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1. Geben Sie einen Überblick über die Geschichte des Begriffs „Islam“.
3. Beschreiben Sie die religiöse Situation auf der arabischen Halbinsel in vorislamischer Zeit.
- Heidentum
Kultstätten für Lunar- und Lokalgottheiten (männlich wie weiblich), z.B. Yaghūth, „Herr
des Hundssterns“
Kulthandlungen wie Tieropfer, Umläufe
- Religiöser Umbruch unter spätantiken Großreichen
Byzantinisches Reich christlich
Sassanidenreich multireligiös
Zoroastrismus (heute Parsen: polytheistisch, basierend auf Lehren d. Zarathustra)
staatstragende Rolle
- Religiöse Minderheiten
Juden (Süd- & Westarabien, u.a. Yathrib)
Christen (Zentralarabien, Nadschrān im Jemen, u.a. Feldzug auf Kaaba 535: Jahr d.
Elefanten)
Verbreitung des Monotheismus, einzelner biblischer Geschichten (i.d.R. in
bruchstückhafter Form)
Namen ilahan sowie rḥmnan (von jüdisch-aramäisch raḥmānā) für
monotheistischen Gott
Mandäer & Manichäer
- Verehrung Allāhs in Mekka (als Hochgott; henotheistisch 1) Beduinen: Prädikationsformel
(Takbīr) „Allāhu akbar“ (Allah ist größer)
- Hanīfen: Monotheismus, angelehnt an Christen- & Judentum
Anhänger der Religion Abrahams (dīn Ibrāhīm); Ablehnung d. Polytheismus
U.a. Dichter Umaiya ibn Abī s-Salt Übernahme von Texten in Islam
4. Geben Sie einen Überblick über das vorislamische Wallfahrtswesen auf der Arabischen
Halbinsel.
1
Henotheismus: religiöse Haltung, die die Hingabe an nur einen Gott fordert, ohne allerdings die Existenz
anderer Götter zu leugnen oder ihre Verehrung zu verbieten
Schutz wildlebender Tiere
Beendigung durch Haarscheren & Tieropfer
6. Erklären Sie die Bedeutung und Funktion von Nisba, Nasab und Kunya.
Kunya:
- indirekte Ansprache v. Personen als „Vater“ (Abū) bzw. „Mutter“ (Umm) des erstgeborenen
Sohnes
- Grund vermutlich Namenstabu
- Alternativ: Nomen, das besonderes Attribut des Namensträgers hervorhebt
Heute fester Bestandteil islamischer Namensgebung
Nisba:
- Adjektiv, Bildung mit Suffix -ī
- Markiert Stammeszugehörigkeit (i.d.R. zusätzlich zum eigentlichen Namen)
Nasab:
- Abstammungslinie
- In-Bezug-Setzung zu mythischen Vorfahren aus einer oder mehreren gemeinsamen
Stammesgruppen
- Aneinanderreihung: ibn „Sohn (des)“/bint „Tochter von“.
1. Um den Koran als Quelle zur Rekonstruktion der frühen Botschaft Muhammads benutzen zu
können, ist es notwendig, die einzelnen Teile des Korans zeitlich einordnen zu können. Geben
Sie einen Überblick zu deren Chronologie.
„Für mekkanische Suren ist eine packende dramatische Sprache charakteristisch. Markante kurze
Reime und Sätze dominieren die Verse. Die Wörter, Bilder und Anspielungen sind sehr vieldeutig.
Medinensische Suren sind dagegen häufig durch einen verschachtelten Satzbau geprägt. Es sind
eher eindeutige erzählende Texte, die die neuen Regeln der Gemeinde in deutlichen Worten
nahebringen sollen. Die Verse können viel länger sein, als in den mekkanischen Suren.“ 2
Frühmekkanisch I 105, 106, 95, 102, 103, 107, 99, 100, 101, 111, 93, 94, 108, 97 – II 73, 81-
e Periode 82, 84-96 – IIIa 53, 74, 75, 77, 78, 79 – IIIb 51, 52, 55, 56, 68, 69, 70
Mittelmekkanisc 54, 37, 71, 76, 44, 50, 20, 26, 15, 19, 38, 36, 43, 72, 67, 23, 21, 25, 17, 27,
he Periode 18
Spätmekkanisch 32, 41, 45, 16, 30, 11, 14, 12, 40, 28, 39, 29, 31, 42, 10, 34, 35, 7, 46, 6, 13
e Periode
Medinische 2, 98, 64, 62, 8, 47, 3, 61, 57, 4, 65, 59, 33, 63, 24, 58, 22, 48, 66, 60, 110,
Periode 49, 9, 5
2. Beschreiben Sie die Entwicklung des Gottesbegriffs in den mekkanischen Teilen des Korans.
- Diskussion über die Schönen Namen Gottes (asmāʾ Allāh al-ḥusnā) = wichtiges Thema in
muslimischer Philosophie
- Frühe Teile des Qur’ans: Rabb (Herr) Rechtsverhältnis der Sklaverei; Ausdruck von
Abhängigkeit
Herr des Hauses (vermutlich Kaaba), Herr des Hundsterns (Ersatz des Gottes Yaghūth;
Alleingeltungsanspruch)
Ebenfalls frühmekkanisch:
- Allah:
Auch: der Mächtige (al-ʿazīz), Lobenswürdige (al-ḥamīd)
- Rahmān, der andere Gottesname (raḥma = Güte)
Basmala
- „Ihr mögt Allāh anrufen oder Rahmān. Wie immer ihr ihn nennt, ihm kommen die schönen
Namen zu.“
Zulässigkeit und Erwünschtheit diverser Gottesnamen
3. Welches waren die Umstände, die Muhammad zur Auswanderung aus seiner Heimatstadt
Mekka trieben?
5. Mit welchen besonderen Gottesdienstformen haben sich die frühen Muslime von ihrer
Umgebung abgesetzt?
6. Beschreiben Sie Muhammads früheste Anhängerschaft. Welchen sozialen Milieus gehörte sie
an?
7. Was ist die Basmala und in welcher Weise knüpft sie an vorislamische Konzepte an?
- arabische Anrufungsformel mit einer Ausnahme am Anfang jeder Sure des Korans; große
Bedeutung in Gottesdiensten der Muslime
بسم هللا الرحمن الرحيم
bismi ʾllāhi ʾr-raḥmāni ʾr-raḥīmi: ‚Im Namen des barmherzigen und gnädigen Gottes‘
- arabisch بسملة, DMG basmala „Formel aussprechen oder schreiben“
- vorislamisches Arabien: Üblichkeit von Invokationsformeln für damals verehrte große
Gottheiten
- „älteste Offenbarung“ (historisch nicht belegt)
8. Welche Ausdrücke werden schon in den mekkanischen Suren für Muhammad selbst verwendet
und welche Vorstellungen sind mit ihnen verbunden?
2. Fassen Sie die wichtigsten Ereignisse der militärischen Auseinandersetzung mit Mekka
zusammen.
3. Beschreiben Sie, wie sich Muhammads Verhältnis zu den Juden in Medina entwickelt hat.
3
ca. 130 km südwestlich von Yathrib
Betonung der Gemeinsamkeiten mit „Leuten des Buches“ (Ahl al-kitāb)
Annäherung an jüdische Praktiken, z.B. drittes Tagesgebet; Verbot von Schweinefleisch
und Beischlaf während der Menstruation
Aufforderung zur Anerkennung M.‘s religiösen Anspruchs
- Vermutlich Auseinandersetzung mit Juden von Medina
Vermittler der Offenbarung Gabriel (Islam) vs. Michael (Judentum)
Keine Anerkennung als Propheten
- Mangelnde Unterstützung durch Juden Bruch nach der Schlacht von Badr
Verbale Angriffe im Koran; schließlich
Reelle Angriffe, Belagerung und Vertreibung (Banū Qainuqāʿ 4, Banū n-Nadīr und Banū
Quraiza)
Banū Quraiza: Tötung der Männer, Gefangenschaft der Frauen & Kinder
Kritik auch unter Muslimen
- 628 Kriegszug, schwere Niederlage der Juden, in Folge 50%-ige Abgaben
4. In welcher Weise hat Muhammad in der von ihm begründeten Gemeinschaft die Stellung der
Frau verändert? Erläutern Sie dies anhand von Beispielen.
- Erlaubnis, Frauen zu verstoßen Vermögen der Frau darf nicht behalten werden
- Selbstloskauf von Ehefrauen (Chulʿ)
Abgabe des Brautgeldes oder andere Zahlung
Nach Verstoßung seiner Frau kann der Mann diese erst dann wieder heiraten, wenn sie
zwischenzeitlich einen anderen Mann geheiratet hat.
drei- bzw. viermonatige Wartezeit (ʿidda) zwischen Ehen der Frau Garantie der
leiblichen Vaterschaft
- Erlaubnis von Polygamie: bis zu vier Frauen
Brautgeld an Ehefrauen selbst
- Gleichzeitig Verbot der Poyandrie; Erlaubnis von Besuchsehen (Vorschrift der finanziellen
Entlohnung durch Mann)
- Versorgung der Witwen:
nicht mehr Erbgut des Verstorbenen Hochzeit mit Söhnen verboten
- Züchtigung bei Aufsässigkeit der Frau
- sexuelles Fehlverhalten (bezeugt von vier Personen) lebenslanger Arrest
5. Nennen Sie rechtliche und soziale Reformen, die Muhammad während der Zeit in Medina
durchgeführt hat.
4
Vermutlich ökonomische Konkurrenten M.‘s
- früherer Rechtssetzung (Sunna): Ergänzung von Bestimmungen und Vorschriften im Koran
Rache nicht größer als geschehenes Unrecht; Empfehlung zu Wergeld (Diya)
Verbot von Zinswucher (Ribā)
Abtrennung der Hand von Dieb*innen
allgemeines Weinverbot, Verbot des Losspiels
Begründung: vorherige Streitereien zwischen Anhängern Muhammads; Abhaltung
vom Gebet
[Rest s. 4.]
6. Erklären Sie, was Hanīfen sind und welche Rolle sie für die frühe Geschichte des Islams gespielt
haben.
7. Wie war die Gemeinschaft der Gläubigen in Medina strukturiert? Welche Rolle spielte
Muhammad?
8. Erklären Sie, wie der Ramadān zum heiligen Monat der Muslime geworden ist und welche
Vorstellungen und Praktiken mit ihm verbunden sind.
2. In welcher Weise hat sich das Verhältnis Muhammads zu den Christen im Laufe der Zeit
verändert?
