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Das Kunstmagazin der ZEIT

Nº96 Januar 2015  Seit 1930

Ankunft im Museum: Kraftwerk und die Kunst


Das

2015
Kunstjahr

en
Alle wichtign und
ge
Ausstellun ine
Term

€ 11,80 (D)
SFR 20,– (CH)
€ 13,– (A, I, LUX, NL) 4 190713 511804 96
4 190713 511804 96

Edgar Degas Der innovative Klassiker in Karlsruhe Vergoldete Bronzen Das Sammlerseminar
German Pop Die Frankfurter
über Schirn entdeckt die deutsche Malerei der Sixties wieder
© The Estate of Sigmar Polke, Cologne/VG Bild-Kunst, Bonn 2014
„F
Sigmar Polke
Für ein Rasterbild“ (Don Quichotte, Serie „.....H
Höhere Wesen befehlen“)), 1968

5.12.

8.3.
».....Höhere Wesen befehlen«
Arbeiten auf Papier
aus der Sammlung Frieder Burda

Unter den Linden 13/15, 10117 Berlin


10 – 20 Uhr, Mo Eintritt frei, deutsche-bank-kunsthalle.de
über
UNSER
TITELBILD
TITELBILD: Peter Boettcher; alle Bilder rechts: Peter Boettcher/Kraftwerk/Sprüth Magers

New York, London, Tokio, Paris und seit mehr als zwei Jahrzehnten so et-
demnächst Berlin: Die Konzerte von was wie der visuelle Chronist der
Kraftwerk in den vergangenen Jahren Band. Sie schenkt ihm absolutes Ver-
waren nicht nur musikalische Ereig- trauen und gewährt ihm exklusiven
nisse, sondern zugleich Highlights Zugang zu ihren Konzerten. Was
des weltweiten Kunstbetriebs. Die kein Wunder ist: Die Klarheit und
Idee, berühmte Museen wie das Schnörkellosigkeit von Boettchers
MoMA oder die Turbinenhalle der Bildsprache entspricht nahezu sym-
Tate Modern als Bühne zu wählen, biotisch dem künstlerischen Selbst-
ging perfekt auf und stellte die Düs- verständnis der Musiker.
seldorfer Elektroavantgardisten auf Begonnen hat diese Zusammen-
einen künstlerischen Sockel, der ih- arbeit 1991, damals fotografierte
rem Werk und dessen Einfluss absolut Boettcher für das in Köln erscheinen-
angemessen ist. Angelegt an das mu- de Musikmagazin »Spex«. Im Laufe
seale Konzept der Retrospektive führen die Musiker meist an acht der Zeit entstanden regelrecht ikonische Porträts, von denen Sie ei-
aufeinanderfolgenden Abenden ihre für sie relevanten Alben kom- nige in unserer Titelgeschichte ab Seite 22 sehen können. Für unser
plett auf. Ihr unverwechselbarer Sound mit Ohrwürmern wie »Auto- Cover haben wir ein Konzertfoto (»Trans Europa Express«) aus Tokio
bahn« oder »Das Model« ist dabei eingebettet in eine visuelle Show gewählt, wo Kraftwerk im Mai vergangenen Jahres im Akasaka Blitz
mit 3-D-Projektionen, die das Artwork der Band seit den 1970er-Jah- spielten. Die eindringlichen Momentaufnahmen dieser Shows sind
ren zitiert und in heutige Digitaltechnologien überführt. inzwischen auch in Ausstellungen zu sehen gewesen, etwa im Januar
Dass bei diesen Auftritten Bilder entstehen, die man selbst, 2013 im NRW Forum in Düsseldorf oder im November desselben Jah-
ohne zu zögern, als Kunstwerke bezeichnen kann, ist dem Können res in der Galerie Löhrl in Mönchengladbach. Dort kann man mit
von Peter Boettcher zu verdanken. Der in Köln lebende Fotograf ist etwas Glück noch eines der Motive erstehen. MATTHIAS EHLERT

3
INHALT
Kolumnen
10 Drei Wünsche S o wird h r
Islandbilder von Olafur Eliasson,
a s K u n s tj a
ein Flugzeug von Martin Assig d
und ein Globus im Miniformat 20 1 5
33
12 Die Marktfrau a b S e ite
Kunstsinn nach Kassenlage:
der Verkauf zweier Warhol-

Bilder: U. Brunzel/Museumslandschaft Hessen Kassel; Eek & Ruijgrok BV, Eindhoven; Kraftwerk, 2013/Courtesy Sprüth Magers
Werke durch die Westspiel

14 Heimliche Zwillinge
Ein anonymes Porträt von
Moretto da Brescia und der
bekannte »Tatortreiniger«

Eine Frage an die Kritiker


Was wünschen Sie sich
für das Kunstjahr 2015?

16 Hand des Meisters


Ein sehr persönliches Glitzern:
Wempes Metropolen-Ringe

Seite 18 Die großen Geschichten


22 Kunstkraftwerk 33 Wohin geht die Reise?
Die Musiker von Kraftwerk Unsere große Vorschau 2015 – mit
haben die digitale Zukunft den wichtigsten Ausstellungen,
vorweggenommen und Pop-Art internationalen Messen und
und Avantgarde zitiert. Heute spektakulären Neueröffnungen
ist das Museum ihre Bühne von Mailand bis Moskau

18 Was passt zu?


Peter Doig

20 Was haben Sie gesehen,


Herr Obrist?
Eine Stadt der Zukunft mit Start-
up-Kultur, junger Kunst und
einer internationalen Community

Seite 22
Agenda 94 Auktionen
Tribal Art, Alte Meister in New
New York, Dekorative Kunst,
78 Nachrichten Münzen, Medaillen und Antiquitäten
Ein Laserstein-Bild fürs Städel,
Crowdfunding für Jonathan 100 Automobil
Monk, neues Berliner Museum Kunst und Oldtimer in Singen
Bilder: Horst Kolberg/Konrad Klapheck/Artothek/Stiftung Museum Kunstpalast/VG Bild-Kunst, Bonn 2014; Bernd Borchardt/Norbert Bisky/VG Bild-Kunst, Bonn 2014; Ralph Gierhards Antiques/Fine Art, Düsseldorf

der Moderne, Nachlass Ute


Klophaus, Rückkauf eines 102 Bücher
Gemäldes von Hans von Marées Ein Bildband mit Naturfotografien
von Michael Schmidt. Und:
79 Personalien Bruce Nauman, Meissen, Syrien
Bernhard Maaz, Kate Bryan,
Christian Jankowski, Frank 104 Kunststück
Druffner, Corinna Otto und Christoph Müller über eine
Thorsten Strauß Landschaft von Joos de Momper

Seite 50 80 Ausstellungen
Gottfried Lindauers Maori-
46 Jeder lebt für sich allein Porträts in Berlin, Imi Knoebel
Eine Ausstellung in Karlsruhe in Wolfsburg, Bernini in
zeigt Edgar Degas als begnadeten Leipzig, Mark Dion, Norbert
Konstrukteur der Moderne Bisky, Kunst der Faltung und
»Victorian Obsession«
50 Jung! Geistreich! Sexy!
Fasziniert schauten deutsche 87 Messen
Künstler in den Sechzigern auf die Brafa in Brüssel, Stuttgarts
amerikanische Pop-Art. Ihre Antiquariatsmesse und
inspirierende Kraft zeigt die Schau die Antiquaria Ludwigsburg
»German Pop« in der Schirn
90 Schaufenster
57 Sammlerseminar »Das rote Männchen«
von Christian Rohlfs in
58 Vergoldete Bronzen der Galerie Utermann
Sie erzählen von Zeiten des
royalen Luxus. Heute sind die 92 Kunsthandel
klassizistischen Kandelaber und Der Berliner Kunsthändler
Vasen ein glänzendes Sammelgebiet Florian Karsch hat ein Buch
über sein Leben geschrieben
64 Glossar
ABC der vergoldeten Bronzen Seite 84

66 Service 109 weltkunst bei …


Ein Führer zu Institutionen, Talk zum »Münchner Kunstherbst«
Händlern und Auktionen bei BMW am Lenbachplatz und
Seite 57 die Vernissage mit Los Carpinteros
70 Macht der Schönheit im Museum Folkwang
Helena Rubinstein liebte Kosmetik
ebenso wie eigenwillige Kunst 114 Thurn und Taxis Fragebogen
Adeline de Monseignat
74 Stilkunde über ihr Buenos Aires
Siegburger Steinzeug

6 Editorial
8 Impressum
9 Mitarbeiter des Monats
113 Vorschau

5
EDITORIAL

Liebe Leserinnen,
liebe Leser,
was bringt das neue Jahr? Jede Menge vielver-
sprechender Kunstereignisse! Mit unserer gro-
ßen Vorschau wollen wir Ihnen Lust machen,

Bilder: Wolfgang Stahr; National Gallery of Art, Washington, Samuel H. Kress Collection
daran teilzuhaben: vom Start in das Van-Gogh-
Jahr im belgischen Mons, das zugleich neue
europäische Kulturhauptstadt ist, bis zur Eröff-
nung des Prunksaals im Potsdamer Neuen Pa-
lais. Auch alle wichtigen Messetermine haben
wir notiert, damit Sie 2015 frühzeitig planen
können. Bei manchem, wie etwa der Eröffnung dem Florentiner Renaissancekünstler sehen Sie
von Renzo Pianos neuem Whitney Museum of übrigens hier einen kleinen Vorgeschmack aus
American Art in New York, stand allerdings bei der fabelhaften Samuel Kress Collection. Die
Redaktionsschluss der genaue Termin noch rätselhafte Allegorie, auf der ein Engel mit Myr-
nicht fest. Baustellen eben! Wer in Berlin lebt, tenzweig einen wilden Hengst an einem Faden
weiß, wovon die Rede ist. hält – und das auf einer winzigen Insel! – wirkt
Zu Weihnachten wünsche ich mir übri- auf mich wie ein Traumbild.
gens einen fliegenden Teppich, nicht nur, damit Ich freue mich, dass wir unser Titelthema
ich mühelos über die vielen Baustellen im Berli- Kraftwerk im Duett mit dem zeitmagazin ge-
ner Straßenverkehr hinweggleiten kann, son- stalten konnten, das sich am 23. Dezember eben-
dern auch für die zahlreichen Reisen im nächs- falls den Elektropionieren aus Düsseldorf wid-
ten Jahr, von der Biennale in Venedig zur Art met. Wir beleuchten in unserer Titelgeschichte
Basel oder zur Ausstellung von Piero di Cosimo die vielfältigen künstlerischen Hintergründe
in der National Gallery in Washington. Von dieser Band, die mittlerweile von einer Galerie
vertreten wird und längst im Museum ange-
kommen ist. Anfang Januar treten Kraftwerk an
neun Abenden in der Neuen Nationalgalerie
in Berlin auf – die Tickets waren schon nach we-
nigen Minuten ausverkauft. Falls Sie zufällig
noch ein Last-Minute-Weihnachtsgeschenk
brauchen, möchte ich Ihnen ein Abonnement
der weltkunst ans Herz legen. Damit haben Sie
und Ihre Lieben jeden Monat die schönste und
interessanteste Kunst vor Augen.
Besinnliche Feiertage und ein friedliches
neues Jahr wünscht Ihnen

Ihre Lisa Zeitz


Chefredakteurin

6
Heiliger Gregor und heiliger Nikolaus
Österreich, der Schwanthaler-Werkstatt in Ried/Innkreis zugeschrieben, um 1720.
Linde geschnitzt und gefasst, mit originaler Blattversilberung und -vergoldung.
Höhe mit originalen Sockeln 94 cm.
www.zeitkunstverlag.de 
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der deutschen Kunsthändler. Sie ist das Leitmedium
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MITARBEITER
DES MONATS
Boris Pofalla
Als Autor interessieren ihn Kunst und Rei-
sen, und manchmal überschneiden sich
beide Themen. Wie bei seinem Bericht
über die Maori-Porträts von Gottfried
Lindauer (S. 80), die derzeit in der Alten
Nationalgalerie in Berlin gezeigt werden.
Bilder: Staatliches Museum Schwerin; Evan Timpy; Jochen Seelhammer/Köln

Der 31-Jährige, der u. a. für die Frankfurter


Allgemeine Sonntagszeitung schreibt, hat
sie sogar schon in ihrer Heimat Neusee-
land gesehen, wohin er gerne reist. Doch
dafür ist gerade wenig Zeit, im Frühjahr
erscheint Pofallas erster Roman »Low«.

Christoph Müller
Es fing vor 27 Jahren durch Zufall an. Da stand Christoph Müller
in der Mitte seines Lebens und sah auf einer Münchner Kunstmes-
se eine »Musizierende Gesellschaft« von Antonie Palamedesz. Die
Sammellust war entfacht, und in der Folgezeit trug er eine der in-
teressantesten Privatsammlungen niederländischer Alter Meister
zusammen. 2013 schenkte er sie dem Museum Schwerin – und uns
nun ein »Kunststück« über einen seiner geliebten Flamen (S. 104).

Oliver König
In seinem Kölner Kunsthandel mit Schwerpunkt auf klassi-
zistischer Raumkunst und antiken Uhren, aber auch als ver-
eidigter Sachverständiger hat Oliver König schon zahllose
kostbare Objekte aus feuervergoldeter Bronze in den Hän-
den gehabt, die um 1800 sehr viel teurer waren als heute.
»Mich fasziniert die überragende Qualität gerade der Pariser
Stücke und ihre Individualität«, erklärt König seine Leiden-
schaft. So mussten wir ihn nicht lange überreden, für das
Sammlerseminar (S. 57) seine Kennerschaft mit uns zu teilen.

9
DR E I W Ü N SC H E

Sie finden die Kunstmarktpreise oft schwindelerregend?


Wir stellen Ihnen Objekte für unter 10 000 Euro vor

2500  €

Über dem Wasserspiegel


Das Ursprungsfoto zu »Contact is content at Seljalandsfoss«

Bilder: Olafur Eliasson/Distanz Verlag, Berlin; Holger Priess Galerie, Hamburg/VG Bild-Kunst, Bonn 2104; Kunstkammer Georg Laue, München
nahm Olafur Eliasson 1996 in Island auf. Entstanden sind
nun zwei Farbdrucke, die einander spiegeln. Der Berliner
Distanz Verlag (Tel. 030 240833200) bietet den Rorschachtest
in einer 100er-Edition an, zusammen mit einem Bildband.

2800 €
Aus den Wolken gefallen In die Tasche gesteckt
Martin Assigs Serie »St. Paul« entstammt der verspielte Einen Durchmesser von 9 Zentimetern hat die Welt
Doppeldecker. Der in Berlin und Brädikow lebende Maler, in diesem Taschenglobus, den Nicolas Lane 1818 aus
der die antike Technik der Enkaustik verwendet, wird Pappmaché fertigte. Öffnet man das Etui, hält man
von der Hamburger Galerie Holger Priess (Tel. 040 89064721) nicht nur die Erde, sondern auch den Himmel in Hän-
vertreten. Dort haben wir auch diese Arbeit entdeckt. den. Kunstkammer Georg Laue (Tel. 089 27818555).

9800  €
galerie-schueller.de

Marc Chagall
Le Peintre dans son atelier, 1976
34,9 x 27,4 cm
Tempera, Pastell- und Wachskreide, Bleistift auf Velin
rechts unten signiert

Bildausschnitt
tt,
t Marc Chagall © VG Bild-Kunst Bonn 2014

Klassische Moderne Süddeutsche Malerei


Marc Chagall Arnold Balwé
Alexej von Jawlensky Elisabeth Balwé-Staimmer
Béla Kádár André Brasilier
Ernst Ludwig Kirchner Otto Dill
Paul Klee Constantin Gerhardinger
Max Liebermann Alexander Koester
August Macke Max Lacher
Helmuth Macke Oskar Mulley
Jeanne Mammen Paul Matthias Padua
Franz Marc Otto Pippel
Paula Modersohn-Becker Leo Putz
Gabriele Münter Julius Seyler
Hermann Max Pechstein Alfons Walde
Hans Purrmann
Christian Rohlfs
Marianne von Werefkin
DI E M A R K T F R AU

Kunstsinn nach Kassenlage


Wehret den Anfängen: Der umstrittene Verkauf der beiden Warhol-Werke
durch eine landeseigene Spielbank sollte ein Einzelfall bleiben

Bilder: Paula Modersohn-Becker/Museen Böttcherstraße, Paula Modersohn-Becker Museum, Bremen, Dauerleihgabe der Bremer Spielcasino GmbH &. Co. KG; Pablo Castagnola
E
s waren düstere Wochen für Auch in Kasinobesitz, aber als Leihgabe mehr 0,3 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt
die Kunst in Nordrhein-West- im Museum: Paula Modersohn-Beckers ausmacht, manifestiert ein tiefes Desinteres-
falen. Trotz heftiger Proteste »Häuser, Birken und Mond« (1902) se und eine Kulturpolitik, die über Sonntags-
von Fachwelt und Öffentlichkeit ließ der Ka- reden kaum hinausgeht.
sinobetreiber Westspiel kürzlich zwei hoch- denen Kunst (Pflege, Restaurierung, Versi- Um der Erosion Einhalt zu gebieten,
rangige Warhols versteigern. Westspiel, eine cherung, Lagerung) nachgedacht. müssen, so schnell es geht, sämtliche Kunst-
hundertprozentige Tochter der landeseige- Denken Sie jetzt, ich verurteilte es, werke erfasst werden, die in indirektem Be-
nen NRW-Bank, nahm 80,6 Millionen Dollar wenn kunstfördernde Unternehmen ihre sitz der Länder sind. Denn sinnvoll über
ein. Christie’s hatte die Pop-Ikonen aber für hochkarätigen Werke auf den Markt bringen, Sparmaßnahmen und Notopfer kann nur
151 Millionen Dollar versteigert. Westspiel weil das Unternehmen Liquidität benötigt? entscheiden, wer einen Überblick hat. Dass
hatte die niedrige Garantiesumme dem frei- Keineswegs, wenn es sich um eine Firma auch die Westspiel die Signale verstanden hat,
en Spiel der Kräfte vorgezogen und erhielt so handelt, die allein ihren Shareholdern ver- zeigt sich in dem von ihr betriebenen Kasino
von den mehr eingenommenen Millionen pflichtet ist! So wie es bei dem im Umbruch Bremen. Das hatte vor Jahrzehnten zwei Ge-
nur einen vertraglich festgelegten Teil. Auk- befindlichen Energieunternehmen Eon der mälde von Paula Modersohn-Becker finan-
tionshäuser zahlen übrigens bei erfolgreicher Fall war. Dass Pollocks »Number 5« aus der ziert, die als Leihgabe im Bremer Paula Mo-
Vermittlung eines Topobjekts auch business Eon-Sammlung durch Christie’s für 11,4 Mil- dersohn-Becker Museum hängen. Auch dort
getting fees von mindestens einem Prozent. lionen Dollar versteigert wurde, bleibt be- will man verkaufen, aber immerhin so, dass
Wer wohl aus dem Kreis der Berater und An- dauerlich, aber nachvollziehbar. die Bilder weiterhin im Museum bleiben
wälte ließ sich eine Million oder mehr an Das Problem liegt bei Einrichtungen, können. Bremen zeigt, wie wichtig die mu-
Vermittlungsgebühr gutschreiben? hinter denen der Staat steht. Denn Deutsch- seale Anbindung beim Schutz von Kunst ist.
Auf Westspiel folgten kurz danach Por- land schützt Kunst und Kultur eigens im Nix für ungut, Ihre Marktfrau ×
tigon, Rechtsnachfolger der abgewickelten Grundgesetz. Wir Kritiker schlagen gemein-
West LB, und der WDR – beide haben um- hin den Sack und meinen den Esel. Das gra- Susanne Schreiber
fangreiche Sammlungen. Weil die Stim- vierende Problem hinter Firmen, die Kunst- ist Redakteurin des
mung gerade Kunstsinn nach Kassenlage förderung als einen Hop-on-Hop-off-Bus Handelsblatt und betreut
möglich macht, wird von den Kassenwarten begreifen, ist der Rückzug des Staates aus dort seit vielen Jahren
laut über die Liquidierung der lästig gewor- diesem Bereich. Ein Kulturhaushalt, der nur den Kunstmarkt

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Unbekannter Bärtiger Bjarne Mädel

Welche Informationen hält der Unbekannte, den Moretto da Brescia


um 1520 porträtierte, in der Hand? Bjarne Mädel, der als »Tatort­
reiniger« aus dem deutschen Fernsehen bekannt ist, könnte es gewiss
herausfinden. Wenn er nur einen Hausdurchsuchungsbefehl
für das Metropolitan Museum hätte, wo sein Alter Ego zu sehen ist!
Falls Sie Doppelgänger entdecken: bildredaktion@weltkunst.de

K R I T I K E R F R AG E

Was wünschen Sie sich für das Kunstjahr 2015?

Samuel Herzog Kia Vahland Niklas Maak Lindsay Pollock Hanno Rauterberg
Neue Zürcher Zeitung Süddeutsche Zeitung Frankfurter Allgemeine Zeitung Art in America DIE ZEIT

Mehr Abenteuer! Ich wünsche mir Kunst, die Eine große Retrospektive Für 2015 erhoffe ich mir, Neuerdings sind für die
relevant ist und berührt, für Renée Gailhoustet. dass mehr Menschen Skandale ja nur noch
Künstler, die bei sich Einen neuen Rothko. Ein qualitätvolle Kunstkritik Fälscher, Berater, Diebe
bleiben, anstatt sich ganz Berliner Stadtschloss von schätzen und zu Rate zuständig. Wo bitte bleibt
dem Markt hinzugeben Sanaa. Eine Installation von ziehen – anstatt sich darauf der gute alte Künstler­
– und eine Debatte, die das Tomás Saraceno, die den zu verlassen, dass der skandal? Den wünsche ich
fördert und trägt. neuen Berliner Pannenflug­ Markt entscheidet, was gut mir ganz dringend.
hafen füllt. und wichtig ist.

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Ein sehr persönliches Glitzern


Diamanten sind nicht immer a girl’s best friend: Eine Kollektion skulpturaler Ringe
von Wempe entzündet ein Feuerwerk aus sorgsam ausgesuchten Farbsteinen

erausragender Schmuck hat spiel wirken lassen. Moder- nicht nur mit Diamanten in

H immer mit herausragenden


Steinen zu tun. Und um die
richtigen zu finden, braucht es
ner Schmuck bedient sich
aller Töne, die sich bei Edel-
steinen finden lassen. Dieser
sechs verschiedenen Schliffen,
sondern auch mit 19 grünen
Turmalinen und fünf blau-
viel Erfahrung. Es gilt jeden Stein nach Fär- Trend kommt Traditionshäu- en Topasen. Mit diesen
bung, Reinheit, Größe und Herkunft zu be- sern sehr entgegen, deren Speziali- Edelsteinen soll der Glamour
werten. Somit ist der Einkauf, zum Beispiel tät es ist, besondere Steine für besondere der Stadt und der Glanz der Wolkenkratzer
auf den Börsen in Antwerpen, für Juweliere Schmuckstücke zu finden. in Kontrast gesetzt werden zu den Parks mit

Bilder: Matthias Hoffmann/Wempe; Dominik Gigler/Wempe (3); Michael Biedowicz


so wichtig wie für einen Koch der Gang in Der Hamburger Juwelier Wempe hat ihren sanften Bachläufen.
die Großmarkthalle. nun eine exquisite Kollektion von skulptura- Überhaupt ist es eher eine Traumreise
Lange konzentrierte sich die Aufmerk- len Ringen vorgelegt. Catherine Plouchard, um die Welt, die diese Schmuckkollektion
samkeit vor allem auf Diamanten. Ein begeh- die Designerin des Traditionshauses, hat ermöglicht. Die Designerin hat die Gefühle
renswertes Schmuckstück sollte glitzern wie zwölf große Ringe vorgestellt, die verschie- gesucht, die Menschen mit diesen Orten ver-
die Colliers der Callas im Rampenlicht. Und denen Weltstädten und Regionen gewidmet binden. Es ist gewissermaßen eine Welter-
da ein Diamant zu allem zu passen schien, sind. Dabei werden nicht etwa entscheiden- kundung von innen. Eine sehr persönliche
war er stets die erste Wahl. Bei Farbsteinen de Bauwerke einer Metropole dargestellt, Reise also, vielleicht die einzig adäquate Art
hingegen ist Individualität gefragt. Seit Frau- sondern es wird die Atmosphäre eingefan- und Weise, wie man heute noch die Welt er-
en sich öfter ihren Schmuck selbst kaufen, gen. Verschiedene Attribute, die den Geist ei- kunden kann. Denn alles auf diesem Plane-
rückt wieder solcher in den Fokus, bei dem ner Stadt ausmachen, werden gewisserma- ten ist schon abgelichtet und vermessen, es
nicht nur Diamanten auftrumpfen, sondern ßen um den Finger gewickelt – und in Steine ist jedoch längst nicht alles erfühlt.
Turmaline, Topase und Rubine ihr Farben- übersetzt. So leuchtet der Ring »New York« Die Steine der Kollektion wiederum
sind sehr besonders. So wurden zum Teil Ru-
bine aus historischen Beständen verarbeitet,
weil sie in der gewünschten blutroten Quali-
tät auf dem Markt nicht mehr erhältlich sind.
Bei Farbsteinen ist der Markt wesentlich vo-
latiler als bei Diamanten. Man kann ihren
Wert nicht einfach in Reinheit und Härte be-
messen. Stattdessen sind die Farbintensität
und der individuelle Ton entscheidend. Man-
che Steine sind nur für kurze Zeit erhältlich
– sie müssen spontan eingekauft werden und
warten dann lange darauf, bis das Schmuck-
stück entworfen wird, in dem sie richtig zur
Geltung kommen. So baut Catherine Plou-
chard auf viele Jahre perfekten Einkauf,
wenn sie eine Kollektion von Einzelstücken
wie jetzt »Cosmora by Kim« entwirft: ein
Feuerwerk aus großartigen Steinen. Ein Glit-
zern der besonderen Art, gegen das der
Glanz von Brillanten unterkühlt wirkt wie
das Herz der Eiskönigin. ×

Für die Kollektion »Cosmora by Kim« ließ Tillmann Prüfer ist Style
sich die Wempe-Kreativdirektorin Catherine Director des ZEITmagazin.
Plouchard von elf Weltmetropolen und Er stellt hier jeden Monat
der Route 66 inspirieren. Ganz o. der Ring herausragende Leistungen der
»San Francisco« mit Flower-Power-Anklängen Handwerkskunst vor

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Peter Doig

Bilder: Peter Doig/All Rights Reserved/VG Bild-Kunst, Bonn 2014; Hermès, Paris; Eek & Ruijgrok BV, Eindhoven; Alcarol Lab, Belluno; Susanne Kaufmann, Bezau; Søren Rose Studio, New York
5

Ein Weltbürger ist der schottische Maler Peter Doig, der in Trinidad,
London und New York lebt, seine melancholischen Bilder atmen
die Einsamkeit der Fremde. Die Basler Fondation Beyeler zeigt bis
22. März eine Retrospektive, darunter »Blotter« von 1993
4

2
3

1 Gegen das Zittern 2 Stuhl mit Erinnerung 3 Gipfeltische 4 Mit den Augen riechen 5 Wetterleuchten
Doig scheut weder Kälte In Doigs Gemälden malt In den 90ern malte er eine Für die Leuchtkraft Trotz düsterer Landschaft
noch Strapazen, um seine die Zeit mit. In dem ganze Serie mit Ski- und seiner Farben verwendet schillern Lichtflecken
Motive zu finden. Oft die- Stuhl von Piet Hein Eek Schneemotiven. Seine der Künstler Lavendelöl aus seinen Farbwelten.
nen ihm eigene Fotografien steckt das Leben eines Bilder wirken wie Moment- als Bindemittel. Das Badeöl Hängeleuchte Søren Rose
als Vorlage. Die Kaschmir- unbehandelten Holz- aufnahmen vom Ende mit Lavendel und Rosma- Studio (Preis auf Anfrage).
wolldecke »Avalon« von stamms, er entwarf ihn in der Welt. Beistelltische von rin von Susanne Kaufmann
Hermès kostet 995 Euro. diesem Jahr (750 Euro). Alcarol, 3000 Euro. kostet 22 Euro. Redaktion: Inga Krieger

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Birmingham, wo die Start-up-Kultur, eine junge


Kunstszene und die internationale Community

Bilder: Stuart Whipps/Courtesy Ikon Gallery, Birmingham; Stuart Whipps/Rafal Zar, „Old Hill Uprising 2014“/Courtesy of Eastside Projects; Amit Lennon Photography/Courtesy Deutsche Bank; Milena Carstens; Illustration: Andrea Ventura
fruchtbare Allianzen bilden. Eine Stadt der Zukunft!

Hans Ulrich Obrist


ist Kurator für zeitgenössische Kunst und
leitet die Serpentine Gallery in London

Was haben Sie gesehen, Herr Obrist? etwa die EASTSIDE PROJECTS (2) besucht, eine Ja, mit ihrer Uhreninstallation »The Arc
In London, wo ich seit vielen Jahren Mischung aus Kunsthalle, Labor und Buch- of a Day«. Die Deutsche Bank hat ja das von
lebe, gibt es eine merkwürdige psychologi- verlag. Gezeigt wurden Arbeiten von Rafal Anton Stankowski entwickelte Logo …
sche Grenze: Man reist eigentlich nie in an- Zar und Joane Masding. Dann gibt es den Stu-
dere englische Städte. Nehmen Sie zum Bei- diokomplex Minerva Works und die seit … der berühmte Schrägstrich im Quadrat.
spiel Birmingham, das nur eine Stunde Jahrzehnten existierende und international Ich bin Stankowski übrigens vor Jahren
entfernt ist. Es würde für viele Londoner ge- bedeutende IKON GALLERY (1) unter Direktor in Stuttgart begegnet, da war er schon Ende
nauso lange dauern, von Ost- nach Westlon- Jonathan Wattkins. Zurzeit ist dort die Aus- achtzig, ein bedeutender Designer der deut-
don zu fahren. stellung von Imran Qureshi zu sehen, die schen Nachkriegsmoderne. Raqs jedenfalls
vorher in der Kunsthalle der Deutschen Bank haben sein Logo aufgegriffen mit Uhren und
Warum sollte man Birmingham besuchen? in Berlin war. Alles zusammen trägt zu einer Uhrzeiten aus den verschiedensten Städten
Jonty Claypole, der Head Of Arts der großartigen Aufbruchsstimmung bei. rund um den Globus. Nur eine Uhr tickt an-
BBC, hat mich vor Kurzem dorthin eingela- ders: Die Rummige-Uhr bricht aus dem
den, weil er es für die Stadt der Zukunft hält, Was macht diese Stimmung aus? Schrägstrich aus.
auch wegen der neuen digitalen Kultur dort. In Birmingham leben Gemeinschaften
aus der ganzen Welt, die Internationalität Rummige, was bedeutet das?
Das hat Sie neugierig gemacht. spiegelt sich auch in der Kunst. Dazu kommt Das ist eine fiktive, utopische Stadt des
Allerdings. Wir haben die Fazeley Stu- eine starke Literaturszene. Zu ihr gehört das britischen Autors David Lodge, dort läuft die
dios besucht, wo viele Start-ups sitzen, auch indische RAQS MEDIA COLLECTIVE (3), das gera- Uhrzeit rückwärts. Lodge hat Rummige in
die BBC mit ihrem Projekt The Space, das de in der Deutsche-Bank-Filiale in Birming- den Sechzigern auf der Basis des realen Bir-
digitale Kunstarbeiten online präsentiert. ham eine erstaunliche Arbeit installiert hat. mingham erfunden. Es ist die Vorstellung ei-
Gleichzeitig gibt es in der Stadt eine junge, ner Art »Spiegel-Zeit«, einer anderen Welt,
dynamische Kunstszene, die sich um den Ku- Sie hatten den Auftrag bekommen, die Ein- die neben unserer existiert. Raqs bringen das
rator Gavin Wade entwickelt hat. Ich habe gangshalle der Bank zu gestalten. fiktive Rummige in das reale Birmingham
zurück und stiften so Verwirrung. Mich hat
das an die Fischli/Weiss-Hotel-Ausstellung
erinnert, die wir 1993 gemeinsam gemacht
haben. Fischli/Weiss hatten am heißesten
Tag des Jahres, im Juli, eine Stunde Radio
aufgezeichnet – die Ausstellung ging in den
Oktober rein. Die Radioaufzeichnung lief im
Loop, und die Besucher waren verwirrt über
die falschen Uhrzeiten, sind rausgestürmt,
weil sie dachten, sie hätten ihren 16-Uhr-Ter-
min verpasst. So ist das nun auch in Rummige,
1 pardon, Birmingham.

