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und Suchtbericht
2019
3
Drogen-
und Suchtbericht
2019
www.drogenbeauftragte.de
4
Inhaltsverzeichnis
1 | Vorwort 6
3 | Internationales 147
Stichwortverzeichnis 211
Danksagung 218
Hinweise/Impressum 219
6
1 | Vorwort
© Drogenbeauftragte
darf ich vorstellen: Der neue Drogen – und Sucht- ankommen, den Bürgerinnen und Bürgern zur
bericht ist da – und die neue Drogenbeauftragte der Seite stehen. Meine Vorgängerin Marlene Mortler
Bundesregierung ebenfalls. Am 18.09.2019 habe ich hat viele wichtige Themen auf die Agenda gesetzt.
das Amt übernommen, mit Freude, Respekt und Besonders wichtig für mich: Marlene Mortler hat
Neugierde. Kindern aus suchtbelasteten Familien endlich eine
Stimme gegeben und sie für uns alle sichtbar
Es ist mir eine große Freude, in diesem so wichtigen werden lassen – endlich! Diese Leistung wird
Bereich politisch zu arbeiten. Für die Bürgerinnen immer mit ihrem Namen verbunden bleiben. Und
und Bürger, für Betroffene und ihre Angehörigen. natürlich werde auch ich mich mit aller Kraft für
Dabei bin ich mir bewusst, dass Drogen- und die Gruppen in unserer Gesellschaft einsetzen, die
Suchtpolitik ein Thema quer durch die Gesellschaft den Risiken von Drogen und Sucht ganz besonders
ist. Wir können nur gemeinsam mit Kommunen, ausgesetzt sind. Wir sprechen von besonders
Ländern, mit Unternehmen, Sportvereinen und vulnerablen Gruppen. Menschen, die selbst unter
vielen anderen Erfolg haben. Und natürlich brau- einer Suchterkrankung im Elternhaus gelitten
chen wir die vielen engagierten Menschen in haben, Menschen mit Behinderung, Langzeit-
unseren Suchtberatungen, in den Hilfs- und arbeitslose – sie alle sind viel gefährdeter sucht-
Therapieeinrichtungen. Drogenpolitik ist Politik für krank zu werden als andere es sind.
die Menschen - ganz gleich, ob selbst betroffen oder
als Angehörige von Suchterkrankten. Das macht Bei vielen Themen – Cannabis, Substitution, Crystal
unsere Arbeit so wertvoll! Meth – ist in den letzten Jahren einiges auf den Weg
gebracht worden. Dennoch müssen wir auch hier
Politik wird für die Menschen in diesem Land aufmerksam bleiben und kontinuierlich weiter
gemacht. Das war immer meine Leitlinie. Egal, ob arbeiten, national wie international. Und natürlich
Umwelt- oder Verkehrspolitik, Politik muss vor Ort müssen wir offen bleiben für alles, was man besser
machen kann. Das gilt auch für unseren Umgang Zusammenarbeit mit wichtigen Akteuren des
mit illegalen Substanzen, und dass obwohl die Gesundheitswesens, den Trägern der Suchthilfe und
gesellschaftliche Diskussion in diesem Feld so hart Beratung, der Bundeszentrale für gesundheitliche
und verletzend geführt wird, dass sich kaum Aufklärung – um nur einige zu nennen – weiterzu-
jemand traut, die heißen Eisen anzufassen. führen und an der ein oder anderen Stelle
auszubauen.
Bei den legalen Drogen Alkohol und Tabak gibt es
ebenfalls einiges zu tun: Wir müssen schauen, wie Auch der enge Schulterschluss mit dem Bundes
wir die Prävention weiter ausbauen und über die gesundheitsminister ermöglicht es mir, meine
Risiken noch erfolgreicher aufklären können. Dabei Arbeit als neue Drogenbeauftragte der Bundesre-
müssen wir auch auf die Menschen zugehen, die gierung mit allem Schwung anzugehen. Zu tun gibt
wir bisher nicht ausreichend beachtet haben und es viel: Eine gemeinsame Herausforderung wird im
nur schwer erreicht haben. kommenden Jahr die deutsche EU- Ratspräsident-
schaft sein. Dabei können wir dem Thema Drogen
Ich nehme mir auch dabei die Freiheit, hier Be- und Sucht europaweit mehr Gewicht geben.
stehendes in Frage zu stellen. Weiterentwicklung Gemeinsam mit unseren Partnern wollen wir
bedeutet, gewohnte Pfade zu verlassen und Neues versuchen, eine neue EU-Drogenstrategie zu
auszuprobieren. verabschieden und damit neue Impulse für die
internationale Zusammenarbeit auch in unserem
Sucht kann überall vorkommen: In jeder Stadt, auf Feld zu geben. Auch hier müssen wir bestehende
dem Dorf, Zuhause und am Arbeitsplatz. Daher ist Kooperationen weiterführen, anderes neu beginnen
der Jahresschwerpunkt 2019 „Sucht im Fokus und intensivieren. Warum?
– Kommunen engagiert vor Ort“ wichtig und
richtig gewählt, denn die Kommunen und Länder Damit unsere Gesellschaft auch in Zukunft so
müssen sich mit dem Thema vor Ort beschäftigen. gesund wie möglich bleibt!
Sie tragen die Grundlast bei der Prävention. Sie
finanzieren die niedrigschwelligen Angebote und Ihre
die Beratungsstellen. Ziel dieses Schwerpunktes ist
eine tragfähige und nachhaltige Zusammenarbeit
mit den Kommunen und deren Vertreterinnen und
Vertretern – wir können nur gemeinsam erfolgreich
sein. Daniela Ludwig
Vorwort
Drogen- und Suchtbericht 2019
9
• Beratung und Behandlung, Hilfen zum Ausstieg: nationale Präventionsstrategie eingebettet ist. Der
Beratungs- und Behandlungsangebote sind Fokus der nationalen Suchtprävention liegt dabei
notwendig, um Suchtkranken beim Ausstieg aus entsprechend den beiden Nationalen Gesundheits-
dem Kreislauf der Sucht zu helfen. Vielfältige zielen „Tabakkonsum reduzieren“ und „Alkohol-
Angebote ambulanter und stationärer Hilfen konsum reduzieren“ auf den legalen und weit
existieren bereits in Deutschland. Diese gilt es zu verbreiteten Substanzen Tabak und Alkohol.
erhalten und zu stärken, damit jeder Suchtkranke
das Angebot zur Beratung und Behandlung in Zu den wichtigen Zielen der Suchtprävention zählt
Anspruch nehmen kann, das er benötigt. es, den Einstieg in den Konsum legaler und illegaler
Drogen zu vermeiden oder hinauszuzögern,
• Maßnahmen zur Schadensreduzierung: riskantes Konsumverhalten früh zu erkennen und
Überlebenshilfen oder Maßnahmen zur Schadens- ggf. früh zu intervenieren sowie Suchtmittel
minimierung (etwa Drogenkonsumräume und missbrauch und –abhängigkeit zu reduzieren.
Angebote zum Spritzentausch) stabilisieren die Verschiedene repräsentative Bevölkerungsbe
gesundheitliche und soziale Situation des Sucht- fragungen (Drogenaffinitätsstudie, Epidemiolo
kranken. Sie können eine wichtige Voraussetzung gischer Suchtsurvey, GEDA etc.), die deutschland-
für einen späteren Ausstieg aus der Sucht sein. weit in regelmäßigen Abständen durchgeführt
werden, zeigen, inwieweit sich der Suchtmittel
• Angebotsreduzierung und Strafverfolgung: konsum verändert hat und die Ziele der Sucht
Ein weiteres Element der Drogen- und Suchtpoli- prävention erreicht werden. Moderne Suchtprä
tik sind gesetzliche Regulierungen zur Angebots- vention erreicht Zielgruppen systematisch in ihren
reduzierung und allgemeine Verbote. Dazu gehört Lebenswelten und ist bestrebt, eine gesundheits
das Betäubungsmittelrecht. Von großer, auch förderliche Veränderung von Wissen, Einstellungen
internationaler Bedeutung ist die Bekämpfung der und Verhaltensweisen zu bewirken. Dabei wird
Drogenkriminalität. vorrangig ein salutogenetischer Ansatz im Sinne
einer Ressourcenstärkung, also Lebenskompetenz-
und Risikokompetenzstärkung, verfolgt.
2.1.1 Suchtprävention
Maßnahmen der Suchtprävention fallen in die
Vorrangiges Ziel von Suchtprävention als zentralem Zuständigkeit des Bundes, der Länder und der
Bestandteil einer umfassenden Sucht- und Drogen- Kommunen, werden aber auch durch eine Vielzahl
politik ist es, die Gesundheit jedes Einzelnen zu weiterer Akteure, etwa Krankenversicherungen,
fördern, riskanten Konsum zu vermeiden sowie Arbeitgeber und Sportvereine, umgesetzt.
Missbrauch und Abhängigkeit entgegenzuwirken.
Eine zielgerichtete und auf wissenschaftliche Bundesweite Maßnahmen der Suchtprävention
Erkenntnisse gestützte Suchtprävention leistet sind zum Beispiel die entsprechend dem Public
einen bedeutsamen Beitrag dazu, die Gesundheit Health Action Cycle und den Maßgaben des Social
der Bevölkerung zu verbessern, die gesellschaft Marketings entwickelten, wissenschaftlich fundier-
lichen Kosten von Drogenkonsum und Sucht- ten Mehr-Ebenen-Kampagnen der Bundeszentrale
erkrankungen zu senken und die Lebensqualität zu für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Vor dem
erhöhen. Der Stellenwert der Suchtprävention zeigt Hintergrund der Entwicklung des Kommuni
sich unter anderem darin, dass die Nationale kationsverhaltens stellt dabei in den vergangenen
Strategie zur Drogen- und Suchtpolitik mit ihren Jahren gerade die Kommunikation im Internet über
konkreten Maßnahmen und Zielvorgaben im die sozialen Medien – neben der Massen- und
Bereich der Suchtprävention in eine übergreifende Personalkommunikation – sicher, dass große
Landesebene operationalisiert. Die Prävention für Gesundheit erstmals im Juni 2019 zugeleitete
von Suchterkrankungen ist integraler Bestandteil Präventionsbericht wird mit einer Stellungnahme
aller drei Ziele. der Bundesregierung dem Deutschen Bundestag
und dem Bundesrat vorgelegt. Der Koalitionsvertrag
Die Handlungsfelder und Kriterien für Leis zwischen CDU, CSU und SPD für die 19. Legislatur-
tungen der Krankenkassen zur primären Prä periode sieht die Vorlage von Eckpunkten zur
vention und Gesundheitsförderung werden vom Weiterentwicklung des Präventionsgesetzes auf der
GKV-Spitzenverband im sogenannten „Leitfaden Grundlage des Berichts der Nationalen Präventions-
Prävention“ für alle Krankenkassen verbindlich konferenz und der anschließenden Beratung im
festgelegt. Dabei wird auch wissenschaftlicher Deutschen Bundestag vor.
Sachverstand aus der Suchtforschung einbezogen.
Bei der Entwicklung der Handlungsfelder und Präventionsbericht:
Kriterien berücksichtigt der GKV-Spitzenverband
auch die bislang vom Kooperationsverbund www.npk-info.de/
gesundheitsziele.de entwickelten Ziele im Bereich praeventionsstrategie/
der Gesundheitsförderung und Prävention. Zwei praeventionsbericht
der insgesamt neun Gesundheitsziele dienen der
Suchtprävention: Tabakkonsum reduzieren und
Alkoholkonsum reduzieren. Zu den Leistungen
der Krankenkassen gehören zum Beispiel Kurse
zur Förderung des Nichtrauchens für den Ein
zelnen. Die Suchtprävention ist aber auch ein
übergreifendes Thema im Rahmen der betrieb- Präventive Ansätze und Verzahnung von
lichen Gesundheitsförderung und in den nicht- Arbeits- und Gesundheitsförderung
betrieblichen Lebenswelten, etwa in Kitas. Dort
soll das Selbstbewusstsein von Kindern gestärkt Die Agenturen für Arbeit und Jobcenter intensivie-
werden, um späteren Gefährdungen widerstehen ren im Rahmen eines seit 2016 bundesweit
zu können. angelegten Modellprojekts zur „Verzahnung von
Arbeits- und Gesundheitsförderung in der
Auch die Gesundheitsuntersuchungen für Kinder, kommunalen Lebenswelt“ die Zusammenarbeit
Jugendliche und Erwachsene können gezielt die mit den gesetzlichen Krankenkassen im Bereich
Prävention von Suchterkrankungen unterstützen. der Krankheitsprävention. An 129 Standorten
Die Ärztin oder der Arzt kann entsprechend beraten (Jobcenter in gemeinsamer Einrichtung, kommu-
nale Jobcenter, Agenturen für Arbeit) in allen 16
und eine Präventionsempfehlung geben, etwa für
Bundesländern wird das Vorhaben bereits umge-
einen Kurs zur Förderung des Nichtrauchens. Als
setzt. 2019 und 2020 wird es eine Ausweitung auf
Teil der gemeinsamen nationalen Präventionsstrate-
weitere Standorte geben. Die Zusammenarbeit
gie berichtet die Nationale Präventionskonferenz erfolgt auf der Grundlage des Präventionsgeset-
alle vier Jahre dem Bundesministerium für Gesund- zes. Ziel ist eine Verbesserung der gesundheitli-
heit über die Entwicklung der Gesundheitsförde- chen Leistungsfähigkeit sozial Benachteiligter.
rung und Prävention. Der dem Bundesministerium
Die gesetzlichen Krankenkassen haben die Zahl ihrer Ab Mitte 2019 wird das „GKV-Bündnis für Gesund-
Präventionsprojekte zu unterschiedlichen Sucht heit“ zudem die Umsetzung von zielgruppenspe
themen in Lebenswelten wie Schulen, Stadtteilen zifischen Interventionsprogrammen auf kommu
und Jugendfreizeiteinrichtungen 2017 auf 530 naler Ebene fördern, zum Beispiel für Kinder aus
Projekte gesteigert. Gegenüber dem Vorjahr ist dies Familien, in denen Suchtprobleme oder psychische
ein Anstieg von ca. 50 Prozent. Hinzu kommen Erkrankungen vorliegen, für Alleinerziehende und
jeweils 43 Projekte zur Tabak- und Alkoholpräven- für allein lebende Ältere. Auch das bewährte
tion. Dies geht aus dem aktuellen Präventionsbericht Präventions- und Frühinterventionsprogramm
des GKV-Spitzenverbandes und des Medizinischen „HaLT – Hart am LimiT“ wird mit GKV-Unter
Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Kranken- stützung konzeptionell weiterentwickelt und
kassen hervor. Der durch das Präventionsgesetz ausgebaut. Um die zielgruppenspezifischen
erweiterte finanzielle Förderrahmen hat dies Programme vorzubereiten, wurden Literatur
ermöglicht. recherchen und Bestandsaufnahmen zu geeigneten
Maßnahmen durchgeführt, zum Beispiel Reviews zu
Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) spricht Erfolg versprechenden Strategien der Prävention des
sich dafür aus, dass ein aus Vertreterinnen und Alkoholkonsums von Kindern und Jugendlichen, zur
Vertretern aller verantwortlichen Stellen und der kommunalen Suchtprävention sowie zur Gesund-
Zivilgesellschaft zusammengesetztes Steuerungs- heitsförderung und Prävention für Kinder aus
gremium die Suchtprävention als Teil der gesamten suchtbelasteten Familien. Die GKV möchte hiermit
Prävention und Gesundheitsförderung in Städten, Impulse für eine evidenzbasierte und nachhaltige
Landkreisen und Gemeinden plant und koordiniert. Suchtprävention setzen.
Im Rahmen der Revision der Richtlinie über auf Video-Sharing-Plattformen. Der Begriff der
audiovisuelle Mediendienste (Richtlinie (EU) audiovisuellen kommerziellen Kommunikation
2018/1808/EU vom 14. November 2018 zur umfasst neben klassischer Spotwerbung auch
Änderung der Richtlinie 2010/13/EU, ABl. L 303 Sponsoring und Produktplatzierungen. Für
vom 28.11.2019), die EU-Rat und Europäisches audiovisuelle Mediendienste gilt zusätzlich ein
Parlament 2018 beschlossen haben, wurden die Verbot von Sponsoring und Produktplatzierungen
Werbevorgaben für audiovisuelle Mediendienste für Unternehmen, deren Haupttätigkeit die
geändert. Diese Vorgaben gelten sowohl für Herstellung oder der Verkauf von Zigaretten und
klassisches Fernsehen als auch für Video-on- anderen Tabakerzeugnissen sowie von elektroni-
Demand-Dienste. Zudem wurden erstmals Werbe- schen Zigaretten und Nachfüllbehältern ist. Eine
vorgaben für Video-Sharing-Plattformen, bezüg- Anpassung der maßgeblichen Vorschrift im
lich derer der Anbieter selbst keine redaktionelle Tabakerzeugnisgesetz ist geplant. Die Rechtslage
Verantwortung für die von ihm bereitgestellten in Deutschland entspricht jedoch schon derzeit
Inhalte hat, eingeführt. In Bezug auf audiovisuelle ganz überwiegend den neuen Richtlinienvorgaben.
kommerzielle Kommunikation, die nicht von der
Video-Sharing-Plattform selbst geschaltet wird, In Bezug auf Alkoholwerbung gelten die bereits
muss der Plattformanbieter jedoch lediglich bestehenden Vorschriften für klassische Spot
angemessene Maßnahmen ergreifen, um die werbung im Fernsehen zukünftig auch für
Einhaltung der Werbevorgaben zu bewirken. Video-on-Demand-Dienste. Zudem gelten die
Hierzu gehört etwa der Hinweis auf die ent bisher bereits für alle Formen der audiovisuellen
sprechenden Verbote bzw. unzulässige audio kommerziellen Kommunikation in audiovisuellen
visuelle Kommunikation in den Allgemeinen Mediendiensten geltenden Vorgaben zukünftig
Geschäftsbedingungen. Hierdurch wird der auch für Video-Sharing-Plattformen. Hiernach
begrenzten Kontrolle, die der Anbieter über die darf Werbung für Alkohol weder speziell an
nutzergenerierten Inhalte hat, Rechnung getragen. Minderjährige gerichtet sein, noch den übermäßi-
Die Richtlinie ist bis September 2020 in deutsches gen Genuss dieser Getränke fördern. Die Umset-
Recht umzusetzen. zung soll, soweit die bisherige Rechtslage nicht
bereits den Richtlinienvorgaben entspricht, auf
In Bezug auf Tabakwerbung wird der Wortlaut des Ebene der Länder im Medienstaatsvertrag und im
bereits bisher für audiovisuelle Mediendienste in Jugendmedienschutzstaatsvertrag sowie in Bezug
der Richtlinie enthaltenen Verbots jeglicher Form auf Video-Sharing-Plattform-Anbieter auf
der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation Bundesebene im Telemediengesetz durch
für Zigaretten und andere Tabakerzeugnisse auf Bezugnahme auf die entsprechenden inhaltlichen
elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter Vorschriften im Medienstaatsvertrag und im
erweitert. Zudem gilt dieses Verbot nunmehr auch Jugendmedienschutzvertrag erfolgen.
für audiovisuelle kommerzielle Kommunikation
Kontrollen von Fahrzeugführern auf den Konsum einer sogenannten Vorfeldkontrolle („Ramp
von Alkohol und anderen psychoaktiven Substan- Inspection“), bei der die Einhaltung verbindlicher
zen sind seit langer Zeit ein wichtiger Aspekt der internationaler technischer und betrieblicher
Verkehrssicherheit. Durch zwei Änderungen im Sicherheitsvorgaben sowie die Dokumente und
Luftverkehrsgesetz im Jahr 2015 wurden auch Lizenzen der Besatzung geprüft werden, durchge-
Rechtsgrundlagen für regelmäßige und verdachts- führt. Die hierzu etablierten deutschen Verfahren
unabhängige Kontrollen von Flugbesatzungen dienten als Orientierung für bereits vereinbarte
geschaffen. Zum einen sind deutsche Luftfahrt- und ab Sommer 2020 anzuwendende einheitliche
unternehmen verpflichtet, ein Verfahren zu EU-rechtliche Vorgaben. Diese Vorgaben sehen
etablieren, stichprobenartig den Konsum psycho- auch vor, dass Fluggesellschaften ihren Pilotinnen
aktiver Substanzen zu kontrollieren. Zum anderen und Piloten den Zugang zu professionellen
sind nun Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des „Anlaufstellen“ ermöglichen müssen, die in
Luftfahrt-Bundesamtes befugt, Alkohol- und schwierigen persönlichen Situationen den
Drogenkontrollen durchzuführen. Diese Kontrol- Luftfahrern Hilfe stellen. In Deutschland stehen
len erfolgen in Deutschland seit Anfang 2017. Im solche Anlaufstellen schon seit Jahrzehnten zur
Jahr werden ca. 180 Kontrollen in Verbindung mit Verfügung.
In Deutschland ist das Behandlungssystem für Daten zur Behandlung suchtkranker Menschen
Menschen mit suchtbezogenen Problemen und ihre werden in der Deutschen Suchthilfestatistik
Angehörigen sehr differenziert. Es reicht von (DSHS) zusammengefasst. Hierbei handelt es sich
Beratung über Akutbehandlung und Rehabilitation um ein nationales Dokumentations- und Monito-
bis zu Maßnahmen, welche die berufliche und ringsystem im Bereich der Suchthilfe. Die Statistik
gesellschaftliche Teilhabe fördern. Suchthilfe und basiert auf dem sogenannten Kerndatensatz
Suchtpolitik verfolgen einen integrativen Ansatz, (KDS), für den ambulante und stationäre Suchthil-
sodass in den meisten Suchthilfeeinrichtungen feeinrichtungen standardisiert Daten erheben. Der
Konsumierende sowohl legaler als auch illegaler KDS wurde 2014 bis 2016 überarbeitet und
weiterentwickelt, sodass seit 2017 nunmehr der
Suchtstoffe sowie Menschen mit stoffungebundenen
KDS 3.0 gilt. Aktuelle Daten sind aufgrund der
Süchten beraten und behandelt werden. Die Behand-
methodischen Umstellung nicht uneingeschränkt
lungsangebote für suchtkranke Menschen und ihre
mit den Vorjahren vergleichbar.
Angehörigen sind an den individuellen Bedürfnissen
ausgerichtet. Daher gestalten sich die Behandlungs-
prozesse im Rahmen komplexer Kooperationen sehr www.suchthilfestatistik.de
unterschiedlich. Übergeordnetes Ziel der Kosten
träger und Leistungserbringer ist die soziale und
berufliche Teilhabe. Aufgrund der föderalen Struktur
Deutschlands erfolgt die Planung und Steuerung von
Beratung und Behandlung auf Ebene der Bundes
länder, Regionen und Kommunen.
ABBILDUNG 01
Erstbetreuungen bzw.
Erstbetreuungen bzw. -behandlungen
-behandlungen in
in ambulanten
ambulanten Einrichtungen
Einrichtungen 2017
2017
Gesamt
34,6 %
(mit Hauptdiagnose)
Alkohol 30,2 %
Opioide 11,9 %
Cannabis 55,1 %
Stimulanzien 34,7 %
Pathologisches
48,7 %
Glückspiel
Mediennutzung 72,3 %
0% 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 %
ABBILDUNG 02
Hauptdiagnosen bei
Hauptdiagnosen in ambulanten
ambulanterEinrichtungen 2017
Behandlung 2017
5,9 % Pathologisches Glücksspiel 0,8 % Exzessive Mediennutzung
1,0 % Esstörungen
1,8 % andere psychotrope Substanzen
0,9 % Tabak
6,1 % Stimulanzien
2,9 % Kokain
0,8 % Sedativa
48,3 % Alkohol
18,4 % Cannabinoide
13,0 % Opioide
Quelle: DSHS, 2018
Rehabilitation
Alkohol 6,2 %
Opioide 7,0 %
Cannabis 13,9 %
Stimulanzien 12,5 %
Pathologisches
11,2 %
Glückspiel
Mediennutzung 6,8 %
ABBILDUNG 04
Hauptdiagnosen in
Hauptdiagnosen in stationären
stationären Rehabilitationseinrichtungen
Rehabilitationseinrichtungen 2017
2017
0,1 % Tabak
6,6 % Stimulanzien
2,0 % Kokain
0,9 % Sedativa
4,8 % Opioide
Abbildung 05 stellt die Anzahl der bewilligten Settings statistisch kaum relevant. Bei ganztägig
Entwöhnungsbehandlungen für die gesamte ambulanten und ambulanten Entwöhnungs
Deutsche Rentenversicherung im Jahr 2018 behandlungen, die beide dem ambulanten Setting
aufgeschlüsselt nach den verschiedenen Sucht zugeordnet werden, entfielen 77,1 Prozent auf
mittelarten im stationären und ambulanten eine Alkoholabhängigkeit und 21,6 Prozent auf
Setting dar. eine Abhängigkeit von illegalen Drogen. In diesem
Zusammenhang ist zu beachten, dass im ambu
Rund 80 Prozent der Bewilligungen erfolgten für lanten beziehungsweise ganztägig ambulanten
eine stationäre Entwöhnungsbehandlung. Im Setting Menschen behandelt werden, die in der
stationären Setting entfielen 61,1 Prozent auf die Regel über eine bessere soziale und berufliche
Abhängigkeit von Alkohol und 37,5 Prozent auf Integration verfügen. Die Indikationsstellung für
eine Abhängigkeit von illegalen Drogen. Die das jeweilige Setting erfolgt kriteriengeleitet und
bewilligten Rehabilitationen aufgrund einer leitliniengerecht im Einzelfall.
Medikamentenabhängigkeit sind in beiden
ABBILDUNG 05
Bewilligte Entwöhnungsbehandlungen
Bewilligte Entwöhnungsbehandlungen durch
durch die
die Deutsche
Deutsche Rentenversicherung
Rentenversicherung 2018
nach Hauptdiagnose 2018
37,5 %
Drogenabhängigkeit 1,3 % 21,6 %
16.413 Medikamenten- Drogenabhängigkeit
abhängigkeit 2.278
135
stationär: ambulant:
43.749 10.526
61,1 % 77,1 %
Alkohol- Alkohol-
1,4 % abhängigkeit abhängigkeit
Medikamentenabhängigkeit 26.743 8.113
593
Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung – Reha-Antrags-/Erledigungsstatistik 2018
ABBILDUNG 06
Entwicklung des Problembereichs Suchtverhalten bei Betreuungsende in ambulanten Einrichtungen 2017
Entwicklung des Problembereichs Suchtverhalten bei Betreuungsende in ambulanten Einrichtungen 2017
53,1 %
60%
40 %
66,3 % 65,7 % 66,1 %
61,0 % 59,9 % 58,4 %
20 % 40,9 %
0%
Gesamt Alkohol Opioide Cannabis Stimulanzien Pathologisches Mediennutzung
(mit Hauptdiagnose) Glücksspiel
Der/die Berater/in oder Therapeut/in schätzt am Ende der Betreuung oder Behandlung die Situation Quelle: DSHS, 2018
der Behandelten in Bezug auf die anfangs als belastend/problematisch eingeschätzten Bereiche ein.
Quelle: DSHS, 2018
ABBILDUNG 07
Entwicklung des Problembereichs Suchtverhalten bei Behandlungsende in stationären Rehabilitationseinrichtungen 2017
Entwicklung des Problembereichs Suchtverhalten bei Behandlungsende in stationären Rehabilitationseinrichtungen 2017
60%
0%
Gesamt Alkohol Opioide Cannabis Stimulanzien Pathologisches Mediennutzung
(mit Hauptdiagnose) Glücksspiel
Die fünf Sucht-Selbsthilfe- und Abstinenzverbände lichen Haltequote und mit rückfallprophylaktischen
(Blaues Kreuz in Deutschland e. V., Blaues Kreuz in Gründen verknüpft. Aus der Erhebung ergab sich,
der Evangelischen Kirche – Bundesverband e. V., dass gut jeder fünfte Suchtkranke durch die Selbst-
Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe – Bundes hilfegruppe abstinent geworden ist und kein
verband e. V., Guttempler in Deutschland e. V. und Angebot der beruflichen Suchthilfe nutzen musste.
Kreuzbund e. V.) haben im Dezember 2018 eine
Statistik für das Jahr 2017 veröffentlicht. Die Insgesamt wurde deutlich, dass die Sucht-Selbst
Erhebung enthält wichtige Angaben zur Arbeit in hilfe eine wertvolle Arbeit leistet. Sie trägt dazu bei,
den Sucht-Selbsthilfegruppen und deren Leistungen dass Suchtkranke abstinent bleiben und Behand-
sowie zu Entwicklungen und neuen Tendenzen. lungserfolge aus der beruflichen Suchthilfe gesichert
werden. Auf diese Art und Weise blieben 87 Prozent
2017 wurden mit den 4.110 Gruppenangeboten der der Suchtkranken ohne Rückfall. Ermutigend ist,
fünf Sucht-Selbsthilfe- und Abstinenzverbände fast dass mehr als drei Viertel der rückfällig gewordenen
70.000 Personen erreicht. Davon besuchten rund Personen wieder zu einem stabilen abstinenten
30.000 Frauen und 40.000 Männer die Gruppen. Leben zurückfinden konnten.
Die Zahl der Angehörigen, die eine Gruppe besuch-
ten, ging innerhalb von 20 Jahren von ca. 30 auf In den Sucht-Selbsthilfeverbänden haben sich
19 Prozent zurück. Hierbei sehen die fünf Verbände mittlerweile rund 11.000 Menschen zu Gruppen
Handlungsbedarf. Auffällig ist die stärkere Annahme leitenden, ehrenamtlich Mitarbeitenden in der
der Angebote durch Konsumenten illegaler Drogen. Suchtkrankenhilfe (Grundausbildung) bzw. Mitar
Die Selbsthilfe erreichte knapp 3.200 Konsumentin- beitenden in der betrieblichen Suchtkrankenhilfe
nen und Konsumenten illegaler Drogen - im ausbilden lassen, die sich nun in der Selbsthilfe
Vergleich zu 830 im Jahr 2010. Dies darf als Indiz für engagieren.
die erfolgreiche suchtstoffübergreifende Arbeit der
Verbände gewertet werden. Die vollständige Erhebung ist abrufbar unter:
GASTBEITRAG
Digitalisierung als
Herausforderung für das
Suchthilfesystem
Wolfgang Schmidt-Rosengarten,
Leiter des Referats Prävention und Suchthilfe
im Ministerium für Soziales und Integration Hessen
Das Thema digitale Transformation ist in der Suchthilfe angekommen. Träger engagieren
sich, Verbände agieren. Das sind positive erste Schritte. Das Arbeitsfeld muss sich aller-
dings in aller Breite und Tiefe den aktuellen Entwicklungen weiter öffnen. Wenn sich eine
Organisation ernsthaft damit beschäftigt, digitalisierte Prozesse in die Arbeit zu inte
grieren, reicht es bei der Umsetzung nicht aus, nur die verfügbaren neuen Technologien
für neue Produkte einzusetzen. Vielmehr hat Digitalisierung weitreichende Konsequenzen
für die Organisationsstruktur, das Arbeitskonzept, die Arbeitsprozesse, die Qualifikation
des Personals, die Arbeitszeiten und die Führungskompetenzen. Letztlich ist die Digita
lisierung eine strategisch-strukturelle Aufgabe. Um ein gutes Gesamtergebnis zu erzielen
und die richtigen Entscheidungen zu treffen, braucht es ein Gesamtkonzept – eine
Digitalisierungsstrategie sowohl für den einzelnen Suchthilfeträger als auch für das
Suchthilfesystem als Ganzes. Der Prozess der digitalen Transformation erfordert enorme
Ressourcen, sodass träger- und verbandsübergreifendes Handeln unumgänglich erscheint,
will man die Digitalisierung mitgestalten und nicht nur Zuschauer sein. Dazu müssen
sowohl Träger als auch das System Suchthilfe Strategien entwickeln, wie sie den digitalen
Wandel bewältigen wollen. Im Rahmen einer Strategieentwicklung sollten bestimmte
Fragestellungen geklärt und daraus folgende Arbeitsschritte abgeleitet werden (siehe
Abbildung 08). Dabei ist die Einbeziehung externer Expertise (Wissenschaft, Start-ups,
Organisationsentwicklung) sinnvoll. Angesichts der anstehenden Herausforderungen ist
es unabdingbar, dass die Verbände beim digitalen Wandel eine koordinierende und
strukturierende Funktion einnehmen. Ebenso gefordert ist die Unterstützung der Politik.
Nur so können mit den entwickelten Instrumenten die Ziele erreicht werden, die vorher
definiert wurden.
Diese Ziele, die sowohl einer Verbesserung der Versorgung als auch der Weiterentwicklung
des Suchthilfesystems dienen, können sein:
ABBILDUNG 08
Prozess Digitalisierung
Prozess Digitalisierung
Suchthilfeträger Suchthilfesystem
Laien angewendet werden und Leben retten. Verfügung, wodurch eine Notfallversorgung
Deshalb empfehlen die Weltgesundheitsorganisa- gewährleistet ist. Zudem werden ausstiegsorientierte
tion (WHO) und die Europäische Beobachtungsstelle Hilfen für anders nicht erreichbare Abhängige
für Drogen und Drogensucht (EBDD), Naloxon an angeboten. Der Besitz der mitgebrachten Substanz
Personen abzugeben, die häufig anwesend sind, zum Eigenverbrauch wird geduldet. Ziel dieses
wenn Opioide konsumiert werden. Dies betrifft also Angebotes ist es, das Überleben der betroffenen
Opioidkonsumierende selbst, aber auch Freunde Menschen und die Stabilisierung der Gesundheit zu
und Familie. Derzeit wird die Naloxon-Vergabe an erreichen.
Laien in Deutschland nur punktuell umgesetzt.
Jedoch wurden in den vergangenen Jahren einige In Deutschland gibt es derzeit 22 Drogenkonsum-
neue Programme für Naloxon-Schulungen von räume sowie zwei Drogenkonsummobile in sechs
Laien eingeführt und bestehende Projekte weiter- Bundesländern (Deutsche AIDS-Hilfe 2019).
entwickelt. Aktuell gibt es Naloxon-Projekte in
Berlin und Saarbrücken sowie in mehreren Städten
in NRW und Bayern. Alle Naloxon-Programme in Drogenkonsumräume in Deutschland
Deutschland bestehen aus Drogennotfallschulun-
gen, in denen Erste-Hilfe-Techniken, Risiken und • Hamburg 4
Anzeichen für eine Überdosierung sowie Infor • Niedersachsen 1
mationen über Naloxon vermittelt und konkrete • Nordrhein-Westfalen 10
Übungen zur Applikation des Medikaments durch- • Hessen 4
geführt werden. Nach den Schulungen wird – bei • Saarland 1
Bereitschaft der Teilnehmenden und sofern eine • Berlin 2
Verschreibung durch einen Arzt erfolgt – das • Berliner Drogenkonsummobile 2
Naloxon ausgegeben.
Im März 2019 hat die baden-württembergische
Ein Leitfaden zur Durchführung von Drogennotfall Landesregierung die notwendige Verordnung für
trainings und Naloxon-Vergabe an Laien steht die Einrichtung von Drogenkonsumräumen im
online zur Verfügung: Land beschlossen. Der erste Drogenkonsumraum
soll noch 2019 in Karlsruhe eröffnet werden.
www.akzept.org/uploads1516/
NaloxonJESnrw17.pdf
Weitere zielgruppenspezifische Angebote
Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) erlaubt unter Mit dem im März 2019 durch den Bundestag
bestimmten Voraussetzungen den Betrieb von beschlossenen Terminservice- und Versorgungs
Drogenkonsumräumen. Nach § 10a Betäubungsmit- gesetz wurde die Präexpositionsprophylaxe in den
telgesetz (BtMG), der die Mindestanforderungen an Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen
diese Einrichtungen gesetzlich festlegt, können die aufgenommen. Der Anspruch auf Arzneimittel und
Bundesländer per Verordnungen die Voraussetzun- ärztliche Beratung zur Vorbeugung einer HIV-
gen zur Erteilung einer Erlaubnis für den Betrieb Infektion gilt für Menschen mit erhöhtem
von Drogenkonsumräumen definieren. Ansteckungsrisiko.
Drogenkonsumräume dienen der Infektionspro Das Bundesministerium für Gesundheit wird die
phylaxe. Außerdem steht medizinische Hilfe zur Wirkung der PrEP bis Ende 2020 evaluieren.
ABBILDUNG 09
Entwicklung „Rauschgiftkriminalität“
Entwicklung Rauschgiftkriminalität
erfasste Fälle aufgeklärte Fälle TV insgesamt Hinweis: Aufgrund der Einführung der echten Tatverdächtigen-
zählung auf Bundesebene im Jahr 2009 ist ein Vergleich
mit den Vorjahren nicht möglich.
400.000
350.000
300.000
250.000
200.000
150.000
100.000
50.000
0
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
Der Schlüssel „Rauschgiftkriminalität“ fasst mehrere Straftaten/-gruppen zusammen. Eine Aufstellung zum Inhalt aller Summenschlüssel
findet sich im Dokument „Übersicht Summenschlüssel PKS 2018“.
Im Berichtsjahr 2018 wurden 352.320 Fälle von „Rauschgiftkriminalität“ registriert. Ihr Anteil an der Gesamtkriminalität beträgt 6,3 % / 6,5 %.
Quelle: polizeiliche Kriminalstatistik Bundeskriminalamt, Jahrbuch 2018 Band 4 S. 153, 66. Ausgabe V 1.0
Tabak
Kohlenmonoxid oder Benzol besonders hoch.
TABELLE 03
Prävalenzen des Rauchens (Zigaretten) bei Jugendlichen und Erwachsenen
Tabak
Alter 11–17 Jahre 12–17 Jahre 18–25 Jahre 18–64 Jahre ab 18 Jahren
BZgA: BZgA:
Datenquelle RKI: KiGGS2 IFT: ESA RKI: GEDA-EHIS
Alkoholsurvey Alkoholsurvey
Jahr 2014–2017 2016 2016 2018 2014–2015
Raucherquote tägliches und derzeitiges derzeitiges Rauchen in den tägliches und
gelegentliches Rauchen, auch Rauchen, auch letzten 30 Tagen gelegentliches
Rauchen gelegentlich gelegentlich Rauchen
insgesamt 7,2 % 8,3 % 29,8 % 23,3 % 23,8 %
weiblich 7,4 % 6,1 % 24,4 % 20,2 % 20,8 %
männlich 7,0 % 10,5 % 34,8 % 26,4 % 27,0 %
Nieraucher 79,4 % 38,7 % 51,4 %1) 45,5 %
Ehemalige Raucher
(inkl. ausprobieren), 12,3 % 31,5 % 25,4 % 30,7 %
derzeit Nichtraucher
TABELLE 04
Prävalenzen der Nutzung von E-Zigaretten bei Jugendlichen und Erwachsenen
Altersgruppe 12–17 Jahre 18–25 Jahre 16+ 14+ 18–64 Jahre 14+
BZgA: BZgA:
Datenquelle DKFZ DEBRA IFT: ESA DEBRA
Alkoholsurvey Alkoholsurvey
Jahr 2016 2016 2017 2017 2018 2019
E-Zigarette + E-Shisha,
E-Pfeife,
E-Zigarre
Jemalskonsum 13,0 % 26,1 % 11,2 % 9,8 % 14,2 % 9,5 %
Konsum in den letzten 30 Tagen 4,2 % 7,0 % 4,0 %
Tägl./wöchentl. Konsum 2,4 %
Aktueller Konsum 1,9 % 1,7 %
TABELLE 05
Prävalenzen der Nutzung von Wasserpfeifen und E-Shishas bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen
Tabak
Jugendliche Jugendliche Junge Erwachsene Erwachsene
ABBILDUNG 10
Anteil der
Anteil der Raucherinnen
Raucherinnen und
und Raucher
Raucher nach
nach Sozialstatus
Sozialstatus
40
30
20
10
0
Männer Frauen
ABBILDUNG 11
Aktuelles Rauchen bei elf-
elf bis 17-Jährigen
17-jährigen Jungen nach Faktoren der sozialen Umgebung
Tabak
ABBILDUNG 12
Aktuelles Rauchen bei elf- 17-jährigen Mädchen nach Faktoren der sozialen Umgebung
elf bis 17-Jährigen
Rauchende Rauchende Rauchen in der Wohnung
% Schulform Eltern Freunde in Gegenwart des Kindes
30
21,9
20 14,6
8,0 9,7 6,4
10 5,7 4,9
0,8
0
Gymnasium/ Haupt-/Real-/ ja nein ja nein ja nein
Fachoberschule Gesamtschule
Quelle: KiGGS 2 (2014–2017), RKI
ABBILDUNG 13
Prävalenz
Prävalenz aktuellen
aktuellen E-Zigarettenkonsums
E-Zigarettenkonsums je
je Altersgruppe
Altersgruppe und
und Erhebungsjahr
Erhebungsjahr
4,2
4%
3,6
3,4 3,3
3,1 3,0
2,9
3%
0,3
0,2 0,2 0,2
0%
14 - 17 Jahre 18 - 24 Jahre 25 - 39 Jahre 40 - 64 Jahre 65+ Jahre
Aggregierte, gewichtete Daten.
Anzahl der Interviews: N2016= 6.169, N2017= 12,245, N2018= 12.200, N2019= 4.098 Quelle: Debra Studie
Quelle: Debra Studie
ABBILDUNG 14
Ein-Jahres-Prävalenz desE-Zigarettenkonsums
1-Jahres-Prävalenz des E-Zigarettenkonsums je Rauchstatus
Tabak
aktueller früherer niemals
E-Zigarettenkonsum E-Zigarettenkonsum E-Zigarettenkonsum
98,3 %
100 %
88,8 %
90 %
80 % 76,6 %
70 %
60 %
50 %
40 %
30 %
20 % 19,2 %
9,6 %
10 %
4,2 %
1,6 % 0,3 % 1,3 %
0%
Aktuelle TabakraucherInnen Ex-TabakraucherInnen Nie-TabakraucherInnen
ABBILDUNG
Gewichtete 15
1-Jahres-Prävalenz aktueller Tabakraucher nach Bundesländern
Gewichtete Ein-Jahres-Prävalenz aktueller Tabakraucher nach Bundesländern
Tabak
Schleswig-Holstein
25,8 %
Mecklenburg-Vorpommern
33,5 %
Hamburg
26,4 %
Bremen Brandenburg
27,4 % 42,6 %
Niedersachsen Berlin
30,6 % 32,2 %
Sachsen-Anhalt
27,6 %
Nordrhein-Westfalen
30,0 %
Sachsen
29,7 %
Thüringen
Hessen 28,7 %
18,1 %
Rheinland-Pfalz
24,5 %
Saarland
25,2 % Bayern
27,0 %
Baden-Württemberg
27,4 %
18 % 26 % 35 % 43 %
Größe
Größe N=12.273, Ein-Jahres-Prävalenz für ganz Deutschland = 28,3 N = 12273, Ein-Jahres-Prävalenz für ganz Deutschland = 28,3 Prozent
Prozent
Tabak
→→ Die 30-Tage-Prävalenz bei Erwachsenen ist seit Die Gesundheitsschäden durch Rauchen sind
1997 kontinuierlich von 36,8 Prozent auf erheblich. Im Schnitt verlieren Raucherinnen und
25,8 Prozent in 2015 gesunken (vgl. ESA). Raucher zehn Jahre ihres Lebens. Schätzungen
zufolge sterben in Deutschland jährlich 121.000
→→ Der Anteil rauchender Jugendlicher hat sich in Menschen an den Folgen des Tabakrauchens. Beim
den vergangenen zehn bis 15 Jahren um zwei Tabakrauchen wird eine Vielzahl von Giftstoffen
Drittel verringert. über die Lunge aufgenommen und durch den
Blutkreislauf im gesamten Körper verteilt. Dadurch
→→ Die 30-Tage-Prävalenz bei Erwachsenen ist seit werden nicht nur die Atemwege durch das Rauchen
2003 kontinuierlich gesunken und liegt derzeit geschädigt, sondern beinahe jedes Organ ist be
im Durchschnitt bei ca. 28 Prozent (DHS Jahr- troffen. Allerdings treten die durch das Rauchen
buch Sucht 2019). verursachten Gesundheitsschäden in der Regel erst
nach Jahren, viele erst nach Jahrzehnten auf. Am
→→ Der Anteil der Mütter, die während der stärksten ist die Belastung für die Atemwege und das
Schwangerschaft rauchen, hat sich in den Herz-Kreislauf-System. Rauchen verursacht min
letzten zehn bis 15 Jahren halbiert. destens 13 Krebsarten. 90 Prozent aller Lungen-
krebsfälle werden durch das Rauchen hervor
gerufen. Zudem ist das Rauchen die bedeutendste
Ursache für die Entwicklung einer chronisch
obstruktiven Lungenerkrankung (COPD).
