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72 Oktober 2022
03 14
Editorial Turbo mit Handbremse
von Wolfgang Seidel 28
04 Rettung für die
Viele Ziele für ein Südtiroler-Siedlung
gutes Klima 16 von Sabine Erber
Gastbeitrag von Der Energiehändler
Markus Niedermair
von Wolfgang Seidel 30
Ökologisch Bauen geht
06 18 in Serie
Soziale Innovation Zu Unrecht Stiefkind: von Ewelina Langer
in den Fokus fassadenintegrierte PV
von Martin Schweighofer von Markus Kaufmann 34
100 Gebäude und eine
07 19 rhetorische Frage
Alles KLAR! The Heat is on! von Thomas Roßkopf-Nachbaur
am Hofsteig von Wolfgang Seidel
von Julie Buschbaum 36
23 RENOWAVE.AT: das
08 EKART.at – der neue neue Innovationslab
Erneuerbare: Online-Ratgeber für Sanierung
Heldinnen der Betriebe Gastbeitrag von Ulla Unzeitig
Energieautonomie von Markus Kaufmann
von Karin Feurstein-Pichler 37
24 Die Taxonomie-
10 Wir bei Blum fahren Verordnung
Luftwärmepumpen Bus und Rad Gastbeitrag von Bernhard Lipp
… besser als ihr Ruf? von Susanne Backmeister
von Michael Braun 38
25 Veranstaltungen
13 Mehr Sicherheit für
Batteriespeicher- Rad- & Fußverkehr
Monitoring von Susanne Backmeister
von Dieter Bischof
26
Entdeckt in der
Sanierungsgalerie
von Beate Haiden
Bevor Sie weiterlesen … Es ist aber nicht so, dass Energieberaten momen-
tan lustig ist. Wir stöhnen ob der starken Nach-
Letztes Jahr noch wurden wir Energie- frage auch, und es wird zudem bekrittelt, dass
berater*innen mit einem freundlich-müden „es nicht schneller geht“. Der Wunsch, heute
Lächeln bedacht, wenn wir Lüftungsanlagen mit die Beratung bestellt, nächste Woche diese ab-
Wärmerückgewinnung, ein Dach voll PV, eine gearbeitet, spielt sich in der hektischen Zeit
Wärmepumpe für das gemeinnützige Mehr- leider nicht. Es gibt Wartezeiten. Und auch wir
wohnungshaus vorgeschlagen haben, wenn müssen die Menschen, die Beratungen durch-
wir mit Förderungen zum Umsetzen von Effi- führen, neu aus- und weiterbilden. Das machen
zienzmaßnahmen lockten oder die mickrigen wir aber nicht nur aufgrund der aktuell starken
von Josef Burtscher 4 ct pro kWh OeMAG-Ökostrom-Vergütung in Nachfrage, denn: Wollen wir wirklich alle Gas-
Geschäftsführer
eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einbauen kessel in den 30iger Jahren, und die Ölkessel
mussten und im Anschluss daran dankend die noch in den 20er Jahren des 21. Jahrhunderts
Ergebnisse über den Beratungstisch zurück- tauschen, wird die Nachfrage an Beratung in der
geschoben bekamen, mit dem Hinweis bestehenden Höhe bleiben.
„rentiert sich nicht“.
Hoffen wir, dass wir mit einem blauen Auge
Diese Zeiten sind - zumindest vorübergehend – über den Winter ins nächste Jahr kommen und
vorbei. Hauptsache „Gas raus“, koste es (fast) sich die Panikreaktionen in einen kontinuier-
was es wolle – so könnte man das letzte halbe lichen Transformationsprozess umwandeln
Jahr in der Energieberatung beschreiben. Von lassen. Vermutlich werden zur Zielerreichung
Amortisationsberechnung ist keine Rede mehr, der Dekarbonisierung noch andere Maßnahmen
sondern nur noch die Frage: Wann wird die notwendig sein, über die man sich heute noch
Wärmepumpe installiert, wann werden die PV- nicht sprechen getraut. Und da vertraue ich auf
Paneele geliefert und wann hat der Montage- die „junge Generation“, die in Europa zwar noch
trupp Zeit? Eigentlich genau jener Zustand, den nie in einer Mangelsituation gelebt hat, die an-
sich Energieberater*innen gewünscht haben, stehenden Herausforderungen aber mit neuen
wären da nicht das preistreibende „alle gleich- Ideen angehen wird.
zeitig“, der eklatante Fachkräftemangel und das
Lieferkettenproblem. Herzlichst
3
Viele Ziele
Gastbeitrag
von Markus Niedermair
für ein
gutes Klima
55 % weniger CO2 bis 2030 oder 95 % bis 2050? ihren jeweiligen Fähigkeiten sowie ihrer
sozialen und wirtschaftlichen Lage“ einen
Bezugsjahr 1990 oder 2005? Kyoto oder Paris? Wie die
Beitrag leisten. Der Weltklimarat IPCC
verschiedenen Klimaziele zusammenhängen und was empfiehlt seit jeher, dass die (reichen)
Industrieländer als Gruppe ihre Emissio-
es mit ihnen auf sich hat, analysiert der Klimaschutz-
nen bis 2050 um 80–95% gegenüber
beauftragte des Landes Markus Niedermair. 1990 reduzieren müssen. Diese Emp-
fehlung der Wissenschaft ist auch das
offizielle Ziel der EU.
Im Jahr 1992 hat die internationale wenn es gelingt, die Erderwärmung auf Die EU-Klimapolitik
Staatengemeinschaft in New York die +2 °C bzw. auf +1,5 °C gegenüber der vor-
völkerrechtliche Basis für globalen Klima- industriellen Zeit zu begrenzen. Diese Parallel zur internationalen Klimapolitik
schutz beschlossen: die Klimarahmen- Temperatur-Obergrenzen wurden in den hat die EU ihre Klimaschutzversprechen
konvention. Ihr Ziel ist die Stabilisierung Abschlussdokumenten der Klimakonfe- auf Teilziele für Staaten herunterge-
der Treibhausgaskonzentrationen in renzen in Kopenhagen (2009) und Paris brochen – dieses Vorgehen wird als
der Atmosphäre auf einem Niveau, bei (2015) niedergeschrieben, wobei das Lastenteilungsvereinbarung oder Effort
dem eine gefährliche, vom Menschen schärfere 1,5 °C Ziel vor allem auf Druck Sharing bezeichnet. So war denn auch
verursachte Störung des Klimasystems der pazifischen Inselstaaten beschlossen Österreichs erstes verbindliches Klima-
verhindert wird (UNFCCC Art. 2). Eine wurde, die sich zu Recht vor einer Über- ziel, als Teil der EU eine Reduktion der
solche gefährliche Störung wären z. B. schwemmung ihrer Lebensräume sorgen. nationalen Treibhausgase bis 2010 um
ein Abschmelzen des Grönland-Eises und 13 % gegenüber 1990 zu erreichen (be-
ein daraus resultierender meterhoher Von Temperaturober- kannt als Kyoto-Ziel). Das aktuelle Ver-
Meeresspiegelanstieg, ein Auftauen der grenzen zu Emissions- sprechen der EU an die internationale
sibirischen Permafrostböden oder ein begrenzungen Staatengemeinschaft ist eine Netto-
Stopp des Golfstroms. reduktion der Treibhausgasemissionen
Um ein Überschreiten der 2-Grad-Grenze im Inland um mindestens 55 % bis 2030
Temperatur-Obergrenzen zu verhindern, muss die Menge an Treib- im Vergleich zu 1990 (Fit-for-55-Ziel).
gegen Störungen hausgasen in der Erdatmosphäre be- Wie auch im internationalen Kontext gilt
grenzt werden. Dazu sollen laut Klima- in der EU: Reiche Staaten mit hohem BIP
In der internationalen Klimapolitik rahmenkonvention alle Staaten gemäß pro Kopf müssen mehr CO2-Einsparung
herrscht Konsens, dass eine solche Stö- ihrer „gemeinsamen, aber unterschied- leisten als ärmere Staaten.
rung nur dann verhindert werden kann, lichen Verantwortung und Kapazitäten,
4
Neue Bezugsjahre durch schutz im Jahr 2015 – also sechs Jahre Bezug auf das 2 Grad-Obergrenze pleite
den EU-Emissionshandel später. Gleichzeitig war die Strategie und nutzen die Restkapazität der Atmo-
Energieautonomie im Jahr 2009 vergli- sphäre auf Kosten anderer Länder.
Im Jahr 2005 wurde das Europäische chen mit dem späteren Pariser Abkom-
Emissionshandelssystem eingeführt men mit Bezug auf Treibhausgase noch Wozu Klimaziele ?
– das vielleicht wichtigste Klimaschutz- unvollständig. Denn es gibt neben den
instrument der EU. Konkret setzt der 80 % energiebedingten Emissionen in Klimaziele sind für die Organisation der
EU-Emissionshandel eine Obergrenze Vorarlberg noch jene 20 %, die aus der Klimapolitik wahrscheinlich notwendig
für die Summe der Emissionen der rund Verwendung von Düngemitteln oder – oder zumindest hilfreich. Gleichzeitig
1.800 größten CO2-verursachenden An- F-Gasen entstehen. Diese Vervollständi- belegen Medienauswertungen seit der
lagen Europas – von der österreichi- gung wurde mit der Strategie Energie- Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen
schen VOEST über die „Schwarze Pumpe“ autonomie+ 2030 erreicht. eine „2-Grad-Müdigkeit“, wenn nicht so-
in Deutschland bis zum größten Braun- gar eine „Klima-Müdigkeit“. Zeigt nicht
kohlekraftwerk Europas im polnischen Neue Betrachtungsweisen der Krieg in der Ukraine, dass der Wunsch
Belchatów. Diese Großverursacher wer- – das Kohlenstoffbudget nach Energieautonomie stärker zum
den seit 2005 direkt von Brüssel aus Ausstieg aus der fossilen Energienutzung
reguliert und nicht mehr von den Mit- Rund um das Jahr 2009 begann sich in motiviert als die Einhaltung eines ab-
gliedstaaten. Weil man bei der Einfüh- der Fachwelt eine neue Form von Klima- strakten Klimaschutzziels? Eines ist klar:
rung des Emissionshandels die Emissio- ziel zu entwickeln – das Kohlenstoff- Wenn es gelänge, die Welt so zu organi-
nen der beteiligten Unternehmen im Jahr budget. Es wird gelegentlich als „verblei- sieren, dass klimafreundliche Lösungen
1990 schlichtweg nicht kannte, wurde bender atmosphärischer Deponieraum“ für Wohnen, Reisen und die Wirtschaft
durch die im Jahr 2005 gestartete Reor- verbildlicht. Schon der schwedische billiger wären als die Nutzung fossiler
ganisation der EU-Klimapolitik das neue Klimaforscher Arrhenius nutzte um 1900 Energieträger, dann würde die Markt-
EU-interne Bezugsjahr 2005 etabliert. ein stark vereinfachtes Klimamodell, wirtschaft im globalen Maßstab für die
International ist das Bezugsjahr immer das er während mehrerer Monate (ohne Durchsetzung klimafreundlicher Lösun-
1990 geblieben. Computerunterstützung!) durchrechne- gen sorgen, und es bräuchte wohl ein
te und zur Hypothese gelangte, dass eine paar abstrakte Klimaziele weniger.