Und was beschäftigt Sie derzeit außerhalb


der Kunstwelt?
Durch meinen Besuch entdecke ich ge-
rade David Lodge als Schriftsteller neu, kann
ich nur weiterempfehlen. Lodge wird übri-
gens im Januar 80 Jahre alt. ×

Christoph Amend, Herausgeber


der WELTKUNST,
befragt Hans Ulrich Obrist
2 3 jeden Monat nach seinen
Entdeckungen in der Kunst

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22
KUNST
KRAFT
WERK

Die Musiker von Kraftwerk


haben in ihrer Kunst die digitale
Zukunft vorweggenommen
und dabei Pop-Art und frühe
Avantgarde zitiert. Heute sind sie
längst Klassiker – und
das Museum ist ihre Bühne

VON FOTOS
KOLJ A R E IC H E RT P E T E R B OE T T C H E R

23
KR AFTWERK

W
Was ist das für eine Stimme? Ohne jede Spur
eines menschlichen Körpers, metallen wie
ein zündender Motor, presst sich mit immer
Pop-Avantgarde aber selbstbewusst ab; wie
auch eine spätere Anfrage Michael Jacksons.
Kraftwerk sind die einflussreichste kontinen-

Bilder: CNAC­MNAM/bpk/Hans Richter Estate; Fine Art Images/Superstock/Interfoto; Peter Boettcher; vorige Doppelseite: Kraftwerk/Courtesy Sprüth Magers
neuem Anlauf ein Wort durch die Lautspre- taleuropäische Pop-Band aller Zeiten, auch
cher: »Au-tooo-baaahn.« viele bildende Künstler wie Mark Leckey,
Und was ist das für Musik? Blechern pu- Marc Camille Chaimowicz oder Thomas
ckernde Rhythmen, quecksilbrige Klangflä- Demand zeigen sich von ihr geprägt.
chen, lang sich dehnende kosmische Silber- Und nun erobert die Band das Museum.
fäden. Keine Gitarre, kein Schlagzeug, nur Als sie 1997 zur Eröffnung des Kunst- und Me-
Synthesizer, wie man sie vielleicht aus Neuer dienzentrums Karlsruhe spielten, wunderte
Musik oder Fernsehkrimis kannte, aber nicht sich noch niemand. Doch seit einem Auftritt
aus der Popmusik. auf der Venedig-Biennale 2005 kamen Kraft-
Heute, lange nach Madonna, Michael werk zunehmend die Weihen bildender
Jackson, Depeche Mode und Cher, ist die All- Kunst zu. 2011 spielten sie im Lenbachhaus
gegenwart synthetischer Musik und compu- und zeigten dort eine Ausstellung mit den
termanipulierter Stimmen selbstverständlich. 3-D-Projektionen, die bei Konzerten zum
Doch 1974, als mit »Autobahn« von Kraftwerk Einsatz kommen. 2012 führten sie acht ihrer
das erste voll elektronisch eingespielte Pop- Alben in einem Zelt des MoMA-Ablegers PS
Album erschien, war das ein Tabubruch, ein 1 auf, 2013 in der Kunsthalle Düsseldorf. Zu-
Affront gegen ehrliche, authentische Rock- letzt weihten sie Frank Gehrys Neubau für
musik. Deren Entäußerung innerer Hitzezu- die Fondation Louis Vuitton ein. Und im Ja-
stände stellte die Band aus Düsseldorf einen nuar werden Kraftwerk an acht aufeinander-
neuen ästhetischen Entwurf entgegen, soni- folgenden Abenden je eins ihrer Alben in der
sche Verhaltenslehren der Kälte: radikal Neuen Nationalgalerie Berlin aufführen.
künstlich und betont deutsch. Was passiert, wenn eine Band im Muse-
Gerade die einheimische Presse war sich um spielt? Wo der Besucher sonst sein eigener
1974 weitgehend einig, dass es sich bei den Choreograf ist, der entscheidet, wie lange er
vier »Knöpfchendrehern« nicht um Musiker sich in welches Werk vertieft, ist er hier mit
handelte. In den USA dagegen schrieb der der Technik synchron geschaltet und wird
Rolling Stone, »Autobahn« sei der radikalste durch seine 3-D-Brille Teil einer immersiven
Song seit Elvis Presleys »Heartbreak Hotel«. Multimediashow. In der Neuen Nationalga-
Und als Kraftwerk mit ihrer teutonisch-indus- lerie soll sogar eine 3-D-Soundanlage zum
triellen Tanzmusik durch die Staaten tourten, Einsatz kommen, mit der die Band genau
irreführend beworben als »The Beach Boys kontrollieren kann, an welcher Stelle im
from Germany«, erklang ihr Song auf jedem Raum wann welcher Klang ertönt. Zugleich
Highway aus dem Radio. Ein paar Jahre spä- aber gilt: Wenn es Popmusik gibt, die in
ter, als Afrika Bambaataa 1982 über den Elek- Brecht’scher Tugend fortwährend Distanz zu
trofunk von Kraftwerks Stück »Trans Europa sich selbst herstellt, dann sind es die entsub-
Express« rappte, tanzten schwarze Jugendli- jektivierten Harmonien von Kraftwerk. Wenn
che in New York zu den harten Klängen aus es eine Band gibt, die in konzeptueller Schär-
dem Ruhrgebiet Breakdance. Und in Detroit fe und ständiger Reflektion ihrer Mittel in die
ließen DJs Kraftwerk-Songs in Schleife laufen, Nähe bildender Kunst rückt, dann diese.
Rückbesinnung auf die Ästhetik der Zwan­
womit die scheuen Düsseldorfer zu Grün- Das verblüfft in seiner Schlichtheit bis
zigerjahre: Filmstreifen von Hans Richters
dungsvätern nicht nur von Hip-Hop, sondern »Rhythmus 21« von 1921, darunter eine heute: Während sich Rocksänger auf der
auch von Techno wurden. Lithografie von El Lissitzky (1922). Re. ein Bühne verzehrten, brachten Kraftwerk das
Iggy Pop hörte zum Einschlafen Kraft- Auftritt in Paris 2014. Vorige Seite: »am Publikum in Wallung, indem sie, geschminkt
werks »Geigerzähler«. David Bowie ließ sich heimcomputer sitz ich hier und programmier wie Stummfilmdarsteller und in Anzügen,
von »Radio-Activity« dazu inspirieren, dem die Zukunft mir«, eine Textzeile aus dem ihre Bewegungen auf ein Minimum redu-
Gitarrenrock den Rücken zu kehren und Jahr 1981 – Kraftwerk beschrieben unsere zierten. Stoisch bedienten sie ihre teils eigens
Synthesizer einzusetzen. Eine Einladung digitalisierte Welt, bevor sie existierte entwickelten Instrumente wie Techniker im
Bowies, gemeinsam auf Tour zu gehen, lehn- Maschinenraum. Als sie über »Schaufenster-
ten die neuen Helden der internationalen puppen« sangen, ließen sie sich auf der Büh-

24
KR AFTWERK

Alle Bilder: Kraftwerk, 2013/Courtesy Sprüth Magers

ne und in Interviews von Schaufensterpup- Intensität und vitalem Selbstausdruck, von tische Dramaturgie, die bis heute die Tech-
pen vertreten. Wenn ihr »Wir sind die Schweiß und Leid setzten sie Tugenden, die noclubs von Berlin bis Mexico City prägt.
Roboter« ertönte, bewegten sie sich roboter- eher aus der Kunst stammten: Ähnlich wie Fragt man sich, was Kraftwerk in der
haft, bis Technik und Budget es erlaubten, in der Minimal Art tritt in ihren Shows das Kunst suchen, so ist wichtig zu wissen, dass
dass tatsächlich Roboter hinter den Pulten industriell hergestellte Objekt an die Stelle es zu ihren Anfängen im Rheinland kaum
standen. Seit die Klänge auf Festplatten pas- subjektiven Ausdrucks, wird der Raum selbst eine ernstzunehmende populäre Musiksze-
sen, wirken die Musiker hinter den Laptops zum Thema und mit ihm der Betrachterkör- ne gab. Diese entwickelte sich gerade erst,
wie Manager bei einer Powerpoint-Präsenta- per. Kein Subjekt steht im Zentrum dieser und zwar aus der Kunst. Im Sommer 1968,
tion. Umso massiver wirkt das Einblenden Vorgänge, die Musiker treten eher als Ange- kurz bevor in Berlin die Neue Nationalgale-
der Namen havarierter Atomkraftwerke, be- stellte eines Systems auf, das sich selbst zum rie eingeweiht wurde, spielten die Kraft-
vor die klassisch gewordene Spieluhrmelodie Klingen bringt. Kraftwerk beförderten die werk-Gründer Florian Schneider-Esleben
von »Radio-Aktivität« erklingt. mechanischen Choreografien von Oskar und Ralf Hütter unter dem Namen »Organi-
Kraftwerk krempelten die geltenden Schlemmers Triadischem Ballett in die Mas- sation« zum einjährigen Jubiläum des Clubs
Gesetze des Rock ’n’ Roll um: Anstelle von senkultur – und begründeten die minimalis- Creamcheese, in dem sich allabendlich die

26
KR AFTWERK

Szene um die Düsseldorfer Kunstakademie Die 3-D-Installationen, die Kraftwerk auf den bereitet für den weltweiten Siegeszug
traf. Hier traten auch Rockgrößen wie Frank ihren Konzerten zeigen, reinszenieren elektronischer Musik aus Düsseldorf.
Zappa oder Pink Floyd auf, dabei sah das das Artwork ihrer Alben. So gibt es Referen- Im eben erschienen Buch »Electri_City«
Creamcheese mit seinen weißen Wänden zen an das vom Künstler Emil Schult ge- von Rüdiger Esch erinnert sich Eberhard
aus wie eine Galerie. Heinz Mack hatte die staltete »Autobahn«-Cover von 1974 (li. o.), Kranemann, Gründungsmitglied und zeit-
längste Bar der BRD mit einer Wand aus an den Song »Boing Boom Tschak« von weiliger Kraftwerk-Bassist, wie Joseph Beuys
1986 (li. unten), an die Wiederauflage von
Spiegellamellen gestaltet, es flimmerten während eines drei Stunden währenden Im-
»Trans Europa Express« von 2009 (o. re.)
Fernseher von Nam June Paik, und an der provisationskonzerts im Pelzmantel auf der
und an »Die Mensch-Maschine« von 1978
Wand stand Günther Ueckers »Electric Gar- erhobenen Tanzfläche stand und seine
den«, ein Riesennagel im Käfig. Mit dem An- »Handaktion« durchführte. Nebenan zeigte
spruch eines historischen Nullpunkts, der Konrad Fischer in seiner Galerie die Minima-
Entgrenzung der Künste, der Hinwendung listen, Gerhard Richter und Sigmar Polke,
zu Technik und Zukunftsoptimismus hat- und in der Kunsthalle traten Gilbert &
ten Zero und Fluxus den ideologischen Bo- George 1970 acht Stunden lang in Anzügen

27
Bild: Peter Boettcher, Detroit, 1998, 85 x 125 cm, erhältlich über galerieloehrl.de
KR AFTWERK
Bilder: Gunther Bohnen/Joseph Beuys, Handaktion, Düsseldorf 1969/Courtesy Antiquariat Querido - Frank Hermann, Düsseldorf/VG Bild-Kunst, Bonn 2014; Roy Lichtenstein/Estate of Roy Lichtenstein/Burstein Collection/Corbis/VG Bild-Kunst, Bonn 2014;

und metallisch geschminkt wie Roboter als In den Videos wird die Windschutzscheibe
»Singing Sculpture« auf. zum Bildschirm und der Zug zum Projektil,
Kraftwerk haben also nicht erst im Ren- das im Rhythmus der Musik Landschaft und
tenalter in die Kunst gefunden – sie haben Bildraum durchschneidet. Florian Schneider
dort ihre Wurzeln. Sie spielten in Hochschu- fuhr tatsächlich den Mercedes 600 Pullman
len, Galerien, Kunstvereinen und auch schon vom »Autobahn«-Cover, und Ralf Hütter
früh im Museum, wie 1971 in der Düsseldor- den grauen VW-Käfer. Und wenn bei Kon-
fer Kunsthalle, deren Reihe »In Between« zerten am Bühnenrand Neonzeichen mit
jungen Künstlern ein Forum gab. Von An- den Vornamen der Musiker aufleuchteten,
fang an waren die Auftritte der Band Multi- komplettierte sich dieses ironische Spiel mit
media-Installationen, zunächst mit Dia- und Aura und Künstlerpersona.
später mit Videoprojektionen. Der Kurzfilm Tauchen in Kraftwerk-Texten Menschen
zu »Autobahn« nahm das Medium Musik- auf, dann nur als Klischee, wie in »Das Mo-
video vorweg. dell«: »Ihr neues Titelbild ist wirklich fabel-
Mit ihrem Freund Sigmar Polke disku- haft / Ich muss sie wiedersehen, ja sie hat’s ge-
tierten Schneider und Hütter über die zarte schafft.« Keine persönliche Eigenschaft, nur
Grenze von Kunst und Kitsch. Hilla Becher ihr Erfolg macht die Protagonistin attraktiv,
überließ ihnen für das Artwork ihres ersten und der überartikulierte, unterkühlte Ge-
Albums ihr Foto eines Transformators. Der sang lässt keine Emotion erkennen. Im Geis-
Maler Emil Schult, der bei Beuys und Rich- te der Neuen Sachlichkeit stellten Kraftwerk
ter studierte, schrieb an den Texten mit und damit Distanz an die Stelle von Authentizität
Walter Obschonka/Kunstbibliothek, SMB, Photothek Willy Römer/bpk

gestaltete Cover wie jenes für die Schallplat- und vertonten das narzisstische Spiegelkabi-
te »Autobahn«: ein Mercedes und ein VW nett glamoursüchtigen Großstadtlebens.
Käfer unter stahlblauem Himmel in deut- Die Band war damit Teil der damaligen
scher Autobahnidylle, das die Plakate der Rückbesinnung auf die europäischen Avant-
NS-Reiseagentur »Kraft durch Freude« zi- garden der Zwanzigerjahre. Im Artwork von
tiert. Auf dem Nachfolgealbum »Radio-Ak- »Die Mensch-Maschine« posieren sie wie
tivität« prangte gar ein deutscher Volksemp- Showstars der Weimarer Republik und zitie-
fänger. »Das Kraftwerk-Konzept war die ren die abstrakte Malerei El Lissitzkys, wäh-
Überaffirmation«, schreibt Kunstkritiker rend ihre roten Hemden und schwarzen Kra-
Jörg Heiser in seinem 2015 erscheinenden watten die Farben von Kommunismus wie
Buch »Doppelleben. Kunst und Popmusik«, Nationalsozialismus aufrufen. Die tanzen-
»die übertriebene Umarmung der Zuschrei- den geometrischen Felder in Videoprojektio-
bung: Wenn man sich in der angloamerika- nen erinnern teils an die Animationen des
nischen Populärkultur (und nicht nur dort) dadaistischen Filmkünstlers Hans Richter,
das typisch Deutsche als eine Art Mischung die Schneider und Hütter in den Sechziger-
aus Fritz-Lang-Roboter und Werner-von- jahren in Galerien sahen.
Braun-Rakete vorstellte, so sollte es eben Nie wirkt der Technizismus von Kraft-
genau so sein.« Ralf Hütter selbst nannte werks Bühnenshows theatral, weil er sich
Kraftwerk einmal humorvoll »eine Art Eth- von Anfang an aus der Bedienung der Geräte
no-Musik aus der Bundesrepublik«. ergab. Ihre Verknüpfung von künstlerischen
So überführten Kraftwerk die konzep- Strategien und Massenproduktion steht auch
tuellen Strategien der Pop-Art in die Musik, in der Werkstättentradition des Bauhauses,
wie auch deren Reflektion von Medien und wo man 1929 auf dem »metallischen Fest« mit
Massenproduktion. Übertrug Roy Lichten- Kostümen aus Metall ironisch die eigene
stein die Lautmalerei von Comics in die Fortschrittsfreude feierte. Dass Kraftwerk
Kunst, übersetzten Kraftwerk sie wieder zu- nun im Mies-van-der-Rohe-Bau auftreten, ist
rück in Klang, wenn sie »Boing, Boom vor diesem Hintergrund konsequent.
Tschak« sangen. An die Stelle von Erzählung Künstlerische Einflüsse: Ganz oben Joseph Bereits der futuristische Komponist
tritt bei Kraftwerk der Loop, die immer neue Beuys, hier 1969 bei einer Handaktion, der Luigi Russolo hatte versucht, mit selbst ge-
Rückführungs aufs Gleiche. Es ist, was es ist: in Düsseldorf zu einem Kneipenkonzert der bauten Maschinen die Dinge zum Klingen
In tautologischen Feedback-Schleifen verwei- Kraftwerk-Vorgängerband Pissoff auftrat. zu bringen. Paul Hindemith komponierte
Die Comic-Kultur, die auch Roy Lichtenstein
sen Klang, Sprache und Bild immer wieder für Oskar Salas Trautonium, den ersten be-
faszinierte (Mitte »Varoom!« von 1963),
nur aufeinander. »Autobahn« klingt wie eine triebsbereiten Synthesizer. Ende der 1960er
floss ein in Kraftwerks Sprache. Unten das
Autobahnfahrt, der »Trans Europa Express« »metallische Fest« am Bauhaus, 1929. aber brachte Robert Moog dann das Gerät
wie ein Zug. »Es war immer unser Ziel, dass Li. Seite: Kraftwerk-Roboter in Detroit, 1998 zur Serienreife. Kommt heute jeder Apple-
sich die Musik selbst spielt oder für sich selbst Computer mit Synthesizer-Software, kostete
spricht«, erklärte Hütter in einem Interview. ein Moog damals so viel wie ein VW Käfer.
»Die Autos singen, die Reifen quietschen und Dass gerade Kraftwerk Pioniere elektroni-
summen, der Wind bläst ›Tour De France‹.« scher Musik wurden, lag wohl auch daran,

29
KR AFTWERK

Bilder: Timo Ohler/Kraftwerk, 2013/Courtesy Sprüth Magers; Publikation: Kraftwerk 3-D, Kling Klang Produkt 2011 (3)
dass die Söhne vermögender Eltern sich keitsanspruch des Kunsttempels? Die Musea-
Moogs Geräte leisten konnten. lisierung des Pop ist seit Jahren im Gange.
Die Synthesizer-Musik erlaubte die Los- Auf eine Flut an Wiederauflagen und Wie-
lösung des Klangs vom Körper. Indem Kraft- dervereinigungen folgten Ausstellungen wie
werk betont europäische Harmonien und die zu David Bowie und bald die für die is-
die repetitiven Strukturen der Barockmusik ländische Popsängerin Björk im MoMA. Es
einsetzten, schufen sie eine Transparenz und spricht vieles dafür, dass die Kunst dabei ist,
Klarheit, die teils weniger modern als vormo- den Pop als kulturelle Leitindustrie abzulö-
dern wirkt. Ein Leibniz’schen Frieden steckt sen, insofern ist es verständlich, wenn sich
in dieser Musik, die vom Gewicht des Sub- Musiker hinüberretten, um ihre Relevanz zu
jekts befreit ist, die prästabilierte Harmonie sichern. Dass Kraftwerk nun im Museum
eines Universums aufeinander abgestimmter auftreten, liegt nicht daran, dass sie Kunst ge-
Monaden. Ja, Kraftwerk klingt nach den se- worden sind. Es zeugt eher davon, dass sich
riellen Strukturen des barocken Rationalis- die Institution selbst verändert hat. Museen
mus, als Gottfried Wilhelm Leibniz die ers- sind selbst zu Popstars geworden, die versu-
ten Rechenmaschinen ersann. Stücke wie chen, in einem globalen Kampf um Auf-
»Computerwelt«, in dem Kraftwerk schon merksamkeit ihre Stellung zu sichern.
1981 staatliche Überwachung besang, können Galeristin Monika Sprüth kennt Ralf
einem immer neue Schauer über den Rücken Hütter noch aus dem gemeinsamen Archi-
jagen – gerade heute, wo die Algorithmen tekturstudium in Aachen. Vor zwei Jahren
von Geheimdiensten und Datenhändlern hat sie Kraftwerk ins Programm von Sprüth
Bürger in Datenpakete verwandeln. Magers aufgenommen und organisiert seit-
Es ist elf Jahre her, dass Kraftwerk mit dem ihre Auftritte im Kunstbetrieb. »Mit ih-
»Tour de France« ihr letztes Studioalbum ver- ren Videoprojektionen haben Kraftwerk eine
öffentlichten. Seitdem folgte eine Reihe von bildnerische Formulierung gefunden, die
Wiederauflagen, die den alten Aufnahmen manche Videokunst in den Schatten stellt«,
die Dynamik neuer Technoproduktionen ver- erklärt sie. Dabei steht zu hoffen, dass Kraft-
liehen. Die ersten drei Alben vor »Autobahn«, werk nie kunstmarkttauglich wird. Ihre
die manche für ihre Improvisationsfreude Schöpfung erfüllt sich am besten in der Im-
mit Querflöte und Triangel besonders schät- materialität – wie in der Kraftwerk-Ausstel-
zen, werden von der Band heute verleugnet. lung bei Sprüth Magers im Sommer 2013, wo
Wie Künstler kontrollieren Kraftwerk durch für alle 3-D-Brillen auslagen, es aber nichts
Katalogarbeit ihr Vermächtnis. Seit dreißig zu kaufen gab. Würde man sie dem Devo-
Jahren lassen sie nur einen Fotografen an sich 2009 legten Kraftwerk ihre Alben mit mo- tionalienhandel öffnen – Kraftwerks Kunst
ran: den Kölner Peter Boettcher. difizierten Covern neu auf, darunter von Verweigerung, Entzug und Erfüllung
Ist der Schritt ins Museum nun die letz- »Radio-Aktivität«, »Die Mensch-Maschine« stünde auf dem Spiel. ×
te Stufe der Verewigung im kulturellen Ge- und »Techno-Pop«. Ganz o.: Installation
dächtnis? Der Mies-Bau der Nationalgalereie in der Galerie Sprüth Magers 2013. Noch ist Kraftwerk, »Der Katalog – 12345678«, 3-D-Kon-
Kraftwerk-Kunst unverkäuflich
als Mausoleum, das Eingehen der Feier reiner zertreihe in der Neuen Nationalgalerie Berlin,
Gegenwart im Pop in den sachlichen Ewig- 6. bis 13. Januar

30
Sophie

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Museum für Gestaltung Zürich, Kunstgewerbesammlung
Marionetten zu König Hirsch, Deramo, 1918
Sophie Taeuber-Arp
Taeuber-Arp
Taeube
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Morgen
12 12 14
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15 03 15
1
Kunsthalle
Kunsth
Bielefeld

Georg Lemberger, Sündenfall und Erlösung (Detail),, 1535, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum

5. November 2014
bis 8. Februar 2015

Albrecht Altdorfer und das Expressive in der Kunst um 1500

Städel Museum · Schaumainkai 63 · 60596 Frankfurt am Main · www.staedelmuseum.de


Di, Mi, Sa, So 10.00 –18.00 Uhr · Do + Fr 10.00–21.00 Uhr · Kartenvorverkauf: tickets.staedelmuseum.de

Eine Ausstellung des Städel Museums, der Liebieghaus Skulpturensammlung, Frankfurt am Main, und des Kunsthistorischen Museums, Wien, in Zusammenarbeit mit dem
Geisteswissenschaftlichen Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas e. V. an der Universität Leipzig

GEFÖRDERT DURCH MIT ZUSÄTZLICHER UNTERSTÜTZUNG VON MEDIENPARTNER


cranach in
thüringen
2015
themenjahr
bild und
botschaft

29.März – 19. Juli 2015


cranach im dienst von hof und reformation
Herzogliches Museum Gotha

2. April – 19. Juli 2015


die lutherporträts der cranach-werkstatt
Wartburg Eisenach

3. April – 14. Juni 2015


cranach in weimar
Schiller-Museum Weimar

www.cranach2015.de
Bild: Bernd Borchardt/Wim Delvoye, „Donata“, 2005/Courtesy Arndt & Partner, Berlin/aus der Ausstellung „Tattoo“ im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg/VG Bild-Kunst, Bonn 2014

33
VOR SC H AU

Wohin geht die Reise?

15
20
VOR SC H AU

Bilder: Maurice Tromp/Vincent van Gogh Foundation/Van Gogh Museum, Amsterdam; Larry Clark/Courtesy of the artist and Simon Lee Gallery; Graham Baring, Melbourne/Sammlung Essl Privatstiftung; Michael Triegel/VG Bild-Kunst, Bonn 2014
Januar
HENRY MOORE
Zentrum Paul Klee, Bern,
30. Januar bis 25. Mai
Englands Exportschlager
Nummer eins in Sachen
Skulptur der Nachkriegs-
jahre begegnet man ge-
SCHLAFLOS fühlt in jedem zweiten
21er Haus, Wien, deutschen Park/Fußgän-
30. Januar bis 7. Juni gerzone. Und doch faszi-
Das Bett spielt eine ex- nieren die gigantischen,
trem wichtige Rolle in der eleganten und organisch-
Kunstgeschichte – aller- fließenden Formen und
dings weniger als Ort der Figuren Moores immer
ungestörten Nachtruhe: wieder aufs Neue – dem-
Schon bei Piero della nächst dann auch in Bern.
Francesca wird Kaiser
Konstantin im Traum von
Engeln heimgesucht, von
Tizians hellwacher »Ve-
nus von Urbino« mal ganz
zu schweigen. Die Schau
im 21er Haus zeigt auch
Werke ab dem 16. Jahr-
hundert, konzentriert
sich jedoch auf Betten in
der zeitgenössischen
VAN GOGH IM BORINAGE Kunst, etwa bei Maria
Als Hilfsprediger für die Bergbaukumpel im Borinage, der wal- Lassnig oder Larry Clark
lonischen Steinekohleregion rund um die belgische Stadt Mons, (»Untitled« von 1971, o.). ABORIGINAL ART
gab Vincent van Gogh sein letztes Hemd. So viel Ehrgeiz war Essl Museum,
der Kirche suspekt, sie entließ den jungen Mann, der sich fortan TÜBKE/TRIEGEL Klosterneuburg,
30. Januar bis 16. August
mit ebenso religiösem Eifer der Malerei widmete: »Die Geburt Kunsthalle Jesuitenkir-
eines Künstlers« lautet der Untertitel dieser Ausstellung, die che, Aschaffenburg, Bruce Chatwins »Traum-
Briefe, Zeichnungen und Gemälde aus den späteren Werkpha- 24. Januar bis 19. April pfade« scheinen direkt
nach Klosterneuburg zu
sen zeigt, darunter viele Motive, die mit Arbeit zu tun haben, »Zwei Meister aus Leip-
führen, wo die Sammlung
wie »Der Schnitter (nach Jean-FranÇois Millet)« von 1889 (oben). zig« messen sich in dieser
Schau: Der altmeisterlich Essl einen der größten
Mons ist 2015 die Kulturhauptstadt Europas. Bestände von Kunstwer-
Beaux-Arts Mons, 25. Januar bis 17. Mai geschulte Werner Tübke
(1929–2004) und der ken australischer Urein-
nicht minder begabte wohner in Europa besitzt:
Akademieabsolvent und Traumhafte Bilder von
Papst-Benedikt-Porträtist 1970 bis in die Gegenwart.

Termine
Michael Triegel (geboren
1968, u.: »Doppeltes ROSEMARIE TROCKEL
Selbstbildnis« von 1997). Kunsthaus Bregenz,
MUSÉE BOURDELLE 24. Januar bis 6. April
Paris, Wiedereröffnung Die grandios eigensinnige
ANTIK & KUNST Rosemarie Trockel (Jahr-
Sindelfingen, 15.–18. Januar gang 1952) verknüpfte
die Farbfeldmalerei mit
ANTIQUARIA der Stricknadel und lehr-
Ludwigsburg, 22.–24. Januar te so ihre männlichen Kol-
STUTTGARTER ANTIQUARIATSMESSE legen das Fürchten. Die
23.–25. Januar Bregenzer Ausstellung
BRUSSELS ANTIQUES AND zeigt zum größten Teil
FINE ART FAIR neue Arbeiten.
24. Januar–1. Februar

34
VOR S C H AU

Februar
Bilder: National Gallery of Art, Washington, Samuel H. Kress Collection; Jürgen Karpinski/Gemäldegalerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden; Rijksmuseum, Amsterdam; Enrique Marty/Courtesy Deweer Gallery, Otegem, Belgien

PIERO DI COSIMO
Selbst für das mit robusten Künstleregos reichlich
gesegnete Cinquecento war Piero di Cosimo (um
1462–1521) ein ausgesprochener Exzentriker: So soll
sich der Florentiner vor allem von harten Eiern
ernährt haben, von denen er immer 50 auf einmal
kochte. Es ist nicht überliefert, ob Proteinüber­
schuss Piero di Cosimos Sensibilität für nuancierte
Stimmungen hervorbrachte, bewundert wurde
jedoch seine Fähigkeit, verschiedene Tageslicht­
intensitäten auf der Leinwand wiedergeben zu kön­
nen. Die National Gallery of Art versammelt um
die »Madonna mit Christuskind und jungem heili­
gen Johannes« (1495–1500, r.) rund 40 Gemälde zu
einer ersten Retrospektive. So wird ein marginali­
sierter alter Meister wiederentdeckt, der 300 Jahre
brauchte, um die Eiergeschichte abzuschütteln.
National Gallery of Art, Washington, 1. Februar bis 3. Mai

DER SPÄTE DAHL UND FRIEDRICH TATTOO


REMBRANDT Albertinum, Dresden, Museum für Kunst und
Rijksmuseum, Amsterdam, 6. Februar bis 3. Mai Gewerbe, Hamburg,
12. Februar bis 17. Mai
Nach seinem gefeierten
Nicht nur Caspar David
Friedrich (1774–1840)
13. Februar bis
6. September
Termine
Auftritt in der Londoner wählte sich Dresden als Das MKG beweist, dass ART INNSBRUCK
National Gallery (noch bis Wohnsitz, auch den Nor- der künstlerische Wert 20.–23. Februar
PAUL GAUGUIN 18. Januar) kommt der weger Johan Christian von Tätowierungen weit
ARCO MADRID
Fondation Beyeler, späte Rembrandt nun Dahl (1788–1857) zog es über das volkstümliche
25. Februar–1. März
Riehen/Basel quasi nach Hause, ins 1818 ins »Elbflorenz«. Die »Arschgeweih« hinaus-
8. Februar bis 28. Juni Rijksmuseum: 90 Gemäl- Kooperationsschau mit geht. Unten: Enrique Mar-
de und Zeichnungen der dem Nationalmuseum in tys »Pablo and Ruth«
Mittagshitze. Die un- Jahre 1652 bis 1669 – aus Oslo kann aus den beiden (2010); Foto auf Seite 33:
barmherzige Sonne der Museen weltweit! Weitere umfangreichsten Werk- Schwein »Donata« (2005)
tropischen Breitengrade. Worte sind unnötig. beständen dieser zwei von Wim Delvoye.
Junge Frauen, die sich ins Recken der nordischen
Nichtstun geflüchtet ha- Romantik schöpfen.
ben. Paul Gauguins
(1848–1903) idyllischer
Südsee-Eskapismus hat BELLE HALEINE
der Vormoderne die Museum Tinguely, Basel,
leuchtendsten Farben be- 11. Februar bis 17. Mai
schert und Generationen Von Marcel Duchamps
von Künstlern beein- Flakon »Belle Haleine«
flusst. Die Ausstellung ausgehend, untersucht
versammelt rund 50 Ge- diese Schau, was pas-
mälde aus Museen und siert, wenn die Nase zum
Privatsammlungen. Oben: Zentralorgan der Kunst-
»Parau api« (1892). wahrnehmung wird.

35
VOR SC H AU

März
MONET UND DIE GEBURT
DES IMPRESSIONISMUS
Am 15. März 1815 machte Johann

Bilder: Jörg P. Anders/bpk/Nationalgalerie, SMB; Nick Knight/Courtesy of Wellhart Ltd & One Little Indian; Heinz Mack/ZERO foundation/VG Bild-Kunst, Bonn 2014; privat
Friedrich Städel sein Testament –
und begründete damit Deutschlands
älteste bürgerliche Museumsstiftung.
Zum 200-jährigen Jubiläum gibt es
eine Blockbuster-Monet-Ausstellung
mit rund 100 Gemälden, darunter
Leihgaben aus dem New Yorker
Metropolitan Museum, der Eremi-
tage in St. Petersburg und der Berli-
ner Nationalgalerie, aus der das
Bild »Sommer« von 1874 (li.) stammt.
Daneben werden auch Fotografien
sowie Karikaturen zur Kunst-
produktion der Zeit zu sehen sein.
Städel Museum, Frankfurt,
11. März bis 21. Juni

MADE IN CHINA SIGMAR POLKE ZERO

Termine Ostfriesisches
Landesmuseum Emden,
Museum Ludwig, Köln,
14. März bis 5. Juli
Martin-Gropius-Bau,
Berlin,
22. März bis 23. August Mit rund 300 Werken ist 21. März bis 8. Juni
GUSTAV-LÜBCKE-
Porzellan und Tee aus die gemeinsam mit der Die internationale Bewe-
MUSEUM
China waren im 18. Jahr- Tate Modern und dem gung der 1950er- und
Hamm, Wiedereröffnung
hundert Statussymbole MoMA organisierte Re- 1960er-Jahre hält Einzug
8. März
und begehrte Handelswa- trospektive die bisher
ART KARLSRUHE BJÖRK ren. Wie die Begeisterung größte Ausstellung des
5.–8. März MoMA, New York, für das kultivierte Heiß- Künstlers (1941–2010).
THE ARMORY SHOW 8. März bis 7. Juni getränk ganz Europa mit- Gezeigt werden Malerei,
New York, 5.–8. März riss, zeigt das Fotografie, Film, Grafik
So experimentell wie ihre Landesmuseum Emden und Skulptur, mit beson-
TEFAF Outfits soll auch die Aus- mit importierten Tee-, derem Blick auf die
Maastricht, 13.–22. März stellung werden: Die is- aber auch Kaffee- und 1970er-Jahre.
ländische Komponistin, Kakaogeschirren aus Pri-
ART BASEL
Musikerin und Künstlerin vatbesitz. Ihr erzähleri-
HONG KONG BRONZESKULPTUREN
Björk, Jahrgang 1965, scher Dekor, etwa auf
15.–17. März DER HELLENISTISCHEN
wird am MoMA mit einer dem kleinen Unterteller in
BADA ANTIQUES & Retrospektive geehrt, die WELT
»famille rose«-Farben von Palazzo Strozzi, Florenz,
FINE ART FAIR ihre Karriere anhand von in Berlin. Dafür gestaltet
1736, ist ein Augen- 14. März bis 21. Juni
London, 18.–24. März Musik, Filmen, Perfor- Heinz Mack den Lichthof
schmaus.
33. DEUTSCHER mances, Instrumenten, Juwelen der klassischen des Gropius-Baus um; ne-
KUNSTHISTORIKERTAG Kostümen und anderen Archäologie: Die lebens- ben Werken seiner Künst-
Mainz, 24.–28. März. Objekten nachzeichnet. großen Krieger, Athleten lerkollegen Piene und
Kurator Klaus Biesenbach und Göttinnen aus Bronze Uecker wird die grenz-
EUROANTIK hat außerdem ein vielver- eroberten zwischen dem übergreifende Dimension
Innsbruck, 27.–29. März sprechendes »Musik- und 4. und 1. Jh. v. Chr. von des Netzwerks Zero von
FINE ART KURHAUS Filmerlebnis« in 3D bei ihr Griechenland aus den Mit- Japan bis Italien und in
BADEN-BADEN in Auftrag gegeben. telmeerraum. die Niederlande sichtbar.
28.–31. März

36
VOR SC H AU

April
BASQUIAT: UNBE-
KANNTE NOTIZBÜCHER
Brooklyn Museum,
New York,
3. April bis 23. August
Beeinflusst wurde Jean-
Michel Basquiat von Pop-
Bilder: Lee Miller Archives, England/All rights reserved 2014; Paolo Roversi; Sonia Delaunay/Pracusa 2013057/CNAP; Jasper Johns/VG Bild-Kunst, Bonn 2014

Art, Comics und Hip-Hop.


In Notizbüchern hielt er
seine Gedanken in Skiz-
LEE MILLER zen und Gedichtschnip-
Albertina, Wien, seln fest. Die Kombination
23. April bis 30. August von Bild und Text, für die
Ihre Karriere begann als er bekannt wurde, findet
surrealistische Fotografin auf den überlieferten 160
in Paris: Die junge Ameri- Seiten ihren Anfang.
kanerin Lee Miller ver-
fremdete mit Man Ray
Bildmotive und Techni-
ken. Der Blick für die Ab-
surditäten des Alltags ist
auch in ihrem späteren
Werk sichtbar. Während
ihre »Frauen mit Feuer-
wehrmasken« (o., 1941)
die Eleganz von Modema-
SONIA DELAUNAY
gazinen atmen, schreibt
Tate Modern, London,
sich Miller als Kriegsre-
15. April bis 9. August
porterin endgültig in die
Geschichte ein – mit ei- Lange Zeit war sie nur die
nem Selbstporträt in Hit- Frau an Robert Delaunays JEAN PAUL GAULTIER
lers alter Badewanne. Seite, heute gilt sie als Aus dem Korsett, dem Symbol der weiblichen Unterdrückung,
produktivste Künstlerin schneiderte er tragbare Emanzipation: Gaultier brach als Desig-
PICASSO IN DER der abstrakten Malerei: ner mit Geschlechterrollen und Konventionen. Lange bevor
Sonia Delaunay ließ
KUNST DER Madonna im Bustier ihm zu Ruhm verhalf, schickte er Männer
leuchtende Farben nicht
GEGENWART in Röcken auf den Laufsteg, verwandelte Punk in Haute Cou-
nur auf der Leinwand tan-
Deichtorhallen, Hamburg,
zen, sondern übertrug die ture und deutete Fetisch salonfähig um. Eine klassische Ausbil-
3. April bis 12. Juli dung absolvierte er nie, die Inspiration lieferten ihm die Stra-
Formwelten auch in den
Die Originale von Picasso Alltag: Zurückgelassen ßen von Paris. Entstanden ist Kunst für den Kleiderschrank, die
bleiben im Depot, ihre hat sie ein Gesamtkunst- ganz nebenbei die Modewelt demokratisierte. Über 100 Entwür-
Strahlkraft liest man an werk aus Kleidern, Stof- fe zeigen seinen Weg vom Bordstein zum Catwalk.
den Werken der Erben ab: fen und Gemälden. Grand Palais, Paris, 1. April bis 3. August
160 Leihgaben von Künst-
lern wie Kippenberger,
HOLLAND AT

Termine
Hockney und Jasper
ITS FINEST
Johns (u.) zollen dem
Gemeentemuseum,
spanischen Maler Tribut.
Den Haag,
4. April bis 9. Juni MORI ART MUSEUM
Tokio, Wiedereröffnung 25. April
Die Haager Schule malte
im 19. Jahrhundert die ART & ANTIQUE SALZBURG
Identität Hollands nach: 28. März–6. April
Mit über 100 Gemälden KUNST UND ANTIQUITÄTEN MÜNCHEN
wird klar, wie sehr die 11.–19. April
Kunstströmung bis heute
ART COLOGNE
das Bild des Landes
Köln, 16.–19. April
prägt. Selbst dort, wo die
Windmühlen fehlen. WIKAM
Wien, 18.–26. April

37
VOR SC H AU

Mai
IMPRESSIONISMUS
– EXPRESSIONISMUS
Lebensfrohe Malerei des Impressionismus in
Frankreich, existenzialistischer Weltschmerz
bei den deutschen Expressionisten: Beide Stile
sind absolute Publikumslieblinge. Kaum zu fas-
sen, dass sie jetzt zum ersten Mal hochkarätig

Bilder: Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie; The Keith Haring Foundation; Wolfgang Pankoke/Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
im Vergleich zu erleben sind. Mit 170 Werken
französischer und deutscher Künstler – darun-
ter auch Max Pechsteins vergnügtes Doppel-
bildnis aus dem Jahr 1910 – wird eine umfassen-
de Zusammenschau geboten, die Kontraste
ebenso aufspürt wie überraschende Gemein-
samkeiten. Die Liste der Namen ist ein Who’s
who der Spitzenkünstler von Gauguin, van
Gogh, Manet, Renoir und Liebermann bis zu
Marc, Macke, Kirchner, Dix und Corinth.
Alte Nationalgalerie, Berlin,
22. Mai bis 20. September

EXPO 2015 U. A. KAROLINE LUISE


Mailand, VON BADEN
1. Mai bis 31. Oktober Staatliche Kunsthalle
»Feeding the Planet, Ener- Karlsruhe,
30. Mai bis 6. September
Termine
gy for Life« ist das Thema
der Expo 2015, zu der Die Große Landesausstel-
Millionen von Besuchern lung zum 300. Jubiläum
GALLERY WEEKEND BERLIN erwartet werden. Das der Stadt Karlsruhe kon-
1.–3. Mai trifft sich gut: In Mailand zentriert sich auf Mark-
eröffnet zeitgleich das gräfin Karoline Luise KEITH HARING
BIENNALE VENEDIG 
von Rem Koolhaas ent- (1723–1783) als Sammlerin Kunsthalle der Hypo-
9. Mai–22. November
worfene Kunstmuseum und Mäzenin. Ihr »Mahle- Kulturstiftung, München,
BAYERISCHES NATIONALMUSEUM der Fondazione Prada, rey-Kabinett« umfasste 1. Mai bis 30. August
München, Wiedereröffnung Barockflügel und Giorgio Armani plant 200 Werke von Meistern Künstlertum und Aktivis-
MUSEUM LIAUNIG die Einweihung eines neu- wie Rembrandt und Char- mus stehen im Mittel-
Neuhaus, Eröffnung Erweiterungsbau en Modemuseums. din – und Liotard malte punkt der Retrospektive
sie selbst an der Staffelei.
PARIS PHOTO LOS ANGELES des früh an Aids verstor-
CHINA 8 benen Keith Haring
1.–3. Mai
Museen im Ruhrgebiet, (1958–1990). Gleichbe-
ARTMUC 15. Mai bis 13. September rechtigung, Umwelt-
München, 14.–17. Mai schutz und nukleare
Neun Museen in acht
FRIEZE NEW YORK Städten an Rhein und Abrüstung lagen ihm am
14.–17. Mai Ruhr präsentieren mit Herzen. Einige der Expo-
80 Künstlern die bisher nate aus europäischen
größte Überblicksschau und amerikanischen Pri-
zur chinesischen vatsammlungen sind jetzt
Gegenwartskunst in zum ersten Mal wieder
Deutschland. öffentlich zu sehen.