ABBILDUNG 16
Erhöhung
Erhöhung des
des Risikos,
Risikos, verschiedene
verschiedene Atemwegserkrankungen
Atemwegserkrankungen zu
zu erleiden
erleiden (durch
(durch Rauchen
Rauchen und
und Passivrauchen)
Passivrauchen)
Lungenkrebs COPD
27-faches Risiko 26-faches Risiko 1,4-faches Risiko 26-faches Risiko 23-faches Risiko 1,4-faches Risiko
Asthma Lungenentzündung
1,6- bis 1,6- bis 1,4- bis 17-faches Risiko 12-faches Risiko
4-faches Risiko 6-faches Risiko 2-faches Risiko
Schlafapnoe Lungenkrebs
2-faches Risiko 1,3-faches Risiko 1,3-faches Risiko / 1,4-faches Risiko 1,8-faches Risiko
Darüber hinaus leiden Raucherinnen und Raucher Erwachsenen im Alter von 18 bis 29 Jahren. Mit
an einer schlechteren Immunabwehr, weisen zunehmendem Alter nimmt die Passivrauchbelastung
Tabak
vermehrt Erkrankungen an den Zähnen und der ab, insbesondere ab dem 65. Lebensjahr.
Mundhöhle auf, leiden unter beschleunigter
Hautalterung und haben ein erhöhtes Risiko für Bei nichtrauchenden Frauen, die regelmäßig
Diabetes. Rauchende Männer werden häufiger Passivrauch ausgesetzt sind, geschieht dies haupt-
impotent. Raucherinnen kommen früher ins sächlich bei Freunden und Bekannten (51,2 Pro-
Klimakterium, sind besonders osteoporosegefähr- zent); bei nichtrauchenden Männern vor allem bei
det, haben häufiger Zyklusstörungen und eine der Arbeit (56,1 Prozent). Personen aus der oberen
herabgesetzte Fruchtbarkeit. Rauchen in der Bildungsgruppe sind weitaus seltener regelmäßig
Schwangerschaft stellt für die Entwicklung des mit Passivrauch konfrontiert als diejenigen der
ungeborenen Kindes ein erhebliches Risiko dar. Die mittleren und unteren Bildungsgruppe.
im Tabakrauch enthaltenen Schadstoffe beeinträch-
tigen die fetale Sauerstoffversorgung und hemmen Sogenannter Thirdhand-Smoke
somit zentrale Wachstums- und Reifungsprozesse.
Schwangerschaftskomplikationen wie Fehl-, Selbst nach dem Löschen der Zigarette und dem
Früh- und Totgeburten treten bei Raucherinnen Lüften des Raums bleiben Reste des Tabakrauchs im
vermehrt auf. Ein Rauchstopp vor oder zu Beginn Raum: der sogenannte Thirdhand-Smoke. So bezeich-
der Schwangerschaft kann das Risiko für Komplika- net man den kalten Rauch, der sich auch nach dem
tionen und negative gesundheitliche Auswirkungen Konsum weniger Zigaretten auf Möbeln, Wänden,
deutlich reduzieren. Vorhängen, Teppichen und Tapeten über Wochen
hinweg ablagert. Insbesondere das Nikotin lässt sich
schlecht entfernen, da sich 80 bis 90 Prozent aus
Passivrauchen Tabakrauch an Oberflächen festsetzen. Aus dem
abgelagerten kalten Rauch werden permanent
Passivrauchen hat dieselben gesundheitlichen Partikel und flüchtige Substanzen in die Raumluft
Konsequenzen wie das Rauchen, wenn auch in abgegeben, die mit anderen Substanzen aus der
geringerem Ausmaß. Das Rauchgemisch, das Umgebung reagieren und neue, zum Teil krebserre-
unfreiwillig eingeatmet wird, unterscheidet sich gende Substanzen bilden. Rückstände aus dem
hinsichtlich seiner Zusammensetzung nicht wesent- kalten Rauch können vom Menschen über die Haut,
lich vom Zigarettenrauch, der beim aktiven Rauchen den Mund und die Lunge aufgenommen werden.
inhaliert wird, und enthält die gleichen giftigen und Kinder, die beim Spielen mit Gegenständen oder
karzinogenen Substanzen (DKFZ, 2015). dem Boden in Kontakt kommen und viele Dinge in
den Mund nehmen, sind besonders gefährdet.
Nach Daten des Robert-Koch-Instituts (GEDA Mögliche gesundheitliche Auswirkungen von
2014/2015-EHIS) sind 11,3 Prozent der nicht kaltem Rauch wurden bisher kaum untersucht.
rauchenden Erwachsenen einer regelmäßigen Allerdings haben Zellversuche ergeben, dass kalter
Passivrauchbelastung in geschlossenen Räumen Rauch die Funktion von Zellen beeinträchtigen und
ausgesetzt, insbesondere junge Erwachsene. Darin die Erbsubstanz schädigen kann.
eingeschlossen sind 3,4 Prozent der Nichtrauche
rinnen und Nichtraucher, die täglich mindestens eine Auch bei E-Zigaretten und Shishas sind Ablagerun-
Stunde, sowie 7,9 Prozent, die weniger als eine Stunde gen von Partikeln aus dem Aerosol auf Oberflächen
pro Tag mit Passivrauch konfrontiert werden. Frauen in Räumen nicht ausgeschlossen. Die Belastung ist
sind seltener von einer regelmäßigen Passivrauchbe- umso höher, je mehr E-Zigaretten oder Shishas im
lastung betroffen als Männer (8,3 gegenüber 14,7 Raum verwendet werden. Das haben Studien
Prozent). Die höchste Exposition zeigt sich bei jungen inzwischen nachgewiesen (DKFZ, E-Zigaretten 2018).
ABBILDUNG 17
Folgen des Rauchens
ABBILDUNG 15: Folgen des Rauchens
Tabak
Gehirn
• Abhängigkeit Augen
• Zerebrovaskuläre Erkrankungen • Blindheit
(Schlaganfall) • Katarakte (grauer Star)
• Altersbedingte Makuladegeneration
Atemwege
• Akute Erkrankungen der Atemwege Zähne und Zahnhalteapparat
(Lungenentzündung etc.) • Parodontose
• Chronische Erkrankungen der • Karies*
Atemwege (Atemnot etc.) • Versagen von Zahnimplantaten*
• Chronische obstruktive Lungen-
erkrankung (COPD) Stoffwechsel
• Tuberkulose • Typ-2-Diabetes
• Asthma
Magen und Darm
• Chronische entzündliche
Herz-Kreislauf-System Darmerkrankungen*
• Koronare Herzerkrankungen • Magengeschwüre
(Herzinfarkt) • Aneurysmen der Bauchaorta
• Atherosklerose
• Periphere arterielle Verschluss-
erkrankungen (Raucherbein etc.)
Fortpflanzung
• Erektionsstörungen
• Verminderte Fruchtbarkeit
Knochen und Gelenke
bei Frauen
• Rheumatische Arthritis • Schwangerschaftskompli-
• Verminderte Knochenstärke kationen
bei Frauen nach der Menopause • Schäden für das Ungeborene
• Hüftfrakturen und Langzeitfolgen
Allgemeine Beeinträchtigungen …
• der Immunfunktion
• der allgemeinen Gesundheit
• von Operationserfolgen * Kausaler Zusammenhang wahrscheinlich.
Krebs Krebspatienten
• Rachen • Akute Myeloische • Bauchspeicheldrüse • Verschlechterung des Gesundheits-
• Kehlkopf Leukämie • Nieren und Harnleiter zustandes bei Krebspatienten und
• Speiseröhre • Brust* • Blase Überlebenden
• Luftröhre • Magen • Dick- und Enddarm • Erhöhtes Risiko für weitere Krebs-
• Lunge • Leber • Gebärmutterhals erkrankungen bei Überlebenden
Passivrauchbelastung im Auto:
Tabak
Das Rauchen von Tabakzigaretten, E-Zigaretten und den Nikotin unterschieden sich die beiden Produkte
Tabakerhitzern führt zu einer Schadstoffbelastung der nur gering voneinander. Im Gegensatz zum Tabaker-
Luft in Pkw-Innenräumen, wie in einer aktuellen hitzer setzte die E-Zigarette jedoch hohe Mengen
Studie untersucht wurde (Fromme & Schober, 2018). feiner Flüssigkeitspartikel (PM2,5) frei. Diese Partikel
Die generelle Schadstoffbelastung und das damit können tief in die Lunge eindringen und ihre Funktion
einhergehende Gesundheitsrisiko für Mitfahrende beeinträchtigen. Bei Verwendung des Tabakerhitzers
lagen beim Rauchen von Tabakzigaretten im Auto mit hingegen waren deutlich höhere Gehalte an
Abstand am höchsten. Es wurden ähnliche Ultrafeinstaubpartikeln (Durchmesser: 25 – 300 nm)
Schadstoffbelastungen wie in der Raumluft von in der Raumluft nachweisbar. Welche Schadstoffge-
Rauchergaststätten gemessen. Hinsichtlich des halte letztlich genau im Pkw-Innenraum erreicht
untersuchten Tabakerhitzers und der E-Zigarette werden, hängt von einer Reihe von Faktoren ab, zum
ergab sich ein differenziertes Bild. Bei den flüchtigen Beispiel den Lüftungsbedingungen.
organischen Verbindungen und beim suchterzeugen-
ABBILDUNG 18
Konzentration
Konzentration gesundheitlich
gesundheitlich problematischer
problematischer Luftschadstoffe
Luftschadstoffe im
im PKW
PKW
ohne Rauchen IQOS E-Zigarette Tabakzigarette
10.000
1.000
Konzentration im PKW (µg/m3)
100
10
1
Nikotin Propylenglykol Benzol Formaldehyd Acetaldehyd PM2,5
(sucht- (atemwegs- (krebs- (krebs- (krebs- (lungen-
erzeugend) reizend) erregend) erregend) erregend) schädigend)
Exemplarisch gezeigt ist die Konzentration gesundheitlich problematischer Luftschadstoffe in einem der 7 untersuchten PKW während des
Konsums verschiedener Rauchmittel und im Vergleich zu Belastungssituation ohne Rauchaktivität. Das Fenster auf der Beifahrerseite des PKW
war 2 cm geöffnet.
Wirtschaftliche Folgen des Rauchens1 angestiegen, wobei alleine durch die veränderte
Altersstruktur der Raucher die direkten Kosten um
Tabak
Die Rauchprävalenz der DEBRA-Wellen im Jahr 9,5 Prozent angestiegen sind. Damit sind bezogen
2018 (gewichtete Daten von Januar bis Juni/Juli; auf die Gesamtausgaben im Gesundheitssektor
N = 8.149) liegt bei 28,3 Prozent; die GEDA09-Rauch- ca. 14,6 Prozent der Kosten durch das Tabakrauchen
prävalenz lag im Vergleich dazu bei 29,9 Prozent. verursacht.
Waren damit auf Basis der GEDA09-Daten ca.
20,38 Mio. Deutsche mindestens Gelegenheits-, Bei den indirekten Kosten zeigt sich ein ähnliches
wenn nicht sogar regelmäßiger Raucher, so sind dies Bild. Diese liegen bei 66,92 Mrd. € im Jahr 2018.
nach den Debra-Daten im Jahr 2018 ca. 20,53 Mio. Auch hier sind die Kosten gegenüber der früheren
Personen in Deutschland; der leichte Anstieg ist Schätzung um insgesamt 27 Prozent angestiegen,
dabei vor allem durch den Bevölkerungszuwachs wobei durch die veränderte Raucherstruktur in der
von 81,8 Mio. in 2009 auf 82,8 in 2017 zu erklären. Bevölkerung die Kosten lediglich um vier Prozent
Die Anzahl an Rauchern bleibt auch unter Einbezug gestiegen sind und sich der Restanstieg durch die
weiterer DEBRA-Wellen aus dem Jahr 2017 stabil. Lohnentwicklung erklären lässt. Insgesamt ergeben
Damit resultiert die bereits festgestellte nahezu sich damit ökonomische Kosten des Rauchens in
gleichgebliebene Rauchprävalenz auch in entspre- Höhe von 97,24 Mrd. € pro Jahr in Deutschland. Die
chend gleichhoher Anzahl an Rauchern. intangiblen Kosten haben sich von 92,21 Mrd. € auf
98,71 Mrd. € pro Jahr und damit um sieben Prozent
Die direkten Kosten sind damit gegenüber der erhöht.
Schätzung von 2008-2012 um 19,3 Prozent
ABBILDUNG 19
Direkte Kosten des Rauchens in Mio. €
Direkte Kosten des Rauchens in Mio. €
insgesamt
Pflegekosten 692,79 Mio. €
30,32 Mrd. €
1
Effertz, die Kosten des Rauchens im Jahre 2018
ABBILDUNG 20
Indirekte Kosten des Rauchens in Mio. €
Indirekte Kosten des Rauchens in Mio. €
Tabak
insgesamt
Kurzfristige Arbeitslosigkeit 9.583,56 Mio. €
66,92 Mrd. €
Mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Tabak Komponente, flankiert mit einer Mindeststeuer.
erzeugnisgesetzes sowie der Dritten Verordnung zur Dies führt dazu, dass für niedrige Kleinverkaufsprei-
Tabak
Änderung der Tabakerzeugnisverordnung wurde das se relativ hohe Tabaksteuerbeträge anfallen. Da
nationale Tabakrecht an Durchführungsrechtsakte immer der Umsatzsteueranteil der jeweilig zu
der Europäischen Kommission über technische versteuernden Kleinverkaufspackung zu berück-
Standards für die Errichtung und den Betrieb eines sichtigen ist, gibt es nicht den einen Mindeststeuer-
Rückverfolgbarkeitssystems für Tabakerzeugnisse satz. Legt man den gewichteten durchschnittlichen
angepasst. Kleinverkaufspreis für Zigaretten zugrunde, resul-
tiert daraus ein Mindeststeuersatz von 15,784 Cent
pro Zigarette für den Zeitraum 15. Februar 2019 bis
Tabakschmuggelprotokoll 14. Februar 2020, verglichen mit 15,620 Cent pro
Auf Artikel 15 der Tabakrahmenkonvention, in Zigarette für den Zeitraum 15. Februar 2018 bis
dem sich die Vertragsparteien verpflichtet haben, 14. Februar 2019.
gegen illegalen Handel mit Tabakprodukten
vorzugehen, basiert das Protokoll zur Unterbin-
dung des unerlaubten Handels mit Tabakerzeug- Diskussion um Tabakwerbung und Tabakwerbe-
nissen (Tabakschmuggelprotokoll). Das Protokoll beschränkungen
setzt verbindliche Standards für die Vertragsstaa-
Die Präsenz von Werbung in Medien und die
ten und bildet einen Rahmen für die internationale
Außenwerbung auf Plakaten hat Einfluss auf das
Zusammenarbeit. Rauchverhalten, insbesondere bei Jugendlichen.
Schon eine ältere Cochraneanalyse (Lovoto et al.,
Ziel des Protokolls ist es, den illegalen Handel von 2011) fand 19 verwertbare Studien mit mehr als
Tabakwaren weltweit einzudämmen. Durch den 29.000 Rauchern, die einen Zusammenhang des
unerlaubten Handel mit Tabakerzeugnissen Einstiegs in den Tabakkonsum mit der Verfügbar-
werden Maßnahmen zur Reduzierung des Tabak- keit von Werbung in Verbindung feststellen
gebrauchs untergraben und ein erleichterter konnten. Vergleichbare Forschung liegt auch für
Zugang zu günstigen Tabakerzeugnissen gefördert, E-Zigaretten vor (s. auch Hanewinkel R, Isensee B,
der zugleich Steuerausfälle nach sich zieht. Das Sargent JD, Morgenstern M., 2011). Die Tabakrah-
Protokoll zielt auf eine umfassende Überwachung menkonvention verpflichtet Deutschland, die
der gesamten Lieferkette für Tabakerzeugnisse ab. Möglichkeiten der Tabakwerbung soweit einzu-
schränken, wie dies verfassungsrechtlich möglich
Deutschland hat das Tabakschmuggelprotokoll im ist.
Oktober 2017 ratifiziert. Das Protokoll trat am 25.
September 2018 in Kraft, nachdem es 40 Vertrags- Die Bundesregierung hat 2016 einen Gesetzent-
parteien des Tabakrahmenübereinkommens wurf zur Ausweitung der bestehenden Werbebe-
ratifiziert, angenommen, genehmigt oder förmlich schränkungen in den Bereichen Außenwerbung,
bestätigt haben oder ihm beigetreten sind. Kinowerbung und kostenlosen Abgaben vorgelegt,
der vom Bundestag jedoch bislang nicht beschlos-
sen worden ist.
TABELLE 06
Zusammenstellung der jährlichen Tabakwerbeausgaben (in 1.000 Euro, Wert jeweils gerundet)
2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017
Werbung 86.296 81.345 69.214 70.270 80.225 70.186 73.957 93.813 87.808 98.008
Werbung in
504 1.536 719 345 235 300 156 220 43 93
Printmedien
Außenwerbung 78.010 70.983 66.798 68.133 75.986 69.807 72.718 91.206 87.204 95.865
Werbung im Kino 1.512 2 1.216 1.785 3.950 78 1.080 2.383 554 2.047
Werbung im
188 277 1 7 4 1 4 3 8 3
Internet
Sonstige Werbung 6.005 8.494 480 0 50 0 0 1 0 0
Keine Zuordnung 77 53 0 0 0 0 0 0 0
Promotion 102.792 137.495 127.105 122.887 135.397 128.944 116.557 133.091 118.511 141.561
Sponsorship 3.681 3.422 2.770 4.517 5.139 6.509 5.610 5.086 5.463 7.810
Gesamte
192.769 222.262 199.089 197.674 220.761 205.639 196.124 231.989 211.783 247.379
Werbeausgaben
Quelle: eigene Darstellung (basierend auf den Angaben der deutschen Tabakwirtschaft nach Art. 13 der Tabakrahmenkonvention)
Neue Tabak- und Dampfprodukte gleich oder sogar höher ausfallen (Pisinger et al.,
2014; Shields et al., 2017). Der Gebrauch von
Tabak
Seit einigen Jahren kommen vermehrt Rauch- und E-Zigaretten ist in den vergangenen Jahren ange
Dampfprodukte auf den Markt, die von einer stiegen (zur Prävalenz, s. Tabellen zu Beginn dieses
wachsenden Zahl von Konsumenten genutzt Unterkapitels).
werden:
Vor allem jüngere Menschen im Alter von 16 bis 29
Elektronische Zigarette und E-Shisha Jahren probieren E-Zigaretten aus: In dieser Alters-
gruppe hat fast ein Fünftel bereits E-Zigaretten
Elektronische Zigaretten (E-Zigaretten) bestehen aus verwendet. Mit zunehmendem Alter nimmt dieser
einem Mundstück, einem Akku, einem elektrischen Anteil kontinuierlich ab. In der Wissenschaft wird
Vernebler sowie einer Wechsel-Kartusche, in der zum Teil befürchtet, dass E-Zigaretten bei jungen
sich eine Flüssigkeit („Liquid“) befindet. Bei einigen Menschen doch zum vermehrten Konsum von
Modellen leuchtet dabei eine Diode (LED) am herkömmlichen Zigaretten führen können (DKFZ,
vorderen Ende auf, die das Glimmen einer Tabak E-Zigaretten; zum Konsumverhalten in Deutschland
zigarette imitiert. Der Konsum von E-Zigaretten 2014–2018).
wird als „Dampfen“ bezeichnet. E-Zigaretten
enthalten im Unterschied zur klassischen Zigarette Der regelmäßige Konsum von E-Zigaretten liegt
keinen Tabak. Auch eine Verbrennung findet nicht deutlich niedriger als die Jemalsnutzung. Dabei
statt. Stattdessen wird eine Flüssigkeit erhitzt, die variiert der Anteil der aktuellen Nutzerinnen und
beim Ziehen am Mundstück vernebelt, sodass sie als Nutzer je nach Rauchstatus. Weniger Tabak zu
Aerosol inhaliert werden kann. rauchen oder ganz damit aufzuhören sind wichtige
Gründe für den Konsum von E-Zigaretten. Auch
Ähnlich wie die E-Zigarette funktioniert auch die wenn noch keine ausreichende wissenschaftliche
E-Shisha: Auch sie besteht aus einem Mundstück, Evidenz für die Wirksamkeit von E-Zigaretten zur
einem Akku oder einer Batterie, einem elektro Tabakentwöhnung vorliegt, ist sie in der Praxis die
nischen Verdampfer sowie einer Kartusche mit am häufigsten eingesetzte Methode zur Unter
einem Liquid. stützung der Tabakentwöhnung (DEBRA 2018). Seit
2014 geben jedes Jahr etwa drei Prozent der Rauche-
Basis des Liquids ist Propylenglykol, häufig auch rinnen und Raucher an, einen Rauchstopp mithilfe
Glycerin. Beigefügt werden verschiedene, zumeist von E-Zigaretten versucht zu haben. Der Anteil der
süßliche Aromastoffe, welche die Geschmacks ehemaligen Raucher, die unter Einsatz von E-Ziga-
richtung des Liquids bestimmen. Liquids werden retten mit dem Rauchen aufgehört haben, stieg von
mit und ohne Nikotin angeboten. Das Aerosol von 0,2 Prozent im Jahr 2014 auf 1,8 Prozent im Jahr
E-Zigaretten besteht aus feinen und ultrafeinen 2017 an (DKFZ, 2018).
Flüssigkeitspartikeln aus Propylenglykol und/oder
Glycerin und Aromen. Das Aerosol kann weitere Gesundheitliche Auswirkungen
schädliche Substanzen wie Formaldehyd, Acet
aldehyd, Acrolein, reaktive Sauerstoffverbindungen Langzeitstudien zu möglichen Gesundheitsgefahren
und Metalle enthalten. Während die Nikotinauf durch E-Zigaretten gibt es noch nicht. Erste Studien
nahme jener der klassischen Zigarette entsprechen weisen allerdings deutlich darauf hin, dass
kann, liegt die Konzentration der weiteren Schad- E-Zigarettenaerosol im Körper oxidativen Stress
stoffe im E-Zigarettenaerosol bei sachgemäßem erhöht, entzündliche Reaktionen in der Lunge
Gebrauch deutlich unter dem Rauch der konven hervorruft und für Zellen giftig sein kann. Außer-
tionellen Zigarette. In Einzelfällen kann sie unter dem kann es die Zellvermehrung, die Zellfunktion
bestimmten Nutzungsbedingungen allerdings auch und die Immunabwehr beeinträchtigen und das
Erbgut schädigen. Zudem wurden mehrere Einzel- dass insbesondere Jugendliche, die diese Produkte
fälle beschrieben, in denen E-Zigarettenkonsum mit nutzen, vergleichsweise schneller eine Nikotinab-
Tabak
speziellen Formen von Lungenentzündungen in hängigkeit entwickeln (Ärztliche Mitt. 56-2018, S. 3).
Verbindung gebracht wurde.
www.dkfz.de/de/
tabakkontrolle/ Die Ergebnisse des vom BMG geförderten Reviews
Fakten_zum_Rauchen.html zum aktuellen Forschungsstand zu E-Zigaretten
und Tabakerhitzern des Deutschen Krebsfor-
schungszentrums (DKFZ) liegen vor und sind unter
All diese Wirkungen sind in der Regel im Vergleich www.dkfz.de abrufbar:
zu den Folgen des Zigarettenkonsums weniger stark
ausgeprägt. Es gibt immer mehr Studien, die davon www.dkfz.de
ausgehen, dass E-Zigaretten aufgrund der deutlich
geringeren Schadstoffmenge im Aerosol im Ver-
gleich zu Rauchtabak weniger schädlich sind. Auch
wenn das Ausmaß einer möglichen Gesundheitsge-
fährdung bislang nicht geklärt ist, sollten E -Zigaret-
ten ebenso wie Tabakzigaretten zum vorbeugenden Tabakerhitzer
Gesundheitsschutz für Nichtkonsumenten nicht in
Räumen verwendet werden, in denen ein Rauch Ein Tabakhersteller brachte im Jahr 2016 ein
verbot besteht, denn auch E-Zigaretten tragen zur Tabakprodukt namens IQOS auf den deutschen
Belastung von Raumluft bei. Markt, bei dem eine spezielle “Minizigarette” in
einem Halter elektronisch auf etwa 250 bis 300°C
www.bfr.bund.de/cm/343/ erhitzt wird. Die Dauer der Nutzung entspricht dem
vorlaeufige-risikobewertung-von- Rauchen einer Zigarette, also etwa 14 Züge oder
tobacco-heating-systemen-als- rund sechs Minuten. Die Konsumenten inhalieren
tabakprodukte.pdf wie beim Rauchen das entstehende Aerosol, das eine
Reihe derselben Schadstoffe wie der Rauch der
Seit Dezember 2018 ist in Deutschland ein E-Ziga- konventionellen Zigarette enthält, darunter Kohlen-
rettenprodukt (z.B. des Herstellers JUUL Labs) auf monoxid und krebserzeugende Substanzen, jedoch
dem Markt, das optisch einem USB-Stick nach in geringeren Mengen (Bundesinstitut für Risikobe-
empfunden ist. Dessen Liquid enthält zusätzlich zu wertung (BfR), 2018; Committee on Toxicity,
der üblichen Mischung aus Nikotin, Propylenglykol, Mutagenicity, Carcinogenicity of Chemicals in Food,
Glycerin und Aromastoffen auch Benzoesäure. Consumer Products and the Environment, 2017).
Nikotin geht mit der Benzoesäure eine Verbindung Allerdings geben Tabakerhitzer krebserzeugende
ein und bildet ein Nikotinsalz, das nach Ein Substanzen in größeren Mengen ab als sachgerecht
schätzung von Experten dazu beiträgt, dass das gebrauchte E-Zigaretten (BfR, 2017; Murphy et al.
Nikotin eine geringere Reizwirkung auf Hals und 2018). Da Tabakerhitzer im Blut des Konsumenten
Lungen ausübt und somit tiefer eingeatmet werden dem Rauchen vergleichbare Nikotinspiegel erzeu-
kann. Nach Aussage des Herstellers führen Nikotin- gen, ist davon auszugehen, dass sie ein der klassi-
salze auch dazu, dass die Aufnahme von Nikotin schen Zigarette im Wesentlichen entsprechendes
beschleunigt wird. Dies führt zu der Befürchtung, Abhängigkeitspotenzial bergen.
Tabak
Die gesundheitliche Gefährdung durch Tabakerhit- www.dak.de/dak/bundesthemen/
zer ist schwierig abzuschätzen. Die bisherigen ein-fuenftel-der-schueler-raucht-
Studien der Hersteller, aber auch die wenigen shisha-2116276.html
unabhängigen Untersuchungen legen nahe, dass das
Aerosol von Tabakerhitzern weniger Schadstoffe
enthält als der Rauch von Tabakzigaretten. Inwie- Wasserpfeifentabak muss kombinierte Warnhin
weit sich für Raucher, die von Tabakzigaretten auf weise aus Bild und Text tragen (erst ab Mai 2024). Es
Tabakerhitzer umsteigen, die wahrscheinlich gelten dieselben Werbebeschränkungen wie für
geringere Schadstoffexposition auch tatsächlich in Zigaretten. Teilweise werden beim Konsum von
einem reduzierten Gesundheitsrisiko niederschlägt, Wasserpfeifen sogar größere Mengen an Schad
ist noch unklar. Unabhängige Wissenschaftler, stoffen wie Teer und Kohlenmonoxid aufgenom-
welche die Daten von Herstellerstudien neu ausge- men als beim Konsum von Zigaretten. Auch die
wertet haben, kommen zu dem Ergebnis, dass Menge des aufgenommenen Nikotins kann bei der
Tabakerhitzer die Lunge und die Leber schädigen Nutzung von Wasserpfeifen deutlich höher als bei
könnten. Zigaretten sein. Krebsauslösende Substanzen
wurden im Rauch von Wasserpfeifen in vielfach
www.dkfz.de/de/ höheren Konzentrationen nachgewiesen, zum
tabakkontrolle/ Beispiel Arsen, Chrom und Nickel. Außerdem
Fakten_zum_Rauchen.html werden durch die gemeinschaftliche Nutzung von
Wasserpfeifen Infektionskrankheiten begünstigt.
Darüber hinaus entsteht durch das Verbrennen der
Da das Aerosol von Tabakerhitzern ähnliche Mengen Inhaltsstoffe beim Rauchen Kohlenmonoxid, das
Nikotin wie Tabakrauch enthält und der Konsument nicht nur für die Konsumenten, sondern auch für
vergleichbare Nikotinmengen wie beim Rauchen Passivraucher schädlich ist. Das geruch- und
aufnimmt, ist davon auszugehen, dass der Konsum geschmacklose Gas kann zu Vergiftungserschei
von Tabakerhitzern ein ähnliches Abhängigkeits- nungen wie Schwindel und Übelkeit bis hin zu
potenzial birgt wie der Zigarettenkonsum (BfR, Bewusstlosigkeit und Ersticken führen.
2017; Haziza et al. 2016).
Gesundheitliche Auswirkungen
Wasserpfeifen
Einer Studie des Bundesinstituts für Risikobewer-
Die Wasserpfeife stammt ursprünglich aus Indien. tung (BfR) zufolge sind die Risiken des Konsums von
Populär wurde sie vor rund 600 Jahren in den Wasserpfeifentabak nicht geringer als die von
arabischen Ländern. Dort wird die Wasserpfeife Zigarettentabak.
auch Shisha genannt. Für Wasserpfeifen wird
spezieller Tabak verwendet. Die Grundsubstanz des Shisharauchen erhöht sehr wahrscheinlich ebenso
Wasserpfeifentabaks wird Melasse genannt. Sie das Risiko für eine Reihe schwerer Krankheiten
besteht aus einer Mischung von Tabakblättern und (siehe Tabelle 07). So beeinträchtigt Wasserpfeifen-
Zusätzen aus Zuckerrohr. Daten zur Verbreitung des rauchen akut die Lungenfunktion. Wegen der hohen
Konsums liegen für Jugendliche und junge Erwach- CO-Menge im Rauch kann es zudem zu einer
sene vor. CO-Vergiftung kommen. Langfristig erhöht Shisha-
rauchen das Risiko für chronisch obstruktive
Lungenerkrankungen (COPD), sehr wahrscheinlich
auch für chronische Bronchitis und möglicherweise Übergewicht mit erhöhtem Bauchfett, erhöhten
für ein Lungenemphysem. Wahrscheinlich besteht Werten für Blutzucker und Blutfette sowie Blut-
Tabak
TABELLE 07
Alkohol
geringen Mengen hochgiftig. Trinkalkohol wird zum Sozialstatus auch das Alter betrachtet wird
durch Vergärung von Zucker aus verschiedenen (RKI, GEDA 2014/2015-EHIS).
Grundstoffen gewonnen. Unter anderem werden
Getreide, Früchte und Zuckerrohr zu seiner Her Die Prävalenzen des Alkoholkonsums bei Jugend-
stellung verwendet. Der Alkoholgehalt der daraus lichen und Erwachsenen zeigt Tabelle 08.
entstehenden Getränke ist unterschiedlich. Alkohol
verteilt sich über die Blutbahn im ganzen Körper Im Mai 2019 wurden die neuen Ergebnisse der
und erreicht schon nach wenigen Minuten das Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche
Gehirn, wo er eine ganze Reihe von Transmitter Aufklärung (BZgA) „Der Alkoholkonsum Jugend
systemen beeinflusst. Unter anderem wird Dopamin licher und junger Erwachsener in Deutschland
freigesetzt, ein Neurotransmitter, der für das 2018“ vorgestellt (Alkoholsurvey 2019). In der
Belohnungssystem eine wichtige Rolle spielt. Zudem Repräsentativbefragung erhebt die BZgA regelmäßig
wird die hemmende Wirkung des Neurotransmit- den Alkoholkonsum der zwölf- bis 25-jährigen
ters GABA verstärkt. Dies hat eine angstlindernde Bevölkerung bundesweit. Für die BZgA-
und beruhigende Wirkung zur Folge. Die erlebte Repräsentativstudie wurden von April bis Juni 2018
Wirkung von Alkohol hängt dabei in erster Linie bundesweit 7002 junge Menschen im Alter von
von der getrunkenen Menge ab, aber auch von der zwölf bis 25 Jahren befragt.
körperlichen und seelischen Verfassung sowie der
Gewöhnung. Der Rauschzustand kann daher bei Die neuen Studienergebnisse zeigen, dass aktuell
Menschen mit identischer Blutalkoholkonzentra- 8,7 Prozent der Jugendlichen im Alter von zwölf bis
tion durchaus variieren. In geringen Mengen hat 17 Jahren regelmäßig, das heißt mindestens einmal
Alkohol typischerweise eine enthemmende Wir- wöchentlich, Alkohol konsumieren. Das ist ein
kung. Die Stimmung verbessert sich und die historisch niedriger Stand. In dieser Altersgruppe lag
Kontaktfreudigkeit nimmt meist zu. Größere dieser Wert im Jahr 2004 noch bei 21,2 Prozent.
Mengen Alkohol führen jedoch zu massiven Wahr-
nehmungs- und Aufmerksamkeitsstörungen. Die Unter jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis
Koordinationsfähigkeit und die Sprache werden 25 Jahren geben aktuell 33,4 Prozent an, regelmäßig
zunehmend beeinträchtigt. Schließlich stellen sich Alkohol zu trinken. Dies ist ein seit dem Jahr 2014
Müdigkeit und Benommenheit ein, die bei hohen gleichbleibender Wert. Ausgehend vom Jahr 2004
Mengen Alkohol in Bewusstlosigkeit und schließlich mit 43,6 Prozent ist eine langfristig rückläufige
in einem Koma münden können. Entwicklung zu beobachten.
Unter jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 25 →→ Bei den jungen Männern und Frauen im Alter
Jahren ist das Rauschtrinken nach einer rückläu von 18 bis 25 Jahren hat sich der Alkoholkonsum
figen Entwicklung in den vergangenen Jahren unterschiedlich entwickelt. Der regelmäßige
aktuell mit 37,8 Prozent wieder verbreiteter Konsum sowie der Konsum riskanter Mengen
(2016: 32,8 Prozent). Im Jahr 2004 lag dieser Wert und die 30-Tage-Prävalenz des Rauschtrinkens
bei 43,5 Prozent. 18- bis 25-jähriger Männer sind 2018 geringer
verbreitet als in den Jahren 2011 bzw. 2012. Bei
den jungen Frauen zeichnen sich längerfristig
Trends keine wesentlichen Veränderungen im Alkohol-
Alkohol
konsum ab.
→→ Der Pro-Kopf-Verbrauch von Reinalkohol ist in
den letzten 40 Jahren zurückgegangen. Im →→ Die Zahl der Todesfälle, die ausschließlich durch
internationalen Vergleich zählt Deutschland Alkoholkonsum bedingt sind, ist in den vergan-
allerdings weiterhin zu den genen 20 Jahren gesunken, bei Männern wesent-
Hochkonsumländern. lich deutlicher als bei Frauen. 2012 starben in
Deutschland rund 21.000 Menschen im Alter
→→ Männer konsumieren nach wie vor mehr von 15 bis 64 Jahren (ca. 16.000 Männer und
Alkohol als Frauen. Der riskante Konsum ging 5.000 Frauen) an Erkrankungen, die entweder
bei Männern in den vergangenen 20 Jahren leicht ausschließlich auf Alkohol zurückzuführen sind
zurück, während er bei Frauen weitgehend oder für die der Alkoholkonsum einen Risiko
unverändert blieb. faktor darstellt.
Hinweis:
TABELLE 08
Prävalenzen des Alkoholkonsums bei Jugendlichen und Erwachsenen
Junge Ältere
Jugendliche Erwachsene
Erwachsene Erwachsene
Alter 11–17 Jahre 12–17 Jahre 18–25 Jahre 18–64 Jahre 18–64 Jahre ab 65 Jahre
BZgA: BZgA: RKI: RKI:
Datenquelle RKI: KiGGS2 IFT: ESA
Alkoholsurvey Alkoholsurvey GEDA-EHIS GEDA-EHIS
Jahr 2014–2017 2018 2018 2018 2014/2015 2014/2015
Alkohol
Jemalskonsum 51,0 % 62,9 % 95,5 % 96,4 % 92,0 % 88,1 %
Alkoholkonsum mind.
9,8 % 34,0 % 47,7 % 49,5 %
ein mal pro Woche
Konsum in den
36,7 % 74,1 % 71,6 %
letzten 30 Tagen
Konsum mind.
monatlich i. d. letzten 73,9 % 71,9 %
zwölf Monaten
Reinalkohol pro
Tag:
Reinalkohol pro Tag Reinalkohol pro Tag
Frauen: mehr
Riskanter Konsum Frauen: mehr als zwölf Gramm Frauen: mehr als zehn Gramm
als zehn Gramm
Männer: mehr als 24 Gramm Männer: mehr als 20 Gramm
Männer: mehr
als 20 Gramm
gesamt 12,1 % 3,7 % 18,3 % 18,1 % 16,3 % 14,8 %
weiblich 13,5 % 3,0 % 15,4 % 19,7 % 14,4 % 12,2 %
männlich 10,8 % 4,3 % 20,9 % 16,7 % 18,3 % 17,9 %
sechs
alkoholische Getränke mind. an
oder mehr fünf oder mehr
einem der letzten 30 Tage
alkoholische alkoholische sechs oder mehr alkoholische
mehr als vier bei
Rauschtrinken Getränke bei Getränke mind. Getränke bei einer Gelegenheit
Mädchen/Frauen
einer Gelegen- an einem der mind. einmal im Monat
mehr als fünf bei
heit mind. ein- letzten 30 Tage
Jungen/Männern
mal im Monat
gesamt 7,0 % 14,0 % 38,9 % 34,5 % 33,4 % 27,8 %
weiblich 5,6 % 12,8 % 31,6 % 24,6 % 25,9 % 21,9 %
männlich 8,4 % 15,1 % 45,5 % 42,8 % 44,7 % 35,1 %
Alkoholabhängigkeit 3,1 %
weiblich 1,7 %
männlich 4,5 %
ABBILDUNG 21
Riskanter Alkoholkonsum von Männern und Frauen nach Bundesländern (mehr als 20 g bzw. 10 g Reinalkohol pro Tag)
Riskanter Alkoholkonsum von Männern und Frauen nach Bundesländern (mehr als 20g bzw. 10g Reinalkohol pro Tag)
Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein
14,7 % 13,5 %
Mecklenburg-Vorpommern Mecklenburg-Vorpommern
17,5 %
Alkohol
14,0 %
Hamburg Hamburg
16,4 % 16,7 %
Bremen Brandenburg Bremen Brandenburg
15,5 % 19,7 % 12,6 % 9,4 %
Niedersachsen Niedersachsen
17,6 % Berlin 14,4 % Berlin
22,3 % 16,0 %
Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt
Nordrhein-Westfalen 17,3 % Nordrhein-Westfalen 10,6 %
18,4 % 12,8 %
Sachsen Sachsen
Thüringen 22,6 % Thüringen 13,5 %
Hessen 22,7 % Hessen 12,0 %
18,1 % 15,3 %
Rheinland-Pfalz Rheinland-Pfalz
19,5 % 13,7 %
Saarland Saarland
Bayern Bayern
19,4 % 13,9 %
17,5 % 15,3 %
Baden-Württemberg Baden-Württemberg
16,0 % 13,9 %
Männer Frauen
14 % 17 % 20 % 23 % 8% 11 % 14 % 17 %
Alkoholkonsum von Frauen und Männern stratifiziert nach Alters- und Sozialstatusgruppen
%
40
ABBILDUNG 22
Alkoholkonsum von Frauen und Männern stratifiziert nach Alters- und Sozialstatusgruppen
30 %
20
Alkohol
10
0
e
e
hr
hr
hr
hr
Ja
Ja
Ja
Ja
9
+
–2
–4
–6
65
18
30
45
Männer Frauen Quelle: RKI, GEDA 2014/2015-EHIS
ABBILDUNG 23
Jahren) 1961 bis 2014
Pro-Kopf-Verbrauch von Reinalkohol in der Bevölkerung (ab 15 Jahren),
insgesamt
17,23 l Bier
15,75 l Spirituosen
13,84 l Wein/Schaumwein
12,78 l
14,04 l
11,50 l
11,03 l
11,03 l
8,97 l
9,51 l 8,22 l
7,57 l
8,34 l
6,47 l 6,27 l
5,86 l
4,16 l 3,84 l
3,34 l 3,03 l 3,00 l 3,14 l 3,10 l
2,70 l
3,57 l
2,95 l
2,37 l 2,59 l 2,37 l
1,86 l 2,09 l 2,07 l
ABBILDUNG 24
Pro-Kopf-Verbrauch von Reinalkohol der Bevölkerung (ab 15 Jahren) in der Europäischen Union
Pro-Kopf-Verbrauch von Reinalkohol der Bevölkerung (ab 15 Jahren) in der Europäischen Union
Verbrauch von
7 9 11 13 15
Alkohol
Schweden
2,7 3,6 1,0 7,3
Litern Reinalkohol Finnland
4,2 1,7 1,9 8,8
( ■ Bier, Wein/Schaumwein, Spirituosen
und andere alkoholische Getränke) Estland
5,9 1,7 5,6 15,0
pro Kopf und Jahr Vereinigtes Dänemark Lettland
Königreich 3,6 4,4 1,6 9,6 4,7 1,1 4,0 10,4
3,5 4,2 2,3 10,7
Niederlande Litauen
4,2 3,0 1,5 8,7 5,5 1,5 5,8 15,2
Verbrauch von Polen
Irland Deutschland 6,5 0,9 3,4 10,7
Litern Reinalkohol 5,1 2,8 2,0 10,8 Belgien 5,9 3,1 2,1 11,0
Bier 6,2 4,5 1,8 12,6 Tschechien
6,9 2,6 3,2 12,7 Slowakei
Luxemburg
Verbrauch von 4,1 4,8 2,3 11,1 Österreich 3,3 2,4 4,4 10,6
6,3 4,4 1,7 12,3 Ungarn
Litern Reinalkohol
Frankreich 3,8 3,4 3,8 10,9 Rumänien
Wein/Schaumwein Slowenien 5,1 3,1 1,4 9,6
2,3 6,4 2,5 11,5 4,4 5,3 0,8 10,5 Kroatien
4,2 6,3 1,3 12,1
Italien Bulgarien
Verbrauch von Spanien 1,7 5,0 0,9 7,6 4,3 2,9 4,8 12,0
Litern Reinalkohol 4,4 2,1 2,7 9,3
Griechenland
Spirituosen Portugal 2,1 3,9 1,5 7,5
2,7 6,0 0,8 9,9
Malta
2,9 3,3 2,0 8,5 Zypern
3,3 2,5 3,3 9,0
ABBILDUNG 25
Alkoholkonsum (in den letzten 30 Tagen) bei Männern (18–59 Jahre)
und Anteil der Risikokonsumenten
Alkoholkonsum von diesen
(in den letzten 30 Tagen) Konsumenten
bei Männern (18–59(mehr
Jahre)als 24 g Reinalkohol pro Tag)
und Anteil der Risikokonsumenten von diesen Konsumenten (mehr als 24g Reinalkohol pro Tag)
Alkohol
80
70
60
50
40
31,2 31,4 31,2
30 24,9 24,0 21,8 20,0 20,8
20 16,2
10
0
1995 1997 2000 2003 2006 2009 2012 2015 2018
Quelle: ESA 2015, IFT
ABBILDUNG 26
Alkoholkonsum (in den letzten 30 Tagen) bei Frauen (18–59 Jahre)
und Anteil der Risikokonsumentinnen
Alkoholkonsum vonbei
(in den letzten 30 Tagen) diesen Konsumentinnen
Frauen (18–59 Jahre) (mehr als 12 g Reinalkohol pro Tag)
und Anteil der Risikokonsumentinnen von diesen Konsumentinnen (mehr als 12 g Reinalkohol pro Tag)
ABBILDUNG 27
Regelmäßiger und riskanter Alkoholkonsum bei Jungen (12–17 Jahre)
Regelmäßiger und riskanter Alkoholkonsum bei Jungen (12–17 Jahre)
regelmäßiger Konsum (mind. wöchentlich) riskanter Konsum (>24 g Reinalkohol pro Tag)
%
40
30 26,0 26,7
23,3 22,7 21,8
17,2 18,2 18,0
Alkohol
ABBILDUNG 28
Regelmäßiger und riskanter Alkoholkonsum bei Mädchen (12–17 Jahre)
Regelmäßiger und riskanter Alkoholkonsum bei Mädchen (12–17 Jahre)
regelmäßiger Konsum (mind. wöchentlich) riskanter Konsum (>12 g Reinalkohol pro Tag)
%
40
30
20 16,1 16,2
12,2 14,3 12,8
8,4 9,9 9,0 8,5
10 6,4 6,2 4,6
9,4 11,1
0 6,4 7,5 7,5 5,3
4,4 3,9 4,2 4,3 3,5 2,8
2001 2004 2005 2007 2008 2010 2011 2012 2014 2015 2016 2018
Für die Abbildungen 27 und 28 gilt: Die Ergebnisse der Studien der Jahre 2001 bis 2012 beruhen auf reinen Festnetzstichproben ohne
Bildungsgewichtung. Die Studien der Jahre 2014, 2015 und 2016 wurden im Dual-Frame-Ansatz durchgeführt. Um die methodische
Vergleichbarkeit mit den Jahren 2001 bis 2012 zu gewährleisten, werden bei den Trends für 2014, 2015 und 2016 die Ergebnisse dargestellt,
die sich ohne Berücksichtigung der Mobiltelefonstichprobe und ohne Bildungsgewichtung ergeben. Das erklärt die Abweichungen von den in
Tabelle 08 dargestellten Daten.