5
15 Jahre ältere Kaufmannswitwe; Tod 619 kurz vor der Hidschra
6. Welche Umstände erleichterten die islamische Eroberung des Vorderen Orients?
- (militärische) Schwächung des Oströmischen und Sassanidischen Reiches nach Kampf um die
Vorherrschaft über den Vorderen Orient
- Syrien, Palästina, Ägypten: fehlende Loyalität der Untertanen gegenüber (ehemaligem)
Oberherren
byzantinische Eroberung kurz vor Islamischer
überwiegend monophysitische Christen ↔ chalkedonische (griechisch-orthodoxe)
byzantinische Reichskirche; Verfolgung der ansässigen Juden durch Byzantiner
Vernachlässigung bzw. Reaktivierung des Tempelberges
Betrachtung ʿUmars als messianischen Herrscher; syr.-aram. pārōqā („Erlöser“)
- Keine erheblichen Nachteile durch vertragliche Regelung des Herrschaftswechsels
„günstige(n) Konstellation konvergierender Interessen“
Sicherheitsgarantie (amān) für freiwilligen Anschluss
Freie Religionsausübung für Ahl al-kitāb (Anhänger der monotheistischen
Buchreligionen); Erlaubnis für Besitz von Kultstätten und -gegenständen Dhimma
Gegenleistung Dschizma
7. Unter dem Kalifen ʿUthmān kam es zu heftigen Spannungen unter den Muslimen, die
schließlich auch zur Ermordung des Kalifen und zur Entzweiung der Umma führten. Erklären Sie
die Gründe.
8. Geben Sie einen Überblick über die Geschichte des Korans bis zum Ende von ʿUthmāns Kalifat
1. Nach dem Tode ʿUthmāns spalteten sich die Muslime in drei politische Lager. Erklären Sie die
Gründe.
- Frage des rechtmäßigen Kalifen (= Nachfolger) & Bestimmung Alis ohne Einbezug des Schūrā-
Gremiums Spaltung muslimischer Gesellschaft
1. Schiiten
Unterstützer Alis
Bestimmung durch M. selbst Bezweiflung noch heute durch Sunniten
2. Familie der Umaiya (& Angehörige)
Partei ʿUthmāns“ (šīʿat ʿUṯmān)
Führung von Muʿāwiya (ʿUthmāns Gouverneur und Verwandter)
Verweigerung des Treueeids
U.a. Vorwurf der Mordbeteiligung ʿAlīs
Blutrache an Mördern ʿUthmāns
Nichtaufklärung des Mordes als Bruch mit muslimischer Rechtsordnung
koranisch sanktioniere Wiedervergeltung (Qisās)
3. Oppositionsbewegung in Basr
u.a. Aischa bint Abi Bakr; Mitglieder d. quraischitischen Clan der Taim
Vorwurf der Mordbeteiligung Alis, Verhinderung der Aufklärung des Mords
4. Unbeteiligte in Basra
1. Ausrufung Abū Bakrs (M.‘s Schwiegervaters) durch ʿUmar ibn al-Chattāb; Durchsetzung
gegen ʿAlī ibn Abī Tālib zu der Zeit mit Beerdigung M.‘s beschäftigt, von M. als Nachfolger
deklariert (?)
2. 634 Wahl ʿUmar ibn al-Chattābs zum zweiten Kalifen; Abstimmung unter
Prophetengefährten noch vor Bakrs Tod
3. Wahl des Nachfolgers aus von Umar gebildetem Konsulativgremium (6 Prophetengefährten)
Durchsetzung ʿUthmān ibn ʿAffāns gegen ʿAlī ibn Abī Tālib, quraiditischer Einfluss bei der
Entscheidung
4. ʿAlī ibn Abī Tālib: Unterstützung & Treueeid durch Aufständische/Kritiker an ʿUthmān
kein reguläres Schūrā-Gremium; kontroverse Entgegennahme der Baiʿa (5 Tage nach
Tod U.‘s auf Wunsch der Aufständischen)
3. Geben Sie einen Überblick über den Verlauf der ersten Fitna.
Fitna = „Versuchung“
- erste Fitna 656–661: Erster islamischer Bürgerkrieg
- 656 Kamelschlacht in Basra
Sieg gegen Umayia
Tötung vieler Quraisch, Gefangennahme ʿĀʾišas
Schonende Behandlung der Gegner & Exil ʿĀʾišas
- 657 Schlacht von Siffin
Heere ʿAlīs gegen Muʿāwiya
Viele kleinere Auseinandersetzung
Muʿāwiya lässt Koranexemplare an Lanzenspitzen heften (vermutlich kurz vor
Niederlage)
Zu der Zeit Absetzbewegungen unter ʿAlīs Truppen
Lösung des Konflikts durch einen Schiedsrichter auf Grundlage des Korans
- Schiedsgericht 658
ʿAmr unter Muʿāwiya; Abū Mūsā al-Ašʿarī (galt als unzuverlässig) unter ʿAlī
Schwächung des Kalifentitels
Neutraler Ausgang (War die Ermordung Uthmans gerechtfertigt?)
- Rückkehr
Anerkennung Muʿāwiyas als Kalif in Syrien (Legitimationsdefizit)
Anzweiflung des Ausgangs des Schiedsgerichts durch ʿAlī
Morde durch die Ḫāriǧīten
- 658 Schlacht bei Naḥrawān
Massaker an den Ḫāriǧīten
Rückkehr der Überlebenden zu ihren Stämmen
Größere Absetzbewegungen unter ʿAlīs Truppen,
- Sommer 658 Sieg über ʿAlīs Statthalter Abī Bakr unter Muʿāwiya
- 659 Treffen der Schiedsrichter bei Adruh
Urteil zugunsten Muʿāwiyas als geeigneten Kalifen
- 26. Januar 661: Ermordung ʿAlīs; Nachfolge durch Sohn al-Hasan
Angriff Muʿāwiyas auf Kūfa
Verhandlungen mit Hasan
Muʿāwiya: Verzicht auf Kalifat gegen Pension
4. Wer waren die Charidschiten und welche politischen Lehren vertraten sie?
- Schia = schīʿat ʿAlī (شيعة علي, DMG šīʿat ʿAlī ‚Partei Alis
ʿAlī ibn Abī Tālib als designierten Nachfolger (Kalif) und Imam
Prophetennachfolge nur von einem Nachfahren Alis, als einziger „göttlich legitim“
- Ermordung ʿUthmāns 656: Proklamation ʿAlīs zum vierten Kalifen 6
Keine allgemeine Anerkennung, u.a. von ʿĀ'ischa bint Abī Bakr & Charidschiten
- Ermordung ʿAlīs
Behauptung der Himmelfahrt (durch Ibn Saba' Begründer der extrem-schiitischen
Saba'īya)
- Muʿāwiya als fünfter Kalif erster Herrscher der Umayyaden-Dynastie
Durchsetzung gegen Sohn ʿAlīs und Fātimas, Imam al-Husain
Einsetzung Muʿāwiyas Sohnes Yazīd 680
Kritik in muslimischer Bevölkerung
6. Was ist der ʿĀschūrā-Tag? Welchen historischen Ereignisses gedenken die schiitischen Muslime
an diesem Tag?
7. Was waren nach der arabischen Historiographie die Gründe für die Errichtung des Felsendoms
in Jerusalem?
6
Nachfolgelegitimation: Angeblich Designation durch Muhammad „Jeder, dessen Herr ich bin, der hat auch ʿAlī
zum Herrn“ (man kuntu maulā-hu fa-ʿAlī maulā-hu)
7
Auch Frauen und Kinder
Wiedererrichtung des zentralen jüdischen Heiligtums (Zerstörung um 70 n. Chr.) v.a.
symbolische Bedeutung
6. Die Desintegration des Dschihad-Staates und die Anfänge des Fiqh (692-750)
1. Geben Sie einen Überblick über die frühe Entwicklung der Moschee.
Allgemein
- „Moschee“ von arab. masdschid = „Ort der Niederwerfung (zum Gebet), Kultstätte“
30-fache Erwähnung im Koran (spätmekkanisch/medinisch), häufig in Verbindung mit
harām („heilig, verboten“) al-Masdschid al-Harām = Heiligtum in Mekka
- 622 Verlust des Zugangs zum Heiligtum
- Erste (eigene/rein muslimische) „Masdschid“: Hof von M.‘s Wohnhaus in Yahtrib/Medina
- 628 erhebliche Vergrößerung nach Feldzug in Chaibar
Moschee in jeder neu gegründeten Lagerstädte der Muslime
Vorgeschichte
Im späten 4. Jahrhundert n. Chr. wurde hier ein dem Gott Jupiter geweihter römischer Tempel,
an dessen Ort mehrere Jahrhunderte zuvor bereits ein Hadad-Tempel gestanden hatte, durch
eine christliche Basilika ersetzt. In der Basilika wurde gemäß der Überlieferung der Kopf
Johannes' des Täufers aufbewahrt. Nachdem sich während der arabischen Eroberung Damaskus
im Jahr 636 den Muslimen ergeben hatte, diente das Gebäude noch ungefähr 70 Jahre sowohl
Christen als auch Muslimen als religiöse Kultstätte.
Entstehungszeit
Unter dem Umayyaden-Kalifen al-Walid wurde die Basilika zwischen den Jahren 708 und 715 in
die heutige Moschee umgewandelt. Die gesamten Außenmauern jedoch stammen von der
Basilika und wurden nicht von den Arabern errichtet. Besonders auf der Außenseite der
Südmauer sind neben griechischen Ornamenten auch griechische Inschriften sowie in einigen
Metern Höhe ein antikes Relief mit ausgekratztem Gesicht zu sehen. Ebenfalls erhalten sind
mehrere Säulen des größeren antiken Heiligtums außerhalb der Moschee, die eindrucksvollsten
von ihnen befinden sich auf der Westseite.
Jüngere Geschichte
Am 6. Mai 2001 betete Papst Johannes Paul II. am Schrein Johannes des Täufers in der
Umayyaden-Moschee. Es handelte sich hierbei um den ersten Besuch eines Papstes in einer
Moschee. Dieser Besuch stellt bis heute ein zentrales Element der Beziehungen zwischen dem
Islam und der katholischen Kirche dar. Bis zum Besuch der Sultan-Ahmed-Moschee in Istanbul
durch Papst Benedikt XVI. im Jahr 2006 blieb es der einzige päpstliche Besuch in einer Moschee.
