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Arnold Schönbergs
Schülerinnen
Biographisch-musikalische Studien
Arnold Schönbergs
Schülerinnen
Biographisch-musikalische Studien
Elisabeth Kappel
Institut für Komposition, Musiktheorie,
Musikgeschichte und Dirigieren
Universität für Musik und darstellende Kunst
Graz, Österreich
J.B. Metzler
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019
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J.B. Metzler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil
von Springer Nature.
Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany
Danksagung
Danken möchte ich zuallererst meiner Familie, die mit Verständnis und Geduld
meine zeit- und kostenintensiven Recherchen unterstützt hat.
Herzlicher Dank gilt meinen Dissertations-Betreuern Peter Revers, Andreas
Dorschel und Hartmut Krones für ihre wertvollen Anregungen. Dankbar bin ich
auch meiner institutionellen Heimat, der Universität für Musik und darstellende
Kunst Graz, die einige meiner zahlreichen Forschungsreisen mittels Stipendien
gefördert hat.
Mein Dank richtet sich auch an die vielen Institutionen und Einzelpersonen,
von denen ich hier nur einige wenige nennen möchte: das Arnold Schönberg Cen-
ter in Wien und hier vor allem Eike Feß und Therese Muxeneder; die Mitarbei-
terInnen der Los Angeles Public Library (Central Library), die für mich quasi über
Nacht die durch einen (Jahrzehnte zurückliegenden) Löschwasserschaden zusam-
mengeklebten Seiten von unzähligen Ausgaben des Pacific Coast Musician in
Teamarbeit lösten; die MitarbeiterInnen New York Public Library for the Perfor-
ming Arts (Music Division), der Österreichischen Nationalbibliothek (Musik-
sammlung) und des Musikarchivs der Akademie der Künste Berlin, die mir er-
möglichten, mein selbst auferlegtes hohes Material-Sichtungs-Pensum bei zeitlich
begrenzten Aufenthalten zu bewältigen; Sabine Feisst, durch die ich Dika Newlin
ein wenig persönlich kennenlernen konnte und die mir auch einige von Newlins
Kompositionen zur Verfügung gestellt hat; Donna Arnold (University of North
Texas), die mich durch ihre Erinnerungen an Newlins Multimedia-Phase teilhaben
ließ; weiters Irene Suchy und Monika Voithofer (Archiv der Internationalen Ge-
sellschaft für Neue Musik), Eleonore Hauer-Rona (Club der Wiener Musikerin-
nen), Regina Busch (Alban Berg-Stiftung), sowie unzählige hilfsbereite Biblio-
theksbedienstete wie Tara C. Craig (Columbia University Library), Nell Chenault
(Virginia Commonwealth University Libraries), Greg Matthews (Washington
State University Libraries), Sara Nodine (Florida State University Library) und
Wendy Sistrunk (Mu Phi Epsilon Library & Archives). Danken möchte ich auch
einigen Privatpersonen wie Julia Mathewson (Romana Blair Mathewson), Jane
Poulsson (Jean Coulthard), Lorinda Knight Silverstein und Paula Weatherburn
Baker (Lovina Knight) sowie Tatjana Pascuttini (Natalie Prawossudowitsch), die
bereit waren, mir Auskünfte über ihre Vorfahrinnen zu geben.
Inhalt
Einleitung .................................................................................................... XIII
A. Biographisches ....................................................................................... 51
1. Ausbildung und beruflicher Werdegang ................................................... 51
2. Selbstverständnis und Persönlichkeit ........................................................ 55
3. Komponistin ............................................................................................ 58
4. Pädagogin................................................................................................ 61
5. Autorin .................................................................................................... 64
6. Performerin ............................................................................................. 65
6.1. Klavier ............................................................................................. 65
6.2. Julia Morrison .................................................................................. 66
6.3. Multimedia ....................................................................................... 67
6.4. Punkrock und Vokalistin................................................................... 68
6.5. Film ................................................................................................. 70
7. Dika Newlin und Arnold Schönberg......................................................... 73
7.1. Autorin............................................................................................. 75
7.2. Pädagogin ........................................................................................ 77
7.3. Interpretin ........................................................................................ 80
7.4. Newlins Werke ................................................................................. 80
7.5. Schönberg über Newlin .................................................................... 85
B. Werke ........................................................................................................ 88
8. Werkverzeichnis ...................................................................................... 88
9. Aufführungen, Aufnahmen und Drucke .................................................... 93
9.1. Aufführungen ................................................................................... 93
9.2. Aufnahmen ...................................................................................... 94
9.3. Drucke ............................................................................................. 96
VIII Inhalt
Am Beginn der Studie stand das Vorhaben, das vorhandene Bild einer männlich-
dominierten Schönberg-Schule zu hinterfragen und Leben und Werk der Kompo-
nistinnen unter Arnold Schönbergs SchülerInnen zu erforschen.1 Die bis dato
geringe wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema macht eine isolierte
Betrachtung der Frauen notwendig, auch wenn dies die meisten Komponistinnen
wahrscheinlich ablehnen. Stellvertretend mag hier eine Äußerung von Pia Gilbert
(1921–2018) stehen, in der sie zur Ausgrenzung von Komponistinnen und Neuer
Musik Stellung nimmt, da man sich ihrer auf diese Art bequem entledigt:
„[A] red flag goes up for me when I hear women composers, women anything. I feel any-
body is supposed to be a composer. They don’t say men composers. And I mind the dis-
tinction, even though I know it’s helpful. I don’t like any kind of segregationist approach
to music or musicians or composers, or what have you. I’m sorry that there are so many
modern music festivals. I feel that modern music should be integrated into music pro-
grams and that people should not be comfortable and make it convenient for themselves to
have a little segregated festival and get rid of it that way.“2
1 Schönberg war der Meinung, dass nur sehr wenige seiner SchülerInnen KomponistInnen
wurden: „There remain, from the many hundreds of pupils, only 6–8 who compose.“ Hand-
schriftliche Bemerkung Schönbergs auf einem Brief von Alfred Leonard, 9. Juli 1945, zit.
nach Dorothy Lamb Crawford, „Arnold Schoenberg in Los Angeles“, The Musical
Quarterly 86, Nr. 1 (Frühjahr 2002), S. 20. Vgl. auch Schönbergs Aufsatz „The Blessing of
the Dressing“ (1948), in dem er die zwei Amerikaner Gerald Strang und Adolph Weiss zu
dieser kurzen Liste hinzufügt.
2 Pia Gilbert, „Life in Several Keys“. Interviewed with Richard Cándida Smith, Oral History
Program, University of California, Los Angeles 1988, S. 484–485. Siehe zu Gilbert das Ka-
pitel über sie (III. Biographisch-musikalische Stichproben).
3 Sointu Scharenberg, Überwinden der Prinzipien. Betrachtungen zu Arnold Schönbergs
unkonventioneller Lehrtätigkeit zwischen 1898 und 1951, Saarbrücken 2002, S. 322–333.
4 Nicht bei allen Personen ist der Vorname und damit das biologische Geschlecht bekannt.
Dazu kommen etwa 130 „ungesicherte“ SchülerInnen (Scharenberg, Überwinden der Prin-
zipien, S. 334).
5 Arnold Schönberg, „The Task of the Teacher“ (März 1950), Arnold Schönberg Center
Wien, Textdatenbank, ID T74.02.
XIV Einleitung
6 Definition nach Eva Marx und Gerlinde Haas, 210 Österreichische Komponistinnen vom
16. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Biographie, Werk und Bibliographie – ein Lexikon,
Salzburg und Wien 2001, S. 8.
7 U. v. a. Scharenberg, Überwinden der Prinzipien; Sabine Feisst, Schoenberg’s New World:
The American Years, New York 2011; bzw. die zahlreichen Publikationen zu Schönbergs
Lehrtätigkeit (vgl. dazu das Literaturverzeichnis). Die von Susanne Wosnitzka angegebene
Zahl von mehr als 50 Kompositionsschülerinnen allein in Wien (Susanne Wosnitzka,
„,Gemeinsame Not verstärkt den Willen‘ – Netzwerke von Musikerinnen in Wien“, Musike-
rinnen und ihre Netzwerke im 19. Jahrhundert, hg. von Annkatrin Babbe und Volker Tim-
mermann, Oldenburg 2016 [Schriftenreihe des Sophie Drinker Instituts 12], S. 131–148,
hier S. 143) ist eine Missinterpretation von Anna Benedikts Magisterarbeit zu Schönbergs
Wiener Schülerinnen. Wosnitzka bezieht sich hier vermutlich auf die bei Benedikt erfasste
wahrscheinliche Gesamtanzahl seiner Wiener Schülerinnen (Anna Benedikt, „Ich wäre
stolz, von Ihnen und Ihren Schülern bis zu einem gewissen Grad anerkannt zu sein als
‚Schönberg-Schülerin‘.“ Arnold Schönbergs Wiener Schülerinnen, Magisterarbeit, Univer-
sität Wien 2008, S. 55).
Einleitung XV
wogenes Verhältnis bei der Darstellung von Leben und Werk resultiert. Bei-
spielsweise sind in einigen Fällen kaum biographische Hinweise vorhanden – was
manchmal auch mit der Verifizierbarkeit der gesuchten Person zusammenhängt –,
jedoch Details über einzelne Werke. Andererseits entstanden sehr ausführliche
und detaillierte Kapitel über bisher kaum dokumentierte Künstlerinnen (z. B.
Vilma Webenau, Käthe Horner und Olga Novakovic). So ist beispielsweise das
kompositorische Œuvre von Vilma Webenau gesammelt überliefert, aber kaum
etwas zu Leben oder Aufführungen; dahingegen ist bei Dika Newlin, die biogra-
phisch gut erfassbar ist, nur ein Teil der Werke bekannt. Teils aufgrund einseitig
vorhandener bzw. fehlender Quellen sind bei einigen der erforschten Frauen oft-
mals irrelevant erscheinende Details sehr ausführlich dargestellt, um im Sinne von
Dokumentarbiographien nachfolgende Arbeiten zu erleichtern. So enthält bei-
spielsweise das Kapitel über Vilma Webenau eine detaillierte Aufstellung ihrer
vielen Wohnadressen, um dadurch eventuell Rückschlüsse auf die Entstehung
ihrer Kompositionen ziehen zu können. Kapitel über Komponistinnen, mit deren
Leben und Werk sich schon andere intensiv auseinandergesetzt haben und über
die bereits Monographien und/oder informative Artikel erschienen sind, wurden
verhältnismäßig knapp und übersichtlich gehalten (z. B. Henriëtte Bosmans, Jean
Coulthard und Elinor Remick Warren). Aus diesen Ungleichgewichten ergibt sich
eine Unterteilung in Detailstudien, Fallstudien und Stichproben. Je nach Umfang
bzw. inhaltlicher Ausrichtung sind die Kapitel den verschiedenen Teilen zugeord-
net. Innerhalb dieser erfolgt die Sortierung alphabetisch.
Die Kapitel sind möglichst gleich aufgebaut, um einerseits Lücken besser er-
kennbar zu machen und andererseits die Orientierung in den teilweise sehr um-
fangreichen Ausführungen zu erleichtern. So gibt es jeweils einen biographischen
und einen werk- (bzw. musik-)bezogenen Abschnitt, in dem sich (so vorhanden)
nachweisbare Aufführungen und weitere Angaben zu den einzelnen Werken fin-
den. Musikanalytische Untersuchungen sind nicht Teil der vorliegenden Studie, da
diese erst die Grundlage für zukünftige Auseinandersetzungen mit den Werken
dieser Künstlerinnen schafft. Jedes Kapitel beinhaltet auch einen Abschnitt über
die jeweilige Beziehung zu Arnold Schönberg.
Der Teil „Biographisch-musikalische Detailstudien“ besteht aus den beiden
sehr umfangreichen Kapiteln über die Komponistinnen Dika Newlin und Vilma
Webenau. Bezüglich Dika Newlin (1923–2006) gibt es ob ihrer relativ späten
Lebenszeit und ihrer produktiven Tätigkeiten (vor allem an Universitäten) ver-
gleichsweise viel Material. Dahingegen sind nur äußerst wenige ihrer Komposi-
tionen erhalten. Der zum Kapitel gehörige Anhang beinhaltet eine umfassende
Literaturliste sowie relevante Auszüge aus Newlins Korrespondenz mit Schön-
berg. Das Kapitel über Vilma Webenau (1875–1953), Schönbergs erste Schülerin,
fällt äußerst detailliert aus, da sie eine bisher kaum dokumentierte Künstlerin ist.
Zwar ist ihr kompositorisches Œuvre wie etwa bei Harriet Payne und Natalie Pra-
wossudowitsch gesammelt erhalten, doch ist keines der Werke datiert. In den
Einzelbetrachtungen der Werke sind zusätzlich alle vertonten Texte angeführt, da
die Komponistin einen Großteil davon selbst verfasste und diese deshalb nur über
die Autographen im Archiv zugänglich sind. Der Anhang zu diesem Kapitel ent-
hält die vollständigen Transkriptionen sämtlicher aufgefundener Briefe von und an
Webenau. Die diversen Quellensituationen bzw. die Überlieferung des komposito-
XVI Einleitung
1. Allgemeines
Schönbergs private Unterrichtstätigkeit begann wahrscheinlich im Jahr 1898 oder
1899.1 Im Dezember 1902 nahm er auf Empfehlung Richard Strauss’ eine Lehr-
stelle am Stern’schen Konservatorium in Berlin an, und ab Oktober 1904 unter-
richtete er an der Schule der Reformpädagogin Eugenie Schwarzwald (1872–
1940). Im Studienjahr 1910/11 war er Privatdozent an der Wiener Akademie für
Musik und darstellende Kunst, und darauf folgend ein weiteres Mal am
Stern’schen Konservatorium in Berlin (bis Dezember 1915). In den Jahren 1917–
1920 lehrte er wieder an den Schwarzwald’schen Schulanstalten und im Winter-
semester 1920/21 in Amsterdam; daneben gab er ab 1918 in Mödling Privatunter-
richt. Anschließend leitete er 1925–1933 eine Meisterklasse für Komposition an
der (Preußischen) Akademie der Künste zu Berlin. Im ersten Studienjahr im ame-
rikanischen Exil, 1933/1934, unterrichtete Schönberg für das Malkin Conservatory
in Boston und New York, im anschließenden Sommer privat in Chautauqua, New
York.2 Ab Herbst 1934 gab er in Los Angeles Kurse in seinem Haus; in den bei-
den darauffolgenden Sommern und im dazwischenliegenden Studienjahr 1935/36
lehrte er an der University of Southern California (USC) und ab Herbst 1936 an
der University of California at Los Angeles (UCLA). Nach seiner Emeritierung
1944 unterrichtete er noch privat.3
1 Überliefert lediglich anhand der autobiographischen Notiz der Komponistin Vilma Webe-
nau (1874–1953) in das Fotoalbum Dem Lehrer Arnold Schönberg, welches Schönbergs
SchülerInnen ihm im September 1924 zum 60. Geburtstag schenkten. Dort gibt sie an:
„Meines Wissens war ich Schönbergs erster Privatschüler (von 1898 oder 99 an).“ Arnold
Schönberg Center Wien (ASC), Bildarchiv, ID 3251. Vgl. dazu das Kapitel über Vilma
Webenau (I. Biographisch-musikalische Detailstudien).
2 In einem Brief von Arnold Schönberg an Hans Heinz Stuckenschmidt und seine Frau Mar-
got Hinnenberg-Lefèbre vom 21. Mai bzw. 29. August 1947 heißt es: „Im Juli [1934] gien-
gen [sic] wir nach Chautauqua, N. Y. einem sommeraufenthalt [sic], wo auch Kurse in vie-
len Fächern gehalten wurden. Ich habe aber dort nicht unterrichtet.“ (ASC, Briefdatenbank,
ID 4458.) Schönberg bezieht sich hier offensichtlich nur auf die Abhaltung von Kursen,
denn er gab zumindest Dorothea Kelley (zu dieser Zeit noch verheiratete Bestor) und Eliza-
beth Merz Butterfield Privatstunden. Siehe z. B. Christopher Gibbs, „Summer 1934:
Schoenberg in Chautauqua“, Journal of the Arnold Schoenberg Institute 11, Nr. 2 (Novem-
ber 1988), S. 150; vgl. auch die beiden Kapitel zu Kelley und Butterfield (III. Biographisch-
musikalische Stichproben).
3 Eine umfassende und detaillierte Aufarbeitung von Schönbergs Lehrtätigkeit findet sich bei
Sointu Scharenberg, Überwinden der Prinzipien. Betrachtungen zu Arnold Schönbergs un-
konventioneller Lehrtätigkeit zwischen 1898 und 1951, Saarbrücken 2002. Zu Schönbergs
amerikanischer Zeit siehe insbesondere das 6. Kapitel in Sabine Feisst, Schoenberg’s New
World: The American Years, New York 2011, S. 201–234 und 318–331 (Anmerkungen); zu
den SchülerInnen in Deutschland z. B. Thomas Phleps, „Zwölftöniges Theater – ,Wiener
Schüler‘ und Anverwandte in NS-Deutschland“, Geächtet, verboten, vertrieben. Österrei-
chische Musiker 1934 – 1938 – 1945, hg. von Hartmut Krones, Wien 2013 (Schriften des
Wissenschaftszentrums Arnold Schönberg 1), S. 211–249. Zu Schönbergs Lehrpersönlich-
keit siehe z. B. Feisst, Schoenberg’s New World, S. 228–230; Dika Newlin, Schoenberg
Remembered: Diaries and Recollections, 1938–1976, New York 1980, passim; Dorothy
Lamb Crawford, „Arnold Schoenberg in Los Angeles“, The Musical Quarterly 86, Nr. 1
„Ich bin hieher [sic] gekommen um zu lehren. Denn lehren ist vielleicht die einzige mei-
ner Leidenschaften, die ich vergebens an mir zu bekämpfen versucht habe. [...] Lehrer bin
ich aus Leidenschaft, und wenn ich nur 1000mal gesagt habe: ,Nun habe ich fast vierzig
Jahre unterrichtetʻ und es kommt ein neuer Schüler, so vergesse ich sofort alle guten
Vorsätze und stürze mich ins neue Abenteuer.“5
Im Jahr 1940 schreibt er an den Leiter des Music Departments der UCLA: „but
most I will enjoy returning to my classes“.6 Gegen Ende seines Lebens, zurückbli-
ckend auf das vergangene halbe Jahrhundert, gibt Schönberg zu, dass er zwar aus
finanziellen Gründen unterrichtet, es ihn aber in hohem Maße erfüllt hat:
„In my fifty years of teaching I have taught certainly more than a thousand pupils. Though
I had to do it in order to make a living, I must confess, that I was a passionate teacher, and
the satisfaction of giving to beginners as much as possible of my own knowledge was
probably a greater reward than the actual fee I received. This was also the reason why I
accepted so many pupils who could not pay, even if they had not the background to study
with me.“7
„Schönberg [...] brauchte [Schüler], und zwar nicht aus ökonomischen Gründen, wie man
aus dem Umstand, dass er so viele Schüler hatte, entnehmen könnte. Aber es waren auch
keine pädagogischen Gründe, obwohl Schönberg eine grosse pädagogische Begabung hat-
te. Da er in der Öffentlichkeit keine Anerkennung fand, brauchte er Schüler, die anhäng-
lich und begeistert waren, nicht unbedingt begabt; er brauchte eine Umgebung, in der sein
Schaffen und Denken Widerhall fand. Es mag durchaus sein, dass Schönberg, der sehr re-
ligiös war, bei dem Bedürfnis nach treuen Schülern das Bild von Jesus und seinen Jüngern
vor Augen hatte. Schönberg war sich dieses Bedürfnisses bewusst: ,Wenn ich meine
Schüler nicht gehabt hätte – ich weiss nicht, was aus mir geworden wäre.‘ [...] Schönberg
war nicht so sehr am Schüler selbst interessiert, als an der Klärung einer Sache, und im
Damit erklärt sich Greissle, wieso Schönberg Anton Webern näher stand als Alban
Berg: „Despite of all the fights Schoenberg was closer to Webern than to Berg –
for one reason: He found that Webern was more under his spell (in seinem Bann),
more devoted to him and a captive than Berg – Schoenberg needed this.“9 Diese
„Devotion“ bekam Schönberg auch von seinen amerikanischen Studierenden. Pia
Gilbert überliefert, dass beim Gruppenunterricht in seinem Haus „you could feel it
in the room: enormous devotion from the students. Just complete dedication“, was
sie auch von John Cage bestätigt bekam.10
Hinsichtlich der Annahme von weniger begabten SchülerInnen überliefert
Greissle, dass Schönberg in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts „would have
taken almost anybody. He was in very bad circumstances“.11 Dessen ungeachtet
hatte Schönberg in Bezug auf sein Honorar bekanntlich noble Vorstellungen; so
schrieb er etwa 1906 an Alban Berg: „ich verlange von den Schülern, die mich
irgendwie interessieren, stets nur[,] dass sie das bezahlen, was ihnen möglich ist,
also eventuell auch gar nichts.“12 Daran anknüpfend überließ es Schönberg den
TeilnehmerInnen des Seminars für Komposition an der Schwarzwaldschule Ende
der 1910er Jahre, „[d]ie Höhe des Honorars für das Kursjahr [...] durch Sel bst -
e i nsc hä tz ung, seinen Verhältnissen oder denen seiner Versorger entsprechend
[zu bestimmen]“.13 Greissle zufolge nahm er (privat) als zahlende auch untalen-
tierte SchülerInnen an, um im Gegenzug begabte unentgeltlich unterrichten zu
können, wie es bei ihm selbst der Fall war:
„He [Schönberg] had classes of three or four. In a class of three there were two who inter-
ested him and who had no money. The third had money, but didn’t interest him. He was
obligedx [sic] to sit there a[nd] pay for all three. In my class was a Cort van der Linden.
We never heard anything about him. He was very rich and really Schoenberg fleeced him.
The other two weren’t paying.“14
Ähnliches ist auch einem Briefwechsel zwischen Schönberg und Alban Berg zu
entnehmen; als Schönberg im Herbst 1911 infolge seines Umzugs nach Berlin
einige seiner SchülerInnen an Berg weiterschickte, war es für Schönberg klar, dass
auch Berg bestimmte Schüler unentgeltlich unterweisen sollte:
„Auch den Königer und Linke und den Polnauer müssten Sie übernehmen. Königer zahlt,
aber Linke und Polnauer müssten Sie ebenso wie ich, umsonst unterrichten. Auch Frl.
Réthi zahlt. Ebenso Winkler!“15
Weiter rät Schönberg Berg bezüglich seines Honorars: „Sie müssen anfangs etwas
elastisch sein. Bei talentierten [verlangen Sie] eventuell weniger. Bei Dilletanten
[sic laut Transkription] aber nicht unter 5 Kr[onen]!“16
Im Rahmen seiner Anstellung als Leiter der Kompositionklasse in Berlin war
die finanzielle Lage seiner SchülerInnen freilich kein Grund, jemanden nicht am
Unterricht teilhaben zu lassen. Im Herbst 1932 schreibt Schönberg an die Preußi-
sche Akademie der Künste:
„ich bin bezüglich der Honorarzahlungen meiner Schüler in grosser Verlegenheit. Ich
weiss nicht, was ich ihnen raten soll. Es ist heute kaum einer in der Lage das Honorar zu
bezahlen und ich muss aufrichtig sagen, dass es mir schwer fällt, jemanden aus diesem
Grund vom Unterricht auszuschliessen.“17
Auch am Beginn seiner Zeit in den Vereinigten Staaten von Amerika war Schön-
berg der Meinung, dass „die begabtesten Schüler“ an seinem Unterricht „[natürli-
cherweise] unentgeltlich (und unterstützt) teilnehmen [...] können“.18 Im Jahr 1950
gibt er an, dass er auswählen müsse „from those who are talented and promising
and unfortunately, those who can pay my fee“.19 Wie das vorangehende Zitat
14 Felix Greissle im Interview mit George Perle, 12. November 1970, S. 11 (ASC, Felix
Greissle Collection B2, Box 3). Vgl. auch Felix Greissle, Arnold Schönberg: Versuch eines
Porträts, S. 122: „Damals [als Schönberg Greissle als Schüler annahm; Anm. d. Verf.:
1920] erfuhr ich dann, wie Schönberg die Bezahlung seines Unterrichts regelte. Zahlende
Schüler liess er den Preis selbst bestimmen; für solche, die kein Geld besassen, liess er von
reichen Schülern mitbezahlen: Er hatte eine Reihe von Studenten, die meistens vom Aus-
land kamen, über Geld verfügten und für eine Stunde anständig bezahlten; von denen ver-
langte Schönberg, dass sie ein oder zwei arme Österreicher mit zuhören liessen. Ich hatte
das Glück, mit Kurt van der Linden [sic] zuzuhören, der Schönberg von früher her kannte
und nichts gegen mein Hospitieren einzuwenden hatte; der zweite war Rudolf Serkin, der
aber nur kurze Zeit bei Schönberg studierte.“ ASC, Felix Greissle Collection B6.
15 Brief von Arnold Schönberg an Alban Berg, 22. September 1911 (ASC, Briefdatenbank, ID
194). Berg antwortet am 7. Oktober 1911: „Es ist ja selbstverständlich, daß ich Königer,
Linke u. Polnauer umsonst unterrichte, wenn sie [sic] wollen“ (ID 19721).
16 Brief von Arnold Schönberg an Alban Berg, 16. Oktober 1911 (ASC, Briefdatenbank, ID
197).
17 Brief von Arnold Schönberg an Alexander Amersdorffer, 1. Oktober 1932 (ASC, Briefda-
tenbank, ID 5914).
18 Brief von Arnold Schönberg an Hanns Eisler, 16. Juli 1934 (ASC, Briefdatenbank, ID
2730).
19 Brief von Arnold Schönberg an Jacob Lateiner, 17. April 1950 (ASC, Briefdatenbank, ID
5420).
1. Allgemeines 5
„he [Schönberg] would as soon teach a pupil of little talent as one of great talent. Perhaps,
even, sooner. Finally, he explained this. ,They need me more. It is better that they will at
least now know the difference between right and wrong.‘“21
Gegen Ende seines Lebens wurde für Schönberg die Begabung potentieller (Pri-
vat-)SchülerInnen immer wichtiger; dem Leiter einer Musikhochschule in Illinois
antwortet er auf dessen Anfrage, dass er zwar grundsätzlich über den Sommer
nicht mehr unterrichte, aber bei „interessanten“ Studierenden gerne Ausnahmen
mache:
„Ich kam also an diesem Tag zu ihm, und er unterzog mich einer unglaublichen Prüfung –
nie bin ich durch eine derart schwere Prüfung gegangen; nicht nur auf Gehör, sondern
auch auf andere Dinge, auf meine Einstellung – mein ganzes Leben musste ich ihm erzäh-
len. [...] plötzlich [öffnet sich] die Tür, und es erscheint Wulli, Schönbergs Wolfshund; er
kommt vertraut auf mich zu – Besuchern gegenüber verhielt er sich eigentlich nicht so. In
diesem Moment sagt Schönberg: ,Sie können mein Schüler werden.‘ Sehr überrascht sag-
te ich: ,Herr Schönberg, ich bin leider nicht gekommen, um bei Ihnen Stunden zu haben,
ich habe kein Geld, ich kann nicht ...‘ – ,Niemand hat Sie gefragt, ob Sie Geld haben!
Nächsten Montag werden Sie kommen und Ihre erste Stunde haben!‘“25
20 Vgl. z. B. den Brief von Gerald Strang an E. G. Stricklen, 6. November 1935, ASC, Gerald
Strang Collection, Folder „USC (1935–1936), (Strang 15)“: „He prefers, naturally, to teach
the highly talented.“
21 George Antheil, „Arnold Schoenberg“, o. J. [spätestens 1967], Hervorhebung im Original.
ASC, Gertrud Schoenberg Collection, Folder „Articles, etc. (Prepublication Galleys, etc.),
A–R“.
22 $ 150,- entsprechen im Jahr 2018 etwa $ 2600,-.
23 Brief von Arnold Schönberg an Halsey Stevens, 15. Februar 1941, ASC, Briefdatenbank, ID
3546. Antwort auf dessen Brief vom 30. Januar 1941 (ID 12124).
24 Bestor, Dorothea N.: „Schoenberg Teaches: An Interview with Arnold Schoenberg“, Musi-
cal Review 3 (Oktober 1934), S. 3.
25 Felix Greissle in den Notizen zu seiner Schönberg-Biographie Arnold Schönberg: Versuch
eines Porträts, S. 120–121, ASC, Felix Greissle Collection B6. Vgl. auch Felix Greissle im
6 Schönberg als Lehrer – seine SchülerInnen
Seinen späteren Schüler Roberto Gerhard, der sich brieflich bei ihm vorstellte,
lässt Schönberg im Jahr 1923 entsprechend wissen: „Die letzte Entscheidung, ob
ich jemanden als Schüler annehme, liegt meist an dem persönlichen Eindruck, den
ich von ihm bekomme, und darum sehe ich die Menschen gerne vorher.“26 Auch
später ging Schönberg bei der Annahme von PrivatschülerInnen vom persönlichen
Eindruck aus; einem eventuell zukünftigen Schüler schreibt er:
„I depend very much on personal impressions: Would it not be the best, you come to see
me once, show me what you write, tell me everything about you and let us find out how
far we agree.“27
„In all the time I studied with Schoenberg, he never once led me to believe that my work
was distinguished in any way. He never praised my compositions, and when I commented
on other students’ work in class he held my comments up to ridicule. And yet I
worhsipped him like a god.“31
Interview mit George Perle, 12. November 1970, S. 10, ASC, Felix Greissle Collection B2,
Box 3.
26 Brief von Arnold Schönberg an Roberto Gerhard, 4. November 1923, ASC, Briefdatenbank,
ID 957.
27 Arnold Schönberg an Harold S. Lutz, 19. Juni 1941, ASC, Briefdatenbank, ID 3604.
28 Arnold Schönberg an Arthur W. Locke, 25. Mai 1938, ASC, Briefdatenbank, ID 7769.
Antwort auf dessen Brief vom 23. Mai 1938 (ID 13892) bzw. auch Bezug nehmend auf ei-
nen früheren Brief Lockes vom 16. Mai 1938 (ID 13893).
29 Handschriftliche Bemerkung Schönbergs auf einem Brief von Alfred Leonard, 9. Juli 1945,
zit. nach Dorothy Lamb Crawford, „Arnold Schoenberg in Los Angeles“, The Musical
Quarterly 86, Nr. 1 (Frühjahr 2002), S. 20. Später erscheint eine entsprechende Textstelle in
Schönbergs Aufsatz „The Blessing of the Dressing“ (1948). Ein ähnlicher Ausspruch findet
sich bereits in Schönbergs Beitrag „Die Jugend und ich“ (1923): „Aber auch mit dem Anre-
gen überschätzt man mich. Meine Schüler werden bestätigen können, dass ich eher abrege.“
Siehe ASC, Textdatenbank, ID T34.31.
30 Arnold Schönberg, „The Blessing of the Dressing“ (1948), ASC, Textdatenbank, ID
T30.02.
31 Zit. nach Crawford, „Arnold Schoenberg in Los Angeles“, S. 21.
2. Literatur zu Schönbergs Lehrtätigkeit 7
„Der Lehrer. Sämtliche Beiträge von seinen Schülern“ (1912)32 ist der Beginn
einer langen Reihe von Publikationen zu Arnold Schönberg als Pädagogen. Seine
(großteils österreichischen) SchülerInnen widmeten ihm danach noch zwei weitere
für sich stehende Sammlungen: 1924 das Fotoalbum Dem Lehrer Arnold Schön-
berg mit autobiographischen, handschriftlichen Kurzeinträgen seiner SchülerInnen
zu seinem 50. Geburtstag;33 zehn Jahre später das gedruckte Buch Arnold Schön-
berg zum 60. Geburtstag, 13. September 1934 (Wien 1934). Eine umfangreiche
Literaturliste mit Publikationen, die in unterschiedlicher Weise Schönbergs
Lehrtätigkeit thematisieren – biographische Darstellungen, Analyse seiner Lehr-
methoden, -inhalte und Unterrichtsmaterialien, Berichte von SchülerInnen etc. –
findet sich im Quellen- und Literaturverzeichnis („Weitere Literatur zu Arnold
Schönberg als Lehrer“). Überblicksmäßig sind hier auch Schönbergs pädagogi-
sche Schriften dargestellt. Auffallend ist, dass nicht wenige der SchülerInnen
selbst ihre Erinnerungen an den Unterricht publizierten; einige davon stammen
von in der vorliegenden Studie diskutierten Frauen (Pauline Alderman, Dorothea
Bestor bzw. Kelley, Lovina Knight, Lois Lautner, Dika Newlin, Natalie Pra-
wossudowitsch und Constance Shirley).
„Schönbergs Verhältnis zu Frauen und Männern war durch Weiningers Schrift Geschlecht
und Charakter stark beeinflusst. Dieses Buch, das Weininger im Alter von zweiundzwan-
zig Jahren schrieb, eroberte damals gleichsam die Welt. Weininger konstatierte in seiner
Abhandlung, dass das Geschlecht den Charakter festlege, dass die Frau gegenüber dem
Manne minderwertig sei. Über Weininger, dessen Buch auch Weberns Verhältnis zu
Schönberg beeinflusste, sagte Schönberg einmal: ,Was ich gesucht habe, hat er gefun-
den.‘“34
32 Beitrag im Buch Arnold Schönberg. Mit Beiträgen von Alban Berg, Paris von Gütersloh, K.
Horwitz, Heinrich Jalowetz, W. Kandinsky, Paul Königer, Karl Linke, Robert Neumann,
Erwin Stein, Ant. v. Webern, Egon Wellesz (München 1912), S. 75–90.
33 Siehe ASC, Bildarchiv, IDs 3231–3296, teilweise abgebildet in Arnold Schönberg, Lebens-
geschichte in Begegnungen, S. 232–236, bzw. in Jerry McBride, „Dem Lehrer Arnold
Schönberg“, Journal of the Arnold Schoenberg Institute 8, Nr. 1 (Juni 1984), S. 31–38.
34 Felix Greissle, Arnold Schönberg. Versuch eines Porträts, [1970/1974?–1982], maschinen-
schriftliche Fassung, S. 26 (Hervorhebung im Original). Vgl. auch die Erwähnung Weinin-
gers im Vorwort von Schönbergs Harmonielehre in allen Auflagen bis 1949. Schönberg
8 Schönberg als Lehrer – seine SchülerInnen
„Frauen sind ehrgeizig, verstehen es aber auch, sich zu bescheiden. Ihrem Streben nach
dem Höchsten sind sie bereit alles aufzuopfern, alles hinzugeben. Ist ihr Ziel aber uner-
reichbar, erlangen sie die gleiche Seligkeit, indem sie rasch mit dem Nächstbesten vorlieb
nehmen – wenn der ihnen nur den Hof macht.“38
Vielleicht lässt sich auch aus seinen musikdramatischen Werken ableiten, dass
Schönberg dem weiblichen Geschlecht gewisse negative Charakteristika zuschrieb
– so ist das „Weib“ in Die glückliche Hand op. 18 (1910–1913) „mit den denkbar
schlechtesten Eigenschaften ausgestattet, die der damaligen Frauenfeindlichkeit
eines Strindberg oder Weininger entsprochen haben mag – falsch, hübsch und
verführerisch“.39 Die Libretti von Erwartung op. 17 (1909) und Von Heute auf
Morgen op. 32 (1928–1929) – mit einer extremen Gefühlsschwankungen ausge-
setzten bzw. einer ihren Mann gleichermaßen betrügenden weiblichen Titelrolle –
stammen von Frauen, Marie Pappenheim und Gertrud Schönberg (unter dem
Pseudonym Max Blonda).40 Dika Newlins Auffassung nach habe Schönberg eine
antiquierte Einstellung zum weiblichen Geschlecht: „[...] I know that, despite his
fondness for young ladies, he doesn’t want them for helpers. He believes woman’s
place is in the home, quite after the fashion of the old country.“41
selbst besaß ein Exemplar von dessen Buch Geschlecht und Charakter (Wien 1903) aus
dem Jahr 1908.
35 Felix Greissle, Arnold Schönberg. Versuch eines Porträts, [1970/1974?–1982], S. 27.
36 Arnold Schönberg, Berliner Tagebuch, hg. von Josef Rufer, Frankfurt am Main 1974, S. 13.
37 Brief von Arnold Schönberg an Gertrud Kolisch, 15. Juli 1924 (ASC, Briefdatenbank, ID
1068). Dagegen lässt sich sagen, dass die Widmungen Schönbergs z. B. in Gertruds Kalen-
der äußerst liebevoll und wertschätzend sind, vgl. ASC.
38 Konzert-Taschenbuch für die Saison 1911/1912, hg. von Konzert-Bureau Emil Gutmann
München, S. 104–106, 104, ASC, Box „Diaries 1900–1915 copies“, Folder „Diary 1911–
12“, Blatt 53, bzw. ASC, Textdatenbank, T14.13, T22.18 und T27.04.
39 Marion Lamberth, Interaktion von Leben und Werk bei Schönberg. Analysiert anhand
seiner Ehekrise des Jahres 1908, Bern 2008, S. 168. Bezüglich dieser negativen Merkmale
der Frau in Die glückliche Hand geht Felix Greissle von „eine[r] Anspielung auf das Ver-
hältnis, das zwischen der ersten Frau Schönberg und dem Maler Gerstl bestand“, aus. Felix
Greissle, Arnold Schönberg – Versuch eines Porträts (Attempt at a portrait), Ms. [o. S.],
ASC, Felix Greissle Collection B3.
40 Für das Libretto von Erwartung gab es laut Marie Pappenheim (Interview im Jahr 1949)
von Schönberg keinerlei Vorgaben, vgl. den Einführungstext zu dieser Komposition Schön-
bergs von Therese Muxeneder, https://schoenberg.at/index.php/de/joomla-license/rerwar
tungl-op-17-1909, Stand: 24. Juli 2018, aufgerufen am 27. August 2019.
41 Newlin, Schoenberg Remembered, S. 203 (Eintrag vom 29. März 1940).
3. Schönbergs Einstellung zu Frauen 9
„Heute war Schönberg bei mir [...]. Ich habe ihm Dora[Pejačević]s Verwandlung[42] ge-
zeigt. Er findet natürlich, daß eine Frau keine Schöpferin von Musik sein kann, lobte aber
die Komposition, besonders eine Stelle. Er ist sehr dafür, daß ich es aufführe.“43
Anhand einer Annonce von Constance Shirley ist überliefert, dass Schönberg
offenbar auch noch in den 1940er Jahren zwischen (komponierenden) Männern
und Frauen unterschied: Darin ist ein Lob Schönbergs – „she [Shirley] deserves
recognition as one of the first rank“ – durch den Zusatz „among the ladies“ deut-
lich abgeschwächt;44 denn Schönberg scheint damit recht deutlich zu sagen, dass
er das Können von (bzw. seiner) weiblichen Kompositionsstudierenden bzw.
Komponistinnen geringer als das ihrer männlichen Kollegen einschätzt.
Wenn sich aus diesen Äußerungen eine gewisse Herabsetzung herauslesen
lässt, sprechen Schönbergs Taten in Bezug auf künstlerisch produktive Frauen
vielleicht andere Worte; Tatsache ist, dass er vor allem in seiner Zeit in den USA
mehrere förderte: Im Winter 1933 gab es 75 Einreichungen für zwei Stipendien
am Malkin Conservatory in Boston; beide vergab Schönberg – der persönlich die
Auswahl traf – an Frauen, Annabel Comfort und Lois Lautner.45 Ein weiteres
Stipendium erhielt (neben Béla Rózsa) Lovina Knight. Im Mai 1945 zählt er Dika
Newlin zu den talentiertesten amerikanischen KomponistInnen.46 Und schon 1939
nannte er neben Newlin noch Blanche Garber und Constance Shirley auf die Frage
nach guter aktueller amerikanischer Musik.47 Im Fall von Jean Coulthard setzte er
sich für die Publikation ihrer Werke ein und empfahl sie seinem Musikverlag.48
Der Komponistin Lautner bot Schönberg sogar unentgeltliche Unterrichtsstunden
an.49 In Bezug auf die (in mehr oder weniger öffentlichem Rahmen) Vorstellung
seiner KompositionsschülerInnen sind insgesamt nur sehr wenige Gelegenheiten
42 Verwandlung op. 37b für Singstimme und Orchester von der kroatischen Komponistin Dora
Pejačević (1885–1923).
43 Brief von Karl Kraus an Sidonie von Nádherný, 13. November 1916, siehe Karl Kraus,
Briefe an Sidonie Nádherný von Borutin, 1913–1936, Bd. 1, Göttingen: Wallstein 2005,
S. 446 (Hervorhebungen im Original).
44 The Pacific Coast Musician 32, 17. April 1943, S. 21, online verfügbar unter https://books.
google.at/books?id=J30_AAAAMAAJ, aufgerufen am 26. Dezember 2017, sowie Music
and Dance in California and the West, hg. von Richard Drake Saunders, Hollywood 1948,
S. 298 (Wortlaut in beiden Publikationen etwas unterschiedlich). Siehe Schönbergs voll-
ständige Äußerung im Kapitel über Constance Shirley (II. Biographisch-musikalische Fall-
studien).
45 Vgl. z. B. R. Wayne Shoaf, „The Schoenberg-Malkin Correspondence“, Journal of the
Arnold Schoenberg Institute 13, Nr. 2 (November 1990), S. 164–257, hier S. 249.
46 Arnold Schönberg an Roy Harris, 17. Mai 1945 (ASC, Briefdatenbank, ID 4150).
47 Arnold Schönberg an Douglas Moore, 30. November 1939 (ASC, Briefdatenbank, ID
3242). Dieser Brief ist eine Antwort auf das Schreiben Moores vom 15. November 1939 (ID
13435).
48 William Bruneau und David Gordon Duke, Jean Coulthard: A Life in Music, Vancouver:
Ronsdale 2005, S. 61; Feisst, Schoenberg’s New World, S. 214.
49 Lois Lautner, „Arnold Schoenberg in Kammern“, Michigan Quarterly Review 6, Nr. 1
(Winter 1967), S. 27, online verfügbar unter http://hdl.handle.net/2027/spo.act2080.0006.
001:08, aufgerufen am 30. August 2019.
10 Schönberg als Lehrer – seine SchülerInnen
überliefert. Interessanterweise sind bei den meisten davon Frauen vertreten: bei
beiden Konzerten in Wien 1907 und 1908 Vilma Webenau, bei zwei Konzerten in
Berlin 1929 und 1931 Natalie Prawossudowitsch, sowie bei einem Empfang in
Los Angeles 1940 gleich fünf von sieben Programmpunkten: Blanche Garber,
Melba Gloeckler, Dika Newlin, Constance Shirley und Annette Slotnikow. Dar-
über hinaus fungierte er als „faculty adviser“ der internationalen Frauen-
Musikverbindung Sigma Alpha Iota an der UCLA.50
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Schönberg vermutlich tatsächlich der
Meinung war, dass ,normale‘ Frauen entsprechend der damaligen Ansicht keine
den Männern adäquate kreative Kompetenz haben, dass es aber durchaus Aus-
nahmen gibt.
4. Schönbergs SchülerInnen
Wer ist überhaupt als ‚SchülerIn‘ Schönbergs aufzufassen? Hanns Jelinek (1901–
1969) etwa erlaubte sich diese Bezeichnung nicht: „Wenn ich mich auch nicht
Ihren Schüler nennen darf – die drei Monate in der Schwarzwaldschule (1918)
geben mir nicht das Recht dazu – so waren Sie mir doch Vorbild und Lehrer“.51
Egon Wellesz wollte sich unbedingt als Schüler Schönbergs verstanden wissen:
„Wenn ich aber nur ein Jahr bei Ihnen gelernt habe, so bin ich doch Ihr Schüler,
weil ich durch Sie die Methode musikalisch zu denken gelernt habe.“52 Elinor
Remick Warren weist eine Lehrer-Schülerin-Beziehung von sich, da sie „nur“
Vorlesungen bei ihm zuhause besucht habe.53 Ähnlich sieht das Pia Gilbert, die
sich nicht wie viele ihrer KollegInnen die Bezeichnung ,SchülerIn Schönbergs‘
anmaßen würde, da sie keinen Einzelunterricht besucht hatte: „Even if they’ve just
sat in on one class, they are not at all embarrassed to say they were a student of
Schoenberg’s. And this always gets me, because I would never say that.“54 Je-
linek, Wellesz und Warren berufen sich auf die zeitliche Komponente, Warren (da
ablehnend) vermutlich zusätzlich auf die Bedeutung von SchülerIn im Sinne von
AnhängerIn oder AdeptIn. Alban Berg notiert in diesem Sinne 1924: „Herbst 1904
| Beginn des Unterrichts und von da ab bis zu meiner Verheiratung | Mai 1911 |
und darüber hinaus bis an mein | Lebensende | Schüler Arnold Schönbergs“.55
Irene Bien, ebenfalls Schülerin Schönbergs in Wien nach 1900, steht dieser „Eh-
rentitel“ gleichermaßen zu, wie sie selbst findet:
„[I]ch wäre stolz, von Ihnen und Ihren Schülern bis zu einen gewissen Grad anerkannt zu
sein als ‚Schönberg-Schülerin‘. [...] Für mich allein wünsche ich es mir [...] [I]mmer wie-
der fühl’ ich es, wie ganz anders ich denken gelernt seit jener Zeit. [...] Ich fühle es beim
Betrachten, beim Anhören eines Kunstwerks, wie sehr Ihre wundervoll lebendige Art, die
Dinge anzusehen, immer wieder in mir nachwirkt. Und so denke ich, werden Sie mir nicht
böse sein, wenn ich mir stolz sage, dass jener Ehrentitel auch mir gebührt“.56
„Schoenberg considered pupils more as disciples. Those who went to the course Schoen-
berg did not consider pupils. Pupils were the ones who were intimates, the ones who stuck
him through thick and thin.“57
Aus einem Schreiben Schönbergs geht hervor, dass er tatsächlich dieser Auffas-
sung war, denn er verwehrt sich gegen Wellesz’ oben angeführte Bekundung:
einerseits wohl zusammenhängend mit der Dauer des Unterrichts sowie mit Ar-
beitseifer und Talent der SchülerInnen; andererseits aber auch mit Loyalität ihm
gegenüber:
„He still calls himself a pupil of mine – or at least never protested against beeing called
one – though he never should have pretended it. The truth is that he was during 1 (one
single) year together with another young musician – Rudolf Weirich – counterpoint, ele-
mentary counterpoint and nothing else. He worked very little and extremly poorly, while
Weirich was brillant. [...] Wellesz who had written perhaps a year ago a biography [...] of
mine at this time still acted as a friend and admirer of my music. [...] I admit that he did
this very well and I find the whole book very well written. But a little later he turned to be
my enemy.“ 58
Darüber hinaus kann sich jemand als SchülerIn einer Person – im Sinne von ,einer
Schule zugehörig‘ – bezeichnen und deren Denk- oder etwa Kompositionsweise
übernehmen, ohne jemals Unterricht bei dieser gehabt zu haben.59
Im Folgenden sind sämtliche Personen angeführt, für die in irgendeiner Weise
(eventueller) Unterricht nachweisbar ist. Für die Zusammenstellung war nicht
relevant, ob es sich um private (Einzel-)Unterweisung, Unterricht in Klassen oder
in Form von einmaliger Beratung handelt.60 Ausgehend von der umfangreichen
Auflistung bei Scharenberg war für die vorliegende Studie vorrangig, zusätzliche
SchülerInnen auszumachen bzw. fragliche zu bestätigen; die genauen Unterrichts-
daten standen dabei nicht im Vordergrund.
56 Brief von Irene Bien an Arnold Schönberg, 16. März 1911, ASC, Briefdatenbank, ID
15385.
57 Felix Greissle im Interview mit George Perle, 12. November 1970, S. 42–43, ASC, Felix
Greissle Collection B2, Box 3.
58 Arnold Schönberg, „Dr. Egon Wellesz“, 10. April 1944, für eine geplante „Autobiographie
in Begegnungen“, ASC, Textdatenbank, ID T42.03.
59 Dies trifft natürlich auch umgekehrt zu, vgl. z. B. Ludwig Holtmeier: „[S]pricht man von
einer Berliner Schule, kann nicht die Summe aller Schönberg-Schüler gemeint sein. Der
Begriff bezeichnet die Gruppe von Komponisten, die das Materialverständnis der Wiener
Schule aufgegriffen und weiterentwickelt haben“. Ludwig Holtmeier, „Einleitung“, Arnold
Schönbergs „Berliner Schule“, hg. von Heinz-Klaus Metzger und Rainer Riehn, München
2002 (Musik-Konzepte 117/118), S. 3.
60 (Lehr-)Personen können auf unterschiedliche Art prägen – nicht unbedingt abhängig von
Zeitspanne oder Form des Unterrichts.
12 Schönberg als Lehrer – seine SchülerInnen
Schönberg war davon überzeugt, mehr als 1000 Personen unterrichtet zu haben;
Scharenberg nennt in ihrer Studie etwa 320 und dazu etwa 130 ungesicherte Schü-
lerInnen.61 Durch umfassende Recherchen vor allem in Schönbergs Nachlass und
in Sekundärsammlungen (Satellite Collections) im Arnold Schönberg Center Wien
(ASC; vgl. Tabelle 1) ließen sich für die vorliegende Studie zusätzlich mehrere
hundert Personen ,neu‘ als SchülerInnen Schönbergs eruieren (siehe Tabelle 2)
und ein Großteil der bei Scharenberg als „ungesichert“ oder fraglich genannten
SchülerInnen62 als tatsächliche SchülerInnen bestätigen (siehe Tabelle 3). Weitere
aufgefundene Personen besuchten nur möglicherweise Schönbergs Unterricht
(siehe Tabelle 4), sodass mit vorliegender Studie nun mehr als 700 SchülerInnen
erfasst sind (siehe Tabelle 5).
61 Vgl. Scharenberg, Überwinden der Prinzipien, S. 322–377. Unter den insgesamt 456 gelis-
teten Namen (326 plus 130) werden einige mehrfach genannt; außerdem finden sich auch
unter den ,gesicherten‘ SchülerInnen einige fragliche. Scharenbergs Angaben zu überprüfen
bzw. zu korrigieren war nicht vorrangig; eventuelle Abweichungen, die sich im Zuge der
Recherchen (in den verschiedenen Quellen) offenbarten, sind in den Anmerkungen der je-
weiligen Tabelle (2–5) kenntlich gemacht.
62 Die „ungesicherten“ SchülerInnen finden sich bei Scharenberg auf S. 334; die ,fraglichen‘
gliederte Scharenberg in die Aufstellung der SchülerInnen ein – erst in der biographischen
Aufarbeitung (S. 344–377) ist eine Schülerschaft der entsprechenden Personen z. B. durch
die Anmerkung „Schüler Schönbergs?“ in Frage gestellt.
4. Schönbergs SchülerInnen 13
vieler Namen, doch ist trotzdem etwa ein Fünftel der geschlechtsbestimmenden
Rufnamen nicht bekannt; andererseits lassen sich Namen wie Leslie oder Sidney
bzw. Sydney nicht eindeutig einem biologischen Geschlecht zuordnen.65
SchülerInnen, die ihren Namen änderten, sind in dieser Auflistung grundsätz-
lich unter dem Namen angeführt, unter welchem sie bei Schönberg studierten.
Daher sind diese doppelt gelistet: Abrams/Geiringer, Bestor/Kelley, Merz/Butter-
field, Réthi/Dolbin/Geiringer,66 Seligmann/Herbert, Wagner/Russell, Silvers/Steu-
ermann und Wassertrudinger/Truding. Auch weitere Namen finden sich wegen ab-
weichender Schreibweise bei Scharenberg möglicherweise zweifach in der Liste,
da sich nicht immer ausschließen lässt, dass unterschiedliche Personen dahinter
stecken:67 Endicott/Hanson, Oblott/Simon und Luna Davi(d)s/Lema Davis bzw.
Barnett/Barrett, [?] Brown, Ferri/Ferris, Kvaas/Kvans, Langlie, Leitner/Lightner,
Linson/Linsor, Lichels [sic?]/Marguente, Paulien/Paulsen, Rapoport/Rappaport,
Schafer/Shafer, Shaler/Shales und Stanezuk [sic?]/Stonenik.
In den Anmerkungen finden sich Daten zum Unterricht, wobei nur die belegba-
ren Jahre angegeben sind. Die für die Identifizierung als (eventuelle) SchülerInnen
jeweils herangezogenen Quellen stehen dahinter in möglichst abgekürzter Form in
Klammern (vgl. Tabelle 1). Bei Diskrepanzen bezüglich Unterrichtsdaten etc. sind
diese ebenfalls stichwortartig angegeben. Aus Gründen der Übersicht wird in
vorliegender Studie auf eine zusätzliche ausformulierte und detaillierte Begrün-
dung der neu aufgefundenen bzw. bestätigten Personen verzichtet.
65 Viele Nennungen (z. B. auf Beurteilungslisten) bestehen nur aus Nachnamen; in anderen
Fällen lassen sich Vor- (aber auch Nach-)Namen nicht ganz zweifelsfrei entziffern. Insge-
samt ist von etwa 150 Personen der Vorname nicht bekannt oder nicht zuordenbar. Darüber
hinaus sind manchmal Vor- und Nachname nicht eindeutig voneinander zu unterscheiden
und erst im Kontext als dem einen oder dem anderen zugehörig erkennbar (z. B. Wanda
Klaus). Manchmal ermöglichen jedoch Angaben wie „Mr“ und „Miss“ bzw. „Mrs“ eine
eindeutige Zuordnung. Die Rufnamen Frances und Francis beispielsweise sind heute (auch
abhängig vom Herkunftsland der Person) mehr oder weniger geschlechtsunspezifisch in
Gebrauch; in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kann man jedoch im amerikanischen
Sprachraum davon ausgehen, dass es sich bei Francis um einen Mann und bei Frances um
eine Frau handelt.
66 Elizabeth Merz Butterfield nahm bei Schönberg Unterricht, als sie bereits mit Sidney But-
terfield verheiratet war, daher ist sie unter B gelistet; sie komponierte aber bereits als Eliza-
beth (u. a.) Merz. Else Réthi studierte als Réthi bei Schönberg, ist als Komponistin aber un-
ter den von ihrem späteren Familiennamen Geiringer abgeleiteten Pseudonymen E. (bzw.
Else) Geyring und Elizabeth Gyring bekannt. Jean Coulthard (verh. Adams) und Elinor
Remick Warren (verh. Griffin) beispielsweise verwendeten als Komponistinnen weiterhin
ihren Geburtsnamen; bei Lois Lautner sind keine Kompositionen unter ihrem Mädchenna-
men Wilson bekannt.
67 Scharenberg gibt bei den ungesicherten SchülerInnen keine Unterrichtszeiträume an.
4. Schönbergs SchülerInnen 15
cherten und nun bestätigten SchülerInnen findet.68 Die neu aufgefundene Schüle-
rin Rapoport ist womöglich identisch mit [?] Rappaport (vgl. Tabelle 4).69 Warren
Langlie entspricht wahrscheinlich Von Langlie. Die hier angeführte Leona [sic?]
Simmons ist eventuell mit der unter den bestätigten SchülerInnen genannten
Dorothy Simmons zu tauschen.70 Bis zu acht Personen gehören unter Umständen
statt in die Auflistung der neu aufgefundenen in jene der bestätigten SchülerInnen
(Tabelle 3), da es sich bei ihnen um schon bei Scharenberg als ungesichert ge-
nannte SchülerInnen handeln könnte. Alle betreffenden Personen finden sich bei
Scharenberg in abweichender Schreibweise, ohne Vornamen und ungefähren
Unterrichtszeitraum, weshalb ein Identitätsvergleich nicht möglich ist. 71 Der
Komponist Milton Babbitt wird bei Alfred Goodman als Schüler Schönbergs
genannt;72 da dieser wohl nur öffentliche Vorträge in New York besucht hat, ist er
hier nicht angeführt.
68 Vermutlich ist „Leitner“ eine falsche Niederschrift aufgrund der Verwechslung deutscher
und englischer Aussprache.
69 Der Unterrichtszeitraum deckt sich. R. Wayne Shoaf gibt für seine Schlussfolgerungen
jedoch keine genauen Quellen an, wodurch sich eine Identität bestätigen lassen würde.
70 Bei welcher der beiden Frauen es sich um die bei Scharenberg als ungesichert angeführte
Person [?] Simmons handelt, ist nicht bekannt.
71 [?] Barnett = [?] Barrett, ungesichert?; Horace G. Ferris = [?] Ferri, ungesichert?; [?] Kvaas
= [?] Kvans, ungesichert?; Marguerite Lichels [sic?] = [?] Marguente, ungesichert?; Ray
Linson = [?] Linsor, ungesichert?; Arnice Paulsen = [?] Paulien, ungesichert?; Paul Shaler =
[?] Shales, ungesichert?; Sophia Stanezuk [sic?] = [?] Stonenik, ungesichert?. Vornamen
und Unterrichtszeitraum für einen Identitätsvergleich sind durch Scharenberg nicht überlie-
fert.
72 Goodman, S. 69. Goodman unterscheidet nicht ganz eindeutig zwischen SchülerInnen und
NachfolgerInnen; in einer ersten Gruppe („pupils“ und „disciples“) nennt er neben Milton
Babbitt neun weitere Personen: bei einigen (Adolphe Weiss, Leon Kirchner, David Raksin)
geht aus dem Geschriebenen eindeutig die Schülerschaft hervor, bei anderen fehlen die er-
klärenden Worte in Bezug auf den Unterricht bei Schönberg (Gerald Strang, Richard Hoff-
mann, Richard Markowitz, Ralph Rainger, Hugo Friedhofer und Albert Sendrey). Bei Bab-
bitt steht diesbezüglich: „besuchte einige Vorträge, die Schönberg in New York hielt“. Bei
einer zweiten Gruppierung gibt Goodman klar an, dass sie nie bei Schönberg studierten (die
Zwölfton-Komponisten Ben Weber, Harold Seletsky und Ernst Haramaty). Weitere führt er
in einer ersten Kategorie („pupils“ und „disciples“) an, ohne aber deren Schülerstatus be-
treffende Informationen beizufügen.
16 Schönberg als Lehrer – seine SchülerInnen
73 Scharenberg nennt in ihrer Studie zwar Warren Melvin Langlies Dissertation Schoenberg as
a Teacher, welche sie als vemutlich „erste wissenschaftliche Arbeit zum Themenkomplex
,Schönberg als Lehrerʻ“ bezeichnet (S. 30), stellt aber nicht den Zusammenhang zu ihm als
Schüler Schönbergs her.
20 Schönberg als Lehrer – seine SchülerInnen
74 Da Scharenberg bei den ungesicherten SchülerInnen (S. 334) weder Vornamen noch unge-
fähren Unterrichtszeitraum angibt, könnte es sich bei der neu aufgefundenen Schülerin statt
um Leona [sic?] Simmons ebenso um Dorothy Simmons handeln.
22 Schönberg als Lehrer – seine SchülerInnen
mons in nachfolgende Auflistung gehören.77 Eventuell ist die Liste der bestätigten
SchülerInnen um bis zu acht wegen abweichender Schreibweise schon in der Auf-
stellung für neu aufgefundene SchülerInnen genannte Namen zu ergänzen.78
79 Bis auf eine Ausnahme – „Marguerite“ – finden sich auf der als Quelle dienenden Liste
ansonsten ausschließlich Nachnamen, deshalb könnte es sich bei „Iruneshi [sic?] Hourer“
auch um einen zweiteiligen Nachnamen handeln.
4. Schönbergs SchülerInnen 25
80 Thelma Leaton steht nur deshalb auf der Liste der neu bestätigten SchülerInnen, da sie bei
Scharenberg unter diesem Namen nicht auf der Liste steht (sondern stattdessen unter den
Namen Thelma Linton bzw. [?] Leaton, vgl. Anm. 76).
26 Schönberg als Lehrer – seine SchülerInnen
87 Zehn Namen stehen definitiv doppelt auf der Liste – wegen Namensänderung: Abrams/
Geiringer, Bestor/Kelley, Butterfield/Merz Butterfield, Herbert/Seligmann, Russell/Wagner,
Silvers/Steuermann und Truding/Wassertrudinger; unsichere Abfolge von Vor- und Nach-
namen: Endicott/Hanson und Oblott/Simon; andere Schreibweise bei Scharenberg: Luna
Davi(d)s/Lema Davis. Bei bis zu 14 weiteren Namen lässt sich eine Identität nicht bestäti-
gen, da Scharenberg bei den ungesicherten SchülerInnen keine Unterrichtszeiträume angibt.
4. Schönbergs SchülerInnen 29
88 Das mit Bleistift geschriebene Datum der Nachricht ist in der Briefdatenbank des ASC
fälschlich als 17. Januar 1929 transkribiert; tatsächliches Datum ist der 17. Januar 1924.
Vgl. dazu das Kapitel zu Lema Davis (III. Biographisch-musikalische Stichproben).
4. Schönbergs SchülerInnen 33
Simmons Leona [sic?] 1942?, UCLA (LS); = Sch: [?] Simmons, ungesi-
chert?
Simon Oblott/ 1934, New York (Schönbergs Kalender; Shoaf,
Albert S. 252; Sch: Simon Oblott, fraglich)91
Simon [sic?] Otto (Bildarchiv, ID 4079)
Skalkottas Nikos 1927–1931 (Sch)
Slater [weiblich] 1941, UCLA (Briefdatenbank, ID 3598)
Slothouwer Dirk F. 1920–1921, UCLA (Sch)
Slotnikow Annette 1938–1941, UCLA (Folder „UCLA – Teaching
I“, „UCLA – Teaching II“; LS; Sch: ungesichert)
Slunger [sic?] Robert privat? (Bildarchiv, ID 2757)
Smalley Lillian 1939, UCLA (Folder „UCLA – Teaching I“; LS;
(-Louise) Sch: Lillian, ungesichert)
Smith Cecil (Bildarchiv, ID 4079)
Smith Jeanne 1938, UCLA (LS)
Smyth Harold P. 1935 (EC)
Snell Karla zwischen 1938 und 1941 (Sch)
Sockey [?] ungesichert (Sch)
Solomon Walter 1939–1941, UCLA (LS)
Southerland Gordon 1935, USC (Briefdatenbank, ID 2906; GS)
Spanner-Hansen Christian 10/1919–03/1920 (Bildarchiv, ID 3813; Sch:
Spanner-Kamoger [?])