38
VOR SC H AU

Juni
Bilder: Schenkung aus Privatsammlung, 2000 (G 709, G 709v)/Kirchner Museum Davos; Fondation Custodia, Collection Frits Lugt, Paris; Courtesy National Gallery of Art; Barbara Hepworth, Curved Form (Delphi) 1955/The Estate of Dame Barbara Hepworth

DIE WELTMARKE
BARBARA HEPWORTH
GOLDSCHEIDER
Grassi Museum, Leipzig, Mit ihrer Solopräsentation bewertet die Tate Britain das Werk
18. Juni bis 11. Oktober von Barbara Hepworth nach fast 50 Jahren noch einmal neu. So
lange war die britische Bildhauerin nicht mehr mit einer größe-
»Exotik Verführung Gla-
mour« stehen im Zentrum ren Einzelschau in London präsent. Dabei zählt Hepworth, die
der Ausstellung über die 1936 mit Mondrian und Kandinsky ausstellte und deren Skulp-
legendäre Wiener Manu- tur »Discs in Echelon« im selben Jahr vom New Yorker Museum
faktur Goldscheider mit of Modern Art angekauft wurde, zu den Pionieren der Abstrak-
Leipziger Niederlassung. tion. Das sah selbst die Queen so und adelte sie 1965.
Das Unternehmen machte Tate Britain, London, 24. Juni bis 25. Oktober
sich im frühen 20. Jahr-
DER DOPPELTE hundert einen Namen mit
KIRCHNER seinen mondänen, fein
Kirchner Museum Davos, bemalten und teils ver-
21. Juni bis 8. November goldeten Porzellanfigu-
Erstaunlich viele Lein- ren, die in Serie gefertigt
wände hat Ernst Ludwig wurden und die neue, ver-
Kirchner auf beiden Sei- ruchte Frau der Zwanzi-
ten mit Motiven versehen. gerjahre feierten.
Um Material zu sparen?
Weil ihm das erste Bild
nicht mehr gefiel? Was
pragmatisch wirkt, ist in
Wahrheit das Ergebnis in-
tensiver Auseinanderset-
zung des Expressionisten
mit dem illusionären Bild-
raum, den er im Wortsinn
durchdringen wollte. Die
Ausstellung sieht die
Rückseiten erstmals als
eigene Werkkategorie ANDREA DEL SARTO
und spürt den Intentio- Getty-Museum,
nen des Malers nach. Los Angeles,
23. Juni bis
CAILLEBOTTE 13. September
National Gallery of Art,
Wie Andrea del Sarto
Washington,
(1486–1530) die Malerei
28. Juni bis 4. Oktober
seiner Zeit revolutionier-
Gustave Caillebotte te, ist Thema dieser um-
reüssierte als Sammler, fassenden Schau. Sie
Kritiker und Maler. Die vergleicht die raren
Ausstellung »The Pain- Zeichnungen und Gemäl-
ter�s Eye« macht mit 45
seiner Gemälde aus der
de des italienische Re-
naissance-Künstlers aus
Termine
Hochzeit des Impressio- internationalen Sammlun-
nismus, darunter »Skiffs« gen mit denen seiner Vor- ÄGYPTISCHES MUSEUM
von 1877 (u.), klar, wie bilder Leonardo da Vinci Sharm El-Sheikh, Eröffnung
wichtig der Franzose für oder Raffael. Und sie GARAGE MUSEUM OF CONTEMPORARY ART
die Avantgarde war. zeigt, dass del Sartos Moskau, Eröffnung Museumsneubau von Rem Koolhaas
Werk dank seiner delika-
ART BASEL
ten Farbigkeit und hohen
18.–21. Juni
Emotionalität bereits auf
das Barock verweist und MASTERPIECE
damit wegweisend für die London, 25. Juni–1. Juli
Entwicklung der toskani- BRUNEAF
schen Malerei ist. Brüssel, 10.–14. Juni
BRUSSELS ANCIENT ART FAIR
Brüssel, 10.–14. Juni

39
VOR SC H AU

Juli
KOSTAS MURKUDIS
MMK 2, Frankfurt,

Bilder: Olaf Bergmann/Katharina Grosse/VG Bild-Kunst Bonn, 2014; Marc Chagall/VG Bild-Kunst, Bonn 2014; Stiftung Ann und Jürgen Wilde, Pinakothek der Moderne, München; Belvedere, Wien
18. Juli bis 14. Februar
Als Assistent von Helmut
Lang lernte er die Mode-
welt kennen, sein eigenes
Label balanciert heute an
der Schnittstelle zum
Skulpturalen: Obwohl
sich Kostas Murkudis nie
als Künstler bezeichnen
würde, wirkt seine grafi-
SAMMLUNG NOVARRO sche Mode umgeben von
Museum Schwerin, Werken der Sammlung
10. Juli bis 18. Oktober wie tragbare Kunst. Für
Picasso, Chagall oder die Ausstellungsarchitek-
Lichtenstein – die künst- tur ist Künstler Carsten
lerische Avantgarde po- Nicolai zuständig.
sierte vor Eddy Novarros
Kamera. Als Dank überlie-
ßen sie dem Fotografen
oft Kunstwerke. So ent-
stand eine Sammlung, die
von der klassischen Mo-
derne über den abstrak-
ten Expressionismus bis
zur Pop-Art reicht.

KLIMT UND DIE RING-


STRASSE
Unteres Belvedere, Wien, KARL BLOSSFELDT
3. Juli bis 11. Oktober Pinakothek der Moderne,
1883 arbeitet Gustav München,
Klimt mit seinem Bruder 24. Juli bis 25. Oktober
Ernst und dem Bildhauer Er wollte nichts weiter, als
KATHARINA GROSSE Franz Matsch an der Wie- den Sinn für die Natur an-
ner Ringstraße. Als Ma- regen und die Beobach-
Mit der Farbpistole in der Hand legt Katharina Grosse seit lerkollektiv dekorieren sie tung schärfen: Karl
den Neunzigern einen wild-bunten Nebel auf Wände; Öl die Gründerzeit mit Blossfeldt – der Fotograf,
und Acryl lässt sie gelegentlich auch mit dem Pinsel explodie- prunkvollen Deckenge- der eigentlich Pflanzen-
ren. In Wiesbaden wird Grosses Farbrausch mit Papierarbei- mälden. Gezeigt werden modelleur war – begriff
ten der letzten 20 Jahre zweidimensional: Während sich ihre neben bekannten Werken seine zarten Gewächsstu-
Wolken in diesiger Unschärfe aus Violett, Grün und Orange wie der »Hygieia« (1900, dien nie als Selbstzweck,
in den Räumen dehnen, fetzen ihre Konturen schneidend u.) auch Arbeiten des jun- sondern immer als An-
über das Papier. Die Strukturlandschaften definieren dabei gen Klimt, die bislang nie schauungsmaterial. Den-
zu sehen waren. noch beeinflusste die
die Beziehung zwischen Farbe und Malgrund, indem sie
formale Schönheit seiner
spontan und ohne Skizzen über den Blättern schweben. Hier
Aufnahmen viele Künst-
hat eine Borste Spuren hinterlassen, da tropft ein Klecks.
ler, die nach ihm kamen.
Museum Wiesbaden, 10. Juli bis 10. Oktober Bilder wie »Haarfarn« (o.,
1900–1926) waren nicht
nur Inspiration für Foto-

Termine grafen des Neuen Sehens


und der Neuen Sachlich-
keit, sondern regten auch
ART BODENSEE, Philosophen wie Walter
Dornbirn, 10.–12. Juli Benjamin und Georges
BAMBERGER KUNST- UND Bataille an.
ANTIQUITÄTENWOCHEN
21. Juli–21. August

40
VOR SC H AU

August
LUCAS CRANACH
Der 500. Geburtstag von Lucas Cranach d. J.
am 4. Oktober 2015 ist noch kein Grund, ihn
aus der Blutsverwandtschaft herauszulösen –
die Cranachs gibt es oft nur als Familie. So
Bilder: U. Brunzel/Museumslandschaft Hessen Kassel; Privatsammlung; Roland Handrick/Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

zeigt man auch im Jubiläumsjahr in Kassel


den Sohn im Mix mit Werken des gleichnami-
gen Vaters, darunter dessen »Bildnis Martin
Melanchthons« (1543, r.). Die Schau debütiert
vom 29. März bis zum 19. Juli im Herzogli-
chen Museum Gotha, wo man das Themen-
jahr »Cranach in Thüringen« begeht. Weitere
Beiträge dazu sind »Lutherporträts der Cra-
nach-Werkstatt« in Eisenach und »Cranach in
Weimar« (beide ab 3. April). In seiner Geburts-
stadt Wittenberg widmet man sich doch ganz
dem Sohn – im Augusteum und in der Stadt-
kirche St. Marien (26. Juni bis 1. November).
»Cranach im Dienste von Hof und Reformation«,
Museum Schloss Wilhelmshöhe, Kassel,
21. August bis 29. November

Termine
MUSEUMSUFERFEST
Frankfurt, 28.–30. August
ART SALZBURG
15.–23. August

GOLDENES ZEITALTER KORAKRIT FRAUENSACHE Rolle, die die Frauen in


Kunsthaus Zürich, ARUNANONDCHAI Schloss Charlottenburg/ der Hohenzollerndynastie
28. August bis Ullens Center, Peking, Theaterbau, Berlin, spielten – durch Heirats-
29. November 21. August bis 22. August bis politik oder direkte politi-
19. Oktober 22. November sche Einflussnahme. Im
In Zürich kann man seit
mehr als sechs Jahrzehn- Sein Name ist ziemlich »Wie Brandenburg Preu- Vorfeld wurden leere So-
ten dank der Schenkung unaussprechlich und ßen wurde«, untersucht ckel für die im Stadtbild
des Medizin-Nobelpreis- auch seine Kunst macht diese Ausstellung und fehlenden Denkmäler der
trägers Leopold Ružička einen gelegentlich legt ihr Augenmerk auf Frauen aufgestellt. Die
auf eine stattliche Reihe sprachlos – sehen die die wenig beleuchtete Schau selbst zeigt Werke
holländischer alter Meis- einer anonymen Zürcher abstrakten knallbunten wie Lorenzo Quaglios
ter wie Rembrandt oder Privatsammlung. Dabei Leinwände von Korakrit »Blick auf Schloss Hohen-
Cornelis de Heem blicken. ist Adriaen Coortes ex- Arunanondchai doch so schwangau« (1856, l.) –
Ergänzt werden die Be- quisites »Stillleben mit ei- aus, als wäre Jonathan mit Marie von Preußen im
stände nun temporär nem Bund Spargeln, roten Meese in einer Thai-Pop- Vordergrund –, aber auch
durch 40 selten gesehene Kirschen und Schmetter- Bar abgestürzt: schrill, die Kleider, die Herrsche-
holländische Bilder aus ling« (1693–1695, o.). laut und höllisch scharf. rinnen machten.

41
VOR SC H AU

September
WALKER EVANS
Eigentlich wollte Walker Evans

Bilder: Walker Evans; Jörg P. Anders/Staatliche Museen zu Berlin; Victoria and Albert Museum, London;Kevin Ryan/Kiki Kogelnik, „Bombs in Love“, 1962/Kiki Kogelnik Foundation Vienna/New York
Schriftsteller werden, berühmt wurde
er als Chronist der Großen Depressi-
on: Er übersetzte den Alltag in lakoni-
sche Stillleben. Erzählungen lassen
sich in seinem Blick auf Amerika
trotzdem lesen. Plakatwände, Hausfas-
saden und Fabrikhallen bilden beiläu-
fig die Armut des Landes ab. Selbst
dann, wenn die Protagonisten längst
aus dem Bild entschwunden sind.
Josef Albers Museum Quadrat,
Bottrop, 27. September bis 10. Januar 2016

Termine
LUTHERHAUS
Eisenach, Wiedereröffnung
26. September
ABC
Berlin, 17.–20. September

ne Venus (l., 1490) den- THE WORLD GOES POP NOLDE IN HAMBURG DER STOFF INDIENS
ken. Nach dem Tod geriet Tate Modern, London, Hamburger Kunsthalle, Victoria & Albert
der Florentiner lange Zeit 17. September bis 11. September bis Museum, London,
in Vergessenheit, erst im 24. Januar 2016 17. Januar 2016 26. September bis
19. Jahrhundert wurde er Pop-Art war mehr als eine Der Expressionist Emil 10. Januar 2016
wiederentdeckt. Künstler bunte Party der westli- Nolde feierte 1910 erste Darüber, dass eines sei-
wie Edgar Degas, Cindy chen Konsumkultur: Die Erfolge mit Ausstellungen ner handgeknüpften Zel-
Sherman und Andy War- Kunst ging Hand in Hand in Hamburg. Seine Bilder
hol bezogen sich auf sei- mit Gesellschaftskritik gefielen auch dem han-
ne Motive: Wie aus seinen und öffentlichem Protest. seatischen Sammler und
Gemälden eine inter- Rund 200 Werke aus den Mäzen Gustav Schiefler,
textuelle Bilderflut zwi- Siebzigerjahren zeigen, der bald zu seinen wich-
schen Moderne, Pop und wie sich Künstler auf der tigsten Förderern zählte.
Trash wurde, beantwortet ganzen Welt kritisch mit
die Zusammenführung dem Geist der Pop-Art MUNCH – VAN GOGH te auf englischem Boden
von Originalen und Über- identifizierten. Van Gogh Museum, ausgestellt wird, wäre der
schreibungen.
Amsterdam, indische Herrscher Tipu
25. September bis Sultan, ein Gegner der
ST. GALLER 17. Januar 2016 britischen Kolonialabsich-
ALTMEISTERWUNDER ten, nicht erfreut gewe-
Persönlich begegnet sind
DIE BOTTICELLI- Kunstmuseum St. Gallen, sen. Um die Knüpfkunst
sie sich nie, mehr als Mo-
RENAISSANCE 26. September bis seines Volks zu bewer-
tivverwandschaft darf
Gemäldegalerie, Berlin, 22. November ben, hätte er vermutlich
man ihnen trotzdem
24. September bis Albrecht Dürer, Pieter nachsagen: Munch wurde ein Auge zugedrückt.
24. Januar 2016 Bruegel, Rembrandt: ein nicht nur von van Goghs Über 200 Textilien illus-
Die Renaissance lässt Blick auf die großzügigen Farben inspiriert, sondern trieren, wie die Inder vom
sich heute nicht ohne Schenkungen von Privat- auch von seiner Leiden- 3. Jahrhundert bis heute
Sandro Botticelli und sei- sammlern ans Museum. schaft zur Kunst. Kultur in Stoff einweben.

42
VOR SC H AU

Oktober
Bilder: Museo Thyssen-Bornemisza, Madrid; Alfred Sisley, „Moret-sur-Loing“/Yoshino Gypsum Foundation, Tokyo; Museo de la Real Academia de Bellas Artes de San Fernando, Madrid; A. Plisson/Marcelle Cahn, „Femme et voilier“/Musées de Strasbourg

GOYA: DIE PORTRÄTS


National Gallery, London,
7. Oktober bis
10. Januar 2016
Seine Porträts als exzel-
lente psychologische
Kommentare: So interpre-
JAPANS LIEBE ZUM tiert die Ausstellung die
IMPRESSIONISMUS Werke des Genies Fran-
Bundeskunsthalle Bonn, cisco de Goya. Sie kon-
9. Oktober bis zentriert sich tatsächlich
21. Februar 2016 erstmals in der langen
Geschichte der Retro-
Schon im späten 19. Jahr-
spektiven auf jenes Gen-
hundert begeisterten sich
re, das der spanische
japanische Sammler für
Maler in neue qualitative
Werke von Monet, Manet,
Höhen trieb, indem er mit
Gauguin oder Sisley (o.)
den Traditionen der Bild-
und stellten hochkarätige
nisdarstellung brach.
impressionistische Kol-
lektionen zusammen. In
Bonn sind viele dieser
Meisterwerke nun erst-
mals wieder in Europa zu
sehen – ergänzt durch
japanische Werke aus der
Zeit vor 1920, die den
Westen inspirierten.

STURM-FRAUEN
Schirn Kunsthalle,
Frankfurt,
30. Oktober bis
7. Februar 2016 KUNST UND JAZZ
FRANCISCO DE ZURBARÁN In seiner Berliner Sturm- Kunstmuseum Stuttgart,
Die erste Retrospektive des Barockmalers in Deutschland. Galerie stellte Herwarth 10. Oktober bis
6. März 2016
Mit knapp 70 Werken, darunter Leihgaben der Londoner Walden ab 1910 von ihm
National Gallery oder der Alten Pinakothek München, lässt hochgeschätzte Künstle- Zum zehnjährigen Jubilä-
sie nicht bloß das goldene Zeitalter erstehen. Sie präsentiert rinnen aus. Die Ausstel- um beschenkt sich das
Francisco de Zurbarán (1598–1664), der fast sein ganzes Leben lung beleuchtet mit über Kunstmuseum mit der
300 Kunstwerken des Ex- Ausstellung »I got
in Sevilla blieb, auch als Meister des Sakralbildes, der die Lie-
pressionismus, Kubismus, Rhythm. Kunst und Jazz
be zum Detail mit schwärmerischer Religiosität verschmolz.
Futurismus und der Neu- seit 1920«. Zu sehen sind
Museum Kunstpalast, Düsseldorf, 10. Oktober bis 31. Januar 2016 en Sachlichkeit dieses Werke herausragender
fast vergessene Kapitel Künstler wie Otto Dix,
der Kunstgeschichte. Piet Mondrian, Alexander
Calder, Jackson Pollock,
Termine Andy Warhol oder
Candice Breitz, die das
FRIEZE/FRIEZE MASTERS ausgeprägte Interesse
London, 14.–18. Oktober der bildenden Kunst am
Jazz dokumentieren –
FIAC und die Wechselwirkung
Paris, 22.–25. Oktober zwischen Musik und den
KUNSTMESSE Kunstströmungen der je-
München, weiligen Zeit. Ein schönes
31. Oktober–8. November Extra sind die Hörstatio-
nen mit Musikbeispielen.
KUNST UND ANTIQUITÄTEN
München,
31. Oktober–8. November

43
VOR SC H AU

November

Bilder: University of Cambridge/Museum of Archaeology and Anthropology; Max Beckmann/Stiftung Moritzburg – Kunstmuseum/VG Bild-Kunst, Bonn, 2014; Agnes Martin/Tate/National Galleries of Scotland/Estate of Agnes Martin/VG Bild-Kunst, Bonn 2014;
Alexander Calder/Calder Foundation, New York/Art Resource, NY/ARS, NY and DACS, London 2014/VG Bild-Kunst, Bonn 2014
KUNST DER FIDSCHI-INSELN
Von fernen Gestaden wird das acht
Meter lange Doppelkanu erzählen
können, das im November in der
Bundeskunsthalle in Bonn anlegt.
ALEXANDER CALDER AGNES MARTIN
Gebaut wurde es eigens für die Ausstel-
Tate Modern, London, K20, Düsseldorf,
lung auf den Fidschi-Inseln als Zeugnis
11. November 7. November bis
für die lebendige Handwerkskunst bis 3. April 2016 Februar 2016
auf der südpazifischen Inselgruppe.
Alexander Calder war es, Die Künstler der New
Mit ihren Holzbooten fuhren die Fid-
der den Skulpturen das York School Mark Rothko,
schianer bereits im ersten Jahrtausend
schwerelose Tanzen bei- Ad Reinhardt und Barnett
nach Christus über den Ozean bis brachte. Er kann ja nichts Newman waren es, die
Samoa. Die Schau zeigt zahlreiche dafür, dass seine in den Agnes Martin im Manhat-
künstlerische und kunsthandwerkliche Dreißigern erfundenen tan der Fünfziger beein-
Kostbarkeiten: Textilien, Waffen, »Mobiles« heutzutage – druckten. Häufig wird
Skulpturen und vor allem Schnitzerei- als industrielle Billigpro- Martin (1912–2004) der
en wie oben die herrliche Kette aus dukte – in Kinderzimmern MAX BECKMANN Minimal Art zugerechnet,
Walfischzahn (1875–1880). weltweit der Babybe- UND BERLIN
Bundeskunsthalle, Bonn, 6. November bis spaßung dienen. Denn Berlinische Galerie,
Arbeiten wie »Red and 20. November
6. März 2016
Yellow Vane« (1934, u.) bis 15. Februar 2016
bündeln die Eleganz der Beckmann lebte zweimal
Moderne und machen in Berlin, von 1904 bis

Termine
ihren Schöpfer zu einem 1914, als er altmeisterlich
der großen Bildhauer inspirierte Werke wie das
seiner Epoche. »Doppelbildnis Max Beck-
HIGHLIGHTS mann und Minna Beck- dafür war sie eigentlich
München, 5.–11. November mann-Tube« (1909, o.) zu früh dran. Auch wirken
ART & ANTIQUE schuf, und von 1933 bis ihre zarten Bleistiftgitter
Wien, 7.–15. November 1937, als er seinen eige- und Farbstreifen zu intim,
nen Stil gefunden hatte um dem unpersönlichen
WIKAM und grandiose Triptychen Anspruch des Minimalis-
Wien, vrs. 7.–15. November wie »Die Abfahrt« malte. mus zu genügen. Die Re-
ART & ANTIQUE Der zweite Abschied war trospektive dieser tollen
Wiesbaden, für immer: Er flüchtete Künstlerin ist zuvor mit
12.–15. November vor den Nazis ins Exil. Die Bildern wie »Happy Holi-
Schau rekonstruiert die day« (1999, o.) in der Tate
BASEL ANCIENT ART FAIR
Bedeutung Berlins für die Modern in London zu se-
13.–18. November
Kunst Beckmanns. hen (Juni bis Oktober).
COLOGNE FINE ART
Köln, 18.–22. November

44
VOR SC H AU

Dezember
Bilder: Lawrence Perquis/Le Mobilier National; Olaf Gulbransson Museum, Tegernsee/VG Bild-Kunst, Bonn 2014; Peter Clarke, „Wanted“/Sammlung Weltkulturen MuseumSammlung Weltkulturen Museum, Frankfurt am Main

WANDTEPPICHE AUS DER


SAMMLUNG LUDWIG XIV.
Wandschmuck war beim »Sonnenkö-
nig« Chefsache: Man sieht es schon
daran, dass Ludwig XIV. nach 1662 sei-
ne eigene »Manufacture royale des
tapisseries« gründete. Dort waren
dann zeitweise bis zu 250 Bildwirker
mit der Einrichtung der königlichen
Schlösser beauftragt. Die Tapisserien-
Sammlung des Monarchen umfasst
aber auch ältere Wandteppiche wie
»Constantius ernennt Konstantin zu
seinem Erben« (r.), den die Werkstatt
in Faubourg Saint-Marcel zwischen
1625 und 1627 für Ludwig III. nach
einem Entwurf von Rubens fertigte.
Getty-Museum, Los Angeles,
15. Dezember bis 1. Mai 2016

Termine
PRUNKSAAL, NEUES PALAIS,
PREUSSISCHE SCHLÖSSER
UND GÄRTEN
Potsdam, Eröffnung
ART BASEL MIAMI BEACH,
3.–6. Dezember

OLAF GULBRANSSON Erfüllung ging, blieb der LOUVRE ABU DHABI Townships den Ausnah-
Olaf Gulbransson gutmütige Raufbold bis Eröffnung mezustand: Ein Fehl-
Museum, Tegernsee, zu seinem Tod in Bayern. schlag, denn anstelle von
Wenn im Dezember wirk-
13. Dezember bis Hier zeichnete er mit Ruhe und Ordnung stieg
lich auf Saadiyat Island in
März 2016 dünnem Strich und milder die Zahl der Demonstra-
Abu Dhabi der arabische
Kritik für den »Simplicis- tionen und Toten. Süd-
Er liebte schöne Frauen Spross des ehrwürdigen
simus« und unterrichtete afrikanische Kuratoren,
und Alkohol, rasierte sich Louvre eröffnet, wird man
an der Kunstakademie. Künstler und Wissen-
jeden Tag den Kopf und sehen, ob der Kulturtrans-
ging im Sommer gerne fer gelingt: Leihgaben schaftler der Nachfolge-
nackt aus dem Haus: Olaf französischer Museen generation reflektieren
Gulbransson, der für sein (auch des Louvre) werden nun den »State of Emer-
Temperament ebenso be- in einem neuen Kunstpa- KUNST IN SÜDAFRIKA gency«. Durch die Verbin-
rühmt wurde wie für sei- last von Jean Nouvel aus- Weltkulturen Museum, dung zu Künstlern der
ne Karikaturen, zog 1902 gestellt. Errichtet wird er Frankfurt, damaligen Zeit wie David
von Oslo nach München. allerdings gerade unter 2. Dezember bis Koloane und John Mua-
An der Isar, so vermutete Arbeitsbedingungen, die 24. Juli 2016 fangejo wird das Kräfte-
er, würden Palmen wach- westliche Medien als Mitte der Achtzigerjahre messen zwischen Kunst,
sen. Obwohl sein mediter- »moderne Sklaverei« be- verhängte die Regierung Kollektiv und Politik in die
raner Traum nicht in schreiben. Südafrikas über viele Gegenwart übertragen.

45
Jeder lebt für sich allein
Er konnte weit mehr als nur Tänzerinnen: Edgar Degas war ein begnadeter
Konstrukteur der Moderne, wie eine Ausstellung in Karlsruhe zeigt

VON
CHR ISTI A N E M EI X N ER
D
Degas, das ist Haut und wippende Röcke.
Seine populären Bilder zeigen Frauen bei der
Toilette oder Mädchen in Tüll, dessen unver-
schämt blaues Leuchten den Blick immer
wieder vom Gesamtwerk des französischen
Künstlers ablenkt. Von den Tänzerinnen
konnten schon die Zeitgenossen nicht genug
bekommen – und Edgar Degas lieferte, ob-
wohl er das Sujet nicht besonders mochte.
Sein Vater, ein Privatbankier, hatte der Fami-
lie Schulden hinterlassen. Der Sohn fühlte
sich verpflichtet und trug das Erbe ab, indem
er den Kunstmarkt, wenn auch widerwillig,
mit gefälligen Motiven bediente. Seine frü-
hen Historienbilder, die er 1865 selbstbewusst
in die Pariser Salonausstellungen hängte, wa-
ren dagegen ein Flop. Kaum einer im moder-
nen Paris interessierte sich für mittelalterli-
che Kriegs- oder antike Wettkampfszenen.
Sein Freund und Konkurrent Édouard Manet
reagierte schneller: Er schuf mit dem »Früh-
stück im Grünen« und der »Olympia« 1863
zwei Gemälde, die vom Format und den fi-
gürlichen Arrangements zwar noch An-
spruch auf geschichtliche Relevanz erheben.
Ihre Sujets aber spielen unmittelbar auf das
erotische Leben in der Metropole an. Degas
begriff den Kniff bald.
Seinen Weg von der offen klassischen
Komposition zur konstruierten Gegenwart
der Boudoirs und Cafés des 19. Jahrhunderts
zeichnet die Staatlichen Kunsthalle Karlsru-
he nun in einer großen Ausstellung nach.
Ausgangspunkt sind jene sieben Arbeiten,
die das Haus selbst besitzt und mit über

1872 machte Edgar Degas seine einzige


Weltreise. Sie führte ihn nach New Orleans,
wo Verwandte der Familie lebten. »Das
Baumwollkontor« zeigt Onkel, Angestellte
und Kunden mit fotografischer Exaktheit
DE G A S

100 internationalen Leihgaben kombiniert. Künstlers zu Verwandten in New Orleans


Darunter natürlich auch den Balletteusen, entstand. Von seinen weiblichen Modellen
die das Werk legendär gemacht haben. Dafür glaubte Degas jedoch ganz anachronistisch,
deutet schon im Titel der Schau »Degas. Klas- sie seien »schlichte Menschenkinder, die kei-
sik und Experiment« alles auf den Zwiespalt ne anderen Interessen haben, als die, welche

Bilder: Catarina Gomes Ferreira/Calouste Gulbenkian Foundation, Lisbon M.C.G.; Staatliche Kunsthalle Karlsruhe; Privatsammlung; vorige Doppelseite: Jean Christophe Poumeyrol/Musée des Beaux­Arts de Pau
des Künstlers hin, der 1834 in komfortablen in ihrem physischen Zustand begründet lie-
Verhältnissen auf die Welt kam und vom Va- gen …« Und während der Dreyfus-Affäre um
ter viel Unterstützung für seine Karriere er- 1894 zeigte er offen seine antisemitischen
hielt. Um 1855 besuchte Degas die École des Vorurteile, nahm Partei gegen den beschul-
Beaux-Arts, entschied sich dann aber für ein digten jüdischen Offizier und kümmerte sich
autonomes Studium der Pariser Museen. nicht darum, dass ihn viele Freunde anschlie-
Dort hingen all die antiken Reliefs und alten ßend mieden.
Meister, die er bis ins Detail studierte. So wird die artifizielle, arrangierte Bild-
»Kopieren hat in Deutschland einen ne- wirklichkeit auch zum Refugium, aus dem
gativen Beigeschmack«, erklärt Alexander heraus Degas auf eine sich rasant verändern-
Eiling, der die Karlsruher Schau als Kurator de Welt blickt. Zugleich protokollierte er
verantwortet. Für Frankreich habe das nicht überaus sensibel die Wirkungen dieses mo-
gegolten. Hier sah man die Kopie als Instru- dernen Lebens. In den Familiengemälden
ment, sich Wissen anzueignen. Degas hat blicken die Porträtierten vielfach aneinander
diese Möglichkeit ein Leben lang genutzt – vorbei, wird Interesse zu einem flüchtigen
und die kompositorischen Gerüste seiner Ab 1854 porträtierte sich der Maler immer Gut, das sich immerzu an etwas Neues heftet.
Vorgänger in die eigenen Sujets übertragen. wieder selbst. Das Gemälde oben zählt zu Dazu passt, dass Degas in seiner vermeintlich
Wie sehr seine Szenen des zeitgenössischen den späten Bildnissen. Die genrehafte stereotypen Darstellung der Pariser Amüsier-
Lebens von der Historie der Malerei über- »Ballettklasse« (1880–1900) gehört einer maschine nicht länger den großen Auftritt
formt sind, wird in der Karlsruher Ausstel- privaten Sammlung, der Fächer von 1880 festhält, sondern das Warten, die Vorberei-
stammt aus der Sammlung der Staatlichen
lung anschaulich. Sie stellt Degas Werke von tung der Tänzerinnen oder ihre Müdigkeit
Kunsthalle Karlsruhe und zeigt die Sän­
Mantegna, Rembrandt, Poussin, Ingres oder nach der Show. Eine Ausnahme macht jene
gerin Emilie Bécat während eines Auftritts
Michelangelo zur Seite und entschlüsselt Sängerin, die Degas 1880 auf einem Fächer
über sieben Stationen die Vorbilder für des- festhielt. Japanische Fächer waren damals ein
sen Rennpferde, Tänzerinnen oder baden- beliebtes Accessoire und als handbemaltes
den Frauen in ihren seltsam angestrengten Exemplar begehrte Sammelobjekte. Der Auf-
Posen, die tatsächlich auf klassische Aktdar- tritt im illuminierten Gartenlokal scheint für
stellungen Bezug nehmen. So wird fast ne- Emilie Bécat zum Triumph zu werden. Bloß
benbei noch einmal klar, wie wenig Degas sehen kann man es nicht, denn die Szene ist
mit den Impressionisten verband, obgleich so abstrakt gemalt, dass sich alles um die
er 1874 eine sezessionistische Salonausstel- Chansonnette herum auflöst. Auf einem Bild-
lung mitorganisierte. Es zog ihn nichts nach grund, der als Massenware vom Maler für
draußen, die Landschaft interessierte ihn diesen Moment zur Leinwand geadelt wird. ×
weit weniger als das Porträt, das fast ein Drit-
tel seines enormen Werks ausmacht. Vor al- »Degas. Klassik und Experiment«, Staatliche
lem aber offenbart sich das Desinteresse des Kunsthalle Karlsruhe, bis 1. Februar
Malers an der Authentizität des Augenblicks.
Sein Credo war die innere Verbindung zu
den künstlerischen Vorbildern.
Sie lässt sich als Rückversicherung be-
greifen, die ebenso aus der Moderne gespeist
wird wie Degas� Motive. Das libertinäre Pa-
ris des späten 19. Jahrhunderts mag Freihei-
ten versprochen haben, erfüllte das Groß-
bürgertum, dem der Künstler
entstammte, jedoch auch mit Unsi-
cherheit. So schätzte Degas den Li-
teraten Charles Baudelaire als
Chronisten des urbanen Le-
bens, spann sich selbst aller-
dings einen Kokon. Reisen
war ihm ein Graus, auch
wenn das Mehrfigurenbild
»Baumwollkontor« von
1873 als eines der High-
lights der Schau auf der
einzigen weiten Reise des

