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Das Kunstmagazin der ZEIT

Nº110 Januar 2016     Seit 1930

Erinnerung an Palmyra: Was im Nahen Osten verloren geht


Das

2016
Kunstjahr

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Alle wichtign und
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Max Beckmann Familientreffen in Berlin Dänisches Silber Ein glänzendes Sammelgebiet


Kunst und Religion Museen entdecken die christliche Seite der Moderne
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Welt zusammen, um ihre neuesten Kreationen und Innovationen zu präsentieren. Seien
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17. – 24. MÄRZ 2016


UNSER
TITELBILD
TITELBILD: Universitätsbibliothek Heidelberg/C 3014 Gross RES::1-3/Tafel 71; Bilder rechts: Daniel Lohmann; picture-alliance/Kyodo

Sie war die Pracht-Avenue von Palmyra, eine Palmyra vor dem Einmarsch der IS-Miliz: nungen zu sehen«, schrieb Cassas 1787 nach
der längsten Säulenstraßen der antiken Welt, die Säulenstraße und das Hadrianstor im der Rückkehr. Kein Wunder, denn auf Hun-
um 220 nach Chr. errichtet. Endlose Kolon- Mai 2010. Unten: Im vergangenen derten von Blättern zeigte er Bauwerke, die
naden, fast zwei Kilometer insgesamt, säu- Oktober sprengten die Zerstörer den Bogen kaum ein Europäer zuvor gesehen hatte. In
men den Weg von der syrischen Wüste in die Palmyra hat er alles so akribisch festgehalten,
Oasenstadt mit ihren Bauwerken wie dem dass die Ansichten auch für moderne Ar-
Baal-Tempel oder dem Amphitheater. Ein un- chäologen noch von Gewinn sind. Unser Ti-
vergesslicher Eindruck für jeden, der dort war. telbild zeigt einen Kupferstich, den Cassas
Das Foto, dass der Aachener Bauforscher nach seinen Zeichnungen für den 1799/1800
Daniel Lohmann im September 2010 auf- erschienenen Bildband »Voyage pittoresque
nahm, zeigt das sogenannte Hadrianstor, de la Syrie, de la Phénicie, de la Palestinie et
kurz vor dem Eintritt ins Innere der Stadt. de la Basse Egypte« anfertigen ließ.
Fast genauso sah es 1785 der französi- Leider sind solche Ansichten mittler-
sche Architekturzeichner Louis-François weile noch kostbarer als zuvor. Denn im Ok-
Cassas (1756–1827). Er war damals hoch ge- tober fiel der Bogen des Hadrianstores dem
schätzt für seine stimmungsvollen Bauauf- »Islamischen Staat« zum Opfer. Das ist nur
nahmen. Drei Jahre lang reiste er durch den einer der schrecklichen Kulturverluste im Na-
östlichen Mittelmeerraum. »Alle Welt hen Osten, denen wir unsere Titelgeschichte
kommt in Scharen zu mir, um meine Zeich- ab Seite 22 widmen.  SEBASTIAN PREUSS

3
INHALT
Kolumnen
10 Die Marktfrau D as
Galerien und Auktionshäuser ja h r
halten auch im mittleren Kunst
Preissegment Erstaunliches bereit 20 1 6
7
12 Drei Wünsche ab S . 3
Eine Plastik von Grit Richter,
Eduard Thönys Mäzenkarikatur
und ein Pfau auf blauem Teller

Bilder: Pool House; Digital Image 2008/White Images/Photo Scala, Florence/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Repro: Kai-Annett Becker/Berlinische Galerie, Leihgabe des Landes Berlin/VG Bild-Kunst Bonn, 2015
14 Heimliche Zwillinge
Botticellis Venus und die
Schauspielerin Chloë Sevigny

Kritikerfrage
Passen Kunst und Religion noch
z
usammen?

Die großen Geschichten


22 Krieg der Steine 50 Familientreffen
Das Siedlungsgebiet um Euphrat Erstmals zeigt eine Ausstellung
und Tigris ist eines der ältesten den Einfluss Berlins auf das
der Menschheit. In der Antike Werk von Max Beckmann. Ein
kreuzten sich hier die Kulturen, Rundgang mit seiner Enkelin
gewaltige archäologische Stätten
erzählen davon. Viele von
Frank Stella S. 18 ihnen wurden jüngst zerstört –
eine Katastrophe für uns alle

16 Hand des Meisters 30 Palmyras verlorene Pracht
Louis Vuittons Reisekoffer Griechen, Römer und Perser
als ein Stück Sozialgeschichte gaben der syrischen Stadt ihr
Gesicht. Doch was Jahrtausende
18 Was passt zu … stand, fällt nun der IS-Miliz zum
Frank Stella? Opfer. Am Ende bleiben nur Bilder

20 Was haben Sie gesehen, 37 Was bringt das neue Jahr?


Herr Obrist? Unsere große Vorschau 2016 –
Einen neuen Film über Peggy die wichtigsten Ausstellungen von
Guggenheim, Sammlerin und Nürnberg bis New York, die
Pionierin privater Kunstmuseen interessanten Messen weltweit
und große Museumseröffnungen
Max Beckmann S. 50

4
Palmyra S. 30

84 Messen
Stuttgarter Antiquariatsmesse,
Antiquaria Ludwigsburg, Arco,
Art Karlsruhe, Art Innsbruck, Brafa,
Antik & Kunst Sindelfingen

94 Kunsthandel
Meret Oppenheim bei Levy,
Ulrich Pietsch wird Berater beim
Kunsthandel Röbbig
Bilder: Nikos Economopoulos/Magnum Photos/Agentur Focus; Van Ham, Köln; Antiquariat Solder

96 Stilkunde
Anamorphosen

56 Ach, du lieber Gott! Agenda 98 Auktionen


Vom Gefühl zum Zitat: der Nagel versteigert Sammlung Nagel,
Wandel im Verhältnis von Kunst alte Meister, Impressionisten und
und Christentum in der Moderne 74 Nachrichten Moderne bei Christie’s, Tribal Art
Porzellan-Fest in Gotha, bei Lempertz, Dekoratives bei
62 Sammlerseminar Florentiner Neubau, mehr Van Ham, Quittenbaum offeriert
Modernes dänisches Silber Platz für das V & A Museum, Design, Antiquitäten bei Kühling,
begeistert durch klare Formen Arco-Ableger, Fundación Bücher bietet Nosbüsch & Stucke,
und hohe Handwerkskunst Mapfre in Barcelona, zwei Künker ruft Münzen auf
Auktionshäuser schließen
68 Glossar
Schauen, kennen, kaufen Personalien
Frank Schmidt, Cecilie Hollberg,
70 Thurn und Taxis Fragebogen Isabel Pfeiffer-Poensgen, Florian
Andrea Büttner über ihr London Steininger, Marius Winzeler

75 Hammerpreise
Eine Bronze von Otto Charles
Bänninger, ein mittelalterliches
Stundenbuch und ein Goldstück
Sammlerseminar S. 62

76 
Italienische Romanze
Die Hamburger Kunsthalle Messen S. 84
entdeckt den Landschaftsmaler
Franz Ludwig Catel neu 106 Kunststück
Hartmut Böhme seziert Thomas
78 Neo Rauch und Karl Blossfeldt Schüttes »United Enemies« (1993)
Eine botanisches Gipfeltreffen
in Aschersleben 114 Bild meines Lebens
Warum über dem Schreibtisch des
80 Ausstellungen heute-journal-Moderators Claus
»Kunst & Jazz« in Stuttgart, die Kleber Thomas Höpkers Fotografie
Kunstsammlung NRW würdigt »Williamsburg« hängt
Agnes Martin, Franz Xaver
Winterhalters Porträts, »Dark
Mirror« in Wolfsburg, »Große
Utopie Jugendstil«, das Liebieg- 6 Editorial
haus zeigt »Französisches 8 Impressum
Rokoko«, Ludwigshafen malt 9 Mitarbeiter des Monats
Zukunftsbilder, Werke von 111 Termine
Ruth Baumgarte in Salzgitter 113 Vorschau

5
EDITORIAL

Liebe Leserinnen,
liebe Leser,
Wohin geht die Reise? Zumindest im Bereich der
Kunst erwartet uns 2016 viel Gutes. In der Redak-
tion haben wir gründlich alle Vorschauen durch-
forstet und informieren Sie ab Seite 37 mit einer
detaillierten Übersicht über Ausstellungen und
Termine im neuen Jahr, auf die wir uns jetzt
schon freuen. Dazu zählt auch die bisher größte
Präsentation des amerikanischen Künstlers ­
Raymond Pettibon, von dem auf dieser Seite
eine Tuschezeichnung aus dem Jahr 1986 abge-

Bilder: Wolfgang Stahr; Raymond Pettibon


bildet ist. Ab Februar ist sie in der Sammlung nichtung von Kulturschätzen, wie sie derzeit der
Falckenberg in Hamburg-Harburg zusammen Nahe Osten erlebt. Von den menschlichen
mit mehr als 700 Zeichnungen, Hunderten von Schicksalen ganz zu schweigen. Unsere Titelge-
Ephemera sowie Filmen, Malereien und Wand- schichte gibt einen Überblick über die Zerstö-
zeichnungen zu sehen. Pettibons Werk beschäf- rungen und fragt, wie Rettung möglich sei.
tigt sich kritisch mit Aspekten der amerikani- Jedes Jahresende ist ein Anlass, Bilanz zu
schen Politik und Gesellschaft, unter anderem ziehen. Für den ZEIT Kunstverlag war es ein
mit dem Krieg gegen den Terrorismus. sehr erfolgreiches Jahr, das uns auf allen Ebenen
Wer einmal Archäologen bei Ausgrabun- vorangebracht hat. Wir haben das 85. Jubiläum
gen beobachtet hat, weiß, wie vorsichtig sie sich der weltkunst gefeiert und konnten eine wei-
ans Werk machen. Sie benutzen Pinsel, um Stei- tere Traditionspublikation in den Reigen unse-
ne von Erdschichten zu befreien, damit nur ja rer Produkte aufnehmen – den viermal im Jahr
keine Spuren verloren gehen, die uns Erkennt- erscheinenden kompakten Ausstellungskalen-
nisse über vergangene Jahrhunderte und Jahr- der KQ (Kunstquartal), der verlässlich seit 50 Jah-
tausende bringen könnten. Umso schockieren- ren Kunstereignisse auflistet. Unsere Schwester-
der ist die Brutalität der absichtlichen Ver- publikation, die 20-mal im Jahr erscheinende
Kunstmarktzeitung kunst und auktionen hat
durch einen Relaunch ein eleganteres Antlitz
bekommen sowie neue Rubriken, die sich unter
anderem mit den digitalen Herausforderungen
für den Kunstmarkt und die Museen beschäfti-
gen. Übrigens: Alle drei Abonnements eignen
sich als Last-Minute-Weihnachtsgeschenke! Ein
friedliches neues Jahr wünsche ich Ihnen und
uns allen.

Ihre Lisa Zeitz


Chefredakteurin

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facebook.com/weltkunst

6
Höfische Louis XV. Kommode
Paris vor 1750
Furnier: Amaranth, Rosenholz und roter Satinè,
signiert (Schlagstempel) Garnier (1720-1800), Meister 31.12.1742,
vorzüglich gerbeitete, feuervergoldet Bronzebeschläge, mit „C“-Couronne-Marke (1745-1749).
Höhe 86cm, Breite 113cm,Tiefe 62cm.
www.zeitkunstverlag.de 
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Dorotheenstraße 33 Buceriusstraße, Eingang Speersort 1
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Schliepstein,, um 1930 ANZEIGENABTEILUNG
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Limit: 4.500,, - € Dr. Ursula M. Boekels, Tel. 040/3280-1633
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Auktionen JAnuAr 2016


vom 1.1.2015 (www.weltkunst.de).
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GRAFIK
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Moderne & Zeitgenössische Kunst 22. Januar Mark Siegmann
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Jugendstil & Art Déco 22. Januar SCHLUSSREDAKTION
Ludger Booms (frei) HERSTELLUNG
Diamanten & Farbsteine 28. Januar KORRESPONDENTEN (FREI) Torsten Bastian, torsten.bastian@zeit.de
Antiker Schmuck, Silber 28. Januar Bonn: Dr. Peter Dittmar Jan Menssen, jan.menssen@zeit.de
Den Haag: Do­rothee von Flemming
Moderner Schmuck 29. Januar Dresden: Dr. In­g rid Koch DRUCK Neef + Stumme, Schillerstraße 2,
Frankfurt: Dr. Bettina Erche, Christian Huther 29378 Wittingen
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Fax 0 18 05/8 61 80 02
Telefon (06234) 8011- 0 · www.henrys.de alle darin enthaltenen Bei­t räge und Abbildungen
sind urheberrechtlich geschützt. Mit Aus­nahme der
kundenservice@weltkunst.de

gesetzlich zuge­lassenen Fälle ist eine Ver­wertung


ohne Ein­­w il­ligung des Ver­lages strafbar.
MITARBEITER
DES MONATS
Martina Doering
Fernweh hatte sie schon als Jugendliche. Damit dies in der
DDR kein Traum blieb, studierte sie in Leipzig Arabistik
und wurde Journalistin. Ihre erste Orientreise führte
Martina Doering 1987 nach Afghanistan, ein Jahr später
interviewte sie den PLO-Führer Arafat in Tunesien. Seit
sie 1989 als Politikredakteurin zur Berliner Zeitung kam,
reist sie regelmäßig in die arabischen Länder. Auch die ar-
chäologischen Stätten, etwa in Babylon (li.), hat sie mit
großer Begeisterung besucht. In ihrem Bericht ab S. 22
schildert sie die Kulturzerstörungen des IS vor dem Hin-
tergrund der politischen Entwicklungen im Nahen Osten.
Bilder: privat (3)

Hartmut Böhme
Er schlägt Brücken zwischen Medizin und Kunst. Hartmut
Böhme, emeritierter Professor für Kultur- und Literaturwis-
senschaft an der Berliner Humboldt-Universität, hat sich als
Mitherausgeber des Buchs »Das Orale« schon einmal auf ge-
dankliche Expedition in die Mundhöhle begeben. Nun folgt,
im Quintessenz Verlag, auf knapp 500 Seiten »Das Dentale«.
Was das mit Thomas Schütte zu tun hat, lesen Sie auf S. 106.

Anette Froesch
Die Museen in Kopenhagen und Stockholm kennt sie
besser als die in Deutschland. Denn jahrelang betreute
Anette Froesch eine Privatsammlung skandinavischer
Kunst. Dazu gehörte dänisches Silber, wodurch sie zu
einer Kennerin dieses Gebiets wurde. Ihr Wissen gibt sie
nun in einem Sammlerseminar (S. 62) weiter. »Mich fas-
ziniert, wie sich beim Silber Gebrauchswert und elegante
Bodenständigkeit verbinden«, schwärmt die Kunsthisto-
rikerin, die heute für eine Bank in Kiel arbeitet.

9
DI E M A R K T F R AU

Die goldene Mitte


Weder Rekordhalter noch Flohmarktschnäppchen: Bei Kunsthändlern und
Auktionshäusern lässt sich zu niedrigen Preisen oft Erstaunliches finden

Bilder: Kunsthandel von Seckendorff; Auktionshaus Rehm; Pablo Castagnola


ie Rampensäue sind immer die keit getaucht, bietet Buchers »Malerei über

D anderen. Im medialen Schein-


werferlicht stehen international
meist Kunstwerke, die für zwei-
Die elegante Biedermeier-Wiege, ­
gesehen bei Gregor von Seckendorff,
die Malerei« sattes Anschauungsmaterial zu
Preisen zwischen 2500 und 7100 Euro.
Wer sich hingegen aufs Restaurieren
oder dreistellige Millionenbeträge den Besit- darüber die Bilderuhr, die jüngst im versteht oder die Restaurierungskosten ein-
zer wechseln. Aber wer von uns kann sich das Auktionshaus Rehm zum Aufruf kam kalkuliert, findet auch in Auktionshäusern
leisten? Die Deutschen kaufen Kunst für klei- immer wieder Ausgefallenes. Kürzlich ver-
nere Beträge ein. Bundesweit liegen die Spit- steigerte das Auktionshaus Rehm in Augs-
zenpreise deutlich tiefer. Mal um eine Milli- burg eine Bilderuhr. Sie wirkt auf den ersten
on, mal um 300 000 Euro. Worüber aber so tisch aus Palisander, der als Verwandlungs- Blick wie ein Gemälde mit Kirchturm, Uhr,
gut wie nie berichtet wird, sind die Mauer- möbel zugleich Skulpturenpodest sein kann Schmiede und dreidimensionalem Wasser-
blümchen im Preisranking. Fachleute spre- und ein Ort zur Aufbewahrung von Strick- rad. Doch eine verborgene Mechanik bringt,
chen hier vom Mittelmarkt. zeug. Denn in seinem Inneren hat der Kunst- wenn sie funktioniert, Bewegung ins Idyll.
Was für ein despektierlicher, unattrakti- tischler eine Aussparung für das Wollknäuel Michael Lanzigs Bilderuhr von 1820 kletterte
ver Name! Eingeklemmt in der Mitte zwi- gelassen (8400 Euro). »Ich will schöne Dinge von 700 auf 1050 Euro (ohne Aufgeld).
schen Höchstpreisen und Trödel. Den Mittel- verkaufen, mit denen die Kunden leben kön- Mauerblümchen sind das nur für den,
markt darf man aber keinesfalls gleichsetzen nen«, umreißt von Seckendorff sein Auswahl- der nicht richtig hinsehen kann. Als Jagdge-
mit lauer Mittelmäßigkeit. Denn auch unter prinzip. Darum geht es im Mittelmarkt. Um biete empfehlen sich da die Onlineseiten der
kuranter, preislich nicht wirklich teurer Kunst fürs Leben, nicht fürs Museum oder Versteigerer und deren Varia-Auktionen. Ge-
Kunst lassen sich – gemessen an den oft lum- als Investment. nerell bieten auch die Nachverkäufe von
pigen Produkten heutiger Industrie – beson- Das sieht auch Galerist Matthias Ernt- Auktionen die Chance, Trouvaillen zu einem
dere Schätze finden. Gemälde, Möbel und ges so. Der Düsseldorfer zeigt in seiner Gale- tieferen Preis zu erwerben. Übrigens, sollte
Ausstattungsstücke mit Charme und Ge- rie wie in einem Salon Künstler, die an der Ihnen ein treffenderer Begriff für den »Mit-
schichte, die sofort Wärme in die oftmals viel berühmten Düsseldorfer Kunstakademie stu- telmarkt« auf der Zunge liegen, freue ich
zu cool geratenen Wohnbereiche bringen. diert und ihren Weg gemacht haben. Bei­ mich über ihre Vorschläge an die weltkunst-
Auf einer Antiquitätenmesse fiel mir Malern und Fotografen, die nicht von inter- Redaktion.
neulich das attraktive, finanziell erreichbare national agierenden Galerien vertreten Nix für ungut, Ihre Marktfrau. ×
Angebot von Gregor von Seckendorff auf. Da werden, liegen die Preise auf erreichbarem
wartete eine Babywiege, so elegant gebaut Niveau. Da sind z. B. die kürzlich von Ernt- Susanne Schreiber
wie ein Schiffsrumpf, auf werdende Eltern. ges präsentierten komplexen Schichtungen ist Redakteurin des
Das schwingende wie schwungvolle Möbel geometrischer Körper, die Christoph Bucher Handelsblatt und betreut
aus dem Biedermeier war mit 5800 Euro aus- lasierend auf Holz aufträgt. Mal streng dort seit vielen Jahren
gezeichnet. Attraktiv war auch ein Beistell- schwarz-weiß gehalten, mal in sanfte Farbig- den Kunstmarkt

10
Galleria Canesso
LUGANO
altmeister gemälde

Donato Creti
Cremona,   Bologna, 
. . . . . . ...... . . . . . . . . .. . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . .

Andromeda und Perseus


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Kalte Schnauze
»Keine Angst vor falschen

Bilder: Courtesy the artist and Galerie Tanja Wagner, Berlin; Kunkel Fine Art, München; 1stdibs.com
Hunden»: Was auch immer hinter
den poetischen Titeln der gebür-
tigen Dresdner Künstlerin Grit
Richter steckt– ihre Werke wie die
110 cm hohe Plastik aus
Holz, Lack, Metall, Leinwand
und Acrylglas verbreiten gute
Laune. Uns ist die Arbeit in der
Berliner Galerie Tanja Wagner
(030 86430120) aufgefallen.

8000  €

Möchtegern-Mäzene
1907 sorgten im Simplicissimus die Bierbrauer von
Eduard Thöny für ein Schmunzeln. Sie geben sich als
Kunstmäzene: »Mir lassen jetzt an Etikett’ für unsere
Bierflaschen von an Maler machen.« Kunkel Fine Art
(089 21869034) in München verkauft die Zeichnung.

6500 €
Pfau vor Blau
Wen es nach Biarritz verschlägt,
der sollte der Galerie Carré Rouge
(+33 6 18046143) einen Besuch
abstatten. Dort gibt es so schöne
Dinge wie den emaillierten Teller
mit Pfau (Durchmesser 60 cm), den
Eugène Collinot um 1865 entwarf.
Online unter 1stdibs.com zu finden.

12
K l e i n o d d e r Pat r i z i e r fa m i l i e L ö f f e l h o l z , N ü r n b e r g d at i e r t 1 5 4 7
Büttenmann
Silber, teilvergold et

Christo ff Ritter I (Meister 1547- 1569/73)


Inschrift: „Hanssen Lö ffe lholz vo n Kolbergx auf Herolzpach“
Höhe 20.5 cm, Gewicht 703 g
Provenienz:
- Baron Karl von Ro t hs child 1885 (versteiger t 1911, Paris)
Er wä hnt bei Rosenberg , Bd. I I I, Nr. 3880 a)
- Slg . Familie Hans Conrad Bodmer, Zürich 1915-2015
Galerie Neuse Kunsthandel GmbH, Achim Neuse Volker Wu rster
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H E I M L IC H E Z W I L L I N G E

Bilder: Jörg P. Anders/Staatliche Museen zu Berlin; ddp images/United Archives; Alessandra Schellnegger; Frank Röth/F.A.Z.
Botticellis Venus  Chloë Sevigny

Die zauberhaft verträumte »Venus« von 1490 ist derzeit in


der Ausstellung »The Botticelli Renaissance« in der Berliner ­
Gemäldegalerie zu sehen (bis 24.1.). Sie erinnert uns an die
Schauspielerin Chloë Sevigny, die mit Filmen wie »Kids« und
»Boys Don’t Cry« berühmt wurde. Kennen Sie weitere Doppel-
gänger? Hinweise gern an bildredaktion@weltkunst.de

K R I T I K E R F R AG E

Kunst und Religion – passt das noch zusammen?

Samuel Herzog Kia Vahland Niklas Maak Lindsay Pollock Hanno Rauterberg
Neue Zürcher Zeitung Süddeutsche Zeitung Frankfurter Allgemeine Zeitung Art in America DIE ZEIT

Warum nicht? Aber fassen Die Kunst fühlt sich gerne Der White Cube ist ja die Es ist ein Klischee, dass die Jedenfalls scheinen jetzt
wir den Begriff »Religion« selbst als Religion, und die Kirche von heute: Man Museen die Kathedralen Kunst und Buddhismus
heute nicht ohnehin so Religion müht sich mit der muss vor den Werken leise von heute sind, aber es ist ganz herrlich zu
weit, dass fast alles darunter jüngeren Rivalin. Vielleicht sein wie vor einem Altar, etwas Wahres daran. Was harmonieren, siehe
fallen könnte? müssen beide Parteien erst andächtig schauen, auf die Kombination von Marina Abramović oder
einmal zu sich selbst finden Erleuchtung hoffen. So Kunst und Religion betrifft, Jeppe Hein.
und stehen. gesehen täte der Kunst sind natürlich die alten
etwas weniger Religion Meister unschlagbar.
ganz gut!

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H A N D DE S M E I S T E R S

Mobil durch die Jahrhunderte


Die Entwicklung der Louis-Vuitton-Koffer ist ein Stück Sozialgeschichte:
Früher passten sie zur Dampfschifffahrt, heute ins Handgepäck

er heute mit einem Koffer von

W
1 3
Louis Vuitton reist, fällt auf.
Wie jemand, der aus einer al-

Bilder: LOUIS VUITTON MALLETIER/François Coquerel (4); LOUIS VUITTON MALLETIER/Patrick Galabert; Michael Biedowicz
ten Welt kommt. Einer Welt,
in der man nicht seinen Koffer auf Rollen
hinter sich herzerrt, sondern ihn trägt. Dabei
ist der klassische Louis-Vuitton-Koffer ein
echtes Kind der modernen Zeiten. Als der
junge Louis Vuitton 1854 im Alter von 33 Jah-
ren in Paris sein erstes eigenes Geschäft,
Louis Vuitton Malletier, eröffnete, hatte er
eine Revolution im Sinn. Die Koffer für die
Oberschicht waren zu dieser Zeit nämlich
2 4
eher vergleichbar mit Möbelstücken. Sie wa-
ren schwer, mit Leder beschlagen und
mannshoch: Für die Pariser Gesellschaft
kein Problem, denn einen Koffer packte man
ja nie selbst an. Dafür hatte man Personal,
denn Arbeitskraft war billig.
Schrankkoffer mussten stets mit einer
runden Kuppel versehen sein, damit der Re-
gen abperlen konnte. Vuitton aber bespann-
te seine Koffer mit einem neuartigen Ober-
material, einem imprägnierten Leinenstoff,
der wasser- und luftdicht war. Außerdem lös-
ten die Koffer von Louis Vuitton ein moder- der Schweizer Schriftsteller Blaise Cendrars: Bis zum 21. Februar ist der Tradition von
nes Problem. Im 19. Jahrhundert wurden Rei- »Aufbrechen heißt, zu Vuitton zu gehen.« Louis Vuitton eine Ausstellung im Pariser
sen mit dem Dampfer populär. Die Kabinen Das Hauptgeschäft der Marke Louis Grand Palais gewidmet – links unten ein
der Schiffe waren allerdings eng. Und wenn Vuitton sind heute Taschen. In der Manufak- Koffermodell von 1924 speziell für’s Auto-
man seinen Koffer ausgeräumt hatte, stand tur in Asnières bei Paris werden aber auch mobil. Die Werkzeuge (1) zur Herstellung
(2–4) sind seit 150 Jahren die gleichen
er ständig im Weg. Der regenfeste Louis- noch immer Koffer hergestellt – in Handar-
Vuitton-Koffer aber war quaderförmig und beit. Jeder hat eine eigene Produktionsnum-
ließ sich perfekt unter dem Bett verstauen. mer. Der Korpus wird aus abgelagertem ­ tionsbesteck. Grundsätzlich sind die Hand-
Bei Louis Vuitton gab es auch früh Koffer, Pappel- und Buchenholz geschreinert. Von werksmeister zu allem bereit, unter einer Be-
die sich auf die neu aufkommenden Automo- innen wird der Koffer ausgepolstert. Die dingung: Alles, was sie bauen, muss
bile schnallen lassen konnten. Louis Vuitton Schalen werden mit Scharnieren aus Baum- transportabel sein. Interessanterweise sind
war die Marke der neuen Mobilität. So sagte wolle verbunden. Dann werden sie mit dem bei den Sonderanfertigungen heute etliche
berühmten Canvas mit dem Louis-Vuitton- aufrecht stehende Schrankkoffer mit Schub-
Logo bezogen. Zum Schluss kommen die laden und Griffen an der Seite, damit das Per-
Metallbeschläge, die mit Kalbsleder bezoge- sonal sie tragen kann. Manche Menschen rei-
nen Griffe und das Kofferschloss. Es ist sen eben noch immer gerne mit Möbeln, die
ebenfalls eine Erfindung des Gründers. ihnen hinterhergetragen werden.  ×
Asnières ist auch für Spezialanferti-
gungen bekannt. Karl Lagerfeld ließ sich ei- Tillmann Prüfer ist Style
nen Koffer für seinen iPod gestalten, Hel- Director des ZEITmagazin.
mut Lang eine Transportmöglichkeit Er stellt hier jeden Monat
für seine Vinylalben, Damien herausragende Leistungen der
Hirst einen Koffer für Opera­ Handwerkskunst vor

16
Erfolg mit Qualität
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Frank Stella

Er ist der Mann der Stunde: Der


amerikanische Künstler Frank ­
Stella, Jahrgang 1936, wird noch bis
zum 7. Februar mit einer großen ­
Retrospektive im Whitney Museum
in New York gewürdigt. Und auf der
Art Basel Miami rissen sich die
Sammler um seine Werke. Links:
»Harran II« aus dem Jahr 1967

Bilder: Solomon R. Guggenheim Museum, New York/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Pool House; Ikou Tschüss; Luur Design; Daniel Reiter
4

1 Runde Sache 2 Vorbild Farbkreis 3 Im Spiegel 4 Neue Geometrie


Stella befreite sich vom Ab 1967 malte Stella halb­ Die Symmetrie in der Die Kette von Designerin
traditionell rechtwinkeligen kreisförmige, farblich ge­ Asymmetrie finden! Der Gabi Dziuba und Künstler
Format und ließ Malerei fächerte Anordnungen, die »Whole Side Table 4/4« aus Dirk Bell setzt die Buch-
und Skulptur miteinander an Farbkreise erinnern. Nussbaum spielt wie staben des Wortes »love«
verschmelzen. Der Circle Das L’Arco-Baleno-Kissen Stellas Kunst mit der neu. In Gold 950 Euro.
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Einen neuen Dokumentarfilm über die Sammlerin


Peggy Guggenheim, die Urmutter aller privaten

Bilder: David Head/Peggy Guggenheim Collection, Venice; Peggy Gugenheim-Art Addict/Film still; Courtesy of the Peggy Gugggenheim Collection Archives, Venice/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Milena Carstens; Illustration: Andrea Ventura
Kunstmuseen mit dem frühen Blick für die Moderne

Hans Ulrich Obrist


ist Kurator für zeitgenössische Kunst und
leitet die Serpentine Gallery in London

Herr Obrist, was haben Sie gesehen? Was faszinierte Sie an dem Film? tet. Es ist deshalb schön, dass der Film von
Ich war gestern Abend im Kino und Peggy Guggenheim hat, von heute aus Lisa Immordino Vreeland davon erzählt.
habe den neuen Dokumentarfilm »PEGGY betrachtet, ein sehr modernes, postnationales
GUGGENHEIM: ART ADDICT« (2) gesehen. Es Leben geführt, über Kontinente hinweg. Sie Die Filmemacherin konnte viele Interview-
geht also um Kunstsucht … wollte ihr Museum eigentlich in England bau- Sequenzen verwenden.
en, musste wegen des Zweiten Weltkriegs ins Ja, Lisa Immordino Vreeland hat die be-
… ein Ihnen durchaus vertrautes Thema. Exil, hat es nach dem Krieg dann in VENEDIG rühmten, stundenlangen Interview-Aufnah-
Ja (lacht). Es ist ein hochinteressanter (1) eröffnet und natürlich auch in New York. men der Biografin von Guggenheim gefun-
Film, der mich dazu gebracht hat, über das Heute kennen wir solche Biografien, aber da- den, von denen man immer mal wieder
Jahr 2015 nachzudenken, das ja von zahlrei- mals haben Menschen nicht so gelebt. gehört hatte, die aber lange Zeit als verschol-
chen Privatmuseumseröffnungen geprägt len galten. Der ganze Film basiert im Grun-
war. Nehmen Sie die Fondazione Prada in Was ist eigentlich das Besondere an ihrer de auf diesen Gesprächen, die kurz vor ihrem
Mailand, die Garage in Moskau, die Aishti Sammlung? Tod 1979 geführt wurden. Der Film löst­
Foundation in Beirut und natürlich The Sie hat früh an ganz verschiedene übrigens den gleichen Impuls aus, den die
Broad in Los Angeles. Die Häuser sind alle- Künstler geglaubt, die damals keineswegs be- brillante Tschechow-Biografie der Journalis-
samt sehr unterschiedlich, auch in ihren rühmt waren. Sie hat die allererste Ausstel- tin Janet Malcolm bei vielen Lesern, auch bei
Strukturen, aber es ist eben doch frappierend, lung von Jackson Pollock gemacht, sie hat mir, ausgelöst hat: Man wird wieder neugie-
dass sie alle im selben Jahr eröffnet wurden. Leonora Carrington gesammelt, Max Ernst, rig auf das eigentliche Werk, im Fall von ­
die ganzen Modernen des 20. Jahrhunderts. Peggy Guggenheim auf ihre Sammlung.
Und dann kommt auch noch ein Film über Man will ihre Arbeit sofort neu entdecken!
die Pionierin des Privatmuseums ins Kino. Mit Max Ernst war sie sogar für kurze Zeit Gleichzeitig ist im Film die große Traurigkeit
Peggy Guggenheim war nicht nur un- verheiratet. zu spüren, die Peggy Guggenheim ihr Leben
glaublich früh dran, ihre Arbeit ist auch Genau. Sie hat diese Künstler unter- lang begleitet hat. Sie hat ihre Tochter früh
nachhaltig. Obwohl sie 1979 gestorben ist, stützt, hat vielen während des Kriegs gehol- verloren, ihr Vater ist früh gestorben, es gab
hält ihre Wirkung an. Denn die Frage ist bei fen zu fliehen. Der Kult um ihre Person, ihre viele Todesfälle in ihrer Familie. Wie Ger-
solchen Initiativen immer: Wie kann man sie frühe Prominenz, die ganzen Sex-Geschich- hard Richter sagt: »Kunst ist die höchste
über mehrere Generation hinweg absichern? ten haben diese Seite ihres Lebens überschat- Form der Hoffnung«. Für PEGGY GUGGEN-
HEIM (3) trifft das zu: Sie hat in der Kunst ver-
sucht, Hoffnung zu finden.