Spatz Zofja 10/1918–06/1919, 10/1919 (Sch: Zofia)
Spiller [?] 1942?, UCLA (LS); vermutlich nicht Myroslaw
Spiller
Spiller Myroslaw 01/1927–12/1929 (Sch)
Spitzer Esther 1934, New York (Schönbergs Notizbücher; Sch:
fraglich)
Stadlen Peter –1925, Leiden (Sch)
Stalea [sic?] [weiblich] 1941, UCLA (Folder „UCLA – Teaching II“)
Stalling Carl W. privat (Bildarchiv, ID 2644: „paid“)
Stampfer Selma 1917–1918, 1/1920–06/1920 (Sch)
Stanezuk [sic?] Sophia 1938, UCLA (LS); = Sch: [?] Stonenik, ungesi-
chert?
Stanton Royal W. 1938–1939, UCLA (LS; Sch: W. Royal Staton,
ungesichert)
Starbird Arthur 1923–1924 (Feisst, S. 38; Briefdatenbank, IDs
908, 951, 1015, 164892)
Starkey [?] UCLA (GS)
Steeb Olga 1935 (Sch; Bildarchiv, ID 2647: „paid“)
Stefan Paul vor 1911 (Sch)
Steffen Walter 10/1918–03/1919 (Sch)
Stein Erwin 1906–1910 (Sch)
Stein Leonard 1935–1942, 1939–1942 Assistent (Sch: 1935–
1939)
Steinbach Georg 1918/19 (Hilmar, S. 37)
Steinbauer Othmar Frühjahr 1920 – Herbst 1921 privat (Sch)
Steinberg Ruth Studienjahr 1939 (Folder „UCLA – Teaching I“;
LS; Sch)
Steiner Jenny (Bildarchiv, ID 3949; Sch: evtl. vor 1911)
Steuermann Clara siehe Silvers, Clara
Steuermann Eduard 1912–1914 (Sch)
A. Biographisches
Als Sechsjährige begann Dika Newlin Klavier bei dem Komponisten Arthur Far-
well (1872–1952) zu studieren, der ihr frühes Interesse an Komposition förderte.1
Im Alter von acht Jahren schrieb sie eine ihrer ersten Kompositionen – Cradle
Song (für Klavier) –, die 1935 unter Vladimir Bakaleinikoff in dessen Bearbeitung
für Orchester aufgeführt wurde.2 Bakaleinikoff war es auch, der Newlin empfahl,
bei Arnold Schönberg zu studieren – obwohl er diesen gar nicht persönlich kann-
te.3 Von 1938 bis 1941 studierte sie dann bei ihm in Los Angeles (sowohl an der
UCLA als auch privat) und war somit wahrscheinlich die jüngste Kompositions-
schülerin, die Schönberg je hatte.
Newlin war nicht nur ein musikalisches ‚Wunderkind‘, sie brillierte auch in an-
deren Fächern. Mit fünf Jahren begann sie mit der Grundschule, nur drei Jahre
später wechselte sie an die High School.4 Als 12-Jährige trat sie ins College ein
(Michigan State College, East Lansing), wo sie laut Herald Tribune den höchsten
IQ in der Geschichte der Schule vorweisen konnte.5 Am Michigan State College
studierte Newlin Komposition bei Arthur Farwell. Ihr Tagesablauf als 13-jährige
sah laut einem Zeitungsartikel folgendermaßen aus: Für ihr Studium wendete sie
selten mehr als eine halbe Stunde pro Tag auf, drei Stunden pro Tag übte sie Kla-
vier und eine Stunde pro Tag arbeitete sie an ihren Kompositionen.6 Auf die Frage,
ob sie von ihrer Familie in diese Richtung gedrängt wurde, sagte Dika Newlin: „I
think I pushed them! I knew what career I wanted and I was happy to get an early
start.“7
1938 begann Newlin ihre Studien an der University of California Los Angeles
(UCLA) und bei Arnold Schönberg. Währenddessen schloss sie 1939 als erst 16-
jährige das Michigan State College mit einem B. A. in Französischer Literatur ab.
1941 beendete sie ihre Studien an der UCLA mit einem M. A.8
1941, mit erst 17 Jahren, trat Dika Newlin in das musikwissenschaftliche Dok-
toratsprogramm der Columbia University (New York City) ein. Ihr Hauptfach-
professor war der Musikwissenschaftler und Musikkritiker Paul Henry Lang.9
Newlin meint, dass sie ihr Doktoratsstudium früher abschließen hätte können, dass
aber Lang glaubte, „it would be hard for me to be placed in a job if I was under
21“.10 Newlins PhD Dissertation war im Jahr 1945 die erste musikwissenschaft-
liche an der Columbia University. Lang hätte es nach Newlin gern gesehen, dass
sie an der Columbia University bleibt und dort unterrichtet, die Universität habe
aber aber keine Frau anstellen wollen.11
Während sie an ihrem Doktorat arbeitete, studierte Newlin weiterhin Komposi-
tion (privat bei Roger Sessions, bis 195) und darüber hinaus noch Klavier bei Ru-
in the sixth-grade classroom had angered, not my classmates, but some of their parents, who
feared that I might give their children an ‚inferiority complex.‘“ Newlin, Schoenberg Re-
membered, S. 3.
5 „Child Composer Here to Listen to Her Music“ (Anm. 4). Vgl. z. B. „All in One: College
Freshman, 13, Is Pianist, Composer“, The Sunday Morning Star (Wilmington, Delaware) 65
(28. Februar 1937), wöchentliche Beilage „Parade of Youth“, S. 2, online verfügbar unter
http://news.google.com/newspapers?id=Ht4mAAAAIBAJ&sjid=WgIGAAAAIBAJ&hl=de
&pg=4362%2C2501246, aufgerufen am 1. August 2019; vgl. auch „All in One. College
Freshman, 13, Is Pianist, Composer“, Sheboygan Press, 27. Februar 1937, S. 20, online ver-
fügbar unter http://newspaperarchive.com/us/wisconsin/sheboygan/sheboygan-press/1937/
02-27/page-20, aufgerufen am 30. August 2019.
6 „All in One. College Freshman, 13, Is Pianist, Composer“ (Anm. 5), S. 2.
7 Susan Cunningham, „Dr. Newlin: Lends Music Style, Invention“, The Montclarion 48, Nr. 3
(21. Februar 1974), S. 12, online verfügbar unter http://cdm15986.contentdm.oclc.org/
cdm/compoundobject/collection/montclarion/id/7748, aufgerufen am 3. Februar 2014.
8 Newlins Abschlussarbeit an der UCLA trägt den Titel „Transitions in Recapitulation of
Classical Sonata Form“, siehe z. B. die bibliographische Datenbank WorldCat unter
www.worldcat.org. Der Arbeitstitel war „The Problem of the Key-Relationship in the Reca-
pitulation of the Classic Sonata Form“ (siehe Newlin, Schoenberg Remembered, S. 301, Ein-
trag vom 13. Februar 1941).
9 Paul Henry Lang (1901–1991) schreibt im Jahr 1988 über Newlin: „Dika was my first
Ph.D., and I always remember her brilliance.“ Theodore Albrecht (Hg.), Dika Caecilia: Es-
says for Dika Newlin, November 22, 1988, Department of Music, Park College, Kansas City,
Missouri 1988, S. 1.
10 Susan Barton, „Dika Newlin – Artist in Transition“, The North Texan 24, Nr. 2 (Mai 1973),
S. 4–5, hier S. 5, online verfügbar unter https://digital.library.unt.edu/ark:/67531/metadc
98795/, aufgerufen am 30. August 2019.
11 Barton, „Dika Newlin – Artist in Transition“ (Anm. 10), S. 5.
A. Biographisches 53
12 Von Artur Schnabel, der ebenfalls Komponist war, spielte Dika Newlin als Pianistin einige
Werke auf CD ein, siehe dazu weiter unten. Rudolf Serkin war Privatschüler Schönbergs in
Österreich. Roger Sessions (1896–1985) war laut Newlin erst ihre zweite Wahl als Kompo-
sitionslehrer in New York (nach Béla Bartók, vgl. dazu z. B. Newlin, Schoenberg Remem-
bered, S. 333). Bei ihm studierte sie bis zum Sommer 1945 (vgl. Brief von Dika Newlin an
Arnold Schönberg, 11. Juni 1945, ASC, Briefdatenbank, ID 14672). Sessions kannte Schön-
berg eventuell schon seit den frühen 1930er Jahren, von seiner Zeit am Malkin Conservatory
in Boston, wo beide zur selben Zeit gelehrt haben. Nach Hans Heinz Stuckenschmidt,
Schönberg. Leben – Umwelt – Werk, Freiburg i. Br. 1974, S. 319 hatten sich die beiden noch
in Berlin kennengelernt. Sessions war laut Felix Greissle „der einzige amerikanische Kom-
ponist, der an Schönberg glaubte, als dieser in die U. S. A. kam“. Arnold Schönberg Center
Wien (ASC), Felix Greissle Collection B5. Auch andere Schüler Schönbergs studierten bei
Sessions: Richard Cumming, Earl Kim, Leon Kirchner, Roger Nixon und Leonard Rosen-
man (vgl. Andrea Olmstead, Roger Sessions: A Biography, New York 2008, S. 304; Sabine
Feisst, Schoenberg’s New World: The American Years, Oxford 2011, S. 128). Manuela
Schwartz erwähnt nach Olmstead dazu noch Robert Gross („Arnold Schönbergs pädagogi-
scher Einfluß und seine Rezeption in den USA“, Geächtet, verboten, vertrieben. Österrei-
chische Musiker 1934 – 1938 – 1945, hg. von Hartmut Krones, Wien 2013, S. 453–477, hier
S. 469).
13 Zit. nach Andrea Olmstead, Roger Sessions and His Music, University of Rochester Press
1985, S. 96.
14 Seit 2002 unbenannt in McDaniel College.
15 Damit gehörte sie zu den ersten WissenschaftlerInnen überhaupt, die mithilfe dieses Stipen-
diums in Österreich forschten. Vgl. Thomas König, Die Frühgeschichte des „Fulbright
Program“ in Österreich. Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erzie-
hung“, Innsbruck 2012, S. 122; online verfügbar unter https://www.studienverlag.at/
material/STV/OpenAccess/5088_Koenig_Fulbright_Program_Innenteil_Web.pdf, aufgeru-
fen am 2. Mai 2018.
16 Ironischerweise hatte Dika Newlin eine Woche nach Schönbergs Tod am 13. Juli 1951 von
der Bewilligung des Stipendiums erfahren, siehe Dika Newlin, „Scholarships across the Sea.
Impressions of a Fulbright Research Scholar in Vienna“, Pan Pipes 44, Nr. 3 (März 1952),
S. 13–15, hier S. 13. Newlin stellte diese Biographie nie fertig, vgl. Abschnitt 7.1.
17 Newlin, „Impressions of a Fulbright Research Scholar in Vienna“ (Anm. 16), S. 14. Dika
Newlin zeigte sich über die bescheidene Präsenz zeitgenössischer KomponistInnen in Öster-
reich überrascht: „In an atmosphere where the past is worshipped disproportionately (at least
from an American viewpoint) and where the concert scene is dominated by Brahms and
Bruckner, it is difficult for the young Austrian composer to get a hearing. Therefore there
are not very many of him, and even fewer of her!“ (ebd.)
54 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
anbot, einen solchen Lehrgang aufzubauen. Sie konstitutierte das Music Depart-
ment von Grund auf und entwickelte das gesamte Undergraduate Curriculum: von
einem Kurs bis zu einem vollen Bachelor of Arts Programm.18
1957 wurde Dika Newlin für ihre Bemühungen um Mahlers Kompositionen
von der Bruckner Society of America mit der Gustav Mahler Medal of Honor
ausgezeichnet. Damit war sie die erste MusikwissenschaftlerIn überhaupt, der
diese Ehrenmedaille zuerkannt wurde.19 Am 8. Juni 1964 verlieh das Upsala Col-
lege in New Jersey Dika Newlin einen Ehrendoktortitel („Doctor of Humane Let-
ters“).20
1965 wechselte Newlin an die Fakultät für Komposition des College of Music
der North Texas State University (NTSU)21, wo sie bis 1973 blieb. Dort war sie
offiziell Professorin für Musikologie, unterrichtete aber auch Elektronische Musik
und Komposition.22 In ihren „multimedia workshops“ und „modern harmony clas-
ses“ bezog sie ihre Studierenden aktiv in viele „controversial and unusual projects
and performances“ mit ein.23
Ab 1. September 1973 leitete Dika Newlin das neu organisierte Electronic Mu-
sic Studio am Montclair State College.24 Bis 1976 war sie Professorin an der
18 In ihrem Artikel „Organizing a Music Department“, Pan Pipes 45 (Mai 1953), S. 10–12,
berichtet Newlin über ihre Erfahrungen beim Aufbau dieser Abteilung.
19 Davor wurde die Mahler Medal of Honor an Dirigenten und Interpreten verliehen, wie z. B.
Bruno Walter und Leonard Bernstein. Vgl. „Dika Newlin Receives Mahler Medal“, Pan
Pipes 50, Nr. 3 (März 1958), S. 7 und 29. Vgl. „Karl Stumpf: Viola d’amore Concerts in
East – Dika Newlin Work Premiered“, Pan Pipes 52, Nr. 3 (März 1960), S. 12. Im Jahr 1952
war bereits die dritte Auflage und eine deutsche Übersetzung ihres Buches Bruckner, Mah-
ler, Schönberg erschienen.
20 Adel Heinrich, Organ and Harpsichord Music by Women Composers: An Annotated Cata-
log, New York 1991, S. 305. Aus welchem Grund Newlin ein Ehrendoktorat des Upsala
College verliehen wurde, ist nicht bekannt; eine diesbezügliche Anfrage an das Swenson
Center des Augustana College in Rock Island, Illinois, und die Felician College Library in
Lodi, New Jersey, welche einen Teil der Unterlagen des Upsala College (1893–1995) ver-
walten, gab keinen Aufschluss darüber. Siehe auch Swenson Swedish Immigration Research
Center, Upsala College records, 1893–1995 (I/O:58), Series XI (College History Records),
Box 1, Folder 5 und Series VI (General Administrative Papers), Box 29, Folder 375. Danke
an Lisa Huntsha für die Übermittlung der Unterlagen.
21 Seit 1988 University of North Texas.
22 Elizabeth Hinkle-Turner, Women Composers and Music Technology: Pioneers, Precedents
and Issues in the United States. Crossing the Line, Aldershot 2006, S. 37; Donna Arnold,
„Schoenberg’s Punk Rocker. The Radical Transformations of Dika Newlin“ (19. Juli 2017),
New Music Box. The Web Magazine from the American Music Center, online verfügbar un-
ter https://nmbx.newmusicusa.org/schoenbergs-punk-rocker-the-radical-transformations-of-
dika-newlin/, aufgerufen am 30. August 2019. Im Studienjahr 1972/73 unterrichtete Newlin
im Rahmen der Fächer Musicology und Music History, aber nicht Komposition. North Tex-
as State University School of Music Program Book 1972–1973, Denton, Texas. UNT Digital
Library, online verfügbar unter http://digital.library.unt.edu/ark:/67531/metadc26360/
m1/5/?q=dikanewlin, aufgerufen am 6. August 2019.
23 Arnold, „Schoenberg’s Punk Rocker“. Arnold berichtet, dass Newlins Aktivitäten im Be-
reich der Computermusik sich zwar bestens in das neu eingeführten Elektronische Musik-
Programm an der Universität einfügten, sie sich aber mit deren Leiter Merrill Ellis nicht ver-
standen habe.
24 (Seit 1994 Montclair State University.) Pan Pipes 66, Nr. 2 (Januar 1974), S. 65. Bereits
kurz nach ihrem Antritt führte sie dort drei ihrer aktuellen Kompositionen auf (18. Septem-
ber 1973).
A. Biographisches 55
School of Fine and Performing Arts.25 Daneben arbeitete Newlin in den Jahren
1973–1976 als Resident Visitor in Acoustical Research bei den Bell Lab(oratorie)s
in Murray Hill, New Jersey.26 Dort hatte Max Mathews (1926–2001) Mitte der
1950er Jahre die Basis für Computermusik geschaffen.27
In den Jahren 1976–1978 widmete sie sich hauptsächlich dem Schreiben und
der Komposition.28 Ab September 1977 lehrte sie an der New School for Social
Research in New York unter anderem Musikkritik.29 1978 nahm sie eine Ein-
ladung der Virginia Commonwealth University in Richmond an, um dort einen
Promotionsstudiengang zu entwickeln.30 Newlin blieb dort bis 2004 Professorin
für Musik.
Ihre letzten Jahre lebte Dika Newlin verarmt in Richmond. Sie starb am 22. Juli
2006 im Alter von 82 Jahren in Folge von Komplikationen, die nach einem Kno-
chenbruch auftraten.31
Wie die folgenden Abschnitte zeigen, wirkte Dika Newlin – ihren vielen Talenten
Rechnung tragend – in mehreren Bereichen.32 Der Komposition gab sie wohl den
Vorzug, vor allem im Anschluss an ihr Studium bei Schönberg. Als Pädagogin war
sie ab Mitte der 1940er Jahre tätig. Ab Ende der 1940er Jahre begann ihre frucht-
bare Laufbahn als Autorin wissenschaftlicher Literatur. Als Interpretin und Per-
formerin war sie bereits seit ihrem Studium aktiv; gegen Ende ihres Lebens war
dies ihr produktivster Bereich.
Im Frühjahr 1941 betont Newlin in einem Brief gegenüber Schönberg, ihr wäre
das Komponieren viel wichtiger als eine Karriere am Klavier; aus dem Schreiben
geht auch hervor, dass Schönberg über Newlins Doppelausbildung zur Komponis-
25 Sie unterrichtete sowohl am Department of Fine Arts als auch am Department of Music.
Montclair State College. Undergraduate Catalog 1975–1977, S. 42 und 51, online verfügbar
unter https://archive.org/details/coursecatalogs1900mont_31, aufgerufen am 15. August
2018.
26 „Newlin, Dika“, Who’s Who in American Music: Classical, New York: R. R. Bowker Com-
pany 1983, S. 315–316, hier S. 316; „Multi-Media Concert Set“, The Montclarion 48, Nr. 10
(18. April 1974), S. 11, online verfügbar unter http://cdm15986.contentdm.oclc.org/
cdm/compoundobject/collection/montclarion/id/7846, aufgerufen am 3. Februar 2014.
27 Laut Newlin wurde Max V. Mathews durch eines ihrer Recitals an der Drew University
dazu inspiriert, mit Zwölftontechnik zu experimentieren (im telefonisch geführten Interview
mit Bruce Duffie, Februar 1987, online verfügbar unter http://www.bruceduffie.com/
newlin.html, aufgerufen am 24. Mai 2018).
28 Aaron I. Cohen, International Encyclopedia of Women Composers, 2 Bde., New York:
Books & Music 21987, Bd. 1, S. 505; Anne K. Gray, The World of Women in Classical Mu-
sic, La Jolla: WordWorld, S. 229.
29 Pan Pipes 70, Nr. 2 (Januar 1978), S. 55.
30 Siehe z. B. Ammer, Unsung, S. 162.
31 Sabine Feisst, „Dika Newlin (1923–2006): A Remembrance“ (24. Juli 2006), New Music
Box. The Web Magazine from the American Music Center, online verfügbar unter http://
www.newmusicbox.org/articles/Dika-Newlin-19232006-A-Remembrance/, aufgerufen am
18. September 2019.
32 Dies erinnert an Schönbergs Schülerin Constance Shirley, die auch „many irons in the fire“
hatte (Brief von Constance Shirley an Arnold Schönberg, 16. Oktober 1940, ASC, Briefda-
tenbank, ID 16720).
56 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
tin und Pianistin anscheinend nicht Bescheid wusste oder zumindest nicht sehr
erfreut darüber war:
„Since our last conversations about my work on the piano I have been thinking over very
seriously what you said to me, and have discussed it with my parents. I think perhaps I had
never explained that part of my musical scholarship is for piano lessons and they naturally
expect me to make, without any expense to myself, thus saving the money toward my les-
sons. Of course my career as a composer is far more important to me and most of my time
is devoted to this work andalways [sic] will be, but I do depend on the money that I get
from this musical scholarship and from the French scholarship at the University to finance
myself, and that is why I am working on these other lines, too. Of course I enjoy all my
work, but the composition is my life.“33
Ende der 1970er Jahre sah sich Newlin offenbar in der Rangfolge „composer,
writer, performer and teacher“34. Einen Namen machte sie sich allerdings in erster
Linie als Autorin und Musikwissenschaftlerin. Vor allem mit ihren Publikationen
über Schönberg trug sie wesentlich zu dessen Erforschung im amerikanischen
bzw. englischsprachigen Raum bei.
Wie durch SchülerInnen Newlins überliefert ist, war sie eine sehr engagierte
und begeisternde Lehrende.35 Aus der Widmung in der Festschrift zu Ehren Dika
Newlins 50. Geburtstag geht hervor, dass sie neben ihren grenzüberschreitenden
wissenschaftlichen wie kreativen Leistungen eine gehörige Portion Lebensfreude
ausstrahlte.36 Zu dieser Zeit betrachtete sich Newlin als „multimedia person“, die
mit ihren Aufführungen das Publikum nicht schockieren, sondern anregen wollte
und sich dabei selbst weiterentwickelte. Auch selbst wusste sie offenbar nicht, was
sie als nächstes vorhatte.37 Als Performerin war sie offenbar „unvergleichlich“, wie
etwa Filmkritiker Phil Hall über sie in Zusammenhang mit der Dokumentation
Dika: Murder City (1994) notiert: „It is impossible to compare Dika Newlin to any
other performer – there is no one even vaguely close to her.“38 Er beschreibt sie als
„mad genius [...] who presents the facade of sincerity and intelligence during con-
versation, but who turns into a raving maniac whenever she steps before a micro-
phone while the music plays“.39 Mit ihren Punkrock-Performances und Auftritten
in Horrorfilmen in den 1980er- und 1990er-Jahren ging sie einen zunehmend „wil-
den“ Weg, wie Sabine Feisst bemerkt, die Newlin persönlich kannte: „Most artists
33 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 28. Mai 1941, ASC, Briefdatenbank, ID
14661.
34 Newlin, Schoenberg Remembered, S. 344.
35 Vgl. dazu weiter unten, Abschnitt 4 bzw. Arnold, „Schoenberg’s Punk Rocker“ und
Anm. 88.
36 Widmung in Theodore Albrecht (Hg.), Dika Newlin: Friend and Mentor. A Birthday An-
thology, Denton 1973, S. [III]: „Whose interests and accomplishments transcend the inter-
disciplinary boundaries in scholarship and creativity, and whose joy in living communicates
itself to all who know her.“
37 Barton, „Dika Newlin – Artist in Transition“ (Anm. 10), S. 4. Äußerung in Zusammenhang
mit ihren Multimedia-Aufführungen an der University of North Texas.
38 Filmkritiker Phil Hall über Dika Newlin in seiner Besprechung der Dokumentation Dika:
Murder City (1994), 4. Januar 2001, online verfügbar unter http://filmthreat.com/uncatego
rized/dika-murder-city/, aufgerufen am 1. Mai 2018.
39 Phil Hall, „The 10 Best Films You Never Saw“, 20. Januar 2000, online verfügbar unter
http://filmthreat.com/uncategorized/the-10-best-films-you-never-saw/, aufgerufen am 1. Mai
2018.
A. Biographisches 57
go through their wild times when they are in their 20s. Dika did that in her 70s“.40
2003, als nahezu 80-Jährige, sagt Newlin über sich: „I feel like a child more than I
did as a child [...] I try more and more to live by the day, to do something because
it feels good.“41
Donna Arnold, eine ehemalige Studierende Newlins an der University of North
Texas, erinnert sich, dass Newlin „created a sensation wherever she went, but no
description comes even close to conveying what it was like to see her in action“.42
Weiters beschreibt sie Newlin als außergewöhnlich und exzentrisch, etwa hinsicht-
lich ihrer Kleidung: „she might wear ugly, vividly colored print dresses offset by
electric blue tights and tennis shoes“, dass sie aber eigentlich eine sehr schüchterne
Person war:
„While no one might guess it from casual observation, she was actually very shy, and alt-
hough she was unfailingly kind and supportive to students, it was usually very hard to talk
to her. She was uncomfortable and inept with small talk.“43
Arnold vermutet, dass Newlins Aktivitäten ab den 1970er Jahren „might well have
been her contemptuous response to the pain she felt from the lack of attention to
her serious compositions“. Nachdem ihre Wunderkind-Zeit vorbei war, „she never
attained the status or received the recognition that her gifts merited“ und war des-
halb nach Arnold „relentlessly determined to attract attention, no matter what it
took to get it“.44
Newlin war vielbeschäftigt und fleißig, wie etwa aus ihrem Briefwechsel mit
Schönberg und ihren Einträgen in Pan Pipes hervorgeht. Vielleicht ist das einer
der Gründe, wieso sie im Sommer 1950 an einem Burn-out litt: „I have just dis-
covered from my doctor that I have a severe nervous disorder caused by chronic
exhaustion. I should be able to take a month off but that I can’t have.“45
In Zusammenhang mit Newlins Persönlichkeit ist sicher erwähnenswert, dass
ihrer Notenhandschrift Ende der 1960er Jahre noch immer etwas Kindliches anhaf-
tet bzw. sich ihr Notenschriftbild dieser Zeit kaum von dem aus den 1930er Jahren
unterscheidet.46
3. Komponistin
47 Nicolas Slonimsky, „The New World of Dodecaphonic Music“ (1950), Writings on Music,
Bd. 3: Music of the Modern Era, hg. von Electra Slonimsky Yourke, New York und Lon-
don: Routledge 2005, S. 50–55, hier S. 54.
48 Siehe zu Dika Newlins kompositorischem Œuvre Teil B bzw. vgl. ergänzend Abschnitt 6.
49 Claudia Kramer Bisset, Music at the MacDowell Colony: A Study and Descriptive Catalog
of the Colony Composers’ Works in the Savidge Memorial Library, University of Massachu-
setts-Lowell 1994, S. 415.
50 Vgl. Dika Newlins Briefe an Arnold Schönberg vom 28. August 1947 (ID 14492), 13. Mai
1948 (ID 14502) und 29. April 1950 (ID 14706). So berichtet sie ihm beispielsweise, dass
sie im Sommer 1948 vorhabe, dort an den „Structural Functions“ weiterzuarbeiten (13. Mai
1948, ID 14502). Aus dem Brief an Schönberg vom 29. April 1950 geht hervor, dass sie ur-
sprünglich auch im Jahr 1950 zur MacDowell Colony fahren wollte.
51 Dika Newlin, „MacDowell Colony – 1948. An Open Letter to SAIs“, Pan Pipes 41, Nr. 2
(Dezember 1948), S. 117–118, 118.
52 Mary F. McVicker, Women Opera Composers: Biographies from the 1500s to the 21st
Century, Jefferson, NC 2016, S. 125. Im selben Jahr waren etwa auch die KomponistInnen
Lukas Foss und Louise Talma in der MacDowell Colony.
53 Vgl. Newlins Briefe an Schönberg vom 1. Oktober 1948 (ASC, Briefdatenbank, ID 14508)
und 29. August 1949 (ID 14693).
54 Siehe dazu auch Newlins Artikel „A Composer at Yaddo“ in Pan Pipes, Bd. 55–56?
(1962?), S. 18–19 und Pan Pipes 59, Nr. 2 (Januar 1967), S. 89. Newlin wollte bereits in
den 1940er Jahren nach Yaddo, wie der Korrespondenz mit Schönberg zu entnehmen ist
(Briefe von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 5. März 1947, ASC, Briefdatenbank, ID
14675, und 1. Mai 1947, ID 14677). Laut einem Who’s Who-Band war Newlin in den Jahren
1960–1966 in Yaddo, vgl. Who’s Who in American Music: Classical, S. 316.
55 Pan Pipes 59, Nr. 2 (Januar 1967), S. 89.
56 Vgl. dazu auch weiter unten, Abschnitt 6.2.
A. Biographisches 59
Werk Lhazebur (1969) auf Motive einer Oper Morrisons, und die Oper Smile Right
to the Bone (ca. 1968–1989) auf ein Libretto von Morrison.
Im Zusammenhang mit einem Lecture Recital eigener Werke im November
1966 sind einige Gedanken Newlins über die aufgrund der verwendeten Komposi-
tionstechnik oft falsche Beurteilung von Werken überliefert:
„Her [Newlins] lecture showed a concern, passed on by her teacher Arnold Schoenberg,
that talk about the techniques of composition is often overdone with a result that compos-
ing and compositions are often misunderstood because of a misplaced emphasis on the
techniques used. By contrast, Dr. Newlin would have the listener concentrate on mood and
be concerned with what the work is rather than how it is made. Dr. Newlin’s style obvi-
ously makes use of the 12-tone system devised by Schoenberg, but she cautioned her lis-
teners as her teacher did: listen for the 12-tone ,composition,ʻ rather than the ,12-toneʻ
composition.“ 57
Weiters meint die Rezensentin, dass Dika Newlins „musical understatement results
in a subtly paced dramatic simplicity that constantly moves forward, transporting,
the listener through perpetual interest and unity displayed through clarity and
economy of means“.58
Um 1970 beschäftigte sich Dika Newlin intensiv mit Computermusik in den
Programmiersprachen Fortran und Basic59 sowie mit multimedialen Werken und
Aufführungen. Newlin gehörte damit zu den sehr frühen NutzerInnen der Elektro-
nischen Musik.60
Newlin empfand es sehr anregend, multimedial zu komponieren: „I feel this is
the most stimulating and the most exciting form today [...] because you use all the
five senses.“61 Außerdem sah sie ihren bisherigen Weg als nicht mehr steigerbar
an: „And, the other career [...] I had carried to a peak. I couldn’t get any more
recognition.“62 Zu dieser Veränderung hätten sie ihre Studierenden inspiriert, und
„as a teacher one needs new things to keep from getting stale“.63 Die Arbeit mit
elektronischer Musik reizte sie vor allem, um neue Klänge zu finden: „In thinking
of electronic music, I prefer to see it as a means of finding new sounds, rather than
just trying to synthesize the sounds of instruments which already exist.“64 Newlin
57 Lyelle Palmer, „Newlin Tells Audience What Motivated Music“, The Campus Chat
(Denton, Texas) 50, Nr. 18, Ed. 1 (16. November 1966), S. 3; online verfügbar unter
http://texashistory.unt.edu/ark:/67531/metapth307316/, aufgerufen am 27. August 2019.
58 Ebd., S. 3.
59 Pan Pipes 63, Nr. 2 (Januar 1971), S. 72; North Texas State University School of Music
Newsletter, Januar 1971, online verfügbar unter http://digital.library.unt.edu/ark:/67531/
metadc181725/, aufgerufen am 20. August 2018. Newlin gehörte Anfang der 1970er Jahre
einer ausgewählten Gruppe von KomponistInnen um Computerpionier um Max Mathews
an, die in den Bell Telephone Labs in Murray Hill, New Jersey, Computermusik komponier-
ten. Vgl. z. B. Arnold, „Schoenberg’s Punk Rocker“.
60 Vgl. z. B. Hinkle-Turner, Women Composers and Music Technology, S. 37.
61 Barton, „Dika Newlin – Artist in Transition“ (Anm. 10), S. 4.
62 Ebd.
63 Ebd. Vgl. die Nähe zu Schönbergs Diktum „Dieses Buch habe ich von meinen Schülern
gelernt“ im Vorwort seiner Harmonielehre.
64 Interview mit Bruce Duffie (Anm. 27).
60 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
baute sogar elektronische Instrumente.65 In den Jahren 1976 bis 1978 „she devoted
herself to writing and composition“.66 Musikalische Werke aus dieser Zeit sind
kaum bekannt, doch entstand in diesen Jahren Newlins Monographie Schoenberg
Remembered: Diaries and Recollections, 1938–1976.
Mitte der 1980er Jahre begann sie, Songs zu komponieren. Daran schätzte sie
im Vergleich zum Komponieren von Konzertmusik insbesondere die unmittel-
baren Reaktionen des Publikums: „This is more immediate because I know that
there will be near-instant feedback.“67 Sie wirkte bei Punkrock-Bands auch als
Sängerin und Musikerin mit (vgl. dazu weiter unten, Abschnitt 6.4). In einem
Interview aus dem Jahr 1987 spricht Newlin davon, wie sie mithilfe ihrer musik-
theoretischen Grundlagen herkömmliche Popularmusikmodelle zu erweitern ver-
sucht, etwa bezüglich der Harmonik:
„The music is very definitely expanding. For instance, when I write rock songs, I try to
expand the harmonic base. [...] many popular rock songs [...] have just three chords – ton-
ic, dominant, and subdominant – used many times in that order again and again. They also
feature a basic rock rhythm of repeated four beats which is driving, repetitious and of
course has very great hypnotic power. I am trying to expand the horizons using quite a few
more – different harmonies and more chords – and then also by injecting some metric va-
riety. Once in a while we might throw in a measure of another meter. I find this challeng-
ing: I bring a new song to the group and it is ,Oh my! All these chords!‘“68
Bei ihren Solo-Liedern griff sie mitunter auf bestehende Kompositionen zurück
und adaptierte diese, wie etwa ein „Brettl-Lied“ von Schönberg, wofür sie die
Harmonien nur unwesentlich änderte, aber den Text „modernisierte“:
„Also in my solo songs, which are more of a cabaret type, I have gone in a variety of di-
rections. I have done some which are simply adaptations of classical music or contempo-
rary concert music. I have a version, for instance, of one of Schoenberg’s cabaret songs in
which I have not basically changed the harmony but have modernized the text. I have writ-
ten a contemporary English text. I have played this many times in night clubs to good suc-
cess, and I think should Schoenberg come back and hear this, he would probably enjoy it
very much!“69
Ein paar solcher Adaptionen lassen sich ausfindig machen: Arnold Schönbergs
Seit ich so viele Weiber sah (The Bum-Bum Song) und Der genügsame Liebhaber
(The Black Pussycat) sowie Gustav Mahlers Die zwei blauen Augen von meinem
Schatz (Blue-Eyed Love) und Franz Schuberts Der Leiermann (Organ Grinder
Blues).70
In den 1990er Jahren agierte Newlin mehrmals als Schauspielerin (vgl. dazu
weiter unten, Abschnitt 6.5); darüber hinaus schrieb Newlin auch Filmmusik, etwa
für die Horrorfilme Mark of the Devil 666: The Moralist und Five Dark Souls
65 North Texas State University School of Music Newsletter, Januar 1972, S. 13, online verfüg-
bar unter http://digital.library.unt.edu/ark:/67531/metadc181755/, aufgerufen am 19. Sep-
tember 2019.
66 Cohen, International Encyclopedia of Women Composers, Bd. 1, S. 505.
67 Dika Newlin im Interview mit Bruce Duffie (Anm. 27).
68 Ebd.
69 Ebd.
70 Siehe dazu weiter unten, Abschnitt 11.3 bzw. Tabelle 23.
A. Biographisches 61
4. Pädagogin
Dika Newlin lehrte ab ihrem 22. Lebensjahr, nach Beendigung ihres Doktorats, an
verschiedenen nordamerikanischen Colleges und Universitäten. Einige über Briefe
erhaltene Äußerungen Newlins machen deutlich, dass sie zumindest in ihren ersten
Jahren als Lehrende im Unterricht – zumindest was die verwendeten Materialien
betrifft – sehr engen Bezug auf Schönberg nahm. Sie verwendete Schönbergs
musiktheoretische Bücher und ihre Notizen aus ihrem Unterricht bei Schönberg.73
Über diesen Einsatz ihrer Mitschriften machte sie sich schon Ende der 1930er
Jahre Gedanken.74
In den Jahren 1945–1949 unterrichtete Newlin am Western Maryland College
in Westminster, Maryland.75 Dort war sie auch für lokale Musikorganisationen –
Chor, Orchester und Glee Club – kompositorisch aktiv.76 Für den Unterricht ver-
wendete sie Schönbergs Bücher, etwa seine Harmonielehre und Models for Begin-
ners in Composition.77
1949 wechselte Newlin vom Western Maryland College zunächst für ein Jahr
als Gastprofessorin an die Syracuse University. Wie sie Schönberg berichtet, un-
terrichtet sie dort zwar nicht Komposition, will aber vor allem ihr Seminar über
Analyse zeitgenössischer Musik nutzen, „to acquire some new recruits for your –
our – cause“. Sie macht darin auch deutlich, dass sie generell nur solche Positionen
annimmt, in der sie den Rahmen hat, „to do as much as possible for you as well as
for myself“. Am Ende versichert sie ihm, dass sie sich dort selbstverständlich auch
71 Melissa Scott Sinclair, „Dika Newlin’s Legacy in Wild Sights and Sounds“, Style Weekly.
Richmond’s Alternative for News, Arts, Culture and Opinion, online verfügbar unter http://
www.styleweekly.com/richmond/dika-newlins-legacy-in-wild-sights-and-sounds/Content?o
id=1385962, aufgerufen am 4. August 2019, bzw. die Website der Internet Movie Database
(IMDb), http://www.imdb.com/title/tt0294256/fullcredits (Five Dark Souls), aufgerufen am
30. Januar 2018.
72 In der Internet-Film-Datenbank IMDb sind unter dem Film Mark of the Devil Docion und
Azra Medea – beide als Alucarda – angeführt, nicht jedoch Dika Newlin. Zu Docions und
Azra Medeas Filmnennungen gehören daneben auch 5 Dark Souls und Creep (alle als
Alucarda). Siehe z. B. http://www.imdb.com/title/tt0289737/fullcredits (Mark of the Devil
666: The Moralist), bzw. http://www.imdb.com/name/nm2910746/ (Docion) und http://
www.imdb.com/name/nm2910194/ (Azra Medea), alle aufgerufen am 26. August 2019. Vgl.
auch Anm. 153 und 156.
73 Vgl. etwa Newlins Briefe an Arnold Schönberg vom 20. Dezember 1945 (ASC, Briefdaten-
bank, ID 14499), 13. Mai 1948 (ID 14502) und 1. Oktober 1948 (ID 14508).
74 Vgl. Dika Newlin, Schoenberg Remembered, S. 78 (27. Mai 1939).
75 Seit 2002 unbenannt in McDaniel College.
76 Vgl. „Dr. Dika Newlin, Composer of Opera To Give Piano Recital on March 10“, The Gold
Bug 23, Nr. 10 (14. März 1946), S. 1, online verfügbar unter http://hoover.mcdaniel.
edu/archives/Newspapers/TheGoldBug1945-46.pdf, aufgerufen am 7. Februar 2014.
77 Vgl. dazu Abschnitt 7.2.
62 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
für seine Musik einsetzen wird.78 Newlins für Schönberg werbende Einstellung
blieb an der Syracuse University nicht ohne Folgen.79
1951 wurde Newlin – wahrscheinlich im Zusammenhang mit ihren Verdiensten
bei ihrer ersten Anstellung am Western Maryland College 1945–1949 – überant-
wortet, für die Drew University ein Department für Musik von Grund auf zu kon-
stituieren.80
Gegen Ende ihrer Lehrtätigkeit war Dika Newlin laut Mark Holmberg vom
Richmond Times-Dispatch eher bekannt für ihre lockere Unterrichtsweise, „the
polar opposite of Schoenberg’s overbearing style“.81 In den 1970er Jahren gibt
Newlin an, ziemlich offen zu sein: „I don’t want my students to fit into my mold
[...] I want them to come on in (to my classes) and bring what they have.“82 Durch
diese Haltung entstand ein Unterricht, in dem „everybody talks, everybody ex-
presses their opinions, everybody argues, and the first thing they (students) do is
drop their prejudices“.83
Als Newlin um 1970 eine andere Kompositionsrichtung (Multimedia) ein-
schlug, regten sie – ganz in „Schoenberg tradition“ – ihre Studierenden dazu an:
„My students have inspired me to go in this direction“, was natürlich an Schön-
bergs Vorwort in der Harmonielehre erinnert: „Dieses Buch habe ich von meinen
Schülern gelernt.“84 Wenig später wollte sie, veranlasst durch ihre Jazzstudieren-
den, einmal gerne ein Rock- oder Popstück schreiben: „I’d love to write a rock
piece or pop piece. It’s something I haven’t done yet, but it’s on my list.“85
Im Jahr 1973 richtete sie einen Appell an ihre Studierenden, worin deutlich
wird, dass sie als Pädagogin sehr bemüht war, unterschiedliche Zugangsweisen
und Bedürfnisse zu berücksichtigen:
78 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 20. Mai 1949 (ASC, Briefdatenbank, ID
14684); siehe dazu den Auszug aus dem Brief in Abschnitt 7.2 (Anm. 190).
79 Siehe dazu Abschnitt 7.2.
80 Wie Dika Newlin 1952 an Gertrud Schönberg schreibt, kam sie wohl durch Beziehungen zu
dieser Position: Fred Garrigus Holloway (1898–1988), Präsident der Drew University, war
zuvor Präsident des Western Maryland College. Vgl. Brief von Dika Newlin an Gertrud
Schönberg, 27. Februar 1952: „The president of the school is a strong friend of mine – he
was the president of the small college where I had my very first teaching position.“ (ASC,
Gertrud Schoenberg Collection, Folder „Correspondence [Dika Newlin]“.)
81 Zit. nach Frank Cadenhead, „Dika Newlin Dies at 82“ (26. Juli 2006), MusicalAmerica.
com.
82 Barton, „Dika Newlin – Artist in Transition“ (Anm. 10), S. 4.
83 Ebd.
84 Ebd.
85 Ebd.
A. Biographisches 63
what’s happening. And I, too, learn a lot. In fact, each class day becomes a new adventure
for all of us.
Another great composer and teacher, Felix Mendelssohn, liked to say: ,Art and life are not
divisible.ʻ
This is more true than ever today, when the limits of what’s considered a work of art are –
well, practically nonexistent. Not all of you will become professional musicians. But I
hope none of you will leave my classes without a deeper appreciation of your environment
– really seeing and hearing and tasting and smelling what surrounds you every day.“86
„[I encourage them t]o write whatever they want within the curriculum. There are certain
kinds of works which we want them to write in terms of a formal recital in the senior year
and this kind of thing. However, most of my students – in fact I think all, at this moment –
86 The Yucca. Yearbook of North Texas State University, 1973, S. 24, online verfügbar unter
http://texashistory.unt.edu/ark:/67531/metapth61093/, aufgerufen am 8. September 2019.
87 Siehe North Texas State University School of Music Program Book 1971–1972, S. 384 und
478, online verfügbar unter http://digital.library.unt.edu/ark:/67531/metadc26359/, aufgeru-
fen am 19. September 2019. Am 13. April 1972 gelangten Kompositionen ihrer Modern
Harmony-Klasse (Studierende: James Stabile, Carl Van Young, James Ogilvy, John McKin-
ney, Jack R. [eigtl. M.?] Bevil) und am 12. Juli 1972 aus ihrem Multimedia Workshop (Stu-
dierende: Sue Ellen Smith, Mary Beth Nelson, Ann Tarvin, Lee R. Edmundson, Gary Mize-
ner) zur Aufführung.
88 Metche Franke, 22. März 2012, The North Texan 62, Nr. 1 (Frühjahr 2012), S. 6, online
verfügbar unter http://digital.library.unt.edu/ark:/67531/metadc98866/, sowie unter http://
northtexan.unt.edu/content/memorable-teachers, beide aufgerufen am 19. September 2019.
89 Arnold, „Schoenberg’s Punk Rocker“.
90 Dika Newlin im Interview mit Bruce Duffie (Anm. 27).
64 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
are likewise involved in the popular scene, writing popular songs and are involved with
bands. Some are doing electronic music. One of them is doing nineteen-tone music.[91] So
they do a variety of things, and I encourage them to do a variety. I encourage them to do
some of the more contemporary classical concert music kinds of things also, not only be-
cause this is a good experience for them, but it broadens their base.“92
5. Autorin
Newlin machte sich in erster Linie einen Namen als Autorin und im Speziellen als
Schönberg-Forscherin, wofür sie als Pionierin im englischsprachigen Raum be-
trachtet werden kann (vgl. dazu die umfassende Literaturliste im Anhang Dika
Newlin). Ihre Dissertation Bruckner, Mahler, Schoenberg (1945 bzw. publiziert
1947) war die erste im Fach Musikwissenschaft an der Columbia University und
eine der ersten Dissertationen über einen noch lebenden Komponisten. 1978 er-
schien eine leicht überarbeitete Version. Auch indem sie wichtige frühe Literatur
über Schönberg ins Englische übersetzte (Leibowitz, Rufer, Schönberg) und somit
für den amerikanischen bzw. englischsprachigen Raum zugänglich machte, trug
Newlin wesentlich zu dessen Erforschung bei.94
Ab 1954 verfasste Newlin Beiträge für die Zeitschrift Pan Pipes, die Vierteljah-
resschrift der musischen Verbindung Sigma Alpha Iota. 1968 beendete sie nach 14
Jahren ihre dortige Arbeit als Editorial Board Member und Disc Reviewer.95 Ab
1980 verfasste sie abermals Texte für Pan Pipes und war als Musikkritikerin für
die Tageszeitung Richmond Times-Dispatch tätig.96
Daneben schrieb sie an weiteren Monographien, die sie aber nicht beendete, so
im Frühjahr 1949 an einem Buch mit dem Titel „The Anatomy of Contemporary
Music“, das Teil der Norton Music Series werden sollte.97 Wieso das Projekt nicht
verwirklicht wurde, ist nicht bekannt. Seit Ende der 1940er Jahre arbeitete sie
zudem an einer Schönberg-Biographie, für die sie 1951/1952 mittels Fulbright-
Stipendium ein Forschungsjahr in Wien verbrachte. Anfang der 1970er Jahre war
91 Newlin bezieht sich hier auf John Negri. Sie erforschte dessen System mit der Band DNA.
92 Dika Newlin im Interview mit Bruce Duffie (Anm. 27).
93 Ebd.
94 Darüber hinaus fertigte Newlin bereits als 16-Jährige in Auftrag von Schönberg die erste
englische Übersetzung seines Pierrot lunaire an, vgl. dazu Abschnitt 7.1 bzw. Anm. 178.
95 Vgl. Pan Pipes 60, Nr. 3 (März 1968), S. 64.
96 Vgl. z. B. Pan Pipes 73, Nr. 1 (Herbst 1980), S. 1; Pan Pipes 76, Nr. 2 (Winter 1984), S. 38.
97 Vgl. „Dika Newlin, Pianist-Composer, Presents Fourth in Series of Faculty Concerts next
Tuesday“, The Gold Bug 26, Nr. 10 (11. März 1949), S. 1, online verfügbar unter
http://hoover.mcdaniel.edu/archives/Newspapers/TheGoldBug1948-49.pdf, aufgerufen am
27. August 2019.
A. Biographisches 65
sie noch damit beschäftigt, die Publikation fand aber keinen Abschluss.98 Eine
geplante „Autobiography of Film Music“, 1978 noch „work in progress“,99 kam
nicht zustande.
Mitte der 1990er Jahre verfasste Newlin mit dem Regisseur Michael D. Moore,
ihrem wichtigsten Mitarbeiter zu dieser Zeit, das Drehbuch Rockingham mit irrea-
len Episoden um Arnold Schönberg und O. J. Simpson.100 Bereits davor entstand
Pretty Polly, wofür sie beim Cinevue International Film Festival in Washington im
August 1994 einen Preis für das beste Drehbuch gewann.101 Im Winter 1994/95
arbeitete sie an einem weiteren Drehbuch, Chuck a Falling Star.102
Als Herausgeberin war Newlin auch in dem Bereich Notenedition tätig: In Zu-
sammenarbeit mit dem Bratschisten Karl Stumpf, für den sie auch ein Stück kom-
ponierte,103 gab sie 1963 eine Sonate von Johann Baptist Maria Christoph von
Toeschi (auch Giovanni Battista, 1735–1800) für Viola d’amore und Generalbass
heraus.
6. Performerin
6.1. Klavier
Dika Newlin war eine sehr gute Pianistin, die bei Arthur Farwell, Ignace Hilsberg,
Rudolf Serkin und Artur Schnabel studierte. Bis etwa in die 1960er Jahre führte sie
klassische Konzertmusik auf. Als Interpretin setzte sie sich – wie auch als Lehren-
de und Autorin – für zeitgenössische Kompositionen und KomponistInnen ein.
Laut Konrad Wolff „she believes that composing and performing are two sides of
the same task, to be taken with equal seriousness“. Sie widmete sich insbesondere
Werken von Mozart, Beethoven, Schubert, Brahms, Schönberg, Berg und Webern,
aber „[she] has also realized and performed the continuo in Baroque sonatas in a
beautiful manner“.104 Bei Recitals ihrer eigenen Musik führte sie beispielsweise
Klaviermusik von Arnold Schönberg oder auch Anton Webern auf.105 Als Interpre-
tin habe sie den Komponisten Ernst von Dohnányi, Paul Hindemith, Béla Bartók,
Roger Sessions, Frank Martin, William Hoskins und Kurt Roger „rendered true
service“.106 Bezüglich Tonqualität hebt Wolff „her subtle shadings of inner voices
in chamber music textures“ und „spectrum of tone colors with the complete ab-
sence of noise“ hervor.107 Auf Tonträgern sind Werke von Artur Schnabel, Darius
Milhaud und Arthur Honegger in ihren Interpretationen erschienen (siehe Tabelle
6).
komponierte auf Mahlers Libretto eine Oper,111 und Newlin auf Motive aus dieser
Oper das Werk Lhazebur (1969). Dazu erschien ein gemeinsamer Artikel.112
Newlin dürfte zumindest bis Mitte der 1970er Jahre Hauptinterpretin von Mor-
risons Werken gewesen sein; Kollaborationen lassen sich bis in die 1990er Jahre
nachweisen.113 So spielte Newlin im Jahr 1969 100 Lieder Morrisons ein.114 1970
gab sie bei Morrison etwa zehn Klavierstücke in Auftrag.115 Mitte der 1980er Jahre
komponierte sie zahlreiche Lieder auf Texte von Morrison.116
6.3. Multimedia
In den 1960er und 1970er Jahren entfernte sich Dika Newlin mehr und mehr von
der klassischen Konzertmusik in eine experimentelle, multimediale Richtung, auch
in der Art von Happenings. Im November 1970 fand die erste dieser Multimedia-
Performances von Dika Newlin statt.117 Newlins Aussage nach war das „some-
thing that I felt I needed to do at the time and something that I felt the School of
Music needed“.118 Durch diese Multimedia-Aufführungen war Newlin auch bei
,klassischen‘ Kompositionen beeinflusst, etwa die Darbietung betreffend: „even
the presentation of this [a simple work vor piano] is changed by multimedia“, da
Multimedia-KomponistInnen „[are] painfully aware of the role of a performer’s
clothing, mannerisms, stage behavior and of the auditorium itself, with its factors
of good and poor stage lighting and uncomfortable seats“.119 1973 schreibt sie in
einem offenen Brief an ihre Studierenden über ihre holistische Auffassung von
multimedialem Komponieren:
„MULTIMEDIA is a popular word today. But working in multimedia means more than
merely composing a groovy piece of tape, lights, incense and what-have-you. It might
mean taking a walk in Denton and coming home with a list of thirty new sounds you’ve
heard; or discovering a street you’ve never walked on before and really experiencing its
sights, sounds, scents, activities; or tasting a food you’ve never tried before and really en-
joying its flavor, color, texture, temperature“.120
111 Vgl. dazu die Ausführungen zu Lhazebur bei den Einzelbesprechungen (Anm. 607).
112 Dika Newlin (mit Julia Morrison), „Mahler’s Rübezahl: An Historical Introduction‘“, Chord
and Discord 3, Nr. 2 (1998), S. 1–52.
113 Vgl. Pan Pipes.
114 Pan Pipes 62, Nr. 2 (Januar 1970), S. 73.
115 Pan Pipes 63, Nr. 2 (Januar 1971), S. 71.
116 Vgl. z. B. Pan Pipes 76, Nr. 2 (Winter 1984), S. 38; Pan Pipes 78, Nr. 2 (Winter 1986),
S. 32. Sie führten auch gemeinsam etwa in Richmonder Nachtclubs Popongs von Newlin
auf.
117 Vgl. dazu Barton, „Dika Newlin – Artist in Transition“ (Anm. 10), S. 4.
118 Ebd.
119 Ebd.
120 The Yucca. Yearbook of North Texas State University, 1973 (Anm. 86), S. 24. Dies ist der
zweite Teil einer Ansprache Newlins an ihre Studierenden. Der erste Teil findet sich weiter
oben in Abschnitt 4.
121 Barton, „Dika Newlin – Artist in Transition“ (Anm. 10), S. 4.
68 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
dazu spezifischer und signalisiert, dass Newlin Inputs aus dem klassischen Bereich
gibt: „We’ve got blues, country, reggae, funk, calypso – and then there’s Brooke’s
gloom-and-doom stuff which sounds like a folksy Joy Division. Dika’s borrowing
from traditions that are totally foreign to pop music.“ 1987 erschien die erste Auf-
nahme, Meat the Apocowlypso (Kassette, 1987) mit den Nummern „Electronic
Preacher/Richmond Flood“ und „Let It Was“.131 1988 löste sich die Band auf.
Über das Videoportal YouTube sind drei Interpretationen Newlins von Elvis
Presley-Nummern aus dem Jahr 1985 in einem Richmonder Musikklub überliefert:
These Boots Are Made for Walking, Jailhouse Rock und Heartbreak Hotel.132
Weiters finden sich dort Newlins Präsentationen von Schönbergs Mondestrunken
aus Pierrot lunaire an der Texas Tech University (1999) sowie Die Moritat von
Mackie Messer (Kurt Weill/Bertolt Brecht), Das Lied einer deutschen Mutter
(Hanns Eisler/Bertolt Brecht) und Immer, vielleicht, aussi (?) am Campus der
Virginia Commonwealth University (ca. 1999).133 Durch diese letzteren Aufnah-
men wird deutlich, dass sich Newlin auch als Vokalistin betätigte. Spätestens ab
den 1970er Jahren trat sie etwa in Julia Morrisons Werken als Erzählerin und Vo-
kalistin auf.134 1973 übernahm sie in einer Pierrot lunaire-Aufführung an der
North Texas State University den Part der Sprecherin.135 Zunächst war sie dabei
stark von Erika Stiedry-Wagners Rezitation für die Aufnahme von Schönbergs
Pierrot lunaire im Herbst 1940 inspiriert.136 Sabine Feisst bezeichnet Newlins
„vocal style“ als „spirited and intentionally raw, influenced by cabaret traditions
and Schoenberg’s Sprechstimme“.137
Das Kollegium an der Musikabteilung der Virgina Commonwealth University
war laut Dika Newlin nicht besonders erfreut über ihre Mitwirkung an der lokalen
Musikszene und sah sie als Verräterin an: „There are a number of people in the
department who wish it (Apocowlypso) wouldn’t occur, but it does keep on occur-
ing [sic]. To some people’s minds, I should not be doing this – I’m a traitor.“ Die
131 Sarah Woodell, „Apocowlypso: Ruminant Rock“, The Commonwealth Times 20, Nr. 13 (9.–
15. Februar 1988), S. 12, online verfügbar unter https://digital.library.vcu.edu/digital/
collection/com/id/9178, aufgerufen am 30. August 2019. Brooke Saunders und Dika Newlin
trafen im Jahr 1985 das erste Mal aufeinander, als dieser ein Independent Study project mit
ihr an der VCU (Virginia Commonwealth University) machte. Die Nummern Electronic
Preacher von Brooke Saunders und Richmond Flood von Paul Bloch erschienen auch als
Vinyl-Single, siehe https://www.discogs.com/de/Apocowlypso-Apocowlypso/release/8167
620, aufgerufen am 30. August 2019.
132 Siehe https://www.youtube.com/watch?v=9KdLxkk2NKE, https://www.youtube.com/watch
?v=yUo6veNty-I und https://www.youtube.com/watch?v=o25hlf5ObTw mit neuem Text
(speziell für Richmond), alle aufgerufen am 1. August 2019.
133 Siehe https://www.youtube.com/watch?v=bxU04ILt9MQ (vgl. Anm. 200), https://www.
youtube.com/watch?v=5RF5whGXZ5M, und https://www.youtube.com/watch?v=RtEVdki
Araw, alle aufgerufen am 1. August 2019. Newlins Interpretation von Immer, vielleicht, aus-
si ist nicht mehr über YouTube verfügbar.
134 North Texas State University School of Music Newsletter, Januar 1972, S. 12.
135 North Texas State University School of Music Newsletter, Januar 1974, S. 10, online ver-
fügbar unter http://digital.library.unt.edu/ark:/67531/metadc181765/, aufgerufen am 13. Mai
2018.
136 Vgl. Michael D. Moores Interview mit Dika Newlin in Avior Byron, Schoenberg as Per-
former. An Aesthetics in Practice, Dissertation, Royal Holloway, University of London
2007, Appendix 4, S. 327–328 und 331, online verfügbar unter http://www.bymusic.org/
images/stories/byronphd/Appendix_4.pdf, aufgerufen am 8. September 2019.
137 Feisst, „Dika Newlin (1923–2006): A Remembrance“.
70 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
6.5. Film
Dika Newlins vielseitige Karriere inkludierte vor allem ab den 1990er Jahren auch
Auftritte in Filmen (vgl. Tabelle 7). Als wichtigster Mitarbeiter in dieser Zeit ist
Regisseur Michael D. Moore zu nennen, der auch zu Newlins engsten Vertrauten
gehörte.143 Zu dieser Zeit verstand sich Newlin als „Performance Artist“.144
Unter Michael D. Moores Regie entstand der Dokumentarfilm Dika: Murder
City (1994).145 Der Titel des Films bezieht sich auf Newlins Song Murder City,
den sie zu einer Zeit komponierte, als Richmond die „murder capital“ der USA
war.146 Der Film zeigt die 74-jährige Newlin in einem Club in Richmond, Virginia,
wo sie Songs von Elvis Presley und Nancy Sinatra in der Art des Punkrock inter-
pretiert (These Boots Are Made for Walking, Heartbreak Hotel, Jailhouse Rock).147
Newlin spricht darin auch über ihre Lehre bei Schönberg und führt einige ihrer
eigenen Songs auf (z. B. Murder City und Murder Kitty).148 Einem Rezensenten
zufolge übersieht man die Produktionsschwächen des Films wegen „the mad geni-
us of Dika Newlin“.149 Dika: Murder City wurde beim Cinevue International Film
Festival in Washington, D. C. im Jahr 1994 als Best Experimental Video ausge-
zeichnet, gewann Preise bei Independent Film-Festivals in Orlando, Florida und
Chicago, Illinois sowie schaffte es auf die Liste „10 Best Films You Never Saw“
von Filmkritiker Phil Hall.150
Im Horrorfilm Creep (1995) von Tim Ritter zeigt sich Newlin in Lederkluft und
spielt eine Person, die in Supermärkten Säuglingsnahrung vergiftet. Afterbirth
(1997) ist eine Science Fiction-Parodie und entstand unter der Regie Michael D.
Moores. Newlin spielt darin eine „telephone psychic“. Darüber hinaus war sie
ausführende Produzentin, Musikberaterin und komponierte sowie performte die
Musik für die Schlussszene, den Titelsong Alien Baby.151 Im Science Fiction-Film
Brain Robbers from Outer Space (2004) spielt sie The ,Dark Heart‘ of the Lilith.
Für die Band GWAR, die sich aus ehemaligen Studierenden der Virginia
Commonwealth University zusammensetzte, trat Newlin in deren Musikvideo
Skulheadface auf.
Schon Anfang der 1970er Jahre beschäftigte sich Dika Newlin mit Filmprojek-
ten. Im Frühjahr 1971 war an der University of North Texas ein Film von Dika
Newlin, produziert von Julia Morrison, als Teil der Tanzproduktion Say What? zu
sehen. In der Produktion, einem „humorous dance“, zu dem Julia Morrison (da-
mals noch Studentin) die Musik komponierte, wirkte Newlin als Pianistin, Perkus-
sionistin und Schauspielerin mit.152
Newlin komponierte auch für Filme, so zeichnet sie für die Musik des Horror-
films Mark of the Devil 666: The Moralist (1995) verantwortlich.153 Zum Horror-
film Five Dark Souls (1996) steuerte Newlin ebenfalls Musik bei; für dessen Titel-
lied verwendete sie ein Vier-Ton-Motiv aus Schönbergs zweiter Kammer-
symphonie op. 38 (1906–1939).154 Um 2000 schrieb sie die Musik zum Film
Witchcraft through the Ages.155 Für Moores Dokumentarfilm Outside Pets kompo-
149 Hall, „The 10 Best Films You Never Saw“ (Anm. 39). Vgl. zum vollständigen Zitat Ab-
schnitt 2.
150 Pan Pipes 87, Nr. 2 (Winter 1995), S. 35; Hall, „The 10 Best Films You Never Saw“
(Anm. 39).
151 Brief von Dika Newlin an Thomas und Mary Nee, 1. Januar 1998. Thomas Nee Papers,
UCSD (Anm. 146). Die Weltpremiere des „made-to-be-a-cult-hit“-Films wurde Anfang Mai
1998 in den Southgate Cinemas in Richmond ausgestrahlt, siehe „Yuck – but, it’s only a
Film“, Richmond Times-Dispatch, 30. April 1998, S. D.4.
152 „Concert to Feature Originality in Dance“, The North Texas Daily (Denton, Texas) 54,
Nr. 84, Ed. 1 (10. März 1971), S. 3, online verfügbar unter http://texashistory.unt.edu/ark:/
67531/metapth326545/, aufgerufen am 8. September 2019; North Texas State University
School of Music Newsletter, Januar 1972, S. 12–13. Für die Choreographie zeichnete Sandra
Combest verantwortlich.
153 Sinclair, „Dika Newlin’s Legacy in Wild Sights and Sounds“ (Anm. 71); Cadenhead, „Dika
Newlin Dies at 82“ (Anm. 81). Die Internet Movie Database (IMDb) nennt als Kompo-
nistInnen von Mark of the Devil 666: The Moralist (1995) jedoch nur Azra Medea und
Docion bzw. Alucarda, wobei es sich sicher um Pseudonyme handelt, möglicherweise von
Dika Newlin (vgl. Anm 156 und 72).
154 Siehe http://movies.tvguide.com/5-dark-souls/cast/132368, aufgerufen am 27. August 2019;
vgl. Abschnitt 11.3 bzw. Anm. 731 und 732.
155 Pan Pipes 93, Nr. 2 (Winter 2001), S. 38. Dabei handelt es sich höchstwahrscheinlich um
einen Horror-Stummfilm aus dem Jahr 1922 bzw. dessen gekürzte Fassung aus dem Jahr
1968.
72 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
nierte sie den Titelsong. Möglicherweise schrieb Newlin Filmmusik unter den
Pseudonymen Azra Medea und Docion bzw. Alucarda.156
Darüber hinaus schrieb Newlin Mitte der 1990er Jahre mehrere Drehbücher:
Pretty Polly, Chuck a Falling Star und mit Moore Rockingham, welches (irreale)
Episoden mit Arnold Schönberg und O. J. Simpson beinhaltet.157 Eine Ausgabe
von Rockingham ist in der Bibliothek des ASC aufbewahrt.
