Sie sind auf Seite 1von 4

Die Swing-Jugend

Lebensstil und Treffpunkte:


 Mitglieder kamen aus der Großstadt-Bourgeoisie (besonders Hamburg)
 Swing als Ausdruck von Freiheit und Individualismus
 ausschweifender, hedonistischer Lebensstil
 anfänglich große Veranstaltungen, nach vermehrten Razzien (1940) Treffen im kleineren/privaten Rahmen
 exzessiv nach eigenem Stil zu der verpönten Musik getanzt  NS-Bezeichnung: „Neger- oder Affentänze“

Cliquenbildung und sprachliche Besonderheiten:


 Jugendliche schlossen sich in „Swing-Kids-Cliquen“ zusammen
 trugen Clubabzeichen
 keine Geschlechtertrennung (Gegensatz zu der HJ und dem BDM)
 viele englische Ausdrücke in Briefen oder Gesprächen
 gaben sich gegenseitig englische Namen
 anstatt „Sieg Heil / Heil Hitler“ Begrüßung durch „Swing heil / Heil Hotler“
 Verwendung jüdischer Wörter aus Provokation

Mode:
 englische und amerikanische Vorbilder
 Stil: elegant und eitel
 Jungen: karierte, weite und lange Sakkos, Anzüge, und Mäntel + Hut und Regenschirm + möglichst lange
Haare
 Mädchen: kurze Röcke oder lange Hosen, Dauerwelle, Make-up und Zigarette

Konflikte mit der NS-Ideologie:


 viele Swing-Kids sahen sich vorerst nicht als Teil des politischen Widerstandes
 Verhalten und Lebensart stimmten nicht mit NS-Ideologie überein (z.B. Idealvorstellung einer deutschen
Frau/ eines deutschen Mannes)
 offene Provokation: 1941 parodierten 60 Swing-Jugendliche den Empfang hoher Nazi-Persönlichkeiten am
Hamburger HBF  Verhaftung der Hauptbeteiligten

Verfolgung der Swing-Anhänger:


 1935: Swing-Sendeverbot im deutschen Rundfunk  vermehrtes Hören ausländischer Sender
 „Swing tanzen Verboten“-Schilder in Cafés
 Nazis sahen die Swing-Kids als Schädigung der Volkskraft an
 Swing-Anhänger galten als degeneriert, kriminell und krank
 ab 1939: Verbot auf der englischen Sprache zu singen

Verhaftungen:
 1940: erstmals 63 Swing-Jugendliche verhaftet (KZ)
 1942: Befehl von Heinrich Himmler alle Rädelsführer der Cliquen für zwei bis drei Jahre inhaftieren zu lassen
 in Folge der Unterdrückung und Verhaftungswelle  erster politischer Widerstand (verteilen
antifaschistische Flugblätter, sympathisierten mit der Weißen Rose)
 Swing-Jugendliche erhielten nach Kriegsende keine finanzielle Entschädigung, da sie angeblich nicht politisch
verfolgt worden seien
Die Edelweißpiraten: Exemplarisch dargestellt durch Gertrude Koch und Barthel Schink

Namenserklärung:
 „Edelweiß“  war Erkennungsmerkmal der bündischen Jugend
 „-piraten“ geht auf die Kittelbachpiraten zurück, einem rechtsgerichteten Jugendverbund um 1925
 Begriff Edelweißpiraten wurde erstmalig von der Gestapo genutzt und war eine Art der Provokation für die
zumeist linksgerichteten oppositionellen Jugendgruppen

Aktivitäten: Die Freizeitgestaltung der Edelweißpiraten


steht in starkem Kontrast zudem der Hitler-
 Unternahmen Fahrten
Jugend. Wo bei letzterer der Tagesablauf
 Trafen sich regelmäßig an ihnen bekannten Orten durch militärische Disziplin geregelt und durch
 Sie zog es in die Natur in Verbindung mit Zeltlagern ideologische sowie paramilitärische Übungen
 Sangen bündische Lieder oder schrieben Lieder durchzogen war, stand bei den
der HJ auf ironische Weise um Edelweißpiraten die Selbstverantwortlichkeit,
das Selbsterziehungsrecht sowie die
Aussehen: Anerkennung des Eigenwertes der Jugend im
Vordergrund. Die angestrebte Freiheit und
 weiße Strümpfe
Unabhängigkeit im Gegensatz zum
 kurze Lederhose
militärischen Zwang der Hitler-Jugend führte
 buntes Fahrtenhemd zu Konflikten zwischen den beiden
 Halstuch und als äußeres Erkennungszeichen Jugendgruppen, insbesondere mit dem HJ-
ein Edelweiß Streifendienst.

Art des Widerstandes der Edelweißpiraten:


Nach Peukert handelt es sich hierbei, um die
Nonkonformität sowie die Verweigerung. Sie
 Ablehnung der/des HJ/BDM findet zum Teil im privaten, aber auch im
o Eigene Freizeitgestaltung öffentlichen Raum statt. Als Konsequenzen für
o Bündische Lieder eine solch handelnde Person stellen sich z.B.
o Keine Geschlechtertrennung Verachtung/Ablehnung in Teilen der
o Selbstbestimmung regimetreuen Gesellschaft ein oder Probleme
am Arbeitsplatz. Da diese Handlungen
 Hören von „Feindsendern“
implizieren sich dem NS-Regime nicht
 Krankmeldungen bei Parteiveranstaltungen hinzugeben können diese Handlungen der
Edelweißpiraten als passiver Widerstand
bezeichnet werden.