Und was beschäftigt Sie derzeit außerhalb


der Kunstwelt?
Ich lese das sehr inspirierende Buch
»Schwimmen lernen« von Leanne Shapton,
das auf Deutsch bei Suhrkamp erschienen ist.
Shapton ist heute eine viel gepriesene Künst-
lerin und Autorin, in ihrer Jugend war sie
Leistungsschwimmerin in Kanada und
1 Olympia-Kandidatin. In ihrem Buch erin-
nert sie sich daran, wie sie damals war. Und
bringt ihre Leser dazu, auch darüber nach-
zudenken, wer sie eigentlich mal waren – in
der Kindheit, in der Jugend. ×

Christoph Amend, Herausgeber


der WELTKUNST,
befragt Hans Ulrich Obrist
2 3 jeden Monat nach seinen
Entdeckungen in der Kunst

20
KARLSRUHE
Klassische Moderne
und Gegenwartskunst

18. – 21. Februar 2016

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Die große Kolonnade in Palmyra, eine
im 2. Jahrhundert nach Christus
errichtete Prozessionsstraße, die zum
Baal-Tempel, dem Hauptheiligtum
der Stadt, führte. Der Tempel wurde
von der IS-Miliz gesprengt
KRIEG DER
STEINE
Das Siedlungsgebiet um Euphrat und Tigris ist eines der ältesten
der Menschheit. In der Antike kreuzten sich hier die Kulturen,
gewaltige archäologische Stätten erzählen davon. Viele von ihnen
wurden zerstört und geplündert – eine Katastrophe für uns alle
P
VON
M A RT I N A D OE R I N G

Persepolis im Iran, Baalbek im Libanon oder die Oasenstadt beginnen, denn ihre Schön- brandschatzen. Die Spanier bauten in Cusco
Petra in Jordanien sind imposant, gewaltig, heit ist Vergangenheit. Am 20. Mai 2015 wur- auf den Fundamenten der Inka-Paläste ihre
beeindruckend. Die Oasenstadt Palmyra in de Palmyra von Kämpfern des »Islamischen Kirchen. Immer sollte damit die Unterwer-
der syrischen Wüste aber ist geradezu ergrei- Staates« (IS) besetzt – einer Miliz schwarz ge- fung vollendet, die Erinnerung an alte Göt-
fend und überirdisch schön. Wer in den Mor- kleideter Extremisten, die inzwischen ganze ter und Mächte ausgelöscht werden.
genstunden, nach zwei Stunden Autofahrt Landstriche in Nord- und Zentralirak sowie In den vergangenen zwei Jahrzehnten
aus Damaskus, in dieser antiken Ruinenstadt in Syrien von der türkischen Grenze fast bis waren es vor allem der Orient und die musli-
eintraf, wurde mit einem grandiosen Schau- zur Hauptstadt Damaskus beherrschen. Auf mischen Länder, in denen durch Krieg, Ter-
spiel belohnt: Zuerst tauchten die Grabtür- ihrem Eroberungsfeldzug haben die IS- ror und Chaos unersetzliche Kulturschätze
me aus dem Dunkel auf, dann die fast einen Kämpfer nicht nur Hunderte Menschen er- verloren gingen. Wo immer im Nahen und
Kilometer lange Säulenstraße, die Mauern mordet, sie verwüsteten auch gezielt das kul- Mittleren Osten, in Nord- und Zentralafrika
des Amphitheaters, der Thermen und Markt- turelle Erbe dieser Region. oder in Asien radikal-extremistische Islamis-
anlagen, die Tempel der Gottheiten Baal und Zu allen Zeiten und auf fast allen Kon- tengruppen Gebiete eroberten oder zumin-
Allat. Stein und Sand waren in Zartrosa ge- tinenten war die Zerstörung von Städten, dest zeitweise kontrollierten, verwendeten
taucht, bekamen später einen goldenen von Palästen und Tempeln eine Waffe im sie viel Energie darauf, heilige Stätten oder
Schimmer und strahlten in den Mittagsstun- Krieg. Eroberer ließen die Denkmäler ihrer antike Kunstdenkmäler zu zerstören. So
den fast weiß. Beduinenfamilien mit ihren Gegner schleifen, Gotteshäuser schänden, Bi- sprengten die sunnitischen Taliban im Früh-
Eseln oder Kamelen lagerten dann im Schat- bliotheken niederbrennen, Kunstwerke rau- jahr 2001 die berühmten Buddha-Statuen im
ten der Säulen und Mauern. ben oder vernichten. Die Römer zerstörten afghanischen Bamiyan, Provinzhauptstadt
»Kan Zaman …«, so fangen die Bedui- den Tempel in Jerusalem. Alexander der Gro- im Siedlungsgebiet der schiitischen Hazara-
nen ihre Geschichten an: Es war einmal. So ße soll nach der Eroberung von Persepolis Minderheit. Mit den Buddhas wurden die
müssen künftig auch die Erzählungen über den Befehl gegeben haben, die Stadt zu Hauptwerke einer einzigartigen buddhisti-

24
IR A K U ND SY R IEN

schen Kunst vernichtet, die dort vom 3. bis ten zu brüskieren. So gehörte es auch zu den
zum 10. Jahrhundert entstanden war. ersten Anweisungen von IS-Chef Abu Bakr
Im Irak entfesselte der Sturz Saddam al-Baghdadi, Feiern zum Geburtstag des Pro-
Husseins und seiner sunnitischen Elite durch pheten Mohammed zu verbieten, wenn ih-
die US-Invasion im März 2003 den bis dahin nen nur der geringste Anschein von Perso-
ruhenden Konfessionskonflikt im Land. nenkult anhaftet. Jüngste Drohungen
Sunnitische Milizen verübten in den folgen- richten sich gegen die Schiitenhochburgen
den Jahren Anschläge auf Heiligtümer der Nadschaf und Kerbala in Zentralirak, denn
an die Macht gekommenen Schiiten. So at- dort befinden sich Moscheen mit den Grä-
tackierten sie die Goldene Moschee mit dem bern der Prophetennachfolger Ali und Hus-
Al-Askari-Schrein in Samara, einem der sein, die den Schiiten heilig sind. Und ein IS-
wichtigsten Pilgerorte der Schiiten. Bei ei- Vertreter verbreitete sogar über Twitter: »So
Bild vorherige Doppelseite: akg-images/Tarek Camoisson; Bild links: Daniel Lohmann; Bilder rechts: Lazhar Neftien/Wikimedia; privat; Jean-Baptiste Rabouan/laif

nem Anschlag im Februar 2006 wurde das Allah will, werden wir den Götzenstein in
Gebäude schwer beschädigt, die goldene Mekka sprengen und die Kaaba zerstören.«
Kuppel stürzte ein. In Libyen haben nach Schon vor gut einem Jahr listete die
dem Sturz Muammar al-Gaddafis im August Unesco auf, dass über 300 Kulturstätten im
2011 militante Sunniten das Machtvakuum Herrschaftsgebiet des IS stark beschädigt
gefüllt und in den von ihnen kontrollierten oder zerstört worden seien. Nicht alle diese
Gebieten die Schreine von muslimischen Schäden gehen auf den IS zurück. Die Alt-
Heiligen, Gelehrten und Dichtern zerstört. stadt von Aleppo wurde Opfer der Kämpfe
All diese Gruppen – die Taliban in Af- zwischen den Regierungstruppen von Präsi-
ghanistan, die Dschihadisten im Irak, die Sa- dent Assad und den Rebellen. Die Mauer der
Die prächtige Ammar-Ibn-Yasir-Moschee in
lafisten in Libyen und auch die IS-Miliz – be- Zitadelle und mehrere Karawansereien wur-
Raqqa g. o. war ein wichtiges Pilgerziel der
rufen sich auf die besonders rigide Auslegung Schiiten. Deshalb wurde sie von den sunni- den von Granaten getroffen, viele Häuser in
des Islam, die in Saudi-Arabien Staatsdoktrin tischen IS-Kämpfern geschleift. Das Bild dem Weltkulturerbe-Ensemble sind zerstört.
ist und im Westen als Wahabismus bezeich- aus einem IS-Propagandavideo darunter In Bosra, einer Stadt im Süden Syriens mit
net wird, benannt nach ihrem Gründer zeigt die Sprengung des Heiligtums des Ruinen aus römischer, byzantinischer und
Scheich Mohammed bin Abdel Wahab. Die Imam Yahyia aus dem 13. Jh. in Mossul. frühislamischer Zeit, hatten Rebellen ein
Vertreter dieser extrem puristisch-konserva- Unten die Souks in der Altstadt von Aleppo Trainingslager eingerichtet, das dann von der
tiven Lehre, die Anfang des 19. Jahrhunderts im Jahre 2010. Heute sind von ihnen nur syrischen Armee angegriffen wurde.
entstand, beanspruchen für sich, die »reine noch Trümmer übrig. Linke Seite: Der dem Andere antike Stätten werden von
Form« des Islam zu repräsentieren. Anhän- mesopotamischen Fruchtbarkeits­gott Raubgräbern heimgesucht. Der Verkauf von
ger anderer muslimischer Ausrichtungen Baal (Bel) gewidmete Tempel in Palmyra Fundstücken aus Raubgrabungen soll zu den
wie die Schiiten, Alawiten oder Jesiden gel- Haupteinnahmequellen des IS gehören. So
ten ihnen als Ketzer, Angehörige anderer Re- zeigen Satellitenaufnahmen die Gegend um
ligionen als Ungläubige. Der Wahabismus Apameia am Orontes im Norden Syriens: Die
geißelt aber auch alle Formen des Volksglau- antike römische Anlage, einst Hauptstadt der
bens und religiöser Traditionen, die Vereh- Landschaft Apamene, später der römischen
rung von Heiligen oder die Wallfahrten zu Provinz Syria Secunda, ist von Hunderten
Gräbern als Gotteslästerung. Schon als die Grabungslöchern zerfurcht. Ebenso erging
Wahabiten 1803 mit Mekka und Medina das
Grab des Propheten und Religionsbegrün-
ders Mohammed eroberten, schleiften sie
dort Gräber und Heiligenschreine. Und im-
mer wieder tauchen Gerüchte auf, dass die
saudischen Herrscher – selbst ernannte Hü-
ter der heiligsten islamischen Stätten und
Nutznießer der Pilgerfahrten von Abermil-
lionen Muslimen – planen, die Gebeine des
Propheten in ein Massengrab umzubetten.
Die Zerstörung von vorislamischem
wie islamischem Kulturgut gehört damit
praktisch zur Software aller Gruppen radika-
ler Muslime. Doch bei keiner anderen Orga-
nisation ist dieser Vandalismus ein so wich-
tiger Teil der Strategie wie beim IS. Er
verfolgt sie nüchtern und pragmatisch, über-
aus flexibel und stringent: um seinen religiö-
sen Alleinvertretungsanspruch durchzuset-
zen, um Einfluss und Macht gegenüber
konkurrierenden Milizen zu demonstrieren,
um Regierungen in der Region und im Wes-

25
IR A K U ND SY R IEN

es der griechischen Ruinenstadt Dura Euro- Tuns und der Wille, die ganze Welt fast in
pos an der syrisch-irakischen Grenze. Echtzeit an ihrem Vernichtungsfeldzug ge-
Doch die enormen Zerstörungen in Pal- gen Mensch und Kunst teilhaben zu lassen.
myra, in Ninive, Nimrud und Dur Šarrukin In Nimrud, einst Hauptstadt des neuas-
hat allein der IS zu verantworten. Der Ver- syrischen Reiches, rund 30 Kilometer südöst-
nichtungsfeldzug der radikalen Organisati- lich von Mossul, sollen die Extremisten im
on, die ihre Wurzeln im irakischen Nach- April 2015 die antiken Palastanlagen planiert
kriegschaos hat und 2013 im Bürgerkriegsland haben. Ein nicht genau datiertes Videos lässt
Syrien Fuß fasste, begann mit der Eroberung vermuten, dass die Stätte vollständig zerstört
von Raqqa im Frühjahr 2014 – was damals in- wurde. Im antiken Dur Šarrukin, im 8. Jahr-
ternational noch kaum beachtet wurde. Der hundert v. Chr. Hauptstadt des assyrischen
IS erklärte die kleine Provinzmetropole im Reiches unter Sargon II., sprengten IS-Kämp-
Norden Syriens zur Hauptstadt seines künf- fer offenbar im März 2015 Ruinen von Tem-
tigen Staates. Sofort nach der Besetzung von peln und Palästen. Im selben Monat suchten
Raqqa zerstörte die Terrormiliz die prächtige sie Hatra heim, in der Antike die Hauptstadt

Bilder links: ddp images; Polaris/laif; laif; Grafik: Katharina Weiss/Johanna Dreyer; Bild rechts: picture alliance/Luisa Ricciarini/Leemage
Ammar-Ibn-Yasir-Moschee, auch sie ein eines mesopotamischen Kleinfürstentums.
wichtiges Pilgerziel der Schiiten. Ibn-Yasir Die Anlage war für ihre gut erhaltenen Tem-
war ein früher Gefährte des Propheten Mo- pel und seine hellenistisch-römische Archi-
hammed, einer der Ersten, der zum Islam tektur berühmt.
übertrat, von Sunniten und Schiiten glei- Es war also absehbar, dass auch Palmy-
chermaßen verehrt. ra nach der Eroberung durch die IS-Miliz im
Von Raqqa aus rückte der IS dann so- Mai nicht ungeschoren davonkommen wür-
wohl gegen Aleppo und Damaskus als auch de. Schon in der Steinzeit siedelten sich in
in Richtung Bagdad vor. Aber erst mit der der Oase um die Efqa-Quelle Menschen an,
Einnahme der Millionenmetropole Mossul später entwickelte sich der Ort zu einem
wachte die internationale Öffentlichkeit auf. Knotenpunkt von Handelskarawanen zwi-
Im Juni 2014 vertrieben IS-Kämpfer binnen schen Mesopotamien und dem Mittelmeer,
weniger Tage die irakische Armee aus der zwischen dem Jemen und Anatolien. Aus der
Stadt, eroberten deren Waffenarsenale und hellenistischen Periode ist kaum etwas erhal-
Militärlager, plünderten die Banken und be- ten, die meisten Ruinen der einstigen Han-
setzten das dortige Nationalmuseum. Mit ei- delsmetropole stammen aus römischer Zeit.
nem Kran entfernten sie die Statuen des abas- Nachdem Kaiser Aurelian die Stadt im
sidischen Dichters Abu Tammam (788–845) Oben: Nimrud war einst Hauptstadt des 3. Jahrhundert zerstörte, versank der Ort in
und des irakischen Musikers und Lyrikers neuassyrischen Reiches, davon zeugten die Bedeutungslosigkeit – bis Europäer die
Osman al-Mawsali (1854–1923). Wie es heißt, die Türwächterstatuen der Palastruinen. Anlage im 18. Jahrhundert wiederentdeckten.
wurden die Skulpturen später auch ge- Sie wurden inzwischen demoliert. Mitte: Knapp eine Woche nach dem Ein-
sprengt. IS-Kämpfer stürzten die hoch auf- Die Schätze des Nationalmuseums von marsch des IS in Palmyra zertrümmerten die
ragende steinerne Marienstatue vom Turm Mossul ließ der IS planmäßig zerstören. Milizionäre die Löwenskulptur vor dem Ein-
der chaldäisch-katholischen Kathedrale von Unten: Die zur Zeit der Kreuzzüge errichte- gang des lokalen Museums. Es war eine Kalk-
Mossul. Die Grabstätte des muslimischen te Festung Krak des Chevaliers in Syrien steinfigur aus dem ersten vorchristlichen
Historikers Ibn al-Athir (1160–1223) wurde wurde von Bomben und Granaten getroffen Jahrhundert. Am 18. August enthaupteten
von einem Bagger demoliert. Auch die Mo- die Schergen den früheren Chefarchäologen
schee des Propheten Jona, der Schrein des Palmyras, den 83-jährigen Khaled al-Asaad.
Propheten Daniel und die al-Khidr Moschee Sein Tod war der Auftakt zum Feldzug gegen
fielen dem Zerstörungswahn zum Opfer.
Anfang 2015 begannen die IS-Milizionä-
TÜRKEI
re, im Mossuler Nationalmuseum zu wüten.
Dur Šarrukin
Mit Vorschlaghämmern und Pressluftboh- Ninive
Mossul IRAN
rern zertrümmerten sie die assyrischen und Aleppo Nimrud
Raqqa
parthischen Skulpturen. Bei einigen der Stü- Hatra
cke handelte es sich zwar um Gipsrepliken,
Eu

doch das Wahrzeichen des Museums, die be- Apameia SYRIEN


ph

Dura Europos
ra

rühmte Türhüterfigur (assyrisch »Lamassu«) Krak des Chevaliers


t

Tigr

vom assyrischen Nergal-Tor in Ninive aus Palmyra


is

dem 7. Jahrhundert v. Chr., wurde zerstört.


Fotos und Videos von ihrem Bilder- Bagdad
Damaskus
sturm stellten die IS-Kämpfer umgehend ins
Internet und verbreiteten sie in den sozialen IRAK
Medien. Denn auch das unterscheidet den IS
von Kriegsherren vergangener Zeiten, selbst In Rot: Kulturell bedeutsame Stätten, die durch den IS
von ihren dschihadistischen Konkurrenten oder Bombardierung zerstört wurden
der Gegenwart: die mediale Präsenz ihres

26
Mitten in der Wüste, 110 Kilometer süd-
westlich von Mossul, liegt die irakische
Ruinenstadt Hatra. Die »Stadt des Sonnen-
gottes« verfügte über einzigartige
Skulpturen. Der IS wütete hier im März 2015
die Steine. Sechs Tage später sprengten die Blick auf die antike Ruinenstadt von Nomaden zu sesshaften Bauern, zu einer Ar-
Fanatiker den Baalschamin-Tempel. Bald da- Palmyra im Mai 2010: Vor dem Grün der beitsteilung, die das Entstehen der ersten
rauf erschütterten mehrere Explosionen den Oasengärten hebt sich der große Komplex Stadtstaaten ermöglichte. Hier wurde die
2000 Jahre alten Baal-Tempel, das Herzstück des Bel-Tempels ab, errichtet auf einem Schrift erfunden, das Zahlensystem, die Ver-
der antiken Stadt. Nur die gewaltigen Au- Siedlungshügel. Unten: der Baalschamin- waltung, das Privateigentum, die Töpfer-
ßenmauern, so belegen Satellitenfotos, blie- Tempel, dessen Säulen Konsolen mit scheibe, das Rad. Dieses kulturelle Erbe
Inschriften trugen. Sie fielen der Spren-
ben stehen. Am 4. September wurden drei prägt nicht nur unsere europäischen Glau-
gung durch den IS zum Opfer
Grabtürme vernichtet, der mächtige Bogen bens- und Wertvorstellungen, sondern ge-
des Hadrianstors stürzte am 4. Oktober ein. hört fest zur kulturellen Identität der Men-
Dass die Oasenstadt an der Kreuzung schen dieser Region, die mit den sichtbaren
von Karawanenwegen lag, sich dort eine an- Zeichen dieser Kultur leben – also den Rui-
tike multikulturelle Gesellschaft, eine gelun- nen der Tempel und Paläste, den Statuen.
gene Symbiose von westlicher und östlicher Nach Informationen der amerikani-
Kultur herausgebildet hatte: Auch dies war schen Association for the Protection of Syri-
wohl Antrieb für die IS-Kämpfer, ihr zyni- an Archeology (APSA) befinden sich etwa
sches Zerstörungswerk fortzusetzen. Wel- ein Drittel der bekannten 10 000 archäologi-
ches Ziel aber verfolgen die Extremisten mit schen Stätten auf syrischem und irakischem
diesem Sturm auf das Kulturerbe der Gebiet in der Kontrolle des IS. Wie aber kön-
Menschheit? Der IS habe offenbar sehr genau nen diese Stätten geschützt werden?
verstanden, erklärt Markus Hilgert, Direktor Westliche Staaten, aber auch die Türkei
des Vorderasiatischen Museums in Berlin, und Russland wollen den IS militärisch zu-
»dass die beispiellose Respektlosigkeit gegen- rückdrängen. Zerschlagen lassen sich seine
über allem, das wir zur Grundlage unserer Verbände nicht, sie werden – wie in den ver-
Narrative über unsere eigene Geschichte und gangenen Jahren vielfach geschehen – ein-
die zivilisatorische Entwicklung der Mensch- fach unter neuem Namen wieder auftauchen.
heit gemacht haben, für uns nur schwer zu So wird versucht, den Zustrom von Kämp-
verkraften sind. Für die Menschen im Irak fern aus dem Ausland durch schärfere Grenz-
und in Syrien ist das vorislamische Kulturer- kontrollen und Geheimdienstobservierun-
be identitätsstiftend und einigend.« gen in den Herkunftsstaaten zu stoppen.
Syrien wie der Irak und auch Teile der Und man will die Finanzierungsquellen des
Türkei gehören zum alten Kulturkreis von IS austrocknen: den Spendenzustrom von
Mesopotamien. Hier begann rund 10 000 bis privaten Geldgebern in den Golfstaaten blo-
12 000 Jahre vor Christus der Übergang von ckieren, die Kapitalzuflüsse aus dem Ausland

28
IR A K U ND SY R IEN

unterbinden und vor allem den Handel mit Bald nach Beginn des Bürgerkrieges bildete zen die Fotos, um 3-D-Modelle von Bauten
Beutekunst aus Museen und Raubgrabungen sich ein internationales Netzwerk von Wis- und Artefakten zu erstellen – auch um später
erschweren. Weltweit soll der Umsatz für il- senschaftlern und Archäologen, um die Öf- eine Rekonstruktion der zerstörten Stätten
legal gehandelte Antiken bei fünf bis acht fentlichkeit angesichts der Raubgrabungen zu ermöglichen. Die Webseite ist für die Öf-
Milliarden Euro liegen. Es gibt nur Schätzun- und katastrophalen Kulturzerstörung zu mo- fentlichkeit nicht zugänglich, um das Leben
gen darüber, wie viel der IS damit verdient. bilisieren. Bereits einige Dutzend Initiativen der Freiwilligen nicht zu gefährden.
Belegt ist jedoch, dass der IS das Raubgra- suchen, unterstützt von Regierungen, inter- Hermann Parzinger, Präsident der Stif-
bungsgeschäft systematisch organisiert, nationalen Organisationen oder Universitä- tung Preußischer Kulturbesitz in Berlin,
Schürfrechte vergibt, gefundene Objekte ten, nach Wegen, konkret etwas tun. So be- schlug sogar vor, eine Luftbrücke für bedroh-
aufkauft und über den Libanon oder die Tür- müht sich Heritage for Peace, alle te Kunstschätze einzurichten und den Wer-
kei ins Ausland schafft. Konfliktparteien zu kontaktieren und mit ih- ken in Europa Asyl zu gewähren. Zwei Tage
Die Abnehmer der geplünderten Objek- nen zu kooperieren, berichtet der in Spanien nach den Novemberanschlägen in Paris bot
te sitzen offenbar vor allem am Golf, in Chi- lebende syrische Archäologe Esber Sabreen. der französische Präsident François Hollande
na, Russland, aber auch im Westen. Häufig Heritage for Peace arbeite sowohl mit dem vor der Unesco an, eine Taskforce aus west-
heißt es, Deutschland sei eine wichtige Dreh- Kulturministerium und der Antikenbehörde lichen Archäologen und lokalen Verantwort-
scheibe des illegalen Markts mit Antiken. in Damaskus als auch mit Vertretern der sy- lichen zusammenzustellen, um bedrohte An-
Gern werden dafür die Lücken im deutschen rischen Opposition zusammen. Im Libanon tiken aus Syrien in die Obhut Frankreichs zu
Kulturgutschutzgesetz angeführt. Dessen zum Beispiel, sagt Sabreen, »werden Freiwil- bringen.
Bilder links: Daniel Lohmann; akg-images/Gerard Degeorge; picture alliance/AP Photo; Bild rechts: Mappo/Wikimedia

Novellierung wird gerade lautstark und kon- lige trainiert, die in die Krisengebiete fahren Rund 250 000 Menschen sollen laut
trovers diskutiert, denn in unguter Verbin- und Informationen sammeln. Ihnen wird Schätzungen im syrischen Bürgerkrieg umge-
dung wird der Handel von antikem Raubgut auch vermittelt, welche Schutzmaßnahmen kommen sein. Fast 12 der 23 Millionen Syrer
mit einer aufgeblähten Rasterfahndung nach für Museen und antike Stätten getroffen wer- irren umher oder sind aus dem Land geflo-
national bedeutsamer Kunst in Privatbesitz den können.« hen. IS-Stellungen werden von einer interna-
verbunden. Die wesentlichen Neuerungen Im Rahmen einer weiteren Initiative, tionalen Koalition bombardiert; das Bürger-
für den Antikenhandel: Wer künftig Antiken dem Projekt »Million Image Database«, sind kriegsland ist zerfallen, und niemand weiß,
einführen will, braucht eine Ausfuhrgeneh- bereits Tausende preiswerte, leicht handhab- wo Feind oder Freund steht. Die Ideen, eine
migung des Herkunftslandes, die Stücke be- bare 3-D-Kameras an Freiwillige in den Luftbrücke einzurichten oder Einsatzkom-
nötigen einen exakten Herkunftsnachweis, Kriegsgebieten verteilt worden, um antike mandos zu bilden, sind ehrenwert. Aber sie
und die Rückgabe von Antiken an die Her- Stätten und Kunstwerke zu erfassen. Techni- zeigen auch, wie groß die Verzweiflung über
kunftsländer soll vereinfacht werden. Inwie- ker an der Universität Oxford laden diese Bil- die Zerstörung dieser einzigartigen Kulturgü-
weit deutsche Händler tatsächlich Werke aus der auf die Webseite des Projekts und benut- ter und letztlich unsere Hilflosigkeit sind. ×
IS-Provenienz hereinschleusen, ist äußerst
unklar. Noch immer wird da mehr behaup-
tet als bewiesen. Selbst Archäologen bezwei-
feln mittlerweile, ob wirklich so viele kost-
bare Stücke aus dem Nahen Osten nach
Europa kommen. Was im Internet oder über
Mittelsmänner angeboten wird, stammt of-
fenbar meist aus obskuren Quellen im Mitt-
leren Osten.
Derweil erweist sich der direkte Schutz
der Museen und antiken Stätten in den von
Bürgerkrieg, Terror und Chaos heimgesuch-
ten Ländern als schwierig. Die syrische Anti-
kenbehörde in Damaskus unter Leitung von
Maamun Abdulkarim sorgte bereits kurz
nach Ausbruch der Kampfhandlungen dafür,
dass das Inventar vieler Provinzmuseen in
Tresoren oder Bunkern in Damaskus einge-
lagert wurde. Dort ist es sicher – zumindest
solange, wie sich Präsident Assad hält. Auch
die rund 2500 Mitarbeiter der Behörde arbei-
ten noch, halten Kontakt zu den Kollegen in
den Regionen und versuchen, Schadenslisten
aufzustellen oder sogar erste Restaurierungs-
arbeiten durchzuführen, so der Chef der An-
tikenverwaltung.

Die Löwenskulptur vor dem Eingang des Mu-


seums von Palmyra wurde kurz nach dem
Einmarsch des IS zerstört. Die Kalksteinfigur
stammte aus dem 1. Jahrhundert vor Chr.

29
Palmyras verlorene Pracht
Griechen, Römer und Perser gaben der antiken Stadt Palmyra ihr
vielgestaltiges Gesicht. Die Monumente, die dieser faszinierende Melting Pot
hinterließ, machten die syrische Oase seit dem 18. Jahrhundert zum
Sehnsuchtsort für Orientreisende. Doch was Jahrtausende stand, fällt nun
dem Wüten der IS-Miliz zum Opfer. Am Ende bleiben nur Bilder
32
PA L M Y R A

Bild vorherige Doppelseite: Universitätsbibliothek Heidelberg/C 3014 Gross RES::1-3;/Tafel 87 Bild links:Bilder:
Wallraf-Richartz-Museum
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
& Fondation Corboud, Köln; Bilder rechts; Antonia Reeve/Scottish National Gallery; Christie’s Images Ltd-Artothek
Bilder: XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX

Die Zeichnungen und Stiche, die Reisende im 18. Jahr-


hundert aus Palmyra mitbrachten, erregten in Europa
großes Aufsehen. Der Franzose Louis-François Cassas
schuf auf seiner Orientfahrt 1784 bis 1787 zahlreiche
Idealzeichnungen palmyrischer Bauten, etwa des
Turmgrabs des Iamblik (li.). Vor ihm hatte bereits der
Brite Robert Wood Syrien bereist. Dessen »Entde-
ckung« Palmyras pries Gavin Hamilton 1758 in einem
Gemälde (o.). Nach seiner Rückkehr 1753 veröffent-
lichte Wood diverse Zeichnungen der Oasenstadt, da-
runter eine Ansicht des jüngst vom IS zerstörten
Baalschamin-Tempels (re.). Vorige Doppelseite: Louis-
François Cassas gab 1799/1800 ein Reisebuch mit
Stichen heraus wie hier dem des Tempelgrabs. Das
Buch ist mit mehr als 30 Cassas-Zeichnungen vom
26. Februar bis 8. Mai in der Schau »Palmyra – Was
bleibt?« im Kölner Wallraf-Richartz-Museum zu sehen

33
34
Bilder: W. Robert Moore/National Geographic Creative/Corbis; Nikos Economopoulos/Magnum Photos/Agentur
Bilder:
Focus;
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Inge Morath/The Inge Morath Foundation/Magnum Photos/Agentur Focus; ullstein bild/histopics; Matson Collection, Library of Congress
PA L M Y R A

Einer der ersten Fotografen in der Ruinenstadt Palmyra war Félix Bonfils.
Der fran­zösische Fotograf und Buchbinder betrieb seit 1867 ein Foto­
studio in Beirut, auf seinen Reisen zwischen 1867 und 1878 entstand die
Fotografie von Fragmenten palmyrischer Statuen (o. re.). Im Jahr
1910 hielt ein unbekannter Fotograf die engen Gassen Palmyras und sei­
ne Bewohner fest (re.). Stolz posieren einheimische Reiter oben im
Jahr 1938 vor dem Hadrianstor für den National-Geographic-Fotografen
W. Robert Moore. Mitte der 1950er-Jahre reiste die österreichi­sche
Fotografin Inge Morath in den Irak und nach Syrien, damals nahm sie
die atemberaubend schöne Wüstenlandschaft um Palmyra auf (g. o. re.).
2004, nur wenige Jahre vor Ausbruch des Bürgerkriegs, entstand
die Impres­sion li. des Magnum-Fotografen Nikos Economopoulos

35
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vée von Patrice Monmousseau die vielseitige Galerienszene
wiederentdeckt und als Erste in der Hansestadt vor und por-
Barriques ausgebaut. trätieren die interessantesten
Sammler und Händler.
20
16
Bild: MHK, Deutsches Tapetenmuseum

Das Kunstjahr

In der Neuen Galerie


in Kassel sind im
April die zauberhaften
Tapeten von Paul-Marie
Balin (1832–1898) zu sehen
VOR S C H AU

Januar.

Bilder: Brigitte Bühler und Dieter Hormel; Peter Schibli, Basel/2015, ProLitteris, Zürich/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Kathleen Dittrich/Staatliche Kunstsammlungen Dresden; Ingrid Geske/Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie
»GENIALE DILLETANTEN«
Anfang der Achtzigerjahre gründe-
ten junge Leute in deutschen Groß-
städten schwer zu lesende Zeit-
schriften. Fingen an, neoexpressiv
zu malen. Oder drehten sehr schnell
geschnittene Filme in bewusst mie-
ser Bildqualität (li.: Still aus dem
Super-8-Film »a-b-city« von Brigitte
Bühler und Dieter Hormel, 1985).
Bands wie die Einstürzenden Neu-
bauten machten schreienden Lärm
zum Pop, Künstler wie Martin Kip-
penberger lustwandelten zwischen
Spott und Eskalation, ungebändigte
Jungkreative entwarfen Punkmode.
Die vom Goethe-Institut konzi­
pierte Ausstellung über die »Genia-
len Dilletanten« gastiert nach
Stationen in Minsk und München
nun in Hamburg.
Museum für Kunst und Gewerbe,
Hamburg, 23. Januar bis 1. Mai

DAS MÜNZKABINETT ISA GENZKEN – SUFIS & ASKETEN


Residenzschloss, MODELLE Pergamonmuseum,
Dresden, 23. Januar Bundeskunsthalle, Bonn, Berlin, 29. Januar
bis Juli 15. Januar bis 17. April bis 24. April

Termine Mit der Sammelleiden-


schaft Herzog Georgs des
Die Spannbreite und der
Wagemut im Werk Isa
Einsiedler, die in der Ab-
geschiedenheit spirituelle
Bärtigen (1471–1539) be- Genzkens sind legendär. Erleuchtung suchten, gab
ANTIK & KUNST
gann vor 500 Jahren die Doch nicht jeder weiß, es nicht nur bei den frü-
Sindelfingen,
Geschichte des Dresdner dass die Bildhauerin auch hen Christen. Auch im
14. – 17. Januar
Münzkabinetts. Vor weni- etliche Projekte für den Hinduismus wurden sie
WINTER BRUNEAF gen Monaten bezog die Außenraum entworfen
Brüssel, 20. – 24. Januar JEAN DUBUFFET herausragende Samm- hat. 35 Modelle – von rea-
Fondation Beyeler, lung endlich neue Räume lisierten wie nicht reali-
BRUSSELS ANTIQUES
Riehen/Basel, im Georgenbau der Resi- sierten Projekten – zeigt
AND FINE ART FAIR
31. Januar bis 8. Mai denz. Ab Ende Januar die Bundeskunsthalle.
23. – 31. Januar
zeigt man dort eine Son-
ANTIQUARIA Wenige Künstler waren im derausstellung, die das
20. Jahrhundert so stil- KUNST DER VORZEIT
Ludwigsburg, wechselhafte, nach dem Martin-Gropius-Bau,
28. – 30. Januar prägend wie der Franzose Zweiten Weltkrieg sogar
Jean Dubuffet. Seine Ma- Berlin, 21. Januar
dramatische Schicksal bis 16. Mai
ART INNSBRUCK lerei beeinflusste über dieses sächsischen
28. – 31. Januar eine Generation und den Um 1930 schickte der
Schatzes nacherzählt.
STUTTGARTER Atlantik hinweg die Street Ethnologe Leo Frobenius
ANTIQUARIATSMESSE Art, Jean-Michel Bas- Kopien prähistorischer
29. – 31. Januar quiat und Keith Haring. Höhlenmalereien auf eine bewundert und verehrt –
Mit über 100 Werken aus große Welttournee. Der dies zeigen die zauber-
allen Schaffensperioden Martin-Gropius-Bau erin- haften Miniaturen, die der
ehrt die Fondation Beye- nert an eine Ausstellung, Schweizer Louis Henri de
ler den berühmten Mit­ die den Lauf der moder- Polier im 18. Jahrhundert
erfinder der Art Brut. nen Kunst veränderte. in Indien erwarb.

38
VOR S C H AU

RAYMOND PETTIBON
Februar.
Sammlung Falckenberg,
Bilder: Gerhard Richter, 2016; Rik Klein Gotink for the Bosch Research and Conservation Project/Gent, Museum voor Schone Kunsten; Courtesy David Zwirner, New York/Raymond Pettibon; Museo Thyssen-Bornemisza, Madrid

Hamburg, 28. Februar bis


25. September
Wenn Flyer, Plattencover
und Comics zur Kunst
werden, ist garantiert
Raymond Pettibon im
Spiel. Die Sammlung Fal-
GERHARD RICHTER ckenberg zeigt mit über
Museum Frieder Burda, 700 Werken den bisher
Baden-Baden, größten Deutschland­
6. Februar bis 29. Mai auftritt dieses in der
Punk-Ästhetik bestens
Seine fotorealistischen geschulten Kaliforniers.
Gemälde sind bekannter,
doch Meisterschaft er-
langte Gerhard Richter
auch in der Abstraktion.
Dass die dem Publikum
auch hundert Jahre nach
Malewitschs Schwarzem
Quadrat noch etwas zu
sagen hat, beweist diese
Schau, die den Werken
Richters ungefähr zur sel-
ben Zeit entstandene Ar-
beiten von Künstlern wie
Sol LeWitt, Carl Andre,
PRIÈRE DE TOUCHER
Sigmar Polke, und Blinky
Museum Tinguely, Basel,
Palermo an die Seite stellt
12. Februar bis 16. Mai
(o.: G. Richter, »Sechs
Gelb«, 1966). Diese Ausstellung hätte
dem Namensgeber des
Museums, dem Bildhauer MANIERA
HIERONYMUS BOSCH Jean Tinguely, sicher ge-
Noordbrabants Museum, In Florenz ereignete sich im Lauf des 16. Jahrhunderts künstle-
fallen. »Bitte anfassen«
’s-Hertogenbosch, widmet sich dem Tastsinn risch etwas Faszinierendes: Maler wie Bronzino (o. sein »Heiliger
13. Februar bis 8. Mai in der Kunst und spannt Sebastian«, 1528/29), Pontormo, Andrea del Sarto und Rosso
Seine Teufel und Monster den Bogen von Allegorien Fiorentino entdeckten die »Maniera« – die Virtuosität. Und die
in Menschengestalt sind des Barock bis zu Werken Effekte: dramatisches Licht, grelle Farben, kunstvoll verdrehte
Science-Fiction pur. Zur zeitgenössischer Künstle- Körper. Das wirkt heute ein bisschen artifiziell, aber genau so
Feier des 500. Todestags rinnen und Künstlern war es auch gedacht. Mit 120 Leihgaben aus berühmten Museen
des Malers mit der gro- wie Valie Export, Bruce wie dem Prado in Madrid, den Florentiner Uffizien, dem Pariser
ßen Fantasie versammeln Nauman, Ana Mendieta Louvre oder dem Metropolitan Museum New York ist diese
sich kostbarste Leihga- und Pipilotti Rist.
Schau nicht nur ein Fest für die Augen, sondern auch Anwärter
ben wie das »Heuwagen«-
AMEDEO MODIGLIANI
auf den Titel »Ausstellung des Jahres 2016«.
Triptychon aus dem
Prado oder der »Heilige LaM Lille Métropole, Städel Museum, Frankfurt, 24. Februar bis 5. Juni
Hieronymus« (1485–1495, Villeneuve d’Ascq,
u.) aus Gent zur großen 27. Februar bis 5. Juni

Termine
Retrospektive. Der Maler, dessen Bilder
von anmutigen Frauen
mit eleganten, schlanken
Hälsen heute auf Auktio- ART KARLSRUHE
nen bis zu 170 Millionen 18. – 21. Februar
Dollar bringen, starb 1920
jämmerlich an der Spani- ARCO MADRID
schen Grippe. Seinem 24. – 28. Februar
kurzen Schaffen gilt die- WIKAM
se Überblicksschau, Wien,
ergänzt durch Werke von 27. Februar – 6. März
Picasso oder Brancusi.