Dika Newlin war ab Herbst 1938 bis Sommer 1941 Schönbergs Studentin an der
UCLA und nahm ab 1939 auch Privatunterricht bei ihm.158 Darüber hinaus war sie
ab Januar 1940 eine seiner inoffiziellen persönlichen AssistentInnen.159 Sie ar-
beitete auch noch einmal während der Sommermonate 1949 und 1950 mit Schön-
berg.160 Newlin war erst 14 Jahre alt, als sie erstmals zu ihm kam, und war damit
höchstwahrscheinlich Schönbergs jüngste (Kompositions-)Schülerin.
Die vorangehenden Abschnitte zeigen schon sehr klar, dass Schönberg in
Newlin nicht nur eine besonders begabte Schülerin, sondern auch eine treue An-
hängerin gewann. Rund 160 Briefe zwischen 1940 und 1951 in Schönbergs Nach-
lass geben Auskunft über die Beziehung zwischen Newlin und Schönberg, wobei
nicht alle Briefe erhalten sind.161 Der Großteil der Korrespondenz fand ab 1947
statt. Während Newlin in frühen Briefen noch von ihren Erfolgen, Lehrerstellen
und Kompositionen berichtet, drehen sich die späteren Briefe fast ausschließlich
um editorische Angelegenheiten: um Newlins Arbeit als Herausgeberin bzw.
Übersetzerin von Schönberg-Schriften. Über den gesamten Briefwechsel hinweg
berichtet sie regelmäßig von Aufführungen von Werken Schönbergs, die sie be-
sucht hat. Selten kommen Newlins eigene Kompositionen zur Sprache; wenn,
dann nur am Rande und berichtartig.162 Darüber hinaus gewähren Newlins Tage-
bucheinträge aus ihrer Zeit in Kalifornien, die sie 1980 als Schoenberg Remem-
bered. Diaries and Recollections, 1938–1976 veröffentlichte, Einblicke in ihre
Gedankenwelt.163 Die folgenden Ausführungen verdeutlichen, dass Newlin Schön-
158 Vgl. Schönbergs Kalender von 1939, in dem am 3. Oktober erstmals Dika Newlin eingetra-
gen ist. Ihren eigenen Erinnerungen zufolge fand die erste Privatstunde am 7. Oktober 1939
statt (Newlin, Schoenberg Remembered, S. 107).
159 Newlin, Schoenberg Remembered, S. 171 (24. Januar 1940). Schönberg hatte Newlin schon
ein Jahr zuvor gefragt, ob sie ihm assistieren wolle, vgl. ebd., S. 21 (20. Januar 1939), 55 (9.
April 1939), 63–64 (25. April 1939).
160 Ammer, Unsung, S. 161.
161 Vgl. z. B. Dika Newlins Briefe vom 6. Januar 1947 (ASC, Briefdatenbank, ID 14673) und
30. Oktober 1949 (ID 14697), in denen sie auf offenbar nicht erhaltene Schreiben Bezug
nimmt. Darüber hinaus erwähnt Newlin in Schoenberg Remembered im Sommer 1939 eini-
ge Briefe in deutscher Sprache (S. 82 und 97) – auch diese finden sich nicht in Schönbergs
Nachlass. Etwa zwei Drittel der Korrespondenz stammt von Newlin.
162 Der in Zusammenhang mit Newlins Leben, ihren Kompositionen und pädagogischen An-
sichten relevante Teil der Korrespondenz ist in transkribierter Form im Anhang Dika Newlin
abgebildet.
163 Newlins Buch stand öfters unter Kritik, so bezweifelt beispielsweise Robert Craft, dass das
die originalen Aufzeichnungen seien, u. a. weil eine 16-Jährige nicht so mit Worten umge-
hen könne (siehe z. B. Robert Craft, Present Perspectives, Critical Writings, New York:
Knopf 1984, S. 30, bzw. ders., Down a Path of Wonder, Redhill: Naxos 2006, S. 53). Dieser
Vorwand bezüglich Newlins Ausdrucksweise ist nicht ganz berechtigt, da sie schon als jun-
ges Mädchen sprachlich extrem begabt war (auch in den Fremdsprachen Deutsch und Fran-
zösisch), weshalb Schönberg sie beispielsweise 1940 mit einer Übersetzung der von ihm
vertonten Pierrot lunaire-Gedichte beauftragte. Daüber hinaus soll hier nicht zur Debatte
stehen, ob Newlin ihre Erinnerungen nachträglich aufgebessert und geändert hat, da das
Buch als Informationsquelle für Newlins Kompositionen sowie ihre Beziehung zu Schön-
berg dient.
74 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
„But after my work there is completed I hope that I can return to California, for that is
what I really want to do. I do not know with whom I shall study composition, as after all
that you have taught me I hardly know to whom else I could turn, but in any case my
composing will continue unabated, and I at all make every effort in my power to follow
the precepts which you have taught me. I hope that in the end I will do work of which you
may be proud. [...] Believe me, I shall never fail in my appreciation of all that you have
done for me, nor fail to acknowledge my great debt for you.“167
Aus Newlins Brief wird klar, dass sie Schönbergs Unterweisung sehr ernst nahm
und sich außerordentlich bemühte, dieser gerecht zu werden.
Mehr als 30 Jahre später berichtet sie, dass Schönberg sehr dominant war und
sie gar nicht länger als drei Jahre bei ihm bleiben wollte: „He was very exciting,
very dynamic and very possessive“ – auch seine Schüler Berg und Webern „had to
break away from this“.168 In ihren veröffentlichten Tagebüchern ist zu lesen, dass
es eigentlich ihre Idee war, nach New York zu gehen.169 Donna Arnold, eine ehe-
malige Studierende Newlins, schreibt in diesem Zusammenhang bestätigend:
„Her recollections [in Schoenberg Remembered] make it clear that Schoenberg had a very
forceful and controlling personality, and domineered his protégés unmercifully. Although
they revered him and were anxious not to offend him, they all struggled to devise some
means of breaking away and being themselves.“170
164 Tatsächlich nehmen Newlins Äußerungen gegenüber Schönberg teilweise extrem ehr-
fürchtige Züge an, wie etwa in ihrem Brief vom Oktober 1948: „One of my pupils gave me
the picture of you and the family from last month’s Musical America; it is lovely and I keep
it always by me.“ Ihr Verwenden von „the“ statt „your“ bei „family“ könnte auch darauf
hinweisen, dass sie Schönberg und seine Familie als auch die ihre betrachtet. Dika Newlin
an Arnold Schönberg, 18. Oktober 1948 (ASC, Briefdatenbank, ID 14510), Hervorhebung
im Original. Vgl. auch Newlins Brief anlässlich Schönbergs 75. Geburtstags vom
8. September 1949 (ID 19423), indem sie ihm schreibt, was er ihr bedeute.
165 Brief von Claude M. Newlin an Arnold Schönberg, 12. August 1941 (ASC, Briefdatenbank,
ID 14716).
166 Arnold Schönberg an Claude M. Newlin, 14. August 1941 (ASC, Briefdatenbank, ID 3640).
167 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 24. August 1941 (ASC, Briefdatenbank, ID
14662). Nach Robert Craft wollte Schönberg Newlin gar nicht mehr als Schülerin betreuen:
„at the end of her third year, he did not invite her [Newlin] to return, this despite her triumph
in being awarded a University Fellowship“ (Down a Path of Wonder, S. 50).
168 Barton, „Dika Newlin – Artist in Transition“ (Anm. 10), S. 4–5.
169 Newlin, Schoenberg Remembered, S. 330: „Would my sponsors buy the idea of my finish-
ing my education in New York?“ (30. Juni 1941).
170 Arnold, „Schoenberg’s Punk Rocker“.
A. Biographisches 75
Arnold bezweifelt weiter, dass Newlin es jemals schaffte, aus Schönbergs „long
shadow“ herauszutreten: „the force of Schoenberg’s persona haunted her for the
rest of her life.“ Ihrer Meinung nach diente Newlins kompositorischer Output in
den 1970er Jahren dazu, ihre Unabhängigkeit zu zeigen, während diese gleich-
zeitig aber „[speculated] that the master himself might well have been interested in
possibilities afforded by the new technologies, had he lived to explore them“.171
7.1. Autorin
Wie aus den obigen Ausführungen ersichtlich ist, machte sich Newlin in erster Li-
nie einen Namen als Schönbergforscherin.172 Ihre Dissertation Bruckner, Mahler,
Schoenberg (1945; Druck 1947) war eine der ersten zu einem noch lebenden
Komponisten. Aber auch mit ihren Übersetzungen von früher Schönberg-Literatur
ins Englische173 hat Newlin wesentlich zu dessen Erforschung im amerikanischen
bzw. englischsprachigen Raum beigetragen. Schönberg wählte sie aus, um 15
seiner Essays herauszugeben, welche 1950 als Style and Idea publiziert wurden;
drei davon übersetzte sie vom Deutschen ins Englische. Schönberg schätzte
Newlin als Herausgeberin sehr, auch wenn er ihr keine „carte blanche“ geben
wollte.174 Diesbezüglich schreibt er später an Clara Silvers, dass „Dika Newlin did
a very good and well understanding Job [sic], and that all she changed did not
violate her faithfullness toward me“.175 Aus dieser Äußerung wird aber ebenfalls
deutlich, dass man sehr wohl Gefahr lief, Schönbergs Gunst zu verlieren, wenn
man ihn auch nur in editorischer Hinsicht kritisierte. Schönberg wollte sie 1950
auch mit der Herausgabe eines zweiten Buches seiner Essays betrauen.176 Ein
Großteil von Newlins vielen wissenschaftlichen Artikeln setzt sich mit Themen
um Schönberg auseinander.177 Darüber hinaus übersetzte Newlin, die schon als
Teenager mit der deutschen Sprache vertraut war, bereits 1940 in Schönbergs
Auftrag die Pierrot lunaire-Gedichte;178 als englische Version wurde dann aber
eine andere Übertragung verwendet.
171 Ebd.
172 Welches musikwissenschaftliche Bild von Schönberg Newlin in ihren zahlreichen Veröf-
fentlichungen zeichnet, wird in der vorliegenden Studie nicht behandelt und bedarf weiterer
Auseinandersetzung.
173 Arnold Schönberg, Style and Idea, New York 1950; René Leibowitz, Schoenberg and His
School, New York 1949; Josef Rufer, The Works of Arnold Schoenberg, London und New
York 1962.
174 Brief von Arnold Schönberg an Storer B. Lunt, 28. März 1948 (ASC, Briefdatenbank, ID
4484). Schönbergs Aussage bezieht sich auf Lunts Brief vom 24. März 1948 (ID 14747), in
dem dieser „awkward sentence constructions“ und „distinctly German expressions“ von Au-
torInnen anspricht. Vgl. auch Schönbergs Brief an Dika Newlin, 22. März 1949: „I must tell
you that I am very pleased how fast you did this [work as editor] and how good everything
is in general. And you know I am very difficult to satisfy.“ (ASC, Briefdatenbank, ID 4927).
175 Brief von Arnold Schönberg an Clara Silvers, 30. September 1948 (ASC, Briefdatenbank,
ID 4774).
176 Arnold Schönberg an Dika Newlin, 18. März 1950 (ASC, Briefdatenbank, ID 5907).
177 Vgl. dazu Anhang Dika Newlin: Publikationen. Daneben hielt Newlin auch zahlreiche Vor-
träge zu unterschiedlichen musikwissenschaftlichen Themen, die hier nicht erfasst sind.
178 Vgl. z. B. Schönbergs Brief an Moses Smith, 30. September 1940 (ASC, Briefdatenbank, ID
3284): „On my request a talented young student of mine, Miss Dika Newlin, made a transla-
tion of the poems of Pierrot Lunaire, which is excellent.“ Vgl. dazu auch Michael D. Moores
Interview mit Dika Newlin in Byron, Schoenberg as Performer, Appendix 4, S. 326–327.
76 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
Schönberg freute sich sehr über die ihn behandelnde Dissertation seiner Schüle-
rin – als solche betrachtete er Newlin auch sechs Jahre nach ihrem Fortgang aus
Los Angeles noch179 – und sah darin wohl auch ein wenig Werbung für sich selbst.
Vielleicht im Gegenzug für ihre Bemühungen betrachtete er sie nunmehr als wahr-
haftig dem Schönberg-Kreis zugehörig:
„It seems your book is also a very good propaganda for me, and not only for
the whole Viennese school. You know how much I am fond of Mahler and
Bruckner, and it seems to me that also Webern and Berg will also profit frim
[sic] taht [sic].
After all it is the effect of a true musical description and evaluation, of a sin-
cere recognitionpf [sic] intrinsic values of music which produces such desir-
able results. OI [sic] am glad I was so strict in your educatiion [sic] to make
you a real member of this musical family.“180
„Really it is hard for me to say how much your words about my book have meant to me; it
is not just that I am happy to have done something which might bring you some pleasure,
or that my work may really have made a beginning towards achieving a goal which I
wanted to achieve, but that I may feel that in some slight measure (if it is not too presump-
tuous to say so) I have at least started to repay the incalculable debt which I owe you for
what I am – or try to be – today as a musician and as a person.“181
Darüber hinaus war sie auch bestrebt, Schönbergs Standpunkt im aktuellen musik-
wissenschaftlichen Diskurs zu vertreten:
„[...] I find it very important for me to involve myself in all these affairs [Tagungen der
National Association of Schools of Music und der American Musicological Society in
Chicago] so that I may represent (insofar as I am worthy so to do) the point of view of you
and yours.“182
Newlin verwendete ihre eigene Übersetzung beispielsweise 1999 bei ihrer Darbietung von
Mondestrunken an der Texas Tech University (1999).
179 Arnold Schönberg an Hans Heinz Stuckenschmidt, 21. Mai 1947 (ASC, Briefdatenbank, ID
4458): „Ich habe hier ausser Miss Newlin, die eine begabte Komponistin ist[,] noch einige
ausgezeichnete Schüler.“
180 Arnold Schönberg an Dika Newlin, 17. Dezember 1947 (ASC, Briefdatenbank, ID 4604).
Handschriftlicher Zusatz: „I cannot correct all my typing errors!“
181 Dika Newlin an Arnold Schönberg, 6. Januar 1948 (ASC, Briefdatenbank, ID 14673). Der
Brief ist wegen eines (am Anfang eines neuen Jahres gelegentlich auftretenden) Schreib-
fehlers fälschlich mit 6. Januar 1947 datiert. Inhalt und abschließende Worte Newlins – „Fi-
nally I want to wish you and yours all the best things I know for 1948 [...]“ – machen es un-
wahrscheinlich, dass der Brief bereits im Januar 1947 verfasst wurde.
182 Dika Newlin an Arnold Schönberg, 1. Dezember 1948 (ASC, Briefdatenbank, ID 14513),
Hervorhebung im Original.
A. Biographisches 77
with a renewed effort – and, I hope, a more successful one this time – to be a faith-
ful transcriber of your thoughts, your feelings, and your words“.183 1951/1952
verbrachte sie dafür mittels Fulbright-Stipendium ein Forschungsjahr in Wien. Im
August 1959 schreibt sie an Schönbergs Witwe Gertrud, sie wolle „den richtigen
Zeitpunkt“ für die Veröffentlichung abwarten. Die Biographie sollte zunächst eine
Einführung in Schönbergs Werke für ein allgemeingebildetes Publikum werden.184
Anfang der 1970er Jahre war sie noch damit beschäftigt,185 schloss sie aber nicht
ab. Schließlich empfand Newlin ihre 1980 als Schoenberg Remembered. Diaries
and Recollections, 1938–1976 veröffentlichten Los Angeles-Tagebücher als ihre
Schönberg-Biographie.186
7.2. Pädagogin
Gerade aber ihre Aufgabe als Lehrende an mehreren nordamerikanischen Univer-
sitäten ermöglichte es Dika Newlin, vor allem Schönbergs musiktheoretische Lite-
ratur einzusetzen. Von ihrer ersten Lehrposition am Western Maryland College
(1945–1949) berichtet sie Schönberg:
„Now that I have taught a few months I can report that I like it even if it takes time away
from my actual writing (but I know that you know all about that!) I have only one compo-
sition student and for her I am using your Models for Beginners. She is very slow but I
think the exercises help her. My other pupils (aside from the piano students) study mostly
harmony. For them, I wish Harmonielehre were available in English! I try to weave in
your concepts, but the class uses another textbook (Piston’s) and it’s difficult enough to
get them to do just what is in that!“187
Weiter erklärt Newlin, häufig auf Beispiele aus Schönbergs Harmonielehre zu-
rückzugreifen:
Für die Unterweisung ihrer Schüler verwendete sie immer wieder Beispiele aus
ihrem eigenen Unterricht bei Schönberg oder aus dessen musikpädagogischen
Schriften. Wie ein Eintrag in Newlins Tagebuch zeigt, machte sie sich bereits im
183 Dika Newlin an Arnold Schönberg, 14. Januar 1949 (ASC, Briefdatenbank, ID 14520).
184 Dika Newlin an Gertrud Schönberg, 28. August 1959 (ASC, Gertrud Schoenberg Collec-
tion).
185 Etwa: „I keep finding new things and hate to close the book“. Barton, „Dika Newlin – Artist
in Transition“ (Anm. 10), S. 5. Im Februar 1974 hofft Newlin, die Biographie noch im sel-
ben Jahr abzuschließen. Cunningham, „Dr. Newlin: Lends Music Style, Invention“ (Anm.
7), S. 12.
186 Newlin, Schoenberg Remembered, S. 347: „this would become my life of Schoenberg – or,
maybe, the story of Schoenberg in my life“ (Hervorhebung im Original).
187 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 20. Dezember 1945 (ASC, Briefdatenbank, ID
14499).
188 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 1. Oktober 1948 (ASC, Briefdatenbank, ID
14508). Vgl. für ihre Verwendung von Schönbergs Harmonielehre als Lehrbuch auch
Newlins Brief vom 13. Mai 1948 (ASC, Briefdatenbank, ID 14502).
78 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
ersten Jahr ihrer kalifornischen Studienzeit Gedanken über einen möglichen zu-
künftigen Nutzen ihrer Mitschriften:
„I spent the evening writing analyses of my examination pieces and putting in order all my
existing Schoenberg papers of this year, which I want to keep for sentimental reasons. And
practical ones, too, for they’ll be of great value if I ever have to teach.“189
Ein späterer Brief macht deutlich, dass es für Newlin sogar hinsichtlich des Einge-
hens eines Arbeitsverhältnisses entscheidend war, ob sie in dessen Rahmen genü-
gend Spielraum für die Verbreitung von Schönbergs Konzepten und Werken hatte.
Sie erwartete an der Syracuse University fortgeschrittenere Studierende, die sie für
Schönbergs „Sache“ begeistern kann, und hoffte, dass ihre Nachfolge am Western
Maryland College ebenfalls Schönbergs Bücher verwendet. Darüber hinaus prä-
sentierte bei Konzerten an der Universität häufig Schönbergs Musik:
„Now I have a rather exciting piece of news. In September I am changing my job (for one
year anyway) to be visiting professor in the department of Fine Arts at Syracuse Univer-
sity in Syracuse, N.Y. Unfortunately I shan’t be teaching composition (unless privately)
but I shall be having form and analysis, and also seminar work in the analysis of contem-
porary music. I leave it to your imagination just WHICH direction of contemporary music
I shall take it upon myself to empha[s]ize! Since the students at Syracuse are more ad-
vanced than the ones I have here [at Western Maryland College in Westminster, Mary-
land] I feel that this will be a golden opportunity for me to acquire some new recruits for
your – our – cause. Indeed, I would never accept this new position or any other, if I did not
think it would give me scope to do as much as possible for you as well as for myself. I
hope that I shall succeed in finding a successor for myself here who will be able and will-
ing to continue using your books as textbooks. It was one of my greatest joys here that I
was able to do this and I hope that it will continue so even without me. But at Syracuse,
count on me to provoke a few sales of your music! Needless to say that I shall also use
every opportunity for performances of it there.“190
„With respect to your propaganda I want to tell you what I told years ago to Mr Wellesz
when he wrote my biography: ‚Don’t praise too much, but make the facts clear and let
them speak in my favor.‘ I don’t mean you should be too dry and avoid every kind word;
but I think realistic facts surpass their effect on the unbiased listener, if you give them the
chance to recognize them, and directions how to evaluate.“192
In den 1950er Jahren hatte Newlin an der Drew University die Möglichkeit, eine
ganze Musikabteilung und das Studienangebot nach ihren eigenen Vorstellungen
zu gestalten. Im Februar 1952 berichtet sie Schönbergs Witwe von ihrer kommen-
den Position und gibt an, sich auch an dieser Universität sehr für Schönbergs Ver-
mächtnis einzusetzen:
„I have just accepted a position as head of the Music department at Drew University, Mad-
ison, N. J. It is a brand-new department so I shall be able to organize everything to suit
myself insofar as funds available will permit. The president [Fred Garrigus Holloway,
Anm. d. Verf.] of the school is a strong friend of mine – he was the president of the small
college where I had my very first teaching position. So, you see, I shall have a fine oppor-
tunity to work in my own way for the things in which we really believe ...“193
Wie aus einem weiteren Brief an Gertrud Schönberg hervorgeht, entsprachen ihre
Vorstellungen genau dem, was sie selbst bei Schönberg gelernt hatte:
„As you perhaps know, I was called back from there [Vienna] to found a music depart-
ment in a school which had none before: Drew University, a small school of high stand-
ards about 25 miles from New York. I welcomed this chance, for it meant that – in con-
trast to my previous positions – I would have the opportunity to build a department from
the foundations upward and to establish its curriculum according to the standards which I
had been taught. [...] I succeeded in doing this, and, as a full professor and head of my de-
partment, am turning out music students who are, I hope and believe, creditable represent-
atives of the traditions which Mr. Schoenberg instilled in me. It is hard work – but worth
it.“194
Im Jahr 2005 erinnert sich Newlin noch einmal an Schönbergs Einfluss auf sie und
ihre eigene Lehre, beispielsweise über die Bedeutung seiner musiktheoretischen
Bücher:
„I know Schoenberg in my life had a predominant influence that leads up to the present
day. In my later years, I’ve had the opportunity to go back over the past, while doing this
or other interviews and other situations as well, and pass on that heritage. And a very im-
portant part of my work has been to be able to teach all of these years. I’ve taught for fifty
years, so I’ve had fifty years to be able to pass this on to students. Some people don’t en-
tirely appreciate this, I must say, even within my own university, Virginia Commonwealth
University at this time, as I have been teaching there. There were some people who didn’t
quite approve of this. Who felt whether I should be using this textbook or that textbook?
Why I use Schoenberg’s textbooks? And, by the way, Schoenberg’s textbooks are terribly
important, a marvelous resource for young students who want to learn more about the past,
through a master of the present day. A wonderful counterpoint textbook, a wonderful har-
mony textbook. Got two wonderful harmony textbooks that everybody who is studying
composition should have that exposure. I hope that will be true in many cases. I've made
it, in my teaching here at the Virginia Commonwealth University, as true as I can. I’d like
192 Brief von Arnold Schönberg an Dika Newlin, 28. April 1951 (ASC, Briefdatenbank, ID
5799).
193 Brief an Gertrud Schönberg, 27. Februar 1952 (ASC, Gertrud Schoenberg Collection, Folder
„Correspondence [Dika Newlin]“), Hervorhebung im Original.
194 Dika Newlin an Gertrud Schönberg, 28. August 1959 (ASC, Gertrud Schoenberg Collec-
tion). Newlin unterrichtete an der Drew University zwischen 1952 und 1964.
80 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
to be true to the tradition and I hope in things I am doing and saying now and in summing
up my own life, what my relationship to Schoenberg has been, and summing up what my
pupils have done, I feel that the heritage goes on and on and on.“195
7.3. Interpretin
Darüber hinaus nutzte Newlin ihre Fähigkeiten als Pianistin, um Schönbergs kom-
positorisches Werk in Aufführungen (an den verschiedenen Universitäten) zu
vermitteln. So versprach sie ihm 1949: „count on me to provoke a few sales of
your music! Needless to say that I shall also use every opportunity for performanc-
es of it“.196 Beispielsweise führte sie seine Musik öfters im Rahmen von Recitals
auf. Ein solcher Abend mit Schönbergs Zwölfton-Klaviermusik an der Drew Uni-
versity soll laut Newlin den Computermusik-Pionier Max Mathews zu einem neu-
en Programm inspiriert haben.197 Bei ihren sommerlichen Aufenthalten in der
MacDowell Colony spielte Newlin Schönbergs Werke ebenfalls; dort führte sie
Barbara Pentland Ende der 1940er Jahre an Schönbergs Musik heran.198 Konrad
Wolff bemerkt bezüglich Newlins Interpretation von Schönbergs Sechs kleinen
Klavierstücken:
„I have never heard anyone else suggest the total standstill of time so convincingly as
Dika Newlin does in an performance of Schoenberg’s opus nineteen – especially in the
last piece with its haunting bell-like evocations of the day of Mahler’s funeral.“199
195 Interview von Michael D. Moore mit Dika Newlin in Byron, Schoenberg as Performer,
Appendix 4, S. 338–339.
196 Dika Newlin an Arnold Schönberg, 20. Mai 1949 (ASC, Briefdatenbank, ID 14684).
197 Dika Newlin im Interview mit Bruce Duffie (Anm. 27). Vgl. auch Newlin, Schoenberg
Remembered, S. 344 (13. Juli 1977).
198 Vgl. Anm. 52.
199 Wolff, „Dika Newlin“, S. 2.
200 Pan Pipes 93, Nr. 2 (Winter 2001), S. 38. Siehe https://www.youtube.com/watch?v=bx
U04ILt9MQ, aufgerufen 8. September 2019 (Auftritt Newlin bei Minute 4:25; die Musik
setzt bei 7:35 ein).
201 North Texas State University School of Music Newsletter, Januar 1974, online verfügbar
unter http://digital.library.unt.edu/ark:/67531/metadc181765/, S. 10, aufgerufen am 13. Mai
2018. Einige Erinnerungen Newlins an diese Aufführung finden sich in Michael D. Moores
Interview mit Dika Newlin in Byron, Schoenberg as Performer, Appendix 4, S. 334–337.
Hier gibt Newlin irreführend das Jahr 1965 an (S. 334), spricht aber gleichzeitig von ihrem
letzten Jahr an der North Texas State University, wo sie in den Jahren 1965–1973 angestellt
war.
202 Ammer, Unsung, S. 162.
A. Biographisches 81
Form zugrunde, die auch Schönberg verwendet hat (und wofür er „chid [her] mild-
ly“203): eine Form, in der alle Sätze in einem enthalten sind; Newlin nennt sie
„Portmanteau“-Form. 1950 äußert sie sich über Schönbergs damalige Meinung zu
dieser einsätzigen Form:
Newlins Opus 1, eine Chamber Symphony für zwölf Solo-Instrumente (1948), ist
ohne Frage als Hommage an Schönbergs Werke derselben Gattung zu verstehen.
(Entgegen der durch die Nummerierung suggerierten Erwartung sind die Opera 1
und 2 nicht Newlins erste Kompositionen, sondern ihre ersten Werke in Zwölfton-
Schreibweise.205) Der Uraufführung ihrer Chamber Symphony am 8. Juli 1949 in
Darmstadt (unter René Leibowitz) wohnte Newlin übrigens nicht bei, um stattdes-
sen Schönberg anlässlich seines 75. Geburtstages in Los Angeles besuchen zu
können:
„Ever since my departure from California in 1941 I had dreamed of the day when I might
return on a ,pilgrimage‘ to Schoenberg. And what time could be more appropriate than this
jubilee year? So it was that on July 8 [1949], instead of being in Darmstadt hearing the
premiere of my Chamber Symphony, I was stepping off a train in Los Angeles.“206
Im Briefwechsel mit Schönberg ist von ihren eigenen Kompositionen nur gele-
gentlich die Rede. Am Beginn der Korrespondenz finden sich noch Bemerkungen
wie:
„Scoring of my opera The Scarlet Letter still occupies me; I finished some songs and a vi-
olin piece, sketched part of a violin concerto, and am now in the midst of a Chamber
Symphony (13 instruments) in which I find myself approaching nearer to ,twelve tones‘
than ever before!“207
Bis Mitte der 1940er Jahre erwähnt Newlin Schönberg gegenüber noch einigerma-
ßen regelmäßig ihre Arbeit an diversen Kompositionen, was vor allem hinsichtlich
Existenz bzw. Entstehungszeit aufschlussreich ist. Später kreisen die Briefe in
erster Linie um Newlins Bemühungen um Schönbergs Œuvre und nur sporadisch
um eigene Werke. Erst, als Schönberg sich an ihren Kompositionen interessiert
zeigt, berichtet sie wieder ein wenig davon. So schreibt Schönberg im Sommer
1948:
„If my eyes would be better I would ask you to send me some of your compositions. Per-
haps you might sometimes come to L. A. and play them for me. Why not? I would be glad
to see you again.“208
„Why dont [sic] you send me occasionally one of your compositions? I would like to
know ,who‘ you are now. And ,how‘. If possible something for piano, so that Mr Stein can
play it for me. You know, my eyes are a great obstacle.“209
Newlin schickte ihm daraufhin ihre neueste Komposition, Piano Trio op. 2,
worauf Schönberg prompt reagiert: „I am looking forward to see your Trio. It’s so
long that I did’nt [sic] see anything of yours. I expect something of you.“210 Bei
Schönbergs und Newlins Treffen im Sommer 1949 sprachen sie über die Kompo-
sition; welchen Rat er ihr diesbezüglich gab211 und ob sie diesen befolgte (bzw.
noch in die Komposition einarbeitete), ist aber nicht bekannt. Newlin erinnert sich
2005, dass sie mit Schönberg in diesen Sommern immer ihre neuesten Kompositi-
onen besprach.212
Im Jahr 1959 informiert Newlin noch Schönbergs Witwe, dass ihr Schreiben
und Komponieren erfolgreich vorangehen sowie ihre Kompositionen über die
International Society of Contemporary Music (ISCM) auch in Österreich aufge-
führt wurden, was sie ihres Erachtens Schönberg verdankt:
„All this time, of course, my own writing and composing has been going on – and, I am
happy to say, with good success. [...] my compositions were performed in the ISCM both
here and abroad (in Salzburg, before my return to this country). Needless to say, I don’t
forget to whom I owe all this! For, if not for the thorough education and great inspiration
which Mr. Schoenberg gave me, and his insistence upon fundamentals, I would not have
been able to perform all these tasks in a way which would satisfy me or others (the few
who really understand these things, that is).“ 213
Newlin komponierte noch bis Ende der 1960er Jahre zwölftönig, etwa die Vokal-
komposition Lied (1968). Diese zeigt einen weiteren Berührungspunkt mit dem
Schönberg-Kreis auf: Der Liedtext stammt von Stefan George („Dies ist ein Lied
208 Brief von Arnold Schönberg an Dika Newlin, 6. August 1948 (ASC, Briefdatenbank, ID
4742).
209 Brief von Arnold Schönberg an Dika Newlin, 6. Januar 1949 (ASC, Briefdatenbank, ID
4862).
210 Arnold Schönberg an Dika Newlin, 12. Januar 1949, ID 4868. Dieser Brief ist von Schön-
berg irrtümlich auf 12. Januar 1948 datiert. Bis Ende März 1949 hatte Schönberg noch keine
Gelegenheit gefunden, sich das Werk (mit Leonard Stein) anzusehen, siehe den Brief von
Arnold Schönberg an Dika Newlin, 22. März 1949 (ASC, Briefdatenbank, ID 4927).
211 Vgl. Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 26. Juli 1949 (ASC, Briefdatenbank, ID
14691): „I appreciate most deeply your advice with regard to the Trio“.
212 Vgl. Michael D. Moores Interview mit Dika Newlin in Byron, Schoenberg as Performer,
Appendix 4, S. 329.
213 Dika Newlin an Gertrud Schönberg, 28. August 1959 (ASC, Gertrud Schoenberg Collec-
tion).
A. Biographisches 83
für dich allein“) und liegt z. B. auch Anton Weberns op. 3, Nr. 1 (1908/09) zu-
grunde.
Für Konrad Wolff ist Anfang der 1960er Jahre „the most Schoenbergian quali-
ty“ in Newlins kompositorischem Werk, wie sie traditionelle musikalische Ele-
mente mit der gegenwärtigen melodischen und harmonischen Sprache verschmilzt,
womit sie sich von den meisten anderen amerikanischen ZwölftonkomponistInnen
abhebe.214
Wie schon oben angeführt, nahm Dika Newlin ab etwa Anfang der 1970er Jah-
re zunehmend Abstand von der ,klassischen‘ Musik, bis sie sich in den 1980er
Jahren dem Punk-Rock zuwendete. Auf George nahm Newlin auch in dieser späte-
ren Phase ihres Schaffens Bezug, und zwar im Punksong Alien Baby: Dieser be-
ginnt mit Georges (übersetzten) Worten „I feel the air of other planets“, die
Schönberg bekanntermaßen für den vierten Satz seines zweiten Streichquartetts
fis-Moll op. 10 (1907/1908) verwendete, und in dem er sich von der tonalen Musik
entfernte. Und offenbar sah sie in ihrer Rolle als Punkrocksängerin
und -komponistin ebenfalls eine Verbindung zu ihrem Lehrer:
„She found that there was a continuity to [being a young student of Schoenberg and a sen-
ior punk]. Schoenberg and others of his generation wrote for the cabarets, which would
have been I suppose the punk rock, or the night club rock, of their time. She felt like she
was doing the same thing.“215
Im Werk Dika Newlins lassen sich unzählige weitere Zusammenhänge mit Schön-
berg feststellen. Beispielsweise entstand etwa Mitte der 1990er Jahre in Zu-
sammenarbeit mit Michael D. Moore das Drehbuch Rockingham.216
Bezüglich Aufführungen in Zusammenhang mit Schönberg war Newlin zu-
nächst im Februar 1940 eine der sieben repräsentierten Kompositionsstudierenden
bei Schönbergs Empfang in seinem Heim.217 Schönberg stellte Newlin und ihren
Sonatensatz in a-Moll nach einer speziellen Einleitung für die beiden Wunderkin-
der Constance Shirley und Newlin mit folgenden Worten vor:218
„Miss Newlin was 14 when she came to me and is now 16. She was and is still a child
prodigy. She started to c[o]mpose with six years. As I know that she composes at present
better than two years ago, when she came to me, I can assume, that she now, with 16 com-
poses better than with six. and [sic] accordingly Brahms’ malicious remark[219] does not
concern her. A number of her premature works have already been played in many im-
portant places and I hope, when, in about three or four years she will ahve [sic] written
works, which I can call mature, she will find all these doors open. As I am almost sure that
Miss Newlins sonata will please you as well as miss [sic] Shirley’s, I guess I need not say
more about her.“220
„What a super red-letter day this has been! ... In my opinion, I played my sonata pretty
well; if I’d had no other advantage over my colleagues and co-performers, at least I was
not scared half to death as the others most assuredly were. Mamma says that from where
she sat in the front row you could see their hands shaking as they played! Temple came
just before me on the program. When he got to her, he announced that the next two num-
bers would be by two young ladies ‚which could be called ex-infant prodigies.‘ ... Then he
proceeded to make some rather nasty remarks about child prodigies, apparently meant
more for me than for her; expatiated quite a while on her numerous accomplishments, and
finally concluded by saying that he ‚think we would like this.‘ She then played her sonata
from memory ... Now it was my turn; he looked around an awfully long time for his pro-
gram notes about me, but finally found them ... Of course he told my age and all of that,
and carefully explained that his remarks about child prodigies had not been aimed at me, a
statement which failed to entirely convince. No sarcastic remarks, though, unless you
count what he said about my premature works having been played in many important
places!‘ But it was the finish that was really a scream ... ‚Well,‘ he said, ‚I guess I do not
need to say anything more, but I will let Miss Newlin’s piece speak for itself – for I am
sure you will like it almost as well as Miss Temple’s!‘“221
Im Frühjahr 1941, gegen Ende ihrer Studienzeit in Los Angeles, gibt Schönberg
gegenüber Erwin Stein an, vielleicht ein Streichquartett sowie ein Piano Quintet
von Newlin an der UCLA aufzuführen.222 Zumindest ihr Streichquartett dürfte
kurz später aufgeführt worden sein.223 Eventuell kam Newlin durch Schönberg in
Kontakt mit Künstlerpersönlichkeiten wie dem Dirigenten Artur Rodzinski (1892–
1958) und der Sopranistin Lotte Lehmann (1888–1976); denn im Februar 1944
berichtet sie ihm, Rodzinski habe einige ihrer Orchesterwerke begutachtet und
Lehmann habe sie um ihre Werfel-Lieder gebeten.224
220 Als alternative Vorstellung notierte Schönberg: „Miss Newlin gives among other infor-
mations her age: she is born 1923 and she thinks she can still dare to reveal her age, without
beeing [sic] affraid [sic] that she might regrett [sic] it later. This is what one believes with
16. She started to compose with six years. A number of her works have been performed al-
ready in many important places.“ Aufgrund Newlins nachfolgend wiedergegebenem Tage-
bucheintrag ist jedoch eindeutig, dass Schönberg sich für die im Fließtext angeführte Ver-
sion entschied. Vgl. Schönbergs Ausführungen zu Constance Shirley im Kapitel über
Shirley (II. Biographisch-musikalische Fallstudien).
221 Newlin, Schoenberg Remembered, S. 182 (18. Februar 1940).
222 Brief von Arnold Schönberg an Erwin Stein, 12. April 1941 (ASC, Briefdatenbank, ID
3590).
223 Vgl. die Ausführungen zu String Quartet in e Minor weiter unten bei den Einzelbesprechun-
gen von Newlins Kompositionen.
224 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 6. Februar 1944 (ASC, Briefdatenbank, ID
14667).
A. Biographisches 85
„She is really a child of quite unusual talent. I am no prophet and I believe nobody can
predict what might be the futur[e] of a talent. But I teach for more than forty years and ac-
cording to these forty years of experience I can say, that I never had a student who in this
age was as promising as Miss Newlin. She should become a composer and an outstanding
musician – there is no doubt.“225
und
„I can here only repeat very sincerely that I am sure, Miss Newlin is an exceptionally gift-
ed person. There is no doubt as to her musical talent. She is ex[c]eedingly musical and has
an astonishing sens[e] of form, harmony and balance. She is so young that I am following
her devolepment [sic] as an artist with greates[t] interest[.]
I hate to make predictions, but according to my expierience [sic] of more than forty years I
can not doubt that she will become a musician of unusual Quality [sic] and as I hope – also
a remarkable composer, so I can assure you, it will be worth to have supported her and
help to get all the teaching I can give her.“226
Ende November 1939 – Newlin war gerade 16 Jahre alt geworden – nennt Schön-
berg sie neben einigen anderen gegenüber Douglas Moore, dem Vorsitzenden der
League of Composers, in Zusammenhang mit „good new American music“.227
Im August und September 1940 kommt es zu einem Briefwechsel Schönbergs
mit dem Geiger Francis Aranyi (1893–1966), nachdem ihn dieser auf eine Auf-
führung von Newlins Streichquartett (1939) durch seine SchülerInnen aufmerksam
gemacht hatte228. Schönbergs Antwort zeigt großes Interesse: „Ich habe mit gros-
sem Vergnügen gehört, dass Sie das Streichquartett von Dika Newlin gespielt
haben. Finden Sie nicht, dass sie ung[e]wöhnlich talentiert ist? Wie hat es geklun-
gen? War es schwer?“229
Im Februar 1941 verfasste Schönberg für Newlin eine Empfehlung für ein Sti-
pendium an der UCLA. Er knüpft darin an ein früheres Schreiben an:
225 Brief von Arnold Schönberg an Marian Paschal, 6. Januar 1939 (ASC, Briefdatenbank, ID
3134).
226 Brief von Arnold Schönberg an Marian Paschal, 6. Februar 1939 (ASC, Briefdatenbank, ID
3147).
227 Brief von Arnold Schönberg an Douglas Moore, 30. November 1939 (ASC, Briefdatenbank,
ID 3242).
228 Brief von Francis Aranyi an Arnold Schönberg, 12. August 1940 (ASC, Briefdatenbank, ID
10053).
229 Brief von Arnold Schönberg an Francis Aranyi, 30. August 1940 (ASC, Briefdatenbank, ID
3457). Aranyi antwortet am 8. September 1940 (ASC, Briefdatenbank, ID 10054).
86 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
„A pupil of mine, a young girl of 17, who knows German only from school, had translated
the poems [of Pierrot lunaire], and everybody says, it is very good. So I recommended
them for the records. She is a very talented composer – a child prodigy and I think she has
made great progress in the three years she studies with me. I will probably perform in a
concert in the large auditorium of our University a string quartet and perhaps also a piano
quintet of hers.“231
Auf Newlins Bitte verfasste Schönberg im Dezember 1944 ein weiteres Empfeh-
lungsschreiben für Newlin, welches sich an die Guggenheim-Stiftung wandte, da
sie wegen ihres Doktorates nun weder private noch akademische Unterstützung
annehmen könne.232 Darin betont er vor allem, dass sie auf vielen Gebieten außer-
ordentlich talentiert und besonders fleißig sowie ihre Begabung unabhängig von
ihrem Alter sei:
„She is doubtlessly not only extrem[e]ly talented for musical composition, but her talents
comprise also several other fields, among them especially the languages. She is, of course,
also enormously industrious and eager to do the very best in her power. Though I am not
in the position of judging her talent as a dramatist, because I had not the opportunity to see
this kind of her works, I can assure you that her talent has grown considerably through the
many abilities she has a[c]quired and the knowledge and the technique they have given
her. Thus her talent can be called extraordinary, extraordinary not only relative to her age,
but taken absolutely.“ 233
Im Mai 1945 zählt er sie gegenüber Roy Harris als einzige Frau zu den talentier-
testen amerikanischen KomponistInnen, bei welchen er „talent and originality“
230 Brief von Arnold Schönberg an H. W. Showman, 20. Februar 1941 (ASC, Briefdatenbank,
ID 3549).
231 Brief von Arnold Schönberg an Erwin Stein, 12. April 1941 (ASC, Briefdatenbank, ID
3590). Stein übersetzte die Gedichte später ebenfalls, vgl. Brief von Arnold Schönberg an
Felix Greissle, 21. August 1944 (ASC, Briefdatenbank, ID 4018).
232 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 4. Oktober 1944 (ASC, Briefdatenbank, ID
14669).
233 Brief von Arnold Schönberg an Henry Allen Moe, 3. Dezember 1944 (ASC, Briefdaten-
bank, ID 4117).
A. Biographisches 87
gefunden habe.234 Zwei Jahre später berichtet er Hans Heinz Stuckenschmidt: „Ich
habe hier ausser Miss Newlin, die eine begabte Komponistin ist[,] noch einige
ausgezeichnete Schüler.“235 Diese Äußerung Schönbergs ist umso bemerkenswer-
ter, da Stuckenschmidt nicht eigens danach fragt; sie bezieht sich lediglich auf
dessen Frage nach den „wichtigsten Daten“ aus Schönbergs amerikanischem Le-
ben.236
234 Arnold Schönberg an Roy Harris, 17. Mai 1945 (ASC, Briefdatenbank, ID 4150). Vgl. auch
Schönbergs Erwähnung Newlins in seinem „Bericht der Schoenberg-Familie über ihr Leben
während und unmittelbar vor dem Krieg“ [Ende 1945–Anfang 1946], ASC, Textdatenbank,
ID T72.04, abgedruckt in Arnold Schönberg, „Stile herrschen, Gedanken siegen“. Ausge-
wählte Schriften, hg. von Anna Maria Morazzoni unter Mitarbeit von Nuria Schoenberg
Nono und Ivan Vojtĕch, Mainz 2007, S. 473–477, hier S. 476, wo er Newlin als „vielleicht
die Produktivste“ seiner SchülerInnen bezeichnet. Vgl. die vollständigen Passagen im Kapi-
tel über Constance Shirley (II. Biographisch-musikalische Fallstudien), Anm. 34 bzw. 41.
235 Arnold Schönberg an Hans Heinz Stuckenschmidt, 21. Mai und 26. August 1947 (ASC,
Briefdatenbank, ID 4458).
236 Brief von Hans Heinz Stuckenschmidt an Arnold Schönberg, 12. August 1947 (ASC, Brief-
datenbank, ID 17302). Zwischen April und August 1947 gibt es keinen weiteren Brief von
Stuckenschmidt an Schönberg. Ansonsten beantwortet er ja recht konkret die Fragen des
Briefes vom 12. August bzw. reagiert noch auf den Brief vom Ostermontag 1947.
88 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
B. Werke
8. Werkverzeichnis
Dika Newlin komponierte in verschiedenen Gattungen und Genres. In Newlins
kreativer Auseinandersetzung mit Musik lassen sich verschiedene Phasen feststel-
len: Ihre Kompositionen bis Ende der 1960er Jahre sind durch klassische Formen
und Techniken gekennzeichnet, wobei sie zunächst in erweiterter Tonalität kom-
ponierte, die sie dann ab 1948 mit der Verwendung der Dodekaphonie ablöste. Ab
den 1970er Jahren experimentierte sie mit multimedialen Herangehensweisen,
Elektronik und Computermusik sowie Gruppenimprovisation. Ab Mitte der 1980er
Jahre komponierte sie Punkrocksongs.
Newlins ,klassisches‘ Œuvre umfasst Opern, Orchester-, Kammermusik- und
Klavierwerke sowie Lieder. Ihre letzten Kompositionen in diese Richtung dürften
Lhazebur (1969), die Auftragskomposition A Tango for Johannes (1984) und die
später verworfene Oper Smile Right to the Bone (ca. 1969–1989) sein. Ihren Wer-
ken der 1970er Jahre dürften meist wohl keine Noten mehr zugrunde liegen (vgl.
etwa die Beschreibungen von Serial Music, Tape Music, Atone und Machine
Shop).237
Leider hat Newlin weder ihr kompositorisches Œuvre noch ein eigenes Werk-
verzeichnis hinterlassen; auch sind die in vorliegender Studie erwähnten Werke
nur in den wenigsten Fällen überhaupt erhalten. Die durchweg in Handschrift
überlieferten Kompositionen sind verstreut im Bestand diverser, meist nord-
amerikanischer Bibliotheken sowie in vereinzelt in Nachlässen von Kompo-
nistInnen oder anderer musikrelevanter Persönlichkeiten.238 Dabei handelt es sich
vor allem um bis Ende der 1960er Jahre entstandene Werke. Von den Multimedia-
Arbeiten Newlins der 1970er Jahre gibt es keine Video-Aufnahmen, doch sollten
in der Music Library der University of North Texas einige Tonaufzeichnungen
existieren.239 Es ist anzunehmen, dass sich in Newlins letzter Wohnung in Rich-
mond, Virginia noch weitere Werke befanden, die aber nach ihrem Tod unwieder-
bringlich im Müll landeten; darunter war wahrscheinlich auch eine Originalskizze
von Gustav Mahler.240 Aus diesen Gründen ist nicht davon auszugehen, dass die
237 Diese Vermutung lässt sich nicht bestätigen, da nach 1970 (Lhazebur; einzige Ausnahme:
das Auftragswerk A Tango for Johannes, 1984) keine Noten von Newlins Kompositionen
mehr erhalten sind.
238 Vgl. Abschnitt 10 bzw. Tabelle 11.
239 Laut Donna Arnold (University of North Texas [UNT] Libraries, auch ehemalige Studentin
Newlins), siehe ihren Artikel „Schoenberg’s Punk Rocker“. Arnold vermutet, dass es sich
dabei um die einzigen erhaltenen Beispiele von Newlins Computer- und Multimediakompo-
sitionen handelt. Jedoch sind diese Aufnahmen bis heute nicht auffindbar, siehe E-Mail von
Donna Arnold an Elisabeth Kappel, 31. August 2018.
240 Laut Sabine Feisst, die Newlin auch persönlich kannte, hat wohl die Stadtverwaltung bei der
Räumung von Newlins Wohnung alles ungefragt entsorgt (Gespräch mit Sabine Feisst, An-
fang Dezember 2012). Dika Newlin war seit April 1944 im Besitz einer vierseitigen Blei-
stiftskizze Gustav Mahlers von Das irdische Leben. Vgl. Brief von Dika Newlin an Arnold
Schönberg, 11. April 1944, ASC, Briefdatenbank, ID 14668.
B. Werke 89
241 American Composers Alliance Bulletin 10, Nr. 4 (Dezember 1962), S. 5–6 (in weiterer Folge
abgekürzt als ACA Bulletin); John A. Kimmey, Jr., „A Partial Bibliography of the Works of
Dika Newlin“, Dika Newlin, Friend and Mentor. A Birthday Anthology, hg. von Theodore
Albrecht, Denton 1973, S. 113–125, hier S. 119–124; Cohen, International Encyclopedia of
Women Composers, Bd. 1, S. 505. Das Werkverzeichnis bei Cohen ist wegen des großen
Umfangs der Gesamtpublikation das wahrscheinlich am wenigsten zuverlässige dieser drei;
auch sind in den wenigsten Fällen Entstehungsdaten angegeben. Die Auflistung von
Kimmey ist vor allem hilfreich für Werke der 1960er und beginnenden 1970er Jahre und ist
vielleicht vertrauenswürdiger, da sie im engen Umfeld Newlins entstand. (Jedoch stellt sich
die Frage, inwieweit Kimmey tatsächlich mit Newlins Œuvre vertraut war, da z. B. Werke
teilweise falsch zugeordnet sind, wie Sinfonia for Piano und Wind Quintet als Kammermu-
sikwerke.) Die Aufstellung im ACA Bulletin enthält auch sehr frühe Werke, gibt aber bei
sehr vielen Werken ebenfalls keine Entstehungsdaten an. Diese Werkaufstellung hängt of-
fensichtlich nicht mit dem direkt vorangehenden, auch in musikanalytischer Hinsicht sehr
interessanten Artikel von Konrad Wolff („Dika Newlin“) zusammen, da es einige Diskre-
panzen hinsichtlich Entstehungsdaten gibt (Sonata da chiesa und Variations bzw. Fantasy
on a Row, siehe die Einzelbesprechungen der Werke). Newlin selbst hat im Jahr 1944 sowie
mindestens 15 Jahre später zwei inoffizielle Werkaufstellungen an die American Composers
Alliance (ACA) geschickt. Brief von Dika Newlin bzw. Werkliste [1959–1965], ACA Files
Dika Newlin, Official Records of the American Composers Alliance (ACA), 12-89-ACA,
Series 1, Box 15, Folder 14, Special Collections in Performing Arts, Michelle Smith
Performing Arts Library, Clarice Smith Performing Arts Center, University of Maryland,
College Park, MD 20742. Newlins spätere Werkzusammenstellung ist nicht datiert, auf-
grund der neuesten angegebenen Komposition und Newlins Adresse am Beginn der Blätter
aber zeitlich auf die Jahre 1959–1965 eingrenzbar.
242 Bezüglich der Printmedien sind vor allem Beiträge in den Campuszeitungen der jeweiligen
Universitäten, an denen Newlin jeweils lehrte, sehr informativ. Relativ ergiebig hinsichtlich
ihrer Kompositionen und deren Aufführungen ist die Zeitschrift Pan Pipes der Sigma Alpha
Iota-Verbindung. Newlin war seit ihrer frühen Jugend Mitglied dieser Verbindung und ar-
beitete für die Zeitschrift später viele Jahre als Autorin und Herausgeberin. Darin berichten
die Mitglieder regelmäßig stichwortartig von ihren aktuellen Publikationen, Kompositionen,
Aufführungen etc. Darüber hinaus erwähnt Newlin eigene Werke in ihrer Publikation
Schoenberg Remembered und in Briefen an Arnold Schönberg; diese sind jedoch oft nicht
näher definiert.
90 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
243 Vgl. z. B. die Aufführungen von Newlins Cradle Song unter dem damals 9- bzw. 11-
jährigen Lorin Maazel, bei denen mit ,Wunderkind dirigiert Komposition von Wunderkind‘
sicherlich eine besondere Attraktion geboten wurde. Siehe dazu Anm. 2 und die Einzel-
besprechung von Cradle Song (bzw. Anm. 280 und 281).
244 Dika Newlin im Interview mit Bruce Duffie (Anm. 27).
94 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
9.2. Aufnahmen
Es gibt nur sehr wenige Aufnahmen mit Newlins Musik (vgl. Tabelle 10). Anfang
des Jahres 1987 nennt sie selbst jedenfalls nur zwei Aufnahmen ihrer Werke: Pia-
no Trio op. 2 und Machine Shop.245 Darüber hinaus wurde 1960 in Wien ihre Study
in Twelve Tones eingespielt. Zwei Aufnahmen lassen sich auch von ihrer Sinfonia
for Piano finden. Eventuell kam auch eine Einspielung ihres Tango for Johannes
mit Auftraggeber Yvar Mikhashoff zustande. Audiodateien ihrer Multimedia-
Aktivitäten der 1970er Jahre sollten sich eigentlich an der University of North
Texas finden.246 Mit Newlins Aktivität in der Popularmusikszene ab Mitte der
1980er Jahre lassen sich vermehrt Tonträgerproduktionen feststellen: Die Debut-
Kassette Meat the Apocowlypso enthält zwei Kompositionen von Dika Newlin.247
Für die Zeit danach sind noch mehrere CDs und Videos mit Aufnahmen ihrer
Songs namentlich bekannt.
246 Vgl. Arnold, „Schoenberg’s Punk Rocker“. Videoaufnahmen wurden laut Arnold sicherlich
keine angefertigt. Sie und ihre KollegInnen in der UNT Library suchten entsprechende Au-
diodateien, konnten aber keine finden. Arnold befürchtet, dass jemand diese Aufnahmen ge-
stohlen hat, da „everything concerning Dika generated a lot of interest“. E-Mail von Donna
Arnold an Elisabeth Kappel, 31. August 2018.
247 Pan Pipes 80, Nr. 2 (Winter 1988), S. 35. Für ein eventuell nachfolgendes Album waren
zusätzliche Songs von Newlin angedacht. Die zugehörige Vinyl-Single beinhaltet mit
Electronic Preacher und Richmond Flood zwei Kompositionen der beiden anderen Song-
writer der Band, Brooke Saunders bzw. Paul Bloch, siehe https://www.discogs.com/de/
Apocowlypso-Apocowlypso/release/8167620, aufgerufen am 15. September 2019. Eine E-
Mail an Brooke Saunders vom 1. Juni 2018 blieb unbeantwortet.
248 Siehe ARD Hörfunkdatenbank bzw. E-Mail von Jörg Wyrschowy an Elisabeth Kappel, 18.
Oktober 2013.
96 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
9.3. Drucke
Keine einzige Komposition von Dika Newlin liegt gedruckt vor. Bei sämtlichen
über Bibliothekskataloge verfügbare Werke handelt es sich um Reproduktionen
von Newlins Holographen im Rahmen der Composers Facsimile Edition der Ame-
rican Composers Alliance (ACA). Demzufolge dürfte sich Newlin ca. 1970, kurz
bevor sie die ,klassische‘ Komposition aufgab, um die Vervielfältigung einiger
ihrer Werke bemüht haben.
Ab Herbst 1953 war Newlin mit dem Verlag Boelke-Bomart wegen Ver-
öffentlichung ihrer Kompositionen Sinfonia, Chamber Symphony op. 1 und Piano
Trio op. 2 im Gespräch. Zu einer produktiven Zusammenarbeit kam es jedoch
nicht: 1963 gab Boelke-Bomart die Veröffentlichungsrechte dieser Werke an die
ACA zurück.249
Laut ACA Bulletin wurden bis auf sehr wenige Ausnahmen alle im dortigen
Newlin-Werkverzeichnis von 1962 bei der ACA veröffentlicht.250
Nur für zwei ihrer Werke verwendete Newlin Opuszahlen: Chamber Symphony for
Twelve Instruments op. 1 (1948) und Piano Trio op. 2 (1948). Es sind dies ihre
ersten Werke in Zwölftontechnik.
Für die Zeit zwischen Mitte der 1940er Jahre und Mitte der 1960er Jahre lassen
sich ausschließlich Instrumentalkompositionen nachweisen, für das Jahr 1968 nur
Lieder (vor allem auf deutsche Texte). Auffallend ist, dass Newlin diese mit einem
genauen Datum versehen hat, woraus ersichtlich ist, dass sie die entsprechenden
Lieder zumindest zwischen Oktober und Dezember 1968 in etwa wöchentlichem
Abstand verfasste (vgl. die Einzelbesprechungen). Interessanterweise gehören
gerade diese Werke zu den wenigen erhaltenen.
In Newlins überliefertem kompositorischem Œuvre sind mehrere längere Schaf-
fenspausen feststellbar. Zur Zeit der ersten, zwischen 1949 und 1955, baute
Newlin hauptsächlich ihre wissenschaftliche und pädagogische Reputation aus: um
1950 hatte sie an der Syracuse University private sowie berufliche Schwierigkeiten
und litt an einem Burn-out; 1951/1952 forschte sie für ihre Schönberg-Biographie
zu dessen Leben in Europa und trat während dieser Zeit mehrfach als Pianistin in
Erscheinung; ab 1952 konzipierte sie für die Drew University einen Studiengang.
Andererseits hängt diese erste Schaffenspause vielleicht auch mit Schönbergs Tod
im Juli 1951 zusammen. Aus den Jahren 1964–1967 ist ebenso kein einziges Werk
überliefert. Interessanterweise war Newlin gerade in den Sommern 1963, 1964 und
249 Vgl. die Briefe von Dika Newlin an Ruth Walton, 3. Oktober 1953, und von Oliver Daniel
an Dika Newlin, 15. Oktober 1953, bzw. den Brief von Carl Sigmon an Al Feilich, 9. Juli
1963, ACA Files Dika Newlin (Anm. 240).
250 ACA Bulletin, S. 5–6. Nicht veröffentlicht wurden demnach nur die vier Orchester-
kompositionen Chamber Concerto, Chamber Symphony op. 1, Concerto for Piano and Or-
chestra und Cradle Song sowie das Melodram Forgotten Cradle Song. Auch Newlins vier
Editionen bzw. Arrangements wurden demzufolge bei der ACA publiziert. Cohen gibt mehr
als zwanzig Jahre später wesentlich weniger ACA-Veröffentlichungen an (S. 505), die je-
doch nicht mit dem ACA Bulletin übereinstimmen (z. B. Chamber Concerto: laut ACA Bul-
letin nicht, laut Cohen doch veröffentlicht).
B. Werke 97
1966 in einer Künstlerkolonie (Yaddo), deren Zweck es war, ein besonders kunst-
förderndes Umfeld zu bieten. Im darauffolgenden Jahr 1968 sind dagegen unge-
wöhnlich viele Kompositionen entstanden. Auch aus dem Zeitraum ab Mitte der
1970er Jahre, während Newlins Anstellung an der Montclair State University, als
sie auch in den Bell Laboratories arbeitete, sind kaum Kompositionen bekannt.
Womöglich als Folge nahm sie sich 1976 bis 1978 eine Auszeit, um zu komponie-
ren (und auch zu schreiben)251.
Ab Mitte der 1950er Jahre lässt sich im Werk Newlins eine verstärkte Ausei-
nandersetzung mit geistlicher Musik feststellen.252
In Newlins Werken zwischen 1947 und 1959 erkennt Konrad Wolff gewisse
gemeinsame Qualitäten, auch wenn sich die Werke erheblich voneinander unter-
scheiden:
„All the works discussed[253] [...] display certain qualitites in common: unity of style, spon-
taneous beauty (enhanced, not inhibited, by their frequent atonal sonorities) as well as
shades of subtle colors, by turns vivid, amusing and touching. Yet, each is quite different
from the next. This does not symbolize a great change or evolution within the last fifteen
years of Dika Newlin’s compositional development. Rather, she seems to stand on a high
point from which she overlooks and paints a complete panorama [...], she gives us the as-
pects of a personal, poetic panorama of twelve-tone music. May she continue!“254
Nur sehr wenige von Dika Newlins Partituren sind erhalten; dabei handelt es sich
bis auf eine Ausnahme um ihre ,klassischen‘ Werke bis Ende der 1960er Jahre.
Die meisten Werke befinden sich in der New York Public Library (NYPL), der
Florida State University Library (FSU), am State University of New York College
at Potsdam (SUNY Potsdam) sowie der University of North Texas (UNT); verein-
zelt finden sich Kompositionen auch in den Sammlungen von Karl Stumpf, Yvar
Mikhashoff und Franz Werfel (vgl. Tabelle 11). Mitte der 1970er Jahre dürfte ein
Großteil aller Kompositionen Newlins noch verfügbar gewesen sein, was aus den
genauen Instrumentationsangaben der einzelnen Werke bei Kimmey ersichtlich ist.
251 Cohen, S. 505. In dieser Zeit entstand Newlins Buch Schoenberg Remembered: Diaries and
Recollections, 1938–1976; Kompositionen sind jedoch keine bekannt.
252 Dies betrifft auch Newlins Arbeit im wissenschaftlichen Bereich, vgl. etwa ihren Aufsatz
„Church Music Conferences“, Journal of Church Music 2 (März 1960), S. 13–14, oder das
Programm zur fünften Church Music Conference am 3. Mai 1958 an der Drew University,
ACA Files Dika Newlin (Anm. 241). Darüber fanden einige ihrer Aufführungen in ver-
schiedenen Kirchen statt.
253 Sinfonia for Piano, Chamber Symphony, Piano Trio, Variations on a Theme from „The
Magic Flute“, Sonata da chiesa, Fantasy on a Row und Study in Twelve Tones.
254 Wolff, „Dika Newlin“, S. 4–5.
98 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
Die ältesten erhaltenen Kompositionen stammen aus den frühen 1940er Jahren.
Aus dem Jahr 1968 sind besonders viele überliefert. Auf den erhaltenen Partituren
hat Newlin meistens ein (Entstehungs-)Jahr vermerkt, oft unter zusätzlicher Anga-
be eines Monats oder bzw. im Fall der Lieder aus dem Jahr 1968 sogar eines ge-
nauen Tages.
Beim Vergleich des Notenbildes fällt auf, dass sich Newlins Handschrift zwi-
schen 1940 und ca. 1970 nicht wesentlich verändert hat – d. h. die Schrift der
Mittvierzigerin noch immer aussieht wie jene des Teeangers. Dahingegen scheint
sich Newlins Schriftbild Mitte der 1980er Jahre – überliefert anhand des Tango for
Johannes – ,normalisiert‘ zu haben. A Tango for Johannes fällt zudem ins Auge,
da Newlin dieses als ,klassisches‘ Werk erst Mitte der 1980er Jahre komponierte:
zu einer Zeit, zu der ansonsten nur Punkrocksongs nachweisbar sind. Dies lässt
sich jedoch dadurch erklären, dass A Tango for Johannes eine Auftragskompositi-
on ist.