Alkohol
Gramm Alkohol pro Tag für Frauen und 15 bis 20 Unfällen. Insbesondere im Straßenverkehr hat
Gramm Alkohol pro Tag für Männer vor. Alkoholkonsum oft schwerwiegende, vergleichswei-
se häufig auch tödliche Unfälle zur Folge. Aufgrund
Eine Studie zu alkoholbezogener Morbidität und der enthemmenden Wirkung neigen manche
Mortalität in Deutschland berichtet seit 1995 bzw. Menschen unter Einfluss von Alkohol auch zu
seit 2000 von einer Zunahme der Krankenhausfälle, aggressivem Verhalten und Gewalt. Alkoholisierte
die vollständig auf Alkohol zurückzuführen sind. Personen sind jedoch nicht nur Täter, sondern
Zwischen 2006 und 2012 erstellte Vergleiche unter häufiger auch Opfer von Gewalt.
Einbezug von Krankheiten, die nicht vollständig,
aber maßgeblich auf Alkoholkonsum zurückzufüh- Besonders extreme Formen des Rauschtrinkens
ren sind, zeigten ebenfalls eine Zunahme der werden als „Komasaufen“ bezeichnet, womit eine
Krankenhausbehandlungen. Relativ zur Gesamt- mögliche Folge des exzessiven Alkoholmissbrauchs
morbidität (alle Krankenhausfälle) blieb der Anteil genannt ist. Ab etwa 3,0 Promille droht Bewusstlo-
der alkoholbezogenen Morbidität jedoch konstant. sigkeit. Der Körper unterkühlt sehr schnell, Schutz-
reflexe werden ausgeschaltet. Schließlich kann es zu
Bei Männern ist die Diagnose „Psychische und einem lebensgefährlichen Atemstillstand kommen,
Verhaltensstörungen durch Alkohol“ der häufigste wenn nicht umgehend Notfallmaßnahmen eingelei-
Grund für eine Aufnahme im Krankenhaus (siehe tet werden. Alkohol verteilt sich durch die Blutbahn
Abbildung 04). im ganzen Körper. Länger andauernder Alkohol-
missbrauch kann daher beinahe alle Organe schädi-
Die Zahl der Todesfälle, die ausschließlich durch gen. Neben verschlechterten Konzentrations- und
Alkoholkonsum bedingt ist, ist in den vergangenen Gedächtnisleistungen kommt es auch zu Persön-
20 Jahren gesunken, bei Männern wesentlich lichkeitsveränderungen. Im fortgeschrittenen
deutlicher als bei Frauen. 2012 starben in Deutsch- Stadium werden sowohl das zentrale als auch das
land rund 21.000 Menschen im Alter von 15 bis 64 periphere Nervensystem erheblich geschädigt. Das
Jahren (ca. 16.000 Männer und 5.000 Frauen) an Korsakow-Syndrom kann sich entwickeln, bei dem
Erkrankungen, die entweder ausschließlich auf u. a. erhebliche Gedächtnisstörungen auftreten. Eine
Alkohol zurückzuführen sind oder für die der typische Folge chronischen Alkoholkonsums sind
Alkoholkonsum ein Risikofaktor darstellt (Alkohol- Veränderungen der Leber, die beim Abbau von
atlas, DKFZ 2017). Zwischen den Bundesländern gibt Alkohol die Hauptlast zu tragen hat. Zunächst
es bei den alkoholbedingten Todesfällen große schwillt die Leber durch Fetteinlagerungen an, eine
Unterschiede (siehe Abbildung 29). Alkoholfettleber entsteht. Daraus kann sich eine
Leberfibrose entwickeln, die durch Einlagerung von aller Zirrhosen verantwortlich. Bei langjährigem
Bindegewebe gekennzeichnet ist. Bei fortgesetztem Alkoholismus ist die Leberzirrhose mit ihren
Alkoholkonsum ist die Leberfibrose meist ein Komplikationen die häufigste Todesursache.
Übergangsstadium zur Leberzirrhose. Dabei werden Langjähriger Alkoholmissbrauch gilt zudem als ein
Leberzellen zu funktionsunfähigem Stützgewebe Risikofaktor für Leberkrebs und andere
umgebaut, womit die Leber einen Teil ihrer Fähig- Krebserkrankungen, worunter vor allem Mund-,
keit, das Blut zu reinigen, verliert. In den westlichen Rachen- und Speiseröhrenkrebs sowie Brustkrebs
Industrienationen ist Alkohol für rund die Hälfte bei Frauen fallen.
Alkohol
ABBILDUNG 29
Todesfälle aufgrund von ausschließlich durch Alkohol bedingte Erkrankungen nach Geschlecht und Bundesländern
Todesfälle aufgrund von ausschließlich durch Alkohol bedingte Erkrankungen nach Geschlecht und Bundesländern
Männer/Jungen Frauen/Mädchen
Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein
34,9 11,3
Mecklenburg-Vorpommern Mecklenburg-Vorpommern
60,5 15,7
Hamburg Hamburg
23,6 Brandenburg 9,9 Brandenburg
Bremen 41,4 Bremen 11,4
33,0 12,7
Niedersachsen Berlin Niedersachsen Berlin
31,8 28,1 10,5 11,4
Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt
Nordrhein-Westfalen 65,8 Nordrhein-Westfalen 12,6
21,3 % 8,0
Sachsen Sachsen
Thüringen 40,2 Thüringen 9,8
Hessen 35,4 Hessen 9,5
21,7 7,9
Rheinland-Pfalz Rheinland-Pfalz
23,7 8,3
Saarland Saarland
Bayern Bayern
24,1 6,3
19,9 7,4
Baden-Württemberg Baden-Württemberg
19,9 7,5
18 30 42 54 66 4 7 10 13 16
Alkohol
diagnose Alkoholabhängigkeit der häufigste Grund WHO. So wurden 2012 noch 3,3 Millionen Todesfälle
für die Inanspruchnahme. 2017 wurden 95.746 auf Alkohol zurückgeführt.
Behandlungsfälle in ambulanten und stationären
Einrichtungen gezählt (74.780 Menschen wurden Laut WHO trinken 2,3 Milliarden Menschen welt-
ambulant und 20.966 stationär behandelt). Dabei weit Alkohol – in Amerika, Europa und im West
sind alkoholabhängige Menschen im Mittel die pazifik sind es mehr als die Hälfte der Einwohner.
ältesten (47 Jahre) unter den behandelten Sucht- Europa weist die höchste Zahl der Alkoholkon
kranken. Insgesamt wurden mehr Männer als sumenten auf, jedoch sank die Zahl im Vergleich zu
Frauen behandelt (29 Prozent Frauen, 71 Prozent 2010 um mehr als zehn Prozent. In drei Vierteln der
Männer) (DSHS, 2018). europäischen Länder ging der Alkoholkonsum
zurück, insbesondere in Russland, Moldau und
Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) hat im Jahr Weißrussland.
2018 insgesamt 34.856 Entwöhnungsbehandlungen
(einschließlich ambulanter Rehabilitation, ohne Mit Blick auf den weltweiten Alkoholkonsum
Nachsorge) für alkoholabhängige Versicherte rechnet die WHO mit einem Anstieg in den
bewilligt. Damit entfielen 64,22 Prozent aller kommenden zehn Jahren, insbesondere in Südost-
Entwöhnungsbehandlungen auf die Indikation asien, im Westpazifik und auf dem amerikanischen
Alkoholabhängigkeit. Kontinent. Damit einhergehen werde vermutlich
auch ein Anstieg der alkoholbedingte Krankheiten
WHO-Statusreport Alkohol und Gesundheit 2018 und Todesfälle, warnte die WHO.
Zehn Prozent trinken in riskanter Weise Alkohol, kamen oder früher Schluss machten. Ein Prozent
sodass ein Risiko für körperliche, psychische oder konsumiert mehrmals pro Monat Alkohol am
soziale Folgeschäden besteht. Ein Prozent der Arbeitsplatz. Unter den Beschäftigten, die wenigs-
befragten Beschäftigten konsumieren in einer tens eine Krankmeldung in den vergangenen zwölf
bereits schädlichen Weise. Bei dieser Gruppe ist Monaten hatten, geben nur 0,3 Prozent an, dass
davon auszugehen, dass solche Folgeschäden bereits Alkoholkonsum bei einer Krankmeldung eine Rolle
eingetreten sind oder sich derzeit einstellen. Eine gespielt hat. Je problematischer jedoch das Alkohol-
mögliche Alkoholabhängigkeit wurde bei 0,4 Pro- konsummuster, umso wahrscheinlicher werden
zent der Befragten festgestellt. Das entspricht in Folgen dieser Art für die Arbeit.
Alkohol
ABBILDUNG 30
Beschäftigte
Beschäftigte nach
nach Typen
Typen des
des Alkoholkonsums
Alkoholkonsums einschließlich
einschließlich Alkoholabhängigkeit
Alkoholabhängigkeit gemäß
gemäß AUDIT
AUDIT
riskanter Alkoholkonsum
10,0 %
schädlicher Alkoholgebrauch
0,9 %
mögliche Alkoholabhängigkeit
0,4 %
Abstinenz
20,5 %
risikoarmer Alkoholkonsum
68,2 %
ABBILDUNG 31
Folgen von Alkoholkonsum bei der Arbeit nach Typen des Alkoholkonsums einschließlich schädlicher Gebrauch/Alkoholabhän-
einschließlich
gigkeit gemäß schädlicher
AUDIT Gebrauch/Alkoholabhängigkeit gemäß AUDIT
2,6 %
(i. d. letzt. drei Monaten) wegen Alkohol:
unkonzentriert oder abgelenkt bei der Arbeit
10,6 %
47,3 %
Alkohol
1,0 %
(i. d. letzt. drei Monaten) wegen Alkohol:
zu spät zur Arbeit gekommen oder früher Schluss gemacht
6,8 %
27,2 %
0,9 %
Alkoholkonsum mehrmals pro Monat
und häufiger 3,8 %
17,2 %
0,1 %
Alkoholkonsum hat eine Rolle für eine oder mehrere
Krankmeldungen i. d. ltzt. zwölf Monaten gespielt 1,4 %
7,2 %
0 20 40 60 80 100 %
Quelle: DAK-Gesundheitsreport 2019 / Forsa-Befragung. Basis: alle Beschäftigten, die Alkohol konsumieren
1
Effertz, Anstieg der Kosten schädlichen Alkoholkonsums, 2019
„Nationale Strategie“.
ABBILDUNG 32
Jährliche direkte Kosten durch schädlichen Alkoholkonsum
Jährliche direkte Kosten durch schädlichen Alkoholkonsum
ABBILDUNG 33
Jährliche indirekte
Jährliche indirekte Kosten
Kosten durch
durch schädlichen
schädlichen Alkoholkonsum
Alkoholkonsum
insgesamt
Kurzfristige Arbeitslosigkeit (Arbeitslosengeld I) 4.782,40 Mio. €
40,44 Mrd. €
Alkohol
und -maßnahmen“ (CNAPA) wurde 2007 eingerich- vorzuenthalten. Deshalb wurde die Alkoholwirt-
tet. Er soll die Zusammenarbeit und Koordinierung schaft von der Kommission aufgefordert, innerhalb
zwischen den Mitgliedstaaten sowie die Entwick- eines Jahres Vorschläge für eine freiwillige Kenn-
lung gemeinsamer Strategien der Staaten unter zeichnung vorzulegen. Im März 2018 wurden die
einander und mit der Europäischen Union fördern. Ergebnisse vorgestellt, allerdings konnte sich die
Der Ausschuss setzt sich aus nationalen Delegatio- Alkoholwirtschaft nicht auf einen einheitlichen
nen zusammen, die von den Mitgliedstaaten Vorschlag verständigen. Lediglich für Bier ist eine
ernannt werden und mindestens zwei Mal pro Jahr Nährwertkennzeichnung auf der Flasche vorge
in Luxemburg zusammenkommen. Seine wichtigs- sehen, für Wein und Spirituosen sollen die Angaben
ten Ziele sind der Austausch empfehlenswerter im Wesentlichen im Internet über einen Barcode
Methoden und eine möglichst große Angleichung zur Verfügung gestellt werden. Die deutschen
der Alkoholstrategien innerhalb der EU. Das EU- Brauer haben Anfang 2019 damit begonnen, die
Forum „Alkohol und Gesundheit“ bietet Organisa- Flaschenkennzeichnung auf freiwilliger Basis
tionen und Verbänden, die auf europäischer Ebene umzusetzen. Die EU-Kommission prüft derzeit den
tätig sind, eine Plattform, um Ansätze und Maßnah- Selbstregulierungsvorschlag der Branche. Für den
men zur Verringerung alkoholbedingter Probleme Fall, dass es zu keiner zufriedenstellenden Selbst
zu diskutieren und umzusetzen. Weil die von vielen regulierung kommen sollte, hat die Kommission
Mitgliedstaaten gewünschte Fortsetzung der eine Folgenabschätzung für eine mögliche Regulie-
EU-Alkoholstrategie bis Frühjahr 2014 nicht gelang, rung angekündigt.
wurde im September 2014 der „Aktionsplan zum
jugendlichen Trinken und Rauschtrinken (2014–
2016)“ als Beitrag zur Unterstützung der Ziele der
EU-Alkoholstrategie verabschiedet. Derzeit zeichnet
sich trotz verschiedener Beschlüsse, beispielsweise
seitens des Europäischen Parlaments, keine neue
Alkoholstrategie auf europäischer Ebene ab.
Schwangerschaft gänzlich verzichtet werden. während der Schwangerschaft und die Risikover-
„Punktnüchternheit in Schwangerschaft und hältnisse zwischen Alkoholkonsum während der
Stillzeit“ ist daher ein wichtiges Ziel der Nationalen Schwangerschaft und FAS/FASD.
Strategie zur Drogen- und Suchtpolitik. Unter
suchungen zeigen, dass Frauen, die älter sind, einen Schätzungen gehen davon aus, dass pro Jahr etwa
höherem Sozialstatus haben, keinen Migrations 10.000 Babys in Deutschland mit alkoholbedingten
hintergrund, alleinstehend sind und bereits vor der Folgeschäden geboren werden, davon 2.000 mit
Schwangerschaft regelmäßig Alkohol getrunken schweren Beeinträchtigungen (Löser, 2005). Auf
haben, häufiger während einer Schwangerschaft Basis einer anderen Methodik wurden 2014 für FAS
Alkohol trinken. Das Risiko von gesundheitlichen und FASD bis zu 16.000 Kinder pro Jahr ermittelt
Beeinträchtigungen des Kindes wird zudem dadurch (Kraus, 2019). Es besteht ein erhebliches Gesund-
verstärkt, dass Frauen mit riskantem Alkohol heitsrisiko für Neugeborene aufgrund des Alkohol-
konsum auch häufiger rauchen. Alle Formen dieser konsums werdender Mütter. Verglichen mit frühe-
vorgeburtlichen Schädigungen werden unter dem ren Schätzungen sind die aktuellen
Begriff FASD (Fetal Alcohol Spectrum Disorder = Belastungszahlen durch FAS und FASD deutlich
Fetale Alkoholspektrumstörungen) zusammenge- höher. Die Ergebnisse weisen auf einen hohen
fasst. Die schwerste Form der Schädigung wird als Bedarf für effektive Prävention hin. Grundsätzlich
Fetales Alkoholsyndrom (FAS) bezeichnet. ist weitere Forschung notwendig, um mit
ABBILDUNG 34
Abstufungen von Fetalen Alkoholspektrumstörungen
Abstufungen der Fetalen Alkoholspektrumstörungen
ABBILDUNG 35
Symptome des Fetalen Alkoholsyndroms (FAS) in den verschiedenen Lebensphasen
Symptome des Fetalen Alkoholsyndroms (FAS) in den verschiedenen Lebensphasen
Alkohol
epileptische Anfälle; Bindungsstörungen; ↓ Sprachverständnis; barkeit; geringes sexueller oder psychischer
vermehrte Infekt- beeinträchtigte Motorik; ↓ exekutive Funktionen; Urteilsvermögen; Gewalt zu werden
anfälligkeit kognitive Störungen gestörte Koordination; Verhaltensstörungen; Arbeitslosigkeit;
Lernschwierigkeiten; mangelndes Unrechts- Straffälligkeit; psychiatri-
fehlendes Raum-Zeit-Ge- bewusstsein sche Störungen
fühl; Vergesslichkeit gestörtes Sexualverhalten
Alkohol-/Drogenprobleme
umfassenden Schätzungen die Belastung Dritter Schwangerschaft aufklären sowie werdende Eltern
durch Alkoholkonsum sichtbar machen zu können. bei der Umsetzung der Alkoholabstinenz während
der Schwangerschaft und der Stillzeit unterstützen.
Teilweise werden die Beeinträchtigungen erst im
Verlauf der Kindheit deutlich. Betroffene brauchen Das Fetale Alkoholsyndrom ist in Deutschland im
oft auch als Erwachsene noch besondere Fürsorge Vergleich zu anderen Behinderungen relativ
und Unterstützung. Eine frühe, korrekte Diagnose unbekannt, auch bei Ämtern und Behörden. Mit der
von alkoholbedingten Schädigungen ist wichtig, um vom Bundesministerium für Gesundheit geför
die betroffenen Kinder und Jugendlichen adäquat zu derten Entwicklung einer S3-Leitlinie, die 2016
fördern. Auch die Familien der Betroffenen – häufig vorgestellt wurde, soll die Diagnostik verbessert
leben die Kinder bei Pflege- oder Adoptiveltern – werden. Mit einer 2017 aktualisierten Broschüre, in
können dann besser mit den Besonderheiten des der sozialrechtliche Fragen bezüglich FASD beant-
Kindes umgehen. wortet werden, erhalten Familien praktische
Unterstützung. Neu erschienen ist 2017 außerdem
Förderungen durch die Bundesregierung ein Handbuch zum Coaching von Bezugspersonen
FASD-Betroffener (Training für Trainer). Ziel ist die
Die Drogenbeauftragte hat FASD in den vergan Stressreduktion bei Betroffenen und ihren Bezugs-
genen Jahren zu einem ihrer Schwerpunktthemen personen durch Elterncoaching. Beide Broschüren
gemacht, um stärker auf die besonderen Bedürfnisse können über die Webseite der Drogenbeauftragten
der Betroffenen und ihrer Familien aufmerksam zu bezogen werden. Auf Initiative der Drogenbe
machen. Dazu zählt auch, das Wissen über FASD in auftragten wurde FASD in die zweite Auflage des
medizinischen und sozialen Berufen zu vergrößern. Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung der
Besonderes Augenmerk liegt auf der Prävention, UN-Behindertenrechtskonvention (NAP 2.0)
damit die Risiken von Alkoholkonsum in der aufgenommen. Um die Situation der Kinder und
Schwangerschaft bekannter werden und möglichst Erwachsenen mit FAS/FASD zu verbessern, sollen
kein Alkohol in der Schwangerschaft konsumiert verschiedene Projekte mit dem Ziel einer umfassen-
wird. Das Bundesministerium für Gesundheit und den Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und an
die Drogenbeauftragte fördern Projekte, die Jugend- einer zielgerichteten medizinischen Versorgung
liche über die Gefahren von Alkoholkonsum in der durchgeführt werden.
Deutsches FASD KOMPETENZZENTRUM Bayern Hinsichtlich der Förderung der Kinder und Jugend-
lichen mit FASD ist es wichtig zu realisieren, dass sie
Das „Deutsche FASD KOMPETENZZENTRUM komplexe Defizite in verschiedenen Funktionen des
Bayern“ wird seit Herbst 2018 aufgebaut und vom zentralen Nervensystems haben. Sie weisen dabei
Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und kein schematisch „einfaches“, das heißt einheit
Pflege und vom Bundesministerium für Gesundheit liches, neuropsychologisches Profil auf. Eine
gefördert. Ziel des dreijährigen Pilotprojekts in singuläre, spezifische Therapie, die diagnosebezogen
München ist es, die Prävention zu verbessern. Zudem für alle Patienten des gesamten Spektrums alkohol-
sollen die Versorgung und die Betreuung der induzierter Störungen geeignet wäre, existiert daher
Alkohol
betroffenen Kinder und ihrer Familien gestärkt nicht. Aber auch strukturierte, symptomorientierte,
werden. individuell adaptierbare Therapiemodule für Kinder
und Jugendliche mit FASD sind bislang nicht
Im Bereich FASD bestehen sowohl Lücken in der vorhanden, obwohl funktionelle Behandlungs
frühen, korrekten Diagnosestellung (die beginnend strategien für die Betroffenen hinsichtlich des
durch Sozialpädiatrische Zentren (SPZ) in ganz Langzeitoutcomes durchaus effektiv sind.
Deutschland geschlossen werden) als auch in der
Versorgung der Kinder und Jugendlichen mit FASD Langfristig sollen die Erkenntnisse aus München
und ihrer Bezugspersonen. Häufig mangelt es auch auf andere Bundesländer übertragen werden.
zudem an Verständnis für die Erkrankung, für die
Beeinträchtigung spezifischer kindlicher Entwick-
lung und für die Hilfebedürftigkeit bei Betreuungs-
personen und Fachkräften.
Im September 2018 fand die Europäische FASD Ein wichtiger Teil der EUFASD Conference ist der
Konferenz zum ersten Mal in Deutschland statt. Kurzvortragsblock „What’s Happening in My
Sie wurde von FASD Deutschland e. V. Country?“, in dem die Tätigkeiten, Probleme und
(www.fasd-deutschland.de) und der European Bemühungen der Akteure im Gesundheits- und
FASD Alliance (www.eufasd.org) organisiert und Sozialsystem sowie auf politischer Ebene verschie-
vom Bundesministerium für Gesundheit finanziell dener Länder vorgestellt werden. Wie bei den
unterstützt. Vorgängerkonferenzen in Barcelona, Rom und
Alkohol
London wurde auch bei der FASD Konferenz in
Die EUFASD Konferenz versammelt Menschen mit Berlin deutlich, dass FASD in allen Ländern
FASD, deren biologische Familien sowie Pflege- Europas ein wichtiges, aber weiterhin stark
und Adoptivfamilien und Professionelle aus allen unterschätztes Störungsbild ist und dass der
Berufsfeldern, die mit FASD zu tun haben, zum Bedarf an adäquater Versorgung von Kindern,
Beispiel Ärzte verschiedener Fachrichtungen, Jugendlichen und Erwachsenen mit FASD und
Wissenschaftler, Psychologen, Pädagogen, ihren Bezugspersonen weiterhin nicht gedeckt ist.
Therapeuten, Selbsthilfegruppen, Organisationen
und Stiftungen, Politiker und Rechtsanwälte. Auch die Patienten selbst kamen in Berlin zu Wort.
Durch gegenseitigen Wissenstransfer und gemein- Ein Erwachsener mit FASD aus den Niederlanden
sames Lernen trägt diese Konferenz dazu bei, das und eine leibliche Mutter mit einem Kind mit
Verständnis über das Störungsbild FASD in FASD aus Israel hielten einen Vortrag. Ein deut-
Deutschland, Europa und weltweit zu verbessern. scher Film gab Einblicke in das Leben von Erwach-
senen mit FASD. Derartige lebens- und alltagsna-
Die europäische FASD Konferenz in Berlin hat he sowie persönliche Darstellungen sind für
viele Themen im Bereich FASD abgedeckt, zum Professionelle sehr beeindruckend und bleiben
Beispiel Prävention, Prävalenz, Diagnose, neuro- durch die Emotionalität der Schilderungen im
psychologische Profile, Differenzialdiagnosen, Gedächtnis. Das ist oft die Basis für weiteres
sekundäre Störungen, Epigenetik, Biomarker, Engagement seitens der Fachleute für Menschen
Bildgebung, Verhaltensmanagement, Edukation, mit FASD. Die nächste EUFASD Konferenz wird
Intervention, Versorgung inklusive medikamentö- 2020 in Arendal, Norwegen, stattfinden.
ser Behandlung, Unterstützung der Familien und
juristische Fragen.
Gesamt 89 8 1
Geschlecht
Gesamt 89 8 1
männlich 86 10 1
Geschlecht
weiblich 91 61
männlich 86 10 1
91 61
Alkohol
Alter
weiblich
14- bis 29-Jährige 89 6 3
Alter
30- bis
bis 29-Jährige
44-Jährige 90
89 68 3
14-
45- bis
bis 44-Jährige
59-Jährige 89
90 98
30-
60 und älter 87
89 89 1
45- bis 59-Jährige
Schulabschluss
60 und älter 87 8 1
Hauptschule
Schulabschluss 84 11 2
mittlerer Abschluss 89
84 118 2 1
Hauptschule
Abitur / Studium 93
89 8 511
mittlerer Abschluss
Abitur / Studium 0 % 93 51
20 % 40 % 60% 80% 100 %
Alkohol ist während
0 %der ab 20
und%zu ein Glas Sekt, 40 % es kommt darauf
60% an, wieviel weiß nicht / k. A.
80% 100 %
Schwangerschaft generell Wein oder Bier kann nicht Alkohol die schwangere
Alkohol ist während der
problematisch ab und zu ein Glas Sekt,
schaden es kommt
Person daraufist
gewöhnt an, wieviel weiß nicht / k. A.
Schwangerschaft generell Wein oder Bier kann nicht Alkohol die schwangere
Basis: 2.204 Befragte
problematisch schaden Person gewöhnt ist Quelle: Forsa, 2017
ABBILDUNG 37
Einschätzungen
Einschätzung der Auswirkung
der Auswirkung von Alkoholkonsum
von Alkoholkonsum in der Schwangerschaft
in der Schwangerschaft
Wie kann sich Alkoholkonsum in der Schwangerschaft schlimmstenfalls auf das werdende Kind auswirken?
Gesamt 70 22 3
Geschlecht
männlich 68 22 4
weiblich 72 22 3
Alter
14- bis 29-Jährige 69 21 3
30- bis 44-Jährige 72 25 1
45- bis 59-Jährige 72 21 4
60 und älter 68 22 4
Schulabschluss
Hauptschule 68 22 5
mittlerer Abschluss 68 25 3
Abitur / Studium 75 20 2
Medikamente
Klassifikation psychischer Störungen des ICD-10) Benzodiazepine als verschreibungsfähige
ein hohes Abhängigkeitspotenzial: Medikamente dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG,
Anlage 3). Je nach Packungsgröße und Höchstmenge
• Schlaf-/Beruhigungsmittel: an Wirkstoffgehalt sind aber Verordnungen auf
z. B. Benzodiazepine, Z-Substanzen normalen GKV- und Privatrezepten erlaubt.
TABELLE 09
Prävalenzen des Medikamentengebrauchs bei Erwachsenen
Erwachsene
Medikamente
Schmerzmittel 19,3 % 50,4 %
Benzodiazepine 2,5 %
Antidementiva 4,2 %
Antiepileptika 2,3 %
Abhängigkeit (Hypnotika/Sedativa),
0,6 % 0,7 %
letzte zwölf Monate
1) Psychoaktive Arzneimittel: opioidhaltige Schmerzmittel, Aspirin kombiniert mit Koffein, Antiepileptika, Antiparkinsonmittel, Psycholeptika
(N05) mit Hypnotika und Sedativa, Benzodiazepinen und Benzodiazepin-verwandten Mitteln/Z-Substanzen, alle Psychoanaleptika mit
Antidepressiva und Antidementiva, alle anderen das Nervensystem beeinflussenden Arzneimittel, opioidhaltige Hustenmittel
→→ Der Arzneimittelgebrauch insgesamt sowie der →→ Mit zunehmendem Alter steigt die Prävalenz für
klinisch relevante Konsum liegen bei Frauen eine Abhängigkeit für beide Arzneimittelgruppen
weiterhin höher als bei Männern. bei Männern an und sinkt bei Frauen.
Änderungen.
ABBILDUNG 38
Mindestens wöchentliche Einnahme von Medikamenten bei 18- bis 59-Jährigen
Mindestens wöchentliche Einnahme von Medikamenten bei 18- bis 59-Jährigen
Mindestens wöchentliche Einnahme von Medikamenten bei 18- bis 59-Jährigen
%
%
25 0,9 1,1
0,9
0,7 4,3 4,1
25 0,9 1,1 3,6
20 3,1 0,9
0,8 0,7 4,3 4,1
2,7
0,8 3,5 2,1
2,4 3,0
3,1 3,6
20 0,8 0,8 3,0
15 2,3 3,4 0,8 3,5 2,7 2,1
5,2 2,4 3,0
4,8 0,8 2,9
3,2 3,0
15 5,2 2,3 3,4
10 4,8 2,9
3,2
11,9 11,1 10,7 13,1 12,1 16,2 17,0 17,9 17,5
10
5 11,9 11,1 10,7 13,1 12,1 16,2 17,0 17,9 17,5
Medikamente
5
0
1995 1997 2000 2003 2006 2009 2012 2015 2018
0
1995
gesamt 1997
Neuroleptika 2000 2003 2006 2009 2012 2015 2018
Antidepressiva
gesamt Neuroleptika
Schlaf- und Beruhigungsmittel
Antidepressiva
Schmerzmittel
Schlaf- und Beruhigungsmittel
% Schmerzmittel
%
30 1,1
1,0
5,0 0,9
30 4,8 1,1
25 0,5 1,0 4,1
5,0 0,9
0,9 3,7 3,4
0,5 4,8 2,2
25 3,4 0,6 0,9 4,3 4,1
20 0,9 3,8 1,0 3,7 1,1 0,8
0,7 3,5 3,4
0,6 2,6 3,7 4,3 3,2 2,2
6,0 2,7 3,4
4,1 0,9 3,1
20 6,4 1,0 1,1 0,8
0,7 0,8 1,1 3,8
3,5 2,6 3,5 2,8 1,9
15 3,70 2,6 3,7 3,2 2,0
6,0 6,4 0,9 2,7 1,5 4,1 2,3 3,1
1,8 0,8 1,1 3,5 2,6 2,8 1,9
15 4,5
2,8
0,9 3,70 2,7 2,4 2,0
10 3,2 1,5 2,3
1,8
4,5 14,3 13,6 12,5 2,7 15,6 2,4 14,1 18,0 19,6 21,2 21,2
10 9,6 3,2 2,8
8,7 9,0 10,6 10,2 14,4 14,4 14,6 14,0
5 14,3 13,6 12,5 15,6 14,1 18,0 19,6 21,2 21,2
9,6 8,7 9,0 10,6 10,2 14,4 14,4 14,6 14,0
5
0
1995 1997 2000 2003 2006 2009 2012 2015 2018
0
1995 1997 2000 2003 2006 2009 2012 2015 2018
Männer Neuroleptika Frauen Neuroleptika
Antidepressiva Antidepressiva
Männer Neuroleptika
Schlaf- und Beruhigungsmittel Frauen Neuroleptika
Schlaf- und Beruhigungsmittel
Antidepressiva
Schmerzmittel Antidepressiva
Schmerzmittel
Schlaf- und Beruhigungsmittel Schlaf- und Beruhigungsmittel Quelle: ESA 2018, IFT
Schmerzmittel Schmerzmittel
Quelle: ESA 2018, IFT
ABBILDUNG 39
Veränderung des Konsums von psychoaktiven Arzneimitteln bei 60- bis 79-Jährigen
Veränderung des Konsums von psychoaktiven Arzneimitteln bei 60- bis 79-Jährigen
-5
-5,0
Vor allem der Gebrauch von Psychopharmaka durch besteht eine enge Korrelation (Jinks et al., 1990). Die
ältere Menschen sollte kontinuierlich beobachtet Verstärkung der Wirkung psychoaktiver Arzneimit-
und in regelmäßigen Abständen sorgfältig überprüft tel durch Alkohol birgt insbesondere im höheren
werden. Dies ist nicht nur angezeigt, weil einige Alter eine erhebliche Unfallgefahr.
Psychopharmaka (z. B. Neuroleptika) ein enges
therapeutisches Fenster haben, sondern auch, weil Psychopharmaka und Sturzhäufigkeit
Psychopharmaka wie Benzodiazepine und Opioide
ein hohes Abhängigkeits- und Missbrauchspotenzial Eine Analyse der Sturzdaten von Frauen und
aufweisen (Simoni-Wastila et al., 2006). Darüber Männern im Alter von 60 bis 79 Jahren durch eine
hinaus muss ein wesentlicher Anteil von Psycho- Studie des RKI ergab bei 20,7 Prozent mindestens
pharmaka, der älteren Menschen verschrieben wird, ein Sturzereignis im vergangenen Jahr. Von den
gemäß den Kriterien für unangemessenen Arznei- Gestürzten gaben 40,3 Prozent wiederholte Stürze
mittelgebrauch als nicht geeignet für diese Alters- an. Die Sturzprävalenz war höher bei Frauen, allein
gruppe angesehen werden. Nach Angaben von Lebenden, Menschen mit anerkannter Behinderung
Schubert et al. haben im Jahr 2010 insgesamt 22,0 und niedrigerem Blutdruck. Zudem wiesen Men-
Medikamente
Prozent der Älteren (Frauen 24,8 Prozent, Männer schen, die gestürzt waren, ein höheres Maß an
18,3 Prozent) mindestens eine potenziell inadäquate Gebrechlichkeit und deren Vorstufe auf. Hinsicht-
Medikation (PIM) erhalten. In dieser Studie wurde lich Alter, Gemeindegröße, Wohnregion, Sozial
die höchste PIM-Prävalenz mit 6,5 Prozent bei status, BMI, verordneter Polypharmazie, täglichem
Antidepressiva beobachtet (Schubert et al., 2013). Alkoholkonsum und Sehbeeinträchtigung wurden
Durch altersbedingte körperliche Veränderungen keine Unterschiede zwischen Menschen mit und
und durch die gleichzeitige Arzneimitteleinnahme ohne Sturz beobachtet. Die Anwendung von psycho
können selbst geringe Mengen Alkohol ein Gesund- aktiven Arzneimitteln ging mit einer höheren
heitsrisiko darstellen (Moore et al., 2007). Zwischen Sturzhäufigkeit einher (33,1 Prozent vs. 20,7 Pro-
Alkoholmissbrauch und Psychopharmakagebrauch zent). Dieser Zusammenhang traf für psychoaktive
ABBILDUNG 40
Gebrauch von psychoaktiven Arzneimitteln bei Personen mit und ohne Sturz in den letzten zwölf Monaten bei 60- bis 79-Jährigen
Gebrauch von psychoaktiven Arzneimitteln bei Personen mit und ohne Sturz in den letzten 12 Monaten bei 60- bis 79-Jährigen
% 33,1
30
25,1
25
20,7
20
16,2
15,3
15 13
10
6,1 5,8
5
0
psychoaktive Arzneimittel synthetische psychoaktive Antidepressiva insgesamt synthetische Antidepressiva
insgesamt Arzneimittel insgesamt
Personen mit Sturz Personen ohne Sturz Quelle: DEGS1 (2008–2011), RKI
Arzneimittel insgesamt und insbesondere für Konsensuskonferenz, bei der die Themenkomplexe
synthetische Antidepressiva zu. Vergleichbare nichtopioide Analgetika und Therapie der Benzodi-
Ergebnisse wurden auch für wiederholte Stürze azepinabhängigkeit diskutiert und Empfehlungen
gefunden. Bei einer Anwendungsdauer von mindes- konsentiert wurden.
tens zwölf Monaten verstärkte sich dieser Effekt
noch (Du Y et al., 2017). Studien und klinische Tests Im weiteren Zeitplan ist im September 2019 eine
zeigen, dass eine Reduktion des Psychopharmaka- zweitägige Konsensuskonferenz angesetzt, bei der
gebrauchs zu einer Verminderung von Stürzen führt ein Großteil der ausstehenden Themen (Opioide,
(Hill et al., 2012). Gabapentinoide, Stimulanzien, Cannabinoide,
Komorbidität, Prävention und Versorgungsstruktu-
ren sowie die medikamentöse Therapie der Benzo-
Entwicklung einer S3-Therapieleitlinie diazepinabhängigkeit) verabschiedet werden sollen.
Gegen Ende des Jahres wird voraussichtlich eine
Aktueller Stand letzte Konsensuskonferenz stattfinden. Daran soll
sich eine öffentliche Konsultation anschließen. Die
Medikamente
Aufgrund der Verbreitung und der medizinischen Leitlinie soll Anfang 2020 veröffentlicht werden.
Bedeutung des Medikamentenmissbrauchs wird seit
Mai 2018 (Auftaktsitzung in Berlin) eine S3-Leitlinie
zu medikamentenbezogenen Störungen entwickelt Medizinalcannabis
(Leitung Prof. Dr. Ursula Havemann-Reinecke, Prof
Dr. Anil Batra). Die federführenden Fachgesellschaf- Mit dem am 10. März 2017 in Kraft getretenen
ten sind hierbei die DGPPN und die DG Suchtfor- Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher
schung und Suchttherapie e.V. und anderer Vorschriften können Cannabis
arzneimittel (getrocknete Blüten und Extrakte) im
Die Umsetzung erfolgt in Kooperation mit dem Einzelfall als Therapiealternative bei schwerwie
Ärztlichen Zentrum für Qualitätssicherung, (ÄZQ, genden Erkrankungen eingesetzt werden. Die beim
Katrin Krüger und Corinna Schaefer). 42 Fachgesell- Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin
schaften und zusätzlich drei Fachexperten ein- produkte (BfArM) angesiedelte Cannabisagentur hat
schließlich Patientenvertretern beteiligen sich an im Mai 2019 das Vergabeverfahren für den Anbau
der Erstellung der S3-Therapieleitlinie zu medika- und die Lieferung von Medizinalcannabis in
mentenbezogenen Störungen, die bei der AWMF Deutschland erfolgreich abgeschlossen. Vergeben
angemeldet ist. Es haben sich zwölf verschiedene wurden 13 Lose mit insgesamt 10.400 kg Cannabis,
Arbeitsgruppen mit folgenden Themen gebildet: verteilt auf vier Jahre mit jeweils 2.600 kg. Das
Begriffsbestimmungen, Benzodiazepine, Opioide, BfArM erwartet die erste Ernte für das vierte Quartal
Cannabinoide als Medizin, Gabapentinoide, nicht- 2020. Die Versorgung mit Medizinalcannabisblüten
opioide Analgetika Stimulanzien, Mischformen, in kontrollierter Qualität erfolgt bis dahin weiterhin
Kinder von Abhängigen, Prävention, Komorbiditä- durch Importe. Derzeit wird Medizinalcannabis aus
ten und Versorgungskoordination. den Niederlanden und Kanada importiert.
Für alle Arbeitsgruppen wurden Literaturrecher- Eine erste Auswertung der Daten, die Ärztinnen und
chen durchgeführt, eine Vielzahl von Studien wurde Ärzte aufgrund des Gesetzes an das BfArM melden
gesichtet und bewertet. Einige größere Arbeitsgrup- müssen, hat gezeigt, dass vor allem Schmerz
pen haben die klinischen Fragestellungen in einem patienten im Alter von 50 bis 59 Jahren mit Medi
Delphi–Verfahren ermittelt. Derzeit diskutieren die zinalcannabis behandelt werden. 69 Prozent der
Arbeitsgruppen mögliche daraus resultierende Patientinnen und Patienten wurden wegen des
Empfehlungen. Im Januar 2019 gab es eine erste Symptoms Schmerzen und elf Prozent wegen einer
Spastik behandelt. In acht Prozent der Fälle wurde Effekten. In sämtlichen Studien wurden Cannabis-
Medizinalcannabis aufgrund einer Anorexie/ arzneimittel zusätzlich zu einer bestehenden
ungewollten Gewichtsabnahme verordnet. Bei Schmerztherapie gegeben und ausschließlich
22 Prozent der Patientinnen und Patienten bestand gegenüber Placebo getestet.
eine Tumorerkrankung. In den meisten Fällen
wurde das Cannabisarzneimittel Dronabinol Moderate Studienlage
(63 Prozent) verordnet. In zwölf Prozent der Fälle
erfolgte die Behandlung mit dem Cannabismund- Übelkeit, Erbrechen und Appetitsteigerung
spray Sativex®, in 23 Prozent der Fälle wurde die
Behandlung mit Cannabisblüten durchgeführt. Es Cannabismedikamente zeigen eine gute Wirkung
werden auch die Nebenwirkungen der Behandlung bei Übelkeit und Erbrechen infolge einer Chemo-
mit Medizinalcannabis erfasst. Als häufigste Neben- therapie. Im Vergleich zu Placebo und älteren
wirkungen werden Müdigkeit (15 Prozent), Schwin- konventionellen Antiemetika (Mittel gegen Er
del (elf Prozent) und Übelkeit (sieben Prozent) brechen) schneiden sie signifikant besser ab. Ver-
genannt. Zudem kann es auch zu Schläfrigkeit gleichsstudien mit Antiemetika der neuen Gene
Medikamente
(sieben Prozent), Aufmerksamkeitsstörungen (sechs ration fehlen jedoch. Bei HIV- und Aids-Patienten
Prozent) und Gleichgewichtsstörungen (vier konnte eine leichte Gewichtszunahme nach der
Prozent) kommen. Gabe von Cannabinoiden (Dronabinol oder
Cannabiszigaretten) beobachtet werden. Eine leichte
Aktueller Forschungsstand zur medizinischen appetitstimulierende Wirkung fand sich auch bei
Anwendung von Cannabis palliativ behandelten Krebs- und Aidspatienten.
Zudem verbesserten sich Übelkeit und Erbrechen
Die Studie „Cannabis: Potential und Risiken. Eine nach der Gabe der beiden Mittel.
wissenschaftliche Analyse (CaPRis)“ fasst den
aktuellen Forschungsstand zur medizinischen Spastizität
Anwendung von Cannabis zusammen (Hoch et al.,
2018). Die Ergebnisse lassen sich in drei Bereiche Es liegen Hinweise vor, dass Cannabismedikamente
einteilen: Anwendungsgebiete mit guter, moderater die Symptomatik einer MS-bedingten Spastizität
oder schwacher wissenschaftlicher Befundlage. (krankhaft erhöhte Muskelspannung) verbessern.
Gleiches zeigte sich bei Rückenmarksverletzten. Die
Gute Studienlage Ergebnisse für ein zur Behandlung der MS-beding-
ten Spastizität zugelassenes Arzneimittel basieren
Chronische Schmerzen dabei ausweislich der entsprechenden Fachinforma-
tion auf doppelblind und systematisch erhobenen
Wissenschaftlich am besten erforscht sind Einschätzungen der Patienten anhand einer nume-
Cannabisarzneimittel bei chronischen Schmerzen. rischen Rating-Skala zu ihrer Spastizität, der
Belegt ist die Wirksamkeit für neuropathische Häufigkeit von Spasmen pro Tag sowie der Verringe-
Schmerzen infolge einer Schädigung des Nerven rung von spastisch bedingten Schlafstörungen.
systems, für Schmerzen bei Multipler Sklerose (MS)
sowie bei Schmerzen in Zusammenhang mit Schwache Studienlage
rheumatischen Erkrankungen, wozu auch mus
kuloskelettale und Rückenschmerzen gehören. Psychische Störungen
Patienten berichten von Verbesserungen, zum
Beispiel einer spürbaren Schmerzlinderung (sub Erst in jüngster Zeit wurden die Effekte von
jektiv um bis zu 30 Prozent bei neuropathischen Cannabis und Cannabinoiden auf psychische
Schmerzen und MS), aber selten von großen Erkrankungen in Studien untersucht, zum Beispiel
gefunden werden. Damit diese Ergebnisse bestätigt abbrüchen führen. Schwerwiegende Nebenwirkun-
werden können, sind weitere Studien mit größeren gen wie kardiale Krisen, Suizidalität oder psychoti-
Patientenzahlen nötig. sche Symptome wurden in Einzelfällen, aber nicht
systematisch beobachtet. Cannabidiol hingegen
Weitere gesundheitliche Störungen scheint besser verträglich zu sein. Bisher wurden
keine Nebenwirkungen gefunden. Allerdings muss
Ob gastrointestinale Störungen, neurodegenerative auch darauf hingewiesen werden, dass zur Verträg-
Erkrankungen oder Autoimmunerkrankungen: Der lichkeit und Sicherheit von Cannabidiol, vor allem
Einsatz von Cannabismedikamenten wurde auch bei in einer längerfristigen Anwendung, derzeit keine
verschiedenen weiteren Krankheitsbildern unter- Studien vorliegen.
sucht. Keine nennenswerten Verbesserungen
konnten bisher beispielsweise bei Morbus Crohn Im April 2019 haben zehn wissenschaftliche Fach-
und Reizdarmsymptom gefunden werden. Auch bei gesellschaften einen Appell für einen verant
Demenz, Chorea Huntington, Morbus Parkinson, wortungsbewussten Umgang mit Medizinalcannabis
Dyskinesien sowie Tremor und Blasenschwäche bei und cannabisbasierten Arzneimitteln veröffentlicht.
Multipler Sklerose blieben Therapieerfolge bislang
aus. Insgesamt liegen zu den aufgeführten Indika-
https://www.schmerzgesellschaft.de/
tionen nur wenige Studien und eine sehr inkon
topnavi/news-presse/pressemeldungen/
sistente Datenlage vor, sodass die Ergebnisse von
pressemeldung-einzelansicht?
zukünftigen Studien dieses Bild durchaus korri
tx_news_pi1[news]=318
gieren können.
Konsum und Prävalenzen Menschen eine erhebliche Gefahr dar. Sie beein-
trächtigen darüber hinaus auch das Leben der
Illegale Drogen wie Cannabis, Heroin, Kokain, oder Angehörigen von Drogenkonsumierenden
Amphetamine stellen für die Gesundheit der schwerwiegend.
TABELLE 10
Prävalenzen des Konsums illegaler Drogen bei Jugendlichen und Erwachsenen
Cannabis
Jemalskonsum 10,0 % 42,5 % 28,2 %
Illegale Drogen
regelmäßiger Konsum (mind. zehn mal in 1,6 % 6,9 % nicht erhoben
den letzten zwölf Monaten)
weiblich 0,7 % 3,5 % k. A.
männlich 2,3 % 10,0 % k. A.