48
DE G A S

49
Jung! Geistreich! Sexy!
Fasziniert schauten deutsche Künstler in den Sechzigerjahren auf die amerikanische
Pop-Art. Sie wurde zur wichtigsten Inspiration für neue und zugleich sehr
eigenständige Wege, wie die Schau »German Pop« in der Frankfurter Schirn zeigt

VON
U L R IC H C L E W I N G

50
über
G E R M A N P OP

Der britische Künstler Richard Hamilton Illustrierte zeigten das Lebensgefühl der
wusste genau, was man sich unter dieser selt- Sixties, Gerhard Richter nahm sie zur Vor-
samen neuen Kunstrichtung vorzustellen lage, wie in »Motorboot 1. Fassung« (1965).
hatte, über die auf einmal alle sprachen. Links: Weniger bekannt ist der Pop-Art-
»Pop-Art«, schreibt er im Januar 1957 an sei- Künstler Werner Berges, der in »Die Beiden«
ne Londoner Freunde, die Architekten 1967 zwei Kurzhaarschönheiten porträtierte
Alison und Peter Smithson, in einem be-
rühmt gewordenen Brief, »ist populär, kurz- geschichte orientierte oder an dem, was man
lebig, entbehrlich, kostengünstig, in großen an den Akademien lehrte. Sondern an Hol-

D
Mengen hergestellt.« Doch damit ist er noch lywoodfilmen, an den grellen Farben, gro-
nicht am Ende. Denn Pop-Art ist außerdem ßen Buchstaben und eingängigen Botschaf-
»jung, geistreich, voller Gags, glamourös, ten der Werbung. Erfunden in England und
sexy, big business«. Und dies, so Hamilton, in Amerika zu voller Blüte gebracht, war
»ist nur der Anfang«. Pop-Art das Pendant zu Rock ’n’ Roll und
Streicht man den Anteil Ironie, der in Beat – und entsprechend skeptisch reagierte
dieser Aufzählung steckt (wir sind hier das Establishment. Stellvertretend für viele
schließlich im Vereinigten Königreich), bat die in New York erscheinende Illustrierte
bleibt eine relativ präzise Definition Life im Januar 1964 ihre Leser um eine Ein-
dessen, was in den nächsten zehn schätzung der Begabung Roy Lichtensteins,
Jahren über die Kunstwelt kom- dessen Spezialität Comicbilder waren: »Ist er
men sollte wie eine Sturmflut über der schlechteste Künstler der USA?«
die grünen Wiesen von Suffolk. Ob und wenn ja, in welcher Form Pop-
Pop-Art war nichts anderes als eine Art auch in Deutschland existierte, dieser
Revolution. Eine Rebellion der Ju- Frage geht derzeit eine ausgesprochen intel-
gend gegen ihre Eltern und Großel- ligent gemachte Ausstellung in der Frank-
tern, ein Angriff auf traditionelle Werte furter Schirn Kunsthalle nach. Martina
und den guten Geschmack, auf Langeweile Weinhart, die Kuratorin, die die Schau kon-
und Borniertheit. Pop war Kunst, die aus zipierte, bietet dabei als Antwort ein ent-
dem Alltag kam. Die sich nicht an der Kunst- schiedenes »Ja, aber« an. Und sie geht noch

51
G E R M A N P OP

gelsächsischen Vorbildern markiert. Andy


Warhol, der als Werbegrafiker angefangen
hatte, fertigte Siebdrucke von Zeitungsfotos
an, von Marilyn Monroe oder Elvis Presley
als Colt ziehendem Cowboy (aus dem Film

Bilder diese Doppelseite: Anne Gold/The Estate of Sigmar Polke/VG Bild-Kunst, Bonn 2014; Horst Kolberg/Konrad Klapheck/Artothek/Stiftung Museum Kunstpalast/VG Bild-Kunst, Bonn 2014; Jochen Littkemann/Privatsammlung/Courtesy Contemporary Fine Arts, Berlin;
»Flaming Star«). Selbst wenn Warhol Polizei-
fotos von tödlichen Autounfällen vervielfäl-
tigte, sah das immer noch auf eigentümliche
Art gut aus. Der schon erwähnte Roy Lich-
tenstein malte Comics, wobei er sie nicht ein-
fach kopierte und vergrößerte. Er ordnete die
Ausschnitte zu neuen Kompositionen, um sie

vorige Doppelseite: Gregor Zawadzki/DavisKlemmGallery, Wiesbaden/München; Gerhard Richter, 2014/Leihgabe aus Privatbesitz im Gerhard Richter Archiv, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
noch besser zur Geltung zu bringen.
Den Deutschen fehlte diese Unbeküm-
mertheit. Doch ein Rundgang durch die
Schirn zeigt, dass dies nicht zwangsläufig ei-
nen Mangel beschreibt. Glaubt man Martina
Weinhart, die als Kronzeugen den italieni-
schen Schriftsteller Umberto Eco zitiert, wa-
ren die Voraussetzungen einfach andere. »Im
Prinzip versteht der gebildete Europäer«, for-
muliert Eco in seinem 1978 erschienenen
»Gespräch mit Umberto Eco über die Theo-
rie des Pop«, »die Konsumgesellschaft als ein
Phänomen, das sich herausbildete, als die
Kultur bereits einen hohen Entwicklungs-
stand hatte.« Für den Amerikaner hingegen
weiter. Pop-Art, konstatiert sie in der Einlei- Pop ist auch die symbolische Überhöhung sei sie eine selbstverständliche Alltagserfah-
tung zum Ausstellungskatalog, entwickelte trivialer Alltagsgegenstände in der Kunst: rung und seit jeher Bestandteil der Gesell-
sich im Westen innerhalb kürzester Zeit als »Junge mit Zahnbürste« nannte Sigmar schaft. Oder, wie Eco sagt: »die reine Natur«.
Universalkultur ohne Alternative: »Es gibt Polke sein Bild aus dem Jahr 1965. Bei den Daher hätten die amerikanischen Künstler
den französischen Pop, den italienischen Gemälden Konrad Klaphecks erzeugen den Gebrauchsgegenständen gegenüber eine
und den skandinavischen. Außerhalb von erst Titel wie »Zwei Kameraden« (1966,
völlig andere Einstellung: »Sie können sie
unten) die eigentliche Bedeutungsebene
Europa gibt es die lateinamerikanische Ver- gleichzeitig lieben und verabscheuen.«
Rechte Seite: Wie ein Trümmerhaufen aus
sion ebenso wie die japanische.« Sogar im Trotzdem, oder vielleicht gerade des-
Jeff-Koons-Skulpturen wirkt Christa
Ostblock »gab es Pop, etwa in der sowjetrus- Dichgans’ Gemälde »Stillleben mit Frosch« halb schauten die Deutschen Ende der Fünf-
sischen Underground Art«. von 1969 – das allerdings Jahrzehnte ziger- , Anfang der Sechzigerjahre sehnsüch-
Um ihre These vom »German Pop« zu vor dem Koons-Boom entstand tig und fasziniert nach Amerika. Der stets
untermauern, hat die Ausstellungsmacherin besonders gut informierte Maler Konrad
nach akribischen Recherchen rund 150 Arbei- Lueg, der später seine Malerkarriere aufgab
ten von 34 Künstlerinnen und Künstlern aus und als Konrad Fischer einer der bekanntes-
Museen, Ateliers und zum Teil recht entlege- ten Galeristen Deutschlands wurde, studier-
nen Privatsammlungen zusammengetragen. te sämtliche einschlägigen Kunstzeitschrif-
Darunter sind neben den bekannten Namen ten. Winfred Gaul, noch so ein Künstler, den
etliche handfeste Überraschungen. Die groß- Weinhart aus der Versenkung hervorgeholt
artige, praktisch vergessene Bettina von Ar- hat, verbrachte 1962 vier Monate in New
nim aus Berlin zum Beispiel, mit ihren Bil- York. Konrad Klapheck reiste mit der ganzen
dern von futuristischen Space-Age-Robotern, Familie an, und auch die ebenfalls in der Aus-
die an Menschmaschinen aus fernöstlichen stellung vertretenen Christa Dichgans und
Mangas erinnern und denen sie so merkwür- Karl Horst Hödicke begaben sich auf Entde-
dige Titel wie »Close Cycle Man«, »Schalter« ckungstour durch die Galerien und Künstler-
oder »Hosenträger« verlieh. Oder Lambert ateliers der Stadt.
Maria Wintersberger, ebenfalls aus Berlin, Doch sie kehrten nicht als Kopisten und
ein anderer Maler, den heute kaum noch je- Epigonen zurück. Wenn diese Ausstellung et-
mand kennt: Seine großformatigen, räum- was eindrucksvoll beweist, dann ist das der
lich komplex komponierten Bilder sauber Sonderweg, den die deutschen Pop-Art-
aufgeschnittener Fingerkuppen oder augen- Künstler beschritten. Genau genommen wa-
loser Mundwürmer haben etwas fundamen- ren es sogar viele Sonderwege, denn in Düs-
tal Verstörendes. seldorf herrschte ein ganz anderer Stil als in
Damit ist bereits ein charakteristisches München, in Frankfurt ein anderer als in
Merkmal des »German Pop« benannt, das ei- Berlin. Das war keine teutonische Eigenart.
nen grundsätzlichen Unterschied zu den an- Auch in den USA umfasste der Oberbegriff

52
Bilder S. 54 1 - 4: Projektionen von KRIWET im Creamcheese, Düsseldorf, 1967, Abb. aus Katalog „German Pop“, Hrsg. Martina Weinhart und Max Hollein, Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln, S. 46; Einladung zu Leben mit Pop, eine Demonstration für den kapitalistischen Realismus von Konrad Lueg und
Gerhard Richter, Möbelhaus Berges, Düsseldorf, Oktober 1963, Abb. Katalog S. 78; Möbelhaus Berges, Flingerstraße 11, Düsseldorf, fotografiert von Reiner Ruthenbeck, Abb. Katalog S. 45; René Block, 1965, von KP Brehmer, im Hintergrund Prinz Sturdza (1965) von Gerhard Richter, Abb. Katalog S. 114

Pop-Art bisweilen sehr unterschiedliche lung werden einige sehenswerte Filme ge- rin gleich am Eingang prominente Stellplät-
Handschriften. Warhol und Lichtenstein ha- zeigt, einen davon hat Manfred Kuttner ge- ze zugedacht hat. HP Alvermann, elf Jahre
ben so wenig miteinander gemein wie Ed dreht – und die einzelnen Sequenzen so älter als Kriwet und auch aus Düsseldorf, ist
Ruscha von der Westküste Kaliforniens mit schnell geschnitten, dass Düsseldorf wirkt mit dem Objekt »Der Unberührbare« vertre-
Robert Rauschenberg oder dem Bildhauer wie London oder New York. ten, einem Zahnarztstuhl, auf dem Hühner-
Claes Oldenburg. Nach pulsierendem Großstadtleben se- eier, ein Paar weiße Slipper und – an der
Diesem Umstand hat die Kuratorin hen auch die Arbeiten von Ferdinand Kriwet Kopfstütze – zwei Glasaugen ihre suggestive
Rechnung getragen, indem sie die Präsenta-
tion nach Städten gliederte. Die Schau be-
ginnt mit Düsseldorf, dem bedeutendsten
Zentrum des deutschen Pop. Von dort
Die Deutschen waren nicht ganz so unbekümmert wie ihre
stammt auch ihr Titel. »German Pop« ist US-Vorbilder. Ein künstlerischer Mangel ist das nicht.
nicht etwa ein schickes Marketing-Label aus
dem Jahr 2014. Der Ausdruck geht auf den
Maler Gerhard Richter zurück, der damit im aus. Zum Beispiel im ersten Raum die bunt Symbolkraft entfalten. Von Peter Brüning,
April 1963 eine Ausstellung ankündigte, die flimmernde Installation »Neon-Text« in ih- Jahrgang 1929, ist eine dreidimensionale, mit
bezeichnenderweise nicht etwa in einer rem großen Plexiglaskasten. Für dieses Werk Fantasieemblemen bemalte, ineinander ver-
Kunstgalerie stattfand, sondern in den Räu- hat der 1942 in Düsseldorf geborene Autodi- wobene Autobahnlandschaft aus Blech aus-
men einer ehemaligen Metzgerei. In diesen dakt Dutzende von scheinbar zufällig zusam- gestellt. Ihr Titel: »Straßen über Straßen«.
Jahren war Düsseldorf mit seinen Konzern- mengewürfelten Neonröhren so montiert, Weitere Werke von HP Alvermann ha-
zentralen, Werbeagenturen und grenzenlo- dass sie einzelne Worte ergeben. Man entzif- ben den humoristischen Geist der deutschen
sen Einkaufsmöglichkeiten so etwas wie die fert sie nur mit Mühe: »shoot« steht da etwa, Pop-Art konserviert: »Sugar in the morning«,
heimliche Hauptstadt des Wirtschaftswun- oder »Nine« und »Please«. Dem breiten Publi- ein Waschbecken neben einer Zielscheibe
derlandes. Jedenfalls besaß die Stadt ohne kum weitgehend unbekannt sind auch die und dem Foto einer Nackten. Und das spöt-
Zweifel besonderen Drive. In der Ausstel- beiden anderen Künstler, denen die Kurato- tische »Denkmal für die Sozialdemokratie«,

53
G E R M A N P OP

Bilder S. 54 5 - 8: Einladungskarte, Galerie René Block, 1964/65, Abb. Katalog S. 111; Thomas Bayrle, Bernhard Jäger und Uwe Schmidt, Plakat, 1968, Abb. Katalog S. 147; Popshop Pudding Explosion in Frankfurt am Main, 1968, Abb. Katalog S. 51; Eröffnung der Ausstellung Heimrad Prem, Lothar Fischer, Galerie van
Die Zentren der deutschen Pop-Art

de Loo, München, 1967, Abb. Katalog S. 186. Dabei gilt für Konrad Lueg, Reiner Ruthenbeck, KP Brehmer; Thomas Bayrle, Uwe Schmidt, Heimrad Prem, Lothar Fischer/alle VG Bild-Kunst, Bonn 2014
Berlin (West)
Der junge Galerist René Block (oben auf
einem Foto von KP Brehmer) kam 1964
aus dem Rheinland nach Berlin und
zeigte dort ab 1964 die Düsseldorfer
Pop-Künstler neben Berliner Kollegen
wie KP Brehmer, K. H. Hödicke, Herbert
Kaufmann oder Wolf Vostell. Ebenfalls
in der Mauerstadt arbeiteten
Hermann Albert oder Christa Dichgans
Düsseldorf mit Motiven der Pop-Ästhetik
Der »Kapitalistische Realismus« fand hier 1963 als
ein Begriff für die deutsche Variante der Pop-Art
durch die Aktion von Konrad Lueg und
Gerhard Richter im Möbelhaus Berges (oben)
weite Verbreitung. Die Düsseldorfer Künstler
besuchten gern das »Creamcheese«, einen Club,
der berühmt für die Projektionen des
Pop-Artisten Ferdinand Kriwet (g. o.) war
Frankfurt
Thomas Bayrle und der sehr jung an Krebs
verstorbene Peter Roehr wirkten in der
Bankenmetropole. Wichtig war beiden das
Serielle in ihren Arbeiten. Mit langen Reihen
von kleinen ähnlichen Motiven schufen
sie eine Factory-Anmutung à la Warhol

München
Hier hatte die Gruppe Spur um Lothar Fischer,
Heimrad Prem, Helmut Sturm und HP Zimmer ihr
Aktionszentrum. Das Bild oben zeigt die Vernissage
von Prem und Fischer 1967 in der Galerie van de Loo.
Weitere wichtige Protagonisten waren Uwe Lausen,
Reinhold Heller und Ludi Armbruster. Letztere
konzentrierte sich auf das Thema des Körpers

54
bestehend aus Feuermelderschrank, behelm- merkt man noch am ehesten an den histori-
tem Gipskopf und dem Slogan »Wohlstand schen Publikationen, die im letzten Raum
für alle«. Überraschend, weil bisher so selten hinter der Münchner Abteilung mit Helmut
zu sehen, sind auch die poppigen abstrakten Sturms Collage oder den reizenden verspon-
Farbbahnen, die Winfred Gaul auf Sperrholz nenen Tonfiguren von Lothar Fischer in
malte. Eine dieser Arbeiten heißt »Sergeant Schaukästen präsentiert werden. Doch die
Pepper I« und erinnert an die pseudomilitä- Werke selbst erscheinen frisch und jugend-
rischen Hippie-Uniformen, wie sie die lich, fast so, als stammten sie von heute. Für
Beatles damals trugen. die Pop-Art-Künstler war die Trashkultur ih-
Erst nach dieser Parade der Unbekann- rer Zeit ein Jungbrunnen. Daran hat sich in
ten trifft man auf Künstler, mit denen man den letzten Jahrzehnten nicht so viel geändert.
hier eher gerechnet hätte: Sigmar Polke, Einige wenige Arbeiten sind auch noch
Bilder: Rudolf Nagel, Frankfurt am Main/Thomas Bayrle/MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main/VG Bild-Kunst, Bonn 2014; Hermann Albert/Galerie Poll Berlin/VG Bild-Kunst, Bonn 2014

Konrad Klapheck mit seiner Schreibmaschi- später entstanden, doch im Großen und Gan-
ne und Gerhard Richter. Von ihm hängt in zen endet der zeitliche Rahmen der Schau im
der Ausstellung ein Porträt der englischen Jahr 1968. Diese Zäsur wurde nicht willkür-
Königin, an dem die Unterschiede der deut- lich gesetzt. Folgt man der Argumentation
schen zur amerikanischen Pop-Art deutlich der Kuratorin Weinhart, war der deutsche
werden. Statt Elizabeth II. ein kräftiges Rosé, »Summer of Pop« kurz. Mit den Studenten-
Violett oder Blau zu verpassen, glimmt das unruhen wandelte sich das Klima unter den
Antlitz von Richters Queen in einem Farbton Künstlern. Eindeutige politische Parteinah-
zwischen fahlem Gelb und hellem Braun, als men waren nun gefragt. Manche schlossen
hätte sie ein schlechtes Sonnenstudio be- sich den Forderungen der Studenten an.
sucht. Bei den Deutschen ist Pop etwas ver- Manche schlugen neue Wege ein. Wie Ger-
haltener, verkopfter, politischer auch, so hard Richter, der anfing, abstrakt-gestische
scheint es, obwohl auch das Gegenteil Alle sind sauber: Thomas Bayrles Werk
Bilder mit seinen bloßen Händen zu malen.
stimmt: Wie Klapheck hegte auch Manfred »Ajax« (1966) spielt auf die massenhafte Andererseits: In seiner Nonchalance war das
Kuttner eine Faszination für Schreibmaschi- Verdrängung des Holocaust an. auch schon fast wieder – Pop! ×
nen – und strich eine von ihnen in den sei- Unten: Die leicht spießige Erotik der
nerzeit gerade erst auf den Markt gekomme- Wirtschaftswunderzeit persifliert Hermann »German Pop«, noch bis zum 8. Februar in der
nen Fluoreszenzfarben Grün und Pink. Alberts »Frau 7« aus dem Jahr 1969 Schirn Kunsthalle Frankfurt
An Spiel- und Experimentierfreude
fehlt es den Deutschen nicht. Sigmar Polke
bemalt ein Holzgitter rosa und nennt es ein
Bild. Christa Dichgans aus Berlin malt die
Spielsachen dann buchstäblich, als leblose
Haufen von fröhlich tristen Gummifröschen,
Seepferdchen, Modellautos und Strandbäl-
len vor einem die Augen blendenden, neutral
weißen Hintergrund. Der Frankfurter
Thomas Bayrle baut 1964 – kurz nach Beginn
der Auschwitzprozesse in seiner Heimatstadt
– ätzend komische Theaterkästen mit mecha-
nisch bewegtem Massenaufmarsch und Hit-
lergruß-Arm. Peter Roehr, ebenfalls aus
Frankfurt, schneidet identische Sequenzen
aus amerikanischen Werbefilmen aneinan-
der. So sieht man in einer Badewanne das
Wasser in Endlosschleife ablaufen. Und Mi-
chael Langer aus München, wie viele andere
gezeigte Künstler dem Vergessen entrissen,
schafft Gemälde wie »Bikini I« oder »Fußball-
fan«, beide aus dem Jahr 1967, bei denen er
das Morphen am Computer vorwegnimmt –
nur ohne Computer.
Darin besteht dann auch eine der er-
staunlichsten Leistungen dieser Ausstellung:
Dass die teilweise mehr als fünfzig Jahre al-
ten Werke in ihrer Auswahl und Zusammen-
stellung verblüffend aktuell wirken. In der
Lesart der Schirn hat die deutsche Pop-Art
keine Patina angesetzt. Wie viel Zeit seit ih-
rer Entstehung tatsächlich vergangen ist,

55
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SAMMLER
SEMINAR Nº 1 5

Vergoldete Bronzen
Bild: Michael Aust/CHristian Eduard Franke Kunsthandel, Bamberg

Entdecken und vertiefen Sie ein Sammelgebiet. Welches sind die Schlüsselwerke?
Wo wird man fündig? Was sagt der Markt? Plus: praktische Tipps und hilfreiche Adressen
Die nächste Folge: Blechspielzeug Zuletzt erschienen: Historische Karten

57
S A M M L E R SE M I N A R

Leuchtende Zeitzeugen
Vergoldete Bronzen aus Frankreich erzählen von einer Epoche des unbändigen
royalen Luxus. Heute sind die klassizistischen Kandelaber, Vasen und Tafelaufsätze
ein glänzendes Sammelgebiet – und in der Wohnung ein Eyecatcher

VON FOTOS

Bilder: Van Ham Kunstauktionen, Köln; Foto: Jens Bösenberg/Styling: Thomas Rook, Tony Cragg/VG Bild-Kunst, Bonn 2014
OL I V E R KÖN IG J E N S B Ö SE N B E RG

W
Wie so oft gab Paris auch hier den Ton an:
Die französische Hauptstadt war im 18. und
in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts das
genössischer Kunst kombinieren. Ihre
einstige Funktion als Beleuchtung oder fest-
liche Tafeldekoration ist heute nicht mehr
unangefochtene Zentrum für die Herstel- unbedingt maßgeblich – es sind skulpturale
lung von vergoldeten Bronzen. Das betraf Kunstwerke von ganz eigenem ästhetischen
die künstlerische Gestaltung wie die Beherr- Reiz, die sich in jeder Umgebung behaupten.
schung der Techniken. In Paris saßen aber Die Entwicklung der Kandelaber, Gi-
auch die potenten Auftraggeber für diese äu- randolen, Kerzenhalter, Lüster, Wandleuch-
ßerst kostspieligen Gegenstände. Sie gehör- ter, Kaminböcke oder Kratervasen als gän-
ten zum luxuriösen Lebensstil der Grande gigste Typen dieser Dekoration begann schon
Nation, und vergoldete Bronzen traten von Ende des 17. Jahrhunderts, nachdem die
hier ihren Siegeszug durch Europa an, bis Steuern auf Edelmetalle erhöht und schließ-
auch woanders – etwa in Wien, sogar in Ber- lich der private Besitz von Gold und Silber
lin – nach und nach Werkstätten mit durch- verboten wurden. Die große Gruppe der Uh-
aus qualitätvollen Produkten entstanden. An ren aus vergoldeter Bronze – Pendulen und
den Pariser Standard kam man allerdings Wanduhren – bleibt hier unbehandelt, da die
nur selten heran. weltkunst diesem Thema unlängst ein
Bis heute haben diese Werke nichts von Sammlerseminar gewidmet hat
ihrer Faszination verloren. Waren sie einst Der Klassizismus entwickelte sich in
für klassizistische Raumdekorationen kon- Frankreich seit der Zeit um 1760 mit dem
zipiert, lassen sie sich auch exzellent in Inte- Louis-XVI-Stil und war eine Reaktion auf die
rieurs von heute integrieren, ja sogar mit zeit- damals als schwülstig empfundenen Formen
des Rokoko. Man kehrte zurück zur gerad-
Tafelaufsatz mit drei Amoretten als Allego- linigen klaren Formensprache der antiken
rie des Zephyr, Paris um 1820, im Mai 2011 griechischen und römischen Vorbilder. Die
bei Van Ham für 14 000 Euro zugeschlagen. Übergangszeit in Frankreich, die »Transition«,
Vorige Seite: Zwei Deckelvasen, wohl von vereinte über den Zeitraum von etwa zehn
Thomire, um 1820, unter den Hauben sind Jahren die Formgebung und Stilelemente des
Kerzenhalter, bei Franke für 23 000 Euro Rokoko und des beginnenden Klassizismus.

58
Vergoldete Bronzen machen sich auch
gut in einem modernen Ambiente. Das
Brûle-parfum auf dem Hocker rechts,
Paris um 1800, rief kürzlich die Villa
Grisebach auf, wir setzten es in der
Berliner Wohnung des Galeristen Alfred
Kornfeld in Szene. Skulptur: »Der
Fremde« von Stella Hamberg, an der
Wand »Frühling« von Natela Iankoshvili
S A M M L E R SE M I N A R

Dies schlug sich jedoch in den Bronzearbei­ 1 Louis-XVI-Kaminbock nach Entwurf von Directoire einen Übergangsstil darstellt, ist
ten kaum nieder, anders als bei den Transi­ Jean-François Forty, als Paar bei Röbbig spätestens Ende des 18. Jahrhunderts ein
tion­Möbeln, die in Frankreich große Bedeu­ für 80 000 Euro 2 Kandelaber aus vergol- deutlich strengerer Stil bei den Bronzearbei­
tung und Verbreitung erlangten. Beliebte deter und dunkel patinierter Bronze, ten erkennbar. Die von Napoleons Ägypten­
griechische Stilelemente des frühen Klassizis­ Pierre-Philippe Thomire zugeschrieben, feldzug 1798/99 mitgebrachten Motive wie
mus waren das Akanthusblatt, Lorbeer, Perl­ Directoire-Zeit, um 1800. La Pendulerie
Obelisken, Pharaonenköpfe oder stilisierte
(Paris) bietet das Paar an 3 Ägyptisieren-
und Eierstab, Wellenbänder und ­friese, Löwen finden sich auch bei den vergoldeten
der Tafelaufsatz von Thomire, Paris um
Zahnfriese und Girlanden. Der frühe Louis­ Bronzearbeiten wieder.
1815. Mit seinem Gegenstück erzielte
XVI­Stil wird daher auch als gôut grec (grie­ er bei Schloss Ahlden 35 000 Euro Mit Napoleons Kaiserkrönung 1804 be­
chischer Geschmack) bezeichnet. ginnt das »Empire«, die Ästhetik dieser Zeit
Zu diesen Komponenten kamen später ist unbestreitbar mit der Person des Herr­
aus der etruskischen Kultur entlehnte Motive. schers verbunden. Schon 1799 hatte er
Der gôut étrusque, auch »Groteskenstil« ge­ Charles Percier und Pierre­François­Léonard
nannt, bevorzugte neben der gerollten Akan­ Fontaine zu seinen offiziellen Architekten
thusranke vor allem Füllhörner, Blatt­ und ernannt, was maßgeblichen Einfluss auf die
Blütengehänge, florale Girlanden und Dar­ Interieurs und den Wohnstil der Epoche hat­

Bilder: Röbbig München; La Pendulerie, Paris; Kunstauktionshaus Schloss Ahlden; Ralph Gierhards Antiques/Fine Art, Düsseldorf
stellungen wie Faune, Hermen, Satyrn oder te. Die Kunst der vergoldeten Bronzen er­
Sphingen. Gegen Ende der Louis­XVI­Epo­ reichte nun ihren zweiten Höhepunkt, die
che erreichte die Qualität der vergoldeten Qualität der Herstellung und Bearbeitung
Bronzen in Paris ihren ersten Höhepunkt. nahm noch einmal deutlich zu. Das lag si­
Auffällig ist der zunehmende Einsatz von cherlich an den weiter verbesserten Werkzeu­
Marmor in Kombination mit Bronze. Der gen und Fertigungsmöglichkeiten, aber auch
Stein wurde dann vor allem für den Sockel – nicht zu unterschätzen – an der Auflösung
oder einen Korpus, etwa eine Urne, benutzt. des Zunftsystems, das mit dem Ancien Ré­
In diesem Zeitraum um 1760–90 wur­ gime untergegangen war. Die ganze Produk­
den nur wenige Arbeiten signiert. So mar­ tion konnte nun unter einem Dach stattfin­
kierten die Bronzeure Osmond, Martincourt den; die verschiedenen Handwerker, vor
und Saint­Germain ihre Arbeiten mit einem 1789 vorzüglich ausgebildet, arbeiteten in di­
Schlagstempel, Caffiéri mit einer Gravur. rektem Kontakt miteinander. Der herausra­
Auch die Meister Pajot, Thomire, Turpin so­ gende Bronzeur dieser Epoche war Pierre­
wie Prieure kennzeichneten ihre Werke. Die Philippe Thomire (1751–1843). Bis zu 700
Signaturen sind allerdings, und dies gilt für Arbeiter beschäftigte er in seiner Manufak­
den gesamten Klassizismus, mit äußerster tur, und er war damals der einzige, der seine
Vorsicht zu genießen. Viele Marken sind ge­ Arbeiten signierte: mit einem Schlagstempel
fälscht, nur wenige Stücke wurden tatsäch­ am Sockel der Objekte.
lich von ihren Urhebern signiert.

Nach der Revolution


Das Ancien Régime mit seinem höfischen
Prunk ging 1789 in der Französischen Revo­
lution unter. Nun fehlten auf einmal die
Auftraggeber und Abnehmer der teuren,
spektakulären Bronzearbeiten. Zahlreiche
etablierte Werkstätten mussten schließen. Es
folgte das »Directoire« (1795–99), abgelöst
vom »Consulat« (1799–1804) mit Napoleon
Bonaparte als Erstem Konsul. Während das

2
3
1

60
Zwei Louis-XVI-Briefbeschwerer (»Presse- meist alle anderen Teile. Anschließend
papiers«), Paris um 1780, bei Ralph werden die Gusskanäle entfernt, die An-
Gierhards in Düsseldorf für 29 000 Euro schlussstellen überarbeitet, Fehlstellen re-
pariert und die Oberfläche geglättet – die-
Die Kombination von Marmor und vergol- se Arbeiten übernimmt der Reparateur.
deter oder patinierter Bronze blieb weiter Danach gestaltet der Ziseleur die Bronze-
in Mode. Im Spät-Empire (um 1820–40), oberfläche mit Sticheln, Ziseliermeißeln,
auch »Restauration« oder »Charles X« Punzen, Feilen und kleinen Hämmern.
(nach dem Bourbonenkönig Karl X.) ge- Diese äußerst diffizile und zeitaufwendige
nannt, wurden die Arbeiten wieder etwas Tätigkeit erforderte höchste Präzision und
verspielter. Zu dieser Stilepoche gehört die Kunstfertigkeit, die Ziselierung entschei-
Verwendung eines sehr auffälligen gelben det maßgeblich über die Ausdrucksfähig-
Marmors, dem giallo antico, der farblich keit des Bronzeobjekts.
sehr gut zu den damals beliebten, mit Für das Finish sorgt der Vergolder
Zitronenholz furnierten Möbeln passte. (Doreur). Die einzelnen Bronzestücke wer-
Dieser Marmor wurde häufig auch mit pa- den dort, wo sie vergoldet werden sollen,
tinierter Bronze kombiniert, um den Kon- mit einem Gemisch aus Gold und Queck-
trast zwischen den Materialien zu erhöhen. silber bestrichen. Die Partien, die bronze-
Ohnehin wurden nun mehr Bronzepar- sichtig bleiben, erhalten einen Schutz aus
tien zwischen den Feuervergoldungen pa- Kreidepaste. Nun wird das so präparierte
tiniert als zuvor. Objekt ins Feuer gehalten, das Quecksilber
Obwohl nur wenige Bronzen signiert verdampft und das Gold setzt sich auf der
wurden, lassen sich doch viele von ihnen Oberfläche ab. Je nach Zusammensetzung
zuordnen, vor allem durch Stiche und Ent- und Verfahren entstehen unterschiedliche
wurfszeichnungen. Zuweilen fanden sich Goldtöne: die gängigen Gelbnuancen,
auch Inventarverzeichnisse einzelner rote Valeurs, aber auch grünliche Varian-
Bronzeure. Als die noch im Ancien Ré- ten. Durch entsprechende Oberflächenbe-
gime ausgebildeten Handwerker nach und handlung lässt sich Mattgold erzielen, das
nach ausstarben, nahm auch die Qualität dient oft dazu, um bestimmte Elemente,
der Ausführung deutlich ab. Während etwa figurale Darstellungen herauszuhe-
man aus der Zeit um 1830/40 noch viele ben. Die Vergoldung kann wiederholt wer-
hochwertige, handwerklich exzellente den. Oft werden die Front und die Figuren
Werke findet, gelingt dies in den Jahrzehn- mehrmals vergoldet, während die Seiten-
ten danach nur in Ausnahmefällen. und Rückenteile nur eine Schicht erhalten.
Das zeigt sich heute, wenn die dünneren
Guss, Ziselierung, Politur Partien Abriebstellen aufweisen. Die bei
Der Herstellungsprozess für ein vergolde- der Feuervergoldung entstehenden Queck-
tes Bronzeobjekt im Klassizismus ist äu- silberdämpfe waren übrigens so schädlich,
ßerst komplex. Am Anfang steht ein Ent- dass den Handwerkern ein kurzes Leben KUNSTHALLE % Zur Ausstellung ist ein
Lange Straße 35 reich bebilderter Katalog
wurf, dieser kann von einem Bildhauer, und meist ein qualvoller Tod bevorstan- 74523 Schwäbisch Hall im Swiridoff Verlag
Fon +49 791 94672- 0 erschienen.
Zeichner oder Architekten stammen. den. Erst 1818 erfand der Leiter der Pariser www.kunst.wuerth.com
Nach deren Konzept fertigt ein Bildhauer Münze, Jean Pierre Joseph d’Arcet, einen
Christian Schad, Alle Aktivitäten der
ein Modell aus Gips, Wachs oder Holz. Ofen, in dem sich die giftigen Dämpfe ab- Sonja (Detail), 1928 Kunsthalle Würth sind
Staatliche Museen zu Berlin, Projekte der Adolf Würth
Der nächste Arbeitsschritt ist der Guss in führen ließen. Nationalgalerie. Erworben GmbH & Co. KG.
Bronze, als Ganzes oder in Teilen. Der Gie- Als letzter Arbeitsschritt werden die durch den Verein der Freunde
der Nationalgalerie aus den
ßer bedient sich dabei zweier Verfahren:
Mit dem Sandguss werden eher einfache
nicht ziselierten Flächen mit einem Achat-
stift (auch Achatstab) oder einem Polier-
Mitteln der Stiftung von Inge-
borg und Günter Milich, Berlin.
© Christian Schad Stiftung
[]
Aschaffenburg /
und glatte Formen hergestellt, mit dem stahl zum Glänzen gebracht. Auch wenn VG Bild-Kunst, Bonn, 2014
deutlich arbeitsaufwendigeren, kom- viele dieser Werke wie aus einem Guss Foto: bpk/Jörg P. Anders

plizierteren Wachsausschmelzverfahren wirken, bestehen sie oft aus zahlreichen

61
In der Wohnung Kornfeld mischt sich eine
antikisierende Amphore, Paris um 1800,
unter küssende Männer von Wolfgang
Tillmans und ein monumentales Bild von
Anselm Kiefer. Mit ihrem Gegenstück er-
zielte die vergoldete und patinierte Bronze
bei Grisebach 8250 Euro (inkl. Aufgeld)
S A M M L E R SE M I N A R

Teilen. Zum Schluss müssen sie noch zusam- Wie immer bei Kunst und Antiquitäten er- te hierzu findet man zum Beispiel im Musée
mengebaut werden; dies übernimmt oft ein fordert das Erkennen von originalen feuer- Marmottan Monet in Paris.
eigener Handwerker, der Monteur. Die Qua- vergoldeten Bronzen einige Erfahrung. Man Manchmal ist es selbst für geschulte
lität einer vergoldeten Bronze ergibt sich also sollte daher beim Kauf den Fachmann hin- Augen schwierig, eine Oberfläche richtig ein-
aus ganz unterschiedlichen Komponenten: zuziehen. Einige Kriterien seien dennoch ge- zuschätzen. Denn es gibt mittlerweile Ver-
Entwurf, Modell, Guss, Ziselierung, Vergol- nannt: Ein Bronzeguss aus dem Klassizismus goldungsmöglichkeiten, die mit der an-
dung, nicht zuletzt die Raffinesse bei der ist innen rissig. Kandelaber oder Tafelaufsät- schließenden Patinierung und Imitation von
Aufteilung in Einzelelemente. Hinzu kommt ze wurden immer mehr oder weniger be- Gebrauchsspuren hervorragende Ergebnisse
der Detailreichtum: An guten feuervergolde- nutzt, so gehören zu einer originalen Feuer- erreichen, sodass das Original fast nicht
ten Bronzen entdeckt man immer wieder vergoldung eigentlich stets Gebrauchsspuren. mehr von der Fälschung oder Reproduktion
neue Einzelheiten, auch dies ein Grund für Ist dies nicht der Fall, sollte man gewarnt unterschieden werden kann. Die Montie-
die Faszination dieser Objekte. sein und das Objekt gründlicher untersu- rung der Objekte erfolgt mit Schrauben,
Neben den genannten gängigen Typen chen. Gute authentische Anschauungsobjek- Muttern und Gewindestangen. Diese wur-
wurden auch Skulpturen und selbst ganze den zum größten Teil handgefertigt. Selbst-
Möbel wie Guéridons (elegante Beistelltisch- verständlich wurden noch keine metrischen
Bilder: Foto: Jens Bösenberg/Styling: Thomas Rook; Lempertz, Köln; Antike Uhren O. König, Köln; Kunsthandel Peter Mühlbauer, Pocking

chen) aus vergoldeter Bronze hergestellt. Gewinde verwendet.