2. Erklären Sie, was Mawālī sind und welche gesellschaftliche Rolle sie im frühen Islam spielten.
- Mawālī (arabisch موالي, von Singular مولى/ maulā) Schutzverhältnis (walāʾ) zu arabischem
Stamm/Clan; Übersetzung „Klienten“
- Patron: maulā
Beziehung mit Verwandtschaft d. Klienten strafrechtliche Relevanz
Entrichtung und Annahme von Blutgeld
Verantwortungsgemeinschaft (ʿāqila)
Gegenseitiges Erbe
Benachteiligung, wenn Klient Blutgeld verweigert; keine grundsätzliche
Erbberechtigung des Klienten (dafür für Patron)
i.d.R. Übernahme der Nisba des Patrons
- meist Freigelassene. walāʾ-al-ʿitāqa („Schutzverhältnis der Freilassung“)
ab 651 (Untergang d. sasanidischen bzw persischen Reichs): Zwang zur Konversion
- walāʾ al-islām: Patron = derjenige, bei dem konvertiert wurde
freiwillige Konversion: walāʾ at-tibāʿa („Schutzverhältnis der Nachfolge“)
Wechsel des Schutzherren möglich, aber kontrovers
- Teilnahme an Eroberungszügen
Häufig schlechtere Entlohnung
Weiterhin Pflicht zu Dschizya (eigentlich Ungläubige)
Keine Regierungs- oder Militärposten
- Wichtige Rolle bei Aufstandsbewegungen
Murdschiʾa-Bewegung
Sunna (arabisch ‚ سنةBrauch, gewohnte Handlungsweise, überlieferte Norm‘) Pl. sunan ()سنن
- Vorislamisch: Sitten, Bräuche, Werte & Normen arabischer Stämme bezeichnete
- Im Islam: Kurzbezeichnung für die zu befolgende sunnat an-nabī („Handlungsweise des
Propheten (=Mohammed)“
„unveränderliches“ Handlungsmuster Gottes, v.a. bei Nichtbefolgung muslim. Regeln
Heute Bedeutung in islamischer Jurisprudenz & Traditionswissenschaft
Hadith (der Hadith, auch das Hadith; arabisch حديثHadīth, DMG ḥadīṯ ‚Erzählung, Bericht,
Mitteilung, Überlieferung‘)
- Überlieferungen der Aussprüche und Handlungen M.‘s & von ihm unterstützte Aussagen &
Handlungen Dritter; sg. Hadith für einzelne Überlieferung
Grundlage für Sunna, normativer Charakter
zweite Quelle (nach Koran) der islamischen Normenlehre (Fiqh)
eigentlicher Text (matn) + Überliefererkette (Isnād)
4. Zu den frühesten theologischen Strömungen des Islams gehören die Qadarīya und die
Murdschi'a. Was waren ihre Lehren?
Murdschiiten
- Begründet von Hasan, Sohn Muhammad ibn al-Hanafīyas
- Aufschub des Urteils über Beteiligte an der Fitna
Entscheidung im Jenseits
- Allgemein Lehre der polit. Enthaltung; Vesöhnung
- Anhänger = „Aufschieber“ (Murdschi'a)
- Dennoch Teilnahme an Umayadenaufständen
Qadariten
- Qadar = Akte göttlicher Festlegung
- Kritik an Herrschenden & Begründung eigener Fehlhandlungen mit Qadar (z.B. Umayaden)
- Betonung der Eigenverantwortlichkeit des Menschen
Sünde sei von Gott nicht vorherbestimmt, sondern menschlich
Verdammung Nicht-Büßender
- Grabesstrafe (ʿaḏāb al-qabr), die der eigentlichen Bestrafung des Menschen im Jenseits
vorausgehen soll („doppelte Bestrafung“)
- Keine Teilnahme an Aufständen Gefährdung der einträchtigen Gemeinschaft
5. Geben Sie einen Überblick über die Geschichte der islamischen Expansion bis zum Ende der
Umaiyadenzeit.
1. Erste Expansionsphase
angefangen zur Zeit Abū Bakrs,
Fortsetzung unter ‘Umar; Höhepunkt
Ablösung in erster Fitna
Syrien, Palästina, Irak, Ägypten, Iran, Kaukasus
2. Zweite Expansionsphase: ab 661
Abdankung al-Hasans;
zur Zeit Mu’āwiyas 661-680;
Ablösung durch zweite Fitna 680-692
Expansion in Nordafrika (Tunesien) Gründung der Stadt Kairouan, Ausbau der
Stadt Marw; einige Ländereien gehen wieder verloren
3. Dritte Expansionsphase (692-717)
Abd Al-Malik & ʿUmar ibn ʿAbd al-ʿAzīz
nordafrikanische Küste; iberische Halbinsel (al-Andalus); Gebiet von Sind (heute
Südpakistan); Choresmien (Ḫwārazm) und Transoxanien mit den Städten Buchara
und Samarkand
4. Vierte Expansionsphase (720-743):
Ausweitung von al-Andalus (bis zum heutigen Frankreich); Sus-Tal in Nordafrika
Machtverlust der Umaiyaden
Verlust von Gebieten, Abbruch von Eroberungsversuchen
6. Erklären Sie die Bedeutung der Kaisānīya für die Religionsgeschichte des Islams
- frühe extrem-schiitische Gruppe in Kufa, die nach Abū ʿAmra Kaisān, dem Chef der Leibgarde
von al-Muchtār ibn Abī ʿUbaid, benannt ist und Muhammad ibn al-Hanafīya als ihren Imam
und Mahdi verehrte. Die Anhänger werden Kaisaniten genannt. Bei ihnen hatte sich die
spätere schiitische Lehre, bei der das Imamat über ʿAlī ibn Husain Zain al-ʿĀbidīn, den Sohn
von al-Husain ibn ʿAlī, weitergeführt wurde, noch nicht durchgesetzt. Nach dem Tod von
Muhammad ibn al-Hanafīya glaubten viele Kaisāniten, dass dieser sich nur verborgen habe
Abrogation (nasḫ).
- Verfahren zum Umgang mit widersprüchlichen koranischen Vorschriften
- Gültigkeit des zeitlich später anzusetzenden Koranverses
Z.B. Schwertvers & Aufforderung zum Kampf gegen die Ahl al-kitāb > Aufforderung zu
friedfertigem Verhalten gegenüber den Ungläubigen
wichtiger Teilbereich der juristischen Koranexegese
- innerkoranische Begründung der Lehre
-
„Wenn wir einen Vers tilgen oder in Vergessenheit geraten lassen, bringen wir einen besseren oder
einen, der ihm gleich ist.“
- Sure 2:106
1. Geben Sie einen kurzen Überblick über die Lehrrichtungen des Fiqh (bis zum 9. Jhd.)
Frage verändert :D
Kalām = Rede“
- an der griechischen Logik und Dialektik orientierte Kontroverstheologie
- Entwicklung unter Al-Mahdī
Diskussion von religiösen Kontroversen, auch mit anderen Religionen
- Hārūn ar-Raschīd (786-809): regelmäßige interreligiöse Diskussionen
überkonfessionelle Kultur des Streitens heraus, die bald darauf auch von der
christlichen und jüdischen Gelehrsamkeit übernommen wurde.
- „Vorschule des vernünftigen Redens“
- Erörterung tiefer liegender theologischer Probleme
Grundvoraussetzung, um die Dogmatik (arab. ʿAqīda (oder auch Iʿtiqād)) verstehen
systematisches methodisches Argumentieren, rhetorischer Gebrauch von Metaphern
und Symbolen; Einbezug von Koranversen und Überlieferungen
4. Nennen Sie drei schiitische Gruppen, die sich in der abbasidischen Zeit herausgebildet haben,
und erklären Sie die Unterschiede zwischen ihnen.
5. Erklären Sie die Bedeutung asch-Schāfiʿīs für die Entwicklung der islamischen Rechtstheorie.
maʿnā-Theorie bekannt geworden. Bei den maʿānī – so der Plural von maʿnā – handelt es sich um
Individuationsprinzipien für Substanzen und das reale Fundament der Erscheinungen von
Akzidentien. Jeder maʿnā hat seinen Grund in einem vorausliegenden maʿnā, was einen infiniten
Regress erzeugt, der aber in einer mit Gott identifizierten Erstursache endet, der dadurch die wahre
Ursache für die akzidentielle äußere Erscheinung der Substanzen ist.[17]
Abū l-Hudhail entwickelte als erster Muʿtazilit eine Lehre über die Attribute Gottes.[18] Er betonte
auffallend stark die Allmacht Gottes. Der Gottesbeweis ergibt sich für ihn aus der Kontingenz der
Welt. Außerdem vertrat er die Auffassung, dass der Koran als Rede Gottes erschaffen (machlūq) sei.
Nur Gott selbst ist seiner Auffassung anfangsewig und unerschaffen. Im Gegenzug betonte er die
Unnachahmlichkeit des Korans.[19] Im Bereich der Physik war Abū l-Hudhail stark vom Atomismus
beeinflusst.[20] Abū l-Hudhail hat zahlreiche Schriften verfasst, von denen Ibn an-Nadīm eine Liste in
seinem Fihrist liefert. Keine dieser Schriften hat sich jedoch eigenständig erhalten. Die meisten waren
polemischen Charakters. Unter den Muʿtaziliten hat er sich besonders häufig mit an-Nazzām
gestritten. Allein sechs Schriften waren gegen ihn gerichtet.[21]
7. Die ismaililitischen Gemeinden, die Ende des 9. Jahrhunderts in verschiedenen Gebieten der
islamischen Welt errichtet wurden, wurden Dār al-Hidschra genannt. Erklären Sie, warum.
8. Erklären Sie, wer die Hanbaliten sind und durch welche Lehren sie sich auszeichnen
1. Nennen Sie zwei spezifisch schiitische Feste und erklären Sie, auf welche historischen
Ereignisse bei ihnen Bezug genommen wird.
2. Bis heute befinden sich in Oman und in verschiedenen Ländern Nordafrikas ibāditische
Gemeinden. Erklären Sie, um was für eine Gruppierung es sich bei den Ibāditen handelt und
wie sie in diese Gebiete gekommen sind.
4. Geben Sie einen kurzen Überblick über die Geschichte des Islams in Iran bis zum 12.
Jahrhundert.