Anhand der überlieferten Werke ist feststellbar, dass sich Newlin mit Mitte der
1940er Jahre immer weiter von der Tonalität entfernte.255 Im Januar 1946 kompo-
nierte Newlin nur noch teilweise unter Verwendung von Generalvorzeichen: So
z. B. in der Chorkomposition Loveliest of Trees (datiert Januar 1946). Im zur glei-
chen Zeit entstandenen Lied Lost Love (datiert 3. Januar 1946) gibt es keine Gene-
ralvorzeichnung mehr.
255 Ausgenommen aus dieser Beobachtung sind Newlins popularmusikalische Werke ab den
1980er Jahren, die höchstwahrscheinlich tonal komponiert sind.
B. Werke 99
Aus der Aufstellung ist ersichtlich, dass Newlin mehrfach Gedichte derselben
AutorInnen und zwar tendenziell zur selben Zeit vertonte (vgl. Laidlaw, Baldenne,
Orogo). Daraus lässt sich eventuell die ungefähre Entstehungszeit einiger nicht
datierter Lieder bzw. Melodramen ableiten (Smith, Herbert, George).
Bis Mitte der 1940er Jahre vertonte Newlin bevorzugt Texte von A. J. M.
(Arthur James Marshall) Smith, einem Kollegen ihres Vaters an der Michigan
State University, und A. E. (Alfred Edward) Housman. Zumindest ein Teil der
Gedichte von Housman findet sich in seiner Sammlung A Shropshire Lad (1896).
Um 1940 komponierte Newlin mehrfach Lieder auf Texte derselben AutorInnen:
zunächst A. J. M. Smith, dann Franz Werfel, schließlich Louise Laidlaw und
Fernand Baldenne.
Unter den genannten AutorInnen finden sich auch drei deutschsprachige –
Franz Werfel, Johann Wolfgang von Goethe und Stefan George; bei allen ist ein
deutlicher Bezug zum Schönberg-Kreis festzustellen. So greift Newlin bei drei
Liedern – Lied, Haus in Bonn und im Punksong Alien Baby – auf Texte von Geor-
ge zurück, die teilweise auch bei Schönberg und Anton Webern vorkommen: Das
zugrundeliegende Gedicht zu Lied vertonte (unter vielen anderen) auch Webern.
Im Punksong Alien Baby, welcher mit Georges Worten – in englischer Überset-
zung – beginnt: „I feel the air of other planets“ – verwendete Newlin dieselben
Worte wie Schönberg für den 4. Satz seines 2. Streichquartetts fis-Moll op. 10
(1907/1908). Auffallend ist, dass Newlin im Jahr 1968 – fast 30 Jahre nach den
Werfel-Liedern – wieder vermehrt deutsche Texte vertonte.
In den 1980er Jahren legte Newlin ihren Punkrocksongs höchstwahrscheinlich
eigene Liedtexte zugrunde. Darüber hinaus textete sie bei ihren Interpretationen
häufig eigene Versionen.256
256 Vgl. z. B. ihre Interpretation von Elvis Presleys Jailhouse Rock 1985 mit neuem Text (spe-
ziell für Richmond) unter https://www.youtube.com/watch?v=o25hlf5ObTw, aufgerufen am
8. September 2019, sowie Newlins Angabe, den Text eines Brettl-Liedes von Schönberg
B. Werke 101
10.2. Schönberg
Newlin nahm als Autorin, Pädagogin und Performerin sehr stark auf ihren Lehrer
Arnold Schönberg Bezug, wie bereits oben ausgeführt ist. Vieles weist darauf,
dass sie dies auch in ihrem kompositorischen Werk tat: Bei den frühen Klavier-
kompositionen Passacaglia (1941) und Six pieces for Piano (1942) sieht es so aus,
als habe sie sich von den Stücken Anton Weberns und Arnold Schönbergs inspirie-
ren lassen. Einen beträchtlichen Teil ihrer Kompositionen hat sie – lange nach
ihrem Unterricht bei Schönberg – zwölftönig komponiert: beginnend 1948 mit der
Chamber Symphony op. 1 und über einen Zeitraum von etwa 20 Jahren. Aufgrund
der Nennung in ihrer Publikation Schoenberg Remembered dürfte sie mit Schön-
berg folgende Werke besprochen haben (Tabelle 13):257
„modernisiert“ zu haben (siehe Dika Newlin im Interview mit Bruce Duffie [Anm. 27]).
Damit meinte sie wahrscheinlich ihren Bum-Bum Song (Schönberg: Seit ich so viele Weiber
sah) oder The Black Pussycat (Der genügsame Liebhaber). Vgl. dazu Abschnitte 3 bzw.
11.3 und Tabelle 23.
257 Sabine Feisst schreibt etwas missverständlich allgemein: „Under his [Schoenberg’s]
guidance, she [Newlin] set poems by A. E. Housman, Hsu Hun, Sara Teasdale and Franz
Werfel, and composed a sonata, a serenade, a piano quintet, and a string quartet“ (Schoen-
berg’s New World, S. 209). Jedoch dürften einige der Lieder schon vorher bzw. zumindest
unabhängig vom Unterricht entstanden sein, wie sich aus Newlins Wortwahl interpretieren
lässt, vgl. Schoenberg Remembered, S. 59–60 (17. April 1939) und 69–70 (8. Mai 1939).
102 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
Opern
Newlin komponierte drei Opern (vgl. Tabelle 14). Bei den zwei früheren Werken,
welche beide auf Erzählungen von Nathaniel Hawthorne (1804–1864) basieren,
handelt es sich möglicherweise um den Beginn eines von Newlin geplanten
Opernzyklus.259 Für beide dürfte Newlin das Libretto selbst geschrieben haben.260
Für das Libretto ihrer dritten Oper zeichnet Julia Morrison verantwortlich.
In einem Interview Mitte der 1980er Jahre erklärt Dika Newlin, dass Opern zu
schreiben ein riskantes Unterfangen sei, da es viele Opernhäuser gibt, die ihr Re-
pertoire auf die bekannten Werke des 19. und des frühen 20. Jahrhunderts be-
schränken.261 Trotzdem komponierte sie alle ihre Opern ohne Auftrag.
Orchesterwerke
Für Orchester komponierte Newlin bereits in sehr jungen Jahren Dirge und even-
tuell Canterbury Road. Das noch frühere Werk Cradle Song, ca. 1932, schrieb
Newlin für Klavier; orchestriert wurde es von dem Dirigenten und Bratschisten
Vladimir Bakaleinikoff, unter dem es in Folge mehrfach zu Aufführungen kam.
Der Großteil ihrer Orchesterkompositionen entstand Anfang bis Mitte der 1940er
Jahre (vgl. Tabelle 15). Die in den Einzelbetrachtungen teilweise angeführten
Orchestrierungen entstammen den vorhandenen Werkverzeichnissen.
258 Mittels Fußnotenziffer hinter dem Werktitel. Findet sich dort keine Fußnotenziffer, wird das
Werk in keinem der Verzeichnisse genannt und die Quellen erschließen sich aus dem zuge-
hörigen Text.
259 Vgl. Anm. 398.
260 Vgl. Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 13. September 1943 (ASC, Brief-
datenbank, ID 14665).
261 Dika Newlin im Interview mit Bruce Duffie (Anm. 27).
B. Werke 103
Kammermusik
Wie auch bei den Orchesterwerken lässt sich bei Newlins Kompositionen für
Kammermusik die Tendenz erkennen, dass sie nach Mitte der 1940er Jahre von
größeren Besetzungen abkam (siehe Tabelle 16). Ab Anfang der 1950er Jahre
widmete sie sich als Komponistin wie als Interpretin Werken für Bratsche und
Viola d’amore (vgl. dazu Tabelle 6). Die späten Kompositionen Atone und Machi-
ne Shop (wie auch höchstwahrscheinlich Whisp/kers) sind Improvisationen. Das
Wind Quintet (spätestens 1971) ist nicht zu den Kammermusikwerken zu zählen,
da es von nur einer Person aufgeführt wird. Nicht enthalten sind die beiden Editio-
nen von Gustav Mahlers Klavierquartett (1962) bzw. Johann (Giovanni) Toeschis
Sonate (1963).
Chorwerke
Unter Newlins Kompositionen finden sich einige Werke unter Einbeziehung eines
Chors (Tabelle 17). Der Großteil dieser Werke ist geistlich.
Klavierwerke
Obwohl Newlin eine sehr gute Pianistin war, komponierte sie nicht vorrangig für
dieses Instrument: Neben einem frühen Klavierkonzert (1941) und einigen Werken
für Klavierkammermusik (vgl. Tabelle 16) gibt es in ihrem Œuvre nur relativ we-
nige Solo-Kompositionen für Klavier (siehe Tabelle 18). Nach Konrad Wolff
„many of her most important works have been written for that instrument“.262
Lieder
Lieder machen einen großen Anteil in Newlins Œuvre aus. Darunter sind auch
welche mit Begleitung durch Orchester sowie mit Streichquartett und Klavier
(siehe Tabelle 19). Zwischen 1948 und 1967 lassen sich keine Lieder nachweisen;
im Herbst/Winter 1968 entstanden zwölf Lieder in etwa wöchentlichem Ab-
stand.263 Ab den 1980er Jahren komponierte Newlin auch der Popularmusik zuzu-
ordnende Songs (vgl. weiter unten, Tabelle 23).
263 Pan Pipes 62, Nr. 2 (Januar 1970), S. 74: „in December, 1968, she completed a set of
Twelve Songs for voice and piano“.
106 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
Melodramen
Zu den den früheren Kompositionen von Dika Newlin gehören auch einige Stücke
für „reciter“ (vgl. Tabelle 20), was in Hinblick auf Newlins Schülerschaft bei
Schönberg besonders ins Auge fällt. Neun oder zehn solcher „recitations“ ent-
standen im Sommer 1939, wovon aber maximal sechs benennbar sind:264 Journey,
264 Newlin, Schoenberg Remembered, S. 97 (18. September 1939). Nur das Melodram Journey
komponierte Newlin auf jeden Fall spätestens 1939. Die anderen fünf hier genannten Kom-
positionen sind aufgrund der vertonten Dichter vermutlich ebenfalls in diese Zeit einzuord-
nen. Die beiden Melodramen Furioso und The Women Will soon Knit again entstanden erst
1944.
B. Werke 107
The Country under Dream, Forgotten Cradle Song, The Bondwoman Comes to the
Boorie, Lament und Legend. Möglich ist aber auch, dass keines der genannten zu
den erwähnten neun oder zehn Melodramen zählt. The Country under Dream ist
vermutlich keines dieser Werke, denn es dürfte sich dabei selbst um einen Zyklus
handeln. Keines der Stücke ist erhalten.
Über die genaue Notation oder Ausführung der Sprechstimme ist auch aufgrund
anderer Quellen nichts Näheres bekannt. Newlins „recitations“ dürften aber nichts
mit der Sprechstimme in Schönbergs Pierrot lunaire gemein haben; ihren eigenen
Ausführungen zufolge, in denen sie von einer Konversation mit Schönberg erzählt,
begleitet die Musik vorgelesene Dichtungen:265
„[...] I started to tell him [Schönberg] about my three viola pieces and nine or ten recita-
tions. Well, ,recitations‘ had him stumped; he didn’t seem to have the remotest idea what I
was talking about, until, by dint of infinite patience, I had succeeded in explaining to him
that I meant reading poetry to a musical accompaniment. Then, suddenly, his eyes lighted
with maniacal gleam of comprehension. ,Oh!‘ he exclaimed. ,Melodrama!‘ Of course, he
had no way of knowing that melodrama in English means something quite different from
what it does in German!“266
Geistliche Werke
Vor allem Ende der 1960er Jahre komponierte Newlin einige geistliche Werke
(siehe Tabelle 21). Fast alle diese Werke haben gemeinsam, dass sie die Orgel
265 Auch die österreichische Komponistin Vilma Webenau (1875–1953), Schönbergs wahr-
scheinlich erste Kompositionsschülerin (Wien und Berlin), komponierte einige Melodramen
im Stil des 19. Jahrhunderts. In diesen ist der Text nicht wie bei Schönberg in einer eigenen
Notenzeile, sondern zwischen den Notenzeilen notiert. Vgl. dazu das Kapitel über Vilma
Webenau (I. Biographisch-musikalische Detailstudien).
266 Newlin, Schoenberg Remembered, S. 97 (18. September 1939).
267 Vgl. Michael D. Moores Interview mit Dika Newlin in Byron, Schoenberg as Performer,
Appendix 4, S. 320, bzw. Newlin, Schoenberg Remembered, S. 83.
108 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
Multimedia-Kompositionen
Ab Anfang der 1970er Jahre komponierte Newlin „multimedial“ (nachweisbare
Werke siehe Tabelle 22). Bei zumindest vier Veranstaltungen zwischen 1970 und
1973 an der North Texas State University gelangten diese Werke zur Aufführung
(vgl. Tabelle 9). Welche Kompositionen hierzu genau zu zählen sind, lässt sich
wegen der schlechten Überlieferung nicht definitiv sagen269 und ist wahrscheinlich
auch ein wenig Auffassungssache: In erster Linie geht es um Kompositionen, die
unterschiedliche Medien (Tonband bzw. Herstellung auf dem Computer) sowie die
Aufführungsumgebung einbeziehen (vgl. Abschnitt 6.3).
268 Newlins handschriftliche Notiz auf einem Brief von Francis Thorne an Dika Newlin, 15.
Oktober 1984, ACA Files Dika Newlin (Anm. 241).
269 In den wenigsten Fällen sind Besetzung und/oder Konzertbesprechungen überliefert, durch
welche sich Zuordnungen vornehmen ließen.
B. Werke 109
Newlins ehemaliger Studentin Donna Arnold, die 1972 und 1973 bei einigen Auf-
führungen selbst mitwirkte, sind sieben Mulitmedia-Werke bekannt: Meditation on
the Passiontide, Serial Music, Friday Night Rumble, Big Swamp, Tape Music,
Purr und Rosepetal Rhapsody. 270 Die erste Multimedia-Vorführung fand laut
Newlin im November 1970 statt, demzufolge dürfte Honky-Tonk Train Newlins
erste Multimedia-Komposition sein. Die bei derselben Veranstaltung aufgeführten
Old Dog Tweetie und Fido Flew Away werden gewöhnlich den Klavierkompositi-
onen zugerechnet, aufgrund des „etc.“ in der Besetzung könnte es sich aber bei
beiden ebenfalls um eine Multimedia-Komposition handeln. Als wahrscheinlich
letzte Multitmedia-Komposition ließ sich To Take Place, A Sunset Celebration
ausfindig machen.
Arnold zufolge hoben sich die Werke der Aufführungen 1972 und 1973 von je-
nen davor und von allen anderen Tonband-Kompositionen ab:
„none [of the 1970 and 1971 spring concerts’ pieces] would have been multimedia in the
same way as the ones she presented soon after with the computer-generated sounds and
visual effects. There were many pieces for traditional instruments and prepared tape by
various composers on our concerts around that time. I don’t even consider such works
multimedia, compared to what Dika was doing.“271
270 Siehe E-Mail von Donna Arnold an Elisabeth Kappel, 30. August 2018. Das sind bis auf
eine Ausnahme (das Klavierstück Long Time No See) sämtliche Werke Newlins, die am 22.
März 1972 und am 20. Februar 1973 aufgeführt wurden. Arnold nahm bei folgenden drei
Werken an der Performance teil: Meditation on the Passiontide, Tape Music und Rosepetal
Rhapsody. Kimmey zählt dieselben sieben Stücke auf (S. 120). Cohen führt nur Big Swamp
und zwar als elektronische Komposition an (S. 505).
271 E-Mail von Donna Arnold an Elisabeth Kappel, 30. August 2018.
110 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
The Grasshopper
bis 1932
für Klavier?
The Grasshopper, Easter Chimes und Lotus Eaters zählen wohl zu den frühesten
Kompositionen Dika Newlins. Diese gehörten Anfang der 1930er Jahre zu ihren
„favorites“, die sie immer wieder neben anderen (namentlich nicht genannten)
Eigenkompositionen bei ihren (Klavier-)Darbietungen spielte.272
Easter Chimes
bis 1932
für Klavier?
Lotus Eaters
bis 1932
für Klavier?
Cradle Song273
ca. 1932
für Klavier; Orchestrierung durch Vladimir Bakaleinikoff: 3-2-E.hn-2-3, 4-0-0-0,
str
nicht erhalten
Cradle Song für Klavier komponierte Newlin im Alter von etwa acht Jahren.274 Sie
spielte diese Komposition bei einem Bankett, wo es der Dirigent Vladimir Bakal-
einikoff (1885–1953) hörte. Dieser war „charmed by its simplicity and appeal“.275
Bakaleinikoff orchestrierte daraufhin Newlins Klavierkomposition und führte sie
mit dem Cincinnati Symphony Orchestra am 28. Dezember 1935 im Emery Audi-
torium in Cincinnati, Ohio erstmals auf.276 Eine weitere Darbietung der Orchestrie-
rung fand unter Bakaleinikoff am 5. August 1936 in Interlochen statt. Danach
wurde Cradle Song von mehreren Orchestern der Works Progress Administration
(WPA) gespielt.277 Es lassen sich weiters Aufführungen durch Symphonieorches-
ter in Detroit, Lansing, Chicago, Omaha, Cincinnati, Louisville, beim National
272 „Newlin Girl to Enter High at 8“, 28. Juli 1932, NYPL, Folder „Newlin family clippings“.
273 ACA Bulletin, S. 5: 1931–1935 (nur als Orchesterwerk); Kimmey, S. 120: 1931–1935 (nur
als Orchesterwerk); Cohen, S. 505 (unter Orchesterwerke, o. J.).
274 Newlin, Schoenberg Remembered, S. 2.
275 Aus einem Schreiben von Vladimir Bakaleinikoff (AdressatIn unbekannt), 2. Juni 1941,
NYPL, Folder „Newlin, Dika“.
276 Newlin, Schoenberg Remembered, S. 3.
277 Ebd., S. 6.
B. Werke 111
High School Orchestra Camp in Interlochen (Michigan), durch die Orchester NBC
Summer Symphony und Los Angeles Philharmonic nachweisen.278
In ihrem Buch Schoenberg Remembered erinnert sich Newlin an die Entstehung
von Cradle Song. Demnach fügte sie der Komposition erst nachträglich ein „Pro-
gramm“ hinzu:
„I hadn’t been composing long when I wrote it; in fact, I’d just acquired some music paper
[...]. One day, a simple rocking pattern in thirds, in C-sharp minor, occured to me. I wrote
it down, added a poignant little melody, brought the whole thing to a climax. Recapitulat-
ing the beginning, I suddenly felt the urge to turn to G major for the piece’s close. Why? It
just sounded right! And there was nobody to tell me ,It shouldn’t be done‘ (thank God!)
Cradle Song seemed like the right name for the piece. Later, unwittingly emulating Mah-
ler (of whom I had not yet heard), I’d add a programm after the fact, delineating a touch-
ing tale of a mother who rocks her child in its cradle, dreams of the future glory it may en-
joy (that was the boffo climax), then returns to her quiet rocking.“279
In den Jahren 1939 und 1941 wurde Newlins Cradle Song auch unter dem damals
erst 9- bzw. 11-jährigen Lorin Maazel gespielt, so am 20. August 1939 im Rahmen
der New Yorker Weltausstellung im „Temple of Religion“, gespielt vom Interlo-
chen National Music Camp Orchestra.280 Newlin berichtet in ihren Erinnerungen
von zwei Darbietungen im Sommer 1941:
„Got a letter from Bak[aleinikoff], a note from Lorin, and a postcard from Mrs. Voorsang-
er today, and they all told me the same, namely, that Lorin will conduct Cradle Song on
the NBC Summer Symphony Series on Saturday night, July 5. Boy oh boy! Wait till Un-
cle Arnold hears this one! Of course he can’t blame me, for I didn’t arrange the perfor-
mance.“281
Die zweite Aufführung sollte am 7. August 1941 unter John Barbirolli stattfin-
den.282 Auch Schönberg wurde davon informiert, wie aus dem folgenden Brief zu
erkennen ist:
„Many thanks for informing me that Mr. John Barbirolli will perform the ,Cradle Song‘ of
Dika Newlin in one of his Bowl Concerts[.]
I did not know this piece, because Miss Newlin wrote it before she startet [sic] studying
with me. So as I was told that it was to be plaid [sic] over the radio in one of these broad-
278 „Sketch of the Life of Dika Newlin [1939]“, S. [1], NYPL, Folder „Newlin, Dika“; „All in
One. College Freshman, 13, Is Pianist, Composer“ (Anm. 5), S. 2; „Dr. Dika Newlin, Com-
poser of Opera To Give Piano Recital on March 10“ (Anm. 76), S. 1; „Dika Newlin, Pianist-
Composer, Presents Fourth in Series of Faculty Concerts next Tuesday“ (Anm. 97), S. 1. In
ihrer „Application for Membership“ bei der American Composers Alliance (ACA) vom
4. September 1943 erwähnt Newlin Aufführungen durch das Cincinnati Symphony Or-
chestra am 4. und 28. Dezember 1935 sowie durch das NBC Symphony Orchestra und Los
Angeles Philharmonic (unter Barbirolli) im August 1941. Die Aufführungen beim National
Music Camp in Interlochen sowie durch Orchester in Lansing (Michigan), Detroit, Chicago,
Milwaukee und Omaha dürften bereits im Juli 1936 stattgefunden haben. ACA Files Dika
Newlin (Anm. 241).
279 Schoenberg Remembered, S. 2–3.
280 „Child Composer Here to Listen to Her Music“ (Anm. 4). Siehe auch Anm. 2.
281 Newlin, Schoenberg Remembered, S. 329–330 (23. Juni 1941).
282 Ebd., S. 330 (30. Juni 1941).
112 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
casts of American music, I was very anxious to hear it. Now I am sure it will have the
same succes[s] as it had on the occasion of the broadcast.“283
Newlin spielte ihre Klavierkomposition Cradle Song auch im Juni und Juli 1963
während ihres Aufenthaltes in der Künstlerkolonie Yaddo in Saratoga Springs,
New York.284 In einer Werkaufstellung von 1944 gibt Newlin sowohl die Klavier-
als auch die Orchestervariante (ohne Hinweis auf Bakaleinikoff) an.285
Song286
für Sopran und Klavier
Text: Rupert Brooke
nicht erhalten
Im Jahr 1944 nennt Newlin in einer Werkaufstellung, die sie an die American
Composers Alliance (ACA) schickte, ein Lied mit dem Namen The Lonely Land
(auf einen Text von A. E. Housman).288 Dabei handelt es sich vermutlich um die-
selbe Komposition. Ob sich Newlin verschrieben hat oder der Titel falsch überlie-
fert ist, ist nicht bekannt.289
Alysoun290
1935
für Sopran und Klavier
Text: Old English
nicht erhalten
Im April 1939 „wagte“ es Newlin zum ersten Mal, mit den Liedern Alysoun und
With Rue My Heart Is Laiden Schönberg etwas von ihrer „richtigen“ Musik zu
zeigen. Newlin war überrascht, dass diese Schönbergs kritischem Blick standhiel-
ten; zwar hatte er ein paar formale Kleinigkeiten daran auszusetzen – etwa, dass
die Zwischenspiele zu lang und mit dem Vorangehenden nicht ausreichend moti-
visch verknüpft seien –, fand sie aber ansonsten gelungen:
283 Brief von Arnold Schönberg an Florence Atherton Irish, 9. Juli 1941 (ASC, Briefdatenbank,
ID 3621; abgebildet in Arnold Schönberg, 1874–1951: Lebensgeschichte in Begegnungen,
hg. von Nuria Nono-Schoenberg, Klagenfurt: Ritter 1992, S. 382).
284 Pan Pipes 56, Nr. 2 (Januar 1964), S. 73.
285 Brief von Dika Newlin an Harrison Kerr, 2. Juni 1944, ACA Files Dika Newlin (Anm. 241).
286 Kimmey, S. 123.
287 ACA Bulletin, S. 6; Kimmey, S. 123.
288 Brief von Dika Newlin an Harrison Kerr, 2. Juni 1944, ACA Files Dika Newlin (Anm. 241).
289 Von A. J. M. Smith, den Newlin ebenfalls mehrfach vertont hat, gibt es ein Gedicht mit dem
Titel „The Lonely Land“.
290 ACA Bulletin, S. 5; Kimmey, S. 121.
B. Werke 113
„I’d had the unheard-of, phenomenal nerve to actually dare to show him some of my real
music for a change. I simply decided that, if I wanted to learn anything about songwriting,
I’d have to show him some songs. Anyway, he’d have to become aware of my own style
sooner or later. So, I dusted off my fresh copies of With Rue [With Rue my Heart is Laden,
A. E. Housman] and Alysoun, made motions at practising them, and packed them up with
my Adagio and Variations to take to Special Studies. I was afraid that he might develop a
slight case of spontaneous combustion on hearing them (especially in view of my terrible
singing voice [...]) – but, wonder of wonders, he actually liked them! Naturally, he found
things in the construction that were faulty: the interludes, for example, were a little too
long, and not sufficiently connected with the preceding motives, but he felt that they con-
veyed the spirit of the words well, and that they really had ,something in,‘ which is more
than he, or even I, can say for my more formal academic efforts.“291
The Nightingale
spätestens 1938
nicht erhalten
The Nightingale ist ein chromatisches Madrigal, welches in Newlins Zeit an der
Michigan State University unter Leonard Ellinwood entstand.292 Möglicherweise
liegt dieser Vokalkomposition ein Text in Zusammenhang mit der antiken grie-
chischen Dichterin Sappho zugrunde.293
Waltz
bis 1938
für Klavier
nicht erhalten
„[Schönberg] has summarily forbidden [...] to play them – or anything else of mine which
he has not approved, unless I make a special announcement to the effect that such pieces
were written before I studied with him and that he should not be considered responsible
for them (and, if there is a printed program, such a statement must appear on it).“294
Newlin entkam dieser Zwickmühle, indem sie ein anderes, unter Schönbergs Auf-
sicht entstandenes Werk spielte.295
Im selben Zusammenhang erwähnt Newlin eine Dance Recital Music, die dann
unter einem Pseudonym zur Aufführung gelangte – dem Namen ihres Onkels Ale-
xander Hull, der ebenfalls Komponist war.296
Intermezzo
bis 1938
für Klavier
nicht erhalten
Dirge298
spätestens 1939
für Klavier und Orchester
nicht erhalten
Mit Dirge gewann Newlin 1939 an der UCLA einen ersten Preis für die beste
eingereichte Orchesterkomposition einer/eines Undergraduate-Studierenden.299 In
einem Bericht des New York Herald Tribune von 1939 wird die Komposition als
ihr „Masterpiece“ bezeichnet.300
Für 1939 war eine Darbietung geplant, eventuell mit Newlin am Klavier.301 Ge-
spielt wurde es später unter Vladimir Bakaleinikoff in Moscow, Idaho;302 dieser
hatte zuvor schon ihre Klavierkomposition Cradle Song orchestriert und aufge-
führt.
Canterbury Road
nicht erhalten
In einem Artikel des New York Herald Tribune von 1939 heißt es, dass Dika
Newlins Kompositionen einige für Klavier und Streichqartett sowie viele kleine
Stücke umfassen, dann noch ein unfertiges Tongedicht „Canterbury Road“ nach
einem Thema von Geoffrey Chaucer, und ihr „Meisterstück“ Dirge, welches sie
selbst orchestriert hat.303
Early Autumn304
spätestens 1939
für Sopran und Klavier
Text: Hsü Hun
nicht erhalten
Newlin erwähnt Early Autumn mehrmals im April und Mai 1939.305 Das Lied
dürfte schon einige Zeit früher entstanden sein, denn sie schreibt, dass es „wilder“
ist „even, than I remembered it“.306 Schönberg fand die Begleitung „not suffi-
ciently pianistic“ und riet ihr, in die Singstimme keine untergeordnete Melodie zu
legen:
„At long last Schoenberg looked at Early Autumn in the Special Studies class. He wasn’t
able to talk about it at much length [...] but nevertheless he had time to touch on all the
important points. His only really decisive criticism was that the style of the accompani-
ment was not sufficiently pianistic; also, he thought that perhaps it was not advisable to
place the main melody in the piano and allow the voice to take a subordinate semi-
contrapuntal part, as it does in the second half. But that is only a suggestion on his part.“307
Im April 1939 zeigte Newlin Schönberg ihr Lied With Rue My Heart Is Laiden,
welches ihm gefiel (vgl. die Anmerkungen weiter oben bei Alysoun).
Let It Be Forgotten
spätestens 1939
Singstimme und Klavier
Text: Sara Teasdale
nicht erhalten
Newlin zeigte Let It Be Forgotten Schönberg Ende April 1939. Dieser kritisierte
die „unpianistische“ Begleitung und das plötzliche Ende des Liedes:
„[...] I did play and sing Let It be Forgotten [Sara Teasdale] for him. Evidently he thought
there was ,something in,‘ though he found the harmony not sufficiently related to any de-
grees, and didn’t like the suddenness of the ending. [...] he criticized, ,you suddenly say,
›Enough – I will write no more!‹ and stop. Perhaps the listeners would have liked to stop
some time before, but as they are not composing the piece there is no help for them, unfor-
tunately!‘ Also he thought the style of accompaniment, particularly in those places where
the left hand plays stretches of a tenth or more, rather unpianistic.“309
Journey
spätestens 1939
für Sprechstimme und Klavier?
Text: A. J. M. Smith
nicht erhalten
Journey ist, wie Newlin selbst angibt, „part of a cycle of recitations“.310 Während
ihrer ersten Privatstunde sieht Newlin bei Schönberg ein von ihm gemaltes Bild –
wahrscheinlich meint sie sein „Gehendes Selbstportrait“ (1911; Catalogue rai-
sonné 18) –, das quasi als Illustration des von ihr als Rezitation vertontes Gedicht
passen würde:
„All these [paintings in Schoenberg’s study], horrible as they are, have a sort of gruesome
effectiveness all their own; but the one I liked better than all the rest does not resort to tor-
tured lines and colors, akin to the stylistic writings of the Gothic novelists, to convey a
sense of power tremendous and crushing. The whole scene is shrouded in darkness; a
lonely black street, walls dimly perceived on both sides, and his own resolute little figure
in the middle, stalking towards the unknown, south view going north. It is all done with a
simplicity and naturalness that quite outweigh, in sheer emotional effect, the charnel-
house atmosphere of the woman’s portrait. And it could have been painted as an illustra-
tion for ,Journey‘! Atmosphere, scene, character, place – everything fits.“311
Eventuell sind auch die vier Melodramen auf Texte von Padraic Colum (The
Bondwoman Comes to the Boorie, Forgotten Cradle Song, Lament und Legend)
Teil dieses Zyklus. Bei diesem übergeordneten Zyklus handelt es sich möglicher-
weise um The Country under Dream (vgl. dazu weiter unten).
Lament315
spätestens 1939?
für Sprechstimme und Klavier
Text: Padraic Colum
nicht erhalten
Legend316
spätestens 1939?
für Sprechstimme und Klavier
Text: Padraic Colum
nicht erhalten
The Country under Dream könnte ein weiteres Werk eines Zyklus sein, zu wel-
chem das Melodram Journey (ebenfalls auf einen Text von A. J. M. Smith) gehört.
Dagegen spricht jedoch, dass The Country under Dream als einziges der Werke
mit Sprechstimme auch mit einer Kammermusikgruppe realisierbar ist. Wahr-
scheinlicher ist, dass es sich bei The Country under Dream um den übergeordneten
Titel von mehreren Melodramen handelt, wie anhand einer frühen Werk-
aufstellung von Newlin überliefert ist:318 Darin ist die Rede von „recitations“ auf
„texts“ von A. J. M. Smith. Aus diesem Grund könnte umgekehrt Journey Teil von
The Country under Dream sein.
Three Songs
spätestens 1944
für Sopran und Klavier
Texte: A. J. M. Smith
nicht erhalten
314 ACA Bulletin, S. 5 (o. J.); Kimmey, S. 122 (o. J.): unter „songs“.
315 ACA Bulletin, S. 6 (o. J.); Kimmey, S. 122 (o. J.): unter „songs“.
316 ACA Bulletin, S. 6 (o. J.); Kimmey, S. 123 (o. J.): unter „songs“.
317 ACA Bulletin, S. 5 (o. J.); Kimmey, S. 122: unter „songs“, „reciter & pf (or chamber group)“
(o. J.).
318 Brief von Dika Newlin an Harrison Kerr, 2. Juni 1944, ACA Files Dika Newlin (Anm. 241).
118 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
Unter dem Titel „Three Songs by A. J. M. Smith“ fasste Newlin im Jahr 1944 drei
Lieder zusammen: The Creek, Epitaph und The Voice.319 Bis zum Jahr 1939 hatte
sie schon zumindest ein Gedicht von Smith als Melodram vertont (Journey; even-
tuell auch bereits The Country under Dream). Vielleicht lässt sich daraus schlie-
ßen, dass die drei Lieder ebenfalls zu dieser Zeit entstanden.
The Creek320
spätestens 1939?
für Sopran und Klavier
Text: A. J. M. Smith
nicht erhalten
Epitaph321
spätestens 1939?
für Sopran und Klavier
Text: A. J. M. Smith
nicht erhalten
The Voice
spätestens 1939?
für Stimme und Klavier
Text: A. J. M. Smith
nicht erhalten
Aus einem Tagebucheintrag Newlins geht hervor, dass sie im April 1939 bereits
zwei Streichquartette komponiert hatte:
„This venture [showing Schoenberg some songs] succeeded so well that I plan to get a
long-deferred work of revising the second string quartet, and show that him by easy stag-
es. [...] I would be really delighted if I could get the first quartet decently performed, as I
have never once heard it done.“322
Das String Quartet in e Minor, welches spätestens bis 1939/1940 entstand, ist
möglicherweise mit einer dieser beiden Streichquartette identisch (siehe dazu wei-
ter unten). Zumindest eine beiden Kompositionen zählte sie offenbar bald nicht
mehr zu ihren Werken, denn kurz später ist nur mehr von einem Streichquartett die
Rede, und wenige Jahre danach spricht sie von einem neu entstandenen zweiten
319 Ebd. Siehe auch Bulletin of the American Composers Alliance 7 (1958), Nr. 3, S. 14, online
verfügbar unter https://books.google.at/books?id=LZY5AAAAIAAJ, aufgerufen am 21.
August 2019.
320 ACA Bulletin, S. 5 (o. J.); Kimmey, S. 122 (o. J.).
321 ACA Bulletin, S. 5 (o. J.); Kimmey, S. 122 (o. J.).
322 Newlin, Schoenberg Remembered, S. 59–60 (17. April 1939).
B. Werke 119
„On the whole, he thought the variations pretty good, but some of the effects I had used,
double-stops in inner parts, doubling in octaves, etc., while quite legitimate under certain
circumstances, were rather inappropriate for the particular character in which I used
them.“324
Dieses Stück für Streichquartett, bestehend aus Rondo, Scherzo und Trio, kompo-
nierte Newlin wohl im Scherz und als Erwiderung auf eine Kritik Schönbergs
bezüglich vergessener Vorzeichen:
„[...] I sketched the beginning of a Rondo (I don’t like it a bit and have a good mind not to
show it to Schoenberg) and did a Scherzo and a Trio in the most wonderful handwriting
with all its sharps and flats, for string quartet. I call this little masterwork Op. 0, Hommage
à Czerny, hoping thereby to suitable tickle our Uncle Arnold.“325
323 Siehe Newlin, Schoenberg Remembered, S. 225 (20. Mai 1940), sowie Briefe von Dika
Newlin an Arnold Schönberg, 16. Juli 1940 und 28. Mai 1941: „my (string) quartet“ (ASC,
Briefdatenbank, IDs 14660 und 14661) bzw. 11. April 1944 (ID 14668).
324 Newlin, Schoenberg Remembered, S. 20–21 (19. Januar 1939).
325 Ebd., S. 42 (12. März 1939). Gemeint ist wohl Schönbergs Äußerung vom 10. März 1939
bezüglich ihres Rondos (ebd., S. 41): „For next time you will put in the accidentals you left
out this time – I’m sure that will keep you busy till Monday, yes?“
326 Newlin, Schoenberg Remembered, S. 85 (Sommer 1939).
327 Ebd., S. 117 (14. Oktober 1939) und S. 97 (18. September 1939).
328 Ebd., S. 135 (4. November 1939).
120 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
„Its main fault is that it relies too exclusively, in its development, on the ,noodling‘ (Bou-
langer) method instead of on the ,blooming‘ (Schoenberg) method. Elucidation: instead of
creating new motiv-forms from old ones, it elaborates and re-elaborates the same forms
incessantly till nothing is left. However, this is nothing that need be changed now, though
if I ever looked the work over again with a view to use sometime in the future I might
consider it. Besides, ther are places where it ,blooms,‘ which he characterizes as ,very
nice‘ and ,good;‘ and believe me, when he praises you in those terms, he is outdoing him-
self!“333
Anfang Juni war das Streichquartett fertig. Schönberg hatte es zwar nicht ge-
schafft, eine Aufführung in Los Angeles zu arrangieren, bot aber an, wichtige
MusikerInnen in Detroit anzuschreiben.334 Im Juli 1940 erzählt Newlin Schönberg,
dass sie die ersten beiden Sätze ihres Streichquartetts (in e-Moll?) nun zum ersten
Mal gehört habe:
„Last night, I heard the first and second movements of my string quartet played for the
first time. As you recommended, I got in touch with Mr. Schuster immediately on return-
ing here, and he was able to assemble a competent group to play the piece for me. I had
been very fearful of how it might sound, but really, I was pleasantly surprised, both with
the performance and with the general effect of the work itself! Of course, hearing it in this
way has taught me a lot that should be of greatest value to me in the future, and should
save me from making the same mistakes in string-writing twice!“335
Ihren weiteren Ausführungen zufolge war das Streichquartett zu dieser Zeit doch
noch gar nicht fertig, da sie noch am zweiten Satz arbeitete und mit dem dritten
erst begonnen hatte.336
Im Sommer 1940 wurde wahrscheinlich ebendieses Streichquartett Newlins in
ihrer Heimat an der Michigan State University durch SchülerInnen des Geigers
Francis Aranyi (1893–1966) gespielt.337 Aranyi berichtet auf Rückfrage Schön-
bergs, dass es „ausgezeichnet [klingt] und [...] verblüffend balanciert in Klang und
Rhythmus [ist]. Daher ist es nur relativ schwer zu spielen. Natürlich, die Hand des
Meisters ist im 1. Satz unverkennbar.“338
Schönberg wollte dieses Streichquartett anscheinend auch an der UCLA zur
Aufführung bringen, wie er im April 1941 an Erwin Stein schreibt.339 Offenbar
kam es schon kurz später dazu, denn Newlin dankt Ende Mai 1941 Schönberg für
seine Hilfe bei einer Probe und erwähnt eine baldige Aufführung, welche dann am
6. Juni 1941 stattfand.340 Schönberg stellte ihre Komposition „very nicely“ vor und
sagte ihr „in the shortest time [...] the most brilliant career both as composer and
pianist“ voraus.341 Zuvor erzählte Newlin Schönberg, das Coolidge Quartet habe
ihr eine Aufführung des Streichquartetts angeboten und auch ihr Piano Quintet
sehen wollen.342
Im Frühjahr 1952 fragte die American Composers Alliance (ACA) nach dem
Notenmaterial ihres String Quartet in E Minor.343 Ob es in Folge zu einer Auffüh-
rung kam, ist nicht bekannt; die Noten waren aber wohl zu dieser Zeit nicht greif-
bar.344
335 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 16. Juli 1940 (ASC, Briefdatenbank, ID
14660), Hervorhebung im Original.
336 Vgl. dazu auch Newlin, Schoenberg Remembered, z. B. S. 261 (10. Oktober 1940), 266 (17.
Oktober 1940), 270 (25. Oktober 1940), 278 (11. November 1940), 286 (2. Dezember
1940), 298 (25. Januar 1941) und 301 (13. Februar 1941).
337 Vgl. Brief von Francis Aranyi an Arnold Schönberg, 12. August 1940 (ASC, Briefdaten-
bank, ID 10053).
338 Brief von Francis Aranyi an Arnold Schönberg, 8. September 1940 (ASC, Briefdatenbank,
ID 10054).
339 Vgl. Brief von Arnold Schönberg an Erwin Stein, 12. April 1941 (ASC, Briefdatenbank, ID
3590).
340 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 28. Mai 1941 (ASC, Briefdatenbank, ID
14661), bzw. Newlin, Schoenberg Remembered, S. 326–327 (6. Juni 1941).
341 Newlin, Schoenberg Remembered, S. 326–327 (6. Juni 1941).
342 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 28. Mai 1941 (ASC, Briefdatenbank, ID
14661). Es lässt sich keine Aufführung einer Komposition Newlins durch das Coolidge
Quartet belegen.
343 Brief von der ACA (Ruth Walton) an Dika Newlin, 11. März 1952, ACA Files Dika Newlin
(Anm. 241).
344 Dika Newlin konnte die Noten wahrscheinlich nicht rechtzeitig schicken, da sie zu dieser
Zeit in Europa war und ihre Mutter nicht über eine Partitur des Werkes verfügte. Vgl. Brief
von Dorothy H. Newlin an Ruth Walton, 17. März 1952, ACA Files Dika Newlin (Anm.
241).
122 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
Klaviersonate
1939/1940
für Klavier
nicht erhalten
Werfel-Lieder
1940
für Singstimme und Klavier
teilweise erhalten
Im Herbst 1940 komponierte Dika Newlin zumindest fünf Lieder auf Gedichte von
Franz Werfel (1890–1945) – eventuell auf Anregung von Meyer Krakowski zu
Ehren von Werfels 50. Geburtstag347. Ihrem Tagebuch zufolge wurden die fünf
Gedichte an Schönberg geschickt, mit dem Vorschlag, sie von seinen fortge-
schritteneren Studierenden in Musik setzen zu lassen, damit diese eine Rede an-
lässlich Werfels Geburtstags untermalen.348
Newlin vertonte die fünf Lieder in nur zwei Tagen und versah sie mit eigenen
Übersetzungen.349 Ende Oktober 1940 stellte Newlin ihre Werfel-Lieder in der
Klasse vor. Schönberg hatte daran ein paar generelle Dinge auszusetzen – zu hohe
Stimmlage, Änderung des Charakters mitten in einem Lied (ohne Veranlassung
durch den Text), manchmal unnatürliche Wortbetonung –, fand sie aber ansonsten
gut:
„I presented the Werfel-Lieder, all but Allelujah, today with fear and trembling; but really,
their fate wasn’t such a terrible one. Oh, of course, I’d done a quite a few things wrong:
written in a too-constantly high range for the voice; changed the character of the music in
the middle of a song (Ich habe eine gute Tat getan) when there was no special justification
for it in the words; accentuated words unnaturally in some cases, thereby violating S.’s
fundamental principle that the melody of a song should be a mere elevation of the spoken
melody of the words. But, in general, the old man’s impression was very good, and so was
345 Newlin, Schoenberg Remembered, S. 216 und 217 (1. und 2. Mai 1940).
346 Vgl. dazu etwa das Kapitel zu Constance Shirley (II. Biographisch-musikalische Fall-
studien).
347 Vgl. Finding Aid der Mahler-Werfel Papers (Ms. Coll. 575) an der University of Pennsylva-
nia, Rare Book & Manuscript Library, online verfügbar unter http://dla.library.upenn.edu/
dla/pacscl/ead.html?q=werfel&id=PACSCL_UPENN_RBML_MsColl575&, aufgerufen am
8. September 2019. In der einleitenden Beschreibung ist von einem „bound manuscript of
two songs“ die Rede; ein Autograph von Der Wanderer findet sich in Box 134, Folder 1885.
348 Newlin, Schoenberg Remembered, S. 270 (25. Oktober 1940). Ein entsprechender Brief vom
Oktober 1940 ist in Schönbergs Nachlass (bzw. in der Briefdatenbank) nicht verzeichnet.
Zunächst war eine entsprechende Veranstaltung für den 13. November 1940 geplant; das
Konzert wurde schlussendlich auf Mitte Januar verschoben, da Schönberg die Vertonungen
von Newlins Klassenkollegium noch abwarten wollte (vgl. ebd., S. 275, 6. November 1940,
und S. 295, 15. Januar 1941).
349 Ebd., S. 271 (26. und 27. Oktober 1940).
B. Werke 123
everyone else’s ... The whole hour was taken up with a detailed study of these songs.
Many amusing incidents occurred. U.A. [Uncle Arnold = Arnold Schönberg] claimed that
the beginning of Unsterblichkeit sounded like grasshoppers, and proceeded to prove his
point by drawing the front end of a grasshopper on the blackboard!“350
„I showed Uncle Arnold ... Allelujah. Rather to my surprise, he thought it one of the better
ones of the lot. He thinks the first one I wrote, Der Wanderer, is the best; I think so, too,
and so does everyone else who has heard it. He suggested a few changes, but they are not
so radical.“351
Offenbar war Schönberg durch Newlins Komposition angeregt, ihr mittels einer
eigenen Vertonung von Franz Werfels Ich habe eine gute Tat getan den „true cha-
racter“ des Gedichts zu zeigen:
„I was much interested to hear him say that he’d seriously considered writing a song on
the Gute Tat just to show me what its true character should be; he’d found mine too ‚ag-
gressive‘ in its gaiety. But imagine such a great composer being willing to consider writ-
ing a piece only for the special purpose of helping one of his students! It makes me feel
very humble indeed, and very proud to have the privilege of being a friend and pupil of
such a man.“352
Von dreien der fünf Lieder – Der Wanderer, weiters Gottesferne, Gottesnähe so-
wie Allelujah – fertigte Newlin Abschriften an; diese fasste sie später als „Three
Songs by Franz Werfel“ zusammen.353 Die Reihenfolge scheint Newlin 1944 in
Allelujah, Der Wanderer und Gottesferne, Gottesnähe geändert zu haben.354 Die
beiden anderen, Ich habe eine gute Tat getan und Unsterblichkeit, kopierte sie
nicht, weil ihrer eigenen Meinung nach „such radical changes would have been
necessary“, worin Schönberg sie bestätigte, indem er als hierfür geeignetste Me-
thode der Revision pantomimisch das Zerreißen von Papier darstellte.355
Betreffend die Vertonung von Gottesferne, Gottesnähe überliefert Newlin un-
terschiedliche Reaktionen Schönbergs:
„Finally [...] he was able to hear me do the new version of Gottesferne. I’d changed it only
in a few places, for last time he’d said it was very good. But this time! After I’d finished it,
he played over the first two measures very sadly, and said, ,I do not like this – no – what
does this mean? I told you already last time I did not like this, yes?‘“356
Um das Ende des Jahres 1940 dürfte sie die Komposition an den drei Liedern Der
Wanderer, Gottesferne, Gottesnähe und Allelujah abgeschlossen haben.357 Mitte
Januar 1941 wurden zwei dieser drei Lieder dann bei einem Empfang aufgeführt.
Werfel haben sie offensichtlich gefallen, wie Newlin überliefert:
„Well, the Werfel affair went off all right, and was a great personal triumph for me ... the
two songs were a great success with the audience – as, indeed, with such a good perfor-
mance, there was no reason why they should not have been. But then, when I plunked my-
self in front of Werfel with my prettily bound red-and-white booklet in my hand [...] I
know he liked the songs, for he told me so at the reception afterwards in no uncertain
terms. He said he thought they showed a real temperament and understanding of the verse,
and, best of all, laid his hand on his heart in a gesture with the exclamation ,I feeled [sic] it
here!‘ – than which I can imagine no greater compliment from a poet as sensitive to music
as he seems to be.“358
Der Wanderer361
Oktober 1940
für Sopran und Klavier
Text: Franz Werfel
erhalten: NYPL
Gottesferne, Gottesnähe
Oktober 1940
für Singstimme und Klavier
Text: Franz Werfel
erhalten: NYPL
Allelujah
Oktober 1940
für Sopran und Klavier
Text: Franz Werfel
erhalten: NYPL
Unsterblichkeit363
Oktober 1940
für Singstimme und Klavier
Text: Franz Werfel
nicht erhalten
Wenige Wochen nach der Aufführung ihrer drei Werfel-Lieder hatte Newlin die
Gelegenheit, den Dichter selbst ein paar seiner Gedichte vortragen zu hören. Sie
war von seinem Vortrag so ergriffen, dass sie Werfel gegenüber sagte: „after hear-
ing those poems read in that way I couldn’t help wanting to go home and set every
one of them to music“.364 Ob sie diese Lieder tatsächlich vertonte, ist nicht eruier-
bar.
Schönberg wollte Newlins Piano Quintet eventuell an der UCLA zur Aufführung
bringen, wie er in einem Brief an Erwin Stein schreibt.366 Möglicherweise kam es
Ende Mai 1941 tatsächlich zu einer solchen Darbietung.367 Auch das Coolidge
Quartet zeigte sich im Frühjahr 1941 interessiert an dieser Komposition.368 Der
Geiger Kees Kooper (1923–2014) – er hatte mit seiner Frau und Kammermusik-
partnerin Mary Louise Boehm in den 1960er Jahren mehrfach Newlins The Last
Duet gespielt – hat sich 1970 wahrscheinlich ebenfalls mit dem Werk auseinander-
gesetzt.369
Dieses Quintett war möglicherweise zunächst ein Trio, das Newlin bis 1939
komponiert hatte. Schönberg wollte, dass sie es zu einem Klavierquintett umarbei-
tet, um es dann bei der League of Composers einzureichen, für die er sie empfoh-
len hatte.370 Das Scherzo dürfte im Januar 1940 fertig gewesen sein.371 Newlin
erwähnt dieses Klavierquintett in ihrem Tagebuch bis Mai 1941 noch mehrmals.372
Mit ihrem Piano Concerto gewann Newlin 1942 einen dritten Preis im Wert von
50 US-Dollar beim New York Philharmonic Young Peoples’ Award.374
Passacaglia375
1941
für Klavier
nicht erhalten
Eventuell ist Newlins Passacaglia als Anspielung auf Anton Weberns Orchester-
komposition Passacaglia in d-Moll op. 1 (1908) zu verstehen.
Three Songs
1941
für Sopran und Klavier
Texte: Louise Laidlaw
nicht erhalten
Die drei Lieder Friendship, Contrasts und Romance auf Texte von Louise Laidlaw
fasste Newlin unter dem Titel „Three Songs“ zusammen. Eine Aufführung fand
am 23. April 1947 in der Alumni Hall des Western Maryland College statt, gesun-
gen von Frances Bartley in Begleitung von Oliver Spangler.376
370 Vgl. Newlin, Schoenberg Remembered, S. 143 (1. Dezember 1939), und die Briefe von
Douglas Moore an Arnold Schönberg, 15. November 1939 (ASC, Briefdatenbank, ID
13435), sowie Schönbergs Antwortbrief, 30. November 1939 (ID 3242).
371 Siehe Newlin, Schoenberg Remembered, S. 169 (20. Januar 1940).
372 Ebd., z. B. S. 159 (23. Dezember 1939), 169 (20. Januar 1940), 170 (23. Januar 1940), 177
(3. Februar 1940), 201 (23. März 1940), 221 (11. Mai 1940), 227–228 (23. Mai 1940), 230
(30. Mai 1940), 232 (6. Juni 1940), 261 (10. Oktober 1940), 284 (30. November 1940), 287
(5. Dezember 1940), 308 (6. März 1941), 310 (22. März 1941), 320 (10. Mai 1941), 321 (15.
Mai 1941) und 324 (28. Mai 1941).
373 ACA Bulletin, S. 5; Kimmey, S. 120; Cohen, S. 505 (o. J.). Alle drei Werkverzeichnisse
führen das Werk als „Concerto for Piano und Orchestra“ an.
374 Zeitungsausschnitt vom 3. Februar 1942, NYPL, Folder „Newlin, Dika“. 50 US-Dollar
entsprechen im Jahr 2018 etwa US-Dollar.
375 ACA Bulletin, S. 5 („chamber“); S. 505; Kimmey, S. 121; Cohen, S. 505.
376 Vgl. „Bartley Will Sing in Alumni Hall“, The Gold Bug 24, Nr. 13 (10. April 1947), S. 1,
online verfügbar unter https://hoover.mcdaniel.edu/archives/Newspapers/TheGoldBug1946-
47a.pdf, aufgerufen am 8. September 2019.
B. Werke 127
Friendship377
1941
für Sopran und Klavier
Text: Louise Laidlaw
nicht erhalten
Contrasts378
1941
für Sopran und Klavier
Text: Louise Laidlaw
nicht erhalten
Romance379
1941
für Sopran und Klavier
Text: Louise Laidlaw
nicht erhalten
Christmas Carols380
1941
für Sopran und Klavier
Text: Fernand Baldenne
nicht erhalten
Marine382
1941
Sopran und Klavier
Text: Fernand Baldenne
nicht erhalten
Serenade383
1941/1942
für kleines Orchester
Ab Anfang des Jahres 1941 komponierte Newlin an einer Serenade zumindest mit
den Sätzen March, Gavotte, Scherzo, Gigue, Minuet und Andante.384 Die Beset-
zung erwähnt sie nirgends.385 Im Februar 1941 zeigte sie Schönberg ihre Entwürfe
für die Komposition; dieser hatte ihr zufolge nur ein paar Kleinigkeiten daran
auszusetzen:
„He devoted the whole hour to looking at my sketches for the Serenade, and was surpris-
ingly undestructive. Of course, some things were wrong: the march is not march-like
enough in character, the harmonies in the Gavotte are a little affektiert, the appearance of
an unaccompanied theme at the beginning of the Scherzo suggests that I might not have an
idea for accompaniment, the Gigue looks too much like a second-rate fugato, etc. But his
criticisms weren’t the devastating kind at all.“386
„He picked on the Andante of my Serenade; didn’t like the theme; these sixths did not liq-
uidate, but only annoyed; that chunk of Brahms had no excuse for cropping up; these syn-
copations were cheap; etc. etc.“387
Auch Ende des Jahres 1941 und 1942, als Newlin schon in New York war, arbeite-
te sie noch an der Serenade, wie sie Schönberg gegenüber in zwei Briefen er-
wähnt.388
The Eumenides389
1941/1942
Symphonie für Chor und Orchester
Text: A. J. M. Smith
nicht erhalten
Wie aus einem Brief Newlins an Schönberg hervorgeht, begann Newlin Ende des
Jahres 1941 mit der Komposition einer Symphonie,390 womit wahrscheinlich The
Eumenides gemeint ist. Als Besetzung nennt sie sehr großes Orchester und dass sie
für den letzten Satz – vermutlich in Anlehnung an Gustav Mahlers Symphonien –
einen Chor oder eine SolistInnengruppe einsetzen möchte.391 Im April 1942 dürfte
sie die Komposition daran abgeschlossen haben.392
Newlin dürfte die Symphonie frühestens im Jahr 1944 betitelt haben, denn in
einem Brief an die American Composers Alliance (ACA) vom Juni dieses Jahres
nennt Newlin eine „Symphony No. I“ für großes Orchester, solistisches Streich-
quartett, Alt, Tenor und Chor,393 wobei es sich vermutlich um The Eumenides
handelt. Demnach stammt der Text für das Finale von A. J. M. Smith, von dem sie
schon zuvor einige Texte als Melodramen (eventuell auch Lieder) vertont hatte.
Klaviersonate
1941/1942
für Klavier
nicht erhalten
Ende des Jahres 1941 berichtet Newlin Schönberg, dass sie an einer Klaviersonate
arbeitet.394 Sie hat vor, diese im Lauf des Jahres 1942 zu beenden.395 In Newlins
bekanntem Œuvre gibt es keine Komposition größeren Umfangs für Klavier solo,
deshalb entschloss sie sich möglicherweise, ihre Komposition in eine Sonate für
Klavier und Violine umzuarbeiten (siehe Sonata for Violin and Piano in B flat
Major, 1942).
Feathertop396
1942
Oper, 1 Akt
Text: nach Nathaniel Hawthorne
Newlins einaktige Oper Feathertop basiert auf einer Erzählung von Nathaniel
Hawthorne (1804–1864). Darin geht es um eine zum Leben erweckte Vogelscheu-
che bzw. eine Lektion über den menschlichen Charakter (Menschen sind nicht so,
wie sie scheinen). Im Frühjahr 1942 erzählt sie Schönberg von ihrem Plan einer
einaktigen Oper als Arbeit für den Sommer und das darauffolgende Jahr; für eine
Handlung hatte sie sich zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht entschieden.397
Möglicherweise ist Feathertop das erste Werk eines geplanten Opernzyklus.398 Mit
391 Ebd.
392 Vgl. Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 10. April 1942 (ASC, Briefdatenbank, ID
14664).
393 Brief von Dika Newlin an Harrison Kerr, 2. Juni 1944, ACA Files Dika Newlin (Anm. 241).
394 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 30. November 1941 (ASC, Briefdatenbank,
ID 14663).
395 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 10. April 1942 (ASC, Briefdatenbank, ID
14664).
396 ACA Bulletin, S. 5; Kimmey, S. 120; Cohen, S. 505 (o. J.). Siehe auch Directory of Ameri-
can Contemporary Operas, Central Opera Service Bulletin 10, Nr. 2 (December 1967),
S. 42: „Am. folk tale“. Bei Newlins Oper ist im Gegensatz zu anderen dort genannten Wer-
ken keine Besetzung angegeben.
397 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 10. April 1942 (ASC, Briefdatenbank, ID
14664).
398 Vgl. Brief von Arnold Schönberg an Henry Allen Moe, 3. Dezember 1944 (ASC, Brief-
datenbank, ID 4117). In dieser Empfehlung an die Guggenheim-Stiftung erwähnt Schönberg
Newlins Vorhaben, einen Opernzyklus zu komponieren.
130 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
dieser Oper gewann Newlin (1943?) an der Columbia University den Seidl Prize
„for outstanding musical accomplishment“. 399 Newlin berichtet Schönberg, es
handele sich dabei um ein Stipendium für das nächste Studienjahr, und sie die
erste Person überhaupt sei, die es erhalten hat.400
Eine Aufführung der Six Piano Pieces fand am 29. Oktober 1946 in der National
Gallery in Washington, D. C. mit Newlins Kollegin Helen Brainard vom Western
Maryland College am Klavier statt.402 Brainard führte die Six Piano Pieces noch
ein weiteres Mal auf, und zwar am 11. April 1947 in der Alumni Hall des Western
Maryland College.403 Newlins Klavierstücke sind eventuell als Anspielung auf
Schönbergs Sechs kleine Klavierstücke op. 19 (1911) zu verstehen.404
Eine Aufführung von Newlins Violinsonate fand am 12. Dezember 1943 über die
International Society for Contemporary Music (ISCM) statt.406 Möglicherweise
399 „Dr. Dika Newlin, Composer of Opera To Give Piano Recital on March 10“ (Anm. 76),
S. 1, vgl. auch „Dika Newlin, Pianist-Composer, Presents Fourth in Series of Faculty Con-
certs next Tuesday“ (Anm. 97), S. 1 (hier: Seidle Prize). Laut einem Artikel Newlins vom
September 1949 handelte es sich um eine Leistung auf dem Gebiet der „lyric stage“. Siehe
Canon. Australian Journal of Music 3, Nr. 2: Arnold Schoenberg Jubilee Issue (September
1949), S. 116.
400 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 13. September 1943 (ASC, Briefdatenbank,
ID 14665).
401 ACA Bulletin, S. 5 („chamber“); Kimmey, S. 121; Aaron I. Cohen, S. 505: „Six Pieces“.
402 Vgl. „Miss Brainard to Present Dr. Newlin’s Compositions in National Gallery Recital“, The
Gold Bug 24, Nr. 2 (10. Oktober 1946), S. 1, online verfügbar unter https://hoover.
mcdaniel.edu/archives/Newspapers/TheGoldBug1946-47a.pdf, aufgerufen am 8. September
2019. Weitere in diesem Konzert aufgeführten Werke stammen von Johann Sebastian Bach,
Ludwig van Beethoven, Robert Schumann, Franz Liszt und Claude Debussy.
403 Vgl. „Brainard Will Play Works of Newlin“, The Gold Bug 24, Nr. 13 (10. April 1947), S. 1,
online verfügbar unter https://hoover.mcdaniel.edu/archives/Newspapers/TheGoldBug
1946-47a.pdf, aufgerufen am 8. September 2019. Neben Dika Newlins Klavierstücken spiel-
te Helen Brainard bei diesem Konzert auch Bachs Chromatische Fantasie und Fuge, Chopins
Sonate in b-Moll, Schumanns Fantasiestücke und Niccolò Paganinis Grand Etude in Liszts
Arrangement.
404 Als Pianistin hatte Newlin Schönbergs Sechs kleine Klavierstücke op. 19 (1911) im Reper-
toire. Sie spielte diese z. B. bei einem Lecture Recital ihrer eigenen Kompositionen am
11. November 1966 als Zugabe.
405 ACA Bulletin, S. 5; Kimmey, S. 119; Cohen, S. 505 (o. J.).
406 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 28. November 1943 (ASC, Briefdatenbank,
ID 14666).
B. Werke 131
Newlin stellte ihr Chamber Concerto im Spätsommer 1943 fertig, wie sie Schön-
berg gegenüber erwähnt.410
Bei Songs of the Lonely Heart handelt es sich um einen Zyklus von sechs Liedern,
den Newlin im Spätsommer 1943 abgeschlossen hat.412
Give Me a Land413
1943
für Chor (SATB) und Klavier
Text: A. E. Housman
nicht erhalten
Newlin erwähnt diese Komposition im Jahr 1944 (ohne Titel) als „Mixed chorus
with piano acc.“ in einem Brief an die American Composers Alliance.414
Bredon Hill415
1943
für Tenor und Klavier
Text: A. E. Housman
erhalten: NYPL; Fine Arts Abteilung der Dallas Public Library (als „Bredon
Hall“)
Jak Drahokam418
1943
für Sopran und Klavier
Text: Jaroslav Vrchlicky
nicht erhalten
Stanzas419
1943
für Sopran und Klavier
Text: A. E. Housman
nicht erhalten
Bei Songs of the Day and Night handelt es sich höchstwahrscheinlich um jenen
„big orchestra song cycle“, für den Newlin Mitte September 1943 die „main draft“
anfertigte.421 Newlin vertonte dafür „translated Chinese texts“.422
Two Waltzes
spätestens 1944
für Klavier
nicht erhalten
416 Lou Harrison, „Spring Styles in New York“, Modern Music 22, Nr. 4 (Mai–Juni 1945),
S. 258–261, hier S. 259, online verfügbar unter http://lmhsbd.oicrm.org/media/ART-HAL-
1945-04.pdf, aufgerufen am 16. Mai 2018. Harrison studierte 1943 für 6 Monate bei Schön-
berg.
