpersonen und anderer
gesellschaftlicher Kräfte zu verdan-
ken. Die Kampagne „Thor muss weg“
wird aber fortgesetzt bis zu dem Tag,
an dem die Neonazis endgültig das Mit einer mutigen Aktion wurde am 10.12. das Anlegen eines Schiffes verhin-
„Thor“ verlassen. dert, auf dem in Zukunft neu ankommende Flüchtlinge in Köln untergebracht
Die geplante Kundgebung am Mitt- werden sollen. Bericht Seite 11 Foto: arbeiterfotografie
woch, dem 18. Dezember 2002 findet
nach wie vor statt, wird jedoch in die
Dresdner Neustadt verlegt. Stattfinden Vor der Ausarbeitung neuer „Verteidigungspolitischer Richtlinien“
wird sie um 15 Uhr im Alaunpark am
Bischofsweg. Auch die inhaltliche
Ausrichtung der Kundgebung wird auf
Nazi-Veteranen
die neue Situation eingehen.
Mit Schließung des „Klub Thor“
und Reservisten
sind die Probleme mit Neonazis nicht
vom Tisch. Zwar haben organisierte wollen ein Wort mitreden
Neonazis dann einen ihrer wichtigsten von Ulrich Sander
Treffpunkte verloren, der nächste grö-
ßere Neonaziaufmarsch in Dresden Bundeswehrminister Peter So berichtet in diesen Tagen das Blatt
steht aber bereits am 13. Februar 2003 Struck hat fürs Frühjahr neue „Die Gebirgstruppe“ Nr. 5/02 über eine
bevor. Im letzten Jahr beteiligten sich Verteidigungspolitische Richtli- „richtungsweisende“ sicherheitspoliti-
an diesem Aufmarsch ca. 1.000 Neo- nien angekündigt. Sie sollen den sche Tagung des Deutschen Reservisten-
nazis. „neuen Entwicklungen der Sicher- verbandes und des „Kameradenkreises“
Tina Sommer - heitslage und den neuen Herausfor- der Gebirgstruppe – und damit sind die
Kampagne „Thor muss weg“ derungen an die Bundeswehr ange- Veteranen aus der Wehrmacht und die
http://www.thormussweg.de passt seien“, erfuhren wir Ende No- Reservisten wie Aktiven aus der
mail to info@thormussweg.de ■ vember. Wenn die neuen Verteidi- Bundeswehr gemeint. Sie forderten un-
gungspolitischen Richtlinien so ähn- missverständlich: „Mehr Geld für die In-
lich auf den Weg gebracht werden, nere und Äußere Sicherheit“.
wie jene unter Minister Volker Rühe So ähnlich klingt es auch, wenn sich
Aus dem Inhalt: im Herbst 1992, dann dürften die höchste Industriellenkreise treffen. Der
Waffeninspektionen laufen - höchsten Militärs und ihre Zirkel, wie Bundesverband der Deutschen Industrie
Bush unbeeindruckt . . . . . . . . . . 6 etwa die Clausewitz-Gesellschaft un- (BDI) machte vor der Wahl Druck und
Rechtsextrem-regionalistische ter Generalinspekteur a.D. Klaus forderte „eine Erhöhung der Rüstungs-
Bewegung im Elsass . . . . . . . . . . 8 Naumann, wieder ein maßgebliches ausgaben um drei Mrd. Euro pro Jahr
Wort mitreden. zur Modernisierung der Bundeswehr“.
Das nächste Heft wird wegen Der BDI-Präsident Michael Rogowski
der Feiertage erst am 3.1.2003 Reaktionärste Vertreter der Militärkaste mischte sich persönlich ein: „Es muss
verschickt werden. stimmen sich derzeit ab, um ihre Forde- deutlich mehr investiert werden“.
rungen zu formulieren und anzumelden. Fortsetzung Seite 3
: meldungen, aktionen
Die Rechte
Baring, Weißmann und Co.
Berlin. Auf ein volles Haus hofft das
und schreibt auch für
das revanchistische
in Europa
rechte „Institut für Staatspolitik“ um die Wochenblatt „Der
„Junge Freiheit“-Autoren Götz Kubit- Schlesier“. Artikel
schek und Karlheinz Weißmann am 14. aus der Zeitung „Der
Dezember in Berlin. Unter dem Motto Schlesier“, in der
„Der Bürger - Herrschaft und Gestalt“ man auch Anzeigen
findet das 5. „Berliner Kolleg“ von 10 der NPD, der sog.
