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Erika Ober
Das Parlament Entkriminalisieren heißt nicht Legalisieren
Nr. 03 / 17.01.2005
Wenn laut einer Schülerstudie zu Alkohol und anderen Drogen jeder Vierte davon
berichtet, in den letzten zwölf Monaten Cannabis konsumiert zu haben, dann besteht
Thema für die Drogenpolititk unzweifelhaft Handlungsbedarf. Unter Jugendlichen herrscht
Plenum und Ausschüsse offenbar eine ungebremste Lust auf den Rausch. Ohne Cannabiskonsumenten im
Erwachsenenalter vernachlässigen zu wollen, sollte der Schwerpunkt unserer
Inland Drogenpolitik bei den Jugendlichen liegen.
Europa
Diese Feststellung gilt nicht nur für illegale Drogen. Von der Öffentlichkeit nahezu
Das politische Buch unbemerkt hat der Missbrauch von Alkohol unter Jugendlichen stark zugenommen.
Kehrseite Jeder zweite Jugendliche unter 14 Jahren war schon einmal betrunken. Phänomene
wie "Binge Drinking", das Rauschtrinken, waren bis vor kurzem in Deutschland
unbekannt. Inzwischen ist aber festzustellen, dass es sich hierbei nicht nur um eine
rein englische Krankheit handelt. Wir sind deshalb als Politiker dazu aufgefordert, der
Ursache auf den Grund gehen, warum es für viele Jugendliche inzwischen attraktiv
scheint, ihre Wochenenden auf diese Weise zu verbringen.
Welche Schlüsse muss die Politik aus dieser Analyse ziehen? Zunächst einmal die
traurige Erkenntnis, dass es uns als Gesellschaft nicht gelungen ist, Jugendliche
davon zu überzeugen, dass ihr Leben auch ohne Drogen lebenswert, aufregend und
interessant ist. Es müssen geeignete Schritte unternommen werden, um die
Prävention neu auszurichten und zu stärken. Ziel muss es sein, Jugendliche
mitzunehmen und ihnen eine wirkliche Perspektive zu bieten. Hier ist über die reine
Politisch unstrittig ist, dass die Freigabe einer weiteren Droge nicht gewollt sein kann.
In keinem Land der EU, auch nicht in den Niederlanden, ist Cannabis legal. Die
Unterzeichnung der UN-Suchtstoffkonvention durch die Bundesrepublik Deutschland
schließt die Legalisierung überdies aus. Die Probleme mit legalisierten Rausch-
mitteln sind bekannt. Viele Menschen in Deutschland sind alkoholkrank. Dennoch ist
die Akzeptanz für übermäßigen Alkoholkonsum vorhanden. Ein Gläschen unter
Freunden oder bei der Arbeit gilt als gesellig. Der Schritt in die Abhängigkeit ist in
vielen Fällen leider vorprogrammiert. Nicht anders verhält es sich mit Nikotin. Der
Suchtstoff hat Millionen von Menschen abhängig gemacht. Die Folgen für die
Gesundheit des Einzelnen und die Kosten des solidarisch (also auch von
Nichtrauchern) finanzierten Gesundheitssystems in der Bundesrepublik sind
allgemein bekannt. Es ist daher ein rationaler Schritt der Bundesregierung, ihre
Drogenpolitik nicht allein illegalen Substanzen zu widmen, sondern verstärkt wieder
die legalen Suchtstoffe Alkohol und Nikotin in den Vordergrund der Drogenpolitik zu
stellen.
Kein Totalverbot
Dennoch erscheint mir ein Totalverbot wenig zielgerecht. Schon in der Vergangenheit
ist der aussichtslose Versuch unternommen worden, Sucht auf diese Weise zu
unterbinden. Wir wissen, dass es in jeder Gesellschaft ein gewisses Potential
suchtgefährderter Menschen gibt. Ein restriktiver Ansatz allein ist daher zum
Scheitern verurteilt. Jugendliche müssen einen verantwortungsbewussten Umgang
mit Suchtstoffen lernen. Es hilft Niemandem, diese Menschen zu kriminalisieren. Wir
müssen im parlamentarischen Raum eine Diskussion über Strafverfolgung und
Entkriminalisierung führen. Der Besitz kleinerer Mengen wird bereits jetzt faktisch
kaum noch bestraft. Die konsequente Entkriminalisierung der Konsumenten ist der
nächste Schritt. Schwierigkeiten ergeben sich derzeit aus dem Umstand, dass in den
verschiedenen Bundesländern Gl eiches nicht auch gleich behandelt wird. Die
Auswirkungen dieser Ungleichbehandlung werden derzeit in einer breit angelegten
Studie untersucht. Eine bundesweit einheitliche Festlegung einer geringen Menge
würde die bestehende Rechtsunsicherheit beseitigen. Die Bundesländer sind
aufgefordert, sich an dieser Diskussion zu beteiligen und einen einheitlichen Umgang
mit Kleinstmengen von Cannabis zu entwickeln.