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C 3.

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Die Zielgruppen
Gut gezielt ist halb erreicht

Achim Fischer

Wissenschaftler, die eine gezielte Kommunikation mit der „Außenwelt“ aufbauen möchten, stehen
oft vor der Fragen: Wo soll man anfangen, wo aufhören? Der Wille, „die Öffentlichkeit“ oder „alle,
für die unsere Ergebnisse relevant sind“ über die eigene Einrichtung zu informieren, ist gut gemeint
aber angesichts mangelnder Kapazitäten kaum in diesem Globalanspruch zu realisieren. Es
empfiehlt sich stattdessen, die wichtigsten Zielgruppen der eigenen PR-Arbeit zu identifizieren und
die weitere Kommunikation hierauf zu konzentrieren. Der Beitrag zeigt in acht Schritten, wie sich
die Vielzahl von Zielgruppen auf die wichtigsten Kernzielgruppen verdichten lässt und wie diese
möglichst genau eingegrenzt werden. Er stellt die Rolle von Referenzgruppen vor und erklärt, wie
sich diese als Empfehler in die Kommunikationsstrategie einbinden lassen. Und schließlich the-
matisiert der Autor, wie das Kommunikationsverhalten der Zielgruppen analysiert werden kann –
als Ansatzpunkt für die Entwicklung konkreter Kommunikationsmaßnahmen.

Gliederung Seite

1. Alle sind zuviel 2


2. Zielgruppen benennen 3
3. Ziel berücksichtigen 4
4. Genaue Beschreibung 5
5. Hierarchie 6
6. Wie es euch gefällt 7
7. Informationsquellen 9
8. Die Struktur 10
9. Weitere Schritte 11

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C 3.1 Kommunikation mit Konzept: Wem will ich was wie vermitteln?

Den Weg festlegen: Wie gehe ich vor?

1. Alle sind zuviel


„Ich liebe euch alle“, richtete Boris Becker sich einst ohne die Mühe
weiterer Differenzierung an sein Publikum. Die Aussage ist zweifels-
ohne gut gemeint. Sie kann aber kaum eingehalten werden. Oder wer,
von spirituellen Größen abgesehen, trägt ein derart großes Herz in sei-
ner Brust, dass es die ganze Welt umfasst?

Wen wollen Sie Ähnlich ist es in der Wissenschaft. Wie Sportler oder Künstler sind
erreichen? auch Wissenschaftler in höchstem Maße engagiert. Forscher gehen in
ihrer Arbeit voll auf; der Beruf ist meist zugleich Berufung. Viele Wis-
senschaftler möchten ihr Wissen und ihre Begeisterung weiter geben,
möglichst an „die Öffentlichkeit“ oder „an alle, für die unsere Ergeb-
nisse relevant sind“. Doch spätestens mit der Vorbereitung der ersten
Broschüre, des ersten Tags der offenen Tür oder der ersten Langen
Nacht der Wissenschaft wird klar, welchen Aufwand dies bedeutet.
Alle zu erreichen, die in Beziehung zur eigenen Einrichtung stehen
oder stehen sollten, ist ein Unterfangen, das die vorhandenen Res-
sourcen regelmäßig überfordert.

Denn wissenschaftliche Einrichtungen stehen in Verbindung nicht nur


zu besonders vielen, sondern auch zu in ihrer Erwartungshaltung sehr
unterschiedlichen Anspruchsgruppen. Mühelos lassen sich oft zehn
und mehr Gruppen definieren, etwa Schüler, Studenten, Wissenschaft-
ler, Absolventen, Lehrer, Journalisten, Unternehmen, Politiker, lokale
Honoratioren, Verbände, Stiftungen, Drittmittelgeber u. v. m.

Alle Gruppen erreichen zu wollen, ist gut gemeint, aber kaum zu


realisieren. Vorhandene Informationen nach dem Gießkannenprinzip
gleichmäßig auf alle Adressaten zu verteilen, hilft nicht weiter. Die
Gründe hierfür werden im weiteren Verlauf dieses Beitrages noch ver-
deutlicht. Stattdessen empfiehlt es sich, Prioritäten zu setzen.

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Den Weg festlegen: Wie gehe ich vor?

2. Zielgruppen benennen

Grenzen Sie die für Ihre Kommunikation relevanten Zielgruppen ein. Erster Schritt hierzu: Benen-
nen Sie die einzelnen Zielgruppen. Und: Benennen Sie die Gruppen so genau wie möglich.

Was heißt „so genau wie möglich benennen“? In der Marktforschung


wurden und werden verschiedene Modelle entwickelt, um verschiede-
ne Zielgruppen zu beschreiben. Kombiniert werden dabei verschiede-
ne Merkmale, etwa Alter, Geschlecht, Qualifikation, Beruf, Einkom-
men, Vermögen, Familienstand oder – gerade in Verbraucherstudien
wichtig – Wertvorstellungen.

Die Modelle sind so komplex wie umstritten. Für Automobilhersteller


oder Sportmarken, die in eine einzige Werbekampagne zweistellige
Millionen-Beträge investieren, lohnt sich dieser Aufwand, um poten-
zielle Kunden ausfindig zu machen. Für wissenschaftliche Einrichtun-
gen, die erst ihre Kommunikation aufbauen möchten, reicht dagegen
der gesunde Menschenverstand und ein paar Jahre Zugehörigkeit zum
eigenen Haus, um eine Liste der Zielgruppen zu erstellen.

Die Informatik-Fakultät der Fachhochschule in Musterstadt identifziert als Gruppen, mit denen sie
in Verbindung steht oder stehen möchte:

• Schüler • Journalisten
• Studierende • Unternehmen
• Eltern • Forschungsförderer
• Lehrer • Alumni
• Wissenschaftler • Mäzene
• Politiker

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Den Weg festlegen: Wie gehe ich vor?

Literaturempfehlungen

[1] Hansen, Renée; Schmidt, Stephanie: Konzeptionspraxis. Frankfurt, 2006.


[2] Homburg, Christian; Krohmer, Harley: Marketingmanagement. Strategie -
Instrumente - Umsetzung - Unternehmensführung. Wiesbaden 2006, 2. Auflage.
[3] Leipziger, Jürg W.: Konzepte entwickeln. Handfeste Anleitungen für bessere
Kommunikation. Frankfurt, 2007, 2. Auflage.
[4] Piwinger, Manfred; Prött, Monika: Ausgezeichnete PR. Von Profis lernen:
Fallbeispiele exzellenter Kommunikation. Frankfurt, 2001.

Informationen zum Autor:


Achim Fischer, Jahrgang 68, hat an der Universität Mannheim die Abteilung Kommunikation und
Fundraising aufgebaut. Der Dipl.-Journalist (TU Dortmund) wechselte 1998 nach zehn Jahren im
Journalismus in die PR, zunächst in eine inhabergeführte Agentur, im Jahr 2000 an die Universität
Mannheim.
Fischer wurde für seine Arbeit mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem PR-Fuchs 2002 für die beste
Arbeit einer deutschen Hochschulpressestelle, mit dem Deutschen PR Preis 2004 und 2008 und
dem Deutschen Fundraising Preis 2005. Er hält regelmäßig Seminare im Themenfeld PR und
Hochschulmarketing, u. a. im Rahmen von GATE Germany. 2006-2008 war Fischer
Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft der Hochschulpressestellen in Deutschland. Seit 2008 ist
er Mitglied im Steering Committee der Euprio – European Public Relation and Information Officers
Association.

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