39
VOR S C H AU

März THOMAS STRUTH


Museum Folkwang,
Essen, 4. März bis 29. Mai
JOAQUÍN SOROLLA
Hypo-Kunsthalle, Wie man komplizierte
München, technische Apparate so
4. März bis 3. Juli fotografiert, dass der Be-
trachter eine Vorstellung
Der Strand, das Meer, die
AUGUST KOPISCH von deren Komplexität

Bilder: The Museum of Modern Art, New York/Mrs. Simon Guggenheim Fund/2015 Estate of Pablo Picasso/Artists Rights Society (ARS), New York/VG Bild-Kunst, Bonn 2015;
bunten Trachten der
Alte Nationalgalerie, erhält, diese Frage be-
PICASSOS SKULPTUREN Menschen und das Licht
Berlin, 17. März bis 17. Juli schäftigt Thomas Struth
des Südens: Wie kein
Picasso und kein Ende in Sicht: Nach der August Kopisch war ein
schon seit Langem. Viele
Zweiter hat Joaquín
umjubelten Schau »Picasso Sculpture« deutscher Romantiker in
Orte, die der Künstler im
Sorolla (1863–1923) in
im MoMA letzten Herbst zieht nun das Lauf des mehrjährigen
seinen Bildern die Strahl- Italien, ein Naturforscher

Museo Sorolla, Madrid, Inv.-Nr. 965; Wolfgang Pfauder Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg; Thomas Struth
Pariser Musée Picasso nach und zeigt Projekts aufsuchte, sind
kraft leuchtender Farben und Entdecker, Lyriker
normalerweise nicht zu-
»Picasso. Sculptures«. Der Plural im Titel und Gelehrter, der Dante
gänglich. Nun werden in
hat hier einen tieferen Sinn, denn die übersetzte und die »Hein-
Essen drei Dutzend sei-
Ausstellung konzentriert sich, anders zelmännchen« schrieb.
ner ab dem Jahr 2007
als in New York, auf einen bisher eher Wie ihn die Landschaft
vernachlässigten Aspekt des Œuvres: die rund um Neapel zu Ge-
mälden inspirierte, die ei-
kleinen, feinen Unterschiede, die sich aus
nem heute in ihrer grellen
verschiedenen Varianten und Abgüssen Farbigkeit fast surrealis-
von Picassos Werken ergeben. Das klingt tisch vorkommen, ist in
erst mal recht trocken, doch da muss ausgereizt. Da das hier- Berlin bald in einer seiner
man sich beim Erfinder des »Stierkopfs« zulande noch zu wenige viel zu seltenen Einzel-
(Fahrradsattel und Lenker), des »Seil wissen, verdient die ausstellungen zu sehen.
hüpfenden Mädchens« (geflochtener Kunsthalle ein Extralob:
Die umfangreiche Retro- entstandenen groß­
Bastkorb) oder der großartigen FESTE FEIERN
spektive ist die erste formatigen Bilder von Ro-
stoischen »Ziege« (u.) nicht den Kopf Kunsthistorisches
Ausstellung des in Valen- boterfabriken und
zerbrechen – das macht Picasso durch cia geborenen Malers in
Museum, Wien,
Kernfusionsreaktoren,
seinen Einfallsreichtum und die immer Deutschland.
8. März bis 18. September
Spaceshuttles und klini-
wieder verblüffende Sicherheit in der Bilder von Festen präsen- schen Operationssälen
Form spielend wett. Im Rahmen der tiert das Kunsthistorische ausgestellt. Zur Erholung
Ausstellung findet am 23. und Museum anlässlich seiner ist das idyllische »See-
24. März außerdem ein internationales Eröffnung vor 125 Jahren stück, Donghae City«
Kolloquium zum Thema statt. – von Bruegels »Bauern- (2007, o.) dabei.
tanz« bis zu den fêtes
Musée Picasso, Paris, 8. März bis 18. September
galantes des Rokoko, von
Goya bis zu Brüsseler
Tapisserien dreht sich der
Jubiläumsreigen. Termine
ALBERTO BURRI THE ARMORY
Kunstsammlungen NRW – SHOW
K21, Düsseldorf, New York, 3. – 6. März
5. März bis 3. Juli TEFAF
Pastose, aufgebrochene, Maastricht,
mit allen möglichen Din- 11. – 20. März
gen beklebte, benähte BADA ANTIQUES &
und beheftete Oberflä- FINE ART FAIR
chen kennzeichnen die London, 9. – 15. März
Materialbilder des Itali-
ners Alberto Burri (1915– ART & ANTIQUE
1995), der damit seine SALZBURG
eigene Art des Informel 19. – 28. März
begründete. Die Retro- ART BASEL
spektive kommt aus dem HONGKONG
Guggenheim New York. 24. – 26. März
ERÖFFNUNG
THE MET BREUER
Metropolitan Museum,
New York

40
VOR S C H AU

CANDICE BREITZ
Kunstmuseum Stuttgart,
9. April bis 28. August
Mit Untersuchungen zur
Popkultur, dargeboten in
großen Videoinstallatio-
BARNETT NEWMAN nen hat sich die Südafri-
Kunstmuseum Basel, kanerin Candice Breitz
19. April bis 7. August einen Namen gemacht.
Barnett Newman ist be- Neue, zum Teil eigens für
kannt für seine Streifen- diese Ausstellung herge-
bilder. Die Zeichnungen stellte Arbeiten zeigt das
Bilder: Hannah Höch/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Barnett Newman/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Kunstmuseum St. Gallen; MHK/Deutsches Tapetenmuseum

und Druckgrafiken, die Kunstmuseum Stuttgart.


das Kunstmuseum Basel

April.
zur Eröffnung seines
Neubaus ausstellt, zeigen
den Abstrakten Expres-
sionisten einmal von sei-
ner spielerischen Seite.
Zudem präsentiert eine WOLFSBURG
Sonderschau zur Eröff- UNLIMITED
nung »Sculpture on the Kunstmuseum Wolfsburg,
Move 1946–2016«. 24. April bis 11. November
Die Stadt als Weltlabor im
Museum: John Bock,
Nevin Aladag, der Foto-
realist Don Eddy und
der Fotograf Peter Bia-
lobrzeski sind einige der
Künstler, die sich in der
WUNDER & VISIONEN ersten Schau des neuen
Kunstmuseum St. Gallen, Direktors Ralf Beil mit
9. April bis 11. September Wolfsburg, seinen Eigen-
heiten und Möglichkeiten
Die Schenkung von 150 beschäftigen.
Ikonen aus der Sammlung
Gürtler hat das Kunstmu-
seum St. Gallen vor drei
Jahren mit einem Schlag
zum Zentrum nachbyzan-
tinischer Kunst in der
Schweiz gemacht. Eine
Auswahl wird jetzt dem
Publikum vorgestellt, in
HANNAH HÖCH einer Inszenierung des
Sie erfand das Bild, das aus dem Lot geraten war. In Techno-Pop-Minimalisten
dem die Größenverhältnisse nicht mehr stimmten Gerwald Rockenschaub.
und Unsinn neuen Sinn ergab. Nur wenige Künstler
im 20. Jahrhundert waren so einflussreich und so SCHÖNER SCHEIN!
modern wie Hannah Höch. Zwar existierten colla- Neue Galerie, Kassel,
gierte Fotos schon davor, doch eher als Kuriositäten. Termine 29. April bis 24. Juli
Mit der Fotocollage, wie wir sie kennen, eröffnete Für seine Tapeten, die
Höch eine bis dahin unbekannte Bildergalaxie. KUNST & ANTIQUITÄTEN Seide, Leder oder Brokat
Heute sind die Prinzipien Montage und Sampling Schloss Laxenburg, 9. – 17. April perfekt imitierten, wurde
der Pariser Paul-Marie
allgegenwärtig. Damals waren sie ästhetisch ein ART COLOGNE Balin (1832–1898) in ganz
Quantensprung. Die Schau in der Kunsthalle Mann- Köln, 14. – 17. April Europa verehrt. Das
heim konzentriert sich auf Höchs Werke nach 1945 Deutsche Tapetenmu-
KUNST UND ANTIQUITÄTEN MÜNCHEN
(o. »Das ewig Weiblich II«, 1967) – auch um sie aus seum verfügt über reiche
23. April – 1. Mai
dem zeitlichen Korsett der Dada-Epoche zu befreien. Bestände. Und richtet
Kunsthalle Mannheim, 22. April bis 14. August GALLERY WEEKEND dem Mann der schönen
Berlin, 29. April – 1. Mai Wände, der im Ruin ende-
PARIS PHOTO LOS ANGELES te, die erste – wirklich:
29. April – 1. Mai erste! – Ausstellung aus.

41
VOR S C H AU

Mai.
MONA HATOUM
Mona Hatoum war schon öfter zu Gast in

Bilder: Sébastien Normand/Courtesy of the artist and Galerie Chantal Crousel, Paris; Staatliche Graphische Sammlung München; Andy Keate/Courtesy of the artist, Rob Tufnell, London and Studio Voltaire London
der Tate, doch zum ersten Mal hat eine Aus-
stellung der 1952 in Beirut geborenen Paläs-
tinenserin dort Retrospektivformat. Über
100 Arbeiten aus den Achtzigern bis heute
hat das Kuratorenteam von Tate Modern
und dem Pariser Centre Pompidou ausge-
wählt. Dort war die Schau bereits zu sehen.
Auch in London findet sich alles, womit
Hatoum zu einer der wichtigsten Künstle-
rinnen der Gegenwart wurde: Videos von
ihren frühen Performances wie »Road
Works«, als sie sich filmen ließ, wie sie bar-
fuß durch den Londoner Brennpunkt-Stadt-
teil Brixton ging, Installationen, Skulpturen
(li.: »Hot Spot« von 2013), fotografische Wer-
ke und Arbeiten auf Papier. Darin verhan-
delt Hatoum, die seit 1975 in England lebt,
subtil die großen Themen der Zeit: Identi-
tät, Entwurzelung, die Erfahrung von
Fremdheit und globalisierter Instabilität –
und wie sich diese auf das Subjekt und des-
sen Körper auswirken.
Tate Modern, London, 4. Mai bis 21. August

MANUS X MACHINA INSIDE THE STUDIO: BARBARA HEPWORTH


Metropolitan Museum, ARTS & CERAMICS Arp Museum / Bahnhof
New York, Tate St Ives, Rolandseck, Remagen ­,
5. Mai bis 14. August 21. Mai bis 2. Oktober 22. Mai bis 28. August
Von der handgenähten Der große Sommerauf­ Die geschlossene und die
Naht bis zu 3-D-Drucker tritt im kornischen Able­ offene Form, das Massive
und Laserschere reichen ger der Tate gehört und das Filigrane, die
heute die Technologien in dieses Jahr der moder­ Kombination von warmen
der Modeproduktion. nen Keramik: Von Japan Materialien wie Holz mit
Welche konkreten Aus­ bis nach Kalifornien und kalten wie Stahl und
wirkungen dies hat und von den Dreißigern bis in Draht: Es sind Gegensatz­
JOHANN A. WOLFF nungen des bayerischen
wo dabei die Trennlinie Gegenwart führt diese paare wie diese, die
Pinakothek der Moderne, Hofmalers und hat die
zwischen Haute Couture Reise durchs Reich der das Werk von Barbara
München, besten Arbeiten ausge­
und »ready to wear« ver­ Töpferkunst. Man begeg­ Hepworth (1903–1975)
5. Mai bis 17. Juli wählt. Maler aus Wolffs
läuft, das sind Fragen, die net großen Namen wie charakterisieren. Die eng­
Johann Andreas Wolff Umkreis sind ebenfalls
das ­Costume Institute Shoji Hamada oder Peter lische Bildhauerin, der
gehört zu den süddeut­ vertreten.
des Met mit mehr als 100 Voulkos und staunt über seit einigen Jahren in ih­
schen Barockmalern, die Ensembles aus seinen Be­ Absonderliches wie den rer Geburtsstadt Wake­

Termine
ihren italienischen Gene­ ständen beantworten will. getöpferten Hinterhof field in der Nähe von
rationsgenossen kaum Die Chronologie setzt ein »Molybdenum Bell Court­ Leeds sogar ein eigenes
nachstehen, dem breiten bei den ausladenden yards« (2015, u.) des Lon­ Museum gewidmet ist,
Publikum jedoch eher un­ FRIEZE NEW YORK Schlepproben des Eng­ doner Nachwuchstalents gehört zu den prägenden
bekannt geblieben sind. 4. – 8. Mai länders Charles Frederick Aaron Angell. Künstlern des 20. Jahr­
Die Staatliche Graphische Worth aus den 1880er- hunderts. Die Ausstellung
Sammlung verwahrt ERÖFFNUNG Jahren und endet mit ist eine Übernahme der
das größte Konvolut von SFMOMA- neuesten Chanel- großen Retrospektive
den virtuosen Zeich­ ERWEITERUNG Entwürfen von 2015. der Tate Britain.
San Francisco,
14. Mai

42
VOR S C H AU

Juni
Images/Photo Scala, Florence/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Tapio Wirkkala/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Herbert Boswank/SKD Kupferstich-Kabinett Dresden; H. Zwietasch/Landesmuseum Württemberg, Stuttgart

WAHRE SCHÄTZE –
ANTIKE, KELTEN, KUNSTKAMMER
Das aus dem Mittelalter stammende Alte
MANIFESTA 11 Schloss in Stuttgart wurde in den vergangenen
Zürich, diverse Spielorte, Jahren saniert. Nachdem man im zweiten Ober-
11. Juni bis 18. September geschoss die Präsentation »Legendäre Meister-
Die »Europäische Bienna-
werke« bereits eröffnet hat, ist diesen Sommer
le für zeitgenössische das erste Stockwerk an der Reihe: Die neue
Kunst«, die alle zwei Jah- Schausammlung »Wahre Schätze« wird zum
re in unterschiedlichen Pflichtbesuch für Freunde des Alten und
Städten stattfindet, ist Schönen. Der hochkarätige Bestand an
mehr als eine Ausstel- Antiken, Artefakten der rätselhaften Kel-
lung. Sie ist ein Festival ten und kunsthandwerklichen Objekten
der Kunst und des Re- der ehemals herzoglichen Wunderkammer
dens über Kunst, diesmal umfasst Sensationelles wie die bronzene
in Zürich, mit eigenem
FRANCIS PICABIA Sitzbank aus dem Fürstengrab von Hoch-
schwimmenden Pavillon
Kunsthaus Zürich,
auf dem Zürichsee.
dorf, den faszinierenden, aus schwarzem
3. Juni bis 25. September Stein gemeißelten Porträtkopf eines
Impressionist, Dadaist, ägyptisch-römischen Priesters, einen
Surrealist und Maler von kostbaren Trinkpokal Hans Petzolds
Pin-up-Girls: Francis aus Nürnberg (spätes 16. Jahrhundert, li.)
Picabias Laufbahn war so oder komplizierte barocke Automaten,
bewegt wie sein Leben. für die die württembergischen Herr-
Den Sohn einer Französin scher einst ihr letztes Hemd gaben.
und eines Kubaners
Landesmuseum Württemberg,
scherten weder Ismen
noch Konventionen – was
Stuttgart
ihm im Dada-Jahr 2016
diese große Ausstellung
mit 150 Gemälden, Colla-
gen und Zeichnungen VERKEHRTE WELT
einbringt, die danach Bucerius Kunst Forum,
noch ans MoMA in New Hamburg, 4. Juni
York wandert. bis 11. September
Die Furcht vor göttlicher
TAPIO WIRKKALA – Bestrafung und die Fan-
GLAS UND SILBER tasie, die sich diese Stra-
Grassimuseum, Leipzig, fen ausmalt, sind eins bei
2. Juni bis 3. Oktober Hieronymus Bosch und
seinen zahlreichen Nach-
Ein eisiger Hauch liegt
Termine
folgern. Die Schau zeigt
auf den Oberflächen der Grafiken wie die von Phi-
Gefäße, die der finnische lips Galle (o.), bei denen
Designer Tapio Wirkkala das kleinste Detail zählt.
(1915–1985) entwarf. Eine ARTMUC MÜNCHEN
leichte matte Unschärfe 2. – 5. Juni
in der Polierung, die an PIONIERE DES COMICS
Schirn Kunsthalle, ART BASEL
die Kühle des Nordens 16. – 19. Juni
gemahnt. Wie nur wenige Frankfurt, 17. Juni
andere Gestal- bis 18. September MASTERPIECE
ter des Mid- Langsam entdeckt die London, 30. Juni – 6. Juli
Century Hochkultur die avantgar- BRUNEAF
verstand es distische Sprengkraft der Brüssel, 8. – 12. Juni
Wirkkala, or- gezeichneten Geschich-
ganische Formen ten des frühen 20. Jahr- BRUSSELS ANCIENT
Bilder: Digital Image 2008/White

mit dem typisch skan- hunderts. Die Schirn ART FAIR


dinavischen Minimalis- spürt den verblüffenden Brüssel, 8. – 12. Juni
mus zu verbinden. Parallelen zu Kunstströ-
Schmuckstücke wie die mungen wie Expressio-
»Kantarelli Vase« (li.) be- nismus, Surrealismus und
zaubern den Glasfreund. absurdem Theater nach.

43
VOR S C H AU

KOLLWITZ, BARLACH stand 1938 das Bild »Park stellung, ihre größte in
Museum Wiesbaden, bei Lu.« (li.). Es scheint, Europa seit mehr als
28. Juli bis 23. Oktober als seien die Silhouetten 20 Jahren, beantwortet
Eine enge Freundschaft der Bäume zu magischen dies mit einem Bogen von
verband die beiden sozi- Zeichen einer exotischen ihren frühen abstrakten
alkritischen Künstler. Die Schrift geworden. Experimenten bis zum rei-
Kabinettausstellung mit fen Spätwerk und unter-
GEORGIA O’KEEFFE streicht die Bedeutung
Tate Modern, London, der Künstlerin als eine der

Juli
6. Juli bis 30. Oktober wichtigsten Stimmen der
PAUL KLEE
Zeit. Li. u.: »Abstraction
Zentrum Paul Klee, Bern Welche Position hat Geor-
White Rose«, 1927. den in Berlin zu sehen
7. Juli bis 30. Oktober gia O’Keeffe (1887–1986)
im Kanon der amerikani- sein, darunter Gemälde
»Die Farbe hat mich ... Ich von berühmten Meistern

Bilder: Zentrum Paul Klee, Bern; Georgia O‘Keeffe Museum; Jörg P. Anders/Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie; Paris, Comité Caillebotte
schen Moderne? Die Aus- EL SIGLO DE ORO
dem Untertitel »Im Tod bin Maler«, schrieb der wie El Greco, Velázquez
Gemäldegalerie, Berlin
vereint« präsentiert unter Künstler 1914 in sein Ta- (oben sein »Bildnis einer
1. Juli bis 30. Oktober
anderem poetische Zeich- gebuch. Die Ausstellung Dame«, um 1630/33), Mu-
nungen von Barlachs verfolgt Klees kreative Die Ära Velázquez’, das rillo und Zurbarán, aber
Russlandreise im Jahr Entwicklung von seinen goldene Zeitalter der es gilt auch die farbig ge-
1906. Leihgaben aus dem Zeichnungen über frühe Künste in Spanien, er- fassten Barockskulpturen
Kölner Käthe Kollwitz Mu- Werke in Öl bis hin zur wacht in dieser großen von hierzulande weniger
seum ergänzen die Skulp- beeindruckenden Malerei Sonderausstellung zu bekannten Künstlern zu
turen und selten seines späten Schaffens. neuem Leben. Mehr als entdecken.
gezeigten Grafiken aus In Öl- und Kleisterfarbe 100 Werke aus interna-
eigenen Beständen. auf Papier und Jute ent- tionalen Sammlung wer-

Termine
ART BODENSEE
8. – 10. Juli
BAMBERGER KUNST-
UND ANTIQUITÄTEN-
WOCHEN
22. Juli – 19. August

CAILLEBOTTE, MALER UND GÄRTNER


Ach Grün, dich will ich einatmen! Selbst wenn
es nur die Wipfel der Pariser Platanen auf dem
Boulevard Haussmann sind, wie hier links auf
dem Gemälde »Au balcon« von 1880. Gustave
Caillebotte (1848–1894) war neben seinem
Malerkollegen Claude Monet wohl der eifrigs-
te Gärtner unter den Impressionisten, zumin-
dest auf der Leinwand. Diesen Aspekt seiner
Kunst – und seiner Beziehung zu Monet –
untersucht jetzt das Museum Thyssen-Borne-
misza zusammen mit dem Musée des Impres­
sionnismes in Giverny, wo die Ausstellung
zwischen 25. März und 3. Juli zuerst zu sehen
ist. Verschiedene Orte lieferten Caillebotte
botanische Motive: neben Paris vor allem das
Familiengut in Yerres, aber auch die Norman-
die, wo er gerne segelte, und sein Landsitz in
Petit Gennevilliers am Seine-Ufer.
Museum Thyssen-Bornemisza, Madrid,
19. Juli bis 30. Oktober

44
VOR S C H AU

August.
40 JAHRE LUDWIG
Museum Ludwig, Köln,
27. August bis
8. Januar 2017
Runde Jahrestage: 1946
legte Josef Haubrich mit
einer Schenkung moder­
ner Kunst an die Stadt
Köln den Grundstein des
Museums, 1976 kamen
350 Werke von Peter und
KARL BALLMER
Bilder: Jörg Müller/Karl Ballmer; Museum Rietberg Zürich; Kunstmuseum Basel; Winterthur, Kunstmuseum

Irene Ludwig hinzu,


Aargauer Kunsthaus, und 1986 eröffnete das
Aarau, 28. August bis 30. Gebäude. Das ist Anlass
November für 25 Künstler wie Maria
Unter dem Titel »Kopf Eichhorn und Hans
und Herz« wird dem Haacke, sich mit der Ge­
Schweizer Maler und schichte des Hauses zu
Schriftsteller Karl Ball­ beschäftigen.
mer (1891–1958) – erst­
mals seit einem RICHARD DEACON
Vierteljahrhundert – eine Museum Folkwang, HENDRICK GOLTZIUS HANS JAKOB OERI
umfassende Ausstellung Essen, 26. August bis Kunsthaus Zürich,
gewidmet. Das Ernst Bar­ 13. November Der Haarlemer Künstler ist
12. August bis 23. Oktober
lach Haus Hamburg un­ der Inbegriff der manieristi-
Bekannt ist der 1949 ­ Zu seinen Lebzeiten (1782–
terstützt die Schau mit schen Druckgrafik um 1600 –
geborene walisische Bild­ 1868) genoss der kosmopo­
Zeichnungen und Gemäl­
hauer und Turner-
nun knöpft sich eine Ausstel-
litische Schweizer
den als Leihgaben. Sei­
Preisträger für seine gro­ lung das »Unternehmen
nen künstlerischen Weg internationales Ansehen,
ßen, kantigen Stahlskulp­ Hendrick Goltzius« vor, um
fand Karl Ballmer im Nor­ doch bald geriet er in Ver­
turen. Hier wird man seinem Erfolg auf die Spur gessenheit. Oeri war ein
den, bei der »Hamburgi­
Deacon als Zeichner erle­ zu kommen. Das Rezept: die Schüler von keinem Gerin­
schen Sezession«, der
ben – mit einem Über­ gelungene Zusammenarbeit geren als Jacques-Louis
auch Anita Rée und Edu­
ard Bargheer angehör­
blick über sein knapp mit Talenten seiner Zeit, wie David und lebte nach seiner
50 Jahre umspannendes Karel van Mander und Bar-
ten. Hier entstanden um
grafisches Werk. tholomäus Spranger, sowie
1932 Werke wie »Halb­
figur (Selbstbildnis)« die Perfektion seiner Mitar-
(oben). 1939 vertrieben DADA AFRIKA beiter, die seine Stiche haar-
Berlinische Galerie, ­
die Nationalsozialisten fein ausführten. Eine Aus-
den Aargauer aus sei­ Berlin, 5. August bis
wahl von rund 90 Bildern
ner Wahlheimat. 7. November
zeigt Allegorien, Biblisches
Zum 100. Jubiläum des und Mythologisches, viel
Dadaismus 2016 haben
nackte Haut und jede Menge
sich das Museum Riet­ Pariser Studienzeit Jahre in
Muskeln. Unser Lieblings-
berg und die Berlinische Moskau. Jetzt entdeckt sei­
Galerie zusammengetan, blatt ist der »Sturz des Phae- ne Heimatstadt Zürich sein
um einen interkontinenta­ ton« von 1588 (oben). klassizistisches Werk wie­
len Dialog zu ermögli­ Kunstmuseum Basel, der, darunter das hier abge­
chen: asiatische, Kupferstichkabinett, 20. August bildete »Pariser Atelier« aus
ozeanische und afrikani­ bis 13. November der Zeit um 1807.
sche Artefakte – wie die
»gu« genannte Hörner­
maske von der Elfenbein­
küste (li.) treffen auf die Termine
dadaistischen Werke, die
sie beeinflusst haben. ST. MORITZ ART MASTERS
23. August – 2. September

45
VOR S C H AU

September
POINTILLISMUS
Albertina, Wien,

Bilder: Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen/Sturzenegger Stiftung; Iconic Images, Alan Aldridge; Louisiana Museum of Modern Art/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Washington, National Gallery of Art  
16. September bis
8. Januar 2017
In den Jahren um 1900
brachte er es auf den
Punkt: George Seurat
entwickelte mit Farb-

theorie und strenger


Bildkomposition den Im-
pressionismus weiter.
Seine Gemälde, die sich
aus zahllosen Pünkt-
chen zusammensetzen,
inspirierten Kollegen
wie Pissarro (o.), Signac
und Matisse. 120 Werke
DER RHEIN: EINE EUROPÄISCHE FLUSSBIOGRAFIE führen die stille Revolu-
tion vor, die die europäi-
Rheinromantik steht für mehr als Weinterrassen, Ausflugsdampfer und das Seufzen der sche Kunstszene stark
Loreley. Zusammen mit dem LVR-Landesmuseum geht man in der Bundeskunsthalle beeinflusste.
den Mythen, die der Fluss seit Jahrhunderten transportiert, auf den Grund. Begleitet
wird der Rhein von seinen Quellen in Graubünden bis zum Rhein-Maas-Schelde-Delta.
DIE DWAN GALLERY
Gemälde, Skulpturen und Fotografien wie Michael Lios »Rheinfall mit Kanzel und National Gallery of Art,
Springer« (o.) erzählen seine 2000 Jahre alte Kulturgeschichte: angefangen bei den Römern, Washington,
die am Rheinufer siedelten, über die Kriege bis zum Aufbau des Rotterdamer Hafens. 30. September bis
Bundeskunsthalle, Bonn, 9. September bis 22. Januar 2017 29. Januar 2017
Virginia Dwan prägte
die amerikanische
Kunstszene: Sie finan-
zierte Carl Andres Ge-
RECORDS & REBELS Mai 1968? Welchen gewalt sind einem ab- FIONA TAN dichtbände und half
Victoria and Albert Rhythmus hatte Wood- strakten Nebeneinander MMK, Frankfurt, Robert Smithson dabei,
Museum, London, stock? In einem musika- aus Flächen gewichen: 17. September bis seine »Spiral Jetty« um-
10. September bis lischen Parcours widmet Wie sich Richters neue 15. Januar 2017 zusetzen. Sie war je-
26. Februar 2017 man sich den Phäno­ Farblandschaften in doch nicht nur Mäzenin,
Storytelling steht in sondern führte eine der
menen aus Politik, Film sein Gesamtwerk einfü-
Fiona Tans Arbeiten angesagtesten Galerien
und Mode, die die von gen, will diese Retro-
nicht für verkopfte der Zeit, die den Nou-
The Who besungene spektive zeigen.
Marketingmethoden, veau Réalisme in den
»Generation« prägten. Zurückgeblickt wird
sondern für das unmit- USA bekannt machte.
vom Allegorischen zur
telbare Interesse am
DANIEL RICHTER neuen Figuration.
Menschen: Ihre Filme
Louisiana, Humlebæk, und Fotos sind von Nar-
8. September bis ration und Gedächtnis
Von den Beatles über
8. Januar 2017 bestimmt und werden in
Hendrix bis zu Cooke:
An die Sechziger mit ih- Zwei Jahre hat er nicht Frankfurt erstmals auf
ren großen und kleinen
Revolutionen erinnert
gemalt, nun gibt es von
Daniel Richter neue Bil-
den gesamten Raum
übertragen. Tan baut
Termine
man sich am besten der zu sehen. Der Pinsel das Museum durch ihre
Installationen in eine BERLIN ART WEEK
über den Sound der wurde gegen den Fett-
Lagerhalle um, die es zu 13. – 18. September
Zeit. Wie klangen die stift getauscht. Punks,
Studentenproteste im Flüchtlinge und Staats- durchwandern gilt.

46
VOR S C H AU

ULAY BEYOND CARAVAGGIO


Oktober.
Schirn, Frankfurt, The National Gallery,
13. Oktober bis London, 12. Oktober bis
8. Januar 2017 15 Januar 2017 veranstalten der Frei- Man schrieb die Zeit des
An Marina Abramovićs Er erhellte den Frühba- staat und die Tsche- Jugendstils, und Jan ­
Seite wurde er berühmt rock nicht nur durch sei- chische Republik eine Toorop gehörte zu den
und blieb doch nur der ne Lichtregie: Caravaggio gemeinsame Landesaus- Hauptvertretern. Dahin-
»bekannteste unbekannte beeinflusste die Gene­ stellung. Nach der ersten ter tritt oftmals zurück,
Künstler« der Welt: Ulay ration, die nach ihm kam, Station in Prag zieht die dass er als Künstler im
Bilder: Anders Bergersen/Private Collection, Oslo/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Jan Gloc; Villa Stuck, München; Museum Boijmans Van Beuningen (Collectie Koenigs)

prägte die Performance- auch durch seine Motive, Schau weiter in Richtung Laufe seines Lebens
kunst in den Siebziger- die Sakrales und Profanes Franken: Mit 150 Kunst-
jahren, indem er die verbanden. Neben Wies- werken, Urkunden und
Forderung, Kunst und Le- Landesgrenzen kennt baden begibt man sich in Alltagsdokumenten wird
ben zusammenzubringen, man ihn nur in Experten- London auf die Spuren ein Blick auf den Herr-
in seinen Körperstudien kreisen: Nikolai Astrup von Caravaggios Erben. scher geworfen, der das
wahr machte. Zu sehen hat Ende des 19. Jahr- 14. Jahrhundert politisch
sind neben frühen Wer- hunderts mit seinen Gra- und kulturell prägte.
fiken und Gemälden der KAISER KARL IV.
ken auch neue Perfor- Germanisches National-
mance-Arbeiten, die Landschaft Skandina-
viens ein Denkmal ge- museum, Nürnberg, JAN TOOROP
eigens für die Ausstel- 20. Oktober bis Villa Stuck, München,
lung entstehen werden. setzt. Der Zeitgenosse
Edvard Munchs steht für 5. März 2017 27. Oktober bis
klare Farben und den ro- Anlässlich des 700. Ge- 29. Januar 2017
NIKOLAI ASTRUP mantischen Blick auf die burtstags Kaiser Karls IV. Seine fließende Linien-
Kunsthalle, Emden, unberührte Natur. Emden führung, die sich überla- mehrfach zwischen Stilen
1. Oktober bis widmet dem Einzelgän- gernden Figuren und wechselte. Kein Wunder,
22. Januar 2017 ger die erste museale Kompositionen fand man dass ästhetische Grenz-
In Norwegen ist er ein Su- Einzelausstellung in in Zeitschriften wie überschreitungen bei ihm
perstar, außerhalb der Deutschland. »Jugend« und »Pan«: Teil des Programms sind.

FRA BARTOLOMMEO
Er gehörte zu den treuesten Anhän­
gern von Girolamo Savonarola, der
mit seinen Bußpredigten Ende des
15. Jahrhunderts Florenz in Atem
hielt. Fast hätte Fra Bartolommeo
nach dessen Hinrichtung nicht mehr
gemalt, doch es kam anders: Sechs
Termine
Jahre verbrachte er als Dominikaner­ FRIEZE/
mönch in einem Kloster, dann FRIEZE MASTERS
begann er wieder zu arbeiten. Er ließ London,
sich von Bellini inspirieren und 5. – 8./9. Oktober
tauschte sich mit Raffael aus, seine
FIAC
biblischen Szenen und Faltenwürfe Paris, 20. – 23. Oktober
machten ihn berühmt. Zum bevor­
stehenden 500. Jubiläum seines Todes­ KUNSTHERBST
MÜNCHEN
tages im Jahr 2017 widmet man ihm
letzte Woche
eine umfassende Schau: Gewürdigt
im Oktober
werden neben Zeichnungen (li. eine
Studie, um 1515) und Gemälden auch
zwei Altarbilder, die zum ersten Mal
außerhalb von Italien zu sehen sind.
Museum Boijmans Van Beuningen,
Rotterdam, 15. Oktober bis 15. Januar 2017

47
VOR S C H AU

löste. Der Sympathie

November.
komplexe Thema breitet Warhols konnte sie sich ­
die Ausstellung mit rund sicher sein!
140 Werken von Künst­
lern wie Cézanne, Manet, TÜRGRIFFE
Klimt, Liebermann, Dix Grassimuseum, Leipzig,
HENRY MOORE GESCHLECHTERKAMPF und Leonor Fini aus. Den 24. November
LWL-Museum für Kunst Städel Museum, Frank- Besucher erwarten nicht bis 14. Mai 2017
und Kultur, Münster, furt, 23. November bis nur Malerei, Skulptur und
Grafik, sondern auch Fo­ »Begreifbare Baukunst«
11. November 19. März 2017 ALICE NEEL

für Angewandte Kunst Leipzig;


tografie und Film (u. li. ist das Motto der Schau.
bis 19. März 2017 Von Franz von Stuck bis Gemeentemuseum, Den Historische Türgriffe von
Franz von Stucks »Adam Haag, ab 5. November
Seinem Einfluss konnte Frida Kahlo, von der Mitte und Eva«, nach 1920). Schinkel für Schloss
sich keiner seiner Zeitge­ des 19. Jahrhunderts bis 1970 porträtierte Alice Charlottenburg in Berlin,

University of California, Berkeley Art Museum und Pacific Film Archive/Schenkung von Hans Hofmann, 1965/VG Bild-Kunst, Bonn 2015
nossen entziehen. Henry Neel, die damals schon von Otto Wagner für die
Moore dominierte die Bild­ MESOPOTAMIEN 70 Jahre alt war, Andy Postsparkasse in Wien
hauerei der Moderne – wie Louvre-Lens, Lens, Warhol: mit nacktem und von Walter Gropius
sehr, das will die Ausstel­ November bis Januar Oberkörper und von den für das Bau­
lung neben Skulpturen, Die Wiege der Zivilisation: Narben eines Attentats hausgebäude
Plastiken und Zeichnun­ Wo heute, vor allem auf gezeichnet (o.). Vor allem in Dessau (re.)

Bilder: Städel Museum - ARTOTHEK/Städel Museum, Frankfurt am Main; Whitney Museum of American Art; GRASSI Museum
gen des großen Briten mit dem Gebiet des Irak, der Bildnisse von ihren Freun­ werden eben­
Beispielen von Hans Uhl­ Krieg wütet, entstanden den, Musikern und Kom­ so zu bewun­
mann, Bernhard Heiliger einst die Schrift, die ­ munisten prägen das dern sein wie
und Joseph Beuys zeigen. moderne Ökonomie, die Œuvre der New Yorker David Chip­
Neben den Bronzen von zum Ende des 2. Welt­ ersten Städte. Archäo­ Künstlerin, die immer an perfields Modell für das
Moore sind auch Wilhelm kriegs reicht der Bogen, logische Objekte vom der figurativen Malerei Eingangsgebäude der
Lehmbruck, Jean Arp, ­ anhand dessen traditio­ dritten bis ins erste vor­ festgehalten hatte, wäh­ Berliner Museumsinsel,
Alberto Giacometti und nelle Geschlechterrollen christliche Jahrtausend rend sich um sie herum das derzeit noch eine
Pablo Picasso mit dabei. untersucht werden. Das legen davon Zeugnis ab. alles in Abstraktion auf­ Baustelle ist.

Termine
ART & ANTIQUE
Wien, 5. – 13. November
BASEL ANCIENT
ART FAIR
11. – 16. November
COLOGNE FINE ART
Köln,
16. – 20. November

HANS HOFMANN
Er prägte weit von seiner Heimat eine ganze
Künstlergeneration: Hans Hofmann wurde 1880
im bayrischen Weißenburg geboren, emigrierte
1932 in die USA und wurde dort bis zu seinem
Tod 1966 zu einem der einflussreichsten Lehrer
der sogenannten Abstrakten Expressionisten.
Jackson Pollock, Lee Krasner und Helen Franken-
thaler gehörten zu seinen Fans. Unter dem Titel
»Creation in Form and Color« richtet ihm die
Kunsthalle Bielefeld eine Ausstellung aus, die
anschließend nach Luxemburg und nach Berkeley
reist. Links: »The Lark« aus der Zeit um 1960.
Kunsthalle Bielefeld, 5. November bis 19. März 2017

48
VOR S C H AU

Dezember
Bilder: Thomas Bayrle/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Pinakothek München/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Wadsworth Atheneum, Hartford, Connecticut/Gift of Susan Morse Hilles/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Rochelle Feinstein

THOMAS BAYRLE
Er ist ein Pionier computergenerierter Bilder: Der 1937 in ­ sisch gesprochen wird.
»Übersetzung«, so Um-
Berlin geborene Künstler hat mit Werken wie »Chrysler«
berto Eco, sei die Spra-
(1970/2013, oben) eine eigene Ästhetik geschaffen und sich auch
che Europas. Unter
schon früh mit bewegten Bildern beschäftigt. Seine Siebdru- diesem Motto präsen-
cke wirken wie dreidimensionale Gewebe. Manche seiner tiert das MuCEM Manu-
technoiden Motive, die auf serielle Massenproduktion und die skripte, Dokumente und
Welt des Konsums anspielen, bewegen sich in der Nähe der Installationen, aber
amerikanischen Pop-Art – und schlagen doch viel poetischere auch Performances.
Töne an. Auf der documenta 13 ließ er Motoren laufen, um die
Schönheit der Maschine in den Vordergrund zu heben – wir ROCHELLE FEINSTEIN
sind gespannt auf das, was er sich jetzt einfallen lässt! RAUSCHENBERG Kestnergesellschaft,
Kunstbau/Lenbachhaus, München, 13. Dezember bis 5. März 2017 Tate Modern, Hannover, 3. Dezember
London, 1. Dezember bis 12. Februar 2017
bis 2. April 2017 Mit viel Humor widmet
Die erste posthume Re- sich die 1947 geborene
trospektive, die gemein- Amerikanerin und ­­
RENGER-PATZSCH lichkeit dokumentierte len Zauberer beklem- sam mit dem MoMA lang­jährige Professorin
Pinakothek der ­ die Landschaften des mender Architekturen. organisiert wird, vereint
Moderne, München, Ruhrgebiets: Zechenan- Gregor Schneider, bedeutende Werke aus
16. Dezember lagen, Schrebergärten, Jahrgang 1969, ist allen Schaffensphasen
bis 30. April 2017 Hinterhöfe und Land- nach John Bock ein von Robert Rauschen-
Über 100 Schwarz- straßen zeigen eine Re- weiterer deutscher berg. Neben seinen
Weiß-Aufnahmen aus gion im Wandel. Künstler der »neuen Siebdrucken (oben »Re-
der Stiftung Ann und Generation«, dem die troactive I«, 1963) dür-
Jürgen Wilde sind die GREGOR SCHNEIDER Bundeskunsthalle eine fen auch die Combines,
Früchte eines Projekts, Bundeskunsthalle, Ausstellung widmet. die Malerei und Skulptur
das Albert Renger- Bonn, 2. Dezember bis Ob er auch hier wieder verbinden, nicht fehlen.
Patzsch von 1927 bis 26. März 2017 Räume zum Verschwin-
1935 verfolgte: Der Fo- den bringen wird? NACH BABEL
Seit er 2001 den Golde- für Malerei an der
tograf der neuen Sach- nen Löwen der Vene- MuCEM, Marseille,
Yale ­University ihrem
dig-Biennale für sein 14. Dezember bis
Medium: oben das ­
20. März 2017
Termine
»Totes Haus ur« ge- Fresko »Love Your
wann, das auf dem ei- »Babel, Fluch oder Work« von 1999. Die
genen Elternhaus in Chance?« Das fragt sich Schau e­ ntsteht in ­
Rheydt basiert, kennt ART BASEL MIAMI BEACH das junge, auf die Kultu- Zusammenarbeit mit
ihn die Welt als dunk- 1. – 4. Dezember ren des Mittelmeer- dem Lenbachhaus in
raums spezialisierte München, wo sie zuerst
TATE MODERN PROJECT Museum in einer alten zu sehen ist, und dem ­
Eröffnung, London Hafenstadt, in der Centre d’Art Contem­
längst nicht nur Franzö- porain in Genf.