Die Energieautonomie Halbierung der Kohlenstoffdioxid-Kon-
Vorarlberg zentration in der Atmosphäre ausreiche,
um eine Eiszeit einzuleiten. Mittler- Gastautor
Mit der Energieautonomie Vorarlberg hat weile machen Computer diese Arbeit und
sich die Landesregierung im Jahr 2009 berechnen, wie viele Treibhausgase die Markus Niedermair
das Ziel gesetzt, bis 2050 den komplet- Erdatmosphäre noch „verträgt“, bevor hat an der ETH in Zürich Natur-
ten Energiebedarf des Landes soweit zu die gefährliche 2-Grad-Grenze über- wissenschaften studiert. Im Fach-
senken, dass er in der Jahresbilanz mit schritten wird. Dieses Restbudget kann bereich „Energie und Klimaschutz“
regionalen erneuerbarer Energien ab- man gerecht oder zumindest zu gleichen im Amt der Vorarlberger Landes-
gedeckt werden kann. Dieses Ziel lässt Teilen auf die Weltbevölkerung auftei- regierung ist er unter anderem zu-
sich frei interpretiert und stark verein- len. Laut österreichischem Klimaschutz- ständig für die Klimaschutzstrategie
facht übersetzen mit dem „Aus für die bericht 2021 steht uns in Österreich ab des Landes und das Monitoring zur
fossile Energienutzung in Vorarlberg 2021 nur mehr ein Budget zu, das etwa Energieautonomie Vorarlberg.
bis 2050“. Mit dieser Zielsetzung war zehnmal dem derzeitigen Jahresausstoß
Vorarlberg Vorreiter, denn international Österreichs entspricht. Oder anders ge-
gelang die klare Ansage erst mit dem sagt: Ohne eine radikale Senkung der Quellen siehe
Pariser Übereinkommen zum Klima- „CO2-Ausgaben“ sind wir in 10 Jahren in www.energieinstitut.at/max50
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Soziale von Martin Schweighofer,
Soziale Innovation
Innovation
in den Fokus
Unser Bedarf an Energie wird unter anderem dadurch sche, soziokulturelle oder alltagsprakti-
sche Aspekte geht: Neue soziale Prakti-
bestimmt, wie wir einkaufen, essen, wohnen oder mobil
ken sollten sich an der Lebensrealität der
sind. Deshalb setzen wir im Energieinstitut einen Fokus Betroffenen orientieren und verlangen
oft nicht nur theoretisches Wissen, son-
auf soziale Innovationen, die diese gesellschaftlichen
dern auch praktische Erfahrungen.
Praktiken nachhaltiger gestalten.
Querschnittsthema in
der Energieautonomie
Technische Maßnahmen können ge- einem Miteinander zu tun: Dinge sollen Vielfach brauchen soziale Innovationen
wohnte Lebensweisen und den damit gemeinsam genutzt (Carsharing, ge- andere Zugänge und stellen Gewohntes
verbundenen Umgang mit Energie nach- meinschaftliches Wohnen usw.), Ver- in Frage. Das kann herausfordernd sein.
haltiger machen. Neben Ansätzen, die sorgungsstrukturen kooperativ realisiert Gleichzeitig ermöglichen sie neue Lösun-
zum Beispiel Haushaltsgeräte, den gefah- (Gemeinschaftsgärten, solidarische gen, helfen zusätzliche Einsparpoten-
renen Kilometer oder den Quadratmeter Landwirtschaft usw.) und Projekte mit- ziale zu mobilisieren und können die
Wohnfläche ökologischer machen, kann einand er vor Ort umgesetzt werden Umsetzung technischer Maßnahmen
man auch fragen: Wie lassen sich gesell- (Selbstmachinitiativen, Reparaturnetz- unterstützen. Gründe genug, um soziale
schaftliche Praktiken so verändern, dass werke, Tauschkreise usw.). Innovation als wichtiges Querschnitts-
insgesamt anders oder weniger gekauft, thema der Strategie Energieautonomie+
gefahren oder gebaut werden kann? Neue soziale Praktiken 2030 systematisch zu berücksichtigen.
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Alles KLAR!
von Julie Buschbaum,
Gemeinden und Regionen
am Hofsteig
Die Klimawandel-Anpassungsmodellregion „KLAR! plan b“ schließt gerade erfolgreich
die Umsetzungsphase ab. Und startet nahtlos in die Weiterführung. Ein Rück-, Aus-,
Um- und Durchblick.
Unbestritten, dass die Erderhitzung Gemeinde Schwarzach hat einen klima- pflanzt und Tipps zur Gestaltung klima-
eines unserer dominierenden Probleme fitten Platz im Zentrum um einen neu fitter Gärten aufbereitet. Weiterhin wird
ist. Aber wie können wir uns daran an- installierten Trinkbrunnen gestaltet. Ein die Region daran arbeiten, dass das Ried
passen und den Folgen entgegenwirken? Projekt rund um klimafitte Bushalte- auch in Zukunft ein gesundes Ökosystem
Um Antworten auf diese Fragen zu fin- stellen hat national für Interesse gesorgt bleibt. Gemeinsam mit der KLAR! im
den, sind die sechs Gemeinden Bregenz, – nun werden dazu erste Pilotprojekte Walgau wird ein Schulprojekt umge-
Hard, Kennelbach, Lauterach, Schwarz- umgesetzt. Über 50 Temperatursenso- setzt, bei dem das Thema Klimawandel-
ach und Wolfurt vor zwei Jahren in die ren wurden in der Region installiert und anpassung schulgerecht aufbereitet wird.
Umsetzungsphase des KLAR! Programms die Messdaten können über eine Live- Das Thema „klimafittes Bauen“ wird die
gestartet. „Klimawandel-Anpassungs- Hitzekarte abgerufen werden. Und für Region weiterhin begleiten, genauso wie
modellregion“, ein langer und nicht Bauleute wurde ein Ratgeber mit Maß- die klimafitten Bushaltestellen. Einen
ganz einfacher Name für ein spannendes nahmen erarbeitet, um das eigene weiteren Schwerpunkt wird die Klima-
Förderprogramm des Klima- und Wohngebäude vor Überhitzung und wandelanpassung in der Raumplanung
Energiefonds. Hochwasserschäden zu schützen. darstellen.
7
Erneuerbare: von Karin Feurstein-Pichler,
Energieautonomie Vorarlberg
Heldinnen der
Energieautonomie
Vorarlbergs Energiewende die Fernwärme bietet in Ballungszentren bungswärme und Solarwärme genutzt
eine sehr gute Möglichkeit, fossile Ener- werden, um hier breiter und nachhalti-
fußt auf Wasserkraft, Fern-
gieträger (allen voran Gas) in der Raum- ger aufgestellt zu sein. Auf Basis einer
wärme, PV und Biogas. wärme zu ersetzen. Aus diesem Grund Energieraumplanung sollen Vorrang-
wird hier mehr als eine Verdoppelung der zonen für Fernwärme in Gebieten mit
Doch auch die Windkraft
knapp 240 GWh angestrebt. In Summe entsprechender Wärmedichte eingerich-
tritt wieder ins Rampen- sollen 490 GWh durch Fernwärme ab- tet werden. In den Ballungsräumen soll
gedeckt werden. Die Treibhausgase aus eine Neu- und Ausbauoffensive gestartet
licht, und tiefe Geothermie der öffentlichen Produktion von Strom werden. Neben neuen Fernwärmenetzen
wird andiskutiert. Teil drei und Wärme betrugen 2018 nur 0,5 % ist die Nachverdichtung bestehender
der Gesamtemissionen. Anlagen ein Schwerpunkt. Mittelfristig
unserer Serie zur Energie-
sollen ausschließlich erneuerbare Ener-
autonomie+ 2030 widmet 100 % Erneuerbarer gieträger (effizient und 100 % erneuer-
Strom bis 2030 bar) zum Einsatz kommen, auch zur
sich den Erneuerbaren. Spitzenlastabdeckung und Ausfallreser-
Ein zentrales Ziel der Energieautonomie+ ve. Wenn möglich sollen Heizkraftwerke
ist, dass der gesamte Stromverbrauch als KWK Anlagen ausgeführt werden.
In der Strategie Energieautonomie+ durch heimische Energieträger gedeckt Ein Zukunftsdialog Fernwärme rundet
2030 widmet sich der Sektor Energie- werden kann. Die Zielerreichung soll das Maßnahmenportfolio ab.
erzeugung und Infrastruktur dem Aus- durch den Ausbau der Photovoltaik und
bau der Erneuerbaren Energieträger Wasserkraft sowie Effizienzmaßnahmen
und einer passenden Infrastruktur. Ent- erreicht werden. Die zentralen Hand-
halten sind die öffentliche Strom- und lungsfelder des Sektors Energieerzeu-
Wärmeproduktion (Heizwerke) sowie gung und Infrastruktur sind:
die Energienetze, also die öffentlichen
Strom- und Gasnetze sowie die Fern- Ausbau Fernwärme:
wärmeleitungen. Die gesamte Stromer- Wärmeversorgung
zeugung liegt aktuell bei rund 2.500 GWh verdoppeln
und basiert praktisch vollständig auf
der Nutzung erneuerbarer Quellen. Die Der wichtigste Energieträger für die
Wasserkraft ist hier die treibende Kraft. Fernwärme ist die Biomasse. Darüber
Den Rest tragen Photovoltaikanlagen und hinaus soll in Zukunft ein wesentlicher
biogene Energieträger bei. Besonders Fokus auf Abwärme gelegt und Umge-
8
Ausbau Wasserkraft Biogene Stromerzeugung erfordert neue Technologien zur saiso-
und Grünes Gas nalen Stromspeicherung. Die wesent-
Der Ausbau der Wasserkraft soll auch in lichen Aktionsfelder beschäftigen sich
den nächsten Jahren vorangetrieben wer- In Vorarlberg gibt es derzeit 23 land- mit einer Netzentwicklungsstrategie
den. Rund 150 GWh zusätzlicher Strom wirtschaftliche Betriebe mit einer Strom- „Netzentwicklung – mission 2030“ und
soll aus Wasserkraftwerken bereitgestellt produktion von rd. 14 GWh. In 16 Klär- der Förderung von netzfreundlichem
werden. Die illwerke vkw ist hier maß- anlagen werden rd. 40 GWh Faulgas Verhalten von Verbraucher- und Ein-
geblich in der Umsetzung. energetisch genutzt. Der Stromanteil speiser*innen. Die Berücksichtigung
beträgt dabei 11 GWh. Die gesamte Er- der Energieinfrastruktur in der Raum-
Photovoltaik mal 3 zeugung aus biogenen Energieträgern planung (Energieraumplanung), verur-
beträgt rd. 35 GWh. Bis 2030 soll ein zu- sachergerechte Netzentgelte oder eine
Die Stromerzeugung aus Photovoltaik- sätzliches Potential (industrielle Abfälle, Winterstromstrategie mit saisonaler
anlagen hat schon in den vergangenen Landwirtschaft) von rd. 110 GWh an Speicherung runden das Maßnahmen-
Jahren einen regelrechten Boom ausge- Rohgas erschlossen werden. paket ab.