bis 17 Uhr im AVZ, Emser Str. 11/12 in „Republikaner“ und
Berlin-Wilmersdorf statt. Höhepunkt der anderer Rechtspar-
Veranstaltung wird eine Diskussion zwi- teien findet, sind in
schen Karlheinz Weißmann und Arnulf großer Zahl auch im Die Journalisten Bernhard
Baring zum Thema „Bürgerlich – was Weihnachtsrundbrief
sonst ?“ sein. Der Publizist Baring hatte der VGG von 1997 Schmid und Gerhard Feldbauer
unlängst Aufsehen erregt, als er in einem abgedruckt. berichten aus Frankreich,
Beitrag für die großbürgerliche „FAZ“ Dazu gehören ne- Italien, sowie über die
einem Bürgeraufstand gegen das „er- ben Beiträgen von
starrte Parteiensystem“ das Wort geredet Paul Latussek, ehe- Situation in Europa insgesamt
hatte. Zum Thema referieren ferner mals Vizepräsident
Eberhard Straub („Götterdämmerung des des BDV und zeit-
Bürgertums“) und Manfred Lauermann weise auch kommis-
(„Doppelten Abschied vom Bürger- sarischer Bundesvor-
tum“). Das „Institut für Staatspolitik“ hat sitzender des „Bund
sich, „mit ausdrücklich positivem Bezug Freier Bürger“
zur eigenen Nation“, der Förderung des (BFB), auch Texte
akademischen Nachwuchses verschrie- des ehemaligen Waf-
ben..... JF 49/02 - hma ■ fen-SSlers Hans 18. Januar 2003, 14.00 Uhr
Werner Woltersdorf, Köln, Bürgerzentrum Alte Feuerwache, Melchiorstr. 3
BDV und VGG des Autors der Kleines Forum
geschichtsrevisionis- Veranstalter: Herausgabekreis der Antifaschistischen Nachrichten
Münster. Eine ominöse „Vereinigung tischen Zeitschrift Infos: Tel. 0221-21 16 58
Auch die Stadt- sität Berlin und der Universität der menschlichen Arbeitskraft Das bekannteste Opfer bei
werke Bremen Bremen Geschichte, Soziolo- - im Interesse ihres Betriebes. der „Säuberung“ des Personals
gie und Politikwissenschaften Marcus Meyer wehrt sich ge- war Heinrich Schütte. Der Di-
waren keine studiert. Seit seinem Magister- gen die bei vielen Bremern rektor der Gaswerke wurde
„Insel der Reinen“ abschluss 2000 beschäftigt er wohl willkommene Einschät- 1934 entlassen. Den neuen
Neues Buch über die sich neben seiner Dissertation zung, dass Zwangsarbeiter in Herrschern war er ein Dorn im
Zwangsarbeit von 1939 bis mit verschiedenen regionalge- der Stadt an der Weser wenig Auge, weil er sich einer
1945 schichtlichen Projekten. zu befürchten gehabt hätten, NSDAP-Mitgliedschaft ver-
Spielräume geschickt weil sie quasi in einem heim- weigert und einer Freimaurer-
Was die IV. Berufungskammer ausgenutzt lichen Bollwerk der Nazigeg- loge angehört hatte. Am Fall
Bremen am 18. Juli 1949 in nerschaft eingesetzt wurden. Heinrich Schütte lässt sich
der Urteilsbegründung zu ei- „Das Buch bedeutet uns viel“, „Fest steht auf der einen Seite, aber auch eine gewisse Wider-
nem Entnazifizierungsverfah- sagte swb-Vorstandsvorsitzen- dass Fremdarbeiter misshan- sprüchlichkeit der Nazi-Politik
ren zu Papier gebracht hatte, der Gerhard Harder bei der of- delt und geschlagen wurden“, nachvollziehen, die nicht sel-
geht wahrscheinlich noch heu- fiziellen Präsentation des 169- so Meyer. Allerdings: „Fest ten hin- und hergerissen war
te vielen Hansestädtern runter seitigen Werkes. Gemeint sei steht aber auf der anderen Sei- zwischen pragmatischen Über-
wie Butter. Kein Wunder sei es als eine ideelle Geste der te auch, dass dies nicht die Re- legungen und einer gnadenlo-
es, „dass unter allen in Bre- Solidarität mit den Opfern der gel war und die Arbeiter im sen Ideologie. Denn der seines
men wirksam gewordenen Na- Zwangsarbeit und als „Mah- Allgemeinen gut behandelt Amtes enthobene Gaswerke-
zis kaum ein Bremer zu finden nung an uns, in unserer eige- worden sind.“ Chef durfte Aufsichtsratsmit-
ist“, heißt es in dem Doku- nen Zeit wachsam zu sein und
ment. Es könne als „notorisch unserer eigenen Verantwor-
feststehend angesehen werden, tung gerecht zu werden“. Jede
dass der Nationalsozialismus Generation habe ihre Spielräu-
den Bremer Hanseaten gegen me und sei verpflichtet, in die-
ihren Willen aufgezwungen sen Freiräumen verantwor-
worden ist.“ Der Historiker tungsvoll zu handeln.