49
M A X BECK M A N N

Familientreffen
Wie wichtig Berlin für das Werk Max Beckmanns war, führt zum ersten Mal
eine Ausstellung in der Berlinischen Galerie vor. Wir besuchten sie
gemeinsam mit seiner Enkelin Mayen, die die Verantwortung für den Nachlass
des Malers trägt, und sprachen mit ihr über den Umgang mit seinem Erbe

VON FOTOS
SE B A S T I A N P R E U S S WOL F G A N G S TA H R

Bild: Wolfgang Stahr/VG Bild-Kunst, Bonn 2015


N
Noch ist die Ausstellung leer, wir haben alle
Bilder für uns. In einer Stunde beginnt, wie
jeden Tag, der Besucherandrang, doch jetzt
bearbeitet wurde: Beckmann und Berlin. Es
gab Ausstellungen und Bücher über seine
Zeit in Frankfurt, über sein Verhältnis zu Pa-
nacktes Leben, Wille, Energie, Brutalität,
Kraft, Nerven und Geist.« Es sind die Worte,
mit denen die Kunsthistoriker noch heute
herrscht hier himmlische Ruhe. Mayen ris, das Exil in Amsterdam 1937 bis 1947 und Beckmanns Bilder charakterisieren.
Beckmann ist extra früh mit dem Flugzeug über die letzten Lebensjahre in Amerika, wo Beckmann lebte und arbeitete zweimal
aus Köln gekommen, um mit uns die Werke er im Dezember 1950 beim Spaziergang in in Berlin: von 1904 bis 1914 sowie von 1933 bis
ihres Großvaters anzuschauen. Sie ist die Manhattan an einem Herzinfarkt starb. Aber zur Emigration 1937. Doch auch in den Zwan-
Eigentümerin des Nachlasses sowie des merkwürdigerweise wurde noch nie unter zigern und frühen Dreißigern blieb die bro-
Copyrights, die Instanz für alle Museen und dem Berlinfokus auf Beckmann geblickt. delnde Metropole sein Fixpunkt. Er maß sich
Kunsthistoriker. Wer Beckmann zeigen, han- Dabei war die Stadt für seine künstleri- am dortigen Kunstgeschehen, das damals in-
deln oder erforschen will, kommt an ihr sche Entwicklung und auch für seine Karrie- ternational ausstrahlte; und ehrgeizig wie er
nicht vorbei. re wichtiger als alle anderen. »Beckmann ist war, tat er alles, um in der Kapitale sichtbar
Gut gelaunt geht Mayen Beckmann ohne Berlin nicht denkbar«, schrieb Hans zu sein und als einer der bedeutendsten deut-
durch die Bildersäle. Es freut sie, dass nur Kaiser schon in der ersten Monografie, die schen Künstler anerkannt zu werden.
knapp 80 Werke gezeigt werden: »Warum 1913 anlässlich des Solodebüts im Kunstsalon Als 20-Jähriger kommt Beckmann im
immer diese Riesenretrospektiven? Nach 30 Paul Cassirer erschien. »Wie man von Renoir April 1904 in die Hauptstadt. Zuvor hat er an
Bildern lässt doch unsere Aufnahmefähig- und Paris spricht, so wird man eines Tages der Großherzoglichen Kunstschule in Wei-
keit nach.« Klug und konzentriert breitet die die Gemeinsamkeit Beckmanns und Berlins mar studiert und dort Minna Tube kennen-
Ausstellung ein Thema aus, das so noch nie empfinden. Berlin, das heißt Kampf, Tragik, gelernt; sie wird eine der beiden großen Lie-

50
In der Schau »Max Beckmann und Berlin«
in der Berlinischen Galerie: Mayen
Beckmann zwischen zwei Selbstbildnis
sen ihres Großvaters, 1919 (li.) und 1923
M A X BECK M A N N

Bilder: Stiftung Moritzburg-Kunstmuseum; Kai-Annett Becker; Blauel/Gnamm/ARTOTHEK; Renno Weimar/Klassik Stiftung Weimar; Kai-Annett Becker/Berlinische Galerie, Leihgabe des Landes Berlin; VG Bild-Kunst, Bonn 2015 (alle Bilder)
1

Bilder Beckmanns aus und über Berlin: 1 »Selbst-


bildnis mit Minna Beckmann-Tube«, 1909 2 »Blick
auf den Nollendorfplatz«, 1911 3 »Der Leiermann«,
1935. Das Bild gehörte lange der Beckmann-För-
derin Lilly von Schnitzler. Im »Dritten Reich« ver-
barg sie es mit einem Vorhang vor Nazigrößen
4 »Junge Männer am Meer«, 1905 5 Deckblatt der
Lithografiemappe »Berliner Reise«, 1922

2 3

4 5

52
ben Beckmanns. Er verlangt unbedingte nicht zurück, sondern er suchte Obhut bei
Hingabe von seinen Frauen. Minna muss Freunden in Frankfurt. Schließlich blieb
für ihn die Malerei aufgeben, dafür er- er 17 Jahre in der Stadt am Main.
kennt sie ihr sängerisches Talent und wird Beckmann besuchte seine Familie re-
zur gefeierten Opernsängerin. Sie heira- gelmäßig in Berlin oder dort, wo Minna
ten 1906, und zwei Jahre später kommt ihr gerade sang. Wichtiger aber war ihm die
Sohn Peter auf die Welt – Mayens Vater. Zurückgezogenheit in Frankfurt, wo er
Beckmanns Werk kreist in dieser seine Kunst neu erfand. Die impressionis-
Zeit um den Impressionismus, auch um tischen Kompositionen der Vorkriegszeit
Cézanne und Munch, die er vergöttert. Er wichen klar umrissenen Figuren mit kräf-
saugt alles auf und tastet sich durch die tigen Konturen. Schwere, derbe Gesichter
Stile. 1906 beeindruckt er mit seinem ers- sitzen auf festen Körpern, verzerrte For-
ten Hauptwerk, dem großen Gemälde men und Perspektiven zollen zwar dem
»Junge Männer am Meer«. Der Strand, das Expressionismus einigen Tribut, doch do-
Wasser, der Himmel sind flirrend in der miniert am Ende eine strenge Figürlich-
Binnenstruktur, die nackten Jünglinge da- keit. Den Gegensatz zwischen Raum und
gegen treten mit klassischer Monumenta- Fläche trieb Beckmann auf die Spitze. Die
lität in den Vordergrund. Hier schon sieht Menschenfiguren türmen sich übereinan-
man: Alles ergibt sich bei Beckmann aus der, stürzen umher und zwängen sich eng
der Figur, die er fest umreißt und mit ex- gedrängt zwischen den Bildrändern. Mit
pressiven Farbvaleurs moduliert. seinem Realismus ging es Beckmann
Fast jedes Gemälde ist stilistisch an- nicht um Abbilder der Welt, sondern um
ders in diesen Jahren. Da gibt es gewaltige, »transzendentale Sachlichkeit« hinter den
ekstatisch aufgeladene Historiendramen
oder auch ziemlich konventionelle, aber
Figuren und Dingen. Die bloße Gegen-
ständlichkeit wollte er überwinden durch
Sie haben die
virtuose Porträts, schillernd wie bei Lie-
bermann. Immer wieder sieht man gestri-
das »Metaphysische«, wie er es nannte: ein
überreales Welttheater voller Rätsel und
besten
chelte Flächen à la Cézanne. Von Munch
lässt Beckmann sich zu düsteren Sterbe-
Verklärungen.
Das »Frauenbad« von 1919 ist eine
Auktions-
szenen mit vereinzelten starren Figuren
inspirieren, dann sind da aber auch Bilder
wichtige Station auf dem Weg zum neuen
Stil, mit dem der Maler bald Furore mach-
objekte?
wie »David und Bathseba« von 1910, wo te. Mayen Beckmann bleibt vor dem Bild
sich alles in flackernden Farbflächen zer- stehen und verweist auf die spätgotische
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setzt. Offensichtlich hat sich Beckmann Malerei, die sich ihr Großvater für seine
hier mit den Expressionisten auseinander- »gestapelten« Kompositionen genau an- O
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gesetzt, die er doch eigentlich ablehnt. schaute. Dann spekuliert sie, ob er beim in
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Mayen Beckmann hat »David und »Frauenbad« vielleicht ostasiatische Bilder in
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Bathseba«, das einem Privatsammler ge- vor Augen hatte. Das Thema liegt ihr am s
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hört, noch nie im Original gesehen. »Es Herzen, denn sie ist Vorsitzende der Deut- s
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ist ja ganz anders als alle anderen Bilder schen Gesellschaft für Ostasiatische
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aus dieser Zeit«, staunt sie. Viele andere Kunst. »Aber das wildeste Bild ist natür-
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sind »gute alte Bekannte«, doch auch bei lich der Leiermann«, sagt sie und lenkt
ihnen entdeckt sie immer wieder Neues. uns zu dem Gemälde von 1935. »Es ist A
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Beckmann bezeichnete die erste Ber- wahnsinnig schwer, dahinterzukommen, K
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liner Zeit immer als seine Lehrjahre. Über was hier eigentlich geschieht.« Wie immer d
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mangelnden Erfolg konnte er sich nicht bei Beckmann spielt sich ein allgemein- fü
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beklagen: Er stellte regelmäßig in der Ber- gültiges menschliches Drama ab, verbor-
liner Secession und bei Paul Cassirer aus, gen hinter Masken, Verkleidungen, My-
verkaufte ganz gut, und die junge Familie then und Travestien. »Aber da gibt es auch Together we
konnte, nach Plänen von Minna, ein Ate- eine merkwürdige Geschlechterverwir-
lierhaus in Hermsdorf bauen. Doch der rung. Schauen Sie, der Leiermann ist ja of-
make magic!
Maler erkannte, wie er von den Expressio- fensichtlich eine Frau.«
nisten, den Kubisten und anderen Avant- Beckmanns erfolgreichste Jahre wur-
garden überholt wurde. Er geriet in eine den 1933 jäh unterbrochen. Er hatte gerade
malerische Krise. endlich einen eigenen Saal im Berliner
Dann kam der Erste Weltkrieg, zu Kronprinzenpalais, dem Moderneteil der
dem er sich freiwillig als Sanitäter melde- Nationalgalerie, erhalten. Es gab erste Er-
te. An der belgischen Front brach er kör- folge in New York, und er war auf dem
perlich und seelisch zusammen, er wurde Weg vom deutschen zum europäischen
beurlaubt, ins sichere Straßburg versetzt Künstler, da warfen ihn die Nazis bald
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und 1917 aus dem Militärdienst entlassen. nach der Machtübernahme aus dem Pro-
Zu Minna und Peter in Berlin kehrte er fessorenamt in Frankfurt, schlossen den
M A X BECK M A N N

Für die aufeinandergetürmten


Figuren wie im „Frauenbad“
schaute sich Max Beckmann die
spätgotische Malerei genau an.
Womöglich ließ er sich auch von
ostasiatischer Kunst inspirieren.

Bilder: Wolfgang Stahr/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; privat/VG Bild-Kunst, Bonn 2015
Museumssaal in Berlin und polemisierten ge- Interessen, lebte fortan »zweigleisig«, wie sei- he von bedeutenden Werken. Darum rea-
gen seine Malerei. Mit seiner zweiten Frau ne Tochter erzählt – für die Medizin und für giert Mayen Beckmann so empfindlich auf
»Quappi«, die er 1925 geheiratet hatte, zog das Werk seines Vaters, das er in Museen plat- das geplante Kulturgutschutzgesetz und
Beckmann nach Berlin, wo er in Zurückge- zierte, vor Fälschungen sicherte, ausstellen droht sogar an, Leihgaben aus dem Leipziger
zogenheit seinen wuchtigen Figurenstil vo- und erforschen half und in einigen Büchern Museum abzuziehen. »Da wird staatliche
rantrieb. In der Schandausstellung »Entarte- selbst analysierte. Sie habe das eigentlich nie Willkür zum Gesetz. Ich muss schließlich si-
te Kunst« von 1937 war Beckmann dann mit machen wollen, sagt Mayen Beckmann, die cherstellen, dass ich Bilder einmal an meine
22 Werken vertreten. Zwei Tage vor Eröff- in München als Papierrestauratorin arbeitete amerikanische Enkelin vererben und dafür
nung verließ er das Land für immer. und ab 1994 in Berlin neun Jahre lang die Ga- außer Landes schicken kann.«
Im Museumscafé erzählt Mayen Beck- lerie Pels-Leusden leitete. Hier und in Köln Ansonsten sollten Künstlerfamilien
mann, wie es mit der Familie nach 1945 wei- lebt sie heute noch, ist geschieden und hat nicht den Fehler machen, die Kuratoren und
terging. Ihren Vater, einen Lungenarzt, hatte zwei Söhne. Als aber ihr Vater 1990 starb, Kunsthistoriker zu reglementieren, betont
es vor Kriegsende nach Gauting bei Mün- stand im Testament, dass sie sich künftig um sie. »Ich möchte die Arbeit den Profis über-
chen verschlagen. So flüchtete auch seine Beckmanns Werk kümmern müsse. »Er hat- lassen. Schon gar nicht will ich mir die Inter-
Mutter Minna, aus Angst vor den Bomben, te mir das vorher nicht einmal gesagt.« pretationshoheit vorbehalten.« Von inbrüns-
aus Berlin dorthin. Seit Jahren führte sie Seit 1995 sind die Verhältnisse um das tiger Identifizierung mit dem Werk, wie bei
trotz des Trennungsschmerzes wieder einen Erbe von Quappi, die 1986 in Amerika starb, ihren Großmüttern Minna und Quappi, ist
liebevollen Briefwechsel mit dem berühm- geklärt; vieles kam nach Deutschland. Im- sie weit entfernt. »Ich habe ihn ja nie kennen-
ten Maler. Peter hatte inzwischen geheiratet, mer noch besitzt die Familie eine ganze Rei- gelernt. Es sind wunderbare Bilder eines mir
und im November 1948 meldete Minna an ziemlich unbekannten Menschen. Warum
den Exmann Max Beckmann in St. Louis die soll ich mich mit seinen Federn schmücken?«
Geburt der Enkelin Mayen. Seit dem Tod ihrer Mutter Maja 2014 ist
Unter Schwierigkeiten konnten die es möglich, alle Materialien aus den beiden
meisten Bilder und Dokumente aus Berlin Nachlässen der Öffentlichkeit zugänglich zu
geholt werden. Das Leben der ganzen Fami- machen. »Jetzt kann ich aufräumen«, erklärt
lie kreiste nun um eine große Aufgabe: das die Tochter. Sie hat das Jahr 2020 im Blick,
Werk nach der Verfemung durch die Nazis denn 70 Jahre nach Beckmanns Tod erlö-
dem Publikum wieder nahezubringen. Min- schen die Rechte der Erben. Bis dahin will
na – Mayens »Märchenoma« – befriedete sich sie alle Dokumente in einer Institution zu-
für diese Mission sogar mit Quappi, die alle gänglich machen. Der Schenkungsvertrag ist
zwei Jahre aus New York nach Ohlstadt bei gerade in Verhandlung, darum hüllt sie sich
Murnau kam, wo die Familie nun lebte. Dort über den Namen des Museums noch in
hatte Peter ein Sanatorium für Herzkranke Schweigen. Eines steht aber für sie fest: »Max
gegründet und eine Kurmethode entwickelt, Beckmanns Werk ist ein öffentliches Werk.«
die bald in ganz Deutschland, Österreich Peter Beckmann mit dem »Leiermann« im Die Enkelin will loslassen. ×
und der Schweiz Anwendung fand. Haus von Lilly von Schnitzler in Murnau,
Minna Beckmann-Tube starb 1964. Ihr Mitte der Sechziger. O. seine Tochter Mayen »Max Beckmann und Berlin«, Berlinische Galerie,
Sohn Peter, ein Mann mit weit gespannten Beckmann vor »Frauenbad«, 1919 Berlin, bis 15. Februar

54
56
Bild: Antonio Idini/Rome, GNAM - Galleria Nazionale d‘Arte Moderna e Contemporanea
K U N S T U N D R E L IG ION

Ach, du lieber Gott!


Vom Gefühl zum Zitat: Wie sich im säkularen
20. Jahrhundert das Verhältnis von Kunst und Christentum wandelte

VON
T I M AC K E R M A N N

I
Im Rauschgefühl der Geschwindigkeit mach-
ten die italienischen Futuristen des frühen
Bild: Gaudenzi Collection

20. Jahrhunderts vor niemandem Halt. Schon


gar nicht vor Gott. So zeigt der Maler Filia
1931 in seinem Bild »Heilige Familie« allen
Zweiflern, wie die Krippenszene der Zukunft
aussehen muss: Maria und Josef wirken mit
ihren stilisierten Gesichtern darin wie Mit-
glieder einer Roboterarmee. Das Christus-
kind erinnert entfernt an ein mathematisches
Zeichen, und auf der linken Seite hat der Ma-
ler eine ideale Stadt mit Fabriken und Tem-
peln in einen Metallzylinder gestopft. Als sei
die Schöpfung nur eine Probe im Labor.
Im selben Jahr 1931 schrieb Filia als Ko-
autor mit am »Manifest der futuristischen
heiligen Kunst«, das eine Erneuerung des
christlichen Bildes durch die »geometrische
Herrlichkeit der Maschinenästhetik« forder-
te. Unterzeichnet hatte diesen Text allerdings
allein der Schriftsteller Filippo Tommaso
Marinetti. Der hatte bereits 1909 im ersten
»Manifest des Futurismus« davon geschrie-
ben, dass ein aufheulendes Auto »schöner als
die Nike von Samothrake« sei.
Marinettis Motorengeheul, das später
im Propagandagetöse des Faschismus auf-
ging, ist ein Bonmot der Kunstgeschichte.
Seine Äußerungen zur christlichen Kunst
kennt dagegen kaum jemand. Das Verhältnis
der beiden Manifeste spiegelt unseren Blick
auf diese Zeit: Denken wir an die Kunst der
Moderne, kommen uns eher keine religiösen »Die Heilige Familie« (1931) des Futuristen Filia versetzt ein fast 2000 Jahre
Bilder in den Sinn. Und doch gibt es sie – die zurückliegendes Ereignis ins Science-Fiction-Zeitalter. Li. Seite: »Gebet«
Madonnen von Filia und Munch oder die (1932), gemalt von Cagnaccio di San Pietro im Stil des Magischen Realismus

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»Wer heute über die Wiederkehr der Religio-
nen spricht«, schreibt der Philosoph Boris
Groys, »der meint, dass religiöse Meinungen
aus den Zonen der Marginalität in den Main-
stream gewandert sind.« Im Wettkampf der
Meinungen hätten die Religionen den Vor-
teil, dass sie »alte Brands« seien: »Was immer
man sagen mag, Christus, Mohammed und
Buddha sind wahre Superstars.«
Religion und Kunst ähneln sich darin,
dass sie als große Ideenkonstrukte Anspruch
auf Realitätsdeutung und Weltveränderung
erheben. Erst waren sie Bündnispartner, spä-
ter Konkurrenten. Als zu verehrende Ikone
in der oströmischen Kirche und als didakti-
sches Lehrmittel in Gotteshäusern des west-
römischen Reiches festigte das Bild die

Bilder: RMN-Grand Palais /René-Gabriel Ojéda; Milan, Museo Diocesano, from Lombardia Region/VG Bild-Kunst, Bonn 2015
Machtposition des Christentums, bis es dann
in der Renaissance eine gewisse Autonomie
gewann. Die »Verwandlung zum Kunstwerk«
(Hans Belting) hat dem Bild zunehmende
Macht und Einfluss beschert, sodass es heute
in einem eigenen Reich, dem Museum, selbst
eine quasireligiöse Verehrung erfährt. Inhalt-
lich sind in der Kunst nach 1945 nur noch
Restspuren des Religiösen zu entdecken: in
dem abstrakten Gemäldezyklus der Rothko-
Chapel in Houston etwa, in den ritualisier-
ten Happenings von Joseph Beuys oder den
allegorischen Bildern der DDR-Maler.
Dass die Religion in der Gesellschaft er-
neut eine Rolle spielen könnte – an diesen
Gedanken muss sich die Kunst erst wieder
gewöhnen. Doch das Interesse für das neue,
alte Themenfeld wächst: In unbeabsichtigter
doch aufschlussreicher Gleichzeitigkeit zu
Die Stilwechsel der Moderne haben auch »Divine Beauty« in Florenz zeigt das K21 in
die christliche Bildsprache beeinflusst: Düsseldorf die Ausstellung »The Problem of
Gustave Moreaus »Heiliger Sebastian« (um God«, die sich mit dem Erbe der christlichen
1890) leidet symbolistisch. Fast gänzlich Bildsprache in der zeitgenössischen Kunst be-
abstrakt ist dagegen der »Kreuzweg – schäftigt. Nach der »Göttlichen Schönheit«
Station III« (1955–56, re.) von Lucio Fontana folgt also das »Gottesproblem« (oder das »Pro-
blem von Gott«). Wie lassen sich diese merk-
Kreuzigungen, gemalt vom späteren Kom- lich verschiedenen Fragestellungen deuten?
munisten Picasso und vom Juden Chagall. Ganz ohne ironischen Rettungsschirm
»Divine Beauty« heißt eine Ausstellung im führt die Ausstellung im Palazzo Strozzi den
Palazzo Strozzi in Florenz, die diese Werke Kunstdiskurs zurück zum Religiösen. Die
versammelt. Sie erzählt eine alternative Ge- Bilder sind nicht nach Stilen, sondern nach
schichte der Moderne, berichtet von einer re- christlichen Themen auf tiefblauen Wänden
ligiösen Unterströmung der Epoche, die in arrangiert und werden durch Nischen war-
Vergessenheit geriet oder eher noch: nie ganz men Scheinwerferlichts hervorgehoben –
ins Bewusstsein kam. eine Stimmung so fokussiert wie sakral-feier-
Es ist wohl kein Zufall, dass die Ausstel- lich. Man müsste die Präsentation für einen
lung in einem Moment stattfindet, in dem billigen Kniff halten, wenn sie nicht die Wer-
die Aufmerksamkeit für Religion wächst. ke ideal zur Geltung bringen würde: So kann
Ein Grund dafür ist die offensichtliche Men- man sich ganz auf die symbolistische Kohle-
schen- und Bilderfeindlichkeit religiös-extre- fantasie von Giovanni Segantini konzentrie-
mistischer Gruppen im Nahen Osten, ein an- ren, auf der der Erzengel Gabriel, kopfüber
derer die Beobachtung, dass die Religion bei aus den Wolken hängend, der Vorstadt-Maria
zunehmender Säkularisierung der westli- auf der Gartenmauer ein Geheimnis ins Ohr
chen Gesellschaft ein Revival als Kulturphä- flüstert. Und so bringt man auch die nötige
nomen oder im weitesten Sinne Stil erfährt. Geduld auf, damit sich aus dem abstrakten

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K U N S T U N D R E L IG ION

Keramikmatsch von Lucio Fontana die Figur


des kreuztragenden Christus herausbildet.
Vertieft man sich in den Anblick des
Bauernpaars, das in Jean-FranÇois Millets be-
rühmtem Bild »Das Angelus-Läuten« (1857–
1859) seinerseits ins Abendgebet versunken
ist? Oder lässt man sich lieber von Munchs
junger dunkler Madonna mit dem Spermien-
kranz verführen? Vielleicht fühlt man auch
mit Maria und Josef, die in Odilon Redons
»Flucht nach Ägypten« (1903) nur als fahrige
Lichtflecken ihren Weg durch die Nacht su-
chen. Hoffnung, Lust, Angst – die Stärke der
modernen Künstler liegt darin, dem christli-
chen Bildervorrat archetypische menschli-
Bilder: Hervé Lewandowski/RMN-Grand Palais (Musée d’Orsay); Courtesy of the Ministero dei Beni e delle Attività Culturali e del Turismo

che Situationen und ebensolche Gefühle ent-


locken zu können. In Gaetano Previatis
divisionistischer »Georgica« (1905) wirkt die
heilige Familie beim Stillen unter dem Apfel-
baum so ehrfurchtsvoll und neugierig, wie
ein unerfahrenes Elternpaar in einer solchen
Situation eben nun mal ist. Und Libero An-
dreottis Bronzegruppe der »Toeplitz Verkün-
digung« (1931) ersetzt Madonna und Engel
durch ein einfaches Teenagermädchen und
einen mageren Jungen in zerrissener Hose,
die sich scheu und behutsam annähern, aus In der Ruhe liegt die Kraft: Das gilt für die Bauern in Jean-François Millets
Furcht, ihre Verbindung wieder zu zerstören. Gemälde »Das Angelus-Läuten« (1857–59, o.) genauso wie für die Augenzeugen
Es steckt eine enorme Zärtlichkeit und bei »Christus’ Einzug in Jerusalem« (1923–26) von Giovanni Costetti
Ernsthaftigkeit in diesen Werken.

59
60
K U N S T U N D R E L IG ION

Bild: Courtesy the artist und Galerie Barbara Weiss, Berlin/Boris Mikhailov/VG Bild-Kunst, Bonn 2015
K U N S T U N D R E L IG ION

Die Leidensgeschichte Jesu ist beliebt bei


Künstlern: Vincent van Gogh regte sie um
1889 zur »Pietà (nach Delacroix)« an (re.).
Berlinde De Bruyckeres »Schmerzensmann
IV« (2006, u.) zitiert das Kreuzigungsmotiv
Bilder: Vatican City, Musei Vaticani, Collezione d‘Arte Contemporanea, gift of Diocesi di New York; Mirjam Devriendt/Kunstsammlung NRW/Ursula Hauser Collection, Switzerland/Courtesy Hauser & Wirth/Berlinde De Bruyckere

und Boris Mikhailovs Foto »Case History –


Requiem« (1997/98, li.) die Kreuzabnahme

Selbst wenn sich – wie in Vincent van Goghs


»Pietà (nach Delacroix)« – der Künstler in die
Rolle des gekreuzigten Christus imaginiert,
ist der seelische Schmerz ehrlich der Lein­
wand anvertraut, lässt die Stellvertretergeste
den Kern der religiösen Erzählung intakt.
Bei allem Aufbegehren gegen Normen sahen
die Künstler der Moderne in der Lebensge­
schichte Christi offensichtlich noch sinnvol­
les narratives Potenzial.
Anders verhält es sich mit ihren Kolle­
gen am Ende des 20. Jahrhunderts: Der Düs­
seldorfer Ausstellung ist der Wandtext voran­
gestellt, »ausnahmslos alle der ausgewählten
Positionen« ließen sich »nicht als religiöse
Kunst vereinnahmen«. Entsprechend distan­
ziert gestaltet sich das Ausstellungserlebnis.
Offene Hängung, grell flutendes Licht und
eine tosende Klimaanlage verhindern jedes
Mitleid beim Anblick der gekrümmten
»Schmerzensmänner« von Berlinde de Bruy­
ckere – der Besucher soll wohl eher zum ana­
lytischen Sehen gedrängt werden. Also
schwenkt der Blick weiter über ein mono­
chromes weißes Triptychon von Robert Rau­
schenberg, das zu wenig Wandplatz zur spi­
rituellen Entfaltung bekommt. Und da
wünscht man sich in die weiße Leere insge­
heim die unterhaltsamen Figuren aus Grüne­
walds »Isenheimer Altar« hinein. Man kann es den zeitgenössischen Künstler
Tatsächliche taugt die christliche Bild­ nicht verdenken, dass sie dem Säkularisie­
tradition – so vermittelt es die »Problem of rungsprozess der Gesellschaft gefolgt sind
God«-Schau – dem zeitgenössischen Künstler und das religiöse Gefühl durch das religiöse
bloß noch als Zitat. Kris Martins massive Glo­ Zitat ersetzt haben. In ironischer Distanz zur
cke schwingt stumm ohne Schlegel, in Paul Institution Kirche können sie sich im Ein­
Chans Zeichentrickfilm stürzen Schatten­ klang mit der Mehrheitsmeinung wissen.
menschen dekorativ hinab wie gefallene En­ Wenn sich aber Tacita Dean in ihren Film
gel, und Francis AlŸs wandert in seinem Video »The Martyrdom of St. Agatha« (1994) über
eine Teilstrecke des Jakobsweg ab – an sieben einen wunderlichen Reliquienkult wundert
Werktagen in seinem Atelier in Mexiko. So oder wenn Katarzyna Kozyra in ihrem Video
sehr diese Werke für sich interessant sein mö­ »Looking for Jesus« (2012) Männer, die sich
gen, so sehr rufen sie in Bezug auf den religiö­ für Moses oder Paulus halten, als religiöse
sen Ursprungskontext die Idee einer »Migra­ Freaks vorführt, dann schildern beide Künst­
tion der Formen« in Erinnerung: Von den lerinnen doch nur das ohnehin Offensicht­
christlichen Bildern, Zeichen und Gesten liche. Die so machtvolle Kunst gerät in der
sind nur die Hüllen geblieben, die mit belie­ Düsseldorfer Schau an dieser Stelle in eine
bigem Inhalt gefüllt werden. Der benebelte bemerkenswerte Position der Schwäche: Es
Obdachlose, der in Boris Mikhailovs Fotozy­ scheint, als habe sie keine vernünftige Ant­
klus »Case History – Requiem« (1997/1998) wort auf die Frage, was Menschen heute in
von seinen Freunden in Kreuzabnahmepose die Arme der Religion treibt. ×
gestützt wird, erklärt viel über den Zustand
der postsowjetischen ukrainischen Gesell­ »Divine Beauty«, Palazzo Strozzi, Florenz;
schaft und eben nichts über das Christentum. »The Problem of God«, K21, Düsseldorf.
Ein lustiger Anblick ist er trotzdem. Beide Ausstellungen laufen noch bis 24. Januar

61
S A M M L E R SE M I N A R

SAMMLER
SEMINAR Nº 27

Dänisches Silber

Bild: Bukowskis Auctions

Modernes dänisches Silber begeistert durch klare Formen und große Handwerkskunst.
Neben dem Meister Georg Jensen liefern auch andere Schmieden Sammlerstücke

VON
A N E T T E F ROE S C H
S A M M L E R SE M I N A R

D
Der Sinn für gutes Silber sei so etwas wie
eine dänische Nationaltugend, heißt es. Wer
in Kopenhagen durch die Bredgade oder
über den Amagertorv schlendert, wird dem
bald zustimmen. Das feine Schimmern, die
klare Gestaltung, die herausragende hand-
werkliche Verarbeitung, vor allem aber der
hohe Gebrauchswert der vielerorts angebote-
Bilder: Christie’s Images Ltd. 2005; Georg Jensen A/S

nen Silberwaren beeindruckt und ist an-


spruchsvolles Understatement.
In den Silberläden Kopenhagens ist die Die Girandolen entwarf Johan
ganze Bandbreite dänischer Produktion er- Rohde für Georg Jensen, ausge-
führt 1919/27. Mit Aufgeld erzielte
lebbar. Vielerorts werden Schmuck und Uh-
das Paar 2005 bei Christie’s New
ren angeboten. Neben Schalen und Kerzen-
York 132 000 Dollar. Unten Georg
leuchtern spiegeln Vorlegebestecke für Fisch, Jensen 1892 an der Dänischen
Servierplatten für Hering oder Dorsch, aber Kunstakademie. Li. Seite: Kanne
auch Zuckerzangen und Sahnelöffel die nor- von Kay Fisker für Anton Michel-
dische Tafelkultur. Das traditionelle Hand- sen, Entwurf 1928, Ausführung nehmen bereits 1916 in eine Aktiengesell-
werk war neben der Landwirtschaft bis weit 1975, 3320 Euro bei Bukowskis schaft umgewandelt – eine Entscheidung,
ins 20. Jahrhundert hinein Hauptwirtschafts- die das Fortbestehen bis ins 21. Jahrhundert
sektor Dänemarks; bei einem Stadtbummel sichern wird. Mit der Eröffnung des New
lässt sich dies förmlich mit Händen greifen. Yorker Ladens, der schon bald an die elegan-
Und über alldem schwebt ein Name: Georg te Fifth Avenue umzieht, reagiert die Firma
Jensen. Der Kopenhagener Silberschmied auf einen neuen Absatzmarkt. Seit der Welt-
(1866–1935) war das große Ausnahmetalent – ausstellung in San Francisco 1915 haben wohl-
und er verstand sich aufs Geschäft. habende Amerikaner beständig Silberwaren
geordert – unter ihnen der Verleger und Me-
Der Hammerschlag zählt dien-Tycoon William Randolph Hearst. Jen-
New York 1924: Broschen, Schließen, Ketten sen erhofft sich daher in den Staaten so gute
und Haarschmuck mit floralem Dekor lassen Geschäfte, wie sie in Europa bis zum Aus-
sich in der neuen Jensen-Filiale bestaunen; bruch des Ersten Weltkriegs möglich waren.
oft sind Schmucksteine eingearbeitet. In den Nicht alle Teile hat der gerade erst zum
Schubkästen lagern erlesene, teils handge- Königlichen Hoflieferanten ernannte Jensen
schmiedeter Tafelbestecke, daneben schim- selbst entworfen. Das in die Staaten expor-
mern Kandelaber, Anbietschalen, schlanke tierte Warenangebot umfasst auch Stücke
Tafelaufsätze, Bonbonnieren, Weinkannen, seiner Mitarbeiter. Anders als die fließenden,
Kaffee- und Teeservices, organisch geformt unvergleichlich lebendigen Arbeiten des
und dezent mit plastischen Blütenknospen Meisters zeigen diese bereits eine große Of-
oder Früchten dekoriert. fenheit für das reduzierte, schlicht-elegante
Nach Läden in Berlin (1909) und Stock- Formenvokabular des Art déco. Ihnen allen
holm (1914) sowie Verkaufsstellen in Paris gemeinsam ist die besondere Auffassung des
und London expandiert Georg Jensen, auf Materials, dessen Qualität gezielt durch Oxi-
dem Höhepunkt seiner Laufbahn, nun nach dationen und sichtbare Bearbeitungsspuren
Amerika. Um diese Erweiterung möglich zu unterstrichen wird. Vor allem der Hammer-
machen, hat er sein 1904 gegründetes Unter- schlag, Sinnbild des Silberschmiedens