löst. Mit den steigenden Energiepreisen
wird dieser noch spürbar anziehen. Eine Zukunftsfähiges
Verdreifachung des jährlichen Zubaus Stromnetz
(von rd. 10 GWh auf 30 GWh) hat sich
das Land zum Ziel gesetzt. Das techni- Viele Ziele der Energieautonomie wie
sche Potential liegt bei rd. 1.900 GWh. PV mal 3, Einsatz von Wärmepumpen
Das erschließbare Potential bis 2030 oder die E-Mobilität setzen auf elektri-
wird mit rd. 330 GWh beziffert. schen Strom. Die besondere Herausfor-
derung an das lokale Stromnetz stellen
Für die Zielerreichung sollen Erleichte- dabei hohe auftretende Leistungsspitzen
rungen für die PV-Anlagenerrichtung dar. Derzeit erhöht sich insbesondere
im Mietrechtsgesetz bewirkt werden. Im der Winterstrombedarf v. a. durch die
Förderwesen sollen Akzente, beispiels- verstärkte Stromanwendung im Wärme-
weise durch eine Förderung für Sonder- bereich. Dem steht eine sommerlastige
flächen (Parkflächen, Deponien etc.), Erzeugungsstruktur gegenüber (Wasser-
gesetzt werden. Der Ausbau auf Dächern kraft und v. a. Photovoltaik). Das Erfor- Die gesamte Strategie
öffentlicher Gebäude soll im Rahmen der dernis, Strom saisonal zu speichern, wird „Energieautonomie+ 2030“ und
MissionZeroV konsequent fortgesetzt weiter steigen. Diese Herausforderung den aktuellen Monitoringbericht zur
werden. Eine PV-Pflicht im Neubau soll betrifft auch die Stromnetze (v. a. die in- Energieautonomie finden Sie unter
geprüft werden. ternationalen Übertragungsnetze) und www.energieautonomie-vorarlberg.at
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Luft-
wärme-
pumpen
… besser
als ihr Ruf ?
Luftwärmepumpen sind besonders beim Umstieg von von Michael Braun,
Energieberatung und
Gas eine beliebte und mitunter auch die einzige Alter- Gebäudetechnik
Welches ist die passende Alternative zur Bleiben also noch die Wärmepumpen als Die Krux mit
Öl- oder Gasheizung? Das ist die derzeit Alternative. Hier gibt es drei verschie- der Temperatur
häufigste Frage an unsere Energiebera- dene Varianten: die Grundwasser-, Erd-
tung. Besonders die mit einer Gas-Hei- reich- und Luftwärmepumpen. Beson- Im Gegensatz zu – nahezu allen – ande-
zung ausgestatteten Gebäude und Woh- ders die ersten beiden Systeme scheitern ren Heizsystemen wird die Effizienz der
nungen stehen hierbei oftmals vor dem bei Bestandsgebäuden zum Teil an den Wärmepumpe sehr von den Randbedin-
Problem, dass zum einen ein Fernwärme- Kosten für die Bohrung der Brunnen oder gungen beeinflusst. So spielen neben
anschluss nicht verfügbar ist und zum Erdsonden, aber auch oft an den räum- dem Gütegrad des Carnot-Prozesses vor
anderen der für Holzheizsysteme wie lichen und organisatorischen Möglich- allem die Temperaturen der Wärme-
Stückholz und Pellets notwendige Platz keiten, diese zu errichten. Daher bleibt quelle sowie der Wärmesenke (Wärme-
für den Brennstoff sowie für Puffer- oftmals tatsächlich nur die Luftwärme- abgabe) eine ganz entscheidende Rolle.
speicher fehlt. pumpe als mögliche Alternative übrig. Je wärmer die Wärmequelle, also das Erd-
reich, das Grundwasser oder die Außen-
10
luft, umso effizienter läuft die Wärme- Luftwärmepumpen mit COPs von über 6
pumpe. Je kälter die Wärmesenke, also fünf und Geräte mit Schallleistungs-
jährl. Effizienz im
5
Heizmodus [-]
4
die Temperatur des Wärmeabgabesys- pegeln von unter 45 db(A) außen. Beides
3
tems, umso so höher ist der Wirkungs- sind Werte, die vor wenigen Jahren in 2
grad (COP – Coefficient of Performance). der Praxis noch kaum erreichbar waren. 1
Niedrige Temperaturen haben vor allem Hier wurden zwei der drei angesproche- 0
30 35 40 45 50 55 60
die Wärmeabgabesysteme, die eine große nen Schwachstellen technisch weitest- maximale Vorlauftemperatur [°C]
Fläche besitzen, wie zum Beispiel Fuß- gehend gelöst.
Heizkörper Gemischt Fußbodenheizung
boden-, Wand- oder Deckenheizungen.
Jetzt haben aber viele Bestandsgebäude Fraunhofer-Messprojekt
Heizkörper, die mit hohen Temperaturen zeigt ordentliche JAZ
betrieben werden müssen. Gleichzeitig wertungskriterium ist – ab 50 °C war
ist die Außenluft im Winter deutlich käl- Bleibt noch das Problem mit den hohen dann die Effizienz aber schon deutlich
ter als das Erdreich oder das Grundwas- Vorlauftemperaturen für die Heizkörper abnehmend (siehe Grafik). Auch bei sehr
ser, was zu einer niedrigeren Effizienz im Bestandsgebäude – gleichermaßen kalten Außentemperaturen von -10,2 °C
der Luftwärmepumpen im Vergleich zu natürlich für alle Wärmepumpen. Hier- konnten bei den gemessenen Anlagen
den anderen Wärmepumpen führt. mit – und mit der Effizienz von Wärme- immer noch Arbeitszahlen von 1,6 bis
pumpen im Bestand generell – hat sich 2,8 nachgewiesen werden.
Diese beiden Effekte, häufig Heizkörper das Fraunhofer Institut für Solare Ener-
im Bestand und eine deutlich kühlere giesysteme in Freiburg beschäftigt. In Luftwärmepumpen
Quelltemperatur der Luftwärmepumpe, vier Feldtests über die letzten 20 Jahre sind besser als ihr Ruf
haben dazu geführt, dass Luftwärmepum- wurden mehr als 300 Wärmepumpenan-
pen in Verruf geraten sind. In der Ener- lagen im realen Betrieb vermessen. Das Wärmepumpen, besonders Luftwärme-
gieberatung wurde oftmals davon abge- Ergebnis: Wärmepumpen können im pumpen, sind also doch besser als ihr Ruf.
raten und Fördersysteme haben sie nicht Bestand auch bei höheren Vorlauftem- Für alle Wärmepumpen-Arten gilt, dass
unterstützt. Hinzu kommen die Schall- peraturen gut funktionieren, wenn die es mittlerweile kaum noch technische
emissionen der Ventilatoren an den Ver- Wärmepumpe selbst gut ist und sie in Argumente gibt, die gegen einen Einsatz
dampfern (Außeneinheiten) von Luft- ein gut geplantes und ausgeführtes Sys- im Bestandsbau sprechen. Bleibt noch die
wärmepumpen, die durchaus stören oder tem eingebaut wird. Was das Messpro- Frage nach den Umweltauswirkungen
am Nachbargrundstück rechtlich unzu- jekt noch zeigte: Die Jahresarbeitszahl von Wärmepumpen im Vergleich zu
lässige Immissionen verursachen können. von Erdsonden-Wärmepumpen war im anderen Heizsystem. Der Umstieg von
Schnitt zwar um 1 besser als von Luft- Öl oder Gas hat aus Gründen des Klima-
Ineffizient und laut Wärmepumpen, welche in der neusten schutzes nur dann einen Sinn, wenn die
– stimmt das (noch)? Messperiode im Mittel in Bestandsgebäu- Treibhausgasemissionen (CO2eq) niedri-
den bei 3,1 lagen (Messbereich von 2,5 bis ger sind. Gerade bei Strom als Energie-
In den letzten fünf Jahren haben sich bei 4,6). Aber generell sind moderne Wärme- träger spielt aber für die Bewertung be-
den Luftwärmepumpen deutliche Ver- pumpen im Bestand heute besser als sonders der jahreszeitliche Verlauf eine
besserungen ergeben. Zum einen liegt jene vor 15 Jahren im Neubau. ganz entscheidende Rolle. Details dazu
das an anderen Kältemitteln, allen voran in der Betrachtung von Thomas Roß-
R290 (Propan), zum anderen an teils Die Messergebnisse zeigen auch, dass kopf-Nachbaur auf Seite 12.
deutlich größeren Wärmetauscherflä- es ein breites Effizienzband hinsichtlich
chen beim Verdampfer. Diese erhöhen den Vorlauf-Temperaturen gibt: so gab Aus dieser resultiert, dass Wärmepum-
die Effizienz der Anlage und senken es Anlagen mit einer Vorlauftemperatur pen zumindest eine JAZ in der Größen-
gleichzeitig die Schallemissionen. Wirft von 36 °C bis 48 °C, die gemessen gleiche ordnung von zwei aufweisen müssen,
man einen Blick in Vergleichsdatenban- Jahresarbeitszahlen aufweisen. Daraus um ökologischer zu sein, als die Gas-
ken wie www.produktdatenbank-get.at lässt sich schließen, dass die Vorlauf- heizung, die sie – von Bund und Land
oder www.topprodukte.at, findet man temperatur alleine nicht das einzige Be- großzügig gefördert – ersetzen sollen.
11
Treibhausgas-
emissionen
von Strom
nicht-erneuerbar gedeckt werden müssen, liegt der Anteil an
Braun- und Steinkohle, Öl und Atomstrom im Winter deutlich
höher. Aus dem Verbraucherstrommix und den spezifischen
von Thomas Roßkopf-Nachbaur Emissionen je Kraftwerkstyp lassen sich die Monatswerte der
CO2eq-Konversionsfaktoren des österreichischen Verbraucher-
Zur Bewertung der Klimarelevanz von Gebäuden werden seit strommix' ableiten (Abbildung 2 – rote Linie). Der österreichi-
etwa zwei Jahrzehnten die CO2eq-Emissionen verwendet. Diese sche Verbraucherstrommix im Mittel der Jahre 2014 bis 2019
ergeben sich durch Multiplikation des Endenergiebedarfs je verursacht im Sommer deutlich geringere Treibhausgasemis-
Energieträger mit seinem Konversionsfaktor für CO2eq. Bislang sionen als im Winter: Die monatlichen CO2eq-Konversions-
werden üblicherweise Jahreskonversionsfaktoren für CO2eq faktoren schwanken zwischen ca. 100 g CO2eq/kWhEnd im Mai
verwendet. Während dies für Energieträger wie Öl, Gas und und Juni und 373 g CO2eq/kWhEnd im Februar.