Die Verbreitung von Flugblättern, sowie Parolen zählt zum


Protest und Widerstand, da die oppositionelle Haltung mit
besagten Aktionen in einen öffentlichen Handlungsraum
getragen wurde. Auch die gewaltsame Auseinandersetzung
 Verbreitung von Flugblättern und Parolen mit NS-Verbänden kann als aktiver Widerstand bezeichnet
werden, wobei diese Handlungen zumeist auf die „Ehrenfelder
 Schutz für Juden, Deserteure etc.
Gruppe“ zurückfällt. Das Verstecken von jüdischen Mitbürgern
 Gewaltsame Auseinandersetzung oder anderer Schutzsuchender ist zwar im privaten
mit NS-Anhängern Handlungsraum einzuordnen und demnach kein aktiver
Widerstand (zu mindestens nach Peukert), jedoch fällt das
Strafmaß bei solchen „Vergehen“ deutlich härter aus, als bei
anderen Handlungen, welche im Privaten getätigt wurden,
aufgrund dessen könnte man diese Art des Widerstandes als
separaten Rettungswiderstand anführen.
Gertud „Mucki“ Koch (1924 – 2016)

 Vater war Kommunist und wird später im KZ Esterwegen ermordet


 Bis zum Juli 1933 (Gleichschaltung der Jugendverbände) war Koch bei den
„Roten Jungpionieren“ vertreten und weigerte sich später in den BDM einzutreten
 Gründete mit Freunden eigene Edelweißgruppierung
 Die Gruppe verteilt simple Flugblätter und schreibt Parolen auf Züge und Hauswände
 Nach „Flugblattregen“ wird sie im Dezember 1942 von der Gestapo inhaftiert.
Innerhalb der Haft erleidet sie Folter und Misshandlungen
 Nach unbegründeter Freilassung im Mai 1943 flieht sie ins Allgäu, wo
sie bis zum Kriegsende verbleibt
 Nach dem Krieg kehrt sie nach Köln zurück und wird zu einer der
wichtigsten Zeitzeugeninnen in Bezug auf die Edelweißpiraten

Bartholomäus „Barthel“ Schink (1927 – 1944)

 Wird als Sohn eines Schaffners in Köln-Ehrenfeld geboren


 Schließt sich im Sommer 1944 einer Splittergruppe der Edelweißpiraten
an, der sogenannten „Ehrenfelder Gruppe“
 „Ehrenfelder Gruppe“ begeht Lebensmittel- und Waffendiebstähle
und versteckt Juden, Deserteure und geflüchtete Zwangsarbeiter
 Gruppierung schreckte nicht vor Gewalt zurück
 Im Herbst 1944 werden Schink und 13 weitere Gruppenmitglieder verhaftet
 Am 10.11.1944 kommt es ohne Prozess zur öffentlichen Hinrichtung am Galgen
 1984 ernennt Yad Vashem Schink zu einem Gerechten unter den Völker

Fazit:

Die Edelweißpiraten kann man als eine oppositionelle Jugendsubkultur bezeichnen. Die Art des Widerstandes ist
dabei allgemein schwer zu definieren bzw. klassifizieren, da die Gruppen nicht im Verbund agierten und nur Teile
von ihnen in den aktiven Widerstand übergingen. Zudem sind die Linien zwischen politisch motiviertem
Widerstand und reiner Nonkonformität gegenüber dem Regime häufig verwischt oder gehen ineinander über.

Vergleich: Edelweißpiraten und Swing-Jugend


 regionaler Unterschied Edelweißpiraten um Köln angesiedelt, Swing-Jugend im Großraum Hamburg
 Klassenunterschied  Edelweißpiraten vorwiegend aus dem Arbeitermilieu, Swing-Jugend aus
bürgerlichem Hause
 zunächst wenig an Politik interessiert, im Vordergrund standen Selbstbestimmung und freie Entfaltung
 Widerstand begann weitestgehend friedlich durch Fernbleiben von der HJ und widersetzen von bestimmten
Verboten (Hören von Swing-Musik)
 durch Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verstärkte sich der Widerstand: Edelweißpiraten malten
Schriftzüge und Wandparolen, verteilten Flugblätter, teilweise wurde nun auch gewaltsam Widerstand
geleistet (Straßenkämpfe, Bombenlegung)
 Swing-Jugend begann nach Verhaftung über 300 Mitglieder ebenfalls mit dem Verteilen von Flugblättern

Fazit:

Der Ausbruch des 2. Weltkrieges und damit einhergehend verschiedenste repressive Maßnahmen gegenüber den
Jugendgruppen führten zu einer verstärkten Ausprägung des Oppositions – und Widerstandsgedanken unter den
Edelweißpiraten, sowie innerhalb der Swing-Jugend (zuvor stand vor allem die Schaffung eines eigenen Freiraumes
im Vordergrund). Es ist dabei hervorzuheben, dass es sich hierbei nicht um eine einheitliche Widerstandsgruppe (z.B.
„Weiße Rose“) handelte, sondern man eher von einer Widerstandsbewegung sprechen kann, die in Bezug auf ihren
geübten Widerstand unterschiedliche Ansätze verfolgte.

Quellen:
https://www.deutschlandfunkkultur.de/swing-jugendliche-im-nationalsozialismus-
lustvolle.932.de.html?dram:article_id=363367
http://lernen-aus-der-geschichte.de/Lernen-und-Lehren/content/11274
https://www.welt.de/regionales/hamburg/article106609250/Swing-Jugend-Sie-wollten-doch-nur-tanzen.html
https://www.dhm.de/lemo/kapitel/der-zweite-weltkrieg/widerstand-im-zweiten-weltkrieg/edelweisspiraten.html
http://www.klapperfeld.de/de/ausstellung/zeitzeuge-wolfgang-breckheimer/edelweisspiraten.html
http://www.museenkoeln.de/ausstellungen/nsd_0404_edelweiss/index.html

Das könnte Ihnen auch gefallen