63
S A M M L E R SE M I N A R

Bilder: Georg Jensen A/S; Van Ham, Köln; Kunsthaus Kende


schlechthin, ist oft ein wesent-
licher Teil der Gestaltung.
Bis heute schlägt sich
Jensens US-Erfolg durch ein
reiches Angebot an repräsen-
tativen, häufig musealen Stü-
cken im dortigen Kunsthandel
nieder. Das Interesse ist ungebrochen, doch
auch in Japan oder China wird Jensen gesam-
melt. Die europäische Nachfrage nimmt sich
dagegen bescheiden aus. Jensen ist auf dem
Weltmarkt präsent, wird in einem Atemzug
genannt mit Silber von Liberty, Christofle
oder Tiffany. Vor allem qualitätvolle und sel-
tene Stücke des Jugendstils und des Art déco,
der Blütezeit des Unternehmens, erzielen
konstant gute Preise; in aller Regel vierstellig,
können sie für monumentale Stücke auch in
den höheren fünfstelligen, selten sechsstel-
ligen Bereich ausschlagen.
Daneben sind Stücke der Dreißigerjah-
re, aber auch der Fünfziger bis Siebziger be-
liebt. Denn auch die nach dem Tod des Fir- Kanne von Karl Gustav Hansen, 1978 für
mengründers im Jahr 1935 entstandenen Hans Hansen, Zuschlag 4800 Euro bei Van
Arbeiten überzeugen durch hohe Gestal- Ham. Ganz o. Silberschmiede von Georg
tungsqualität und kunsthandwerkliche Güte. Jensen, 1926. Re. Jensen-Besteck »Acan-
Und so sind Werke etwa des legendären De- thus«, 1917 von Johan Rohde, Ausf. nach
signers Henning Koppel, der das Unterneh- 1945, 144 Teile, bei Kende 15 000 Euro

64
S A M M L E R SE M I N A R

men nach dem Zweiten Weltkrieg entschei- navia und gehören heute zu Georg Jensen. Kaffee- und Teeservice von Georg Jensen,
dend prägte, von bleibendem Wert und Silber aus diesen Werkstätten wird vornehm- 1915, Ausf. nach 1945, Zuschlag 4000 Euro
erzielen zuverlässig Bestpreise. lich im dänischen Kunst- und Auktionshan- bei Quittenbaum. Oben re. Salz und Pfeffer
Einige besonders erfolgreiche Modelle, del angeboten. Abgesehen von Stücken he- von Svend Weihrauch, 1940er, Gallery 925,
inzwischen sind es Klassiker, stellt das Unter- rausragender Gestalter wie Svend Weihrauch 1850 Dollar. U. Henning Koppels Fisch­
Bilder: Quittenbaum; Gallery 925; Christie’s Images Ltd. 2005

platte für Jensen, Entw. 1954, Ausf. 1990,


nehmen immer noch her. Die Preise für die- oder Karl Gustav Hansen, die Liebhaberprei-
erzielte 2005 bei Christie’s 84 000 Dollar
se Reeditionen liegen oft deutlich über de- se im mittleren vierstelligen Bereich erzielen,
nen gut erhaltener Vintage-Modelle. Darüber liegen die Preise oft deutlich unter denen, die
hinaus schlägt das Unternehmen, das nach man für Arbeiten der Jensen-Manufaktur
wechselvollen Zeiten seit 2012 von einem zahlt. Bereits für unter tausend Euro kann genannten Jugendstils wurden Naturmotive,
Konsortium aus Bahrain gelenkt wird, mit man Interessantes erstehen. Bei Kennern fin- oft vom Japonismus beeinflusst. Um 1900 zei-
Designs junger Künstler und Silberschmiede det das begrenzte Angebot viel Anklang. gen Entwürfe des Architekten Thorvald Bin-
eine Brücke in die Zukunft. Ganz unbestrit- Jensens Welterfolg hat die Branche ent- desbølls für Anton Michelsen, Peter Hertz
ten: Georg Jensen war und ist das Flaggschiff scheidend geprägt. Die große Schmiede hat oder Holger Kyster sowie die Objekte Mo-
der Silberbranche. Die Produktion des Un- Standards etabliert, die besonders in Däne- gens Ballins, was auch aus frühen Arbeiten
ternehmens reflektiert auf höchstem Niveau mark bis heute nachwirken. Sie betreffen die Jensens spricht: Silber ist mehr als eine aus-
alle stilistischen Entwicklungen der däni- Einstellung zum Material, die Wertschät- tauschbare Materialgrundlage für jedwede
schen Silberschmiedekunst des 20. Jahrhun- zung von Designkooperationen und hand- Ornamentzier. Es hat eine eigene kraftvoll-
derts – und damit auch die sich wandelnden werklicher Arbeit, aber auch die Betonung sinnliche Materialqualität, die es handwerk-
Bedürfnisse und Wünsche der Kunden des Gebrauchswertes. Wer diese Standards lich zu betonen und durch Dekor nur zu un-
kennt, kann das breite Angebot am Kunst- terstreichen gilt. Georg Jensen hat diese neue
Sinnlichkeit des Silbers markt leichter sondieren. Materialauffassung Generationen dänischer
Wer sich aber intensiver einarbeitet und sein Auch in Dänemark war es seit etwa 1885, Silberschmiede vermittelt. Silber habe »die-
Auge schult, wird feststellen: In Dänemark vergleichbar der englischen Arts-and-Crafts- ses wunderbare Schimmern des Mondlichts«,
ist nicht allein Georg Jensen ein Synonym Bewegung, zu einer Rückbesinnung auf die es mute an »wie das Licht einer dänischen
für gute Silberwaren. Neben großen Silber- Traditionen gekommen. Das Kunsthand- Sommernacht«, schwärmte der Altmeister.
warenfabriken wie Carl M. Cohr oder Grann werk erlebte eine neue Blüte, der historisti- In dieser sinnlichen Auffassung klingt
& Laglye, die sich in erster Linie der maschi- sche Formenkanon verlor an Einfluss. Wich- etwas an, was die dänische Silberschmiede-
nellen Besteck- und soliden Serienprodukti- tige Inspiration des in Dänemark »Skønvirke« kunst bis heute auszeichnet: eine grundsätz-
on widmeten, produzierten Schmieden wie
Anton Michelsen, Hansen und Hingelberg
ebenfalls Silber von Rang. Weniger schwer-
gängig als das Flaggschiff, konnten sie ihr In-
novationspotential zeitweise sogar deutlich
zügiger, ja unbefangener nutzen.
Die meisten dieser oft kleineren Manu-
fakturen, zu denen auch Dragsted oder der
stark an Jensen ausgerichtete Evald Nielsen
zu zählen sind, haben allerdings die Krise
des Silberschmiedehandwerks in den Siebzi-
ger- und Achtzigerjahren nicht überstanden.
Michelsen und Hansen, beide höchst angese-
hen, gingen an den Konzern Royal Scandi-

65
liche Verbundenheit mit der Natur und dem
einfachen Leben, dem nordischen Licht, der
klaren Luft. Bei dem im ländlichen Raadvad
aufgewachsenen Jensen zeigt sich dies in der
sinnlichen Hinwendung zu naturalistischem
Dekor: Er lässt Magnolien oder Weintrauben
sprießen und das Licht auf den gehämmer-
ten Oberflächen seiner Arbeiten schimmern.
Neben Dekor und Oberflächenbehandlung
zeigt auch die grundsätzliche Gestaltung die-
se Naturverbundenheit. Die Rückkehr zu
den organischen Ursprüngen, die sich für die
Vierzigerjahre beobachten lässt, ist hierfür
ein gutes Beispiel. Inspiriert durch die For-
men der Natur, brach vor allem Henning
Koppel mit dem strengen Funktionalismus
und entwarf in den Fünfzigern herrlich le-
bendig wirkende Gefäße und biomorphen
Schmuck, der viele spätere Entwerfer prägte.
Aber auch wenn die Sinne angespro-
chen sind, braucht es handfeste Kriterien zur ßigern mit Rautenmustern oder
Beurteilung von Silber. Ein Qualitätsmerk- aufgelöteten Stäben Akzente auf
mal muss der eigenständige künstlerische den Oberflächen seiner kühlen Korpusarbei-
Ausdruck eines Entwurfs sein. Jensen selbst ten und brachte damit Elemente des Neo-
war Bildhauer und Silberschmied. Dem klassizismus ein. Die Stücke dieser Entwerfer

Bilder: Christie’s Images Ltd. 2005; Georg Jensen A/S


Selbstverständnis nach eher Künstler, er- erfreuen sich beständiger Nachfrage.
kannte er früh, welche Chancen die Einbin- Jensen-Silbergefäße für Salz, Pfeffer, Senf Nach dem Tod seines Gründers hielt
dung kreativen Potenzials in die Entwurfs- und Marmelade, entworfen vom Sohn des das Unternehmen am Prinzip des lebhaften
arbeit bot: So konnte er flexibel auf neue Meisters, Søren Georg Jensen, 1964/76. Austauschs mit Künstlern, Architekten und
Die Gruppe ließ sich ein Sammler 2005 bei
stilistische Entwicklungen, auf Kundenwün- Designern fest – zunächst unter der künstle-
Christie’s in New York mit Aufgeld 4560
sche und Märkte reagieren. Auch wenn rischen Leitung von Jensens Sohn Søren
kosten. Unten: schwungvolle Entwurfs-
Schmieden wie Anton Michelsen schon frü- zeichnung des genialen Henning Koppel
Georg. Die Liste derjenigen, die einmal für
her schöpferische Köpfe verpflichteten, kann für eine Georg-Jensen-Kanne, 1952 die Firma gearbeitet haben, liest sich wie ein
man Jensen getrost als einen Pionier des Who’s who der dänischen, skandinavischen
Konzeptes der Designkooperation bezeich- und schließlich internationalen Designsze-
nen. Seine Mitarbeiter wählte er mit Gespür ne: von Ib Just Andersen, Kay Bojesen und
aus, viele aus dem engsten Familienkreis. Gundolph Albertus über Arne Jacobsen, Ver-
ner Panton, Nanna Ditzel bis hin zu Marc
Ethos des Handwerklichen Newson. Von diesem Wissenstransfers pro-
Als besonders fruchtbar erwies sich Jensens fitiert bis heute die gesamte Silberschmiede-
Zusammenarbeit mit dem Maler und Kunst- zunft Dänemarks.
handwerker Johan Rohde, der ab 1906 für Will man dänisches Silber bewerten, ist
ihn entwarf. Besonders der Korpusware gab die Verarbeitung ausschlaggebend. In Ab-
Rohde wichtige Impulse: Er drängte auf eine kehr von den Methoden industrieller Pro-
stärker konstruktive Gliederung der bis da- duktion des ausgehenden 19. Jahrhunderts
hin oft etwas wuchtigen Arbeiten und emp- entwickelte sich innerhalb der Branche, zu-
fahl, Dekor zurückhaltender und nur an mindest bei der Korpusware, ein enorm ho-
wichtigen Funktionspunkten wie Henkelan- her kunsthandwerklicher Standard. Georg
sätzen oder Deckelknäufen einzusetzen. Jensen bezog den technischen Prozess des
Der begabte Zeichner Harald Nielsen, Treibens und den Hammerschlag in die Ge-
ein Schwager Jensens, zeichnete zunächst staltung seiner Werke ein und setzte mit die-
Ideen Jensens oder Rohdes ins Reine. Bald ser expliziten Handwerklichkeit Maßstäbe.
war er aber in der Lage, aus einem Entwurf Erst die Expansion zwischen den Weltkrie-
zeichnerisch ein ganzes Service zu entwi- gen machte ein Umdenken erforderlich: Ra-
ckeln. Mit ihren strengen klaren Linien und tionalisierung der Arbeitsprozesse, serielle
den zurückhaltend eingesetzten ornamenta- Produktion, immer höhere Produktivität –
len Details weisen seine eigenen Entwürfe ab so lauteten die neuen Herausforderungen.
1915 zum Art déco und zum aufkommenden Musterbücher und Warenkataloge bieten
Funktionalismus. Bis in die Sechzigerjahre Sammlern heute einen Überblick über die
hinein sorgte Nielsen für eine Kontinuität Vielzahl produzierter Modelle, einige Exem-
des Jensen-Stils. Sigvard Bernadotte, Sohn plare hat die Königliche Bibliothek online
des schwedischen Königs, setzte in den Drei- gestellt. Um die breite Warenpalette zügig

66
S A M M L E R SE M I N A R

und in immer gleicher Qualität liefern zu entwarf, ist die maschinelle Fertigung klar jahren im meisterhaften Tafelsilber Henning
können, wurde es notwendig, zumindest ablesbar – nicht zuletzt aufgrund der glatten Koppels: Seine exquisiten, sinnlich-organi-
halbmaschinelle Verfahren wie das Drücken Oberflächen, die undekoriert bleiben. Hier schen Metallarbeiten mit ihren polierten
runder Korpusteile in den Herstellungspro- stehen Funktion und technisch solide Verar- Oberflächen wirken wie expressive Skulptu-
zess aufzunehmen – was man nachher durch beitung im Vordergrund, nicht mehr das ren. Sie gelten als Ikonen des skandinavi-
Hammerschläge zu überdecken suchte. handwerkliche Können um seiner selbst wil- schen Designs der Nachkriegszeit. Sieben
Wer Jensen-Vintage aus den Zwanzi- len. Der geniale Svend Weihrauch nahm die- Monate Handarbeit steckt ein Jensen-Silber-
gern und Dreißigern erwirbt, sollte genau se Anregungen auf und gestaltete für die schmied heute in eine Reedition von Kop-
hinschauen und auf die Marken achten: Ein Schmiede Vilhelm Hingelberg funktionalis- pels einzigartiger Fischplatte aus dem Jahr
einwandfreier Zustand und zeitliche Nähe tische Korpusarbeiten, die zwar zum Teil ma- 1954, nur unterstützt durch halbmaschinelle
zum Entwurf beziehungsweise zu einer ers- schinell produziert wurden, durch solide Drückwerkzeuge.
ten Ausführung rechtfertigen einen höheren handwerkliche Bearbeitung aber höchsten Sammler können sich auch am hohen
Preis. Und Achtung beim Preisvergleich: Ei- Ansprüchen standhalten. Weihrauchs asketi- Gebrauchswert dänischen Silbers erfreuen.
nige Entwürfe wurden in verschiedenen sche Handschrift bescherte ihm internatio- Es gehört tatsächlich auf den Tisch, auf die
Größen oder unterschiedlichen Varianten nalen Ruhm und begeisterte Sammler, etwa Kommode oder das Sideboard und nur im
ausgeführt. So erklärt sich schnell der eine die dänische Königin Margrethe II. Einzelfall in die Vitrine. Die Pflege ist un-
oder andere Preisunterschied. Auch können kompliziert: ein weiches Tuch, ein sanftes
auf den ersten Blick komplett erscheinende Hoher Gebrauchswert Pflegemittel aus dem Fachhandel – fertig.
Sets oder Services unvollständig oder nach- Wie Weihrauch, der es nicht mit seinem Mit Silber aus dem Norden lebt es sich ganz
träglich aus Einzelteilen verschiedener Entste- Selbstverständnis vereinbaren konnte, in Se- ausgezeichnet, denn selbst musealen Stü-
hungszeit zusammengestellt sein; das senkt rie zu produzieren, nutzten in der Folgezeit cken geht das Höfisch-Repäsentative ab, das
ihren Wert. Eine neue Versilberung, eine viele anspruchsvolle Silberschmiede die man gemeinhin mit Silber in Verbindung
nachträgliche Vergoldung oder gar später Möglichkeiten maschineller Produktion nur bringt. Der Ausgangspunkt war der Wunsch
hinzugefügte Marken sind nicht akzeptabel. mit Bedacht, ersetzten die Treibarbeit nicht nach gutem und erschwinglichem Kunst-
Eine neue Haltung zur Serienfertigung vollends und arbeiteten von Hand nach. Vie- handwerk für das Bürgertum eines kleinen,
Bilder: Dénes Szy Kunsthandel, Düsseldorf; Sotheby’s

entwickelte sich schließlich außerhalb der le Jensen-Mitarbeiter, aber auch Werkstätten agrarisch geprägten Landes. Kein Wunder,
Jensen-Schmiede, die dem Stil des Gründers wie Hans Hansen unter der Ägide von Karl dass Gestaltungsleitsätze wie »Form follows
verhaftet blieb. Impulse hierzu kamen etwa Gustav Hansen hielten so an ihrem hohen function« in der dänischen Silberbranche
von Bauhaus-Künstlern wie Christian Dell handwerklichen Ethos fest. auf besonders fruchtbaren Boden fielen.
und Marianne Brandt, die angesichts der An- Ihren Höhepunkt erreichte die däni- Nach den Weltkriegen öffnete man sich zu-
forderungen industrieller Produktion mit sche Silberschmiedekunst in den Fünfziger- nehmend den Anforderungen demokrati-
Verve stereometrische Formen ad- schen Designs – in den seit den Dreißigern
dierten. Ganz in Sinn des Funk- sozialdemokratisch dominierten Gesell-
tionalismus begriff so der Archi- schaften Skandinaviens sicher nachhalti-
tekt Kay Fisker die Mechanisierung als ger als andernorts.
ein adäquates Mittel zur Herstellung zeit- Dänisches Vintage-Silber ist ein wun-
gemäßer Arbeiten. An seinen Gefäßen, die derbares Sammelgebiet. Hat man sich erst
er Mitte der Zwanziger für Anton Michelsen einmal ein wenig schlau gemacht, ist mit
dem Erwerb eines qualitätvollen Einzel-
stücks der Grundstock für eine Sammlung
gelegt. Sei es der sprichwörtliche Silberlöffel,
ein ausgefallenes Schmuckstück oder gleich
Georg Jensen selbst gestaltete 1918 die
eine skulpturale Schale – in jedem Preisseg-
große Trauben-Tazza. Ausgeführt um 1950,
ment findet man Stücke, die dem Alltägli-
ist das Prachtstück bei Dénes Szy für
chen einen subtilen Schimmer verleihen.
12 000 Euro zu haben. U.: Schale von Harald
Nielsen, 1930 für Jensen, Ausführung nach Wer durch Kopenhagen schlendert,
1945, 15 000 Dollar bei Sotheby’s kann auch erkennen: Nach zaghaften Aus-
flügen in die Postmoderne sucht eine kleine,
aber feine Avantgarde von Silberschmieden
derzeit nach neuen gestalterischen Lösungen
im Spannungsfeld zwischen Kunst und
Handwerk. Sie fertigen handwerkliche Uni-
kate, produzieren gelegentlich auch in Serie
und beziehen dabei unprätentiös das reiche
Erbe ein. Die meisten wurden bei Georg Jen-
sen ausgebildet oder haben schon einmal für
das Unternehmen entworfen. Wer Lasse Baeh­
ring, Per Sax Møller, Claus Bjerring, Allan
Scharff, Carsten From Andersen oder Yuki
Ferdinandsen bei der Arbeit über die Schul-
ter schaut, dem wird die zeitlose Qualität dä-
nischer Silberschmiedekunst bewusst. ×

67
S A M M L E R SE M I N A R

Gut zu wissen
Wie formt man einen Silberkorpus, und was will die Georg Jensen Society? Wer verkauft
dänisches Silber, und wo schult der Sammler sein Auge? Unsere kompakte Übersicht

Glossar Schauen
Drücken In Dänemark hat sich neben dem
Halbmaschinelle Produktionstech- Designmuseum Danmark in
nik. An einer Drückbank wird eine Kopenhagen das Museum Schloss
sich drehende Scheibe aus Koldinghus mit einer bedeutenden
Silberblech mit Drückwerkzeugen Silbersammlung als Spezialmu-
an einem Hartholzblock zu einer seum etabliert. Im Stammhaus von
Hohlware geformt. Komplizierte Georg Jensen A/S in Frederiksberg
Gefäßformen muss man aus arbeitet man an einem Verzeichnis
Einzelteilen zusammensetzen. Das aller Jensen-Objekte in Sammlun-
im 19. Jh. entstandene Verfahren gen weltweit. Neben Archivalien

Bilder: Museet på Koldinghus; Lauritz; Iben Kaufmann


entwickelte sich weiter, als durch und Entwurfszeichnungen werden
den Einsatz von Maschinen höhere auch wichtige Belegstücke der
Drehgeschwindigkeit und größere Produktion verwahrt. Nur bedingt
Kraft erzeugt werden konnte. zugänglich ist die beeindruckende
Schauwerkstatt. Da Jensen-Silber
Feingehalt schon früh von Museen in aller
Silberanteil in der Legierung. 1893 Welt angekauft wurde, finden sich
setzte Dänemark den Silberstan- Referenzstücke in vielen wichtigen
dard bei 826/1000 fest (Stempel: Schloss Koldinghus, das ohnehin immer den Weg lohnt, besitzt eine sehr gute Kunstgewerbe- und Designmuseen,
826S). Seit 1915 wird massives Silbersammlung. Zum 150. Geburtstag von Georg Jensen widmet ihm das Haus bis etwa im Cooper Hewitt, Smithsonian
Silber in Dänemark meist mit 28. Februar eine große Ausstellung, darin auch seine Brosche von 1904 (u. re.) Design Museum und im Museum
einem Feingehalt von 830/1000 of Modern Art in New York, im
hergestellt (830S). Seit ca. 1930 Victoria and Albert Museum in
verarbeitet Jensen nicht mehr nur London oder im Musée des Arts
für den Export, sondern ausschließ- Kirchensilber selbst am Werk war. Bis 1961 wurde décoratifs in Paris. Als einer der Ers-
lich hochwertiges Sterling-Silber, Es besitzt eine eigene künstlerische Silber aus Kopenhagen häufig mit
das einen Feingehalt von 925/1000 Qualität. Nicht immer geht der drei Türmen in einer ovalen Punze
besitzt (925S). Handel transparent damit um. und zweistelliger Jahreszahl
Dann werden Abendmahlskannen gekennzeichnet. Sind nur zwei
Georg Jensen Society zu Weinkannen, Kelche zu Schalen. Türme zu sehen, handelt es sich um
Die 2000 in Kopenhagen gegründe- Versilbertes. Einen guten Überblick
te Gesellschaft sammelt Informatio- Korpusware über dänische Silbermarken
nen zu Leben und Werk Jensens. So bezeichnet man voluminösere zwischen 1890 und 2014 bietet die
Ziel ist es, seine Werke und sein Silberwaren wie Platten, Kandela- Webseite nobelantik.dk.
Wirken einer breiten Öffentlichkeit ber oder Tafelaufsätze, um diese von
zugänglich zu machen. Besteck, Schmuck oder anderen Silberschmiede-Forum
Kleingegenständen abzugrenzen. Sog. Hammerclub, ein Zusammen- ten kaufte 1905 Karl Ernst Osthaus
schluss von Silberschmieden und für sein Museum in Hagen
Silbermarken Silberenthusiasten aus mehreren Arbeiten an. Er präsentierte sie auf
Sie bürgen für Qualität (Feinge- Ländern. Das Forum veranstaltet einer Wanderausstellung, die Jensen
haltsstempel) und geben Informa- u. a. hochinteressante Tagungen. in vielen deutschen Städten
tionen über Herkunft (Stadt- bzw. bekannt machte. Heute befindet
Herkunftsmarke, Meister- oder Treiben sich die Sammlung im Museum
Firmenstempel) und Entstehungs- Das Bearbeiten von Silber mit dem Folkwang in Essen. In Deutschland
zeit eines Stücks. Oft sind auch Hammer. Treibt man Silberblech sind daneben die Bestände im
Modell- bzw. Designnummern oder mit einem Hammer zu einer Berliner Bröhan-Museum und im
Kontroll- und Steuerstempel für Hohlform, wird es »aufgezogen«. Leipziger Grassimuseum sehenswert.
den Export zu finden. Auf der Während dieses Vorgangs wird das Einen wunderbaren Einstieg in das
Art-déco-Tafelaufsatz aus der Korpusware der Jensen-Schmiede Werkstück immer wieder erhitzt. Thema Silber bietet die Studien-
Silberschmiede A. Dragsted, findet sich immer auch die Signatur Das muss gleichmäßig geschehen, sammlung im Museum für
Zuschlag 670 Euro bei Lauritz des Designers, so nicht der Meister damit sich keine Risse bilden. angewandte Kunst (MAK) in Wien.

68
Weltkunst-Tipp

Kaufen Stücke bieten gelegentlich

Dänisches Silber kann man in


Hildegard Dick in Westerland/
Sylt, Sylt Antik oder Silber
Alles in Sicherheit –
vielen Antiqitätengeschäften,
ja selbst bei Ebay finden. Wer
Kontor Heiss in Bamberg an.
an jedem Ort
ernsthaft sammeln und
einwandfreie Stücke erwerben Bieten
will, sollte sich aber bei einem
auf Silber oder dänische Christie’s, Sotheby’s und
Antiquitäten spezialisierten Bonhams rufen vorzugsweise
Fachhändler beraten lassen. hochpreisige Spitzenstücke vor
Hier eine Auswahl: Im allem von Jensen-Silber auf. Ein
Kopenhagener Flagship-Store breites Angebot aller Werkstät-
von Georg Jensen sind auch ten findet sich traditionell bei
historische Stücke erhältlich. Bruun Rasmussen in Kopenha-
Das gesamte Vintage-Angebot gen. Das dänische Online-Auk-
des Unternehmens findet sich tionshaus Lauritz bietet ein
unter georgjensenheritage.com. immer breiteres Angebot
Unter den zahlreichen Händlern, interessanter Stücke. Beim
die Jensen-Silber anbieten, Online-Versteigerer Auktions-
ragen The Silver Fund (Palm huset wird man ebenfalls
Beach) und Gallery 925 (San fündig. Auch bei Bukowskis
Francisco) heraus, Letztere auch oder Stockholms Auktionsverk Franz Kupfer ist Underwriter Art & Private Clients bei Hiscox.
durch ein hervorragendes in Schweden ist dänisches
Angebot anderer dänischer Silber ein Thema. In Deutsch-
Immer mehr Menschen si­ Allgefahrenversicherung für
Werkstätten. Weltweit versendet land lassen sich bei Lempertz,
chern sich ein großes Stück Hausrat, Gebäude, Kunst­
der breit aufgestellte Søren Van Ham und vor allem bei
zusätzlicher Lebensqualität und Wertgegenstände sowie
Jensen (New York) seine Waren. Quittenbaum immer wieder
In Kopenhagen kann man bei schöne Stücke aufspüren.
und erfüllen sich mit dem private Haftpflichtrisiken
Lundin Antique oder Erwerb eines Feriendomizils schließt sogar den Transport
Hartogsohn Antikviteter, bei einen lang gehegten Herzens­ von Kunstgegenständen ein,
Lesen
Bild: Georg Jensen A/S

Danielsen’s Successors oder im wunsch. Ob Zweitwohnsitz beispielsweise zwischen den


Sølvkælderen in Silberwaren in einer europäischen Me­ Wohnsitzen, sofern dabei
schwelgen. Zeitgenössische Das leider nie übersetzte tropole, das Häuschen auf einige einfache Grundsätze
dänische Silberschmiedekunst Standardwerk ist immer noch dem Land oder die Ferien­ berücksichtigt werden. Und
präsentiert die Galerie Montan. Lise Funders »Dansk Sølv – 20. wohnung am Meer: Das allen anderen bieten wir mit
Außerhalb der Hauptstadt lockt århundrede« (1999). Mit zweite Zuhause wird mit „Mundial by Hiscox“ ein­
das Angebot von Skovs Antik diversen Publikationen, u. a. zu Bedacht ausgewählt, liebevoll fachen Zugang zu unserer
in Silkeborg. In Berlin handelt Svend Weihrauch (1998), hat eingerichtet und sorgsam umfassenden Allgefahrenver­
Jörg Schwandt seit Jahrzehnten sich Jörg Schwandt um das gepflegt. Doch mit ebenso sicherung für Ferienimmobi­
mit niveauvollen Arbeiten aller dänische Silber in Deutschland viel Aufmerksamkeit wie der lien nach deutschem Recht –
Werkstätten, auch der Düssel- verdient gemacht. Sehr hilfreich Wahl des Objekts und der ohne Mindestversicherungs­
dorfer Kunsthandel Dénes Szy ist der Bestandskatalog des Umgebung sollte der Abwä­ summe oder die Vorausset­
pflegt hier einen Schwerpunkt Bröhan-Museums: »Metallkunst gung möglicher Risiken am zung eines sog. Ausgleichsge­
auf hohem Niveau. Neuerdings der Moderne« (2001). Hier
Urlaubsort begegnet werden schäfts am Hauptwohnsitz.
ist auch der junge Tübinger werden neben Georg Jensen
– denn allzu oft bescheren Die Police berücksichtigt
Händler Christopher Kende auf auch andere wichtige dänische
unvorhergesehene Ereignisse selbstverständlich länder­
dem Gebiet aktiv. Qualitätvolle Silberschmieden vorgestellt.
wie Wasserschäden, Einbruch spezifische Steuern und
Einen guten Einstieg zu Jensen
bieten Janet Druckers »Georg
oder Vandalismus herbe Gegebenheiten, Bedingun­
Jensen. A Tradition of Splendid Enttäuschungen. Eine ent­ gen und Vertragswerk sind
Silver« (2001) oder David sprechende Absicherung der jedoch in deutscher Sprache
Taylor/Jason Laskey, »Georg Immobilie schützt vor solch gehalten und unterliegen
Jensen Holloware. The Silver unliebsamen Überraschun­ deutschem Recht. Und sollte
Fund Collection« (2003). Die gen. Dabei bewahrt die Wahl ein Schadenfall eintreten, be­
Firmengeschichte ist in Thomas eines deutschen Versicherers rät sie unser internationales
C. Thulstrups »Georg Jensen. überdies von vornherein deutschsprachiges Gutachter­
Silver & Design« ausgebreitet vor Schwierigkeiten durch netzwerk vor Ort und die
(2004). Einen eher sinnlichen Sprachbarrieren und unbe­ Schadenregulierung erfolgt
Zugang eröffnet das Coffee kannte Gesetzeslagen. nach deutschem Standard.
Table Book von Murray Moss:
»Georg Jensen – Reflections« Kunden von „Haus & Kunst Sprechen Sie uns an – als
(2014). In der »Goldschmiede by Hiscox“ sind hier bereits Spezialversicherer finden wir
Zeitung« kann man sich über auf der sicheren Seite und gerne eine maßgeschneiderte
aktuelle, auch skandinavisch können ihr neues Domizil Lösung zur Sicherung Ihrer
In der Manufaktur Georg Jensen in inspirierte Tendenzen im
unkompliziert in die beste­ Immobilie! Mehr Informatio­
Frederiksberg: ein Silberschmied Gold- und Silberschmiede-
hende Police integrieren. Die nen unter: www.hiscox.de
bei der klassischen Treibarbeit Handwerk informieren.
T H U R N U N D TA X I S F R AG E B O G E N

Andrea Büttner
über ihr

London

1 3

Bilder: privat; Diliff/Wikimedia; National Gallery, London; Stanfords; picture-alliance/G Jackson/Arcaid; Sofia Achaval
2 4

Holzschnitte treffen auf Sound, Siebdrucke Knauf mit einem Totenkopf aus Narwalzahn Ein kulturelles Ereignis, das wir nicht ver-
auf Glasmalerei: Andrea Büttner führt in ih- verziert ist. Die Labels und Beschreibungen passen dürfen?
rer Medienwahl nicht nur eine vielschichti- der Objekte sind fantastisch. »Brixton Splash« im August – ein Stra-
ge Ästhetik vor, sondern vor allem den Um- ßenfest, das lokaler ist als der Notting Hill
gang mit künstlich geschaffenen Mythen. Können Sie uns ein Restaurant empfehlen? Carneval und sehr londonerisch.
Ihre Arbeiten analysieren sich im Schaffens- Ein italienisches Restaurant, das mir in
prozess selbst und entlassen den Betrachter Reggio Emilia empfohlen wurde: Enoteca Was müssen wir über Ihre Lieblingsstadt
mit Fragen nach privater Produktion und Turi in 28 Putney High Street. Außerdem gehe wissen, um dort wirklich anzukommen?
öffentlicher Zurschaustellung. Bis zum ich gerne, wie viele andere auch, ins St. John. Man kann für eine gute Sicht auf Lon-
10. April präsentiert das Walker Art Center don auf dem Hampstead Heath spazieren ge-
ihre erste Einzelausstellung in den USA. Wo trinkt man das beste Bier der Stadt? hen. Andere gute Spaziergänge: der GREEN-
»The Charlie Chaplin« in Elephant and WICH FOOT TUNNEL (1). The Lea Valley den
Wie heißt Ihre momentane Lieblingsstadt? Castle. Der Pub befindet sich am Geburtsort Kanal entlang. Man nimmt London häufig
Im Augenblick ist es London. von Charlie Chaplin und ist im Erdgeschoss über die U-Bahnen, Doppeldeckerbusse und
eines postmodernen Shoppingcenters, was Blackcabs wahr, aber es ist toll, sich die Stadt
Was unternehmen Sie dort am liebsten? ihn authentisch wirken lässt. gehend anzueignen.
Freunde treffen, schlafen, Ausstellun-
gen anschauen und arbeiten. Ich wohne di- Ein Gebäude in der Stadt, das Sie besonders Zum Schluss: ein Tipp, den wir in keinem
rekt an der Themse und liebe es, in Richtung lieben? Reiseführer finden?
Barnes zu gehen, an den Ruderclubs vorbei. GOLDFINGERS HOCHHÄUSER (4) in Poplar STANFORDS (3) in Covent Garden: ein
Außerdem habe ich in London kein Internet, (Balfron Tower) und Ladbroke Grove (Trel- Laden, der moderne und antiquarische Kar-
was das Leben angenehm macht. Ich bin lick Tower). Das eine ist arm, das andere ist ten verkauft. Dort kann man die Verände-
hauptsächlich zum Arbeiten dort – mein fancy, aber es sind Zwillingsgebäude. Oben rung Londons von einem mittelalterlichen
Drucker und mein editor sind in London. war eine Polizeistation untergebracht. Der Dorf zu einer Metropole des 21. Jahrhunderts
James-Bond-Film »Goldfinger« ist nach dem nachvollziehen und die unterschiedlichen
Welches Museum besuchen Sie dort gerne? Architekten Ernő Goldfinger benannt. Formen begutachten, in denen die Stadt re-
Ich gehe sehr gern in die NATIONAL GAL- präsentiert und gezeichnet worden ist. ×
LERY (2), deren Sammlung dem britischen Bestes Kino oder Theater?
Volk gehört, weshalb der Eintritt frei ist. Mei- Die BFI-Mediathek – man kann dort Elisabeth von Thurn und Taxis
ne liebsten Räume sind die Säle mit Sienesi- das gesamte Archiv des British Film Institute ist Autorin der US-Vogue und
scher Malerei. Auch der Reading Room in in einer eigenen Kabine mit Monitor und stammt aus einer Familie von
der Wellcome Collection ist großartig. Man Kopfhörern auf einen Knopfdruck ansehen Kunstsammlern. Für uns entwi-
kann dort Darwins Gehstock sehen, der am und erforschen. ckelte sie diesen Fragebogen.

70
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Museen der Stadt Köln
Eine Auswahl für das
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016 Museum für Ostasiatische Kunst
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zur Kunst des Mittelalters
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Messen, Kunsthandel, Auktionen und
wichtige Termine im Januar

AGENDA
Bild: F. Perrodin/Dijon, musée archéologique

Vor 1000 Jahren wurde der Grundstein des Straßburger Münsters gelegt, das bald für seine
gotischen Skulpturen berühmt wurde. Noch bis zum 14. Februar zeigt das Museum Œuvre N ­ otre-Dame
in der Ausstellung »Straßburg 1200–1230« unter anderem diesen Kopf einer Mosesstatue

73
AG E N DA

NACHRICHTEN
PORZELLAN-FEST IN GOTHA verhindert, verlässt die Porzel-
Die Pauls-Eisenbeiss-Sammlung lankollektion nun das Museum.
ist Porzellanliebhabern zweifel- Ein Verlust für Basel – und ein

Bilder: Stiftung Schloss Friedenstein Gotha; Antonio Quattrone; National Gallery Prague; Oliver Helbig; Daniela Beranek; Städtisches Museum Braunschweig; Museen Böttcherstraße
los ein Begriff: Über Jahrzehnte Gewinn für Gotha: Denn die
sammelte das Ehepaar Erika Stiftung Friedenstein hat sich
Pauls-Eisenbeiss und Emil Pauls die Sammlung mit Stücken aus
rund 750 Objekte, darunter viele Manufakturen wie Meissen,
Porzellanfiguren, die aus dem Frankenthal oder Ludwigsburg
19. Jahrhundert stammen. Die für das Herzogliche Museum
Kollektion mit Schmuckstü- Gotha gesichert.
cken wie Johann Joachim
Kändlers »Der Herzdosenkauf«
(um 1738, u.) war fast 40 Jahre FLORENZ HAT EINEN NEUBAU
lang im Historischen Museum Das Museo dell’Opera del Duo-
Basel ausgestellt. Aufgrund mo könnte geschichtsträchtiger
einer programmatischen Neu- kaum sein – Michelangelo hat
ausrichtung des Hauses, die hier seinen »David« geschaffen Platz wie zuvor: 750 Statuen zum ersten Mal überhaupt aus-
eine Präsentation der Samm- – und war doch einfach zu und Reliefs, darunter die bedeu- gestellt. Die 700 Jahre alte Dom-
lung in gewohntem Umfang klein. Jetzt ist ein spektakulärer tendsten Künstler des Mittelal- bauhütte Opera di Santa Maria
Anbau eröffnet worden, den die ters und der Renaissance von del Fiore hat 45 Millionen Euro
Architektenbüros Adolfo Nata- Andrea Pisano, Verrocchio und in den Umbau investiert. Ein
lini und Guicciardini & Magni der Familie della Robbia bis zu Clou: Die Rekonstruktion der
entworfen haben. Die Ausstel- Michelangelo. Domfassade, die Arnolfo di
lungsfläche verteilt sich über 25 Frisch restauriert sind ­ Cambio im späten 13. Jh. errich-
Räume auf drei Stockwerken. Ghibertis Nordportal für das tet hatte und die 1586/87 abge-
Mit knapp 6000 Quadratmetern Baptisterium und Donatellos baut wurde, dient als Kulisse
hat das Museum für seine »Magdalena«. Einiges war seit für 40 Skulpturen, die einst für
Schätze mehr als doppelt so viel Jahrzehnten im Depot oder ist die Fassade entstanden (oben).