Häufiger trifft man »Körbe« an. Meist als 1 Wohl aus Birmingham stammt die Urnen- Die vergoldeten Bronzeobjekte sollten
Paar produziert, besitzen sie einen Fuß mit vase aus Halbedelstein und vergoldeter immer mit Baumwollhandschuhen ange-
einer Bronzemontierung, darauf ein Gefäß, Bronze, um 1770/80. Als Paar erzielte sie fasst werden, die Hände hinterlassen sonst
das oft aus Glas besteht. Ebenfalls als Paar bei Lempertz 12 810 Euro 2 Kandelaber Abdrücke, die nur schwerlich wieder ent-
üblich sind Räuchergefäße, die sogenannten »Aux victoires«, Paris um 1810/20, mit Pen- fernt werden können. Der Standort muss
dant bei Antike Uhren König in Köln für
Brûle-parfums. Ein weiterer gebräuchlicher trocken sein, da Feuchtigkeit mit der Legie-
9500 Euro 3 Der elegante Bronzetisch von
Typ ist der Tafelaufsatz. Viele stammen aus rung reagieren kann, dann kommt es zu un-
Thomire kostet bei Mühlbauer 115 000 Euro
der Produktion Thomires, der offensichtlich schönen Oxidationsprozessen. Die Reini-
auf die Herstellung dieser Tischdekoration gung feuervergoldeter Kunstwerke sollte
spezialisiert war. Sie kann aus Körben, Eta- erfahrenen Fachleuten überlassen werden.
geren oder Kerzenleuchtern bestehen, diese Das Objekt muss hierfür ohnehin zerlegt
wurden auf die tablettartigen surtouts de table werden, da die Reinigungsflüssigkeit an-
gestellt: plattenartige Unterbauten, meistens sonsten in Fugen und Aussparungen
mit einem Spiegel belegt und balustraden- laufen würde und dieses nicht getrocknete
artig umrandet. Große Surtouts sind immer Gemisch mit der Zeit ausblühen würde. Un-
mehrteilig. bedingt abzuraten ist von haushaltsübli-
chen Polituren. Sie enthalten allesamt feine
Marktentwicklung und Pflege Schleifpartikel, welche die Feuervergoldung
Die Preise für vergoldete Bronzearbeiten wa- unwiederbringlich abreiben.
ren in der Louis-XVI-Zeit, aber auch im Em- Alles in allem sind diese herrlichen
pire exorbitant hoch, im Vergleich zu heute Kunstwerke aber unkompliziert. Sie glänzen,
kosteten sie ein Vielfaches, teilweise 300 bis leuchten und schimmern und erzählen in
400 Mal mehr. So erzielte beispielsweise der ihren aufwendigeren Beispielen ganze Ge-
Dreifuß von Pierre Gouthière, heute in der schichten. Sie zeugen von einer Epoche, die
Londoner Wallace Collection, 1782 auf einer uns fern geworden ist und passen sich doch
Auktion eine Summe, die heutzutage rund bestens unserem Leben an. ×
450 000 Euro entspricht. Auch einfachere Ar-
beiten, etwa ein Paar Kandelaber, kosteten
damals den Gegenwert von 100 000 Euro.
Das ist heute anders. Zwar können Spit-
zenstücke wie zwei im Dezember 2011 bei
Koller in Zürich versteigerte Prunkgirando-
len von François Rémond mit Aufgeld im-
mer noch 340 000 Franken erreichen. Meist
bleiben die Taxen allerdings im niedrigen
fünfstelligen Bereich. Einfache Kerzenhalter
in guter Qualität und originaler Vergoldung
erhält man im Kunsthandel bereits für unter
2000 Euro, Paare kleinerer Kandelaber kos-
ten teilweise auch nicht mehr als 10 000 Euro.
Insgesamt haben die Preise in den vergange-
nen Jahren zwar etwas nachgegeben, ein Ver-
fall, wie man ihn leider momentan bei Mö-
2
beln aus der gleichen Epoche erlebt, ist für 3
diese faszinierenden Stücke allerdings nicht
zu verzeichnen.
1

63
S A M M L E R SE M I N A R

Glossar
Wie wird der Kandelaber zur Girandole, was unterscheidet Punzierung und Ziselierung,
was wurde aus dem antiken Dreifuß? Ein kleines Lexikon der vergoldeten Bronzen

Applike die Farbtöne reichen dabei von Punzierung


Allgemein handelt es sich hierbei grün über braun bis schwarz. Die Unter einer Punzierung versteht
um eine aufgesetzte Dekoration. Brünierung (der Begriff kommt aus man die Prägung in Metall oder
Die Bronzeure stellten diverse dem französischen brunir für Leder. Mit den meist aus Metallstif-
Appliken zur Dekoration der Möbel bräunen) ist eine Behandlung mit ten bestehenden Punzen lassen sich
her (Beschläge). Sehr häufig werden Säuren oder Laugen. Das Objekt auch komplexe Muster in den
auch an der Wand angebrachte wird dabei nicht beschichtet, Gegenstand arbeiten, beispielsweise
Kandelaber so genannt. sondern als Schutz oxidiert. ein Blattfries der Sockelleiste.

Bilder: Bonhams; Van Ham Kunstauktionen, Köln; Koller Auktionen, Zürich


Bronze Dreifuß Vergoldung
Bronze ist eine Legierung, der Bei Ausgrabungen in Pompeji und Die beiden klassischen Vergol-
Hauptbestandteil ist Kupfer (60 bis Herculaneum fand man 1780 dungsverfahren für Bronze sind die
über 90 %), hinzu kommen Zinn, mehrere dreibeinige Bronzegestelle Feuervergoldung und die galva-
Zink und Blei. Die bis heute für Gefäße. Möbelbauer und nische Vergoldung. Die Feuerver-
APPLIKE Frankreich nach 1800, als Paar
wichtigsten Gießverfahren sind der Bronzierer des Klassizismus nutzten goldung basiert auf einem Gemisch
im Dezember von Bonhams bei
Sandguss und das Wachsaus- sie als Vorbilder. Aus dem antiken aus Quecksilber und Gold, welches
taxierten 30 000 Pfund aufgerufen
schmelzverfahren. Dreifuß entwickelten sie unter auf die Bronze aufgetragen wird
anderem Räuchergefäße (Brûle- und anschließend im Ofen oder im
Brünierung/Patinierung parfums) oder auch Körbe als Gemeint ist eine Pendeluhr, die sich Feuer erhitzt wird. Dabei verflüch-
Die beiden Begriffe werden in der Tafeldekoration. Der Dreifuß aus auf ein Kaminsims, aber auch auf tigt sich das Quecksilber, das Gold
deutschsprachigen Fachliteratur oft Herculaneum befindet sich heute Konsolen oder Kommoden stellen schlägt sich auf dem Objekt nieder.
synonym verwendet. Man erzielt im Nationalmuseum in Neapel. lässt. Im 18. und frühen 19. Jahr- Die entstehenden Dämpfe waren so
bei vergoldeten Bronzen damit hunderts wurden häufig fantasie- giftig, dass die Arbeiter einen
einen Kontrast zwischen den Girandole volle skulpturale Gebilde daraus. qualvollen und frühen Tod erlitten.
andersfarbigen dunklen Teilen und Unter Girandolen versteht man Bei der Raumdekoration spielten Die galvanische Vergoldung ist
den vergoldeten Partien. Dabei Kandelaber, die zu groß waren, sie eine wichtige Rolle, folglich die heute am häufigsten angewen-
werden die Bereiche, die nicht um sie auf dem obligatorischen auch bei der Gattung der ver- dete Methode. Die Objekte werden
vergoldet, sondern später brüniert/ Kamin zu platzieren. Die fast goldeten Bronzen. Der Anteil der dabei in ein Goldelektrolyt
patiniert werden sollen, abgedeckt, immer als Paare auftretenden Uhren an Bronzearbeiten im getaucht, durch elektrische
meist mit einer Kreidepaste. Bei der Girandolen fanden auf Tischen, Klassizismus ist schwierig zu Spannung scheidet sich das Gold
Patinierung werden diese nach der Konsolen, Kommoden oder schätzen, dürfte aber wohl über auf der Oberfläche ab. Diese
Vergoldung mit einer oder anderen halbhohen Möbeln ihren 25 Prozent liegen. Die Rolle des Methode sorgt für eine gleichmä-
mehreren Farbschichten gestaltet, Platz. Der französische Begriff Uhrmachers bei der Entstehung ßige Vergoldung. Bei galvanischer
Girandole wird in Frankreich einer Pendule wird oft Restaurierung einer historischen
häufig gar nicht verwendet, dort überschätzt. Tatsächlich Feuervergoldung geht der
spricht man dann ausschließlich war er äußerst selten ursprüngliche Charakter
von Kandelabern. Auftraggeber oder vollständig verloren.
Initiator einer solchen
Kandelaber Arbeit, und sein Salär Ziselierung
Mehrflammige Kerzenhalter, die betrug nur etwa Von der Punzierung nicht
sich meist aus einer zentralen Säule 10 Prozent vom Ge - immer eindeutig zu
in mehreren Armen verzweigen. Sie samtpreis. Die zweite wichtige unterscheiden. Wie diese ist die
wurden ebenfalls meist als Paare Gruppe von Uhren des Ziselierung kein spanabhebendes
hergestellt, es existieren aber auch Klassizismus aus vergoldeter Verfahren. Das Metall wird
ganze Sätze gleicher Kandelaber. Bronze sind die Carteluhren. getrieben oder gedrückt, auch
Diese Wanduhren wurden aber hier werden Hammer und
Kerzenhalter bei Weitem nicht in so großer diverse Punzen eingesetzt.
Einflammiger Kerzenleuchter. Zahl hergestellt wie die Pendulen. Hinzu kommen allerdings noch
weitere Feinwerkzeuge, wie
PUNZIERUNG Die Ornamente auf den Pendule PATINIERUNG Louis-XVI-Kande- Feilen, Meißel oder Stichel.
Flügeln des Knaben sind punziert. Das französische Wort hat sich laber, mit Pendant erzielte er bei Ziselierung ist meist aufwen-
Der ganze Tafelaufsatz auf Seite 58 international durchgesetzt. Koller im Mai 156 000 Franken diger als die Punzierung.

64
Advertorial
Weltkunst-Tipp

Versichert ist,
was im Vertrag steht

Timo Kreitmair ist Sales & Development Underwriter bei Hiscox

In Herbst und Winter finden bei der Versicherung zu


traditionell zahlreiche be- melden, sonst wird ein Scha-
kannte und wichtige Kunst- denfall schnell zur Katastro-
messen statt – viele Sammler phe für den Sammler.
nutzen diese Zeit des Jahres,
um sich intensiv mit dem Mit einem weiteren Blick
Kunstmarkt zu befassen und ins Vertragswerk sollte am
auf Messen auch das ein besten schon vor neuen An-
oder andere neue Stück für schaffungen geprüft werden,
die Sammlung zu erwerben. ob Transporte mitversichert
Damit die Freude über den sind. Denn grundsätzlich ist
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getrübt bleibt, lohnt es sich, transport versichert ist – und
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dem tatsächlichen Bestand Bestandteil von Allgefahren
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Gewusst, wo
Wie kann man sein Auge schulen? Wo kann man vergoldete Bronzen kaufen? Wer gibt
fachkundig Auskunft? Ein Führer zu Institutionen, Händlern und Auktionen

Kunstgewerbeauktionen stets etwas


Schauen dabei, ebenso im Dorotheum in
Wien oder in Zürich bei Koller, wo
Klassizistische Bronzen aus die französische Wohn- und
Frankreich lassen sich natürlich am Raumkunst mit oft spektakulären
besten in Paris studieren. Das Objekten vertreten ist. Auf der
Musée des Arts décoratifs bietet »Orangerie«-Auktion der Villa
eine umfassende Sammlung Grisebach in Berlin wurden im
vergoldeter Bronzen, auch das November einige bedeutende
Musée Marmottan Monet besitzt Bronzen des französischen und
eine sehr schöne Kollektion. In deutschen Klassizismus aufgerufen.
London zeigt die Wallace Collection Hinzu kommen natürlich die
neben ihrem berühmten Bestand internationalen Auktionshäuser
von Boulle-Möbeln auch etliche Sotheby’s, Christie’s und Bonhams,
Bronzeobjekte, darunter solche aus die sich vor allem im oberen
dem Louis XVI und dem Empire. Preissegment engagieren.
Lohnend ist die Reise nach Madrid.

Bild: Steinitz, Paris


Dort lässt sich im Spanischen
Nationalmuseum eine stattliche Lesen
Anzahl von Arbeiten aus vergol- Empire-Inszenierung des Pariser Händlers Steinitz auf der Brafa in Brüssel
deter Bronze bestaunen. Bedeutend Daniel Alcouffe u.a.: Les bronzes
ist hier vor allem die Pendulen- d’ameublement du Louvre, Editions
sammlung, klassizistische Exem- längst nicht mehr heimlichen sowie anderen guten deutschen Faton, 2004, 49 Euro: die vergol-
plare nehmen den Hauptteil der Antiquitätenhauptstadt Bamberg Kunstmessen wird man auf ein deten Bronzen im Louvre von
Ausstellung ein. In den deutschen wird man fündig. Am ergiebigsten mehr oder weniger großes Angebot Ludwig XIV. bis um 1860, sehr
Schlössern und Museen steht ist natürlich die Reise nach Paris. an qualitätvollen Bronzen stoßen. schön bebildert, auch als englische
naturgemäß der hiesige Klassizis- Im Antiquitätenviertel Rive Gauche Ausgabe erschienen.
mus im Vordergrund, aber etwa das und vor allem in der noblen Rue
soeben wiedereröffnete Kunstge- du Faubourg Saint-Honoré kann Bieten Marie-France Dupuy-Baylet:
werbemuseum in Berlin präsentiert man im Louis XVI und Empire L’heure. Le feu. La lumière. Les
in seiner Dauerausstellung auch regelrecht schwelgen. Da ist der Auktionshäuser, die auf vergoldete bronzes du mobilier national
einige Empire-Stücke aus Paris. große Generalist Steinitz zu nennen, Bronzen spezialisiert sind, gibt es 1800–1870, Editions Faton, 2010,
aber auch der Uhren- und nicht. Aber die renommierten 76 Euro: verzeichnet die Bronzen
Bronzenspezialist Christophe Versteigerer bieten regelmäßig eine im Besitz des französischen Staates,
Kaufen Guerin (La Pendulerie) oder Pascal gute Auswahl an Bronzearbeiten vor allem Empire, exzellente Fotos.
Izarn offerieren eine spektakuläre dieses Typs an. Bei Lempertz und
In Deutschland bietet eine ganze Auswahl von Kandelabern, Van Ham in Köln ist auf den Hans Ottomeyer/Peter Pröschel:
Reihe von Kunst- und Antiquitäten- Kaminböcken und Pendulen. In der Vergoldete Bronzen. Die Bronzear-
händlern auf hohem Niveau Schweiz ist Richard Redding beiten des Spätbarock und
vergoldeten Bronzen an, nicht nur (Madetswil-Gündisau) als Spezialist Klassizismus, 2 Bände, Klinkhardt
des deutschen Klassizismus, für Großuhren und außergewöhn- & Biermann,1986, nur antiquarisch
sondern auch aus den Pariser liche vergoldete Bronzen bekannt. (sehr teuer): das Standardwerk
Werkstätten des Louis XVI und des Viele der genannten Händler sind schlechthin, reich bebildert und
Empire. So etwa Röbbig in regelmäßig auf den einschlägigen sehr gründlich, systematische
München, Schmitz-Avila in Bad Kunstmessen anzutreffen. Die Tefaf Erfassung von Stichvorlagen.
Breisig, Ralph Gierhards in in Maastricht ist da immer noch
Düsseldorf, Oliver König in Köln, unangefochten die erste Adresse, Pierre Verlet: Les bronzes dorés
Otto von Mitzlaff in Wächtersbach gefolgt von der alle zwei Jahre français du XVIIIe siècle, Picard,
oder Mühlbauer in Pocking. stattfindenden Biennale des 2003, 105,50 Euro: thematisch und
Franke in Bamberg verfügt immer Antiquaires im Pariser Grand Palais nicht chronologisch geordnet, als
über ein exzellentes Angebot von oder der Brafa in Brüssel. Aber auch Die französische Empire-Pendule eine weitere Besonderheit werden
Bronzen, aber auch bei Senger, auf der Highlights und der »Wagen des Telemach« erzielte im auch Restaurierung und Pflege der
Härtl und anderen Händlern in der Postpalast-Messe in München Oktober im Dorotheum 27 500 Euro Bronzen berücksichtigt.

66
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der Fachkenntnisse, Seriosität und die Authentizität unseres
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Der KD ist mit seinem Expertenwissen und seiner Erfahrung auf dem
Kunstmarkt für die Politik mehr denn je ein notwendiger
Gesprächspartner, wenn es - von Steuerfragen, Artenschutz bis zum
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Geschäftsführer Norbert Munsch
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Macht der Schönheit
Helena Rubinstein war nicht nur die Gründerin eines Kosmetikimperiums,
sondern auch eine höchst eigenwillige Kunstsammlerin

VON
BA R BA R A KU TSCH ER

70
H E L E N A RU BI N S T E I N

M
Bilder: George Maillard Kesslere/Helena Rubinstein Foundation Archives, Fashion Institute of Technology, SUNY, Gladys Marcus Library, Special Collections; The Estate of David Hicks

Mehrere Tage brauchte es Ende April 1966,


bis die riesige Kunstsammlung von Helena
Rubinstein in alle Winde zerstreut war. Di-
cke Kataloge verzeichneten Skulpturen, Gra-
fik und Malerei der Moderne, französische
Möbel und Kunsthandwerk. Ihr kostbarer
Schmuck war schon im Jahr zuvor versteigert
worden. Der Besitz der Prinzessin Gourielli,
wie sie sich nach ihrer zweiten Heirat mit ei-
nem 23 Jahre jüngeren dubiosen georgischen
Adligen gerne nannte, brachte dem New Yor-
ker Auktionshaus Parke-Bernet 2,958 Millio-
nen Dollar ein. In heutiger Kaufkraft sind
das 21,73 Millionen Dollar. Ganz besondere
Aufmerksamkeit erregte Rubinsteins afrika-
nische und ozeanische Kunst, die, in zwei
Katalogen aufbereitet, schon allein über
600 000 Dollar einspielte. Noch heute ist die
Versteigerung ein oft zitierter Meilenstein für
das Sammelgebiet der Tribal Arts.
Die Kosmetikkönigin hatte schon früh,
im Jahr 1909, begonnen, afrikanische und
ozeanische Stammeskunst als bildende
Kunst zu sammeln. Das war ungewöhnlich,
denn zu dieser Zeit wurde außereuropäische
Kunst vor allem im anthropologischen Kon- flussreichen Pariser Pionierhändler für Stam- York über. Hier boomte das Geschäft mit der
text betrachtet. Aber die selbstbewusste Ge- meskunst und Freund der Surrealisten, er- Schönheit. Durch den Glamour der Filmin-
schäftsfrau schätzte nach eigenen Angaben worben. Bei der Rubinstein-Auktion dustrie wurde dekorative Kosmetik, vor al-
»den wahren ästhetischen Wert und die selt- kletterte die »Queen« auf den Rekordpreis lem Lidschatten und Wimperntusche, popu-
same Schönheit, die nicht weniger interes- von 29 000 Dollar. Beim nächsten Marktauf- lär. Rubinstein brachte als Erste zähflüssige
sant sind als die konventionelleren, lange ak- tritt im Jahr 1990, als sie von der Sammlung Mascara in einem Fläschchen auf den Markt.
zeptierten Schönheitsstandards griechischer des kalifornischen Händlers Harry E. Frank- »Es gibt keine hässlichen Frauen, nur beque-
Skulpturen«. Juwel ihrer Sammlung war die lin freigegeben wurde, stieg sie bereits auf me«, war ihr Motto, und sie überzeugte
sogenannte »Bangwa Queen«, eine Bamileke- 3,4 Millionen Dollar. Frauen, sich durch Kosmetik selbst zu trans-
Figur aus Westkamerun, die Künstler wie Chaja »Helena« Rubinstein war 1872 in formieren. »Madame«, wie sie allgemein ge-
Man Ray und Walker Evans inspirierte und Krakau in einfache jüdische Verhältnisse ge- nannt wurde, war auch ein Marketinggenie
noch heute als eines der bekanntesten Objek- boren worden. Vor einer arrangierten Ehe und verstand, dass »ein hoher Preis essentiel-
te afrikanischer Kunst in jedem Textbuch er- floh sie über Wien zu Verwandten nach Aus- ler Teil der Behandlung ist«. Wenn sich etwa
wähnt wird. Rubinstein hatte sie in den tralien und machte dort 1903 zunächst mit ein Produkt nicht gut verkaufte, erhöhte sie
1930er-Jahren bei Charles Ratton, dem ein- der selbst gemixten »Valaze«-Hautcreme und erst einmal seinen Preis.
dem Werbeslogan »Beauty is Power« Furore. Die nur 1,50 Meter große Geschäftsfrau,
Besonders erfolgreich wurde sie mit ersten von Natur aus mit einem feinen Porzellan-
Das Londoner Apartment richtete David Schönheitssalons für ein breites Publikum. teint gesegnet, ließ auch keine Gelegenheit
Hicks mit Sitzmöbeln von John Henry Belter Bald folgten Salons in London und Paris, wo aus, ihre eigene Person mit ihrer Marke zu
und Malerei von Jean-Michel Atlan ein. sie sich auch in den örtlichen Kunstszenen assoziieren. Über fünfzig Porträts von be-
Li. Seite: Die Sammlerin im Jahr 1934 mit tummelte. 1915, nach Ausbruch des Ersten kannten Künstlern und Fotografen – die
einer ihrer Masken von der Elfenbeinküste Weltkrieges, siedelte Rubinstein nach New Aufnahmen ließ sie gründlich retuschieren –

71
H E L E N A RU BI N S T E I N

Bilder 1 - 3: Marie Laurencin/Fondation Foujita/Artists Rights Society (ARS), NY/VG Bild-Kunst, Bonn 2014; Helena Rubinstein Foundation Archives, Fashion Institute of Technology, SUNY, Gladys Marcus Library, Special Collections; Privatsammlung
2

1 Marie Laurencin malte Helena Rubinstein 1934 mit


typisch strenger Frisur und dicken Klunkern 2 Kunst
an den Wänden eines Beauty-Salon auf der Fifth
Avenue im Jahr 1937, darunter Elie Nadelmans Relief
»Spring« 3 Geschnitzer Kopf aus Gabun: Fang-
Reliquiar des 19. Jhs. 4 »Früchte der Erde« von Frida
Kahlo, 1938 5 Picasso ließ sich lange bitten, bis er
Rubinstein 1955 endlich porträtierte, als sie schon weit
über achtzig war. Er schuf eine Serie von Bleistift-
zeichnungen, zu einem Gemälde kam es nicht

»Ich mag alle möglichen schönen Dinge und habe auch keine Angst
davor, sie in unkonventioneller Weise zu verwenden.« 3

5 4

72
sind überliefert. Man Ray fotografierte sie studios en miniature besonders reizvoll.
1924, Warhol zeichnete sie 1957 in Kyoto, Vorbild war Amedeo Modiglianis Mansarde
am originellsten aber sind wohl die rund am Montmartre, komplett mit herumste­
dreißig großen Bleistiftporträts von Pablo henden Bildern und einer unfertigen
Picasso, von denen das Jewish Museum Komposition auf der Staffelei. In ihrer
zwölf aus dem Himeji City Museum of Art Autobiografie »My Life for Beauty« erklär­
in Japan zeigen kann. Ihre Entstehungs­ te Rubinstein 1964, ein Jahr vor ihrem Tod
Bilder 4 – 5: Frida Kahlo/2013 Artists Rights Society (ARS), New York/VG Bild-Kunst, Bonn 2014; Pablo Picasso/2014 Estate of Pablo Picasso/Artist Rights Society (ARS), New York/VG Bild-Kunst, Bonn 2014

geschichte ist nicht ohne Witz: Obwohl im Alter von 92 Jahren: »Oft wurde mein
Rubinstein schon mehrere Werke Picassos scheinbar unkonventioneller Geschmack
besaß, weigerte sich der Maler standhaft, kommentiert. Die Erklärung ist ganz ein­
sie zu porträtieren. Schließlich tauchte die fach: Ich mag alle möglichen schönen Din­
schon über Achtzigjährige im Jahr 1955 un­ ge und habe auch keine Angst davor, sie in
angemeldet vor seinem Haus an der fran­ unkonventioneller Weise zu verwenden.«
zösischen Riviera auf und verlangte, von Rubinsteins exzentrische Sammellei­
ihm gemalt zu werden. Widerwillig griff denschaft war untrennbar mit ihren Ge­
Picasso zum Bleistift. Das seien Skizzen für schäftsinteressen verflochten. Kunstwerke
ein späteres Gemälde, log er. Das Gemälde schmückten ihre internationalen Schön­
selbst nahm er allerdings nie in Angriff. heitssalons, die auch der Weiterbildung ih­
Seine fast karikaturhaften Stimmungsstu­ rer Kundinnen dienen sollten. Das unter­
dien zeigen »Madame« in ihrer Uniform schied Rubinstein von ihrer erbitterten
von schlichter Couture, kombiniert mit Konkurrentin Elizabeth Arden, die ein
großen Juwelen, das Haar in einen stren­ eher konventionelles, elitäres Image pfleg­
gen Chignon zurückgekämmt. te. Ein gutes Bild von Rubinsteins mär­
Fünfzig Jahre nach der Zerschlagung chenhaftem Lebensstil vermitteln Fotos
der Sammlung sind im Jewish Museum in ihrer prächtigen Residenzen an den besten
New York erstmals etwa 200 Objekte aus Adressen in Paris, London oder New York.
dem ehemaligen Besitz von Helena Rubin­ Sie wurden in Magazinen wie »Vogue«
stein wieder vereint. Die »Bangwa­Queen«, oder »Life« veröffentlicht und zeigen, wie
heute Highlight des privaten Musée Dapper dort mutig Moderne, französische Roman­
in Paris, ist leider nicht dabei, und auch tik, Surrealismus oder Art déco neben Re­
keine von Rubinsteins Brancusi­Skulptu­ galen voller Stammeskunst arrangiert
ren, wie »Bird in Space« (National Gallery wurde. Genauso fasziniert war Rubinstein
of Art, Washington) oder der Marmorkopf von Pressgläsern aus französischem Opalin­
»White Negresse II« (Art Institute of Chi­ glas, das sie in großen Mengen sammelte.
cago), auf den sie besonders stolz war. Gut Jüngeren amerikanischen Besuchern
vertreten sind dagegen Skulpturen des in bietet die Ausstellung eine erste Gelegen­
Polen geborenen Bildhauers Elie Nadel­ heit, Helena Rubinstein kennenzulernen,
man. Von ihm hatte Rubinstein 1911 in denn in den Drogerien gibt es ihre Pro­
London die Werke einer Ausstellung en dukte seit 1988 nicht mehr, nachdem der
bloc aufgekauft, drei Jahre später finan­ französische Konzern L’Oreal ihre Marke
zierte sie ihm den Umzug nach New York. übernommen hatte. Auch die seit 1953 ak­
Sie schätzte Nadelmans eleganten klassi­ tive philantropische Helena­Rubinstein­
zistischen Stil, der auch Anleihen bei der Stiftung, die über beinahe sechzig Jahre
Volkskunst nahm. fast 130 Millionen Dollar für Bildungsein­
Darüber hinaus vermitteln zahlrei­ richtungen und Gesundheit in New York
che afrikanische Skulpturen und moderne bereitstellte, ist 2011 aufgelöst worden.
Bilder, etwa von Picasso, Braque, Léger Von ganz eigenem Reiz sind am
und Miró, aber auch von Künstlern aus Schluss der Ausstellung einige schwarz­
Mexiko und Brasilien, eine Reihe von weiße Werbefilme von der Mitte der 1930er­
überaus üppigen Juwelen und Couture­ bis in die frühen 1960er­Jahre. Da kann
Stücke wie ihr berühmtes besticktes man auch schön den Ablauf eines »A Day
Abendjäckchen von Elsa Schiaparelli (Les of Beauty« in einem der Rubinstein­Salons
Arts Décoratifs, Musée de la Mode et du verfolgen. Zum Programm gehörten ärzt­
Textile, Paris) einen guten, wenn auch not­ liche Konsultation, sportliche Ertüchti­
gedrungen beschränkten Eindruck von ih­ gung und Ernährungsberatung. Aber eini­
ren breit gefächerten Interessen. Ein ver­ gen der dort vorgestellten verjüngenden
dunkelter Raum überrascht mit einer Prozeduren mochte man sich doch lieber
weiteren lebenslang gepflegten Leiden­ nicht mehr unterziehen. ×
schaft: Dioramen von Miniaturräumen in
verschiedenen Stilen. Unter den sieben Die Ausstellung »Helena Rubinstein: Beauty is
hier gezeigten aus dem Tel Aviv Museum Power« läuft im Jewish Museum in New York
of Art ist die Nachbildung eines Künstler­ bis zum 22. März
W E LT K U N S T

STILKUNDE Nº 9 0

Siegburger Steinzeug

VON
G L OR I A E H R E T

K
ölns jahrtausendealte Ge-
schichte ist berühmt. Die
historische Bedeutung
des nahen Siegburg hin-
gegen kennen vor allem Keramikfreunde.
Hier wie in Köln, Raeren und Frechen erleb-
te das rheinische Steinzeug seine Blüte. Sieg-
burger Trink- und Schankgefäße wurden in
der Spätgotik und Renaissance bis nach Eng-
land, Skandinavien und Übersee exportiert.
Die Sammlung des Hetjens-Museums hat
Marion Roehmer studiert und 2014 den »For-
menkosmos Siegburger Steinzeug« publiziert
(Nünnerich-Asmus Verlag Mainz).
Lange bevor Siegburg 1182 das Stadt-
recht erhielt, wurde hier Ton verarbeitet; seit
dem 13. Jahrhunderts vor den Toren der Stadt,
in unmittelbarer Nachbarschaft der feinen
Tonvorkommen. Sie bieten die nötige Vo-
raussetzung für die völlige Sinterung und da-
mit für echtes Steinzeug, das nach einmali-
gem Brand absolut wasserundurchlässig ist.
Es ist nicht zu verwechseln mit dem sehr viel
jüngeren, erst im 18. Jahrhundert in England
entwickelten Steingut, das wegen seines po-
rösen Scherbens glasiert und ein zweites Mal
gebrannt werden muss, um undurchlässig zu
werden. Die Formenvielfalt reichte alsbald
von einfachen Bechern über steile Ratskannen
und hohe keulenförmige »Jacobakannen«,
die in großer Zahl nach Holland gingen, bis
zu dickbauchigen Scheuern. Der glatte, zum
Trinken und Ausschenken geeignete Rand,

Die Feldflasche mit dem Wappen des Her-


zogtums Jülich-Kleve-Berg von 1573
gehört dem Düsseldorfer Hetjens-Museum

74
S T I L K U N DE
Bilder: Hetjens-Museum, Düsseldorf; Lempertz, Köln; Matthias Hering/Hetjens-Museum Deutsches Keramikmuseum, Düsseldorf (2); RBA Köln/Museum für Angewandte Kunst Köln; Christoph Vohler, München

betonte Drehrillen und der standfeste Wel- Von li.: Den Kugelkrug aus hellem Steinzeug den konnten. Die kleine Gruppe mit Papst-
lenfuß waren typisch. Dreibeinige, kugelige mit Kerbschnittmuster und Vermeilmontie- Teufel-Vexierauflagen aus den 1560ern und
Grapen mit zwei Henkeln blieben als Koch- rung versteigerte Lempertz im November die seltenen Drillingsbecher der Jahrhun-
geschirr bis ins 16. Jahrhundert in Gebrauch. für 6820 Euro. Zur Sammlung des Hetjens- dertwende dürften Auftragsarbeiten feucht-
Ebenso wie die Zylinderhalskrüge, die als Museums zählen der Krug mit Schmuck- fröhlicher Zecher gewesen sein.
Grundausstattung für die tägliche Alkohol- henkeln und der Bartmannkrug. Die 1625 hat die Stadt bei ihren Töpfern
Siegburger Schnelle mit Karitasdarstellung
ration in unterschiedlich genormten Größen noch 395 Weinkrüge, 682 Becher und zwölf
von Peter Knütgen (um 1572) besitzt
die rheinische Tafel beherrschten. Denn in große Krüge mit dem Stadtwappen bestellt.
das Museum für Angewandte Kunst in Köln
Zeiten, in denen das Wasser nicht überall ge- Mit dem Dreißigjährigen Krieg kamen die
sund und bekömmlich war, wurden heute Fernhandelsbeziehungen zum Erliegen. Die
unvorstellbare Alkoholmengen konsumiert. Zerstörung Siegburgs durch die Schweden
So bekamen laut Kölner Ratsbeschluss von baren Metallmontierungen versehenen 1632 und die Hexenprozesse wenig später be-
1374 Zimmerleute und Steinmetze im Dienst Schnellen und Zylinderhalskrüge selbst jene, scherten dem Handwerk weitere gravierende
der Stadt täglich zweimal ein halbes Quart die der altdeutschen Keramik wenig abge- Einschnitte. Viele Töpfer wanderten in den
Wein zugeteilt. Wobei das Kölner Quart stol- winnen können. Ihre hellgraue Färbung mit Westerwald ab. Nach 1737 sind keine Steuer-
ze eineinhalb Liter fasste! dem silbrigen Glanz verdankt sich der erwei- einnahmen von Töpfern mehr gelistet, 1787
Ab 1400 wurden die Gefäßkörper vom terten Ofentechnologie. Ob umlaufende Jagd- keine Töpfer mehr als Hausbesitzer geführt.
Boden bis zum Lippenrand in einem Arbeits- oder Rankenfriese, die Darstellung Philipps 1806 wurde die Zunft aufgelöst.
gang aufgedreht. An der Luft getrocknet, bis von Spanien für Bestellungen in die Spani- Im Historismus war die Begeisterung
sie »lederhart« waren, wurden Henkel und schen Niederlande oder die Hure von Babylon für alles Altdeutsche groß. Die Nürnberger
Ausgusstüllen mit Tonschlicker angesetzt, als reformatorische Bildpolemik – die Aufla- Firma Fleischmann bot die »Originale Nach-
Schmuckreliefs angebracht oder Ornamente genbilder befriedigten allgemeines Interesse. bildung alter Trinkgefäße« an, Fälschungen
eingeritzt. Vorübergehend waren doppel- Monogramme beziehen sich auf den überschwemmten den Markt. In den letzten
wandige Maßwerkkrüge en vogue, deren Formschneider, der in der Regel mit dem Jahrzehnten ist die Nachfrage nach frühem
durchbrochene Außenwandung an gotische Töpfer identisch war, Datierungen nicht un- Kunsthandwerk generell geschwunden. Nur
Maßwerkfenster erinnert. Mitte des 16. Jahr- bedingt auf das Entstehungsjahr, denn sie die Siegburger Töpferei Gisela Frenzel pro-
hunderts kamen Matrizenauflagen mit figür- wurden in die Matrizen geschnitten, die zum duziert Steinzeug in Anlehnung an die große
lichen und floralen Motiven nach druckgra- Schmuck der Gefäße länger in Gebrauch wa- Vergangenheit. Doch auf der letzten Mün-
fischen Vorlagen von Heinrich Aldegrever, ren. Namentlich bekannt sind Anno und chener Kunst-Messe im Postpalast wurden
Jost Amman, Hans Sebald Beham, Virgil Peter Knütgen, F. Trac oder Christian Knüt- wieder erstaunlich viele Steinzeuggefäße mit
Solis oder nach Plaketten von Peter Flötner gen, der den Kerbschnitt einführte. HH mo- herrlichen alten Beispielen aus den Siegbur-
in Mode. Der erste erhaltene Zunftbrief da- nogrammierte Matrizen gehen auf Hans ger Werkstätten angeboten. ×
tiert ins Jahr 1516. Hilgers zurück. Ende des 16. Jahrhunderts er-
Die schönsten Siegburger Steinzeug- setzten geritzte, gestempelte oder geschnitte- Gloria Ehret ist Herausgeberin
gefäße entstanden in der zweiten Hälfte des ne Ornamente die Auflagendekore. Auch der WELTKUNST,
16. Jahrhunderts: Neben stark gebauchten Trinkspiele wurden in Steinzeug ausgeformt. für die sie seit 1986 arbeitet.
Pullen und lustigen Bartmannskrügen beste- Beliebt waren figürliche Trichterhals-Sturzbe- Ihre erste Stilkunde
chen die eleganten konischen, oft mit kost- cher, die nur leer getrunken abgestellt wer- erschien im April 2008