Biomasse nach wie vor ausreichend ist, erscheint es sinnvoll,
zur Bewertung des Energieträgers Strom zeitlich variable Um den österreichischen Verbraucherstrommix im Jahr 2030
Konversionsfaktoren einzusetzen, da die CO2eq-Intensität der abzuschätzen wurden verschiedene Szenarien abgebildet
Stromerzeugung in Versorgungsgebieten mit hohen Anteilen (Abbildung 2 – grauer Bereich). Das wahrscheinlichste Szena-
fluktuierender erneuerbarer Energien wie PV, Wind und rio bildet einen mittleren Ausbau der Erneuerbaren in Öster-
Wasserkraft jahreszeitlich schwankt. reich und Deutschland ab (Abbildung 2 – grüne Linie).
Die Bruttostromerzeugung in Österreich setzt sich zusammen Die Szenarien zeigen, dass die spezifischen Treibhausgas-
aus: Wasserkraft, Windkraft, Photovoltaik, Steinkohle, Erdöl, emissionen bis 2030 weiter zurückgehen werden, dass jedoch
Erdgas sowie Biomasse. Österreich ist Nettoimporteur von der Jahresswing mit höheren Emissionen im Winter erhalten
Strom aus Deutschland und der Tschechischen Republik. Öster- bleibt. Während jedoch die höchsten Monatswerte im Mittel
reichs Verbraucherstrommix hängt daher nicht nur von der in- der Jahre 2014 bis 2019 bei mehr als 350 g CO2eq/kWhEnd liegen,
ländischen Erzeugung, sondern auch vom Erzeugungsmix des liegen sie im wahrscheinlichsten Szenario bei maximal 200,
importierten Stroms ab. Der österreichische Verbraucherstrom- in den besten Szenarien bei etwa 160 g CO2eq/kWhEnd.
mix berücksichtigt die inländische Bruttostromerzeugung,
den Bedarf für den Netzbetrieb sowie die Nettoimporte aus
Deutschland und der Tschechischen Republik (Abbildung 1).
Den vollständigen Beitrag finden Sie im Buch
Der Stromverbrauch im Winter liegt merklich höher als im „Low Cost nZEB. Paris-kompatible Mehrfamilienhäuser":
Sommer. Während im Sommer nur kleinere Verbrauchsanteile www.energieinstitut.at/lowcost
7000 400
Verbraucherstrommix
CO2-äquivalente Emissionen
6000 350
Österreich in GWh
5000 300
in g CO2eq/kWhEnd
4000 250
3000 200
2000 150
1000 100
0 50
Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
0
Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Biomasse Erdöl & Derivate Steinkohle Wasserkraft Erdgas
& Derivate
Photovoltaik Windkraft Atomkraft Braunkohle Bandbreite SG5 Mittel 2014–2019
Abb. 1: Verbraucherstrommix Österreich im Mittel der Jahre 2014 bis 2019 Abb. 2: spezifische CO2eq-Emissionen Verbraucherstrom Österreich 2030 – Band-
breite Szenarien, wahrscheinlichstes Szenario (SG5) und Mittelwert 2014–2019
12
Batteriespeicher- von Dieter Bischof,
Energieberatung und
Monitoring
Gebäudetechnik
PV und Batteriespeicher sind ein gutes Duo. Doch höht sich der Eigenverbrauchsanteil in
allen Fällen, meist um etwa 30 bis 50 %.
warum werden sie eingebaut? Wie wirkt sich der
Der Autarkiegrad wurden zwischen 15
Speicher aus? Ein Monitoring bringt Klarheit. und 44 % angehoben.
13
Turbo mit
von Wolfgang Seidel,
Kommunikation
Sie sollen ein Turbo der Was läuft EEG-technisch grad im Land?
Derzeit vor allem Projekte, in denen Gemeinden die treibenden Kräfte sind.
Energiewende sein: Ener- Die Bandbreite reicht von sehr gemeinschaftlich aufgestellten Zugängen –
giegemeinschaften (EEGs). Schnifis zum Beispiel – bis hin zu solchen, in denen die Gemeinde erst mal
nach einer Möglichkeit sucht, den Überschussstrom von der PV-Anlage etwa
Doch in Vorarlberg scheint auf der Volksschule in anderen gemeindeeigenen Gebäuden oder Anlagen
zu nutzen.
die Handbremse noch
nicht gelöst und die Szene Wie schaut es mit kleinen Projekten aus,
etwa von Bürger*innen?
von eher zurückhaltendem Da gibt’s schon auch regelmäßig Anfragen. Allerdings kühlt das Interesse
rasch ab, wenn die Leute herausfinden, dass da keine wirtschaftlichen Vorteile
Optimismus geprägt. An- dahinterstecken und die Abwicklung komplex ist.
ders in Niederösterreich.
Ist das nicht schade, wenn Potential verloren geht?
Ein Panorama in 15 Fragen Dass die Leute sich nicht in EEGs zusammenschließen, bedeutet keineswegs,
dass sie kein Interesse an eigenem Strom haben. Im Gegenteil: Derzeit haben
an 6 Beteiligte.
wir kein Nachfrage- sondern eher ein Angebotsproblem.
14
Monika Forster Schnifis ist eine der Pilot-EEGs im Land.
Energieregion Wie ist der aktuelle Stand?
Vorderwald Es war schon früh im Projekt klar, dass die Marktprozesse und
technischen Voraussetzungen seitens der Netzbetreiber erst im
Im Vorderwald ist eine der Oktober soweit sind, unser EEG-Modell mit mehreren Einspeise-
punkten abzurechnen. Aktuell prüfen wir das Vereinsstatut und
ersten EEGs in Vorarlberg in
die steuerlichen Rahmenbedingungen. Zudem bereiten wir das
Betrieb. Wo steht ihr grad?
Abrechnen mit mehreren Einspeisern über unsere verwaltungs-
Die EEG läuft seit Juni in der „Probephase“, wir
üblichen Werkzeuge vor. Noch heuer wollen wir den Verein als
beheben noch Kleinigkeiten. Um bis hierher zu
notwendigen Träger der EEG gründen und bis April 2023 soll die
kommen, wurde ein Trägerverein gegründet –
Möglichkeit zur Teilnahme für alle stehen.
vorerst mit drei der neun Gemeinden. Kommu-
nale Anlagen wurden mit Smart Metern ausge-
Ein bisschen dauert es also noch.
stattet, ein Abrechnungsdienstleister gefunden,
Wie ist die Motivation in der Gemeinde?
die Abwicklungsorganisation von der Daten-
Die Motivation in der Gemeinde ist ungebrochen, ich bekomme
übernahme über Rechnungslegung, Verbuchung,
wöchentlich Anfragen, wie man teilnehmen kann und wie es
Tarifierung bis zur Kommunikation entwickelt.
weitergeht. Ich halte die EEG nach wie vor für ein wichtiges Instru-
Sobald die EEG mit kommunalen Anlagen ein-
ment, um unser Ziel zu erreichen, bis 2025 rund die Hälfte
wandfrei läuft, sind auch Private und Betriebe
unseres verbrauchten Stromes in der Gemeinde selbst zu er-
eingeladen.
zeugen und zu vermarkten. In Schnifis soll keine Dachfläche
ungenutzt bleiben.
EEGs, der Turbo der Energiewende?
EEGs lassen uns Verantwortung für die Energie-
versorgung übernehmen – gerade jetzt natürlich Simon Lins
eine riesige Chance. Für eine Breitenausrollung Bürgermeister Schnifis
Daniel Berger
sind EEGs aber noch viel zu komplex. Ideell gibt
eNu, Energie- und Umwelt-
es zwar viel Zuspruch, wirtschaftlich sind sie agentur des Landes NÖ
aber nur in bestimmten Situationen darstellbar.
Doch im Thema ist so viel Bewegung, wie viel- In Niederösterreich geht EEG-technisch
leicht noch nie. Es gilt jetzt, die Rahmenbedin- grad die Post ab. Warum?
gungen so zu setzen, dass bürgerschaftliches In jeder Gemeinde soll eine EEG entstehen, das ist politisches Ziel in NÖ.
Engagement und Eigenverantwortung auch Mit dem Auftrag, die Gemeinden zu unterstützen, wurde Anfang 2021
wirtschaftlich darstellbar sind. Dann können die EZN als Tochter von eNu und EVN gegründet. Sie hat schon 100
EEGs eine fundamentale Veränderung bringen. Gemeinden unter Vertrag und 5 EEGs in Betrieb. In NÖ sind aber auch
andere Dienstleister aktiv. Die Präsenz des Themas über bald zwei
Jahre zeigt Wirkung. In NÖ sind schon über 30 EEGs in Betrieb.
ändler
Energiehä
Fast 5.000.000.000 Kilowattstunden Und auf der Käuferseite natürlich umgekehrt: „Ich brauche für
die nächsten x Viertelstunden oder Stunden y MW Leistung
Strom und Gas haben wir in Vorarlberg
und bin bereit, z zu zahlen“. Passt das zusammen, ist’s gut.
2020 verbraucht. Der allergrößte Teil Wenn nicht, müssen Verkäufer und Käufer solange im Preis
nachbessern, bis es passt.
davon wurde von der illwerke vkw bereit-
gestellt. Wie das geht, hat uns der Chef Und dann?
Kommt das Geschäft zustande. Das passiert im Durschnitt alle
der illwerke vkw-Energiewirtschaft Hagen
30 Sekunden, rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr. Insgesamt
Schmöller erklärt. über eine Million Mal pro Jahr. Das Geschäft wird dann vom
Handelssystem verarbeitet und führt in diesem Fall dazu, dass
ein Generator hochfährt.
Es ist Abend. Die Lastspitze ist abgeklungen, der Preis für kurz- Das klingt nach Arbeit …
fristig gehandelten Strom ist niedrig. Die Generatoren der Das ist es auch. Fast 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter küm-
großen Kraftwerke stehen still, vielleicht läuft das Kopswerk mern sich in Bregenz und Vandans darum, diese Geschäfte zu
II sogar im Pumpbetrieb. Plötzlich fällt über Deutschland eine tätigen.