Abhängigkeit k. A. k. A. 0,6 %
Heroin + andere Opioide
Jemalskonsum 0,1 % 0,5 % 1,7 %
NPS
Jemalskonsum 0,1 % 2,2 % 2,6 %
Konsum in den letzten zwölf Monaten 0,0 % 0,3 % 0,9 %
Crystal Meth
Jemalskonsum 0,0 % 0,6 % 0,8 %
Konsum in den letzten zwölf Monaten 0,0 % 0,4 % 0,2 %
Kokain +Crack
Jemalskonsum 0,5 % 2,9 % 4,1 %
Konsum in den letzten zwölf Monaten 0,3 % 1,2 % 1,1 %
Ecstasy
Jemalskonsum 0,6 % 4,0 % 3,9 %
Konsum in den letzten zwölf Monaten 0,5 % 2,2 % 1,1 %
Angaben von 0,0 Prozent bedeuten nicht notwendigerweise, dass es keine Konsumenten gibt. Die Anzahl liegt aber so niedrig, dass diese
statistisch nicht ins Gewicht fällt.
Drogenbedingte Todesfälle Falldatei Rauschgift (FDR) der Jahre 2012 bis 2016 in
anonymisierter Form zur Verfügung. Insgesamt
In Deutschland werden die Daten des Bundeskrimi- wurden 5.557 Fälle (950 Fälle im Jahr 2012;
nalamtes (BKA) zur bundesweiten Berichterstattung 1.004 Fälle im Jahr 2013, 1.033 Fälle im Jahr 2014;
drogeninduzierter Todesfälle herangezogen. Die 1.236 Fälle im Jahr 2015, 1.334 Fälle im Jahr 2016)
einzelnen Bundesländer dokumentieren und bearbeitet und quantifiziert. Etwa zwei Drittel der
erfassen die der Polizei bekannt gewordenen tödlichen Überdosierungen lassen sich auf opioid-
todesursächlichen Vergiftungen und Langzeitfolge- haltige Substanzen zurückführen, ein Drittel auf
erkrankungen, Suizide sowie Unfälle, die im Zu nichtopioidhaltige Substanzen. Die Anteile mono-
sammenhang mit Drogenkonsum stehen. Diese und polyvalenter Vergiftungen (also Vergiftungen,
Daten werden einmal jährlich im Rahmen einer die auf eine Substanz oder auf mehrere Substanzen
Abfrage an das BKA weitergeleitet. Dort werden sie zurückgehen) blieben im Zeitverlauf konstant und
zu einer Gesamtübersicht zusammengeführt. Die in vergleichbar hoch. Eine Ausnahme stellen jedoch
den vergangenen Jahren beobachteten Veränderun- die Opioide dar. Bei ihnen waren die Anteile poly
gen auf dem Drogenmarkt (das Auftreten neuer valenter Vergiftungen deutlich höher als der Anteil
psychoaktiver Stoffe, zunehmender Mischkonsum) monovalenter Vergiftungen. Die substanzspezifi-
haben es erforderlich gemacht, die Datenerhebung schen Überdosierungen entwickelten sich im
weiterzuentwickeln. 2018 verstarben in Deutschland Zeitverlauf unterschiedlich. Beispielsweise nahm
1.276 Menschen an den Folgen ihres Drogen der Anteil von Überdosierungen durch Heroin/
konsums. Gegenüber 2017 (1.272 Personen) ist die Morphin, opioidhaltige und nichtopioidhaltige
Zahl der drogenbedingten Todesfälle nahezu gleich Medikamente, synthetische Opioide sowie Amphe
geblieben (siehe Tabelle 11). Informationen bezüg- tamin, Amphetaminderivate, Methamphetamin und
Illegale Drogen
lich der Altersstruktur der Verstorbenen wurden NPS zu. Der Anteil von Überdosierungen durch
2018 aufgrund einer Umstellung des Erfassungs opioidhaltige Substitutionsmittel nahm ab. Der
systems nicht erhoben. Anteil von Überdosierungen durch Fentanyl
schwankte zwischen neun und 13 Prozent. Das
Analyse drogeninduzierter Todesfälle Durchschnittsalter der weiblichen Verstorbenen
unterschied sich mit 38,0 Jahren kaum vom durch-
Um mehr über die illegalen Drogen zuzuordnenden schnittlichen Sterbealter der männlichen Drogen-
Todesfälle in Erfahrung zu bringen und die Aussage- toten (38,6 Jahre). Bei etwa zehn Prozent der Todes-
fähigkeit der vorhandenen Daten zu überprüfen, fälle mit Überdosierung lagen Kenntnisse über eine
wurden auf Initiative der Drogenbeauftragten bestehende Substitution vor. Bei sieben bis 15 Pro-
sowohl alters- und geschlechtsspezifische Auffällig- zent gab es Hinweise auf die Anwesenheit Dritter,
keiten für die Jahre 2015 und 2016 als auch die bei etwa 20 Prozent wurden Rettungsversuche
zeitlichen Veränderungen bestimmter Charakteris- unternommen und bei etwa sechs Prozent lagen
tika der drogenbezogenen Todesfälle in den Jahren Kenntnisse bezüglich einer reduzierten Toleranz vor
2012 bis 2016 analysiert (Kraus et al., 2018). Berück- (aufgrund der Beendigung einer Drogentherapie
sichtigt wurden die festgestellten Substanzen (auf oder Entlassung aus dem Gefängnis).
der Grundlage toxikologischer Gutachten), der
zusätzliche Substanzkonsum und die Auffindesitua- Hinweise auf komorbide Erkrankungen lagen bei
tion, das heißt ob Dritte anwesend waren, Rettungs- elf bis 13 Prozent der Drogentodesfälle vor. Hepa
versuche unternommen wurden, Krisen vor dem titiserkrankungen (vornehmlich Hepatitis C) waren
Drogentod vorlagen, vorausgehende Komorbiditä- dabei am häufigsten vertreten. Sie machten durch-
ten oder soziale Kontakte bestanden. Für die Analyse schnittlich ein Viertel der Erkrankungen aus.
standen sämtliche Drogentodesfälle aus der
TABELLE 11
Rauschgifttote nach Todesursachen 2017/2018 (Länderabfrage)
Illegale Drogen
davon Amphetamin/Methamphetamin 30 49 63 %
davon Amphetamin 23 37 48 %
davon Methamphetamin 7 12 71 %
davon Amphetaminderivate 4 13 7 %
davon Neue psychoaktive Stoffe (NPS) 9 7 -22 %
davon Sonstige (m. A. v. psychoaktiven Medikamenten) 9 10 0 %
Polyvalente Vergiftungen durch andere Substanzen als Opioide/Opiate** 141 109 -22 %
davon Kokain/Crack i. V. m. anderen Stoffen 46 52 13 %
davon Amphetamin/Methamphetamin i. V. m. anderen Stoffen 80 51 -35 %
davon Amphetamin i. V. m. anderen Stoffen 68 44 -35 %
davon Methamphetamin i. V. m. anderen Stoffen 21 9 -52 %
davon Amphetaminderivate i. V. m. anderen Stoffen 16 14 -13 %
davon Neue psychoaktive Stoffe (NPS) i. V. m. anderen Stoffen 19 12 -37 %
davon Psychoaktive Medikamente i. V. m. anderen Stoffen 24 21 -13 %
davon Sonstige i. V. m. anderen Stoffen 22 7 -68 %
Vergiftungen durch psychoaktive Medikamente ausschließlich (ggf. auch i. V. m. Alkohol) 19 32 68 %
Nicht spezifizierte/unbekannte Vergiftungen 46 55 20 %
Suizide 85 72 -15 %
davon Suizid durch Intoxikation (bereits unter den zuvor genannten Ursachen enthalten) 26 23 -12 %
davon Suizid durch andere Mittel als Intoxikation 59 49 -17 %
Langzeitschädigungen 178 230 29 %
davon Langzeitschäden in Kombination mit Intoxikationsfolge 34 38 12 %
Unfälle 20 28 40 %
Sonstige Fälle 9 24 167 %
Gesamtzahl der Todesfälle** 1.272 1.276
(Obduktionen) (751) (655) 0,3 %
(Toxikologische Gutachten) (644) (568)
* In den Unterkategorien sind Mehrfachzählungen möglich. ** Die Gesamtzahl ergibt sich aus der Summe der Hauptkategorien (Ausnahme: bei
Suiziden werden nur die „durch andere Mittel als Intoxikation“ gezählt, da die Intoxikationen bereits in den anderen Kategorien enthalten sind).
Quelle: BKA, 2018
Fakten, Trends und Politik
84
ABBILDUNG 41
Konsum
Konsum von
von Cannabis
Cannabis bei
bei Jugendlichen
Jugendlichen (12–17
(12–17 Jahre)
Jahre)
%
16 15,1
14 12,8
12
10,2 10,1 9,6 9,6
10 9,2 8,9 8,8 8,3
8,3 7,8
8 7,4
6,6 6,7 6,6
5,8 7,7 8,0
5,6 6,9
6 4,8 5,0 4,6
ABBILDUNG 42
Konsum von Cannabis bei jungen Erwachsenen (18–25 Jahre)
Konsum von Cannabis bei jungen Erwachsenen (18–25 Jahre)
% 43,0
40,9 40,5
40 39,2
Illegale Drogen
in den letzten zwölf Monaten regelmäßiger Konsum ¹)
1) 1993 bis 1997: zehnmal oder häufiger in den letzten zwölf Monaten.
Ab 2001: häufiger als zehnmal in den letzten zwölf Monaten Quelle: Alkoholsurvey 2018, BZgA
ABBILDUNG 43
Konsum
Konsum von
von Cannabis
Cannabis bei
bei Erwachsenen
Erwachsenen (18–59
(18–59 Jahre)
Jahre)
%
31,9
30,2
30
27,5 26,6
24,5 24,7
25
19,4
20
15 14,0
11,9
10 8,3
6,9 7,0
6,0 5,1 5,2 5,1
4,1 4,4
5 3,5 3,4
2,4 2,6 2,5
2,8 3,3 3,4 1,5 1,2
0 1,3
1990 1995 2000 2003 2006 2009 2012 2015 2018
In den vergangenen Jahrzehnten ist der THC-Gehalt Der neuste Forschungsstand zu gesundheitlichen
des auf dem Drogenmarkt verfügbaren Cannabis Folgen des Cannabiskonsums wird in der Studie
weltweit stark angestiegen. Dies gilt auch für „Cannabis: Potential und Risiken. Eine wissenschaft-
Deutschland. Hier lag der Medianwert des polizei- liche Analyse (CaPRis)“ zusammengefasst und
lich sichergestellten Haschisch im Jahr 1996 bei bewertet (Hoch et al., 2018). Für die Übersichtsarbeit
4,9 Prozent und hat sich bis 2018 mit 16,7 Prozent hat das Autorenteam mehr als 2.000 wissenschaft-
mehr als verdreifacht. Der Medianwert für Mari liche Studien der vergangenen zehn Jahre aus
huana lag 1996 bei 4,8 Prozent. Seit 2004 wird der internationalen Datenbanken gesichtet und
Medianwert für die Blütenstände getrennt vom ausgewertet.
Marihuanakraut erfasst. Der Medianwert des THC
für die Blütenstände lag 2018 bei 13,1 Prozent. Wenn Akute Effekte
die hochgezüchteten Cannabissorten zudem wenig
oder kein Cannabidiol (CBD) enthalten, das die Cannabis kann auf psychischer Ebene unterschied-
Wirkung des THC abmildern kann, steigt das Risiko lich wirken. Es kann Glücksgefühle auslösen, die
für gesundheitliche Folgeschäden und die Entwick- Stimmung aufhellen oder auch entspannen und
lung einer Abhängigkeit (Freeman et al., 2018; beruhigen. Unmittelbar nach dem inhalativen
Yücel et al., 2016; Freeman et al., 2015). Cannabiskonsum kann es aber auch zu negativen
Effekten kommen, beispielsweise zu Beeinträch
tigungen der Gedächtnisleistung, der Aufmerk
Synthetische Cannabinoide samkeit und der Psychomotorik. Das Reaktions
Illegale Drogen
Illegale Drogen
wieder abklingen. Hierbei könnte ein frühes Ein- Zusammenhang mit einem wöchentlichen oder
stiegsalter eine erhebliche Rolle spielen. Bildgeben- nahezu täglichen Konsum wird dafür eine um den
de Verfahren zeigen, dass sich bei Langzeitkonsu Faktor 1,4 bzw. 2,5 höhere Häufigkeit beobachtet.
menten das Gehirn in seiner Arbeitsweise und in Cannabiskonsum ist mit einer erhöhten Rate für
seinem Aufbau verändern kann. Inwieweit sich diese Angststörungen und Depressionen assoziiert, im
Auffälligkeiten wieder zurückbilden können, ist Kontext mit der Intensität des Konsums um den
bisher unklar. Faktor 1,3 bis 1,6 häufiger, und zwar auch bei
Jugendlichen zwischen zwölf und 18 Jahren. Bei
Psychische Störungen Angststörungen sieht es ähnlich aus. Studien
berichten von einer um den Faktor 1,3 bzw. 1,7
In der Regel sind immer mehrere Risikofaktoren an höheren Rate. Allerdings zeigt sich hierbei: Das
der Entstehung einer psychiatrischen Störung Auftreten von Angststörungen verdoppelt sich auf
beteiligt. Die Studienlage zeigt aber: Häufiger, hoch den Faktor 3,2 bei Jugendlichen, die schon vor dem
dosierter Cannabiskonsum weist eine messbare 16. Lebensjahr mit dem Konsum beginnen, dann
statistische Korrelation zum Auftreten psychiatri- jahrelang regelmäßig Cannabis konsumieren und
scher Erkrankungen auf. Noch nicht abschließend bezüglich derer Abhängigkeit vorliegt. Die Häufig-
beantworten lässt sich bisher mit wissenschaftlich keit für Selbstmordgedanken ist bei Cannabis
belastbarerer Methodik, ob der Cannabiskonsum für konsum geringfügig erhöht. Allerdings zeigt sich
das Auftreten von Psychosen tatsächlich kausal ist. dieser Befund nicht in allen Einzelstudien. Bezüglich
einer erhöhten Selbstmordrate (Suizid) oder ver-
Die Daten deuten allerdings darauf hin, dass die mehrten Selbstmordgedanken zeigte sich aufgrund
Substanz Cannabis und die Häufigkeitsraten , an einer heterogenen Studienlage kein eindeutiger
einer psychiatrischen Störung zu erkranken, Zusammenhang mit Cannabiskonsum.
werden.
Neben den bereits erwähnten Veränderungen des
menschlichen Gehirns erhöht ein chronischer
Cannabiskonsum das Risiko für Atemwegserkran- Behandlung cannabisbezogener Störungen
kungen. Das Risiko für Lungenkrebs oder Tumore
im Kopf-Hals-Bereich scheint dagegen nicht erhöht In Europa ist die Zahl der Personen, die erstmals
zu sein. Zu anderen Krebserkrankungen ist die eine Suchtbehandlung wegen cannabisbezogenen
Datenlage zu dünn, um das Krebsrisiko beurteilen Problemen beginnen, von 43.000 im Jahr 2006 auf
zu können. Eine Ausnahme ist Hodenkrebs, der eher 76.000 im Jahr 2015 angestiegen. Cannabiskonsu-
bei jüngeren Männern auftritt. Insbesondere für mierende mit Rauschkonsum stellen inzwischen bei
Mischtumore des Hodens, sogenannte Nichtsemi- den erstmals wegen illegalen Substanzkonsums
nome, konnte ein signifikanter Zusammenhang behandelten Personen die größte Gruppe dar. Diese
zum Cannabiskonsum gezeigt werden. Bezüglich Entwicklung zeigt sich auch in Deutschland. 2017
Herz- und Gefäßerkrankungen liegen keine aus wurden 28.518 Behandlungsfälle in ambulanten und
reichenden Daten für die Auswirkungen eines 2.893 Behandlungsfälle in stationären Einrichtun-
chronischen Cannabiskonsums vor. Cannabis gen gezählt (DSHS 2018, siehe Erläuterung im
konsum während der Schwangerschaft kann Risiken Abschnitt Behandlung). Hiervon waren 84 Prozent
für Mutter und Kind bergen. Während die Schwan- Männer und 16 Prozent Frauen. Cannabiskonsu
geren selbst ein erhöhtes Risiko für Anämien mierende sind im Mittel die jüngsten unter den
(Blutarmut) haben können, steigt durch den Klientinnen und Klienten mit Suchterkrankungen
Cannabiskonsum die Gefahr für Entwicklungs (ambulant: 25 Jahre, stationär: 28 Jahre). Dadurch
störungen des Fötus. Die Kinder kommen dann mit zeigt sich hierbei ein hoher Anteil an Personen, die
einem geringeren Geburtsgewicht zur Welt und sind sich noch in schulischer oder beruflicher Aus
öfter auf intensivmedizinische Maßnahmen bildung befinden.
Illegale Drogen
Gliederschmerzen, Magenkrämpfen und Übelkeit
über Kreislaufstörungen, Temperaturschwankungen
Substanz und Wirkung bis hin zu lebensbedrohlichen Zuständen mit
schweren Krampfanfällen und akuten neurologi-
Als Oberbegriff schließt die Bezeichnung Opioide schen Störungen reichen. Psychische Entzugssymp-
sowohl Opiate als auch halb- oder vollsynthetisch tome äußern sich in Unruhegefühlen, Angstzustän-
hergestellte Substanzen mit morphinähnlicher den und depressiven Phasen bis hin zu
Wirkung ein. Opiate werden aus dem Milchsaft des Selbstmordgedanken.
ABBILDUNG 44
Konsum
Konsum von
von Opioiden
Opioiden (vorwiegend
(vorwiegend Heroin)
Heroin) bei
bei Erwachsenen
Erwachsenen (18–59
(18–59 Jahre)
Jahre)
%
2,0
1,7
1,6
1,5 1,4 1,4 1,4
1,3 1,3
1,1
0,9
1,0
0,5
0,5 0,4
0,2 0,3 0,3 0,3 0,3
0,1 0,2
0,0
1990 1995 2000 2003 2006 2009 2012 2015 2018
Lebenszeit
in den letzten zwölf Monaten Quelle: ESA 2018, IFT
→→ Die Konsumhäufigkeit bei Erwachsenen zeigt für Opioide stehen an dritter Stelle der Substanzen,
die vergangenen 20 Jahre einen leicht wellen wegen derer sich Menschen mit Suchterkran
förmigen Verlauf ohne Tendenz. Die Zahl derer, kungen in Behandlung begeben. 2017 wurden
die mindestens einmal in ihrem Leben Opioide 20.090 Behandlungsfälle in ambulanten und
konsumiert haben, war 2018 mit 1,7 Prozent auf 1.500 Behandlungsfälle in stationären Einrich
dem höchsten Stand seit 2009. tungen gezählt (DSHS, 2018). Männer waren dabei
viermal häufiger vertreten als Frauen. Personen
→→ Bei Jugendlichen liegen die Prävalenzen so mit der Hauptdiagnose Opioidabhängigkeit weisen
niedrig, dass statistische Aussagen zu Tendenzen von allen Suchtkranken am häufigsten zusätzlich
einen schädlichen Gebrauch bzw. eine Abhängig-
beim Konsum nicht sinnvoll sind.
keit von anderen Substanzen auf. Sie gehören im
Mittel eher zu den älteren Behandelten
→→ Der durchschnittliche Wirkstoffgehalt von
(ambulant: 39 Jahre, stationär: 37 Jahre) und fast
Heroin im Straßenhandel hat sich seit 2011 zwei Drittel sind erwerbslos (ambulant:
beinahe verdoppelt und lag 2018 bei 60 Prozent, stationär: 70 Prozent).
18,7 Prozent.
illegaler Drogen dar (siehe Abschnitt „Drogenbe- nach Erfassung aus datenschutzrechtlichen Grün-
dingte Todesfälle“). den unverzüglich in ein Kryptogramm verschlüsselt.
Illegale Drogen
dukte (BfArM) für die Länder das Substitutions 77.400 Substituierte im Jahr 2010. Seitdem ist die
register. Alle Ärzte, die Substitutionsmittel für Anzahl weitgehend gleichbleibend und lag am
Opioidabhängige verschreiben, haben der Bundes- 1. Juli 2018 bei 79.400 Substituierten.
opiumstelle im BfArM unverzüglich die in
§ 5b Absatz 2 BtMVV vorgeschriebenen Angaben zu Im Jahr 2018 wurden im Substitutionsregister rund
melden: den Patientencode, das Datum der ersten 89.600 An-, Ab- bzw. Ummeldungen von Patienten-
Anwendung eines Substitutionsmittels, das ver- codes erfasst. Diese hohe Zahl ergibt sich unter
schriebene Substitutionsmittel, das Datum der anderem dadurch, dass mehrfach dieselbe Patientin
letzten Anwendung eines Substitutionsmittels, den bzw. derselbe Patient an- und wieder abgemeldet
Namen und die Anschrift der verschreibenden wurde – entweder durch dieselbe Ärztin bzw.
Ärztin bzw. des verschreibenden Arztes sowie denselben Arzt oder durch verschiedene Ärzte.
gegebenenfalls auch den Namen und die Anschrift Gründe hierfür können sowohl bei den Patienten
der beratend hinzugezogenen Ärztin (Konsiliar (zum Beispiel durch einen Wechsel der behandeln-
ärztin) bzw. des beratend hinzugezogenen Arztes den Ärztin bzw. des behandelnden Arztes oder
(Konsiliararzt). Ferner teilen die Ärztekammern der längere Klinikaufenthalte) als auch bei den Ärzten
Bundesopiumstelle auf Anforderung mit, ob die an (zum Beispiel aufgrund eines ärztlichen Personal-
den Substitutionsbehandlungen beteiligten wechsels in Substitutionsambulanzen) liegen.
Ärztinnen und Ärzte die Mindestanforderungen an
eine suchtmedizinische Qualifikation erfüllen. 2018 haben insgesamt 2.585 Substitutionsärzte
substituierte Patienten an das Substitutionsregister
Die Meldungen der substituierenden Ärzte erfolgen gemeldet. Dadurch wurden bundesweit im vergan-
schriftlich auf dem Postweg oder im gesicherten genen Jahr rund 140 Doppelbehandlungen von
Online-Verfahren über den beim BfArM eingerich- substituierten Patienten aufgedeckt und durch die
teten Formularserver. Die Patientencodes werden betroffenen Ärzte entsprechend beendet.
548 Ärzte, also etwa 21 Prozent der substituierenden Das überwiegend gemeldete Substitutionsmittel ist
Ärzte, nutzten 2018 die Konsiliarregelung: Hiernach Methadon mit 39,4 Prozent. Sein Anteil geht jedoch seit
können Ärzte ohne suchtmedizinische Qualifikation 16 Jahren jährlich um etwa zwei Prozent zurück. Der
seit dem 02.10.2017 bis zu zehn Patienten (vorher bis Anteil von Levomethadon hingegen steigt seit mehr als
zu drei) gleichzeitig substituieren, wenn sie eine zehn Jahren kontinuierlich an und hat inzwischen
suchtmedizinisch qualifizierte Ärztin als Konsiliar- 35,2 Prozent erreicht. Der Anteil von Buprenorphin
ärztin bzw. einen suchtmedizinisch qualifizierten liegt seit vier Jahren konstant bei ca. 23 Prozent.
Arzt als Konsiliararzt in die Behandlung einbe
ziehen. Die Ärzte, welche die Konsiliarregelung Das Substitutionsregister stellt in regelmäßigem
nutzten, haben rund ein Prozent aller Substitutions- Turnus sowie auf Einzelanforderung den 180
patienten behandelt. zuständigen Überwachungsbehörden der Länder die
arztbezogenen Daten (das heißt die Namen und
Rund 14 Prozent der substituierenden Ärzte hatten Anschriften der substituierenden Ärzte und der
am genannten Stichtag die Hälfte aller Substitutions gegebenenfalls eingesetzten Konsiliarärzte, die
patienten gemeldet. Anzahl der Substitutionspatienten sowie Angaben
zur suchtmedizinischen Qualifikation) für ihren
Die substituierenden Ärzte melden dem Substitu- jeweiligen Zuständigkeitsbereich zur Verfügung.
tionsregister für jede Patientin bzw. jeden Patienten Dies erfolgt über ein gesichertes Online-Download-
das Mittel mit seiner Wirkstoffbezeichnung (Metha- Verfahren. Die enge Zusammenarbeit des BfArM mit
don, Levomethadon, Buprenorphin etc.). den Überwachungsbehörden hilft, bei Verstößen
ABBILDUNG 45
Illegale Drogen
Anzahl gemeldeter Substitutionspatienten in Deutschland von 2009 bis 2018 (jeweils Stichtag 1. Juli)
Anzahl gemeldeter Substitutionspatienten in Deutschland von 2009 bis 2018 (jeweils Stichtag 1. Juli)
90.000
78.500 78.800 79.400
80.000 77.400 76.200 75.400 77.300 77.500 77.200
74.600
70.000
60.000
50.000
40.000
2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018
Quelle: Substitutionsregister des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, 2018
ABBILDUNG 46
Anzahl der meldenden, substituierenden Ärzte in Deutschland von 2009 bis 2018
Anzahl meldender, substituierenden Ärzte von 2009 bis 2018
3.000
2.400
2.200
2.000
2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018
Quelle: Substitutionsregister des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, 2018
Illegale Drogen
Quelle: Substitutionsregister des Bundesinstituts für
Arzneimittel und Medizinprodukte, 2018
ABBILDUNG 47
Durchschnittliche Anzahl der gemeldeten Patienten pro substituierender Ärztin bzw. substituierendem Arzt
Durchschnittliche Anzahl der gemeldeten Patienten pro substituierendem Arzt (2018)
Hamburg 44,3
Saarland 38,9
Berlin 37,0
Nordrhein-Westfalen 35,6
Hessen 35,3
Niedersachsen 30,5
Bremen 30,0
Schleswig-Holstein 28,5
Rheinland-Pfalz 26,8
Bayern 25,6
Baden-Württemberg 25,2
Sachsen-Anhalt 20,6
Thüringen 17,6
Sachsen 14,3
Mecklenburg-Vorpommern 9,2
Brandenburg 7,1
0 10 20 30 40 50
ABBILDUNG 49
Entwicklung
Entwicklung der
der Häufigkeit
Häufigkeit gemeldeter
gemeldeter Substitutionsmittel
Substitutionsmittel von
von 2002
2002 bis
bis 2018
2018
%
72,1 % 70,9 %
68,3 %
70 66,2 % 64,1 %
61,4 %
59,7 % 58,9 %
57,7 %
60 54,8 %
51,6 % 49,3 %
50 46,1 % 44,0 %
42,5 % 40,9 %
39,4 %
40
31,8 % 33,0 %
28,6 % 30,3 %
30 25,4 % 27,0 % 34,0 % 35,2 %
23,0 %
19,0 % 20,6 % 21,8 %
18,0 %
20 16,2 % 14,8 % 15,6 % 17,2 % 22,6 % 23,0 % 23,1 % 23,3 % 23,1 %
20,4 % 21,3 %
15,8 % 17,2 % 18,6 % 18,9 % 18,6 % 18,6 % 19,2 %
10 12,9 % 15,0 %
9,7 %
0
2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018
ABBILDUNG 50
Illegale Drogen
Gemeldete
Gemeldete Substitutionspatienten
Substitutionspatienten pro
pro 100.000
100.000 Einwohner
Einwohner (Stichtag
(Stichtag 01.07.2018)
01.07.2018)
Bremen 260
Hamburg 222
Berlin 152
Nordrhein-Westfalen 144
Hessen 123
Schleswig-Holstein 115
Niedersachsen 99
Baden-Württemberg 94
Saarland 70
Bayern 64
Rheinland-Pfalz 54
Sachsen-Anhalt 31
Thüringen 18
Mecklenburg-Vorpommern 16
Sachsen 15
Brandenburg 4
0 50 100 150 200 250 300
Anzahl Patienten pro 100.000 Einwohner Quelle: Substitutionsregister des Bundesinstituts für
Arzneimittel und Medizinprodukte, 2018
Illegale Drogen
Bayern 8.265 323
Berlin 5.442 147
Eine Änderung dieses Beschlusses durch den G-BA
Brandenburg 100 14
vom 22. November 2018 (Wiedereinsetzung der
Bremen 1.768 59
Stichprobenregelung zur Qualitätssicherung) ist
Hamburg 4.028 91
am 7. Dezember 2018 in Kraft getreten. Seitdem
Hessen 7.616 216
können die mit der oben genannten Verordnung
Mecklenburg-Vorpommern 257 28
angelegten Änderungen auch in der GKV-Versor-
Niedersachsen 7.900 259
gungspraxis Opioidabhängiger vollumfänglich zur
Nordrhein-Westfalen 25.846 726
Wirkung kommen.
Rheinland-Pfalz 2.195 82
Saarland 701 18
Ein Ziel der Neuregelungen ist es, mehr Ärzte zur
Sachsen 615 43
Durchführung von Substitutionsbehandlungen zu
Sachsen-Anhalt 700 34
bewegen und in ländlich strukturierten Gebieten
Schleswig-Holstein 3.309 116
Thüringen 388 22
die Behandlung der Patienten flächendeckend
sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund wurde
2018 erstmals eine Landkarte zur regionalen
Quelle: Substitutionsregister des Bundesinstituts für
Arzneimittel und Medizinprodukte, 2018 Verteilung von substituierenden Ärzten erstellt.
ABBILDUNG 51
Anzahl substituierender Ärztinnen und Ärzte pro 100.000 Einwohner je Kreis bzw. kreisfreie Stadt im ersten Halbjahr 2018
(In Kreisen und kreisfreien Städten mit weißen Flächen sind keine gemeldet.)
Illegale Drogen
ABBILDUNG 52
Anzahl gemeldeter Substitutionspatientinnen und -patienten pro 100.000 Einwohner je Kreis bzw. kreisfreie Stadt am Stichtag 1.1.2018
(In Kreisen und kreisfreien Städten mit weißen Flächen sind keine gemeldet.)
Illegale Drogen
In den USA liegen die Zahlen für Todesfälle Control and Prevention). US-Präsident Trump hat
aufgrund von Überdosierungen von Opioiden so im Oktober 2017 den nationalen Gesundheitsnot-
hoch, dass von einer Opioid-Epidemie gesprochen stand erklärt. In den späten 1990er-Jahren brachten
wird. Hintergrund ist die weite Verbreitung von Pharmakonzerne in den USA neuartige, hochwirk-
Opioidabhängigkeiten, die sich aus Medikamenten- same Opioide (z. B. oxycodonhaltige Medikamente)
verschreibungen entwickelt haben. 2016 lag die auf den Markt und bewarben diese intensiv als
Zahl der Amerikaner mit einem auf Opioidver geeignete Mittel für jede Art und Intensität von
schreibungen zurückgehenden Substanzmissbrauch Schmerzen. Dies führte zu einer starken Auswei-
bei 11,5 Millionen – im Vergleich zu etwa einer Mil- tung der Anwendungen dieser Substanzen. Die
lion Heroinkonsumierenden – (National Survey on US-Gesundheitsbehörden teilten im Juli 2019 mit,
Drug Use and Health 2016). Die Lebenserwartung dass in den USA die Zahl der Toten durch Überdosis
in den USA ist dadurch erstmals seit den von Opioiden im Jahr 2018 zum ersten Mal seit
1960er-Jahren gesunken (Center for Disease zwei Jahrzehnten leicht gesunken sei.
Wie ist die Situation in Deutschland? Expertinnen und Experten sind der Ansicht, dass
eine Situation wie in den USA in Deutschland
Auch in Deutschland werden Opioide als Schmerz- derzeit nicht zu befürchten sei. Zum Schutz der
mittel verordnet. Sie kommen in erster Linie nach Bevölkerung und des Einzelnen vor den Gefahren,
Illegale Drogen
Operationen und bei Tumorschmerzen zum Einsatz, die von Betäubungsmitteln ausgehen können,
zunehmend aber auch bei nichttumorbedingten gelten in Deutschland u. a. die oben beschriebenen
Schmerzen. Wie bei allen Arzneimitteln ist auch der gesetzlichen Verschreibungsvorgaben sowie fach-
medizinische Gebrauch von Opioiden mit Risiken liche Leitlinien zum medizinischen Einsatz von
und Nebenwirkungen verbunden, wozu auch Opioiden. Die geltenden Vorschriften und Leitlinien
Missbrauchs- und Abhängigkeitsrisiken zählen. sind geeignet, eine Entwicklung des Abhängigkeits-
geschehens wie in den USA zu verhindern. In
Da das Abhängigkeits- und Missbrauchspotenzial Deutschland gelten zudem strenge Werbebeschrän-
aufgrund ihrer psychoaktiven und somatischen kungen. Die Werbung für verschreibungspflichtige
Wirkungen bei Opioiden besonders hoch ist, Medikamente außerhalb von Fachkreisen ist
unterliegen Opioide in Deutschland dem Betäu- verboten. Allerdings sollte das Verschreibungsver-
bungsmittelgesetz (BtMG). Davon ausgenommen halten dennoch aufmerksam beobachtet werden.
sind lediglich einige schwach wirksame Opioide.
Wegen des Abhängigkeits- und Missbrauchspoten- Neben dem stark regulierten Gebrauch von Opioi-
zials sollte sich das Verschreibungsverhalten bei den zu medizinischen Zwecken werden Fentanyl
Opioiden und anderen Arzneimitteln, die dem und andere synthetische Opioide in Deutschland
Anwendungsbereich des Betäubungsmittelrechts auch illegal erworben, gehandelt und konsumiert.
unterstellt sind, immer an den medizinischen Teilweise werden solche Stoffe anderen Stoffen wie
Leitlinien ausrichten. Zur Verschreibung dürfen Heroin, etwa zur Wirkungsverstärkung, beigemengt.
Ärzte ausschließlich dafür vorgesehene amtliche In Deutschland sind Heroin und illegal erworbene
Formblätter (BtM-Rezepte und BtM-Anforde Substitutionsmittel die vorherrschend konsumier-
rungsscheine) verwenden, die von der Bundes ten synthetischen Opioide.
opiumstelle ausgegeben werden.
Neue psychoaktive Stoffe eingeführt. Bei den Zwölf- bis 17-Jährigen hatten
zu diesem Zeitpunkt 0,1 Prozent schon einmal
NPS konsumiert, bei den 18- bis 25-Jährigen
Substanz und Wirkung waren es 2,2 Prozent. Da noch keine neueren
Zahlen vorliegen, kann zu einem Trend bezüglich
Der Begriff „Neue psychoaktive Stoffe“ (NPS) wird dieser Konsumentengruppen aktuell keine
meist als Synonym für sogenannte „Legal Highs“ Aussage getroffen werden. Erstmals wurden 2015
verwendet. Der Begriff „Legal Highs“ ist dabei auch in der Altersgruppe der Erwachsenen
rechtlich missverständlich und irreführend, weil (18–64 Jahre) Daten im Epidemiologischen
diese Stoffe (mittlerweile) häufig bereits gesetzlich Suchtsurvey (2016) erhoben. Demnach hatten in
verboten sind. In der Regel werden als NPS synthe diesem Jahr 2,8 Prozent der Erwachsenen schon
tische Stoffe verstanden, die in ihrer Wirkung einmal NPS konsumiert. Im Jahr 2018 waren dies
bekannten Stoffen wie Cannabis, Ecstasy oder 2,6 Prozent (Epidemiologischer Suchtsurvey,
Amphetaminen ähneln, aber zum Teil eine deutlich 2019). Damit ist die Zahl gegenüber 2015 beinahe
höhere Potenz haben. Diese Stoffe fallen in großer gleich geblieben.
Zahl unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG),
teilweise unter das Neue-psychoaktive-Stoffe- Gesundheitliche Folgen des Konsums
Gesetz (NpSG). Angeboten werden diese Stoffe unter
anderem als „Räuchermischungen“, „Badesalze“ oder Im Rahmen des EU-Projekts „SPICE II Plus“ wurde
„Reiniger“. Eine weitere differenzierte einzelstoff in den Jahren 2013 und 2014 eine Online-Erhebung
liche Beschreibung ihrer Wirkung ist aufgrund der unter Personen mit Erfahrung im Konsum von NPS
großen Vielzahl unterschiedlicher Stoffe heraus durchgeführt. Hierbei wurden unter anderem
Illegale Drogen
forderungsvoll. Gezielte Manipulationen der kurz- sowie mittel- bis langfristige negative Effekte
chemischen Struktur ermöglichen es den am von NPS bei 771 Konsumenten festgestellt. 666 der
illegalen Drogenmarkt beteiligten Akteuren, Konsumenten berichteten von Erfahrungen mit
kontinuierlich neue Stoffe auf den Markt zu brin- synthetischen Cannabinoiden, 347 von Erfahrungen
gen. NPS werden zum Beispiel in den Darreichungs- mit Research Chemicals und 225 von Erfahrungen
formen Pulver, Tabletten, Kräutermischungen oder mit anderen sogenannten Legal Highs, etwa Bade-
Kapseln angeboten. Die größten Stoffgruppen in salzen (Doppelnennungen möglich). Die am häu
diesem Bereich sind synthetische Cannabinoide und figsten berichteten kurzfristigen negativen Effekte
synthetische Cathinone (Amphetaminderivate). In waren Herzrasen, Kreislaufprobleme, Kopfschmer-
der Regel ist dem Konsumierenden und teilweise zen, Übelkeit und Panikattacken. Als mittel- und
auch dem Händler weder die Zusammensetzung der langfristige negative Folgen wurden am häufigsten
Wirkstoffe noch deren Konzentration bekannt. Craving (starkes Substanzverlangen) und Entzugs-
Daher ist der Konsum mit nicht zu kalkulierenden symptome berichtet. Die meisten negativen Effekte
gesundheitlichen Risiken und zum Teil gravieren- wurden für synthetische Cannabinoide genannt,
den Folgen bis hin zu tödlichen Wirkungen dies gilt ebenso für schwerere Nebenwirkungen wie
verbunden. Bewusstlosigkeit oder Atemnot und Entzugs
symptome. Personen mit häufigerem Konsum
(mindestens zehnmaliger Konsum einer Substanz
Trends pro Jahr) berichteten über deutlich mehr negative
Effekte als Personen mit gelegentlichem Konsum.
→→ In der Drogenaffinitätsstudie (2016) wurde die
einheitliche Erfassung dieser Gruppe von Stoffen
erstmals in den Erhebungen des Jahres 2015
Ziel des NpSG ist es, die Verbreitung von NPS zu www.drogenbeauftragte.de/presse/
bekämpfen und somit ihre Verfügbarkeit als pressekontakt-und-mitteilungen/
Konsum- und Rauschmittel einzuschränken. Damit 2019/iii-quartal/verbessertes-
soll die Gesundheit der Bevölkerung, insbesondere vorgehen-gegen-legal-highs.html
von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, vor den
häufig unkalkulierbaren und schwerwiegenden
Gefahren, die mit dem Konsum von NPS verbunden
sind, geschützt werden. Mit dem weitreichenden Methamphetamin (Crystal Meth)
Verbot von NPS soll der Wettlauf zwischen dem
Auftreten immer neuer chemischer Varianten
Illegale Drogen
lässt die Wirkungsdauer jedoch bald nach, da der hatten 0,6 Prozent schon einmal Methampheta-
Körper eine Toleranz entwickelt. Die Substanz weist min konsumiert. Drei Jahre später lag die Zahl
eine hochgradige Neurotoxizität auf. Verglichen mit bei 0,8 Prozent und ist damit nahezu gleich
anderen Stimulanzien (zum Beispiel Kokain oder geblieben (Epidemiologischer Suchtsurvey, 2019).
Amphetamin) hat Methamphetamin das höchste
Wirkpotenzial beziehungsweise die längste Halb- Gesundheitliche Folgen des Konsums
wertszeit, was die schädlichen Effekte und die
Abhängigkeitsgefahr verstärkt. Internationale Forschungsaktivitäten der vergan
genen Jahre konnten nachweisen, dass langfristiger
Methamphetaminkonsum eine Reihe gesundheit-
Trends licher Beeinträchtigungen und körperlicher Ver-
fallserscheinungen nach sich zieht. Gut belegt sind
→→ Auffällig bei der Verbreitung von Methampheta- beispielsweise drohende kognitive Defizite, zum
min ist, dass die Lebenszeitprävalenz je nach Beispiel Störungen der Aufmerksamkeit und des
Bundesland stärker variiert als bei anderen Gedächtnisses (Barr et al., 2006; London et al., 2005;
Substanzen (Gomes de Matos et al., 2018). Diese Salo et al., 2007; Rendell et al., 2009; Potvin et al.,
gesonderte Auswertung von Daten des Epide- 2018). Methamphetaminkonsumierende haben ein
miologischen Suchtsurveys aus sechs Bundes- erhöhtes Risiko für Herz- und Gefäßschäden. Vor
ländern zeigte folgende regionale Muster im allem bei häufigem Konsum können die Gefäße
Konsum von Methamphetamin: Während in vorzeitig altern und das Herz schwer geschädigt
Sachsen zwei Prozent und in Thüringen 1,7 Pro- werden. Bei frühzeitigem Ausstieg kann sich das
zent der Bevölkerung zwischen 18 und 64 Jahren Herz zum Teil wieder erholen. Es muss allerdings
Illegale Drogen
schon mindestens einmal Methamphetamin davon ausgegangen werden, dass langjähriger
konsumiert haben, trifft dies in Nordrhein- Methamphetaminkonsum unwiderruflich eine
Westfalen nur auf 0,3 Prozent der Erwachsenen verminderte Leistung des Herzens nach sich ziehen
zu. In Hessen liegt dieser Wert bei 0,7 Prozent, in kann. Dadurch steigt das Risiko für Herzrhythmus-
Hamburg sind es 0,9 und in Bayern 1,1 Prozent. störungen und plötzlichen Herztod (Darke et al.,
Da ein Großteil des in Europa verfügbaren 2017). Mehrfach festgestellt wurden ferner eine
Methamphetamins in Tschechien produziert Verbindung zwischen dem chronischen Missbrauch
wird, ist die Droge in den angrenzenden Bundes von Methamphetamin und Psychosen (McKetin et
ländern stärker verbreitet. al., 2013) sowie eine größere Aggressionsbereitschaft
und Gewalttätigkeit bei chronischen Methamphe
→→ Im Rahmen der Drogenaffinitätsstudie (2016) taminkonsumierenden (Zweben et al., 2004;
wurde das Konsumverhalten bei dieser Substanz Marinelli-Casey et al., 2008; Sekine et al., 2006).
erstmalig im Jahr 2015 erhoben. Bei den Zwölf-
bis 17-Jährigen lag die Zahl derer, die schon
einmal Methamphetamin konsumiert haben, so
niedrig, dass diese statistisch nicht ins Gewicht
fällt. Bei den 18- bis 25-Jährigen waren es
0,6 Prozent. Zu einem Trend kann bezüglich
dieser Konsumierendengruppen aktuell noch
keine Aussage getroffen werden, da keine neuen
Zahlen vorliegen. Im Jahr 2015 wurde zudem
erstmalig im Epidemiologischen Suchtsurvey
(2016) das Konsumverhalten in der Altersgruppe
der 18- bis 64-Jährigen untersucht. Demnach
Minuten und dauert ca. 20 bis 60 Minuten an. Die →→ Der durchschnittliche Wirkstoffgehalt von
aufputschende Wirkung des Kokains beruht auf der Kokain im Straßenhandel hat sich seit 2011 mehr
vermehrten Ausschüttung körpereigener Neuro- als verdoppelt und lag 2018 bei 77 Prozent.
transmitter wie Dopamin, Noradrenalin und Sero-
tonin. Dadurch kommt es zu einer massiven Stimu- Gesundheitliche Folgen des Konsums
lation des zentralen Nervensystems. Die als positiv
wahrgenommen Wirkungen sind eine gesteigerte Der Konsum von Kokain ist sowohl mit kurzfristi-
Wachheit und eine euphorische, gehobene Stim- gen als auch mit langfristigen Risiken für die
mung. Die allgemeine Aktivierung steigert für die Gesundheit verbunden. Akut können folgende
Dauer der Wirkung meist auch das Selbstwertgefühl Beeinträchtigungen auftreten: Krampfanfälle,
und senkt - je nach Kontext - soziale und sexuelle Schock, Verwirrtheit und Bewusstseinsstörungen,
Hemmungen. Auf der körperlichen Seite macht sich die zum Koma führen können, gesteigerte Aggressi-
die Stimulation durch motorische Hyperaktivität vität, paranoide Wahnvorstellungen, Halluzinatio-
sowie den Anstieg der Pulsfrequenz, des Blutdrucks, nen und Lähmung des Atemzentrums. Eine Studie
der Körpertemperatur und der Atemfrequenz ergab, dass jeder vierte nichttödliche Herzinfarkt bei
bemerkbar. Der Körper wird also insgesamt auf eine jüngeren Menschen (18–45 Jahre) auf den Konsum
höhere Leistungsfähigkeit eingestellt. Allerdings wird von Kokain zurückzuführen war (Universität
dem Körper keine Energie durch das Kokain zuge- Buffalo, 2001). Das Risiko, akut ernsthafte Probleme
führt, vielmehr werden seine Kraftreserven ver- zu bekommen, wird auch durch die schnelle
braucht. Charakteristisch ist ebenfalls der phasen- Toleranzentwicklung begünstigt: Man muss immer
weise Verlauf der Rauschwirkung, bei der nach mehr konsumieren, um die gleiche psychische
Abklingen der Euphorie negative Effekte in den Wirkung zu erzielen. Bei erhöhten Dosen nimmt die
Vordergrund treten können. Ängstlich-paranoide Zahl der Risiken deutlich zu. Dauerhafter und
ABBILDUNG 53
Konsum
Konsum von
von Kokain
Kokain (einschließlich
(einschließlich Crack)
Crack) bei
bei Erwachsenen
Erwachsenen (18–59
(18–59 Jahre)
Jahre)
4,4
%
4,1
4,0
3,6 3,6
3,5 3,2
3,0 2,7
2,5 2,3
1,9
2,0
1,4
1,5 1,3 1,2
0,9 1,0 0,9
1,0 0,8 0,7 0,7
0,6 0,6
0,5 0,3
0,0
1990 1995 1997 2000 2003 2006 2009 2012 2015 2018
Lebenszeit in den letzten zwölf Monaten Quelle: ESA 2018, IFT
Illegale Drogen
sche Schäden zur Folge haben. Neben einer sich dass Insekten über oder unter seiner Haut krabbeln.
schnell entwickelnden psychischen Abhängigkeit
zählen dazu die Schwächung des Immunsystems,
starker Gewichtsverlust sowie eine Schädigung von
Blutgefäßen, Leber, Herz und Nieren. Das Rauchen
von Kokain schädigt die Lunge (Cracklunge). Mit
dem intravenösen Konsum sind besondere Infek-
tionsrisiken verbunden. Das Sniefen wiederum
schädigt die Nasenschleimhaut und Nasenneben-
höhlen mit der Folge von chronischem Nasenbluten
sowie einer Verminderung des Geruchs-und
Geschmackssinns. Während der Schwangerschaft
führt Kokainkonsum zu Früh- und Totgeburten,
aber auch zu massiven Reifungsstörungen, die unter
anderem die Fehlentwicklung des Gehirns und
anderer Organe zur Folge haben. Die psychischen
Folgeschäden umfassen Angst und Verwirrtheit,
Depressionen, Schlafstörungen, Antriebs- und
Konzentrationsstörungen, Stimmungsschwankun-
gen und Persönlichkeitsveränderungen. Außerdem
können Psychosen mit Halluzinationen auftreten.