417 Siehe Bulletin of the American Composers Alliance 7 (1958), Nr. 3 (Anm. 319), S. 14.
418 ACA Bulletin, S. 6; Kimmey, S. 121.
419 ACA Bulletin, S. 5; Kimmey, S. 123.
420 ACA Bulletin, S. 5; Kimmey, S. 121 (o. J.); Cohen, S. 505: „Song [sic] of the day and night“
(o. J.). Siehe auch Miriam Stewart-Green, Women Composers: A Checklist of Works for the
Solo Voice, G. K. Hall 1980, S. 244.
421 Vgl. Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 13. September 1943 (ASC, Brief-
datenbank, ID 14665). In Newlins bekanntem Œuvre gibt es kein weiteres Werk, welches
dieser Beschreibung entspricht.
422 Brief von Dika Newlin an Harrison Kerr, 2. Juni 1944, ACA Files Dika Newlin (Anm. 241).
Näheres zum Ursprung der Texte ist dort nicht angegeben bzw. nicht eruierbar.
B. Werke 133
Die Klavierkomposition Two Waltzes zählt Newlin in einer Liste von in Kopie
verfügbarer Werke auf, die sie 1944 für die American Composers Alliance anfer-
tigte.423
Furioso424
1944
für Sprechstimme und Klavier
Text: Archibald MacLeish
nicht erhalten
Die beiden Melodramen Furioso und The Women Will Soon Knit Again dürfte
Newlin auf Auftrag komponiert haben, wie sie Schönberg gegenüber in einem
Brief andeutet.425
Das Melodram The Women Will Soon Knit Again dürfte wie Furioso als Auftrags-
komposition entstanden sein.427
Zweites Streichquartett?
1944
nicht erhalten
Im April 1944 berichtet Newlin Schönberg, sie habe mit der Komposition eines
zweiten Streichquartetts begonnen.428 Weiteres dazu ist nicht bekannt.
423 Ebd. Begleitend schreibt Newlin: „The enclosed list represents those of my compositions for
which I have both scores and parts completely copied and the rights of which belong exclu-
sively to me.“
424 ACA Bulletin, S. 5; Kimmey, S. 122 (unter „songs“).
425 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 9. September 1944 (ASC, Briefdatenbank, ID
19318).
426 ACA Bulletin, S. 6; Kimmey, S. 124 (unter „songs“).
427 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 9. September 1944 (ASC, Briefdatenbank, ID
19318).
428 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 11. April 1944 (ASC, Briefdatenbank, ID
14668). Vgl. weiter oben die Anmerkungen zum String quartet ín e Minor (um 1940).
429 ACA Bulletin, S. 5 (1945–1946); Kimmey, S. 120 (1945–1946). McVicker, Women Opera
Composers, gibt als Entstehungsjahr 1945 an (S. 147).
134 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
Die abendfüllende dreiaktige Oper The Scarlet Letter entstand nach der kurzen
Oper Feathertop und basiert ebenfalls auf einer Erzählung von Nathaniel
Hawthorne. Darin geht es um eine Frau, die nach ihrem Ehebruch die Achtung
ihrer Mitmenschen wiedererlangen möchte. The Scarlet Letter ist möglicherweise
das zweite Werk eines von Newlin geplanten Opernzyklus.430
Über die Entstehungsgeschichte der Oper ist vieles in den Briefen der Kompo-
nistin an Schönberg herauszulesen: Newlin war mit Gedanken an The Scarlet Let-
ter schon ab 1942 beschäftigt – angespornt durch den Preis, den sie für ihre erste
Oper Feathertop (1942) erhalten hatte. Sie plante die Oper für das Jahr 1943 ein;
das Libretto war bereits im Herbst 1942 fertig.431 Spätestens ab Ende des Jahres
1943 komponierte sie intensiv daran, im September 1944 war sie mit dem letzten
Akt beschäftigt, und im November 1944 beendete sie die „first version“ ihrer
Oper.432 Im März 1946 arbeitete die Komponistin an der Fertigstellung dieser Oper
„in broadly chromatic style“.433 Im Sommer 1947 war sie mit der Orchestrierung
beschäftigt.434
Newlin verwarf The Scarlet Letter später; in einem Interview aus dem Jahr
1987 erzählt sie: „I did not keep that one. In terms of what I thought of it later on, I
decided I did not want to go to the trouble of re-working it in a more contemporary
style. So I simply discarded that one“.435
Hester’s Lullaby
ca. 1946?
für Stimme und Klavier
Um 1960 gibt Newlin das Lied Hester’s Lullaby aus ihrer Oper The Scarlet Letter
bei der American Composers Alliance (ACA) bekannt.436 Eventuell ist die Kom-
position aber schon 1946 entstanden.437 Hester’s Lullaby war Ende der 1950er
Jahre über die ACA erhältlich.438
Hester’s Song
ca. 1946?
für Stimme und Klavier
Hester’s Song ist wie auch Hester’s Lullaby ein Lied aus Newlins Oper The Scar-
let Letter. Die Komposition ist in der New Music USA Online Library gelistet.439
Lost Love444
3. Januar 1946
für Mezzosopran und Klavier
Text: Robert Herrick
erhalten: NYPL
Zur Zeit der Komposition von Lost Love dürfte sich Newlin von der Tonalität
immer mehr entfernt haben: Es ist die früheste erhaltene Komposition Newlins
ohne Generalvorzeichen. 445 Eine Aufführung des Liedes durch die Mezzo-
Sopranistin Annajean Brown und Dika Newlin lässt sich für 20. März 1955 nach-
weisen.446 Lost Love ist eines von mehreren Liedern Newlins, die Ende der 1950er
Jahre über die American Composers Alliance erhältlich waren.447
Loveliest of Trees448
Januar 1946
für Frauenchor (SSA) und Klavier
Text: A. E. Housman
erhalten: NYPL
Bei Loveliest of Trees handelt es sich wahrscheinlich um eines von Newlins letzten
,klassischen‘ Werken mit Generalvorzeichen.449 Die Uraufführung von Newlins
Chorwerk dürfte am 18. Februar 1956 stattgefunden haben und wurde von Jean
Armour geleitet.450
Die Variations for Violin and Piano hat Newlin offenbar für die Geigerin Mary
Canberg komponiert, mit der sie das Werk am 31. Januar 1947 in der Town Hall in
New York City uraufführte.452 In einer relativ ausführlichen Besprechung von
Newlins Komposition wird auch die Erscheinung der Komponistin genau be-
schrieben:
„Variations for violin and piano by Dika Newlin received a first performance. The com-
poser, who had written the work for Miss Canberg, assisted at the piano. [...] Dika New-
lin’s Variations contained some simple violin effects of great beauty, but the evidences of
imagination in either part were maddening. At one section, not the only one of its kind but
the worst, in which a three-note pattern in the violin part was repeated at least twenty
times in succession, a rustling in the audience gathered intensity as though it were going to
burst into one united scream. Otherwise the piece was quite charming. So was the com-
poser. She looked so much like a doll, with her hair cut in short bangs across her forehead
and tied in a large knot in back, and with her wide-eyed, serious little face, that she was
unreal until her fingers began leaping about on the keyboard.“453
An Newlins Komposition werden positive und negative Seiten bemerkt, wie sie
bereits zwei Tage nach dem Konzert Schönberg berichtet:
„My maiden appearance in Town Hall was attended, as you see, by a ,mixed press!‘ I
played on the shortest notice as [Arpad] Sándor finally confessed himself unable to do my
music justice (though he admires it greatly) and begged me to step in, just six days before
the concert. However, I had already practised the work much with the violinist so I was
prepared – and in point of fact I have never played better. I wish that you might have
heard it! The variations incidentally, are quite tonal (A flat major) – for which reason the
ISCM would not allow them to be performed on one of their concerts! The violinist is very
much better than you would suppose from the conventional criticisms of our reviewers.“454
Kadenzen für Mozarts Konzert für zwei Klaviere und Orchester in Es-
Dur, KV 365455
spätestens 1947
Arrangement
nicht erhalten
Am 17. April 1947 spielte Newlin am Western Maryland College mit ihrer Kolle-
gin Helen Brainard Wolfgang Amadeus Mozarts Doppelkonzert KV 365. Dafür
komponierte Newlin kurze Kadenzen für den ersten und dritten Satz.456
Bei The Last Duet handelt es sich möglicherweise um jenes Violinkonzert, von
welchem Newlin im Sommer 1947 „sketched [a] part“.458 Vielleicht komponierte
es Newlin wie auch die kurz zuvor entstandenen Variations for Violin and Piano
(1946) für Mary Canberg.
Die Uraufführung von The Last Duet fand am 24. Januar 1955 in der Town Hall
mit Mary Canberg (Violine) und Arthur Balsam (Klavier) statt. Schon vor der
offiziellen Premiere spielte Canberg am 9. Januar 1955 das Werk mit Newlin am
Klavier an der Drew University.459 Weitere Aufführungen fanden durch Kees
Kooper (Violine) und Mary Louise Boehm (Klavier) am 17. März 1961 in der
Judson Hall in New York City und im November 1961 über den Radiosender
WRVR der Riverside Church statt.460 Kooper und Boehm spielten The Last Duet
auch im August 1965 bei der Sigma Alpha Iota-Tagung in Minneapolis.461
454 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 2. Februar 1947 (ASC, Briefdatenbank, ID
14674), Hervorhebung im Original.
455 ACA Bulletin, S. 6 (o. J.): Kimmey, S. 120 (o. J.).
456 Vgl. „Brainard, Newlin Are Soloists with WMC Little Symphony“, The Gold Bug 24, Nr. 13
(10. April 1947), S. 1, online verfügbar unter https://hoover.mcdaniel.edu/archives/
Newspapers/TheGoldBug1946-47a.pdf, aufgerufen am 8. September 2019.
457 ACA Bulletin, S. 5; Kimmey, S. 119; Cohen, S. 505: „Sinfonia“ (o. J.).
458 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 2. September 1947 (ASC, Briefdatenbank, ID
14492).
459 Pan Pipes 48, Nr. 2 (Januar 1956), S. 63–64; online verfügbar unter https://books.google.at/
books?id=OW85AAAAIAAJ, aufgerufen am 8. September 2019.
460 Pan Pipes 54, Nr. 2 (Januar 1962), S. 65. Dort missverständlich als „first performed“ ange-
geben.
461 Pan Pipes 58, Nr. 2 (Januar 1966), S. 35 und 77, online verfügbar unter https://books.
google.at/books?id=NEVRAAAAYAAJ, aufgerufen am 8. September 2019.
138 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
Die Sinfonia for Piano besteht aus drei Sätzen, die attacca gespielt werden – schon
die „Portmanteau-Form“ andeutend, die Newlin später auch bei ihrem Piano Trio
op. 2 verwendete (siehe zur Portmanteau-Form die Ausführungen dort). Newlin
entschied sich für den Titel „Sinfonia“, um ihre Komposition von anderen Werken
in der konventionelleren Sonatenform zu unterscheiden sowie den „symphoni-
schen“ Effekt des Stückes anzudeuten. Im Programm zur Uraufführung schreibt
sie:
„I purposely avoided calling this compositions Sonata, for the term sonata has acquired
many misleading connotations which make its validity for contemporary composers dubi-
ous. As the word symphony would sound strange applied to a composition for piano, I re-
sorted to the Italian equivalent, sinfonia – a word which has, during its long career, been
used to describe many different kinds of music: everything from an Italian opera overture
to a three-part invention by J. S. Bach. Such freedom of usage is quite justified by the et-
ymology of the word, which in the original Greek meant merely ,a coming together of
sound.‘“463
Die Sinfonia ist „in a highly expanded tonality of F“ komponiert und beinhaltet
„several effects not usually heard on the piano“.464 Konrad Wolff beschreibt sie als
„brilliant vehicle for the pianist“ mit „many unusual tone colors, often quasi-
orchestral in nature“.465 Weiter bezeichnet er die Sinfonia als „less integrated“ als
die späteren Klavierwerke, als „rhapsodic and filled with dramatic episodes, in-
cluding a most original organ-grinder’s tune. With its catching vitality, it gives
evidence of the composer’s rich and vivid imagination and of her concrete think-
ing in music as opposed to abstract speculation.“466
Newlin führte die Sinfonia, die sie speziell für diesen Anlass komponiert hat,
erstmals am 11. März 1947 am Western Maryland College auf,467 wo sie zu dieser
Zeit beschäftigt war. Im Sommer 1950 präsentierte Peter Stadlen die Sinfonia bei
462 ACA Bulletin, S. 5 („chamber“); Kimmey, S. 119 (ebenfalls unter Kammermusik einge-
ordnet); Cohen, S. 505 (als „Sinfonia“).
463 Ausschnitt aus dem Programmheft zur Uraufführung am 11. März 1947 (NYPL, Folder
„Newlin, Dika“), Hervorhebungen im Original.
464 Siehe „Dr. Newlin to Play Original Work on March 11; Gives Book to Library“, The Gold
Bug 62 [sic; eigentlich 24], Nr. 12 (6. März 1947), S. 1 und 6, hier S. 1, online verfügbar un-
ter https://hoover.mcdaniel.edu/archives/Newspapers/TheGoldBug1946-47a.pdf, aufgerufen
am 8. September 2019. Vgl. auch Christine Ammers Anmerkung „which is not a twelve-
tone work but uses many unusual tone colors“ (Unsung, S. 162).
465 Wolff, „Dika Newlin“, S. 2.
466 Ebd.
467 „Dr. Newlin to Play Original Work on March 11; Gives Book to Library“ (Anm. 464), S. 1.
Bei diesem Konzert spielte Dika Newlin auch Beethovens Diabelli-Variationen op. 120. Da-
von berichtet sie in einem Brief vom 5. März 1947 auch Schönberg (ASC, Briefdatenbank,
ID 14675).
B. Werke 139
den Darmstädter Ferienkursen.468 Ebenfalls in Europa wurde sie im Juni 1952 bei
einem Konzert mit zeitgenössischer Musik über die Künstlervereinigung Art Club
in Wien gespielt.469 Am 17. Februar 1953 führte Newlin die Sinfonia beim Sigma
Alpha Iota Musicale im Rahmen des 14. WNYC Annual Music Festival auf.470
Eine weitere Ausstrahlung über den Radiosender WNYC lässt sich für 7. April
1957 nachweisen.471
Darüber hinaus existieren zwei Tonaufnahmen der Sinfonia: eine Studio-
aufnahme durch Alexander Kaul am 2. Dezember 1950 (NDR)472 sowie eine wei-
tere Einspielung in Schönbergs Nachlass. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um
eine Interpretation Newlins: Im Sommer 1949 schickte sie Schönberg als verfrüh-
tes Geburtstagsgeschenk eine Aufnahme.473
Lullaby474
April 1947
für Sopran und Klavier
Text: Michael Orogo
erhalten: NYPL
To You475
1947
für Sopran und Klavier
Text: Michael Orogo
nicht erhalten
468 Pan Pipes 43, Nr. 4 (April 1951), S. 256. Stadlen machte sich unter anderem als Ur- bzw.
Erstaufführungsinterpret von Weberns Variationen für Klavier op. 27 und Schönbergs Kla-
vierkonzert op. 42 einen Namen.
469 Newlin, „Organizing a Music Department“ (Anm. 18), S. 10–12.
470 Ebd.
471 Pan Pipes 50, Nr. 2 (Januar 1958), S. 65.
472 ARD Hörfunkdatenbank; NDR Hamburg, ndrhfdb1: K001164976. Künstlerischer Aufnah-
meleiter: Herbert Hübner, der sich als Redakteur beim Nordwestdeutschen Rundfunk
(NWDR) besonders für zeitgenössische Musik einsetzte und 1953 dafür die Arnold-
Schönberg-Medaille verliehen bekam (siehe http://www.hans-bredow-institut.de/de/node/
2066, aufgerufen am 13. November 2014).
473 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 29. August 1949 (ASC, Briefdatenbank, ID
14693): „my own recording of the Sinfonia (1947)“. Auf der Platte und Hülle sind keine
weiteren Informationen vermerkt (E-Mail von Eike Feß an Elisabeth Kappel, 5. Februar
2014).
474 ACA Bulletin, S. 6; Kimmey, S. 123.
475 ACA Bulletin, S. 6; Kimmey, S. 123.
476 ACA Bulletin, S. 5: ohne op. 1; Kimmey, S. 120: ohne op. 1, 1-1E.hn-1-, 2-1-0-0, str; Aaron
I. Cohen, S. 505: „Symphony for twelve solo instruments“, 1949. Cohen gibt daneben Triple
Play (o. J.) als eigenständige Komposition (für Orchester) an.
140 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
Die Chamber Symphony for Twelve Instruments op. 1 ist Newlins erstes dodeka-
phones Werk, weshalb sie es mit einer Opuszahl versah.477 Das Werk ist Arnold
Schönberg gewidmet.478 Naheliegend ist, dass die Chamber Symphony als eine Art
Hommage an Schönbergs zwei Werke derselben Gattung entstand.
Zunächst war die Chamber Symphony anscheinend für 13 statt zwölf Instru-
mente und auch nicht von Beginn an als Zwölftonkomposition gedacht, wie sie
Schönberg schreibt – oder sie formuliert ihm gegenüber bewusst vorsichtig: „I [...]
am now in the midst of a Chamber Symphony (13 instruments) in which I find
myself approaching nearer to ,twelve tones‘ than ever before!“479 Im März 1948
war der dritte Satz (Rondo) fertig, im Sommer die gesamte Komposition.480
Die Chamber Symphony besteht aus drei Sätzen: Variations, Intermezzo und
Rondo. Die zugrundeliegenden Tonreihen sind aus Terzen aufgebaut, um „tonal
implications“ einbeziehen zu können.481 Die Komposition beinhaltet auch eine
Fuge; Newlin äußert sich dazu folgendermaßen:
„I feel that no form, old or new, is sterile except as the composer who uses it may himself
be sterile, academic or unimaginative. I myself have used the fugue in my twelve-tone
work Chamber Symphony for Twelve Solo Instruments [...] I would certainly use the
fugue again where and as it fitted my needs.“482
Die Uraufführung der Chamber Symphony fand am 8. Juli 1949 bei den Inter-
nationalen Zeitgenössischen Musiktagen in Darmstadt (Deutschland), im Rahmen
eines Festivals zu Ehren von Schönbergs Werk und dem seiner NachfolgerInnen,
anlässlich Schönbergs 75. Geburtstags im September 1949 statt.483 Dirigiert hat
477 Der Spiegel, Nr. 29, 14. Juli 1949, S. 32–33, online verfügbar unter http://www.spiegel.de/
spiegel/print/d-44437282.html, aufgerufen am 27. August 2019; Pan Pipes 41, Nr. 2 (De-
zember 1948), S. 120. Neben der Chamber Symphony op. 1 (1948) ist nur das Piano Trio
(1948, op. 2) mit einer Opuszahl versehen.
478 Handschriftliche Widmung Newlins auf der Partitur in der Universitätsbibliothek Bologna:
„To Arnold Schoenberg“.
479 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 28. August 1947, ID 14492.
480 Briefe von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 20. März 1948 (ASC, Briefdatenbank, ID
14498) und 21. Juli 1948 (ID 14503).
481 Town Topics (Princeton) 19, Nr. 6 (16. April 1964), S. 32, online verfügbar unter http://
www.mocavo.com/Town-Topics-Princeton-Apr-16-1964-Volume-Volume-19-Number-6/
860256/34, aufgerufen am 26. November 2014.
482 Brief von Dika Newlin an Sister Gregory Joseph, 2. Januar 1965, abgebildet in Gregory
Joseph, Twentieth Century Composers on Fugue, Chicago: DePaul University, School of
Music 1966, S. 33. Gregory Joseph führte anlässlich ihres Abschlusses zum Master of Music
in Theory an der DePaul University eine Studie zum Thema „The Use of Fugue in Twenti-
eth-Century Musical Composition“ durch. Dazu integrierte sie auch die Meinung einiger
zeitgenössischer KomponistInnen (als einzige Frau Dika Newlin). In ihrem kurzen Schrei-
ben weist Dika Newlin auch darauf hin, dass Schönberg in Moses und Aron ebenfalls die
Fuge verwendete.
483 Yvonne Schürmann-Zehetner, René Leibowitz: Ein Pionier für die Musik des 20. Jahrhun-
derts, Dissertation, Universität Wien 2010, S. 280; Pan Pipes 41, Nr. 2 (Januar 1949),
S. 120; North Texas State University School of Music Program Book 1966–1967, S. 326, on-
line verfügbar unter http://digital.library.unt.edu/ark:/67531/metadc79459/, aufgerufen am
13. Mai 2018. Siehe auch den handschriftlichen Vermerk Leibowitz’ auf dem Titelblatt der
Partitur. Leibowitz wollte die Chamber Symphony zunächst laut Newlin bereits im Herbst
1948 aufführen, siehe den Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 21. Juli 1948 (ASC,
Briefdatenbank, ID 14503).
B. Werke 141
René Leibowitz, dessen kurz zuvor erschienenes Buch Newlin 1949 übersetzt
hatte.484 Leibowitz bezeichnete die Chamber Symphony im Vorfeld als „bisher
interessantestes Werk eines amerikanischen Komponisten“.485 Newlin war nicht
bei dieser Aufführung, weil sie Schönberg einen vorgezogenen Geburtstagsbesuch
abstattete.486
Eine mögliche Aufführung von Newlins op. 1 (und auch op. 2) in Minneapolis
kommt Mitte der 1950er Jahre in einem Briefwechsel Dika Newlins mit dem Diri-
genten Thomas Nee zur Sprache.487 Die amerikanische Premiere der Chamber
Symphony fand am 15. Januar 1960 an der Cooper Union in New York City statt,
als Teil der Reihe „Music in the Making“ mit Howard Shanet als Dirigent.488 Eine
weitere Aufführung der Chamber Symphony war für den 17. Januar 1962 durch
das Colonial Symphony Orchestra (Madison, New Jersey) unter Dirigent Nicholas
Harsanyi geplant.489 Eine Darbietung unter Harsanyi und dem Princeton Sympho-
ny Orchestra kam im Frühjahr 1964 zustande.490
Die Rezensionen der Darmstädter Uraufführung fielen durchweg positiv aus.
Newlin überliefert zwei Beispiele, in der die „aufregende Eleganz“ bzw. der „er-
finderische Geist“ des Werks hervorgehoben wird: „There was no lack of experi-
ments, for instance the exciting elegance of the aphoristic form of the Chamber
Symphony of the American Dika Newlin.“491 bzw. „The Chamber Symphony of
the American 12-tone composer Dika Newlin clearly evidences an inventive
Beim Konzert im Juli 1949 sollten Werke der Schönberg-Schule aufgeführt werden. Leibo-
witz’ „oberstes Kriterium für die Aufführung der Werke der Schönberg-Schule war die Qua-
lität, nicht etwa das Alter der Komponisten. Seine Absicht war vielmehr, einen Überblick
über die neuen Werke internationaler Schönberg-Anhänger zu machen und schlug daher
Werke folgender Komponisten vor: Luigi Dallapiccola, Dika Newlin, Antoine Duhamel,
Anton Webern, Arnold Schönberg, Michel Phillipot [sic], Paul Dessau, Andre Casanova,
Hanns Eisler, Kurt List und Humphrey Searle.“ (Schürmann-Zehetner, René Leibowitz,
S. 278–279.) Am Programm standen dann neben Newlins Chamber Symphony (als Kammer-
symphonie für 12 Instrumente) Kompositionen von Michel Philippot und Antoine Duhamel
(S. 279–280).
484 René Leibowitz, Schoenberg et son école. L’etape contemporaine du language musical,
Paris 1947: Schoenberg and His School. The Contemporary Stage of the Language of Music,
engl. Übersetzung von Dika Newlin, New York 1949. Newlin gibt an, das Buch in nur zwei
Wochen übersetzt zu haben (Schoenberg Remembered, S. 334).
485 René Leibowitz, „Musiques d’Amérique (Déracinement et implantation d’une tradition
musicale)“ [Musiken aus Amerika (Entwurzelung und Implementation einer musikalischen
Tradition)], Les Temps Modernes 4, Nr. 38 (November 1948), S. 804–822, hier S. 820
(Anm. 1): „Newlin vient de faire ses preuves avec une Symphonie de Chambre qui, malgré
des incertitudes et des hésitations, me paraît être l’œuvre la plus intéressante qui ait été écri-
te jusqu’ici par un compositeur américain“. [Newlin hat sich mit einer Kammersymphonie
bewährt, die mir trotz Ungewissheit und Zögern als bisher interessantestes Werk eines ame-
rikanischen Komponisten erscheint (Übersetzung: Elisabeth Kappel).]
486 Newlin, „Diamond Jubilee“ (Anm. 204), S. 207 (siehe das Zitat in Anm. 206).
487 Brief von Dika Newlin an Thomas und Mary Nee, 6. Juli 1953. Thomas Nee Papers, UCSD
(Anm. 146).
488 Vgl. „Karl Stumpf: Viola d’amore Concerts in East“ (Anm. 19), S. 12; Pan Pipes 53, Nr. 2
(Januar 1961), S. 69.
489 Pan Pipes Bd. 54, Nr. 2 (Januar 1962), S. 65. Ob die Aufführung tatsächlich stattfand, ist
nicht bekannt.
490 Town Topics (Princeton), 16. April 1964 (Anm. 481), S. 32.
491 G. A. Trumpff, Hessi[s]che Nachrichten (Kassel, 13. Juli 1949), zit. nach Newlin, „Dia-
mond Jubilee“ (Anm. 204), S. 208.
142 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
mind.“492 Wolff überliefert noch weitere positive Kommentare: „Secure and un-
troubled worldliness of fresh vitality“, „wealth of inspiration“ und „transparent and
intimate dimension of sound“.493 Newlins Werk hob sich offenbar positiv von den
meisten anderen hier aufgeführten Zwölftonwerken ab:
„Daneben steht ziemlich unvermittelt die Musik der Zwölftonkomponisten in aller Welt.
Die verkapselte, verschlüsselte, am Ende doch immer wie papiergeboren erscheinende
Tonsprache der Extremsten unter ihnen, der jungen französischen Dodekaphonisten um
René Leibowitz, war in diesem Jahr stäker [sic] noch als bei den vergangenen Kursen Ge-
genstand heftiger Diskussionen, ja Mittelpunkt einer lärmvollen Kundgebung des streng
geteilten Für und Wider. (Antoine Duhamel: ,Film-Musik‘; Michel Phillipot [sic]:
,Konzertante Ouvertüre‘ für Kammerorchester.) Die Zwölftonmusik des Italieners Bruno
Maderna (Präludium und Fuge für zwei Klaviere), auch der Amerikanerin Dika Newlin
(Kammersymphonie) erscheint logischer im Klanggefüge, übersetzbarer im Ausdruck.“494
„I was thrilled with the reviews – they reached me only now – of Leibowitz’ performance
of my [chamber] symphony in Darmstadt last summer. Don’t misunderstand me – I hope I
am too level-headed really to be affected much one way or the other by any critic; but
what pleased me was that these German critics (except one odd soul who nosed out a non-
existent influence of STRAVINSKY upon me!) admired and appreciated not only me but
you in me – if you know what I mean. The impression was such that they (of Darmstadt)
are not only demanding more of my music, but also want me to write a birthday article on
you“. 495
In einer Rezension der Aufführung unter Nicholas Harsanyi und dem Princeton
Symphony Orchestra im Frühjahr 1964 wird der zweite Satz lobend erwähnt, aber
die Eingeschränktheit der Instrumente in Bezug auf das musikalische Material
beanstandet:
„[The] Chamber Symphony for Twelve Solo Instruments by Dika Newlin [...] proved to
be sixteen minutes of varying textures, well-structured for the chosen orchestra. [...] it
achieved a nice contrasting melodic interval structure to the cacophonies within the har-
monic scheme. Especially fetching was the little A-B-A second movement, Intermezzo,
which seemed to have just the right amount of musical content for the time scheme. The
only quality found wanting was that each instrument seemed ,stuck‘ with certain material
and seemed not to move around enough within their own expressive capabilities. The
work was well played by the soloists under the conductor’s thoughtful guidance.“496
492 Klaus Wagner, 13. Juli 1949, Allgemeine Zeitung, zit. nach Newlin, „Diamond Jubilee“
(Anm. 204), S. 208.
493 Wolff, „Dika Newlin“, S. 4.
494 Klaus Wagner, „Musik der jungen Generation. Abschluß der Internationalen Ferienkurse für
Neue Musik in Darmstadt“, Die Zeit, Nr. 29, 21. Juli 1949, online verfügbar unter
http://www.zeit.de/1949/29/musik-der-jungen-generation, aufgerufen am 13. August 2018;
vgl. derselbe, Allgemeine Zeitung, 13. Juli 1949 (nach Newlin, „Diamond Jubilee“ [Anm.
204], S. 208).
495 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 30. Oktober 1949 (ASC, Briefdatenbank, ID
14697), Hervorhebungen im Original.
496 Town Topics (Princeton) 19, Nr. 6 (16. April 1964), S. 32, online verfügbar unter http://
www.mocavo.com/Town-Topics-Princeton-Apr-16-1964-Volume-Volume-19-Number-6/
860256/34, aufgerufen am 26. November 2014.
B. Werke 143
Mehr als 20 Jahre nach der Entstehung sucht Newlin um eine Umbenennung der
Chamber Symphony zu Triple Play an.497 Die Gründe dafür sind nicht bekannt;
vielleicht wollte sie damit ihre ,Abnabelung‘ von Schönberg zum Ausdruck brin-
gen oder neue Aufführungen bewirken. Ob Newlin im Zusammenhang mit der
Titeländerung auch die Besetzung änderte (etwa zu Orchester), ist nicht bekannt.498
Der 3. Satz von Triple Play – wie in der Chamber Symphony „Rondo“ betitelt –
wurde am 10. Januar 1970 im Rahmen des Festival of Texas Composers vom
Dallas Symphony Orchestra unter Charles Blackman uraufgeführt.499
Am 31. Januar 2019 fand im Arnold Schönberg Center Wien die wahrschein-
lich erste europäische Aufführung seit der sieben Jahrzehnte zurückliegenden
Premiere statt.500
Das Piano Trio op. 2 ist Newlins zweite Komposition in Zwölftontechnik,502 wo-
rauf die Opuszahl hindeutet. Offensichtlich war sie dazu angeregt, weil weder
Schönberg noch Berg oder Webern ein Klaviertrio komponiert hatten.503 Newlin
plante bereits für den Sommer 1942 und das Jahr 1943 ein, ein Klaviertrio zu
komponieren.504 Das Piano Trio ist wahrscheinlich die bekannteste (weil am wei-
testen verbreitete) Komposition von Dika Newlin: Die (handschriftliche) Partitur
des Werkes findet sich in zahlreichen amerikanischen Universitätsbibliotheken.505
Die Form des Piano Trio op. 2 orientiert sich wie die Chamber Symphony op. 1
eng an Schönbergs einsätzigen Formen der Kammersymphonie op. 9 oder des
Streichquartetts op. 7, in dem die vier separaten Sätze als ein durchgehender Satz
gespielt werden. Im Jahr 1950 gibt die Komponistin zu dieser „Portmanteau“-
497 Brief von Rosalie Calabrese an Joseph McLucas, 26. Januar 1970, ACA Files Dika Newlin
(Anm. 241).
498 Eine solche Umarbeitung zu einer Komposition für Orchester steht nur durch Cohen im
Raum, der bei Triple Play als Besetzung „for orchestra“ angibt (S. 505). Im vorher genann-
ten Brief ist eine Änderung der Instrumentation nicht erwähnt.
499 North Texas State University School of Music Program Book 1969–1970, S. 151, online
verfügbar unter http://digital.library.unt.edu/ark:/67531/metadc79461/, aufgerufen am 23.
Mai 2018. Beim Konzert wirkte mit Dorothea Kelley an der Viola eine weitere ehemalige
Schülerin Schönbergs mit (S. 152). Siehe auch North Texas State University School of Music
Newsletter, Januar 1971, S. 11–12; Pan Pipes 63, Nr. 2 (Januar 1971), S. 72.
500 Im Rahmen der Veranstaltung Holz–Blech–Schlag Horn der Universität für Musik und
darstellende Kunst Wien, siehe https://www.mdw.ac.at/gender/hbs-horn/, aufgerufen am
8. September 2019.
501 ACA Bulletin, S. 5 (ohne Opuszahl); Kimmey, S. 119 (ohne Opuszahl); Cohen, S. 505.
502 Vgl. z. B. Dika Newlin, „MacDowell Colony – 1948. An Open Letter to SAIs“, Pan Pipes
41, Nr. 2 (Dezember 1948), S. 117–118, 118. Newlin schloss das Werk bei ihrem Aufenthalt
in der MacDowell Kolonie ab. Neben der Chamber Symphony op. 1 ist das Piano Trio ihr
einziges Werk mit Opuszahl.
503 Wolff, „Dika Newlin“, S. 4.
504 Brief von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 10. April 1942 (ASC, Briefdatenbank, ID
14664).
505 Siehe z. B. die bibliographische Datenbank WorldCat (www.worldcat.org).
144 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
Form an, dass Schönberg bei umfassenden Werken im Sinne des Publikums nun
eher wieder mehrere kurze Sätze statt eines langen Satzes empfiehlt.506
Newlin zeigte Schönberg diese Komposition im Sommer 1949; Schönberg gab
ihr dazu einen Rat, welcher aber nicht überliefert ist.507 Der Komponistin zufolge
schien Schönberg das Piano Trio gefallen zu haben.508
Die Uraufführung des Piano Trio fand am 2. Juli 1952 in Salzburg (Österreich)
statt, bei den jährlichen Weltmusiktagen der International Society for Contempora-
ry Music (ISCM). Die Ausführenden waren Walter Schneiderhan (Violine), Peter
Schwarzl (Violoncello) und Dika Newlin (Klavier).509 1953 wurde es ebenfalls im
Rahmen der ISCM in New York vorgestellt.510 Mitte der 1950er Jahre war Thomas
Nee an einer Aufführung von Newlins Piano Trio (neben ihrer Chamber Sympho-
ny op. 1) in Minneapolis interessiert.511 Eine Aufführung des Piano Trio lässt sich
auch für den 15. November 1964 an der Fairleigh Dickinson University in Madi-
son, New Jersey, durch das Gill-Gordon-Duo und Robert Wiedman (Klavier) be-
legen. In der dazugehörigen Rezension wird u. a. die „Herausforderung“ für die
InterpretInnen thematisiert:
„An ouststanding work on the program was Dika Newlin’s Trio for Piano, Violin and Vio-
loncello with Robert Wiedman joining the Gili-Gordon Duo. Miss Newlin [...] is a com-
poser of great force and originality. Her trio is cast in the serial style, with all 12 tones
played at once in a final climax.
The trio at first hearing, showed tremendous proficiency in instrumental writing, offering a
great challenge to the players. The nature of 12-tone writing is not always pleasant on
stringed instruments, which tend to slash at notes at wide intervals from each other. But
this sort of technique seemed to suit the Newlin measures. Further hearings would be in
order to grasp the full complexity, spaciousness and beauty of the work. The playing was
admirable and full of courage.“512
Für das Jahr 1967 lassen sich Darbietungen des Piano Trio durch das Faculty Trio
der NTSU – Russell Miller (Violine), Alan Richardson (Violoncello) und Larry
Walz (Klavier) – am 2. Mai beim ersten Festival of Texas Composers und am 15.
November 1967 an der NTSU nachweisen.513 Eine weitere Aufführung fand am
15. November 1982 durch das Smetana Trio an der Virginia Commonwealth Uni-
506 Newlin, „Diamond Jubilee“ (Anm. 204), S. 207–208. Siehe die ganze Stelle in Abschnitt
7.4.
507 Vgl. die Briefe von Arnold Schönberg an Dika Newlin, 12. Januar 1949 (ASC, Briefdaten-
bank, ID 4868) sowie von Dika Newlin an Arnold Schönberg, 26. Juli 1949 (ID 14691).
508 Newlin, Schoenberg Remembered, S. 336–337.
509 Newlin, „Organizing a Music Department“ (Anm. 18), S. 12.
510 North Texas State University School of Music Program Book 1966–1967 (Anm. 483),
S. 329.
511 Brief von Dika Newlin an Thomas und Mary Nee, 6. Juli 1953. Thomas Nee Papers, UCSD
(Anm. 146).
512 Zit. nach American Composers Alliance Bulletin 12–13 (1964), S. 29, online verfügbar un-
ter https://www.google.at/search?hl=de&tbm=bks&ei=YYFbXYnfM8KlwQKrvITgCw,
aufgerufen am 20. August 2019.
513 North Texas State University School of Music Program Book 1966–1967 (Anm. 483),
S. 326. Eventuell hat diese Aufführung etwas mit Newlins Brief an Carl [Sigmon] vom
20. Juni 1966 zu tun, in dem sie wegen einer „pospective performance“ um Zusendung einer
Partitur an Bryce Jordan, den Vorsitzenden des Department of Music an der University of
Texas in Austin, bittet (ACA Files Dika Newlin [Anm. 241]).
B. Werke 145
versity statt und wurde gleichzeitig über Radio und Fernsehen gesendet.514 Ende
der 1980er Jahre wurde des Piano Trio häufig aufgeführt.515
Laut Komponist und Kritiker Virgil Thomas (1896–1989) enthält das Piano
Trio op. 2 „,fine noisy passages‘ and lots of other attractive things“.516 Hans Keller
zufolge ist Newlins Werk „ein ganz ausgezeichnetes, fein durchhörtes Klaviertrio,
eines der wenigen zufriedenstellenden zeitgenössischen Werke dieser heutzutage
vernachlässigten, allerdings fakturmäßig schwer zu meisternden Gattung“. 517
Lyelle Palmer findet, das Piano Trio „showed the same unified style and command
of technical idiom as Dr. Newlin’s more mature works“ und „displayed a pianistic
sonority and emphatic, rhythmic interest leading the musical thought throughout
with clarity and definition“.518 Die Komposition entspricht laut Wolff Newlins
„own style of playing“.519
1963 spielte das London Czech Trio – Liza Marketta (Klavier), Jack Rothstein
(Violine), Karel Horitz (Violoncello) – Newlins Piano Trio op. 2 ein (CRI 170).
Die Aufnahme ist ganz in Newlins Sinn: „as if I had been there looking over the
shoulders of the performers“.520 Radio-Ausstrahlungen der Aufnahme lassen sich
für 18. und 20. Juni 1963, für den 16. Februar 1967 sowie für den 29. Oktober
1969 belegen.521 Darüber hinaus spielte Newlin die Aufnahme am 11. November
1966 bei einem Lecture Recital ihrer eigenen Werke an der NTSU.522
Die Sonata da chiesa komponierte Newlin für die Organistin Marilyn Mason.
Diese führte den zweiten Satz – O Mensch, bewein’ dein Sünde gross – am 19.
August 1956 bei der Sigma Alpha Iota-Tagung im Rahmen der Vesper in der Na-
tional Presbyterian Church in Washington, D. C. erstmals auf.524
Ein Arrangement der Sonata da chiesa für Klavier spielte Newlin am 7. April
1957 über WNYC im Rahmen des American Composers Alliance Broadcast sowie
am 18. Februar 1960 in einem „all-Newlin“-Programm. 525 Die Klavierversion
führte Newlin auch im Juni und Juli 1963 während ihres Aufenthaltes in der
Künstlerkolonie Yaddo in Saratoga Springs, New York, auf.526 Den zweiten Satz
O Mensch, bewein’ dein Sünde gross präsentierte Newlin an der North Texas State
University am Klavier bei einem Lecture Recital ihrer eigenen Werke am 11. No-
vember 1966 sowie am 11. Mai 1967 beim Music Honors Day.527
Der zweite Satz der Sonata da chiesa ist laut Wolff wegen „its controlled emo-
tional intensity“ das Zentrum der Sonate.528 Newlin erklärt anlässlich einer späte-
ren Aufführung des zweiten Satzes: „It makes use of a practice of quoting or
building a composition on a chorale question.“529 Er besteht aus einem Choral-
vorspiel über den Choral „O Mensch, bewein dein Sünde groß“ und einem Prae-
ambulum im punktierten Rhythmus einer französischen Overtüre sowie einer
„[f]ast, agitated and complex“ „Fuga sopra A-S-C-H“, was mit Robert Schumanns
Carnaval wohl nichts zu tun hat, sondern mit Arnold Schönbergs (oder eventuell
auch Artur Schnabels) Name. Der Stil des Choralvorspiels ähnelt absichtlich
Bachs Kompositionen, bei denen sich der Charakter hauptsächlich durch Ver-
zierungen der Oberstimme zeigt. Deshalb klingt der Satz „all the more original in
not trying to hide its affiliation with the past“.530 Laut Mason ist die Sonata da
chiesa „very difficult, and not easy to play“.531
524 Wolff, „Dika Newlin“, S. 3, bzw. Pan Pipes 49, Nr. 2 (Januar 1957), S. 61.
525 Pan Pipes 50, Nr. 2 (Januar 1958), S. 65; Pan Pipes 53, Nr. 2 (Januar 1961), S. 69.
526 Pan Pipes 56, Bd. 2 (Januar 1964), S. 73.
527 North Texas State University School of Music Program Book 1966–1967 (Anm. 483), S. 46
und 360; siehe auch The Campus Chat (Denton, Texas) 50, Nr. 54, Ed. 1 (10. Mai 1967),
S. 6, online verfügbar unter http://texashistory.unt.edu/ark:/67531/metapth307352/, aufgeru-
fen am 8. September 2019.
528 Wolff, „Dika Newlin“, S. 3.
529 Palmer, „Newlin Tells Audience What Motivated Music“ (Anm. 57), S. 3.
530 Wolff, „Dika Newlin“, S. 3.
531 E-Mail von Marilyn Mason an Elisabeth Kappel, 19. Dezember 2012.
532 ACA Bulletin, S. 5; Kimmey, S. 121; Cohen, S. 505.
533 Wolff, „Dika Newlin“, S. 2.
B. Werke 147
Um 1956 war Newlin mit einem Stück für Klarinette und Klavier beschäftigt;541 ob
sie es fertigstellte, ist jedoch nicht bekannt. Es handelt sich dabei jedoch nicht um
eine Komposition mit dem Titel Circular Thoughts, wie Cohen angibt.542
Intermezzo
spätestens 1957
für Klavier?
nicht erhalten
Am 7. April 1957 spielte Newlin über die Radiostation WNYC eine Komposition
mit dem Titel Intermezzo.543 Es besteht die Möglichkeit, dass es sich dabei um eine
Bearbeitung des zweiten Satzes von Newlins Chamber Symphony op. 1 (1948)
handelt, die ebenfalls mit „Intermezzo“ überschrieben ist.544 Intermezzo könnte
aber auch mit einer schon viel früher entstandenden Komposition (bis 1938) über-
einstimmen (vgl. weiter oben).
Die Klavierkomposition Fantasy on an Row ist inspiriert durch das Thema von
Gustav Mahlers 10. Symphonie, „which uses a theme approaching 12-tone equi-
librium although it is harmonized“.546 Newlin komponierte die Fantasy on a Row
für eine Ausstrahlung des Radiosenders WNYC, in der sie als Pianistin und Kom-
ponistin vorgestellt wurde.547 Diese Verwendung von Mahlers Thema „continues
the practice of the [Newlin’s] earlier harmonizations“.548
Laut Konrad Wolff umfasst die Fantasy on a Row „the essence of her [Dika
Newlin’s] musical style and thought in the most accessible form“.549 Man könne
fühlen, „even more than in the earlier piano works, how traditional elements of
music are completely fused with the present-day melodic and harmonic lan-
guage“.550 Wolff findet neben der Bezugnahme auf Mahlers 10. Symphonie noch
weitere Anklänge an andere seiner Symphonien.551
Newlin selbst bemerkt zum anschließenden „Postludium“, das so langsam wie
möglich und ohne jeglichen Ausdruck gespielt werden soll: „The work seemed to
require the chorale, [sic] Ach Gott vom Himmel sieh darein. Although not motivi-
cally related to the row, it is harmonized with free use of the twelve tones.“552
Am 10. Oktober 1957 stellte Newlin ihre Klavierkomposition beim Young
American Artists Programm auf WNYC vor.553 In Zusammenhang mit dem Radio-
sender WNYC lassen sich auch Aufführungen am 18. Februar 1960 in einem „all-
Newlin“- Programm und am 22. Februar 1961 als Teil des WNYC American Mu-
544 Annahme aufgrund keiner weiteren Nennung dieser Komposition und der Tatsache, dass
keine Komposition von Newlin den gleichen Titel wie eine andere trägt. Vgl. auch die An-
merkungen zu Chamber Symphony op. 1 bzw. Triple Play.
545 Das ACA Bulletin führt im Werkverzeichnis nur „Variations on a Row“ an (1960, S. 5);
Konrad Wolff analysiert jedoch im Text davor die Fantasy on a Row. Kimmey nennt eben-
falls keine Fantasy on a Row, dafür gleich wie das ACA Bulletin Variations on a Row (1960)
„[o]n a theme from Mahler’s Tenth Symphony“ (S. 121). Cohen, S. 505: 1958 bzw. Fantasia
(1957). Cohen nennt darüber hinaus „Variations on a row from Mahler’s Tenth symphony
(1960)“. Sabine Feisst gibt als Entstehungsjahr 1970 an und bezieht sich dabei höchstwahr-
scheinlich auf die mit „© 1970“ versehene Partitur (Die Musik in Geschichte und Gegen-
wart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik, hg. von Ludwig Finscher, Supplement, Kassel
2008, Sp. 614–615, hier Sp. 614).
546 Palmer, „Newlin Tells Audience What Motivated Music“ (Anm. 57), S. 3.
547 Vgl. Wolff, „Dika Newlin“, S. 3.
548 Palmer, „Newlin Tells Audience What Motivated Music“ (Anm. 57), S. 3.
549 Wolff, „Dika Newlin“, S. 3.
550 Ebd.
551 Vgl. ebd.
552 Zit. nach ebd.
553 Pan Pipes 50, Nr. 2 (Januar 1958), S. 65.
B. Werke 149
sic Festival im National Arts Club in New York durch Newlin nachweisen.554
Newlin spielte die Fantasy on a Row auch bei einem Lecture Recital ihrer eigenen
Werke am 11. November 1966 an der North Texas State University.555 Am 13.
Februar 1970 präsentierte der Pianist John Kozar die Kompostion beim WNYC
American Music Festival in der Carnegie Hall in New York City.556 Dieser führte
Fantasy on a Row um 1971 auch mehrfach in Spanien und Portugal auf.557 Emily
Crocker spielte die Klavierkomposition beim „American Musicale“ der Sigma
Alpha Iota-Verbindung am 8. April 1973 an der NTSU.558
Bei der Klavierkomposition Variations on a Row (1960), die das ACA Bulletin
sowie (möglicherweise in dessen Folge) Kimmey und Cohen nennen, handelt es
sich wahrscheinlich eigentlich um die Fantasy on a Row, da alle drei Werk-
aufstellungen (ACA Bulletin, Kimmey, Cohen) als Zusatz „from Mahler’s Tenth
Symphony“ angeben.559 Naheliegend wäre, dass Newlin die Variations on a Row
später in Fantasy on a Row umbenannt hat, doch lassen sich wie oben vermerkt
schon vor 1960 Darbietungen der Fantasy nachweisen. Aufführungen der (bzw.
als) Variations on a Row sind keine bekannt.
In the Forest
spätestens 1959
Lied
nicht erhalten
Das Lied In the Forest wird 1959 als eines von mehreren über die American Com-
posers Alliance (ACA) erhältlichen Liedern Newlins aufgezählt.560 Näheres ist
dazu nicht in Erfahrung zu bringen.
Die Study in Twelve Tones ist dem Wiener Bratschisten Karl Stumpf (1907–1988)
gewidmet, der ein Pionier für die Wiederbelebung des historischen Saiten-
554 Pan Pipes 53, Nr. 2 (Januar 1961), S. 69, bzw. Pan Pipes 54, Nr. 2 (Januar 1962), S. 65.
555 North Texas State University School of Music Program Book 1966–1967 (Anm. 483),
S. 329.
556 Pan Pipes 63, Nr. 2 (Januar 1971), S. 72; „News of Faculty Activities“, North Texas State
University School of Music Newsletter, Januar 1971, S. 11–12. Einer anderen Quelle zufolge
spielte Newlin diese Aufführung in der Carnegie Recital Hall selbst, siehe The North Texas
Daily (Denton, Texas) 54, Nr. 14, Ed. 1 (24. September 1970), S. 3, online verfügbar unter
http://texashistory.unt.edu/ark:/67531/metapth326474/, aufgerufen am 27. August 2019.
557 North Texas State University School of Music Newsletter, Januar 1972, S. 12.
558 North Texas State University School of Music Program Book 1972–1973 (Anm. 22), S. 185.
559 Cohen nennt als einziger dieser drei zwar beide Kompositionen, doch stützt sich dieses
Werkverzeichnis auf mehrere Publikationen.
560 Siehe Bulletin of the American Composers Alliance 7 (1958), Nr. 3 (Anm. 319), S. 14. Die
eigene Werkauflistung Newlins in dem nur wenige Jahre späteren erschienenen ACA Bulle-
tin (10, Nr. 4, Dezember 1962) nennt dieses Lied jedoch nicht.
561 ACA Bulletin, S. 5; Kimmey, S. 119; Cohen, S. 505.
150 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
instrumentes Viola d’amore war.562 Das erhaltene Notenexemplar in der NYPL ist
mit folgender handschriftlichen Widmung Newlins versehen: „An [sic] Prof[essor]
Karl Stumpf[,] ohne dessen modernes Denken für ein altes Instrument dieses Werk
nicht existieren könnte – ist es dankbar gewidmet“.563 Newlin zufolge ist die Study
in Twelve Tones das erste Werk für Viola d’amore in Zwölftontechnik.564
Mit der Study in Twelve Tones wollte Newlin ein Stück komponieren, welches
„with complete comprehension and feeling by someone not brought up on the
Schoenbergian tradition“ gespielt werden kann und „which can reach the heart of
an audience by the swiftest means“.565 Konrad Wolff zufolge „[i]t was nothing
than a stroke of genius to discover that this [ultratonal] instrument sounds its best
in non-tonal sound combinations“.566 Dieser merkt an, dass die Kürze der Study in
Twelve Tones (etwa drei Minuten) „is no measure of its importance as an original
addition to the chamber music literature“.567
Stumpf und Newlin führten die Study in Twelve Tones im November 1959
erstmals und mehrfach auf: am 19. November in der Liederkranz Hall in New
York City, am 20. November an der Drew University sowie am 22. November in
der Phillips Gallery in Washington, D. C.568 Am 17. Juni 1960 wurde die Kompo-
sition im Symphonia Studio in Wien für eine spätere kommerzielle Veröffentli-
chung aufgenommen.569 Die Europäische Erstaufführung fand am 20. November
1960 in Wien statt, im Rahmen der von Maria Stubenrauch geförderten sonntägli-
chen „Intimate Concerts“.570 Eine weitere Aufführung der Study in Twelve Tones
562 Newlin hatte Stumpf offenbar während ihres Aufenthaltes in Österreich 1951/1952 kennen-
gelernt und war bereits dort mit ihm gemeinsam aufgetreten. Siehe „Karl Stumpf: Viola
d’amore Concerts in East“ (Anm. 19), S. 12. Im Jahr 1963 gab Newlin mit Stumpf eine So-
nate von Johann Toeschi für Viola d’amore und Generalbass heraus.
563 Widmung vom November 1959; NYPL, Music Division, Karl Stumpf Viola d’amore
Scores, JOB 04-4.
564 „Karl Stumpf: Viola d’amore Concerts in East“ (Anm. 19), S. 12.
565 Zit. nach Wolff, „Dika Newlin“, S. 4.
566 Ebd.
567 Ebd.
568 Handschriftliche Notiz Dika Newlins im Notenexemplar in der NYPL. Zu dieser Zeit war
Karl Stumpf auf einer Welttournee mit den Wiener Philharmonikern, vgl. „Karl Stumpf: Vi-
ola d’amore Concerts in East“ (Anm. 19), S. 12: demzufolge war die Weltpremiere an der
Drew University, weil es sich bei der New Yorker Aufführung um ein Einladungskonzert
der Austro-American Society und dem Austrian Institute in Kooperation mit dem Austrian
Consulate General (Cultural Affairs Division) handelte. Einem späteren Eintrag zufolge war
die offizielle Premiere jene am 22. November in Washington, D. C., siehe North Texas State
University School of Music Program Book 1966–1967 (Anm. 483), S. 329. Bei der Auffüh-
rung am 22. November 1959 wurde die Study in Twelve Tones wegen des großen Erfolges
wiederholt, siehe Wolff, „Dika Newlin“, S. 4.
569 Handschriftliche Notiz Dika Newlins im Notenexemplar in der NYPL. Siehe auch Pan
Pipes 53, Nr. 2 (Januar 1961), S. 69. Ebenfalls wurde dabei Paul Hindemiths Kleine Sonate
(für Viola d’amore und Klavier op. 25, Nr. 2, 1922) eingespielt. John A. Kimmey führt in
seiner „partiellen“ Bibliographie von Dika Newlins Werken eine Aufnahme des Werkes an,
jedoch ohne Angabe eines Datums oder eines Labels bzw. Studios. Vgl. Kimmey, S. 124.
Newlin selbst erwähnt diese Aufnahme in einem Interview mit Bruce Duffie aus dem Jahr
1987 nicht (Anm. 27).
570 Pan Pipes 53, Nr. 2 (Januar 1961), S. 69. In einer späteren Ausgabe der Zeitschrift wird als
Europäische Erstaufführung eine Ausstrahlung im Oktober 1961 mit Karl Stumpf über das
„Zurich Radio“ angegeben, siehe Pan Pipes 54, Nr. 3 (Januar 1962), S. 65.
B. Werke 151
fand am 1. Februar 1977 im Rahmen eines Lecture Recitals von Myron Rosen-
blum an der Cornell University statt.571
Die Study in Twelve Tones diente offenbar als Grundlage für die Klavier-
komposition Interlude for Piano.572
Introit
spätestens 1959?
für Klavier
nicht erhalten
Die Klavierkomposition Introit erwähnt Newlin auf einer Werkliste, die sie bei der
American Composers Alliance einreichte.573
Bree
spätestens 1959?
für Singstimme und Klavier
nicht erhalten
Das Lied Bree nennt Newlin auf einer Auflistung ihrer Werke für die American
Composers Alliance.574
Eine Aufführung der Klavierkomposition Interlude for Piano fand am 18. Februar
1960 beim American Music Festival des Radiosenders WNYC im Rahmen eins
„all-Newlin“-Programms durch die Komponistin statt. Aus einer Besprechung
lässt sich schließen, dass es sich beim Interlude for Piano um Variationen über
Study in Twelve Tones für Viola d’amore und Klavier zu handeln scheint.575
571 Pan Pipes 70, Nr. 2 (Januar 1978), S. 54. Bei einer weiteren Nennung der Veranstaltung
wird der Titel der aufgeführten Komposition nicht erwähnt. Ein Notenexemplar von
Newlins Bearbeitung der Toeschi-Sonate (1963) befindet sich im Bestand der Cornell Uni-
versity Library, daher hätte es sich bei der aufgeführten Komposition ohne weiteres auch um
dieses Werk handeln können. Daneben gelangten Werke von Franz Simon Schuchbauer
[Schuchpaur], Attilio Ariosti, Karl Stamitz, Paul Hindemith und [Irving] Schlein (1905–
1986) zur Aufführung. „‚Viola D’Amore‘ Is Lecture Topic“, Cornell Chronicle 8, Nr. 16
(27. Januar 1977), S. 6 und 20, online verfügbar unter ecommons.library.cornell.edu/bit
stream/1813/24837/1/008_16.pdf, aufgerufen am 27. August 2019.
572 Siehe Anm. 575.
573 Werkliste [1959–1965], ACA Files Dika Newlin (Anm. 241). Für Introit ist keine Besetzung
angegegeben. Dass es sich dabei höchstwahrscheinlich um eine Klavierkomposition handelt,
geht aus der Tatsache hervor, dass Newlin bei den anderen Klavierkompositionen auf dieser
Liste ebenfalls keinen solchen Zusatz angegeben hat.
574 Ebd.
575 Pan Pipes 53, Nr. 2 (Januar 1961), S. 69: „Interlude for Piano (Variations on ,Study in
Twelve Tones‘)“.
152 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
Eventuell edierte Newlin dieses Klavierquartett Mahlers auf Anfrage des Radio-
senders WBAI.577 Newlins Pioniertat ist in Vergessenheit geraten; gemeinhin wird
der deutsche Komponist und Dirigent Peter Ruzicka als „Wiederentdecker“ ge-
handelt, auf dessen Veranlassung das Werk 1973 gedruckt wurde.578
Newlins Edition von Johann Baptist (auch Giovanni Battista) Toeschis Sonate
wurde bei Doblinger als Nr. 127 der Reihe „Diletto Musicale“ veröffentlicht.580
Am 21. Oktober 1960 fand über Radio Wien die Uraufführung von Newlins Ar-
rangement statt, mit Karl Stumpf an der Viola und Hilde Langfort am Cembalo.581
Festival Music komponierte Newlin für ein Radio Festival in New York City. Das
Stück basiert auf drei Variationen einer 12-Ton-Reihe und ist „akin to a miniature
sonata from in organization and mood“.582 Die Uraufführung von Festival Music
fand beim WNYC American Music Festival am 14. Februar 1963 im Donnell
Library Center in New York City durch die Komponistin statt.583 Newlin spielte
die Klavierkomposition auch im Juni und Juli 1963 während ihres Aufenthaltes in
der Künstlerkolonie Yaddo in Saratoga Springs, New York sowie an der North
Texas State University bei einem Lecture Recital ihrer eigenen Werke am 11.
November 1966 und am 19. Oktober 1967.584
Bei einem Stück mit dem Namen Festival Piece handelt es sich offensichtlich
um dieselbe Komposition, da derselbe Uraufführungsrahmen angegeben ist.585
Dieses Stück komponierte Dika Newlin 1963, als sie den Sommer erstmals in der
Künstlerkolonie Yaddo verbrachte. Laut der Komponistin stellt es die „stormy
atmosphere of a congregation of creative individuals“ dar. Newlin spielte das Kla-
vierstück bei einem Lecture Recital ihrer eigenen Werke am 11. November 1966,
wo es „displayed a pianistic sonority and emphatic, rhythmic interest leading the
musical thought throughout with clarity and definition“.586
Twelve Songs
1968
für Singstimme und Klavier
teilweise erhalten
Im Dezember 1968 schloss Newlin „a set of Twelve Songs“ ab.587 Damit sind of-
fensichtlich die folgenden zehn Lieder gemeint: I Saw in Louisiana a Live-Oak
Growing, Lied, Mein Weg geht jetzt vorüber, Psalm 150, Der du von dem Himmel
bist, Psalm 100, To Mrs. Anna Flaxman, Haus in Bonn, Traumgekrönt und The
Quidditie. Die Titel von zwei weiteren Liedern sind nicht bekannt. Die zwölf Lie-
der hat Newlin zumindest zwischen Oktober und Dezember 1968 und augen-
scheinlich jeweils samstags – an einem unterrichtsfreien Tag – komponiert, was
anhand der Datierung der erhaltenen Partituren ersichtlich ist. Die beiden unbe-
kannten bzw. die drei nicht erhaltenen Lieder müssten demzufolge am 12. und 19.
Oktober, am 2. und 30. November sowie am 21. Dezember oder am 28. September
1968 entstanden sein.
584 Pan Pipes 56, Nr. 2 (Januar 1964), S. 73; North Texas State University School of Music
Program Book 1966–1967 (Anm. 483), S. 46; North Texas State University School of Music
Program Book 1967–1968 (Anm. 522), S. 46.
585 Pan Pipes 55, Nr. 4 (1963), S. 24.
586 Palmer, „Newlin Tells Audience What Motivated Music“ (Anm. 57), S. 3. Siehe auch North
Texas State University School of Music Program Book 1966–1967 (Anm. 483), S. 46.
587 Pan Pipes 62, Nr. 2 (Januar 1970), S. 74.
588 Kimmey, S. 122; Cohen, S. 505 (o. J.).
154 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
Lied589
26. Oktober 1968
für mittlere Singstimme und Klavier
Text: Stefan George
erhalten: FSU
In Lied greift Newlin mit Stefan George auf einen Dichter zurück, der mit der
Schönberg-Schule in engem Zusammenhang steht: Die Komponistin verwendet
dafür ein Gedicht, das auch Anton Webern (Fünf Lieder aus „Der siebente Ring“
op. 3, Nr. 1, 1908/09) oder Egon Wellesz (Lieder nach Dichtungen von Stefan
George op. 22, Nr. 1, 1917) in Musik setzten; außerdem hat Schönberg Gedichte
von Stefan George vertont (z. B. 15 Gedichte aus „Das Buch der hängenden Gär-
ten“ op. 15).
Denselben Text vertonte auch Anton Webern als Nr. 4 seiner Fünf geistlichen
Lieder op. 15 (1917–22).
Psalm 150591
16. November 1968
für mittlere Singstimme und Klavier
erhalten: FSU; SUNY Potsdam; UNT
Psalm 100593
7. Dezember 1968
für mittlere Singstimme und Klavier
erhalten: FSU; SUNY Potsdam; UNT
Eine Aufführung von Psalm 100 fand am 10. September 1972 mit Susan Gardner
(Sopran), Charles Brown (Orgel) und Georgia Hall (Taos Tomtom) in der Saint
Paul Lutheran Church in Denton, Texas statt.594
Haus in Bonn596
für Singstimme und Klavier
Text: Stefan George
nicht erhalten
Haus in Bonn ist wie die andere Stefan George-Vertonung Lied im Jahr 1968 ent-
standen, wie aus einem Brief Newlins an die American Composers Alliance er-
sichtlich ist.597
Traumgekrönt
1968
für Singstimme und Klavier
nicht erhalten
The Quidditie600
1968
für mittlere Singstimme und Klavier
Text: George Herbert
nicht erhalten
The Quidditie ist 1968 entstanden, wie aus einem Brief Newlins an die American
Composers Alliance ersichtlich ist.601 Damit vertonte Newlin nach 1945 (My God,
What Is a Heart) ein zweites Gedicht von George Herbert.
[zwei Lieder]
1968
für Singstimme und Klavier
nicht erhalten
Zwei der zwölf von Newlin bis Dezember 1968 komponierten Lieder sind nament-
lich nicht bekannt. Einem der beiden dürfte ein Gedicht von Rainer Maria Rilke
zugrunde liegen (vgl. die Bemerkungen zu Traumgekrönt).