75
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Bild: Robert Vanis/Mark Dion, 2014/Courtesy Galerie Nagel/Draxler Berlin

»Akademie der Dinge«: So nennt der Installationskünstler Mark Dion sein Projekt in Dresden, bei dem er unter Depotstücke, etwa aus
dem Grünen Gewölbe, neue Kuriositäten mischte. Seine Blutkoralle ist aus Plastik und noch bis 25. Januar zu sehen (S. 83)

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AG E N DA

NACHRICHTEN
LASERSTEIN FÜRS STÄDEL MUSEUM DER MODERNE VON MARÉES ERWORBEN
Lotte Lasersteins »Russisches Crowdfunding wäre auch für Nur die Rückseite des Gemäldes
Mädchen mit Puderdose« (u.) das lang ersehnte Museum der sollte sichtbar sein, bis die feh-
schied 1928 im Wettbewerb um Moderne in Berlin eine letzte lenden Mittel für den rechtmä-

Bilder: Courtesy the artist and Meyer Riegger Karlsruhe/Berlin; Museum Wiesbaden; Horst Ziegenfusz/Lotte Laserstein/Städel Museum/Artothek/VG Bild-Kunst, Bonn 2014
das schönste deutsche Frauen- Option gewesen – zum Glück ßigen Erwerb gesichert waren:
porträt aus, nun darf man ihre geht jetzt alles viel schneller: Sieben Wochen lang sahen die
junge Dame mit dem burschi- Auf Initiative von Kulturstaats- Besucher des Wiesbadener
kosen Haarschnitt selbst beur- ministerin Monika Grütters hat Museums nur die Rückwand
teilen: Das Städel Museum hat der Haushaltsausschuss des von Hans von Marées’ Gemälde
das Gemälde aus dem Besitz der Deutschen Bundestags der Stif- »Die Labung« aus dem Jahr
schwedischen Gemeinde Nybro tung Preußischer Kulturbesitz 1880 (u.). Nachforschungen hat-
für seine Sammlung erworben. die Summe von 200 Millionen ten ergeben, dass das Werk aus
Damit ist das Haus das erste Euro für einen Neubau bewil- der Kollektion des jüdischen
öffentliche Museum Deutsch- ligt, in dem neben der Samm- Sammlers Max Silbermann
lands außerhalb Berlins, das ein lung der Neuen Nationalgalerie stammte, der es 1935 notgedrun-
Werk der Künstlerin angekauft CROWDFUNDING FÜR MONK unter anderem auch die bisher gen bei einer Berliner Auktion
hat. Laserstein, die aufgrund Dank der erfolgreichen ersten heimatlose Schenkung der versteigerte. Damit Marées’
ihrer jüdischen Herkunft 1937 Crowdfunding-Aktion der Sammlung Pietzsch ihren fes- Gemälde, das 1980 als private
nach Schweden emigrierte und Staatlichen Museen zu Berlin ten Platz bekommen soll. Das Schenkung in die Museumsbe-
dort bis zu ihrem Tod lebte, begrüßt die Figur »Paul toge- Projekt könnte 2015 beginnen
nahm das Gemälde mit ins Exil. ther alone with each other (Sgt. und möglicherweise 2021 been-
Als eine der ersten Frauen been- Pepper)« (o.) von Jonathan det sein, sagt Stiftungspräsident
dete sie zuvor ihr Studium an Monk, bislang nur Leihgabe im Hermann Parzinger. Vorher
der Berliner Kunstakademie Haus, auch künftig die Besu- muss jedoch geklärt werden, wo
und machte sich als emanzipier- cher im Hamburger Bahnhof. gebaut wird: Eine Machbar-
te Künstlerin einen Namen in 13 000 Euro benötigte die Natio- keitsstudie hatte zuvor ergeben,
der Kunstszene. Die Zeitungen nalgalerie zum Ankauf der dass bei dem erwünschten
lobten ihr Talent, den Men- Skulptur. Im Rahmen einer Tom- Gelände neben der Neuen
schen darzustellen: dünne Mäd- bola hatte man bereits 7500 Nationalgalerie an der Potsda-
chen beim Tennisunterricht Euro eingenommen, der Rest- mer Straße drei Parzellen in stände überging, weiterhin aus-
und modische Frauen im Café. betrag konnte online gesam- privater Hand sind. Man befin- gestellt werden kann, einigte
Eindrücklich tastete sie mit melt werden. Monks Skulptur de sich gerade in der Sondie- man sich mit den Nachkom-
dem Pinsel Gesichter und Kör- spielt mit Doppeldeutigkeit: Sie rungsphase, erklärt Stiftungs- men des Sammlers, der 1942
per der Großstadt ab. Ihre ist dem Künstler Paul McCar- Sprecher Ingolf Kern. Für nach Theresienstadt deportiert
Porträts erzählen mit sensibler thy nachempfunden, der eine Grundstücksbelange stünden wurde, auf eine faire Lösung.
Distanz von der Melancholie Jacke im Sergeant-Pepper-Stil die 200 Millionen allerdings Mit Unterstützung der Kultur-
der Zwischenkriegszeit. des Beatle Paul McCartney trägt. nicht bereit. Die deckten die stiftung der Länder, des Vereins
geplante Bausumme inklusive Freunde des Museums Wiesba-
einer Risikovorsoge ab. den und der Hessischen Kultur-
stiftung sowie durch das Enga-
NACHLASS UTE KLOPHAUS gement der Wiesbadener
Als Fotografin wurde die Wup- Bürger, die im Rahmen einer
pertalerin Ute Klophaus (1940– Spendenaktion für das Werk
2010) vor allem durch ihre ein- sammelten, wurden die Mittel
fühlsamen Dokumentationen für den Ankauf aufgebracht.
von Joseph-Beuys-Performances Hans von Marées, der neben
bekannt. Klophaus’ Nachlass Arnold Böcklin und Anselm
von 15 000 Schwarz-Weiß-Fotos, Feuerbach zu den bedeutends-
52 000 Negativen und Archiv- ten Malern des 19. Jahrhundert
material geht nun ans Museum zählt, fertigte das Bild nach
Schloss Moyland in Bedburg- einer experimentellen Technik:
Hau, das bereits ein Beuys- Die plastische Anmutung
Archiv besitzt. Alle Dubletten verdanken seine Figuren dem
der Fotografin bekommt die abwechselnden Auftrag von
Berliner Nationalgalerie. Öl- und Temperafarbe.

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GURLITT IM NETZ DECKENMALEREI FÜR LEIPZIG
Bilder: Museo Nacional del Prado, Madrid; Ben Willikens/VG Bild-Kunst Bonn, 2014; Chris Korner; Draiflessen Collection, Mettingen; Jörg Alexander Reichardt; Martin Förster/Staatliche Kunstsammlungen Dresden; Andreas Pohlmann/ap fotografie; Gina Soden

Nur wenige Tage nachdem das Im Dezember 1943 starben bei


Kunstmuseum Bern das Erbe dem schwersten Bombenangriff
des im Mai verstorbenen Kunst- auf Leipzig zweitausend Men-
sammlers Cornelius Gurlitt schen. Auch das Museum der
angenommen hat, haben die bildenden Künste wurde zer-
Museumsmitarbeiter eine stört, erst 2004 konnte die
Bestandsliste des Nachlasses im Sammlung den Neubau bezie-
Internet veröffentlicht. Das hen. Zur Feier des zehnjährigen
Dokument ist in zwei Teilen Jubiläums wurde nun ein
von 196 und 95 Seiten – getrennt 460 Quadratmeter großes De-
nach den letzten Aufbewah- ckengemälde (u.) eingeweiht,
rungsorten der Sammlung, das größte in den Museen Euro-
München und Salzburg – unter pas. Gefertigt wurde das »Leip-
www.kunstmuseumbern.ch ziger Firmament« vom Künstler
abrufbar. »Wir haben uns der Ben Willikens, der das Bombar-
Transparenz verpflichtet«, sagt dement als Junge überlebte.
Matthias Frehner, Direktor in
Bern. Die Liste ist tatsächlich
ein wertvolles Hilfsmittel zur
RESTAURIERTER TIZIAN beschloss man das Bild durch Ermittlung von Werkprovenien-
Adonis muss zur Jagd, auch eine Leinwanderweiterung aus- zen, da nach wie vor bei großen
Venus kann ihn nicht aufhalten: zubauen. Die Originalkomposi- Teilen der Sammlung Gurlitt
Prachtvoll hat Tizian das Paar tion wurde dadurch verfremdet, ein Raubkunst-Anfangsverdacht
1554 für den spanischen König die Verfälschung konnte nun besteht – und das Museum sol-
Philipp II. in Szene gesetzt. Der mittels geschickter Rahmung che Werke restituieren will.
Prado zeigt das Werk aus der verdeckt und ausbalanciert wer- Direkt nach Veröffentlichung
Reihe der »Poesien« nun erst- den. Auch das Bild der Danaë, sprachen Provenienzforscher
mals nach einer aufwendigen das durch frühere Arbeiten bereits bei einem Pissarro-
Restaurierungsphase. Lange beschädigt und verfremdet wor- Gemälde mit dem Titel »Paris,
nachdem der Maler »Venus und den war, näherte sich wieder Kathedrale« (1902) von einem
Adonis« (o.) fertiggestellt hatte, dem Original an. vermutlichen Raubkunst-Fall.

Personalien im Januar
»Babyboomer« nennt man die Fundraising des Deutschen Lite- (Jahrgang 1968) einordnen, der Alter Meister und des Kupfer-
Menschen, die in den geburten- raturarchivs Marbach. als Chefkurator die internatio- stichkabinetts in Dresden.
starken Jahren zwischen 1955 1970 geboren und nur knapp nale Großausstellung Manifesta THORSTEN STRAUSS (Jahr-
und 1969 zur Welt kamen. Man zu jung für eine Babyboomerin 2016 in Zürich leiten soll. Dabei gang 1967) von der Deutschen
sagt, dass diese Generation jetzt ist CORINNA OTTO, die neue Lei- hinterfragen seine Werke selbst Bank übernimmt den Vorsitz
die Macht im Land übernimmt. terin der Draiflessen Collection gerne den Kunstbetrieb! im Kuratorium Preußischer
Vizekanzler und SPD-Chef in Mettingen. Jugend ist aber Die größte Aufgabe unter Kulturbesitz, dem neuen För-
Sigmar Gabriel ist Jahrgang 1959 auch ein Zeichen für Dynamik, seinen Generationsgenossen hat dergremium deutscher Unter-
– genau wie FRANK DRUFFNER, und davon bringt die langjähri- aber wohl BERNHARD MAAZ nehmen, das die Stiftung Preu-
der künftig bei der Kulturstif- ge Geschäftsführerin des Olden- (Jahrgang 1961), der im Februar ßischer Kulturbesitz sponsert.
tung der Länder das Amt des burger Kunstvereins viel mit. Direktor der Bayerischen Staats- Und KATE BRYAN, die neue
stellvertretenden Generalsekre- Wiederum als typischen gemäldesammlungen in Mün- Leiterin der Londoner Kunst-
tärs bekleidet. Davor leitete er Babyboomer darf man den chen wird. Bis dahin ist er noch messe Art 15, verrät uns ihr Alter
die Kunstsammlungen und das Künstler CHRISTIAN JANKOWSKI Direktor der Gemäldegalerie nicht. Wie schade.

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AG E N DA

AUSSTELLUNGEN

Bild: Museum of New Zealand Te Papa Tongarewa, Ankauf mithilfe neuseeländischer Lotteriemittel 1995 (1995-0003-2)

Stolz und Vorurteil


Im umkämpften Neuseeland des Kolonialzeitalters malte er die Maori mit
Hochachtung: Jetzt sind Gottfried Lindauers Porträts in Berlin zu sehen

80
Diese Ausstellung ist ein großes Wunder der Der Geschäftsmann, der im Goldrausch
Bilder: Auckland Art Gallery Toi o Tā maki, Geschenk von H. E. Partridge, 1915; Auckland Art Gallery Toi o Tā maki, Geschenk von H. E. Partridge, 1915; Museum of New Zealand Te Papa Tongarewa, Ankauf mithilfe neuseeländischer Lotteriemittel 1995 (1995-0003-3)

Museumsdiplomatie: Noch nie haben die nach Neuseeland gekommen war, sammelte
Porträts, die der Maler Gottfried Lindauer Lindauers Bilder auch deshalb, weil man in
von den Ureinwohnern Neuseelands schuf, Europa mit dem baldigen Aussterben der
den Pazifikstaat en bloc verlassen. Für die Maori rechnete – nicht nur wegen fataler
Nachfahren der Dargestellten verkörpern die­ Seuchen, die von europäischen Siedlern ein­
se Bilder ihre Vorfahren, sind unersetzbare geschleppt wurden. Die Aufrüstung man­
und lebendige Zeugen ihrer kulturellen Iden­ cher Stämme mit Musketen und das Un­
tität. Die Nachkommen der Maori, die Lin­ gleichgewicht zwischen den Maori, die zu
dauer zwischen 1874 und 1915 malte, sprechen europäischen Waren Zugang hatten, und sol­
bis heute mit diesen Gemälden, singen und chen ohne direkte Handelsverbindungen
weinen vor ihnen – und wenn man die mit führten zudem zu Verwerfungen, die an Blu­
ihrer Aufbewahrung betrauten Museen in tigkeit selbst für die traditionell kriegeri­
Auckland und Wellington besucht, ist man schen Neuseeländer außergewöhnlich waren.
erstaunt ob der Sensibilität und Selbstver­ Die Idee von den durch den Kontakt
ständlichkeit, mit der Neuseeland sein bikul­ mit einer höher entwickelten Kultur zum
turelles Erbe pflegt. Für ein deutsches Kunst­ Niedergang verurteilten Ureinwohnern ge­
museum ist das eine Herausforderung. hört zur Ideologie des europäischen Kolonia­
Lange haben die Vorbereitungen für lismus. Für Neuseeland hat sie so nie zuge­
»Gottfried Lindauer. Die Māori Porträts« troffen. Zwar bedeutete die Landnahme
denn auch gedauert: Elf Jahre vom ersten Be­ durch Europäer einen tiefen Einschnitt für
such des Direktors der Berliner Nationalga­ die Maori, doch behaupteten sie sich ab dem
lerie, Udo Kittelmann, in der Auckland Art frühen 20. Jahrhundert zunehmend besser:
Gallery Toi o Tamaki im Jahr 2003 bis zum Als Gottfried Lindauer 1874 nach Neuseeland
rituellen Begrüßen der weit gereisten Maori­ kam, stellten die Maori weniger als ein Zehn­
Porträts durch ihre Nachfahren kurz nach tel der Bevölkerung Neuseelands. Heute sind
Sonnenaufgang an einem Novembertag im es um die fünfzehn Prozent.
Jahr 2014 in der Alten Nationalgalerie. Dass Von Anfang an setzten die Maori­
es gerade der Sonnenaufgang sein muss, ist Häuptlinge dabei die Siedler geschickt für
eine der Anforderungen der Maori, wie auch ihre Zwecke ein – um gegenüber anderen
die Bedingung, dass niemand die Gemälde Stämmen zu einem Vorteil zu kommen.
zuvor sehen darf. Die moderne Erkenntnis, Lindauers Auftraggeber waren denn auch
dass Bilder Macht in sich tragen und aktiv hochgestellte Maori, keine unterdrückten
handeln können, anstatt nur visuelle Behält­ Eingeborenen, die der Künstler genauso
nisse zu sein, ist für Maori selbstverständlich: sorgfältig und gravitätisch malte wie zuvor
das »Mana«, die Kraft und das Prestige der weiße Europäer, mitsamt ihrer Tattoos, ihren
meist hochgestellten Persönlichkeiten auf Waffen und ihrer Tracht. Neben der ästheti­
Lindauers Gemälden, kann man einem Mu­ schen Qualität der Werke werden von der
seumsbesucher nicht gefahrlos zumuten, es Würdenträger einer fernen Welt (von oben): Schau vielleicht auch Impulse für eine Be­
»Tamati Waka Nene«, 1890, »Kuinioroa,
muss mit Gesängen und Ritualen sozusagen schäftigung mit einer postkolonialen Gesell­
Tochter von Rangi Kopinga – Te Rangi
erst entschärft werden. schaft ausgehen, die man in Deutschland vor
Pikinga« und »Mrs Paramena«, um 1885.
So viele Originale (es sind 49) auf die an­ Links: »Mr Paramena«, um 1885
allem als Filmkulisse für Fantasyfilme kennt.
dere Seite der Erde zu schicken ist eine Ent­ Die Ausstellung ist jetzt nicht weit ent­
scheidung, die die neuseeländischen Museen fernt vom Rohbau des Berliner Stadtschlos­
gemeinsam mit Maori­Vertretern trafen; die ses zu sehen, in dem ab 2019 die Ethnologi­
Nachfahren sämtlicher von Lindauer gemal­ schen Museen mit ihren Sammlungen des
ten Persönlichkeiten wurden um Erlaubnis Pazifikraumes unterkommen werden. Höhe­
gebeten, fast alle haben Ja gesagt. In Berlin punkte der Sammlung sind die hölzernen
wird Lindauer, der 1829 in Pilsen zur Welt Boote, mit denen die Polynesier die Weiten
kam, jetzt zum ersten Mal in die Malerei des des Pazifischen Ozeans durchfuhren, als sich
19. Jahrhunderts eingebettet; es ist kein eth­ unsere eigenen Vorfahren noch vorsichtig an
nologischer, sondern ein kunsthistorischer die Küsten klammerten. Dass ihre Ahnen
Blick, den die Ausstellung anstrebt. Die He­ nun Zehntausende Kilometer um den Erd­
rausbildung außereuropäischer Modernen ball gereist sind, um die deutschen Ausstel­
im 19. Jahrhundert findet hier einen überaus lungsbesucher zu faszinieren, findet die mao­
anschaulichen Niederschlag in Form von in­ rische Kuratorin der Auckland Art Gallery,
terkulturellen Porträts vom vermeintlichen Ngahiraka Mason, nur natürlich: Reisen in
»Ende der Welt«. die entlegenste Ferne seien für ihr Volk eben
Dass dies so kam, ist auch einem nichts Ungewöhnliches. BORIS POFALLA
Goldsucher zu verdanken: Der Brite Henry
Partridge stiftete seine Sammlung von Lin­ »Gottfried Lindauer. Die Māori Porträts«,
dauers Werken 1915 der Auckland Art Gallery. Alte Nationalgalerie, Berlin, bis 12. April

81
AUSSTELLUNGEN
chromen Bildern über die vielteiligen Alumi-
niumreliefs der Neunzigerjahre in Pink,
Malerei ist eine Gelb oder Orange und jene »Cut-ups«, in de-
nen die Bildelemente in die Diagonale rut-
Behauptung schen, bis hin zu den aktuellen Arbeiten.

Bilder: Nic Tenwiggenhorn/Imi Knoebel/VG Bild-Kunst, Bonn 2014; Royal Collection Trust/Her Majesty Queen Elizabeth II 2014; Robert Vanis/Mark Dion, 2014/Courtesy Galerie Nagel/Draxler Berlin (2)
Freiheit in der Reduktion: Das Chronologische war für Knoebel,
Imi Knoebel in Wolfsburg der die Ausstellung selbst inszeniert hat, irre-
levant. Oft greift der Künstler frühere Serien
auf, ergänzt und erweitert sie oder dekliniert
Die Ästhetik des Minimalen drängt sich das Geschaffene noch einmal um. Der hohe
nicht auf. Ohne Spaß an der Nuance fühlt Ausstellungsraum bildet die ideale architek-
man sich bei Imi Knoebel schnell in der tonische Folie, weil er Blickachsen erlaubt
Blickschleife gefangen, die einen immer wie- und die Ausstellung aus diversen Perspekti-
der vor nahezu identische Balken oder Recht- ven wie ein einziges großes Bild wirken lässt.
ecke führt. »Werke 1966–2014« annonciert Drei temporäre Wände geben Struktur und
das Kunstmuseum Wolfsburg zu Knoebels »eröffnen Wege«, wie Knoebel sie vorgibt. Im
75. Geburtstag. Dieser bietet exakt, was der Übrigen lässt er den Besucher allein mit den
Titel seiner Ausstellung verspricht: den Blick knapp 100 Exponaten – auf dass er sich im Se-
in das ungegenständliche Universum eines hen übe und verstehe, dass in der Malerei
Konzeptkünstlers, der lange darüber nach- überhaupt alles Behauptung ist. Wie das
gedacht hat, wie sich das schwarze Quadrat »Grüne Siebeneck« in heftigem Rosa. Biogra-
von Kasimir Malewitsch ein halbes Jahrhun- fisches scheint nur dort durch, wo Knoebel
dert später auf die eigene Malerei auswirkt. Zeitlose Schönheit: »Grace Kelly III-5« (1990) seinem ehemaligen Freund Imi Giese ge-
1968 sortierte Knoebel an der Düssel- in den Maßen von 250 x 170 Zentimetern denkt, der sich vor Langem das Leben nahm.
dorfer Kunstakademie deshalb erst einmal Die Trauer darüber manifestiert sich in den
die Instrumente seiner Arbeit. Hartfaserplat- Leitern und leeren Fensterrahmen, die zur
ten simulierten Keilrahmen und Leinwände, dent damals wie besessen arbeitete, womit er Achtzigerjahre-Serie »Eigentum Himmel-
gestapelt hieß das Ergebnis »Raum 19«. Als seinen Professor Joseph Beuys zur Verzweif- reich« gehören. CHRISTIANE MEIXNER
zentrale Installation steht sie nun auch am lung trieb. Dahinter entfaltet sich das ganze
Anfang der Wolfsburger Schau, ergänzt von Knoebel aus der totalen Reduktion ent- »Werke 1966–2014«, Kunstmuseum Wolfsburg,
durch zwei Linienbilder, an denen der Stu- wickelte Formvokabular – von den mono- bis 15. Februar

sondern gleiche einer sich prostituierenden


(»prostituta«) jungen Dame.
Zu viel Gefühl Wer in diesem Winter keinen Flug nach
Leipzig würdigt Bernini als Rom gebucht hat, kann Bernini in Leipzig in
2-D erleben – was kein gemindertes Vergnü-
Erfinder des barocken Rom gen sein muss, wenn man dem alten Renais-
sancegedanken folgt, dass der Ausführung
»Bernini, ach der wunderbare Bernini«, flüs- unbedingt die Idee vorausgeht. Das Leipziger
tert der junge Botschaftsattaché Narcisse Ha- Museum bietet mit über 130 Zeichnungen
bert in Émile Zolas Roman »Les Trois Villes, (davon 90 aus eigenem Bestand) einen Blick
Rome« (1896) beim Spaziergang durch den in Berninis Gedankenwelt, virtuos manifes-
Vatikan und preist den Schwung und die »an- tiert auf Papier – in Entwurfsskizzen für den
mutige Fruchtbarkeit« des vielleicht größten Vierströmebrunnen, Studien nach antiken
Multitalents des Barock. Der in Florenz ge- Skulpturen wie der »Laokoon-Gruppe« oder
borene Giovanni Lorenzo Bernini (1598– auch einer hinreißenden Rötel- und Kreide-
1680) war Bildhauer, Architekt, Stadtplaner, zeichnung eines knienden Engels (1673/1674).
Maler und Zeichner. In der alten Stadt auf Kurios wirkt eine satirische Kritzelei, die den
den sieben Hügeln, in die er mit acht Jahren Ewige Jugend: »Bildnis eines jungen Knaben« alten Papst Innozenz XI. in seinem Bett zeigt.
kam, hinterließ er seine Spuren. Bernini ent- (1630–1635) von Giovanni Lorenzo Bernini Dieser hatte im Vatikan rigorose Sparmaß-
warf die Kolonnaden des Petersplatzes, den nahmen durchgesetzt. Bernini war zu Leb-
Vierströmebrunnen der Piazza Navona oder dabei hatte es Berninis Gefühlsüberschwang zeiten unter acht Päpsten tätig. Er musste
auch die Kirche Sant’ Andrea auf dem Quiri- manchmal schwer bei seinen Kritikern. Von wohl nicht jeden lieben. TIM ACKERMANN
nal. In der Galleria Borghese bewundert seiner »Verzückung der Heiligen Theresa von
man heute Meisterwerke skulpturaler Dra- Avila« sagten Zeitgenossen, sie wäre nicht al- »Bernini. Erfinder des barocken Rom«, Museum
matik wie »Apoll und Daphne« (1622–1625) – lein eine sich niederwerfende (»prostata«), der bildenden Künste, Leipzig, bis 1. Februar

82
AUSSTELLUNGEN

Kleine Eingriffe,
große Wirkung
Mark Dion erprobt seine
invasive Methode in Dresden

Seit 25 Jahren betreibt Mark Dion nun schon


seine eigene Form von Wissenschaft. Dabei
geht der 1961 in Massachusetts geborene
Künstler wie ein Sprachforscher vor. Nur
dass er nicht mit Begriffen hantiert, sondern
mit Objekten, Schaukästen und Installatio-
nen und so eine neue Grammatik der Wahr-
nehmung erzeugt. Dion analysiert unsere
Gegenwart, die Vermittlung von Wissen, bie-
tet dem Publikum die Möglichkeit zum ver-
gleichenden Sehen und stellt Bekanntes in
unbekannte Zusammenhänge. Er enthält
sich dabei aber vordergründiger Wertungen
und Urteile – eine Methode, ideal, um sie in
bestehende Sammlungen zu integrieren, im
MoMA etwa, in der Tate Gallery oder der
Hamburger Kunsthalle.
Aus Anlass der Gründung seiner Kunst-
akademie vor 250 Jahren ist nun Dresden an
der Reihe. Die Ausstellung verteilt sich auf
verschiedene Orte in der Stadt. In der Kunst- Die Sammlung der Dresdner Hochschule hat für das der Kunstschnitzer Jacob Zeller eben-
akademie selbst präsentiert Dion in Peters- Mark Dion zur »Pentagon Pinacotheka« so monumentale zehn Jahre brauchte.
burger Hängung Gemälde von Absolventen aufgehängt. Unten: »Rhinoceros Horn« – ein Zwischen diese Kostbarkeiten hat Mark
der letzten 50 Jahre. Zusätzlich hat er unter kurioser Eindringling im Grünen Gewölbe Dion ihre Travestien gestellt, fast unauffällig,
die Kuppel des zentralen Oktogons ein gut auch in Vitrinen. Da sieht man dann ein von
fünf Meter hohes Regal platziert, wo er Tei- allerlei Glitzer und Tand eingefasstes Nas-
le der anatomischen Modelle der Hoch- Risiko des Künstlers, an der von ihm hornhorn, natürlich aus Plastik. Aus dem
schule arrangierte. Es gibt dort auch selbst gewählten Umgebung zu schei- gleichen Material ist auch das schlapp über
noch die »Loggia of Death« und die tern, am größten. Das Grüne Gewölbe einen stummen Diener gelegte Horn »eines
»Loggia of Light«, zwei Displays mit zählt völlig zu Recht zu den besten Einhorns« sowie der Baum der »Blutkoralle«,
Gipsabgüssen, Totenmasken und kunsthandwerklichen Sammlungen welt- an dem eine Taschenuhr, eine Schere, eine
den Beständen an Diapositiven, weit. Fantastische Kunstfertigkeiten wer- Lupe und andere Gegenstände baumeln, als
die ab dem 19. Jahrhundert zur den einem in diesen Räumen dargeboten. hätte sie Dalí dorthin gehängt. Der Clou da-
Unterweisung der Kunststuden- Miniaturschnitzereien auf Kirschkernen, ran ist, dass man im Grünen Gewölbe so sehr
ten verwendet wurden. die die Grafen von Loß um 1600 anfertigen auf die Wahrnehmung von wertvollsten Ma-
Weitere Ausstellungsorte ließen; die brillantbesetzte Hutagraffe der terialien konditioniert ist, dass diese Res-
sind das Albertinum sowie das sächsischen Könige, deren Mitte ein 41-ka- pektlosigkeiten erst auf den zweiten oder gar
historische und das neue Grü- rätiger grüner Diamant ziert; oder die »Fre- dritten Blick auffallen. Die Botschaft, die der
ne Gewölbe. Hier, im prächti- gatte aus Elfenbein, getragen von Nep- überzeugte Linke Dion damit vermittelt, er-
gen Dresdner Schloss, ist das tun« (um 1620), ein monumentales Werk, gibt sich aus einem Umkehrschluss: Nicht je-
des Gold glänzt. Manches auch wurde teuer
– zu teuer – bezahlt. Im Zweifelsfall mit ein
paar unbedeutenden Untertanen, die der
kunstsinnige Regent als Söldner in die Frem-
de verkaufte. ULRICH CLEWING

»Mark Dion. Die Akademie der Dinge«, Hoch-


schule für Bildende Künste, Galerie Neue Meister
(Albertinum) und Grünes Gewölbe in Dresden,
bis 25. Januar

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AUSSTELLUNGEN

Bilder: Bernd Borchardt/Norbert Bisky/VG Bild-Kunst, Bonn 2014; Wolfgang Woessner/MAK, Wien; Natalia Stachon/Courtesy Loock Galerie; Max Beckmann/Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Haus/VG Bild-Kunst, Bonn 2014;
nach dem Sinn der eigenen seiner viktorianischen Kollegen
Existenz. Die Ausstellung des ein. Im Kaminzimmer trifft
Museum Rietberg beschäftigt man Mädchen mit wallendem
sich mit Kosmologien und Haar und Gewand, wie sie John
Schöpfungsmythen aus 17 Kul­ Melhuish Strudwick »In den
turen – die sich in 180 wunder­ goldenen Tagen« (1907, u. li.)
samen Objekten verbildlichen. modellierte. Lawrence Alma­
Ein Kosmos­Opfer­Mandala aus Tademas antike Tischgesell­
dem China der Qianlong­Peri­ schaft ertrinkt nebenan in
ode (17. Jh.) leuchtet in vergolde­ WEGE DER MODERNE einem Blütenmeer, und Edward
ter Bronze. Kaum weniger MAK Wien, bis 19. April Burne­Jones’ Pygmalion sin­
prächtig wirkt der fein gearbei­ niert in den Gemächern über
tete Himmelsglobus aus der Das Museum für angewandte seine Liebe zu Galatea. Die Bil­
alten Mogulstadt Lahore (Ende Kunst wurde 1864 als erstes Aus­ der stammen aus der Samm­
16. Jh., u. li.). Und ein zere­ stellungshaus an der Wiener lung des Mexikaners Juan Anto­
monieller Kopfschmuck mit Ringstraße eröffnet. Zum 150. nio Pérez Simón.
NORBERT BISKY Rabenfigur symbolisiert den Jubiläum schaut man zurück
Kunsthalle Rostock, bis 15. Februar Schöpfergott, der dem west­ auf die Zeit um 1900, als die
kanadischen Volk der Tlingit »Wiener Moderne« mit Josef

Yvonne Hurni/Bernisches Historisches Museum, Bern; Studio Sébert Photographes


Wer das Staunen über zeitge­ das Licht und Wasser brachte. Hoffmann und Adolf Loos zur
nössische Malerei verlernt hat, Weltmarke wurde. Während
der erhält hier Frischzellen für Hoffmann Design als künstleri­
die müden Augen. Mit barocker schen Prozess begriff, wollte
Rasanz bringt Norbert Bisky Loos die Alltagsgegenstände
seine Bilder zum Explodieren von Kunst befreien. In Skizzen,
und hält doch alles in einem Möbeln und Modellen werden
wundersamen Ganzen zusam­ beide Ansätze einander gegen­
men – wie in »Stadt des Teufels« übergestellt. Zwei Innenräume
von 2007 (o.). Es ist die bislang hat man ebenfalls nachgebaut:
größte Überblicksschau des Hoffmann konzentriert sich bei
Künstlers, und man sieht, wie seinem Wohnzimmertisch auf
fulminant er sich entwickelt strenge Geometrie (o.), Loos’
hat. Das knusprige Jungmän­ DIE KUNST DER FALTUNG Schlafzimmer drückt Intimität
nerpersonal, das ihn berühmt Museum für Konkrete Kunst, durch schwere Stoffe aus. GOETHE, FAUST, BECKMANN
gemacht hat, ist noch da, eben­ Ingolstadt, bis 22. Februar Museum Wiesbaden, bis 18. Januar
so der lässige Schwung, doch
die neueren Werke sind deutlich Ob man, so wie Gilles Deleuze, Im Amsterdamer Exil erreicht
abgründiger und gewalttätiger. in den Falten von Berninis Max Beckmann 1943 ein Auf­
Marmorskulpuren wirklich die trag des Verlegers Georg Hart­
Unendlichkeit erkennt, hängt mann: Der Maler soll Goethes
wohl von der eigenen Sensibili­ »Faust II« illustrieren. Intensiv
tät ab. Ganz sicher verweist der setzt er sich mit dem Stoff aus­
Faltenwurf in der Kunst spätes­ einander, arbeitet teilweise bis
tens seit der Renaissance sowohl zur körperlichen Erschöpfung
auf die Raffinesse des Künstlers an den 143 Zeichnungen, die
wie auch auf den hohen Wert später nie veröffentlicht werden.
der abgebildeten Textilien. Auf Nach und nach beginnt sich der
diesen Symbolgehalt scheint Künstler mit Faust und Mephis­
Natalia Stachon anzuspielen, to zu identifizieren. Er bebildert
wenn sie in »RAJ« (2011, o.) All­ nicht nur Goethes Werk, son­
KOSMOS tägliches wie zerknüllte Papier­ dern verbindet die Erzählung
Museum Rietberg, Zürich, blätter in vergleichsweise edlem A VICTORIAN OBSESSION fantasievoll mit eigenen Moti­
bis 31. Mai Kupfer nachbildet. Die Grup­ Leighton House Museum, ven: Beckmanns schöne Helena,
penschau versammelt mehr als London, bis 29. März die sich in Fausts Arme rettet,
Der Blick zu den Sternen ist 40 Gegenwartskünstler, die in trägt schwere Kreolen und eine
seit Menschengedenken mit der Falte nicht nur physikali­ Wo einst der britische Maler Fönfrisur (o.). Der wundervolle
dem Wunsch nach Antworten sche Stabilität erkennen. Der Frederic Leighton, der Lord Zyklus wird nach über zehn
verknüpft: auf die Frage nach Obertitel lautet: »Einknicken unter den Neoklassizisten, lebte, Jahren jetzt erstmals wieder
dem richtigen Weg oder auf die oder Kante zeigen.« ziehen nun fünfzig Werke komplett präsentiert.