5. Nennen Sie wichtige Grundlehren, auf die sich sunnitische Identität stützt.
6. Eine Besonderheit des zwölfer-schiitischen Rechts ist die sogenannte Mutʿa. Erklären Sie, um
was für eine Institution es sich handelt und welchen sozialgeschichtlichen Hintergrund sie hat.
mutʿa-Ehe
- Zeitehe bzw. „Genußehe, die nur auf kurze Zeit ausschließlich zum Zwecke des
geschlechtlichen Genusses geschlossen wird“.
genaue Angaben zu Lohn, Zeitraum (0,5 h – 99 J.); Verlängerung nur beidseitig und nach
ʿidda möglich
- Hintergrund: Besuchsehen
- Die sunnitische Rechtsliteratur unterscheidet zwei Arten von mutʿa-Ehen: die generelle und
bisher beschriebene mutʿat an-nisāʾ und die Genussehe zur Wallfahrt (mutʿat al-ḥağğ). Diese
Differenzierung beruht auf einem Hadith, in dem es heißt: „Es existierten zwei mutʿa-Ehen
zur Zeit des Gottgesandten“. („mutʿatāni kānatā ʿalā ʿahd rasūl allāh“).[4] Die mutʿat al-ḥağğ
soll demzufolge zu Lebzeiten des Religionsstifters Mohammed zwischen der kleinen
Pilgerfahrt (ʿumra) und dem Haddsch (ḥağğ) zur Entweihung (iḥrām) stattgefunden haben
und wird daher, vor allem bei den Sunniten, im historischen Verlauf differenziert zur mutʿat
an-nisāʾ betrachtet und gelegentlich sogar, insbesondere von den Hanbaliten, akzeptiert.
Damit stellt sie auch weniger Konfliktpotential zwischen Sunniten und Zwölfer-Schiiten als
die mutʿat an-nisāʾ dar.
8. Nennen Sie die drei wichtigsten islamischen Feste und geben Sie Hintergrundinformationen zu
ihrer Entstehung.
- Eid (Opferfest)
10. Ḏū l-Ḥiğğa
vorislamische Ursprünge; Einbindung in Islam und Universalisierung (Opferhandlung
z.B. nicht nur in Mekka)
- Ramadanfasten & -fest
Tag der Herabsendung des Korans
[Vgl. 3.8]
- Maulid an-nabī: Geburtstagsfest des Propheten
12. Rabīʿ al-auwal im 11. Jahrhundert am Hof der Fatimiden eingeführt im 12.
Jahrhundert auch vom sunnitischen Herrscher Nūr ad-Dīn Zangī übernommen
(schiitischer Einfluss auf sunnitischen Islam)
9. In welchen Punkten hat die Schia auf die religiöse Praxis des sunnitischen Islams Einfluss
genommen?
- • Geburtstagsfest des Propheten am 12. Rabīʿ al-auwal im 11. Jahrhundert am Hof
der Fatimiden eingeführt im 12. Jahrhundert auch vom sunnitischen Herrscher Nūr ad-Dīn
Zangī übernommen
- • Verehrung der Gräber von als heilig erachteten Personen: Ḥaǧǧ nach Mekka wird mit
Besuch (ziyāra) des Prophetengrabes in Medina verbunden; Gräber von Persönlichkeiten des
sunnitischen Islams werden ausgebaut; Gelehrte fassen Wallfahrtsführer speziell für
sunnitische Gläubige, die Gräber besuchen wollten, ab
- • Heilpraktiken „prophetischen Medizin“ (ṭibb nabawī): Heilpraktiken, die auf den
Propheten zurückgehen werden zusammengestellt zuerst von Abū Nuʿaim al-Iṣfahānī (st.
1038) zunächst entwickelt auf schiitischer Seite als Gegenkonzept zum Neuplatonischen
und Christlichem
1. Mekka diente in seiner Geschichte häufig als Bühne für den Rangstreit der verschiedenen
muslimischen Herrscher. Zeigen Sie das anhand von Beispielen.
- Ab Ende 12. Jhd.: Titel Diener der beiden edlen heiligen Stätten (arabisch خادم الحرمين الشريفين
ḫādim al-ḥaramain aš-šarīfain)
Herrschaft über die beiden im Islam heiligen Bezirke von Mekka und Medina
- 968 bis 1925: Sherifen von Mekka
Hasanidische Herkunft, weit verzweigte Familie
Bis 14. Jhd zaiditische Schiiten, danach sunnitisch
- Ab 1517: Oberhoheit der Osmanen; Legitimation der Sultane durch Sherifen
Fatimiden Ayyubiden Rasuliden Mamluken (Ägypten)
- 1916 Ende d. türkischen Herrschaft über Mekka (Großscherif Hussein ibn Ali)
- Oktober 1924: Einnahme durch wahabitische Ichwān
- Juni/Juli 1926: Kongress mit muslimischen Politikern & Organisationen: Zukunft d.
Wallfahrtsstätten
- Sufitum (taṣauwuf): Bedeutung der eigenen spirituelle Erfahrung, des "Schmeckens" (ḏauq),
aber auch
"Gottesfurcht" (Taqwā),
Armut (faqr)
Dienstbarkeit (ʿUbūdīya)
Gottesgedenken (Dhikr)
Askese zur „Verinnerlichung der Religion“
- Selbstwahrnehmung als Nachfolger der Ahl as-Suffa
- Autoritätsmodell Scheich (arab. šaiḫ, wörtl. „älterer Mann“): Anleitung des Murīd (arab. „der
Wollende“)
Flickenrock (Chirqa) Verbundenheit zwischen dem Scheich und dem Murīd (Kleidung
aus Wolle: ṣūf allgemein als Namensgeber akzeptiert)
- Praktik der vierzigtägigen Einkehr (arbaʿīnīya) zur Läuterung
3. Nennen Sie drei sufische Orden und machen Sie Angaben zu ihrer spirituellen Ausrichtung,
Geschichte und geographischen Verbreitung.
Kubrawīya-Orden
- Gegründet: 1221 im zentralasiatischen Choresm durch Sufi Nadschmuddin Kubra
- Lehre
Mensch = Mikrokosmos; enthält alle Bestandteile des Makrokosmos
Annahme der Eigenschaften Gottes (Allahs) möglich
Ausnamen: ar-Rahman ar-Rahim („der Erbarmer, der Barmherzige“) & al-Hadi
(„der Rechtleitende“)
Menschliches Herz = feinstofflicher (transzendenter) Körper ermöglicht „visionäre
Reisen“ durch Aufstieg in Himmel
Erfahrungen nur möglich bei der Befolgung strenger Regeln
Fasten, vollkommene Hingabe an den Sheikh, ständige rituelle Reinheit (Tahāra),
ständiges Schweigen, ständige Klausur, ständiges Gottgedenken (Dhikr), ständige
Leitungen durch einen Sheikh (z.B. Traumdeutung)
- Gebiete: v.a. Kaschmir & Indonesien
Suhrawardī-Orden, Südasien
- Tschischtīya
asketische Ausrichtung,
intensive Beziehungen zu hinduistischen Yogis
Hören von Musik (samāʿ) = Mittel zur Annäherung an Gott
- Pilgerfahrt zum Grab von Muʿīn ad-Dīn Tschischtīs in Ajmer durch indoislamische Herrscher
Naqschbandīya-Orden (zentralasiatisch)
- Gegründet von Bahauddin Nagschband (1318-1389) in Usbekistan
- Lehren
strikter Gehorsam gegenüber der Scharia
Engagement in der Gesellschaft und der Politik Prinzip der ḫalwat dar anǧuman
(„Einkehr in der Gesellschaft“)
Ständiges Gedenken Gottes bei Erfüllung weltlicher Pflichten
„Weg der Lehrer“ (tariq-i khwajagan): 8 „Hauptlehren“
- Verbreitung: Zentralasien, Teile der Mongolei, Indien
Bektāschīya
- Nach Lehren des semi-legendären anatolischen Heiligen Hāddschi Bektāsch (um 1300)
5. Wer war Muhyī d-Dīn Ibn ʿArabī und worin liegt seine Bedeutung für die islamische
Religionsgeschichte?
- Bedeutender Sufi, auch bekannt als asch-schaich al-akbar („Der größte Meister“)
- kontroverse Lehren; z.T. schwer durchdringbar bzw. mystisch; Transzendentalismus
neuplatonisches Gedankensystem in sufischer „verbrämter“ 8 Form
z.B. Neue Deutung der Dogmen Drohsystem geht verloren (z.B. die Hölle ist für
die Ungläubigen angenehmer)
Welt als Manifestation des göttlichen Seins: Wahdat al-wudschūd („Einheit der
Existenz“)
unmittelbare Verbindung von Makrokosmos (Universum) und Mikrokosmos
(Mensch)
Vertrauen auf „Enthüllung“ (kašf) und „Imagination“ (ḫayāl) als den Korrektiven von
„Vernunft“ (ʿaql)
Buch Fuṣūṣ al-ḥikam („Ringsteine der göttlichen Weisheiten“): göttliche Weisheiten
spirituellen Vollkommenheit des Menschen
Z.T. erster Kontakt zu Islam, z.B. Süd(ost)asien
- große Anhängerschaft auch unter Schiiten
- Kritik: Vorwurf der Ketzerei (konnte Folgen wie Verbannung nach sich ziehen; Schutz der
Lehren unter osmanischem Reich)
6. In welcher Weise haben die Mongolen zur Verbreitung des Islams beigetragen?
7. Ibn Taimīya hat im 14. Jahrhundert eine neue islamische Staatslehre entwickelt. Wodurch
unterscheidet sie sich von früheren islamischen Staatslehren?
frühere Staatslehren:
- Mawardi: Imamat als Grundlage legitimen politischen Handels
Legitimität des Staates ~ Legitimität des Imams
Voraussetzungen z.B. Angehörigkeit zu den Quraisc, Iǧtihād-Fähigkeit
Delegation der Macht an qāḍī, Gebetsimame, Amir al-hağğ (Leiter der Wallfahrt),
hisba/muhtasib (Marktaufsicht), Kriegsemire usw
- Unterschied: Rolle des Imam bei Ibn Tamiya unwichtig
Ohnehin nur noch Schattenkalifen (Macht bei Sultanen und Emiren)
10. Das osmanische Supremat und der Aufstieg der Wahhabiten (1517-1813)
1. Erklären Sie den Unterschied zwischen Achbārīya und Usūlīya bei den Zwölfer-Schiiten.
Usūlīya
- rationalistischen Schule, Grundlage: Gelehrte von al-Hilla
Befürworter des Idschtihād,
Recht zur Ausübung nur für Ausgebildete in Usūl al-fiqh (allgemein anerkannte
Normenfindungsprinzipien) Mudschtahid
Keine Bindung an Lehrmeinungen früherer Autoritäten; Bevollmächtigter während
Periode der Verborgenheit des zwölften Imams
Verpflichtung der Anhänger zu Taqlīd und „Abgabe des Fünften“ (ḫums; schiitische
Einkommenssteuer)
4. Erklären Sie die Grundzüge der Lehren Muhammad ibn ʿAbd al-Wahhābs.
5. Erklären Sie, was Scherifen sind und welche politische Rolle sie seit der frühen Neuzeit in der
islamischen Welt spielen.
[s.9.1, 9.2]
6. Zeichnen Sie den geschichtlichen Prozess nach, der zur Verbreitung des Islams in Südostasien
führte.