Die dreiaktige Oper Smile Right to the Bone – laut Newlin „a more contemporary
piece“ – entstand in Zusammenarbeit mit Julia Morrison.602 Es geht darin um ein
kleines Dorf nach dem Zweiten Weltkrieg.603
Mit dieser Oper beschäftigte sich Newlin erstmals bereits im Sommer 1966 mit
Morrison in Yaddo; Morrison hatte das Libretto bereits verfasst, aber Newlin hatte
noch nicht mit der Partitur begonnen.604 Im Dezember 1968 schloss Newlin den
Klavierauszug ab.605 Erst Ende der 1980er Jahre war die Oper fertig komponiert
bzw. orchestriert,606 doch trug sich Newlin mit dem Gedanken, das Werk mehr in
Richtung eines Musicals umzuarbeiten, da sie und Morrison nun anders darüber
dächten, und vergleicht es mit Stephen Sondheims Sweeney Todd:
601 Brief von Dika Newlin an Rosalie [Calabrese], 4. Dezember 1969, ACA Files Dika Newlin
(Anm. 241). Vgl. Anm. 597.
602 Dika Newlin im Interview mit Bruce Duffie (Anm. 27). Bei Edith Borroff und J. Bunker
Clark, American Operas: A Checklist, Harmonie Park Press 1992, ist eine Oper mit demsel-
ben Namen unter Morrisons Eintrag geführt (S. 215, mit dem Entstehungsjahr 1966); wird
Smile Right to the Bone als Oper Newlins auf ein Libretto von Morrison angegeben (S. 221,
o. J.). Auch McVicker, Women Opera Composers gibt kein Entstehungsjahr an (S. 147).
Cohen erwähnt die Oper nicht bei Newlin, aber bei Morrison mit Newlins Name in Klam-
mern dahinter (S. 491). Tatsächlich schrieb Morrison das Libretto.
603 Directory of Contemporary Operas & Music Theater Works & North American Premieres
1980–1989, Central Opera Service Directory/Bulletin 30, Nr. 2–4 (Sommer 1990), S. 97,
online verfügbar unter http://www.cpanda.org/pdfs/csob/3002-4.pdf, aufgerufen am 27. Au-
gust 2019.
604 Brief von Dika Newlin an Carl [Sigmon], 29. September 196[6], ACA Files Dika Newlin
(Anm. 241).
605 Pan Pipes 62, Nr. 2 (Januar 1970), S. 74.
606 Pan Pipes 81, Nr. 2 (Winter 1989), S. 36.
B. Werke 157
„I finished it and put it aside because I wanted to wait until I felt there was the exact right
moment where I can offer this to an opera house and be sure there will be a production,
and that there will be a good production. At present, both of us have some different ideas
about that work, and as I say we might rewrite it today more in terms of Broadway, more
in terms of something like Sweeney Todd [by Stephen Sondheim] – which you can take
more as a musical or more as an opera, depending on how you want to go at it.“607
Einige Zeit später erhielten Newlin und Morrison noch eine finanzielle Unterstüt-
zung durch die Virginia Commonwealth University, für „completion and prepara-
tion for production of their opera“ im Jahr 1991.608 Der Epilog wurde 1989 mit der
Sopranistin Karen Cress, dem Bariton Michael Harper und Dika Newlin aufge-
zeichnet. Für April 1990 war die Aufführung ausgewählter Szenen durch das Vir-
ginia Commonwealth University Opera Theatre geplant.609 Eine Darbietung lässt
sich für den Epilog nachweisen.610
Lhazebur611
1969
für Klavier und Glocken (ein bis zwei Spieler)
erhalten: SUNY Potsdam
Dika Newlins Lhazebur – der Titel bildet sich aus ‚Rubezahl‘ rückwärts gelesen –
basiert auf zwei Themen aus der Oper Rübezahl von Julia Morrison, die diese auf
ein Libretto nach Gustav Mahler komponiert hatte.612 Newlin führte die Komposi-
tion am 10. Januar 1970 beim Festival for Texas Composers erstmals auf.613
607 Dika Newlin im Interview mit Bruce Duffie (Anm. 27), Hervorhebung im Original.
608 Pan Pipes 82, Nr. 2 (Winter 1990), S. 36.
609 Ebd.
610 John McKay, „Newlin Work is Tuneful, Enigmatic“, Richmond Times-Dispatch, 30. April
1990, S. B-8.
611 Cohen, S. 505 (o. J.).
612 Siehe die einleitenden Worte am Beginn der Partitur oder Pan Pipes 63, Nr. 2 (Januar 1971),
S. 72. Vgl. dazu auch Newlins Artikel (mit Julia Morrison) „Mahler’s Rübezahl: An Histori-
cal Introduction‘“. Morrison dürfte ihre Oper erst 1979 publiziert haben, vgl. z. B. McVi-
cker, Women Opera Composers, S. 254 (nach Cohen); Edith Borroff und J. Bunker Clark,
American Operas: A Checklist, Harmonie Park Press 1992, S.215. Bei Cohen (S. 491) trägt
die Oper den Titel „Ruebezahl!“ (o. J.).
Zur Autorschaft des Librettos gibt es unterschiedliche Angaben: Laut Mary F. McVicker,
Women Opera Composers, S. 254, zeichnete Jean Eichelberger Ivey dafür verantwortlich;
jedoch hat Morrison das Libretto übersetzt, siehe Dika Newlin (mit Julia Morrison), „Mah-
ler’s Rübezahl: An Historical Introduction“, S. 4; vgl. auch Edith Borroff und J. Bunker
Clark, American Operas: A Checklist, Harmonie Park Press 1992, S. 215; Pan Pipes 71, Nr.
2 (Januar 1979), S. 39; Kimmey, S. 116.
613 North Texas State University School of Music Program Book 1969–1970 (Anm. 499),
S. 150; siehe auch North Texas State University School of Music Newsletter, Januar 1971,
S. 11–12.
614 Cohen, S. 505 (o. J.). Auch genannt in Heinrich, Organ and Harpsichord Music by Women
Composers, S. 171. Dass diese Komposition bei Kimmey nicht erwähnt ist, würde darauf
hindeuten, dass die Komposition erst 1973 entstanden ist.
158 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
für SolistInnen (AT), gemischten Chor (SSATTB), drei Trompeten, drei Posaunen
und optionale Orgel
erhalten: SUNY Potsdam
Die Uraufführung von This Is the Record of John fand am 26. Februar 1973 im
Rahmen des Texas Composers Festivals durch den Chor der University of Houston
unter Larry Wyatt statt.615
Genesis 4616
1969? spätestens 1973
für gemischten Chor (SATB), drei Hörner und Orgel
nicht erhalten
Genesis 4 wurde zum ersten Mal am 26. Februar 1973 beim Texas Composers
Festival aufgeführt; es sang der Chor der University of Houston unter Larry
Wyatt. 617 Newlin komponierte dieses Chorwerk möglicherweise schon einige
Jahre vor der Uraufführung, im Jahr 1969; darauf deutet einerseits, dass die eben-
falls geistliche Chorkomposition This Is the Record of John in diesem Jahr ent-
stand, und andererseits, dass gerade für die Jahre 1970–1973 (abgesehen von die-
sen beiden Chorwerken) sonst nur Multimedia-Kompositionen nachweisbar sind.
Honky-Tonk Train
1970
nicht erhalten
Honky-Tonk Train war das erste Stück, das Newlin bei ihrer ersten Multimedia-
Darbietung am 16. November 1970 an der North Texas State University vorstellte.
Auf dem Programm ist es als Komposition von Meade (Lux) Lewis angeführt.618
Für die Aufführung trug sie einen gestreiften Zugingenieurs-Overall.619
Die Uraufführung der Komposition Old Dog Tweetie (mit dem Zusatztitel „Rumi-
nations on Stephen Foster“) fand im Rahmen von Newlins Veranstaltung „Modern
American Piano Music“ am 16. November 1970 an der North Texas State Univer-
sity statt.621
Newlin spielte Fido Flew Away erstmals im Rahmen ihrer Veranstaltung „Modern
American Piano Music“ am 16. November 1970 an der North Texas State Univer-
sity.623 Mittels einer privaten Aufnahme dieser Aufführung von Fido Flew Away,
die Newlins ehemalige Studentin Donna Arnold im Rahmen eines Artikels über
die Komponistin zur Verfügung stellt,624 ist das „etc.“ als künstlich erzeugtes Vo-
gelgezwitscher identifizierbar.
Wind Quintet625
spätestens 1971
für ein Sortiment an verschiedenen Instrumenten und SpielerIn
nicht erhalten
Die Uraufführung von Wind Quintet fand am 16. März 1971 im Rahmen von „Mu-
sic of This Century“ statt. Die Instrumentation dieser Aufführung ist nicht be-
kannt.626 1974 präsentierte Newlin das Wind Quintet am Montclair State College
als „woodwind quintet“, „in a train engineer’s uniform“ und unter Verwendung
von mehreren „little toy horns“.627 Zu den Hintergründen verrät die Komponistin
Folgendes:
„[...] that woodwind quintet was a very specific put-on for a specific reason. We had had
so many wind recitals that semester, with music that sounded all the same. So I had five
toy instruments laid out on the piano and played them all, imitating the style of the various
wind composers.“628
621 North Texas State University School of Music Program Book 1970–1971 (Anm. 109), S. 67–
69. Vermutlich ist hier der amerikanische Liederkomponist Stephen Collins Foster (1826–
1864) gemeint. Auch im Werk einer anderen Schülerin Schönbergs, Harriet Payne, finden
sich einige Werke auf Themen von Stephen Foster, vgl. das Kapitel über Payne (II. Biogra-
phisch-musikalische Fallstudien).
622 Kimmey, S. 121; Cohen, S. 505 (o. J.).
623 North Texas State University School of Music Program Book 1970–1971 (Anm. 109), S. 67–
69.
624 Arnold, „Schoenberg’s Punk Rocker“.
625 Kimmey, S. 119: „For and [sic] assortment of varied instruments and player“; Kimmey
ordnet das Wind Quintet unter Kammermusik ein.
626 „Performers to be announced“, siehe North Texas State University School of Music Program
Book 1970–1971 (Anm. 109), S. 221–223; siehe auch The North Texas Daily (Denton, Tex-
as) 54, Nr. 86, Ed. 1 (16. März 1971), online verfügbar unter http://texashistory.unt.edu/
ark:/67531/metapth326548/, aufgerufen am 15. September 2019.
627 Cunningham, „Dr. Newlin: Lends Music Style, Invention“ (Anm. 7), S. 12.
628 Barton, „Dika Newlin – Artist in Transition“ (Anm. 10), S. 4.
160 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
Das Stück besteht aus drei Sätzen – I. Allegro con brio, II. Adagio molto, III. Ron-
do: Presto assai – und „[features] three famous classical pieces“.629
Mit ihrer Komposition Serious Music Department dürfte sich Newlin – wie der
Titel der Komposition erahnen lässt – über die „ernste“ Situation an ihrer Fakultät
lustig machen. Die Uraufführung fand am 16. März 1971 im Rahmen von Newlins
Veranstaltung „Music of This Century“ statt.631 Laut Kimmey handelt es sich
dabei um eine Komposition für Klavier.
Newlin führte The Dr. Dika & Newlin School of Music am 16. März 1971 in ihrer
Veranstaltung „Music of This Century“ erstmals auf. Für die Realisation des Ton-
bandes zeichnete Julia Morrison verantwortlich.633 Eine weitere Darbietung lässt
sich für den 18. September 1973 am Montclair State College nachweisen.634
Variations on a Groundhog635
1971
nicht erhalten
629 Cunningham, „Dr. Newlin: Lends Music Style, Invention“ (Anm. 7), S. 12.
630 Kimmey, S. 121: für Klavier.
631 The North Texas Daily (Denton, Texas) 54, Nr. 86, Ed. 1 (16. März 1971), online verfügbar
unter http://texashistory.unt.edu/ark:/67531/metapth326548/, aufgerufen am 12. Mai 2018;
North Texas State University School of Music Program Book 1970–1971 (siehe Anm. 109),
S. 221–223. Bei dieser Veranstaltung spielte Newlin auch eine Komposition von Anton We-
bern.
632 Kimmey, S. 121.
633 North Texas State University School of Music Program Book 1970–1971 (siehe Anm. 109),
S. 221–223. Julia Morrison realisierte das Tonband in den Laboratorien der T. S. Richtig
Foundation.
634 Pan Pipes 66, Nr. 2 (Januar 1974), S. 65.
635 Kimmey, S. 121: für Klavier.
636 The North Texas Daily (Denton, Texas) 54, Nr. 86, Ed. 1 (16. März 1971), online verfügbar
unter http://texashistory.unt.edu/ark:/67531/metapth326548/, aufgerufen am 12. Mai 2018;
North Texas State University School of Music Program Book 1970–1971 (Anm. 109), S.
221–223.
B. Werke 161
Serial Music637
1972
für „Rice Krispies and reader“638
nicht erhalten
Newlin führte Serial Music am 22. März 1972 erstmals bei ihrer Konzertveranstal-
tung „Music of this Century“ auf.639 Ihre ehemalige Studentin Donna Arnold über-
liefert eine Beschreibung des Stückes, in der sie auch berichtet, das Publikum
erwartete aufgrund des Titels – ein Wortspiel: „serial“ vs. „cereal“ – eine Zwölf-
ton-Komposition:
„Perhaps the most memorable one [multimedia-piece of Dika Newlin] was called Serial
Music. Of course, when they saw that title on the program, audience members were ex-
pecting a twelve-tone work. Instead Dika entered the stage carrying a box of Rice Krispies
and sat down at a small table. She proceeded to pour the cereal into a bowl, pour milk on
it, and eat it with a spoon in front of a microphone. The snap, crackle, and pop, combined
with her chewing, provided the sonic experience.“640
Tape Music644
1973
[für Personen, Zellophan und Klebeband]
nicht erhalten
Newlin führte Tape Music erstmals am 20. Februar 1973 an der North Texas State
University auf.645 Donna Arnold erzählt, wie Newlins Stück ablief und dass es eine
„biting satire“ auf die Situation der zeitgenössischen Musik Anfang der 1970er
Jahre war, welche an Musik für Tonband nicht vorbeikam:
„Dika’s work entitled Tape Music [...] involved her standing and tearing off pieces of cel-
lophane tape in front of a microphone, during which we co-presenters, showing our
mounting disgust, eventually stopped her by wrapping her with duct tape till she could no
longer move her hands or arms. We [die Sure Why Not Group] then led her off-stage.“646
Bei Long Time No See handelt es sich um ein 11-Ton-Werk, wie auch die akus-
tisch gleichlautende Variante des Titels – „Long Time No C“ – verrät.648 Die Ur-
aufführung fand am 20. Februar 1973 an der North Texas State University durch
die Komponistin statt.649
Rosepetal Rhapsody650
1973
für SprecherIn, vorbereitetes Tonband und Publikum
nicht erhalten
Newlin führte Rosepetal Rhapsody am 20. Februar 1973 an der North Texas State
University (NTSU) erstmals auf.651 Dabei gehörte es zur Performance, dass ein
paar von Newlins Studierenden durchs Auditorium tanzten und dadurch Störungen
verursachten.652 Eine weitere Darbietung fand am 18. September 1973 am Mont-
clair State College statt.653
Purr654
1973
für Katzen, Dias und Tonband
nicht erhalten
Newlin führte Purr – während seiner Entstehung als Musique concrete, PURR
bezeichnet655 – am 20. Februar 1973 an der North Texas State University erstmals
auf. Darauf sind die schnurrenden Katzen Rus N. Morrison, Scamper Bevil, Car-
men Latham und andere zu hören; die Dias stammen von Jack M. Bevil.656 Weite-
re Aufführungen fanden am 31. Juli und 1. August 1973 bei den Kinetic Theatre
Programs des Oregon College of Education in Monmouth, Oregon statt.657
Wie verschiedentlich überliefert ist, liebte Newlin Katzen und besaß selbst
mehrere.658 Purr ist nicht ihr einziges Werk, welches sich mit Katzen auseinander-
setzt. 1978 arbeitet sie an einer Reihe von Artikeln über unübliche Aspekte von
Katzen – zumindest ein Artikel davon sollte 1980 veröffentlicht werden: „Poldy’s
Pussens“ (über Mr. Blooms Katze in Odysseus von James Joyce).659 Darüber hin-
aus gibt es noch Newlins Song Murder Kitty, in dem sie das Gioacchino Rossini
zugeschriebene „Katzenduett“ interpretiert. Darüber hinaus spielen (Assoziationen
mit) Katzen wahrscheinlich auch in Newlins Komposition Whisp/kers eine Rolle
(Annahme aufgrund des Titels).
Big Swamp660
spätestens 1973
für Stimme und Tonband
nicht erhalten
Big Swamp, aus „computer-generated swamp sounds and visuals“,661 wurde am 20.
Februar 1973 an der North Texas State University durch die Komponistin erstmals
dargeboten. Eine weitere Aufführung fand am 18. September (1973) am Montclair
State College statt.662 Für die Kompositionen Big Swamp, Friday Night Rumble
und Groove’s Dictionary verwendete Newlin das Groove-(Computer-)
System der Bell-Laboratoires in Murray Hill, New Jersey,663 welches Max Ma-
thews und Richard Moore entwickelt hatten.
Friday Night Rumble führte Newlin erstmals am 20. Februar 1973 an der North
Texas State University auf.665 Sie komponierte das Stück mit dem Computer-
programm Groove.666
656 Ebd. Aufgrund der hier erwähnten Namen dürfte es sich um Katzen von Julia Morrison,
Jack M. Bevil sowie [William Peters?] Latham handeln. (Jack Marshall Bevil war Newlins
Student, vgl. Anm. 87, und William Peters Latham ihr Kollege an der NTSU.)
657 Pan Pipes 66, Nr. 2 (Januar 1974), S. 65. Das Tonband wurde in den Bell Laboratories mit
dem Groove System hergestellt.
658 Vgl. z. B. „Dika Newlin, a Fan of Piano and Punk“ (Anm. 215). Einem Artikel über Newlin
im Richmond Times-Dispatch hatte sie „guitar-playing cats“. Vgl. Pan Pipes 97 (2004),
S. 40, online verfügbar unter https://books.google.at/books?id=KYw JAQAAMAAJ, aufge-
rufen am 15. September 2019.
659 Pan Pipes 73, Nr. 2 (Winter 1981), S. 37.
660 Kimmey, S. 120: 1973, „multi-media“; Cohen, S. 505: 1972, „electronic“.
661 E-Mail von Donna Arnold an Elisabeth Kappel, 30. August 2018.
662 Pan Pipes 66, Nr. 2 (Januar 1974), S. 65. Das Tonband wurde in den Bell Laboratories mit
dem Groove System hergestellt.
663 Pan Pipes 65, Nr. 2 (Januar 1973), S. 65.
664 Kimmey, S. 120: 1973, „multi-media“.
164 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
Groove’s Dictionary
spätestens 1973
nicht erhalten
Der Titel des Stückes Groove’s Dictionary ist eine Wortkombination aus den Ti-
teln des Musiklexikons Grove’s Dictionary of Music and Musicians sowie des
Computersystems Groove, mit welchem Newlin die Komposition herstellte667 .
Eine Aufführung lässt sich nicht nachweisen.
Ceremonial Music
1973
für Klavier und Elektronik
nicht erhalten
Newlin führte Ceremonial Music anlässlich eines Konzertes zu Ehren der Inaugu-
ration von Dr. David D. W. Dickson als Präsident des Montclair State College am
21. Oktober 1973 erstmals auf.668
Atone669
1976
für Klavier, beliebige Instrumente und Stimmen
erhalten
Atone, von der Minimal Music inspiriert,670 erkundet die klangfarblichen Möglich-
keiten eines einzelnen Tones. Newlin spricht im Zusammenhang damit über
Schönbergs Vorstellung einer „Klangfarbenmelodie“.671 Die Spielanweisung für
dieses „one-tone piece“ ist in Newlins Buch Schoenberg Remembered überliefert:
A single tone (or tone with its octave doubling) is to be played in a low register of the pi-
ano, repeatedly, slowly, at a medium-loud dynamic level, for as long as the performer
wishes. Dynamics should be as „steady-state“ as possible.
To this may be added:
1) Voices, each singing the chosen tone steadily in his/her most convenient register. If
voices are used, the pianist should choose a tone that most easily accommodates all the
singers in the group. In the course of the piece, there may be slight pitch deviations by the
singers. These need not be corrected, but can form a halo effect around the original tone.
2) Instruments, such as guitar, oboe, clarinet, trombone, or whatever other instruments are
played by members of the group. Instrumentalists should play the chosen tone in a manner
665 Pan Pipes 66, Nr. 2 (Januar 1974), S. 65. Das Tonband wurde in den Bell Laboratories mit
dem Groove System hergestellt.
666 Pan Pipes 65, Nr. 2 (Januar 1973), S. 65, bzw. vgl. die Anmerkungen zu Big Swamp.
667 Ebd.
668 „Wilt Date Set / Inauguration Concert“, The Montclarion 47, Nr. 42 (11. Oktober 1973),
S. 9, online verfügbar unter http://cdm15986.contentdm.oclc.org/cdm/ref/collection/mont
clarion/id/7598, aufgerufen am 3. Februar 2014, und „Public Inauguration Concert Features
Original Works“, The Montclarion 47, Nr. 43 (18. Oktober 1973), S. 10, online verfügbar
unter http://cdm15986.contentdm.oclc.org/cdm/ref/collection/montclarion/id/7758, aufgeru-
fen am 3. Februar 2014.
669 Cohen, S. 505: 1977.
670 Vgl. Newlin, Schoenberg Remembered, S. 344–345.
671 Vgl. ebd., S. 346.
B. Werke 165
compatible with the total sound of the piece. Any semblance of flashy individual virtuosity
should be avoided.
One need not reject any reminiscences of „classical“ compositions that might come to
mind while playing the piece. („A“, the beginning of Mahler’s First Symphony; „Eb“, Das
Rheingold; „B“, the murder scene in Wozzeck.) These evocations might or might not affect
one’s spiritual attitudes while playing the piece.672
Die Idee für das Stück entstand, als Newlin ihren rechten Arm gebrochen hatte,
damit sie auch als „temporarily crippled pianist“ mit ihren FreundInnen etwas
erfolgreich aufführen konnte.673
Die Dauer von Atone ist beliebig; Newlin erwähnt 1980 eine 45-minütige
Aufführung und träumt von einer „weekend-long performance with relays of per-
formers and constant flux of audience members (who may or may not be participa-
tors)“.674 Die Uraufführung von Atone fand im Dezember 1976 durch die Gruppe
Sounds Out of Silent Spaces unter Mitwirkung der Komponistin statt.675
Whisp/kers
1976
für Instrumente und Stimmen
nicht erhalten
Whisp/kers wurde im Dezember 1976 durch die Gruppe Sounds Out of Silent
Spaces mit Dika Newlin erstmals aufgeführt.676 Dabei handelt es sich vermutlich
wie bei Atone um ein improvisatorisches Stück. Der Titel der Komposition – of-
fenbar ein Wortspiel aus „whispers“ und „whiskers“ – könnte darauf hinweisen,
dass bei der Darbietung Flüstern und Katzen eine Rolle spielen.
Machine Shop677
spätestens 1978
erhalten
Machine Shop komponierte Dika Newlin als Improvisation für das Kollektiv Ga-
melan Son of Lion, in der sie auch selbst mitspielte.678 Laut LP-Begleitheft wurde
sie dazu durch die Klänge einer Druckerei angeregt.679 Die Uraufführung fand im
Mai 1978 durch Gamelan Son of Lion unter der Leitung der Komponistin für die
Experimental Intermedia Foundation in New York City statt.680 1979 nahm dassel-
be Ensemble Machine Shop für die Platte Gamelan in the New World (Folkways
Records FTS 31313) auf. Die Aufführungsanweisung ist im Begleitheft zur
Schallplatte abgedruckt:
Players should be seated so that they have minimal contact with one another. Players
move your instrument away from others, sit with your back to the group – as performance
space permits.
You may play either a gamelan instrument or some other metallic instrument (a „cricket“,
for example).
Select a tone. When you are ready, start repeating it at a machine-like, regular pace. Set
your own „work tempo“ without reference to others in the group. Feel like a worker in a
machine shop concentrating only on the regular rhythm of your own machine. Tone quali-
ty is not important; a „clunky“ sound is permitted, even encouraged.
The beginning tempo will probably be rather slow. After it has gone on for a time, gradu-
ally begin to speed up your pace. A frantic, rushed feeling should set in, as you start to get
a sense of „working against the clock“ to finish your task.
When you hear a mighty stroke of the large gong ... drop everything and run from the per-
formance space. It’s QUITTING TIME! 681
Sue Carole De Vale beschreibt Machine Shop „as a clever rhythmic happening
using muted metallic instruments of indeterminate pitch“, wobei sie kritisiert, dass
die Komposition gar kein Gamelan benötigt bzw. nicht die „unique characteristics“
von Gamelan erkundet.682 Leta E. Miller und Fredric Lieberman zufolge ist dieses
Stück „one of the more frequently performed works in the American gamelan
repertory“.683
Second-Hand Rows
spätestens 1978
für Stimme (Violine?) und Klavier
nicht erhalten
Second-Hand Rows dürfte eine Komposition für Stimme und Klavier sein.684 Es
könnte sich dabei aber auch um ein Werk für Violine und Klavier handeln.685
Ludw
1978?
nicht erhalten
Anfang des Jahres 1978 arbeitete Newlin an eine Komposition mit dem Titel
Ludw, wobei es sich um eine Collage der Eröffnungsthemen von Beethovens Kla-
viersonaten handelt.686
Life Games
1979?
nicht erhalten
Life Games ist eine fortlaufende Serie von kurzen „environmental works“, die die
Stadt Richmond einbeziehen, und gehörte zu Newlins kompositorischen Projekten
im Jahr 1979.687
Die Five Nativity Songs komponierte Newlin für die Advent-Produktion Imma-
nuel, God (Is) With Us! (1968–1980) von Raymond Mabry.689 Aufgrund der Be-
setzung würde eine Einordnung der Komposition in das Jahr 1969 naheliegen, da
Newlin in diesem Jahr weitere Werke für Stimme, Orgel und Instrumente kompo-
nierte (This Is the Record of John sowie eventuell Genesis 4). Die Uraufführung
fand am 13. Dezember 1982 in der Central Presbyterian Church in Atlanta, Geor-
gia statt.690 Während der Adventzeit 1983 wurde die Komposition – hier als Five
Nativity Scenes – mehrfach in Kirchen im Bundesstaat Virginia dargeboten.691
Newlin spielte ihre Komposition Richmond Town (An Elegant Rag) im Herbst
1983 an der University of Nebraska Omaha.692
Ragtime Lullaby
spätestens 1983
nicht erhalten
687 Vgl. Pan Pipes 71, Nr. 2 (Januar 1979), S. 40; Pan Pipes 72, Nr. 2 (Winter 1980), S. 36.
688 Cohen, S. 505 (o. J.). Siehe auch Who’s Who in American Music: Classical, S. 316, und
Heinrich, Organ and Harpsichord Music by Women Composers: An Annotated Catalog,
Greenwood Press 1991, S. 159.
689 Eventuell komponierte sie die Lieder gemeinsam mit Mabry, siehe „Mabry, Raymond
Edward“, International Who’s Who in Music and Musicians’ Directory, Melrose Press 1992,
S. 710, online verfügbar unter https://books.google.at/books?id=VXMmAQAAIAAJ, aufge-
rufen am 18. August 2018. Diesem Eintrag zufolge entstanden die Five Nativity Songs in
den Jahren 1981–1984.
690 Pan Pipes 72, Nr. 2 (Winter 1982), S. 38. Weitere Informationen zur Produktion bzw. zu
Komponist Raymond Mabry sind nicht eruierbar. Mit Mabry bereitete Newlin zu dieser Zeit
auch zwei Alben mit Popsongs vor, vgl. dazu weiter unten.
691 Pan Pipes 76, Nr. 2 (Winter 1984), S. 38. Hier ist die Rede von einer „newly revised ver-
sion“.
692 Ebd.
168 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
Ragtime Lullaby basiert auf Themen von César Franck (1822–1890). Die Kompo-
sition wurde erstmals am 10. Oktober 1983 auf einer Gedenkveranstaltung für
Scott Joplin (1867–1917) an der University of Nebraska Omaha aufgeführt.693
A Tango for Johannes komponierte Newlin für den Pianisten Yvar Mikhashoff
(1941–1993), der zwischen 1983 und 1991 mehr als 120 Tangos für Klavier solo
bei ebensovielen KomponistInnen in Auftrag gab. Der Titel von Newlins Tango
bezieht sich auf Johannes Brahms, da Newlin bei ihrer Komposition auf dessen
Lied Wie Melodien zieht es mir Bezug nimmt.694 Mikhashoff spielte Newlins Tan-
go (und 87 weitere Tangos) am 13. April 1986 beim International Tango Marathon
in Buffalo, NY sowie auf seiner Welttournee in vielen amerikanischen und europä-
ischen Städten.695 Die Uraufführung durch Mikhashoff dürfte im Herbst 1985 in
Stockholm stattgefunden haben; offensichtlich war auch eine Aufnahme ge-
plant.696 Eine Darbietung durch Newlin mit Kastagnetten und TänzerIn lässt sich
bereits für den 1. April 1985 an der Virginia Commonwealth University bele-
gen.697
Die Jazz Sonata Nr. 1 komponierte Newlin für ihre in der Adventzeit 1985 ange-
setzte Premiere.698
Bei Cursillo for Christmas handelt es sich um einen Liederzyklus, der in der Ad-
ventzeit 1985 uraufgeführt werden sollte.699 Einen Teil daraus, „Pastorale“, berei-
tete Newlin auch für Oboe und Streichorchester vor.700
693 Ebd.
694 Pan Pipes 78, Nr. 2 (Winter 1986), S. 33.
695 Siehe Homepage des Hallwalls Contemporary Arts Center, http://www.hallwalls.org/music/
1281.html, aufgerufen am 18. September 2019; Pan Pipes 79, Nr. 2 (Winter 1987), S. 35.
696 Vgl. Brief von Dika Newlin an Yvar Mikhashoff, 28. November 1985, State University of
New York at Buffalo, Music Library, Yvar Mikhashoff Collection of Tangos, 1983–1991,
Mus. Arc. 10.1, Box 4, Folder 204.
697 Pan Pipes 78, Nr. 2 (Winter 1986), S. 33.
698 Pan Pipes 77, Nr. 2 (Winter 1985), S. 38.
699 Ebd.
700 Ebd.
B. Werke 169
Die erste Aufführung von I Will yet Reflect war für die Adventzeit 1985 geplant.701
Möglicherweise handelt es sich bei Fanfare and Chorale um eine von Newlins
letzten ,klassischen‘ Kompositionen. Dieses Werk komponierte sie eventuell für
die Einweihung des Westflügels des Virginia Museum of Fine Arts, Richmond.702
Die Uraufführung von Fanfare and Chorale fand am 6. November 1986 bei einem
Konzert der American Music Week an der Virginia Commonwealth University
durch Mitglieder des Richmond Symphony Orchestra statt.703
Newlins Liederzyklus Woman’s Life and Love auf eigene Texte scheint eine An-
spielung auf Robert Schumanns Frauenliebe und Leben op. 42 zu sein, wobei
Newlin die Priorität umkehrt: Erst soll die Frau ihr eigenes Leben haben, dann die
Liebe. Es könnte sich bei dem Liederzyklus auch um Popularmusik handeln. Die
Uraufführung von Woman’s Life and Love fand im März 1991 an der Virginia
Commonwealth University statt.704 Vielleicht überarbeitete Newlin diesen Lieder-
zyklus schon kurz nach seiner Entstehung, denn für März 1992 lassen sich Darbie-
tungen wahrscheinlich derselben Komposition unter dem Titel Woman’s Life and
Love 1992 in Richmond belegen.705
701 Ebd.
702 Siehe Pan Pipes 78, Nr. 2 (Winter 1986), S. 34: „Newlin is [...] working on a brass ensem-
ble fanfare honoring the opening of the West Wing of the Virginia Museum of Fine Arts,
Richmond“.
703 Pan Pipes 79, Nr. 2 (Winter 1987), S. 35; Richmond Times-Dispatch, 25. Oktober 1986,
S. A-26 und Richmond Times-Dispatch, 7. November 1986, S. 41.
704 Pan Pipes 84, Nr. 2 (Winter 1992), S. 37.
705 Pan Pipes 85, Nr. 2 (Winter 1993), S. 36.
170 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
Bei To Take Place, A Sunset Celebration handelt es sich um eine „spoken impro-
vised documentary“, die Newlin bei einem Richmonder Multimedia-Festival des-
selben Namens am 19. September 1992 kreiert und aufgeführt hat.706
11.3. Songs
Etwa ab den 1980er Jahren komponierte Newlin fast nur noch Lieder im Popular-
musikbereich, z. B. in Zusammenhang mit ihrer Band Apocowlypso (1986–1988)
oder den Filmen, bei welchen sie auch als Darstellerin mitwirkte. Nachfolgend
finden sich Informationen über die namentlich bekannten Lieder Dika Newlins im
Popularmusik-Genre (siehe auch Tabelle 23 bzw. vgl. Tabelle 10).
Newlin komponierte ihre Popsongs mit „different harmonies and more chords
[than just tonic, dominant, and subdominant]“ sowie „metric variety“ und stieß
damit etwa bei ihrer Band Apocowlypso auf positives Erstaunen.710 Zusätzlich
zeigen die Texte ihrer „eclectic pop songs“ „her own socially and politically con-
scious lyrics and a fusion of rock, punk, jazz, and classical elements“, wie Sabine
Feisst schreibt.711 Diese „unique political perspective“ in ihren Liedtexten findet
Jason Akeney „far more provocative than the average twentysomething glue-
sniffer might possibly muster“.712
Anfang des Jahres 1982 waren zwei Alben mit Popsongs von Ray[mond]
Mabry und Dika Newlin in Vorbereitung. 713 Im Winter 1983/84 komponierte
Newlin etwa 30 Songs auf Texte von Julia Morrison;714 vier (davon?) sind insge-
706 Ebd.
707 Cohen gibt als Verlag „Theodore Pressor [sic]“ an (S. 505); Goodes Komposition wurde bei
Theodore Presser Co. veröffentlicht, siehe Begleittext der LP (Anm. 679), S. 4.
708 Pan Pipes 48, Nr. 2 (Januar 1956), S. 63–64.
709 Baker’s Biographical Dictionary of Musicians, 5. Auflage, hg. von Nicolas Slonimsky, New
York 1958, S. 1156. Möglicherweise ist hier doch nicht die Fantasy on a Row (1957) ge-
meint, denn zu Redaktionsschluss war diese eventuell noch gar nicht komponiert bzw. be-
kannt.
710 Dika Newlin im Interview mit Bruce Duffie (Anm. 27). Vgl. die vollständige zitierte Stelle
im Abschnitt 3.
711 Feisst, „Dika Newlin (1923–2006): A Remembrance“.
712 Siehe Jason Akeney, „Artist Biography“ in der Datenbank AllMusic, https://www.allmusic.
com/artist/dika-newlin-mn0000215510/biography, aufgerufen am 9. September 2019.
713 Pan Pipes 74, Nr. 2 (Winter 1982), S. 38. Mit Raymond Mabry stehen auch Newlins Five
Natitvity Songs in Zusammenhang, die sie für Mabrys Advent-Produktion Immanuel, God
With Us! komponierte, vgl. dazu weiter oben.
714 Pan Pipes 76, Nr. 2 (Winter 1984), S. 38.
B. Werke 171
samt namentlich bekannt: Fishin’ and Drinkin’, Nothing to Hide, One-Way Gen-
ders und Sadie B. Goode. Mit ihren vier Songs Why Don’t You Want to Be My
Santa Claus?, I’ve Got to Love You, Easter Morning Blues und Another Year to
Love gewann Newlin jeweils einen Preis beim 1984 Music City Song Festival
Contest in Nashville.715 Auch beim 1985 Music City Song Festival in Nashville im
Frühjahr 1986 erhielt sie eine Auszeichnung (für What Love Is All About).716
Unter Newlins Songs befinden sich auch „pop adaptations“ von Gustav Mahlers
Die zwei blauen Augen von meinem Schatz (mit dem Titel Blue-Eyed Love) und
von Franz Schuberts Der Leiermann (bei ihr genannt Organ Grinder Blues) sowie
Adaptionen von Schönbergs Cabaret-Songs Seit ich so viele Weiber sah (als The
Bum-Bum Song) und Der genügsame Liebhaber (The Black Pussycat).717 Für 1986
plante sie, ein Album mit ihren Songs aufzunehmen.718
Zwischen 1986 und 1988 trat Newlin hauptsächlich mit der neu organisieren
Band Apocowlypso auf (vgl. Abschnitt 6.4). In The Elderly (mit Apocowlypso)
spielt sie auf ihr eigenes Alter an (zur Zeit der Komposition ca. 64 Jahre) und
„points out the stereotypes that we are guilty of imposing upon the elderly, i. e.
that they are all slow, dull-witted, or deaf“.719 In ihrer Zeit mit Apocowlypso ver-
fasste Newlin auch persönliche, autobiographische Lieder, etwa eine Sammlung
von „Love songs for people who hate each other“, darunter Love You No Matter
What You Do und Falling Apart Together.720
In den späten 1980er Jahren schrieb Newlin ihre Songs für spezielle Anlässe,
wie The Ballad of Nicholas Newlin über ihren irischen Vorfahren für den St. Pat-
rick’s Day 1987.721 Sie komponierte in dieser Zeit auch Lieder nach Gedichten von
Tom Moore und ihren Walzer-Song What Love Is All About, den sie erfolgreich in
Nashville beim Music City Song Festival Wettbewerb einreichte. Über letzteren
Song sagt Newlin, dass dieser „is going very far harmonically from what we usu-
ally think of as a popular song. I like to characterize this particular one as ,Max
Reger Meets Richard Ro[d]gers‘“.722
Beim Liederzyklus Woman’s Life and Love (1992) könnte es sich ebenfalls um
Popularmusik handeln.
Alien Baby ist das Titellied des Films Afterbirth (1997), bei dem Newlin unter
anderem als Schauspielerin mitwirkte (vgl. Abschnitt 6.5). Für den Beginn des
Songs verwendete sie denselben Text wie Schönberg für den 4. Satz seines zwei-
ten Streichquartetts in fis-Moll op. 10 (1907/08): Stefan Georges „Ich fühle Luft
von anderen Planeten“ (in der englischen Übersetzung „I feel the air of other pla-
nets“).
715 Pan Pipes 78, Nr. 2 (Winter 1986), S. 33; VCU Magazine 14, Nr. 2 (Herbst 1985), S. 21,
online verfügbar unter https://archive.org/details/vcumag142fall1985virg, aufgerufen am 24.
Mai 2018.
716 Pan Pipes 79, Nr. 2 (Winter 1987), S. 35. Hier als „What Is Love All About“.
717 Pan Pipes 78, Nr. 2 (Winter 1986), S. 34; Pan Pipes 81, Nr. 2 (Winter 1989), S. 36. Bei der
Nennung von Mahlers bzw. Schönbergs Lied „swei“ und „meinam“ bzw. „genugsame Lieb-
haben“.
718 Pan Pipes 78, Nr. 2 (Winter 1986), S. 34; Pan Pipes 79, Nr. 2 (Winter 1987), S. 35.
719 Woodell, „Apocowlypso: Ruminant Rock“ (Anm. 131), S. 12. Der Song The Elderly war
einmal online verfügbar unter http://www.youtube.com/watch?v=Sp9TDpOQhiY.
720 Woodell, „Apocowlypso: Ruminant Rock“ (Anm. 131), S. 12.
721 Dika Newlin im Interview mit Bruce Duffie (Anm. 27).
722 Ebd.
172 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
„My name is Dr. Dika Newlin. But, a funny thing happens every morning: My faculty col-
leagues and I walk into the music office. The secretary says: ,Oh, good morning, Dr.
Smith, good morning, Dr. Jones, good morning, Dr. Brownʻ and then: ,Hello there, Miss
Newlin, how are you doing, are you okay?ʻ And the funniest thing of all is: not one of
those ,doctors‘ even has that degree. [...] But, there’s another name that’s all my own. It’s
how I like to be known. It’s so: Don’t call me Miss, don’t call me Miss, don’t call me
Ma’am, don’t call me Honey, don’t call me Sweety – call me Dika [...] I’m a one-name-
person“.724
Columbine weckt als Figur aus der Commedia dell’Arte Assoziationen an (Schön-
bergs) Pierrot. Der Songtitel Triskaidekaphobia verweist ebenfalls auf Schönberg,
denn das englische Wort triskaidekaphobia (bzw. deutsch Triskaidekaphobie) ist
die Angst vor der Zahl 13, unter der dieser bekanntlich litt.
Murder City ist ein Klagegesang-ähnlicher Song über die Stadt Richmond. Ein
kurzer Ausschnitt ist über die Homepage des Radiosenders NPR zu hören.725
Newlin komponierte ihn zu seiner Zeit, als Richmond noch die „murder capital“
der Vereinigten Staaten von Amerika war.726 1991 bereiteten Newlin und Brooke
Saunders, ihr ehemaliger Kollege bei der Band Apocowlypso, ein Video des Songs
für den Musiksender MTV vor.727 Der Titel der Dokumentation Dika: Murder City
(1994) bezieht sich auf dieses Lied.
Murder Kitty – der Titel ist eine Anspielung auf ihren früheren Song Murder
City – besteht nur aus Miauen und ist Newlins Interpretation des Gioachino Rossi-
ni zugeschriebenen „Katzenduetts“. Der Song ist als Hintergrund eines Interviews
infolge Newlins Ablebens zu hören.728 Wahrscheinlich ist der Song 1994 entstan-
den, als sie einen kurzen animierten Cartoon mit diesem Titel plante.729
Der Punkrock-Song Rockingham730 hängt vermutlich mit Newlins und Michael
D. Moores Drehbuch Rockingham (1995–1996) zusammen. Im Januar 1997 gab es
eine eigene Vorstellung „Rockingham: Music from the Film“.731 Ähnliches betrifft
wohl das Lied Five Dark Souls, wobei es sich um den Titelsong zum Horrorfilm
Five Dark Souls (1996) handeln dürfte, für den Newlin laut Elizabeth Keathley ein
Vier-Ton-Motiv aus Schönbergs zweiter Kammersymphonie op. 38 (1906–1939)
732 Elizabeth Keathley, „Those others are so boring: My Recollection of Dika Newlin“ [2006],
New Music Box. The Web Magazine from the American Music Center, online verfügbar un-
ter https://nmbx.newmusicusa.org/dika-newlin-19232006-a-remembrance/, aufgerufen am
30. Januar 2018.
733 Siehe das Exemplar von Newlins Drehbuch Rockingham in der Bibliothek des ASC (Notiz
im Original in Blockbuchstaben).
734 Siehe bzw. Pan Pipes 95, Nr. 2 (Winter 2003), S. 41: „Newlin’s ,Two Dark Towers‘ [im
Original fett gedruckt] CD (composed and performed by Newlin and Michael D. Moore as
Two Dark Souls)“. Vgl. auch Pan Pipes 93, Nr. 2 (Winter 2001), S. 38. Mit „Two Dark
Souls“ dürften Newlin und Moore gemeint sein.
735 Vgl. einen dem Drehbuch Rockingham beigelegten Zettel im ASC: „CD – ,Co-Conspirator
I[‘] – 2 Dark Souls live! [sic?] This improvisation is being performed at the Southgate Thea-
tre, Richmond Va., by Newlin and her ,co-conspirator‘ Michael D. Moore. It is based on the
title song composed by them for the independent film ,5 Dark Souls.‘“
736 Byron, Schoenberg as Performer, Appendix 4, S. 333.
737 Vgl. Pan Pipes 93, Nr. 2 (Winter 2001), S. 38 und Pan Pipes 97 (2004), S. 40, online ver-
fügbar unter https://books.google.at/books?id=KYwJAQAAMAAJ, aufgerufen am 13. Au-
gust 2018.
174 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
Sweet Grace spätestens 1983; nach einem Text von St. John of
the Cross
Take My Hand spätestens 1985
The Ballad of Nicholas Newlin spätestens 1987
The Black Pussycat spätestens 1988; Adaption von Schönbergs Caba-
ret-Song Der genügsame Liebhaber
The Bum-Bum Song spätestens 1985; Adaption von Schönbergs Caba-
ret-Song Seit ich so viele Weiber sah
The Computer’s First Christmas Card spätestens 1985/86
The Elderly spätestens 1987; auch in Bandversion (Apocow-
lypso); live auf der DVD Ageless Icon (2004?)
Three Love Songs (For People Who um 1987; dazu zählen Love You No Matter What
Hate Each Other) You Do und Falling Apart Together
Triska[i]dekaphobia spätestens 2004; live auf der DVD Ageless Icon
(2004?)
Two Dark Towers spätestens 2002; gleichnamige CD (2002); live auf
der DVD Ageless Icon (2004?)
Weekday Women spätestens 1985
What Love Is All About spätestens 1985; Preis beim 1985 Music City Song
Festival in Nashville; auch mit Apocowlypso
White Whale Blues spätestens 1988; mit Apocowlypso
Why Don’t You Want to Be My Santa spätestens 1982; Preis beim 1984 Music City Song
Claus? Festival Contest in Nashville
You Gave Me Love spätestens 1985
176 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
Anhang
Publikationen
Nachfolgend findet sich eine systematisch-chronologische Aufstellung von Dika
Newlins Publikationen. Nicht gelistet sind ihre zahlreiche Vorträge auf musik-
wissenschaftlichen Konferenzen, sofern sie nicht im Anschluss publiziert wurden,
und einige Lexikonartikel.738 Nur zu einem Teil enthalten sind Newlins zahlreiche
Reviews sowie die vielen Beiträge, die sie in ihrer jahrzehntelangen Tätigkeit für
die Zeitschrift Pan Pipes verfasste.739
Monographien
Bruckner, Mahler, Schoenberg, New York: King’s Crown Press, 1947, revidierte und erweiterte
Auflage New York: W. W. Norton 1978, deutsche Übersetzung von C. Nemeth und H. Selzer,
Wien: Bergland 1954.
Schoenberg Remembered. Diaries and Recollections, 1938–1976, New York: Pendragon 1980.
Übersetzungen
René Leibowitz, Schoenberg and His School: The Contemporary Stage of the Language of Mu-
sic, aus dem Französischen übersetzt von Dika Newlin, New York: Philosophical Library
1949, Reprint New York: Da Capo Press 1970, Reprint New York: Da Capo Press 1975.
Arnold Schoenberg, Style and Idea, New York: Philosophical Library 1950.
Josef Rufer, The Works of Arnold Schoenberg: A Catalogue of His Compositions, Writings and
Paintings, übersetzt von Dika Newlin, London: Faber and Faber 1962, New York: Free Press
of Glencoe 1963.
Eric Werner, Mendelssohn: A New Image of the Composer and His Age, aus dem Deutschen
übersetzt von Dika Newlin, New York u. a. 1963.
Natalie Bauer-Lechner, Recollections of Gustav Mahler, übersetzt von Dika Newlin, hg. und
annotiert von Peter Franklin, London: Faber Music 1980.
Notenedition
Toeschi, Giovanni: Sonata D-Dur für Viola d’amore und Baß, hg. von Dika Newlin und Karl
Stumpf, 1963 (Diletto Musicale 127).
738 Newlin verfasste Lexikonartikel für The Academic American Encyclopedia, Encyclopedia
Britannica (15. Auflage 1974), Encyclopedia Judaica, McGraw-Hill Encyclopedia of World
Biography, The New Book of Knowledge, McGraw-Hill Encyclopeda of World Biography.
739 Newlin schrieb mit Unterbrechungen ab 1954 für die Zeitschrift, vgl. Abschnitt 5.
740 Bei der Aufstellung wurde bewusst nicht zwischen wissenschaftlichen Artikeln, Reviews
und Berichten unterschieden, damit eine eventuelle Themenzentrierung leichter sichtbar ist.
Anhang 177
„Calendar for Chamber Ensemble, 1960 by Richard Rodney Bennett; Journal for Orchestra, 1960
by Richard Rodney Bennett“, Notes 27, Nr. 3 (März 1971), S. 559–560.
„2. Sonate für Orchester by Werner Egk“, Notes 27, Nr. 3 (März 1971), S. 560.
„Symphony No. 3, op. 75 by Gardner Read“, Notes 27, Nr. 3 (März 1971), S. 560–561.
„Symphony No. 1, op. 31 (1966) by William Mathias“, Notes 27, Nr. 3 (März 1971), S. 561.
„Three Pieces for Chamber Orchestra (1910) by Arnold Schoenberg“, Notes 27, Nr. 3 (März
1971), S. 561.
„Schoenberg, Arnold“, Encyclopaedia Judaica, Bd. 14, New York: MacMillan Co. 1972, S. 988–
989.
„Mahler’s Opera“, Opera News 36 (18. März 1972), S. 6–7.
„From the Tree of Life – A Master and His Pupil“, American Record Guide 38 (Mai 1972),
S. 464–466.
„Twentieth-Century Composers, Volume II: Germany and Central Europe“, Music Educators
Journal 59, Nr. 3 (November 1972), S. 80.
„Why Is Schoenberg’s Biography So Difficult to Write?“, Perspectives of New Music 12, Nr. 1/2
(Herbst–Winter 1973/Frühjahr–Sommer 1974), S. 40–42.
„Gustav Mahler“, Music Educators Journal 60, Nr. 9 (Mai 1974), S. 60–61.
„Secret Tonality in Schoenberg’s Piano Concerto“, Perspectives of New Music 13, Nr. 1 (Herbst–
Winter 1974), S. 137–139.
„Arnold Schoenberg in the Classroom, 1939“, Musical Newsletter 7, Nr. 4 (1977), S. 13–19.
„Out of Pandora’s Box: How a Ziegfeld Girl Starred in a Silent Film of Lulu“, Opera News 41,
Nr. 21 (April 1977), S. 20.
„Notes for a Schoenberg Biography: From My Los Angeles Diary, 1939“, Journal of the Arnold
Schoenberg Institute 1, Nr. 3 (Juni 1977), S. 126–136.
„Music for the Flickering Image: American Film Scores“, Music Educators Journal 64, Nr. 1
(September 1977), S. 24–35.
„American Film Scores, Yesterday and Today“, Pan Pipes 70, Nr. 2 (Januar 1978), S. 3–4.741
„The Piano Music of Arnold Schoenberg“, Piano Quarterly 27, Nr. 105 (1979), S. 38–43.
„The Piano Music of Igor Stravinsky“, Piano Quarterly 27, Nr. 106 (1979), S. 27.
„The Piano Music of Aaron Copland“, Piano Quarterly 28, Nr. 111 (1980), S. 6–8.
„Kivy, Peter. The Corded Shell: Reflections on Musical Expression“, Library Journal 105,
Nr. 20 (15. November 1980), S. 2416.
„Poldy’s Pussens“, Latitudes 32°-49° (N.), Nr. 3 (1980).
„The ,Mahler’s Brother Syndomre‘: Necropsychiatry and the Artist“, The Musical Quarterly 66,
Nr. 2 (April 1980), S. 296–304.
„The Concise Oxford History of Music“, College Music Symposium 20, Nr. 2 (Herbst 1980).
S. 163–167.
„Chamber Music Forum: Some Thoughts on Schoenberg’s String Quartets“, American String
Teacher 32, Nr. 2 (1982), S. 20–22.
„The Grouch Syndrome“, Style Magazine, Februar 1987.
„Mahler’s Rübezahl: An Historical Introduction“, Chord and Discord 3, Nr. 2 (1998), S. 1–52
(mit Julia Morrison).
„Arnold Schoenberg’s Debt to Mahler“, Naturlaut: The Quarterly Journal of the Chicago Mah-
lerites 3, Nr. 1 (Juni 2004), S. 10–12.
„Mahler and beyond“, Naturlaut: The Quarterly Journal of the Chicago Mahlerites 4, Nr. 3
(Dezember 2005), S. 12.
741 Dieser Beitrag ist ein Ausschnitt aus dem früher veröffentlichten Aufsatz „Music for the
Flickering Image: American Film Scores“, Music Educators Journal 64, Nr. 1 (September
1977), S. 24–35.
180 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
bis 1951, wobei zwei Drittel von Newlin stammen. Im Folgenden finden sich aus-
gewählte Teile des Briefwechsels742 transkribiert und chronologisch sortiert: sämt-
liche Passagen, die Newlins Leben, ihre Kompositionen und ihre Tätigkeiten als
Lehrende betreffen. (Nicht inkludiert sind Schreiben, in denen etwa ausschließlich
von Schönbergs Werken die Rede ist.) Ebenfalls abgedruckt und eingeordnet sind
(meist auszugsweise) jene Briefe aus Schönbergs Korrespondenz, in denen Newlin
erwähnt wird, sowie Newlins Briefe an Schönbergs zweite Ehefrau Gertrud. Alle
Briefe Newlins und die meisten von und an Schönberg sind als Scans über die
Briefdatenbank des ASC online zugänglich.743 Wenn nicht anders vermerkt, han-
delt es sich um Briefe von Dika Newlin an Arnold Schönberg. Hervorhebungen
(hier: Unterstreichungen und Kursivsetzungen) wurden übernommen wie im Ori-
ginal.
1939
742 Vor allem Newlins (großteils handschriftliche) Briefe umfassen teilweise mehrere Seiten.
Siehe zur Korrespondenz zwischen Dika Newlin und Arnold Schönberg auch die kürzlich
erschienene Publikation Schoenberg’s Correspondence with American Composers, hg. von
Sabine Feisst, New York 2018 (Schoenberg in Words 9).
743 Die Schreiben von und an Arnold Schönberg sind großteils als Kopie am Arnold Schönberg
Center Wien (ASC) vorhanden; Briefe in Schönbergs Besitz – an ihn bzw. von ihm im
Durchschlag – befinden sich in der Library of Congress in Washington, D. C.). Die Korres-
pondenz ist über die Briefdatenbank abrufbar (siehe http://schoenberg.at/index.php/de/
archiv/briefe, aufgerufen am 16. September 2019); sehr viele Schreiben sind auch digitali-
siert. Briefe von Schönberg befinden sich in der Datenbank meist schon in bereits transkri-
bierter Form. Briefe von und an Gertrud Schönberg sind nicht in der Briefdatenbank enthal-
ten.
Anhang 181
I can here only repeat very sincerely that I am sure, Miss Newlin is an exceptional-
ly gifted person. There is no doubt as to her musical talent. She is ex[c]eedingly
musical and has an astonishing sens[e] of form, harmony and balance. She is so
young that I am following her devolepment [sic] as an artist with greates[t] inter-
est[.]
I hate to make predictions, but according to my expierience [sic] of more than
forty years I can not doubt that she will become a musician of unusual Quality
[sic] and as I hope – also a remarkable composer, so I can assure you, it will be
worth to have supported her and help to get all the teaching I can give her.
1940
744 Tatsächlich wurde Newlin eine Woche vor Schönbergs Brief 16 Jahre alt.
182 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
greatest value to me in the future, and should save me from making the same mis-
takes in string-writing twice!
I have written a great deal ever since coming home. Besides the second movement
of the string quartet and the beginning of the third, I have finished the second
movement of my piano sonata and made starts on both the third and fourth; and, in
addition, I have been engaged in sketches for three movements of a string sym-
phony, which I hope I might be able to use fo rmy master’s degree next year, if it
turns out to be good enough.
Verehrter Meister;
Sie werden sich vielleicht meiner kaum noch erinnern von Europa her.
Es wird Sie vielleicht interessieren, dass meine Schüler hier am Michigan State
College in East Lansing das Streichquartett Ihrer Schülerine Dika Newlin gespielt
haben.
Es war mir eine Freude, meinen Schülern die Möglichkeit geben zu können, Ihrer
begabten Schülerin und ihren Angehörigen diese Freude machen zu können.
Ich bin das 3. Jahr hier an diesem College head of the violin department, nachdem
ich 5 Jahre bereits die gleiche Stellung inne hatte und gleichzeitig Dirigent des
Universitätsorchesters an der Duquesne University in Pittsburgh, Pennsylvania,
war.
Ich habe mit grossem Vergnügen gehört, dass Sie das Streichquartett von Dika
Newlin gespielt haben. Finden Sie nicht, dass sie ung[e]wöhnlich talentiert ist?
Wie hat es geklungen?
War es schwer?
Ich stimme mit Ihnen darin vollkommen überein, dass Dika Newlin ungewöhnlich
talentiert ist. Das Quartett, das übrigens meine Schüler gespielt haben, klingt aus-
gezeichnet und ist verblüffend balanciert in Klang und Rhythmus. Daher ist es nur
relativ schwer zu spielen. Natürlich, die Hand des Meisters ist im 1. Satz unver-
kennbar.
Dika hat übrigens bei mir einige Violinstunden genommen. Auch dafür ist sie sehr
begabt, wenn auch leider durch ihren früheren Violinunterricht sehr verdorben.
to try whether I could not make this translation thouroughly [sic] fitting to the
music. Please wait with your decision about the translation which you add to the
set.
1941
A pupil of mine, a young girl of 17, who knows German only from school, had
translated the poems, and everybody says, it is very good. So I recommended them
for the records. She is a very talented composer – a child prodigy and I think she
has made great progress in the three years she studies with me. I will probably
perform in a concert in the large auditorium of our University a string quartet and
perhaps also a piano quintet of hers.
I cannot thank you enough for the great trouble you went to last night in rehearsing
my quartet; it meant a great deal to all of us, and it helped me to see mistakes of
my own which I will not repeat in the future.
[...]
I forgot to speak about my lesson last night, but I assume that you will not want
me this week because of examinations, and the same may be true next week.
184 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
[...]
Since our last conversations about my work on the piano I have been thinking over
very seriously what you said to me, and have discussed it with my parents. I think
perhaps I had never explained that part of my musical scholarship is for piano
lessons and they naturally expect me to make, without any expense to myself, thus
saving the money toward my lessons. Of course my career as a composer is far
more important to me and most of my time is devoted to this work andalways [sic]
will be, but I do depend on the money that I ge from this musical scholarship and
from the French scholarship at the University to finance myself, and that is why I
am working on these other lines, too. Of course I enjoy all my work, but the com-
position is my life.
I wanted to tell you last night, but did not have the opportunity, of the wonderful
piece of good luck that came to me yesterday, which I hope will please you as
much as it did me. The Coolidge Quartet has offered to play my string quartet next
season, probably on one of their Library of Congress concerts. A friend of mine
happened to speak to them of my work, and they asked me to call yesterday and
bring the quartet, which I did. They were really enthusiastic about it, and asked to
see the quintet too just as soon as I can get it copied, and said they were quite sure
that they would be interested in performing it later. This great honor makes me
very happy, and makes me realize all the more what I owe to you. I cannot even
begin to say how grateful I am to you.
Thank you again for helping me rehearse the quartet. From now on we will work
on it as hard as possible so as to make next Friday night’s performance really wor-
thy of you and of all you have done for me.
But after my work there is completed I hope that I can return to California, for that
is what I really want to do. I do not know with whom I shall study composition, as
after all that you have taught me I hardly know to whom else I could turn, but in
any case my composing will continue unabated, and I at [sic?] all make every
effort in my power to follow the precepts which you have taught me. I hope that in
the end I will do work of which you may be proud. I would like to write you from
time to time about the progress of my work, if you will not consider such corre-
spondence a burden. Believe me, I shall never fail in my appreciation of all that
you have done for me, nor fail to acknowledge my great debt to you. I shall look
forward to my eventual return to Los Angeles, and hope that then I can take up
again, if not where I left off, at what may be a more mature and satisfactory stage
of my development.
1942
I know you will be glad to hear of the wonderful news that came to me last week –
I have been awarded a thousand-dollar fellowship at Columbia for next year! Of
course I am terribly happy and rather surprised, too, as I had thought I probably
could not get one until I was a little better known here – but anyway, the award
means that I will be able to return here next year and finish the remaining courses
toward my Ph.D., and I am very glad of that. I am proud of the honor, too, as I
understand the fellowships are very hard to get and there are not many of them.
I am still working on some details of my symphony but expect to have it finished
this month (after five months’ work). After that, I will finish the piano sonata.
Much of which I did this fall – then there ist still some more work to be done on
the Serenade and after that I have planned a piano trio and a violin sonata and a
one-act opera (subject as yet undecided) for this summer’s and next year’s work.
In the meantime, I am working at my piano harder than ever before, and my uni-
versity work keeps me busy too. [...]
Mr. Sessions sends you greetings and asks me to tell you that he still remembers
his visit with you last summer as the high point of his stay in California. He is
really one of your greatest admirers and agrees with all you ideas!
1943
A great many things have happened to me since I last wrote to you. The most im-
portant thing is that my one-act opera, Feathertop, which I wrote last summer, won
me an eight-hundred-and-fifty dollar fellowship from Columbia University for the
next year. It is only awarding for outstanding talent in the field of the lyric stage,
and has never been given before. This is very encouraging to me, and I am already
planning another opera for next year (in fact, the libretto is already finished); this
one is in three acts and is adapted from Hawthorne’s Scarlet Letter. In the mean-
time, I have finished and copied my chamber concerto, have finished the main
draft of my big orchestra song cycle and have just completed a cycle of six songs
for baritone, string quartet and piano. As a matter of fact, I had planned more
works for this year, but they had to be postponed, as during the spring my thoughts
were preoccupied with preparation for the comprehensive examinations which I
had to take to qualify for the Ph.D. I passed easily, but it was fortunate that I had
prepared carefully as two other candidates, both of whom have been at Columbia
Anhang 187
for many years, did not pass. Now my work for the Ph.D is all finished, except for
one course and my thesis, which I hope to complete in the spring. It is true that, for
the latter, I have chosen a rather ambitious subject – the main line of development
fo Austrian music since Bruckner, with side glance at parallel developments in
literary and art history. [...] I realize, too, that I have you to thank for my intense
interest in this phase of musical development, and much that you said during my
years in California has served to guide me in my work. [...]
My outward life will be quite different this year as my mother has finally decided
to return to Michigan permanently and I shall be living alone.
I have been working hard as usual, composing on my new opera [Scarlet Letter]
and writing a number of songs, preparing to perform my violin sonata (the piano
part of course!) for a program of the ISCM on December 12th, and finishing up the
„Bruckner“ section of my thesis.
1944
6. Februar 1944
ASC, Briefdatenbank, ID 14667
Much good fortune has come to me during the past months. I am to receive three
hundred dollars from the American Council of learned Societies to help me finish
my thesis, and last week when next year’s Columbia Scholarships were announced
I was awarded the William Mason scholarship of three hundred and sixty-five
dollars.
745 Damit sind Newlins drei Lieder Der Wanderer, Gottesferne, Gottesnähe und Allelujah
gemeint.
188 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
All of my work is going well. I am still busy with my opera The Scarlet Letter and
have also just begun a second string quartet. I have been practising very hard on
the Diabelli variations and am to leave a lesson tomorrow with Mr. Schnabel on
the first ten.
[...]