84
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18.
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Lucas Foglia, Jasmine, Hannah and Cecilia Swimming, Tennesse 2008 © L. Foglia/Courtesy of

29. 11. 2 014



12. 04. 2015
Fredericks & Freiser Gallery, New York and Michael Hoppen Contemporary, London
F. G. Hoffmann, Sekretär (Detail), Leipzig, um 1795 · Eine Leihgabe der

LEB
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RM EN
JENSEITSDERNORM
Carlo Bevilacqua Andrea Büttner Roger Eberhard Lucas Foglia
Tom Hunter Pau Montes Renate Niebler Daan Paans
grassi Timm Rautert Alec Soth Joel Sternfeld Wytske van Keulen
Ein Projekt gemeinsam mit Constanze Vielgosz Julia Zimmermann
Michael Sulzbacher und Peter Atzig.

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Halle 1

Antike | Alte Kunst | Außereuropäische Kunst


Klassische Moderne | Zeitgenössische Kunst

“Wir leben in einer Zeit, in der die Kunst für die Finanzwelt an Bedeutung
gewinnt. In dem Moment, in dem die allgemeine Richtung 360 Grad beträgt,
wirken die Künstler vom qualitativen Standpunkt aus von allen Seiten hinein.“
- Prof. Dr. Jean-Christophe Ammann, Jury-Mitglied der KUNST MESSE FRANKFURT 15 -

KUNST MESSE FRANKFURT 15


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Prof. Dr. Klaus Gallwitz, Prof. Dr. Hans Ottomeyer, Prof. Ottmar Hörl

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MESSEN
zung zu Werken traditioneller Aussteller wie
der Helene Bailly Gallery. Sie hat unter ande-
Mit sechzig noch rem »Sonnenaufgang über einem Wasserfall«
lange nicht Schluss von André Masson im Programm, zwar
Franzose, aber durch seine Kindheit und ei-
Die Brafa erneuert sich nen Teil seines Studiums in Brüssel ebenfalls
diskret zum Jubiläum der Stadt verbunden.
Offenbar ist Brüssel nicht nur als Schar-
nier zwischen Flandern und der Wallonie, zu
Er scheint deutlich jünger zu sein, als der denen sie gleichermaßen gehört, ein Ort
Blick auf die Zahlen verrät. Mit einem mil- des Crossover. Sammlungen wie die von
den Lächeln wird auf der Brafa im Januar ein Bernard Blondeel, der als ehemaliger Kunst-
rund 2000 Jahre alter keltischer Votivkopf händler Asiatika, Antiken und Altmeister-
Bilder: Finch & Co, London; André Masson/Helene Bailly Gallery, Paris/VG Bild-Kunst, Bonn 2014

die Besucher begrüßen. Finch Antiques grafik in seiner heutigen Privatsammlung


bringt das Stück aus London mit nach Brüs- Mit einem Lächeln grüßt der keltische Votiv- verbindet, findet sich hier wie in der Umge-
sel. Die Darstellungen menschlicher oder kopf aus der Zeit um Christi Geburt. bung auch das Schloss von Axel Vervoordt,
göttlicher Köpfe übertragen in der keltischen Unten: Den »Sonnenaufgang über einem der die Verbindung von Alt und Jung zu sei-
Symbolwelt die Kraft des Dargestellten in Wasserfall« schuf André Masson 1949 nem Stil gemacht hat und damit im Trend
das Haus, in dem sie bewahrt werden. Ein des gegenwärtigen Kunstkaufs liegt. Nicht
gutes Omen also und gleichzeitig so etwas künstler« Asgar Jorn bringt sie Kunst der mehr die möglichst vollständige Abbildung
wie ein Glückwunsch an die Messe. Moderne nach Brüssel. Immerhin war Jorn eines Sammelgebiets wird von den meisten
Denn die Brafa kann einen runden Ge- einst Mitbegründer der Gruppe CoBrA, in jungen Käufern angestrebt, sondern Epo-
burtstag feiern. Mit 60 ist aber auch sie jün- der sich Künstler aus Kopenhagen, Brüssel chen und Stile werden miteinander kombi-
ger, als es die Zahl suggeriert. Dabei legt das und Amsterdam zusammenfanden. Das Ge- niert und kontrastiert. Die sechzigjährige Ju-
Team der Direktion durchaus Wert auf die mälde »Delta« in Öl auf Leinwand im For- bilarin Brafa ist mit ihrer Zusammenstellung
Beständigkeit, mit der sich die Messe in den mat von 66 mal 54 Zentimetern wird für eine absolut moderne Dame. JAN BYKOWSKI
vergangenen Jahrzehnten ihren Ruf erarbei- 186 000 Euro angeboten. Es ist zwar erst 1966
tet hat. Fast scheint es den Verantwortlichen und damit Jahre nach Auflösung der Gruppe Brafa, Brüssel, Tour & Taxis, 24.  Januar bis
unangenehm zu sein, dass die Veranstaltung entstanden, bildet aber eine schöne Ergän- 1. Februar, brafa.be
weiter wächst. Der Rekord von 55 000 Besu-
chern während der vergangenen Ausgabe
wird zwar – wohl auch gern – erwähnt, soll
aber ausdrücklich nicht der Maßstab für den
Erfolg der Messe sein. Wachsen kann man
indes auch mit sechzig noch, wie man hier
erneut belegen wird: Die Kunst der Messe im
Taxispalais besteht darin, sich laufend von in-
nen heraus zu verjüngen.
Dies gelingt nicht zuletzt dank frischer
Teilnehmer. Dass ausgerechnet auf einer Tra-
ditionsmesse der 1770 gegründete Kunsthan-
del Douwes Fine Art als Debütant auftreten
kann, ist bemerkenswert. Zur kommenden
Ausgabe der Brafa wird genau das der Fall
sein. Die Amsterdamer bringen unter ande-
rem eine Landschaft von Hans Savery mit
nach Brüssel. Der ist für dieses Genre weni-
ger bekannt als sein Neffe Roelant, mit dem
er hier zusammengearbeitet haben dürfte.
Vielmehr kennt man Hans Savery als Porträ-
tisten des Dodo – ein Exemplar dieses um
1690 ausgestorbenen Vogel findet sich in der
von Douwes angebotenen Landschaft. Erst-
mals ist auf der Brafa auch Die Galerie aus
Frankfurt am Main dabei. Mit ihrem »Haus-

87
MESSEN
ANTIQUARIATSMESSE
STUTTGART
23. bis 25. Januar

Die Stuttgarter Antiquariats­


messe, die weltweit bedeutends­
te Messe für Antiquare, Auto­
grafen­ und Grafikhändler,
öffnet zum 58. Mal ihre Tore.
Das Angebot der 79 Antiquaria­
te reicht von mittelalterlichen
Handschriften bis hin zur
Künstlergrafik der Moderne.
Das absolute Glanzstück präsen­
tiert Heribert Tenschert (Biber­
mühle, Schweiz) mit dem
»Breviarium romanum«, einer
Handschrift aus dem Pariser
Atelier des Jean Piroche von
1494. Die 31 Prachtseiten mit

Bilder: Heribert Tenschert, Ramsen; Antiquariat Petra Bewer, Stuttgart


Vollbordüren auf Gold und Far­
ben waren einst im Besitz von
Octavien de Saint­Gelais (1468–
1502), Bischof von Angoulême 2
und erfolgreicher Dichter am
Hof Karls VIII. Für das Meister­
werk mittelalterlicher Buch­ von »Raupenbuch« und »Blu­ ANTIQUARIA LUDWIGSBURG Inlibris und Kotte bieten es an
kunst notiert der Katalog menbuch« im Amsterdamer 22. bis 24. Januar ihrem Gemeinschaftsstand für
760 000 Euro. Herausragend ist Druck von 1730, ausgestattet mit 450 000 Euro an. Im Schatten
auch das Angebot des Düssel­ 184 kolorierten Kupfertafeln, Fast zeitgleich mit der Stuttgar­ eines solchen Rarissimums ver­
dorfer Heinrich Heine Antiqua­ 38 000 Euro bei Reinhold Berg. ter Messe findet wenige Kilome­ blassen fast der Brief Schillers
riat, das die vollständige Reihe Goethe und Schiller sind ter entfernt in Ludwigsburg die an den Weimarer Theaterdirek­
der Elzevier­Drucke von 1625 bis einmal mehr die Säulenheiligen 29. Antiquaria statt. Gemeinsa­ tor für 95 000 Euro und Goethes
1660 anbietet (145 000 Euro). des deutschen Autografenhan­ mer Auftakt, gemeinsames Rah­ eigenhändiger Morgengruß
Merians »De Europische Insec­ dels. Thomas Hatry hält für menprogramm, darunter eine zum 79. Geburtstag zum Preis
ten« war die erste Folioausgabe je 25 000 Euro Briefe und Manu­ Ausstellung mit den Drucken von 35 000 Euro.
skripte der Dichterfürsten aus der Werkstatt der Brüder Es müssen nicht unbedingt
1 bereit, bei Stargardt ist für Kleukens – die von der Antiqua­ hochpreisige Objekte sein, die
16 000 Euro eine Handschrift rin Petra Bewer organisierte Sammlerherzen höherschlagen
Goethes erhältlich. Aus den Ludwigsburger Antiquariats­ lassen. Das breite Angebot
Erstausgaben ragt bei Herbert messe ist eine Erfolgsgeschichte. erlaubt auch Entdeckungen im
Blank die 1780 bei Cotta verleg­ 53 Antiquariate aus dem In­ und drei­ und vierstelligen Preisbe­
te Prüfungsarbeit Schillers Ausland sind mit hervorragen­ reich. Zum Thema Frauen bie­
über den »Zusammenhang der der Ware vertreten. tet Petra Bewer sechs Plakate
thierischen Natur des Men­ Auch hier passiert man an, biedere Trachtenträgerinnen
schen mit seiner geistigen« her­ beim Gang mehr als 500 Jahre und mondäne Damenköpfe
vor, angeboten für 32 000 Euro. europäische Kulturgeschichte. sind ab 180 Euro zu haben.
Einen großen Auftritt hat 1433 brach Graf Philipp von Kat­ Rezek hat Schäfers »Beschrei­
der Wiener Antiquar Norbert zenelnbogen zu einer Pilgerfahrt bung derjenigen Gauner, Zigeu­
Donhofer nach dem lang in das Heilige Land und nach ner, Straßenräuber, Mörder,
ersehnten Erwerb der legendä­ Ägypten auf. Zwanzig Jahre Markt­Kirchen­Tag­ und Nacht­
ren Sammlung Max Morgen­ später wurden seine Abenteuer Diebe, Falschen Geld­Münzer«
stern. Zwei Kataloge versam­ auf zwölf Pergamentblättern für 680 Euro im Angebot. Die
meln neben Vorzugsausgaben niedergeschrieben. Die Beschrei­ Abbildungen sind wie die Kom­
1 Das Plakat aus dem Jahr
auch 25 unikale Einbände, die bung der »lintworme« (Kroko­ mentare zu den kriminellen
1930 bietet Petra Bewer auf der
Antiquaria Ludwigsburg an der 1946 im Exil gestorbene dile) war damals eine Sensation. Aktivitäten höchst unterhalt­
2 Mit dem «Breviarium romanum», Sammler bei den Wiener Werk­ Nach anderthalb Jahrhunderten sam. Auf diesem Gebiet hat sich
einer Handschrift von 1494, glänzt stätten in Auftrag gegeben hat. ist das verschollen geglaubte die Welt seit 1813 nicht verändert.
Heribert Tenschert in Stuttgart BERNT TURE VON ZUR MÜHLEN Manuskript wieder aufgetaucht. BERNT TURE VON ZUR MÜHLEN

88
Eberhard Köstler
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KUNSTHANDEL

Schaufenster

»Das rote Männchen«

Künstler
Christian Rohlfs (1849–1938)

Werkdaten
Tempera auf Leinwand
1928
Höhe: 77,3 cm, Breite: 56,2 cm
Verzeichnis: Vogt 720

Bild: Galerie Utermann, Dortmund


Kunsthandlung
Galerie Utermann
Silberstraße 22
44137 Dortmund
Tel. 0231 47643737

Preis
140 000 Euro

Was hat »Das rote Männchen« mit Weimar dann aber mit Böcklin und Lenbach beschei- tive ähnelten sich. Nicht aber die Bilder. Wo
zu tun? Und mit der Malerei des 19. Jahrhun- den. Andererseits geriet die an anderen Nolde in Farben schwelgte, bevorzugte
derts? Schließlich gehört es, 1928 gemalt, Kunstschulen hochgeschätzte Historienma- Rohlfs eine pastose Temperamalerei, die die
doch leibhaftig in die klassische Moderne. lerei in Weimar zugunsten eines eigenständi- Atmosphäre des Lichts aufnahm und aus-
Auch wenn sein Schöpfer ein Wanderer zwi- gen Landschaftsstiles ins Hintertreffen. 1882 strahlte. Und wo Nolde zum Karikieren neig-
schen den Stilen und Malweisen war. Gebo- erregte Rohlfs Aufsehen, weil er den Titel sei- te, schildert Rohlfs freundlich die Schwächen
ren wurde Christian Rohlfs vor 165 Jahren, nes Gemäldes »Kampf gegen falsche Götter« seiner Mitmenschen. Man hat ihm deshalb
am 22. Dezember. Nur dreieinhalb Jahre vor – von dem man nur durch eine wenig freund- nachgesagt, er male einen König, wie ihn ein
jenem 12. Mai 1853, an dem die Buchhand- liche Kritik weiß – weniger als Bebilderung Kind im Märchen sehe. Und seine Hexen sei-
lung Utermann als Urzelle der heutigen Ga- einer Historie denn als Programm verstand. en eher grotesk als böse. Immer schwingt da
lerie in Dortmund ihre Arbeit begann – Letz- Seitdem galt er als eigensinniger Neuerer. eine doppelbödige Heiterkeit mit, die wie bei
tere bietet jetzt »Das rote Männchen« an. Dazu kam der Einfluss Henry van de Veldes, dem Mann mit »Singvogel« offen lässt, wer
Weil Rohlfs nach einem Sturz als 15-Jäh- der ihn mit den Impressionisten und vor al- wem die Pfeiftöne beibringt. Das gilt auch für
riger stark behindert war, konnte er die elter- lem mit Karl Ernst Osthaus bekannt machte. »Das rote Männchen«. Es könnte Rumpel-
liche Landwirtschaft nicht übernehmen. Als der Großherzog anordnete, Rohlfs Frei- stilzchen sein oder einer der in den Zwanzi-
Doch wurde im Krankenhaus, wo er viel Zeit atelier »einem Würdigeren zu geben«, war gerjahren beliebten Grotesktänzer. Oder er-
verbringen musste, sein zeichnerisches Talent das nicht nur Grund für einen Umzug nach schrickt es vor dem (hier unsichtbaren) »Tod
erkannt, sodass er schließlich 1874 ein Male- Hagen. Das neue Jahrhundert sah ihn, ob- als Jongleur«, den Rohlfs zuvor in Holz ge-
reistudium an der Großherzoglichen Akade- wohl eine ganze Generation älter, fortan un- schnitten hatte? Vielleicht ist es aber nur eine
mie in Weimar beginnen konnte. Die hatte ter den Expressionisten. Variante jener »Männchen«, die damals seine
einen eigenartigen Ruf. Einerseits wollte der Mit Emil Nolde verbannt ihn eine Bildwelt bevölkerten. »Das rote Männchen«
Großherzog möglichst nur adlige Maler als Freundschaft, die sich in der Eigenwilligkeit stellt keine Fragen und lässt auch keine offen.
Professoren verpflichtet wissen, musste sich ihrer spröden Charaktere traf. Auch die Mo- Es beflügelt die Fantasie. PETER DITTMAR

90
Kunsthandel
Reinhold Hofstätter

Drei Tafelbilder Jakobuslegende


Süddeutsch (ev. Franken), um 1480.
Öl auf Eiche.

Die drei Tafeln eines ehemaligen Retabels zeigen Szenen aus der Jakobuslegende
(Jakobspilger sitzen beim Mahl; Ein von zwei Stieren gezogener Wagen transportiert
die Leiche des Heiligen nach Compostela; Das Hühnerwunder).

Maße: jeweils ~ 78 x 36 cm (ohne Rahmen).


Expertise: Dr. Christof Metzger, Albertina Wien, 2012

Bräunerstraße 12
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www.kunsthandel-hofstaetter.com
KUNSTHANDEL

Ein Leben unter


Expressionisten
Die Erinnerungen des Berliner
Kunsthändlers Florian Karsch

Ganz hinten im Saal sitzt der junge Mann.


Nicht aus Schüchternheit, sondern weil er er-
kannt hat, dass dies eine gute Strategie ist:
Florian Karsch hält seine Nummer hoch,
wenn alle zum Auktionator Roman Norbert

Bilder: Archiv der Galerie Nierendorf; Kristopher McKay/Wassily Kandinsky/Guggenheim Collection/VG Bild-Kunst, Bonn 2014
Ketterer blicken. Bis sie sich umgedreht ha-
ben, weil der in der letzten Reihe erneut ein
Bild ersteigert hat, ist der Arm wieder unten.
So weiß niemand, was Karsch von Ernst Lud-
wig Kirchner und anderen Expressionisten
in den Fünfzigerjahren für seine Galerieaus-
stellungen aus Stuttgart nach Berlin bringt.
Sein Stiefvater Josef Nierendorf hatte in
den 1920er-Jahren die Galerie Nierendorf
übernommen und hier die deutsche, expres-
sionistische Avantgarde gezeigt. Anfangs will
kaum einer kaufen, nach 1933 fehlt zuneh-
mend das Geld. So bleibt die Galerie den
Künstlern oft etwas schuldig, muss ihre Räu-
me aufgeben, in Berlin umziehen und wieder
neu beginnen. Überhaupt verblüffen die vie-
len Parallelen zum Kunsthandel der Gegen- Vieles davon ist Familiengeschichte, manches Das Porträt zeigt Florian Karsch um 1995.
wart in der eben erschienenen Biografie von anekdotisch und ins Private verästelt, am Wassily Kandinskys »Yellow Painting« li.
Florian Karsch: »Zwischen Dix und Mueller« Ende dann aber doch wie so häufig im Kunst- aus dem Nachlass Karl Nierendorfs erwarb
(Edition Andreae, 471 S., 34,90 Euro). handel eng mit der Historie der Galerie ver- das Guggenheim Museum New York 1948
Der 1925 geborene Karsch hat sein be- knüpft. Karschs Memoiren, seine Briefwech-
wegtes Leben in den vergangenen Jahren auf- sel und die offenkundig aufwendigen rück. Auf diese Art erneuert er alte Freund-
geschrieben; zusammen mit Yvonne Groß, Recherchen erzählen anschaulich von der schaften mit George Grosz, Otto Dix oder
die den Erinnerungen des großen Berliner künstlerischen Szene insbesondere Berlins Lyonel Feiniger.
Kunsthändlers lektorierend eine Form gab. seit den Zwanzigerjahren. In den folgenden Jahren organisiert
Karschs Mutter Meta lernt Josef Nieren- Karsch Ausstellungen mit den ehemals ver-
dorf nach ihrer Trennung vom Bildhauer femten Künstlern, legt grafische Editionen
Joachim Karsch kennen. Der Kunsthändler auf, besucht Auktionen von Ketterer oder
wirkt in der Hauptstadt, sein Bruder Karl ist Kornfeld in Bern und pflegt auch den Nach-
der Tausendsassa und reist unermüdlich in lass seines Vaters Joachim Karsch. »Ich freue
die USA, weil deutsche Avantgarde hier hoch mich, dass sich Florian nicht für Kunst inte-
geschätzt und besser bezahlt wird. Als er um ressiert«, hatte der noch 1940 nach entbeh-
1936 auf Hilla von Rebay trifft, die Solomon rungsreichen Zeiten an seine Exfrau Meta ge-
R. Guggenheim beim Aufbau seiner Samm- schrieben. Doch der Sohn startet in eine
lung berät, stabilisiert sich die finanzielle Si- andere, erfolgreichere Zeit, mit Ankäufen
tuation phasenweise. Doch nach dem Krieg etwa der Nationalgalerie Berlin, die Werke
stirbt erst Karl, dessen Nachlass mit dem von Grosz oder Hannah Höch erwirbt. An
Besten der Galerie von der Stadt New York solche Triumphe, aber auch Fälschungsskan-
beschlagnahmt und versteigert wird. Im Jahr dale und Diebstähle in der Galerie, die sich
1949 erleidet Josef einen tödlichen Hirnschlag seit 1963 in der Hardenbergstraße in Charlot-
– und Florian, der Zoologie studiert und nur tenburg befindet, erinnert Karsch. Noch
gelegentlich malt, muss sich entscheiden. Er heute verbringt er dort einen Tag der Woche.
hilft der Mutter, arbeitet den eingelagerten Obwohl er die Galerie Nierendorf 2011 sei-
Bestand der Galerie auf, verkauft das eine nem Adoptivsohn Ergün Özdemir-Karsch
oder andere und gibt Kommissionsware zu- übereignet hat. CHRISTIANE MEIXNER

92
24 JAN--01FEB 2015
TOUR & TAXIS / .BE
BRUSSELS
GUEST OF HONOUR: THE BELGIAN COLLECTOR BY THE KING BAUDOUIN FOUNDATION

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AG E N DA

AUKTIONEN

Bilder: Zemanek-Münster, Würzburg (2); Privatarchiv


Zentralafrikas gesammelt. Sie stan- Die Maske Kifwebe aus dem Kongo ist
den mit anderen privaten Sammlern auf 5000 bis 10 000 Euro taxiert (links).
Für den guten in regem Austausch und ließen sich von Mit einer Schätzung von 3000 bis 6000
Kennern und Experten beraten. Aus ihrer Euro ruft Zemanek-Münster das Exemplar Mblo
Zweck Leidenschaft für afrikanische Kunst war in auf. Unten: Das Ehepaar Nerlich
Benefizauktion mit Tribal Art mehr als vier Jahrzehnten eine beeindru-
der Sammlung Nerlich ckende Sammlung entstanden, deren Viel- Die Masken der Baule, einem Volk der Elfen-
falt und Qualität museales Format besaß. 300 beinküste, werden vor allem wegen ihrer fei-
ausgewählte afrikanische Masken und Skulp- nen Ausarbeitung und der besonderen Äs-
»Von Schätzen trennt man sich zuletzt«, sag- turen aus dem Nachlass werden nun in einer thetik geschätzt. Dazu gehört auch die
te der 2012 verstorbene Sammler Wolfgang Benefizauktion versteigert. Zugute kommt Gesichtsmaske vom Typ Mblo aus leichtem,
Nerlich bei einem seiner letzten Besuche im der Erlös dem Förderverein des Kinderpallia- hellem Holz mit Resten schwarzbrauner Pa-
Würzburger Auktionshaus Zemanek-Müns- tivzentrums München. tina. Die Frisur ist in flachem Relief in drei
ter. Gemeint hatte er damit 130 afrikanische Aus dem südöstlichen Kongo vom konzentrischen Halbkreisen angelegt, die
Kleinplastiken, die er bis zu seinem Tod in Stamm der Songe stammt die Maske Kifwebe. die hohe Stirn säumen. Der Kopf wird durch
einem Safe aufbewahrt und vermutlich nur Derartige Masken gehören zur Ausstattung bogenförmig ausschwingende Schöpfe an
wenigen Personen gezeigt hatte. Die fein mo- des Kifwebe-Bundes und werden zu einem den Seiten zusätzlich betont. Das Gesichts-
dellierten Schnitzwerke waren ihm beson- geflochtenen Kostüm und einem langen Bart feld der zum Kinn hin schmal zulaufenden
ders ans Herz gewachsen. aus Raphiabast getragen. Maske ist durch einen ruhigen, verinnerlich-
Sie wurden im März 2013 in Charakteristisch sind ihre ten Ausdruck charakterisiert.
Würzburg versteigert. in kubistischer Form mit Masken dieser Art porträtieren Männer
Das auf den Bereich Rillen verzierten Gesichter. und Frauen, die bekannt sind für ihre Schön-
Tribal Art spezialisierte Das zackenförmig angeleg- heit, ihren politischen Status oder ihre Bega-
Haus war dem Sammler- te Muster lässt auf das öst- bung als Tänzer. Mit niedergeschlagenen Au-
ehepaar Nerlich seit über liche Songe-Gebiet als Ur- genlidern und geschlossenen Lippen deuten
20 Jahren eng verbunden. sprungsregion schließen. die Gesichtszüge Respekt und Selbstbeherr-
Nerlich und seine Frau, die Eine Maske mit matt glän- schung an und repräsentieren gleichzeitig
im Sommer dieses Jahres zender Patina, konkav ein- ein Ideal der Baule-Kultur. Taxiert ist das
verstarb, hatten ab den geschwungenem Gesichts- Stück auf 3000 bis 6000 Euro. STEFFI KUPKA
Sechzigerjahren Werke der feld und quaderförmigem
künstlerisch herausragen- Mund ist auf 5000 bis 10 000 Zemanek-Münster, Würzburg, 31. Januar,
den Regionen West- und Euro geschätzt. tribal-art-auktion.de

94
10. Berlin-Auktion
Münzen- und Goldhandel

am 29. Januar 2015 im Estrel Auktionshaus für Münzen und Medaillen

Convention Center, Berlin Berlin-Auktion 2015


Deutsche Münzen und Medaillen
Europäische Münzen und Medaillen
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Raritäten aus Russland,
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Für die 54 Zentimeter hohe Moretti-Stiftung »Onlus«, die in
Plastik des Herkules Pomarius, seinem Geburtsort Prato ein
die aus dem dritten Viertel des Reittherapiezentrum errichtet,
16. Jahrhunderts stammt, ließ er als auch einem Fonds am
sich von der berühmten antiken Metropolitan Museum of Art
Figur des Herkules Farnese zur Forschung und Konservie-
anregen (Taxe 1,5 bis 2,5 Millio- rung italienischer Altmeister
nen Dollar). Auch das einfluss- zugutekommen.
reiche, später von Rubens Zu den Höhepunkten der
gezeichnete Ecorché eines Auktion, die mit bewusst massi-
Mannes, das während Tetrodes gen Taxen lockt, zählt ein Paar
Italienaufenthalt um 1565 ent- besonders seltener veneziani-
stand, soll mindestens 1,5 Millio- scher Goldgrundgemälde, das
nen Dollar einbringen. die beiden Heiligen – Katharina
Bei Sotheby’s wird der von Alexandrien und Sigis-
Kunsthändler Fabrizio Moretti mund von Burgund – zeigt.
1
in der Woche der Altmeister- Lorenzo Veneziano (aktiv 1356–
auktionen am 29. Januar eine 1372) malte die Figuren wahr-
Spezialversteigerung von etwa scheinlich in den 1360er- oder
30 Gemälden und Skulpturen 1370er-Jahren (600 000 bis
der Renaissance und des Manie- 800 000 Dollar).
rismus bestücken. Mit seinen Vom Florentiner Manieris-
37 Jahren hat es der auf seltene ten Girolamo Macchietti

Bilder: Christie’s New York; Sotheby’s New York


ALTE MEISTER IN NEW YORK wird Christie’s nun das Gros italienische Goldgrund- und stammt das bewegte Vielfigu-
Christie’s, 27. bis 29. Januar von etwa 150 Losen, für die über frühe Renaissancegemälde spe- renbild »Bacchanal auf Andros«
Sotheby’s, 28./29. Januar 15 Millionen Dollar erwartet zialisierte Händler schon ziem- aus der Zeit um 1560/70, das
werden, verteilen. Höhepunkte lich weit gebracht. einige gerade wiederentdeckte
Bei Christie’s fällt das Angebot sind dabei zwei Figuren aus Niederlassungen in London, antike Skulpturen, wie etwa
in der Altmeisterwoche Ende Bronze des sehr innovativen Florenz und New York haben Kleopatra und Apollo von Bel-
Januar besonders üppig aus. Delfter Bildhauers Willem ihm den Respekt seiner älteren vedere, zitiert. Geschätzt ist
Neben den regulären Auktio- Danielsz van Tetrode, der sei- Kollegen längst verschafft. das Ölgemälde auf 800 000 bis
nen von Gemälden und Zeich- nerzeit auf muskulöse männli- Der Erlös der Sonderauktion 1,2 Millionen Dollar.
nungen Alter Meister steht am che Körper spezialisiert war. wird sowohl seiner Fabrizio- BARBARA KUTSCHER
27. Januar die bekannte Abbott-
Guggenheim-Sammlung an.
Über 60 Jahre lang sammelten
John Abbott und der als Kind
aus Nazideutschland emigrierte
und 2012 verstorbene Peter
Guggenheim, beide Psychiater
in New York, europäische
Skulpturen der Renaissance
und des Barock samt Uhren.
Vieles wurde in wichtigen
internationalen Museen gezeigt.
Und obwohl Sotheby’s bereits
im Januar 2011 einige Stücke zu
guten Preisen absetzen konnte,

1 Willem Danielsz van Tetrode,


»Herkules Pomarius«, aus dem
dritten Viertel des 16. Jahrhunderts,
Bronze, H. 54 cm, Christie’s, New
York, Taxe 1,5 bis 2,5 Millionen Dollar
2 Girolamo Macchietti, »Bacchanal
auf Andros«, 1560/70, Öl/Lw.,
31 x 175 cm, Sotheby’s, New York, 2
Taxe 800 000 bis 1,2 Millionen Dollar

96
JSM-AUKTIONEN
Nürnberg

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AUKTIONEN
1
TRIBAL ART DEKORATIVE KUNST Beständige, ein Bekenntnis zu
Lempertz Van Ham ihrem Glauben abgelegt.
Brüssel, 27. Januar Köln, 28. Januar Die dem Kaiser übergebene
Schrift, deren Kernthese die
Die Kunst des nige­ In der Abteilung Möbel ragt religiöse Toleranz ist, zählt
rianischen Stammes eine Régence­Kommode mit noch heute zu den Bekenntnis­
3
der Yoruba bildet vier Schüben aus exotischem schriften der evangelisch­
einen Schwerpunkt Königsholz heraus. Um 1730 lutherischen Kirchen. Die Mün­
der reich bestück­ von einem französischen Ebe­ ze zeigt die Brustbilder der
ten Auktion afrika­ nisten gefertigt, zeichnet sich MÜNZEN UND MEDAILLEN beiden Fürsten mit geschulter­
nischer und ozea­ der Korpus durch eine leicht Künker tem Kurschwert (Schätzpreis
nischer Kunst. geschwungene Front und abge­ Berlin, 29. Januar 6000 Euro). HARTMUT KREUTZER

Bilder: Lempertz, Brüssel; Künker, Münzauktion und Goldhandel; Allgäuer Auktionshaus Kühling, Kempten; Van Ham Kunstauktionen Köln
Künstlerisch ragt rundete Kanten aus.
ein fein Die Rocaille­Beschläge Auch in diesem Jahr nutzt das
geschnitzter der Kommode entfalten Osnabrücker Haus die Anzie­ KUNST UND ANTIQUITÄTEN
Yoruba­Shan­ eine große dekorative Wir­ hungskraft der Berliner Münz­ Allgäuer Auktionshaus Kühling
go­Stab aus der ersten kung. Sie wurde aus der Samm­ messe für eine Sonderauktion Kempten, 9./10. Januar
Hälfte des 19. Jahrhunderts lung des 2012 verstorbenen in der Hauptstadt mit einem
(Taxe von 15 000 bis 20 000 Euro) Unternehmers und Kunst­ Riesenangebot an Münzen und Mit 2500 Objekten startet das
heraus. Die weibliche Figur sammlers Friedrich Victor Rolff Medaillen der Neuzeit. Im Mit­ Auktionshaus in seine Winter­
kam bei den Tänzen des Shan­ eingeliefert und gehörte zur telpunkt stehen neben seltenen saison. Zu den Spitzenlosen
go­Kultes zum Einsatz. Der Ausstattung von Burg Glad­ Prägungen des Auslandes die zählt das Gemälde »Zweimaster
gezogene Kopf stellt eine Dop­ bach. Der Schätzpreis liegt bei altdeutschen Münzen, darunter vor der kalabrischen Küste« von
pelaxt dar, die Shango, den 3000 Euro. rund 90 Taler und Doppeltaler,
Donnergott symbolisiert. In der Abteilung Porzellan zum Teil große Raritäten. 4
Ebenfalls im Stammesgebiet fällt eine Figurengruppe von Einer der Schwerpunkte
der Yoruba zu Hause ist eine Johann Joachim Kändler ins liegt dabei auf den sächsischen
Gruppe der kleinen Ere­Ibeji­ Auge. Die Porzellangruppe der Prägungen. Aufmerksamkeit
Zwillingsfiguren (Taxen 800 bis Manufaktur Meissen besticht verdient ein talergroßes Gold­
5000 Euro). Die Figuren stam­ durch eine feine Bemalung mit stück im Wert von fünf Gulden,
men aus der Sammlung von Blumenmotiven und Gold­ und das 1630 unter dem Kurfürsten
Jacques Vogelzang, dem Doyen Violetttönen. Sie zeigt Pluto, Johann Georg I. zum 100. Jubi­
für afrikanische Stammeskunst der Proserpina, die Tochter des läum der Augsburger Konfes­
und Ehrenpräsident der nieder­ Zeus, über der Schulter trägt. sion geprägt wurde und an ein
ländischen Association of Während die Figur des Plu­ bedeutsames Ereignis der deut­
Friends of Ethnographica. to sehr an Berninis Gott der schen Geschichte erinnert. Auf
Eine Mbunda­Maske aus Unterwelt in der Villa Borghese dem Höhepunkt der Glaubens­
Ostafrika, eine Nkisi­Figur aus in Rom erinnert, scheint die streitigkeiten hatten die evan­
dem Kongo und eine der Proserpina gänzlich Kändlers gelischen Reichsstände 1530 Michael Zeno Diemer, das mit
dekorativen Wandtafeln aus Ini­ eigene Erfindung zu sein. Da es unter Führung des sächsischen einem Limit von 2500 Euro
tiationshäusern in Angola sich hierbei um eine relativ spä­ Kurfürsten Johann, genannt der angesetzt ist.
komplettieren die afrikanische te Ausformung (vor 1924) han­ Während seiner Zeit an der
Seite der Auktion, die in der delt, wird das bestens erhaltene Kunstakademie dürfte Diemer
kürzlich eröffneten Repräsen­ Stück zu einem sehr moderaten 1 Yoruba-Shango-Stab, Nigeria, Emil Rau begegnet sein. Rau,
tanz stattfinden wird. Schätzpreis von 500 Euro ange­ erste Hälfte des 19. Jh., Holz, 1858 in Dresden geboren, lernte
FRANK MAIER-SOLGK boten. MARTIN MIERSCH H. 63 cm, Lempertz, Brüssel, in der Münchner Maxvorstadt
Taxe 15 000 bis 20 000 Euro unter Alexander Wagner. Der
2 Kommode Régence, Frankreich, Alltag auf der Alm wurde später
um 1730, Königsholz, Marmorplatte, sein bevorzugtes Motiv. Ver­
Vier Schübe, 83 x 128 x 65 cm, Van schmitzt mustert die »Junge Frau
Ham, Köln, Schätzpreis 3000 Euro
in Dirndl und mit Trachtenhut«
3 Goldmünze, Kfm. von Sachsen ihr Gegenüber (Limit 1000 Euro).
Georg I. (1615–1656), fünf Gulden,
Mit einem Mindestgebot
Dresden, 1630, Künker, Berlin, Limit
6000 Euro von 650 Euro kann eine signier­
te Farbradierung von Salvador
4 Emil Rau (1858–1937), »Halb-
porträt einer jungen Frau im Dirndl Dalí ersteigert werden. Es han­
2
und mit Trachtenhut«, Öl/Lw., delt sich um das Blatt »Thou art
71,5 x 55,5 cm, Allgäuer Auktionshaus all faire, my love: there is no
Kühling, Kempten, Limit 1000 Euro spot in thee.« LAURA STORFNER