- 12-14. Jahrhundert Verbreitung des Islams in Südostasien v.a. durch Seehandel erste
islamische Staaten Südostasiens: Perlak und Pasai an der Nordspitze Sumatras
- Weitere islamische Fürstentümer durch Übertritt der Herrscher zum Islam:
Malakka auf malaiischer Halbinsel (1413),
Patani im Süden des heutigen Staates Thailand (ab 1457),
Demak auf Java (ab 1475)
Ternate und Tidore auf den Molukken (ab 1486)
- 1511: Sultanat von Aceh an der Nordspitze Sumatras
wird zur wichtigsten muslimischen Handelsmacht im Malaiischen Archipel &
bedeutendem Zentrum islamischer Gelehrsamkeit
- Ab 17./18. Jahrhundert v.a. durch Schulen
- Aber auch Verbreitung des Islams durch Kämpfe manche Sufis führen auch Krieg gegen
buddhistische Herrscher z.B. Java
- Heute lebt dort Mehrheit der muslimischen Bevölkerung weltweit
- Viele lokale Bräuche etc. werden übernommen/einbezogen Synthese
7. Als 1803 die Wahhabiten Mekka und Medina eroberten, fand dies in der gesamten islamischen
Welt große Beachtung. Erklären Sie, warum.
1804 - 1806: Eroberung d. beiden heiligen Städte des Islams: Mekka & Medina
Zerstörung d. Grabmäler vieler großer Persönlichkeiten des frühen Islams
U.a. schiitische Imame al-Hasan ibn ʿAlī, ʿAlī Zain al-ʿĀbidīn, Muhammad al-Bāqir &
Dschaʿfar as-Sādiq
Grab des Propheten in der Moschee von Medina wurde geschont.
Rauchverbot
Zwangsunterricht in der wahhabitischen Lehre
Gebet entsprechend hanbalitischen Ritus
Vernichtung v. Büchern mit sufischen/philosophischen Inhalten
Verbot von Gebetsketten
Verbot von Feiern zum Prophetengeburtstag
Bedeckung d. Kaaba mit roter Kiswa
- Sherif Mekkas: Zwang, Wahhabismus als einzig geltende islamische Lehre anerkennen
- [Reaktion] Irak: schärften das konfessionelle Profil der schiitischen Gelehrten im Irak und
motivierten sie dazu, die im südlichen und mittleren Irak neu angesiedelten arabischen
Stämme zur Schia zu bekehren Bevölkerungsmehrheit bis heute Schiiten
- Bildung von Wahhābīya-Bewegungen in gesamter islam. Welt; Puritstische Ansprüche
1. Geben Sie einen Überblick über die Geschichte des Islams in Ostafrika
2. Im Zuge des Kolonialismus und Imperialismus des 19. Jahrhunderts besetzten die europäischen
Mächte zahlreiche Länder der islamischen Welt und brachten sie unter ihre Kontrolle. In
welcher Weise reagierten die muslimischen religiösen Autoritäten auf diese Entwicklung?
3. In welcher Weise hat sich das Rechtssystem im 19. Jahrhundert in den islamischen Ländern
verändert?
Exkurs:
- Früherer Modernisierungsprozess im semiautonomen Beys von Tunis (unter Ahmad Bey)
Technische Modernisierung unter französischem Einfluss (& Unterstützung)
- 1846 Verbot der Sklaverei
- 1861 erste Verfassung (qanūn ad-daula) nach europäischem Vorbild
- Ägypter, Angehöriger des Pariser Kreises von al-Afghānī; Leitungsgremium der Azhar-
Hochschule
- 1897 Gründung der Zeitschrift al-Manār (der Leuchtturm)
- Förderung der Idee des Panislamismus
Idee: Bestandhalten gegen westliche Zivilisation nur unter Zusammenschluss der
Muslime möglich; Überwindung unterschiedlicher Rechts- & Konfessionsschulen
zwingend notwendig
„Rückständigkeit“ der Muslime sei nur durch „geistigen Zusammenschluss auf
Grundlage der Prinzipien der Scharia“ zu überwinden
Idee eines gesamtislamischen Kongress‘ in Mekka; Zweigniederlassungen in jedem Land
Islamischer Konferenzgedanke
- Ende 19. Jhd.: Zunehmende Annäherung Osmanisches Reich & Deutsches Kaiserreich
panislamisches Projekt der Hedschasbahn
- Unterstützung Deutschlands und Österreich-Ungarns durch osmanisches Reich
Dschihad gegen Kriegsgegner Russland, England und Frankreich Pflicht für alle
Muslime
Strafe für Unterstützer der Mittelmächte
Unterstützung durch schiitische Gelehrte im Irak mächtige Dschihad-Bewegung bei
Besetzung durch Briten
Teilnahme der Sanūsīs stieß der Dschihad-Aufruf auf fruchtbaren Boden. Ahmad asch-
Scharīf, ihr Anführer, verbündete sich nach der osmanischen Fatwa mit den
Mittelmächten und ließ seine Soldaten an mehreren Fronten gegen die Alliierten
kämpfen. In
Indien: Abrückung d. Aligarh-Muslime von Briten
Begeisterung für Mobilisierungskraft der Dschihad
- Unterstützung der Entente-Mächte
9
Hidschāz: Landschaft im westlichen Saudi-Arabien, in dem die beiden Heiligen Stätten des Islams, Mekka und
Medina, liegen
10
der erste Versuch einer Kodifikation vermögensrechtlicher Bestimmungen des islamischen Rechts.
Grundsätzlich richtete sich das aus 16 Büchern bestehende Gesetz nach der hanafitischen Rechtsschule.
Umfasst waren Schuldrecht sowie einige sachen-, personen- und prozessrechtliche Vorschriften, wogegen Erb-
und Familienrecht sowie das Recht der frommen Stiftungen nicht behandelt wurden.
Frankreich: div. Clans im Senegal
Großbritannien: Unterstützung aus Ägypten (1914 brit. Protektorat) & Scherifen von
Mekka
6. Wie kam es zu der Wiederbelebung der Kalifatsidee im 19. Jahrhundert und warum wurde das
Kalifat 1924 erneut abgeschafft?
7. Erklären Sie, inwieweit die Verdrängung von König Husain aus Mekka auf politischer und
religiöser Ebene einen Bruch mit der Vergangenheit darstellt.
- König im Hedschas
- Selbsternennung zum Kalifen im Frühjahr 1924
Zustimmung in Hedschas, Transjordanien, Irak
Zurückweisung als britischer Agent (Ägypten, Indien)
Überrennung durch Wahhabiten
Ende d. hāschimitischen Königreich des Hedschas (heute nur noch Jordanien)
- Letzter autonomer Hadschimitenherrscher in Mekka
Fast ununterbrochene Herrschaftslinie seit 10. Jhd.
Ende des unabhängigen Kalifats/Islam
12. Der Anstoß der säkularen Ideologien und die „Islamische Revolution“ (1924-
1979)
1. In welcher Weise haben sich die islamischen ökonomischen Vorstellungen und Strukturen im
20. Jahrhundert verändert?
Unter der OIC (Organisation der Islamischen Konferenz)
- Entwicklung eines zinslosen Islamischen Bankwesens Zinsverbot im Islam11
- 1975: Eröffnung der Islamischen Entwicklungsbank in Dschidda unter Leitung des
ägyptischen Finanzwissenschaftlers Ahmad an-Naddschār; bald gefolgt von Dubai (1975),
Golfregion, Sudan & Ägypten (alle 1977)
Nationalismus
2. Erklären Sie, was Daʿwa bedeutet. Denken Sie dabei auch an den Bedeutungswandel, den der
Begriff im Laufe der Zeit erlebt hat.
Ägyptische Muslimbruderschaft
- Gründung 1928 in Ismāʿīlīya durch Hasan al-Bannā (junger Volkschullehrer)
Ziel: moralische Reform der muslimischen Gemeinde
- gegen „westliche Dekadenz“ & Nationalismus (= Grund für „Überlegenheitsgefühl und
Aggression“)
Gegenentwurf islamischer Nationalismus
Gegründet auf Verbundenheit (Walāya) mit Gott & Prinzip des „Gebieten des Rechten
und Verbieten des Verwerflichen“
- Stärkung des Islams und der Umma
„Ruf“ zum Islam (Daʿwa) = (mit) wichtigstes Ziel jedes Moslems
- Hierarchische Ordnung, 21 lokale Führer = Führungsbüro & Überwachungsinstanz
- Ausführung der Daʿwa auch mit „modernen Mitteln“ (Zeitungen, Theaterstücke, Filme,
Grammophon, Radio)
- ganzheitliches Islam-Konzept
„Wir glauben, dass die Prinzipien und Lehren des Islams umfassend sind und die Angelegenheiten
der Menschen im Diesseits und Jenseits regeln. Diejenigen, die annehmen, dass diese Lehren
11
Islamische Bankgeschäfte müssen die fünf Prinzipien der Shari’a erfüllen:
1. Das absolute Zinsverbot (arabisch riba) m. Ausnahme Mieten & Leasinggebühren
2. Verbot des Glücksspiels und der Wette (arabisch maysir), z.B. Derivate
3. Verbot von Spekulation und Risiko (gharar), z.B. Aktienhandel mit rein spekulativen Interessen
4. Verbot unethischer Geschäfte (Harām): Bankgeschäfte mit Inhalt Waffen- & Drogenhandel, Tabak,
Alkoholkonsum, Schweinefleisch, Prostitution, Pornografie
5. Prinzip der Gewinn- und Verlustteilung m. Investor (kein Gläubiger)
allein die gottesdienstliche oder spirituelle Seite behandeln, sind im Unrecht, denn der Islam ist
Bekenntnis und Gottesdienst, Vaterland und Nationalität, Religion (dīn) und Staat (daula),
Spiritualität und Arbeit, Koran und Schwert.“
Die Muslimbrüder konnten mit ihrem Programm der Predigt und intensiven karitativen
Aktivitäten unterschiedlichste soziale Gruppen ansprechen. Das Netz ihrer Zellen oder „Familien“
und „Clans“ breitete sich bald über ganz Ägypten aus. Ab 1935 fassten die Muslimbrüder auch in
anderen arabischen Ländern Fuß. Eine Organisation mit ähnlicher Ausrichtung war die 1926 im
nordindischen Mewat gegründete Tablīghī Dschamāʿat („missionarische Gemeinschaft“). Ihr
Gründer Muhammad Ilyās Kandhalwī (gest. 1944) war Absolvent der Schule von Deoband. Er ließ
sich zunächst bei Bauern in Mewat als Religionslehrer nieder, ging aber dann zu missionarischer
Arbeit als Wanderprediger über. Auch bei der Tablīghī Dschamāʿat gibt es das Ideal des Auf-
Fahrt-Gehens: die Anhänger der Gemeinschaft werden dazu angehalten, jeden Monat eine
mindestens dreitägige Missionsreise durchzuführen, insbesondere im Umkreis der
Heimatmoschee und den benachbarten Städten. Die Tablīghī Dschamāʿat konnte in den 1930er
Jahren auf dem Indischen Subkontinent bereits große Erfolge mit ihrer Missionsarbeit verbuchen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erweiterte sie ihren Operationsbereich auf die gesamte islamische
Welt. Als unpolitische Bewegung verbreitete sie sich in den 1950er und 1960er Jahren durch ihre
Missionare über die arabischen Länder, das subsaharische Afrika, Südostasien und die Türkei.