Personalien im Dezember
Sein Weg zur Arbeit wird ab stiftung der Länder. Als neu selt vom Bank Austria Kunstfo- renz tritt die Historikerin ihren
nächstem Jahr ein wenig länger: gewählte Vorsitzende des Kura- rum, wo er die vergangenen Posten als Direktorin der Galle-
MARIUS WINZELER muss nicht toriums des Deutschen Zen- 14 Jahre als Kurator tätig war, ria dell’Accademia an.
mehr täglich von Görlitz nach trums Kulturgutverluste trifft an die Kunsthalle Krems. Hier Bremen ist das neue Ziel
Zittau fahren, wo er seit 2008 man sie nicht nur in Berlin, son- wird er – auf fünf Jahre befristet von FRANK SCHMIDT, der bisher
die Städtischen Museen führt, dern auch in Magdeburg, wo – als künstlerischer Leiter die als wissenschaftlicher Direktor
sondern pendelt ab Januar nach die Einrichtung ihren Sitz hat. Wiedereröffnung des Museums an der Kunsthalle Emden tätig
Prag. Hier wird er Leiter der Der Fokus liegt hier vor allem strategisch betreuen, die für war. Zum 1. Februar wird er die
Sammlung alter Kunst an der auf Provenienzforschung. Frühjahr 2017 ansteht. Museen Böttcherstraße mit dem
tschechischen Nationalgalerie. Für FLORIAN STEININGER Einen weiteren Weg hat Paula Modersohn-Becker Muse-
Pendeln wird künftig auch geht die Reise ab 1. Juli 2016 von CECILIE HOLLBERG vor sich, die um, dem Ludwig Roselius
ISABEL PFEIFFER-POENSGEN, die Wien nach Krems: Der österrei- bislang das Städtische Museum Museum sowie der Sammlung
Generalsekretärin der Kultur- chische Kunsthistoriker wech- in Braunschweig führte: In Flo- Bernhard Hoetger leiten.

74
tungsort in der portugiesischen
Hauptstadt konnte das Gebäude
EINWÄNDE AUS PARIS
Emil J. Sennewald schrieb in
Hammerpreise
der Fábrica Nacional da Cor­ der Oktober-Ausgabe unter dem
doaria (unten links), eine ehema- Titel »Magische Multiplikation«
Bilder: Victoria and Albert Museum, London; Arco Lisboa; RMN-Grand Palais/Hervé Lewandowski/Sucesión Pablo Picasso, VEGAP, Madrid, 2015/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Fischer, Luzern; Artcurial Paris; Gerhard Hirsch, München

lige Seilerei im Stadtteil Belém, über Probleme bei Bronzen


gewonnen werden. Aristide Maillols (1861–1944).
Dagegen erhebt Olivier Lorquin
Einwände, der Sohn von Mail-
FUNDACIÓN MAPFRE JETZT lols Muse Dina Vierny, Rechts-
AUCH IN BARCELONA nachfolger des Künstlers und
Die Madrider Fundación Map- Präsident des Musée Maillol/ BRONZEFRAU
fre, eine der wichtigsten priva- Fondation Dina Vierny. Seit Eine Nackte sorgte beim Auk-
ten Kulturinstitutionen Spa- Viernys Tod 2009 stellt er Echt- tionshaus Fischer in Luzern für
NEUE GALERIERÄUME IM niens, eröffnete kürzlich eine heitszertifikate aus. Er lässt ver- Aufsehen: Der »Stehende Frau-
V&A MUSEUM Dependance in Barcelona – ein lauten, dass er damit keineswegs enakt« (1945) von Otto
Einen glanzvollen Rahmen hat nicht nur in Zeiten katalani- – wie Sennewald Akteure im Charles Bänninger erreichte
das Londoner Victoria and scher Unabhängigkeitsdebatten Markt zitiert – ein »Monopol« mit einem Zuschlag bei 55 000
Franken den weltweit höchs-
Albert Museum für Europas bemerkenswerter Schritt. In der oder eine »Zensur« ausübe, son-
ten jemals erzielten Preis für
Kunst und Kunstgewerbe des knapp 2000 qm großen moder- dern seine Aufgabe als Bewah-
ein Kunstwerk des Zürcher
17. und 18. Jahrhunderts geschaf- nistischen Casa Garriga Nogués rer der Werke Maillols erfülle.
Künstlers. Die Arbeit wurde
fen: Die neue Galerie »Europe gibt es nun jährlich drei große Was die Plastik »La Lavandière«
vom Haus zunächst auf 20 000
1600–1815« befindet sich im Vor- Ausstellungen. Auf die Eröff- angeht, die 2014 auf der Bienna- bis 30 000 Franken geschätzt.
derflügel des Museums, der für nungsschau zum »Triumph der le des Antiquaires von der Gale-
12,5 Mio. Pfund umgebaut ­ Farbe« in der Moderne (unten: rie Malaquais gezeigt wurde,
wurde. In vier großen Ausstel- Picassos »Nu sur fond rouge«, ließ Lorquin sie vom Stand ent-
lungsräumen stellt sich die ­ 1906) folgen 2016 Retrospekti- fernen, da die ungenaue
europäische Kunstgeschichte ven der Fotokünstler Hiroshi Beschreibung als originale »Pro-
chronologisch dar, dazwischen Sugimoto und Bruce Davidson. be in Eisen« den Betrachter, so
betritt man thematische Kabi- Lorquin, leicht in die Irre hätte
nette (etwa zur »Kunstkammer«) führen können. Nach erfolgtem
oder komplett inszenierte Räu- Rechtsstreit, so Lorquin weiter, BUCHFUND
me, wie ein französisches Schlaf- haben sich Jean-Baptiste Auffret Ein mittelalterliches Stunden-
zimmer des 17. Jhs. Zwischen von der Galerie Malaquais und buch wurde bei Artcurial Paris
über 1100 Objekten finden sich er einander angenähert: Das von 80 000 Euro auf 349 000
viele Preziosen wie etwa ein ­ Werk könne nun »vollkommen Euro gesteigert. Es gehörte
verzierter niederländischer sicher öffentlich ausgestellt und bis zur französischen Revolu-
Nautilus­pokal (1621–1640, oben). als das verkauft werden, was es tion 1789 zur Bibliothek der
ist, nämlich ein ›Eisen-Sandguss Herzöge von Croÿ und befand
ohne Nennung des Gießers, der sich bis vor Kurzem in einer
ARCO-MESSE IN LISSABON zu Lebzeiten Aristide Maillols bayerischen Schlossbibliothek.
Die Standhaftigkeit der Madri- unter Verwendung von Gieß- Moritz von der Heydte, Direk-
der Kunstmesse Arco konnte gips entstand‹ und auf dem das tor von Artcurial Deutschland,
entdeckte die Kostbarkeit.
man in den Jahren der spani- Monogramm ›M‹ prangt«.
schen Wirtschaftskrise sehr Lorquin wehrt sich auch
bewundern. Jetzt expandiert die gegen Ursel Berger, die Julius
verantwortliche Messegesell- Meier-Graefes Satz von 1915
schaft Ifema sogar: Im kom- ZWEI AUKTIONSHÄUSER zitiert, »Maillol würde es nie
menden Frühjahr wird die Arco BEENDEN IHR GESCHÄFT einfallen, seine Frauen ohne
auch in Lissabon stattfinden. Das renommierte Hamburger Arme und Füße zu lassen«, und
Die Arco Lisbon, die vom 25. bis Auktionshaus Hauswedell & damit die Zertifizierung einiger
GOLDSTÜCK
zum 29. Mai 2016 zum ersten Nolte, das seit 1927 besteht, hielt Torsi anzweifelt. Lorquin hält
Das Münchner Auktionshaus
Mal ihre Türen öffnet, soll eine im Dezember die letzten Auk- ihr nicht nur den Torso des
Gerhard Hirsch Nachfolger
Messe speziell für die zeitgenös- tionen ab. Im März schließt es »Monument à Blanqui« in Mail-
kann mit einem hohen Ergebnis
sische Kunst sein. Als Veranstal- endgültig seine Pforten – unter lols Garten entgegen; auch habe für eine antike Münze aufwar-
anderem aus Altersgründen des das Denver Art Museum 1926 ten: Sie zeigt vorne eine präch-
Inhabers. Schwerpunkt des »Eté sans bras« (Sommer ohne tige mit Lorbeer bekrönte
Hauses war, neben dem antiqua- Arme) gekauft, »dessen Guss Büste des Hadrian, der von 117
rischen Sektor, alte und moder- Maillol selbst genau so festleg- bis 138 n. Chr. regierte, auf der
ne Kunst. Hauff & Auvermann te«. Dem Künstler gefielen, »wie Rückseite den Kaiser auf einem
in Berlin, bekannt für seltene er A. Conger Goodyear anver- Pferd. Das auf 17 500 Euro ta-
Bücher, schloss bereits Ende traute, die Arme der gesamten xierte römische Stück wurde
Dezember. Figur von 1910/11 nicht«. bei 45 000 Euro zugeschlagen.

75
AG E N DA

AUSSTELLUNGEN

Bild: München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen/bpk


Italienische Romanze
1811 lässt sich Franz Ludwig Catel in Rom nieder und wird ein umjubelter
Landschaftsmaler. Die Hamburger Kunsthalle entdeckt ihn jetzt neu

Es gibt eine Wiederentdeckung zu feiern: Mit Catel hat die Sehnsucht einer Gesellschaft be- eifernd, Heerscharen von Touristen das arka-
einer großen Retrospektive wird in der Ham- dient, die gerade dabei war, in Italien das dische Italien, das »Land, wo die Zitronen
burger Kunsthalle das Werk des 1778 gebore- Land der vermeintlichen Sorg- und Zeitlosig- blühn«. Allen voran ging für seine interna-
nen Landschaftsmalers Franz Ludwig Catel keit, der sich über die Zeitläufte geretteten tionalen Auftraggeber Franz Ludwig Catel.
gewürdigt. Idylle zu entdecken. Goethe hatte die Devise Schon während seiner Ausbildung an
Wohlhabende Bürger und der Adel vom dazu bereits in seiner »Italienischen Reise« den Kunstakademien in Berlin und Paris fiel
russischen Zaren bis zum preußischen Kö- Ende des 18. Jahrhunderts ausgegeben. Er er als großes Talent auf. Catel begann früh,
nigshaus zählten zu seinen Auftraggebern. stellte seinem berühmt gewordenen Reisebe- Bücher zu illustrieren. Darunter waren auch
Die Ausstellung zeigt mit gut 200 Gemälden, richt das seitdem geltende Italienmotto »Et Werke von Goethe. So wurde er schnell mit
Aquarellen, Zeichnungen und Grafiken, wa- in Arcadia ego« (Auch ich in Arkadien) vo- dem breiten Themenrepertoire der gebilde-
rum sein Werk so beliebt war. ran. Spätestens seitdem suchen, ihm nach­ ten Gesellschaft vertraut. Als er 1811 erstmals,

76
zusammen mit seinem Bruder Louis, nach
Rom reiste, war es um ihn geschehen. Italien
wurde sogleich seine zweite Heimat. Er be-
gann, die Landschaften um Rom in Malerei
festzuhalten. Um möglichst viele Motive um-
setzen zu können, nutzte er modernste Tech-
nik. Mit der Camera lucida projizierte er die
Umrisslinien seiner Sehnsuchtslandschaften
auf Papier. Damit konnte er deutlich unkom-
plizierter ein Landschaftspanorama auf die
Fläche bannen. Sein Motivrepertoire ge-
wann schnell an Umfang und diente ihm als
Grundlage für sein weiteres Werk, das sich
mit der Anmut italienischer Landstriche ge-
gen den Schrecken der beginnenden Indus-
Bilder: Fabio Gallo, Fondazione Paolo di Tarso/Rom, Fondazione Catel; Jörg P. Anders/Berlin, Staatliche Museen zu Berlin,Nationalgalerie/bpk

trialisierung aufbäumte. Mit dieser künstle-


rischen Position bot er einen Fluchtpunkt
für Schönheitshungrige.
Der Golf von Neapel, Capri und der
Blick auf den Vesuv, malerische Grotten, Sor-
rent, die Amalfiküste oder die Tempel von
Paestum, sie erzählen in seinen Bildern von
dem sich in der Realität bereits verflüchtigen-
den Paradies auf Erden. So kündet das »Länd-
liche Fest in Pozzuoli bei Neapel mit Blick
auf Capo Miseno und die Inseln Procida und
Ischia« aus dem Jahr 1823 mit viel erzähleri-
scher Freude von diesem einstigen Zustand
der Glückseligkeit – der gleichwohl niemals
herrschte und deswegen umso stärker die
Sehnsucht danach in Gang brachte. Alt und
Jung sind hier in der Musik und im Tanz har-
monisch vereint, eine dorische Säulenreihe
erinnert an die Wurzeln der Menschheitsge-
schichte, als man den Göttern noch nahe
war. Bukolische Anklänge scheinen im Hin- Dreimal Catel: »Selbstbildnis mit roter dass Franz Ludwig Catel nach seinem Tod
tergrund auf, zur Selbstversorgung wird Kappe« (um 1850), »Schinkel in Neapel« 1856 schnell vergessen wurde.
Wein geerntet. Die Welt ist noch unschuldig. (1824, u.) und »Ländliches Fest in Pozzuoli Die Hamburger Ausstellung korrigiert
Für genau diese Gemengelage wurde Franz bei Neapel mit Blick auf Capo Miseno dieses Bild des Modekünstlers endlich und
Ludwig Catel geliebt. und die Inseln Procida und Ischia« (1823, li.) zeigt einen vielseitigeren Catel, als bislang
Gegen die zunehmende mediale Ge- bekannt. Hier wird nicht nur der Italienma-
schwätzigkeit seiner Zeit setzte Catel seine ler präsentiert, der musizierende Jünglinge
überaus erfolgreichen Bilder der tief schwei- oder andächtige Hirten in idealer Landschaft
genden Mönche. Er platzierte sie meist vor à la Poussin malte. Neben großformatigen
einer Kloster- oder Meereskulisse. Sie waren Arbeiten, in denen er die Prominenz der Zeit
für die damalige Zeit geradezu ein Hit und in Szene setzte, wirken Bilder schroffer Land-
zählen zu seinen am häufigsten gemalten schaften, des ausbrechenden Vesuvs oder
Kompositionen. Wenn allerdings ein Käufer dräuender Wolken als eine Art wohltuender
den Wunsch hatte, lieber Nonnen statt Mön- Kontrapunkt. Sie zeigen, dass das Werk von
che schweigen zu sehen, dann kam er dem Catel die Brüchigkeit der Romantik und da-
ohne zu zögern nach. Er war eben auch ein mit auch der Moderne in sich trägt. Catel be-
guter Selbstvermarkter seines Werkes. wegte sich in vielen Welten – nicht nur in der
Die schön gehängte Ausstellung macht Welt der modernen Sehnsuchtsproduktion,
außerdem deutlich, dass Catel ein erfolgrei- die er brillant beherrschte, sondern ebenso
cher Netzwerker war. Er war in Rom einer im Kosmos der neugierigen Naturbeobach-
der Lieblinge der Gesellschaft und erster An- tung, die so gar nicht harmonisch ausfällt.
laufpunkt für Anreisende aus Deutschland. Und letztlich agierte er auch geradezu schlaf-
Das machte einige seiner Künstlerkollegen wandlerisch sicher in der schnöden Welt des
nachhaltig eifersüchtig. Sie konterten mit Markts.  FRANK G. KURZHALS
Kritik an seinem Werk. Der Vorwurf: Er sei
ein reiner Modekünstler. Dieser Vorwurf »Franz Ludwig Catel: Italienbilder der Roman-
wirkte lange nach und führte auch dazu, tik«, Hamburger Kunsthalle, bis 31. Januar

77
AUSSTELLUNGEN

Wir trafen uns in


einem Garten
Neo Rauch lädt Karl Blossfeldt
nach Aschersleben ein

Bilder: Uwe Walter, Berlin/Courtesy Galerie EIGEN + ART Leipzig/Berlin und David Zwirner, New York/London/VG Bild Kunst Bonn, 2015; Archiv Ann und Jürgen Wilde, Zülpich
Diese Ausstellung ist eine Zeitreise. Im Jahr
1865 erblickt in Schielo bei Harzgerode im
Harz der Fotograf Karl Blossfeldt das Licht
der Welt, der später mit seinen Aufnahmen
von Pflanzen weithin Berühmtheit erlangt.
Knapp hundert Jahre später, 1960, wird in
Aschersleben, im östlichen Harzvorland,
Neo Rauch geboren – heute einer der be-
rühmtesten lebenden Maler Deutschlands.
Und nun, 2015, sind Rauch und Blossfeldt in
einer Ausstellung zu sehen. Wo? Natürlich in
Aschersleben am Nordostrand des Harzes,
wo die Grafikstiftung Neo Rauch dem Leip-
ziger Maler eine Herzensangelegenheit ist.
Die Zusammenkunft der beiden Künst- Die Tuschelithografie »Guß« (2015) schuf nicht gesehen. Man nehme nur den »Holzer«
ler wirkt vorherbestimmt – dabei war Rauchs Neo Rauch speziell für die Ausstellung in von 2015 mit seinem Alraunenkopf, der eine
erste Begegnung mit Blossfeldt Zufall. Der Aschersleben. Er hatte dabei Fotografien riesige Pusteblume anstarrt. »Ein Bild sollte
Maler berichtet, wie er im Alter von zehn Karl Blossfeldts wie »Sambucus racemosa, immer etwas von einer Pflanze haben«», sagt
oder zwölf Jahren in der Wohnung eines ver- Hollunder« (1915–1925, u.) im Kopf. Man Rauch. »Es sollte mit der Selbstverständlich-
storbenen Verwandten den Blossfeldt-Bild- meint, die Reverenz deutlich zu sehen keit einer Naturerscheinung auftreten. Viel-
band »Urformen der Kunst« (1928) entdeckte: leicht ist es das, was meine Nähe zu Blossfeldt
»Ich nahm dieses Buch an mich, und es be- markiert.«
gleitet mich bis zum heutigen Tage.« Blossfeldt hat seine Wildpflanzen im
Kein Wunder also, dass Neo Rauch be- Harz gepflückt. Rauch hat Bildmotive in sei-
geistert auf die Ausstellungsidee reagierte. Er ner Geburtsstadt Aschersleben eingesam-
schuf sogar zahlreiche neue Werke. Zu die- melt. Noch ein Parallele. Und wenn Rauch
sen zählt die schöne Tuschelithografie »Guß«, sagt, er habe in zwei großen Öl-auf-Papier-
ein Blatt in starker Rot-Grün-Farbigkeit, des- Arbeiten »ein Farbklima schaffen wollen, das
sen Figurenpersonal sich in einer etwas dif- kompatibel ist mit den dezenten Silbergrau-
fusen Tätigkeit zwischen Hausbrandlöschen Nuancen der Blossfeldt’schen Fotografie«,
und Gartenbau verausgabt. Dreht sich der dann ist das eine kleine Verbeugung vor dem
Besucher zur Seite, steht er sogleich vor einer geschätzten Kollegen. »Pflanztag« (2015)
Wand mit Blossfeldts klassisch künstlerisch- heißt eins dieser Bilder. Es schimmert in
botanischen Fotografien und blickt auf die Grau- und Grüntönen und scheint einige der
»Hieronymus-Blumenbachie«, den »Orienta- Blossfeldt’schen Spezies aufgenommen zu
lischen Mohn«, die »Osterluzei«. haben. Drei Arbeiter buddeln Setzlinge ein,
Das Wundervolle an dieser Ausstellung: tragen Blumenzwiebeln herum.
Blossfeldts Aufnahmen, die ja ursprünglich Wie ist das Verhältnis des Malers Neo
gar nicht als Kunstwerke gemeint waren, Rauch zum Gärtner Neo Rauch? »Zu Hause
sondern größtmöglich nüchterne und präzi- bin ich Hilfsgärtner an der Seite meiner Frau,
se Wiedergaben sein sollten, werden in Wir- einer diplomierten Gartenbauingenieu­rin«,
kungsnähe von Rauchs verrätselten Bilder- erklärt der Künstler. »Aber als Maler bin ich
zählungen mit einer Prise Magie bestäubt. natürlich auch ein Verwalter des Gartens auf
Umgekehrt liefert der Blick auf Blossfeldts meiner Leinwand. Den muss ich jäten, ro­den
Ranken einen neuen Zugang zu Neo Rauchs und hegen – sonst entsteht Wildwuchs.« Und
Malerei: Die Natur nahm ja schon früh einen das wäre, bei aller Liebe zum Blossfeldt’schen
wichtigen Raum in den Bildern des Künst- Sprießen, doch fatal.  TIM ACKERMANN
lers ein. Aber derart selbstbewusst wuchernd,
derart transformierend-subversiv wie unter »Karl Blossfeldt & Neo Rauch«, Grafikstiftung
dem Einfluss Blossfeldts hat man sie noch Neo Rauch, Aschersleben, bis 24. April

78
BunDesKunsTHAlle
Alles gute.

HAnne DArBoven
Zeitgeschichten DAs BAuHAus
bis 17. Januar 2016 Alles ist design
1. April – 14. August 2016 Der rHein
eine europäische Flussbiografie
jApAns lieBe zum 9. september 2016 – 22. Januar 2017
impressionismus pinA BAusCH
Von Monet bis Renoir und das Tanztheater
bis 21. Februar 2016 4. März – 24. Juli 2016 AussTellung und gARTen
pArKomAnie
die gartenlandschaften des Fürst Pückler
isA GenzKen 14. Mai – 18. september 2016
Modelle für Außenprojekte
15. Januar – 17. April 2016
juerGen Teller
10. Juni – 25. september 2016

Foto: Peter Oszvald © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik deutschland


Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland
Museumsmeile Bonn, Friedrich-Ebert-Allee 4, 53113 Bonn
www.bundeskunsthalle.de
AUSSTELLUNGEN
Vor Otto Dix’ »Großstadt«-Triptychon kann
man sich davon überzeugen, wie umfassend
Töne der Moderne die afroamerikanische Musik die zerstörte
europäische Gesellschaft nach dem Ersten
Kunst und Jazz schwingen
Weltkrieg für sich einnahm. Ein ganzes Kon-
in Stuttgart volut von Arbeiten illustriert, wie die männ-
liche Avantgarde der Tanzikone Josephine
Das Interessante an Wahlverwandtschaften Baker verfiel. Gleichzeitig stellen kluge Ar-
ist, dass man sie nicht wirklich wählt. Viel- beiten von Kara Walker und Marlene Dumas

Bilder: Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Ellen Page Wilson/Courtesy Pace Gallery/Kunstsammlung NRW/VG Bild-Kunst, Bonn 2015
mehr brechen sie über einen herein, mit der den ethnischen und sexuellen Subtext dieser
Macht des gegenseitigen Erkennens und dem Obsession heraus. Man kann sich zwei her-
Sog von Gesprächen, die nie abzubrechen vorragende Drip-Paintings von Jackson Pol-
scheinen. »I Got Rhythm«, die Ausstellung lock anschauen und dazu den Free Jazz hö-
im Kunstmuseum Stuttgart, die sich ihren ren, zu dem er diese Bilder komponiert hat.
Titel vom bekannten Louis-Armstrong-Song Von Andy Warhol sind die Plattencover zu
leiht, stellt dar, dass es sich bei der Beziehung sehen, die er für das Jazzlabel Blue Note Re-
zwischen dem Jazz und der Kunst um genau cords entwarf, aber auch ein Siebdruck aus
eine solche Wahlverwandtschaft handelt. seiner »Race Riot«-Serie, in der es um Polizei-
Die Schau spielt mit hochkarätigen gewalt gegenüber Schwarzen geht.
Leihgaben die Tonleiter der Moderne und ih- Die Ausstellung erzählt die Geschichte
rer Ausläufe mühelos rauf und runter: von einer Explosion von Formen, Tönen und Far-
Grosz zu Basquiat, von Mondrian zu Stella, ben – eine Explosion, die mit einer Implosion
von Matisse zu Nauman und Palermo. Prä- Jazztanz à la Josephine Baker: Litho-Mappe von sozialen, sexuellen und politischen Ideo-
sentiert werden die Werke stimmungsvoll auf »Le tumulte noir« von Paul Colin, 1929 logien einherging und somit die Kultur des
schwarzen Wänden, unterlegt von der jeweils 20. Jahrhundert formte.  DANIEL SCHREIBER
dazu passenden Jazzmusik aus den Kopfhö-
rern des Media-Guides. All das bringt Farben, »I Got Rhythm. Kunst und Jazz seit 1920«, Kunst-
Themen und Motive zum Leuchten. museum Stuttgart, bis 6. März

dass die Museumsaufseher streng schauen,


entdeckt das Flimmern auf dem Grund, die
Bahnen ziehen Fehler im System, den Sturm auf stiller See.
Es sollte noch Jahrzehnte dauern, bis man
Die Kunstsammlung NRW
ihre Arbeiten so betrachtete.
erinnert an Agnes Martin 1967 folgt zunächst der Bruch: Martin,
die an Schizophrenie leidet, verabschiedet
Bevor Agnes Martin Malerin wurde, war sie sich von der Künstlerszene. Sie lässt sich in
Schwimmerin. Sie trainierte für die kanadi- New Mexico nieder, wo sie abgeschnitten von
sche Nationalmannschaft und wäre zu den der Welt lebt. In der Einsamkeit werden ihre
Olympischen Spielen gefahren, wenn ihre Leinwände leerer. Die Raster reduziert sie auf
Mutter es erlaubt hätte. Aber es waren die Streifen, für die sie Farben findet, die mit Pas-
Zwanzigerjahre, und man sah es nicht gern, tellblau, Orange und Rosa nicht ausreichend
wenn Mädchen allzu selbstständig waren. beschrieben wären. Über ihrer späten Palette
Das Wasser und die Stille des Ozeans sollten hängt ein Nebel, der von innen leuchtet.
sie trotzdem bis an ihr Lebensende begleiten. Wenn Streifen leuchten: »Untitled #5« von Martin ging es nie darum, Erklärungen
Mit 19 verlässt Martin dann doch ihre 1998 markiert Martins letzte Schaffensphase für ihre Kunst zu liefern, sie wollte Gefühle
Heimat und zieht in die USA, um Kunst auf auslösen. Titel wie »I Love the Whole World«
Lehramt zu studieren. In dieser Zeit entste- und »Lovely Life« erzählen davon. Über ihre
hen erste Gemälde, die an Joan Miró erin- de findet. Gemeinsam arbeitet man in Stu- Gemälde sagte sie später einmal: »Wenn man
nern. Einige dieser Arbeiten bilden auch in dios mit Blick auf den East River, wo Martin ein Bild von mir betrachtet, soll es so sein, als
Düsseldorf den Anfang, obwohl Martin im mit Lineal und Bleistift ihre »grids« zog: Ras- wenn man in eine große Woge des Meeres hi-
Alter viel daran setzte, ihre Findungsphase ter, die sich mit jedem Schritt, den man auf neintritt.« Steht man nun in den Ausstel-
von der Bildfläche verschwinden zu lassen. sie zumacht, verändern. Wer sie aus der Fer- lungsräumen, will man diesen letzten Schritt
Erinnern sollte man sich an das, was später ne sieht, erkennt nichts als monotone Grau- gehen, eintauchen, nicht denken, nicht spre-
kam. An die Zeit, als sie – die Einzelgängerin flächen. Wer im Vorbeigehen einen kurzen chen. Nur sehen.  LAURA STORFNER
– im New Yorker Kreis um Robert Rauschen- Blick wirft, wird sie vorschnell als Ordnungs-
berg und Jasper Johns ihren Stil und Freun- zwang abtun. Wer aber so nahe herantritt, »Agnes Martin«, K20, Düsseldorf, bis 6. März

80
NATUR
Landschaft im 19. Jahrhundert

ALS
in Malerei und Fotografie

KUNST

14.2.– 5.6.2016

Sponsors
AUSSTELLUNGEN
gesetzt, und Vik Muniz’ »Clown einfach am Ende. Zeit also für
Skull« (1989–199, u. li.) trägt auf ein bisschen Optimismus und
dem bleichen Knochen noch diese Schau mit kühnen künst-
sein Arbeitsgerät: Schönheit lerischen Visionen seit der Däm-
und Scheitern, Tod und Scherz merung der Moderne. Kasimir
vermischen sich in der Schau Malewitschs »Suprematistische
»Dark Mirror«, die ein Panora- Komposition« (1915–16) bietet
ma lateinamerikanischer Kunst hier den Ausgangspunkt der
seit 1968 aus den Bestände der befreiten Form, auf den Künst-

Bilder: Hans-Peter Vieser/Augustinermuseum-Städtische Museen Freiburg; Peter Schälchli, Zürich/Daros Latinamerica Collection, Zürich/VG Bild-Kunst, Bonn 2015;
Zürcher Daros Collection ent- ler wie Gerhard Richter und
wirft. 41 Künstler aus zehn Län- Bernd & Hilla Becher sowie
dern reflektieren ihr Leben. So avantgardistische Designer wie
verweist Antonio Caros Schild FRANZÖSISCHES ROKOKO Verner Panton (u. li.: »Phantasy

BFI National Archive; Les Arts Décoratifs/Cyrille Bernard/Paris, Musée des Arts décoratifs; Verner Panton Design; Ruth Baumgarte
»Columbia« im Cola-Schriftzug Liebieghaus, Frankfurt a. M., Landscape«, 1970) folgen.
FRANZ XAVER WINTERHALTER auf die Einflussnahme globaler bis 28. März
Augustinermuseum, Freiburg i. Br., Konzerne, und ein Fußball mit
bis 20. März Brustwarzen der Argentinierin Das Rokoko war das Zeitalter
Nicola Costantino spielt mit der sentimentalen Liebe und
Fürstin Pauline von Metternich dem Klischee des sportbesesse- der Zärtlichkeiten, alles vor
zeigte er als junge Schönheit mit nen Südamerikaners. ländlich idyllischer Kulisse.
einer Rose in der Hand. Kaiserin Knusprige junge Menschen trei-
Eugenie von Frankreich durfte ben darin ihre neckischen Spiel-
bei ihm hold in die Ferne sinnie- chen, die nicht ohne versteckte
ren. Und selbst die anonyme Abgründe sind. Das Liebieg-
»Briefleserin« (1860/65, o.) porträ- haus entführt uns nun in diese
tierte der Maler so, als wäre er Welt der artifiziellen Gefühle.
gerade frisch verliebt. Kein Wun- Die Kunst entschädigt dafür,
der, dass im 19. Jahrhundert die dass das reizvolle Thema etwas
blaublütigen Herrscher Europas blutleer abgehandelt wird: herr-
vor seiner Staffelei Schlange liche Bilder von Watteau, Bou-
standen: Kaiser Napoleon III., GROSSE UTOPIE JUGENDSTIL cher und Fragonard, arkadische FARBRAUSCH AM KESSEL
Queen Victoria oder Sisi – ihnen Museum für Kunst und Gewerbe, Skulpturen von Falconet und Städtische Kunsthalle Salzgitter,
galt Franz Xaver Winterhalter Hamburg, bis 7. Februar ihre Nachformungen in Porzel- bis 31. Januar
(1805–1873) als Warhol seiner lan. In allen Gattungen tobten
Zeit. Man staunt heute über so So bewegt und bewegend ist sich die Liebesspiele aus wie in Wie Arbeiter sich selbst sehen,
viel Ehrgeiz und Erfolg! Jugendstil noch nie zu sehen der französischen Uhr mit Meis- hat in der Kunst kaum interes-
gewesen: Die Neupräsentation sener Schäferszene, um 1745/50 siert. Ihre Porträts waren Mittel
der eigenen reichen Bestände (o.). Seit 1789 weiß man: Es war zum Zweck: entweder zur
wird von einer Ausstellung ein Tanz auf dem Vulkan. Heroisierung oder zur Verbildli-
begleitet, die durch ihre Origi- chung katastrophaler Arbeits­
nalität ebenso beeindruckt wie bedingungen. Die Malerin und
durch ihre Bandbreite. »Das Galeristin Ruth Baumgarte
Kapital« von Karl Marx, ein (o.: »Frühes Selbstbildnis«, 1947)
Solarbad, Reformkleider und gehört zu denen, die nach 1945
der intarsierte Flügel aus dem das Genre neu definierten. In
Haus von Peter Behrens veran- Zeichnungen und Aquarellen
schaulichen neben Werken von rückt sie den Menschen ins Zen-
Klimt und Munch die Umwäl- trum – ihn und seinen virtuosen
zungen der Zeit. Neben einer Umgang mit den Maschinen.
Fayencevase mit Fischmotiven Die knapp 100 Arbeiten der Aus-
von Alf Wallander flackert ein stellung »Farbrausch im Kessel«
früher Schwarz-Weiß-Film mit zeigen aber auch, dass es dabei
DARK MIRROR Unterwasseraufnahmen. Die ZUKUNFTSBILDER nicht blieb. Baumgarte nutzt das
Kunstmuseum Wolfsburg, Sehnsucht nach ungeahnten Wilhelm-Hack-Museum, Thema ebenso als Folie unge-
bis 31. Januar Ufern reichte gar bis zum Ludwigshafen, bis 28. Februar genständlicher Malerei. Ihre Far-
Mond: So findet auch George ben bindet sie so locker an den
Betsabée Romero hat ihren mit Méliès’ Film »Voyage dans la Die Zukunft mag nicht immer Gegenstand, dass diese sich
Rosen gefüllten Ford am Grenz- Lune« von 1902 (o.) einen rosig erscheinen, aber ohne den jederzeit lösen und ein Eigen­
zaun der USA in den Sand anspielungsreichen Kontext. Blick nach vorn ist die Kunst leben führen könnten.