Windfront zusammen, die Stromproduktion der Windräder
geht zurück. Sofort steigen die kurzfristigen Strompreise, die
sogenannten Intradaypreise, denn die Betreiber der Windkraft-
werke müssen den Strom, den sie ihren Kunden bereits ver- „Der überregionale Ausgleich im
kauft haben, aufgrund des Ausfalls der eigenen Produktion nun europäischen Markt ist eine
woanders beziehen. Die Energiehändler der illwerke vkw sehen, wesentliche Voraussetzung für das
dass der Preis über die Grenzkosten der Speicherkraftwerke Gelingen der Energiewende.“
steigt und stellen ein erstes Angebot auf die Handelsplattform.
max50: Hagen Schmöller, was passiert jetzt? Wie entscheidet ihr, ob ihr Energie
Hagen Schmöller: In einem „offenen Orderbuch“ – quasi einer Art auf dem Markt kauft oder anbietet?
„Strom-Tinder“ – sieht man, wer gerade zum höchsten Preis Das Wichtigste ist: Wir kaufen Strom und Gas ein, um Vorarl-
Strom ein- und wer zum niedrigsten Preis Strom verkaufen berg damit zu versorgen. Was wir nicht tun, ist mit Strom und
möchte, also jemand bietet für den Zeitraum x die Leistung Gas zu spekulieren. Das heißt, wir kaufen keine Überschüsse
von y MW zum Preis von z. für 2024 ein in der Hoffnung, dann noch teurer verkaufen zu
können. Was wir aber natürlich schon tun, ist unsere eigenen
Kraftwerke bestmöglich zu bewirtschaften.
16
Das bedeutet? Noch ein Blick in die Zukunft:
Jedes unserer Kraftwerke hat einen Grenzpreis, über dem es Wie entwickelt sich der Handel?
sich lohnt, dessen Speicher zu leeren. Der Preis hängt von vie- Je mehr erneuerbarer Strom im System ist, umso größer wird
len Faktoren ab, zum Beispiel von Speicherständen, Wetter- der Einfluss der Natur – insbesondere des Wetters – auf den
prognosen und natürlich der Marktsituation. Zudem wird im Strommarkt sein. Die Erzeugung wird volatiler, also werden
Sommer eher gefüllt und im Winterhalbjahr abgebaut. Der- wir entweder die Nachfrage stärker an die Produktion anpas-
zeit wird auch eine strategische Reserve zurückgehalten, weil sen oder mehr speichern müssen. Preissignale werden da eine
nicht absehbar ist, wie sich die Situation im Winter entwickelt. große Rolle spielen. Das zeigen auch Simulationen eines mög-
Und wenn das alles passt, bieten wir am Markt an. lichen europäischen Strommarktes im Jahr 2050.
Apropos Winter: Erstmals habt ihr tatsächlich Gas Wir sind gespannt, wo die Reise noch hingeht. Danke
physisch bevorratet und nicht nur auf Termin gesichert. Hagen Schmöller für das hochinteressante Gespräch!
Genau. Wir verfügen über eine in Österreich physisch vorhan-
dene Menge Gas. Dazu mussten diverse Verträge, unter ande-
rem auch für die Transportkapazitäten, abgeschlossen werden.
Das ist eine neue Erfahrung für uns. Bisher waren wir alle
daran gewöhnt, dass Energie sehr günstig und praktisch un- 20 Personen sind bei der illwerke vkw damit
begrenzt zur Verfügung steht. Das hat sich jetzt geändert. beschäftigt,
an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr Strom
und Gas für Vorarlberg zu handeln. Neben Termin-
geschäften (mit mehreren Jahren Vorlauf) tätigen
sie dabei
„Wir sind gewohnt, über günstige über 1 Mio. kurzfristige Geschäfte im Jahr, die
und praktisch unbegrenzte binnen weniger Minuten schlagend werden.
Energie zu verfügen. 150 waren es allein während unseres Gesprächs.
Das hat sich jetzt geändert.“
17
Zu Unrecht von Markus Kaufmann,
Unternehmen
Stiefkind:
fassadenintegrierte PV
Alle reden davon, dass wir
die Energieautonomie nur
dann schaffen, wenn auch
das letzte Dach mit einer
PV-Anlage versehen wird.
Dabei gibt es noch ein
interessantes Potential,
an das nur selten gedacht
wird: die Fassade.
Rieger Orgelbau präsentiert sich in Die Montage der PV-Module ohne Restflächen liefert eine optische Delikatesse.
neuem Gewand. Das markante Industrie-
gebäude am Eingang zum Achraintunnel Geplant und realisiert wurde die PV-An- Die Anlage wird vom Hersteller perma-
in Schwarzach bietet mit seiner unver- lage von der SonnenWerkstatt GmbH. nent überwacht, alle Module können
schatteten Südfassade nahezu ideale „Wir haben bereits in der Planung alle einzeln überprüft werden. Es zeigt sich,
Voraussetzungen für eine fassadenin- Berechnungen gemacht und den Strom- dass durch die bisher „ungünstig“ ge-
tegrierte PV-Anlage. Im Zuge der Sanie- bedarf simuliert“, erklärt Geschäftsfüh- nannten Seiten im Osten und Westen
rung 2020 wurden der sogenannte rer Matthias Dünser. Die Module der bereits in den frühen Morgenstunden
Montageturm des Unternehmens als 100-kWp-Anlage sind von hoher Quali- sowie bis in den Abend hinein Strom-
geeignet befunden und von Rieger-Chef tät, auf sie gibt es 25 Jahre Garantie. „Die ertrag generiert wird (der dann nicht
Wendelin Eberle Nägel mit Köpfen aktuellen Berechnungen zeigen nun, eingekauft werden muss). Dadurch wer-
gemacht: dass die Anlage durchschnittlich etwa den auch diese Flächen plötzlich wirt-
50.000 kWh pro Jahr produziert. Damit schaftlich, denn Stromverbrauch hat
Die Nordseite des Turmes wurde neu reduziert sich der Netzbezug von Rieger man nicht nur am Mittag.
verglast, um optimales Arbeitslicht zu um 24 %“, freut sich Matthias Dünser. Bei
schaffen. Auf der Süd-, Ost- und West- den derzeit unkontrolliert steigenden Also immer daran denken: Wenn eine
seite wurde eine flächenintegrierte Strompreisen ist das jeden Tag noch mehr Fassade renoviert wird, kann sie als
PV-Anlage montiert. Geld, das nicht für die Stromrechnung PV-Anlage gedacht werden und mit
ausgegeben werden muss. Garantie bares Geld erwirtschaften.
18
The
Heat
is
on!
von Wolfgang Seidel,
Kommunikation
Rund 300 GWh Wärme wurden 2020 über Wärmenetze in Vorarlberg abgegeben. 2030
sollen es doppelt so viele sein, wünscht sich die Energieautonomie. Da ist eine Menge
Netzwerken angesagt. Wir haben ein paar Blitzlichter auf den Status quo geworfen.
Insbesondere in den Vorarlberger Bal- kade von heute rund 300 auf 600 GWh weiterung bestehender Netze sind neue
lungszentren und Gebieten mit hoher verdoppelt werden. Das wären rund Projekte in Planung oder schon in Bau,
Wärmedichte ist die Fernwärme 1 die 20 % des heutigen Wärmebedarfs im darunter auch größere wie in Tschag-
ideale und nicht selten auch die einzige Gebäudesektor. Ein Ziel, das nicht un- guns, Bludenz, Bürs, Feldkirch, Luste-
Möglichkeit, um sinnvoll von fossilen realistisch scheint: Die Nachfrage nach nau, Wolfurt oder Bregenz. Dabei setzen
auf erneuerbare Energieträger umzu- Anschlussmöglichkeiten ist laut Netz- nicht alle Projekte auf den klassischen
steigen. Deshalb soll die Versorgung mit betreibern so hoch wie nie zuvor, und Brennstoff Biomasse.
Wärme aus dem Netz bis Ende der De- neben der teils explosionsartigen Er-
Fortsetzung auf S. 22 →
1
Ob als Fern- oder Nahwärme bezeichnet, hat vor allem steuerliche Gründe. Wir sind in der Bezeichnung nicht
völlig konsistent und schreiben hier „Fernwärme“. Lassen Sie sich nicht verwirren, gemeint ist immer das Gleiche.
19
Nahwärmekraftwerke
Heizwerk Göfis
Biomasse Heizwerk Lech
GmbH & Co. KG
Länge.................................... 25 km
Objekte..................................... 350
Heizwerk Thüringen
Heizwerk
Tosters Heizwerk Oberlech
Neubau Heiz- Heizwerk Lech Zug
zentrale und
Erweiterung Fernwärme Ludesch
ab 2026
Heizwerk Nenzing Nahwärme Bludenz/
Bürs (geplant)
Wärmenetz Biomasse Heizwerk Zürs
Innenstadt Elektrizitätswerke GmbH
Frastanz GmbH Länge.....................10,8 km
Feldkirch
Inbetriebnahme: 2024 Länge................................ 3,1 km
Objekte.................... 75
Besonderheit: Objekte................................... 37
Nutzung Gene- Wärmemenge:
5,2 Mio kWh Besonderheit:
ratorenabwärme 100 % Anschlussdichte in Zürs
Ill-Kraftwerk Biomasse Heizwerk GmbH
Besonderheit: Bürs
„Am Mühle- 70-kW-Mikrogasturbine
torplatz“ für die Sommerlast Länge................................ 1,8 km
Erweiterung: Objekte..................................... 19
im Zuge der
Kanalsanierung
in der Innen-
stadt ab 2024
Heizwerk Gaschurn
The
Heat
Eine Auswahl aus Vorarlbergs
is
Biomasse-Heizwerken. Details im VoGIS.
on! Link auf www.energieinstitut.at/nahwaerme.
