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Lebenslauf

Angus McIntyre, ein


Angus McIntyre wurde am Freitag, den 13. Juli ma Tomba aber nicht abhielt ihm immer neue
1840 in Boston, Massachusetts, als Sohn eines Dinge zu zeigen und beizubringen.
einflussreichen Händlers geboren. Als er dreizehn wurde fand er in der Biblio-
Seine Großeltern stammten aus Schott- thek seines Vaters eine Ausgabe von Hoyle’s
land (sind allerdings unabhängig von einander Book of Games. Angus könnte heute nicht
um 1800 in die USA eingewandert) und hatten mehr sagen warum aber er war fasziniert von
einen kleinen Lebensmittelladen, den sie stän- diesem Buch. Er verbraucht fast jede freie
dig vergrößerten. Als Angus Vater, Sean McIn- Minute damit in diesem Buch zu lesen. Mit
tyre, das Geschäft Mitte der 1830er Jahre das fünfzehn konnte er es fast auswendig. Das war
Geschäft übernahm, fing er mit einer recht auch die Zeit, als ihm auffiel das hinter den
aggressiven Expansion an und schluckte ande- Texten mehr steckte als die bloße Beschrei-
re Geschäfte bis Ende der 1830er rund siebzig bung von Spielen und es dauerte nicht lange
Prozent der Lebensmittelgeschäfte in Boston bis er sein erstes Hex dechiffriert hatte. Mama
den Namen McIntyre trug. 1842 fing Sean an Tomba war ihm eine große Hilfe dabei. Sie war
sich politisch zu engagieren und ließ sich 1849 es auch die ihm vorschlug eines der Spiele in
zum Stadtabgeordneten wählen. Hoyles Buch als Fokus zu verwenden.
Seine Mutter, Mary-Ann (urspr. Marianne) Tatsächlich spielt er gegen die Manitus
McIntyre, geb. Schollberg, war die Tochter kein Poker, sondern Bridge (was er aber nie im
deutscher Einwanderer, die 1836 in die USA Leben jemanden erzählen würde). Er stellt sich
emigrierten. Sean und Mary-Ann lernten sich dabei einen großen, holzgetäfelten Saal vor, der
1837 im Laden von Seans Eltern kennen und wie ein alter britischer Gentlemens Club einge-
heirateten zwei Jahre später. Die beiden hatten richtet ist. Er sitzt dabei an einem edlen, mit
insgesamt vier Kinder miteinander, von denen feinstem Filz bezogenen Bridgetisch in einem
Angus der älteste war. Nach der Geburt ihres bequemen, gepolsterten Stuhl, ihm gegenüber
vierten Kindes 1848, Angus jüngste Schwester sitzt ein britischer Lord.
Christina, erkrankte seine Mutter an Kindbett- Als er das erste Mal tatsächlich einen Ma-
fieber. Sie überlebte es, war danach allerdings nitu zu fassen bekam, nahm dieser auch Ein-
gesundheitlich sehr fragil und musste häufig fluss auf seinen Fokus und veränderte das
und lange das Bett hüten. Aussehen des Saals. Er war immer noch getä-
Angus und seine Geschwister verbrachten felt, allerdings mit rissigen Panelen aus denen
ihre Zeit, wegen der Krankheit ihrer Mutter, Blut sickerte und die Intarsien sahen aus wie
hauptsächlich in der Gesellschaft von Kinder- Knochen. Der Bridgetisch sah aus als wäre er
mädchen (ihr Vater war auch selten zu hause, mit rohem Fleisch bezogen und roch auch so.
da er sich um sein Geschäft und seine politi- Sein Stuhl war immer noch sehr bequem, al-
sche Karriere kümmern musste). Allerdings lerdings fühlte sich das Sitzkissen irgendwie
war es für Angus so etwas wie ein Sport sich warm und feucht an… und der britisch Lord…
immer neue Wege auszudenken seinem Kin- na ja…
dermädchen zu entwischen, um sich heimlich Auch wenn die Begegnungen mit den Ma-
in die Küche zu schleichen. Dort verbrachte er nitus nicht wirklich… erfreulich waren, übte
seine Zeit mit der Köchin, einer ehemaligen Angus wie ein Besessener… und er verlor nicht
(freigelassenen!) Sklavin, die er Mama Tomba ein Spiel. Er hielt sich für unbesiegbar!
nannte. Bis zum 9. November 1857. Er wollte ein
Mama Tomba (an ihren richtigen Namen neues Hex ausprobieren und lieferte sich auch
kann Angus sich nicht erinnern) war eine ge- ein sehr gutes Spiel mit dem Manitu. Trotzdem
waltig Frau: kugelrund, etwas über 1,50 m schlug dieser ihn haushoch…
groß, mit einer tiefen Stimme, mit der sie eine Das nächste woran er sich erinnern konn-
Wand einstürzen lassen konnte wenn sie einen te war, dass er über und über mit Blut besu-
anbrüllte. Sie war eine Mambo, eine Voodoo- delt im Garten seines Elternhauses aufwachte,