82
Yves Netzhammer, Möbel der Proportionen, 2008, Videostill

5. Dezember 2015 – 3. April 2016

AFTERIMAGES
Nachhall der Schwarzen Romantik
in der Videokunst
Videos

Max Hattler, 1923 aka Heaven, 2010, Videostill

KUNSTSAMMLUNG JENA
Markt 7 · www.kunstsammlung.jena.de
Di, Mi, Fr 10 – 17 Uhr · Do 15 – 22 Uhr
Sa, So 11 – 18 Uhr

12. Dezember 2015 – 10. April 2016

TICHA
BILDER · ZEICHNUNGEN · OBJEKTE

Mi-Mo 10-19 Uhr, Di geschl., 24.12. u. 31.12. geschl.,


Feiertage geöffnet, Online-Tickets: www.gropiusbau.de

MONTAGS
EINTRITT FREI

Hans Ticha, Klatscher, 1983, Öl/Lwd., Galerie LÄKEMÄKER, VG Bild-Kunst, Bonn 2015
KUNSTSAMMLUNG. Städtische Museen Jena. JenaKultur
AG E N DA

MESSEN
ANTIQUARIATSMESSE mit den Mitteln der Abstrakti-
STUTTGART on ist bei Hans Lindner für
29. bis 31. Januar 29 000 Euro zu haben. Beim
Stand von Gottfried und Mat-
In Erwartung günstiger Syner- thias Ruetz wird ein japanischer
gien und größerer Aufmerk- Farbholzschnitt von Tsunetomi
samkeit bei Sammlern wie Kitano mit dem Titel »Frau im
Händlern finden die Antiqua- Schnee« aus den 1920er-Jahren
riatsmessen in Stuttgart und ­ angeboten (750 Euro). Ein lange
Ludwigsburg nahezu zeitgleich verschollenes Gedicht des 20-jäh-
statt: die Stuttgarter Messe im rigen Bert Brecht mit dem Titel
Württembergischen Kunstver- »An die Tänzerin Leistikow!«
ein, ihr Ludwigsburger Pendant (1918) von der Hand und mit der
in der dortigen Musikhalle. Seit Unterschrift des Dichters soll
2002 gibt es eine gemeinsame beim Antiquariat Die Schmiede
Veranstaltung im Literaturhaus 9500 Euro kosten. Die größte
Stuttgart zum Messeauftakt. Aufmerksamkeit wird jedoch
Trotz dieser freundlichen Annä- ein mittelhochdeutsches Ritter- 2
herung pflegen beide ihr Profil. epos auf sich ziehen. Es trägt
Mit einem illustrierten den Titel »Wigalois mit dem nierten Exemplar um eines der ausgabe von 1927. Erschienen in

Bilder: Antiquaria von Bräuer; Antiquariat Solder


Hauptwerk des Suprematismus Rade« und ist beim Stand von letzten in Privathand, gefertigt Berlin und mit einem Vorwort
trumpft die Stuttgarter Messe Heribert Tenschert (Antiquariat im Elsass um 1420. Ein Preis von von Alfred Polgar versehen, ist
auf. 1922 in Berlin auf Russisch Biebermühle) zu bewundern. 2 400 000 Euro scheint somit es bereits für 450 Euro erhält-
erschienen, ist El Lissitzkys Das zwischen 1210 und 1220 ent- gerechtfertigt.  MARTIN MIERSCH lich. Als teuerstes Angebot im
»Suprematische Erzählung von standene Werk war im Mittelal- Katalog erweist sich der berüch-
2 Quadraten in 6 Konstruktio- ter enorm beliebt und wurde ANTIQUARIA LUDWIGSBURG tigte »Hexenhammer« des
nen« ein Meilenstein der russi- bis in die frühe Neuzeit als 28. bis 30. Januar Dominikaners Heinrich Instito-
schen Avantgardekunst. Seine Volksbuch rezipiert. Es handelt ris (Inlibris und Kotte). Die 1487
Visualisierung der Revolution sich bei diesem prächtig illumi- Die Antiquaria lockt zum in Speyer erschienene Erstaus­
30-jährigen Jubiläum mit spek- gabe, die Methoden des Straf-
takulären Highlights. So am verfahrens gegen Hexen darlegt
1 gemeinsamen Stand von In­ und wesentlich zum frühneu-
libris und Kotte, die ein Kurio- zeitlichen Hexenwahn beitrug,
sum anbieten: ein blondes, zur soll 175 000 Euro kosten.
Locke gebundenes Haarbüschel Bis heute gelten die »Geystli-
vom Haupt Friedrich Schillers. chen Lieder« von 1545 als eine
Wie es in den Besitz des Weima- Höchstleistung der Buchdru-
rer Bibliothekars und Großher- ckerkunst zur Reformationszeit.
zoglichen Rats Theodor Kräuter Für 42 000 Euro offeriert Krüger
kam, der ab 1811 Goethes Privat- das sehr gut erhaltene Pracht-
sekretär war, ist nicht bekannt. werk. Das Antiquariat Bewer
Eine Literaten-Reliquie, für hat eine architekturgeschicht-
15 000 Euro zu erwerben. Das lich bedeutsame Publikation im
Antiquariat Solder aus Münster Angebot: »Heinz und Bodo
hat einen absoluten Hingucker: Rasch: Wie bauen? Materialien
Das Comic-Buch »Felix der und Konstruktionen für indus-
Kater« mit Cartoons von Pat trielle Produktion« von 1928.
Sullivan und Versen von Arthur Architekturfreunde können sie
Rebner in der deutschen Erst- für 450 Euro mitnehmen. Das
Aachener Antiquariat Aixlibris
 bringt eine Vorzugsausgabe von
1 Kolorierte Napoleon-Karikatur am Ludwig Baumers Buch »Worps-
Stand der Antiquaria von Bräuer wede« (1923) mit. Es enthält 23
2 »Felix der Kater“ in der deutschen Original-Grafiken von Worps-
Erstausgabe hält das Antiquariat weder Künstlern und kostet
Solder in Ludwigsburg bereit 2800 Euro.  MARTIN MIERSCH

84
wilhelmhackmuseum
6 8, Archiv Mack
, ncen a e autt A rchitectures
Edwin Braun, „Heinz Mack während Film-Aufna m en zum Film Tele-Mack“, 196
Vincent Callebaut, „ASIAN CAIRNS“, Shenzhen, na,

Zukunfts-
bilder
von Malewitsch
bis Fujimoto

5.12.15
28.2.16

Hauptsponsor:

www.wieleben
n -ludwigshafen.de

18.10. 2015 - 14.02.2016

HIMMELWÄRTS
©Mischa Kuball, Saturn, Lichtinstallation, 1999

KUNST ÜBER DEN WOLKEN

Präsentiert wird der ganze thematische Kosmos zwischen Erde und Unendlichkeit, zwischen Gravitation und Schwerelosigkeit in
Gemälden, Fotografien, bewegten Rauminstallationen und Videoarbeiten.

MUSEUM SINCLAIR-HAUS
Löwengasse 15 | 61348 Bad Homburg
www.museum-sinclair-haus.de
MESSEN
ARCO ART KARLSRUHE
Madrid, 24. bis 28. Februar 18. bis 21. Februar

Ein Jubiläum steht ins Haus: Die Als Nachbarn haben sie lan-
Arco findet zum 35. Mal statt. Ihr ge zugeschaut, wie sich die
Slalom durch die Höhen und Tie- Messe in ihrer Stadt entwi-
fen des spanischen Kunstmarktes, 1 ckelt. Nun scheinen auch
das Bestehen im Reigen der inter- Meyer Riegger überzeugt zu
nationalen Messen, die freie Termi- Urroz. Ob die Expansion auch als Durham und Haegue Yang sein: Auf der 13. Art Karlsru-
ne im Kalender für Sammler wie Probebühne für ein mögliches aus, während sich Ivan aus he ist die Galerie mit Künst-
Galeristen immer knapper werden Übersetzen nach Amerika dient, Bukarest auf Geta Brătescu lern aus ihrem Programm,
lassen, müssen gefeiert werden. lässt er offen. 2001 waren die Pläne und Iulia Toma konzentriert darunter Meuser, Franz
Die spanische Messe wird das lang- unter der damaligen Leiterin Rosi- oder Marta Cervera (Madrid) Ackermann und Daniel
same Ende der schweren Finanz- na Gómez-Baeza schon fast so weit, das Werk von Laida Lertxun- Roth, vertreten. Aber auch
und Wirtschaftskrise mit interna- da kam ihr die Art Basel mit dem di mit Gemälden von David andere Neuzugänge ver-
tionalen Gästen und einem Sprung neuen Ableger in Miami zuvor. Ihre Reed arrangiert. Hinzu kom- zeichnet die Plattform für
ins Nachbarland Portugal begehen: Nachfolgerin Lourdes Fernández men die ganz jungen Ausstel- Kunst der klassischen
Im Mai soll die erste Arco Lisboa wollte nach São Paulo gehen, die ler in der Sektion Opening Moderne bis in die Gegen-
stattfinden. Leitung der Messegesellschaft zog und die Solo Projects mit wart, deren Sonderschau
Messedirektor Carlos Urroz ist Dubai vor. Geworden ist aus all ihrem aktuellen Fokus auf Fotografien von Ernst Lud-

Bilder: Galerie 1900-2000/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Galerie Utermann


neben Madrid auch verantwortlich dem nichts. Langsam aber wird es Lateinamerika. Auch die wig Kirchner aus dem
für Lissabon. »Die Idee stammt Zeit für alle, die noch einen Fuß auf »Talks« zur Messe setzen dort Museum in Davos präsen-
von den portugiesischen Galerien, den Kontinent setzen wollen, zu an und stellen beispielsweise tiert. Das Thema passt gut
wirtschaftlich ist der Zeitpunkt dem Spanien besondere Bindungen private Sammlungen aus zum Programm der Dort-
jetzt gekommen«, sagt er. Die Por- und die Kunstmesse seit Beginn Kolumbien vor. munder Galerie Utermann,
tugiesen stellen traditionell nach enge Beziehungen hat. Insgesamt werden 224
den Spaniern und den Deutschen In Madrid zeigen 169 Galerien Galerien aus 29 Ländern
2
besonders viele Galerien auf der im Hauptprogramm der Arco erwartet. 70 Prozent davon
Arco. Die Investoren aus China Moderne und Zeitgenössisches. stammen aus dem Ausland.
und Brasilien sind ein begehrtes Zahlreiche Teilnehmer konzentrie- Statt eines Gastlandes, wie
Ziel, der Tourismus und die auf- ren sich auf Soloschauen oder die es sonst Tradition ist, wur-
strebende Wirtschaftskraft, aber Kombination zweier künstlerischer den diesmal rund 30 Gale-
auch viele begüterte Kunstsamm- Positionen: So stellt die Galerie rien eingeladen, deren inter-
ler mit Erst- oder Zweitwohnsitz in Wien (Berlin) Werke von Jimmie nationale Arbeit und Treue
Portugal machen das Land attrak-  zur Arco die Messe in der
tiv. »Für uns ist es eine Gelegen- 1 »Untitled“ aus dem Jahr 1972 von Vergangenheit entscheidend
heit, eine kleinere, intensive Messe Giorgio Griffa (Galerie 1900–2000) geprägt haben. Darunter fin-
zu veranstalten. Und die Szene ist 2 Galerie Utermann bietet auf der Art den sich Lelong aus Paris,
uns vertraut. Es wird eine perfekte Karlsruhe das Blatt »Tanzendes Paar« die Lisson Gallery mit Able-
Ergänzung zur Arco Madrid«, so von Hermann Max Pechstein (1912) an gern in London, Mailand die mit ihrem Angebot des
und New York, Marian deutschen Expressionismus
Goodman, Thomas Schulte ebenfalls zum ersten Mal
aus Berlin, die Zürcher Insti- nach Karlsruhe fährt. Ande-
tution Mai 36 und die Wie- re Größen wie Michael Wer-
ner Galerie nächst St. Ste- ner, Henze & Ketterer oder
Eberhard Köstler phan von Rosemarie Maulberger sind schon lange
Schwarzwälder. Es ist eine dabei. Rund wird das Ange-
Autographen & Bücher oHG großzügige Geste, das Par- bot für die erwarteten 50 000
kett ganz den Angereisten Besucher dank jener Teilneh-
zu überlassen. Eine einzige mer, die neben Fluxus oder
spanische Galerie wurde in Informel auch Pop-Art in die
die Sektion eingeladen: die weitläufigen Messehallen
Bockmayrstraße 24
82327 Tutzing Galería Juana de Aizpuru. bringen. Ein Viertel der 210
Juana de Arco, wie man sie Teilnehmer kommt aus dem
T 08158 3658 in Anlehnung an die tapfere Ausland, und auch das sieht
F 08158 3666 Jeanne d’Arc nennt, hatte die Messeleiter Ewald Karl Schra-
info@autographs.de
Messe 1982 gegründet. Sie de als Beweis einer wachsen-
www.autographs.de wird zum Jubiläum speziell den internationalen Bedeu-
geehrt.  CLEMENTINE KÜGLER tung.  CHRISTIANE MEIXNER
MESSEN
ART INNSBRUCK aus Innsbruck oder Markus
28. bis 31. Januar Doebele, der Gemälde von Igor
Oleinikov und Robert Weissen-
Zum 20. Geburtstag macht sich bacher mit auf die Messe bringt.
die Art Innsbruck selbst ein Die Galerie Rhomberg, diesmal
Geschenk: eine zweite Messe, zuständig für die Sonderschau
namens »Art Innsbruck Com- 2015, räumt zudem Mel Ramos
plementary«, die nun jeweils eine umfassende Präsentation
am Ende des Jahres stattfinden von Werken ein – und der ame-
wird. Schon zur 19. Ausgabe rikanische Pop-Artist lässt der
hatte sich einiges neu geordnet. Fantasie in seinen Nackedei-

Bild: Galería de Arte María Aguilar


Es gab den Umzug der 80 Teil- Tafelbildern erfahrungsgemäß
1
nehmer in die größere Messe- wenig Spielraum.
halle A und eine Erweiterung Konzeptkunst und andere
des Angebots um Antiquitäten Strömungen der zeitgenössi- von Walter Nagl und Bruno Francis Gill oder James Rizzi,
aus dem 19. Jahrhundert, die schen Avantgarde sind in den Hess, der mit einem prachtvol- eine Serigrafie von Kiki Kogel-
Messeleiterin Johanna Penz als Kojen eher seltene Gäste. Vor len Blick auf das Matterhorn nik und ein Siebdruck von Her-
sinnvolle Ergänzung begreift. diesem Hintergrund überzeugt (1925) am Stand der italieni- mann Nitsch bei Milionart
Tatsächlich beweist sich die die Entscheidung für das schen Galerie Antichitá Gaspe- schreiben dieses Kapitel in der
Stärke der Art Innsbruck bei 19. Jahrhundert. Zumal die retti vertreten ist, signierte Geschichte der Art Innsbruck
der Gegenwartskunst vor allem Wurzeln der Messe, die als Lithografien (um 3000 Euro) 2016 fort.  CHRISTIANE MEIXNER
im Segment der figürlichen ein Forum für Auflagenkunst wie Fotografien (um 10 000 
Malerei wie Skulptur. Dafür ste- begonnen hat, auch jetzt noch Euro) von Man Ray im Angebot 1 Im Angebot der Galería de Arte
hen nicht bloß Galerien wie sichtbar sind. So finden sich beim Wiener Kunsthandel María Aguilar: Mònica Castanys’
Dikmayer aus Berlin, Augustin zwischen unikaten Gemälden Stock. Siebdrucke von James Gemälde »Gallery Hotel« von 2015

STUTTGART
29. – 3 1 .1 . 201 6
Württembergischer Kunstverein 55. A N T I Q UA R I ATS M E S S E
stuttgarter-antiquariatsmesse.de
KÜNSTLERHAUS
Karl von Saar Wien 1797 – 1853 Wien
Junge Dame vor dem Ball
Elfenbein signiert, 9,2 x 7,4 cm
WIEN KARLSPLATZ 5
27. Februar bis 6. März
2016 Täglich 11 bis 19 Uhr
Jubiläumsmesse
20. WIKAM im Wiener Künstlerhaus

Mit einem großartigen Messeprogramm begeht die WIKAM


– die Wiener Internationale Kunst & Antiquitätenmesse –
ihr 20. Jubiläum im Wiener Künstlerhaus. Den Besucher
erwartet ein spannendes und hochkarätiges Angebot an
musealen und außergewöhnlichen Gemälden und Anti-
quitäten, präsentiert von vierzig Top-Kunsthändlern aus
Österreich und Deutschland.
Der vor fast 40 Jahren gegründete Verband Österreichi-
scher Antiquitäten- und Kunsthändler ist einer der tradi-
tionsreichsten Messeveranstalter Europas, seine WIKAM
im Künstlerhaus und im Herbst im Palais Ferstel & Palais
Niederösterreich zählen zu den Höhepunkten des öster-
Hubert Scheibl geb. 1952 reichischen Kunstgeschehens.
Nicotin on Silverscreen
Öl auf Leinwand, verso sign., bez.
und datiert 2012, 150 x 120 cm

WWW.WIKAM.AT
MESSEN
ein von Georges Jacob gestalte- ANTIK & KUNST
1
tes Sofa »à la Turque« von 1765 Sindelfingen, 14. bis 17. Januar
(Galerie Steinitz) zusammen
mit einer römischen Marmor- Fünf Jahrhunderte Papierkunst
statue des Dionysos und aktuel- offenbaren sich im Kunstkabi-
len Glasobjekten des ungari- nett Strehler. Die Heimat der
schen Designers György Gáspár beiden Inhaberinnen ist be-
(Galerie Clara Scremini) in kanntlich Sindelfingen – was sie
Augenschein zu nehmen. Ein zu einem Angelpunkt der dorti-
Gang durch die Zeiten mit gen Messe werden lässt, die
ihren ästhetischen Vorlieben, an dank der Strehlers neben Me-
denen man den eigenen Blick rian-Kupferstichen auch Grafi-
und Geschmack schulen kann. sches von Dürer und diesmal ja-
Der Austausch mit Experten panische Farbholzschnitte aus
zählt zu den Stärken der Brafa, dem frühen 20. Jahrhundert an-
die sich noch einmal vergrößert. bieten kann. Darüber hinaus
Um knapp zehn Prozent auf 136

Bilder: Galerie Chiale Fine Art; Kunstkabinett Strehler; Lars Landmann/Kunstmuseum Wolfsburg 2014
Aussteller ist sie gewachsen, von 2
denen einige wie der Gemälde-
spezialist Alexis Bordes oder K.
Grusenmeyer mit dem Fokus auf
Stammeskunst für eine Weile
pausiert haben und nun zurück
BRAFA Jacques Barrère aus Paris, die in die Halle Thurn & Taxis keh-
Brüssel, 23. bis 31. Januar Claes Gallery, Cybele oder die ren. Unter den Neuzugängen
Galerie De Jonckheere regelmä- versprechen die Galerie Boulakia
Mit einem auf Augen und Nase ßig aus. Letztere ist aktuell mit und Jean-Christoph Charbon-
reduzierten Alabasterkopf, den einer Winterlandschaft von Pie- nier aus Paris neue Sammelfel-
Safani mit nach Brüssel bringt, ter Brueghel d. J. und einer Gou- der: Die eine hat Impressionisten
knüpft die Galerie an die Traditi- ache von René Magritte vertre- im Gepäck, der andere einen
on der Kunst- und Antiquitäten- ten, die der Surrealist um 1957 Akzent auf alten Waffen und versammelt die Antik & Kunst
messe an: Die Stele stammt aus mit Buntstiften und Pastellkrei- Rüstungen.  CHRISTIANE MEIXNER historischen Schmuck (Brigitte
dem ersten vorchristlichen Jahr- den zu Papier gebracht hat. & Saskia Seewald), Interieur des
tausend und war seit den Siebzi- Diese Vielfalt an einem ein-  Biedermeier (Schlapka) und Ma-
gerjahren in der Hand eines bel- zigen Stand steht für die Ent- 1 »Woman in Armchair« von Natalija lerei von Jean-Frédéric Schall
gischen Privatsammlers. wicklung, die die Brafa über die Gontscharowa (1904) im Angebot (Galerie Fine Arts) oder Johann
Besondere Objekte mit klarer Zeit vollzogen hat. Zwischen der Galerie Chiale Fine Art Heinrich Tischbein, von dem
Provenienz, dafür steht die Mes- den Epochen spannen sich meh- 2 Japanischer Farbholzschnitt von der Grazer Kunsthändler Ro-
se seit nunmehr sechs Dekaden. rere Jahrtausende. Was es mög- 1910 mit dem Motiv einer Irisblüte chus V. Probst ein antikisieren-
Neben Safani stellen hier lich macht, entlang der Stände (Kunstkabinett Strehler) des Motiv im Gepäck hat.  CMX

Wie kamen Sie zur Kunst?


In fünf zentralen Schritten: Da die perfekte Basis. Ein Wechsel Kunstkritiker. Schreiben schärft
meine Eltern wenig an Kunst nach Paris an die Sorbonne das Nachdenken über Kunst
interessiert waren, war es ein brachte dann den Fokus auf ungemein. Und dann der fünfte
Hamburger Gymnasiallehrer, Kunstgeschichte und zeitgenös- Schritt – fort aus der Compu-
der mir die Augen öffnete. Er sische Kunst gleichermaßen. terscreen-Einsamkeit hinein ins
hatte keine Angst vor Pathos Der dritte Schritt war die Museum, um dort kollektive
und brachte uns Schülern mit Erkenntnis, dass die Kunst der Energie zu bündeln und
überraschenden Wendungen Bereich ist, in dem ich mit gemeinsam auf ein Ziel hinzu-
das Sehen bei. Der zweite wich- größtmöglicher Freiheit alle arbeiten: eine starke und
tige Schritt war das Studium meine Leidenschaften, zumal sehenswerte Ausstellung!
der Germanistik mit den für Literatur und Philosophie,
Nebenfächern Philosophie und vereinen kann. Phase vier war RALF BEIL, DIREKTOR DES
Kunstgeschichte in Freiburg: eine intensive Tätigkeit als KUNSTMUSEUMS WOLFSBURG
internationale messe für zeitgenössische kunst &
erlesene antiquitäten des 19. / 20. & 21. jhdts.

28-31
jänner 2016
20. jubiläum
sonderschau mel ramos
„my age of pop“

do-sa 11-19 l so 11-17 uhr


messe innsbruck | haupthalle A
www.art-innsbruck.com
AG E N DA

KUNSTHANDEL
Schaufenster

»Souvenir du Déjeuner
en fourrure«

Künstler
Meret Oppenheim (1913–1985)

Werkdaten
Mixed-Media-Collage unter ovalem
Glas, Auflage: 120 + 10 A. P., 1970
Höhe: 17,5 cm, Breite: 20 cm,
Tiefe: 4 cm

Kunsthandlung

Bild: Levy Galerie/VG Bild-Kunst, Bonn 2015


Levy Galerie
Osterfeldstr. 6
22529 Hamburg
Tel.: 040 459188

Preis
10 000 Euro

Lasziv und erotisch, frech und schockierend Fortan überstrahlte die Tasse alles und war plare (die Nummern VI und VIII HC). Der
zweckentfremdet – ihre herrlich verrückte streckenweise bekannter als ihre Schöpferin. Hamburger Galerist Thomas Levy hatte sei-
Pelztasse machte die junge Schweizerin Me- Obwohl man sie häufiger dazu drängte, hat ne rote Variante 2013 für die große Oppen-
ret Oppenheim mit einem Schlag berühmt. sich die Künstlerin bis zu ihrem Tod 1985 ge- heim-Ausstellung nach Berlin ausgeliehen.
Das mit Gazellenfell überzogene Geschirr, weigert, Duplikate vom »Frühstück in Pelz« Nun hängt »Souvenir du Déjeuner en
von André Breton »Déjeuner en fourrure« ge- herzustellen. Lieber kommentierte sie mit fourrure« in seinen Hamburger Räumen.
tauft und gleich nach der ersten Ausstellung ironischen Multiples die weltberühmte Der Spezialist für Surrealismus, Nouveau
1936 von Alfred Barr Jr. für das New Yorker »Alte«, wie sie ihr frühes surrealistisches Réalisme und Pop-Art hat Meret Oppenheim
Museum of Modern Art gekauft, wurde zur Werk nannte. So fungiert das 1969 entstande- seit 1978 im Programm, betreute sie exklusiv
Ikone des Surrealismus. Der Einfall zum ne »Eichhörnchen«, ein Bierglas mit Tier- und verwaltet seit ihrem Tod gemeinsam mit
sinnlich-weichen Gedeck kam der in Berlin schweif, unverkennbar als männliches Pen- ihrer Familie den Nachlass. Mit sorgsam do-
geborenen Kunststudentin im Pariser Café dant zur Tasse. Noch expliziter banalisierte sierten, posthumen Realisationen wie im
de Flore, als sie Dora Maar und Pablo Picasso 1970 »Souvenir du Déjeuner en fourrure« das Jahr 2003 Merets rot lackierten Porzellanze-
einen mit Pelz beklebten Armreif aus Metall große Vorbild: Das famose Gefäß ruht dort, hen unter Pastellnerz in schwarzen Stöckel-
zeigte. Wie ihre Freunde Marcel Duchamp, von falschem Edelweiß verziert, unter Glas – schuhen hält Levy das Interesse wach. In sei-
Francis Picabia, Alberto Giacometti und ihr als Kunstpelz-Applikat vor rotem, grünem ner jüngst abgebauten Jubiläumsschau »45
Lover Max Ernst verfremdete sie schon da- oder blauem Hintergrund auf Damastimitat. Jahre Levy – 45 Künstler« war Oppenheim
mals mit viel Fantasie lapidar Alltägliches Die kitschig schöne Collage erinnert an die mit ihrem »Eichhörnchen« aus einer Grup-
spektakulär zu Objets trouvés. »Fallenbilder« von Oppenheims Berner penausstellung vom September 1978 präsent.
Das hintersinnige »Déjeuner en fourru- Freund und Landsmann Daniel Spoerri. Dazu zeigte ein Foto von damals die ergraute
re« blieb lebenslang Meret Oppenheims Das Erinnerungsstück gilt heute als sel- Mittsechzigerin, die Man Ray einst als nack-
kunstgeschichtliches Etikett. Der frühe ten und teuer und ist – wie das »Eichhörn- te androgyne Schöne an der Druckerpresse
Ruhm hatte allerdings Tücken: Auf die Pelz- chen« – ein Favorit in Privatsammlungen. ins kollektive Bildgedächtnis hob, neben ih-
tasse folgte eine 18-jährige Schaffenskrise. Das Kunstmuseum Bern besitzt zwei Exem- rem jungen Galeristen.  ULLA FÖLSING

94
NEUE AUFGABEN FÜR DEN gen hat. Ihre erste Zusam-
PORZELLANKENNER menarbeit fand 1997 mit der
Kunsthandel, Sammler und Schau »Frühes Meissener
Museen – eine glückliche Porzellan. Kostbarkeiten
Trias, verbunden durch die aus Privatbesitz« statt, die
Liebe zur Kunst. Ulrich im Düsseldorfer Hetjens-
Pietsch wechselte mit seiner Museum und anschließend
Pensionierung als Direktor in den Staatlichen Kunst-
der Porzellansammlungen sammlungen in Dresden zu
im Dresdener Zwinger im sehen war. 2004 folgte
Herbst 2015 als Senior Con- »Meißen für die Zaren. Por-
sultat zum Kunsthandel zellan als Mittel sächsisch-
Röbbig, der führenden russischer Politik im 18.
Adresse für frühes Meissener Jahrhundert« mit Stationen
Porzellan in Europa. »Ich in der Eremitage St. Peters-
möchte einerseits nicht burg und im Dresdener
»Le Dimanche« Marc Chagall, Farblithographie, 38 x 28cm
untätig sein, andererseits Zwinger. Zu diesen und
meine in den 21 Dresdener anderen Ausstellungen ver-
Jahren erworbenen Kennt- mittelte Röbbig eine Viel- K U N S T
nisse zur Geschichte des Por- zahl an Leihgaben aus Pri-
zellans weitergeben», sagt vatsammlungen und den K A B I N E T T
Ulrich Pietsch. Kunsthandel Kontakt zu Sponsoren.
auf höchstem Niveau kann Gegenwärtig entsteht
heute nicht mehr ohne wis- eine umfassende Gemein- S T R E H L E R
senschaftliches Engagement schaftspublikation unter
betrieben werden. Dafür ist dem Titel »Invention und
nun Pietsch zuständig: »Die Vollendung. Kunstwerke 4 0 J A H R E
kaufmännische Seite obliegt des 18. Jahrhunderts«, die in
selbstverständlich weiterhin Kürze bei der Arnoldschen 1 9 7 5 - 2 0 1 5
Alfredo Reyes. Ich bin der Verlagsanstalt in Stuttgart
Bild: privat

Mann im Hintergrund, der erscheint. Auf der Maas-


Experte bei Einkäufen und trichter Tefaf gehört Röb-
Berater der Sammler.« Darü- big längst zu den wichtigs-
ber hinaus nimmt Pietsch ten Ausstellern. 2015 hat
an den offiziellen Aktivitä- sich die Firma darüber
ten der Kunsthandlung teil. hinaus erstmals gegen den
Seit rund 25 Jahren Heimat- und Messestandort
besteht ein wissenschaftli- München und für die
cher und immer engerer Armory Show in New York
freundschaftlicher Kontakt, entschieden. »Der Markt
der sich in einer Reihe hat sich verändert. Das
erfolgreicher Ausstellungen Interesse der Porzellan-
und Kataloge niedergeschla- sammler ist noch interna-
tionaler geworden. Wir
haben auch China im
Blick«, erklärt Alfredo Rey-
es. Im Rahmen des Euro­ Original altkolorierter Kupferstich von Baptise Monnoyer le
pean Centennial Family vieux aus „Livres de plusieurs Vaze de Fleur“, 48 x 37cm

Forum hat Ulrich Pietsch,


der seit 2011 auch als Hono- Ihr Antiquariat für hochwertige
rarprofessor an der Techni- dekorative Graphik aus fünf Jahrhunderten
schen Universität Dresden
lehrt, als Senior Consultant Hermelinweg 7
D - 71063 Sindelfingen
von Röbbig einen Vortrag
in Schanghai gehalten. Im Tel: 07031 / 70 88 20
kommenden Herbst nimmt Mobil: 0170 / 35 66 511
www.strehler.com
das Münchner Haus zudem Kunsthändlerverband
Deutschland info@kunstkabinett-strehler.de
Fast drei Jahrzehnte hat an der 28. Biennale des
Ulrich Pietsch an den Antiquaires in Paris teil. Wir freuen uns auf Ihren Besuch

Dresdner Kunstsammlun- Pietsch vertritt dort die Antik und Kunst 14.-17. Jan 2016 www.Messe-Sindelfingen.de
Stuttgarter-Antiquariatsmesse 29.-31. Jan 2016
gen gewirkt. Nun berät er kunstwissenschaftliche www.Stuttgarter-Antiquariatsmesse.de
das Traditionshaus Röbbig Komponente.  GLORIA EHRET
W E LT K U N S T

STILKUNDE Nº 10 2

Anamorphosen

Bild: Hans Holbein

VON
G L OR I A E H R E T

N
ur aus einem bestimmten gia universalis naturae et artis« auf. Aus dem schen 1490 und 1540 setzten sich Künstler der
Blickwinkel ist der große ver­ Griechischen abgeleitet, bezeichnet er eine Renaissance mit den Problemen der Perspek­
zerrte Totenschädel in seinen absichtlich nach den Gesetzen der Perspekti­ tive auseinander. Damit ging die Erfindung
richtigen Proportionen zu er­ ve verzerrte Darstellung, die nur unter einem der Anamorphose einher.
kennen, der im Vordergrund der »Gesand­ speziellen Blickwinkel (Längsanamorpho­ Hat Leonardos Skizze eines verzerrten
ten« über dem Steinboden schwebt. Hans sen) beziehungsweise mithilfe besonderer Kinderkopfes eher experimentellen Charakter,
Holbein d. J. hat dieses Gemälde 1533 datiert. Spiegel (katroptische Anamorphosen) oder so erfüllt Holbeins Totenkopf auf dem Ge­
Über ein Jahrhundert später taucht der Be­ eines Prismensystems (dioptrische Anamor­ sandtenporträt höchste künstlerische Ansprü­
griff »Anamorphose« erstmals in Caspar phosen) zu verstehen ist. Ob Leonardo da che. Selbst in die Literatur fanden die ver­
Schotts 1657 in Würzburg erschienener »Ma­ Vinci, Albrecht Dürer oder Holbein – zwi­ schlüsselten Perspektivbilder Eingang, wie in

96
Shakespeares Drama »König Richard II.«
nachzulesen ist. Georg Füsslin und Ewald
Hentze zeigen in ihrem 1999 erschienenen
Buch »Anamorphosen« einen Stich von Hans
Tröschel, um 1625, der eine Gruppe Satyrn
beim Betrachten einer Zylinder­ana­mor­pho­se
schildert und auf ein Gemälde Simon Vouets
zurückgeht. Da es solche schon um 1580 in
China gegeben haben soll – lange bevor sie
in Europa bekannt wurden –, könnte Vouet,
der zur Entourage des französischen Botschaf-
ters in Konstantinopel gehörte, ihre Kennt-
nis von dort mit nach Hause gebracht haben.
Bilder: Galerie Bassenge, Berlin; Sinar Back/Staatliche Kunstsammlungen Dresden; Germanisches Nationalmuseum Nürnberg; Christoph Vohler, München

Dürers Holzschnitt mit dem »Perspek-


tivapparat« von 1525 taucht rund einhundert
Jahre später als Möbeleinlage aus graviertem
Silber an dem Gustav-Adolf-Kunstschrank
auf, den der Augsburger Rat für den schwe-
dischen König in Auftrag gab und der sich
heute in Uppsala befindet. Zudem enthält
die Ausstattung des Kunstschrankes eine Zy-
linder-Spiegelanamorphose mit der Darstel-
lung eines Kavaliers in Öl auf Kupfer.
Das 17. Jahrhundert erlebte einen euro-
paweiten Boom dieser Augenspiele, sowohl
was die optischen Spielereien selbst betraf als
auch Publikationen zum Thema. So haben
Athanasius Kircher, Kaspar Schott oder
Georg Philipp Harsdorfer die optischen Phä- 1 Ein Elefant von J. F. Leopold aus dem
nomene populärwissenschaftlich aufbereitet, 18. Jh. (Galerie Bassenge, Berlin) 2 Der
und Jean-François Niceron lieferte 1646 in Pa- anonyme Zeichner, 17. Jh., zeigt Satyrn mit
ris Konstruktionszeichnungen für eine Pyra- einer Spiegelanamorphose (Dresdner Kup-
miden- beziehungsweise eine Konusanamor- ferstichkabinett) 3 Kegelspiegel auf einer
phose zum Falten. Im 18. Jahrhundert Grafik von J. M. Burucker (um 1800), im
Germanischen Nationalmuseum Li. Seite:
avancierte Augsburg, die Stadt der Instru-
H. Holbein in der National Gallery, London
mentenbauer, Kupferstecher und Grafikver-
lage, zu einem führenden Zentrum der Her-
stellung von Anamorphosen, denen Thomas Druckmethoden in hohen Auflagen für ein
Eser sich wiederholt ausführlich gewidmet breites Publikum. Der Nürnberger Stecher Jo-
hat. Das Themenspektrum reicht von beleh- hann Michael Burucker brachte um 1800 tech-
rend bis belustigend und ist mit religiösen, nisch und handwerklich gekonnte, jedoch
mythologischen, historischen, volkstümli- künstlerisch anspruchslose Konusanamor-
chen oder karikierenden Sujets ebenso breit phosen auf den Markt. 1814 annoncierte der
gefächert wie das künstlerische Niveau. Frankfurter Kunstverlag G. V. Albert »Opti-
Um 1720 entwickelten sich Spiegelana- sche illuminierte Kupferstiche in Form eines
morphosen dank ihrer kommerziellen Her- und Nachfolger Christoph Kaspar Höschel, Kegels, welche verzerrte Figuren vorstellen,
stellung rasch zu den beliebtesten optischen von dem das Germanische Nationalmuseum die aber regelmäßig erscheinen, wenn man sie
Bildbelustigungen. Eine Serie mit Tierdarstel- Entwürfe für Pyramiden-Spiegelanamorpho- aus einem gewissen Punkt betrachtet«. Und
lungen des Nürnbergers Christoph Weigel sen besitzt. der Nürnberger Spielwarenhändler Bestelmei-
bereicherte Joseph Friedrich Leopold in Die Liste der Hersteller ist lang. Dazu er bewarb in seinen Verkaufskatalogen diop-
Augsburg um Elefant und Raubkatze. Gerät gehören der experimentierfreudige Univer- trische Anamorphosen, etwa gleichzeitig wur-
und Grafik wurden immer gemeinsam ange- salhandwerker Daniel Volkert oder der Gra- den solche in Großbritannien als ganzer Satz
boten, denn sie mussten ja exakt aufeinander fiker Elias Baeck. Originell sind Ansichten mitsamt der Betrachtungsapparatur, einem
abgestimmt sein. Als Entwerfer und Verleger des Augsburger Rathauses und der Stadtbe- eleganten Holzkasten mit schöner Maserung,
betätigten sich Mathematiker, Architekten, festigung von Johann Thomas Kraus. Chris- angeboten. Als Kinderspielzeug haben Ana-
Kupferstecher, Bildhauer und Hersteller op- tian Heinrich Weng wird die anspruchsvolls- morphosen bis heute überlebt. ×
tischer Geräte. Georg Friedrich Brander, der te Augsburger Serie mit großformatigen
Laboratorien, Sternwarten und physikalische mythologischen Szenen, teils nach Annibale Gloria Ehret ist Herausgeberin
Kabinette belieferte, bot zwischen 1750 und Carraccis römischen Deckenfresken im Pa- der WELTKUNST,
1780 zu seinen hochpreisigen Fernrohren und lazzo Farnese, um 1600, zugeschrieben. Im für die sie seit 1986 ar­beitet.
Präzisionswaagen auch solche Augenspiele als 19. Jahrhundert entstanden Anamorphosen Ihre erste Stilkunde
Kuriosum an, ebenso wie sein Schwiegersohn nach mechanisierten Reproduktions- und erschien im April 2008