Gaschurn: erneuerbar, schränkt sich der Ausbau nicht nur auf niumspark und Industriegebiet Nord
aber biomassefrei die Mitte, auch die Subzentren werden sowie zahlreiche Wohngebäude werden
sukzessive weiter erschlossen. Neben ab Herbst 2024 versorgt. Insgesamt
„Holz verbrannt hat man in der Stein- neuen Arealen wird dabei auch nicht auf werden bis zu 200 Anschlüsse im rund
zeit“, sagt der ehemalige Gaschurner die Nachverdichtung bestehender Gebie- 12 Kilometer langen Leitungsnetz mit bis
Bürgermeister Martin Netzer, durchaus te vergessen. Den Grundstein für den zu 20 Mio. kWh Wärme beliefert.
bekannt für markige Sprüche. Er war prosperierenden Ausbau der Fernwärme-
einer der (hartnäckigen) Treiber hinter netze sieht der ehemalige Energiebe- Und weiter geht’s …
einem erneuerbaren – aber biomasse- auftragte der Stadt Dornbirn Andreas
freien – Wärmenetz. Dieses speist sich Müller im Wunsch der Stadt, Ende der In Lustenau setzt man also vorerst zur
aus der Abwärme des 450-MW-Pump- 90er-Jahre die weitreichenden Wald- Gänze auf Biomasse. Sorgen um die
speicherkraftwerks Kops II, die bis zu flächen wirtschaftlich besser zu nutzen. Grundlage für die Wärmebereitung
ihrer Auskopplung als 55-grädiges Ein eigener Forstbetrieb sollte auch das müsse man sich in Vorarlberg denn auch
Wasser ins Ausgleichsbecken des Kraft- Hackgut optimal verwerten. Diese Moti- bei einer deutlichen Ausweitung der
werks floss und dort wegkühlte. Heute vationslage war übrigens in vielen Fällen Netze nicht machen, meint der Obmann
wird es im ehemaligen Biomasseheiz- Gründungsidee der zu diesem Zeitpunkt des Biomasse-Verbandes Tobias Ilg. Ener-
werk mittels Wärmepumpen auf das be- wie Pilze aus dem Boden schießenden gieholz wäre ausreichend vorhanden,
nötigte Temperaturniveau angehoben Heizwerke im Land. Zwei zusätzliche und Laubholz, das klimabedingt künftig
und im Wärmenetz Gaschurn an die Ab- private Betreiber verstärkten die städti- eine deutlich stärkere Rolle im Forst
nehmer verteilt. Obwohl das Projekt in schen Impulse und machen Dornbirn spielen werde, werfe aufgrund seines
der Gemeinde nicht ganz friktionsfrei zum Nahwärmenabel des Landes. Wuchses einen größeren Anteil an nicht
über die Bühne gegangen ist, macht es höherwertig nutzbarem Holz ab, als zart
Schule – denn in der Nachbargemeinde Lustenau: beastete Fichtenstämme. Dennoch werde
Tschagguns wird derzeit ebenfalls an der The New Kid in Town die fast ausschließliche Zentrierung auf
Auskopplung von Kraftwerksabwärme Biomasse als Brennstoff künftig aufwei-
ins Fernwärmenetz gearbeitet. Szenen- Apropos Nabel: Das ehemalige Entbin- chen, prognostiziert Christian Vögel,
wechsel ins Unterland. dungsheim in Lustenau wird auch bald Leiter des Fachbereichs Energie und
an ein Fernwärmenetz angeschlossen. Klimaschutz im Amt der Vorarlberger
Dornbirn: So weit so unspektakulär, weist das Vor- Landesregierung. Wenngleich sie auch
der Fernwärme-Hotspot haben dennoch eine Besonderheit auf: in Zukunft das Rückgrat bilden werde,
Österreichs größte Marktgemeinde wird spielten künftig die Nutzung von (indus-
Die Nutzung von Abwärme aus industri- von (nach eigenen Angaben) Österreichs trieller) Abwärme, Bodenseewasser,
ellen Prozessen oder der Holzverstro- größtem Anbieter von Fernwärme auf Anergie („kalte Fernwärme“) oder lang-
mung ist dabei, zu einer nennenswerten Basis industrieller Abwärme und Bio- fristig auch Tiefengeothermie eine
Quelle zur Versorgung der Wärmenetze masse versorgt werden: der KELAG. Die deutlich größere Rolle.
zu werden. Und Industriebetriebe helfen Fernwärmetochter des Kärntner Landes-
bereits mit, Redundanzen in der Versor- energieversorgers betreibt österreichweit
gung bereitzustellen - zum Beispiel in in 85 Fernwärmenetzen rund 900 Heiz-
Vorarlbergs Hauptstadt der Fernwärme: zentralen und liefert rund 2 Milliarden
Dornbirn.Dort breiten sich gleich drei kWh Wärme – das entspricht der Hälfte
Netze teils in Hochgeschwindigkeit aus. des Vorarlberger Raumwärmebedarfs.
„Wir graben an allen Ecken und Enden“, Lustenau ist – nach der Übernahme von Informationen zu den aktuellen
sagt einer der beiden privaten Netzbe- 75 % an der Fernwärme Lauterach – das Förderungen für den Umstieg auf
treiber, die zusätzlich zum öffentlichen zweite Projekt im Land und die erste Fernwärme und die großen Netze
Netz schon beeindruckende Teile des Neuprojektierung. Alle öffentlichen Ge- im Überblick finden Sie auf
Stadtgebietes versorgen. Dabei be- bäude, mehrere große Firmen im Millen- www.energieinstitut.at/nahwaerme
22
EKART.at
von Markus Kaufmann,
Unternehmen
Treibhausgas-Bilanz
inclusive
Hier ist Handeln angesagt:
Der Stromverbrauch pro
EKART berechnet gemäß Treibhausgas- Mitarbeiter ist in allen drei
Norm 14.064 basierend auf den einge- Beobachtungsjahren ver-
glichen mit den anderen
tippten Daten die CO2 Bilanz des Unter- Betrieben meiner Branche
nehmens (Scope 2). Dieses Ergebnis ist im roten Bereich.
23
„Wir bei Blum von Susanne Backmeister,
Mobilität
f ahren Bus
und Rad“
Die Firma Blum wurde für ihr Mobilitäts- Worauf basiert erfolgreiches Mobilitätsmanagement?
Sich in jedem Fall zuerst einen Überblick verschaffen. Zahlen,
konzept mit dem VCÖ Preis 2022 ausge- Daten und Fakten erheben, um Potenziale, Ziele und Knack-
zeichnet. Wir haben Mobilitätsmanagerin punkte zu benennen. Dann aber auch Verantwortlichkeiten
definieren und ausreichend Kapazitäten planen. Mobilitäts-
Katharina Schön gefragt, wie es gelingt, management braucht ein ganzes Team für eine erfolgreiche
möglichst viele von 7.000 Mitarbeiter*innen Umsetzung und muss fortlaufend weiterentwickelt werden.
Und: positiv kommunizieren! Man sollte realistisch bleiben, die
nachhaltig zur Arbeit zu bringen. Vorteile von klimafreundlicher Mobilität dürfen dabei hervor-
gehoben werden.
24
Mehr Sicherheit von Susanne Backmeister,
Mobilität
25
Entdeckt
von Beate Haiden,
Unternehmen
in der
Sanierungsgalerie
65 Jahre hatte das Gute auf dem Buckel, ehe es einer Terrasse und den Garten von der Straße
trennt. Der überdachte Zugang wurde
gründlichen und nachhaltigen Frischzellenkur unterzo- durch eine Rampe in den Keller erwei-
gen wurde. Vorhang auf für einen Neuzugang in unserer tert, damit man auch mit Fahrrädern
direkt in das Untergeschoß kommt. Die
Sanierungsgalerie! ehemalige Laube wurde zum Innen-
raum umgebaut und bildet in Verbin-
dung mit dem Naturteich einen neuen
Es war ein klassisches, in viel Eigenleis- schaftsraum zu schaffen. Anschließend Ruhebereich.
tung errichtetes Haus aus den späten daran bildet ein privateres Wohnzimmer
50ern: dreigeschoßig und unterkellert, Geborgenheit, hinter der Garderobe und Gut beraten
massiv aber ungedämmt gebaut mit dem Gäste-WC wurde die Speisekammer
Terrasse im Hochparterre. Ölbeheizt. versteckt.
Wie im gezeigten Projekt braucht
Im Herbst 2018 wurde das Haus von den Die Räume im 1. Obergeschoß blieben es mitunter einige Anläufe und
Bauleuten übernommen. Nachdem in ihrer Anordnung bestehen, bekamen Varianten, bis eine fundierte Ent-
mehrere Sanierungsvarianten abgewo- aber größere Fensteröffnungen. Sie bie- scheidung über den weiteren
gen wurden, fiel die Entscheidung ten Platz für ein Badezimmer, zwei Umgang mit einem Gebäude ge-
schlussendlich auf eine Generalsanie- Schlafzimmer und ein Büro. troffen werden kann – egal, ob
rung, die von Traumhaus Althaus-Part- schlussendlich einzelne Verbesse-
nerbetrieb David Längle geplant und Die Ölheizung wurde durch eine Grund- rungen, eine Gesamtsanierung
begleitet wurde. wasserwärmepumpe ersetzt, die in Kom- oder ein Ersatzneubau umgesetzt
bination mit einer PV-Anlage auf beiden werden. Im Rahmen unserer
Ein besonderes Augenmerk wurde auf Dachseiten die Fußbodenheizung tem- Sanierungs-VOR-Beratung führen
die ökologische Wärmeerzeugung und periert. Die Fassade bekam ein ökologi- wir die Gebäudeeigentümer*in-
die thermische Verbesserung des Gebäu- sches Wärmedämmverbundsystem mit nen durch den Entscheidungspro-
des gelegt. Das Gebäude wurde dabei in einer Holzfaserdämmung, die direkt zess. Dazu stehen uns über ein
der Grundsubstanz weitgehend belassen: verputzt wurde. Die Fenster wurden ver- Dutzend Architektinnen und Ar-
Das Dach wurde angehoben um Platz für größert und energetisch auf den Stand chitekten zur Verfügung, die die
ein Vollgeschoß zu bilden. Durch den der Technik gebracht. Ratsuchenden kompetent und
Einbau von großen Dachfenstern kommt sorgsam durch den Prozess be-
nun Licht in die hohen Räume. Im Erd- Die ehemalige Garage schließlich wurde gleiten. Details dazu unter
geschoß wurden Küche und Esszimmer aufgelassen und durch eine Doppelga- www.energieinstitut.at/svb
vereint um einen größeren Gemein- rage ersetzt, die die nun die überdachte
26
Technische Maßnahmen
— Außenwand/Gebäudehülle
Die Sanierung der bestehenden Ziegel-
wand erfolgte mit einem Wärmedämm-
verbundsystem mit flexibler Holzfaser- Die Sanierungsgalerie
zeigt, welche Potentiale
dämmung mit 20–22 cm (U-Wert
in einer Sanierung
0,15–0,20 W/m2K). stecken können.
— Fenster
Die Fenster wurden vergrößert und
neue dreifach verglaste Kunststoff-
fenster eingebaut (U-Wert 0,84 W/m2K).
Im Dachraum wurden große Dach-
flächenfenster eingebaut, sodass nun
Licht in die hohen Räume kommt.
— Energieversorgung
Die Ölheizung wurde durch eine Grund-
wasserwärmepumpe mit einer Bohr-
tiefe von 23,4 m ersetzt. Eine 6,3 kWp
PV-Anlage ist auf beiden Dachseiten
situiert.
27
Rettung für von Sabine Erber,
Energieeffizientes Bauen
die Südtiroler-
Siedlung
Die Projekte
Die Südtiroler-Siedlung in Bludenz wurde vor mehr als SüdSan Energie der Zukunft
1/22–12/24
80 Jahren errichtet und liegt seitdem fast unverändert Stadt der Zukunft, 8. Ausschreibung
28
In drei Ideenwerkstätten in der Sied-
lung werden mit den interdisziplinären
Teams und den Bewohner*innen zu-
kunftstaugliche Ideen gesammelt. Und
so könnte die Zukunft aussehen:
So könnte es in Zukunft
werden – eine visionäre
Ideensammlung
29
Ökologisch
Bauen geht
in SerieDie vorgefertigten Stampflehmelemente
der Firma Lehm Ton Erde in Schlins
30
von Ewelina Langer,
Ökologisch bauen
Sei es mit Lehm, Holz oder Stroh – das ökologische und gesunde Bauen trägt maßgeb-
lich zum Klimaschutz und zur Klimawandelanpassung bei. Dies ist einer der Gründe,
weshalb immer mehr Akteur*innen ökologisches Bauen zu ihrem Standard machen.