Krankheitswert vor allem im Bereich der patholo die Zahl der Studien angestiegen. Die Forschungs
gischen Computerspielnutzung vorliegen, wurde die ansätze sind dabei unterschiedlich und bedürfen der
Forschungsdiagnose auf diese begrenzt und als Fortentwicklung. Es besteht ein großer nationaler
Internet Gaming Disorder bezeichnet. Im Mai 2019 und internationaler Bedarf für Leitlinien zur
hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) formal Diagnostik und Behandlung internetbezogener
beschlossen, die Diagnose Gaming Disorder in die Störungen. Die Deutsche Gesellschaft für Sucht
11. Revision der International Classification of forschung und Suchttherapie (DG-Sucht) unter
Diseases (ICD-11) aufzunehmen, und sie in den Federführung der Suchtforschungsgruppe der
Bereich der mentalen Verhaltens- und Neuroent- Universität Lübeck strebt die Entwicklung einer
wicklungsstörungen eingeordnet. Der ICD-11-Kata- S1-Leitlinie an. Die Arbeiten hierzu wurden 2018
log dient weltweit zur Verschlüsselung von Diag aufgenommen. Im Vorfeld fand unter Förderung des
nosen. Er soll 2022 in Kraft treten. Derzeit ist noch Bundesministeriums für Gesundheit ein Workshop
nicht geklärt, ob weitere internetbezogene Ver mit 37 Expertinnen und Experten aus Forschung
haltensweisen – hierbei ist insbesondere die exzes und Versorgung, Fachverbänden und -gesellschaften
sive Nutzung sozialer Netzwerke zu nennen – eben- zur Sichtung des aktuellen Forschungsstandes zu
falls den Verhaltenssüchten zuzuordnen sind. internetbezogenen Störungen statt.
Computerspiel-/Internetabhängigkeit
ABBILDUNG 54
Verbreitung von Computerspiel- und Internetabhängigkeit nach Bildungs- und sozialen Merkmalen (12- bis 25-Jährige)
Verbreitung von Computerspiel- und Internetabhängigkeit nach Bildungs- und sozialen Merkmalen (Zwölf- bis 25-Jährige)
Befragte in der Sekundarstufe I Befragte außerhalb der Sekundarstufe I
%
10
9,8
8 7,6
6,9
6 5,7 5,4
3,8
4
2,7
2,1 2,0 2,0
2
0
Gym. Gesamt- Real- Haupt- Gym. Berufs- Auszu- Studie- Erwerbs- Arbeits-
Sek. I schule schule schule Sek. II schulen bildende rende tätige lose
Quelle: Drogenaffinitätsstudie 2015, BZgA
Quelle: Drogenaffinitätsstudie 2015, BZgA
8
Auswirkungen der exzessiven Mediennutzung
6,2
6
5,3 „Geld für Games – wenn Computerspiel zum Glücks-
4
spiel wird“ – Studie der DAK-Gesundheit und des
3,3 Deutschen Zentrums für Suchtfragen untersucht
3,0 2,6
2,1 2,5 Geldausgaben bei Zwölf- bis 17-Jährigen (2019)
2 2,0
Die große Mehrheit (85 Prozent) der Zwölf- bis Berücksichtigt wurden hierbei Online- und Off-
Computerspiel-/Internetabhängigkeit
17-Jährigen nutzt soziale Medien jeden Tag. Die line-Spiele auf allen verfügbaren technischen
tägliche Nutzungsdauer beträgt im Durchschnitt Endgeräten wie Computer, Spielekonsole, Smart-
knapp drei Stunden (166 Minuten). Die meiste Zeit phone und Tablet.
verbringen die Kinder und Jugendlichen mit der
Nutzung von WhatsApp (66 Prozent), gefolgt von Laut DAK-Studie spielen 72,5 Prozent der Jugend-
Instagram (14 Prozent) und Snapchat (neun lichen in Deutschland regelmäßig Computerspiele
Prozent). Zur Erfassung einer problematischen wie Fortnite, FIFA oder Minecraft. Das sind hoch
Social-Media-Nutzung wurde die Social Media gerechnet mehr als drei Millionen Minderjährige.
Disorder Scale (van den Eijnden et al., 2016) Insgesamt spielen knapp 90 Prozent aller Jungen
eingesetzt. Der standardisierte Fragebogen besteht und gut 50 Prozent der Mädchen. Nach einer
in der Kurzversion aus neun Fragen. Werden fünf Analyse des Deutschen Zentrums für Suchtfragen
oder mehr dieser Fragen mit „ja“ beantwortet, wird am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf
eine Social Media Disorder angenommen. In der (UKE) zeigen 15,4 Prozent der Spieler ein riskantes
repräsentativen Stichprobe erfüllten 2,6 Prozent oder pathologisches Spielverhalten. Damit wären
der Zwölf- bis 17-Jährigen die Kriterien einer Social 465.000 Kinder und Jugendliche zwischen zwölf und
Media Disorder. Mädchen sind mit 3,4 Prozent 17 Jahren Risikogamer, davon 79 Prozent Jungen.
3,3 Prozent der Betroffenen erfüllen sogar die Arbeitsunfähigkeitsdaten sowie die ambulanten
Kriterien einer Computerspielabhängigkeit mit und stationären Versorgungsdaten aller erwerbs-
Entzugserscheinungen, Kontrollverlusten oder tätigen DAK-Versicherten ausgewertet und durch
Gefährdungen. eine repräsentative Befragung von 5.614 abhängig
Beschäftigten ergänzt.
Mehr als die Hälfte der regelmäßigen Spieler gab in
den sechs Monaten vor der Befragung Geld für • Mehr als jeder zweite Erwerbstätige in Deutsch-
Spiele oder Extras aus. Im Durchschnitt lagen die land (56,1 Prozent) spielt Computerspiele. 6,5 Pro-
Ausgaben bei 110 Euro, wobei auch ein Spitzenwert zent der Erwerbstätigen gelten als riskante Gamer.
von knapp 1.000 Euro genannt wurde. Jeder dritte Das heißt: 2,6 Millionen Beschäftigte zeigen
Euro wurde für die Computerspiele Fortnite und auffälliges Nutzungsverhalten. Jeder vierte von
FIFA ausgegeben. Bei den Extras wurde das Geld ihnen spielt auch während seiner Arbeitszeit. Vor
meist für die sogenannte In-Game-Währung oder allem junge Erwerbstätige zwischen 18 und
für Spaß- und Verschönerungselemente eingesetzt. 29 Jahren sowie Männer sind laut DAK-Report
Sechs Prozent der Gamer gaben an, das Geld für riskante Computerspieler (11,6 Prozent und
Extras am ehesten in Loot-Boxen zu investieren, die 8,5 Prozent).
wie beim Glücksspiel „zufällig“ über den weiteren
Spielverlauf entscheiden. Auch das Gamen beeinflusst die Arbeitswelt und die
Gesundheit stark:
Unauffällige und Risikogamer unterscheiden sich in
ihrer Bereitschaft, Geld für Games auszugeben: • Jeder vierte Arbeitnehmer mit riskantem Spielver-
Während etwas weniger als die Hälfte (47,7 Prozent) halten gibt an, während der Arbeitszeit Computer-
der unauffälligen Gamer im vergangenen halben spiele zu spielen. Bei Erwerbstätigen mit Compu-
Jahr Geld für die Anschaffung von Spielen und etwa terspielsucht sagt das fast jeder Zweite.
ein Viertel (26,3 Prozent) für Extras bezahlte, lagen
die Anteile bei den Risiko-Gamern mit 56,4 Prozent • Etwa jeder zehnte Arbeitnehmer mit riskantem
für die Anschaffung und 43,6 Prozent für Extras Spielverhalten (9,4 Prozent) war in den vergange-
deutlich höher. Risiko-Gamer gaben im Mittel im nen drei Monaten nach eigenen Angaben wegen
vergangenen halben Jahr vor der Befragung etwa des Computerspielens abgelenkt oder unkonzen
Computerspiel-/Internetabhängigkeit
50 Euro mehr für die Anschaffung von Spielen aus triert bei der Arbeit. Bei Erwerbstätigen mit einer
(134,92 Euro) als unauffällige Gamer (82,24 Euro). Computerspielsucht betrifft dies mehr als jeden
Auch im Bereich der Extras lag ihr Anteil (93,71 Dritten (34,1 Prozent).
Euro) mehr als 50 Euro über dem der unauffälligen
Gamer (39,06 Euro). Es zeigte sich ein deutlicher • 8,6 Prozent der riskanten Gamer kamen wegen
Zusammenhang zwischen Gaming-Sucht und ihres Spielens zu spät zur Arbeit oder machten
Geldausgaben: Je stärker die Gamer ein sucht deshalb früher Feierabend. Bei computerspiel-
ähnliches Verhalten beschrieben, desto mehr Geld süchtigen Beschäftigten sind es 24,8 Prozent.
investierten sie in Spiele.
• Bei 0,7 Prozent der Arbeitnehmer mit riskantem
DAK-Gesundheitsreport 2019: Computerspiele Spielverhalten hat das Spielen eine Rolle für eine
und soziale Medien bei Arbeitnehmern Der oder mehrere Krankmeldungen innerhalb des
Schwerpunkt des DAK-Gesundheitsreports 2019 vergangenen Jahres gespielt. Bei süchtigen
beschäftigte sich erstmals mit den Auswirkungen Beschäftigten sind es 9,7 Prozent.
unkontrollierten Medienkonsums auf den Ar-
beitsplatz. Im Rahmen der Studie wurden die
Die Nutzung sozialer Medien am Arbeitsplatz ist 18 Prozent gaben an, dass sie in den vergangenen
weitverbreitet: 69 Prozent der Nutzer sozialer drei Monaten wegen der Beschäftigung mit sozialen
Medien machen in Arbeitspausen Gebrauch von Medien abgelenkt oder unkonzentriert waren.
sozialen Medien, 40 Prozent auch während der 0,4 Prozent der Beschäftigten erfüllten die Kriterien
Arbeitszeit. Für einen kleineren Teil der Nutzer einer Social Media Disorder.
könnte sich das auf die Arbeitsleistung auswirken:
ABBILDUNG 56
Riskante
Riskante Nutzung
Nutzung Computerspiele:
Computerspiele: 2,62,6 Millionen
Millionen Beschäftigte
Beschäftigte
Internet
Internet Gaming Disorder: 0,4 Millionen Beschäftigte
Gaming Disorder: 0,4 Millionen Beschäftigte
1,3 % 0,7 %
6,5 % „riskante 1,0 % IGD- 100 %
Nutzung“ positiv 4,5 %
8,5 %
43,9 % keine 80 %
Nutzung
von Video- 43,7 %
spielen
51,1 %
60 %
Keine Angabe
40 %
IGD-positiv
50 % „riskante Nutzung“
20 % 38,1 % „normale Nutzung“
ABBILDUNG 57
Computerspielverhalten wirkt sich deutlich auf die Arbeit aus
Computerspielverhalten wirkt sich deutlich auf die Arbeit aus
Computerspiel-/Internetabhängigkeit
0,4 % Social Media 15,3 % keine Nutzung
Disorder trifft zu sozialer Medien
Männliche Beschäftigte unterscheiden sich dabei nicht signifikant von weiblichen Beschäftigten.
Transparenz darüber, welche Angebote und Apps für beherrschen, sondern Spaß machen und die reale
ihre Kinder geeignet sind und welche nicht. Alters- Welt ergänzen, wissen viele Kinder nicht. Auch
kennzeichen müssen sich an Inhalten, nicht an Eltern und andere Bezugspersonen wünschen sich
Übertragungswegen orientieren und die sogenann- mehr Informationsangebote, um Kindern den
ten Interaktionsrisiken insbesondere durch Kon- Umgang mit der digitalen Welt besser vermitteln zu
taktmöglichkeiten und Mikrotransaktionen berück- können.
sichtigen. Auch gegen Betreiber im Ausland, die für
ABBILDUNG 59
Empfehlungen der Kinder- und Jugendärzte für Eltern zum achtsamen Bildschirmmediengebrauch
!
Schule einhält.
!
EINSETZEN
→ Nutzen Sie Bildschirmmedien nicht zur Belohnung,
Bestrafung oder Beruhigung. AUFKLÄRUNG UND INTERNET
→ Sorgen Sie für eine sexuelle Aufklärung Ihres Kindes,
!
Computerspiel-/Internetabhängigkeit
→ Erlauben Sie sich und Ihrem Kind, auch unerreichbar zu sein.
→ Bestärken Sie Ihr Kind, unabhängig vom Smartphone zu
ERSTE FILMERFAHRUNGEN BEGLEITEN bleiben.
→ Begleiten Sie Filmerfahrungen Ihres Kindes: Unterbrechen → Unterstützen Sie Kommunikation ohne elektronische Geräte.
Sie anfangs bei Rückfragen, sprechen Sie mit Kindern über
Gesehenes.
→ Wählen Sie ruhige, altersgerechte Fernsehsendungen ohne
Gewalt aus; überlassen Sie die Fernbedienung nicht Ihren
!
Kindern. Wichtig: Wenn Ihr Kind das reale Leben
→ Machen Sie den Werbeblock zur Pause; schalten Sie den vernachlässigt: Suchen Sie professionelle Hilfe!
Ton aus.
Marlene Mortler,
Drogenbeauftragte der Bundesregierung
Computerspiel-/Internetabhängigkeit
Ihr Kind wird sich Ihre Setzen Sie Medien nicht als Machen Sie mit Ihrem Kind
Gewohnheiten abschauen. Erziehungsmaßnahme ein. reale Erfahrungen.
Klare Regeln helfen Essenszeit ist handyfrei Finden Sie die richtige Balance mit Medien im Alltag.
Mehr Tipps und Informationen unter
Begrenzen Sie den Benutzen Sie keine Medien beim Essen. www.leben-mit-medien.de
Medienkonsum zeitlich.
Die repräsentative Onlinebefragung wurde von der • Die Hälfte der Befragten (50 Prozent) fühlt sich
Drogenbeauftragten in Auftrag gegeben. Es wurden ausreichend über die gesundheitlichen Risiken
2.069 Personen ab 18 Jahren interviewt. Darunter der Nutzung von Bildschirmmedien informiert.
waren 399 Eltern oder Erziehungsberechtigte von Annähernd ein Drittel der Befragten (31 Prozent)
mindestens einem Kind unter 18 Jahren. stimmt hierbei allerdings nicht zu. Insgesamt 14
Prozent weiß hier keine Antwort und fünf
Ergebnisse: Prozent machen keine Angabe.
ABBILDUNG 60
Unterstützung
Unterstützung gewünscht
gewünscht
49 %
Computerspiel-/Internetabhängigkeit
65 %
der Befragten sagen: „Schulen sollten mehr
Medienkompetenz ermitteln.“
ABBILDUNG
Der 61
deutsche Glücksspielmarkt - Regulierter (erlaubter) Markt, 2017
Der deutsche Glücksspielmarkt – Regulierter (erlaubter) Markt, 2017
Staatliche Lotterien
und Sportwetten
Pferdewetten; des DLTB;
43 3.584
Spielbanken;
607 davon Sportwetten;
607 Klassenlotterien;
200
Bruttospielerträge, Sonstige Lotterien;
gesamt: 905 Soziallotterien;
10.989 Mio. Euro 451
Sparlotterien;
Geldspielgeräte 254
in Spielhallen
und Gaststätten; Quelle: Jahresreport der Länder von 2017, Nov. 2018, S. 7 und 14
5.850 Angaben in Mio. EUR
Online-Casino; Online-Poker;
1.760 118
Online-Zweitlotterien;
279 Online;
Sport- und rd. 35 %
Bruttospielerträge, Pferdewetten;
gesamt: 1.027
3.184 Mio. Euro
Stationär;
Glücksspiel
rd. 65 %
TABELLE 14
Prävalenzen des Glücksspielverhaltens bei Jugendlichen und Erwachsenen
ABBILDUNG 63
Problematisches Glücksspielverhalten bei Jugendlichen (16–17 Jahre)
Problematisches Glücksspielverhalten bei Jugendlichen (16–17 Jahre)
%
1,75
1,50 1,43 1,37
1,21
1,25
1,03
1,00
0,80
0,71
0,75 0,63
0,17
0,50 0,62 0,13 0,37
0,09
0,25
Glücksspiel
ABBILDUNG 64
Teilnahme an irgendeinem Glücksspiel (16–70 Jahre)
Teilnahme an irgendeinem Glücksspiel (16–70 Jahre)
%
90 86,5 87,1 86,0
78,5 77,6
80 75,3
70 64,4
60,7
60 56,6
48,0
50 55,0 53,8
50,7 42,1
40 37,8
40,0
30 37,3 37,3
31,5
20 26,6
24,2
19,9 18,2
10 15,3
0
2007 2009 2011 2013 2015 2017
in den letzten zwölf Monaten (16–70 Jahre) bis 2011 Festnetzstichprobe, seit 2013 „Dual Frame“ Stichprobe
in den letzten zwölf Monaten (16–17 Jahre) Quelle: Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht 2017, BZgA
ABBILDUNG 65
Problematisches und
Problematisches und pathologisches
pathologisches Glücksspielverhalten
Glücksspielverhalten (16–70
(16–70 Jahre)
Jahre)
2,0
1,32
1,5
0,82 0,55
1,0 0,58 0,68
0,45 0,55
0,49 0,31
0,37 0,34
0,5 0,39 0,06
0,64 0,51 0,69 0,42 0,56 0,88 0,73 1,16 0,66 0,64 0,40 0,31
0,07
0,28
Glücksspiel
Glücksspiel
Auf die festgestellten Mängel hin lud der Dach Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Die
verband „Die Deutsche Automatenwirtschaft e.V.“ im teilnehmenden Unternehmen verpflichteten sich in
Mai 2017 zu einem Runden Tisch ein, an dem die im einem „Gemeinsamen Papier“, den gesetzlich
Dachverband organisierten Verbände der Automa- vorgeschriebenen Jugend- und Spielerschutz
tenindustrie und der Automatenunternehmer, die herzustellen und diesen im Rahmen einer unabhän-
Tank und Rast Gruppe GmbH & Co. KG, die Vereini- gigen Prüfung kontrollieren zu lassen.
gung Deutscher Autohöfe e.V. (VEDA) sowie Sucht-
hilfeexperten vertreten waren. Begleitet wurde der Anfang des Jahres 2019 erfolgte diese Überprüfung
Runde Tisch durch das Bundesministerium für in den bereits im Jahr 2017 besuchten gastronomi-
Wirtschaft und Energie, das Bundesministerium für schen Betrieben, die zu folgenden Ergebnissen
Verkehr und digitale Infrastruktur sowie die führte:
TABELLE 15
Anmerkung: Die Ergebnisse für die gastronomischen Betriebe an Quelle: „Umsetzung des Spieler- und Jugendschutzes in
Raststätten und Autohöfen sind nicht repräsentativ für die gastronomischen Betrieben von Raststätten und Autobahnen“
Aufstellung von Geldspielgeräten in anderen Gastronomieformaten. Jürgen Trümper, 2017 und 2019
Die Überprüfung zeigt deutliche Verbesserungen im Ebenso wichtig für den Jugend- und Spielerschutz
Jugend- und Spielerschutz. Dies gilt insbesondere sind die von der SpielVO vorgeschriebenen Sozial-
für die gesetzlich vorgeschriebene „technische konzepte und die Schulungszertifikate der Service-
Sicherung der Spielgeräte“, die das unkontrollierte kräfte gemäß dem Glücksspielstaatsvertrag. Dies
Spielen, z. B. durch Minderjährige, verhindern soll. wurde im Rahmen der Überprüfung erstmalig
untersucht:
TABELLE 16
Anmerkung: Die Ergebnisse für die gastronomischen Betriebe an Quelle: „Umsetzung des Spieler- und Jugendschutzes in
Raststätten und Autohöfen sind nicht repräsentativ für die gastronomischen Betrieben von Raststätten und Autobahnen“
Aufstellung von Geldspielgeräten in anderen Gastronomieformaten. Jürgen Trümper, 2017 und 2019
TABELLE 17
durch ein begrenztes Glücksspielangebot Voraus Nach der bisherigen Regelung ist Online-Glücks-
setzungen für eine wirksame Suchtprävention zu spiel grundsätzlich unzulässig. Allerdings sollten mit
schaffen. Gegenwärtig wird über Änderungen des dem 2. Änderungsstaatsvertrag von 2012 im
Glücksspielstaatsvertrages verhandelt. Rahmen einer Experimentierklausel sehr behutsam
GASTBEITRAG
Sogenannte Lootboxen sind Schatz- bzw. Beutekisten und mittlerweile ein fester Bestand-
teil online-basierter Spiele. Sie liefern dem User Ausrüstung oder Fertigkeiten, damit seine
Spielfigur (Avatar) leistungsfähiger wird, und funktionieren in den rechtlich virulenten
Fällen wie folgt: Stößt der Spieler auf eine der vielen virtuellen Lootboxen im Spiel, lassen
sie sich durch ein paar einfache Klicks effektvoll, beispielsweise mit Lichtblitzen, für etwa
zwei Euro pro Stück öffnen. Was der Spieler genau erlangt, hängt von seinem Glück ab,
wobei die interessanteren Gegenstände mithilfe eines Zufallsalgorithmus künstlich
verknappt werden und damit seltener aus der Kiste fliegen. Es verwundert daher nicht,
dass sich Lootboxen zu wahren Schatzkisten der Spielanbieter entwickelt haben, führt
Verknappung doch zu Nachfragesteigerungen. Hinzu kommen Sekundärmärkte in Form
von Online-Plattformen, auf denen die echten Hingucker etwa ein neuer Tarnanzug oder
ein wirkungsvolles Lichtschwert gehandelt werden, je nach „tool“ ggf. für mehrere Hun-
dert Euro. Oftmals ist der Verkauf des Inhalts von Lootboxen zwar vom Spielanbieter
untersagt, nicht aber dessen Weitergabe von Avatar zu Avatar innerhalb des Spiels, sodass
der Kaufpreis außerhalb der Spielplattform auf den Websites der Sekundärmärkte entrich-
tet werden kann.
spielprägend sind. Wegen des für den Inhalt der Lootbox maßgeblichen Zufallsalgorith-
mus steht im Falle eines funktionierenden Handels mit den wertvolleren Ausrüstungs-
gegenständen über Sekundärmärkte vor allem das Merkmal „Einsatz“ infrage. Dessen
Erheblichkeit folgt aus der Höhe des Entgelts sowie aus der künstlichen Verknappung
wertvoller Funde, weil sie zum Mehrfachspiel anreizt, bis etwas Brauchbares gefunden
wurde. Da Lootboxen deshalb zwar nicht ohne Inhalt sind, dieser aber überwiegend
weniger wertvoll ist als der entrichtete Einsatz, fehlt es zudem an einer Gegenleistung, die
ein Glücksspiel ausschließen könnte. Gerade darin liegt der Unterschied zu Sammelbild-
packungen oder Überraschungseiern, in denen sich zwar auch mehr oder weniger interes-
sante Gegenstände verbergen können, die aber in ihrem Wert in etwa den Kaufpreis
zuzüglich eines Unternehmergewinns spiegeln. Daran ändert sich auch nichts für den Fall,
dass sich Verkaufsforen bilden, auf denen die Figur im „siebten Ei“ plötzlich unter Samm-
lern zu Höchstpreisen gehandelt wird. Zumal solche Foren nicht für das Fortkommen in
konkreten Spielen relevant und daher nicht ansatzweise so dynamisch sind wie die
„Lootbox-Sekundärmärkte“.
Hält man Lootbox-Angebote demnach für Glücksspiele, ergeben sich daraus straf-
(§ 284 StGB) und zivilrechtliche (§ 763 BGB) Folgen, da sie nicht genehmigungsfähig sind.
Denn § 4 Abs. 4 GlüStV richtet ein Glücksspielverbot im Internet auf, von dem nur
§ 4 Abs. 5 GlüStV unter sehr strengen Voraussetzungen Ausnahmen macht, die Lootboxen
derzeit soweit ersichtlich nicht erfüllen. Diese Einschätzung entspricht den Zielen des
Glücksspielrechts: Denn aufgrund der effektvollen Animation beim Öffnen der Schatzkis-
te wird der Spieler zur Wiederholung angestachelt. Dieser Anreiz zu neuem Spiel poten-
ziert sich noch dadurch, dass das Computerspiel in sozialer Isolation am heimischen PC
schon als solches ein erhebliches Suchtpotenzial aufweist. Die Glücksspielaufsicht ist
folglich zum Handeln aufgerufen. Ob sie dafür über geeignetes Rüstzeug verfügt, steht
indes auf einem anderen Blatt, weil absolute Verbote erfahrungsgemäß Schwarzmärkte
fördern. Einsatzgrenzen, Pausenzeiten, Spielwiederholungsverbote und Spielersperren
könnten ggf. ein probateres Mittel sein, damit Lootboxen für alle Seiten Schatzkisten sind
und der User nicht zur leichten Beute des Anbieters wird.
1
Beitrag von Kai Abraham et al. im Auftrag der Länderübergreifenden Arbeitsgruppe „Stoffgebundene Suchtproblematik“ (2019).
2
Dieser Bericht wurde im Auftrag der länderübergreifenden Arbeitsgruppe verfasst von:
Katharina Stoll (Kriminologischer Dienst Berlin), Michael Bayer (Kriminologischer Dienst Sachsen-Anhalt), Ulrike Häßler (Kriminologischer
Dienst Niedersachsen) & Kai Abraham (Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Berlin).
bzw. weisen häufiger einen multiplen Substanz von Kompetenzen und Strategien konzentriert.
gebrauch auf. Diese sollte es dem Gefangenen ermöglichen, ein
Leben ohne Straftaten zu führen, insbesondere
Zudem lassen sich Unterschiede zwischen den wenn die Suchtproblematik die Straffälligkeit
Haftarten aufzeigen: Im Bereich der Jugendstrafe mitbegründet.
finden sich die meisten Gefangenen mit einem
Suchtproblem. Der geringste Anteil an Gefangenen
mit einer Suchtproblematik ist im Bereich der Methodik
Untersuchungshaft festzustellen.
Die bundeseinheitliche Erhebung konnte zum
Insgesamt zeigt sich bei inhaftierten Personen eine 01.01.2016 in allen deutschen Justizvollzugsan
im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung deutlich stalten gestartet werden. In die hier vorgestellten
höhere Belastung durch psychotrope Substanzen. Auswertungen wurden Daten aus zwölf von 16
Dieser Befund ist über die Geschlechter und unter- Bundesländern für den Stichtag 31.03.2018 einbezo-
schiedlichen Altersgruppen hinweg stabil. gen. Auch wenn mit dem vorliegenden Datensatz
noch nicht die gesamte bundesdeutsche Situation
Die Ergebnisse lassen einen unterschiedlichen im Justizvollzug abgebildet werden kann, lassen sich
Behandlungs- und Betreuungsbedarf erkennen. aus den Ergebnissen dennoch Tendenzen ablesen,
Nicht nur das Ausmaß, sondern insbesondere die die für Entscheidungen zur Gesundheitsversorgung
konsumierten Substanzen erfordern eine Gesund- im (Straf-)Vollzug von hoher Relevanz sind. Die
heitsversorgung, die sich auf die Stabilisierung des Erhebungen sollen in Zukunft in allen 16 Bundes-
Gesundheitszustandes sowie auf die Vermittlung ländern fortlaufend wiederholt werden.
TABELLE 18
Datengrundlage der bundeseinheitlichen Erhebung und Anteil an allen Gefangenen am Stichtag in Deutschland
ABBILDUNG 66
Gesamtüberblick
Gesamtüberblick zur
zur Suchtproblematik
Suchtproblematik differenziert
differenziert nach
nach Geschlecht
Geschlecht (Angaben
(Angaben in
in Prozent)
Prozent)
100 %
27 % 28 % 27 %
80 %
60 %
40 % 17 % 17 %
11 %
56 % 61 % 56 %
20 %
0%
männlich weiblich insgesamt
(n = 39.699) (n = 2.197) (n = 41.896)
Ländern sehr heterogen ausfällt. Während es Länder jeweiligen Haftart befindlichen Personen wurde
gibt, in denen insgesamt ein Viertel der männlichen eine Substanzabhängigkeit, bei weiteren 16 Prozent
Gefangenen eine Suchtproblematik aufweist, finden bzw. 18 Prozent ein missbräuchlicher Konsum von
sich andererseits Länder, in denen dies auf knapp Substanzen festgestellt.
zwei Drittel der männlichen Gefangenen zutrifft.
Bei den weiblichen Gefangenen variieren die Der höchste Anteil an Gefangenen mit einer
Minimum- und die Maximum-Werte der Länder Suchtproblematik findet sich in der Haftart Jugend-
zwischen elf Prozent und 57 Prozent, das heißt, es strafe. Hierbei weisen rund 56 Prozent der jugend-
gibt Länder, in denen jede zehnte inhaftierte Frau lichen Gefangenen (inkl. Gefangene, die gemäß
ein Suchtmittelproblem aufweist, sowie Länder, in § 114 JGG ihre Freiheitsstrafe in einer Jugendstraf-
denen dies bei jeder zweiten inhaftierten Frau anstalt verbüßen) entweder eine Substanzabhängig-
festzustellen ist. keit (27 Prozent) oder einen Substanzmissbrauch
(29 Prozent) auf. Bei 44 Prozent der Jugendlichen ist
kein Suchtproblem erkennbar.
Stoffgebundene Suchtproblematik
differenziert nach Haftarten Die Minimum-Maximum-Werte der Gesamtbe
lastung weisen jedoch auf deutliche Unterschiede
In der Erhebung wird außerdem eine Differen zwischen den beteiligten Ländern hin. Mit Spann-
zierung nach Haftarten vorgenommen. Berück weiten von zwei Prozent bis 83 Prozent (Jugendstra-
sichtigt wird hierbei die Haftart, welche die inhaf- fe) bzw. null Prozent bis 79 Prozent (Sicherungsver-
tierte Person am jeweiligen Stichtag verbüßt. wahrung) sind hierbei deutliche Unterschiede zu
Unterschieden wird zwischen Untersuchungshaft, verzeichnen, insbesondere bei Personen, die eine
Freiheitsstrafe (einschließlich § 89b JGG), Ersatz Jugendstrafe verbüßen, aber auch bei Personen, die
freiheitsstrafe, Jugendstrafe (einschließlich sich in Sicherungsverwahrung befinden.
§ 114 JGG) und Sicherungsverwahrung. Abbildung
67 kann die Suchtmittelbelastung in den einzelnen
Haftarten entnommen werden. Stoffgebundene Suchtproblematik
differenziert nach Vollzugsformen
Im Vergleich mit den übrigen Haftarten ist in der
Untersuchungshaft der geringste Anteil an Gefan Neben der Betrachtung der Haftarten können die
genen mit einer Suchtproblematik zu verzeichnen. Daten auch hinsichtlich der Vollzugsformen (offen
Insgesamt 62 Prozent der Untersuchungsgefange- vs. geschlossener Vollzug) ausgewertet werden,
nen weisen weder eine Substanzabhängigkeit noch wobei nochmals auf die deutliche Unterrepräsen-
einen missbräuchlichen Substanzkonsum auf. Eine tanz von Personen hingewiesen werden muss, die
Abhängigkeit von mindestens einer Substanz wurde am Stichtag im offenen Vollzug untergebracht
bei 21 Prozent, ein Substanzmissbrauch bei 17 Pro- waren. Betrachtet werden in nachstehender Ab
zent der Gefangenen aus der U-Haft festgestellt. bildung 68 ausschließlich Gefangene, die am
Stichtag eine Freiheits-, Jugend- oder eine Ersatz-
Für die Haftarten Ersatzfreiheitsstrafe, Freiheits freiheitsstrafe verbüßt haben.
strafe und Sicherungsverwahrung zeigt sich eine
recht ähnliche Verteilung. Von den Personen, die am Es wird deutlich, dass im offenen Vollzug am
Stichtag 31.03.2018 eine Ersatzfreiheitstrafe oder Stichtag wesentlich weniger Gefangene mit einer
eine Freiheitsstrafe verbüßten bzw. sich in Siche- Suchtproblematik untergebracht waren als im
rungsverwahrung befanden, weist jeweils knapp die geschlossenen Vollzug. Während im offenen Vollzug
Hälfte kein Suchtmittelproblem auf (55 Prozent bzw. mehr als drei Viertel der Gefangenen keine Sucht-
51 Prozent). Bei jeweils einem Drittel der in der problematik aufzeigen, liegt der Anteil im
ABBILDUNG 67
Gesamtüberblick zur Suchtproblematik differenziert nach Haftarten (Angaben in Prozent)
Gesamtüberblick zur Suchtproblematik differenziert nach Haftarten (Angaben in Prozent)
U-Haft (n = 9.271) 62 % 17 % 21 %
Freiheitsstrafe
(inkl. 89b JGG) (n = 26.773)
55 % 16 % 29 %
Ersatzfreiheitsstrafe (n = 2.994) 55 % 16 % 29 %
Jugendstrafe
(inkl. § 114 JGG) (n = 2.504) 44 % 29 % 27 %
Sicherungsverwahrung (n = 354) 51 % 18 % 31 %
0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %
ABBILDUNG 68
Gesamtüberblick zur Suchtproblematik differenziert nach Vollzugsformen (Strafhaft inklusive Ersatzfreiheitsstrafe)
Gesamtüberblick zur Suchtproblematik differenziert nach Vollzugsformen (Strafhaft inklusive Ersatzfreiheitsstrafe)
(Angaben in Prozent)
(Angaben in Prozent)
100 %
9% 31 % 29 %
14 %
80 %
77 %
17 %
17 %
60 %
54 %
51 %
40 %
20 %
0%
offener Vollzug geschlossener Vollzug Strafhaft (inkl. EFS)
(n = 3.246) (n = 29.025) (n = 32.271)
geschlossenen Vollzug bei 51 Prozent. Damit weist Unterschiede zwischen den Ländern zu verzeichnen,
rund jeder Zweite im geschlossenen Vollzug ein hier insbesondere für den offenen Vollzug. Während
Suchtmittelproblem auf (siehe Abbildung 68). es Länder gibt, in denen kein Gefangener im offenen
Vollzug ein Suchtmittelproblem aufweist, gibt es auf
Weiterhin wird festgestellt, dass im offenen Vollzug der anderen Seite Länder, in denen bei mehr als drei
eher Gefangene untergebracht wurden, die maximal Viertel der Gefangenen ein Suchtmittelproblem
einen missbräuchlichen Konsum (im Vergleich zum (Substanzabhängigkeit oder Substanzmissbrauch) zu
abhängigen Konsum) aufweisen. Suchtmittelab beobachten ist. Für den geschlossenen Vollzug
hängige Gefangene nehmen hierbei lediglich einen bewegt sich der Anteil von Gefangenen mit einem
Anteil von etwa neun Prozent ein. Im geschlossenen Suchtmittelproblem zwischen 20 und 64 Prozent.
Vollzug beträgt der Anteil der suchtmittelabhängi-
gen Gefangenen hingegen 31 Prozent. Damit beträgt
der Anteil abhängiger Gefangener im offenen Hauptsubstanz differenziert
Vollzug lediglich ein Drittel von dem des geschlosse- nach Haftarten und Geschlecht
nen Vollzuges.
Sowohl bei den substanzabhängigen männlichen als
Auch in Bezug auf diese Differenzierung lässt sich auch bei den substanzabhängigen weiblichen
eine unterschiedliche Verteilung in den berück Gefangenen überwiegt mit 32 bzw. 44 Prozent der
sichtigten zwölf Bundesländern feststellen. Mit einer multiple Substanzgebrauch (siehe Abbildung 69). Im
Spannweite von null bis 77 Prozent sind deutliche Folgenden dominieren sowohl bei den Männern als
ABBILDUNG 69
Gesamtüberblick zur
Gesamtüberblick zur Hauptsubstanz
Hauptsubstanz differenziert
differenziert nach
nach Geschlecht
Geschlecht (Angaben
(Angaben in
in Prozent)
Prozent)
100 %
32 % 44 % 18 % 24 % 27 % 38 %
80 %
7%
8% 11 %
7%
7%
60 % 38 % 5% 6%
5% 6%
23 % 23 %
14 %
5% 10 %
40 % 34 %
19 % 28 %
14 % 13 %
20 % 24 %
21 % 20 % 22 %
11 % 13 %
0%
m w m w m w
Substanzabhängigkeit Substanzmissbrauch Suchtproblematik insgesamt
Anmerkung: Werte unterhalb von 5 % werden zur besseren Lesbarkeit nicht ausgewiesen.
ABBILDUNG 70
Gesamtüberblick zur
Gesamtüberblick zur Hauptsubstanz
Hauptsubstanz differenziert
differenziert nach
nach Haftarten
Haftarten und
und Geschlecht
Geschlecht (Angaben
(AngabenininProzent)
Prozent)
100 %
22 % 31 % 29 % 39 % 20 % 42 % 18 % 43 % 25 % 28 % 33 %
80 % 5%
7%
8% 5%
7% 58 %
11 % 7% 20 % 6%
60 % 50 %
5%
5% 7% 30 % 5%
26 % 14 % 18 % 14 %
9%
8%
15 % 25 %
40 % 30 % 14 %
30 % 15 %
14 % 32 % 15 %
20 % 24 %
20 %
16 % 29 % 14 % 17 % 52 %
11 % 12 % 11 %
0%
m w m w m w m w m w m w
U-Haft (21 Jahre Freiheitsstrafe Ersatzfrei- U-Haft (14 bis Jugendstrafe Sicherungs-
und älter) heitsstrafe unter 21 Jahre) verwahrung
auch bei den Frauen Alkohol und Opioide als (18 Prozent) einen missbräuchlichen multiplen
Hauptsubstanz, jedoch in unterschiedlicher Aus Substanzgebrauch. Auch für den Substanzmissbrauch
prägung. 21 Prozent der substanzabhängigen gilt, dass mit 14 Prozent mehr Frauen als Männer
Männer und elf Prozent der substanzabhängigen (4 Prozent) eine Substanz aus der Substanzklasse der
Frauen weisen eine Alkoholabhängigkeit auf. Für Opioide als Hauptsubstanz nutzen. Mit elf Prozent
34 Prozent der Frauen und 19 Prozent der Männer nutzten Frauen ebenfalls häufiger andere Stimulan
wurde eine Abhängigkeit von einer Substanz aus der zien als die männlichen Gefangenen (7 Prozent).
Klasse der Opioide festgestellt.
Insgesamt zeigen sich bei den männlichen Gefan
Auch bei den als substanzmissbrauchend einge- genen mit einer Suchtproblematik neben einem
schätzten Gefangenen zeigen sich Unterschiede multiplen Substanzgebrauch (27 Prozent) bei jeweils
zwischen männlichen und weiblichen Gefangenen knapp einem Fünftel die Substanzklassen Canna
hinsichtlich der konsumierten Hauptsubstanz. binoide (23 Prozent) und Alkohol (22 Prozent) als
Während 38 Prozent der männlichen Gefangenen relevant. Zwischen den beteiligten Ländern variieren
Cannabinoide als Hauptsubstanz nutzten, liegt diese Anteile bei den männlichen Gefangenen jedoch
dieser Anteil bei den weiblichen Gefangenen bei deutlich. So sind für den multiplen Substanzgebrauch
etwa 23 Prozent. Alkohol ist für ein Viertel der Anteile zwischen null und 39 Prozent festzustellen.
Männer und ein Fünftel der Frauen Hauptsubstanz Bezüglich der Substanzklasse der Cannabinoide
im Bereich des missbräuchlichen Konsums. Mit variieren die Werte zwischen 14 und 32 Prozent, bei
24 Prozent zeigen etwas mehr Frauen als Männer Alkohol zwischen zwölf und 41 Prozent.
Bei den weiblichen Gefangenen mit einer Sucht Hauptsubstanz der Opioide, bei welcher der Anteil bei
problematik dominieren insbesondere der multiple weiblichen Gefangenen ebenfalls stets höher ausfällt.
Substanzgebrauch (38 Prozent) sowie die Opioide
(28 Prozent). Zwischen den Ländern sind hierbei Erwachsene weibliche U-Gefangene (21 Jahre und
ebenfalls unterschiedliche Anteile festzustellen. Im älter) weisen häufiger einen multiplen Substanz
Bereich des multiplen Substanzgebrauchs ergeben gebrauch auf als erwachsene männliche U-Gefan
sich Anteile zwischen null und 63 Prozent. Bezüglich gene (31 Prozent der Frauen vs. 22 Prozent der
der Hauptsubstanz Opioide variieren die Anteile in Männer). Während 14 Prozent der männlichen
den Ländern zwischen null und 50 Prozent. U-Gefangenen Stoffe aus der Substanzklasse der
Opioide als Hauptsubstanz konsumieren, fällt dieser
Die Substanzklassen flüchtige Lösungsmittel und Anteil mit 30 Prozent bei den weiblichen U-Gefan-
Halluzinogene spielen als Hauptsubstanzen sowohl genen rund doppelt so hoch aus. Die Geschlechter-
bei den Männern als auch bei den Frauen keine unterschiede bei der Hauptsubstanz Alkohol sind
Rolle. Diesbezüglich gibt es auch keine Unterschiede hingegen vergleichsweise gering (11 Prozent der
zwischen den Ländern. Auch die Bedeutung der Frauen vs. 16 Prozent der Männer). Hinsichtlich der
Substanzklasse der Sedativa/Hypnotika ist eher Substanzklasse der Cannabinoide zeigt sich hin-
gering, wenngleich hierbei die Spannweite zwischen gegen ein deutlicher Unterschied: Während von
den Ländern bei den Frauen zwischen null und 14 Prozent der weiblichen U-Gefangenen Stoffe aus
18 Prozent variiert. der Substanzklasse der Cannabinoide konsumiert
werden, beträgt der Anteil bei männlichen U-Gefan-
Betrachtet man die Hauptsubstanzen getrennt nach genen 26 Prozent (Abhängigkeit oder Missbrauch).
Haftarten und Geschlecht, stellt man fest, dass sich Kokain spielt als Hauptsubstanz mit elf Prozent
insbesondere bei den jungen Gefangenen ein ebenfalls häufiger bei Männern als bei Frauen
deutlicher Unterschied zwischen männlichen und (2 Prozent) eine Rolle.
weiblichen Gefangenen hinsichtlich der konsu
mierten Hauptsubstanz zeigt. Während sowohl bei Die größte Varianz, unabhängig vom Geschlecht, ist
den männlichen Untersuchungsgefangenen im in der U-Haft (21 Jahre und älter) in Bezug auf den
Alter zwischen 14 und unter 21 Jahren, als auch bei multiplen Substanzgebrauch festzustellen, denn
den männlichen Jugendstrafgefangenen mit einem hierbei variieren die Anteile in den Ländern
Suchtproblem jeder zweite Cannabinoide als zwischen null und 52 Prozent. Ähnlich große
Hauptsubstanz aufweist, fällt dieser Anteil bei den Unterschiede ergeben sich bei der Betrachtung der
weiblichen Jugendstraf- bzw. U-Haft-Gefangenen Substanzklasse der Opioide mit Werten zwischen
mit 14 bzw. 30 Prozent deutlich geringer aus. Bei null und 45 Prozent. In allen zwölf Ländern finden
den weiblichen Untersuchungsgefangenen (n = 7) sich Gefangene mit einem problematischen Canna
überwiegt mit 43 Prozent ein multipler Substanzge binoidkonsum (mindestens zwölf Prozent), proble-
brauch, gefolgt von einem Drittel mit der Haupt- matischen Alkoholkonsum (mind. sieben Prozent)
substanz Alkohol. Bei den weiblichen Jugendstraf oder problematischen Kokainkonsum (mindestens
gefangenen (n = 47) entfallen darüber hinaus zwei Prozent) im Justizvollzug.