97
AG E N DA

AUKTIONEN

Bild: Nagel, Stuttgart


Besonders im Gedächtnis geblieben ist die Zum Ersten: 1965 übernahm Gert K. Nagel das
Versteigerung von Spitzweg-Gemälden. Des- Geschäft seines Vaters und gab sein Debüt als
Museen, aufgepasst! sen »Blumenfreund« konnte der Auktionator Auktionator auf Schloss Adelsheim in Baden
für über eine Million Mark zuschlagen.
Nagel versteigert die Sammlung
Nagel engagierte sich aber auch außer- ausgestattet, ist sie mit einem überaus mode-
seines ehemaligen Inhabers halb des Hauses für die Kunst. Er ist Verfas- raten Schätzpreis von 5000 Euro versehen.
ser zahlreicher kunstgeschichtlicher Sachbü- Jean-Baptiste Hédouins qualitativ hochwer-
Er ist ein Kunstliebhaber par excellence: Gert cher wie des Schwäbischen Künstlerlexikons. tige Möbel aus seiner Pariser Werkstatt in der
K. Nagel hat über viele Jahre eine ebenso viel- Und so mancher mag ihn aus der Fernsehsen- Rue Traversière-Saint-Antoine sind nahezu
seitige wie qualitativ hochwertige Kollektion dung »Kunst und Krempel« kennen, wo er ausschließlich im Stil des Louis XV angefer-
mit Schwerpunkt Fayencen, Porzellanen, als Kunstsachverständiger auftrat. Von 2002 tigt worden. Seine Arbeit als Ebenist des
Möbeln, Gemälden und Sammlerteppichen bis 2009 führte er gar ein eigenes Sammler- 18. Jahrhunderts ist durch Aufträge für den
zusammengetragen. Dabei ging es ihm stets museum in Kornwestheim bei Stuttgart. berühmten Marchand-Mercier Migeon do-
mehr um den kunst- und kulturgeschichtli- Für die Versteigerung seiner Sammlung kumentiert.
chen Hintergrund eines Stückes denn um hat sich Nagel bereit erklärt, die Überfüh- Bei den Gemälden überwiegen süd-
dessen monetären Wert. In einer Sonderauk- rung seiner musealen Kunstschätze in öffent- deutsche Künstler des 19. Jahrhunderts wie
tion zum 80. Geburtstag des ehemaligen In- liche Sammlungen und Museen in Form ei- Heinrich von Zügel, Christian Friedrich
habers des Auktionshauses Nagel in Stutt- ner großzügigen Finanzierungsspende zu Mali oder Friedrich von Keller, aber auch ein
gart kommen nun rund 2000 Kostbarkeiten unterstützen. Gegen Ausstellung einer ent- Jahreszeitenzyklus aus der Nachfolge von
aus dessen privater Sammlung zum Aufruf. sprechenden Spendenbescheinigung werden Jacopo Bassano ist im Angebot. Komposito-
Nagel, der 1935 als Sohn des Mannhei- die kompletten Zuschlagspreise bis zum risch sehr reizvoll erscheint ein mythologi-
mer Kunsthändlers Fritz Nagel geboren wur- jeweiligen Katalogpreis der aufgerufenen sches Bild der flämischen Schule, das Ende
de, studierte an der Staatlichen Akademie in Objekte von ihm übernommen. Bezahlen des 16. Jahrhunderts entstand. Es zeigt die
Stuttgart und absolvierte dann eine Ausbil- müssen Museen lediglich noch etwaige Stei- neun Musen und die Bestrafung König Mi-
dung zum Restaurator. 1965 übernahm er gerungen sowie die Provision des Auktions- das nach dem Wettstreit zwischen Pan und
von seinem Vater das 1949 in Stuttgart neu hauses. Herausragend in der Offerte ist eine Apollo (Taxe 6000 Euro).  MARTIN MIERSCH
angesiedelte Auktionshaus und leitete das prächtige vierschübige Louis-XV-Kommode,
Unternehmen, das er zu einem der führen- gestempelt »Ib Hedouin«. Entstanden um Nagel Auktionen, Stuttgart, Sonderauktion der
den Häuser Deutschlands ausbaute, bis 1990. 1740 bis 1750 und mit reichem Bronzezierrat Sammlung Gert K. Nagel, 27./28. Januar

98
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BRUSSELS
O N E O F T H E M O S T I N S P I R I N G FA I R S I N T H E W O R L D
AUKTIONEN
Thomas Gainsboroughs frei ter ihr steht ihr Bruder Paul, der
gemalter »Blue Page«, um 1770, kleinere Jean versteckt sich, tief
(Taxe 3 bis 4 Mio. Dollar), der in einen Sessel vergraben, hin­
lange als Skizze für seinen ter einem roten Buch. Und mit
berühmten »Blue Boy« galt, welchem Gusto spielt Matisse
jetzt aber später datiert wird. hier Farben und Muster aus: mit
Einen Tag später wartet Sot­ der großblumigen roten Tapete,
heby’s sogar mit einer Abend­ den schwarz-weißen Streifen
auktion »Master Paintings« auf. der Bubenkittel, dem Karo im
Sie ist rund um Orazio Gentile­ Sessel, dem blauen Kleid von
schis großes, dramatisch ausge­ Henriette, seiner begabtesten
leuchtetes Barockgemälde der Muse in den Nizzajahren von
1 »Danae« (1621), die von Jupiter 1920 bis 1927. Diese Szene von
in Form eines Goldregens 1923, die frühere Motive mit sei­
ALTE MEISTER IN NEW YORK besucht wird, arrangiert. Der nen eigenen Kindern spiegelt,
Christie’s, 27. Januar New Yorker Händler Richard wird jetzt bei Sotheby’s auf 3
Sotheby’s, 27./28. Januar Feigen lieferte ein und erwartet 12 bis 18 Mio. Pfund taxiert.
25 bis 35 Millionen Dollar. Über Bei Christie’s setzt man auf TRIBAL ART
Christie’s »kuratierte« Verpa­ die vergangenen beiden Jahre die Zugkraft und die Markt­

Bilder: Christie’s New York; Sotheby’s/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Lempertz, Brüssel
Lempertz,
ckung, die für die Modernen im hatte er das Bild ans Metropoli­ frische von Cézannes »Ferme en Brüssel, 26. Januar
Frühjahr und Herbst 2015 so tan Museum of Art geliehen. Normandie« von 1882 (Taxe
schön funktionierte, wird im Dazu steuert eine römische 4,5 bis 6,5 Mio. Pfund). Der Der Januar steht bei Lempertz
Januar auch bei Altmeister­ Sammlung 35 italienische Vedu­ Maler schildert hier einen licht­ traditionell im Zeichen der
gemälden angewandt. Sie wan­ ten und Porträts aus der Zeit flimmernden Blick durch fri­ afrikanischen und ozeanischen
dern vom angestammten der Grand Tour bei. sches Grün auf den Landsitz Kunst. In der Brüsseler Depen­
Auktionsplatz in einen Katego­  BARBARA KUTSCHER von Victor Chocquet, seinem dance kommt ein seltenes
rienmix aus Antiken, Skulptu­ damals wichtigsten Mäzen. Schild mit stilisierten Tiermoti­
ren und dekorativer Kunst Mit­ Als sein großformatigstes Staffe­ ven aus Sissano an der Nord­
te April. »Classic Art Week« IMPRESSIONISMUS UND leigemälde überhaupt wird Juan küste Papua Neuguineas zum
nennt sich das und findet unter MODERNE IN LONDON Gris’ melancholischer »Pierrot Aufruf, eine Gegend, die einst
dem Thema »Revolution« statt. Christie’s, 2. Februar mit Gitarre« von 1929 angeprie­ zur deutschen Kolonie gehörte
Aber so ganz mag Christie’s die Sotheby’s, 3. Februar sen. Das beliebte Motiv des Spa­ und 1998 schwer vom Erdbeben
Altmeisterwoche nicht verlas­ niers ist nun auf 800 000 bis 1,2 verwüstet wurde. Das Objekt
sen und bietet weiterhin Zeich­ Sie beide liebten Musik: Henri Mio. Pfund geschätzt. Zwei Jah­ stammt aus der Sammlung der
nungen an. Das harmoniert gut Matisse, der Maler, und die jun­ re früher malte Max Beckmann, belgischen Fotografenlegende
mit der 10. Master Drawings ge Ballerina Henriette Darri­ damals auf dem Höhepunkt Martien Coppens (Taxe 7000 bis
Week (23. bis 30. Januar). Zu carrere. Sie war eine exzellente seines Ruhms, ein Rosenstill­ 9000 Euro).
den Höhepunkten gehört Jean- Geigerin, hier aber platziert sie leben, das jetzt zu 500 000 bis Flankiert wird das Los von
Antoine Watteaus Kreideporträt der Künstler in seinem Studio 800 000 Pfund erblühen soll. einer größeren Gruppe von
seines Freundes und Malerkolle­ kerzengerade ans Klavier. Hin­  HEIDI BÜRKLIN Waffen: Keulen, Paddeln, zwei
gen Nicolas Vleughels, Direktor speerförmigen, im Nahkampf
der Academie de France à genutzten Maori taiaha (Taxe
Rome, der seine Geige stimmt 2000 bis 3000 Euro) sowie einer
(Taxe 120 000 bis 180 000 Dollar). adze-Axt aus Neukaledonien,
Marktführer Sotheby’s tritt die ehemals zur Sammlung des
dafür besonders stark auf. Engländers James Hooper
Zuerst wird die seit den frühen gehörte, der in den 1950er-Jah­
1980ern angelegte große Alt­ ren sein Wohnhaus in Sussex in
meistersammlung Alfred Taub­

mans zerschlagen. Sie reicht
1 Jean-Antoine Watteau, »Porträt
von der italienischen Renais­
von Nicolas Vleughels«, Kreide/
sance – hier sticht Raffaels win­ Papier, 24,5 x 18,9 cm, Christie’s, New
ziges Tondo, das einen Durch­ York, Taxe 120 000 bis 180 000 Euro
messer von nur knapp 13 cm 2 Henri Matisse, »Enfants au piano«,
hat, mit dem Porträt seines 1923, Sotheby’s ,Taxe 12 bis
Freundes Valerio Belli von 1517 18 Mio. Euro
(Taxe 2 bis 3 Mio. Dollar) heraus 3 Nkanu-Panel, Süd-Kongo,
– über barocke Gemälde bis ins H. 112 cm, Lempertz, Brüssel, Taxe
2
19. Jahrhundert. Schön ist auch 10 000 bis 15 000 Euro

100
Sonderauktion
Sammlung Gert K. Nagel
anlässlich seines 80. Geburtstages

Sowie „Zinn aus Württemberg - Sammlung Burkhardt u.a.“

731 | Kunst & Antiquitäten / Sammlerteppiche


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Bayreuth, um 1750, H. 36 cm | Neunteiliges Salonameublement, Johannes Klinkerfuß, Stuttgart, 1. Drittel 19. Jh.
(Detail): Eduard von Grützner (1846-1925), Bruder Schneider, 1873, Öl/Lwd., 49 x 39, 5 cm

Seit 1922 Alte und Neue Kunst

Nagel Auktionen GmbH & Co. KG | Neckarstraße 189 – 191 | 70190 Stuttgart | Postfach 103554 | 70030 Stuttgart
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AUKTIONEN
ein seinerzeit berühmtes Totem- auf 1500 bis 18000 Euro
museum verwandelt hatte. Im geschätzt sind.
afrikanischen Teil der Auktion Beim herkömmlichen inter-
dürfte eine feine Zande-Harfe nationalen Design wartet ein
mit elegantem Kopfende aus Armlehnsessel mit Ottoman
dem Norden des Kongo viel von Grete Jalk aus dem Jahr
Anklang finden (Taxe 5000 bis 1964 zum Schätzpreis von 3000
8000 Euro). Mit einer Taxe von bis 4000 Euro auf Liebhaber.
20 000 bis 25 000 Euro markiert Aus dem Nachlass von Günther
ein Luba-Stuhl, der von einer Förg stammen zwei Clubsessel
Frauenfigur gehalten wird und 2
(1930) mit auberginefarbenem
aus der Sammlung des belgi- Lederbezug von Jean-Michel
schen Künstlers Jean Willy Mes- ter Nautiquitäten: Theodoliten, DESIGN UND MURANOGLAS Frank und Adolphe Chanaux
tach (1926–2014) stammt, die Chronometer, Sextanten, Quittenbaum, (Taxe 2800 bis 3200). Gewohnt
preisliche Spitze. Mikroskope, Kompasse und München, 23. bis 25. Februar qualitätvoll ist außerdem das
Rituellen Zauber strahlt das ähnliche Navigationshilfen, Angebot an Muranoglas.
farbig bemalte, 112 cm hohe nicht zuletzt auch mehrere Olivier Mourgues futuristische  SUSANNE LUX
Nkanu- oder Initiationspanel Segelschiffsmodelle, deren Taxe Djinn-Möbelserie, aus der das
aus, das mit reliefartigen im Schnitt bei 300 bis 400 Euro mit rotem Kunstleder bezogene
Schlangen und Schildkröten liegen. Bei dem Konvolut han- Zweifersofa (1965) stammt, wur- KUNST UND ANTIQUITÄTEN
verziert ist (10 000 bis 15 000 Euro) delt es sich um das in diesem de durch Stanley Kubricks »2001 Kühling,
und von einem Missionar in Jahr übernommene, mehr als – Odyssee im Weltraum« 1968 Kempten, 15./16. Januar
den 1950er-Jahren gesammelt 100 Objekte umfassende Inven- bekannt. Das organisch geform-

Bilder: Van Ham, Köln; Quittenbaum, München


wurde. Beheimatet im Süden des tar des ehemaligen Captain’s te Sitzmöbel des französischen Die intensive Farbigkeit der
Kongo, dienten die Panels als Saloon in München, einem Tra- Designers, der auch Autoaus- Gemälde von Paul Aizpiri las-
Wandschmuck einer Kikaku- ditionsgeschäft, das über mehr stattungen für Renault entwarf sen seine Arbeiten immer wie-
Hütte während der den Eintritt als 30 Jahre den Ruf als eines und noch heute in Paris lebt, ist der zum Blickfang werden. Ein
ins Erwachsenenalter markie- der renommiertesten Handels- ein Highlight der Offerte bei besonders ansprechendes Werk
renden Beschneidungszeremo- häuser von nautischen Objekten Quittenbaum. Das Möbelstück des französischen Malers und
nie.  FRANK MAIER-SOLGK innehatte. aus Polyurethanschaumstoff auf Lithografen mit baskischen
Zwei Sammlungsverkäufe Stahlrohrrahmen stammt aus Wurzeln bietet nun das Allgäu-
finden im Januar ebenfalls eine dem Besitz einer Filmausstatte- er Auktionshaus Kühling in sei-
Fortsetzung. Unter den rund 40 rin und ist auf 3000 bis 4000 ner Januarauktion an. Das
1 Fayencen und Keramiken der Euro taxiert. In der Auktion Ölbild »Blumenstrauß mit
Sammlung Boretius fallen ein »Design meets Movie« sind Vogel in Vase« zeigt vor knallro-
kleines Deckelgefäß mit plasti- etwa 100 Designraritäten aus tem Hintergrund eine Blumen-
schen Blüten aus Hannoversch- berühmten Hollywoodfilmen vase mit weißen, blauen und
Münden (Taxe 500 bis 700 Euro) zu entdecken. roten exotisch wirkenden Blü-
sowie ein Schreibzeug mit Blu- Bei James-Bond-Fans dürfte ten. Auf einem Blütenzweig
mendekor aus dem 18. Jahrhun- Bodil Kjærs 1959 entworfener sitzt ein türkisfarbener Vogel.
dert (Taxe 300 bis 500 Euro) auf. Schreibtisch begehrt sein, der in Die großformatige Arbeit ist in
Auch der zweite Teil des Nach- den Filmen »You Only Live Spachteltechnik ausgeführt und
lasses des Malers und Münchner Twice« und »From Russia with zeigt deutlich Aizpiris Nähe
Akademiedirektors Carl von Love« zu sehen war. Das Haus zum Fauvismus. Sie wird zu
DEKORATIVE KUNST Marr, Papierarbeiten und Teile erwartet dafür 12 000 bis 15 000 einem Limitpreis von 4000
Van Ham, des Inventars aus der Villa Mes- Euro. Leuchten von Louis Kalff Euro aufgerufen.
Köln, 26./27. Januar serschmitt, kommt zum Aufruf. sind bei »Mad Men« im Hinter- In der großen Gemälde­
Wie ein großer kristalliner grund. Quittenbaum kann offerte sticht auch das Werk
Die romantische Welt alter Stern nimmt sich im Schmuck- davon gleich mehrere anbieten, »Jupiter und Io« hervor, das
Segelschiffe, die solide Eleganz bereich eine Aquamarin-Dia- wie die beiden Modelle »Z«, die Matthäus Gundelach (um
teakholzverkleideter Kajüten mantbrosche aus, die um 1880 1566–1654) zugeschrieben wird.

mit nautischen Instrumenten in Russland entstand und auf Das zum Limit von 1800 Euro
1 Deckelgefäß mit plastischen
aus glänzendem Chrom und 3000 bis 3500 Euro taxiert wird. angebotene Ölgemälde zeigt Io
Blüten, Hannoversch-Münden,
Messing wecken nicht nur unter Ein Opal-Diamant-Collier wird und Jupiter, der sich in eine
18. Jh., Van Ham, Köln, Taxe 500
Seglern Fernwehgefühle. Van für 900 Euro aufgerufen, wäh- bis 700 Euro Wolke verwandelt hat, um sich
Ham versteigert in seiner Aukti- rend die Uhren eine gelb-golde- vor der eifersüchtigen Juno zu
2 Olivier Mourgue, Ariborne
on mit dekorativer Kunst Ende ne Quartz-Uhr von Piaget (Taxe Montreuil-sous-Bois, Zweiersofa ver­bergen. Daneben kommen
Januar zum ersten Mal eine aus- 900 Euro) anführt. »Djinn«, 1965, Quittenbaum, bei Kühling Skulpturen, religiö-
gesuchte Sammlung sogenann-  FRANK MAIER-SOLGK München, Taxe 3000 bis 4000 Euro se Kunst, Porzellan, Schmuck,

102
Berlin-Auktion 2016
am 4. Februar im Estrel Hotel Berlin

KURFÜRSTENTUM BAYERN
Maximilian I. (IV.) Joseph, 1799 - 1806 - 1825. Konv.-Taler 1802.
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KÖNIGREICH FRANKREICH
Consulat, 1799 - 1804. 5 Francs AN 10 (1801/1802) A, Paris.
Von allergrößter Seltenheit, einziges bekanntes Exemplar in
Privatbesitz. Prachtexemplar, fast Stempelglanz.

KURFÜRSTENTUM SACHSEN
Friedrich August I., 1694 - 1733 (August der Starke). Reichstaler o. J. (1705),
Dresden. Von großer Seltenheit. Kabinettstück mit prachtvoller Patina, fast
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Berlin-Auktion 2016
Deutsche Münzen und Medaillen KAISERREICH RUSSLAND
Elisabeth, 1741 - 1761. Rubel 1757, St. Petersburg.
Europäische Münzen und Medaillen Von großer Seltenheit. Prachtexemplar, fast Stempelglanz.

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Carl Laszlo. Die Sammlung
enthält Andy Warhols »Index
Book« von 1967 in der sehr
seltenen Vorzugsausgabe mit
eigenhändiger Widmung von
Andy Warhol für Carl Laszlo. 3
Das Cover ziert ein in Schwarz
und Silber gedrucktes Gruppen­ wertige Münzen und Medaillen
foto. Im Inneren befinden aus Altdeutschland, einge­
sich ausklappbare Bilder und schlossen Prägungen der Habs­
herausnehmbare Objekte (Taxe burger, und dem Ausland. Es
1500 Euro). sind Raritäten in Fülle, die für
Das legendäre Fotobuch eine Einstufung als »nationales
»Photo und Publizität« von Kulturgut« in Betracht kämen.
József Pécsi erschien 1930 in Als Beispiel sei eine soge­
1
kleiner Auflage und ist eines der nannte Salzburger Turmprä­
ersten, die sich mit Fotomon­ gung des Fürstbischofs Wolf
Glas- und Silberobjekte sowie mal verlief die Fahrt glücklicher, tage für Werbezwecke beschäf­ Dietrich von Raitenau zu
Möbel zum Aufruf. Unter Letz­ und d’Urville entdeckte das auf tigen. Pécsi hatte in München zwölf Dukaten von 1594 heraus­
teren ist ein Schrägklappen­ dem antarktischen Kontinent studiert und schon früh in gegriffen (Taxe 75 000 Euro).
sekretär mit Vitrinenaufsatz aus liegende und seither von Frank­ Budapest ein eigenes Studio Das prächtige Goldstück zeigt

Bilder: Kühling, Kempten; Nosbüsch & Stucke, Berlin; Künker, Berlin


Kirschbaum zu finden, der um reich beanspruchte Adelieland, gegründet (Taxe 3000 Euro). In auf dem Avers das vierfeldige
1800 gefertigt wurde (Limit wo heute noch eine Forschungs­ der modernen Kunst finden sich Familienwappen des Kirchen­
4000 Euro).  SUSANNE LUX station seinen Namen trägt. ein fast drei Meter langer Chro­ fürsten, der einer der entschie­
Für seine Verdienste wurde mogendruck des Kölner Doms densten Protagonisten der
d’Urville schließlich zum Kon­ von Roland Fischer (Taxe 2000 Gegenreformation war und
BÜCHER teradmiral befördert. Euro) und Arbeiten von Ger­ durch die Verfolgung und Ver­
Nosbüsch & Stucke, Seine »Voyage au Pôle Sud et hard Richter.  MARTIN MIERSCH treibung seiner am Luthertum
Berlin, 23. Januar dans l’Océanie« erschien 1841 festhaltenden Landeskinder
bis 1855 in 23 Bänden in Paris. unrühmlich in die Geschichte
Er sei stolz, exzentrisch, ehrgei­ Diese gesuchte Zimelie der Rei­ MÜNZEN eingegangen ist.
zig, überaus gelehrt und ein seliteratur ist bei Nosbüsch & Künker, Auf dem Revers ist das Bild
begnadeter Navigator. So wurde Stucke mit einem – angesichts Berlin, 4. Februar eines Turmes inmitten einer
Jules Sebastien Dumont d’Urville der Bedeutung der Publikation von Stürmen aus allen Him­
von seinen Zeitgenossen – durchaus angemessenen Wenn Künker in Berlin die melsrichtungen aufgewühlten
beschrieben. 1837 bis 1840 wagte 271. Münzauktion durchführt, See zu sehen. Es verdeutlicht
er sich mit den Schiffen »Astro­ wird es vielleicht das letzte zusammen mit der Legende »In
labe« und »Zelée« im Auftrag Mal sein, dass Münzfreunde aus domino sperans non infirmabor
des französischen Königs Louis- aller Welt problemlos numis­ – Auf Gott hoffend werde ich
Philippe auf eine Forschungs­ matische Raritäten bei einem nicht wanken« die Entschlos­
reise in die Antarktis. Die Fahrt deutschen Auktionshaus erwer­ senheit des Münzherrn, auf sei­
sollte zum Südpol gehen, ben können. Sollte man sich in nem Territorium die römische
»soweit wie das Eis es erlaubt« – Berlin nicht doch noch ange­ Kirche gegen jegliche reforma­
so der Auftrag des Königs. Am sichts der immer zahlreicher torische Bestrebungen zu vertei­
7. September 1837 stachen die und heftiger werdenden Protes­ digen.  HARTMUT KREUTZER
beiden Schiffe in See. te aus unterschiedlichsten Rich­
Die Fahrt zum Südpol ver­ tungen eines Besseren besinnen, 
lief nicht sehr glücklich, so wird nach Inkrafttreten des 1 Matthäus Gundelach zugeschr.,
erkrankte die halbe Besatzung neuen Kulturgutschutzgesetzes »Jupiter und Io«, Öl/Holz,
an Skorbut, und nachdem es die vom nächsten Jahr an für jede 29 x 37,5 cm, Kühling, Kempten,
Limit 1800 Euro
beiden Schiffe mit letzter Kraft 2 Ausfuhr einer Münze, auch
zurück nach Chile geschafft innerhalb der EU, eine Ausfuhr­ 2 Jules Sebastien Dumont d‘Urville,
»Voyage au Pôle Sud et dans
hatten, desertierten viele Besat­ Schätzpreis von 80 000 Euro ver­ genehmigung erforderlich sein.
l‘Océanie«, 1841–1855, in 23 Bänden,
zungsmitglieder. Im nächsten sehen. Ein Schwerpunkt der Diese kann verweigert werden, Paris, Nosbüsch & Stucke, Berlin,
Winter startete d’Urville den Auktion ist die Versteigerung wenn das Stück als »nationales Taxe 80 000 Euro
zweiten Versuch, zur Antarktis der Bücher aus der Bibliothek Kulturgut« eingestuft wird. Im 3 Goldstück, Salzburger Turmprä-
vorzudringen, unter anderem in des 2013 verstorbenen unga­ Auktionsangebot finden sich gung, Fürstbischof Wolf Dietrich von
der Hoffnung, den magneti­ risch-schweizerischen Kunst­ bei Künker unter den mehr als Raitenau, 12 Dukaten, 1594, Künker,
schen Südpol zu finden. Dies­ händlers, Autors und Sammlers 900 Losen überwiegend hoch­ Berlin, Taxe 75 000 Euro

104
DR. FISCHER
KUNSTAUKTIONEN

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W E LT K U N S T

KUNSTSTÜCK Nº   6 0

VON
H A RT M U T B ÖH M E

Bild: Thomas Schütte/VG Bild-Kunst, Bonn 2015

Thomas Schütte,
»United Enemies«, 1993, Privatsammlung

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D
a stehen sie – aus Modellier- gewitzten, grübelnden, neugierigen, starren- die eigentümlichen Figurationen des oralen
masse geknetete Männchen den Gesichtern. Karikaturen sind sie alle. Systems einzuführen vermag, ja auch in die
auf Stelzbeinen, eingehüllt Die winzigen Köpfe hat er in Schwarzweiß politischen Bedingungen und Konflikte des
in grobe Sackkleider, die fotografiert und auf überlebensgroße Forma- Gesundheitssystems, in die Zwangsregulie-
wie Zwangsjacken in alten Irrenhäusern die te vergrößert. Unter dem ironischen Titel rungen und sozialen Symbiosen, die mit je-
Arme zur Bewegungslosigkeit verurteilen. »Innocenti« ist der Bilderfries in dreieinhalb nen Körperzonen verbunden sind, die etwa
Umgürtet und umschlungen bilden sie eine Metern Höhe angebracht, sodass der Be- als unser Gesicht, unser Mundraum, unsere
groteske Zwangsgemeinschaft behinderter trachter zu ihnen aufblicken muss. Der Ein- Zähne so selbstverständlich erscheinen, dass
Männer, die aus deformierten Gesichtern druck ist unheimlich, beängstigend und un- es einer distanzierten Position bedarf, um
hochnäsig ins Nichts, so der eine, oder ver- widerstehlich belustigend. Die Gesichter, die die biopolitischen Steuerungen, die wissen-
dutzt auf irgendetwas im Rechtsaußen bli- so gar nichts Unschuldiges zu haben schei- schaftlichen Verfahren und Techniken, die
cken, so der andere. In dessen Mantel steckt, nen, ähneln in ihrer entrückten Position ei- kulturellen Semantiken und künstlerischen
wie ein Schwert, eine Zahnbürste: Wie sollte ner Versammlung von Masken einer schau- Darstellungen zusammenzubringen, die sich
man sie gefesselt zum Einsatz bringen? Auf erlichen Macht. um Gesicht und Mundraum historisch ent-
den Kopf gestülpt ein weißer Eimer, mit ro- Doch das Dämonische löst sich, je län- wickelt haben.
tem Kreis markiert, eine Kokarde, die indes ger man verweilt, ins Groteske auf. Alle Köp- Das sind die Hintergründe, warum wir,
auch wie ein Rotkreuz auf einer Schwestern- fe wirken alterslos, von greisenhafter Ewig- die Herausgeber Beate Slominski, Bernd Kor-
haube wirkt. Nichts von alledem trifft wirk- daß und ich, mit den »United Enemies« kom-
lich zu; so ist es bei Thomas Schütte, der gern mentarlos ein Buch eröffnen, das prima facie
mit unseren Deutungen seinen Spott treibt. im Kunstraum fremdartig daherkommt:
So bleibt nur, sich seiner absurden Hu- Hochnäsig blickt die »Das Dentale. Faszination des oralen Systems
moreske zu überlassen, diesem Meister der in Wissenschaft und Kultur« (2015). Hier stel-
Fimo-Figürchen, die er mit seinen Fingern groteske Zwangsgemeinschaft len wir das fast völlig übersehene Funktions-
knetet, als sei er Kind und nicht ein großer
Künstler. Stets sind die Knetfiguren in Ge-
aus deformierten ensemble des Mundraums dar, dessen vielfäl-
tige Dimensionen bislang nur in der
wänder hüllt, die aus ihnen Gefesselte eines Gesichtern ins Nichts. Perspektive jeweils einzelner Wissenschaften
abgründigen Witzes machen. Das Gewitzte entwickelt wurden, sei es der Physiologie, der
in der Manier E. T. A. Hoffmanns lässt schrill Zahnmedizin, der Linguistik, der Psycho-
auflachen, aber dann bleibt das Rätsel, was analyse oder der Kunstgeschichte.
es denn zu lachen gibt. »United Enemies«? keit oder infantiler Regression. Die Wülste Der Mundraum ist eine Körperzone von
Will das sagen, dass Feinde eine groteske, im- und Verformungen beginnt man als Entstel- anthropologisch fundamentaler Bedeutung.
mobile, ja verkrüppelte und irrsinnige lungen der Macht zu lesen. Die Münder, stets Nicht nur zahnmedizinische, ethnologische
Zwangsgemeinschaft bilden, ob nun United geschlossen, verraten die mümmelnde Zahn- und folkloristische, evolutionsbiologische
Nations, United Kingdom, United States, losigkeit der Alten. Die Macht, die laut Elias und paläoanthropologische Dimensionen
United Domains? Feindschaften sind es, die Canetti von der glatten, kraftvoll-aggressiven finden Berücksichtigung, sondern auch die
aneinanderbinden und fesseln. Zahnreihe ausgeht, ist eingefallenen Wangen, Evolution des Gesichts, die Gesichts- und
Eine Zahnärztin schaut auf diese grotes- verschrumpften Mündern, faltigem Fett ge- Schädelchirurgie, die medizinische Ästhetik
ke Figuration und lacht kurz auf: »Ist doch wichen. Die Augen: verkniffen oder ausge- und die kulturelle Physiognomik des Ge-
klar, das ist der Inbegriff des Gesundheitssys- stochen, umrandet von Wülsten und schlaf- sichts. Höhlenforscher sind sie alle, diese
tems, Arzt und Patient als unselbstständige, fen Fleischsäcken. Der Eindruck des Bösen Künstler, Mediziner, Literaten, Evolutions-
reglementierte Zwangsgemeinschaft, Gefan- löst sich: eine Schwadron deformierter Män- biologen, Anthropologen, die sich hier ein
gene des staatlichen Systems!« Ist das so ab- nergesichter ohne die klassischen Attribute Stelldichein geben. Niemals zuvor wurde der
wegig? Handelt es sich womöglich um dege- auratischer Macht. Wenn dieser Fries die Ge- Mundraum derart intensiv zum Gegenstand
nerierte Vorfahren von Schüttes Skulptur sichter der Macht darstellt, dann ist er deren unseres Wissens, unserer Erfahrung, aber
»Vater Staat« (2010)? Hier schrumpft der radikale Dekonstruktion. Das Große wird eben auch des Auges gemacht: und deswegen
Künstler die Figur nicht ins Kleine, sondern wieder zum Kleinen, wovon es seinen Aus- spielen die Künste dabei eine so herausragen-
monumentalisiert sie. Aber auch von »Uni- gang nahm, den Knetfigürchen, »Innocenti« de Rolle. Wo Wissenschaftler und Künstler,
ted Enemies« gibt es eine überlebensgroße oder »United Enemies«. Das Lachen, das in die alle auch Patienten sind, sich derart auf
Variante in Bronze von 2011. der satirischen Groteske immer disponiert eine gemeinsame Reise in den Inner Space
Diese gewaltige, unnahbare Figur des ist, bleibt indes im Halse stecken. Hier sind begeben: da dürfen denn auch, selbstiro-
Staates hat Schütte öfter mit den greisen Ge- wir, die Betrachter in ihrer bedeutungslosen nisch, die Fimo-Figuren von Thomas Schütte
sichtern der Macht aus dem Zyklus »Inno- Normalität – und da sind sie, die Bewohner den Introitus zu einem Buch geben. Sind sie
centi« (1994) umgeben: einunddreißig kleine des politischen Narrenturms in ihrer bedeu- doch alle »United Enemies«. ×
Fimo-Figuren mit seltsam zerknautschten, tungslosen Monstrosität.
schrumpligen, entstellten, grimmigen, bö- Man ahnt, dass die Kunst nicht nur in Prof. Dr. Hartmut Böhme arbeitet derzeit in Wien
sen, verschlagenen, bedrohlichen, lächerli- die Formen und Gestalten des Gesichts, der am Internationalen Forschungszentrum Kultur-
chen, grinsenden, lauernden, echsenhaften, Mimik und der Masken, sondern ebenso in wissenschaften der Kunstuniversität Linz

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Dortmund   28.–30. 1. Sindelfingen Bundeskunsthalle: Japans Salzburg
Antik- und Sammlermarkt. ARTe. Messe  14.–17. 1. Liebe zum Impressionis- Museum der Moderne
Westfalenhallen   20./21. 2. Luxemburg Antik & Kunst. Messe mus von Monet bis Renoir. Mönchsberg: Carolee
Art & Antique Fair.   14.–17. 1.   Bis 21. 2. 2016 Schneemann.Bis 28. 2. 2016
Dresden Luxexpo   29. 1.–1. 2.
Künstlermesse Dresden. Stuttgart Erfurt Wien
Messe Dresden  8.–10. 1. Madrid Antiquariatsmesse. Haus Angermuseum: Jacob Galerie Gabriele Senn:
Internationale Sammler- ARCO Madrid. Messe des Württembergischen Samuel Beck. Max Schaffer.
börse. Messe   20./21. 2.   24.–28. 2. Kunstvereins  29.–31. 1.   Bis 17. 1. 2016  15. 1. 2016–5. 3. 2016

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VORSCHAU DEICHTOR
HALLEN
INTERNATIONALE KUNST
Die nächste Ausgabe UND FOTOGRAFIE
der weltkunst erscheint am HAMBURG
26. Januar 2016 WWW.DEICHTORHALLEN.DE

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STREAMLINES OZEANE, WELTHANDEL UND MIGRATION


4. DEZEMBER 2015 – 13. MÄRZ 2016
HALLE FÜR AKTUELLE KUNST
Bilder: Julian Salinas/Kunstmuseum Basel

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SARAH MOON NOW AND THEN


27. NOV. 2015 – 21. FEB. 2016
Basel, wir kommen! Die blühende HAUS DER PHOTOGRAPHIE

Kunststadt in der Schweiz hat die höchste


Museumsdichte der Welt. Gleich
vierzig Institutionen prunken mit ihren
Schätzen von der Antike bis zur
Gegenwart. Im Frühjahr wird mit dem
Neubau des Kunstmuseums (o.) ein
weiteres Highlight eröffnet. Wir stellen
Ihnen die Protagonisten der Basler
Kunstszene vor, wandeln auf den Spuren RAYMOND PETTIBON, UNTITLED (SELF-PORTRAIT WITH EYE-PATCH), 1998, (DETAIL)
© RAYMOND PETTIBON

von Hans Holbein bis Dieter Roth, RAYMOND PETTIBON HOMO AMERICANUS
28. FEBRUAR – 25. SEPTEMBER 2016
erinnern an den Kunsthistoriker Jacob SAMMLUNG FALCKENBERG
Burckhardt und bieten einen Überblick PARTNER DER DEICHTORHALLEN

über die wichtigsten Ausstellungen, KULTURPARTNER

Kulturereignisse und Messen im Jahr 2016.


DA S B I L D M E I N E S L E B E N S

Claus Kleber

Thomas Höpker: »Williamsburg«

Bilder: picture alliance/Frank May; Thomas Hoepker/Magnum Photos/Agentur Focus


Über meinem Schreibtisch hängt ein Foto Ich habe den 11. September sehr intensiv mit- Eine ähnliche Stimmung findet sich meiner
des Magnum-Fotografen Thomas Höpker. erlebt. Damals war ich Korrespondent in Wa- Meinung nach auch in »Williamsburg«. Das
Das Bild heißt »Williamsburg« und entstand shington, das Pentagon brannte lichterloh. Bild zeigt den Terroristen den ausgestreckten
gegen Mittag des 11. September 2001. Es zeigt 270 Menschen starben, gerade mal 10 Jog- Mittelfinger: Ja, es ist furchtbar, 2000 Men-
fünf junge Menschen an einer Mauer des gingminuten von mir entfernt. Die Nation schen sind tot. Aber acht Millionen gehen
East River, auf der anderen Seite des Flusses war in ihrem Kern getroffen. Der Schock da- morgen wieder zur Arbeit. Ja, die Türme des
sieht man die brennende Skyline von Man- rüber steckte mir lange tief in den Knochen, World Trade Centers liegen in Trümmern,
hattan. Die fünf wirken ganz entspannt, zu ich denke, bis heute verstehe ich die amerika- aber 98,5 Prozent der Skyline von Manhattan
den rauchenden Trümmern blickt niemand nischen Positionen zu vielen Fragen besser steht noch. Das Leben geht weiter, wir haben
von ihnen. Ohne den Rauch im Hintergrund als die deutschen Zuschauer, die diese Tragö- die bessere Idee, und diese Idee wird sich
sähe es aus wie ein idyllischer Nachmittag im die am Fernseher erlebt haben. durchsetzen. Diesen Optimismus habe ich
Park. Seit ich das Foto erstmals gesehen habe, Trotzdem bin ich an diesem Tag in dem mitgenommen aus diesem traumatischen
es war ein oder zwei Jahre nach den Anschlä- Glauben hinausgegangen, dass auch dieser Tag – und bis heute bewahren können. ×
gen, musste ich immer wieder daran denken. Terroranschlag letztlich ein lösbares Pro-
Vor rund zehn Jahren habe ich es gekauft. blem darstellt. Dass die Terroristen, diese Der Journalist Claus Kleber moderiert seit 2003 das
Höpker hat in diesem Bild die Emotionen zwölf Männer mit ihren Teppichmessern, es heute-journal im ZDF.
eingefangen, die mich an diesem Tag und an nicht schaffen, die Welt mit ihrer Brutalität
den Tagen danach bewegt haben. zum Schlechteren zu verändern. Aufgezeichnet von Jörg Böckem

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