Marcus Meyer weiß es besser. Rund 600 ausländische Ar-
Er untersuchte eingehend beitskräfte, die zwischen 1940
die Geschichte der Zwangsar- und 1945 bei den Bremer
beit bei den Bremer Stadtwer- Stadtwerken gearbeitet hatten,
ken von 1939 bis 1945, bis sind namentlich bekannt ge-
1942 ein staatliches Unterneh- worden. Der Jüngste von ih-
men. Sein Fazit, das auch für nen war 13, der älteste 67 Jah-
die anderen Firmen in der re alt. Dass so viele von ihnen
nordwestdeutschen Metropole identifiziert werden konnten,
gültig sein dürfte: „Von einer ist eine Besonderheit - und es
ablehnenden Einstellung ist zwei Kartons zuzuschrei-
gegenüber dem Nationalsozia- ben, die vor einiger Zeit im
lismus, wie sie die Spruch- Hauptgebäude der swb AG ge-
kammer nach dem Krieg den funden wurden.
Bremern generell unterstellte, Die meisten Zwangsarbeiter Bremen war in der Blütezeit glied der Vereinigung Deut-
kann für die Zeit nach der bei den Stadtwerken wurden des Hakenkreuzes keine „Insel scher Gaswerke bleiben, einer
Gleichschaltung bei den Stadt- im Bereich des Gaswerkes und der Reinen“. Aber dass hier bedeutenden Interessenvertre-
werken nur am Rande die in der Kabelabteilung ge- manch ein Funktionsträger sei- tung der kommunalen Gasver-
Rede sein.“ braucht. Ein erster Beleg für ne Befugnisse und Spielräume sorger. Dagegen regte sich
1999 hatte der Vorstand der eine Anforderung von stärker im positiven Sinne aus- zwar Kritik aus Kreisen der
swb AG, der Rechtsnachfolge- Zwangsarbeitskräften – 50 an zunutzen verstand als in vielen Partei, aber der Bürgermeister
rin der Bremer Stadtwerke be- der Zahl – stammt aus der Ge- anderen Gegenden Deutsch- und der Wirtschaftssenator
schlossen, sich mit der Ge- schäftsleitung des Gaswerkes lands, darf dann doch behaup- verteidigten die Funktion
schichte des Unternehmens und datiert vom Juli 1940. tet werden. Schüttes – mit der Begrün-
während der Herrschaft des Über die Lebenslagen der Hin und her gerissene dung, dass er einen 25-prozen-
Nazi-Regimes gründlich aus- Zwangs- und Fremdarbeiter NS-Politik tigen Kapazitätsabbau zu Gun-
einander zu setzen. So kam sollte nichts Verallgemeinern- sten der Norddeutschen Hütte
der erst 27-jährige Wissen- des geäußert werden, wünscht Schon wenige Monate nach wieder aufgefangen habe.
schaftler Marcus Meyer zu sich Meyer. Denn: „Die ras- der Machtübernahme durch Zum Nachfolger von Hein-
seinem Auftrag. Er verfasste senideologischen Vorgaben die Nationalsozialisten forder- rich Schütte avancierte Frie-
das Buch „...uns 100 Zivilaus- auf der einen und die kriegs- te das „Gesetz zur Wiederher- drich Hopf, der es bereits 1933
länder umgehend zu beschaf- wirtschaftlichen Notwendig- stellung des Berufsbeamten- zum SA-Obersturmführer ge-
fen – Zwangsarbeit bei den keiten auf der anderen Seite tums“ auch bei den Bremer bracht hatte. Dem einstigen
Bremer Stadtwerken 1939- hatten zum Teil völlig gegen- Stadtwerken seinen Tribut. Teilnehmer des Hitler-Put-
1945 “, das nun im Verlag Edi- sätzliche Maßnahmen zur Fol- Durch zahlreiche Kündigun- sches 1923 war trotz seiner
tion Temmen erschienen ist. ge.“ Während die Rassen- und gen wurde Platz für die „Par- menschenverachtenden ideo-
Dabei kooperierte Meyer eng Sicherheitspolitiker auf den teigenossen“ geschaffen. Zwi- logischen Grundlage eigenes
mit dem Institut für Regional- geschaffenen Hierarchien be- schen 1933 und 1934 wurden menschliches Verhalten nicht
und Sozialgeschichte an der harrten, bemühten sich die 162 Mitarbeiter „gefeuert“, fremd – vor allem dann nicht,
Universität Bremen. Der Autor Unternehmer um eine mög- davon die meisten bei den wenn es im Sinne seines
hatte an der Humboldt-Univer- lichst effektive Ausnutzung Gas- und Wasserwerken. Unternehmens lag. Gerade
BESTELLUNG: Hiermit bestelle ich … Stück pro Ausgabe (Wiederverkäufer erhalten 30 % Rabatt)
O Halbjahres-Abo, 13 Hefte 22 Euro
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O Jahres-Abo, 26 Hefte 44 Euro 14-täglich 2002 doch noch am
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