15 Prozent auf die Substanzklasse der Opioide,
17 Prozent auf Alkohol sowie weitere 28 Prozent auf Auch in der Haftart Freiheitsstrafe (ohne Ersatz
einen multiplen Substanzgebrauch. freiheitsstrafe) zeigen sich Unterschiede zwischen
den Geschlechtern. Während bei 24 Prozent der
Es zeigt sich insgesamt, dass der Anteil der Gefan Männer ein Suchtproblem (Abhängigkeit oder
genen mit multiplem Substanzgebrauch bei weib Missbrauch) in Bezug auf Alkohol festzustellen ist,
lichen Gefangenen immer höher ausfällt als bei fällt der Anteil bei den Frauen mit zwölf Prozent nur
männlichen Gefangenen. Gleiches gilt für die etwa halb so hoch aus. In Bezug auf den
problematischen Umgang mit Opioiden ist bei den Für Jugendliche bzw. Heranwachsende (14 bis unter
Frauen ein doppelt so hoher Anteil als bei Männern 21 Jahre), die sich am Stichtag in Untersuchungshaft
zu erkennen (30 Prozent vs. 15 Prozent Anteil). Der (14 bis unter 21 Jahre) befanden, zeigt sich zwar ein
Anteil von Gefangenen mit Cannabinoiden als großer Unterschied zwischen weiblichen und
Hauptsubstanz ist wiederum bei den Männern männlichen U-Gefangenen, jedoch ist dieses Ergeb-
höher ausgeprägt als bei den Frauen (18 Prozent vs. nis aufgrund der kleinen Fallzahl bei den weiblichen
acht Prozent). In der Kategorie des multiplen Gefangenen (n = 7) mit Vorsicht zu interpretieren.
Substanzgebrauchs ist der Anteil im Frauenvollzug
zehn Prozentpunkte höher als im Männervollzug Während sich für die Haftart Jugendstrafe nur
(39 Prozent vs. 29 Prozent). geringe Geschlechtsunterschiede bezüglich des
Konsums von Alkohol finden lassen, treten in Bezug
In der Freiheitsstrafe variieren die Anteile zwischen auf den Gebrauch von Opioiden deutlichere Unter-
den Ländern – unabhängig vom Geschlecht – schiede hervor, die sich in analoger Form auch bei
insbesondere bei den Substanzklassen Alkohol anderen Haftarten gezeigt haben. Weibliche Jugend-
(Minimum = acht Prozent, Maximum = 41 Prozent), strafgefangene weisen demnach häufiger einen
Opioide (Minimum = ein Prozent, Maximum = schädlichen Gebrauch oder eine Abhängigkeit in
47 Prozent) und multipler Substanzgebrauch (Mini- Bezug auf Opioide auf (15 Prozent der weiblichen
mum = null Prozent, Maximum = 39 Prozent). Jugendstrafgefangenen vs. zwei Prozent der männ-
lichen Jugendstrafgefangenen). Bei der Betrachtung
In der Haftart Ersatzfreiheitsstrafe wird sowohl bei der Hauptsubstanz Cannabinoide zeigt sich, dass
24 Prozent der Männer als auch bei 20 Prozent der diese häufiger bei männlichen Jugendstrafgefange-
Frauen Alkohol als Hauptsubstanz dokumentiert. Bei nen als bei weiblichen dokumentiert ist (50 Prozent
der Substanzklasse Opioide ist ein umgekehrtes versus 30 Prozent). Deutliche Unterschiede – unab-
Verhältnis zu beobachten: Ein Viertel der Frauen in hängig vom Geschlecht – zeigen sich zwischen den
dieser Haftart weist Opioide als Hauptsubstanz auf, Ländern, denn die Spannweite bei multiplem
während dies auf 15 Prozent der Männer, die am Substanzgebrauch liegt zwischen null und 100 Pro-
Stichtag eine Ersatzfreiheitstrafe verbüßen, zutrifft. zent. Große Unterschiede ergeben sich ebenfalls für
Die Substanzklasse der Cannabinoide wird für neun die Gruppe der Cannabinoide (Minimum = null
Prozent der Frauen und 18 Prozent der Männer als Prozent, Maximum = 66 Prozent).
Hauptsubstanz benannt. Ein weiterer großer
Unterschied zeigt sich in der Kategorie des multiplen Insgesamt weisen Frauen über fast alle Haftarten
Substanzgebrauchs: Dieser wird bei 42 Prozent der hinweg seltener ein Suchtproblem in Bezug auf
weiblichen Gefangenen und 29 Prozent der männ- Alkohol oder Cannabinoide auf. Dafür konsumieren
lichen Gefangenen festgestellt. Männliche Personen, sie häufiger Opioide als Hauptsubstanz (Abhängig-
die eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen, weisen keit oder missbräuchlicher Konsum). Dies gilt auch
insbesondere ein Suchtproblem in Bezug auf für den multiplen Substanzgebrauch, der bei Frauen
Alkohol, weibliche insbesondere in Bezug auf wesentlich häufiger auftritt, und zwar über alle
Opioide auf, wobei auch Unterschiede unabhängig Haftarten hinweg. Die Spannweiten innerhalb der
vom Geschlecht in den Ländern konstatiert werden Haftarten zwischen den Ländern sind insbesondere
können, denn das Minimum bei der Hauptsubstanz in diesen drei Substanzklassen sowie im Bereich des
Alkohol beträgt 13 Prozent und das Maximum multiplen Substanzkonsums hoch.
71 Prozent. Erneut zeigen sich große Unterschiede
zwischen den Ländern bei Opioiden (Minimum =
drei Prozent, Maximum = 45 Prozent) und multiplem
Substanzgebrauch (Minimum = null Prozent,
Maximum = 40 Prozent).
TABELLE 19
Substitutionsquote nach Geschlechtern
Hauptsubstanz Substitution
1
Beitrag von Prof. Dr. med. Norbert Scherbaum, Essen
Bundesärztekammer zur Durchführung der subs Haftentlassung ist der Wechsel des Kostenträgers für
titutionsgestützten Behandlung (BÄK-RL). Aus- gesundheitliche Leistungen, nämlich vom jeweiligen
gangspunkt der BÄK-RL ist das Verständnis der Landesjustizministerium während der Haft zur
Opioidabhängigkeit als eine chronisch-rezidivie gesetzlichen Krankenkasse nach Haftentlassung.
rende Erkrankung. Dies impliziert, dass die Opioid- Hierbei müssen organisatorische Abläufe etabliert
abhängigkeit auch in Haft weiter anhält, z. B. mit werden, die gewährleisten, dass Betroffene ab dem
Heroinverlangen (Craving) und assoziiertem Tag der Haftentlassung gesundheitliche Leistungen
Risikoverhalten für die Beschaffung und Einnahme (hier die Substitutionsbehandlung) zulasten der
des Suchtmittels, selbst wenn die Häufigkeit des gesetzlichen Krankenkassen in Anspruch nehmen
Konsums und die konsumierten Mengen in Haft können.
geringer sind als außerhalb. Explizit wird daher in
der BÄK-RL festgestellt: „In begründeten Fällen Wissenschaftliche Erkenntnisse (Wirksamkeit der
kann eine Substitutionsbehandlung auch bei derzeit Substitutionsbehandlung, erhöhte Mortalität
nicht konsumierenden opioidabhängigen Patienten unbehandelter Opioidabhängiger nach Haftent
– z. B. Inhaftierte mit hohem Rückfall- und Morta lassung etc.) sowie das Äquivalenzprinzip führen zu
litätsrisiko – eingeleitet werden.“ (Kapitel 2). der Schlussfolgerung, dass die Substitutionsbe
handlung auch in Haft Opioidabhängigen als
Zudem betont die RL-BÄK die Notwendigkeit der Regelbehandlung anzubieten ist. Dies ist sowohl in
Behandlungskontinuität einer Substitutionsbe Deutschland als auch in anderen Ländern bislang
handlung. Dies betrifft auch die Schnittstellen des keineswegs flächendeckend gelungen. Diese Im
Antritts einer Haftstrafe bei Abhängigen, die sich plementierungsprobleme dürften unterschiedliche
bereits in Substitutionsbehandlung befinden, bzw. Gründe haben.
das Ende der Haft mit der Notwendigkeit, die
Anschlusssubstitution außerhalb der Haft zu a) Stigmatisierung von Drogenabhängigen: Ohne
organisieren. Die ersten Wochen nach Haftent eine Stigmatisierung ist das Vorenthalten der
lassung bedeuten für nichtsubstituierte Opioid Standardbehandlung bei einer schweren chro
abhängige ein erhebliches Risiko, den abhängigen nischen Erkrankung (analog zu Diabetes mellitus
Suchtmittelkonsum wiederaufzunehmen. Selbst bei oder arterieller Hypertonie) kaum zu erklären.
Heroinkonsum in Haft erfolgte der Konsum seltener Die Stigmatisierung der Opioidabhängigkeit bzw.
und in niedrigerer Dosis. Daher nimmt in Haft die der von dieser Erkrankung Betroffenen steht
Toleranz gegenüber den pharmakologischen mutmaßlich im Zusammenhang damit, dass
Wirkungen des Heroins in aller Regel ab. Nimmt der vielfach noch eine moralisierende Bewertung
Abhängige nach Haftentlassung Heroin in einer abhängigen Verhaltens besteht mit der Unter
Dosis wie vor dem Haftaufenthalt, kann dies für ihn stellung, dass Betroffene z. B. aus Willens
eine Überdosis sein. Das Mortalitätsrisiko ist daher schwäche nicht in der Lage sind, den Konsum
in den ersten Wochen nach Haftentlassung deutlich aufzugeben. Ein modernes Verständnis von
erhöht. Zudem werden durch die Wiederaufnahme abhängigem Konsumverhalten betont dem-
des Heroinkonsums nach Haft in aller Regel auch gegenüber dessen Krankheitscharakter, z. B. mit
wieder illegale Aktivitäten aufgenommen. Die Hinweis auf durch häufigen Suchtmittelkonsum
Resozialisierungsziele einer Haftstrafe werden somit bedingte veränderte psychobiologische Mecha-
innerhalb von wenigen Wochen zunichte gemacht. nismen, die im Sinne eines Teufelskreises zu
Ein Hemmnis für die Behandlungskontinuität nach weiterem Suchtmittelkonsum disponieren.
2.3.2 Jahrestagung 2018 Vor diesem Hintergrund bekannten sich die Teil-
nehmerinnen und Teilnehmer klar: Das Thema
müsse rein in die breite Öffentlichkeit und raus aus
„Stadt - Land - Sucht den Fachkreisen. Sucht dürfe einfach nicht länger
Wer übernimmt Verantwortung?“ ein Tabuthema bleiben. Suchtprävention, aber auch
ein konstruktiver Umgang mit Suchtkranken sei
eine Aufgabe für alle: Jede Gemeinde, jede Stadt und
Stadt – Land – Sucht
Wer übernimmt Verantwortung? jedes Bundesland stehe vor unterschiedlichsten
Herausforderungen mit Folgen für nahezu jeden Teil
unserer Gesellschaft, genauso wie Unternehmen,
Vereine, Nachbarschaften und Familien.
Schnell wurde deutlich, dass Drogen und Sucht keine Deutlich wurde nochmals, dass Drogenabhängigkeit
Randerscheinungen seien, die nur die Konsumenten eine Erkrankung sei, die behandelbar ist und auch
selbst oder ausgewählte Fachkreise beträfen. Alle seien als solche anerkannt werden müsse. Niemand dürfe
betroffen, manche direkt, andere zumindest indirekt. stigmatisiert oder ausgeschlossen werden. Jeder
Drei Zahlen machen dies deutlich: Mensch könne und solle helfen, die Situation
suchtkranker Menschen und ihrer Angehörigen zu
• Allein in Deutschland wachsen etwa drei Millio- verbessern. Der Ausgrenzung von Suchtkranken und
nen Kinder mit mindestens einem suchtkranken deren Angehörigen auf allen Ebenen zu begegnen
Elternteil auf. Etwa zwei Drittel der suchtbelas und das Thema auf der Tagesordnung – sowohl
teten Kinder erkranken später selbst psychisch politisch als auch gesellschaftlich – sehr viel höher
oder werden suchtkrank, wenn sie keine aus anzusetzen war weiterer zentraler Konsens der
reichende Unterstützung erhalten. Jahrestagung 2018.
• Gleiches illustriert die nächste Zahl: Jede sechste Video „Daten und Fakten rund um
Kündigung wird in Deutschland wegen Alkohol- das Thema Sucht in unserer
missbrauchs ausgesprochen – und es wird immer Gesellschaft“
schwieriger, adäquaten Ersatz zu finden. https://youtu.be/goZ5S9UdDwI
1. Es wird empfohlen, die Prävention für Kinder für Erwerbslose unter Einbezug der Jobcenter
aus suchtbelasteten Familien zu stärken ohne und Arbeitsagenturen in Niedersachsen zu
diese zu stigmatisieren. Dies sollte durch eine verbessern.
interinstitutionelle und multiprofessionelle
Beteiligung der niedersächsischen Suchthilfe in 3. Es wird empfohlen, eine Profilschärfung der
Kooperation mit gynäkologischen Praxen, niedersächsischen Suchtprävention in der
Familienhebammenhilfe, Frühen Hilfen, Weise vorzunehmen, dass von Suchtpräven-
Kinder- und Jugendhilfe, Kindertagestätten und tionsakteuren ausgehende universelle Sucht-
Grundschulen auf der Basis von Kooperations- prävention in erster Linie spezifische Konsum-
vereinbarungen umgesetzt werden. risiken adressiert und die Inanspruchnahme
weiterführender selektiver und indizierter
2. Es wird empfohlen, die Verfügbarkeit und Suchtpräventionsangebote für Risikogruppen
Zugänglichkeit suchtpräventiver Maßnahmen und Risikokonsumenten anzielt.
1. Es wird empfohlen, dass die niedersächsischen 5. Es wird empfohlen, die Reichweite der Präven-
Suchtpräventionsakteure den Auf- und Ausbau tion stoffungebundener Suchterkrankungen in
kommunal organisierter Gesamtpräventionskon- Niedersachsen durch eine personelle Aufsto-
zepte unterstützen mit dem Ziel, die Reichweite ckung der Fachkräfte zu erhöhen. Ferner wird
der Suchtprävention zu erhöhen. empfohlen, im Rahmen der Prävention stoffun-
gebundener Konsumrisiken jüngere Altersgrup-
2. Es wird empfohlen, schulische Suchtprävention pen als bisher zu adressieren. Auch sollte ein
im Hinblick auf die zu behandelnden Konsum- besonderes Augenmerk auf Risikoangebote im
risiken und die zu adressierenden Jahrgänge Konvergenzbereich von Gambling und Gaming
stärker zu formalisieren. sowie auf die Gaming Disorder gelegt werden.
4. Es wird empfohlen, beispielsweise durch eine 7. Es wird empfohlen, zukünftig in jedem Landkreis
Änderung des niedersächsischen Sportförde- und in jeder kreisfreien Stadt Niedersachsens
rungsgesetzes bzw. der niedersächsischen mindestens eine Fachkraft für Suchtprävention
Sportförderungsverordnung, eine stärkere mit Anbindung an eine Fachstelle für Sucht und
Positionierung der Sportvereine für die verhal- Suchtprävention sowie die kommunalen
tens- und verhältnisbezogene Suchtprävention Präventionsnetzwerke vorzuhalten.
zu erreichen.
1. Es wird empfohlen, der langfristigen Implemen- 4. Es wird empfohlen, zur Anpassung der nieder-
tation praxiserprobter und evidenzbasierter sächsischen Suchtprävention an aktuelle
Programme zukünftig verstärkt Priorität Erfordernisse einen ressortübergreifenden
einzuräumen und hierfür sowohl einen fachlich Arbeitskreis einzusetzen, der vom Ressort der
praktischen als auch einen wissenschaftlich Landesdrogenbeauftragten geleitet wird und in
anerkannten Standard evidenzbasierter Sucht- dem alle Suchtpräventionsakteure auf Landes-
prävention in Niedersachsen zu erarbeiten. Auch ebene mitwirken. Der Arbeitskreis hat den
bei der Neuentwicklung von Suchtpräventions- Auftrag vor allem im Hinblick auf das Erreichen
maßnahmen sollten formalisierte Kriterien von gefährdeten Personengruppen sowie zur
beachtet werden. Überarbeitung des bestehenden landesweiten
Suchtpräventionskonzeptes von 2009, ein
2. Es wird empfohlen, die Verhältnisprävention in abgestimmtes landesweites Konzept zu entwi-
Bezug auf alle relevanten Konsumrisiken auf ckeln. Das Konzept sollte basierend auf den
Bundes- und Landesebene zu stärken. Erkenntnissen der Studie „Prävention und Hilfe
bei stoffgebundenen und stoffungebundenen
3. Es wird empfohlen, das bereits bestehende Suchterkrankungen in Niedersachsen“ entwi-
Engagement der niedersächsischen Suchtprä- ckelt werden.
ventionsakteure in der Schulung pädagogisch
und erzieherisch tätiger Fachkräfte auf Multipli-
katorinnen und Multiplikatoren in außerschuli-
schen Lebenswelten und an Schnittstellen der
Gesundheitsversorgung auszuweiten.
Schatten holen!
Institution:
Name:
Telefon:
Als Lehrer und Erzieher sind Sie wichtige Bezugspersonen für Ihre Kinder –
Sie genießen mehr Vertrauen als die meisten anderen Erwachsenen.
Wenn Sie die „versteckten Hilferufe“ erkennen, können Sie adäquat reagieren.
» Unzufriedenheit des Kindes » Kind möchte nicht nach Hause » Vernachlässigung des Kindes
» Kind hat zu viel Geld in der Tasche » Verhaltensänderungen (Veränderungen (Kleidung, Hygiene, …)
» Kind nässt ein äußerlich und innerlich, z.B. Rückzug oder » Distanzlosigkeit des Kindes
» Sprachauffälligkeiten besonders aggressives Verhalten) » keine Freundschaften außerhalb
» Entwicklungsrückstände in allen Bereichen › Mädchen vor allem internalisierende der Kita/Schule
(körperlich, geistig, motorisch, …) Störungen (nach innen gerichtet) » Einbrüche der schulischen Leistungen
» Spuren von Gewalt › Jungen vor allem externalisierende » psychosomatische Beschwerden
» Kind ist müde und unausgeschlafen Störungen (nach außen gerichtet) (z.B. Kopf- und Bauchschmerzen)
» Häufung von Verletzungen und Unfällen » gehäufte Krankheiten über einen
* Auszug aus der Broschüre „ALLES TOTAL GEHEIM“
» Häufung von Verspätungen und Fehltagen längeren Zeitraum der Stadtmission Chemnitz
Diese Zeichen können auf eine familiäre Suchtbelastung hinweisen, sie können aber auch andere Ursachen haben. Wichtig ist es, frühzeitig Anzeichen
oder Veränderungen wahrzunehmen, anzusprechen und ggf. zu dokumentieren. Wenn Sie im Gespräch mit dem Kind oder den Eltern den Eindruck
haben, dass weitergehende Unterstützung erforderlich ist, kontaktieren Sie bitte die oben genannte Ansprechperson. Mehr Informationen und weiter-
führende Hinweise zu Unterstützungsmöglichkeiten finden Sie auf der Website der Drogenbeauftragten www.aus-dem-schatten.de.
Wenn Sie dieses Infoposter bestellen möchten: Bestellnummer BMG-D-11025, E-Mail publikationen@bundesregierung.de, Telefon (0 30) 1 82 72 27 21
170616_Plakat_Print_BMG.indd 1
Quelle: Drogenbeauftragte 2017 16.06.17 10:16
3 | Internationales
3.1 Europäische Drogen- und EU-Kommission
Suchtpolitik Neue psychoaktive Substanzen kommen häufig
schnell auf den Markt. Um darauf effizienter und
Die Europäische Union (EU) verfügt in der Drogen- wirksamer reagieren zu können, haben das Euro
und Suchtpolitik über eine begrenzte Zuständigkeit, päische Parlament und der Rat im Jahr 2017 ein
da wichtige zugrunde liegende Politikfelder wie die Legislativpaket verabschiedet (Verordnung (EU)
Gesundheits- und Sozialpolitik nach dem Vertrag 2017/2101 und Richtlinie (EU) 2017/2103). Dieses
von Lissabon überwiegend in die Kompetenz der ermöglicht der EU-Kommission mittels delegierter
Mitgliedstaaten fallen. Grundlage für die europä Richtlinien, zügig aufkommende neue psychoaktive
ische Drogen- und Suchtpolitik bildet die von der Substanzen dem Drogenkontrollregime zu unter-
EU-Kommission vorgeschlagene und vom Rat der stellen. Nachdem die neuen Vorschriften in Kraft
EU beschlossene EU-Drogenstrategie (2013–2020). getreten sind, hat die EU-Kommission im Dezember
Diese wird vom derzeit gültigen EU-Drogenaktions- 2018 eine delegierte Richtlinie zur Aufnahme von
plan 2017–2020 näher ausgestaltet. Die EU-Drogen- fünf neuen psychoaktiven Substanzen in die
strategie zielt darauf ab, „das Wohl der Gesellschaft europäische Drogendefinition vorgelegt. Damit
und des Einzelnen zu wahren und zu steigern, die unterliegen diese neuen psychoaktiven Substanzen
Volksgesundheit zu schützen, der Öffentlichkeit ein nunmehr Kontrollmaßnahmen und strafrechtlichen
hohes Maß an Sicherheit zu bieten und das Drogen- Sanktionen.
phänomen mit einem ausgewogenen, integrierten
und faktengestützten Konzept anzugehen“ Verordnung (EU) 2017/2101:
(EU Drogenstrategie 2013–2020). Um diese Ziele zu
erreichen, ist die EU-Drogenstrategie in fünf www.eur-lex.europa.eu/
Bereiche gegliedert: Reduzierung des Angebots, legal-content/DE/TXT/
Reduzierung der Nachfrage und die drei bereichs- PDF/?uri=CELEX:32017R2101
übergreifenden Themen Koordinierung, interna &qid=1558610182040&from=DE
tionale Zusammenarbeit sowie Information,
Forschung, Überwachung und Evaluierung. Auf Richtlinie (EU) 2017/2103:
EU-Ebene arbeiten verschiedene Organe und
Gremien aus unterschiedlichen Blickwinkeln www.eur-lex.europa.eu/
gemeinsam an der Umsetzung dieser Strategie. legal-content/DE/TXT/
PDF/?uri=CELEX:32017L2103
EU-Drogenstrategie 2013–2020: &qid=1558610267970&from=DE
www.eur-lex.europa.eu/
legal-content/DE/TXT/PDF/
?uri=CELEX:52017XG0705%
2801%29&from=DE
Internationales
148
Der Rat der EU nahm unter maßgeblicher Betei Die Horizontale Gruppe „Drogen“ (HDG) ist eine
ligung der Bundesregierung im Dezember 2018 Arbeitsgruppe des Rates der EU, in der Regierungs-
Schlussfolgerungen zu Alternativer Entwicklung an: vertreter aller Mitgliedstaaten zusammenkommen.
„Auf dem Weg zu einem neuen Verständnis von Die HDG hat die Gesamtübersicht über alle drogen-
alternativer Entwicklung und entsprechenden auf bezogenen Fragen. Der jeweilige Vorsitz und das
Entwicklung ausgerichteten drogenpolitischen Generalsekretariat gewährleisten, dass die Gruppe
Interventionen – Beitrag zur Umsetzung der über alle drogenbezogenen Fragen, die in anderen
Ergebnisse der UNGASS 2016 und der Ziele der VN Gruppen (zum Beispiel Gesundheit, Strafrecht, Justiz
für nachhaltige Entwicklung“ (UNGASS 2016 - und Inneres, Handel, Zoll, Auswärtiges) behandelt
Sondersitzung der Generalversammlung der werden, auf dem Laufenden gehalten wird.
Vereinten Nationen zum Weltdrogenproblem 2016,
siehe Kapitel 3.2). Damit wird der EU-Ansatz zu Im Kontext der Drogenpolitik der Vereinten
Alternativer Entwicklung von 2006 fortentwickelt. Nationen (VN) koordinierte die HDG die gemein
Alternative Entwicklung komplementiert die samen Positionen der EU für die 62. Sitzung der
EU-Drogen- und Suchtpolitik, indem sie versucht, Suchtstoffkommission der VN und verhandelte in
Menschen in Drogenanbauregionen alternative diesem Zusammenhang einen zustimmungsfähigen
Einkommensquellen jenseits des Anbaus von Beschluss zur Aufnahme von Stoffen in die Sucht-
Drogenpflanzen zu erschließen (siehe Kapitel 3.3). stoffübereinkommen der VN (siehe Kapitel 3.2
Drogenpolitik der Vereinten Nationen).
Nachdem die Europäische Beobachtungstelle für
Drogen und Drogensucht (EBDD) im Jahr 2017 2018 führte die HDG schwerpunktmäßig politische
Risikobewertungen für ADB-CHMINACA und Dialoge mit den USA, Brasilien, Russland und dem
CUMYL-4CN-BINACA sowie im März 2018 für Westbalkan durch, um der weltweiten Dimension
Cyclopropylfentanyl und Methoxyacetylfentanyl des Drogenproblems Rechnung zu tragen. Ein
vorgelegt hatte, konnte der Rat der EU für diese vier Treffen mit der Gemeinschaft der Lateinamerika
Stoffe im Berichtszeitraum entsprechende Kontroll- nischen und Karibischen Staaten (CELAC) fand auf
maßnahmen fassen. hoher Ebene in Sofia statt. Die HDG hat den o. g.
Entwurf von Ratsschlussfolgerungen zu Alternativer
Darüber hinaus beschloss der Rat der EU zur Vor Entwicklung entscheidungsreif verhandelt.
bereitung der 62. Sitzung der Suchtstoffkommission
der Vereinten Nationen (CND) im März 2019 in Wien
(siehe Kapitel 3.2) u. a. einen im Namen der EU zu
vertretenden Standpunkt bezüglich der Aufnahme
von weiteren psychoaktiven Stoffen in die Anhänge
der drei VN-Suchtstoffübereinkommen.
data.consilium.europa.eu/
doc/document/
ST-14338-2018-INIT/en/pdf
Internationales
150
Rund 96 Mio. EU-Bürger im Alter zwischen 15 und als in Nordamerika spielt der Missbrauch syntheti-
64 Jahren (29 Prozent) haben mindestens einmal scher Opioide in der EU eine vergleichsweise
in ihrem Leben illegale Drogen genommen. Dabei geringe Rolle.
konzentriert sich Drogenkonsum vornehmlich auf
junge Menschen: So haben in den vergangenen Bislang wird der europäische Drogenmarkt von
zwölf Monaten geschätzt 19,1 Mio. der 15- bis importierten, pflanzenbasierten Drogen dominiert.
34 Jährigen (16 Prozent) illegale Drogen konsu- Jedoch ist eine Entwicklung hin zu einer höheren
miert. Im Jahr 2017 verstarben in der EU 8.238 Bedeutung der innereuropäischen Produktion von
Personen an einer Überdosis einer oder mehrerer synthetischen Drogen wie Methamphetamin und
Drogen. In 78 Prozent der Todesfälle durch MDMA zu beobachten. Dies lässt auch Rück-
Überdosierungen spielten Opioide eine Rolle. schlüsse auf eine größere Bedeutung des Produk-
tionsstandortes Europa für den globalen Markt
illegaler synthetischer Drogen zu.
Cannabis Kokain
0
Neben herkömmlichen Indikatoren können
0
Erwachsene (15-64) weitere innovative
Erwachsene (15-64) Drogenbeobachtungsmetho-
den bei allen inhärenten Schwächen zeitnahe und
Jahresprävalenz 24,7 Millionen Lebenszeit- 91,2 Millionen Jahresprävalenz 3,9 Millionen Lebenszeit- 18 Millionen
prävalenz: komplementäre Daten liefern.prävalenz:Mit ihrer Hilfe
7,4 % 27,4 % 1,2 % 5,4 %
können bislang unentdeckte Trends aufgespürt
werden. Hierbei spielen auch vergleichbare
toxikologische und forensische Untersuchungen
eine wichtige Rolle. Hierzu sind aber noch
Junge Erwachsene (15-34) Junge Erwachsene (15-34)
Verbesserungen bis hin zu europäischen Leitlinien
Jahresprävalenz 17,5 Millionen Nationale Schätzungen Jahresprävalenz 2,6 Millionen
für die forensische Untersuchung von Drogento-
Nationale Schätzungen
des Konsums im letzten Jahr des Konsums im letzten Jahr
14,4 % ten erforderlich.
2,1 %
Opioide
Drogen- und Suchtbericht 2019
Hochrisiko-Opioid- 1,3 Millionen Drogentherapienachfragen Tödliche
konsumierende Überdosierungen
151
3.2 Drogenpolitik der Vereinten UNODC wird zu großen Teilen aus freiwilligen
Beiträgen finanziert, wobei Deutschland einer der
Nationen Hauptgeldgeber ist.
Grundlage der Drogenpolitik der Vereinten Nationen Zu den Aufgaben von UNODC gehört es u. a.,
bilden die drei internationalen Suchtstoffüberein-
kommen (siehe Infokasten). Sie dienen den überge- • vor Ort Projekte zur technischen Zusammenarbeit
ordneten Zielen, die Gesundheit der Menschen vor mit dem Ziel durchzuführen, nationale und lokale
den Gefahren von Betäubungsmitteln und psycho- Behörden in die Lage zu versetzen, illegale Drogen,
tropen Substanzen zu schützen, den Zugang zu Kriminalität und Terrorismus zu bekämpfen
bestimmten Betäubungsmitteln für die medizi
nische Anwendung sicherzustellen sowie medizi • eigene Forschungs- und Analysearbeiten durch
nische und wissenschaftliche Forschung an kontrol- zuführen, um die Datenbasis, die Kenntnisse und
lierten Substanzen zuzulassen. Eine Legalisierung zu das Verständnis zu Drogen- und Kriminalitäts
anderen als den genannten Zwecken ist in den fragen zu verbessern. Dadurch soll eine breite,
Suchtstoffübereinkommen nicht vorgesehen. Bis auf evidenzbasierte Grundlage für politische und
wenige Ausnahmen haben alle VN-Mitgliedstaaten operative Entscheidungen geschaffen werden
die drei Suchtstoffübereinkommen ratifiziert
(inklusive der Bundesrepublik Deutschland). Sie • am Weltdrogentag (26.06.) den Weltdrogenbericht
entfalten unmittelbare völkerrechtliche Bindung. zu publizieren (siehe Infokasten); dieser gibt einen
Aus ihnen erwachsen zahlreiche Verpflichtungen umfassenden Überblick über die aktuellen
und Vorgaben, die sich in der nationalen Gesetzge- Entwicklungen auf dem Weltdrogenmarkt und
bung wiederfinden. damit zum Weltdrogenproblem
Um die genannten Ziele zu erreichen, ist ein ab • die Mitgliedstaaten bei der Ratifizierung und
gestimmtes, internationales Vorgehen notwendig. Umsetzung einschlägiger internationaler Ver-
Deshalb sind bei den VN verschiedene Organe tragswerke und bei deren nationaler Implemen-
eingerichtet worden, die in ihrer jeweiligen Funk- tierung zu unterstützen
tion diesen Zielen verpflichtet sind:
• als Sekretariat für die Suchtstoffkommission und
den Suchtstoffkontrollrat der Vereinten Nationen
Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung zu fungieren.
der Vereinten Nationen
Internationales
152
Der Weltdrogenbericht 2019 geht ausführlich auf eine verbesserte Datenlage (vornehmlich in
die folgenden Themen ein: Nigeria und Indien) zurückzuführen ist. Opioide
verursachten den größten Schaden, rund zwei
• Drogenangebot, -gebrauch und Gesundheits Drittel aller Todesfälle gehen auf den Missbrauch
folgen von Opioiden zurück.
• Markt für Beruhigungsmittel (einschließlich
Opioide, Sedativa, Tranquilizer und Hypnotika) Cannabis wurde von rund 188 Millionen Menschen
• Markt für Stimulanzien (einschließlich Kokain, wenigstens einmal im Jahr 2017 konsumiert.
Amphetamine und Derivate davon, neue Damit blieb die weltweite Prävalenz ungefähr
psychoaktive Stoffe) stabil. Sowohl der Anbau des Kokabusches als
• Cannabis und Halluzinogene. auch die Produktion von Kokain haben Höchst-
stände erreicht. In sehr vielen Weltregionen gibt
es Anzeichen für einen steigenden Kokainkonsum.
Insgesamt ist die globale Anbaufläche für Schlaf-
mohn nach dem Rekordhoch von 2017 die
zweitgrößte, die je geschätzt wurde. Daneben hat
die Rolle von synthetischen Opioiden, vornehm-
lich Fentanylderivaten, stark zugenommen. Auch
der Missbrauch verschreibungspflichtiger Arznei-
mittel nahm zu. Die nichtmedizinische Verwen-
dung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln
hat sich in einigen Teilen der Welt zu einem
erheblichen Problem entwickelt. Fentanyl und
seine Derivate bleiben eine besondere Heraus
forderung vor allem in Nordamerika, wo ein
historischer Anstieg der Zahl der Drogentoten
durch Überdosis von synthetischen Opioiden zu
beobachten ist. Hingegen ist Tramadol zu einem
Im Jahr 2017 haben weltweit rund 271 Millionen Problemschwerpunkt in Teilen von Nord-,
Menschen im Alter zwischen 15 und 64 Jahren Zentral- und Westafrika geworden, von wo es
wenigstens einmal illegale Drogen konsumiert. auch weiter in den Nahen und Mittleren Osten
Rund 55 Millionen Menschen litten unter drogen- transportiert wird. Methamphetaminkonsum ist
bedingten Krankheiten. Die rund elf Millionen ein größer werdendes Problem in verschiedenen
Menschen mit injizierendem Drogengebrauch Regionen der Welt. In den meisten Ländern
trugen das größte Gesundheitsrisiko. Von den Südostasiens stellt Methamphetaminmissbrauch
insgesamt 585.000 Drogentoten, die im Jahr 2017 den Hauptgrund für Behandlungen dar. In
zu beklagen waren, ging rund die Hälfte auf Nordamerika ist neben dem nichtmedizinischen
unbehandelte Hepatitis C Infektionen zurück. Gebrauch von Arzneimitteln auch ein steigender
Ungefähr 53 Millionen Menschen benutzten 2017 Konsum von Methamphetamin zu verzeichnen.
Opioide, davon entfielen ca. 29 Millionen auf den
Gebrauch von Opiaten wie Heroin und Opium. UNODC-
Diese Schätzungen liegen jeweils um rund Weltdrogenbericht 2019:
50 Prozent höher als in den Vorjahren, was auf www.unodc.org/
wdr2019/index.html
Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen Es stelle das jüngste Konsenspapier der Staaten
gemeinschaft dar, hinter das man nicht zurückfallen
Die Suchtstoffkommission (Commission on dürfe.
Narcotic Drugs – CND) ist das zentrale drogen
politische Gremium der VN und tagt jährlich im Ministererklärung der 62. Sitzung der
März in Wien. Sie ist zuständig für die Klassifizie- Suchtstoffkommission:
rung von Substanzen, spricht Empfehlungen zur
Umsetzung der Suchtstoffübereinkommen in Form www.unodc.org/
von Resolutionen aus und fungiert als Lenkungs documents/commissi-
gremium für UNODC. ons/CND/2019/
Ministerial_Declaration.pdf
Suchtstoffkommission der VN:
Abschlussdokument der Sondersitzung der General-
www.unodc.org/unodc/ versammlung der Vereinten Nationen zum Welt
en/commissions/CND/index.html drogenproblem (UNGASS 2016):
www.unodc.org/
documents/postungass2016//
Die 62. Sitzung der Suchtstoffkommission fand vom outcome/V1603301-E.pdf
14. bis 22. März 2019 in Wien statt. Zu Beginn wurde
auf einem zweitägigen Ministersegment eine
Erklärung zur Stärkung der Aktivitäten gegen das Im Verlauf des regulären Teils der 62. CND wurden
Weltdrogenproblem verabschiedet (Ministerial acht Resolutionen verabschiedet. Diese reichten
declaration on strengthening our actions at the thematisch von unterschiedlichen Aspekten
national, regional and international levels to accelera öffentlicher Gesundheit bis zum Schutz vor Über-
te the implementation of our joint commitments to tragung von HIV/AIDS bei Frauen, die Drogen
address and counter the world drug problem). Die konsumieren. Die bereits bei den Verhandlungen
zähen Verhandlungen im Vorfeld zeigten, dass der zur Ministererklärung deutlich sichtbaren Gräben
Multilateralismus auch in der Drogenpolitik der VN zwischen den ausschließlich auf Strafverfolgung
zunehmend unter Druck gerät. Bruchlinien zwi- setzenden Staaten und jenen, die einen gesundheits-
schen der ‚Recht und Ordnung‘-Fraktion und jenen bezogenen und ausgewogenen Ansatz in den
Staaten, die Menschenrechte und Therapien in den Vordergrund stellen, führten auch hierbei zu zähen
Vordergrund stellen, können immer schwieriger und teils polemischen Verhandlungen. Besonders
überbrückt werden. umstritten war der von Russland eingebrachte
Entwurf einer Resolution mit dem Ziel, die inter
Die damalige Drogenbeauftragte der Bundes national zu beobachtende Legalisierung von
regierung Marlene Mortler rief in ihrem Statement Cannabis anzuklagen und eine Rückbesinnung auf
im Plenum dazu auf, die Gräben zu überbrücken den Kern der VN-Suchtstoffübereinkommen zu
und zu sachlicherer Arbeit zurückzukehren. Ein erreichen. Schließlich konnte hierfür ein Kompro-
regelbasierter, auf Vertrauen aufbauender Multi miss erzielt werden, der die Arbeit des Internatio
lateralismus sei der einzige Weg, dem Weltdrogen- nalen Suchtstoffkontrollrates (INCB, siehe unten) im
problem begegnen zu können. All dies sei im Rahmen seines Mandates in den Vordergrund der
Abschlussdokument der Sondersitzung der General- Resolution stellt. Eine von Deutschland, Peru und
versammlung der Vereinten Nationen zum Welt Thailand eingebrachte Resolution bringt Neue
drogenproblem (UNGASS 2016) zusammengefasst. rungen im Bereich Alternative Entwicklung ein,
Internationales
154
basierend auf einem 2018 durch die Resolutions Nebenveranstaltung zur Zukunft von Alternativer
führer in Zusammenarbeit mit UNODC veranstalte- Entwicklung durch. Der Schwerpunkt lag auf der
ten Expertentreffen. Der Text verweist ferner auf die Bedeutung und Notwendigkeit von internationaler
oben beschriebenen EU-Ratsschlussfolgerungen zu Kooperation, der Erarbeitung evidenzbasierter
Alternativer Entwicklung. Strategien im Umgang mit Drogenanbau, der
Komplementarität von öffentlichen und privaten
Des Weiteren beschloss die CND, die von der Weltge- Investitionen sowie den Ratsschlussfolgerungen der
sundheitsorganisation (WHO) zur internationalen EU zu Alternativer Entwicklung (siehe Kapitel 3.1).
Regulierung vorgeschlagenen Stoffe Cyclopropyl Die Veranstaltung trug dazu bei, die deutsche
fentanyl, Methoxyacetylfentanyl, Ortho-Fluorfenta- Führungsrolle im Bereich von Alternativer Entwick-
nyl und p-Fluorbutyrfentanyl in Tabelle I des lung zu bekräftigen sowie die positive Zusammen-
Suchtstoffübereinkommens von 1961 aufzunehmen. arbeit mit den genannten Regierungen und Insti
Die von der WHO vorgeschlagenen Stoffe ADB- tutionen hervorzuheben.
FUBINACA, FUB-AMB, ADB-CHMINACA,
CUMYL-4CN-BINACA und N-Ethylnorpentylon Internationale Leitlinien zur Beachtung der
wurden in Tabelle II des Übereinkommens von 1971 Menschenrechte in der Drogenpolitik wurden in
aufgenommen. Die Entscheidung über die von der einer weiteren Nebenveranstaltung vorgestellt, die
WHO vorgelegten Änderungsvorschläge bezüglich von der Schweiz und von Deutschland organisiert
der Einstufung von Cannabis und cannabisver sowie von Kanada, Mexiko, dem Vereinigten König-
wandten Stoffen wurde vertagt. reich, UNAIDS, UNDP und der WHO unterstützt
wurden. Die Leitlinien sollen als Richtschnur für
Die vom INCB bewerteten Ausgangsstoffe PMK- Regierungen dienen, die ihre Drogenpolitik stärker
Glycidat, PMK-Glycidsäure und APAA wurden in auf die Rechte aller betroffenen Personen, auf
Tabelle I des Suchtstoffübereinkommens von 1988 Entwicklung und auf Gesundheit ausrichten
aufgenommen. Eine Kontrolle von Iodwasserstoff- möchten. Entwickelt wurden die Leitlinien vom
säure wurde nicht befürwortet. Die Entscheidungen Internationalen Zentrum für Menschenrechte in der
fielen jeweils mit breiter Mehrheit; Gegenstimmen Drogenpolitik der Universität Essex und dem
gab es nicht. VN-Entwicklungsprogramm UNDP mit finanzieller
Unterstützung der Bundesregierung und der
Die Liste der VN-Resolutionen der 62. CND: Schweiz.
www.unodc.org/
documents/commissions/
CND/2019/2019_CND_PROGRAMME/
Programme_CND_2019.pdf
www.humanrights-drugpolicy.org
Einheits-Übereinkommen von 1961 über Sucht- Übereinkommen der Vereinten Nationen von
stoffe 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Sucht-
stoffen und psychotropen Stoffen
Dieses Übereinkommen ersetzte insgesamt neun
davor abgeschlossene Drogenabkommen durch Das Übereinkommen beinhaltet zusätzliche
einen einheitlichen völkerrechtlichen Vertrag und völkerrechtliche Verpflichtungen, um die weltwei-
bildet bis heute die Basis der weltweiten Drogen- te Zusammenarbeit gegen Drogenschmuggel und
kontrolle. Das Einheits-Übereinkommen teilt -handel, unerlaubte Herstellung und Abgabe von
Drogen nach ihrer Verkehrsfähigkeit in vier Betäubungsmitteln zu verbessern.
Klassen ein. Zu den aufgeführten Drogen gehören
unter anderem Heroin, Kokain und Cannabis. Die drei zentralen Suchtstoffübereinkommen der
Vereinten Nationen:
Übereinkommen von 1971 über psychotrope
Stoffe
www.unodc.org/
Mit diesem Übereinkommen wurde die internatio- documents/commissions/CND/
nale Drogenkontrolle um zusätzliche (syntheti- Int_Drug_Control_Conventions/
sche) psychotrope Stoffe erweitert. Die Liste Ebook/The_International_Drug_
enthält vier Tabellen kontrollierter Stoffe, geord- Control_Conventions_E.pdf
net nach dem Ausmaß der Reglementierung.
Aufgelistet sind unter anderem Amphetamine,
Barbiturate und LSD.
Internationales
156
Der INCB-Bericht geht in seinen vier Kapiteln Aufgrund der zur Verfügung stehenden Daten
insbesondere auf folgende Themen ein: stellt der INCB im Rahmen seines Mandates
verschiedene Entwicklungen fest: Beispielsweise
• Cannabis und Cannabinoide für medizinische, wird Afrika zunehmend zu einer Transitregion für
wissenschaftliche und Freizeitzwecke: Risiken Kokain. Der Handel und Missbrauch von Tramadol
und Nutzen in Teilen Afrikas nimmt besorgniserregend zu.
• Funktionsweise des internationalen Drogenkont- Während die illegale Herstellung von Opium in
rollsystems Afghanistan weiter gestiegen ist, geht sie in
• Analyse der Situation in den verschiedenen Ost- und Südostasien zurück. Die Ausbreitung
Regionen der Welt illegaler Märkte für Methamphetamin hingegen
• Schlussfolgerungen und Empfehlungen an bleibt weiterhin das größte Problem in dieser
Regierungen, die VN und weitere internationale Region. Die politische Instabilität und bewaffnete
sowie regionale Organisationen. Konflikte im mittleren Osten tragen dazu bei, den
Handel mit illegalen Substanzen zu erleichtern.
So betont der INCB, dass es ein Ziel des Sucht- Die Zahl außergerichtlicher Tötungen, aber auch
stoffübereinkommens von 1961 ist, die Verbrei- die Verhängung der Todesstrafe in Südasien im
tung von Cannabinoiden zu verhindern. Eine Zusammenhang mit Drogendelikten hat in
Ausnahme ist für deren medizinische Verwendung erschreckendem Ausmaß zugenommen. Zentral-
vorgesehen. Nationale Regelungen müssen amerika und die Karibik bilden weiterhin eine
sicherstellen, dass es dadurch de facto nicht zu Transitregion für Drogen von Süd- nach Nordame-
einer Legalisierung für andere Zwecke kommt. rika und Europa. Der Drogenmarkt in der EU hat
Nationale Regelungen für die medizinische sich ausgeweitet, vor allem durch den Vertrieb
Nutzung bedürfen der Überwachung und Evaluie- über das Internet. Die EU ist zu einer wesentlichen
rung. Quelle für Essigsäureanhydrid geworden.
Im Berichtszeitraum wurde die Einhaltung der drei Nach wie vor haben noch nicht alle Staaten der
internationalen Suchtstoffübereinkommen, VN die drei Suchtstoffübereinkommen ratifiziert
insbesondere durch die Staaten Kanada, Däne- (Übereinkommen von 1961: zehn Staaten, Über-
mark, Myanmar, Polen und Südafrika, ausgewer- einkommen von 1971: 13 Staaten, Übereinkom-
tet. Daneben führte der INCB im Berichtszeitraum men von 1988: acht Staaten). Im Dezember 2017
Länderbesuche in Armenien, Australien, Botswana, ist Palästina Vertragsstaat aller drei Suchtstoff-
Deutschland, Estland, Frankreich, Guyana, Katar, übereinkommen geworden.
Luxemburg, Mauritius, Mongolei, Nepal, den
Niederlanden, der Russischen Föderation, Schweiz,
Tunesien, den Vereinigten Arabischen Emiraten INCB-Bericht 2018:
sowie dem Vereinigten Königreich und Nordirland www.incb.org/incb/en/
durch. publications/annual-reports/
annual-report-2018.html
Internationales
158
www.ideaspaz.org/media/website/
FIP_sustitucion_VOL06.pdf
Internationales
160
Quelle: GIZ
www.gpdpd.org/de/aktuelles/
meldungen/
imagemap.php
Internationales
Drogen- und Suchtbericht 2019
163
Tabak
Es gibt zahlreiche Projekte, Studien und Initiati- werden. Deshalb wurde der Fokus auf solche
ven, die von staatlichen oder nichtstaatlichen Vorhaben gelegt, die von der Bundesregierung
Akteuren, oder Vertretern aus der Wirtschaft (Ministerien) oder der Bundeszentrale für gesund-
realisiert werden. heitliche Aufklärung verantwortet bzw. finanziell
gefördert werden.
In Kapitel 4 (Projekte, Studien, Initiativen) kann
nur eine Auswahl von Maßnahmen vorgestellt
Weiterentwicklung und Evaluation eines Trainings- bei der Tabakentwöhnung entwickelt und modell-
programms zur Kurzberatung von Tabakrauchern haft erprobt. Ziel des jetzigen Projektes ist es, den
als Umsetzungsstrategie zur Implementierung der Prozess zu evaluieren und darauf aufbauend dieses
S3-Leitlinie „Screening, Diagnostik und Behandlung Trainingsprogramm weiterzuentwickeln (Teil A).
des schädlichen und abhängigen Tabakkonsums“ in Anschließend sollen die Effekte des in Teil A fertig
der hausärztlichen Praxis entwickelten Trainingsprogramms evaluiert werden
(Teil B). Teil A wurde inzwischen erfolgreich abge-
Die hausärztliche Versorgung bietet ein ideales schlossen. Mit ersten Ergebnissen zu Teil B ist Ende
Setting, um eine Vielzahl an Tabakrauchern und 2019 zu rechnen.
raucherinnen mit evidenzbasierten Methoden zum
Rauchstopp zu erreichen. Am Institut für Allge- Gefördert durch: Bundesministerium für
meinmedizin der Heinrich-Heine-Universität Gesundheit
Düsseldorf wurde 2016 auf Basis der S3-Leitlinie
„Screening, Diagnostik und Behandlung des schäd-
lichen und abhängigen Tabakkonsums“ ein Trai-
ningsprogramm zur hausärztlichen Kurzberatung
„rauchfrei“
Tabak
Be Smart – Don‘t Start Klassen, die ein halbes Jahr rauchfrei sind, nehmen
an einer Verlosung teil. Als Hauptpreis winkt eine
Tabak
Nur wenige Präventionsprojekte werden bereits so Klassenfahrt im Wert von 5.000 Euro, in den
lange erfolgreich durchgeführt wie der Wettbewerb Bundesländern zudem weitere Geld- und Sach
für rauchfreie Schulklassen „Be Smart – Don‘t Start“. preise. Klassen, die zum wiederholten Mal am
Seit dem Schuljahr 1997/1998 motiviert er Jugend- Wettbewerb teilnehmen, können außerdem den
liche in ganz Deutschland zu einem rauchfreien BZgA-Hauptpreis im Wert von 5.000 Euro gewinnen.
Leben und hat mittlerweile in vielen Schulen einen
festen Platz im Stundenplan gefunden. Jugendliche Das Institut für Therapie- und Gesundheitsfor-
darin zu bestärken, gar nicht erst mit dem Rauchen schung (IFT-Nord) koordiniert den Wettbewerb, der
anzufangen, ist das Ziel des bundesweiten mit Kooperationspartnern in den Bundesländern
Wettbewerbs. umgesetzt und von der BZgA, der Deutschen
Krebshilfe, der AOK und weiteren Institutionen in
Trotz dieses Erfolgs ist kontinuierliche Aufklärung den Bundesländern gefördert wird.
wichtig. Neue Produkte und Trends wie E Zigaretten,
Wasserpfeifen und Tabakerhitzer sind auch bei
Jugendlichen populär und können sie dazu verlei- www.besmart.info
ten, mit dem Rauchen anzufangen. „Be Smart
– Don‘t Start“ greift diese Trends und Themen auf
und bestärkt Jugendliche darin, „Nein“ zu jeglicher
Form von Zigaretten und Nikotin zu sagen.
Durchgeführt von der Bundeszentrale für
Seit 2017 begleitet Dr. Eckart von Hirschhausen als gesundheitliche Aufklärung
Schirmherr den Wettbewerb. Ihm ist es ein beson
deres Anliegen, den Einsatz der Klassen und der
betreuenden Lehrkräfte zu würdigen und ihre
Motivation zu stärken. Im Schuljahr 2018/2019
haben sich insgesamt 7.112 Schulklassen mit rund
185.000 Schülerinnen und Schülern angemeldet und
bekennen damit: Wir sind rauchfrei!
Alkohol
problems) in Europa ist ein dreijähriges Alkohol von Alkohol im Sinne des STAD-Ansatzes sieht vor,
präventionsprojekt, das seit Juli 2016 durch die dass Eltern ihre Kinder mindestens bis zum
Europäische Kommission im Rahmen des Dritten 16. Lebensjahr keinen Alkohol probieren lassen
Gesundheitsprogramms gefördert wird. Neben sowie die Sicht- und Verfügbarkeit von Alkohol in
Deutschland beteiligen sich sechs weitere Staaten an Haushalten mit Minderjährigen so gering wie
dem Projekt: Niederlande, Tschechische Republik, möglich halten. Erste Ergebnisse sprechen dafür,
Slowenien, Großbritannien, Spanien sowie Schwe- dass insbesondere die Veränderung der Sichtbarkeit
den, wobei die Federführung beim niederländischen von Alkohol zu Hause am häufigsten von den Eltern
Trimbos-Institut liegt. Das IFT-Nord ist der deutsche umgesetzt werden konnte.
Partner in diesem Konsortium und erhält 40 Pro-
zent der benötigten Mittel als Komplementärför www.stadineurope.eu
derung durch das BMG. Übergeordnetes Ziel des
Vorhabens ist es, das Rauschtrinken und seine
negativen Konsequenzen zu reduzieren. Hierzu wird
die Alkoholverfügbarkeit in unterschiedlichen
Settings verringert, in denen Alkohol konsumiert Gefördert durch: Bundesministerium für
werden kann. Für die Modellregion Kiel wird das Gesundheit
Vorhaben im Setting „Trinken zu Hause“ umgesetzt.
Dazu wurde ein Interventionsmodell entwickelt, das
Alkohol
gegeben. Basierend auf dieser Leitlinie führt das gen entsprechend den Qualitätsindikatoren zu
Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung der Screening, Diagnostik und Behandlung durchgeführt.
Universität Hamburg (ZIS) in der Modellregion Dazu gehört eine Sekundärdatenanalyse zu den
Bremen ein dreijähriges Projekt zur Implemen Versorgungsleistungen von Personen mit einer
tierung und Evaluation dieser S3-Leitlinie durch. ICD-10-Diagnose alkoholbezogener Störungen sowie
eine darauf aufbauende Modellierung zu den Effek-
Erste Studienergebnisse zeigen, dass den Behandeln- ten einer leitliniengerechten Versorgung in Bremen.
den die S3-Leitlinie für alkoholbezogene Störungen
weitestgehend unbekannt ist und somit auch nur www.impela.de
wenig Relevanz im Behandlungsalltag hat. Lediglich
20 Prozent aller Behandelnden führten ein leit
liniengerechtes Screening durch. Als mögliche
Barrieren für die Nutzung der Leitlinie werden vor
allem fehlende Kenntnisse, wenig Wissen über Gefördert durch: Bundesministerium für
mögliche Relevanz für den eigenen Arbeitsbereich, Gesundheit
mangelnde zeitliche Ressourcen sowie fehlende
Kooperationen angegeben. Als fördernde Faktoren
wurden unter anderem Informationskampagnen,
die Entwicklung von Fact-Sheets und Kitteltaschen-
versionen sowie die Berücksichtigung regionaler
Strukturen genannt.
German economic cost analysis for alcohol use – den aktuellen Forschungsstand angemessen zu
Part 1: Modeling – GECO-ALC1 berücksichtigen. Internationale Empfehlungen
sollen an die spezifischen Gegebenheiten in
Die Hauptfragestellung des Projekts GECO-ALC1 Deutschland angepasst werden, um sowohl
lautet: Wie kann ein neuer Standard zur Berechnung zwischenstaatliche Vergleichbarkeit zu ermöglichen
der volkswirtschaftlichen Kosten des Alkohol als auch nationale Besonderheiten zu würdigen.
konsums in Deutschland gebildet werden, der auf
internationalen Standards, wesentlichen Studien zur Das Projekt ist am Institut für Klinische Psychologie
Gesundheitsökonomie und Informationen des und Psychotherapie der TU Dresden angesiedelt
Global Burden of Disease-Projekts aufbaut? und wird bis zum Herbst 2019 abgeschlossen. Der
Bewertungsstandard wurde auf Grundlage einer
Dazu wird ein Methodenmix (Literaturanalyse, durchgeführten systematischen Literaturrecherche
DELPHI-Befragung) zur Anwendung gebracht, um entwickelt und im Sommer 2019 durch eine
Expertenbefragung evaluiert. Neben der Veröffent- in Deutschland auf Basis des entwickelten Bewer-
lichung der Ergebnisse auf Fachkonferenzen sowie tungsstandards vorgelegt werden.
in Fachzeitschriften soll zum Abschluss des Pro
jektes ein detaillierter Fahrplan zur Bestimmung der Gefördert durch: Bundesministerium für
volkswirtschaftlichen Kosten des Alkoholkonsums Gesundheit
BZgA-Präventionsprogramm für
Zwölf- bis 16-Jährige
Alkohol
wortungsvollen Umgang mit Alkohol zu fördern dokumentiert. Lehrkräfte erhalten im Wettbewerb
und riskante Konsummuster wie das Rauschtrinken außerdem aktuelles didaktisches Material, das dazu
zu reduzieren. anregt, das Thema „verantwortlicher Umgang mit
Alkohol“ auch im Unterricht mit den Schülerinnen
Die Kampagne „Alkohol? Kenn dein Limit.“ ist bei und Schülern zu besprechen. In der Lebenswelt
über 80 Prozent der Zielgruppe bekannt und „Freizeit“ waren 50 speziell geschulte Peer-Educators
akzeptiert. 2018 wurde die Kampagne weiter im Alter von 18 bis 24 Jahren im Einsatz, um mit den
ausgebaut, um die Zielgruppen in konkreten Jugendlichen auf Augenhöhe über Alkohol und
Lebenswelten zu erreichen. In den Kommunen seine Risiken zu reden und sie zu einem verant
wurde das qualitätsgesicherte Netzwerkmanage- wortungsbewussten Umgang zu motivieren. Sie
ment mit speziellen kommunalen Schulungen zum sprachen an über 600 Einsatztagen mit mehr als
Thema „Gemeinsam initiativ gegen Alkoholmiss- 25.000 Jugendlichen in Städten deutschlandweit
brauch bei Kindern und Jugendlichen“ (GigA) sowie auf Festivals und anderen Veranstaltungen.
gefördert. Fachkräfte der kommunalen Alkohol Neben der persönlichen Zielgruppenerreichung in
prävention konnten sich zudem individuell zum den Lebenswelten spielt die Internetkommu
Thema Netzwerkarbeit und Kooperation beraten nikation eine große Rolle: Die Kampagnenwebsite,
lassen und Anschubfinanzierungen für Projekte und der Social Media-Kanal auf der Facebook-Fanpage,
Initiativen in den Kommunen in Anspruch nehmen. der Kampagnenblog und der YouTube-Kanal bieten
die Möglichkeit, in einen direkten Austausch mit der
Zusätzlich wird seit 2015 der neu konzipierte Zielgruppe zu kommen und auf weiterführende
Klassenwettbewerb zur Prävention des Rausch Informationsangebote wie Broschüren und Bera-
trinkens „Klar bleiben – Feiern ohne Alkoholrausch“ tungsangebote hinzuweisen. Das Online-Programm
im Rahmen der Kampagne umgesetzt und beglei- „Change your drinking“ auf der Kampagnenwebsite
tend evaluiert. Er richtet sich an Schulklassen aller unterstützt Nutzende außerdem bei einer Verhal-
Schultypen ab der 10. Klasse. tensänderung hin zu einem verantwortungsvollen
Umgang mit Alkohol.
Nach der positiven Evaluation von zwei Modell
phasen in Bayern, Berlin, Brandenburg, Nieder Zur Weiterentwicklung der Internetkommunikation
sachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig- wurde 2018 die Facebook-Präsenz der Kampagne
Holstein wurde der Wettbewerb im Schuljahr mit wissenschaftlichen Methoden evaluiert. Außer-
2018/2019 erstmalig in ganz Deutschland ange dem ist die Kampagne seit 2018 bei Instagram
boten. Zentrales Element von „Klar bleiben“ ist vertreten. Die Mitmachaktion „#wasbesseresvor“ auf
– ähnlich wie beim Klassenwettbewerb „Be Smart Instagram ruft Jugendliche dazu auf, unter dem
– Don‘t Start“ (siehe Tabak und Nikotin) – die gleichnamigen Hashtag Alternativen zum Alko-
Selbstverpflichtung der Klassen, für einen Zeitraum hol-Kater als Foto auf Instagram zu posten. Im
Alkohol
gliedern für den verantwortungsvollen Umgang mit ein Werbebanner, T-Shirts, Rezepthefte für alkohol-
Alkohol im Sportverein. Ziel ist, dass sich Erwach freie Cocktails sowie eine Handlungsanleitung für
sene beim Thema Alkohol ihrer Vorbildfunktion die Durchführung von Aktionen im Sportverein
gegenüber Kindern und Jugendlichen bewusst sind enthält. Auf der Internetseite werden gute Beispiele
und entsprechend handeln. von teilnehmenden Vereinen vorgestellt. Seit
Beginn der Aktion bis Ende 2018 wurden bundes-
Um noch mehr Sportvereine zur Teilnahme an der weit rund 9.200 Aktionen unter dem Motto
Aktion „Alkoholfrei Sport genießen“ zu motivieren, „Alkoholfrei Sport genießen“ in Sportvereinen
wird seit 2016 gemeinsam mit dem Deutschen durchgeführt.
Olympischen Sportbund (DOSB), dem Deutschen
Fußball-Bund (DFB), dem Deutschen Turner-Bund www.alkoholfrei-sport-
(DTB), dem Deutschen Handballbund (DHB) und geniessen.de
anderen Verbänden das Aktionsbündnis „Alkohol-
frei Sport genießen“ umgesetzt. Schirmherrin ist die
Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Sport
vereine werden bei der Umsetzung der Aktion Durchgeführt von der Bundeszentrale für
unterstützt, indem die BZgA eine kostenlose gesundheitliche Aufklärung
Medikamente
Illegale Drogen
ImagenPathways – Zusammenhang von kultu Substanzkonsum im Alter von 14, 16 und 18 Jahren
rellen, biologischen und subjektiven Faktoren zur Verfügung. Während der Studie werden Haar-
bei Entwicklungspfaden von Drogenkonsum proben entnommen und auf die am weitesten
verbreiteten illegalen Drogen wie MDMA, Kokain
Das Forschungsprojekt Imagen Pathways unter- und Cannabis untersucht. Mithilfe von Online-
sucht den Verlauf und die Entwicklung von Drogen- Befragungen und ethnografischen Interviews
konsum im jungen Erwachsenenalter. Der Fokus werden quantitative und qualitative Angaben zum
liegt dabei insbesondere auf dem Übergang vom Drogenkonsum, Verhalten in sozialen Medien und
legalen zum illegalen Drogenkonsum. Der Konsum Netzwerken sowie umfassende psychologische und
illegaler Drogen beginnt in Deutschland meist im neuropsychologische Maße erfasst. Das vorliegende
Jugendalter, was auf einen Bedarf an gezielten Forschungsvorhaben wird an vier Standorten
Präventionsprojekten hindeutet. In Anbetracht der innerhalb Deutschlands (Hamburg, Mannheim,
Relevanz von legalem Drogenkonsum für die Dresden, Berlin) durchgeführt und auf europäischer
Initiierung von illegalem Drogenkonsum kann das Ebene in Kooperation mit Frankreich, Großbri
geplante Forschungsvorhaben potenziell einen tannien und den Niederlanden durchgeführt.
Beitrag zur Primärprävention von Suchterkran
kungen leisten. www.de.imagen-europe.com
Illegale Drogen
Im Rahmen des Projektes wird auf die Kohorte einer
multizentrischen, longitudinalen Studie (IMAGEN)
zugegriffen, die Teilnehmende für Imagen Pathways
rekrutiert und detailliert zu ihrem Drogenkonsum Gefördert durch: EU und Bundes
befragt. Der große Vorteil des beschriebenen ministerium für Gesundheit
Projekts besteht darin, dass es auf einen umfassen-
den Datenpool zurückgreifen kann. Damit stehen
detaillierte Informationen zum Verlauf von
CaSCH-T1 - Pilotprojekt
Illegaler Substanzkonsum während der Schwanger-
schaft und seine Folgen für Mutter und Kind
Illegale Drogen
wurde eine bundesweite, nichtinterventionelle Prozent Cannabis, zwei Prozent Opiate, 1,5 Prozent
anonyme Online-Befragung durchgeführt. Amphetamine und ein Prozent Benzodiazepine).
Insgesamt wurden 45 Fragebögen vollständig durch
Die Literaturrecherche ergab, dass nur sieben medizinisches Fachpersonal ausgefüllt. Hiervon
methodisch akzeptable Publikationen zum Thema wurden elf von Ärzten beantwortet.
vorliegen. Die Daten stammen größtenteils aus den
USA. Die Prävalenz des illegalen Substanzkonsums Die publizierte Datenlage zu Prävalenz und Folgen
bei schwangeren Frauen ist unklar und reicht von des Substanzgebrauchs während der Schwanger-
zwei bis 32 Prozent. Einige Arbeiten stellten einen schaft reicht nicht für evidenzbasierte Aussagen aus.
Zusammenhang zwischen Substanzkonsum und Die geringe Teilnehmerzahl der Ärzte trotz inten
Frühgeburten, einem niedrigen Geburtsgewicht und siver Rekrutierungsbemühungen ist angesichts der
einem erhöhten Risiko für Anämie, bei Sturz gefundenen Risiken von psychotropen Substanzen
geburten, bei einem kleinen Reifealter, beim für Mutter und Kind als „alarmierend“ zu bewerten.
Aufenthalt in einer Neugeborenen-Intensivstation
nach der Geburt und bei einem reduzierten Aorten-
durchmesser fest. Jedoch zeigten nicht alle Studien Gefördert durch: Bundesministerium für
diese Befunde zu den Folgen des prä- und peri Gesundheit
natalen Substanzkonsums. Es existieren keine
SHIFT Plus – Weiterentwicklung und Evaluation Stimulanzien als auch multipler Substanzkonsum
des Sucht-Hilfe-Familientrainings für drogenab- und Mischkonsum berücksichtigt.
hängige Eltern
Die Umsetzung von „SHIFT Plus“ soll bundesweit an
Das Projekt „SHIFT Plus“ basiert auf den Ergebnis- insgesamt zehn Praxisstandorten in Zusammen-
sen des Vorgängerprojektes „SHIFT-Elterntraining“, arbeit mit der Sucht- und Jugendhilfe erfolgen. Im
Illegale Drogen
das speziell für die Zielgruppe methamphetamin Rahmen eines randomisiert-kontrollierten
abhängiger Eltern konzipiert wurde. Das modulari- Forschungsdesigns wird die Intervention in Bezug
sierte SHIFT-Programm wird nun für die gesamte auf Akzeptanz und Wirksamkeit überprüft.
Bandbreite der Abhängigkeit von illegalen Subs
tanzen weiterentwickelt, um Module für Angehörige Gefördert durch: Bundesministerium für
beziehungsweise Kinder ergänzt und somit im Gesundheit
Bereich Familienresilienz vertieft. Es werden dabei
sowohl der Konsum von Opiaten, Cannabis und
Ziel des europaweit durchgeführten Projektes zum identifiziert werden, die mit der Ausbildung be-
Amphetaminkonsum ist es, Konsumverläufe von stimmter Konsummuster (kontrolliert bis abhängig)
Nutzenden amphetaminartiger Substanzen (ATS) in in Zusammenhang stehen können. Neben aktuellen
fünf Ländern zu untersuchen. Durch die Erhebung und ehemaligen Konsumierenden werden auch
und Analyse individueller „Konsumkarrieren“ sollen gezielt Personen rekrutiert, welche die Möglichkeit
potenzielle Risiko- und Resilienzfaktoren zum ATS-Konsum hatten (etwa weil in ihrem
sozialen Umfeld ATS konsumiert werden), diesen aus, wird der Konsum verringert oder zeitweise
aber abgelehnt haben. Dadurch ist es möglich, ausgesetzt. Die intensive Nutzung von Ampheta
Umstände und Gründe zu ermitteln, warum minen wiederum steht oft mit beruflichem Stress
manche Personen mit dem Konsum von ATS und dem „Funktionieren“ im Alltag im Zusammen-
beginnen, andere wiederum nicht. hang. Einschneidende Lebensereignisse, familiäre
Veränderungen oder auch Haftstrafen können dazu
Das Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung führen, dass der Konsum reduziert oder ganz
ZIS) hat die Projektleitung übernommen, weitere eingestellt wird.
Partner des Konsortiums mit eigenständiger
Projektdurchführung und eigenem Budget kommen Auf Grundlage der aus dem qualitativen Modul
aus Großbritannien, der Tschechischen Republik, gewonnenen Erkenntnisse sowie unter Einbe
den Niederlanden und Polen. ziehung der Ergebnisse eines systematischen
Literaturreviews wurde ein standardisierter Frage-
Für das Projekt wurde ein mixed-methods-basiertes bogen für das quantitative Modul entwickelt. Diese
Forschungsdesign entwickelt, das aus zwei Modulen tabletgestützte Befragung wird derzeit mit insge-
besteht. Im bereits abgeschlossenen qualitativen samt 2.000 Personen durchgeführt.
Modul wurden insgesamt 280 halbstrukturierte
Interviews mit unterschiedlichen Konsumenten- Die Ergebnisse des Projekts, die für Ende 2019
gruppen geführt. Die Auswertungen zeigen, dass die erwartet werden, können dazu dienen, neue Prä
Gruppe der ATS-Konsumierenden sehr heterogen ventionsangebote für ATS-Konsumierende zu
ist. Diverse individuelle, soziale und umwelt entwickeln beziehungsweise bereits bestehende
bezogene Einflüsse stehen mit unterschiedlichen anzupassen.
Illegale Drogen
Informationssystem zu Neuen psychoaktiven durch und sammelt Daten zum Konsum von NPS in
Stoffen und Medikamenten (Phar-Mon NPS) Risikopopulationen. Es stehen Informationen aus
Befragungen im Zusammenhang mit Partyprojek-
Neue psychoaktive Stoffe (NPS) stellen die ten, ambulanten Beratungsstellen und der externen
Gesellschaft und die Gesundheitspolitik vor große Suchtberatung in Justizvollzugsanstalten (JVA) zur
Herausforderungen. Die Vielfalt der Substanzen, Verfügung. Darüber hinaus wurden über eine
deren schnelle Weiterentwicklung und der ano Giftinformationszentrale und über das HaLT-Projekt
nyme Vertrieb über das Internet stellen Gesetzge- in Bayern Daten zu Vergiftungen gesammelt. Zudem
bung und Prävention vor ernst zu nehmende wurden das Angebot und die Preise von NPS in
Probleme. Online-Shops ausgewertet. Zusätzlich wurden
Informationen des Early Warning Systems (EWS)
Das Projekt Phar-Mon NPS führt seit 2015 ein der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen
zielgruppenspezifisches Monitoring in Deutschland und Drogensucht (EBDD) berücksichtigt.
In den verschiedenen Szenen wurde am häufigsten etablierte illegale Substanzen aber viel häufiger
der Konsum synthetischer Cannabinoide gemeldet, konsumiert als NPS. Um Entwicklungen in Bezug
mit Ausnahme der Beratungsstellen, deren Klien auf NPS, aber auch im Konsum und der Verbreitung
tinnen und Klienten einen häufigeren Konsum von anderer psychoaktiver Substanzen in Deutschland
Cathinonen berichteten. Auch in Online-Shops zukünftig zu beobachten, wird seit Januar 2019 das
dominierten Kräutermischungen das Gesamt Anschlussprojekt Phar-Mon plus durchgeführt.
angebot. Als Hauptmotiv für den Konsum von NPS
wurde in der Partyszene sowie in Beratungsstellen www.legal-high-inhaltsstoffe.de/
und von Insassen der JVA häufig Neugierde genannt. en/pharmon-nps.html
In der JVA spielten zudem psychosoziale Probleme
eine Rolle. Unter den 46 Notfällen, die von deutscher
Seite an die EBDD gemeldet wurden, traten zusätz-
lich zu synthetischen Cannabinoiden vor allem Gefördert durch: Bundesministerium für
synthetische Opioide auf. Insgesamt werden Gesundheit
Illegale Drogen
Angebote der Gesundheitsfürsorge in Haft – hat in vor allem Cannabis und Neue psychoaktive Stoffe
der Forschung in Deutschland bisher relativ wenig (NPS) wichtige Rollen. Ein Augenmerk auf diese
Aufmerksamkeit erfahren. Zahlreiche verfügbare Substanzen ist daher sinnvoll. Dies geschieht in
Daten zu Prävalenzen und anderen drogenbe Wittlich vor allem im Bereich der NPS durch ein
zogenen Indikatoren im intramuralen Setting sind Projekt zur Erkennung des NPS-Konsums durch
veraltet und zum Teil widersprüchlich. geschulte Justizvollzugsbeamte. Die Lebenszeitprä-
valenzen der Inhaftierten lag für jede der abgefrag-
Im Rahmen einer aktuellen Untersuchung wurden ten illegalen Substanzen deutlich über den
basierend auf Selbstauskünften der Inhaftierten der Lebenszeitprävalenzen der männlichen Allgemein-
Männerhaftanstalt Wittlich in Rheinland-Pfalz bevölkerung in Deutschland. Vor diesem Hinter-
Daten zum Konsum psychoaktiver Substanzen grund ist es sinnvoll, fachliche Beratung zu den
erhoben. Bezogen auf alle Inhaftierten lag die Folgen des Konsums anzubieten und Behandlungs-
Erreichungsquote bei 41,45 Prozent (n = 193). Der angebote zu unterbreiten.
Fragebogen war in vier Themenbereiche unterteilt:
Konsum von Alkohol und Tabak, illegale Drogen, Insgesamt haben die befragten Inhaftierten ange
Risikoverhalten und Wissen zu Hilfsangeboten geben, in Haft mehr Kontakt zu Beratungsange
sowie Konsequenzen des Substanzkonsums in Haft. boten aufgenommen zu haben als in Freiheit.
Über 80 Prozent der Befragten gaben an, aktuelle Gefördert durch: Bundesministerium für
Raucher zu sein. Dieser Wert liegt 2,6-mal höher als Gesundheit
in der männlichen Allgemeinbevölkerung in
Erhebung der in Deutschland abgegebenen Dritteln der kreisfreien Städte, in denen fast 90 Pro-
Konsumutensilien und ausgebender Einrichtungen zent der in kreisfreien Städten lebenden Personen
gemeldet sind, wurden Ausgabestellen registriert. Im
Konsumierende illegaler Substanzen haben ein stark Gegensatz hierzu konnte nur in knapp einem Viertel
erhöhtes Risiko, sich mit Krankheiten wie HIV und der Landkreise, in denen ungefähr ein Drittel der in
Hepatitis anzustecken, wenn sie nichtsterile den Landkreisen gemeldeten Personen wohnt, eine
Konsumutensilien (zum Beispiel Spritzen, aber auch Ausgabestelle gefunden werden. Verschiedene
Röhrchen zum nasalen Konsum und andere) epidemiologische Indikatoren zeigen, dass der
verwenden. Diese Gruppe mit sterilen Konsum Anteil von Drogenkonsumierenden in Ballungs
utensilien zu versorgen ist deshalb eine wichtige zentren höher ist als auf dem Land; somit kann
(drogen-)gesundheitspolitische Maßnahme. Bisher davon ausgegangen werden, dass über die Hälfte der
war unbekannt, wo und wie viele Konsumutensilien Drogenkonsumierenden Deutschlands in Gegenden
in Deutschland verteilt werden. Das Forschungs mit prinzipiell vorhandenem Zugang zu einer
projekt hat deshalb zunächst eine geografische Konsumutensilienausgabe lebt. Gleichzeitig scheint
Verteilung derjenigen Projektträger erstellt, die in die Versorgung im ländlichen Raum nicht flächen-
Deutschland diese Versorgung übernehmen. Die deckend sichergestellt. Auf den bisherigen Projekt-
Ergebnisse können als Grundlage für die Planung ergebnissen aufbauend werden abgegebene
zielgruppenspezifischer Maßnahmen und der Konsumutensilien gezählt, um einschätzen zu
Sicherstellung der Versorgung dienen. können, wie gut die Versorgung in den Gebieten mit
einer Ausgabe ausgebaut ist.
Es konnten für etwa ein Drittel der deutschen
Landkreise und kreisfreien Städte, in denen circa die Gefördert durch: Bundesministerium für
Illegale Drogen
Jugendlichen von 13 bis 22 Jahren deutschlandweit verschiedenen Themen rund um die Prävention von
einen niedrigschwelligen Zugang zu diesen Infor- Drogenabhängigkeit geschult und bei Informations-
mationen anzubieten. veranstaltungen für Eltern und Angehörige der
suchtgefährdeten sowie betroffenen Jugendlichen
Dabei setzt der BVRE auf sein seit mehreren Jahren deutschlandweit begleitet.
aufgebautes Multiplikatorensystem, das sich in der
sozialen Arbeit mit bestimmten Migrantengruppen Alle Themen werden kultursensibel aufgearbeitet
bereits als erfolgreich erwiesen hat. Als Multiplika und präsentiert. Ein Handbuch, das theoretische
torinnen und Multiplikatoren werden Personen aus Grundlagen mit den im Projekt erarbeiteten
dem Milieu der Projektzielgruppe gewonnen, die das Inhalten verbindet, sichert die Nachhaltigkeit der
Vertrauen der Zielgruppe besitzen, die Sprache der kultursensiblen Präventions- und Suchthilfearbeit.
Zielgruppe beherrschen und mit kulturellen
Besonderheiten der Zielgruppe vertraut sind. Die www.bvre.de
Multiplikatoren werden auf die anstehende Arbeit
mit der Zielgruppe professionell vorbereitet und in
der Anfangsphase ihrer neuen Tätigkeit begleitet. Sie
stellen ein Bindeglied zwischen der Zielgruppe und
dem etablierten Hilfesystem in Deutschland dar. Gefördert durch: Bundesministerium für
Gesundheit
Innerhalb von zwei Jahren (2017-2019) wurden 40
Multiplikatorinnen und Multiplikatoren zu
Illegale Drogen
Diversity orientierte und partizipative Entwicklung
der Suchtprävention und Suchthilfe für und mit
Migrantinnen und Migranten (PaSuMi)
Die Peers sind im gesamten Projektverlauf an den • gemeinsame Entwicklung und Evaluation neuer
Entscheidungen beteiligt. Ihre Perspektiven resul Ansätze für selektive und indizierte Maßnahmen
tieren aus der eigenen Migrations- oder Flucht- der Suchtprävention
erfahrung. Sie gehören zu oder haben Bezug zu
unterschiedlichen Gruppen, die Drogen gebrauchen • Anpassung der Maßnahmen der Suchtprävention
oder gebraucht haben beziehungsweise suchtge- an den Bedarf und die Lebenswelt unterschied-
fährdet sind, sprechen unterschiedliche Sprachen, licher Migrantinnen- und Migranten-Communities
einige von ihnen sind Sexarbeiter (m, w, trans) und
Methoden: www.pasumi.info/
Lebenssituation von erwachsenen Geflüchteten in Französisch oder Englisch und – nach Bedarf –
Deutschland. Repräsentative Erhebung zur Verbrei- mithilfe von Dolmetschern.
tung des Substanzkonsums in Einrichtungen der
Flüchtlingshilfe – LOGIN Zurzeit ist der Fragebogen erstellt und die Program-
Illegale Drogen
drugcom.de
Illegale Drogen
Besucherinnen und Besuchern pro Monat gehört
drugcom.de in Deutschland zu den am häufigsten Seit 2018 besteht für drugcom.de ein eigener Kanal
besuchten Internetseiten im Bereich der auf YouTube, der bei Jugendlichen beliebtesten
Suchtprävention. Social Media-Plattform. Ziel des neuen YouTube-
Kanals ist es, in adressatenspezifischer, grafisch
Das Online-Ausstiegsprogramm „Quit the Shit“ ist ansprechender Weise sachgerecht über die Risiken
seit 2004 in die Internetplattform integriert. Teil- und Wirkungen von Substanzen zu informieren und
nehmende können sich hier unkompliziert und gleichzeitig die Reichweite von drugcom.de weiter
anonym anmelden. Professionelle und speziell zu erhöhen. Es wurden bislang fünf Clips zu
geschulte Beraterinnen und Berater unterstützen sie verschiedenen Substanzen und Themen erstellt. Sie
bei der Reduzierung oder dem Ausstieg aus dem haben mit mehr als 400.000 Aufrufen eine hohe
Cannabiskonsum. Seit Beginn haben mehr als Verbreitung gefunden. Insgesamt konnten bis März
8.000 Personen von diesem Angebot profitiert. Das 2019 bereits 8.500 Abonnentinnen und Abonnenten
Ausstiegsprogramm wird seit 2006 in Kooperation des neuen YouTube-Kanals von drugcom.de gewon-
mit regionalen Drogenberatungsstellen nen werden.
durchgeführt.
www.drugcom.de
Mit dem „Speed Check“ wurde 2018 ein neuer
Selbsttest entwickelt, der die Risiken des Konsums
von Amphetaminen in den Blick nimmt. Der Test
greift unterschiedliche Konsummotive und Lebens-
umstände auf, um leicht verständlich die spezifi- Durchgeführt von der Bundeszentrale für
schen Risiken zu erläutern. Ziel des Tests ist es, gesundheitliche Aufklärung
Das Medienpaket umfasst vier Kurzfilme mit verantwortlich und überlegt „Nein“ zu illegalen
Sachinformationen und Unterrichtsbausteinen zum Drogen sagen können und andere Wege finden, um
Thema „Crystal Meth“. Das Filmangebot regt dazu mit schwierigen und herausfordernden Lebenssitu-
Illegale Drogen
an, dass sich Jugendliche ab 14 Jahren nachdenklich ationen oder Stress umzugehen.
und produktiv sowohl mit dem aktuellen Thema
„Crystal Meth“ (Methamphetamin) auseinander Veröffentlicht von der Bundeszentrale für
setzen als auch mit Lebenssituationen, in denen gesundheitliche Aufklärung
Suchtmittel aller Art auftauchen und eine spezifi-
sche Rolle spielen können. Die Materialien unter-
stützen Lehrkräfte bei der Aufgabe, junge Menschen
so in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu fördern,
dass sie in ihrem Leben selbstbestimmt, sozial
Illegale Drogen
eines schulinternen Regelsystems und gibt Lehre- Materialien und Ansprechpersonen in den Bundes-
rinnen und Lehrern Hinweise, wie sie im konkreten ländern ergänzen das Angebot.
Fall auf Problemsituationen adäquat reagieren
können. Schließlich werden Anregungen zur Veröffentlicht von der Bundeszentrale für
Entwicklung eines Interventionsleitfadens gesundheitliche Aufklärung
HIV? Hepatitis? Das CHECK ich! der bei HCV häufig der Fall ist, können langfristig
schwere Folgeschäden wie Leberzirrhose und Leber-
Ein Beratungs- und Testangebot für Drogen krebs auftreten. Vor diesem Hintergrund hat die
gebrauchende Menschen in Kooperation mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufk lärung
Deutschen AIDS-Hilfe und dem Robert (BZgA) in Kooperation mit der Deutschen AIDS-Hilfe
Koch-Institut (DAH) und dem Robert Koch-Institut (RKI) das Projekt
„HIV? Hepatitis? Das CHECK ich!“ konzipiert. Das
Menschen, die intravenös Drogen gebrauchen, haben Projekt wird in Einrichtungen der Drogenhilfe in
ein erhöhtes Risiko für HIV- und Hepatitis-Virus- Hamburg, Bremen, Hannover, Troisdorf, Dortmund
Infektionen, insbesondere das Hepatitis-C-Virus und Düsseldorf umgesetzt und ermöglicht einen
betreffend. Beide Infektionen können viele Jahre niedrigschwelligen Zugang zu kostenlosen, anonymen
symptomarm verlaufen, sodass sie oft erst sehr spät Tests auf HIV und HCV für Drogenkonsumierende.
entdeckt werden. Die Übertragungswege und gesund- Das Projekt baut auf den Ergebnissen und Empfeh-
heitlichen Gefahren sind insbesondere beim Hepati- lungen der vom RKI durchgeführten DRUCK-Studie
tis-C-Virus (HCV) in den Zielgruppen noch nicht (Drogen und chronische Infektionskrankheiten in
ausreichend bekannt. Bei einem chronischen Verlauf, Deutschland) auf.
Es hat sich zum Ziel gesetzt, ein niedrigschwelliges in eine Behandlung angeboten, unter anderem eine
Beratungs- und Testangebot zu HIV und Hepatitis Begleitung zu Fachärztinnen und Fachärzten. Die
für Drogen gebrauchende Menschen mit keinem Beratungen adressieren auch Hepatitis-A- und
oder nur einem eingeschränktem Zugang zu Hepatitis-B-Virusinfektionen. Die Impfung hierge-
medizinischen Angeboten einzurichten, HIV- und/ gen wird in Kooperation mit niedergelassenen
oder HCV-Infektionen frühzeitig zu erkennen, um Ärztinnen und Ärzten oder direkt über die ärztli-
eine Behandlung einzuleiten, und den Wissensstand chen Projektmitarbeitenden angeboten.
zu HIV- und Hepatitis-Virus-Infektionen in der
Zielgruppe (weiter) zu erhöhen. An den sechs Das Projekt wird vom Verband der Privaten Kran-
Projektstandorten werden im Zeitraum Januar 2018 kenversicherung e. V. (PKV) finanziert (Standorte
bis August 2019 wöchentlich Beratungen zu HIV, Hamburg, Bremen, Hannover, Troisdorf und
Hepatitis, Risikosituationen wie das Teilen von Begleitevaluation). Die beiden zusätzlichen Stand-
Konsumutensilien und Schutzmöglichkeiten orte Dortmund und Düsseldorf werden durch das
durchgeführt. Begleitend werden kostenlose und Land NRW gefördert.
anonyme Schnell- und Labortests auf HIV und HCV
zur Verfügung gestellt. Bei einem positiven Test- Durchgeführt von der Bundeszentrale für
ergebnis wird Unterstützung bei der Weiterleitung gesundheitliche Aufklärung
Central Asia Drug Action Programme (CADAP) Heroinkonsumierende leben in der gesamten
Region. Nur ein kleiner Teil von ihnen ist bislang in
Illegale Drogen
Die zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Kirgisien, das gesundheitliche und psychosoziale Versorgungs-
Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan sind ystem eingebunden. Dabei sind die Mitarbeiterin-
Schlüsselregionen für internationale Aktivitäten zur nen und Mitarbeiter dieses Versorgungssystems
Bewältigung der dort wachsenden Drogenpro nicht nur hochmotiviert, sondern auch fachlich gut
blematik geworden. Die Nachbarregion zu Afghanis- qualifiziert. Zunehmend orientieren sie sich weg von
tan ist zunehmend mit dem Schmuggel von Opium, der traditionellen, russisch geprägten „Narkologie“
Heroin und Cannabis und neuerdings NPS sowie hin zu modernen Methoden der Psychotherapie
mit einer wachsenden Zahl von Drogenabhängigen, und der medikamentösen Behandlung von
insbesondere injizierenden Heroinabhängigen, Abhängigkeitserkrankungen.
konfrontiert.
Zu den bisher erreichten Erfolgen zählt die Ver
Dies stellt nicht nur ein gesundheitliches Problem besserung der Datensituation über die Drogen
dar, sondern ist gleichzeitig Ausdruck wachsender problematik, die Einführung moderner und effek
wirtschaftlicher sowie sozialer Instabilität und tiver Präventionsstrategien und die Entwicklung
Korruption. Nachdem das Problem zunächst psychosozialer Behandlungsmethoden für Drogen-
geleugnet wurde, reagierte die Gesellschaft schließ- abhängige, einschließlich der Etablierung von
lich mit zunehmender strafrechtlicher Verfolgung Substitutionsbehandlung. Das von der EU geför
von Heroinkonsumierenden. Insbesondere auf- derte Projekt CADAP soll diese Erfolge festigen. Ein
grund der drohenden Ausbreitung von Infektions- europäisches Konsortium setzt es von 2015 bis 2019
risiken wie HIV und Hepatitis wird der Drogenkon- bereits in der sechsten Phase um. Die Frankfurt
sum inzwischen als gesundheitliches und soziales University of Applied Sciences ist für die Kom
Problem wahrgenommen. Seit Beginn der ponente Behandlung zuständig und organisiert
1990er-Jahre ist die Zahl der Opiatnutzer schnell Schulungen von Expertinnen und Experten aus der
angewachsen. Mindestens 400.000 zentralasiatischen Region mit Trainerinnen und
Trainern aus Deutschland. Diese verfügen über Diese Erfahrungen können wichtige Impulse für die
langjährige Erfahrungen im deutschen Suchthilfe- Behandlungspraxis in Zentralasien geben –
system. Hierbei waren und sind sie auch mit einer insbesondere bei russischsprachigen Klientinnen
nicht unerheblichen Anzahl von russischsprachigen und Klienten.
Drogenkonsumierenden und deren sozialkultu
rellem Verständnis von Abhängigkeit und Behand- Gefördert durch: Bundesministerium für
lung konfrontiert. wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Illegale Drogen
halb der Drogenproduktion zu schaffen. Zunächst Livelihood_2016-2017
wurde in den iranischen Provinzen Khorosan
Razavi, Südkorosan und Sistan-Belutschistan sowie
in den afghanischen Provinzen Farah, Herat und
Nimrouz eine Machbarkeitsstudie „Alternative www.bit.ly/
Livelihood and Sustainable development“ durchge- SME-Entrepreneurship-paper-
führt, in der Alternativen für die Sicherung des workshops-2016-2017
Lebensunterhalts und die Berufsausbildung in den
Regionen aufgezeigt wurden. Drei Workshops in der
iranisch-afghanischen Grenzregion befassten sich Konferenzbericht:
mit den dringendsten Herausforderungen und
www.unodc.org/
Problemen in der Region, mit denen sich Frauen in
islamicrepublicofiran/en/tehran-
ihrer neuen Rolle als Haushaltsvorstand und neu
meeting-on-sustainable-development-
gegründete Kleinstunternehmen konfrontiert
and-job-creation--26-27-september-
sehen. An diesen Workshops nahmen überwiegend
2017--tehran.html
Frauen teil.
Auf der Konferenz „Tehran Meeting on Sustainable
Development and Job Creation“ am 26./27. Sep
tember 2017 in Teheran wurden die Ergebnisse der Gefördert durch: Auswärtiges Amt
positionieren und mit ausgewählten Partner mit den o. g. Schwerpunkten in digitalen Medien.
regierungen umzusetzen.
In allen vier Handlungsfeldern kooperiert das
Das Vorhaben wurde im März 2019 vom BMZ mit Vorhaben eng mit seinen internationalen Umset-
der Umsetzung im Rahmen einer Folgephase von zungspartnern: dem Büro der Vereinten Nationen
März 2019 bis Mai 2022 beauftragt. Aktuell agiert das für Drogen und Verbrechensbekämpfung (UNODC),
Projekt an den Standorten Berlin, Bonn, Bogotá und der thailändischen Mae Fah Luang-Stiftung unter
Bangkok. königlicher Schirmherrschaft (MFLF) sowie den
Nichtregierungsorganisationen Transnational
Der Fokus liegt auf folgenden vier Institute (TNI) und International Drug Policy
Handlungsfeldern: Consortium (IDPC) sowie fallweise mit anderen
Partnern.