98
Das Automobil als Kunstobjekt gewinnt speziell in Form von Oldtimern immer mehr an Bedeutung.
Vor allem Formen und Designs der 50er und 60er Jahre begeistern viele Fahrzeugliebhaber. Das
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Bilder: The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts/Daimler AG (2)
ren aus und schuf vier Drucke: eine Serie und len. Wir nahmen sie mit, fasziniert von der
eine Arbeit mit dem Wagen vor einer grünen Qualität und bedrückt vom Wissen, dass der
Pop-Stars Landschaft.« Die Bilder waren so fantastisch, Rest nie geschaffen werden würde.«
Warhol malt Mercedes: dass der Factory-Gründer schon bald einen Heute genießt dieser Warhol-Zyklus in-
Großauftrag über 80 Motive erhielt. Doch nerhalb der 1977 gegründeten Daimler Art
eine Kunst- und Oldtimer- nicht alle konnten verwirklicht werden, da Collection einen besonderen Stellenwert.
ausstellung in Singen Warhol am 22. Februar 1987 überraschend Und man teilt diesen Schatz gern mit ande-
verstarb. Wenn Hans Mayer an diese Tage zu- ren. So werden derzeit im MAC Museum in
Wenn ein Weltkonzern seinen 100. Geburts- rückdenkt, spricht er von einer »Tragödie«: Singen 40 Werke der »CARS-Serie« von
tag feiert, dann wird dies mit entsprechen- »Mit Edzard Reuter hatte ich eigentlich am Andy Warhol zusammen mit sieben Oldti-
dem Aufwand begangen. So gönnte man 3. März 1987 einen Termin bei Warhol in mern aus der Mercedes-Benz Classic Collecti-
sich bei Daimler-Benz 1986 eine Anzeigense- New York, um zwei weitere Werke abzuho- on ausgestellt, darunter der Benz Patent Mo-
rie, die die wichtigsten Autos des vergange- torwagen von 1886, der Formel-1-Rennwagen
nen Jahrhunderts würdigte. Der Clou dabei: W196 R Stromlinie oder der 300 SL Gullwing.
Man wählte auch Modelle der Konkurrenz Die Ausstellung beleuchtet neben der Ent-
aus, versehen mit dem diskreten Hinweis, stehungsgeschichte der Warhol-Bilder auch
dass sie letztlich Abkömmlinge des Originals deren Bedeutung für die Auftragskunst.
seien. Diese Anzeigen wiederum brachten Hermann Maier, der Stifter des MAC Museum
den Düsseldorfer Galeristen Hans Mayer auf Art & Cars, freut sich über diesen Coup: »Seit
eine Idee. Beherzt griff er zum Telefon und 2000 gab es nur wenige Orte, an denen die
überzeugte den Daimler-Benz-Manager CARS-Serie gemeinsam mit den von Warhol
Hans-Joachim Baumgart, eine Serie von porträtierten Automobilen zu sehen waren.«
Siebdrucken bei Andy Warhol in Auftrag zu Für den Galeristen Hans Mayer ist die
geben, die sich auf die Anzeigenmotive be- Ausstellung einmal mehr eine Erinnerung
ziehen sollten. Baumgart hatte dafür nur an die Zusammenarbeit mit einem großen
zwei Bedingungen: Erstens sollte sich die Künstler: »Man kann Mercedes-Benz nur be-
Serie ausschließlich Fahrzeugen aus Stuttgart glückwünschen, dass man sich zum Geburts-
widmen, und zweitens wollte er vor der end- tag diese Warhols schenkte. Und das ohne zu
gültigen Auftragserteilung zunächst ein bis ahnen, dass sie eines Tages ein Vermögen
zwei fertige Bilder sehen. wert sein würden.« JÜRGEN LEWANDOWSKI
»Warhol nutzte die Steilvorlage perfekt«, Autoquartett: der Grand-Prix-Rennwagen
erinnert sich Mayer, »er wählte ein Foto des W125 von 1937 im Warhol-Look. O. ein Merce- »Andy Warhol. CARS«, bis zum 17. Mai im MAC
legendären 300 SL-Coupés mit den Flügeltü- des 400 Tourenwagen aus dem Jahr 1925 Museum Art & Cars in Singen

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Über allen Wipfeln

Bilder: Michael Schmidt/Stiftung für Fotografie und Medienkunst mit Archiv Michael Schmidt/Courtesy Galerie Nordenhake Berlin/Stockholm; Ernst Wilhelm Nay/VG Bild-Kunst, Bonn 2014
ist Ruh
Michael Schmidts letzter Bildband
sieht die Natur in Graustufen

Früher patrouillierte Michael Schmidt auf


den Straßen Berlins. Später tauschte der jun-
ge Polizist seine Uniform gegen eine Kamera.
In Kreuzberg und Wedding, wo die Fassaden
traurig waren, hielt er das Westberlin vor der
Wende fest: Rentner, die auf die Jugend
schimpfen, Punks mit halb geschlossenen
Augen und immer wieder verwaschener Be-
ton. Seine Bilder waren sachlich, ohne kon-
zeptionell zu wirken. Schlicht, ohne den An-
spruch, malerisch zu sein. In Grautönen
zwischen Ästhetik und Dokumentation
schaute er mit teilnahmslos poetischem Blick
auf eine erstarrte Stadt, die nicht so recht
wusste, wohin mit sich.
Auch auf dem Land suchte er die
Nahwelt, die die Deutschen Heimat nennen.
Zehn Jahre lang, zwischen 1987 und 1997,
fuhr Schmidt durch die Provinz und fotogra-
fierte die Landschaft. Damals, als Langsam-
keit noch nicht Entschleunigung hieß. Der
Bildband »Natur«, der wenige Tage nach
Schmidts Tod im Frühjahr dieses Jahres ge-
druckt wurde, fasst seine stille Wanderung
zusammen: Hier weicht der Plattenbau lee-
ren Pfaden, heimischen Wäldern, natürli-
chen Nichtorten zwischen Flussufern und
Unterholz. Äste legen sich übereinander,
Baumstämme reihen sich geordnet auf. Mal
sitzt ein Vogel im Dickicht, mal steht eine Deutscher Wald, frei von Pathos: finden, pflegte er zu sagen, denn die Welt tei-
Kuh auf der Weide. Den Menschen hat Foto ohne Titel aus »Natur« (1989/2014) le sich nicht in Extreme, sondern in Zwi-
Schmidt auf seiner Reise ausgespart. schentöne. Seine Motive entziehen sich der
Der Mythos des Waldes, den deutsche Interpretation, sie lassen das Ausbeutungsver-
Künstler oft als Teil ihrer Identität pflegen, Sein fotografischer Stil bringt Nachbilder hältnis zwischen Mensch und Natur nicht
erfährt bei Schmidt eine Dekonstruktion. Er hervor, Bilder, die vor dem inneren Auge ent- moralisch anklingen, nicht mal, wenn sich
vermisst das Gebiet neu, überarbeitet die To- stehen, wenn sich zwei Fotografien zu einer gerodete Waldabschnitte aus der Vogelpers-
pografie und filtert das Bild der Landschaft dritten verbinden. Dezent ordnete er seine pektive hellgrau abzeichnen. Die Natur wird
so lange, bis sie ihre Romantik ablegt. Seine meditativen Eindrücke in einem System aus nicht als fremdes Gegenüber erlebt, sondern
Fotografien befreien die deutsche Eiche von Freiflächen und Wiederholungen zu einer steht auf diesen Fotos im direkten Austausch
germanischer Symbolhaftigkeit, jahrhunder- Zusammenschau, die sich im Grau, das bei mit dem Menschen: Sie muss nicht mehr
tealte Baumstämme von majestätischer Ho- Schmidt so viele Nuancen hatte, verliert. überladen, sondern kann ganz unmittelbar
heit. Schmidt spielt mit Tiefenschärfe und Die Sonne verschiebt sich zu fleckigen betrachtet werden. Das zeigt uns Schmidt auf
Fokus, tritt einen Schritt zurück, um die Sze- Schattierungen, die nach und nach dunkler seinem letzten Weg. LAURA STORFNER
ne aus einem anderen Winkel wiederzuge- werden, um sich schließlich silbrig auf den
ben, den Betrachter aufzufordern, innezu- Moosboden zu legen. Ein tiefes Schwarz oder Michael Schmidt, »Natur«, Mack Books,
halten und genau hinzusehen. helles Weiß würde man in seinen Bildern nie 104 Seiten, 40 Euro

102
Kurz & knapp

Nauman seit sechs Dekaden 1851 – einer sich in der Zeit


sein vielschichtiges Werk. Er zurückbewegenden Trilogie. So
hat etwa den Luftraum unter tanzt der bunte Figurenreigen
einem Stuhl als Skulptur gegos- allmählich vom Klassizismus
sen (quasi Anti-Minimal-Art) zum Rokoko. Da jedes Modell
und sich beim Herumlaufen im mit eigenem Foto gezeigt wird,
Atelier gefilmt (und wurde so erhält man einen Eindruck von
ein Pionier der Videokunst). Als Kind verbringt er mehr Zeit der Vielfalt des Meissener Kos-
Was sich in Syrien abspielt, ist Zahllose zeitgenössische Epigo- in der Dunkelkammer als auf mos – und vom Esprit der Zeit:
eine Tragödie. Seit Ausbruch nen belegen heute seinen Ein- dem Spielplatz. Mit 14 verkauft Da flüchtet sich schon mal ein
des Bürgerkriegs kamen fast fluss. Dieser opulente Werkkata- er seine ersten Bilder an das vorwitziger Putto unter das
200 000 Menschen ums Leben, log (nur auf Englisch), verfasst MoMA. Neun Jahre später folgt, Kleid einer jungen Adeligen
weitere neun Millionen sind auf von einem der ältesten Weg- nach Nächten in Andy Warhols (»Die verlorene Unschuld« von
der Flucht. Der Linderung ihres begleiter, ist die neue Bibel für Factory, die erste Einzelausstel- Michel Victor Acier), und in der
Leids gehört die erste Sorge des Nauman-Aficionados. lung im Metropolitan Museum: Gruppe »Liebesmarkt« von
Westens. Dass in diesem Krieg Bruce Nauman, »The True Artist«, Stephen Shore hätte sich ohne Christian Gottfried Jüchtzer
jedoch auch nach und nach die Phaidon, 288 S., 100 Euro Weiteres vor dem 30. Geburts- hält eine Zofe eine Amorette an
Kultur eines über fünf Jahrtau- tag zur Ruhe setzen können. den Flügeln in die Höhe, als
sende kontinuierlich besiedelten Stattdessen leuchtete er den wäre sie eine Weihnachtsgans.
Landes vernichtet wird, daran flüchtigen Alltag zwischen Pop Amüsant und doch informativ!
erinnert dieser schmale, aber und Highway aus und brachte Sabine & Thomas Bergmann,
wichtige Band: Trümmerfelder den Amerikanern die Farbfoto- »Meissener Figuren. Band II
in der Altstadt von Aleppo, zer- grafie bei. Er findet satte (Modellnummern A1-Z99)«,
schossene Säulen in Palmyra, Pastelltöne für leere Motelzim- Kurt Götz, 319 S., 95 Euro
Raubgrabungen in Dura Euro- mer, Tankstellen und Auto-
pos – zahlreiche schmerzvolle bahnraststätten. Richtet seine
Fotografien, die zum Teil von Kamera auf Pancakes im Diner
syrischen Museumsbehörden Seit 1990 gehört die Pfaueninsel und Menschen, die seinen Weg
und Privatleuten stammen, in Berlin zum Weltkulturerbe kreuzen. Der Band erzählt die
bezeugen, wie in Syrien gerade der Unesco. Thomas Hettche Geschichte eines Chronisten:
Feuer an die Wiege der Mensch- hat ihr einen hinreißenden his- von den ersten Aufnahmen in
heit gelegt wird. torischen Roman gewidmet, Schwarzweiß bis zur Farbserie
Mamoun Fansa (Hg.), »Syrien – dessen sprachliche Schönheit »Winslow, Arizona«, die Shore
Sechs Weltkulturerbe-Stätten in den den prächtigen Vögeln ent- im vergangenen Jahr beendete. Ernst Wilhelm Nay war ein
Wirren des Bürgerkriegs«, spricht, welche die Kaninchen, Stephen Shore, »Retrospektive«, Workaholic, lange bevor man
Nünnerich-Asmus, 128 S., 29,90 Euro die zu Zeiten des Großen Kur- Kehrer Berlin, 320 S., 49,90 Euro das Wort kannte. Berühmt
fürsten hier gezüchtet wurden, wurde er für bunte Ölgemälde,
ablösten. Die Havelinsel ist der doch auch seine Papierarbeiten
paradiesische Schauplatz einer umfassen insgesamt weit mehr
Zwergin, die zu Zeiten der als 6000 Blätter. Nachdem man
königlichen Sommerresidenz 2012 begann, Nays Schaffens-
tatsächlich hier als Schlossfräu- drang auf Papier im ersten Band
lein gelebt hat. Um ihr Schick- seines Werkverzeichnisses für
sal und ihr zartes Lieben rankt Aquarelle, Zeichnungen und
der Autor ungemein feinsinnig Gouachen aufzulisten, folgte
Angeregt durch die Sprachphi- die historischen Zeitläufe. Sabine und Thomas Bergmann nun der zweite von insgesamt
losophie Wittgensteins kam ein Hettche macht den Leser mit haben sich die Herkulesaufgabe drei Teilen. Zwei Werkphasen
junger Amerikaner namens den Großen vertraut, die auf gestellt, alle Figuren der Porzel- werden untersucht: die »Fuga-
Bruce Nauman Anfang der der Insel gewirkt haben, ob lanmanufaktur Meissen nach len Bilder« mit ihren verschlun-
Sechzigerjahre ins Grübeln: Johannes Kunckel, Schöpfer Modellnummern und Künst- genen Farben und die »Rhyth-
»Was ist ein Künstler?«, fragte er leuchtender Rubingläser, oder lern in einem Nachschlagewerk mischen Bilder«, in denen Nay
sich. Antwort: ein Körper in Karl Friedrich Schinkel, der zu erfassen. Auf den ersten vollkommen abstrakt wurde.
einem Atelier. Nächste Frage: das Kavaliershaus gebaut hat. Band, der die Entstehungsjahre Nay Stiftung, »Ernst Wilhelm Nay.
»Was soll ein Künstler tun?« Aus Thomas Hettche, »Pfaueninsel«, 1850 bis 1960 behandelte, folgt Werkverzeichnis 1949–1953«, Band 2,
diesem Problem entwickelt Kiepenheuer & Witsch, 19,99 Euro jetzt der zweite Teil – 1764 bis Hatje Cantz, 464 S., 248 Euro

103
W E LT K U N S T

KUNSTSTÜCK Nº   4 8

VON
C H R I S T OP H M Ü L L E R

Bild: Göran Gnaudschun, Gabriele Bröcker/Staatliches Museum Schwerin

Joos de Momper
»Hochgebirgslandschaft mit Pilgern«, um 1620
Staatliches Museum Schwerin, Schenkung Müller

104
Ü
ber ein »Lieblingsbild« soll schen die Chance zu einem Gewinn fürs Le- Möglichkeiten hatte er nicht, er konnte
ich schreiben. Es soll zu ben und Erleben: durch das Vertrauen auf höchstens von den Kupferstichen anderer ab-
meiner eigenen Samm- Vertrautes beim Kunstgenuss, der zugleich kupfern. Erfundene Wirklichkeitsvorspiege-
lung, zum »Kosmos der Naturgenuss ist und umgekehrt. Denn »die lung also. Die Niederländer folgten keiner
Niederländer« des 17. Jahrhunderts gehören. Natur ist das Dauernde, Ewige, die sich wan- landeseigenen Kunstdoktrin, sie schufen ihre
Am Anfang, so einfach könnte ich es mir ma- delnden Stilformen sind ephemer; mit unse- Werke nach dem Motto »Nach dem Leben«
chen, muss ich ja jedes von mir erworbene ren Erfahrungen aus der Wirklichkeit kön- und »Aus dem Kopf«. Und sie malten nie vor
Bild unsagbar liebhaben, sonst hätte ich es nen wir uns mit den Künstlern aller Zeiten Ort, zeichneten die Originallandschaft
wohl nicht gekauft. Doch hielt nicht jedes im einigermaßen verständigen«. So erhellend höchstens in den Skizzenblock, danach ging
Lauf der nunmehr fast dreißig Jahre dazuge- hat das mein großer Niederländerkunst- es ins Atelier. Die Freiluftmalerei gab es erst
kommene Objekt auf Dauer meiner durch- Lehrmeister Max J. Friedländer (1867–1958) mit Beginn des 19. Jahrhunderts.
aus kritischen – auch selbstkritischen – Wert- formuliert, nachzulesen in seinem für jeden Umso malerischer ist das 49 mal 66
schätzung stand, sodass konsequenterweise Museumsbesucher alle nur denkbare Arten Zentimeter große Bild. Es ist diagonal aufge-
auch mehrere meiner Niederländer nicht in von Seh- und Denkhilfe bereithaltenden Va- teilt, links der karge Erdenteil, rechts der un-
die Schwerin-Schenkung aufgenommen demecum »Von Kunst und Kennerschaft« endlich in die Ferne gleitende, überirdische
worden sind. Also das mit dem »Lieblings- aus dem Jahr 1939. Ausmaße annehmende Himmel. Farbper-
bild«, wenn es denn nur ein einziges sein Und noch etwas habe ich bei meinen spektivisch erst braun, dann gelbgrünlich,
darf, ändert sich fast zwangsläufig. Führungen gelernt: Das Bewerten oder, bes- schließlich blendend, strahlend blau. Ein
Ich lebe sehr intensiv mit meinen Bil- ser gesagt, das Liebhaben von Bildern fällt Himmelskosmos, eine Himmelsorgie. Für
dern. Sie aber auch mit mir, recht eigentlich beim »normalen« Museumsbesucher meist die alpine Landschaft ziemlich schlecht aus-
erst durch mich. Wir reden miteinander, wir diametral anders aus als bei den zuständigen gerüstete Pilger nicht nur vorn (samt dem no-
vertrauen uns. Denn dies bleibt vom ersten Kustoden und Kunsthistorikern. In Tübin- torischen Hund, den die Niederländer über-
Moment der Begegnung zwischen uns in die- gen, Berlin und Schwerin habe ich die Füh- all hineinmalten), sondern auch klitzeklein
ser mysteriösen Liebesbeziehung konstant: auf einer Brücke im Hintergrund. Hochsym-
Meine Bilder (die immerhin mindestens 350 bolisch zerborstene Bäume, drei Gemsen
Jahre auf dem Buckel haben) bekommen zu und ein Vogelgeschwader, das man erst bei
spüren, dass ich mich für sie inklusive ihren Die Niederländer schufen ganz genauem Hingucken entdeckt. All dies
Schöpfer verantwortlich fühle: einen indivi- verschwindet, wird aufgesogen vom kaum
duell zu ihnen passenden Rahmen besorge, ihre Werke nach dem wolkengetrübten Blau. Die von Mensch und
mit unerlässlicher Hilfe der Restauratorin
Daniela Baumberg nicht nur ihre nachdun-
Motto »Nach dem Leben« Tier mühsam bevölkerte Erde – sie hat nur
einen zählenden und alles umhüllenden
kelnde Firnis-Schutzschicht erneuern lasse und »Aus dem Kopf«. Partner oder Gegenpol, den Himmel. Dies
und damit überhaupt erst ihren heilen Fort- ist die Botschaft des Malers.
bestand sichere. Sie wortwörtlich ins best- Nochmals zurück zu Friedländer und
mögliche Licht rücke und sie nicht selbst- dem Bildbetrachten. Am meisten vertraute
süchtig nur für meine Augen reserviere, rungsteilnehmer gebeten, ihr Lieblingsbild er im Hinblick auf empfangsbereite Gemüter
sondern sie trotz nicht geringem Trennungs- zu benennen. Das schriftlich ermittelte Um- auf Intuition und ersten Eindruck. Ganz au-
schmerz einer hoffentlich kunstbegeiste- frage-Ergebnis verblüffte jedes Mal die be- tomatisch habe ich deshalb an Friedländer
rungsfähigen Öffentlichkeit übereigne. rufsmäßigen Experten der Häuser: Ihre Fa- gedacht, als ich jüngst Edward Dolnicks
Gern und häufig mache ich Führungen voriten landeten weit abgeschlagen. Kein spannendes Buch über das Kunstfälschen ge-
durch meine Sammlung, die vor der Schen- Verlass also auf feste Kriterien beim Kunst- lesen habe und dabei Thomas Hoving, den
kung nach Schwerin unter anderem in Ulm, betrachten. Drum merke mit Friedländer: ehemaligen Chef des Metropolitan Museum
Reutlingen, Jena, Tübingen, Leipzig, Berlin, »Jedes Zeitalter bekommt neue Augen. Der in New York, als eine Art saloppen Vollstre-
Hamburg oder Köln ausgestellt war. Natür- Italiener sieht anders als der Deutsche. Ich cker Friedländers zitiert fand. Er erteilte al-
lich werde ich vor oder nach jeder Führung sehe anders als du, sehe heute anders als ges- len gelernten und ungelernten Kunstgu-
gefragt, was denn mein Lieblingsbild sei. tern.« Das gilt natürlich auch für mich. ckern folgenden Ratschlag: »Schau kurz hin
Nun ja, auf jeder Station war es ein anderes. Und so will ich denn für das Freiburger und gleich wieder weg! Vertraue dem ersten
Man fragt mich jedoch so etwas nicht unge- Gastspiel mein Lieblingsbild küren. Es ist ein Eindruck, den du im Bruchteil einer Sekun-
straft: Ich frage zurück und die von meinen Flame, Joos de Momper (1564–1635). Er ist be- de gewonnen hast. Sei dumm! Wenn du ein
meist mehrstündigen Führungen glücklich rühmt für seine farbkräftigen, weiten Ge- Kunstwerk betrachtest, dann blende alles
erschöpften Ge- und Verführten müssen ih- birgs-und-Tal-Landschaften. Unser Bild trägt Wissen aus – lass das Kunstwerk sprechen:
ren Favoriten benennen, was schon zu klei- den von irgendjemand, nur nicht vom Maler Rede mit mir, Baby! Wenn du es reden lässt,
nen Ehekrisen geführt hat. selbst erfundenen Titel »Hochgebirgsland- wird es dir auch etwas sagen!« Und so wollen
Ein Großteil meiner flämischen und schaft mit Pilgern«, wobei die staffagehaft wir es auch in Freiburg halten. ×
holländischen Bilder (was keineswegs dassel- eingefügten Pilger vom Kollegen Sebastian
be ist!) führt dazu, dass der Kunstgenuss sich Vrancx stammen – Arbeitsteilung war da- Christoph Müller war von 1969 bis 2004 Besitzer
gleichschaltet mit einem Naturgenuss, wie mals üblich, denn jeder Maler kaprizierte und Chefredakteur des Tübinger Tagblatts. 2013
ihn die wirkliche Umwelt heutigentags nicht sich auf ein Spezialgebiet. schenkte er seine Sammlung niederländischer Ge-
mehr so mannigfach bietet. Doch das fast fo- Joos de Momper hat sein plattes Hei- mälde dem Staatlichen Museum Schwerin. Der
tografisch genaue Abschildern einer in je- matland wohl nie verlassen. Also hat er diese »Kosmos der Niederländer« ist bis 12. April im Au-
dem Detail wiedererkennbaren Außenwelt bizarren braunen Gebirgsungetüme nur er- gustinermuseum in Freiburg im Breisgau zu sehen,
des 17. Jahrhunderts eröffnet heutigen Men- funden oder von anderen abgemalt? Viele danach in Papenburg und Stettin (Szczecin)

105
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56. KUNST-BIENNALE
IN VENEDIG
Reisen Sie gemeinsam mit WELTKUNST
und ZEIT REISEN zur Biennale
Alle zwei Jahre findet in Venedig die Kunst- tigen gemeinsam mit ihr die Scuola degli Schiavo-
Biennale statt, und die Giardini füllen sich für ni sowie das Atelier der Weberei Bevilacqua und
mehrere Monate mit künstlerischem Leben. Fer- lassen den Nachmittag bei einem Aperitif in einem
ner sind Länderpavillons, Objekte und Installatio- privaten Palast ausklingen. Das Programm der
nen über das gesamte Stadtgebiet verstreut und Biennale wird Anfang 2015 veröffentlicht.
für ein Publikum, bestehend aus Kunstfreunden,
Sammlern, Kritikern, Künstlern, Galeristen und
Termine: 28.9.–2.10. 2015
Kuratoren zugänglich. Aktuelle Kunst aus aller
Welt wird außerdem in zahlreichen Palästen und Preis: 1.590 €
anderen historischen und ansonsten nicht öffent- Ansprechpartner: Susann Fritzsche
lichen Gebäuden ausgestellt. Erkunden Sie mit
unserer Venedig-Spezialistin Frau Dr. Gregorin
die Höhepunkte der Biennale 2015, und treffen 040/32 80-176
Sie an einem Nachmittag Frau Schäfer, die Vene-
dig -Korrespondentin derWeltkunst. Sie besich- zeitreisen.zeit.de/biennale
Gloria Ehret, Anthony James, Katja Eichinger
Konrad Bernheimer und Thomas Girst

Zum Launch der München-Ausgabe der Simone Fahr, Alexander Kunkel,


weltkunst gab es eine Podiumsdiskussion Anders Thomas (Nymphenburg) Michael Menzer

Münchner Kunstherbst
Alle Bilder: Andreas Henn

Eine junge Tradition: der weltkunst-Talk


bei BMW am Lenbachplatz

Museumsdirektor Matthias Mühling und Duchamp-


Spezialist Thomas Girst waren ganz in ihrem Element,
als sie mit Lisa Zeitz über das Leben und Wirken der
Porzellanspezialistin
ungewöhnlichen Künstlerin Florine Stettheimer dis-
Angela Gräfin Wallwitz Dagmar Behnke und Peter Mayer
kutierten, deren Werk gerade im Lenbachhaus Furore
machte. So konnte die ganze Festgesellschaft in das
New York der 1920er-Jahre eintauchen, als Stettheimer
und ihre Schwestern einen legendären Salon führten.
Ihr größter Fan: Marcel Duchamp! Wer am Ende des
Abends schnell war, konnte noch ein Exemplar der
frisch gedruckten weltkunst München ergattern –
und hatte damit das grandiose Herbstprogramm des
Kunsthandels und der Museumsszene im Überblick. Deborah Schamoni und Selei Serafin (Sotheby‘s),
Rüdiger Schöttle Annegret Erhard

Matthias Mühling Christina Haubs, Martina Scheublein,


und Lisa Zeitz Andreas Ramer Raffaela von Salis

109
Bilder: Jens Nober/Museum Folkwang (3); Sebastian Drüen, 2014/Museum Folkwang (2); Frank Vinken/dwb
Freunde des Museums: Achim Middelschulte, RWE ist Partner des Projekts:
Stephan Muschick Peter Terium und Arndt Neuhaus

Los Carpinteros im Museum Folkwang


Das kubanische Kollektiv schuf in Essen mit dem »Helm« ein magisches
Objekt zwischen Skulptur, Architektur und Möbel. Bespielt wird es zum
Auftakt mit Werken aus der Sammlung von Karl Ernst Osthaus, halbjähr-
Ein »Helm« von Los Carpinteros lich wechseln die Ausstellungen. Und dann trifft man sich wieder!
für das kulturelle Gedächtnis

Los Carpinteros: Dagoberto Rodriguez Kuratorin Sandra Gianfreda,


Museumsdirektor Tobia Bezzola und Marco Castillo Lisa Zeitz, Mario-Andreas von Lüttichau

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(0085 2/25 24 81 21) 18.–20. 12. NÜRNBERG 17. 1.
BRÜSSEL Gegenwartskunst 20. 1. Duran (0034 91/5 77 60 91) Franke (09 11 / 5 27 37 20)
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112
VORSCHAU
Die nächste Ausgabe
der weltkunst erscheint am
27. Januar 2015
Messen Ausstellungen
BASEL BERLIN
Basler Münzenmesse. Deutsche Bank KunstHal-
Kongresszentrum 24./25. 1. le: Höhere Wesen befehlen.
Arbeiten auf Papier aus der
BERLIN Sammlung Frieder Burda.
World Money Fair. Estrel Bis 8. 3.
Convention Center
Bild: Studio Tromp, Rotterdam.nl/Rembrandt, „Titus van Rijn beim Schreiben“, 1655, Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam

30. 1.–1. 2. BIELEFELD
Kunsthalle: Sophie
BOLOGNA Taeuber-Arp. Bis 15. 3.
Arte Fiera. Quartiere
Fieristico di Bologna DARMSTADT
23.–26. 1. Hessisches Landesmuse-
um: Dialoge 01: Künstler-
BRÜSSEL tourist: Grenzgänge.
BRAFA – Brussels Bis 1. 3.
Antiques & Fine Arts Fair.
Tour & Taxis 24. 1.–1. 2. DRESDEN
Hochschule für Bildende
LONDON Künste: Mark Dion:
London Art Fair. Business Akademie der Dinge.
Design Centre 21.–25. 1. Bis 25. 1.
Decorative Antiques &
Textiles Fair. The Marquee, FRANKFURT
Battersea Park 20.–25. 1. Städel Museum: Fantas-
tische Welten. Bis 8. 2.
LOS ANGELES
LA Art Show/LA Fine HAMBURG
Print Fair. Convention Bucerius Kunst Forum:
Center 14.–18. 1. Miró. Malerei als Poesie.
31. 1.–25. 5.
LUDWIGSBURG
Antiquaria. Musikhalle KÖLN
22.–24. 1. Museum für Ostasiatische
Kunst: Mitleid und Me-
MIAMI ditation: Der Buddhismus
MIA. SeaFair – Interconti- des Grossen Fahrzeugs in
nental Hotel Dock Ostasien. Bis 1. 2.
15.–19. 1.

NEW YORK
LEIPZIG
Grassi Museum für Ange-
Rembrandt kommt nach Hause! Das
Ceramics & Glass Fair. wandte Kunst: Vornehmste Amsterdamer Rijksmuseum zeigt im Februar
Bohemian National Hall Tischlerarbeiten aus Leip-
21.–25. 1. zig. Bis 12. 4. eine Retrospektive seines Spätwerks. Wir
The Metro Show. Metropo-
litan Pavilion 22.–25. 1. MÜNCHEN widmen uns ausgiebig dieser Werkphase des
Master Drawings New Stadtmuseum: Ab nach Barockgenies und freuen uns auf
York. Diverse Kunsthand- München! Künstlerinnen
lungen, Upper East Side um 1900. Bis 8. 2. Gemälde wie »Titus van Rijn beim Schreiben«.
24.–31. 1.
SCHWÄBISCH HALL Das Thema Kind ist ein weiterer
SINDELFINGEN
Antik & Kunst. Messe
Kunsthalle Würth:
Moderne Zeiten. Die Nati-
Schwerpunkt: Wie haben Künstler zu
15.–18. 1. onalgalerie zu Gast in der verschiedenen Zeiten auf Kinder
Kunsthalle Würth. Bis 1. 5.
STUTTGART geblickt? Und warum neigt die Kunst der
Antiquariatsmesse. VADUZ
Haus des Württember- Liechtensteinische Lan-
Gegenwart mitunter zum Infantilismus?
gischen Kunstvereins desmuseum: Wir essen die
23.–25. 1. Welt. Bis 22. 2.

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T H U R N U N D TA X I S F R AG E B O G E N

Bilder: Pedist/flickr; Jen Marott/Adeline de Monseignat, Home, Ronchini Gallery, London, 14 Nov 2014 – 17 Jan 2015, ronchinigallery.com/Courtesy the artist and Ronchini Gallery; Palacio Barolo Tours; Gustavo Sosa Pinilla; Ruth Benzacar Galería de Arte; Sofia Achaval
Adeline de Monseignat
über ihr

Buenos Aires
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Mit pelzigen Glaskugeln und Särgen voller Können Sie uns ein Restaurant empfehlen? Womit betrinken wir uns hier?
Eierschalen übersetzt Adeline de Monseignat La Dorita, ein typisches argentinisches Jeder Argentinier würde Fernet mit
das Konzept des Surrealismus in die Gegen­ Grillrestaurant, liegt ganz in der Nähe. Cola empfehlen, aber ich bin für ein klassi-
wart. Auf den Spuren von Meret Oppen­ sches Sommergetränk: Clerico. Das ist Bowle
heim verbindet die monegassische Küns­ Was bestellen wir dort? aus Weißwein und Früchten.
tlerin das Unheimliche mit dem Spiel. Zu Zur Vorspeise einen Provoleta, gegrillten
sehen sind ihre organischen Skulpturen Hartkäse. Anschließend einen ensalada mixta Wohin treibt es uns nach Einbruch der
noch bis zum 10. Januar in einer Gruppen­ y bife de lomo con papas fritas, gemischten Salat Nacht?
ausstellung bei Leila Heller in New York. mit Rinderfilet und Pommes frites. Das Ferona bietet Getränke und Tanz
auf dem Dach. Wer nach 4 Uhr nachts immer
Was ist momentan Ihre Lieblingsstadt? Ein Gebäude in der Stadt, das Sie ganz be­ noch unterwegs ist, hört im Niceto bis 8 Uhr
Im Moment ist es Buenos Aires. In letz- sonders lieben? morgens Livemusik.
ter Zeit bin ich auf viele interessante Künstler Der PALACIO BAROLO (3), ein Bürogebäu-
aus Argentinien gestoßen und habe die Stadt de mit 22 Stockwerken, wurde im Einklang Wie bezirzt man den Türsteher?
vor Kurzem durch die Augen meines argenti- mit dem Kosmos entworfen. So, wie es in Schenken Sie ihm eine Zigarette und
nischen Freundes wiederentdeckt. Dantes Göttlicher Komödie beschrieben ist. ein Lächeln!

Was ist dort Ihre bevorzugte Beschäftigung? Welche Attraktion können wir auslassen? Zum Schluss: Ein Geheimtipp, den wir in
Am liebsten versinke ich bei Libros del El Caminito in La Boca hat seine Seele keinem Reiseführer finden?
Pasaje in Büchern und vergesse die Zeit. Bue- an den Tourismus verloren. Künstler ziehen im Moment nach
nos Aires hat überhaupt eine Menge schöner Boedo, in eine Gegend, die dank der authen-
alter Buchhandlungen. Und die allerschönste Das beste Kino oder Theater? tischen Bodegones, dieser traditionellen ar-
mit dem besten Angebot ist EL ATENEO GRAND Sala de Cine 1 Lugones wird Filmnostal- gentinischen Restaurants, zeitlos wirkt und
SPLENDID (1). gikern gefallen. Und das Teatro Colón ist der genau die Menschen anzieht, die man sich
perfekte Ort für einen besonderen Abend. wünscht. Ich empfehle einen Abstecher in
Haben Sie ein Lieblingsmuseum? die Restaurants Lo de Maria, Roque und
Ich liebe das MALBA (2). Kaum verwun- Eine kulturelle Erfahrung, die wir auf kei­ Spiagge Di Napoli. ×
derlich, aber ich wurde noch nie enttäuscht. nen Fall verpassen dürfen?
La Noce de los museos, die Museums- Elisabeth von Thurn und Taxis
Welche Galerie besuchen Sie immer wieder? nacht im November, ist schon ein Erlebnis. ist Autorin der US-Vogue und
Das Programm von RUTH BENZACAR (4) stammt aus einer Familie von
überrascht mich immer, und bei Miau Miau Wo finden wir die beste Hotelbar der Stadt? Kunstsammlern. Für uns entwi-
ist die Atmosphäre wunderbar familiär. Die des Hotel Faena in Puerto Madero. ckelte sie diesen Fragebogen.

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