Priesterin, die großen Einfluss unter den was ihn hellen Flammen stand. Ein paar Be-
Schwarzen von Boston hatte. Angus wusste nie dienstete versuchten vergeblich etwas gegen
warum aber als er zehn Jahre alt wurde fing das Feuer auszurichten.
Mama Tomba an, ihn zu „Messen“ und Ritua- Als er zum Fenster seiner Mutter hinauf
len mitzunehmen. Als er elf war fing sie an ihm blickte, sah er sie am Fenster stehen mit blas-
Rituale beizubringen… mit sehr mäßigem Er- sem Gesicht und weit aufgerissenen, pani-
folg, worüber Angus sehr enttäuscht war, Ma- schen Augen… er sah sie… nur für einen kur-
zen Augenblick, kurz bevor die Decke zum
Salon einstürzte und sie mit in die Flammen- Er war in Begleitung von Angus jüngster
hölle riss. Schwester Christina und einer Frau im Alter
Dann rannte er. Rannte bis er nicht mehr seines Vaters, die Angus nicht kannte.
konnte, seine Seite stach und seine Lunge Panik stieg in ihm hoch und Schuldgefüh-
brannte. Er verkroch sich im Keller eines leer- le. Fast hysterisch verließ Angus das Hotel und
stehenden Hauses und blieb dort für zweit verließ die Stadt in Richtung Westen um nie,
Tage, starr vor Angst (auch wenn er nicht ge- wie er hoffte, nie wieder in den Norden zurück
nau wusste wo vor), betäubt von Trauer und zu kehren…
krank vor Scham.
Nach den zwei Tagen kroch er, von Hunger
getrieben, wieder hervor. Nachdem er sich So, nun noch etwas was ich nicht in den Le-
etwas Obst und Gemüse gestohlen hatte (ein benslauf unterbringen konnte:
Unternehmen bei dem er beinahe im Knast
gelandet wäre, wäre er nicht schneller gewesen Sein schlimmster Albtraum:
als der Polizist, den der Ladenbesitzer auf ihn Beim wirken eines Hexes wieder so die Kontrol-
hetzte) verließ er die Stadt. Er schlug sich le zu verlieren, wie an dem Tag, als seine Mut-
(mehr schlecht als recht) zur Jagdhütte seines ter… starb und dabei Menschen zu… verletzen,
Vaters durch (die dieser schon seit Jahren an denen ihm etwas liegt.
nicht mehr besucht hatte) und versteckte sich
dort mehr oder weniger, geplagt von schreckli- Sein Ziel im Leben:
chen Alpträumen und übermächtigen Schuld- Etwas Konkretes hat er da nicht. Er hat einen
gefühlen. vagen Traum von genügend Geld und einem
Hier, weit entfernt von jedem menschli- kleinen Häuschen in dem er bis ans Ende sei-
chen Leben, übte er seine Hexes. Er brauchte ner Tage mit seinem Partner (den er erst ein-
fast ein Jahr bis er begriff, das es ein reines mal finden muss) leben kann…
Glückspiel war wenn er gegen einen Manitu
spielte und er rein gar nichts dagegen tun
konnte wenn dieser bessere Karten hatte und
er beschloss wieder unter Menschen zu gehen.
Er musste Geld verdienen. Nur wie? Er
nahm jede Arbeit an, die er bekommen konnte,
auch wenn physisch nicht viel mit ihm anzu-
fangen war. Er arbeitete hauptsächlich in Bars
und Kneipen, wo er oft dabei zusehen konnte,
wie die Gäste pokerten. Bald konnte er mit
ziemlicher Sicherheit voraussagen wie welcher
Spieler reagieren würde und wer gewinnen
würde.
Er fing selber an zu spielen, mit relativen
Erfolg, bis er Northon Cumberth, einen altern-
den und sehr bekannten Profispieler. Cum-
berth sah großes Potential in Angus (zumal es
ihm einmal gelang Cumberth zu schlagen) und
nahm ihn unter seine Fittiche.
Die nächsten vier Jahre war Angus mit
Cumberth unterwegs und dieser brachte ihm
alles bei, was er übers Pokern wusste und ihn
quasi an Sohnesstatt annahm… bis Cumberth
im Februar 1863 während einer Pokerpartie
erschossen wurde. Von da an zog er alleine
durch Amerika, wobei er immer darauf be-
dacht war sich von den Schauplätzen des Bür-
gerkrieges fernzuhalten, wobei er teilweise
große Umwege in kauf nehmen musste. Dabei
sah er Dinge, die seinen Alpträumen nicht
gerade Abhilfe schufen. Nach Möglichkeit
machte er um merkwürdige Kreaturen, un-
heimliche Orte und dergleichen einen Bogen
bekam aber trotzdem mehr mit als er jemals
wissen wollte.
Im Oktober 1868 machte er einen „kleinen
Urlaub“ in New Orleans, wo er auch an einem
kleinen Pokerturnier teilnehmen wollte.
In der Halle des Hotels, in welchem das
Turnier stattfinden sollte, traf er auf seinen
Vater. Er kam die Treppe hinunter, als sich
Angus gerade ins Gästebuch eintragen wollte.

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