Kennzeichnend für die Tablīghī Dschamāʿat ist ihr Antiintellektualismus. Der Islam ist für ihre
Anhänger vor allem eine „praktische Aktivität“ (ʿamalī kām) und weniger etwas, worüber
gesprochen, geschrieben oder gelesen werden muss. Praktische Aktivität bedeutet vor allem
regelmäßige missionarische Tätigkeit, deren Zweck der Wandel der durch westliche Werte
geprägten Gesellschaft zu einer islamischen Gesellschaftsform ist. Der bengalische Zweig der
Tablighi Dschamāʿat ist besonders aktiv. Er richtet seit 1948 die religiöse Großveranstaltung
Bishwa Ijtema aus, bei der Anhänger der Bewegung zum Gebet zusammenkommen.
4. Geben Sie einen Überblick über die Geschichte der Institution des Kalifats.
Liga der Islamischen Welt (Rābiṭat al-ʿālam al- Organisation der Islamischen Konferenz (OIC;
islāmī) Munaẓẓamat al-muʾtamar al-islāmī)
Heute: Organisation für Islamische
Zusammenarbeit
- Gründung 1962 in Mekka von 26 - Gründung 1972 von div. islamischen
muslimischen Gelehrten Außenministern (nach mehreren Konferenzen
& Gipfeln in Reaktion auf Besetzung Jerusalems
- Initiator: Saudi-Arabien 1967)
- (regierungsgesteuerte) Nicht- - Initiatoren: Saudi-Arabien & Marokko
Regierungsorganisation -
- die während des Pilgermonats im Jahre 1962 in Mekka gegründet wurde. 26 prominente
muslimische Gelehrte aus 22 Ländern, darunter auch Maudūdī und mehrere führende
Muslimbrüder, bildeten das Gründungskommittee. Ziel der Liga laut ihrer Satzung ist: „In
Erfüllung der Pflicht, die Gott uns auferlegt hat, die Daʿwa des Islams zu verbreiten, seine
Prinzipien und Lehren zu erläutern, die Zweifel an ihm zu zerstreuen und die gefährliche
Verschwörung, durch die die Feinde des Islams die Muslime von ihrer Religion fortlocken und
ihre Einheit und brüderliche Verbundenheit zerstören wollen, zu bekämpfen.“ Als Mittel zur
Erreichung dieses Ziels wird laut Satzung die jährliche Pilgerfahrt nach Mekka, die als eine Art
natürliche internationale Konferenz angesehen wird, genannt. Ferner wurden die Errichtung
eines islamischen Rundfunksenders, die Publikation von islamischen Büchern und die
Errichtung eines permanenten Büros (das bis heute in Mekka besteht) beschlossen. Daneben
wurden in der Satzung Säkularismus, Kommunismus und Nationalismus verdammt. Die
Verdammung des Nationalismus richtete sich vor allem gegen das Nasser-Regime.
Die Islamische Weltliga ist keine Organisation auf staatlicher Ebene, sondern wird von Individuen
und islamischen Vereinen getragen. Sie bildet gewissermaßen eine Dachorganisation für die
Daʿwa-Vereine in den verschiedenen islamischen Ländern. De facto fungiert sie allerdings als
religiös-politische Missionsorganisation des saudischen Staates. Der Präsident der
konstituierenden Versammlung ist immer der oberste Mufti Saudi-Arabiens, und auch der
Generalsekretär soll laut Satzung stets zu den „Söhnen des Landes“ gehören, d.h. aus Saudi-
Arabien stammen. Die wahhabitisch ausgerichteten Gelehrten Saudi-Arabiens erhielten damit
einen entscheidenden Einfluss auf die theologische und ideologische Ausrichtung der Liga.
6. Beschreiben Sie den historischen Prozess, der in Iran zur Errichtung einer „Islamischen
Republik“ führte.
Auch in Iran, wo seit den späten 1950er Jahren der Pahlavi-Herrscher Mohammad Rezā Schāh
mit großer Härte ein ökonomisches und gesellschaftliches Modernisierungsprogramm verfolgte,
gab es eine Bewegung, die auf eine Islamische Revolution hinstrebte. Diese Bewegung war sehr
heterogen: Sie umfasste Laien und Geistliche, einige von ihnen waren eher konservativ orientiert,
andere linksgerichtet. Unter den Laien hatte die 1965 gegründete Bewegung der
Volksmodschahedin (muǧāhedīn-e ḫalq), die von dem Gedankengut ʿAlī Scharīʿatīs beeinflusst
war, eine große Anhängerschaft. Sie sah im theosophisch interpretierten Tauhīd und der darin
gegebenen ontologischen Einheit auch die soziale Einheit im Sinne klassenloser Gesellschaft
begründet und kämpfte schon seit Anfang der 1970er Jahre gewaltsam für die Errichtung eines
islamischen Staates.
Der wichtigste Vertreter des politischen Islams auf klerikaler Seite war
Ruhollah Chomeini. 1902 geboren, hatte er schon 1943 eine Antwort auf die gegen die
Geistlichkeit gerichteten Angriffe säkularistischer Kräfte verfasst und ab 1962 die Führung einer
Minderheitsgruppe im hohen schiitischen Klerus übernommen, die sich im Gegensatz zur
quietistischen Haltung der meisten Geistlichen offen gegen das Pahlavi-Regime auflehnte. Seine
Opposition gegen den Schah brachte er vor allem auf ethischem und spezifisch religiösem Gebiet
zum Ausdruck. Nachdem er im Juni 1963 den Schah als Yazīd (vgl. oben 5.3.1.) bezeichnet und
dadurch Unruhen ausgelöst hatte, ließ ihn der Schah verhaften. Um ihn vor staatlicher
Verfolgung zu schützen, erhoben ihn die schiitischen Geistlichen in einer Nacht-und-Nebel-Aktion
zum Āyatollāh und Mardschaʿ-i Taqlīd. Chomeini wurde schließlich freigelassen und in die
Verbannung geschickt. Nach kurzem Aufenthalt in der Türkei ließ er sich im irakischen Nadschaf
nieder, wo zu dieser Zeit viele schiitische Reformdenker wirkten.
Von großer Wichtigkeit war eine Reihe von Vorlesungen über politische Theorie, die Chomeini
1969 in Nadschaf hielt. Darin rief er zum ersten Mal direkt zum Sturz der Monarchie in Iran und
zur Errichtung einer islamischen Herrschaft auf; oberster Führer des islamischen Staates sollte
der schiitische Rechtsgelehrte (Faqīh) werden. Gegenüber dem traditionellen Konzept
schiitischer Herrschaftstheorie bedeutete die Schrift einen gewaltigen qualitativen Sprung: Die
Rechtsgelehrten sollten nicht mehr nur indirekt für die scharia-gemäße Gestaltung der Politik
sorgen, indem sie als Normenkontrollinstanz den Herrscher überwachen, wie es zum Beispiel in
der Iranischen Verfassung von 1907 vorgesehen war. Vielmehr sollten sie selbst zur direkten,
aktiven Herrschaftsausübung berufen sein. Die Vorlesung wurde später unter dem Titel Wilāyat-i
faqīh: ḥukūmat-i islāmī („Die Herrschaft des Rechtsgelehrten; die islamische Regierung“)
gedruckt und verbreitet.
Chomeinis große Stunde kam mit der Revolution in Iran, die im Sommer 1977 begann und sich
gegen die totalitäre Herrschaft von Mohammad Rezā Schāh richtete. Die hinter dieser Revolution
stehende Opposition, der es im Januar 1979 schließlich gelang, den Schah zu stürzen, war sehr
vielfältig: Sie vereinte Kommunisten und Sozialisten, bürgerliche Liberale und Intellektuelle,
verschiedene religiöse Splittergruppen und den gemäßigten wie den radikalen Flügel des
schiitischen Klerus. Chomeini, der aufgrund eines iranisch-irakischen Abkommens im Jahre 1978
aus dem Irak ausgewiesen worden und nach Frankreich übergesiedelt war, kehrte im Februar
1979 nach Iran zurück und nahm die Position des Revolutionsführers ein. In nur kurzer Zeit
gelang es ihm, nacheinander fast alle anderen Oppositionsgruppen auszuschalten, die Bewegung
in eine religiös-politische Richtung umzuleiten und zu einer Islamischen Revolution zu machen. In
einem am 30. März 1979 abgehaltenen Referendum erklärten 97 Prozent der Teilnehmer ihre
Zustimmung zur Errichtung einer Islamischen Republik. Im Mai wurde auf ein Dekret Chomeinis
hin das Heer der Islamischen Revolutionswächter gebildet, das bis heute weiterbesteht.
Kernstück der Verfassung ist Artikel 5, der feststellt, dass in Abwesenheit des verborgenen Imams
die Führung der Gemeinschaft dem gerechten, frommen, gelehrten und starken Rechtsgelehrten
zusteht, der von der Mehrheit des Volkes als sein Führer anerkannt wird. Damit wird wie in
Chomeinis Wilāyat-i Faqīh der Kreis derjenigen Personen, die den Staat leiten dürfen, auf den
Kreis der Religionsgelehrten beschränkt. Der Präsident der Islamischen Republik darf zwar ein
religiöser Laie sein, doch ist er dem religiösen Führer untergeordnet (Art. 113). Der islamische
Führer (rahbar) thront gleichsam als oberste Instanz über einem politischen System, das
ansonsten als Präsidialdemokratie organisiert ist und auch ein gewähltes Parlament, die
Islamische Konsultativsversammlung, besitzt. Seine Zuständigkeiten geben dem Führer
weitreichende Eingriffsmöglichkeiten in das politische Gefüge. Dies gilt auch für den militärischen
Bereich, in dem er die Rolle des Oberkommandierenden der Streitkräfte hat. Dass auf diese
Weise dem schiitischen Klerus, dessen Tätigkeit über Jahrhunderte auf den geistlichen und
juristischen Bereich beschränkt war, die direkte politische Regierungsgewalt in Iran zugespielt
wurde, war das eigentlich Revolutionäre an der neuen iranischen Verfassung.