Durch die serielle Produktion und Stan- Kombination ist einfach, ohne Zusätze spielsweise könnte die regionale Pro-
dardisierung von ökologischen Bau- oder Bindemittel möglich und erhöht duktion von Holzwerkstoffen stark aus-
produkten und -lösungen lässt sich ein die Wärme- und Brandschutzqualität gebaut werden. Außerdem können der
Gebäude nicht nur kostengünstig und des Bauteils. Werden die Konstruktionen fast unbeschränkt verfügbare Baustoff
schnell errichten, sondern ist gleichzeitig vorfabriziert, reduzieren sich der Arbeits- Lehm und weitere lokale Rohstoffe wie
auch nachhaltig und gesund. aufwand und die Produktionskosten. Stroh stärker genutzt werden.
Warum ist das Welche Heraus- Die Vorteile der nachwachsenden und
gut und wichtig? forderungen gibt es? regionalen Rohstoffen haben bereits eini-
ge Vorarlberger Bauunternehmen, Pro-
Durch ökologisches Bauen in Serie, in Da die Verwendung von Lehm, Holz und dukthersteller*innen sowie Planer*innen
Form von vorgefertigten Elementen oder nachwachsenden Rohstoffen noch nicht erkannt und sich grundsätzlich dem
einem baulichen Standard, können Ar- die Regel ist, muss ein gewisses Anwen- ökologischen Bauen verschrieben. Wie
beitsaufwände sowie Verwaltungs-, Pro- dungswissen aufgebaut oder durch ent- das im Detail aussieht, veranschaulichen
duktions- und Errichtungskosten stark sprechende Fachpersonen eingebracht folgende drei Ansätze.
reduziert werden. Gleichzeitig steigt die werden. Auch der handwerkliche Arbeits-
Vielfalt der Anwendungen und Baulö- aufwand kann den Preis der Bauprodukte 1. Kostengünstig und
sungen. Die vielen Vorteile des ökologi- beeinflussen, fördert und stärkt aller- gesund Bauen mit Holz
schen Bauens werden damit massen- dings auch die regionale Wirtschaft. Zeit
tauglich und breit in der Bauwirtschaft und Mehraufwand benötigen anfangs Kostengünstiges und gesundes Bauen mit
anwendbar. Ökologisches Bauen zeich- auch die Entwicklung standardisierter Holz ist möglich. Ein Beispiel dafür be-
net sich unter anderem dadurch aus, Lösungen und die Erprobung von opti- findet sich in Altach in Form eines kom-
dass lokale Materialien und Bauproduk- mierten Produktionsprozessen. pakten Einfamilienhauses aus regiona-
te verwendet werden, was die regionale lem Fichtenholz. Das Gebäude zeichnet
Wertschöpfung und die Kreislaufwirt- Eine weitere Herausforderung sind
schaft stärkt. Nachwachsende Rohstoffe die Produktzulassungen für regionale
GWP-Total nach Gebäude-
400
variante (kg CO2 eq/m2)
(Nawaros) wie Holz speichern viel ökologische Bauprodukte, da sie für 300
200 387 371
Kohlendioxid (CO2). Zudem tragen sie zu viele kleine und mittelgroße Unterneh-
100
einem gesunden Wohn- und Lebensraum men aufwendig sein können. Denn die 0
bei. Mögliche Schadstoffbelastungen im Produkte müssen den EU-weit geregel- -100 -145
Innenraum können beispielsweise mit ten Normen entsprechen. Hierfür sind -200
Lehm oder Nawaros vermieden werden. Zertifizierungen und Nachweisführun- Stahlbeton Ziegel Holz-
WDVS WDVS leichtbau
gen erforderlich, die zeitintensiv und
Die unterschiedlichen ökologischen kostspielig sind. Regional verfügbare Vergleich des Globalen Erwärmungspotentials
(GWP Total) vom Baustilhaus mit herkömmli-
Materialien lassen sich auch sehr gut mit- nachhaltige Materialien sind resilient
chen Bauweisen in Ziegel und Stahlbeton, Bilanz-
einander kombinieren, wie etwa Holz, gegen Logistikengpässe und Preisstei- grenze 3, Betrachtungszeitraum 50 Jahre
Stroh und Lehmkonstruktionen. Die gerungen. Und es gibt Potential: Bei- (baubook eco2soft, 22.06.2022)
31
sich neben der Holzkonstruktion durch ein begrüntes Dach und
die Verwendung von schadstoffarmen Materialien aus. Dies be-
stätigt die „wohngsund“-Zertifizierung. Im Vergleich mit kon-
ventionellen Konstruktionen im gleichen energetischen Stan-
dard (Stahlbeton und Ziegel im Wärmedämmverbundsystem)
hat das Gebäude in Holzleichtbauweise ein wesentlich gerin-
geres Treibhauspotential. Die im Gebäude verwendeten Mate-
rialen, primär die Holzkonstruktion und die Zellulose-Wärme-
dämmung, binden sogar CO2 über ihre Lebensdauer.
Beim Baustil Musterhaus ist regionales Fichtenholz
das dominierende Material.
„Wir haben ökologisches und
gesundes Bauen ohne Mehrkosten Baustil-Haus, Altach
zum Standard gemacht und freuen uns
über viele zufriedene Kund*innen.“ — Einfamilienhaus mit 90 m2 Nutzfläche
— Holzleichtbau in Fichte aus der Region
— Gründach mit Photovoltaikanlage
Gerhard Müller, Müller Wohnbau
— wohngsund Zertifizierung
Das Bauunternehmen Müller Wohnbau setzt schon seit mehre- — Heizwärmebedarf (HWB): 45,2 kWh/m2a
ren Jahren auf Ökologie und Gesundheit. So werden alle Ge- — Oekoindex (OI3)*: 219 Punkte (Klasse A)
bäude nach dem Standard „wohngsund“ gebaut. Sie sind nach
dem Prinzip der Kreislaufbauweise konstruiert und können
jederzeit verändert oder rückgebaut werden (Bauweise ohne
Kleber, Folien und Schadstoffe). Die ökologische Umstellung er-
forderte lediglich anfangs etwas Aufwand. Seitdem entstehen
„Einzigartig an Lehm ist, dass das
keine Mehrkosten mehr. Mit der Baustil-Serie sind nun kosten-
Rohmaterial und das fertige Produkt
günstige und ökologische Wohnhäuser am Markt verfügbar.
ein und dasselbe ist und bis zu 100 %
wiederverwendet werden kann.“
2. Produktionsprozesse Martin Rauch, Lehm Ton Erde
* Oekoindex (OI3), Kennwert für die ökologische Qualität eines Bauteiles oder Gebäudes, wird aus dem Primärenergiebedarf an nicht erneuerbaren
Ressourcen (PENRT), dem Globalen Erwärmungspotential (GWP) und dem Versauerungspotential (AP) ermittelt.
32
Erden Werkhalle, Schlins
Denkwerkstätte, Hittisau
3. Ökologisch bauen und ballen gedämmt. Die Denkwerkstätte in Hittisau ist eine bei-
sanieren mit Stroh spielgebende Gebäudesanierung mit Stroh. Weitere Projekte
finden sich unter anderem in Egg, Andelsbuch und Dornbirn.
Ein weiteres Material, das klimagerechtes Bauen unterstützt,
ist Stroh. Stroh lässt sich einfach als Ballen in Holzständerkon- Wie komme ich zum
struktionen oder an die tragende Außenwand des Gebäudes ökologischen Haus?
stapeln. Die Ballen fallen als „Abfallprodukt“ bei der Ernte an.
Sie haben eine gute Wärmeleitfähigkeit (Lambda 0,45–0,55) Als Bauherrschaft müssen Sie Ihre Ansprüche an die ökologi-
und normale Brandschutzeigenschaften. sche Gebäudequalität bei den Architekt*innen oder Bauträgern
klar zum Ausdruck bringen. Empfehlenswert ist es, sich bei-
spielgebende Projekte und Ausführungen zeigen zu lassen und
„Es fasziniert mich immer wieder, die Standards für die Ausführung gemeinsam festzulegen. Eine
wie einfach Bauen mit ökologischen Qualitätskontrolle z.B. mittels einer „wohngsund“-Zertifizie-
Materialien aus der Natur ist.“ rung garantiert die schadstoffarme und dadurch ökologische
Georg Bechter, Bechter Architektur + Design
Bauweise.
Wie Holz und Lehm ist auch Stroh ein ökologischer Rohstoff,
mit dem sehr einfach gebaut werden kann. Das hat sich auch Weitere Tipps, Infos zu den genannten Projekten und zum
der Architekt und Designer Georg Bechter zu Nutzen gemacht Standard „wohngsund“ sowie hilfreiche Unterlagen wie zum
und sein neues Büro- und Werkstattgebäude mit einer Stroh- Beispiel „Ökologisch Bauen - der Wegweiser für kosten-
und Schilfdämmung versehen. Die ehemalige Scheue diente bewusste Bauleute“ finden Sie auf
einst selbst als Lager für Heu und ist nun mit ca. 650 Stroh- www.energieinstitut.at/max50
33
100 Gebäude
von Thomas Roßkopf-Nachbaur,
Energieeffizientes Bauen
und eine
rhetorische Frage
Kritische Stimmen meinen, die realen Verbräuche von 16,5 kWh/(m2WNFa) für den Energieträger
Strom (Wärmepumpe). Der mittlere End-
hocheffizienten Gebäuden wären in der Praxis nicht
energieverbrauchHeiz +WW der ausgewer-
besser als übliche Gebäude. Stimmt diese Behauptung? teten Mehrwohnungsgebäude liegt somit
ca. 25 % unter dem Verbrauch typischer
Die Auswertung von mehr als 100 Gebäuden gibt Klarheit.
Mehrwohnungsneubauten.
34
Die Emissionen der besten wärme-
Endenergie Heizung & Warmwasser in kWh/(m2 a)
100
pumpenbeheizten Mehrfamilienhäuser
80 liegen bei aktuellem Strommix (monat-
liche Konversionsfaktoren, Mittelwert
60
2014–2019) bei etwa 11 kg/m2WNFa. Bei
den für 2030 zu erwartenden spezi-
40
fischen Treibhausgasemissionen des
20 Verbraucherstroms, werden die besten
wärmepumpenbeheizten Gebäude Emis-
0
sionen im Paris-kompatiblen Bereich
001 NB
002 NB
003 NB
004 NB
005 NB
006 NB
007 NB
008 NB
009 NB
010 NB
011 NB
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018 NB
019 NB
020 NB
021 NB
022 NB
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024 NB
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026 NB
027 NB
029 NB
030 NB
032 NB
035 NB
036 NB
038 SAN
055 SAN
061 NB
066 NB
067 NB
070 NB
074 SAN
076 NB
077 NB
085 NB
089 SAN
091 NB
092 NB
(d. h. bis max. 6 kg/m2WNFa) erreichen.