1. Das Vorhaben fördert den internationalen
drogenpolitischen Dialog. Ziel ist die Veranke- www.gpdpd.org
rung von entwicklungs-, menschenrechts- sowie
gesundheitspolitischen Aspekten der globalen
Drogenproblematik auf normativer Ebene im
Rahmen der Vereinten Nationen und anderen
relevanten globalen Foren. Darüber hinaus stärkt Gefördert durch: Bundesministerium für
das Vorhaben gemeinsame Positionen interes- wirtschaftliche Zusammenarbeit und
sierter Regierungen zu diesen Ansätzen der Entwicklung
Drogenpolitik.
IBSFEMME: Projekt zur Untersuchung der Stattdessen zeichnet sich ab, dass Frauen andere,
geschlechtsspezifischen Inanspruchnahme von teilweise deutlich schwerwiegendere komorbide
Beratungs- und Behandlungsangeboten bei Störungen aufweisen als Männer. So treten bei
internetbezogenen Störungen Männern häufiger unipolare depressive Störungen
sowie soziale und Agoraphobien auf, während sich
Computerspiel-/Internetabhängigkeit
Geschlechtsspezifische Vergleiche haben ergeben, bei Frauen vermehrt psychotische, Zwangs- oder
dass es keine signifikanten Unterschiede bezüglich Borderlinestörungen finden lassen. Auch zeichnen
der Prävalenz von internetbasierten Störungen bei sich unterschiedliche Zugangswege ab: Während
Männern und Frauen gibt. Gleichzeitig wendet sich Männer direkt durch Eigeninitiative oder Ange
lediglich ein geringer Anteil weiblicher Betroffener hörige den Weg ins Suchthilfesystem finden, werden
an das suchtspezifische Hilfesystem. Ziel der Studie Frauen zumeist von Vorbehandelnden dorthin
ist die Überprüfung der Ursachen dieser Diskrepanz verwiesen.
zwischen Prävalenz und Inanspruchnahme des
Suchthilfesystems. Dabei wird insbesondere drei Die Grundidee des Projekts ist, künftig zielgerichtete
Haupthypothesen nachgegangen: fehlende Wahr- Angebote auszuarbeiten und zu implementieren,
nehmung durch Dritte, Aufsuchen anderer Ver um für die betroffenen Frauen eine entsprechend
sorgungsbereiche, Methodenartefakte . angepasste Versorgung zu gewährleisten.
Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass es keine Gefördert durch: Bundesministerium für
substanziellen Unterschiede zwischen den Gesundheit
Geschlechtern in Bezug auf psychopathologische
Symptombelastung und Funktionsniveau gibt.
„SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht.“ TV & Film, Internet, soziale Netzwerke, Games und
mobile Geräte abgerufen werden. Hierbei können
Der Medienratgeber für Familien informiert Eltern Eltern Fragen an Mediencoaches stellen und finden
und Erziehende über aktuelle Entwicklungen der darüber hinaus Beratungsstellen in ihrer Nähe.
Medienwelt, über Möglichkeiten zur Information, Interaktive Instrumente wie das Medienquiz, ein
Interaktion und Unterhaltung, aber auch über Onlinetest für Eltern und eine App mit Tipps
Risiken einschließlich exzessiver Mediennutzung. ergänzen das Angebot. Zudem können Interessierte
Zugleich bietet SCHAU HIN! Eltern und Erziehen- Broschüren und Flyer herunterladen oder online
den Orientierung in der digitalen Medienwelt und bestellen. Durch aktive Medienarbeit, zugkräftige
gibt konkrete, alltagstaugliche Tipps, wie sie den Kooperationen und engagierte Partner konnte
Medienkonsum ihrer Kinder kompetent begleiten SCHAU HIN! Tausenden Eltern Tipps vermitteln,
können. „SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien wie ihre Kinder gut mit Medien aufwachsen, und
macht.“ wurde 2003 ins Leben gerufen und ist eine das Thema im öffentlichen Diskurs stärken. Dafür
gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für wurde SCHAU HIN! mit dem Internationalen
Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der beiden Deutschen PR-Preis 2014 prämiert und ist zudem
öffentlich-rechtlichen Sender Das Erste und ZDF „Ausgezeichneter Ort im Land der Ideen“ 2015 unter
sowie der Programmzeitschrift TV SPIELFILM. dem Motto „Stadt, Land, Netz! Innovationen für eine
digitale Welt“.
SCHAU HIN! kooperiert mit mehr als 60 Initiativen
und Organisationen aus den Bereichen Pädagogik, www.schau-hin.info
Wohlfahrt und Prävention. Dazu gehören unter
anderem Krankenkassen und der Berufsverband der
Kinder und Jugendärzte (BVKJ). Zudem fungieren
verschiedene Prominente als Botschafterinnen und
Botschafter. Auf der Website können aktuelle News Gefördert durch: Bundesministerium für
sowie konkrete Hinweise zu den Medienbereichen Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Computerspiel-/Internetabhängigkeit
„Gutes Aufwachsen mit Medien“ Die Initiative möchte Eltern und pädagogischen
Fachkräften helfen, ihre Erziehungsverantwortung
Die Initiative ist als offenes Aktionsbündnis für auch im digitalen Zeitalter wahrzunehmen. Im
länderspezifische, regionale oder anderweitig Informationsbereich finden sich zudem Materialien,
organisierte Ansätze angelegt. Gemeinsam sollen die die sich aus verschiedenen Perspektiven mit Me-
Rahmenbedingungen für ein „Gutes Aufwachsen diensucht befassen.
mit Medien“ in Deutschland weiterentwickelt
werden. Dazu werden unter anderem Angebote zur www.gutes-aufwachsen-mit-
Medienkompetenzstärkung für alle Bevölkerungs- medien.de
gruppen entwickelt, der bestehende Kenntnisstand
durch praxisorientierte Forschung erweitert,
Familien zu Themen der Medienerziehung beraten,
ein Umfeld mit guten und sicheren Kindermedien Gefördert durch: Bundesministerium für
geboten und mediale Beteiligungsmöglichkeiten für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
junge Menschen und pädagogische Fachkräfte
geschaffen.
Ein zentrales Kampagnenmodul ist dabei das Seit September 2014 wird das bundesweite Peer
Internetportal. Dort finden Jugendliche vielfältige projekt „Net-Piloten“ in Schulen umgesetzt. In
themenbezogene Informationen, die interaktiv und Zusammenarbeit mit den Länderkoordinatorinnen
zum Teil spielerisch aufbereitet sind. Unter anderem und -koordinatoren für Suchtprävention sowie den
können sie bei einem Online-Selbsttest heraus kommunalen Fachstellen für Suchtprävention und
finden, ob sie tendenziell schon zu einer exzessiven Schulen konnten bislang rund 22.000 Jugendliche
Mediennutzung neigen. Wenn das Testergebnis eine und ihre Eltern mit dem Peerprojekt erreicht
derartige Tendenz zeigt, können Jugendliche im werden. Das Projekt befindet sich in der Phase der
Anschluss am Online-Verhaltensänderungs Verstetigung und soll mit „Train-the-Trainer-Schu-
programm „Das andere Leben“ teilnehmen. Dieses lungen“ und in enger Abstimmung mit dem Kultus-
bietet ihnen interaktive Aufgaben zur Auseinan kreis bundesweit implementiert werden.
dersetzung mit der eigenen Mediennutzung inklu
sive einer individuellen Beratung und regelmäßi-
gem Feedback durch einen persönlichen Coach. www.ins-netz-gehen.de
Computerspiel-/Internetabhängigkeit
durch eine Mailberatung für Eltern, Lehr- und
Fachkräfte, die sich Sorgen um die Mediennutzung
bei Jugendlichen machen. Allgemeine Fragen und
konkrete Anliegen werden individuell durch
wissenschaftlich gesicherte Antworten und päda Durchgeführt von der Bundeszentrale für
gogisch bewährte Tipps beantwortet. gesundheitliche Aufklärung
Pathologisches Glücksspiel
In der Studie wurde das von Hayer et al. (2013) Laut Selbstauskunft ist das Instrument durch das
entwickelte Screening-Instrument mit 18 Kriterien Personal insbesondere für Stammspielerinnen und
zur Früherkennung von Problemspielerinnen und -spieler gut einsetzbar. Es lässt sich in der Gesamt-
Problemspielern in Spielhallen überprüft. Das bewertung als ein nützliches Hilfsmittel zum
Screening-Instrument erfüllt für die Personen Erkennen stark belasteter Personen ansehen. Die
gruppe mit mindestens vier DSM-5-Kriterien Schwierigkeiten bei der Früherkennung und
(Grenzwert zur Diagnose einer Störung durch -intervention in Spielstätten können dadurch
Glücksspielen) die Gütekriterien für ein nützliches jedoch nicht vollständig behoben werden.
Früherkennungsinstrument. Entscheidende Kenn-
werte sind dabei Sensitivität und Spezifität des Gefördert durch: Bundesministerium für
Screening-Instruments. Bei gleichwertiger Optimie- Gesundheit
rung von Sensitivität und Spezifität ergibt eine
Anzahl von mindestens sechs zutreffenden
Screening-Kriterien einen optimalen Grenzwert zur
Identifikation der betreffenden Person. Personen mit
Gefahren einzelner Glücksspiele auf. Wer an dem Programm teilnimmt, hat unter
anderem die Möglichkeit, sich regelmäßig und ganz
Das Internetportal www.check-dein-spiel.de ist ein persönlich von speziell ausgebildeten Therapeu
interaktives und eher niedrigschwelliges Angebot tinnen und Therapeuten online beraten zu lassen.
Von 2007 bis Februar 2019 konnten mit „Check out“ Glücksspielsuchtprävention in verschiedenen
2.145 Personen erreicht werden. Annähernd Fremdsprachen wie Englisch, Französisch, Arabisch,
250.000 Personen (Stand Februar 2019) haben den Russisch und Türkisch. Zum Themenbereich
Online-Selbsttest zur Einschätzung des eigenen „Risiken von Sportwetten“ wurden spezielle
Glücksspielverhaltens gemacht. Materialien – ebenfalls in den genannten
Fremdsprachen – erstellt.
Als niedrigschwelliges, kostenfreies und anonymes
Angebot ist die BZgA-Telefonberatung zur Glücks- www.spielen-mit-verantwortung.de
spielsucht an 363 Tagen im Jahr (ausgenommen der
24.12. und der 31.12.) unter der Telefonnummer
0800-1372700 für von Glücksspielsucht betroffene
Menschen, deren Angehörige und Freunde zu
erreichen.
www.check-dein-spiel.de
Spezielle türkisch-, polnisch- und russischsprachige
Telefonberatungsangebote richten sich an
Menschen mit Migrationshintergrund. Detaillierte
Informationen hierzu sind auf www.check-dein-
spiel.de zu finden. Durchgeführt von der Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung
Die Kampagne bietet darüber hinaus zielgruppen-
spezifische, schriftliche Informationsmaterialien zur
Glücksspiel
Konsumentinnen und im Bereich der Versorgungs- ergaben sich weitere wichtige Schlussfolgerungen
situation die Behandlungsleitlinien weiterentwickelt für die Patientenversorgung. Einen weiteren
werden müssen. Der umfangreiche neue zentralen Aspekt stellte die aktualisierte For-
Forschungsstand zu Risiken und potenziellem schungslage zu komorbiden somatischen sowie
Nutzen von E-Zigaretten führte zu lebhaften psychischen Störungen dar.
Diskussionen. Ebenfalls wurde der Frage nach
gegangen, wie vorhandene medikamentöse Behand- Um der Breite der Unterthemen gerecht zu werden,
lungsansätze bei Jugendlichen angewandt werden wurden mehrere Arbeitsgruppen für engere Zusam-
sollten oder welche therapeutische Bedeutung den menarbeit gebildet. Diese werden eine detaillierte
computer- bzw. smartphonebasierten Apps in Beschreibung des aktuellen Stands der Teilbereiche
diesem Bereich zuzuschreiben ist. und der daraus resultierenden Implikationen für die
Behandlung der Patienten anhand ihrer Expertise
Am zweiten Tag betrachteten die Experten den und der vorhandenen wissenschaftlichen Literatur
aktuellen Forschungsstand bei alkoholbezogenen erarbeiten. Es ist geplant, in einer weiteren Exper-
Störungen. Hierbei wurden aktuelle Entwicklungen tentagung 2020 diese Implikationen zur Behand-
im Bereich der computer- bzw. smartphonebasier- lung des schädlichen und abhängigen Tabak
ten Diagnostik und deren Bedeutung für die konsums sowie der alkoholbezogenen Störungen
Erkennung und Behandlung der alkoholbezogenen zusammenzutragen.
Störungen hervorgehoben. Ebenfalls zeigte sich in
der Forschungsliteratur ein Entwicklungstrend im Gefördert durch: Bundesministerium für
Bereich der digitalisierten Kurzinterventionen sowie Gesundheit
achtsamkeitsbasierter Therapieansätze. Hieraus
Bereits 2013 wurde an der Sektion Suchtmedizin Verhaltenstherapie an. IRIS stellt dabei ein ano
und Suchtforschung des Universitätsklinikums nymes und von möglichen Schuldvorwürfen freies
Tübingen mit der Unterstützung aus Mitteln des Lernumfeld bereit, sodass Barrieren überwunden
Bundesministeriums für Gesundheit damit be werden können, die ansonsten die Inanspruch
gonnen, die interaktive Onlineplattform IRIS nahme von professioneller Unterstützung behin-
aufzubauen. IRIS soll Schwangere, die rauchen oder dern würden. IRIS kann auch auf sehr persönliche
Alkohol konsumieren, dazu motivieren, diesen Fragen und Probleme eingehen, denn über eine
Konsum einzustellen oder zumindest zu reduzieren. „E-Coach“-Funktion kann auf Wunsch mit psycho-
Neben sorgfältig didaktisch aufbereiteten, seriösen therapeutisch geschulten Psychologinnen per
Informationen bietet IRIS bewährte Techniken der E-Mail kommuniziert werden.
JugendFilmTage
„KlarSicht“-Mitmach-Parcours und
„KlarSicht“-Koffer zu Tabak und Alkohol
KidKit
In den vergangenen zehn Jahren sind Fachwelt und 2. evaluiert werden, ob die Kooperation zwischen
Politik zunehmend darin übereingekommen, dass Jugend- und Suchthilfe auf Fallebene suchtbe
der Aufbau disziplinübergreifender Hilfenetzwerke lastete Familien wirksam unterstützt.
zwischen Jugendhilfe, Suchthilfe sowie medizini-
scher Versorgung für eine bedarfsgerechte Unter- Ziel ist es, Steuerungswissen und eine evidenzba-
stützung von Familien mit Suchtproblematik sierte Handlungsorientierung zu schaffen, um die
dringend notwendig ist. Implementierung bundesweit flächendeckender
Hilfenetzwerke für die Zielgruppe zu fördern und
Unter Einbezug der vorliegenden relevanten die wirksame interdisziplinäre Leistungserbringung
Studien und Arbeitsgruppenergebnisse soll mit dem weiterzuentwickeln und zu qualifizieren.
Projekt über eine Laufzeit von drei Jahren (2018 bis
2021) mit qualitativen und quantitativen Methoden Gefördert durch: Bundesministerium für
Gesundheit
Vertretern der Kostenträger. Dadurch sollen Das Projekt endet im April 2020.
Best-Practice-Modelle generiert werden. Die
Ergebnisse werden Impulse für die Verbesserung der Gefördert durch: Bundesministerium für
Versorgungssituation in struktureller und inhalt Gesundheit
licher Hinsicht geben.
aktionberatung – einfach.gut.beraten.
Geistige Behinderung und problematischer
Substanzkonsum
Das 2018 in Wiesbaden gestartete Projekt hat das soll anderen Leistungsanbietern helfen, ein ähn
Ziel, exemplarisch ein Hilfeangebot für geistig liches Angebot zu etablieren. In einem zweiten
behinderte Menschen mit problematischem Schritt werden für Fachkräfte weitere Praxis
Substanzkonsum zu erarbeiten. Die Projektlaufzeit materialien und Medien in einer internetgestützten
beträgt drei Jahre. Der Jugend- und Suchthilfeträger Datenbank zur Verfügung gestellt. Das Kennzeichen
Jugendberatung und Jugendhilfe e. V. (JJ) sowie die von aktionberatung ist, dass alle Entwicklungen in
EVIM Gemeinnützige Behindertenhilfe GmbH enger Partizipation von und mit Menschen mit
entwickeln ein Handbuch, das Anforderungen an geistiger Behinderung erfolgen.
die Beratungspraxis von Menschen mit geistigen
Behinderungen beschreibt. Diese Praxisanleitung
Erarbeitung regionaler Handlungsleitlinien als Vertreterinnen und Vertretern der Suchthilfe und
Orientierung für den Umgang mit betroffenen den Unterstützungseinrichtungen gegen Gewalt
Frauen und auf der bundesweiten Verbreitung der flächendeckend zu etablieren und regelhaft zu
Grundidee von GeSA. finanzieren. Dies wäre die Grundlage eines ganzheit-
lichen Arbeitsansatzes, der die Themen Sucht und
In den beiden Modellregionen Rostock und Gewalt in der Praxis zusammenführt. Neben der
Stralsund entschieden sich die beteiligten Ein Vernetzung regionaler Hilfestrukturen, der Um
richtungen und Institutionen für eine Fortsetzung setzung konkreter Beratungs- und Behandlungs
der Zusammenarbeit über die Modellphase hinaus. angebote für betroffene Frauen und deren Kinder
Dabei wird sich der Fokus der Zusammenarbeit muss dieser Ansatz auch eine breite Öffentlichkeits-
künftig auf die konkrete Fallarbeit, die Etablierung arbeit und präventive Maßnahmen umfassen.
der entwickelten Kooperationsformen sowie die
Durchführung regelmäßiger Basisseminare zum Gefördert durch: Bundesministerium für
kontinuierlichen Wissenstransfer richten. Gesundheit
www.sozialdienst.bundeswehr.de
Systematische Bestandsaufnahme und Erhebung Im Jahr 2016 beteiligten sich mit 237 Jobcentern in
von Ansätzen guter Praxis zur Aktivierung sucht- gemeinsamer Einrichtung (das heißt, Agentur für
kranker Menschen mit Schwerpunkt im SGB II Arbeit und Kommune sind gemeinsam Träger des
Jobcenters) fast 80 Prozent an einer Studie zur
Epidemiologische Studien belegen, dass sich unter Bestandsaufnahme und „Erhebung von Ansätzen
den Beziehenden von Arbeitslosengeld II eine relativ guter Praxis zur Integration und Aktivierung
große Zahl von Personen mit Suchtproblemen suchtkranker Leistungsberechtigter nach dem
befindet. Kaltenborn und Kaps (2012) kommen zu SGB II“. Die mit dem Endbericht 2017 vorgelegten
dem Schluss, dass, vorsichtig geschätzt, rund Kriterien „guter Praxis“ stellen eine wichtige
zehn Prozent der erwerbsfähigen Leistungsberech Grundlage für die weitere Professionalisierung der
tigten nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch Integrationsarbeit mit dieser Personengruppe in den
(SGB II) betroffen sind. Jobcentern dar. Die Bundesagentur für Arbeit greift
die Thematik seit 2018 mit einer Teilinitiative im
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) bietet in ihren Rahmen ihrer Strategie 2025 im Handlungsfeld
Agenturen für Arbeit und den Jobcentern kom „Reduzierung der Langzeitarbeitslosigkeit und der
petente Ansprechpartnerinnen und Ansprech Hilfebedürftigkeit“ auf.
partner sowie Dienstleistungen für die berufliche
(Wieder-)Eingliederung von arbeitslosen Menschen www.bundesgesundheitsministerium.
an. Mit den BA-eigenen Fachdiensten (Ärztlicher de/service/publikationen/
Dienst und Berufspsychologischer Service) steht drogen-und-sucht
zusätzlich medizinisches und psychologisches
Fachpersonal zur Verfügung.
Gefördert durch: Bundesministerium für
Gesundheit und Bundesministerium für
Arbeit und Soziales
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat Grundsätzlich gefördert werden von Leistungsträ-
im Mai 2017 eine Förderrichtlinie zur Durchführung gern und Leistungserbringern unabhängige regiona-
der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung le Beratungsangebote, welche die bestehenden
Bundesprogramm RESPEKT - Pilotprogramm für Vertrauen und Sicherheit schaffen sowie einen
schwer zu erreichende junge Menschen kontinuierlichen, nachhaltigen Weg in Ausbildung
und Arbeit ebnen sollen.
Das Pilotprogramm RESPEKT, das am 31.12.2018
endete, ermöglichte gezielt zusätzliche Hilfen für Vor Abschluss des Pilotprogramms ist mit Wirkung
junge Menschen in einer schwierigen Lebenslage, zum 1. August 2016 mit § 16h SGB II ein ent
um sie (zurück) auf den Weg in Bildungsprozesse, sprechendes Regelangebot in das SGB II eingeführt
Maßnahmen der Arbeitsförderung, Ausbildung oder worden, welches das Leistungsangebot des SGB II an
Arbeit zu bringen. Das Programm richtete sich an der Schnittstelle zur Jugendhilfe ergänzt. Junge
15- bis 25-Jährige, die aufgrund ihrer individuellen Menschen unter 25 Jahren, die von den Regel
Situation Schwierigkeiten haben, eine schulische angeboten der Sozialleistungssysteme nicht (mehr)
oder berufliche Qualifikation zu erreichen oder ins erreicht werden, können gezielt gefördert werden,
Arbeitsleben einzutreten, und die von den Sozial- um sie (zurück) auf den Weg in Bildungsprozesse,
leistungsangeboten zumindest zeitweise nicht Regelangebote der Arbeitsförderung, Ausbildung
erreicht werden. Nicht selten liegt den Schwierigkei- oder Arbeit zu holen. Somit können durch
ten der jungen Menschen ein Suchtverhalten § 16h SGB II in allen Jobcentern zusätzliche
zugrunde. Betreuungs- und Unterstützungsleistungen an
geboten werden.
Gefördert wurden zusätzliche Betreuungs- und
Unterstützungsleistungen, insbesondere auf Gefördert durch: Bundesministerium für
suchende und niedrigschwellige Angebote, die Arbeit und Soziales
Netzwerke für Aktivierung, Beratung und Chancen Aber auch Krankenkassen und
Rehabilitationsträger sind wichtige Akteure, damit
Für Menschen, die schon längere Zeit arbeitslos gemeinsam gute Ideen entstehen oder erfolgreiche
sind, hat sich ein umfassendes, maßgeschneidertes Ansätze weiterentwickelt werden. Da die
Betreuungsangebot als zielführend erwiesen, damit Voraussetzungen und Herausforderungen vor Ort
sich für sie neue Perspektiven am Arbeitsmarkt sehr unterschiedlich sind, haben die Jobcenter
eröffnen. Daher hat das Bundesministerium für beim Aufbau ihrer Netzwerke Gestaltungsfreiheit.
Arbeit und Soziales die Initiative „Netzwerke für Sie entscheiden vor Ort über die konkrete
Aktivierung, Beratung und Chancen“ gestartet. organisatorische, personelle, methodische und
Diese zielt auf eine intensivierte und instrumentelle Ausgestaltung.
bedarfsgerechte Betreuung langzeitarbeitsloser
Personen in den Jobcentern. Dabei sind die www.sgb2.info/DE/Themen/
Jobcenter aufgefordert, mit allen örtlichen ABC-Netzwerke/
Akteuren, die für eine erfolgreiche Vermittlung in abc-netzwerke.html
Arbeit relevant sind, in einem Netzwerk zu
kooperieren. Vor allem den kommunalen Partnern
kommt dabei eine wichtige Rolle zu – beispiels
weise bei der Suchtberatung.
Stichwortverzeichnis
Alkohol 10 ff., 51 ff., 65 ff., 76 f., 86, 125, Europäischer Drogenbericht 150
130 ff., 135, 138, 143, 166 ff., E-Zigaretten 34, 36 f., 40, 42, 45, 47 f., 50, 196
175, 179, 194 ff., 207
Alternative Entwicklung 148, 153 f., 159 ff. FAS/FASD 66 ff.
Amphetamine 31, 72, 81, 152, 155, 175
Angebotsreduzierung 9 f., 31 Geflüchtete Menschen 182
Arzneimittel 30, 71, 73 f., 76 ff., 83, 89, 91 ff., 152 Glücksspiel 16 f., 19, 21 f., 106 f., 111,
115 ff., 138, 192 f., 197
Behandlung 9 f., 15 ff., 21, 28 f., 61, 64, 69, 71 f., 79, Grundstoffüberwachung 32
88 ff., 95, 104, 125, 135 f., 138, 150,
156, 163, 167, 172, 174 f., 186 f., Hepatitis 28 f., 82, 90, 125, 135, 152, 180, 185 f.
194 ff., 198, 203, 210 Heroin 31, 81 ff., 89 f., 98, 135 f., 152, 155, 186
Beratung 9 f., 12, 15 f., 22, 24 f., 29 f., 125, 139 f., HIV
28 ff., 61, 79, 90, 125, 153, 180, 185 f.
160, 163 f., 169, 178 f., 183, 185 f.,
188 ff., 198, 200, 202 ff., 207 ff. Illegale Drogen 81 ff., 150 ff., 173 ff.
Betäubungsmittelgesetz 30 f., 71, 91, 98 ff. Infektionskrankheiten 28 f., 49, 90, 125, 135, 185
Betäubungsmittel- Internationale Entwicklungszusammenarbeit 158 ff.
Verschreibungsverordnung 91, 95, 135 Internationaler Suchtstoffkontrollrat
der Vereinten Nationen (INCB) 153 f., 156 f.
Cannabis 16 f., 19, 21 f., 31 f., 78 ff., 84 ff., 99, 150, Internationales 147 ff.
152 ff., 157 f., 173, 175, 177, 179, Internetabhängigkeit 104 ff., 189 ff.
183, 185 f., 197 Internet Gaming Disorder 104, 108
Cannabis als Medizin 79
Computerspiel- und Jahrestagung der Drogenbeauftragten 138 f., 143
Internetabhängigkeit 61, 104 ff., 124, 189 ff. Jugendschutz 110, 120, 122, 143
Crystal Meth 31, 81, 100, 174, 176, 184
Kinder aus suchtbelasteten
Darknet 149 Familien 140, 143 f., 194
Deutsche Beobachtungsstelle Kinder- und Jugendmedienschutz 110
für Drogen und Drogensucht 218 Kokain 17, 19, 31 f., 81, 83, 101 ff., 130 ff.,
Deutsche Gesellschaft für Internationale 150, 152, 155, 157 f., 173
Zusammenarbeit (GIZ) 160, 188
Digitalisierung 26 f. Medien 10, 14, 17, 19, 21 f., 45 f., 61, 105 ff.,
Drogenanbau 148, 154, 158 ff., 187 164, 173, 184, 188, 190 f., 195, 202
Drogenbedingte Todesfälle 29, 82 Medikamente 20, 29, 71 ff., 82 f., 98, 172, 178, 207
Drogenhandel 31 Methamphetamin 21, 31, 82 f., 100 f., 150, 152,
Drogenkonsumräume 10, 28, 30 157, 174, 176 f., 184
Drogenkriminalität 10, 31
Drogen und Sucht in Haft 29, 125 ff., 179 Nahtlosverfahren siehe Suchtrehabilitation
Nationale Strategie 9 f.
Entwicklungszusammenarbeit 158 ff. Neue-psychoaktive-
E-Shishas 35 Stoffe-Gesetz (NpSG) 31, 99 f.
Europa
9, 14, 30 f., 44 f., 56, 61, 65, 69, 79, 88, 101, Neue psychoaktive
147 ff., 157, 166, 173, 177 f., 186, 188 Stoffe (NPS) 31, 81 ff., 99 f., 178 f., 186
Europäische Beobachtungsstelle für
Drogen und Drogensucht (EBDD) 30, 148 f., 178 f.
Anhang
212
Opiate
71, 83, 89, 175 Tabak
10, 12 ff., 17, 19, 33 ff., 88 f.,
Opioide 17 ff., 21 f., 30 f., 71, 77 f., 81 ff., 89 f., 163 ff., 169, 179, 194 ff.
98, 100, 125, 130 ff., 150, 152, 179 Tabakerhitzer 42, 48 ff., 165
Tabakrahmenkonvention 45 f.
Passivrauchen 33, 39 f., 164 Tabaksteuer 45
Pathologisches Glücksspiel 16 f., 19, 115 f., 118, 192 Tabakwerbeausgaben 46
Prävention 9 ff., 26, 28, 45, 65 ff., 78, 104, 117, 121, Teilhabe
9, 15, 24, 43, 64, 67, 110, 206 ff.
138 ff., 149 f., 164 ff., 168 ff., 173 f., 178, Thirdhand-Smoke 40
180 f., 183 f., 186, 190 ff., 197 f., 200, Trends
9 ff., 52 ff., 90 ff., 149 f., 165
202, 205, 207, 209
Präventionsgesetz 11 ff., 209 UNGASS 148, 153, 159
Projekte 13, 16, 29 f., 45, 65, 67, 140, 151, 163, 165, UNODC 29, 151 ff., 158 ff., 187 f.
167 ff., 171 ff., 175, 177 ff., 185, 187, 189,
191, 193 ff., 197, 199 ff., 203, 205 ff., 209 Vereinte Nationen 151
Volkswirtschaftliche Folgen 89
Rauchen 33 f., 36, 39 ff., 47 ff., 66 f., 102 f.,
138, 164 f., 194, 196, 198 f. Wasserpfeifen 35, 49 f., 165
Rauchfrei unterwegs 164 f., 198 Weltdrogenbericht 151 f., 158
Rehabilitation 15 f., 19, 21, 24, 61, 91, 140, 206 f.
Zigaretten 14, 33 f., 36 f., 40, 42, 44 ff., 165, 196
Safer-Use 28 f.
Schadensminimierung 10, 150
Selbsthilfe 9, 22 f., 150, 195
Sicherstellung von illegalen Drogen 86
Social Media Disorder 106, 108 f.
Spielsucht 107, 115 ff., 121, 192 f., 200 f.
Stigmatisierung 136
Strafverfolgung 9 f., 31, 149, 153, 158
Studien
29, 33, 40, 45, 47 ff., 51, 53, 58, 62, 65,
78 ff., 84, 86 ff., 104 f., 159, 163 ff.,
182 f., 185, 187, 189, 191, 193 ff.
Substitution 29, 82, 89, 91, 95, 134, 159
Substitution in Haft 134 ff.
Substitutionsregister 91 ff.
Suchtprävention 9 ff., 121, 138 ff., 168, 180 f.,
183 f., 191, 197 f., 205
Suchtproblematik im Justizvollzug 125 f., 132, 134,
178 f.
Suchtrehabilitation 20, 21, 24, 210
Suchtstoffkommission der
Vereinten Nationen (CND) 148, 151, 153
Datenquellen/Studien der
Prävalenzdaten
Tabelle 20: Datenquellen/Studien der Prävalenzdaten
Alkoholsurvey inkl.
Rauchverhalten und 7.000 2018 www.bzga.de/forschung/
Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung Cannabiskonsum studien-untersuchungen/
(BZgA) studien/suchtpraevention/
Glücksspielverhalten
und Glücksspielsucht in 11.500 2017
Deutschland
Prävalenzdaten stehen aus verschiedenen Studien zur Verfügung, die auf repräsentativen Bevölkerungsbefra-
gungen basieren. Auch wenn sich die Studien teilweise hinsichtlich der untersuchten Daten überschneiden,
ergeben sich durch Unterschiede in der Methodik und Fragestellungen gewisse Abweichungen.
Die Daten werden meist in regelmäßigem Turnus erhoben, so dass die Beobachtung zeitlicher Entwicklungen
möglich ist. Neben den Befragungen der BZgA, des RKI und des IFT existieren weitere Studien von außeruni-
versitären Forschungseinrichtungen (insbes. DKFZ), Hochschulen und Krankenkassen.
Anhang
214
Abbildungs- und
Tabellenverzeichnis
Abbildungen Abbildung 15
Gewichtete Ein-Jahres-Prävalenz aktueller
Abbildung01 Tabakraucher nach Bundesländern 38
Erstbetreuungen bzw. -behandlungen in Abbildung 16
ambulanten Einrichtungen 2017 17 Erhöhung des Risikos, verschiedene Atem-
Abbildung 02 wegserkrankungen zu erleiden (durch Rau-
Hauptdiagnosen bei ambulanter chen und Passivrauchen) 39
Behandlung 2017 17 Abbildung 17
Abbildung 03 Folgen des Rauchens 41
Erstbetreuungen bzw. -behandlungen in statio- Abbildung 18
nären Rehabilitationseinrichtungen 2017 19 Konzentration gesundheitlich problemati-
Abbildung 04 scher Luftschadstoffe im PKW 42
Hauptdiagnosen in stationären Rehabilita- Abbildung 19
tionseinrichtungen 2017 19 Direkte Kosten des Rauchens in Mio. € 43
Abbildung 05 Abbildung 20
Bewilligte Entwöhnungsbehandlungen durch Indirekte Kosten des Rauchens in Mio. € 44
die Deutsche Rentenversicherung 2018 20 Abbildung 21
Abbildung 06 Riskanter Alkoholkonsum von Männern und
Entwicklung des Problembereichs Sucht Frauen nach Bundesländern (mehr als 20 g
verhalten bei Betreuungsende in ambulanten bzw. 10 g Reinalkohol pro Tag) 54
Einrichtungen 2017 21 Abbildung 22
Abbildung 07 Alkoholkonsum von Frauen und Männern
Entwicklung des Problembereichs Sucht stratifiziert nach Alters- und Sozialstatus-
verhalten bei Behandlungsende in stationä- gruppen 55
ren Rehabilitationseinrichtungen 2017 22 Abbildung 23
Abbildung 08 Pro-Kopf-Verbrauch von Reinalkohol in der
Prozess Digitalisierung 27 Bevölkerung (ab 15 Jahren), 1961 bis 2014 55
Abbildung 09 Abbildung 24
Entwicklung „Rauschgiftkriminalität“ 32 Pro-Kopf-Verbrauch von Reinalkohol der
Abbildung 10 Bevölkerung (ab 15 Jahren) in der
Anteil der Raucherinnen und Raucher nach Europäischen Union 56
Sozialstatus 35 Abbildung 25
Abbildung 11 Alkoholkonsum (in den letzten 30 Tagen) bei
Aktuelles Rauchen bei elf- bis 17-jährigen Jun- Männern (18–59 Jahre) und Anteil der Risiko-
gen nach Faktoren der sozialen Umgebung 36 konsumenten von diesen Konsumenten
Abbildung 12 (mehr als 24 g Reinalkohol pro Tag) 57
Aktuelles Rauchen bei elf- bis 17-jährigen Mäd- Abbildung 26
chen nach Faktoren der sozialen Umgebung 36 Alkoholkonsum (in den letzten 30 Tagen) bei
Abbildung 13 Frauen (18–59 Jahre) und Anteil der Risiko-
Prävalenz aktuellen E-Zigarettenkonsums je konsumentinnen von diesen Konsumentin-
Altersgruppe und Erhebungsjahr 36 nen (mehr als 12 g Reinalkohol pro Tag) 57
Abbildung 14 Abbildung 27
Ein-Jahres-Prävalenz des E-Zigarettenkon- Regelmäßiger und riskanter Alkoholkonsum
sums je Rauchstatus 37 bei Jungen (12–17 Jahre) 58
Abbildung 28 Abbildung 41
Regelmäßiger und riskanter Alkoholkonsum Konsum von Cannabis bei Jugendlichen
bei Mädchen (12–17 Jahre) 58 (12–17 Jahre) 84
Abbildung 29 Abbildung 42
Todesfälle aufgrund von ausschließlich durch Konsum von Cannabis bei jungen Erwachse-
Alkohol bedingte Erkrankungen nach nen (18–25 Jahre) 85
Geschlecht und Bundesländern 60 Abbildung 43
Abbildung 30 Konsum von Cannabis bei Erwachsenen
Beschäftigte nach Typen des Alkoholkonsums (18–59 Jahre) 85
einschließlich Alkoholabhängigkeit gemäß Abbildung 44
AUDIT 62 Konsum von Opioiden (vorwiegend Heroin)
Abbildung 31 bei Erwachsenen (18–59 Jahre) 89
Folgen von Alkoholkonsum bei der Arbeit Abbildung 45
nach Typen des Alkoholkonsums einschließ- Anzahl gemeldeter Substitutionspatienten in
lich schädlicher Gebrauch/Alkoholabhängig- Deutschland von 2009 bis 2018
keit gemäß AUDIT 63 (jeweils Stichtag 1. Juli) 92
Abbildung 32 Abbildung 46
Jährliche direkte Kosten durch schädlichen Anzahl der meldenden, substituierenden
Alkoholkonsum 64 Ärzte in Deutschland von 2009 bis 2018 92
Abbildung 33 Abbildung 47
Jährliche indirekte Kosten durch schädlichen Durchschnittliche Anzahl der gemeldeten
Alkoholkonsum 64 Patienten pro substituierender Ärztin bzw.
Abbildung 34 substituierendem Arzt 93
Abstufungen von Fetalen Alkoholspektrum Abbildung 48
störungen 66 Art und Anteil der gemeldeten Substitutions-
Abbildung 35 mittel (Stichtag 01.07.2018) 93
Symptome des Fetalen Alkoholsyndroms Abbildung 49
(FAS) in den verschiedenen Lebensphasen 67 Entwicklung der Häufigkeit gemeldeter
Abbildung 36 Substitutionsmittel von 2002 bis 2018 94
Umfrage Alkoholkonsum in der Schwanger- Abbildung 50
schaft – Bedenkliche Alkoholmenge 70 Gemeldete Substitutionspatienten pro
Abbildung 37 100.000 Einwohner (Stichtag 01.07.2018) 94
Einschätzungen der Auswirkung von Alko- Abbildung 51
holkonsum in der Schwangerschaft 70 Anzahl substituierender Ärztinnen und Ärzte
Abbildung 38 pro 100.000 Einwohner je Kreis bzw. kreisfreie
Mindestens wöchentliche Einnahme von Stadt im 1. Halbjahr 2018 96
Medikamenten bei 18- bis 59-Jährigen 75 Abbildung 52
Abbildung 39 Anzahl gemeldeter Substitutionspatientinnen
Veränderung des Konsums von psychoakti- und -patienten pro 100.000 Einwohner je Kreis
ven Arzneimitteln bei 60- bis 79-Jährigen 76 bzw. kreisfreie Stadt am Stichtag 1.1.2018 97
Abbildung 40 Abbildung 53
Gebrauch von psychoaktiven Arzneimitteln Konsum von Kokain (einschließlich Crack)
bei Personen mit und ohne Sturz in den letz- bei Erwachsenen (18–59 Jahre) 103
ten zwölf Monaten bei 60- bis 79-Jährigen
77
Anhang
216
Abbildung 54 Abbildung 68
Verbreitung von Computerspiel- und Inter- Gesamtüberblick zur Suchtproblematik
netabhängigkeit nach Bildungs- und sozialen differenziert nach Vollzugsformen (Strafhaft
Merkmalen (Zwölf- bis 25-Jährige) 105 inklusive Ersatzfreiheitsstrafe) 129
Abbildung 55 Abbildung 69
Computerspiel- und Internetabhängigkeit bei Gesamtüberblick zur Hauptsubstanz
Jugendlichen und jungen Erwachsenen 106 differenziert nach Geschlecht 130
Abbildung 56 Abbildung 70
Riskante Nutzung Computerspiele 108 Gesamtüberblick zur Hauptsubstanz
Abbildung 57 differenziert nach Haftarten
Computerspielverhalten wirkt sich deutlich und Geschlecht 131
auf die Arbeit aus 109
Abbildung 58
0,4 Prozent der Beschäftigten mit einer
„Social Media Disorder“ 109
Abbildung 59
Empfehlungen der Kinder- und Jugendärzte
für Eltern zum achtsamen Bildschirm
mediengebrauch 111
Abbildung 60
Unterstützung gewünscht 114
Abbildung 61
Der deutsche Glücksspielmarkt – Regulierter
(erlaubter) Markt, 2017 115
Abbildung 62
Der deutsche Glücksspielmarkt – Nicht-
Regulierter (unerlaubter) Markt, 2017 115
Abbildung 63
Problematisches Glücksspielverhalten bei
Jugendlichen (16–17 Jahre) 117
Abbildung 64
Teilnahme an irgendeinem Glücksspiel
(16–70 Jahre) 118
Abbildung 65
Problematisches und pathologisches
Glücksspielverhalten (16–70 Jahre) 118
Abbildung 66
Gesamtüberblick zur Suchtproblematik
differenziert nach Geschlecht 127
Abbildung 67
Gesamtüberblick zur Suchtproblematik
differenziert nach Haftarten
129
Tabellen Tabelle 13
Anzahl gemeldeter Substitutionspatienten
Tabelle 01 und substituierender Ärzte nach Bundes
Angebote der Suchthilfe 16 ländern (Stichtag 01.07.2018)95
Tabelle 02 Tabelle 14
Behandlungsfälle im Krankenhaus aufgrund Prävalenzen des Glücksspielverhaltens bei
von psychischen und Verhaltensstörungen Jugendlichen und Erwachsenen
116
durch psychotrope Substanzen 2017 18 Tabelle 15 120
Tabelle 03 Tabelle 16 120
Prävalenzen des Rauchens (Zigaretten) bei Tabelle 17 121
Jugendlichen und Erwachsenen 34 Tabelle 18
Tabelle 04 Datengrundlage der bundeseinheitlichen
Prävalenzen der Nutzung von E-Zigaretten Erhebung und Anteil an allen Gefangenen
bei Jugendlichen und Erwachsenen am Stichtag in Deutschland126
34
Tabelle 05 Tabelle 19
Prävalenzen der Nutzung von Wasserpfeifen Substitutionsquote nach Geschlechtern 134
und E-Shishas bei Jugendlichen und jungen Tabelle 20
Erwachsenen
35 Datenquellen/Studien der Prävalenzdaten213
Tabelle 06
Zusammenstellung der jährlichen Tabak
werbeausgaben (in 1.000 Euro, Wert jeweils
gerundet) 46
Tabelle 07 50
Tabelle 08
Prävalenzen des Alkoholkonsums bei
Jugendlichen und Erwachsenen 53
Tabelle 09
Prävalenzen des Medikamentengebrauchs
bei Erwachsenen 73
Tabelle 10
Prävalenzen des Konsums illegaler Drogen
bei Jugendlichen und Erwachsenen 81
Tabelle 11
Rauschgifttote nach Todesursachen
2017/2018 (Länderabfrage) 83
Tabelle 12
Anzahl gemeldeter Substitutionspatienten
pro Arzt (Stichtag 01.07.2018) 95
Anhang
218
Danksagung
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung dankt Hamburg, Kai Abraham von der Länderübergreifen-
den Bundesministerien, Ländern, Verbänden, den Arbeitsgruppe „Stoffgebundene Suchtproble-
Institutionen, Projektpartnern und allen anderen matik“, PD Dr. Uwe Verthein vom Zentrum für
Mitwirkenden am Drogen- und Suchtbericht für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität
ihre Beiträge. Hamburg, PD Dr. Eva Hoch und PD Dr. med.
Dipl.-Psych. Mirjam N. Landgraf vom Universitäts-
Besonderer Dank gilt dem IFT Institut für Therapie- klinikum München, dem Bundesinstitut für Risiko-
forschung München inklusive der Deutschen bewertung, dem Bundeskriminalamt und Prof. Dr.
Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, Ursula Havemann-Reinecke vom Universitätsklini-
der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, kum Göttingen.
dem Robert-Koch-Institut, dem Deutschen Krebs-
forschungszentrum, Wolfgang Schmidt-Rosengar- Der Drogen- und Suchtbericht ist auch online
ten vom Hessischen Ministerium für Soziales und abrufbar:
Integration, Prof. Dr. med. Norbert Scherbaum vom
LVR-Klinikum für Psychiatrie und Psychotherapie www.drogenbeauftragte.de
Essen, Dr. Tobias Effertz von der Universität
Hinweise/Impressum
Herausgeber: Gender-Hinweis:
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung In dieser Publikation wurde auf gendergerechte
beim Bundesministerium für Gesundheit Sprache geachtet. Wird an einzelnen Stellen nur das
11055 Berlin generische Maskulinum verwendet, so ist das
ausnahmsweise der Lesbarkeit geschuldet.
Redaktionsleitung:
Thomas Altenburg Hinweis:
Diese Publikation (Print- und Onlineausgabe) wird
Redaktionsassistenz: im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Drogen
Saskia Weidenhammer beauftragten der Bundesregierung herausgegeben.
Tabea von Viereck Sie darf weder von Parteien noch von Wahlbewer-
bern und Wahlbewerberinnen oder Wahlhelferin-
Stand: nen und Wahlhelfern während des Wahlkampfes
Oktober 2019 zum Zweck der Wahlwerbung verwendet werden.
Dies gilt für Europa-, Bundestags-, Landtags- und
Gestaltung/ Satz: Kommunalwahlen. Missbräuchlich sind besonders
Orca Affairs GmbH die Verteilung auf Wahlveranstaltungen und an
Informationsständen der Parteien sowie das
Lektorat: Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipoli
Orca Affairs GmbH tischer Informationen oder Werbemittel.
E-Mail: publikationen@bundesregierung.de
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