Speaking of Mahler, I had a piece of unusual good luck last week when in the
catalogue of a rare-book dealer I happened to came across the announcement of a
manuscript of his for sale – a four-page original pencil sketch for Das irdische
Leben – and promptly bought it. Quite aside of the intrinsic value of such a manu-
script, it means so much to me to have in my hands, in my possession, the most
intimate musical expression of one who was so great and who – through your
influence and example – is so important in my life.
I come across more and more of your former students in New York and it is al-
ways a joy for me to talk with them about their former years with you which in
many cases came after I had left California. Mr. Sherman – now in the army – was
here for many weeks although he has now been transferred to Oak Ridge Tennes-
see. I have seen Miss Silvers several times since she came and since she has been
with you more recently than any of the others[.] I heard most of the latest news
from her, I was surprised to know that Mr. MacManus is in town and to run into
him two weeks ago at a Busch concert.
Dear Felix:
Miss Dika Newlin (626 M.C. Avenue, East Lansing, Michigan – in case she
should be in N.Y.) 319 W. 106th Street New York City, a very talented pupil of
mine has translated Pierrot Lunaire. Erwin Stein has also made a translation, which
is supposed to be much better, but though I asked him several times to send it, he
did not do it. So we would have to use Miss Newlin’s – unless Chicago University
would ask Mrs. Wagner-Stiedry – and why not? – Tell me whether you received
the translation.
If the „Ode“ should be performed in Chicago, I hope you can iron out all the prob-
lems * [Artur] Rodzinski, Steiermann [sic], Burgan, Mc Haroll [sic; eigtl. Mack
Harrell] etc. Steuermann thinks Mr. Mc Harroll [sic] should be able to learn Pierrot
in time. I think one should ask a definite date from Rodzinski. You remember I
wanted to have a contract from Rodzinski and I regret that I did not insist to get it.
9. September 1944
ASC, Briefdatenbank, ID 19318
I am returning to New York next week after a month’s vacation at home. „Vaca-
tion“ ist probably the wrong word, since I have been, as usual, very busy – work-
ing on the last act of my opera The Scarlet Letter, practising the Emperor Concerts
and the Brahms-Händel variations in preparation for my work of next season with
Mr. Schnabel, and writing a great lenghth about the Mahler symphonies, as an
important part of my doctoral dissertation. [...] All in all, you see, I have had quite
a busy summer! I have not composed anything but the opera lately, except for two
Anhang 189
recitations with piano accompaniment which I had the opportunity to do „to or-
der.“
[...]
I often wish that I could come back to California for a while, and show you my
later work, though that opportunity has not yet been mine, it may still come!
My own musical life has been a busy one, what with finishing the first version of
my opera (now come the revisions!) and laboring to finish the first draft of my
thesis before December 12 when I am going home for a month – not vacation but
preparing the final form of the book.
1945
heard only over the radio had: only once. According to my long expierience [sic]
the impression of a work changes with frequent listening considerably.
This why [sic] I hesitate to give a list of the ten composers you want me to deliver.
Besides there is the danger that I would just miss one or more who made a special
good impression upon me.
With this reservation I state, that I used to name you, Mr. Harris, always among
the first whom I considered characteristic for American music. Besides I have to
mention:
Aaron Copeland [sic], Roger Sessions, William Schumann, David Diamond, Louis
Gruenberg, Walter Piston, Anis Fuleihan, Henry Cowell, Adolphe Weiss, Gerald
Strang. And among younger and lesser known people I would like to mention: Lou
Harrison and Miss Dika Newlin.
In all these persons [sic] compositions I have found talent and originality, though I
could not deny that in many cases the technical performance was not an [sic] the
same level as the talent.
I hope this gives you what you wanted.
I am
sincerely, yours
ceived any news about the decision of this committee, I wonder whether you have
been awarded a scholarship from them.
Yours
I spent last month at the Music Institute in Ohio[746] and did much interesting work
with Mr. Krének, Mr. Steuermann and Mr. Kolisch – also of course with Mr. Ses-
sions. I performed piano works of mine on a program of the composition students
and they were well received.
In two weeks I leave to take up my duties teaching at Western Maryland College –
a new experience for me – and I hope that I may be able to do some good there.
Now that I have taught a few months I can report that I like it even if it takes time
away from my actual writing (but I know that you know all about that!) I have
only one composition student and for her I am using your Models for Beginners.
She is very slow but I think the exercises help her. My other pupils (aside from the
piano students) study mostly harmony. For them, I wish Harmonielehre were
available in English! I try to weave in your concepts, but the class uses another
textbook (Piston’s) and it’s difficult enough to get them to do just what is in that!
I have been studying the Berg sonata with Mr. Schnabel, since I was fortunate
enough to secure a photoplat [sic?] of Mr. Steuermann’s copy.
1947
6. Juni 1947
ASC, Briefdatenbank, ID 14673
I cannot tell you how happy your beautiful letter[747] has made me!
[...]
I have now done an article for Chord and Discord (Bruckner Society of America)
on your relationship to the music of Mahler;[748] it should be in print very soon
now, as I just heard, and as soon as it comes I shall send you a copy; I hope that
you may like it! Really it is hard for me to say how much your words about my
book have meant to me; it is not just that I am happy to have done something
which might bring you some pleasure, or that my work may really have made a
beginning towards achieving a goal which I wanted to achieve, but that I may feel
that in some slight measure (if it is not too presumptuous to say so) I have at least
started to repay the incalculable debt which I owe you for what I am – or try to be
– today as a musician and as a person.
2. Februar 1947
ASC, Briefdatenbank, ID 14674
5. März 1947
ASC, Briefdatenbank, ID 14675
I’d like to ask you a great favor (if you can find the time for it). I am applying for
residence at the Music colony at Yaddo this summer, and, since I have not been
there a resident before I shall require some letters of recommendation. If you could
write a letter in my behalf to Mrs. Elizabeth Ames, Yaddo, Saratoga Springs, N.
Y., I should appreciate it deeply.[749]
I am giving my yearly recital at the college next week – my own new Sinfonia for
piano and the Diabelli Variations (with many fnd [fond?] memories – [sic?] I
[sic?] when we used to analyze them in your class!) I am having a marvellous time
anlayzing them in all my classes as that the students will get greater benefits from
my performance – none of them have ever heard the work before!
749 Newlin wurde in diesem Jahr nicht in der Künstlerkolonie Yaddo aufgenommen, vgl.
Newlins Verständigung an Schönberg, 1. Mai 1947, ID 14677. In Schönbergs Nachlass bzw.
in der Briefdatenbank ist kein Brief Schönbergs an Elizabeth Ames verzeichnet.
Anhang 193
Ich habe hier ausser Miss Newlin, die eine begabte Komponistin ist[,] noch einige
ausgezeichnete Schüler.
2. September 1947
ASC, Briefdatenbank, ID 14492
Scoring of my opera The Scarlet Letter still occupies me; I finished some songs
and a violin piece, sketched part of a violin concerto, and am now in the midst of a
Chamber Symphony (13 instruments) in which I find myself approaching nearer to
„twelve tones“ than ever before!
[...]
One more thing came up this summer, which I really should have written you
about before this. A friend of mine in New York, Mrs. Frank Cohen, is interested
in helping to organize an exhibit of the works of Jewish composers at the Jewish
Museum in N. Y. – with particular emphasis on those now living in this country.
As she knew that I had some scores of yours which are not easy to come by any
more [...] she suggested that I might be willing to lend them to the exhibit. [...]
1948
I regret his [Mr Leibowitz’] departure for he has been so helpful to me in every
way while he was here. I shall be in touch with him over there of course, especial-
ly with reference to my new chamber symphony which he is quite anxious to per-
form. I just completed the third movement – a Rondo – and am quite happy over
the way it has worked out.
Once more I am happy to send you the program of the year’s work of my begin-
ning compositions students. This year there were not any who had a real creative
gift, but they did turn out some quite creditable works which at least made sense.
And they enjoy the work because I have tried to make them see it from the view-
point of your concept of „ear-training through composition.“
I am really delighted to see Harmonielehre in English at last! Of course, I have
been giving my students the materials from it all along, but it is fine that now they
will be able to buy it and use it as a textbook.
If my eyes would be better I would ask you to send me some of your compositions.
Perhaps you might sometimes come to L.A. and play them for me. Why not? I
would be glad to see you again.
I remain with cordial greetings, yours
To come to California and play my latest works for you would fulfill a dream of
long standing! I could not now come before next Christmas-time (this year, I
mean) but I am certainly going to think very seriously about doing so, and I shall
of course let you know what my plans are as soon as I know them myself.
Ich muss erwähnen, dass Dika Newlin wirklich verständ- Excuse me I see I wrote
by mistake in German--- I must state that Dika Newlin did a very good and well
understanding Job [sic], and that all she changed did not violate her faithfullness
toward me.
1. Oktober 1948
ASC, Briefdatenbank, ID 14508
One of my pupils gave me the picture of you and the family from last month’s
Musical America; it is lovely and I keep it always by me.
I should be tremendously curious to hear what you think of the way I perform your
music now! The enclosed criticisms should amuse you.[750]
1. Dezember 1948
ASC, Briefdatenbank, ID 14513
Yes, Op. 7 has always been one of my real loves ever since my first misguided
attempt to write variations (!) on the Adagio theme (do you recall the painful occa-
sion?)
I had hoped that I might be able to come to Los Angeles during the Christmas
holiday, even if only for a little time. But the college has asked me to be their offi-
cial delegate at the convention of the National Association of Schools of Music in
Chicago, which starts right after Christmas – and it is a special honor as one usual-
ly asks the head of the department to assume this finction, so I can’t decline. I’ll
attend the American Musicological Society convention at the same time; I find it
very important for me to involve myself in all these affairs so that I may represent
(insofar as I am worthy so to do) the point of view of you and yours.
1949
Why dont [sic] you send me occasionally one of your compositions? I would like
to know „who“ you are now. And „how“. If possible something for piano, so that
Mr Stein can play it for me. You know, my eyes are a great obstacle.
Indeed it would make me most happy for you to hear my work; I have never sent
you any only because I know it is a strain for you to read it. It so happens that my
latest work is a piano trio; Mr. Stein could doubtless give you a pretty good idea of
it on the piano and maybe he could even manage to put together a real perfor-
mance of it for you out of his resources at the school. I’ll ask him.
750 Bezugnehmend auf eine Aufführung und Radioaufzeichnung von Liedern Schönbergs vom
14. November 1948.
Anhang 197
I mailed my piano trio to Mr. Stein this week – I sent it to him rather than directly
to you so that he could set about finding string players to play it with him for you,
if that should prove possible. It is one I am particularly anxious for you to hear
since it is my newest and perhaps my best.
I am looking forward to see your Trio. It’s so long that I did’nt [sic] see anything
of yours. I expect something of you.
Most cordially yours,
I do hope that the Trio will not disappoint your expectations, An I shall be most
eager to hear what you think of it, for nobody else’s opinion of it could possibly
mean to me what yours will. If you find that it reflects in the slightest degree a
heightened understanding on my part of the great lessons you have taught me, I
shall feel well rewarded. And bearing those lessons in mind I shall return to the
work on your book with a renewed effort – and, I hope, a more successful one this
time – to be a faithful transcriber of your thoughts, your feelings, and your words.
I wonder if Mr. Stein has given you my Trio yet. I mailed it to him rather than to
you because I thought it would be nice if he could round up the necessary string
players and thus present you with a real (even if only a „reading“) performance of
the work. However, in a recent letter I had from him he doesn’t appear too inter-
ested in doing this, so maybe another way will have to be found. But he should
give you the score (which he ought to received long since, unless lost in the mail)
because it is the one I intended for you. In the meantime, I am having the parts
copied in New York. The work will be performed, but I do not know exactly how
soon, and it is not always easy to have records made. However, when and if they
are made I shall certainly send them to you, for I would not burden you with the
score were there not a possibility of your hearing the work as well.
751 Schönberg datierte diesen Brief irrtümlich mit 12. Januar 1948.
198 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
I am sorry to ask such degrading work in this part of the book [Style and Idea].[752]
But do not forget, that when you translate my German articles, you can reveal all
your art.
I must tell you that I am very pleased how fast you did this [work as editor] and
how good everything is in general. And you know I am very difficult to satisfy.
[...]
P.S. We have not yet had an opportunity to play your Trio. Mr Stein is so terribly
busy that he really does not find the time to do it. But perhaps sometimes later.
I too am sorry my visit had to be so short. I cannot tell you how wonderful it was
to be with you and to discuss so many matters. And I appreciate most deeply your
advice with regard to the Trio.[753] I hope to have you hear a real performance of it,
and other works of mine, in the not too distant future.
752 Offenbar meint Schönberg hier, dass Newlin sein charakteristisches Englisch beibehalten
und nur Grammatik und Idiome korrigieren soll, damit nicht der wahre Sinn verlorengeht.
Schönberg möchte die Tatsache nicht verstecken, dass er in dieser Sprache nicht geboren
wurde. (Vgl. dazu auch Arnold Schönberg, Gedenkausstellung 1974, hg. von Ernst Hilmar,
Wien 1974, S. 112 und 354.)
753 Schönbergs Rat ist nicht bekannt, da dieser in den bekannten Briefen nicht erwähnt ist (Brief
davor: 23. Juli 1949, ASC, Briefdatenbank, ID 5120).
Anhang 199
Let this come as a preliminary birthday greeting to warn you (if the package hasn’t
already come) of the impending arrival of my own recording of my Sinfonia for
Piano (1947). In default for a finished new work for the great day[754] (my current
one is somewhere around its middle)[.] I offer you this one in all humility and
gratitude and hope that it may bring you some small pleasure.
The enclosed program will show you my first effort to bring your music to the
local people [at MacDowell Colony]. I am sure they had never heard any before so
this was an „entering wedge“ – and if I have my way they will hear a lot more of it
as I return here during successive summers. I know I shall have some good oppor-
tunities to perform you in Syracuse especially since Louis Krasner[755] is coming
there this fall as professor of violin and we should be able to do some worthwhile
things together. Maybe – with your consent, of course – we could perform the new
Fantasy[756]! Well, I shall see how things „shape up“ there and shall of course let
you know about every step I can take in your behalf.
8. September 1949
ASC, Briefdatenbank, ID 19423
Dear Master!
It may be that in the next few days someone will ask me, „What, then, has Arnold
Schoenberg really meant to you?“ If such a question were to reach my ears, here is
how I should try to answer:
„He has made my life worth living by giving me a task to perform which imparts
to that life a true meaning – by teaching me not to shirk the duty of demanding the
utmost of myself and thus bringing out all that is within myself. By doing this for
many others he has created a world community of minds in which it is possible for
me to live and work with the fullest effectiveness – a community wherein our love
for the ideals which his life and work exemplify encourages us all to build a world
of music according to his precepts, which are also those of the great tradition from
which he sprang and which we hope to continue. We do not want to undergo histo-
ry passively, we want to make our own history; this, too, we learned from his life.
He taught us to respect others, that we may have the right to respect ourselves;
and, in so respecting ourselves, we learned a new respect for others. But he
showed us, too, that ridicule is sometimes necessary. And he taught us how to
suffer; we bowed our heads to many a violent blast. Those who did not survive –
well, they probably would not have been of much use anyway, in the struggle to
come; those who did, came out of it all equipped with the best of all possible
weapons, a thick skin. Yes, he knew how to train good soldiers! – Now we have
gone our own ways and each of us must be a fighter and a torchbearer, in his or her
own sphere. One fights in France; a light burns in Australia; even Vienna some-
754 Gemeint ist wohl der 13. September 1949, Schönbergs 75. Geburtstag.
755 Der Geiger Louis Krasner (1903–1995) führte im Dezember 1940 Schönbergs Violinkonzert
erstmals auf.
756 Schönbergs Phantasy for Violin with Piano Accompaniment op. 47 (1949).
200 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
times remembers her own. As for me, I know what my fight will be. I want to
bring my passion for this ideal into compatibility with my love for my country by
leading her music away from the false paths which it has sometimes followed and
towards the Truth [sic] which has been revealed to me. May my faith give me
strength to assume this leadership – but may ordinary human vanity not permit me
to forget to whom I owe the revelation of this faith – to Him, Arnold Schoenberg!“
This, or something like it, is what I should say. And this is what I want to say to
you as well, dear Master, in honor of the day to come. Never to lose sight of the
meaning of your life, never to let go of my inheritance from its passion, always to
live your Truth and to publish to the world the truth about you – may that be the
perpetual care of
your devoted
I start teaching the day after tomorrow [at Syracuse University] so I am very much
rushed with preparations. Krasner is starting to teach here this fall too, you know. I
have not seen him yet but he knows I have your Fantasy and he is very anxious to
play it with me here – possibly in December. Is there anything against this? (I
mean „prior right“ of another performer or anything like that?) Nothing could
make me happier than to present your work here as early and as often as possible.
That’s one way to reduce those bad influences in our musical life, which you so
justly deplore, to unimportance!
And when I speak of your letters, I cannot – I really cannot – tell you all that you
last one meant to me. Indeed, you are the last person who would ever need to write
me long letters – because five words from you have more sense and sensitivity
than five pages from other people.
[...]
I was thrilled with the reviews – they reached me only now – of Leibowitz’ per-
formance of my [chamber] symphony in Darmstadt last summer. Don’t misunder-
stand me – I hope I am too level-headed really to be affected much one way or the
other by any critic; but what pleased me was that these German critics (except one
odd soul who nosed out a non-existent influence of STRAVINSKY upon me!)
admired and appreciated not only me but you in me – if you know what I mean.
The impression was such that they (of Darmstadt) are not only demanding more of
my music, but also want me to write a birthday article on you for the Düsseldorfer
Mittag[757]. Of course I shall do it and I promise you a copy of the result. This
interest in you and yours in Germany strikes means one of the most heartening
signs from that quarter.
757 Tageszeitung Der Mittag. Zeitung für Rhein und Ruhr, die zwischen 1920 und 1967 in
Düsseldorf erschien. Ein entsprechender Aufsatz von Dika Newlin ließ sich nicht ermitteln.
Anhang 201
Ever since I came here we have been wanting to present a „Schoenberg Festival“
in honor of this most glorious year of your life and now, yesterday, it began with a
lecture by me illustrated with my performances of Op. 11 1 and 2 and the Gavotte
and Minuet from the piano suite. We made the biggest possible advance publicity
so that not only the University, but the whole city knew you were to be honoured.
[...] I have to attend the musicological society convention in N.Y. Dec. 27–29.
There I (Fleming[758] also) plan to strike some sturdy blows in your behalf. You’ll
see!
1950
4. Januar 1950
ASC, Briefdatenbank, ID 14700
[...] for the American Musicological Society so many of whose members are ene-
mies of your work and even of all music. Do you know that I wanted to read a
paper on your music before this very convention but was forbidden because the
„controversial subject“ and my „known bias.“ What a beautiful joke that I didn’t
need to speak – you spoke – and with such authority that any words that I or any-
one else might have said on this occasion would have been a superfluity, even in
impertinence!
Mr. Fleming will doubtless also write you of all this,[759] which he witnessed with
me – indeed he may already have done so, for he said he would. He is certainly
completely sincere in his wish to say do all he can in your behalf here and to set up
the finest opportunities for me to do likewise. What a comfort that is!
758 William Coleman Fleming (1909–2001) war Newlins Vorgesetzter an der Syracuse Univer-
sity. Schönberg kannte Fleming offenbar schon früher, da er gebeten wurde, als „visiting
examiner“ Flemings mündliche Masterprüfung (oral examination) abzunehmen. Vgl. Brief
von W. Henry Cooke an Arnold Schönberg, 17. Mai 1939 (ASC, Briefdatenbank, ID
12174), und Brief von Henry Purmort Eames an Arnold Schönberg, 18. Mai 1939 (ID
12952). Fleming war wie auch Newlin Schüler Artur Schnabels (ebd.). Möglicherweise
nahm Fleming auch Privatstunden bei Schönberg (vgl. Brief von Henry Purmort Eames,
8. August 1939, ID 12175, und Schönbergs undatierte Antwort, ID 3255).
759 In Arnold Schönbergs Nachlass ist nur ein Brief von William Fleming erhalten: vom 4. Mai
1950 (ASC, Briefdatenbank, ID 17322), welchem ein Brief von Dika Newlin an die New
Yorker Philharmonic Symphony Society mit demselben Datum beigefügt ist.
202 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
1) I had to have a very painful operation, was incapacitated for a few days;
September 1950
ASC, Briefdatenbank, ID 14712
I have just discovered from my doctor that I have a severe nervous disorder caused
by chronic exhaustion. I should be able to take a month off but that I can’t have.
For the rest, be assured that I shall complete the work as rapidly as my present
poor health and the arduous demands of my teaching schedule permit.
I have not forgotten my obligations and desire to work on the other essays so don’t
despair on me! What has delayed my work has been my successive illnesses as
well as a situation of much disunity & [sic?] confusion here in Syracuse. As a
result of this latter I am considering moving in the fall – would gladly move to
California – if the right teaching position offered itself.
1951
Things have been very difficult here at the University. Mr. Fleming, whom you
and I both had mistaken for a sincere person, turns out to be not so at all, but a
very perverted individual who uses everyone for his own ends. This year he be-
came very jealous of me and tried to get me dismissed from the University on all
kinds of trumped-up grounds. He made the fatal mistake of trying to strike at me
through you and claiming that I ought to be dismissed because I use my classes
only to make propaganda for you! Of course the administration refused to listen to
such nonsense and insisted that I must be retained because I have proved my value
to the University. Therefore I am remaining but at my own request am being trans-
ferred out of Flemings department and into the Music School. Here I shall be deal-
ing with professional music students only, as I should be and I won’t have to teach
any more of those amateurs who merely want to dabble in music. How right you
were to object to my teaching such people, as you did – I well recall – on the occa-
sion when Fleming & [sic?] I visited you two summers ago! Why as usual instead
of listening to you at once, I had to find it out for myself, the hard way! Well, at
least I am settled now, thanks to my transfer to the Music School, in a place where
Anhang 203
I shall be able to do much good. Needless to add that I shall keep right on „making
propaganda“ (if such it must be called) as before.
1952
I have just accepted a position as head of the Music department at Drew Universi-
ty, Madison, N. J. It is a brand-new department so I shall be able to organize eve-
rything to suit myself insofar as funds available will permit. The president [Fred
Garrigus Holloway, Anm. d. Verf.] of the school is a strong friend of mine – he
was the president of the small college where I had my very first teaching position.
So, you see, I shall have a fine opportunity to work in my own way for the things
in which we really believe ...
1959
As you perhaps know, I was called back from there [Vienna] to found a music
department in a school which had none before: Drew University, a small school of
high standards about 25 miles from New York. I welcomed this chance, for it
meant that – in contrast to my previous positions – I would have the opportunity to
build a department from the foundations upward and to establish its curriculum
according to the standards which I had been taught. To make a long story short – I
succeeded in doing this, and, as a full professor and head of my department, am
turning out music students who are, I hope and believe, creditable representatives
of the traditions which Mr. Schoenberg instilled in me. It is hard work – but worth
it.
All this time, of course, my own writing and composing has been going on – and, I
am happy to say, with good success. [...] my compositions were performed in the
ISCM both here and abroad (in Salzburg, before my return to this country). Need-
204 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Dika Newlin (1923–2006)
less to say, I don’t forget to whom I owe all this! For, if not for the thorough edu-
cation and great inspiration which Mr. Schoenberg gave me, and his insistence
upon fundamentals, I would not have been able to perform all these tasks in a way
which would satisfy me or others (the few who really understand these things, that
is). Now, all during this period [1952–1959] one major project was developing in
my thoughts: the biography of Mr. Schoenberg, as we had discussed it in your
home in 1950 [1948]. You may perhaps wonder why I did not actually begin put-
ting this work on paper sooner. There are several reasons, which I hope you will
understand and approve. First, I did not wish to do a hurried, „quickie“ job, which
might be suspected of the taint of opportunism. Rather, I wanted to devote suffi-
cient time to thorough analysis, and to gain proper perspective on the subject, so
that my work would be, not superficial, but a real contribution to the knowledge
and appreciation of this great lifework. Also, I felt that it would be best to have
such a book appear at a time when, through better and more numerous recordings
and performances, a larger public would be better prepared to listen to what I
might have to say, so that my work might be even more helpful towards the under-
standing of this music.
About a year ago, I began to feel that these conditions had been met, and that – in
order that Schoenberg’s music might be discussed for the English-reading public
in a manner befitting its true importance – it was high time for me to undertake
this book. Just at this psychological moment, Mr. [Peter] du Sautoy of Faber and
Faber approached me with the suggestion that I do a book of some 100,000 words,
to be mainly of analytical nature. This, of course, would not be the „definite“ biog-
raphy (which would require several volumes in order that very complete analyses
of all the works might be included – and which, incidentally, I still very definitely
plan to do when this preliminary work is completed), but would be an introduction
to Schoenberg’s work for the general educated reader. It would, I hope, at the very
least help to rid such a reader of some of the misconceptions of this work which he
now (in my experience, and doubtless in yours as well) all too often has. I liked
this idea, and indicated my willingness to write this book. However, as it is only
comparatively recently that all details of contract and the like were settled, I did
not wish to write about the plan until it was quite completed and accepted by Faber
and Faber, in order to avoid any possible disappointment for you. Now, though,
since I learn that Mr. du Sautoy has written you of the work, I wanted you to hear
of its details directly from me.
Vilma Webenau (1875–1953)
A. Biographisches
1. Musikalische Ausbildung
1.1. Pianistin; Cäcilia Frank
Bevor Vilma Webenau bei Schönberg Kompositionsunterricht nahm, trat sie um
die Wende zum 20. Jahrhundert mehrfach als Pianistin in Erscheinung. Wie sich
aus einigen Zeitungsberichten schließen lässt, studierte sie wahrscheinlich zumin-
1 Vgl. Gerlinde Haas, „Webenau Vilma von“, Eva Marx und Gerlinde Haas, 210 Österreichi-
sche Komponistinnen vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart: Biographie, Werk und Bibli-
ographie – ein Lexikon, S. 385–389, hier S. 385. Da in Österreich der Adelsstand 1919 auf-
gehoben wurde, findet sich im Folgenden einheitlich die Schreibweise Vilma Webenau. Vgl.
dazu die Abschnitte 4.1 sowie 9.2.6.
2 Vgl. Webenaus eigenhändige Notiz in das Fotoalbum Dem Lehrer Arnold Schönberg,
Arnold Schönberg Center Wien (ASC), Bildarchiv, ID 3251, abgebildet in Arnold Schön-
berg, 1874–1951: Lebensgeschichte in Begegnungen, hg. von Nuria Nono-Schoenberg, Kla-
genfurt: Ritter 1992, S. 39.
3 Zu Webenaus Wohnorten siehe weiter unten, Abschnitt 2.
4 Robert Schumann widmete „Frau Julie von Webenau geb. Baroni-Cavalcabò“ seine Humo-
resken op. 20 (1839). Julie erhielt Unterricht bei Franz Xaver Mozart in Lemberg.
5 Julie von Britto lebte spätestens nach dem Tod ihres zweiten Ehemannes (Januar 1877) bei
ihrer Schwester Laura (verh. Pawlikowska) in Graz (Karmeliterplatz 5), siehe z. B. Gerlinde
Haas, „Baroni-Cavalcabò Julie von“, Eva Marx und Gerlinde Haas, 210 Österreichische
Komponistinnen vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Biographie, Werk und Bibliogra-
phie – ein Lexikon, Salzburg und Wien 2001, S. 62–66, hier S. 64.
6 Es besteht somit die Möglichkeit, dass Julie von Webenau die Tochter Franz Xaver Mozarts
ist; in diesem Fall wäre Vilma Webenau Wolfgang Amadeus Mozarts Ururenkelin.
dest ab 1895, spätestens aber ab 1897 und wenigstens bis 1900 Klavier bei Cäcilia
Frank (vgl. Tabelle 24).7
Einem Zeitungsbericht zufolge „hat [...] [sie] sich aus Liebe zur Musik dem Con-
certfache gewidmet“8. Im Februar 1895 trug sie „wahrhaft virtuos“ und mit „meis-
terhafte[m] Clavierspiel“ mit Baronesse Clarisse Amelin den Einzugsmarsch aus
Richard Wagners Tannhäuser vor;9 1897 wurde bei einem „Zöglingsconcert“ von
Cäcilia Frank ihr „schöne[s] Spiel“ erwähnt, und am 19. Januar 1898 ihre Darbie-
tung bei einer Veranstaltung des Wiener Musikclubs „sehr freundlich aufgenom-
men“.10 Am 24. Januar 1899 trat sie gemeinsam mit der Violinistin Luise (auch
Louise) Guttmann zugunsten eines Heimes katholischer Lehrerinnen auf.11 Am 15.
7 Auch Cäcilie Frank (1851–1936?). Zum Zeitraum von Webenaus Klavierunterricht bei
Frank von ca. 1895–1900 vgl. weiter unten.
8 Wiener Salonblatt 31, Nr. 1 (7. Jänner 1900), S. 6; „Theater, Kunst und Literatur“, Deut-
sches Volksblatt (Morgen-Ausgabe) 12, Nr. 1379 (17. Februar 1900), S. 8; „Theater- und
Kunstnachrichten“, Neue Freie Presse (Morgenblatt) Nr. 12699 (30. Dezember 1899), S. 7.
9 „Ein Familienfest“, Wiener Salonblatt 26, Nr. 8 (24. Februar 1895), S. 16.
10 „Unterrichtswesen“, Neue musikalische Presse: Zeitschrift für Musik, Theater, Sänger- und
Vereinswesen 6 (1897), S. 7, online verfügbar unter https://books.google.at/books?id=
uGE9AQAAIAAJ, aufgerufen am 27. August 2019; bzw. Neues Wiener Journal 6, Nr. 1524
(21. Jänner 1898), S. 6.
11 Vgl. Das Vaterland (Morgenblatt) 40, Nr. 17 (17. Jänner 1899), S. 3; „Localbericht [Wohl-
tätigkeitsfest]“, Das Vaterland (Abendblatt) 40, Nr. 17 (17. Jänner 1899), S. 5; „Wohltätig-
keitsfest“, Reichspost 6, Nr. 15 (19. Jänner 1899), S. 10; „Correspondenzen“, Südsteirische
Post (Marburg) 29, Nr. 9 (1. Februar 1899), S. 4; Grazer Volksblatt 32, Nr. 23 (28. Jänner
1899), S. 9; „Vereinschronik“, Volksblatt für Stadt und Land 30, Nr. 5 (1. Februar 1899), S.
7–8; „Vereinschronik“, Das Vaterland (Abendblatt) 40, Nr. 26 (26. Jänner 1899), S. 3; „Cor-
respondenzen. Wien“, Linzer Volksblatt 31, Nr. 22 (27. Jänner 1899), S. 4; „Vereinsnach-
A. Biographisches 207
April 1899 spielte die „ausgezeichnete Pianistin“ wieder im Rahmen eines Vor-
tragsabends der Klasse Cäcilia Frank u. a. eine Komposition von Franz Liszt.12
Einem Artikel der Neuen Freien Presse zufolge zählt sie zu den „[b]ereits bekann-
te[n] ausgezeichnete[n] Clavierspielerinnen“13. Ende des Jahres 1899 konzertierte
Webenau sogar in der Steinway Hall in London – vermutlich u. a. als Liedbegleite-
rin, da weiters zwei SängerInnen genannt werden.14 Bei einem weiteren Cäcilia
Frank-Klassenabend am 5. Mai 1900 „entzückte [sie] durch brillante Technik und
geschmackvolle Vortragsweise“.15
„Meines Wissens war ich Schönbergs erster Privatschüler (von 1898 oder 99 an). Erst in
Wien u. dann in Berlin, wo er beim seligen Überbrettl Kapellmeister war, weihte er mich
in Harmonielehre, Kontrapunkt und Kompositionslehre ein. Nachdem ich mehrere Jahre
mit Unterbrechungen bei Schönberg studiert hatte, arbeitete ich auf eigene Faust weiter u.
richten [Wohltätigkeitsfest]“, Deutsches Volksblatt (Abend-Ausgabe) 11, Nr. 3614 (23. Ja-
nuar 1899), S. 6. Für den Vornamen von Webenaus Kammermusikpartnerin finden sich die
Schreibweisen Luise und Louise.
12 „High-life“, Wiener Salonblatt 30, Nr. 16 (22. April 1899), S. 5. Die Angaben bei Webenaus
Programmpunkt sind nicht eindeutig, da diese nur durch Beistrich getrennt und nicht mittels
Schriftauszeichnungen kenntlich gemacht wurden: „Liszt, Rhapsodie, Horn, Etude de Con-
cert“. Wahrscheinlich ist gemeint, dass Webenau eine Rhapsodie von Liszt und eine Kon-
zertetüde von (August?) Horn spielte.
13 Neue Freie Presse (Morgenblatt), Nr. 12447 (18. April 1899), S. 6.
14 Verschiedene Anführungen dieses Konzerts stimmen nicht überein, da z. B. ein oder zwei
SängerInnen genannt werden. Vgl. Wiener Salonblatt 31, Nr. 1 (7. Jänner 1900), S. 6; „The-
ater, Kunst und Literatur“, Deutsches Volksblatt (Morgen-Ausgabe) 12, Nr. 3996 (17. Feb-
ruar 1900), S. 8; „Theater- und Kunstnachrichten“, Neue Freie Presse (Morgenblatt), Nr.
12699 (30. Dezember 1899), S. 7; The Musical Times and Singing Class Circular 41, Nr.
683 (1. Januar 1900), S. 43. Auch in diesem Zusammenhang wird Webenaus Schülerschaft
bei Frank erwähnt.
15 „High-life“, Wiener Salonblatt 31, Nr. 19 (13. Mai 1900), S. 7.
16 Daneben bestätigen zwei Konzertprogramme von 1907 und 1908 sowie die dazugehörigen
Rezensionen, dass Webenau Schönbergs Kompositionsschülerin war. In ihren Briefen fragt
Webenau Schönberg zwar gelegentlich um Rat bzw. richtet dieselben teilweise an „Profes-
sor“ Schönberg, nimmt aber niemals Bezug auf einen tatsächlichen Unterricht, vgl. die Ab-
schnitte 5 sowie 7.2.
208 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Vilma Webenau (1875–1953)
lernte dann bei [Fritz] Cortolezis in München instrumentieren. Jetzt lebe ich in Wien als
sehr unbekannte Komponistin u. Musiklehrerin.“17
Wie lange Schönberg Webenaus Lehrer war, geht aus diesem Eintrag nicht genau
hervor. Demzufolge studierte sie zwar nicht durchgehend, insgesamt womöglich
aber sogar über einen Zeitraum von etwa zehn Jahren Komposition bei Schön-
berg.18 Auf jeden Fall dürfte der Unterricht nicht länger als bis 1909 angedauert
haben, da Webenau in diesem Jahr für ihr weiteres Musikstudium bei Fritz Cor-
tolezis nach München zog (vgl. dazu weiter unten).
Schönberg war von Dezember 1901 bis Spätsommer 1903 in Berlin, und viel-
leicht noch im Dezember 1901 folgte ihm Webenau dorthin nach.19 Genauere
Aufenthaltsdaten sind nicht bekannt, da die entsprechenden Berliner Meldeunter-
lagen fehlen.20 Als sicher kann Webenaus Aufenthalt nur für den Jahreswechsel
1902/1903 gelten, da Webenau auf einer Postkarte Arnold Schönbergs an Alexan-
der Zemlinsky unterschrieb.21
17 Webenaus handschriftlicher Eintrag in das Album Dem Lehrer Arnold Schönberg (Anm. 2).
18 Vermutlich nur aufgrund Schönbergs Rückkehr aus Berlin gehen frühere Beiträge über
Webenau davon aus, dass der Unterricht im Jahr 1902 endete.
19 Peter Gradenwitz gibt an, dass Webenau jedenfalls schon Ende des Jahres 1901 in Berlin
war: „Seine erste Schülerin, Wilma von Webenau, folgte ihm aus Wien im Dezember 1901,
als er zum ersten Mal nach Berlin zog.“ Siehe Peter Gradenwitz, „Arnold Schönbergs
Lehrtätigkeiten und ihre Folgen. Arbeit, Werke und Lebensschicksale seiner Meisterschüler
an der Preußischen Akademie der Künste in Berlin 1926–1933“, Bericht über den dritten
Kongress der Internationalen Schönberg-Gesellschaft, Wien 1996, S. 78–84, hier S. 78. Die
Formulierung klingt wie eine Tatsache, doch gibt Gradenwitz keine Quelle dafür an. Auch
Susanne Wosnitzka behauptet ohne Angabe von Quellen: „Als der Lehrer [Schönberg] 1900
nach Berlin übersiedelte, fragte er seine Schülerin [Webenau], ob sie mitkommen wolle“
(Susanne Wosnitzka, „,Gemeinsame Not verstärkt den Willen‘ – Netzwerke von Musikerin-
nen in Wien“, Musikerinnen und ihre Netzwerke im 19. Jahrhundert, hg. von Annkatrin
Babbe und Volker Timmermann, Oldenburg 2016 [Schriftenreihe des Sophie Drinker Insti-
tuts 12], S. 131–148, hier S. 141). Wosnitzka bezieht sich eventuell auf das erst viel spätere
Schreiben Webenaus vom Sommer 1912 (ASC, Briefdatenbank, ID 18053), in dem Weben-
au erwähnt, dass Schönberg sie nach Berlin eingeladen hat (vgl. Anhang Vilma Webenau).
20 Laut Auskunft des Berliner Landesarchivs, Brief an Elisabeth Kappel, 24. Mai 2012.
21 Postkarte von Arnold Schönberg an Alexander Zemlinsky, 1. Januar 1903, ASC, Briefda-
tenbank, ID 6086.
22 Fritz Cortolezis war ein enger Freund Richard Strauss’; zu seinen SchülerInnen zählte auch
Carl Orff. Wie auch beim Lehrer-Schülerin-Verhältnis zu Schönberg ist es bemerkenswert,
dass Cortolezis im selben Alter wie die Komponistin war. Zu Cortolezis’ Kompositionen
zählen einige Bühnenwerke: die Operette Rosemarie (1917) sowie die Opern Das verfemte
Lachen (1924), Der verlorene Gulden (1928) und Das kristallene Herz (1934, unvollendet).
Vor Webenaus Studien bei Cortolezis komponierte er z. B. Musik zu Heinrich Marschners
Oper Der Templer und die Jüdin (1907). Vgl. Meinrad Welker, „Fritz Cortolezis“, Stadt-
lexikon Karlsruhe, online verfügbar unter http://stadtlexikon.karlsruhe.de/index.php/De:
Lexikon:bio-0313, Stand 2011, aufgerufen am 23. September 2019; Alfons Ott, „Cortolezis,
Fritz“, Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Bd. 15: Supplement, hg. von Friedrich
Blume, Kassel 1973, Sp. 1611–1612; „Cortolezis, Fritz“, Riemann Musik-Lexikon, Perso-
nenteil A–K, hg. von Willibald Gurlitt, 12. Auflage, Mainz 1959, S. 343; William D. Gud-
A. Biographisches 209
handener Meldedaten ist Webenaus Studium bei Cortolezis maximal auf die Zeit-
spanne September 1909 bis [Winter] 1912 einzugrenzen.23 Ob Webenau bis zum
Ende ihres Aufenthaltes in und um München auch tatsächlich Cortolezis’ Schüle-
rin war, lässt sich nicht sagen.24 Ab Herbst 1911 dürfte sich Cortolezis nicht mehr
in Deutschland aufgehalten haben.25
Wieso Webenau gerade bei Fritz Cortolezis studierte und weshalb sie diesen In-
strumentationsunterricht nach den Jahren bei Schönberg als notwendig empfand,
ist nicht bekannt. Nach Felix Greissle erachtete es Schönberg als „überflüssig“,
instrumentieren zu lehren.26 Auf Empfehlung Schönbergs dürfte Webenau wohl
nicht zu Cortolezis gekommen sein: Eine Bekanntschaft Schönbergs mit Fritz
Cortolezis lässt sich erst für das Jahr 1928 nachweisen, als dieser in Breslau dessen
Glückliche Hand leitete.27
Webenaus Operneinakter Die Prinzessin ist vielleicht während ihres Unterrichts
bei Cortolezis entstanden, denn der 1918 gedruckte Klavierauszug ist „Herrn Ho-
foperndirektor Fritz Cortolezis“ gewidmet.28
2. Adressen
Für ein besseres Verständnis von Vilma Webenaus Lebensweg lohnt es sich, ihre
Wohnhistorie näher zu beleuchten: Im Laufe ihres Lebens ist sie etwa 40 Mal
umgezogen; 23 Meldungen (18 verschiedene Adressen) liegen allein für Wien vor,
verteilt über das gesamte Stadtgebiet. Nur der Zeitraum 1925–1936 ist lückenlos
erfassbar.29 Manchmal lebte sie nur für wenige Wochen an einem Ort. Auffallend
ist, dass sie nach dem Tod ihrer Mutter im Jahr 1922 fast nur noch als Untermiete-
rin gemeldet war und dass mehrere Adressen mehr als einmal als Wohnorte We-
benaus auftauchen (siehe Tabelle 25).
ger, „Cortolezis, Fritz“, The New Grove Dictionary of Music and Musicians, hg. von Stanley
Sadie, London 1980, Bd. 4, S. 811, bzw. Second Edition, London 2001, Bd. 6, S. 512; Deut-
sches Musiker-Lexikon, hg. von Erich H. Müller, Dresden 1929, Sp. 202; ch, „Fritz Cortole-
zis“, Menschen aus Bayern, online verfügbar unter https://www.hdbg.eu/biografien/detail/
fritz-cortolezis/4446, aufgerufen am 3. August 2019.
23 Webenaus Münchener Meldezettel, Stadtarchiv München (Brief an Elisabeth Kappel, 16.
Oktober 2012). Dort gibt Webenau als Zweck des Aufenthaltes „Musikstudium“ an.
24 Nachforschungen der Verfasserin zu einem eventuellen (Brief-)Nachlass von Fritz Cortole-
zis verliefen erfolglos.
25 Verschiedenen biographischen Einträgen zu Fritz Cortolezis ist zu entnehmen, dass er sich
in den Jahren 1911 und 1912 wegen einer Konzertreise in England vielleicht gar nicht mehr
in München aufhielt (vgl. oben).
26 Notiz Felix Greissles für seine geplante Schönberg-Biographie Arnold Schönberg – Versuch
eines Porträts (Attempt at a portrait), Ms. (o. S.): „Obwohl Schönberg die Strauss-Berlioz
Instrumentationslehre gut und brauchbar fand, hielt er es für überflüssig, Instrumentation zu
unterrichten; denn er war der Ansicht, daß man Instrumentation nur lernt, indem man es
selbst ausprobiert.“ ASC, Felix Greissle Collection B3.
27 Vgl. Schönbergs Briefe an Fritz Cortolezis vom 29. März 1928 (ASC, Briefdatenbank, ID
1445) und 20. Oktober 1928 (ID 1511). Briefe von Cortolezis sind in Schönbergs Nachlass
nicht vorhanden.
28 Webenaus Werke sind grundsätzlich undatiert; in den ebenfalls überlieferten handschriftli-
chen Exemplaren findet sich keine Widmung. Cortolezis war 1913–1918 Hofkapellmeister
am Hoftheater in Karlsruhe (1918 erfolgte die Umbenennung in „Badisches Landestheater“).
29 Laut Auskunft des Wiener Stadt- und Landesarchivs.
210 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Vilma Webenau (1875–1953)
Die nähere Betrachtung von Webenaus häufigen Umzügen gibt einerseits Ein-
blick in ihre schwierigen Lebensumstände. Andererseits dient diese zum Ver-
ständnis des Nachlasses: Die Kenntnis von Webenaus genauen Aufenthalten ist
hilfreich, um einige ihrer Kompositionen und Briefe zeitlich ungefähr einzuord-
nen, da sie keines ihrer Werke datiert, aber auf manche Autographen eine An-
schrift notiert hat.30 Durch Webenaus zahlreiche Umzüge lässt sich wahrscheinlich
der Umstand erklären, wieso sich keine Autographen von bereits gedruckten Wer-
ken oder nur Briefe an Webenaus letzte Adresse im Nachlass befinden (vgl. Ab-
schnitt 6): Alleine die nachgelassenen musikdramatischen Werke umfassen etwa
2000 und ihre Orchesterwerke etwa 600 Seiten, was für jeden Umzug einen erheb-
lichen Aufwand bedeutet. Wahrscheinlich lässt sich daraus auch folgern, dass sie
einerseits nur das Wichtigste mit sich genommen hat (etwa bei gedruckten Kom-
positionen nicht mehr die Handschriften) und andererseits das gesamte im Nach-
lass erhaltene Skizzenmaterial aus den letzten Lebensjahren stammt. Darüber hin-
aus gibt die Kenntnis von Webenaus Anschriften Aufschluss über ihre Beziehung
zu Schönberg, da sich ihre zahlreichen Umzüge teilweise auch über Schönbergs
Adresseinträge nachvollziehen lassen (vgl. dazu Abschnitt 5.2).
Die Angaben in Tabelle 25 setzen sich vor allem aus historischen Meldeunter-
lagen zusammen.31 In der Spalte „Anmerkungen“ sind in erster Linie Webenaus
VermieterInnen angeführt.
Berlin ? [1901/1902] ?
Wien IV., Kolschitzkygasse 6 [1905]–190733 ? Lehmann: 1905–
1907 (Webenau[,]
Wilhelmine Edle v.)
IV., Johann-Strauß-Gasse 18.05.1907– 38 Hauptmeldepartei
15/4 19.07.1910 (HMP) Wilhelmine
Edle v. Webenau
(Lehmann: 1908–
1910); Schönbergs
Adressbuch
München ab 07.09.190934
Schwanthalerstr. 24/4 10.09.1909– 1 Englm[?]
Mandlstraße 1 30.09.1909– 11 Lodemann
04.08.1910
(Polling?35)
Adalber[t]str. 36 51/0 11.08.1910– 1 Edelmann
Barerstraße 61/437 17.09.1910– 12 Kienle; Postkarte an
Schönberg 1911
Herzogstraße 5/2 16.09.1911– 7 Pangerbieter
21.04.1912
Krailling, Albrecht [21.04.1912– [8] Schönberg: Briefe
Dürerstraße 41F 12.1912] und Adressbücher
Graz Lessingstraße 27 [07.1910–
07.1912]
Wien IX., Türkenstraße 9/2/36 02.08.1912– 84 HMP
20.08.1919
(5+)
Fulpmes ? ?
12
Graz Lessingstraße 27/I 03.04.1919– Alexander Petschig38;
04.05.1920 Schönbergs Adress-
buch 39
Wien IV., Pressgasse 28/16 06.05.1920– HMP; Schönbergs
10
12.03.1921 Adressbücher40
33 Die Wiener Meldeunterlagen für die Zeit vor 1907 sind laut Auskunft des Wiener Stadt- und
Landesarchivs nicht erhalten geblieben.
34 Laut Meldezettel.
35 Auf dem entsprechenden Meldezettel steht „4.8.10 abgemeldet Polling“. Möglicherweise
hatte Webenau zunächst vor, nach Polling zu übersiedeln; vielleicht hat sich dann aber etwas
anderes ergeben.
36 Laut Meldezettel „Adalberstr.“.
37 Die Adresse Barerstraße 61 befindet sich im selben Häuserblock wie die Adresse Adalbert-
straße 51. Dieser Umstand erklärt vielleicht die Tatsache, dass Webenau bereits nach etwa
fünf Wochen erneut umzog.
38 Alexander Petschig (1852–1924) war Vilma Webenaus Schwager, der Mann ihrer Schwester
Elisabeth. Seit 10. August 1910 lebte er mit seiner Gattin Elisabeth Petschig (geb. von We-
benau) in der Lessingstraße 27/II. Vermieter dürfte Josef Reitter gewesen sein. Der Sohn
von Alexander und Elisabeth Petschig, Alexander, übergab vier Jahre nach Vilma Webenaus
Tod im Jahr 1957 den Nachlass der Komponistin an die Musiksammlung der Österreichi-
schen Nationalbibliothek.
39 Möglicherweise ist erst die nächste Meldung in der Lessingstraße 27 (ab 1920) gemeint.
40 Es könnte auch erst die nächste Meldung in der Pressgasse 28 (1922) gemeint sein.
212 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Vilma Webenau (1875–1953)
41 Zumindest den Winter dürfte Webenau in Graz verbracht haben, denn ab Herbst 1921 unter-
richtete sie an der Grazer Musikschule Buwa. Vgl. „Unterrichtswesen“, Neues Grazer Tag-
blatt (Erste Morgenausgabe) 31, Nr. 613 (10. September 1921), S. 6. Vgl. zur Musikschule
Buwa Anm. 76.
42 Vgl. Anm. 38.
43 Josefine Ritschel war im Jahr 1925 Lehrerin im Ruhestand und Eigentümerin des Hauses
Gentzgasse 128 (Adolph Lehmann’s allgemeiner Wohnungs-Anzeiger [„Lehmann“] von
1925, Bd. 3, S. 237, hier „Rirschel“; laut Bd. 1, S. 1503: Bürgerschullehrerin und Eigentü-
merin von Genzgasse 12 [sic].
44 Laut Wiener Stadt- und Landesarchiv „,R. Kvones‘ schlecht lesbar“; eventuell handelt es
sich um Rosa Kovacs (im Lehmann unter der Adresse Taubstummengasse 8 geführt).
45 Unterschrift laut Wiener Stadt- und Landesarchiv unleserlich. Die Klavier- und Gesangsleh-
rerin Mathilde Helm, ebenfalls Mitglied des Clubs der Wiener Musikerinnen, war laut Leh-
mann Anfang der 1930er Jahre ebenfalls in der Rochusgasse wohnhaft.
46 Marie Reuter war laut Lehmann (z. B. 1936) Musiklehrerin.
A. Biographisches 213
1885 übersiedelte Vilma Webenau mit ihrer Familie nach Graz, wo sie sicher mit
ihrer ebenfalls in Graz lebenden Großmutter, der Komponistin Julie von Webenau
(1813–1887), enger in Kontakt kam. Dort dürfte sie zumindest bis zum Tod ihres
Vaters im Jahr 1889 gewohnt haben.51 Spätestens im Jahr 1892 ist die Familie
nach Wien gezogen.52
Um 1902 war Webenau eigenen Angaben zufolge wegen ihres Unterrichtes bei
Arnold Schönberg in Berlin; wann genau oder wo ist nicht eruierbar.53 Bis Juli
1910 – so die offiziellen Meldeunterlagen – wohnte Vilma Webenau wieder in
Wien bei ihrer Familie, die sich zu diesem Zeitpunkt aus ihrer Mutter und ihrer
Schwester Elisabeth zusammengesetzt haben dürfte.54
47 Die Berliner Straße wurde 1945 wieder in Heiligenstädter Straße umbenannt. Das Haus
Berliner Straße 139 entspricht jetzt der Heiligenstädterstraße 339.
48 [Marie] Öttl war laut Lehmann Musikschulprofessorin.
49 Laut Wiener Stadt- und Landesarchiv „Bischoffa... ([R]est unlesbar)“. Im Lehmann von
1942 (letzter erschienener Band) scheint eine Wilhelmine Bischoff auf, jedoch unter einer
anderen Adresse (Schwenglerstraße [sic, eigtl. Schweglerstraße] 56 bzw. Krebsengarten-
gasse 7). Unter der Adresse Sterngasse 2 ist im Jahr 1942 (noch) niemand mit diesem oder
einem ähnlichen Namen angeführt.
50 Laut Lehmann; dem Wiener Stadt- und Landesarchiv zufolge Rabensteiner.
51 Vilma Webenaus Vater Art(h)ur Weber von Webenau starb am 27. Dezember 1889 in Graz
(Haas, „Webenau Vilma von“, S. 386).
52 Vilma Webenaus Mutter ist als Wilhelmine Weber Edle v. Webenau ist im Lehmann ab
1892 geführt („Veränderungen während des Druckes und Nachbesserungen“). Ab Februar
1895 finden sich Nachweise für Webenaus Konzerttätigkeit in Wien. Spätestens ab 1899
nahm sie dann bei Schönberg Privatunterricht (laut Webenaus autobiographischen Eintrag in
Dem Lehrer Arnold Schönberg [Anm. 2]).
53 In der alten Berliner Einwohnermeldekartei 1875–1960 sind entsprechende Meldedaten
nicht erhalten.
54 Vilma Webenaus Schwester Elisabeth (verh. Petschig) lebte ab spätestens August 1910 mit
ihrem Ehemann Alexander Petschig in Graz (Lessingstraße 27/II, vgl. Anm. 38); ihr jünge-
rer Bruder Arthur starb am 9. September 1899 18-jährig in Wien (Haas, „Webenau Vilma
von“, S. 386).
214 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Vilma Webenau (1875–1953)
Ab 7. September 1909 hielt sich Vilma Webenau für ihr weiteres Musikstudium
in München auf.55 Dort lebte sie, an sechs verschiedenen Adressen, zumindest bis
April 1912.56 Mit 21. April meldete sie sich nach Krailling (im Südwesten von
München) ab. Wann genau sie wieder zurück nach Wien übersiedelte, ist nicht
bekannt, wahrscheinlich aber erst Ende des Jahres 1912: Zwar war Webenau be-
reits ab Anfang August 1912 wieder in Wien gemeldet; zwei Briefen an Schönberg
vom Sommer bzw. Winter 1912 ist jedoch zu entnehmen, dass sie noch den Rest
des Jahres 1912 in der Nähe von München verbrachte:
„Ich bin schon seit April hier [in Krailling]. Eine halbe Stunde von München am Wege
nach Starnberg. Da ich gut untergebracht bin u. auch die Verbindung mit der Stadt nicht
schlecht ist bleibe ich wahrscheinlich auch über den Winter hier.“57
bzw.
„Ich feiere in Planegg u. fahre wahrscheinlich über die Weihnachtsfeiertage nach Graz[,]
da ich meine Angehörigen ja schon seit 3 Jahren nicht mehr gesehen habe.“58
„ganz“ nach Wien, wie auch einem Brief an Schönberg zu entnehmen ist.62 Ab
diesem Zeitpunkt war sie fast immer als Untermieterin gemeldet: Zwischen Herbst
1922 und Frühjahr 1930 lebte Webenau mit mehrfachen Unterbrechungen insge-
samt fast fünf Jahre lang „bei Gräfin Gerta Walterskirchen“63 im Savoyen’schen
Damenstift in der Johannesgasse 15. Dazwischen wechselte sie mehrmals ihre
Adresse. Webenaus „Wohnungsgeber“Innen64 dürften zumindest in einigen Fällen
Bekanntschaften aus dem Club der Wiener Musikerinnen gewesen sein.65 Für die
Monate Februar bis Oktober 1925 ist Webenaus Wohnort nicht bekannt; möglich-
erweise war sie in dieser Zeit in Ungarn wohnhaft.66 Im Jahr 1928 war Webenau
zum letzten Mal als Hauptmieterin gemeldet; unter dieser Adresse (In der Hagenau
5) ist sie im Telefonbuch als Komponistin verzeichnet.67
Unter Webenaus Wohnverzeichnis tauchen neben der Lessingstraße in Graz
und der Johannesgasse in Wien auch noch weitere Wiener Adressen auf, an denen
sie mehr als einmal gemeldet war: Pressgasse 28 und 2968 (1920–1921, 1922,
1948–1951 bzw. 1934–1935) sowie Beethovengang 16 und 14 (1936–1943? bzw.
1944–1948?). In der Wohnung in der Pressgasse 28 lebte Webenau Anfang der
1920er Jahre interessanterweise zunächst als Hauptmeldepartei und mehr als 20
Jahre später als Untermieterin. Die nebeneinanderliegenden Hausnummern bestä-
tigen wohl die Annahme, dass die Komponistin bei Bekanntschaften unterkam.
Für die Jahre 1936–1948 sind Webenaus Wohnorte nicht lückenlos erfassbar.
Die bekannten Adressen (siehe Tabelle 25) sind wahrscheinlich dennoch ihre ein-
zigen Aufenthaltsorte in dieser Zeit. Die Meldedaten sind dahingehend nicht ein-
deutig: Entweder lebte Webenau die ganze fragliche Zeit über an diesen Adressen,
oder sie hielt sich dazwischen mindestens einmal an einem anderen Ort auf.69 Vor
März 1948 scheint es zumindest so, als müsste sie anderswo gelebt haben, da sie
laut überlieferter Meldeunterlagen zweimal hintereinander an der Adresse
Beethovengang70 14/4 gemeldet war. Vielleicht musste sich Webenau aber einfach
62 Brief von Vilma Webenau an Arnold Schönberg, [September/Oktober 1922], ASC, Brief-
datenbank, ID 18051: „Jetzt bin ich ganz nach Wien gezogen“.
63 Vgl. Brief von Vilma Webenau an Schönberg, [September/Oktober 1922], ASC, Brief-
datenbank, ID 18051, und Schönbergs Adressbuch, ASC, Bildarchiv, ID 3928; in den ent-
sprechenden Meldeunterlagen unterschrieb Gerta (eigtl. Gertrude) Walterskirchen als Woh-
nungsgeberin (durch das Wiener Stadt- und Landesarchiv u. a. übermittelt als „Gerta G.
Walterskircher“).
64 Bezeichnung „Wohnungsgeber“ durch das Wiener Stadt- und Landesarchiv; bis auf eine
Ausnahme waren dies immer Frauen.
65 Siehe Abschnitt 3.1.
66 Auf einem Meldezettel ist als vorheriger Wohnort „Doronka, Ungarn“ vermerkt; ein ent-
sprechender Ort ließ sich jedoch nicht ausfindig machen.
67 Laut den historischen Meldeunterlagen im Wiener Stadt- und Landesarchiv lebte Webenau
an der Adresse In der Hagenau 5 nur etwa 10 Monate (bis Anfang Oktober 1928, vgl. Tabel-
le 25); in Adolph Lehmann’s allgemeiner Wohnungs-Anzeiger („Lehmann“) ist sie unter die-
ser Adresse jedoch ab 1928 bis zum Jahr 1931 verzeichnet.
68 Gerlinde Haas gibt fälschlich Pressgasse 18 und 19 an („Webenau Vilma von“, S. 388) und
wahrscheinlich davon abgeleitet Susanne Wosnitzka ebenfalls („Netzwerke von Musikerin-
nen in Wien“, S. 145, Anm. 58).
69 Dieses Hin- und Herwechseln zwischen diesen Adressen erscheint vielleicht unlogisch, ist
aber aufgrund der Tatsache, dass Webenau öfters an denselben Adressen gemeldet war, si-
cher nicht ganz auszuschließen.
70 Laut Wiener Stadt- und Landesarchiv wahrscheinlich falsch entziffert „Beethovengasse“
(transkribierte Übermittlung).
216 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Vilma Webenau (1875–1953)
noch einmal neu anmelden, weil entweder die Besitzerin einen anderen Familien-
namen annahm, oder sich die Besitzverhältnisse geändert haben (Paula Olejnik zu
Paula Frank).
Im Jahr 1948 zog Webenau ein drittes Mal in die Pressgasse 28, diesmal als
Untermieterin und für mehr als zwei Jahre. Danach übersiedelte sie für zwei Mo-
nate in den ersten Bezirk. Ihre letzten zweieinhalb Lebensjahre verbrachte die
Komponistin in der Christian-Bucher-Gasse. Am 9. Oktober 1953 starb Vilma
Webenau im Wiener Wilhelminenspital;71 vier Tage später wurde sie am Wiener
Zentralfriedhof beigesetzt.72
71 Zu den Todesumständen der Komponistin erhielt die Verfasserin keine Auskunft, da „Kran-
kengeschichten 30 Jahre aufbewahrt werden und anschließend vernichtet werden“. Siehe E-
Mail von Anna M. Mörth (Wilhelminenspital der Stadt Wien) an Elisabeth Kappel, 15. De-
zember 2011.
72 Unter dem Namen Wilhelmine Webenau. Das Grab wurde im Jahr 1968 neu vergeben. E-
Mail von Andreas Mrkvicka (Friedhöfe Wien GmbH) an Elisabeth Kappel, 16. Dezember
2011.
73 Siehe z. B. Adolph Lehmann’s allgemeiner Wohnungs-Anzeiger („Lehmann“) von 1928, in
dem bei Webenau als Beruf Komponistin angegeben ist.
74 Siehe Webenaus Anmeldung bei der AKM im Jahr 1949, vgl. Abschnitt 8.1.
75 Susanne Wosnitzka gibt (ohne Nachweis) an, dass Webenau seit 1909 in München unter-
richtete („Netzwerke von Musikerinnen in Wien“, S. 141). Vielleicht ist dies eine Missinter-
pretation von Webenaus Notiz im Album Dem Lehrer Arnold Schönberg (Anm. 2): „Nach-
dem ich mehrere Jahre mit Unterbrechungen bei Schönberg studiert hatte, arbeitete ich auf
eigene Faust weiter u. lernte dann bei [Fritz] Cortolezis in München instrumentieren“, wo-
mit Webenau natürlich ihre selbstständige Auseinandersetzung mit Komposition gemeint
haben muss.
76 Vgl. „Unterrichtswesen“ (Anm. 41), S. 6. Die von Johann Buwa gegründete Musik-
Bildungs-Anstalt war eine renommierte Musikschule in Graz. Zur Musikschule Buwa im 19.
Jahrhundert siehe Ingeborg Harer in Karin Marsoner und dies., Künstlerinnen auf ihren We-
A. Biographisches 217
20. Oktober [1921]: Über das alte Tonsystem. Bis zum Höhepunkt der niederländischen
Schule.
27. Oktober: Der Umschwung. Oper. Begründung des modernen Tonsystems.
3. November: Die Klassiker.
10. November: Die Romantiker.
17. November: Wagner, Brahms und Bruckner.
22. November: Strauß [sic], Mahler, moderne Musik.78
Im Herbst 1922 berichtet Webenau Schönberg von einem weiteren 6-teiligen Vor-
tragszyklus „über Musik einst und jetzt“, der dieselben Einzeltitel umfasst wie im
Herbst des Vorjahres, und den sie in ca. zweiwöchentlichen Abständen zwischen
5. November 1922 und 4. Februar 1923 hielt.79 Im selben Brief schreibt sie, dass
sie „unter der Woche sehr angehängt“ sei, äußert sich aber nicht über die Ursa-
chen; eventuell lässt sich dadurch auf eine rege Unterrichtstätigkeit schließen.
Nach Ende dieser Vortragsreihe hielt Webenau im Februar und März 1923 wieder
gen. Ein Nachtrag – Zur Geschichte des Grazer Musiklebens im 19. Jahrhundert, Graz 2003
(Grazer Gender Studies 9), S. 79–87.
77 Vgl. Jeanne Suzanne Rosenstein, „Quellen zu Vilma Weber von Webenau in der Öster-
reichischen Nationalbibliothek, Musiksammlung“, online verfügbar unter http://mugi.hfmt-
hamburg.de/old/A_materialsammlungen/webe1875/WebervonWebenauRosenstein.pdf, auf-
gerufen am 5. September 2018.
78 Neues Grazer Tagblatt (Erste Morgenausgabe) 31, Nr. 706 (16. Oktober 1921), S. 8.
79 Beilage zu Webenaus Brief an Arnold Schönberg, [September oder Oktober 1922], (ASC,
Briefdatenbank, ID 18051). Zur Datierung siehe Anm. 138.
218 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Vilma Webenau (1875–1953)
sechs Vorträge unter dem Titel „Musik einst und jetzt“, diesmal im Klubsaal der
Wiener Urania.80
Georg Hauer überliefert in seiner Chronik des Clubs der Wiener Musikerinnen
weitere Vorträge Webenaus in den Jahren 1917 („Cyclus von Kuhnau bis Richard
Strauss“) und 1929 (Vorträge über Musikgeschichte: „über moderne Musik“),
leider aber ohne nähere Angaben.81
Dass Webenau als Musiklehrerin tätig war, geht auch aus ihrer Mitgliedschaft
im Club der Wiener Musikerinnen hervor, der 1886 als (musikpädagogischer)
Verein der Musiklehrerinnen gegründet wurde.82 Seit wann Webenau diesem Ver-
ein angehörte, ist nicht bekannt, ziemlich sicher aber nicht vor 1915.83 Ein mögli-
cher erster Bezug findet sich in ihrem Brief vom September oder Oktober 1922 an
Arnold Schönberg, in dem Webenau ihn über ihre bevorstehende Vortragsreihe
„über Musik einst und jetzt“ informiert: „Karten sind im Verein der Musiklehre-
rinnen I Tuchlauben 11 im neuen Frauenklub [...] zu haben.“84 Georg Hauer be-
80 Wiener Morgenzeitung 5, Nr. 1440 (15. Februar 1923), S. 5; Neue Freie Presse (Morgen-
blatt), Nr. 20.996 (22. Februar 1923), S. 8; Wiener Morgenzeitung 5, Nr. 1447 (22. Februar
1923), S. 5; Wiener Morgenzeitung 5, Nr. 1454 (1. März 1923), S. 6; Wiener Morgenzeitung
5, Nr. 1461 (8. März 1923), S. 5; Wiener Morgenzeitung 5, Nr. 1468 (15. März 1923), S. 5;
Wiener Morgenzeitung 5, Nr. 1475 (22. März 1923), S. 5; Neue Freie Presse (Morgenblatt),
Nr. 21024 (22. März 1923), S. 9. Aus den Zeitungsankündigungen geht nicht hervor, ob es
sich um einzelne Vorträge oder wieder um eine Vortragsreihe handelt.
81 E-Mail von Eleonore Hauer-Rona an Elisabeth Kappel, 2. Januar und 5. November 2013
bzw. Georg Hauer, Club der Wiener Musikerinnen: Geschichte und kulturpolitische Bedeu-
tung der Vereinigung von ihrer Gründung 1886 bis zur Gegenwart, Dissertation, Wien
1998, Bd. 3, S. 471 (Archiv Musikerinnen II/N/180) und Bd. 4, S. 590 (Archiv Musikerin-
nen II/S/236). Vgl. auch Haas, „Webenau Vilma von“, S. 387. Aus Georg Hauers missver-
ständlicher Formulierung könnte man vermuten, Webenau habe den Vortrag „Cyclus von
Kuhnau bis Strauss“ 1932/33 gehalten; laut Eleonore Hauer-Rona beziehen sich diese Jah-
reszahlen aber auf Hermine von Oesterwitz. Bedauernswerterweise ist das Archiv des Clubs
der Wiener Musikerinnen für weitere Nachforschungen nicht zugänglich. Eleonore Hauer-
Rona gibt an, dass „Vorträge [...] lediglich auf einer Liste der Veranstaltungen [...] im Titel
angeführt [sind], allerdings ohne genaue Datumsangabe“ (E-Mail an Elisabeth Kappel, 5.
November 2013).
82 Vgl. dazu etwa das Online-Portal der Österreichischen Nationalbibliothek Frauen in Bewe-
gung: 1848–1938. Biographien, Vereinsprofile, Dokumente, online verfügbar unter http://
www.fraueninbewegung.onb.ac.at/Pages/OrganisationenDetail.aspx?p_iOrganisationID=86
75511, aufgerufen am 18. September 2019. Der Club der Wiener Musikerinnen wurde 1886
als Verein der Wiener Musiklehrerinnen gegründet; ab 1888 Musik-Pädagogischer Verein
der Musiklehrerinnen, seit 1934 Club der Wiener Musikerinnen, siehe z. B. Monika Voit-
hofer, Die Rolle von Komponistinnen, Interpretinnen und Musikwissenschafterinnen in der
Institution „Internationale Gesellschaft für Neue Musik“ (IGNM), Masterarbeit, Universität
für Musik und darstellende Kunst Graz 2015, S. 32. Der Einfachheit halber ist im Folgenden
unabhängig von der korrekten zeitgemäßen Bezeichnung des Vereines vom Club der Wiener
Musikerinnen die Rede.
83 Die achtbändige Dissertation von Georg Hauer (Club der Wiener Musikerinnen) gibt dar-
über leider keinen Aufschluss. Mitgliederlisten aus der entsprechenden Zeit sind laut Eleo-
nore Hauer-Rona, Präsidentin des Vereins, nur teilweise vorhanden und nicht für For-
scherInnen zugänglich (z. B. E-Mail von Hauer-Rona an Elisabeth Kappel, 2. Januar und 1.
September 2013). Im Rechenschaftsbericht für die Jahre 1912/1913 bzw. 1913/1914 ist We-
benau nicht als Mitglied angeführt. Die Annahme Wosnitzkas, dass Webenau bereits seit der
Jahrhundertwende Mitglied gewesen sein „muss“ („Netzwerke von Musikerinnen in Wien“,
S. 145), ist unbegründet.
84 Brief von Vilma Webenau an Arnold Schönberg, [September oder Oktober 1922], ASC,
Briefdatenbank, ID 18051.
A. Biographisches 219
richtet, dass Webenau Anfang Mai 1929 mit einem Vortrag „Über moderne Mu-
sik“ im Verein „zu Gast“ war. 85 Möglicherweise ist aus seiner Wortwahl zu
schließen, dass Webenau zu dieser Zeit noch nicht Mitglied war. Spätestens im
Januar 1934 zählte sie jedenfalls dazu, wie aus einer Ankündigung von Webenaus
Kompositionsabend zu entnehmen ist.86
In Zusammenhang mit dem Club der Wiener Musikerinnen hielt Webenau be-
reits ab 1917 mehrmals Vorträge zu musikgeschichtlichen bzw. -theoretischen
Themen (siehe dazu weiter oben sowie Tabelle 27). Erst viel später dürfte sich für
sie die Gelegenheit geboten haben, über den Verein eigene Werke aufzuführen
(vgl. dazu auch Abschnitt 8.2): Der Autorinnenabend im Wiener Neuen Frauen-
klub am 19. Januar 1932, bei dem auch Werke von Webenau zu Gehör gebracht
wurden, dürfte eine Vereinsveranstaltung gewesen sein, da es in einer Bespre-
chung dazu heißt, dass sich „die Präsidentin des Vereines der Musiklehrerinnen
Marie Schneider-Grünzweig [...] besondere Verdienste um das Zustandekommen
und Gelingen des Abends erwarb“.87 Webenaus Kompositionsabend am 19. Januar
1934 stand möglicherweise ebenfalls mit dem Club der Wiener Musikerinnen in
Zusammenhang, da in einer Konzertankündigung zu lesen ist: „Unser Mitglied
Wilma Webenau veranstaltet [...]“.88 Bei der Vereinsveranstaltung „Musikschaf-
fende Frauen der Gegenwart“ am 28. April 1937 war Webenau nicht unter den
präsentierten Komponistinnen.89 Ab 1949 gab es eine Veranstaltungsreihe „Kom-
positionsabende von komponierenden Klubmitgliedern“.90 Innerhalb dieser Reihe
gelangte am 25. Mai 1952 im Hugo-Wolf-Saal des Wiener Konzerthauses Webe-
naus Liederzyklus Irdische und himmlische Liebe zur Aufführung. Am 8. März
1953 erklang im Rahmen der 50-Jahr-Feier des Bundes Österreichischer Frauen-
vereine (BÖFV) ebenfalls Irdische und himmlische Liebe im Hugo-Wolf-Saal.91
Nach Georg Hauer wurden auch am 20. Mai 1951 Kompositionen von Webenau
aufgeführt.92 Daneben gibt Hauer an, dass zwischen 1947 und 1956 nur bei zwei
85 Hauer, Club der Wiener Musikerinnen, Bd. 4, S. 590 und 714 (Archiv Musikerinnen II/S/
236).
86 „Unser Mitglied Wilma Webenau“, siehe „Verbandsverein Nr. 22. Verein der Musiklehre-
rinnen in Wien“, Österreichische Musiker-Zeitung 42, Nr. 1 (Januar 1934), S. 6.
87 Das Wort der Frau 2, Nr. 4 (24. Januar 1932), S. 6.
88 „Verbandsverein Nr. 22. Verein der Musiklehrerinnen in Wien“, Österreichische Musiker-
Zeitung 42, Nr. 1 (Januar 1934), S. 6. Aufgrund der Formulierung ist aber wahrscheinlicher,
dass im Rahmen der Vereinsnachrichten Werbung für Webenaus Konzertabend gemacht
wurde.
89 Laut Jakob Försters einleitender Ansprache wurden Werke der Komponistinnen Emma von
Fischer, Mathilde von Kralik, Johanna Müller-Hermann und Elsa Wellner aufgeführt. Jakob
Förster, „Klub der Musikerinnen (vormals Musiklehrerinnen)“, Österreichische Nationalbib-
liothek, Musiksammlung, Nachlass Mathilde Kralik, F53.Kralik.283, vgl. auch 282.
90 Hierzu gibt es lediglich einen schriftlichen Hinweis von Olga von Hueber-Mansch, dass bei
der Generalversammlung vom 16. Oktober 1949 eine Veranstaltung „Unsere Komponistin-
nen“ erwähnt wird, bei der Werke von neun Komponistinnen aufgeführt wurden. E-Mail
von Eleonore Hauer-Rona an Elisabeth Kappel, 5. November 2013, bzw. Depot Musikerin-
nen OHM 16/10/49, S. 3 ff.
91 Hauer, Club der Wiener Musikerinnen, Bd. 5, S. 823 f. bzw. 858 f. Laut Auskunft von Erwin
Barta finden sich im Archiv des Wiener Konzerthauses keine Informationen zu diesen Ver-
anstaltungen (E-Mail an Elisabeth Kappel, 11. Juli 2017).
92 Hauer, Club der Wiener Musikerinnen, Bd. 5, S. 821. Hauer führt für den 20. Mai 1951 ein
„Konzert von Webenau“ an, erwähnt aber nicht, welche Komposition(en) dargeboten wur-
de(n). Als Quelle nennt er die Zeitschrift Frauen-Rundschau, Nr. 5 (Mai 1951), S. 21, wo
220 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Vilma Webenau (1875–1953)
sich jedoch keine entsprechende Information findet. Nach Hauer fand das Konzert am 25.
Mai 1952 in „abgeänderter Form“ statt (Hauer, Bd. 5, S. 822).
93 Hauer, Club der Wiener Musikerinnen, Bd. 6, S. 1201. Hauer nennt nicht die Titel der Kom-
positionen.
94 Hauer, Club der Wiener Musikerinnen, passim.
A. Biographisches 221
nen kennengelernt haben, denn beide waren laut Wiener Adressbüchern (Adolph
Lehmann’s allgemeiner Wohnungs-Anzeiger, „Lehmann“) Musiklehrerinnen. Ob
es sich tatsächlich in allen Fällen um dieselben Wohnungen handelt, lässt sich
nicht definitiv sagen, da weder in Hauers Aufstellungen noch im Lehmann Etage
und Türnummer angegeben sind.
Tabelle 28: Vilma Webenaus Wohnorte über Club der Wiener Musikerinnen?
Adresse (Wien) Meldedaten Vilma Webenau Club der Wiener Musikerinnen
Kolschitzkygasse 6 ?–1907; Hauptmeldepartei Hildegard Schuster zumindest
1924
Gentzgasse 128 17.10.1925–02.12.1925; Marie Schneider von Grünzweig
bei Josefine Ritschel zumindest 1912–1937
Rochusgasse 10 15.03.1930–13.07.1934; Mathilde Helm, Klavier- und
[VermieterIn unleserlich] Gesangslehrerin, zumindest 1913–
1919; laut Lehmann auch noch
Anfang der 1930er Jahre
Fuchsthallergasse 12 15.10.1935–04.01.1936; Marie von Grünzweig zumindest
bei Marie Reuter, Musiklehrerin 1893–1901
Berliner Straße95 139 05.07.1943–? Marie Öttl
M[arie?] von Grünzweig (Winter). Die Vermutung liegt nahe, dass es sich dabei
um Bekanntschaften aus dem Club der Wiener Musikerinnen handelt. Der Name
Trude von Guttmann könnte aber auch ein Pseudonym von Vilma Webenau sein
(vgl. Abschnitt 9.1).100 M. von Grünzweig ist vermutlich identisch mit Marie von
Grünzweig bzw. Schneider-Grünzweig/Schneider von Grünzweig (1866–1941),
die 1874–1941 Präsidentin des Frauenklubs und 1892–1938 Präsidentin des Clubs
der Wiener Musikerinnen war.
Alle drei Lieder sind höchstwahrscheinlich vor 1920 entstanden,101 was darauf
hindeuten würde, dass Webenau bereits in den 1910er Jahren enge Kontakte mit
dem Club der Wiener Musikerinnen pflegte.
3.4. Nachruf
Erst einige Monate nach Vilma Webenaus Ableben am 9. Oktober 1953 war die
Nachricht von ihrem Tod zum Club der Wiener Musikerinnen durchgedrungen.
Bei einer Vereinssitzung am 10. Januar 1954 verlas Olga Hueber-Mansch (als
Präsidentin des Vereins), die erst kurz davor von Webenaus Tod erfahren hatte, ein
paar Zeilen, in denen Webenaus schlechte finanzielle Situation sowie ihr beschei-
dener Charakter erwähnt sind:
„[...] Vilma von Webenau lebte und starb in ärmlichen Verhältnissen, nur auf den Ertrag
ihrer Kleinrente angewiesen, in einem bescheidenen Kabinett im 21. Bezirk. Es kam nie
eine Klage über ihre Lippen, sie freute sich und war dankbar für jede Aufmerksamkeit,
und die letzte, wohl allergrösste Freude bereitete ihr die auch künstlerisch vollendete Wie-
dergabe des genannten Werckes [sic]. Niemand von uns wusste von ihrer Erkrankung, von
ihrem nahenden Ende. [...] Bescheiden, wie sie im Leben war, ging sie von uns.“102
4. Diverses
4.1. Name
Geboren wurde Vilma Webenau als Wilhelmine Eveline Maria Weber von We-
benau.103 In Meldeunterlagen, Zeitungsberichten und anderen Dokumenten tau-
chen jedoch die unterschiedlichsten Varianten dieses Namens auf – des Vorna-
mens sowie des Familiennamens. Webenau selbst verwendet in ihren Briefen und
auf ihren Kompositionen nur den Vornamen Vilma bzw. die Schreibweisen Vilma
von Webenau, Vilma Webenau und VilmavWebenau104 (siehe dazu Abschnitt
9.2.6). Zwei genealogische Taschenbücher führen unter dem Eintrag „Weber Edle
100 Eventuell könnte auch eine Verwandtschaft mit Luise/Louise Guttmann vorliegen, mit der
Webenau im Jahr 1899 konzertierte.
101 Vgl. Abschnitt 9.2.5.
102 Hauer, Club der Wiener Musikerinnen, Bd. 5, S. 868 bzw. 875–876 (Depot Musikerinnen
OHM 25/1/54, S. 8 f.).
103 Laut Taufschein, vgl. Haas, „Webenau Vilma von“, S. 385.
104 Bei der Variante „VilmavWebenau“ sind Vor- und Nachname ohne Absetzen geschrieben.
Die Verbindungslinie ist als „v“ deutbar und daher wahrscheinlich ein abgekürztes „von“.
A. Biographisches 223
von Webenau“ als Vornamen ebenfalls Vilma an. 105 Die Vornamensvariante
Wilma taucht nur bei anderen auf (Konzertberichte, Schönbergs Adressbücher,
Abschrift des Liedes Befreiung). Ihren eigentlichen Vornamen Wilhelmine, den sie
1909 und 1919 bei An- bzw. Ummeldungen von Wohnsitzen nennt106 und unter
dem ihr Grab am Wiener Zentralfriedhof aufschien, gibt sie bei keiner ihrer Kom-
positionen an.
Eventuell nannte sich Webenau um die Wende zum 20. Jahrhundert in Ablei-
tung ihres richtigen Familiennamens (Weber von Webenau) Vilma Weber: Um
1900 taucht in mehreren Zeitungen die Variante Vilma Weber auf, wobei eindeu-
tig Vilma Webenau gemeint ist.107 Daher könnte es sich bei dem Lied Sag’ mir,
warum, welches 1902 bei Tourbié als Musikdruck erschien, um eine Komposition
von Vilma Webenau handeln.
Ab 1919 durfte wegen des Adelsaufhebungsgesetzes u. a. das Adelszeichen
„von“ nicht mehr verwendet werden. Dem entsprechend lauten Webenaus Einträge
in Adolph Lehmann’s allgemeiner Wohnungs-Anzeiger (Wiener Adressbücher,
„Lehmann“) in den Jahren 1928–1931 alle auf Vilma Webenau. Sie nannte sich
aber schon vor 1919 Vilma Webenau (siehe z. B. Briefe an Arnold Schönberg von
1911 und 1912) und noch danach Vilma von Webenau (etwa auf dem Titelblatt der
Komposition Lieder der Geisha, ONB 34, oder für ihre Vorträge im Winter
1922/1923; auch VilmavWebenau). Ein Meldezettel in Graz vom März 1919 ist
mit beiden Vornamensvarianten Vilma (auf der Zeile) und Wilhelmine (darunter)
und noch mit „Webenau von“ ausgefüllt. Auch auf ihren Wiener Meldezetteln
kommen unterschiedliche Namensvarianten vor.108 Bei Clemens Gruber – als Bei-
spiel für die vielfältige Verwendung von Webenaus Namen in der Literatur –
kommen vier unterschiedliche Varianten vor, die sich sonst nirgends finden: Wil-
helmine Webenau bzw. innerhalb eines Buches Vilma Weber von Webenau, We-
ber Webenau sowie Weber-Webenau.109 Der Nachlass der Komponistin in der
105 Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser, 11. Jahrgang, Brünn 1886, S. 558; und
1892, S. 892.
106 Auf dem Münchener Meldezettel von 1909 steht Wilhelmina (sic?; könnte auch Wilhelmine
sein).
107 Vgl. „Vereinsnachrichten [Wohltätigkeitsfest]“, Deutsches Volksblatt (Abend-Ausgabe) 11,
Nr. 3614 (23. Jänner 1899), S. 6; „Vereinschronik“, Das Vaterland (Abendblatt) 40, Nr. 26
(26. Jänner 1899), S. 3; Grazer Volksblatt 32, Nr. 23 (28. Jänner 1899), S. 9; „Correspon-
denzen“, Südsteirische Post (Marburg) 29, Nr. 9 (1. Februar 1899), S. 4; „Vereinschronik“,
Volksblatt für Stadt und Land 30, Nr. 5 (1. Februar 1899), S. 7–8. Bei jener Vilma Weber,
die am 21. Februar 1904 (S. 14, Eheaufgebot, evangelisch) sowie am 28. Januar 1911 (S. 10,
„Mädchen“ am Genfer Ball) im Pester Lloyd erwähnt wird, handelt es sich vermutlich nicht
um die Komponistin.
Vgl. auch Lehmann (Wiener Adressbuch): Bis zum Jahr 1902 ist Webenaus Mutter unter
„Weber[,] Edle v. Webenau Wilhelmine“ eingetragen, ab 1905 (ohne Weber) unter „We-
benau[,] Wilhelmine Edle v.“, vgl. Tabelle 25. (In den Jahren 1903 und 1904 findet sich
kein entsprechender Eintrag.)
108 Laut den historischen Meldeunterlagen im Wiener Stadt- und Landesarchiv „Vilma (auch als
Wilhelmine) (von) WEBENAU“ (E-Mails an Elisabeth Kappel, 21. Dezember 2011, 30.
Dezember 2011 und 9. März 2012). Wann Webenau sich unter welcher Namensvariante
eingetragen hat, geht aus den elektronisch zusammengefasst übermittelten Meldeunterlagen
nicht hervor.
109 Clemens M. Gruber, Opernuraufführungen. Ein internationales Verzeichnis von der Renais-
sance bis zur Gegenwart, Bd. 3: Komponisten aus Deutschland (der Bundesrepublik
Deutschland, der Deutschen Demokratischen Republik), Österreich und der Schweiz. 1900–
224 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Vilma Webenau (1875–1953)
1977, Wien 1978, S. 193–194; bzw. ders., Nicht nur Mozarts Rivalinnen, S. 90, 172–173
und 177. Im Beitrag selbst wird die Komponistin nur bei ihrem Vornamen genannt. Im
nachgelieferten 1. Band seiner Publikation Opernuraufführungen (mit Korrekturen und Er-
gänzungen) verwendet Gruber interessanterweise die Schreibweise Vilma Webenau
(Opernuraufführungen. Ein internationales Verzeichnis von der Renaissance bis zur Ge-
genwart, Bd. 1: Uraufführungen von Opern deutscher, österreichischer und Schweizer
Komponisten vor 1800 sowie ein Nachtrag und ein Korrekturverzeichnis zu den Bänden 2
und 3, Wien 1994, S. 401).
110 Autobiographische Notiz im Album Dem Lehrer Arnold Schönberg (Anm. 2).
111 Brief von Vilma Webenau an Alban Berg, [ca. 1930–1934], ONB, Musiksammlung, Nach-
lass Alban Berg, F21.Berg.1135.
A. Biographisches 225
ter nicht. Hoffentlich ändert sich das in absehbarer Zeit[,] da die beiden Tanten
sich endlich entschlossen haben.“112 Ab 1922 – augenscheinlich in Zusammenhang
mit dem Tod ihrer Mutter – findet sie sich fast nur noch als Untermieterin, davon
mehrere Jahre in einem Damenstift (Johannesgasse 15). Oft verbrachte sie in die-
sen Wohnungen nur einen sehr kurzen Zeitraum. Um 1950 wollte sie aus finanziel-
len Gründen aus der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik (IGNM) wieder
austreten, da sich ihre Umstände „so verschlechtert [haben]“. Webenau bekam in
ihren letzten Lebensjahren kleine Bezüge aus öffentlichen Geldern, und Clemens
Gruber gibt an, dass sie 1953 „völlig verarmt“ starb.113 Dem Nachruf des Clubs
der Wiener Musikerinnen zufolge wohnte sie zuletzt „in einem bescheidenen Ka-
binett“ und „lebte und starb in ärmlichen Verhältnissen, auf den Ertrag ihrer Klein-
rente angewiesen“.114
4.4. Abbildungen
Es sind nur zwei Fotografien überliefert, die Vilma Webenau zeigen. Eines befin-
det sich in dem Album Dem Lehrer Arnold Schönberg und zeigt sie mit Hut.115
Dieses Foto wurde demnach spätestens im Sommer 1924 aufgenommen. Eine
zweite Fotografie der Komponistin (ohne Angabe von Jahr oder Fundort) ist in
Clemens Grubers Publikation Nicht nur Mozarts Rivalinnen abgebildet (S. 172).
112 Vilma Webenau an Arnold Schönberg, [Sommer 1912], ASC, Briefdatenbank, ID 18053.
Welche von Webenaus „Tanten“ – gemeint sein können neben Geschwistern der Eltern oder
Großeltern auch deren Cousinen u. a. – im Jahr 1912 verstorben sind, und ob sich Webenaus
Finanzlage dadurch gebessert hat, ist nicht bekannt. Webenaus einzige ,echte‘ Tante väterli-
cherseits – die Frau ihres Vaters’ Halbbruder Victor: Therese (geb. Elsler, geb. am 26. Ok-
tober 1833) – ist bereits am 18. Juli 1870 verstorben.
113 Haas, „Webenau Vilma von“, S. 388; Gruber, Nicht nur Mozarts Rivalinnen, S. 173.
114 Nachruf Club der Wiener Musikerinnen, siehe Anhang Vilma Webenau.
115 Siehe ASC, Bildarchiv, ID 3251.
116 Größtenteils über Bildarchiv und Briefdatenbank des ASC online zugängig.
117 Die Umschläge der Briefe sind nicht erhalten, die Poststempel auf den Karten meist nicht
(vollständig) zu entziffern.
118 So finden sich beispielsweise auch Briefe von Alban Berg erst ab 1911 in Schönbergs Nach-
lass, vgl. Christopher Hailey und Juliane Brand, „Vorwort“, Briefwechsel der Wiener Schu-
226 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Vilma Webenau (1875–1953)
Webenau sind nicht erhalten; aufgrund der Inhalte von Webenaus Briefen ist aber
von deren Existenz auszugehen. 119 Abbildungen sowie vollständige Transkrip-
tionen dieser Briefe befinden sich im Anhang Vilma Webenau.
Einerseits belegen diese Briefe, dass Webenau noch lange nach ihrem Unterricht
bei Schönberg mit ihm in Kontakt stand – zumindest bis zum Jahr 1924.122 Ande-
rerseits lässt sich aus den Inhalten der Briefe eine gewisse Vertrautheit und famili-
äre Verbundenheit ablesen, auch wenn Schönberg Webenau das Du offensichtlich
nicht angeboten hat.123 Aus den wenigen erhaltenen Schreiben ist auch ersichtlich,
dass Webenau gut über Schönberg informiert war, beispielsweise dass die Geburt
seines Enkelkindes kurz bevorsteht. Durch die Existenz der Korrespondenz alleine
ist nicht erkennbar, dass Webenau Schönbergs Schülerin war; in ihren früheren
Schreiben fragt sie ihn zwar bisweilen um Rat, erwähnt aber niemals einen tatsäch-
lichen Unterricht. An keiner Stelle bittet sie Schönberg um „Möglichkeiten einer
Beschäftigung“ oder „nach Anbringung einer ihrer Vortragsreihen [...] in seinem
Programm“, wie etwa Wosnitzka interpretiert.124
le, Bd. 3: Briefwechsel Arnold Schönberg – Alban Berg, Teilband I: 1906–1917, hg. von Ju-
liane Brand, Christopher Hailey und Andreas Meyer, Mainz 2007, S. XVII–XXX, hier
S. XXIV: „da Schönberg die Briefe von Berg erst ab Mitte 1911 aufbewahrte“.
119 Beispielsweise „Ich habe mich sehr gefreut, von Ihnen zu hören“ (Brief, [Sommer 1912],
ASC, Briefdatenbank, ID 18053). In Webenaus Nachlass in der Musiksammlung der ONB
befinden sich nur Briefe, die an ihre letzte Wohnadresse in der Christian-Bucher-Gasse ge-
richtet sind, wo die Komponistin in den Jahren 1951–1953 lebte. In Arnold Schönbergs
Nachlass finden sich dagegen unzählige Briefe ab der Jahrhundertwende und zusätzlich häu-
fig auch die von ihm selbst verfassten Schreiben im Durchschlag, da er zu Weihnachten
1922 eine Schreibmaschine geschenkt bekam.
120 Im Anhang Vilma Webenau befinden sich die vollständigen Transkriptionen aller dieser
Schreiben.
121 In der Briefdatenbank des ASC weder als Scan noch als Transkription verfügbar.
122 Aufgrund von Webenaus Adressen in Schönbergs Adressverzeichnissen kann sogar von
Kontakt bis mindestens 1930 ausgegangen werden (siehe dazu weiter unten, Abschnitt 6
bzw. Tabelle 31).
123 Olga Novakovic beispielsweise wurde diese ,Ehre‘ zuteil.
124 Wosnitzka, „Netzwerke von Musikerinnen in Wien“, S. 143 (Anm. 53). Der Brief, auf den
sich Wosnitzka bezieht, ist offensichtlich jener vom [September/Oktober 1922]; darin fragt
Webenau Schönberg lediglich: „Wenn Sie von jemand wissen, der sich für die Vorträge in-
teressiert, wäre es sehr freundlich von Ihnen, den die das B[unleserlich] darauf aufmerksam
zu machen“.
A. Biographisches 227
125 Die Karte (ASC, Briefdatenbank, ID 22377) ist an die Hietzinger Hauptstraße 113 adres-
siert, wo Schönberg in den Jahren 1910 und 1911 wohnhaft war; die verwendete Briefmar-
ke, die den Prinzregenten Luitpold darstellt, gibt es erst ab 1911, und die Bildseite der Post-
karte enthält einen Ostergruß (der Ostermontag 1911 fiel auf den 17. April) – daher kann die
Postkarte zweifelsfrei auf April 1911 datiert werden. Darüber hinaus war Webenau bei der
im Schreiben genannten Adresse – Barerstraße 61 IV – zwischen 17. September 1910 und
16. September 1911 gemeldet. Mithilfe dieser Schlussfolgerungen lässt sich das Datum des
Poststempels zweifelsfrei als 19. April 1911 („19/APR/11“) entziffern.
126 Diese Postkarte ist als einzige von Webenau an „Herrn Professor“ Arnold Schönberg adres-
siert. Es lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob nicht einer von Webenaus Briefen ebenfalls
an „Professor“ adressiert sind, da deren Umschläge nicht erhalten sind.
127 Vilma Webenau an Arnold Schönberg, 19. April 1911, ASC, Briefdatenbank, ID 22377. In
Schönbergs Nachlass befindet sich keine Komposition von Webenau, also hat er sie wohl an
die Komponistin zurückgeschickt.
128 Bei dem Orchesterwerk Variationen über ein eigenes Thema dürfte es sich tatsächlich um
eines der frühesten Werke in Webenaus Nachlass handeln, wie weiter unten erörtert wird
(Abschnitt 9.2.5).
129 Zu Webenaus bei der AKM angegebenen Werken vgl. Abschnitt 8.1.
130 Webenau schreibt: „Ich habe mich sehr gefreut, von Ihnen zu hören. Da ich keine Ahnung
von Ihrer Adresse hatte[,] dachte ich schon, ich würde warten müssen bis uns der Zufall
wieder einmal zusammenführt. Um Karlshagen beneide ich Sie.“ Auf die zeitliche Zuord-
nung lassen Webenaus Absendeadresse (Albrecht Dürerstraße 41F, Krailling) – hier war sie
ab 21. April 1912 gemeldet – sowie die Erwähnung von Karlshagen und Berlin schließen.
131 Vilma Webenau an Arnold Schönberg, [Sommer 1912], ASC, Briefdatenbank, ID 18053.
228 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Vilma Webenau (1875–1953)
„Über den hiesigen Erfolg Ihres Pierrot lunaire werden Sie wohl schon gehört haben. Soll-
ten Sie die Kritiken nicht haben[,] so schicke ich Sie Ihnen. Ich hebe sie für alle Fälle auf.
Der Saal war sehr voll u. am Schluß der weitaus größere Teil der Zuhörer ehrlich begeis-
tert. Störend wirkte nur ein Pfeifvirtuose auf dem Hausschlüssel u. dann einige spontane
Heiterkeitsausbrüche nach dem Galgenlied u. an mehreren Stellen des dritten Teiles. [...]
Von der Zehme war ich nicht begeistert. Sie hatte offenbar den besten Willen[,] man muß-
te aber fortwährend krampfhaft den Text mitlesen[,] da es ganz unmöglich war von dem
was sie sprach auch nur ein Wort zu verstehen. Also auf ihre Rechnung ist der Erfolg si-
cher nicht zu setzen.“
Sie schreibt darin auch über ihre eigene Auffassung von Schönbergs Werk und
darüber, dass sie nicht alles daran nachvollziehen konnte:
„Mich haben Mondestrunken u. die Kreuze am Meisten [sic] angesprochen. Einiges hätte
ich gerne noch einmal gehört[,] da ich mir darüber nicht klar war. Öfter auch konnte ich
wirklich gar nicht mit. Im Ganzen hat mir das Werk aber sehr starken Eindruck gemacht.“
Für die folgenden etwa 10 Jahre gibt es keinen Hinweis auf einen Kontakt.134 Die
nächste in Schönbergs Nachlass erhaltene Postkarte von Webenau stammt erst
vom 5. Juli 1922.135 Webenau schreibt aus Graz, wo sie schon seit einiger Zeit ihre
nach einer Operation geschwächte Mutter pflegte: „Jetzt bin ich schon längere Zeit
hier[,] da meine Mutter krank war u. sich einer schweren Operation unterziehen
mußte. Wie lange ich noch bleibe hängt von ihrem Zustand ab.“136 Augenschein-
lich war kurze Zeit davor ein Treffen mit Schönberg geplant, denn eingangs be-
dauert sie: „Leider war es mir nicht mehr möglich, nach Mödling zu kommen.“
Aus der Formulierung „nicht mehr möglich“ ließe sich auch ableiten, dass Webe-
nau davor regelmäßig in Mödling war. Sie hofft aber, ihn spätestens im Herbst
132 Zu Webenaus Bezeichnung dieser Kompositionen als „Quartett“ siehe die AKM-Werkliste
(Abschnitt 8.1 bzw. Tabelle 34). Am ehesten handelt es sich dabei um das Klavierquartett –
dieses ist aufgrund des Schriftbildes Webenaus frühestes Quartett und etwa 1900/1920 ent-
standen. Die drei Streichquartette sind demzufolge erst viel später entstanden. Außerdem ist
Webenaus Klavierquartett e-Moll das einzige der erwähnten Quartette, das im Nachlass in
professioneller Abschrift vorliegt (ONB, F146.Webenau.86).
133 Brief von Vilma Webenau an Arnold Schönberg, [November/Dezember 1912], ASC, Brief-
datenbank, ID 18052. Datierbar aufgrund von Webenaus Adressdaten (Krailling Post Pla-
negg, Albrecht Dürerstrasse 41F) und des Inhalts. Gerlinde Haas ordnet den Brief fälschlich
dem Jahr 1923 zu, vgl. „Webenau Vilma von“, S. 387.
134 Auch ein Blick in Schönbergs Adressbücher bestätigt, dass in den späten 1910er Jahren kein
Kontakt zwischen Webenau und Schönberg bestanden haben dürfte (vgl. Abschnitt 5.2).
135 Datum des Poststempels.
136 ASC, Briefdatenbank, ID 18050. Webenaus Mutter starb kurze Zeit später, wie dem darauf-
folgenden Brief vom September oder Oktober 1922 zu entnehmen ist (ID 18051, vgl. An-
hang Vilma Webenau).
A. Biographisches 229
137 Bei der erwähnten Wohnung in Wien dürfte es sich um jene in der Johannesgasse 15 han-
deln, wo Webenau ab Oktober 1922 erstmals zur Untermiete wohnte. Direkt davor war sie
in der Wiener Pressgasse 28 gemeldet.
138 Brief von Vilma Webenau an Arnold Schönberg, [September oder Oktober 1922], ASC,
Briefdatenbank, ID 18051. Datierung aufgrund der im Brief erwähnten Adresse – Johannes-
gasse 15 (vgl. Anm. 137) – und der Vortragszyklus-Beilage (1. Vortrag am 5. November
1922).
139 Der spätere Club der Wiener Musikerinnen. Mit dieser Vortragsreihe findet sich eine erste
belegte Verbindung Webenaus zu diesem Wiener Verein, über den später auch mehrfach ih-
re Kompositionen zu Gehör gebracht wurden. Leider ist nicht bekannt, ab wann Webenau
dort Mitglied war (vgl. dazu weiter oben, Abschnitt 3).
140 Datum des Poststempels.
141 Es ist nicht bekannt, um wen es sich dabei handelt.
142 Eventuell ist hier Alfred August Kalmus (1889–1972) gemeint, Schönbergs Verleger bei der
Universal Edition.
143 Datum des Poststempels, ASC, Briefdatenbank, ID 22379.
144 Webenau an Schönberg, 24. April 1923, ASC, Briefdatenbank, ID 22379. „Bubi“ Arnold
Greissle, der Sohn von Schönbergs ältester Tochter Gertrude und seinem ehemaligen Schü-
ler Felix Greissle, wurde nur kurze Zeit davor, am 9. April 1923, geboren.
145 Aufgrund einer erhaltenen Konzertrezension steht fest, dass Webenaus Klavierquartett e-
Moll geprobt wurde, welches im Mai 1923 zur Aufführung gelangte (siehe dazu weiter un-
ten, Abschnitt 8.2).
230 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Vilma Webenau (1875–1953)
146 Durch Webenaus Adressenangabe ist der Brief zwar eingeschränkt datierbar; durch den
Kontext des Briefes – Gratulation zu Schönbergs 50. Geburtstag – ist er aber zweifelsfrei auf
September 1924 eingrenzbar.
147 Postkarte von Arnold Schönberg an Alexander Zemlinsky, 1. Januar 1903 (Datum des
Poststempels). Briefwechsel der Wiener Schule, Band 1: Alexander Zemlinsky. Briefwechsel
mit Arnold Schönberg, Anton Webern, Alban Berg und Franz Schreker, hg. von Horst We-
ber, Darmstadt 1995, S. 35 und 37 (Faksimile). Siehe auch ASC, Briefdatenbank (ID 6086).
148 ASC, Briefdatenbank, ID 16291. Mathilde Schönberg hatte zwischen 9. und 25. Juni Arnold
jeden Tag Briefe aus Gmunden nach Wien geschrieben.
149 Vier der fünf Einträge sind über das Bildarchiv des ASC online verfügbar.
150 Der letzte erhaltene Brief stammt vom 13. September 1924, Schönbergs 50. Geburtstag
(aufbewahrt in der ONB). Vgl. auch das eingangs erwähnte Album zu diesem Anlass.
A. Biographisches 231
151 Auf dem nachfolgenden Kalenderblatt ist eine ähnliche Ziffer (VIII/1045) mit davor-
stehendem „Tel“ angeführt; die als „IM“ erscheinende Buchstabenkombination bei Webe-
naus Eintrag könnte im Vergleich damit ebenfalls als „Tel“ entziffert werden.
232 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Vilma Webenau (1875–1953)
152 Cortolezis komponierte (jedoch erst nach Webenaus Studien bei ihm) eine Operette sowie
drei Opern, siehe Anm. 22.
153 Die Himmelspförtnerin, Frau Judith, Der Bote, Sommerlieder für Streichquartett und eine
Sprechstimme sowie Musik zu Andersens Märchen „Das kleine Mädchen mit den Schwefel-
hölzern“. Die Entstehungsdaten dieser Kompositionen sind nicht bekannt.
154 Schönberg verwendet und notiert die Sprechstimme in seinen entsprechenden Kompositio-
nen grundsätzlich mit genauer Rhythmisierung und durch Notenzeichen angedeuteten Ton-
höhenverlauf. Zwar gibt es auch Deklamationsstellen, die nur mithilfe von Text notiert sind;
diese sind aber lediglich eine zusätzliche Variante des Textvortrags (z. B. in Von heute auf
morgen, 1928–1929; Kol nidre, 1938; und A Survivor from Warsaw, 1947). Als Zeichen für
die rhythmische Deklamation finden sich in seinen Werken vier verschiedene Notationswei-
sen: herkömmliche Note mit durchgestrichenem Notenhals (Pierrot lunaire, 1912, und Die
Jakobsleiter, 1915–1922), Note mit Kreuz statt Notenkopf (Gurre-Lieder, 1900–1911, Mo-
ses und Aron, 1923–1937, Von heute auf morgen, 1928–1929, und Kol nidre, 1938), Noten-
hals ohne Notenkopf (Psalm 130, 1950, und Pierrot lunaire, 1912) sowie herkömmliche No-
ten um eine Linie (Ode to Napoleon, 1942, A Survivor from Warsaw, 1947, und Moderner
Psalm, 1950).
A. Biographisches 233
155 Tatsächlich befindet sich in Webenaus kompositorischem Nachlass ein „Lied ohne Worte“:
eine Klavierkomposition, die im Titel auf eine Dichtung verweist – jedoch nicht auf ein Ge-
dicht Verlaines, sondern auf eines von Heinrich Heine: Mein Liebchen wir sassen beisam-
men traulich im leichten Kahn (für Klavier), welches z. B. von Johannes Brahms (Meerfahrt
op. 96, Nr. 4) und vielen anderen als Lied vertont wurde.
156 E. B. [Elsa Bienenfeld] in Neues Wiener Journal 16, Nr. 5415 (17. November 1908), S. 8.
Vgl. das vollständige Zitat in Abschnitt 8.2.
157 „Konzerte“, Das Wort der Frau 1, Nr. 10 (10. Mai 1931), S. 8. Vgl. das vollständige Zitat in
Abschnitt 8.2.
234 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Vilma Webenau (1875–1953)
Liebe: „Die Einwirkung des letzteren [Schönberg] hat vielleicht der Komponistin
verholfen, ihre Eigenart zu finden, vielleicht im Gegensatz zum Schönbergschen
Stil.“158 Demzufolge hat sich Webenaus Kompositionsstil in eine andere Richtung
als jener Schönbergs entwickelt. Im dazugehörigen Programmheft wird sie jedoch
interessanterweise dem Expressionismus und der Zwölftontechnik zugerechnet.159
Aufgrund der schlechten Quellenlage ist nicht bekannt, was Schönberg von sei-
ner ersten Schülerin hielt, da keine einzige Äußerung von Schönberg in Bezug auf
Webenau überliefert ist. Die Tatsache, dass er sie als Schülerin annahm, ist alleine
sicherlich nicht ausreichend, da Schönberg bekanntlich auch in seinen Augen we-
niger begabte SchülerInnen akzeptierte, um die ,wirklich‘ begabten günstiger oder
sogar unentgeltlich unterrichten zu können.160 Einzig ihre Vorstellung als seine
Schülerin bei den beiden Konzerten der Jahre 1907 und 1908 lässt sich als Zeichen
seiner Anerkennung werten.
Nur sehr wenige Briefe oder Postkarten von oder an Vilma Webenau sind erhalten
(siehe Tabelle 32). Acht Briefe und Postkarten schrieb Webenau an Arnold
Schönberg; auf zwei Postkarten von und an Schönberg wird sie namentlich er-
wähnt (an Alexander Zemlinsky, von Mathilde Schönberg). Drei Briefe von We-
benau sind in den Nachlässen weiterer Wiener Künstlerpersönlichkeiten überliefert
(Alban Berg, Smaragda Eger-Berg und Isolde Riehl). Das Archiv der Internationa-
len Gesellschaft für Neue Musik (IGNM), Sektion Österreich, verwahrt ebenfalls
einige Schreiben von und an Webenau. Im Österreichischen Staatsarchiv (ÖSTA)
ist ein Briefwechsel Webenaus mit der Wiener Staatsoper aufbewahrt. In Webe-
naus Nachlass finden sich lediglich drei an sie adressierte Briefe. Die Gruppierung
nach AdressatInnen stimmt interessanterweise großteils mit der chronologischen
Abfolge überein (vgl. Tabelle 32).
Webenaus Schreiben sind (wie auch ihre Kompositionen) in den meisten Fällen
undatiert, lassen sich aber häufig entweder durch die Inhalte oder aufgrund der
Absendeadresse zeitlich ungefähr zuordnen. Die erhaltenen Briefe und Schreiben
von und an Vilma Webenau sind im Anhang vollständig transkribiert.161
ihren eigenen Kompositionen die Rede, in anderen berichtet sie von finanziellen
Nöten (siehe dazu Abschnitt 5.1).164
bzw.
„Bei dem gestrigen Seelenamt in der Augustinerkirche waren außer mir (mit Vilma) Hein-
rich und Albert und Herr Meisner.“
Aus den ersten beiden Textstellen vom 7. September 1902 und vom 6. Juni 1903
geht hervor, dass die erwähnte Vilma zumindest künstlerisch interessiert war.
Nach eigenen Angaben war Vilma Webenau um 1902/03 in Berlin,172 was freilich
164 Bis auf einen Brief – [September 1924], ID 19126 – sind alle Schreiben von Webenau an
Schönberg auch online verfügbar, vgl. Briefdatenbank des ASC, http://archive.schoenberg.
at/letters/search_extended.php, aufgerufen am 27. August 2019.
165 Mathilde Kralik, 1857–1944; auch Mathilde von Kralik, Mathilde Kralik von Meyrswalden.
166 Danke für diesen Hinweis an Birgit Saak, die sich im Rahmen ihrer Dissertation über Mat-
hilde Kralik auch mit deren Briefverkehr auseinandergesetzt hat.
167 Mathilde Kralik an Richard Kralik, 7. September 1902, Wienbibliothek im Rathaus, Hand-
schriftensammlung, Nachlass Richard von Kralik, H.I.N. 189354 (LQH0097011).
168 Mathilde Kralik an Maia Kralik, 6. Juni 1903, Wienbibliothek, Nachlass Richard von Kralik,
H.I.N. 189360 (LQH0097017).
169 Vermutlich handelt es sich hierbei um die Sängerin Eleonore „Lorle“ Vischer (1880–1948),
die mit Mathilde Kralik entfernt verwandt ist.
170 Mathilde Kralik an Richard und Maia Kralik, 11. August 1903, Wienbibliothek, Nachlass
Richard von Kralik, H.I.N. 189362 (LQH0097019). Stefan Rath (1876–1960) war Mathilde
Kraliks Cousin, der Sohn ihrer Tante Mathilde, geb. Lobmeyr (mütterlicherseits). Der er-
wähnte Heinrich könnte ebenfalls ein Verwandter sein, wahrscheinlich Mathilde Kraliks
Bruder (1840–1911). Auch Richard Kraliks Sohn, Mathildes Neffe, hieß Heinrich (1887–
1965). Mit Albert ist möglicherweise der Sohn von Mathildes Halbbruder Karl Kralik ge-
meint.
171 Mathilde Kraliks älterer Bruder Ludwig, 1854–1903.
172 Vgl. Webenaus Eintrag in Dem Lehrer Arnold Schönberg, 1924: „Erst in Wien u. dann in
Berlin [...] weihte er mich in Harmonielehre, Kontrapunkt und Kompositionslehre ein.“
Schönberg war bis zum Spätsommer des Jahres 1903 in Berlin. Vgl. auch Abschnitt 1.2
bzw. Anm. 19–21.
A. Biographisches 237
nicht ausschließt, dass sie eine Abschrift für Mathilde Kralik anfertigte oder den
erwähnten Veranstaltungen beiwohnte. Da nur der Vorname genannt wird, kannten
Richard und Maia Kralik offenbar die in Frage stehende Person. Es könnte sich
daher bei der in den Briefen genannten Vilma ohne weiteres auch um Mathildes
Nichte Vilma Kralik von Meyrswalden oder ihre Cousine Wilhelmine Kralik von
Meyrswalden173 handeln. Es ist jedoch nicht bekannt, ob diese musikalisch gebil-
det waren.
In Mathilde Kraliks Werkverzeichnis findet sich darüber hinaus ein Lied mit
dem Titel „Felicitas. Sang zu Vilmas Gedicht 1884“ (Mai 1898).174 Obwohl Vilma
Webenau auch gedichtet und eigene Texte vertont hat,175 kann es sich hierbei
schwerlich um eines ihrer Gedichte handeln, da Webenau 1884 – zum Zeitpunkt
der Dichtung – erst acht oder neun Jahre alt war. (Mathilde Kraliks Verwandte
Vilma bzw. Wilhelmine dagegen waren bereits rund 14 bzw. 21 Jahre alt.)
Wahrscheinlich aus den Briefstellen „Vilma meine Begleiterin“ sowie „mir (mit
Vilma)“ aber ohne sonstige Begründung wird verschiedentlich als Tatsache hinge-
stellt, dass Mathilde Kralik und Vilma Webenau eine lesbische Beziehung hat-
ten.176 Dabei lässt sich gar nicht bestätigen, dass es sich bei der Vilma in Mathilde
Kraliks Briefen überhaupt um Vilma Webenau handelt. Eine Liebesbeziehung
zwischen den beiden Komponistinnen ist daher ebenfalls fraglich. Eine persönli-
che Bekanntschaft ist aber mehr als wahrscheinlich: Beide Komponistinnen gehör-
ten dem Club der Wiener Musikerinnen an. Zumindest im Januar und März 1932
waren sie im selben Konzertprogramm vertreten.177
173 Vilma Kralik (von Meyrswalden), 1870–1928, Tochter von Mathildes Halbbruder Karl (aus
erster Ehe von Mathilde Kraliks Vater Wilhelm mit Anna Maria Pinhak), siehe http://liko-
kralik.at/, aufgerufen am 4. September 2013; Wilhelmine Kralik von Meyrswalden (1863–
1936), Tochter von Mathildes ältestem Bruder Wilhelm (1834–1877). Interessanterweise
sind diese beiden Möglichkeiten sonst nirgendwo erwähnt (vgl. Anm. 176).
174 http://www.kralikklassik.de/Werkverzeichnis-Mathilde.pdf, aufgerufen am 27. August 2019.
Die Titelangabe dieser Komposition im Katalog der ONB lautet: „Felicitas. Ein Sang zu
Vilma’s Gedicht aus dem Jahre 1884“ (F53.Kralik.232).
175 Vgl. z. B. den Konzertbericht in der Frauen-Rundschau, „Musikalisch-deklamatorische
Akademie“ (Anm. 158): „Frau Käthe Ehren sprach in mustergültiger Weise Gedichte von
Preradovic, Grete Körber, Maria Weiß, Adele Kment und Wilma Webenau.“ Vilma Weben-
au verfasste ihre sämtlichen Opernlibretti und wahrscheinlich einen Teil ihrer Liedtexte
selbst.
176 Etwa Rochus Kralik von Meyrswalden, Ein Kuß von Franz Liszt, Hamburg 2009, und
(wahrscheinlich darauf basierend) Susanne Wosnitzka („Netzwerke von Musikerinnen in
Wien“, S. 132 und 146). Interessanterweise zieht gerade Familienmitglied Rochus Kralik
von Meyrswalden nicht die Möglichkeit in Betracht, dass es sich bei der erwähnten Vilma
um eine Verwandte der Komponistin handelt (Vilma oder Wilhelmine Kralik werden im
ganzen Buch überhaupt nicht erwähnt). Ob sich Vilma Webenau in lesbischen Kreisen auf-
hielt, ist nicht bekannt. Sie war zwar zeitlebens ledig, jedoch war es Musiklehrerinnen aufer-
legt, unverheiratet zu bleiben. Siehe auch Anm. 193 zu Smaragda Eger-Berg.
177 Vgl. dazu Abschnitt 8.2.
238 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Vilma Webenau (1875–1953)
178 Brief von Vilma Webenau an die Direktion der Wiener Staatsoper, [Januar/Februar 1935].
179 Brief von Vilma Webenau an [Carmen Studer], [Februar/März 1935]. Die Adressatin wird
namentlich zwar nicht genannt; aufgrund des Inhaltes und der zeitlichen Einordnung ist aber
davon auszugehen, dass es sich um die Dirigentin Carmen Studer handelt.
180 Mit den beiden „Kompositionsabenden“ meint Webenau wahrscheinlich die Veranstaltun-
gen im Mai 1931 und am 19. Januar 1934 (siehe dazu Abschnitt 8.2).
181 Danke an Irene Suchy und Monika Voithofer, die diesbezüglich behilflich waren. Die
IGNM wurde im Jahr 1922 initiiert und 1923 gegründet. Vgl. dazu Hartmut Krones, „Rudolf
Réti, Egon Wellesz und die Gründung der IGNM“, Österreichische Musikzeitschrift 37,
Nr. 11 (November 1982), S. 606–623; in den Jahren 1938–1945 war die Organisation in Ös-
terreich stillgelegt.
182 Vgl. Voithofer, Die Rolle von Komponistinnen, Interpretinnen und Musikwissenschafterin-
nen in der IGNM, S. 49.
183 Datum des Eingangsstempels: 27. September 1945. Wer mit der angeschriebenen „Frau Dr“
gemeint sein könnte, ist nicht bekannt (vgl. Anhang).
184 Abgebildet in Voithofer, Die Rolle von Komponistinnen, Interpretinnen und Musikwissen-
schafterinnen in der IGNM, S. 143.
185 Die relevante Jahresangabe des Poststempel-Datums ist nicht zu entziffern: 28/X/[un-
leserlich]. Die Karte wurde im 19. Bezirk aufgegeben, wo die Komponistin zwischen 1936
und 1948 wohnte. Webenau verfasste die Postkarte in Kurrentschrift.
A. Biographisches 239
„Leider muss ich meinen Austritt anmelden. Meine Verhältnisse haben sich so verschlech-
tert, dass ich mit jedem Groschen rechnen muss. Ich habe aber die Hoffnung nicht aufge-
geben, dass sie sich bald zum Besseren wenden. Sobald es mir möglich ist, werde ich die
schuldigen Jahresbeiträge nachholen.“186
Unter diesem Schreiben Webenaus findet sich von Seiten der IGNM eine hand-
schriftliche Notiz: „Schreiben! à nicht mahnen!“ Diese interpretiert Monika Voi-
thofer dahingehend, dass Webenau zu den sehr geschätzten Mitgliedern der IGNM
gehörte, da bei Zahlungsverzug ansonsten gleich die Kündigung umgesetzt wur-
de.187 Sie zählte jedenfalls längstens bis Dezember 1950 zu den Mitgliedern, wie
durch eine Mitgliederliste vom 1. Januar 1951 zu schließen ist, auf der der Name
der Komponistin durchgestrichen ist.188
Keine von Webenaus Kompositionen gelangte im Rahmen von IGNM-Veran-
staltungen zur Aufführung. Seit 1929 (7. Weltmusikfest, Genf) wurde fast jedes
Jahr zumindest ein Werk einer Komponistin aufgeführt;189 Webenau zählte nicht
dazu. Vielleicht ist dies darauf zurückzuführen, dass – wie durch Ernst Krenek
überliefert ist – „[Edward] Dent, der ehrenwerte Präsident der IGNM [...] alles,
was mit Schönberg oder der Zwölftonmusik zusammenhing, so sehr [...] [haß-
te]“.190
186 Auf dem Schreiben ist kein Datum angegeben, jedoch lässt sich dieses aufgrund der notier-
ten Adresse (Pressgasse 28) auf Juli 1948 – März 1951 eingrenzen. (In der Pressgasse 28
war Vilma Webenau zwar auch zwischen 1920 und 1921 bzw. 1922 gemeldet; für dieses
Austritts-Schreiben kann jedoch nur der letztgenannte Zeitraum in Frage kommen, da die
IGNM erst nach 1922 gegründet wurde bzw. Webenau nachweislich erst seit 1945 Mitglied
der IGNM war.) Ab Januar 1951 zählte sie jedenfalls nicht mehr zu den Mitgliedern, vgl.
weiter unten bzw. Anm. 188. Für die Datierung könnte auch eine Rolle spielen, dass We-
benau dieses Schreiben in Schreibschrift verfasst hat; alle anderen ihrer Briefe sind in Kur-
rentschrift gehalten.
187 Voithofer, Die Rolle von Komponistinnen, Interpretinnen und Musikwissenschafterinnen in
der IGNM, S. 50–51.
188 Vgl. ebd., S. 52.
189 In den Jahren 1953–1955, 1957–1959 und 1961–1968 wurde beim Weltmusikfest kein Werk
von einer Komponistin aufgeführt.
190 Ernst Krenek, Im Atem der Zeit. Erinnerungen an die Moderne, aus dem Englischen über-
setzt von Friedrich Saathen, revidiert von Sabine Schulte, Wien 2012, S. 1116; zit. nach
Voithofer, Die Rolle von Komponistinnen, Interpretinnen und Musikwissenschafterinnen in
der IGNM, S. 39. Edward Dent war in den Jahren 1932–1938 und 1945–1947 Präsident der
IGNM; laut Sointu Scharenberg war er möglicherweise Schönbergs Schüler in Berlin
(Überwinden der Prinzipien: Betrachtungen zu Arnold Schönbergs unkonventioneller
Lehrtätigkeit zwischen 1898 und 1951, Saarbrücken: Pfau 2002, S. 329 und 341).
240 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Vilma Webenau (1875–1953)
tionsabende, die sie im Mai 1931 bzw. am 19. Januar 1934 gab. Ob Berg der Ein-
ladung nachgekommen ist, ist leider nicht bekannt.191
191 Im entsprechenden Konzertbericht wird Berg nicht erwähnt. Auf der Webseite der ONB ist
der Inhalt des Schreibens fälschlich mit „[Webenau] dankt Berg, daß er zu einer Aufführung
ihrer Werke gekommen ist“ angegeben (Beschreibung zur Signatur F21.Berg.1135).
192 Datum des Poststempels.
193 Neben der (eventuellen näheren) Bekanntschaft mit Mathilde Kralik sieht z. B. Susanne
Wosnitzka aufgrund der Bekanntschaft mit der offen lesbisch lebenden Smaragda Eger-Berg
Webenaus Homosexualität bestätigt.
194 ONB, F117.Riehl.774.
195 Vgl. Rosenstein, „Quellen zu Vilma Weber von Webenau in der Österreichischen National-
bibliothek, Musiksammlung“ (Anm. 77). Andrea Harrandt (Musiksammlung der ONB)
vermutet, dass es sich dabei um eine nicht personalisierte (Werbe-)Zusendung gehandelt ha-
ben muss, die bei der Katalogisierung ausgeschieden wurde (E-Mail an Elisabeth Kappel,
29. August 2018.)
A. Biographisches 241
Geburtstag. Er berichtet darin auch von der letzten Veranstaltung, bei der Webe-
nau nicht anwesend war.196
196 Brief von Alfred Parth an Wilma [sic] von Webenau, 15. Dezember 1951. ONB,
F146.Webenau.104.
197 ONB, F146.Webenau.105. Alexander Petschig ist der Sohn von Vilma Webenaus um ein
Jahr jüngerer Schwester Elisabeth, verh. Petschig. Er übergab der ONB später Webenaus
Nachlass. Bei „Gretl“ dürfte es sich ebenfalls um eine Verwandte von Vilma Webenau han-
deln: vielleicht Alexanders Tante väterlicherseits, die Schwägerin von Vilma Webenaus
Schwester Elisabeth. Clemens Gruber nennt eine Gretl Petschig als Quelle für Webenau
(Nicht nur Mozarts Rivalinnen, S. 178).
198 ONB, F146.Webenau.43.
242 I. Biographisch-musikalische Detailstudien – Vilma Webenau (1875–1953)
B. Werke
7. Werkverzeichnis
Vilma Webenau arbeitete in zahlreichen Gattungen der Vokal- und Instrumen-
talmusik: Sie komponierte Opern, Lieder und Melodramen sowie Werke für Or-
chester, Kammermusik und Klavier, wobei die Vokalkompositionen den größten
Teil ausmachen. Ein eindeutiger Schwerpunkt liegt auf musikdramatischen Wer-
ken.
Tabelle 33 zeigt alle bis jetzt bekannten Werke Vilma Webenaus.199 Nach einer
Übersicht von aufgeführten und gedruckten Werken finden sich allgemeine An-
merkungen zu äußerlichen Merkmalen der Kompositionen im Nachlass, ein Über-
blick über die zugrundeliegenden Texte sowie die Möglichkeiten zur Datierung.
Danach werden die einzelnen Werkgruppen zuerst im Überblick und anschließend
jedes Werk in Reihenfolge der Tabelle einzeln besprochen.
Die Auflistung der Werke setzt sich aus den nachgelassenen sowie einigen über
andere Quellen ausfindig gemachten Kompositionen zusammen. Seit 1957 befin-
det sich der kompositorische Nachlass Webenaus in der Musiksammlung der Ös-
terreichischen Nationalbibliothek (ONB).200 Durch ihren Beitritt zur Gesellschaft
der Autoren, Komponisten und Musikverleger (AKM) im Jahr 1949 ist eine von
Webenau selbst verfasste Werkaufstellung überliefert (vgl. dazu Abschnitt 8.1).
Da keines der Werke von Webenau datiert201 und eine auch nur ungefähre zeit-
liche Einordnung in äußerst wenigen Fällen möglich ist, findet sich im Folgenden
eine systematische Auflistung. Die weitere Anordnung lehnt sich grundsätzlich an
die im Nachlass verwendete Nummerierung an. In der letzten Spalte („Anmerkun-
gen“) finden sich zusammengefasst die größtenteils auch im Fließtext angeführten
wichtigsten Informationen wie Signatur im Nachlass (ONB-Nummer), Namensva-
rianten, angegebene Adresse, Aufführungen, Druck oder andere hervorstechende
Merkmale, Erwähnung auf der AKM-Werkliste oder in Briefen etc. Wo sich auf-
grund der vorangehenden und nachstehenden Rechercheerkenntnisse und Schluss-
folgerungen ein ungefährer Entstehungszeitraum ableiten lässt, ist dieser in der
Aufstellung der Werkliste bereits berücksichtigt. Die Klassifizierungen „früh“ etc.
basieren in erster Linie auf dem Schriftbild (siehe dazu weiter unten, Abschnitt 9.2
bzw. die Einzelbesprechungen). Namen der TextdichterInnen etc. sind in der Auf-
stellung nicht immer wie in den Noten angegeben (z. B. Gottfried Keller oder
Sándor Petöfi, vgl. dazu weiter unten, Abschnitt 9.1 bzw. die Einzelbesprechun-
gen).
199 Nicht enthalten sind Hinweise auf die Skizzen im Nachlass, siehe F146.Webenau.103.
200 Unter den Signaturen F146.Webenau.1–105. Im Folgenden findet sich dafür die Abkürzung
ONB 1–105.
201 Lediglich die Reinschrift der Ballade vom Spielmann ist vom Kopisten Eduard Urban da-
tiert.
B. Werke 243
Verschiedenes deutet darauf hin, dass sich nicht das gesamte kompositorische
Œuvre von Vilma Webenau in ihrem Nachlass befindet: Das frühe Lied Früh-
lingsabend ist ebensowenig darin enthalten wie die 1908 aufgeführten Klavier-
stücke „nach Gedichten von P. Verlaine“. Auch die Drei Lieder im Volkston sind
nicht vollständig im Nachlass. Möglicherweise sind bei Webenaus häufigen Um-
zügen Kompositionen verlorengegangen oder wurden nicht zurückgegeben. Zwei
ihrer zumindest drei gedruckten Werke befinden sich interessanterweise nicht als
Handschrift im Nachlass: die Sonate für Violoncello und Klavier sowie das Lied
Frühlingsabend op. 2.202 Dieser Umstand ließe sich vielleicht dadurch erklären,
dass Webenau aufgrund ihrer häufigen Umzüge nicht mehr benötigte Manuskripte
möglicherweise entsorgt hat.203