Dschuhaimān al-ʿUtaibī, der Besetzer der Heiligen Moschee in Mekka nach seiner Festnahme
Die Revolution in Iran inspirierte Muslime in anderen Ländern zur Nachahmung. In Syrien
stürmten im Juni 1979 militante Muslimbrüder die Militärakademie von Aleppo und ermordeten
Dutzende von Offizieren. In Ägypten begeisterte sich eine Gruppe militanter palästinensischer
Studenten für die iranischen Ereignisse. Ihre Galionsfigur, der Mediziner Fathī Schaqāqī, schrieb
1979 ein Buch, in dem er Chomeini als „islamische Lösung“ anpries. In Senegal gründete im
August 1979 al-Hāddsch Ahmad Khalifa Niasse eine an Chomeini orientierte islamische Partei mit
dem Namen Hizboulahi („Partei Gottes“). Auch in Saudi-Arabien fühlten sich Muslime ermuntert,
gegen die Herrschenden vorzugehen. Am 20. November 1979 besetzte eine Gruppe von
Wahhabiten unter der Führung von Dschuhaimān al-ʿUtaibī die Heilige Moschee in Mekka mit
dem Ziel, das „korrupte“ saudische Königshaus zu stürzen und einen islamischen Staat zu
errichten. Erst nach wochenlangen Kämpfen konnten sie zur Aufgabe gezwungen werden. Fast
gleichzeitig organisierte der schiitische Aktivist Hasan as-Saffār in der ölreichen saudischen
Ostprovinz al-Ahsā einen Aufstand, den er als "Islamische Revolution auf der arabischen
Halbinsel" deklarierte. Die blutige Niederschlagung dieses Aufstandes durch Saudi-Arabiens
Sicherheitskräfte führte zu heftigen Spannungen mit der neuen Islamischen Republik.
7. Was ist die Dschamāʿat-i Islāmī und welche Rolle hat sie in der Geschichte von Pakistan und
Bangladesch gespielt?
13. „Islamisches Erwachen“ bei den Sunniten und die Geburt von al-Qāʿida
(1979-2001)
1. In welcher Weise hat die Iranische Revolution von 1979 auch Auswirkungen auf andere Länder
der islamischen Welt gehabt?
Schon kurz nach ihrem Ausbruch hatte die Islamische Revolution in mehreren islamischen
Ländern Sympathisanten gewonnen (vgl. oben 12.2.6.). In den frühen 1980er Jahren versuchten
viele dieser Sympathisanten, das Geschehen in der Islamischen Republik nachzuahmen. So
veröffentlichte im September 1980 die syrische Muslimbruderschaft ein Dokument mit dem Titel
„Deklaration und Programm der Islamischen Revolution in Syrien“. In Tunesien gründete im Juni
1981 Raschīd al-Ghannūschī als explizit islamische Partei die „Bewegung der Islamischen
Tendenz“ (Ḥarakat al-ittiǧāh al-islāmī). In Algerien veröffentlichten im November 1982 drei
führende Persönlichkeiten die „Deklaration des Ratschlags“ (bayān an-nasīḥa), die mit der
Forderung einer Islamischen Republik als Gründungsurkunde der islamischen Bewegung in
Algerien gilt. Das Iranische Revolutionsregime in Teheran umwarb diese Sympathisanten der
islamischen Revolution und lud sie zu Veranstaltungen nach Teheran ein. Um die Kontakte zu
ihnen zu pflegen und den Export der Islamischen Revolution zu institutionalisieren, hielt das
Regime im Januar 1982 zum ersten Mal die „Woche der Einheit“ (hafta-yi waḥdat) ab, eine
Veranstaltung, die in den Folgejahren mehrfach wiederholt wurde.
Der ägyptische Attentäter Chālid Islāmbūlī mit zur Schahāda erhobenen Zeigefinger
Im Zuge dieses Revolutionsexports mischte sich das Teheraner Regime auch direkt in die Politik
anderer islamischer Staaten ein. So rief im August 1980 Chomeini zum Sturz des Regimes von
Saddām Husain im Irak auf, ein Vorfall, der einen Monat später zum Ausbruch des Iranisch-
irakischen Krieges führte. Im November 1982 verkündete Muhammad Bāqir al-Hakīm in Teheran
die Gründung eines Höchsten Rates für die Islamische Revolution im Irak (al-Maǧlis al-aʿlā li-ṯ-
ṯaura al-Islāmiyya fi-l-ʿIrāq, engl. Abk. SCIRI). Dieses Gremium sollte nach dem Sieg über den Irak
die revolutionäre Führung in diesem Land übernehmen. Ein weiteres Beispiel ist Ägypten: im
August 1981 rief der iranische Großayatollah ʿAlī Muntazirī zum Sturz des ägyptischen
Präsidenten Anwar as-Sadat auf. Es mag ein Zufall sein, dass zwei Monate später Sadat
tatsächlich durch einen militanten Islamisten bei einer Parade in Kairo ermordet wurde, doch die
Tatsache, dass kurz darauf in Iran mehrere Straßen nach Sadats Mörder Chālid Islāmbūlī benannt
wurden, zeigt, wie sehr man das Ereignis in der Islamischen Republik Iran als einen politischen
Akt interpretierte, der mit den eigenen islamisch-revolutionären Zielen übereinstimmte.
Das Logo der Organisation Islamischer Dschihad in Palästina mit Koranvers 29:69: "Diejenigen
aber, die sich um unseretwillen abmühen, werden wir unsere Wege führen."
Auch in den Nahostkonflikt mischte sich die Islamische Republik ein. So unterstützte sie den
Chomeini-Verehrer Fathī Schiqāqī (vgl. oben 12.2.6.), der nach Ermordung Sadats aus Ägypten
ausgewiesen wurde und 1981 in Gaza die Organisation Islamischer Dschihad in Palästina
gründete. Diese Organisation arbeitet bis heute mit der Islamischen Republik zusammen und
führt den bewaffneten Kampf gegen Israel. Als Reaktion auf die israelische Invasion des Libanon
im Juni 1982 stationierte die Islamische Republik ein ca. 2.000 Mann starkes Kontingent der
Pasdārān im Libanon. Hieraus entwickelte sich später die libanesisch-schiitische Hisbollah-Miliz
(von ḥizb Allāh = „Partei Gottes“, siehe Q 5:56).
Im Zuge des Exports der Islamischen Revolution warb die Islamische Republik außerdem für die
Schia und hatte damit auch einigen Erfolg. In Nigeria, Senegal und Indonesien konvertierten in
den frühen 1980er Jahren viele revolutionsbegeisterte Muslime zu dieser Form des Islams. Die
Schiiten von Nigeria haben sich seither in dem „Islamic Movement in Nigeria“ von Scheich
Ibraheem Zakzaky zusammengeschlossen. Auch viele Mitglieder des Palästinensischen
Islamischen Dschihad sympathisieren mit der Schia. Zur Abwehr der religiös-politischen
Propaganda des Revolutionsregimes schlossen mehrere Regierungen die Botschaften der
Islamischen Republik in ihren Ländern, so unter anderem Senegal und Ägypten.
In Saudi-Arabien war das intellektuelle Klima in den 1980er Jahren von einer Gruppe von
Gelehrten beherrscht, die die aktivistische Ideologie der Muslimbruderschaft mit der
wahhabitischen Spielart des Islams zu verbinden versuchten. An ihrer Spitze stand Muhammad
Qutb, der Bruder von Saiyid Qutb, der an der mekkanischen Umm-al-Qurā-Universität
unterrichtete und dort einen Kreis von jungen muslimischen Gelehrten um sich versammelte, die
sich darum bemühten, die wahre Lehre der frommen Altvorderen (as-salaf aṣ-ṣāliḥ)
wiederzubeleben. Einer von Qutbs Schülern, schrieb 1981 eine Magister-Arbeit mit dem Titel:
„Zu den Begriffen des Bekenntnisses der frommen Altvorderen. Loyalität und Lossagung im
Islam“ (Min mafāhīm ʿaqīdat as-salaf aṣ-ṣāliḥ. Al-Walāʾ wa-l-barāʾ fī l-islām). Darin versuchte er
den Nachweis zu erbringen, dass es nach der genuinen Lehre der ersten Muslime Pflicht ist,
Loyalität und Freundschaft (walāʾ) nur zu wahren Muslimen unterhalten, allen anderen
Menschen gegenüber dagegen Lossagung und Meidung (barāʾ) zu üben. Was al-Walā' wa-l-barā'
genau bedeutet, erläuterte er an vielen Einzelregeln, zu dem auch das Verbot der Angleichung an
die Ungläubigen gehört. Die Walā'-barā'-Doktrin wurde in den 1980er und 1990er von vielen
Muslimen innerhalb und außerhalb Saudi-Arabiens übernommen und bildet heute eines der
wichtigsten Kennzeichen des sogenannten Salafismus.
Eine dezidiert anti-revolutionäre Position nahm in dieser Zeit der ägyptische Gelehrte Yūsuf al-
Qaradāwī ein, der in den 1960er Jahren als Muslimbruder nach Katar ausgewandert war und dort
an dem Aufbau des islamischen Bildungssystems mitgewirkt hatte. Schon zu dieser Zeit hatte er
ein einflussreiches Buch mit dem Titel „Das Erlaubte und das Verbotene im Islam“ (al-Ḥalāl wa-l-
ḥarām fī l-Islām) geschrieben, in dem er sich mit der Frage befasste, welche Speisen, Produkte
usw. für Muslime erlaubt sind. Damit trug er erheblich zur Verbreitung der Idee der Halāl-
Zertifizierung bei. 1982 veröffentlichte er ein neues Buch mit dem Titel „Das islamische Erwachen
zwischen Zurückweisung und Extremismus“, in dem er den Extremismus (taṭarruf) und die
Intoleranz der islamischen revolutionären Bewegungen kritisierte und der muslimischen Jugend
als Gegenmittel einen Lebensstil der Mäßigung empfahl, der auf das Wissen um die islamische
Normen- und Werteordnung gegründet ist. Al-Qaradāwī verwies auf solche Koran- und Hadith-
Stellen, die davor warnen, ungeduldig zu werden und sich in aussichtslose Unternehmungen zu
stürzen, und stattdessen zu standhafter Geduld (ṣabr) aufrufen. Diese Kardinaltugend ist für
Qaradāwī so bedeutend, dass er ihr 1984 ein eigenes Buch widmete, in dem er nachwies, wie
sehr sie im Zentrum koranischer Ethik steht und für die Gläubigen gerade in Zeiten der
Anfechtung unverzichtbar ist, auch wenn sie der Jugend schwerfällt. Das Schlagwort von dem
islamischen Erwachen (ṣaḥwa islāmīya) wurde seit dieser Zeit von muslimischen Gelehrten und
Intellektuellen allgemein zur Kennzeichnung des modernen Prozesses der Reislamisierung nach
dem Versagen der säkularen Ideologien verwendet. 1987 wurde in Amman eine erste
internationale Konferenz über dieses "islamische Erwachen" abgehalten.
- Religiöse Ausrichtung auf ʿAlī ibn Abī Tālib seit 16. Jhd (Osmanisches Reich) Aleviten
(ʿalevī)
Wird (überwiegend) als Teil der schiitischen Gemeinde angesehen; große Ähnlichkeiten
mit Zwölferschia (Ali, 14 Unfehlbare, …)
Von orthodoxen Sunniten den Ghulat („Übertreibern“) zugeordnet
Evtl Bezüge zum Zoroastrismus schwer belegbar
- Verbreitung mit turkmenischen Stämmen, v.a. in Anatolien (bis heute größte alevit.
Gemeinde)
Enge Verbindung mit Türkentum; Religion der „ursprünglichen Türken“ – Mehmet Eröz
Diskriminierung
- Osmanenreich
Verfolgung als Häretiker
1514 Aufstand m. iranisch-safawidischen Schahs
16. Jhd alevitische Aufstände unter Dichter Pir Sultan Abdal; Niederschlagung &
Hinrichtung des Anführers durch die Osmanen
- Glaubensfreiheit erst unter Kemal Atatürk 12 (Laizismus) ab 1923
Unterstützung des Kemalismus; Hoffnung auf Gleichberechtigung mit sunnitischer
Mehrheitsbevölkerung
- Ab 1980er Jahre: Reislamisierungsmaßnahmen & Förderung des sunnitischen Islam
erneute Diskriminierung; wachsende Spannung zwischen Sunniten & Aleviten
- Reaktion: Rückbesinnung auf eigene religiöse Kultur modernes Alevitentum
Aufgeschlossenheit ggü. „westlicher Moderne“
Verzicht auf sunnitische Ritualpflichten
1993: Brandanschlag bei alevitischem Dichterfestival in Sivas (37 Tote)
Offensivere Bekennung zu Alevitentum;
Errichtung eines eigenen Gebäudes für das Cem (zentrale alevitische Zeremonie)
- Weitergehende Diskriminierung,
z.B. Verhaftung von 80% (!) der Aleviten nach Gezi-Park-Protesten gegen Recep Tayyip
Erdoğan 2013
Opfer auch von Pogromen & Anschlägen, u.a. staatlich
3. Wie ist das islamische Bankenwesen entstanden und welche Besonderheiten weist es
gegenüber konventionellen Finanzierungstechniken auf?
[s.12.1]
Gemeinsamkeiten Unterschiede/Schwierigkeiten
- Recht auf Leben - Gleichheitsgrundsatz
- Menschenwürde - Mann/Frau
- viele Aspekte der Sozialen Rechte - Muslim/Nicht-Muslim
- Religions- & Meinungsfreiheit
- Religionswechsel von Muslimen
- Eheschließung Muslimin/Nicht-
Muslim
- Hadd-Strafen
Problematisch: Einengung der Freiheits- und Gleichheitsrechte auf den „Rahmen des
Islams“ bzw. „der Scharia“
5. Erklären Sie, wie es in den 1990er Jahren im Westen zu einer Verschlechterung des Bildes vom
Islam kam.
- Grundlage:
Zunehmende Militanz (Aggressivität/Gewaltbereitschaft) islami(sti)scher 13
Gruppierungen
Todes-Fatwas gegen Dissidenten & Abweichler
- 1991 Frits Bolkestein (niederländische Politiker):
Islam sei nicht mit westlichen Werten vereinbar
Forderung: europäische Integrationspolitik Assimilation muslimischer Minderheiten
- 1997 Pim Fortuyn (niederländischer Politiker): Buch „Gegen die Islamisierung unserer Kultur“
Warnung vor Überfremdung der eigenen Kultur durch Muslime
„tiefgreifende Differenzen“ zwischen westlichem & islamischem Wertesystem (s.o.)
- Samuel Huntington, amerikanischer Politik-Berater
1987: Warnung vor Konflikten in der „Dritten Welt“ > bisheriger „Hauptfeind
Kommunismus“
1993: Prognose eines „Zusammenpralls“ zwischen „großen Zivilisationen“, v.a. Islam
(muslimisch geprägte Länder) & China sog. „Herausforderer-Kulturen“
1. Bruchlinienkriege zwischen lokalen Gruppen &
2. Kernstaatenkriege zwischen größeren Nationen div. Kulturen, s.o.
Erschwerte Annäherung zum Islam
1995: Buch „Clash of Civilizations“ (Kampf der Kulturen) Betonung des Islams als
„Herausfordererkultur“
Wahrnehmung des Islams als neuen „Hauptfeind“ des Westens
6. Worin liegt die Bedeutung Yūsuf al-Qaradāwīs für den zeitgenössischen Islam? Durch welche
Positionen zeichnet er sich aus?
13
Begriff Islamismus wurde in den 70er Jahren (!) geprägt
„das Streben, im Namen Allahs eine allein religiös legitimierte Gesellschafts- und Staatsordnung zu errichten.“
- gegen die Grundsätze der Trennung von Staat und Religion (Laizismus)
- gegen die Prinzipien von Individualität, Pluralismus und Volkssouveränität,
- gegen Menschenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter
Kritik an Extremismus (taṭarruf) & Intoleranz d. islamischen revolutionären
Bewegungen
Empfehlung v.a. für junge Muslime: Lebensstil der Mäßigung; Grundlage = islamische
Normen- und Werteordnung
Betonung der „standhaften Geduld“ (ṣabr; 1984 eigenes Buch)
Leitkonzept des „Mittelweges“ (wasaṭīya)
- Sonstige Ansichten
Apostasie
Einengung der Definition: Nur bei öffentlichem Aufruf zum Abfall vom Islam als
Verbrechen anzusehen
Bestrafung von Inhaftierung bis Hinrichtung legitim – aber zu differenzieren
Illegitimität „eigenmächtiger“ Definition & Strafausführung durch Laien
Al-Qaradāwī mischte sich schon Anfang der 1990er Jahre häufig in Debatten ein, zum Beispiel in
diejenige zur Apostasie. Die ägyptische Dschamāʿa Islāmīya hatte ihren Mord an dem
säkularistischen Schriftsteller Faradsch Fauda (vgl. oben 13.2.2.) damit gerechtfertigt, dass er zum
Apostaten geworden sei. Hinzu kam im Oktober 1994 ein Mordversuch auf den ägyptischen
Nobelpreisträger Nagib Mahfuz, der ebenfalls als Apostat gebrandmarkt worden war.
Al-Qarādāwī kritisierte diese Attentate islamistischer Organisationen und sprach sich 1996 in
einem Buch dafür aus, bei der Apostasie zu differenzieren. Nur wenn der Apostat öffentlich zum
Abfall vom Islam aufrufe und sich damit der islamischen Gemeinschaft gegenüber illoyal erweise,
stelle dies ein Verbrechen dar. Dies mache dann eine Bestrafung notwendig, die je nach Schwere
des Falles von der Inhaftierung bis zur Hinrichtung reichen könne. Keinesfalls sei es jedenfalls
muslimischen Laien erlaubt, eigenmächtig gegen Personen vorzugehen, die sie als Apostaten
ansähen. Das war auch eine Stellungnahme zu den Aktivitäten der algerischen GIA, die in dieser
Zeit auf die Lehren von Saiyid Qutb zurückgriff, die gesamte Bevölkerung Algeriens für ungläubig
erklärte und damit grausame Massaker rechtfertigte. Umgekehrt wandte sich al-Qarādāwī in
seinem Buch aber auch gegen solche muslimische Autoren, die die Notwendigkeit der Bestrafung
von Apostasie gänzlich abstritten. Darin zeigte sich sein „Mittelweg“.
Sehr stark öffnete sich al-Qaradāwī auch den Neuen Medien. Ab 1996 wirkte er weltweit durch die
Sendung „Die Scharia und das Leben“ (aš-Šarīʿa wa-l-ḥayāt) auf dem Satellitenfernsehsender al-
Jazeera, wo er seine Interpretation des islamischen Rechts allgemeinverständlich erklärte. 1997 war
er einer der ersten muslimischen Gelehrten mit einer eigenen Internetseite (www.al-qaradawi.net).
Daneben spielt al-Qaradāwī eine
- Islamischen Bankwesens. Er ist nicht nur Vorstandsmitglied einer ganzen Anzahl von
islamischen Bankhäusern, sondern hat auch in Fatwas die
Legitimation für verschiedene islamische Bankgeschäftsformen; z.B. Murābaha, eine
Form der Aufschlagsfinanzierung, bei der Banken zur formalen Vermeidung von Zinsen
für ihre Kunden die gewünschten Güter zunächst kaufen und diese dann an sie mit
einem im Voraus fest vereinbarten Gewinnaufschlag wiederverkaufen.
Darüber hinaus befasste sich al-Qaradāwī intensiv mit der Frage der muslimischen Minderheiten
in Europa. 1997 gründete er in Dublin mit 14 anderen Gelehrten, darunter Raschīd al-
Ghannūschī, den European Council for Fatwa and Research (ECFR), der darauf abzielt, durch
Idschtihād aus Koran und Sunna neue Normen für die in der europäischen Diaspora lebenden
Muslime zu gewinnen. 1999 übernahm dieses Gremium das von dem amerikanisch-islamischen
Denker Tāhā Dschābir al-ʿAlwānī entwickelte Konzept des Fiqh al-aqallīyāt („Minderheiten-Fiqh“),
das nach einer Überwindung der „psychischen und geistigen Spaltung“ strebt, die die im Westen
lebenden muslimischen Minderheiten erleben. Al-Qaradāwī veröffentlichte 2001 ein eigenes
Buch zum Minderheiten-Fiqh, in dem er die Meinung vertrat, dass der Minderheitenstatus der in
den westlichen Ländern lebenden Muslime bestimmte normative Erleichterungen rechtfertigt,
die ansonsten für Muslime verboten wären. Er beschrieb „Integration ohne Assimilation“ als
eines der Ziele des Minderheiten-Fiqh.
7. Inwieweit hatten die Anschläge vom 11. September 2001 eine islamisch-religiöse Fundierung?
14. Ausrufung des IS-Kalifats und das Anwachsen des Antiislamismus (2001-
2018)