Ähnliches gilt für die besten fernwärme-
LZE100 ID
beheizten Gebäude sowie für Sanierun-
Gas/Flüssiggas Wärmestrom Fernwärme Biomasse MW (NB + SAN) MW (nur NB) gen und Nichtwohngebäude.
Abbildung 1: Endenergieverbrauch für Heizung und Warmwasser pro m2 Nutzfläche nach Energie- Haupterkenntnisse
träger (MW = Mittelwert, NB = Neubau, SAN = Sanierung)
typischer Mehrwohnungsneubauten,
30
bei den besten Projekten sogar bis zu
25 50 %. Hocheffiziente Neubauten und
Paris-kompatibler Bereich
20 Sanierungen unterschiedlicher Gebäu-
15 dekategorien können mit marktverfüg-
baren Komponenten und Konzepten in
10
der Praxis weit niedrigere Energiever-
5
brauchswerte erreichen, als durch die
0
gesetzlichen Mindestanforderungen
001
002
003
004
005
006
007
008
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010
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074
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077
080
082
085
089
091
092
gefordert.
LZE100 ID
35
RENOWAVE.AT: Gastbeitrag
von Ulla Unzeitig
das neue
Innovationslab or
Sanierung
Das Innovationslabor für klimaneutrale Gebäude- und Quartierssanierungen ist seit
1. Jänner am Start. Das vom BMK/FFG geförderte Projekt soll Innovationen forcieren,
um Sanierungen einfacher, schneller und kostengünstiger umsetzbar zu machen.
Vision klimaneutrales Österreich 2040: torische Lösungen entstehen, um die können. Die Vision: Ganze Quartiere
Das geht natürlich nur, wenn der Gebäu- hochwertige Gebäude- und Quartiersa- sollen in Zukunft in kurzer Zeit auf ein-
debestand umfassend saniert wird. In nierung einfacher, kostengünstiger und mal saniert werden. Wer an dieser Vision
der Vergangenheit hat man die dafür er- rascher umsetzbar zu machen. mitarbeiten will, ist herzlich willkommen:
forderliche Sanierungsrate von 3 % noch RENOWAVE.AT ist eine Genossenschaft
nie erreicht. Woran lag das? In einem Das Innovationslabor ist bereits auf – alle, die an innovativen Sanierungs-
ersten OPEN LAB des neuen Innova- vielen unterschiedlichen Ebenen tätig: lösungen interessiert sind, sind einge-
tionslabors im Mai ist man dieser Frage Zwei neue Lehrgänge zum Thema „Nach- laden, der Genossenschaft beizutreten.
auf den Grund gegangen. Die Antworten haltige Sanierung und Heizungstausch“,
sind vielfältig: Oft wird abgerissen und direkt an Wohnbaugenossenschaften
neu gebaut, da es einfacher und unkom- und Hausverwaltungen adressiert, sind Gastautorin
plizierter ist. Fehlende Kompetenzen bei schon entstanden und teilweise abge-
den Verantwortlichen, Sanierungsmaß- halten. Laufend finden Veranstaltungen Ulla Unzeitig
nahmen beschränkten sich meist auf und OPEN LABs statt, oft im Rahmen ist Expertin für nachhaltige
Einzelmaßnahmen bzw. das Fehlen eines bereits gut eingeführter Kongresse. Architektur und Stadtplanung.
gesamtheitlichen Ansatzes sind andere RENOWAVE.AT unterstützt und berät Seit 1.1.2022 ist sie im Vorstand
oft genannte Gründe. bei Fördereinreichungen, die gezielt von RENOWAVE.AT, dem neu
Innovationen im Sanierungsbereich for- gegründeten Innovationslabor
RENOWAVE.AT baut auf diesen Tat- cieren und kooperiert mit Verbänden, für klimaneutrale Sanierung.
sachen auf und hat sich das Ziel gesetzt, um den Wissenstransfer in der Branche
eine unabhängige, bundesweite An- anzukurbeln.
sprechstelle für Innovationen im Sanie- Alle weiteren Infos unter
rungsbereich zu sein. Die große Aufgabe RENOWAVE.AT arbeitet zurzeit an Lö- www.renowave.at
ist es, Innovationen anzustoßen, damit sungen, um ganzheitliche Sanierungen Kontakt und Rückfragen:
neue technische, soziale und organisa- in einem großen Maßstab realisieren zu office@renowave.at
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Die Taxonomie-
Gastbeitrag
von Bernhard Lipp
Verordnung
Die EU-Verordnung über die Einrichtung eines Rahmens des GWP wird für alle Lebenszyklus-
phasen (Module A bis C) ermittelt. Be-
zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen – kurz Taxo-
rechnet werden kann das GWP mit dem
nomie-Verordnung – soll dabei helfen, die Wirtschaft nach- Online-Tool Eco2Soft www.baubook.at/
eco2soft.
haltiger zu gestalten und grüne Investments anzustoßen.
Klimaschutz im
Immobilienbereich
auf Warteposition
Eine nachhaltige Wirtschaftstätigkeit Klimaschutz nachweisen möchte, muss
muss dabei einen essenziellen Beitrag Primärenergiekennwerte (für die Be- Die Einführungsphase der EU-Taxono-
zu mindestens einem von sechs Umwelt- triebsenergie) einhalten, Luftdichtheits- mie fokussiert auf Datenerhebung und
zielen (siehe Abbildung) leisten bzw. und Thermografie-Messungen durchfüh- Offenlegungspflicht. Konkrete Ziele zur
darf sich nicht negativen auf die anderen ren und das Global Warming Potential Begrenzung der Treibhausgasemissio-
Ziele auswirken. Im Gebäudebereich (GWP) im Lebenszyklus des Gebäudes nen und verbindliche Absenkpfade feh-
liegt der Fokus dabei auf Investitionen in ermitteln (siehe Literaturhinweis). len für den Gebäudesektor derzeit. Das
Neubauten, umfassende Sanierungen so- IBO sieht daher dringenden Nachbesse-
wie im Erwerb oder Besitz von Bestands- Mit der in Österreich weit verbreiteten rungsbedarf in den technischen Bewer-
gebäuden. Ökobilanzmethode zur Berechnung des tungskriterien, die alle drei Jahre eva-
Oekoindex OI3 (www.baubook.at/ luiert und ergänzt werden sollen. Das
Ökobilanzieren oekoindex) ist diese Berechnung mög- Thema wird den Finanzsektor ebenso
für die EU-Taxonomie lich. Für die EU-Taxonomie ist die Bi- wie die Immobilienwirtschaft jedenfalls
lanzgrenze 6 heranzuziehen (gesamtes noch länger beschäftigen und die Nach-
Dabei gilt: Wer bei einem großvolumigen Gebäude inkl. Nebengebäude und Park- haltigkeit hoffentlich wirklich befördern.
Neubau einen wesentlichen Beitrag zum flächen auf dem Grundstück). Die Summe
Klimaschutz
Anpassung an Gilt ab Gastautor
Klimawandel 1.01.2022
Nachhaltige Nutzung
Wasserressourcen
Übergang zu
Kreislaufwirtschaft Gilt ab
Dr. Bernhard Lipp
1.01.2023
Vermeidung Umwelt- Schutz Ökosysteme ist Geschäftsführer des IBO –
verschmutzung & Biodiversität
Österreichisches Institut für
2. Keine erhebliche 3. Einhaltung des Standardisiertes Bauen und Ökologie GmbH.
1. Wesentlicher Beitrag Beeinträchtigung der Mindestschutzes Wissenschaft-basiertes
zur Verwirklichung anderen Umweltziele (Menschen- & Arbeits-
eines oder mehrerer
Umweltziele („do-not-significant- rechte, Antikorruption, Klassifizierungssystem
harm“-Prinzip) etc.)
zur Bewertung nach-
haltiger Wirtschafts-
4. Einhaltung technischer Bewertungskriterien tätigkeiten.
Weiterführende Literaturhinweise auf
Quelle: EU, BMK www.energieinstitut.at/max50
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Veranstaltungen
Ölheizung raus PV-Strom selbst Gebäude & Energie
– aber was rein? produzieren, speichern Basislehrgang
und nutzen
Ein kostenloser Infoabend für alle, die In unserem zertifizierten Lehrgang
Ihre bestehende Ölheizung ersetzen Warum macht es Sinn, mehr Strom eignen Sie sich alle notwendigen Grund-
möchten und auf der Suche nach der selber zu nutzen? Lohnt sich die An- lagen rund ums Thema „Energieeffizien-
passenden Alternative sind. Holen Sie schaffung eines Batteriespeichers? tes Bauen und Sanieren“ an. Sie lernen
sich Ihre produktneutrale Entschei- Ist das überhaupt wirtschaftlich und die bauphysikalischen Grundlagen und
dungshilfe bei der Heizungswahl und ökologisch sinnvoll? Wenn Sie Ant- berechnen die wichtigsten Kenngrößen
informieren Sie sich aus erster Hand worten auf diese Fragen möchten, wie U-Wert und Heizlast. Natürlich
über die aktuellen Fördermöglichkeiten. dann sind Sie genau richtig bei unse- kommen auch die Haustechnik, Strom-
rem kostenlosen Informationsabend! anwendungen, Kosten und Wirtschaft-
Termine: lichkeit nicht zu kurz.
24. November, 18:30 bis 20:00 Uhr Termin:
15. Dezember, 18:30 bis 20:00 Uhr 17. November, 18:30 bis 20:00 Uhr Kosten: 980,– Euro (MWSt.frei),
inkl. Kursunterlagen und
Online-Vortrag Online-Vortrag Kaffeepausenverpflegung
Termin: 23. Januar bis
10. Februar 2023
Fachforum Bauen für mehr 50 Einheiten in 2 Blöcken
Strom & Wärme Biodiversität Kursort: Energieinstitut Vorarlberg,
Dornbirn
Saisonale Wärmespeicherung, PV- „Mission possible: klimaneutral, resilient
Balkonanlagen, Blackout: Das sind und biodivers“ – so lautet das Motto der
die Themen bei der Herbstausgabe Energie Lounge 2022. Am dritten Abend
unseres Profitreffs. beschäftigen wir uns mit der Frage, wie
es gelingt, mit klimafitten Gebäuden für
Details,
Termin: mehr Biodiversität zu sorgen – oder um- ung und
Anmeld :
15. November, 13:30 bis 17:30 Uhr gekehrt. Termine t/
weitere stit t.a
u
w w.e n ergiein
w r
Online Termin: kalende
9. November, 19:00 bis 21:00 Uhr
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Wir sind das Energieinstitut Vorarlberg
Über den Mitgliedsbeitrag hinaus wird das Energieinstitut Vorarlberg von diesen Mitgliedern gefördert: