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Unser Coverkünstler Christoph Niemann hat Wohnraum war in München schon immer lie in Kreuzberg und hängte es dort auf. Fo-
sich diesmal eines der beliebtesten deutschen ein umkämpftes Gut. tografisch dokumentiert wurde die Kunstak-
Gemälde zum Vorbild genommen, Carl Spitzweg hat vom armen Poeten drei tion von seiner zu diesem Zeitpunkt noch
Spitzwegs »Armer Poet« von 1839. Sein heuti- Fassungen gemalt. Wir zeigen hier das Bild unbekannten Freundin Marina Abramović.
ges Alter ego ist ein Hipster in reifem Alter, aus der Neuen Pinakothek in München, wo Damals kehrte das Bild am selben Tag ins
der es sich an einem Herbsttag mit seinem es 1887 durch eine Schenkung des Künstler- Museum zurück. Im September 1989 wurde
iPhone auf einer Bank im Englischen Garten neffen seine Heimat fand. Eine frühere Ver- es dann wirklich geraubt und ist bis heute
gemütlich gemacht hat. Der vom Erfolg un- sion befindet sich in einer Privatsammlung, nicht wieder aufgetaucht. Da der Raub in-
verwöhnte Poet hingegen liegt in einer arm- und die dritte gehört – eigentlich – der Berli- zwischen verjährt ist, geben die Berliner die
seligen Kammer zwischen Büchern auf dem ner Nationalgalerie. Allerdings ist das Berli- Hoffnung nicht auf, dass es eines Tages –
Boden. An der undichten Dachschräge hängt ner Bild seit geraumer Zeit verschwunden. straffrei – zurückgebracht wird.
ein Schirm, um ihn vor Regentropfen zu Schon einmal, 1976, war es von dem Künstler Fröhlicher geht es bei Christoph Nie-
schützen. Der Ofen ist aus, und er ist wohl ge- Ulay aus dem Schloss Charlottenburg ent- mann zu. Seine Ausstellung »Unterm Strich«
zwungen, seine Schriften zu verbrennen, führt worden. Ulay fuhr mit dem Bild zur im Museum für Angewandte Kunst in Wien
wenn er es warm haben will. Bezahlbarer Wohnung einer türkischen Gastarbeiterfami- läuft bis zum 27. Oktober. MATTHIAS EHLERT
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INHALT
Seite 90
38 Mayer of Munich
Künstler aus aller Welt lieben die
Mayer’sche Hofkunstanstalt wegen
ihres technischen Know-how
und der familiären Atmosphäre
Bilder: Brigantine 1900/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Robert Fischer; Matthias Kestel
50 Liberales Leuchten
Unter dem Prinzregenten Luitpold
erlebte München ab 1886 eine
künstlerische Blüte, von der die
Bayernmetropole bis heute zehrt
68 Oh, du Oberbayern!
Von Freising bis zum Tegernsee:
auf den Spuren der Künstler in
Münchens malerischem Umland
Seite 20
14 Nachrichten 80 Schwerelos im Schloss
NS-Dokumentationszentrum Internationale zeitgenössische Kunst
eröffnet, Gerhard-Richter- im beschaulichen Pörnbach
Schenkung für die Pinakothek,
Rudolf Neumeister wird 90,
Münchner Kunststadtplan
30 Geistige Nachbarn
Neues Licht auf die komplizierte
Seite 60
Freundschaft von Paul Klee und
Wassily Kandinsky wirft eine
Ausstellung im Lenbachhaus
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Bilder: Ursula Maier; Kunstkammer Georg Laue; Mayer’sche Hofkunstanstalt; Café Luitpold München
Spitzenwerke aller Epochen
Seite 68
104 Vom Teddybären zum Fetisch
Die Hypo-Kunsthalle widmet sich
dem Werk von Jean Paul Gaultier
10 Editorial
12 Impressum
13 Mitarbeiter des Monats
Seite 38 146 Vorschau
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H A S S F U RT H E R
Kunstauktionen Hassfurther
Wien I, Hohenstaufeng. 7 · 0043/1/533 41 74 · hassfurther@aon.at
EDITORIAL
Liebe Leserinnen,
liebe Leser,
ach, wie schön ist München. Was ist es nur, das
die Kultur hier so lebendig macht? Wir versu-
chen, der Frage in dieser Ausgabe auf den Grund
zu gehen, und stellen Ihnen die neue Genera-
tion vor, die heute die Museumslandschaft prägt
– manche von ihnen sind schon seit einigen Jah-
ren dabei, andere sind frisch »zugereist« (S. 21).
Außerdem freue ich mich, dass unsere Au-
instagram.com/WeltkunstMagazin
twitter.com/WeltkunstNews
facebook.com/weltkunst
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Großer Salontisch;
vierpassige Fußplatte mit 4 qualitätvoll geschnitzten Löwen und antikisierender Mittelsäule.
Reste der originalen Vergoldung und Fassung mit Ergänzungen; Erlenmaser-Furnier sowie Ebenholz
und brandschattiertem Ahorn. Donaumonarchie um 1835.
Durchmesser 150 cm, Höhe 78 cm.
Highlights Internationale Kunstmesse München, 28. Oktober 2015 bis 1. November 2015
www.zeitkunstverlag.de!
twitter.com/weltkunstnews!facebook.com/weltkunst
Impressum
REDAKTION VERLAG
Herbstauktionen 2015 Redaktion WELTKUNST
Dorotheenstraße 33
ZEIT Kunstverlag GmbH & Co. KG
Buceriusstraße, Eingang Speersort 1
10117 Berlin 20095 Hamburg
13. Nov. Kunstgewerbe Tel.!030/59!00!48-340
Fax!030/59!00!48-334
14. Nov. Alte Kunst und 19. Jh. GESCHÄFTSFÜHRUNG
Sandra Kreft, Nathalie Senden
27. Nov. Photographie HERAUSGEBER
Christoph Amend
christoph.amend@weltkunst.de VERLAGSLEITUNG
27. Nov. Moderne Kunst Dr. Gloria Ehret
Jan Henrik Groß, Tel. 040/3280-3464
Thomas Irmer
Es kommt nicht oft vor, dass Theaterkritiker in
Kunstzeitschriften schreiben. Aber vielleicht ändert
sich das ja bald, so fröhlich wie derzeit die einst so
sorgsam abgegrenzten Disziplinen ihre herkömm-
lichen Grenzen überschreiten. Für uns jedenfalls
waren die in der Stadt verteilten »Shabbyshabby«-
Apartments der Münchner Kammerspiele nicht
nur ein Theaterereignis, sondern auch eine künst-
lerische Großinstallation. Der Berliner Autor und
Dramaturg, der viele Jahre die Zeitschrift Theater
der Zeit leitete, stellt das Projekt ab Seite 60 vor.
Gloria Ehret
Sie ist die Grande Dame der weltkunst. Seit 1986 arbeitet
sie für unser Magazin, viele Jahre als Chefredakteurin,
mittlerweile als Herausgeberin. Sie ist unermüdlich, vor
allem wenn es um ihre geliebte Heimatstadt geht. Darum
ist sie in dieser München-Ausgabe gleich drei Mal vertre-
ten. Sie führt uns auf einer Kunstwanderung durchs schö-
ne Oberbayern (S. 68), hat sich von der Etrusker-Ausstel-
lung begeistern lassen (S. 106) und begründet ausführlich,
warum die Messe am Nockherberg so unvergleichlich ist
(S. 90). Achtung, alle Gloria-Ehret-Fans: In der November-
Ausgabe wird ihre 100. »Stilkunde« erscheinen.
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NEUIGKEITEN
Bilder: Ruth Clark/Courtesy Jim Lambie and The Modern Institute/Toby Webster Ltd, Glasgow/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Jochen Littkemann, Berlin/Georg Baselitz/Courtesy Georg Baselitz; Jens Weber; Neumeister Auktionen; Regina Schmeken
50 Jahre PIN.
»Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was es gibt
auf der Welt«, so trällerten schon die Comedian Harmonists.
Über ein halbes Jahrhundert Freundschaft mit vielen spenda-
blen Freunden darf sich die Pinakothek der Moderne freuen.
Gegründet als Galerie-Verein, heißen die Freunde heute PIN.
und blicken auf eine atemberaubende Reihe von Schenkun-
gen, Ausstellungen und Veranstaltungen zurück. Am
21. November leuchtet wieder die legendäre PIN.-Party als Fix-
stern am Münchner Kunsthimmel. Andreas Rumbler von
Christie’s leitet die Benefizauktion mit Werken von Otto
Piene, Erez Israeli und Amelie von Wulffen, darunter auch
Georg Baselitz’ ein Meter breites Aquarell »Berliner Zeiten«
(u.) für geschätzte 53 500 Euro und Jim Lambies noch größere
Skulptur »Metal Box« (li.), die auf 77 400 Euro taxiert ist.
NS-AUFAR BEITUNG
Keine leichte Aufgabe: Den Neubau des
NS-Dokumentationszentrums sollten die
Architekten am Standort der ehemaligen
NSDAP-Parteizentrale errichten, umgeben von
ehemaligen Nazi-Verwaltungsbauten (wie der
heutigen Musikhochschule) und darum in deut-
licher Abgrenzung von diesen. Der unlängst
eröffnete weiße Kubus des Berliner Architek-
ten Georg Scheel Wetzel ist eine gute Lösung. NEUMEISTER 90
Im Inneren bietet er auf 1000 Quadratmetern Längst hat seine Tochter Katrin Stoll das Steuer
und vier Stockwerken Platz für Ausstellungen. übernommen, aber immer noch verfolgt Rudolf
Die Dauerpräsentation mit Kapiteln zur Früh- Neumeister jede Versteigerung im Haus, das seit
phase der Nazis in München, zu ihrer Macht- 1958 seinen Namen trägt. Jetzt wird der Patriarch
übernahme in Deutschland, zur diffamierenden 90. Aus diesem Anlass veranstaltet Neumeister am
Ausstellung »Entartete Kunst« oder zur Verfol- 1. Dezember eine Jubiläumsauktion zu seinen Eh-
gung von Juden und Andersdenkenden (mit ren. Zum Aufruf kommen 90 Lose, alte und moder-
Biografien von Münchner Opfern) sahen in den ne Kunst sind gleichermaßen dabei. Ein Höhepunkt
ersten Monaten bereits 100 000 Besucher. steht schon fest: Paul Klees »Bau (Construction)«
von 1919 (u.), taxiert auf
300 000 / 400 000 Euro.
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Hochwertige Kunst ist Lebensqualität und Werterhalt
Ständige Ausstellungen ausgewählter Werke vorwiegend französischer Meister des 19. und frühen 20. Jahrhunderts
aus eigenem Bestand: von Corot über Renoir und die Fauves wie Valtat oder Utrillo bis zu Lanskoy und Poliakoff.
Ansprechpartner und Experten für alle Fragen zu Kauf und Verkauf alter und moderner Kunst.
MÜNCHEN LIEST
Das Buch ist ein sterbendes Medium? Nicht in Mün-
chen! Hier gibt das Designbüro Melville Brand Design
unter dem Titel »100for10« eine neue, preisgünstige
Künstlerbuchreihe heraus. Dabei gestalten Künstler
oder Illustratoren jeweils einen Band. So wie Frank
Höhne, dessen satirische Szenen (o.) auf einer Zug-
Bilder: Frank Höhne; Miao Bar (2); Hiepler, Brunier für Euroboden
fahrt von Berlin nach Dortmund entstanden. 100 Sei-
ten kosten stets 10 Euro (plus Steuer und Versand).
Und wer gleich weiterlesen will: Vom 18. November bis
6. Dezember findet wieder das Münchner Literatur-
festival statt – mit Umberto Eco und Salman Rushdie.
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Gabriele Münter · Gehöft in Murnau (Holzhauer) · Öl auf Malpappe · 1909 · 33 x 40,8 cm
EINLADUNG
ZUR EINLIEFERUNG
Klassische Moderne · Kunst nach 1945 · Zeitgenössische Kunst
Alte Meister & Kunst des 19. Jahrhunderts · Wertvolle Bücher
S i e e r r e i c h e n u n s u n t e r : + 4 9 ( 0 ) 8 9 5 5 2 4 4 0 · w w w. k e t t e r e r k u n s t . d e
NEUIGKEITEN
Bilder: Gerhard Richter, 2015; Wilfried Petzi/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Haubitz + Zoche/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Christoph Mukherjee; Pascal Maillard, 2013/Annette Doms/Miguel Chevalier/VG Bild-Kunst, Bonn 2015
Die Pinakothek der Moderne kann sich in diesem
Jahr über eine ganz besondere Schenkung freuen:
Aus Privatbesitz erhielt das Museum ein Werk des
Malers Gerhard Richter aus dem Jahre 1971 mit dem
Titel »Brigid Polk« (li.). Das 1,75 mal 1,75 Meter
messende Bild hat einen starken München-Bezug:
Brigid Polk – eine New Yorker Künstlerin und zeit-
weilige Sekretärin von Andy Warhol – kam 1970 in
die bayerische Landeshauptstadt. Mehrere Polaroids
entstanden bei ihrem Besuch, für eines posierte sie
vor Richters Gemälde »Badende«. Das Foto nahm
der Maler wiederum als Motiv für eines seiner
typisch verwischten Gemälde. Doch dieses Haupt-
werk ist nicht der einzige Neuzugang im Haus an
der Barer Straße: Der Verein Freunde der Pinako-
thek der Moderne (PIN.) erwarb in diesem Jahr drei
Drucke aus der Serie »Postcards from Europe« von
Eva Leitolf, eine unbetitelte große Collage von
Albert Oehlen aus dem Jahre 2009, das Gemälde
»Dealer« (2013) von Norbert Schwontkowski und den
Animationsfilm »One« (2009) von David Shrigley.
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Uã}ľľč Ħ +}ăľ Uřķķý}ăă Ħ
Þķãľōã}ă WčÞóÉľ Ħ :}ķó [ÞýãªōâWčōōóřÉÉ Ħ B}ķã}ă㶠Ŷčă r¶ķ¶Éñãă
[ŝªª¶řōľÞ¶ B}ó¶ķ¶ã ķăčóª }óŷ· Ħ óãľ}¶ōÞ }óŷ·â[ō}ãýý¶ķ Ħ Hōōč ãóó Ħ B}Ź #¶óª}ř¶ķ
čăľō}ăōãă $¶ķÞ}ķªãăѶķ Ħ ó¶Ź}ăª¶ķ :趾ō¶ķ Ħ B}Ź <}Þ¶ķ Ħ Hľñ}ķ Břóó¶ź Ħ Hōōč Uãğğ¶ó Ħ <¶č Uřōſ
8řóãřľ [¶źó¶ķ Ħ #ķ}ăſ Ŷčă [ōřñ Ħ óÉčăľ r}óª¶
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Der neue Direktor des Münchner Kunst-
vereins Chris Fritzpatrick hat mit seinem
scharfen Blick von außen gleich erkannt,
was eine reiche Stadt am dringendsten
braucht: kostenlose Kunst rund um die Uhr
NEUE
MÜNCHNER
FREIHEIT
Eine jüngere Generation von Direktoren und Kuratoren
prägt seit Kurzem die Museen der bayerischen
Kunstmetropole. Sie stammen aus Hilden und Heeren,
Duisburg und New York und bringen internationale
Erfahrung, frische Ideen und spannende Visionen mit.
Wir stellen die acht wichtigsten von ihnen vor
FOTOS
ROBE RT F I S C H E R
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DIE ALLTAGS-ARCHIVARIN
Angelika Nollert
Für mehr als 100 000 Exponate ist sie verantwortlich, vom Tro-
ckenrasierer bis zum tschechischen Sportwagen in Kleinstauf-
lage. Sie müssen vor dem Zahn der Zeit geschützt und auf der
Ausstellungsbühne in Haupt- und Nebenrollen inszeniert wer-
den. Vor anderthalb Jahren hat Angelika Nollert die Leitung
der Neuen Sammlung in München übernommen. 1925 gegrün-
det, ist es das älteste Designmuseum der Welt und das bedeu-
tendste auf dem Gebiet des Produktdesigns. Ein riesiger Fun-
dus, den die Kunsthistorikerin, die zuvor sieben Jahre dem
Museum für Kunst und Design in Nürnberg vorstand, mit
neuen Ideen reaktivieren will.
So schwebt ihr etwa vor, »das Potenzial der Architektur
des Hauses noch mehr zu nutzen«. Im nächsten Jahr möchte
sie gern das sogenannte Schaudepot eröffnen, 500 Quadratme-
ter hinzugewonnene Ausstellungsfläche, die als »lebendiges
Archiv« die Vorherrschaft der chronologischen Präsentation
brechen soll. Ein weiteres Beispiel ist der architektonisch be-
sondere Paternoster-Raum, den künftig jeweils ein Jahr lang
ein markanter Designer bespielen wird. Den Anfang macht ab
November der Münchner Lokalmatador Konstantin Grcic.
Von ihm hat Nollert erst jüngst eine Liege aus Carbon erwor-
ben, einem neuen Werkstoff, den die 49-Jährige für »hochinte-
ressant« hält. »Durch seine spezielle Leichtigkeit ist eine Ele-
ganz in der Form möglich, die es vorher so nicht gab. Das ist
eine Designrevolution wie die Verarbeitung von Bugholz im
19. Jahrhundert.« Keine Frage, die Neue Sammlung bleibt un-
ter Angelika Nollert ihrem Namen treu. MATTHIAS EHLERT
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HEA DZEILE
EIN MANN FÜR ALLE SCHNITTE denken kann.« Nach der Schule machte er eine Ausbildung
zum Modedesigner und Schnitttechniker. »Dann habe ich
Johannes Pietsch aber bald gemerkt, dass die Mode nichts für mich ist.« Statt-
dessen durchlief er im Bayerischen Nationalmuseum eine
Stoffe sind der Stoff seines Lebens. Und vor zwei Jahren ist zweite Lehrzeit, um Textilrestaurator zu werden. Als Pietsch
für Pietsch sogar ein Traumjob daraus geworden. Seither be- dann an der TU München noch Restaurierung studierte,
treut er die Textilsammlung im Bayerischen Nationalmu- hatte er seine Sphäre gefunden: In der technologischen Be-
seum: rund 30 000 Objekte, darunter Tapisserien, mittelal- kleidungsforschung genießt er mittlerweile weltweit einen
terliche Paramente, große Kollektionen von Stoffmustern hervorragenden Ruf. Akribische Untersuchung der Gewebe,
und Stickereien. Und vor allem die Kleidung vom 16. bis ins der Nähte und der Schnitte, die Rekonstruktion der Herstel-
frühe 20. Jahrhundert. Mit Kostümen und Accessoires kann lungsschnitte – über die Technik kommt man zur Kultur-
man ein großes Publikum im Museum gewinnen, besonders und Wirtschaftsgeschichte, zu den künstlerischen Aspekten,
wenn sie bis in die Gegenwart ausstrahlen. So wurde 2013 aber auch zur sachgemäßen Präsentation im Museum.
Pietschs Ausstellung über Taschen von 1500 bis heute einer Pietsch schwebt ein großer Kostümsaal vor, um die
der größten Erfolge des Museums. Zur Präsentation von Modegeschichte über die Jahrhunderte zu verfolgen. Auch
Textilien muss man sich etwas einfallen lassen, dafür proji- eine opulentere Inszenierung der anderen Objekte aus sei-
ziert er zu höfischen Roben auch schon einmal historische ner Abteilung. Überhaupt wünscht er sich, dass der Textil-
Raumansichten in 3-D-Technik an die Wand. boom in der Gegenwartskunst noch mehr auf die Wert-
Schon als Kind war Pietsch von der Kostümgeschichte schätzung der alten Textilien abfärbt. Seine ansteckende
fasziniert. »Ich habe auch schon immer geschneidert, seit ich Begeisterung wird ihm dabei helfen. SEBASTIAN PREUSS
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M U SE U M S G E S TA LT E R
DIE SCHATZSUCHERIN
Stephanie Weber
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M U SE U M S G E S TA LT E R
Ruhig liegt der Starnberger See da. Vom Schiff aus sieht man Ein Thüringer in München. Einer, der seine ersten Muse-
schon von Weitem den langen Steg, der ins Buchheim Mu- umsjahre noch in der DDR erlebte, fast dreißig Jahre in den
seum der Phantasie führt. Hier hat Daniel J. Schreiber zu- preußischen und sächsischen Kunstmetropolen Berlin und
rück zu seinen Wurzeln gefunden. Der gebürtige Rheinlän- Dresden arbeitete. Gibt es da keine Anpassungsschwierig-
der, der in München aufwuchs und studierte, leitet das Haus keiten mit der bajuwarisch-katholischen Mentalität? »Nein,
seit zwei Jahren. Das Erbe, das er antrat, war kein leichtes: absolut nicht«, beteuert Bernhard Maaz. Er liebt und kennt
Der exzentrische Schriftsteller, Maler und Kunstsammler München schon lange. Ein Flachlandtiroler sei er ohnehin
Lothar-Günther Buchheim hatte bis zu seinem Tod genaue nicht, sondern passionierter Alpen-Wanderer. Der Abend-
Vorstellungen davon, wie das Museum geführt werden soll- zeitung sagte er gleich nach seiner Ernennung, dass er sich
te. Vorsichtig und doch bestimmt hat Schreiber neue Akzen- auf einen zünftigen Schweinekrustenbraten freue.
te gesetzt. »Der Besucher soll sich wie Alice im Wunderland Seit dem 1. April übt der 54-Jährige eines der schönsten
fühlen. Nicht umsonst trägt das Haus die Fantasie im Na- Ämter der deutschen Museumswelt aus: Generaldirektor der
men«, erklärt er. »Die Expressionisten bilden das Herz. Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, Herr über die drei
Sammlung mit Werken von Ernst Ludwig Kirchner, Otto Pinakotheken, dazu die Schackgalerie, das Museum Brand-
Mueller oder Erich Heckel repräsentiert das, was die Besu- horst, 13 Zweiggalerien im Land, von Aschaffenburg bis Te-
cher von einem Museum erwarten: Monumente der Kunst- gernsee, nicht zu vergessen rund 4000 Bilderleihgaben an 400
geschichte. Darüber hinaus lauern hinter jeder Ecke Über- Orten. Maaz untersteht kunsthistorische Weltprominenz:
raschungen.« Und richtig: In der Eingangshalle grüßt ein Dürers »Selbstbildnis« oder Altdorfers »Alexanderschlacht«,
Schwan, der einst Teil eines Kinderkarusells war, und in den eine der besten Rubens-Sammlungen, Meisterwerke von Raf-
Ausstellungssälen sieht man Zirkuspferde, afrikanische Mas- fael, Boucher oder Goya, die ganze Malerei des 19. Jahrhun-
ken und eine beachtliche Anzahl an Briefbeschwerern. Für derts in höchster Qualität, aber auch eine sehr gute Samm-
Schneider ist die breit gefächerte Sammelleidenschaft Buch- lung der Moderne mit bedeutenden Werkgruppen von
heims ein Glücksfall. Angefangen hat seine Laufbahn im Beckmann, den Surrealisten bis zu Gegenwart.
Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe, später forsch- Kein Wunder, dass Maaz aufgekratzt von seinen Plänen
te er zum Expressionismus. Wer könnte die Sammlungs- berichtet. In den nächsten Jahren wird er vor allem Baukoor-
schwerpunkte besser verbinden als er? LAURA STORFNER dinator sein müssen. Derzeit wird die Alte Pinakothek in
Etappen saniert und ist traktweise geschlossen. »Mehr als
dringend«, so Maaz, ist die Situation in der Neuen Pinako-
thek, wo seit der Eröffnung 1981 fast nichts geschehen ist. Vor
allem muss die gesamte Technik ausgetauscht werden. Maaz
bringt beste Voraussetzungen für die Bewältigung dieser
Bauaufgaben mit. In Berlin, wo er seit 1986 an der Neuen Na-
tionalgalerie arbeitete, leitete er die höchst geglückte und all-
seits gerühmte Sanierung und Neueinrichtung des Kunst-
tempels auf der Museumsinsel. In Dresden, wo er seit 2010
die Gemäldegalerie Alte Meister und das Kupferstichkabi-
nett führte, brachte er die Instandsetzung des Semperbaus
auf den Weg und nutzte die Teilschließung für eine program-
matische Umhängung der berühmten Bilder: nicht mehr
nach nationalen Schulen, sondern nach inhaltlichen Bezü-
gen. »Produktive Störung« nennt er das, etwas Ähnliches
kann er sich auch für die Pinakotheken vorstellen.
Mit diesem Generaldirektor ist ein neuer Stil in Bayerns
heilige Hallen eingekehrt. Maaz ist weder Machtmensch
noch Museumsfunktionär, sondern ein Kunst-Intellektuel-
ler, der in vielen Ausstellungen, in elegant geschriebenen Bü-
chern und Aufsätzen stets geistreiche, originelle und lehrrei-
che Sichtachsen auf das 19. Jahrhundert, seine Domäne,
geworfen hat. Seit Dresden hat er den Fokus auf die alten
Meister geweitet. Jetzt in München freut er sich, dass auch
die Moderne und die Gegenwartskunst dazugehören. Sein
nächstes Ausstellungsprojekt? Da hat er vorerst keine kon-
kreten Ambitionen. »Man muss verzichten können. Ich habe
genug geschrieben und genug ausgestellt.« Seine Aufgabe als
Generaldirektor sei es, Dinge zu ermöglichen. Auch dabei
wird er seine Kreativität beweisen. SEBASTIAN PREUSS
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HEA DZEILE
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DER WELTBÜRGER ty Museum in Los Angeles, am Rijksmuseum, am Cleveland
Museum und an dem auf Orientalismus spezialisierten Da-
Roger Diederen hesh Museum in New York. Seit 2006 ist er an der Kunsthal-
le in München, seit 2013 als Direktor. »Die Räume sind toll.
Velázquez, Tizian, O’Keeffe. Als Haus ohne eigene Samm- Sie passen sich an die Kunst an, nicht umgekehrt.«
lung Leihgaben auf diesem Niveau zu bekommen sei für Diederen bespielt 1200 Quadratmeter Ausstellungsflä-
Roger Diederen stets aufs Neue eine »gigantische Heraus- che und lockt damit jährlich rund 300 000 Besucher an. Ein
forderung«. Doch die Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung Anliegen ist ihm, junge Leute ins Haus zu holen. Deshalb
hat sich in den 30 Jahren ihrer Ausstellungstätigkeit interna- gelten jetzt jeden dritten Mittwoch im Monat neue Öff-
tional einen guten Ruf erworben. »Es sind eben nicht nur nungszeiten bis 22 Uhr. Außerdem hat Diederen zusammen
Blockbuster der Blockbuster wegen«, sagt Diederen. Drei mit dem Technoclub Harry Klein das Format »Re-Act!« ins
Schauen organisiert das Team von zehn festen Mitarbeitern Leben gerufen, bei dem jede Schau einmal für eine Party bis
im Jahr: 2015 begann mit Münchner Rokoko, gefolgt von Mitternacht geöffnet ist. Für den 5. November hat Eva Pad-
Keith Haring und jetzt Jean Paul Gaultier (siehe S. 104). Von berg als DJ zugesagt. So mischen sich in Diederens Arbeit
dem Modestar lieh sich der Kunsthistoriker für unser Foto- Party-Planungen und Kunstgeschichte. Apropos: Seit Jahren
Shooting das Vintage-»Käfig-Jackett«. Die Karriere des 1965 plant er eine erste Retrospektive des spanischen Impressio-
geborenen Niederländers hat namhafte Stationen aufzubie- nisten Joaquín Sorolla in Deutschland. Sie beginnt im März,
ten. Nach der Promotion in Amsterdam arbeitete er am Get- und man ahnt schon: Auch sie wird gigantisch. LISA ZEITZ
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ANTENNEN FÜRS AUSSERGEWÖHNLICHE
Chris Fitzpatrick
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Geistige Nachbarn
Neues Licht auf die komplizierte Freundschaft von Paul Klee und
Wassily Kandinsky wirft eine Ausstellung im Lenbachhaus
VON
ANNEGRET ERHARD
K L E E ! & ! K A N DI N SK Y
Bild vorherige Doppelseite: Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München; links: Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München
Reichlich konsterniert berichtete der Bau- sammenarbeit mit dem Zentrum Paul Klee spruchsvollen Bauhausschüler wie ein auf
hausmeister Oskar Schlemmer einem Freund in Bern, der ersten Station der Schau, garan- seinem Lotosthron über den Adoranten
nach einem Ausstellungsbesuch 1937: »Klee: tiert Materialfülle. Und wenn sich zwei Kom- schwebender Buddha wirkte, Kandinsky hin-
verspielter denn je; Kandinsky: fast Klee, so, petenzzentren ersten Ranges zusammentun, gegen eher wie ein Mischwesen aus sich auf-
daß ich ihn erst vermißte und erst dann be- können sie auch mit hochkarätigen Leihga- plusterndem Gockel und personifizierter Pa-
merkte, daß Klee Kandinsky ist.« Unter dem ben rechnen, etwa aus dem Guggenheim lette. Ernst Kállai, dem Chefredakteur der
Titel »Lebendige Deutsche Kunst« hatte Museum in New York, das die weltweit größ- Bauhauspublikationen, sind diese beiden Ka-
Schlemmer in Paul Cassirers Berliner Galerie te Kandinsky-Sammlung besitzt, und dem rikaturen zu verdanken, die unter den poin-
Werke der beiden Gründerväter der abstrak- Centre Pompidou in Paris. tiert ausgewählten begleitenden Dokumen-
ten Kunst gesehen – geschaffen zwischen Flankiert von einem mit herausragen- ten zu finden sind. Aus ihnen geht auch
1929 und 1932, als sie sich in künstlerischer den Werken bestückten Prolog des Auf- hervor, dass beide inzwischen erfolgreich wa-
und persönlicher Hinsicht sehr nahestanden. bruchs mit noch wenigen Berührungspunk- ren und ihre Rolle als maßgebliche Protago-
Die Schau in der Städtischen Galerie im Len- ten und einem Epilog, der nach Jahren der nisten der zeitgenössischen Avantgarde leb-
bachhaus in München, die Klee und Kandins- Nazi-Demütigungen in eine kühne, frucht- ten. Naturgemäß umstritten: Die Abstraktion
ky nun knapp 80 Jahre später erneut zusam- bare Phase des Neubeginns mündet, bilden war nicht jedermanns Sache, wiewohl (fast)
jedermann etwas dazu zu sagen hatte.
Dabei hätten sich Kandinsky und Klee
in ihren künstlerischen Anfängen nicht fer-
ner sein können. Tatsächlich studieren sie zur
gleichen Zeit bei Franz von Stuck an der
Münchner Akademie, wohnen nicht weit
voneinander – und beachten sich nicht. Erst
später, 1911, macht Paul Klee durch Vermitt-
lung des Schweizer Malers Louis Moilliet Be-
kanntschaft mit dem 13 Jahre älteren, weltge-
wandten Russen, der schon eine beachtliche
internationale Ausstellungstätigkeit vorzu-
weisen hat und Klee einlädt, mit Zeichnun-
gen an der zweiten Ausstellung des Blauen
Reiter teilzunehmen.
Paul Klee ist damals ausschließlich
Zeichner – und Zweifler, seine Hinwendung
zur bildenden Kunst vollzieht sich erst all-
mählich und unter Verzicht auf den berufli-
Waren sich zugewandt, blieben aber stets beim Sie: Kandinsky (li.) chen Ausbau seines enormen musikalischen
und Klee im August 1929 im Straßencafé in Hendaye Talents. Seine in exakten Strichen und doch
unbeholfen, irgendwie zögerlich gezeichne-
ten Figuren haben eine Aura des Grotesken,
menbringt, entwirft ein weit komplexeres die Werke aus den Jahren gemeinsamen und seine wenigen Gouachen und Aquarelle wir-
Bild, ein Panorama, das von Anziehung und einflussreichen Wirkens am Dessauer Bau- ken vorsichtig gedämpft. Während Kandins-
Vermeidung erzählt, von Freundschaft und haus das Herzstück. Mal lassen sich an den ky in Farben schwelgt. Die märchenhaften,
Rivalität. Sie zeichnet den künstlerischen Gegenüberstellungen einzelner Arbeiten ge- volkstümlich anmutenden Motive vor imagi-
Weg zweier Giganten der Moderne in den genläufige Tendenzen ablesen, mal gelingen, närer russischer Stadtkulisse hat er hinter
Jahren zwischen 1911 und 1940 nach. Ver- je nach Werkphase, kongruente Paarungen. sich gelassen. Zugunsten einer expressiven,
wechslungen, trotz partieller Annäherung, Schlemmer hätte seine Freude gehabt. dem Farbklang nachspürenden, dabei stilisie-
ausgeschlossen. Allzu didaktisch wird es aber nicht, da- renden Malweise.
Der riesige unterirdische Kunstbau bie- für sorgen die Bilder und so manche Über- In der »Scene im Restaurant« (Feder-
tet die besten Voraussetzungen zu einer kla- raschung. Wer hätte zum Beispiel gedacht, zeichnung, 1911), lässt Klee Mann und Frau,
ren chronologischen Gliederung. Die Zu- dass Klee auf seine Umgebung und die an- mit dem Rücken zueinander sitzend, hinter
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K L E E ! & ! K A N DI N SK Y
Bilder: Photo CNAC/MNAM Dist.RMN-Droits réservés; Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München (2)
einem Vorhang nervös schraffierter Linien in Die lyrische Interpretation von Grund- land zurück, frustriert ob der beruflichen
einer absurd (oder erotisch) aufgeladenen At- strukturen der Natur prägt Klees Werk, wie gesellschaftlichen Misserfolge in Russ-
mosphäre schier verschwinden und schildert o. »Winterlandschaft (Violette Dominante)« land. Die Situation hat sich vollkommen ge-
so, auf ein Höchstmaß reduziert, einen in- von 1923, u. li. »Gewagt wägend« (1930). dreht. Klee ist nun, was die Rezeption der
haltsreichen Moment. Kandinsky löst im Wie nah ihm Kandinsky damals künst- Kritiker, etlicher Museen und auch Sammler
größeren Format und mit markanter Geste lerisch stand, zeigt u. re. »Außer Gewicht« betraf, an die Spitze gerückt, und so soll es
(1929). Vorige Doppelseite sein Entwurf
seine Figuren oder Landschaften auf, schreibt im Verlauf der Zwanzigerjahre bleiben. Klees
zu »Gelb – Rot – Blau« aus dem Jahr 1925
sie um und setzt sie in kompositorisch ledig- internationaler Ruhm wächst, Kandinsky
lich andeutungsweise schildernde Zusam- findet Beachtung, wird aber häufig harsch
menhänge (»Romantische Landschaft«, 1911). angegriffen, Carl Einstein etwa fällt das ver-
Die großen explosiven Bilder der »Geniepha- nichtende Urteil, seine Arbeiten seien »ge-
se« entstehen, begleitet von esoterischen, schmackvolle Arrangements«.
quasi-wissenschaftlichen Theorien. Unvor- Beide sind von Walter Gropius berufene
stellbar, dass es einen Weg gäbe, der diese Lehrer am Bauhaus in Weimar und für den
Künstler in Bildprogramm oder -sprache zu- Unterricht in »Gestaltungslehre Farbe« (Kan-
sammenführen könnte, lediglich der Wille dinsky) und »Bildnerische Formenlehre«
zur Abstraktion eint sie. (Klee) zuständig. Sie vertreten in dieser Zeit,
Nach seiner Tunisreise mit August Ma- soweit es geht, die avantgardistischen Ziele
cke und Louis Moilliet beginnt Klee zu ma- der Schule, die die bildende und angewandte
len. Ein Bann scheint gebrochen, die vor
Selbst- und Sendungsbewusstsein strotzende
Präpotenz Kandinskys hindert nicht mehr,
forderte vielmehr. Farbe wird wichtig (»Föhn
im Marc’schen Garten«, 1915).
Während und gleich nach dem Ersten
Weltkrieg gelingt es Klee, sich mit den »Ro-
mantischen Aquarellen« und nicht zuletzt
durch eine große Retrospektive in der
Münchner Galerie Goltz einen Namen zu
machen. Kandinsky kehrt 1922 nach Deutsch-
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Bild: bpk/Nationalgalerie, Museum Berggruen, SMB, Berlin
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Kunst zusammenführen will und deren Ziel schenkt, sie genauer analysiert, denn Klee ist gehandhabtem Formenrepertoire, kommen
es ist, zukünftige, selbstverständlich aus dem es, der sich am Kunstmarkt etabliert hat jedoch – und das mindert die Dialogfähig-
allgemeinen Einerlei herausragende Gestal- (Flechtheim ist sein Galerist). Der von Paul keit keineswegs, im Gegenteil – zu einem in-
ter auszubilden. Persönlich sind sie sich aller- Klee entwickelten Spritztechnik mit den sam- haltlich fast völlig konträren Ergebnis. Klee
dings in der Ablehnung dieser im Verlauf der tenen Farbverläufen, dem schimmernden, beschwört das Prekäre mit equilibristischen,
Jahre zunehmenden Zweckorientierung des Tiefe suggerierenden Sfumato wendet sich präzise austarierten Versuchsanordnungen
Unterrichts einig, sie huldigen den freien Kandinsky nach kurzer Zeit mit ganz ähnli- herauf, Kandinsky beschreibt im vertrauten
Künsten. In ihrem persönlichen künstleri- chen Ergebnissen ebenfalls zu. Noch in Wei- Farbklang von Gelb, Blau und Rot den un-
schen Rahmen jedoch festigt sich ein sehr mar hat Klee mit den harmonisch organisier- möglichen Moment, die Erstarrung im dyna-
unterschiedlicher Ansatz. Für Klee bleibt die ten, ruhigen Quadratbildern begonnen. mischen Prozess.
Natur »unverbrüchliche Grundlage seines
künstlerischen Schaffens«, wie Christine
Hopfengart im Ausstellungskatalog schreibt,
und ungeachtet aller angestrebten Auflösung
ist seine Bildsprache stets narrativ, die
Grundstrukturen der Natur sind bisweilen
in lyrischer oder skurriler Interpretation er-
kennbar. Für Kandinsky beginnt die Werk-
phase der »Kühlen Abstraktion«, er verlässt
die expressive, die manchmal genialische
Geste und fügt präzise gestaltete geometri-
sche Formen, Kreis, Quadrat und Dreieck,
im Bildraum schwebend, einander durch-
Bilder: Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München (2)
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HEA DZEILE
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In der Arbeitshalle der »Hofkunst« begutach-
tet Michael Mayer die Vorlagen von Vik Muniz
für Mosaike in der New Yorker U-Bahn. Re. ein
Fenster von Brian Clarke im Treppenhaus
Bild links: Sammy Hart/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; rechts: Mayer’sche Hofkunstanstalt/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Bilder nächste Seite: Sammy Hart; Mayer’sche Hofkunstanstalt/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Sammy Hart/VG Bild-Kunst, Bonn 2015 (3)
VON
A L E X A N DR A G ON Z Á L E Z
technischen Erfahrung. Und wegen der familiären Atmosphäre
FOTOS
Mayer of Munich
S A M M Y H A RT
Künstler aus aller Welt lieben die Mayer’sche Hofkunstanstalt wegen ihrer reichen
Brian Clarke, der britische Glas-Punk, in
der Mayer’schen Hofkunstanstalt. In den
Werkstätten des Traditionsunternehmens
entstanden 1997 seine Fenster für das
Trappistinnen-Kloster im schweizerischen
Romont (o.). Die Glasbilder hätten ihr
das »Gespräch mit dem Unsichtbaren« er-
öffnet, schwärmte eine Ordensschwester
W
Wie es sich für einen Rockstar gehört, er-
scheint Brian Clarke zum Lunch mit denk-
bar schlechter Laune. In dem Bergmanns-
sohn aus Lancashire steckt ein Punk des
der Mayer’schen Hofkunstanstalt treu geblie-
ben, seit er 1982 erstmals nach München
kam? Keine Antwort. Ich wage mich weiter
vor: »Sie haben eine frappierende Ähnlich-
gehört einem englischen Werbepionier. Gut
möglich, dass sich dieser Auftraggeber auch
etwas von dem spirituellen Kunstdialog
wünscht, den die Trappistinnen in Romont
Stained Glass. Er befreite die Bleilinie und keit mit Michel Foucault, wussten Sie das?« im Schweizer Kanton Fribourg führen, seit
das Farbglas aus ihrer Zwangsehe und reizte »Michel who?«, stellt Clarke sich dumm. Clarke für ihre Abtei eine Serie überwälti-
die Grenzen des Mediums immer weiter aus. Nicht einmal mit dieser Provokation kann gend schöner Fenster entworfen hat. Oder ei-
Jetzt setzt sich der Künstler aus dem Dunst- man den Briten aus der Reserve locken. nen Blick in einen Himmel aus Blüten und
kreis von Paul McCartney und Bob Geldof Michael Mayer scheint zu wissen, wann Blättern, wie ihn die Spitze von Norman Fos-
nach einem kurzen Gruß an den Familien- man eine Diva in Ruhe lässt, und vertieft sich ters »Friedenspyramide« im kasachischen As-
tisch von Petra und Michael Mayer und blät- einstweilen mit Clarkes Assistenten in den tana bietet, die Clarke gestaltete. So oder so,
tert in einer Wohnzeitschrift. Warum ist er Grundriss eines Londoner Privathauses. Es die Fenster werden in der Mayer’schen Hof-
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M AY E R’ SC H E HOF K U N S TA N S TA LT
kunstanstalt entstehen, aus sogenanntem ihrer wunderkammerhaften Welt voller Sel- Petra Mayer serviert Zitronengrassuppe,
Echtantikglas, also mundgeblasenem Farb- tenheiten, Spiegel, alter Stoffe, Federn, rusti- Couscous-Salat, Schoko-Ingwer-Eis. Kaffee
glas, das Clarke mit floralen Motiven aus sei- kaler und moderner Antiquitäten hat sie eine wird getrunken. Clarke seufzt, lehnt sich zu-
ner »Primroses«-Serie handbemalt. Die Bühne gefunden: für ausgeprägte Achtsam- rück, lächelt mich unverhofft an und fragt,
Transzendenz gibt es dann frei Haus. keit ebenso wie für ihren Hang zum lush life. ob er etwas ausholen dürfe. Was dann
Alles passiert an diesem besonderen Ort Ob sie in einem Meer aus Rosen und Horten- kommt, ist eine Ode an die Glasmalerei.
am Stiglmaierplatz. Das gründerzeitliche sien Partys feiert, bei Rückenschmerzen »Wenn Sonnenstrahlen durch ein Buntglas-
Gebäude von Theodor Fischer beherbergt Murmeltierfett zum Einreiben anbietet oder fenster fallen und draußen Wolken vorüber-
eine der weltweit führenden Manufakturen einen liebeskranken Künstler auf das Hirsch- ziehen, beginnt das Licht zu tanzen. Etwas
für Glasgestaltung und Mosaik. Auf 3000 ledersofa bettet und eine Wärmflasche Paradiesisches entsteht. In den falschen Hän-
Quadratmetern gibt es Werkstätten, Ateliers, reicht: Tief empfundene Mütterlichkeit und den wird ein verdammtes Fegefeuer daraus.«
Ausstellungsräume, drei Künstlerapparte- hippiesker Glamour schließen sich nicht aus. Clarke ist besessen von seinem Werkstoff
ments und das Archiv mit den kostbaren
Vorlagenbüchern, die über den Krieg gerettet
wurden. In der Mansarde des Gebäudes, ver-
winkelt wie ein Kaninchenbau, leben der seit
zwei Jahren amtierende Clanchef Michael,
seine Frau Petra, die kleinen Söhne Samuel
und Joshua Gabriel sowie eine wachsame Af-
ghanische Windhündin namens Wahida.
Leben bedeutet hier arbeiten und um-
gekehrt; die Grenzen sind fließend. Großzü-
gig lässt das Paar seine Gäste aus aller Welt
an dieser sehr unmünchnerischen Melange
aus Privatheit und Betriebsamkeit teilhaben.
Am Esstisch werden kreative Konzepte ent-
wickelt und verworfen, man schlemmt, lacht,
streitet, philosophiert, trägt den Kindern
mitgebrachte Indianermärchen vor. Mit un-
erschöpflicher Energie kultiviert Petra Mayer
dieses Nest samt selbstverständlichem
Schlupfloch für die angereisten Künstler. Sie
ist eine Sammlerin von schönen Dingen und
Freundschaften. Wenn sie mag, serviert sie
ihr Herz auch mal auf dem Silbertablett. In
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HEA DZEILE
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ganz schmal im Gesicht. Wenn etwa Sean Vision zufrieden geben, sondern sich neue tion wird in der Hofkunst immer wieder
Scully, der irisch-amerikanische Maler, eher künstlerische Dimensionen erschließen. erneuert. Zuletzt bei Clarkes Mikromosai-
schroff ein Glaskreuz bestellt für die Kirche Und Verfechter des Zugänglichen, etwa der ken aus millimeterklein gehackten Murano-
Santa Cecilia de Montserrat im Hinterland Kunstmarktliebling Vik Muniz. Er schaute Smalten, die einen faszinierend illusionisti-
von Barcelona und alles ohne viele Worte ge- mit einer poppigen Idee für die New Yorker schen Zauber entfalten. Vik Muniz’ Mosaik
hen muss. Doch am Ende stehen alle zufrie- U-Bahn vorbei. Seine »Perfect Strangers«-Fo- zielt dagegen auf Distanzwirkung und die
den in der Kapelle und baden in den Farben, toserie von urbanen Alltagstypen wird der- flüchtige Wahrnehmung der Passanten.
die sich durch rotes, ockergelbes und blaues zeit in vierzig lebensgroße Mosaike gesetzt. Für den in Mexiko-Stadt lebenden Nie-
Buntglas in das uralte Gemäuer ergießen. Da Mosaik ist durch seine natürliche Ver- derländer Jan Hendrix gleicht »Mayer of
gibt es Sinnsucher wie Brian Clarke, die sich pixelungseigenschaft der futuristischste un- Munich«, wie das Haus international in Ar-
nicht mit einer simplen Übersetzung ihrer ter den alten Werkstoffen. Auch diese Tradi- chitekten- und Künstlerkreisen meist heißt,
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Bild vorherige Seite: Sammy Hart; Bilder links: Sammy Hart; Bärbel Miebach; Sammy Hart
mit seinem Lager an Natursteinen, Smalten,
Glaskuchen einem bunten Süßwarenladen.
»Man erliegt diesem verführerischen Fun-
keln und wagt zunächst gar nicht, zuzugrei-
fen.« Doch dann sitzt der 66-Jährige, dessen
künstlerischer Eifer der Erforschung botani-
scher Strukturen gilt, ohne jede Berührungs- Selbst eine weltberühmte Künstlerin wie higkeit. Geht es langsam an, lernt sein Ge-
angst im Konferenzzimmer und diskutiert Kiki Smith kommt extra aus New York nach genüber lieber erst einmal kennen, um sich
mit Michael Mayer Möglichkeiten der Ver- München, um sich von den erfahrenen schließlich in den Dienst des Künstlers zu
spiegelung. Mitten in die erfinderische An- Handwerkern des Hauses noch etwas ab- stellen. »Wie tickt der- oder diejenige eigent-
näherung platzt ein Anruf. Hendrix erfährt, zuschauen. Oben links Smiths Pusteblume lich? Wo soll die Reise hingehen? Viele Künst-
dass grünes Licht gegeben wurde für die Fas- auf Echtantikglas. Unten die Glasmalerei- ler, die zu uns kommen, haben noch nie mit
werkstatt der Hofkunstanstalt
sade des neuen Mexican Museum in San Glas oder Mosaik gearbeitet. Wir laden sie zu
Francisco, an deren Konzeption er maßgeb- unverbindlichen Arbeitsaufenthalten ein.«
lich beteiligt ist. Jetzt kann die Planung für Eines der verwegensten Auftragswerke,
sein spektakuläres Rankenwerk aus hoch- das je in der Münchner Manufaktur realisiert
spiegelndem Metall und bedrucktem Glas in wurde, ist die achteinhalb mal achteinhalb
die Tiefe gehen. Meter messende »Austin Wall«. Der New Yor-
Überhaupt verbirgt sich hinter den his- ker Multimediakünstler Clifford Ross hatte
torischen Mayer’schen Mauern ein Hightech- die imposante Glaswand für das Gerichtsge-
Labor, das von der Experimentierfreude sei- bäude im texanischen Austin entworfen.
nes Cheftüftlers lebt. »Wie können wir das Eine halsbrecherische Kombination aus
Lagenschmelzen weiterentwickeln oder das komplexer Glasmalerei, Digitaldruck, Ätz-
spannende Material Keramik?« Fragen dieser verfahren und mehrfachem Brennen in ei-
Art treiben Mayer um. »Es geht uns nicht nur nem Spezialofen, der viele Transporte nach
darum, eine künstlerische Idee auf Flachglas, Österreich erforderte, war nötig, um das Rie-
Stein oder Mosaik zu transportieren, son- sengebilde von 2008 bis 2013 zu produzieren.
dern auch die notwendige Ingenieursleis- Ross erzählt mir von diesem Abenteuer
tung zu erfassen. Wir wollen die Werkstatt bei einem nächtlichen Transatlantiktelefo-
sein, die den Künstlern Halt bietet.« nat. »Es gab eine Reihe ungewöhnlicher Fak-
2013 erfolgte der letzte Stabwechsel in toren in diesem Projekt. Schwarz-weiße
der Dynastie. Wie meist in solchen Fällen Areale von eher fotografischer Natur muss-
verlief er nicht ohne Konflikte. Unterneh- ten mit leuchtend bunten Flächen in Ein-
mensgestalter Gabriel war mit dem Kurs des klang gebracht werden. Einerseits also Berei-
Sohnes, der von viel technischem Wagemut che, die einen sehr fließenden Farbauftrag
geprägt ist, nicht immer einverstanden. Mi- verlangten, andererseits Elemente mit scharf
chael findet die väterliche Skepsis ermüdend. gezogenen Kanten.« Darüber hinaus disku-
Er selbst sieht seine Stärke in der Dialogfä- tierten Ross und Mayer eine optimale Be-
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Vik Muniz diskutiert mit Michael Mayer die
Umsetzung seiner Fotoserie »Perfect
Strangers« in Mosaike für die New Yorker
U-Bahn (li.). Rechte Seite: Clifford Ross’
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M AY E R’ S C H E HOF K U N S TA N S TA LT
Dynamik nicht wahrnehmbar bewegt. gern. Kein einfacher Gast also, aber Petra
»Bei aller Fragilität besitzt Glas eine wider- Mayer wickelte sie mit ihrer Fürsorge um
standsfähige Oberfläche, die in der Bear- den Finger. »Sie findet immer Zeit, mir
beitung der Radierung gleicht«, sagt Kiki eine Kanne Tee zu bringen. Manchmal
Smith. »Ich bin ein wenig anachronistisch braucht man ein bisschen Zuwendung,
und mache alles selbst.« wenn man weit weg ist von daheim«, er-
Eigenhändig pinselte sie Zeichnun- zählt Kiki Smith.
gen feinster Linien auf den Malgrund. In der privaten Mayer’schen Kunst-
»Mein Vergnügen besteht darin, die Glas- sammlung hängt ein Porträt, das sie von
maler des Hauses zu beobachten. Wie in Petra, barfüßige Hippieprinzessin auf ei-
einer Druckwerkstatt profitiert man von nem abgewetzten Barcelona-Chair, ge-
der Erfahrung anderer.« Was dabei heraus- macht hat. Aus ihren Augen fließen Trä-
kommt, wenn die vehemente Kunstscha- nen in dicken, achatgrünen Strängen. An
manin von den Meistern lernt, zeigen diese kolorierte Tuschfederzeichnung auf
Smith’ dekonstruktivistische »Ausreißer- knittrigem Nepalpapier erinnert sich Kiki
sterne«: Bruchstücke aus milchigem, par- Smith gern. »Petra besitzt einen eleganten,
tiell bemaltem Echtantikglas – hier ein traumwandlerischen Sinn dafür, sich im
Finger, da eine Haarsträhne, dort der Split- Leben zurechtzufinden. Ich würde sie je-
ter eines Gesichts – werden von zackenför- den Tag zeichnen, wenn ich könnte. Sie ist
migen Bleiruten zusammengehalten. Als das perfekte Modell.«
wären Kirchenfenster zerstört und in wil- Man könnte auch sagen, Petra Mayer
der Ordnung zu gläsernen Himmelskör- ist die Gertrude Stein des bayerischen Mit-
pern zusammengequiltet. telstands, freilich in einer mädchenhaften
Dass die Hofkunst Kiki Smith so sehr Gestalt: selbstsicher, extrovertiert, klug
ans Herz gewachsen ist, hängt auch mit und mit einer spöttisch-unverblümten Art
der Persönlichkeit Petra Mayers zusam- ausgestattet, die selbst die stolzen Hand-
men. Die ausgebildete Architektin mühte werker (von denen einige schon seit Jahr-
sich jahrelang um einen sensiblen Umbau zehnten am Haus sind) manchmal über-
Bild: Mayer’sche Hofkunstanstalt
des Industriebaus. Legte historische Textu- fordert. Auch wenn Petra Mayer dabei ihr
ren unter dem funktionalen Nachkriegs- zauberhaftes Lächeln anknipst. Im Wind-
firnis frei und bediente sich aus den eige- schatten des täglichen Betriebs hat sie mit
nen Schatzkammern, um die alte Pracht ihrem Mann einen intimen, künstleri-
ins rechte Licht zu rücken. Unter dem schen Treffpunkt aufgebaut, an dem sich
Dach richtete sie die hellen Künstlerappar- sogar wetterwendische Wesen wie Brian
tements ein, die, so Kiki Smith, ein schö- Clarke auf- und ernst genommen fühlen.
neres Licht böten als ihr eigenes Wohnate- Es hätte Miss Stein, der amerikani-
lier in der Lower East Side von Manhattan. schen Schriftstellerin mit dem Faible für
Smith verlässt ihr Zuhause und das klös- die Pariser Avantgarde, sicherlich gefallen,
terlich überschaubare Leben darin nur un- dieses Münchner Fenster zur Welt. ×
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PR INZR EGENTENZEIT
Liberales Leuchten
Ab 1886 erlebte München unter dem Prinzregenten Luitpold ein Vierteljahrhundert
künstlerischer Blüte: Mit ihrer freigeistigen Atmosphäre wurde die Stadt
der Maler und Dichter zum Anziehungspunkt für die Protagonisten der Avantgarde
VON
U L R IC H C L E W I N G
50
PR INZR EGENTENZEIT
H
Hoher Besuch hatte sich angekündigt im beeindruckt. »Wie ein Cherubim«, so berich-
Künstleratelier, und das wichtigste Requisit tete es der Bildhauer Adolf von Hildebrand
stand in der Mitte des Raumes: ein lebens- später dem Maler Hans Thoma.
großes Pferd aus Holz. Doch kaum hatte der Für den Prinzen Luitpold von Bayern
Gast seine Kleidung abgelegt, auf dem Holz- war das Unglück, das ihn buchstäblich beina-
pferd Platz genommen und eine seiner obli- he den Kopf gekostet hätte, nicht der Rede
gaten Brasil-Zigarren angezündet, gab es ei- wert. Schließlich war er es gewohnt, Künst-
nen ohrenbetäubenden Lärm. Ein großes lern noch ganz andere Dinge durchgehen zu
Stück Putz hatte sich von der Decke gelöst lassen. Bei ihm genossen sie Freiheiten, die
und war donnernd zu Boden gefallen. Die ihnen woanders verwehrt wurden. Unter sei-
Anwesenden wurden blass vor Schreck. Und ner Regentschaft entwickelte sich München
der Mann auf dem Pferd? Saß immer noch zu einer liberalen, weltoffenen Stadt, die Ma-
da, nackt, rauchend, lächelnd, vom Gesche- ler und Bildhauer, Schauspieler und Literaten
hen um ihn herum offenbar vollkommen un- aus ganz Europa anzog. Dabei spielte auch
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PR INZR EGENTENZEIT
der günstige Wohnraum eine Rolle. Beson- Aber keiner brillierte darin so sehr, wie der, Prinzregenten in sein Schlafzimmer geführt
ders in Schwabing, man mag es heute kaum der im Grunde nur der Stellvertreter war: wurde, um dessen Sammlung flämischer Ge-
glauben, waren Zimmer und Ateliers billig Luitpold, ein Generalmajor und Feldmeister mälde zu betrachten. Zum Schluss stiegen
zu mieten. der Artillerie, dessen ihm zugedachter genea- die beiden auf Luitpolds Bett, weil sie von
Davon profitierten vor allem jene logischer Platz sich bis dahin auf komforta- dort einen besseren Blick auf zwei Werke von
Künstler der Avantgarde, die noch nicht eta- bel ausgestattete Bedeutungslosigkeit be- Eugène Verboeckhoven hatten, wie van de
bliert waren. Hier fanden Max Liebermann, schränkt hatte. Velde, von der obwaltenden Zwanglosigkeit
Lovis Corinth und Max Slevogt zu ihrer spe- Kunstsinnig waren die Wittelsbacher verblüfft, noch Jahrzehnte später in seinen
ziellen Spielart eines expressiven Impressio- schon immer gewesen. Max Emanuel zum Memoiren vermerkte.
nismus. Wassily Kandinsky, Gabriele Münter Beispiel, Kurfürst von Bayern, sammelte Luitpold unterstützte Künstler auf viel-
Bilder links: Interfoto/Pulfer; Café Luitpold München; akg-images; Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, München (2); ullstein bild - Süddeutsche Zeitung Photo/Scherl
und Alexej Jawlensky, Franz Marc und Au- nicht nur über einhundert Gemälde, welche fältige Weise. Seine Favoriten Franz Lenbach,
gust Macke bereiteten der Abstraktion den später den Grundstock für die Alte Pinako- Wilhelm Kaulbach oder Franz Stuck erhob
Bilder vorherige Seite: ullstein bild - Süddeutsche Zeitung Photo/Scherl; Axel Brachat/GDKE Rheinland-Pfalz, Landesmuseum Mainz/Max Slevogt-Galerie, Inv. Nr. SL 85;
Weg und wurden als Mitglieder des »Blauen thek bildeten. Sondern auch andere Gegen- er, ungeachtet deren zum Teil sehr einfachen
Reiter« weltberühmt. Der junge Rainer Ma- stände, wie die Prunkplatte des Atabegs von Herkunft, in den Adelsstand. Und wenn der
ria Rilke wohnte zur Untermiete in der Blü- Mossul, eine Ziselierarbeit aus dem Irak der Prinzregent es wünschte, von einem befreun-
tenstraße in der Maxvorstadt, lernte über ei- ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, die inzwi- deten Maler auf die Jagd begleitet zu werden,
nen Bekannten in einem der notorischen schen in der Abteilung für Islamische Kunst dann konnte es schon sein, dass der ungenü-
Künstlertreffpunkte, dem Café Luitpold am des Staatlichen Museums für Völkerkunde gend ausgerüstete Novize von ihm zum
Odeonsplatz, Lou Andreas-Salomé kennen aufbewahrt wird. Oder nehmen wir Lud- nächsten Weihnachtsfest ein schönes neues
und begann ernsthaft mit der Schriftstellerei. wig I.: Er prägte München architektonisch, Gewehr geschenkt bekam. Auf sein Betrei-
Auch Thomas Mann, der Enge seiner groß- ließ die Gebäude am Königsplatz, das Sieges- ben richtete der Magistrat der Stadt Mün-
bürgerlichen Lübecker Herkunft entflohen, tor, die Staatsbibliothek und die Feldherren- chen zu seinem 70. Geburtstag die »Prinzre-
erkannte bald, dass »München leuchtete«, halle (nach dem Vorbild der Loggia dei Lan- gent-Luitpold-Stiftung zur Förderung der
wie er in seiner 1902 erschienenen Novelle zi in Florenz) errichten und gab der Stadt mit Kunst, des Kunstgewerbes und des Hand-
»Gladius Dei« schrieb. Sie alle waren in der der Ludwigstraße eine neue Achse. werks« ein, die noch heute besteht, Kunst-
Hoffnung gekommen, sich in der Stadt Luitpold war weder ein großer Samm- werke ankauft und Stipendien vergibt.
künstlerisch entfalten zu können. ler, noch glänzte er als Bauherr. Aber ein ech- Ausdrücklich für die Altersversorgung
Und so entfaltete sich die Stadt selbst. ter Freund der Künstler, das war er. Birgit bedürftiger Maler und Bildhauer gedacht
München war der Ort, an dem das erste po- Jooss, ehemalige Leiterin des Deutschen war die zweite Stiftung Luitpolds, die »Prinz-
litische Kabarett im deutschen Reich gedul- Kunstarchivs in Nürnberg, hat sich wissen- regent Luitpold-Stiftung für Künstler« zwan-
det wurde. Die Satirezeitschrift »Simplicissi- schaftlich in die Prinzregentenzeit vertieft zig Jahre später – der 71-jährige Landschafts-
mus« wurde hier gegründet, ebenso wie die und zitiert den Maler Franz von Stuck: »Der maler Johann Sperl zählte neben anderen
Zeitschrift »Die Jugend«, Namensgeberin für Künstler wird hier in Gesellschaft gerne ge- hochbetagten Künstlern zu den ersten Be-
die gleichlautende Kunstrichtung. Gegen sehen. Er verkehrt mit dem Hof, dem Adel günstigten. Luitpold spendete Geld für den
Ende des 19. Jahrhunderts lebten bis zu 3000 und der höchsten Beamtenschaft auf glei- Bau des Künstlerhauses am Lenbachplatz
Künstler in München – eine enorme Zahl, chem Fuße.« Das, so der Maler, »lässt sich und war auch als Schirmherr so unterschied-
angesichts der halben Million Einwohner, von Berlin sicher nicht sagen«. Anders als in licher Initiativen wie des Kunstvereins, der
die die Residenzstadt im Ganzen zählte. Im der Hauptstadt des Deutschen Reiches waren Künstlergenossenschaft, des Kunstgewerbe-
Jahr 1886 hatte Luitpold, zu dem Zeitpunkt Einladungen zum Dinner in die Residenz die vereins und sogar der ihm anfangs nicht ge-
bereits fünfundsechzig, unter dramatischen Regel. In den Neuesten Münchner Nachrich- nehmen »revolutionären« Sezession uner-
Umständen die Regierungsgeschäfte über- ten, Vorläufer der Süddeutschen Zeitung, müdlich im Einsatz für die gute Sache.
nommen, erst von seinem Neffen Ludwig II., hieß es dazu in der Ausgabe vom 11. März Natürlich trat er auch als Käufer auf, wo-
dann von dessen Bruder, dem geistig instabi- 1911: »Der Regent kennt eine große Zahl der bei er sich dabei nicht selten von sozialen Er-
wägungen leiten ließ. Er wusste genau um die
Signalwirkung von Zeitungsberichten über
Zum Schluss stiegen die beiden auf Luitpolds Bett, weil seine Erwerbungen und Atelierbesuche und
setzte beides gezielt ein, um jungen Künst-
sie von dort einen besseren Blick auf die Gemälde hatten. lern oder solchen, die ihm am Herzen lagen,
auf die Sprünge zu helfen. Er konnte sich si-
cher sein, dass die wohlhabenden Kaufleute
len Otto I. Damals befand sich das König- Münchner Künstler persönlich – sicher mehr und Industriellen der Stadt seinem Beispiel
tum in Bayern in einer Krise. Die Exaltatio- als irgendein Privatmann, der nicht etwa von folgen würden. Diese Besuche pflegten oft ge-
nen des »Märchenkönigs« Ludwig II. und die Beruf aus hiermit zu tun hat; sie gehören zu nug überraschend und grundsätzlich früh
allseits bekannte prekäre Disposition von seinen Intimen und Intimsten, es vergehen morgens stattzufinden – was die so bedach-
Otto hatten eine Kluft aufgerissen zwischen nicht allzu viel Tage im Jahr, an denen sie ten Künstler regelmäßig mächtig in Verlegen-
den Wittelsbachern und dem Volk, das de nicht an seiner Tafel sitzen.« Auch solche, die heit brachte, wenn sie dem Regenten im
facto durch Wirtschaftskraft und Bildung, nur auf Durchreise in München weilten, Schlafrock die Tür öffneten.
politischen Innovationsdrang und techni- wurden zu den Essen gebeten. Insgesamt herrschte eine außergewöhn-
schen Erfindergeist längst der eigentliche Zu denen, die einen derart unerwarte- lich freie Atmosphäre im damaligen Mün-
Herr im Haus war. Streng genommen fiel ten Ruf in die Residenz erhielten, gehörte chen. Und es gab immer wieder Einzelne, die
dem König nicht mehr die Rolle des Herr- auch Henry van de Velde, der an einem diese Freiheit mehr ausreizten als andere.
schers zu, sondern die des Repräsentanten. Abend im Jahr 1898 nach der Mahlzeit vom Zum einen beförderte die kunstsinnige
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PR INZR EGENTENZEIT
Bilder links: Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, München (2); bpk; Interfoto/Friedrich; Bilder rechts: Studio Lichtwert, Eschwege; Inselgalerie Gailer
Frauenchiemsee; SZ Photo; ullstein bild - Heritage Images/IBL Bildbyra; Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Neue Pinakothek, München
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Grundhaltung in der Stadt mehr als anders- Adelstitel verzichtete, als sie, wie ein paar Jah- Paul Gauguin dorthin fuhr, für Artefakte aus
wo das Entstehen einer eigenen Kaste, der so- re darauf Thomas Mann, aus Lübeck nach der Südsee. Eine dritte Leidenschaft sieht ihn,
genannten Künstlerfürsten. Die Maler Len- München kam. Sie nahm ihn erst wieder an, der auch an spiritistischen Séancen teilnahm,
bach, Stuck, Kaulbach, Defregger und Max nachdem sie gemerkt hatte, dass sich dieser als Sammler von Totenschädeln.
residierten in prachtvollen Villen, die das verkaufsfördernd auf ihre Publikationen aus- Noch unkonventioneller war Karl Wil-
Stadtbild zum Teil noch immer prägen. Zum wirkte. Später zog die »Skandalgräfin« nach helm Diefenbach. Auf den Fotos, die es von
anderen war auch an Sonderlingen und un- Ascona. Dort ging sie eine Scheinehe mit ei- ihm gibt, sieht er aus wie ein Haight-Ash-
konventionellen Charakteren kein Mangel. nem Baron von Rechenberg-Linten ein, der, bury-Hippie aus den Sixties – nur 80 Jahre
Eine davon war Fanny zu Reventlow, um sein Erbe einstreichen zu können, eine davor. Im München der Prinzregentenzeit
das schwarze Schaf einer uralten holstei- standesgemäße Heirat vorweisen musste. muss er mit seinen schulterlangen Haaren,
nisch-mecklenburgischen Adelsfamilie. Aus Und verlor das damit verbundene Vermögen, dem Bart und Kaftan, den er trug, auf Pas-
deren Sicht machte Fanny alles falsch, was immerhin 20 000 Mark, in einem Banken- santen gewirkt haben wie ein Außerirdischer.
man nur falsch machen konnte. Erst wollte crash. Dann ließ sie sich in Muralto am Lago Diefenbach war als Student der Malerei an
sie Malerin werden, dann fing sie an zu Maggiore nieder, wo sie 1918 im Alter von die Münchner Kunstakademie gekommen,
schreiben. Außerdem propagierte sie, was 47 Jahren tragisch an den Folgen eines Fahr- doch schon bald interessierte er sich mehr
noch viel schlimmer war, die freie Liebe und radunfalls starb. für das Leben im Einklang mit der Natur, für
ging mit leuchtendem Beispiel voran. Fanny zu Reventlow war nicht die einzi- die Freikörperkultur, den Pazifismus und die
In einer Epoche, in der die Geburt eines ge Wahlmünchnerin, die während der Prinz- Rechte von Tieren. Er scharte Jünger um sich,
unehelichen Kindes zwangsläufig gleichbe- regentenzeit einen ungewöhnlichen Lebens- lehnte die Monogamie ab und propagierte
deutend war mit krasser gesellschaftlicher stil pflegte. Der Maler Gabriel Max zum die vegane Ernährung.
Ächtung, trug sie ihren Sohn Rolf wie eine Beispiel züchtete auf seinem Anwesen am Den meisten Münchnern war das dann
Monstranz vor sich her. Den Namen des Va- Starnberger See Affen, mit denen er gerne zu doch zu viel. Und so waren die Reaktionen
ters verschwieg sie hartnäckig. Fanny Revent- Abend aß, wofür er sie eigens in Kinderklei- entsprechend: Sie nannten ihn den »Kohlra-
low war eine wilde Schönheit, die auf ihren der steckte. Auch schwärmte er, lange bevor bi-Apostel«, seine Versammlungen wurden
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PR INZR EGENTENZEIT
6 7
polizeilich verboten. Diefenbach zog sich für Albers, Paul Klee, Otto Mueller und Christi-
eine Zeit in einen verlassenen Steinbruch bei an Schad angelockt hatte, verwandelte sich in
8 Höllriegelskreuth im Süden Münchens zu- einen Hort des Konservativismus. Mit seinen
rück, übersiedelte danach nach Wien und neu gegründeten Galerien für zeitgenössi-
gründete eine Kommune, der er den Namen sche Kunst, mit seinen Sammlern und Mäze-
Eine Zeit unbegrenzter Möglichkeiten? »Himmelhof« gab. Er selber lebte mit zwei nen lief Berlin München den Rang ab. Luit-
1 Im Jahr 1896 malte Lovis Corinth das Selbst- Frauen gleichzeitig, verlangte von seinen pold starb 1912 in seinem 92. Lebensjahr.
bildnis mit Skelett 2 Franz von Lenbach um
Schülern jedoch unbedingte Keuschheit. Als Nach dem Ersten Weltkrieg schlug die
1900 im Kreise seiner Familie 3 Enfant terrible:
Künstler geriet die Ausstellung des Frieses Volkstümlichkeit, die der Prinzregent mit
Fanny von Reventlow mit Sohn 4 Luitpold
förderte den Bau des Künstlerhauses am Len- »Per Aspera ad Astra«, den er zusammen mit seinem Habitus, den Lederhosen und Port-
bachplatz 5 Der Künstler als Prophet: Karl seinem berühmtesten Anhänger Hugo Höp- räts als Jäger in bayerischer Tracht gepflegt
Wilhelm Diefenbach 6 Franz Roubaud hielt pener alias Fidus geschaffen hatte, 1892 in hatte, um in dumpfe Regression. Von da bis
Luitpold und seine Schwester Adelgunde Wien zu einem sensationellen Triumph. zur Hauptstadt der nationalsozialistischen
beim »Geplauder am Chiemsee« fest (Insel- Nach erlittenem Betrug und folgendem Bewegung war es dann nicht mehr weit. Eine
galerie Gailer Frauenchiemsee) 7 Villa des Bankrott ging Diefenbach nach Capri, wo er Forscherin wie Birgit Jooss verweist darauf,
Künstlerfürsten Franz von Lenbach 8 Die Zeit- – in Deutschland zunehmend vergessen – mit dass im Jahr 1933 an der Münchner Kunstaka-
schrift »Jugend« war namensgebend für seinen Weltanschauungen (ein Modewort demie nur ein Professor seinen Posten verlor.
den Stil – hier ein Titelbild von 1898 9 Gabriel der Zeit) durchaus Erfolge feiern konnte. Alle anderen waren schon ganz auf Linie.
Max’ »Affen als Kunstrichter« (1889) Und dann war es irgendwann vorbei mit Doch das kann die Errungenschaften
der freigeistigen Pracht in München. Luit- der künstlerischen Befreiung, die München
pold erging es wie so vielen Museumsdirek- nach der Übernahme der Regierungsgeschäf-
toren und Galeristen heute: Er wurde mit sei- te durch Luitpold nicht schmälern. Das Ge-
nen Künstlerfreunden alt. Die Akademie, die genteil ist der Fall: Im Grunde zehrt die Stadt
noch wenige Jahre zuvor Künstler wie Josef noch heute davon. ×
55
VON
N A M E N A M E R IC H
56
AU S S T E L LU N G
VON
T I M AC K E R M A N N
F
Für seine 15 Sekunden Ruhm ist in unserer
Instagram-Welt jeder selbst verantwortlich.
Andy Warhol gönnte 1968 dem Einzelnen im-
merhin noch eine volle Viertelstunde im
Scheinwerferlicht. Und sein selbsternanntes
»Superstar«-Ensemble unterstützte der Pop-
Künstler mit dem Ehrgeiz eines Firmenma-
nagers. All das scheint einer verflossenen
Epoche anzugehören. Die Welt ist schneller
geworden, die Halbwertzeit der öffentlichen
Aufmerksamkeit geringer. Die jungen Künst-
ler der Gegenwart, die zu den digital natives
gehören, – also in die Welt des Internetzeit-
alters hineingeboren wurden – reflektieren
diese Beschleunigung, indem sie die Infoma-
tionsflut des Netzes filtern und ihre Fundstü-
cke in subjektiven Mini-Erzählungen bün-
deln. Für diese Erzählungen hat sich, egal, ob
sie nur digital existieren oder als greifbares
Objekt – als Skulptur, Video oder Foto – im
Ausstellungsraum landen, der Begriff »Post-
Internet Art« eingebürgert. Seit gut zwei Jah-
ren ist sie die Kunst der Stunde.
57
AU S S T E L LU N G
Bei allem gegenwärtigen Enthusiasmus über he neuer oder neu verpackter Medien erst
die Kunst, die aus dem Netz stammt, haben hervorbringen musste, kann die Malerei ei-
die jungen Künstler jedoch ein Medium nes für sich in Anspruch nehmen: Sie war
ziemlich aus den Augen verloren: die Malerei. von Anfang an da.
Sie kommt in Ausstellungen zur Post-Inter- Mit entsprechendem Selbstbewusstsein
net Art bestenfalls am Rande vor. Diese Mar- wird sich auch die Ausstellung im Museum
ginalisierung ist umso rätselhafter, als sich Brandhorst präsentieren, bei der erstmals alle
die Malerei in ihrer Geschichte stets bereit drei Ebenen des Hauses bespielt werden und
gezeigt hat, auf neue Medien zu reagieren die 200 Werke von rund 100 Künstlern ver-
und sie für ihre eigenen Zwecke nutzbar zu sammelt. Als Startpunkt für eine »Malerei
machen. Die These von der Anpassungsfä- 2.0«, die auf die Präsenz anderer Medien rea-
higkeit der malenden Künstler vertritt in die- giert, haben die Kuratoren das Jahr 1960 ge-
sem Herbst auch die Ausstellung des Münch- wählt. Natürlich setzten sich schon ein Jahr-
ner Museums Brandhorst mit dem Titel hundert zuvor die Maler der Vormoderne
»Painting 2.0: Malerei im Informationszeit- mit der damals brandneuen Erfindung der
Mit seinen »Bad Painting«-Bildern wie
alter«. Das »2.0« verweist mit kaum verborge- Fotografie auseinander. Aber das Informati-
»Auch Einer« (1985, u.) ist Albert Oehlen ner Ironie auf die Idee des Web 2.0, jener Vor- onszeitalter, das für die Münchener Ausstel-
ein Hauptzeuge in der Ausstellung über die stellung eines verbesserten, von sozialen lung als Hintergrund fungiert, beginnt mit
Anpassungsfähigkeit der Malerei. Re. Seite: Netzwerken geprägten Internets, die sich zu seiner massenhaften Bilddistribution durch
Charline von Heyl sucht Vorlagen für Bilder Beginn des 21. Jahrhunderts etablierte. Wäh- Fernsehen und Werbung eben doch erst in
wie »Now or Else« (2009) auch im Netz rend aber der technische Fortschritt eine Rei- den zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Wie aber regieren Pinsel und Farbe nun
auf die neuen Medien? Dem unbestechlichen
Computercode aus Nullen und Einsen setzt
die Malerei den Bruch, das unsaubere Frag-
ment entgegen. Die malerische Geste gebiert
Ambivalenz. So reagierte Albert Oehlen
58
AU S S T E L LU N G
Bild: Courtesy of the artist/Galerie Gisela Capitain, Köln/Petzel Gallery, New York
ner oder den »Toy Story«-Cowboy in seine Düsseldorfer Möbelhaus unter dem Titel schaft – gegenseitig zu unterstützen. Dass
Breitwandgemälde schmuggelte. Gut, da- »Leben mit Pop – Eine Demonstration für Web 2.0 hat also nur neue Kommukations-
mals huldigte man noch der Pop-Kultur und den kapitalistischen Realismus« veranstalte- kanäle eröffnet; die bewährten Strategien
nannte die Methode »Sampling«. te. Sein Mitstreiter war damals der Maler sind dagegen seit Jahrzehnten diesselben. So
Doch es gibt immer ein Davor: Vor Gerhard Richter, der die ersten Anregungen gesehen, wäre es für die jungen, internetaf-
Amazon gab es das Teleshopping und davor für seine verwischt-fotorealistischen Gemäl- finen Künstler durchaus angebracht, ihren
den Versandhauskatalog. Dessen Ästhetik de ebenfalls durch die Bilderwelt der Maga- Argwohn gegenüber der Malerei zu überwin-
schien Mitte der Sechziger Konrad Lueg auf- zine und Kataloge bekam. den. Es ist höchste Zeit, wieder zum Pinsel
zugreifen, als er für seine Bilder die Muster Lueg und Richter bildeten damals mit zu greifen!
von Waschlappen und Handtüchern abmal- den Malerkollegen Sigmar Polke und Man-
te. Luegs Kaufhaus-Pop entsprang folgerich- fred Kuttner ein Netzwerk, um sich – Jahr- »Painting 2.0 – Malerei im Informationszeitalter«,
tig einer Performance, die er 1963 in einem zehnte vor Erfindung der Facebook-Freund- Museum Brandhorst, 14. November bis 30. April
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M Ü N C H N E R K A M M E R SP I E L E
Im Dickicht
der Städte
Kunst im öffentlichen Raum: Mit ihren kreativ improvisierten Apartments haben
die Münchner Kammerspiele die urbane Wohnungsnot zum Thema gemacht
VON
T HOM A S I R M E R
60
2
Matthias Lilienthal sorgt schon vor Beginn seiner ersten Spielzeit als In-
tendant der Kammerspiele für Aufmerksamkeit. Mit dem vom Raumlabor-
berlin realisierten Projekt »Shabbyshabby Apartments« hat er vier
Wochen lang 24 Behausungen an Münchens begehrtesten Plätzen auf-
stellen lassen. 1 »Earth Hut« auf dem Max-Joseph-Platz, 2 »Volle Vorstel-
lungskraft voraus« auf dem Gärtnerplatz, 3 »Fountain of Fortune« am
Isartorplatz, 4 »01:01« im Isartor. 5 Die aus sechzehn gelben Plastikbade-
wannen zusammengesetzte »Yellow Submarine« auf der Schwindinsel
wurde gleich in der ersten Woche in Brand gesteckt
4
2
1
62
HEA DZEILE
Billiger Wohnen: Eine Jury wählte aus 258 Entwürfen, eingereicht von Architek-
ten, Zahnärzten, Philosophen, Juristen und Schülern, die besten aus. Einzige Be-
dingung: Die Herstellungskosten der temporären Apartments sollten nicht mehr
als 250 Euro betragen. 1 »A House of Simple Pleasure« im Rosengarten 2 »Denk-
bar – Give and Take« an der Maximilianstraße 3 »Parking Loft« an der Maximilian-
straße 4 Innenansicht der Schlafjurte »Zur Feinsten Seide« 5 vor den
Edelboutiquen an der Maximilianstraße 6 Wohnrauminseln »Archip(el) Apart-
ment« auf dem Grünstreifen an der Kupferhammerstraße
5
63
M Ü N C H N E R K A M M E R SP I E L E
W
Was soll das denn hier? Eine aus Kleidern ge-
bildete Jurte an der Maximilianstraße, wo
das Boutiqueneinzelstück aus Paris im vier-
heim eher wie seltsam exotische Übernach-
tungsmöglichkeiten für abenteuerhungrige
Festivalbesucher wirkte, hat im Münchner
ten. Der »Stattpark Olga« in der Isarvorstadt
zum Beispiel ist solch ein Projekt für »un-
kommerziellen Freiraum«. Selbstverständ-
stelligen Bereich ausgepreist ist. Die bunte Ausnahmezustand dieser Tage nun eine ganz lich sehen die winterfesten Behausungen
Hütte nimmt auch noch Parkraum weg. andere Ausstrahlung und Setzung. dort nicht so verrückt aus wie die shabby
Aber man kann tatsächlich für 35 Euro zu Die von einem Kollektiv aus Linz ent- apartments mit ihren gekonnt spielerisch ein-
zweit drin übernachten inklusive Frühstück, worfene Kleiderjurte »Zur feinsten Seide« gesetzten Materialien und Formen. Foerster-
das in der Kantine der Kammerspiele ein vor den Nobelläden ist da noch am eindeu- Baldenius hat sich während der Vorbereitung
paar Hauseingänge weiter serviert wird. Wer tigsten als ästhetische Provokation zu sehen. des vom Raumlaborberlin ausgeschriebenen
es mehr mit der Natur hält, konnte auch im Andere shabby apartments erinnern in der und dann von Fachleuten jurierten Wettbe-
»Yellow Submarine« auf der Schwindinsel Machart an die von Obdachlosen im städti- werbs die Bauwagen als alternative Wohn-
einchecken, einem aus sechzehn gelben Plas- schen Raum improvisierten Schutzhütten. möglichkeiten angesehen. Der Unterschied
tikbadewannen zusammengebauten Betten- Um slumming als Selbsterfahrung geht es bei besteht eben darin, dass etwas Neues gedacht
gehäuse in Gestalt des berühmten Beatles-U- diesem wilden Wohnen aber nicht. Vielmehr und gemacht werden sollte, was zeitlich be-
Bootes. Es ging allerdings schon drei Tage wollte Neu-Intendant Lilienthal mit seinem grenzt ohnehin besser möglich ist. Mit den
nach Eröffnung Mitte September in Flam- Theater auf ein Thema setzen, das in der am kühleren Oktobernächten ist in den unbe-
men auf – Hintergrund: noch unklar. dichtesten bevölkerten Stadt Deutschlands, heizten Apartments sowieso Schluss.
An insgesamt 24 Orten wurden für ei- wo Wohnraumpreise und Mieten auch für Als Theaterprojekt steht »Shabbyshab-
nen Monat die sogenannten »Shabbyshabby Besserverdienende kaum noch erschwing- by« in einer längeren Tradition. Theater müs-
Apartments« aufgestellt. Ein temporäres Ho- lich sind, ohnehin täglicher Gesprächsstoff sen sich in den sozialen Raum hinein öffnen,
tel-Projekt, das seinen Gästen für eine Nacht ist. Der Architekturkritiker Niklas Maak ihre Tempelmauern durchbrechen, sich mit
zum Dumping-Preis die Möglichkeit bietet, meint sogar, dass sich die Situation in Mün- anderen Künsten verbünden und dabei The-
München einmal anders zu bewohnen und chen mit »normalen Gentrifikationsprozes- men besetzen, die sonst nicht leicht auf die
vor allem nachts zu hören. Komfort war in sen« überhaupt nicht mehr fassen lasse, weil Bühne zu bringen sind. Matthias Lilienthal
den von überwiegend jungen und meist auch ja nicht eine sozial besser gestellte Schicht hat das in den Neunzigerjahren als Chefdra-
international gemischten Architekten-Teams schlechter Verdienende aus ihren Vierteln maturg der Berliner Volksbühne erkannt
entworfenen Behausungen nicht vorgesehen. verdränge, sondern am Ende keiner mehr und später an Orten wie Mannheim und
Low Budget galt für die Baukosten, 250 Euro dort wohne, wo Kapitalanlagen einen Luxus- Duisburg vorangetrieben, wo er im Jahr 2002
sollten für die Errichtung nicht überschrit- leerstand erzeugen. in einfachen Mietwohnungen Theater spie-
ten werden. Sachsponsoring wie bei den Ba- Insofern sind die schäbigen Apartments len ließ – mit der Überzeugung von einer
dewannen von Laura Petruskeviciute, Pauli- zum einen Sprungbrett für die vom Theater neuen Verankerung des Theaters in der Ge-
na Naruseviciute und Kurt Cleary aus organisierten Konferenzdiskussionen zur sellschaft, wenn dieses nicht als Institution
Glasgow war jedoch ausdrücklich erlaubt. Zukunft der prekären Stadt. Zum anderen erstarren soll.
Veranstaltet wurde dieses Installations- sind sie für kurze Zeit ein Gedankenspiel für Das hat Traditionalisten oftmals irri-
spektakel von den Kammerspielen, die auf den Fall, dass die Kapitalisierung des Stadt- tiert und verunsichert. Kein Stück, keine
diese Weise zum Beginn der Intendanz von zentrums endgültig überdehnt wird. »Was Schauspieler, wozu dann Theater – oder ist
Matthias Lilienthal in die Stadt hineinfun- wäre, wenn alle ihre Wohnungen verließen das noch Theater? Natürlich sind die Apart-
ken – der ausführende Partner ist jedoch das und sich an den unwahrscheinlichsten Orten ments auch Theater, zumindest können sich
Raumlaborberlin, eine auf alternative Archi- der Stadt Buden bauen?«, fragt der Pro- die Kurzzeitbewohner als Teilnehmer an ei-
tekturen und städtische Interventionen spe- grammflyer, um ein solches Spektakel mit ner Performance sehen, die ja auch von an-
zialisierte Künstlergruppe. Benjamin Foers- ernsthaftem Hintergrund als anarchische deren als Zuschauer wahrgenommen wird.
ter-Baldenius hatte zum Beispiel 2005 einen Wohnwelt auszurufen – deren Zukunftstaug- Denn aus rein praktischen Gründen über-
minialpinen Berg in den Berliner Palast der lichkeit aber doch bezweifelt werden darf. nachtet wohl niemand im »Shabbyshabby« –
Republik bauen lassen, der dann von Kunst- Nicht einmal die erfindungsreichen Archi- und der Gast hat doch vielleicht den etwas
werk zu Kunstwerk bestiegen werden konn- tekten würden auf Dauer in ihre 250-Euro- aufrührerischen Gedanken, dass man später
te, während das Gebäude wie ausgeweidet Butzen ziehen, selbst wenn die an den einmal in der Not der Innenstädte so schlecht
brachlag. Vergangenes Jahr war er schon ein- schönsten Plätzen der Stadt stehen. einschlafen und dabei so originell behaust
mal »Shabbyshabby«-Partner Lilienthals, als Auch in München gibt es Bauwagen- aufwachen könnte.
dieser in Mannheim das internationale Fes- siedlungen, deren Bewohner dem regulären
tival Theater der Welt quer durch die Stadt Wohnungsmarkt zu entkommen suchen, www.muenchner-kammerspiele.de,
am Neckar inszenierte. Doch was in Mann- wenn auch weit weniger als in anderen Städ- offizieller Beginn der Spielzeit am 9. Oktober
64
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gebiet Mitteleuropas, verzauber-
te auch die Maler-Avantgarde um
Kandinsky, Münter und Marc
Oh, du Oberbayern!
Seit Jahrhunderten ist das malerische Münchner Umland für die Künstler der
Stadt Zuflucht, Atelier und Inspiration. Wir folgen ihren Spuren
VON
G L OR I A E H R E T
MÜ NCH N ER UM LA N D
Bild vorherige Seite: Thomas Linkel/laif; Bild links: Jörg Hackemann/fotolia; Bild rechts: Bayerische Schlösserverwaltung/www.schloesser.bayern.de
eine persönlich geprägte Zeitreise vom Mit-
telalter bis in die Moderne, immer mit direk-
tem Bezug zur Münchner Kunst, wobei das
bayerische Rokoko und der Aufbruch in die
Moderne die Schwerpunkte bilden.
München verdankt seine Gründung
Freising; denn Herzog Heinrich der Löwe
ließ die dortige Isarbrücke, die dem Bischof
von Freising gehörte, zerstören und 1158 fluss-
aufwärts nahe »bei den Mönchen« eine neue
errichten. Daher ist die alte Bischofsstadt
Freising, genauer der Domberg, auch unser
erstes Ziel. Um 720/30 wirkte hier der heilige
Korbinian und der heilige Bonifatius grün-
dete 739 das Bistum. Bis ins 14. Jahrhundert
war der Domberg der geistige Mittelpunkt
Oberbayerns. Die Kathedrale, in deren vor
1205 vollendeter Krypta mit der voll skulp-
tierten Bestiensäule sich der Charakter des
romanischen Baus bewahrt hat, wurde um
1481/82 von Jörg von Halsbach, dem Erbauer
der Münchner Frauenkirche, eingewölbt.
Wie so viele bayerische Kirchenbauten
wurde die fünfschiffige Basilika im 18. Jahr-
hundert von den Brüdern Asam samt Stuck
und Malerei barockisiert. Der Raumein-
druck ist überwältigend. Allerdings ist das
M
Hochaltarbild mit dem »Apokalyptischen
Weib« eine Kopie, denn Rubens’ monumen-
tales Gemälde von 1625 zog 1804 in die Alte
Pinakothek in München, dort ist es ein
Hauptwerk der Sammlung. Ob Peter Candid
oder Hans Krumpper, die für den Münchner
Hof tätigen Künstler des Frühbarocks sind
auch im Freisinger Dom mit Werken vertre-
ten. Ebenso auf dem Domberg beheimatet ist
München ist zwar nicht auf sieben Hügeln Kunstschaffende waren gleichermaßen in das Diözesanmuseum mit seinen reichen
erbaut wie Rom oder Bamberg. Auch die der Metropole und auf dem Land tätig. Jo- Schätzen. Doch leider ist es derzeit wegen Sa-
Lage an der Isar ist eher unspektakulär. Die hann Georg von Dillis (1759–1841) etwa, der nierung und Umbau geschlossen.
Stadt – erst herzogliche, dann kurfürstliche nicht nur Kunstagent im Auftrag des Hofes, Der sogenannte Pfaffenwinkel, der sich
und königliche Residenz, heute freistaatliche Inspektor der Hofgartengalerie und erster südwestlich von München im aufsteigenden
Kapitale – bezieht ihre größten Reize tradi- Direktor der unter Ludwig I. errichteten Al- Alpenvorland zwischen Lech und Loisach
tionell aus der Kunst. Dafür hat München ten Pinakothek war, sondern auch eine Pro- erstreckt, ist die Kernlandschaft des baye-
ein traumhaft schönes Umland, dessen Flüs- fessur für das Landschaftsfach an der Akade- rischen Rokoko. Von hier zogen die Wesso-
se und Seen, sanfte Hügel und schneebedeck- mie innehatte und zu den prägenden brunner Stukkateure weit über die Landes-
te Berge den Münchner Künst lern seit Neuerern der Freiluftmalerei in Deutschland grenzen des Kurfürstentums hinaus. Hier
Jahrhunderten als Inspirationsquelle, Frei- gehört. Am liebsten und schönsten malte er verlief die alte Römerstraße Via Claudia Au-
landatelier und Andachtsort dient. Viele die oberbayerische Landschaft. gusta von Augsburg bis über den Brenner;
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HEA DZEILE
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Zauberhaftes Rokoko im Marienmünster in
Dießen am Ammersee, an dessen Aus-
stattung zahlreiche namhafte Künstler
beteiligt waren. So entwarf etwa
François Cuvilliés den Hochaltar, die Kan-
zel stammt von Johann Bapstist Straub
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Heiliger Martin www.senger-bamberg.de 60. Kunst-Messe München,
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MÜ NCH N ER UM LA N D
sollte. Ende des 17. Jahrhunderts nach Plänen Dießen als Wandpfeilerkirche, aber höher,
des Vorarlbergers Michael Thumb erbaut, länger und erhabener. Den Farbklang beherr-
stammt die Ausstattung aus der Mitte des 18. schen die verschiedenen Rottöne der Stuck-
Jahrhunderts. Johann Baptist Straub schuf marmorsäulen vor den Wandpfeilern. Auch
den raumgreifenden säulenbesetzten Hoch- hier waren die Brüder Asam bei der Ausstat-
altar, das lichte Deckenfresko hat der Augs- tung prägend am Werk. Der prächtige Hoch-
burger Akademiedirektor Georg Bergmüller altar mit seinen dominierenden gedrehten
mit dem Vollendungsjahr 1752 versehen. Säulen bezieht die Apsisfenster als Hinter-
Wir bleiben im Ampertal, wo die Anla- grundfolie ein, sodass die weiß strahlenden
ge des Zisterzienserklosters Fürstenfeld ma- Heiligenfiguren vor hellem Tageslicht stehen.
jestätisch und beherrschend vor dem Städt- In der Anlage mit den seitlichen Kanä-
chen Fürstenfeldbruck liegt. 1263 gegründet, len erinnert Kloster Fürstenfeld ein bisschen
strahlt schon die mächtige dreistöckige säu- an Schleißheim, unsere nächste Station auf
lengegliederte Fassade nach früheren Plänen der kunsthistorischen Rundreise. Hier ließ
Giovanni Antonio Viscardis barocke Würde Kurfürst Max Emanuel gegenüber vom Alten
aus. Das Kircheninnere offenbart sich wie Schloss aus dem frühen 17. Jahrhundert ab
1701 einen imperialen Neubau errichten. Der
siegreiche Feldherr gegen die Türken, dessen
Blick nach Stationen in Wien, Brüssel und
Paris von den europäischen Residenzen ge-
weitet war, wollte damit seinem Anspruch
auf die Kaiserwürde bauliche Gestalt verlei-
hen. Vergeblich, wie die Geschichte zeigen
sollte. Nach der Niederlage von Höchstädt
musste er Bayern verlassen. Wir versäumen
indes nicht, am Mittelkanal hinunter zum
Schlösschen Lustheim zu flanieren, denn
hier ist die berühmte Meißener Porzellan-
sammlung Schneider beheimatet. Sie vermit-
telt einen Eindruck, wie die höfische Gesell-
schaft damals ihren Tafelfreuden frönte.
Eduard Schleich d. Ä., »Münchner Straße«, Nur rund zwanzig Kilometer nördlich der deutschen Freilichtmalerei, die hier ent-
um 1860. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts von München liegt Dachau, dessen Name we- standenen Bilder sind vor allem in der
kam Schleich regelmäßig zum Malen nach gen des ehemaligen Konzentrationslagers Münchner Neuen Pinakothek und im
Dachau und wurde ein Vorreiter der dor- schreckliche Assoziationen hervorruft. Darü- Schweinfurter Museum Georg Schäfer ver-
tigen Künstlerbewegung. G. o. Adolf Hölzel, ber wird oft übersehen, dass das hoch über treten. Am Entstehungsort selbst präsentiert
Ludwig Dill und Arthur Langhammer dem flachen Umland gelegene Städtchen ei- die Gemäldegalerie Dachau gegenüber vom
aus der ersten Dachauer Künstlerkolonie
nen zauberhaften historischen Kern besitzt. Rathaus eindrucksvolle Bestände von den
Und mit der Dachauer Künstlerkolonie, de- Anfängen bis zur Neuen Sachlichkeit.
ren Blüte in die Jahre zwischen 1880 und 1920 Ob Worpswede oder Dachau, die Maler
fällt, als ein bayerisches Pendant der Barbi- zog es in die freie Natur – nicht in liebliche
zon-Schule in die Kunstgeschichte eingegan- Parklandschaften wie im 18. Jahrhundert,
gen ist. Dachau zählt zu den frühen Zentren sondern in unverfälschte, bäuerliche Regio-
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nen oder einsame Moore. Statt Land- Das Franz Marc Museum in Kochel liegt
schaftskompositionen hatten es ihnen Na- inmitten der Bilderbuchlandschaft
turausschnitte, Lichtstimmungen, das des Voralpenlands, das die süddeutsche
Atmosphärische angetan. Später kamen Avantgarde der Moderne inspirierte
auch dörfliche Anwesen und ihre Bewoh-
ner samt Vieh ins Bild. Ein Grund dafür:
Hier lebte es sich billiger als in der Haupt- Wir begegnen Leo Putz, Heinrich von Zü-
stadt München. Ausschlaggebend für die gel, Paula Wimmer, Paul Baum oder Max
sich europaweit ausbreitende Freilichtma- Feldbauer, dem von Mitte Oktober bis
lerei war die Erfindung der Tubenfarben. Ende Februar 2016 eine Ausstellung unter
Bis dahin konnten die Künstler im Freien dem Motto »Akt und Roß genügen mir«
nur Skizzen und Studien anfertigen, die gewidmet sein wird.
Gemälde entstanden im Atelier. Der 1938 gestorbene Maler und Grafi-
Bild: Ursula Maier
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MÜ NCH N ER UM LA N D
Dachauer Oberbürgermeister davon hörte. Nicht weniger spektakulär liegt das Buch-
Wenigstens einen kurzen Spaziergang muss heim Museum: am Westufer des Starnberger
man durch den Hofgarten und seinen bezau- Sees, inmitten des weitläufigen Parks Hö-
bernden Laubengang machen, vorbei an Ro- henried mit seinem herrlichen alten Baum-
senbeeten und Wildblumenrabatten sowie bestand. Die elegante Architektur schmiegt
Bilder: Franz Marc Museum/Kochel am See; Simone Gänsheimer, Ernst Jank, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, München/Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung, München/VG Bild-Kunst, Bonn 2015 (2)
alten Apfelbäumen verschiedener histori- sich so glücklich in die Hügellandschaft, dass
scher Sorten. Sie sollten einst gewährleisten, man dem großen, 2010 gestorbenen Archi-
dass die Wittelsbacher, wann auch immer sie tekten Günter Behnisch verzeiht, diesen Ort
Lust auf frische Äpfel verspürten, aus der ei- überhaupt bebaut zu haben. Es ist eine Sym-
genen Zucht bedient werden konnten. biose aus Holz und Glas mit Anklängen an
Erdige Brauntöne charakterisieren die den Schiffsbau und einem zwölf Meter lan-
Dachauer Moorlandschaft. Sie ist ganz an- gen Steg über den See. Lothar Günther
ders als das liebliche »Blaue Land« um Mur- Buchheims Expressionistensammlung mit
nau, jene Voralpenregion, in der sich um die Gemälden aus den besten Jahren der »Brü-
vorletzte Jahrhundertwende Franz Marc, cke«-Künstler ist das Herzstück des im Jahr
Wassily Kandinsky, Gabriele Münter und de- 2001 eröffneten Hauses. Hinzu kommen
ren Malerfreunde aufhielten. Noch heute Meisterwerke von Alexej Jawlensky, Otto
kann man das Münter-Haus besuchen, wo Mueller oder Emil Nolde, von Lovis Corinth
Kandinsky und Münter wenige, aber ent- oder Max Beckmann, aber auch des weniger
scheidende Jahre lebten und malten. Im bekannten Max Kaus. Zahlreiche Bilder er-
Murnauer Schlossmuseum, das auf einem strahlen einzeln an Stellwänden und bieten
Hügel über dem quirligen historischen Stadt- menfand. Siebzig Jahre nach Marcs frühem einen ungeteilten Kunstgenuss. Auch hier lo-
kern thront, stehen ihre Werke im Mittel- Tod auf einem Schlachtfeld bei Verdun wur- cken Sonderausstellungen immer wieder ins
punkt. Und der Blick aus einem Fenster spie- de das Museum eröffnet. 2008 erweiterte das Haus. Zudem verfügt das sogenannte Muse-
gelt die Ansicht eines berühmten Gemäldes. Zürcher Architekturbüro Diethelm & Spill- um der Phantasie über verschiedenste Abtei-
Am Ortsrand von Kochel ist Franz Marc mann es um einen ebenso attraktiven wie lungen, die Vergnügen bereiten mögen, mit
ein eigenes Museum gewidmet. Wenn man zweckdienlichen zweistöckigen Trakt, des- Kunst jedoch weniger zu tun haben.
an einem Werktag außerhalb der Ferienzeit sen Panoramafenster einen atemberauben- Zum Schluss unserer Zeitreise geht es
das Glück hat, kaum Touristen zu begegnen, den Blick in die Bilderbuchlandschaft bietet. nach Tegernsee, wo der gebürtige Norweger
kann man dort die meditativ-mystische Neben Vertretern des »Blauen Reiters« und und international gefeierte Künstler Olaf
Stimmung seiner Bilder auf sich wirken las- der »Brücke«-Expressionisten zeigt das Mu- Gulbransson von 1929 bis zu seinem Tod 1958
sen. Diese Gegend war vor dem Ersten Welt- seum Bilder von Paul Klee sowie abstrakte mit seiner dritten Frau lebte. Kaum zu glau-
krieg Ausgangspunkt und Inspirationsquelle Kunst aus der deutschen Nachkriegszeit. Es ben, dass das wohlbeleibte Urgestein, das
der süddeutschen Avantgarde. Hier ist Marcs besitzt rund 2000 Werke, davon etwa 80 Pro- dem Schweinsbraten halbmeterweise zu-
tief verwurzelte Naturverbundenheit am in- zent Arbeiten auf Papier. Ganze Werkkom-
tensivsten zu erleben. Er wurde zur Identifi- plexe berühmter und noch zu entdeckender
kationsfigur der Künstlergemeinschaft »Der Künstler bilden den Ausgangspunkt für at-
Blaue Reiter«, zu der er sich im Jahr 1911 mit traktive und außergewöhnlich interessante
Kandinsky, Münter und Jawlensky zusam- Sonderausstellungen.
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SE RV IC E
Bilder links: Buchheim Museum/EGENCY; Klaus Leidorf; Olaf Gulbransson Museum, Tegernsee/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Bilder rechts: Grafik: Katharina Weiss; Stadt Dachau; Olaf Gulbransson Museum, Tegernsee/VG Bild-Kunst, Bonn 2015
79
P ÖR N B AC H C ON T E M P OR A RY
Zeitgenossen auf
dem Land
Das beschauliche Pörnbach erlebt seine erste internationale Kunstausstellung.
Für einen Monat wird das Schloss zum Schauplatz von »Kosmos Seven«
D
as sechzig Kilometer nördlich
von München gelegene Schloss
Pörnbach hat in seiner über
450-jährigen Geschichte schon
eine Menge erlebt. Die marodierenden Söld-
nerhorden des Dreißigjährigen Krieges, die
feierliche Bestattung des heiligen Sisinnius,
80
DAS GEMÄLDE HAUS
MÜNCHEN
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Sie ist die älteste Kunst-Messe Deutschlands und
findet unter der ideellen Trägerschaft des KD
(Kunsthändlerverband Deutschland) statt. Die
renommierten Aussteller der 60. Kunst-Messe
München präsentieren ein erstklassiges Angebot
aller klassischen Sammelgebiete von der Antike
bis zur Kunst der Gegenwart. Ein Besuch dieser
internationalen Messe ist für den kundigen
Sammler musealer Kunst ebenso lohnend wie für
Neueinsteiger.
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AGENDA
Bild: Emil Larsson
Willkommen zum Defilee der ebenso schrägen wie wegweisenden Mode von Jean Paul Gaultier!
Mehr als 140 seiner Kreationen zeigt die Hypo-Kunsthalle bis zum 14. Februar (siehe S. 104)
83
AG E N DA
s t p a l
Po !–!1.11.
25.10.
a st MESSEN
Wer jemals den Altar in der kleinen Pfarrkir-
che Mariä Himmelfahrt in Niederlana in
Südtirol, gleich bei Meran, besuchte, der
weiß um die faszinierende Kunstfertigkeit
von Hans Schnatterpeck. Acht Jahre lang ar-
beitete der ursprünglich schwäbische Künst-
ler mit seinen Gesellen Anfang des 16. Jh. an
der bemalten und mit Gold verzierten plas-
tischen Darstellung der Bibel. In seiner
Werkstatt entstand nicht nur der Altar, son-
dern auch ein detailreiches Lindenholzrelief
der Geburt Christi um 1480/1500, die der
Kunsthandel Senger aus Bamberg in diesem
Jahr auf der Kunst-Messe München offeriert.
Mit dem museumswürdigen Werk begeht
der Kunsthandel den 60. Geburtstag der
Messe, die als die älteste Deutschlands gilt.
Daneben ist am Stand von Senger aber auch
eine bemerkenswerte Darstellung des »Letz-
ten Abendmahls« aus Antwerpen, um 1500,
zu finden. Dieses Relief in Eichenholz ist in
der originalen Fassung erhalten und kostet
Siebdruck
berg. Wohl zur Freude aller Kunstinteres-
sierten – und auch der Aussteller – finden
die drei Münchner Messen nun zwar mit
unterschiedlichen Laufzeiten, aber doch pa-
rallel statt, die Kunst-Messe München ab
Zum 60-jährigen Jubiläum zeigt
dem 25. Oktober, die Kunst & Antiquitäten
die Kunst-Messe München, wie modern
alte Kunst wirken kann Danziger Pokal, Peter Rohde II., um
1670, Boettcher, 98 000 Euro.
Oben: Geburt Christi, Werkstatt
VON Hans Schnatterpeck, Südtirol,
S U S A N N E LU X um 1480/1500, Lindenholz, Senger
84
ab dem 24. Oktober, die Highlights ab 28. Ok- sche Amphora aus dem 4. Jh. v. Chr., Günter
tober, und alle enden am 1. November. Einem Puhze aus Freiburg bietet die 94 cm hohe An-
Besuch sämtlicher drei Messen steht zumin- tike mit Darstellung der Gigantomachie des
dest zeitlich nun nichts mehr im Weg. Das Baltimore-Malers zum Kauf an. Puhze liefert
wird sich wohl bei den Besucherzahlen be- eine einwandfreie Provenienz zum Stück: Es
merkbar machen. ist publiziert und stammt aus einer Genfer
Das Angebot der Kunst-Messe unter der Sammlung. Das und die hervorragende Er-
ideellen Trägerschaft des Kunsthändlerver- haltung tragen wohl auch zu einem Preis von
bands Deutschland – zu dem sich die beiden 140 000 Euro bei.
größten Kunsthandelsverbände, der Deut- Auch die Möbelkunst ist gut vertreten:
sche Kunsthandelsverband und der Rheini- Eine einzigartige »Vernis Martin Kommode
sche Kunsthändlerverband RKV, zusammen- sans traverse« ist am Stand von Ulf D. Härtl
geschlossen haben – umfasst wieder alle aus Bamberg zu entdecken. Das Möbelstück
Epochen, von der Antike bis zur Gegenwarts- auf geschwungenen Beinen, im Stil der
kunst. Der Schwerpunkt liegt dabei aber auf Transition von Jean-Jaques Manser enthält
der Alten Kunst. Die 35 Aussteller, die meis- noch die originalen Schlösser und feuerver-
ten aus dem deutschsprachigen Raum, brin- goldeten Beschläge. Der Eichenkorpus mit
Serge Poliakoff, »Composition gen angesichts des 60-jährigen Jubiläums der Amaranth und Königsholz ist allseitig mit
à dominant rouge«, 1965, 64 x 50 cm, Messe ihre feinste Ware an Gemälden, Mö- Landschaftsdarstellungen geschmückt. Es
Galerie Koch, 150 000 Euro. beln, Porzellan, Glas, Silber, Schmuck und handelt sich um eine französische Lackar-
Rechts: Tabatière, Paris, 1770/1771, Teppichen mit. Dazu zählt auch eine apuli- beit im sogenannten Vernis Martin – nach
Bilder: Galerie Koch/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Dr. Eva Toepfer; Gerald Hartinger Fine Arts
85
MESSEN
Luxemburg. Christian Friedrich Winger fer- Sammlung von Joseph Clemens Prinz von
tigte das schlichte Zeugnis der Goldschmie- Bayern. Der Künstler war zwischen 1494 und
dekunst des 18. Jahrhunderts in vergoldetem 1503 in Kastilien tätig. Das Werk kostet 68 000
Silber. Aus Paris stammt eine Goldtabatière Euro. Für 22 800 Euro ist dagegen Carlo Gru-
von François-Nicolas Génard. bacs’ (1802–1878) signierte Gouache »Ansicht
Einen Danziger Pokal des Silber- der Piazzetta in Venedig« zu erwerben.
schmieds Peter Rohde II. hält Gerrit Boett- Maier & Co. Fine Art aus Stuttgart prä-
cher aus Burgwedel bereit. Der 1850 Gramm sentiert Museumswürdiges: das kleine sig-
schwere Pokal wurde um 1670 gefertigt und nierte Ölgemälde »Tête de femme de profil«
zeigt auf der Wandung eine alttestamentari- von Pierre-Auguste Renoir (1841–1919). Das
sche Szene. Samson ruht in den Armen von Werk, das in den »Catalogue critique« Re-
Delilah, die eine Schere in der Hand hat, um noirs aufgenommen wird, ist für einen Preis
ihm durch Abschneiden seiner Haare die von 265 000 Euro im Angebot. Die junge Frau
Kraft zu rauben. Im Hintergrund warten sei- mit dem Strohhut im Bild strahlt mit ihren
ne Feinde, um ihn gefangen zu nehmen. Für roten Backen Lebensfreude aus. Selbst Pablo
einen Preis von 98 000 Euro ist der imposan- Picasso äußerte sich beeindruckt von solch
te Pokal zu haben. zarten Mädchengemälden Renoirs: »Camille
In der Gemäldesektion glänzt Helmut Corot hat den Morgen entdeckt und Renoir
Ph. Riedl aus München mit zwei Meisterwer- die jungen Mädchen.«
Bilder: Maier & Co. Fine Art/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Von Seckendorff; Dr. Riedl
ken. Eine Pedro Bello zugeschriebene Dar- Kohlhammer und Mahringer reisen aus
stellung der Messe des heiligen Gregor Wien mit einem österreichischen Werk an, ei-
stammt aus Wittelsbacher Besitz, aus der nem typischen Bergmotiv von Oskar Mulley
(1891–1949) in pastoser Farbigkeit. Der Preis
des »Berghofs« beträgt 75 000 Euro. Ebenso
aus Wien kommt die Galerie Gerald Hartin-
ger Fine Arts. In ihrem Repertoire befinden
sich zwei Werke von Andy Warhol. Der Farb-
siebdruck »Mao« aus dem Jahr 1972, für
69 000 Euro zu haben, und der Siebdruck
»Single Dollar« zum Preis von 65 000 Euro.
Beide locken mit ihren leuchtenden Farben.
In dominanten Rottönen zeigt sich auch
Pierre-Auguste Renoir, »Tête de femme de eine Komposition von Serge Poliakoff aus
profil«, Öl/Lw., 16 x 14 cm, Maier & Co. Fine dem Jahr 1965 bei Koch aus Hannover. Das
Art, 265 000 Euro. Oben: Girandole, Louis Gemälde kostet 150 000 Euro. Die Galerie, die
Philippe, Frankreich, um 1845, Bronze/ Kunst von der klassischen Moderne bis zur
Marmor/Feuervergoldung, H. 108 cm, Von Se- Gegenwart im Angebot hat, gibt es übrigens
ckendorff, 27 600 Euro. Unten: Carlo Grubacs, genauso lange wie die Messe. Sie feiert in die-
»Ansicht der Piazzetta in Venedig«, Gouache/ sem Jahr ihr 60-jähriges Jubiläum.
Karton, 25 x 41 cm, Dr. Riedl, 22 800 Euro Textile Kunst, Teppiche und Flachgewe-
be sind das Spezialgebiet von Mohammad
Tehrani in Hamburg. Hier fällt ein in Blau-,
Rot- und Grüntönen gemusterter Sewan-Ka-
sak aus dem Kaukasus, 19. Jh., ins Auge.
Eine Besonderheit der Glaskunst ist bei
Kovacek Spiegelgasse zu finden. Ein Ranftbe-
cher mit Nachtansicht von Anton Kothgasser
aus Wien um 1820. Die Innenseite ist mit Sil-
berätze bestrichen. Die Außenseite in Grisail-
le- und Schwarzlotmalerei zeigt eine radierte
Darstellung des Nachthimmels mit Mond
und Wolken. Auf der Rückseite ist ein Ster-
nenhimmel zu sehen. Die Dekoration geht
wohl auf Wiener Glückwunschkarten zurück
– demnach das passende Highlight zum
60. Geburtstag der Kunst-Messe. ×
86
the
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nnerhalb der Messentrias in der baye-
rischen Hauptstadt ist die Kunst &
Bild links: Conny Mirbach; rechts: Conny Mirbach; Bringantine 1900/VG Bild-Kunst, Bonn 2015
91
MESSEN
barkeit um 1600: ein feuervergoldetes, gra-
viertes Kästchen mit Verkündigunsszene auf
dem Deckel. Josip Kutnjak aus München ver-
bindet Volkskunst mit einer Auswahl Wie-
ner Bronzen. Auch Peter Prechtl legt sich
nicht auf ein Spezialgebiet fest. Wie immer
bringt er ausgefallene historische Gartende-
korationen mit, hat aber auch eine original
gefasste Altöttinger Madonnenfigur mit
Kind aus dem 18. Jahrhundert nebst einer
Büste der Sängerin und zweiten Frau Verdis,
Giuseppina Strepponi, von Pierre-Jules Cave-
lier aus Carrara-Marmor von 1865.
Die österreichischen Aussteller ergän-
zen als Generalisten das Programm auf das
Glücklichste. Bei der Kunstwelt Rochus V.
Probst konkurrieren Beleuchtungskörper,
Silber, Glas, Porzellan, Uhren und Juwelen
um die Gunst neuer Besitzer. An Highlights
nennt er »Opfernde Vestalinnen«, ein Jo-
hann Heinrich Tischbein d. Ä. zugeschriebe-
nes Gemälde, sowie ein von Horst Schwei-
gert begutachtetes und original gefasstes
92
MESSEN
möbeln und Objekten des 18. und frühen Das Verkündigungsrelief aus Lindenholz
19. Jahrhunderts, darunter ein Neuwieder entstand um 1760 in der Werkstatt
Verwandlungssekretär von 1805. Sie prunkt des Admonter Barockbildhauers Josef
jedoch auch mit höfischen Wandvertäfelun- Stammel, Kunstwelt Rochus V. Probst
gen oder Fußböden. Eyecatcher sind ein eng- aus Graz präsentiert es auf der Messe
lischer Schaukelstuhl aus Eisen, um 1840, der
wohl von John Porter stammt, sowie eine 143
Zentimeter hohe Florentiner Sandstein-
sphinx um 1680.
Reich ist die Auswahl an Interieur und
Wohnantiquitäten, etwa bei Angela Gut-
schow oder Veronika Czarny. Peter Fink ver-
bindet Möbel mit Porzellan und Vitrinenob-
jekten. Der Kunsthistoriker Jan Wittmann,
der bereits die zweite Ausstellergeneration
vertritt, überrascht immer mal wieder mit
musealen Trouvaillen.
ISOLDE WEISS
Seit 40 Jahren handelt die Münchnerin nun
schon mit Gemälden, und ihr Interessen-
schwerpunkt ist klar umgrenzt: Sie konzen-
triert sich auf die Epoche zwischen 1840
und 1940 und auf Maler aus dem süddeut-
schen Raum. In ihren Galerieräumen im
Süden der Stadt bietet sie außerdem Raum
für Bronze- und Steinskulpturen von
Münchner Gegenwartskünstlern. Auf der
Kunst & Antiquitäten ist sie Stammgast
93
MESSEN
CHARLOTTE UND ELISABETH NÜDLING
Wenn es um die Frage geht, ob ein Bauhaus-
Stuhl neben die Barockkommode passt,
beraten sie ihre Kunden auch gern zu Hause.
Charlotte Nüdling und ihre Tochter, eine
promovierte Kunsthistorikerin, bieten in
ihrer Geschäftsvilla im Herzen von Fulda
Möbel, Gemälde und Kunsthandwerk vom
18. bis 20. Jahrhundert. Außerdem sind sie
auf internationalen Kunstmessen präsent
94
www.colognefineart.de
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Bilder links: Courtesy Galerie Thomas 2015/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Kunstkammer Georg Laue, München; Bilder rechts: Michael Aust; Kunkel Fine Art
Ein Fest für Liebhaber
Die Highlights versammelt erneut Spitzenwerke aller
Epochen. Einige deutsche Händler fehlen,
an ihre Stelle rücken namhafte italienische Kollegen
VON
G L OR I A E H R E T
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ünchen kokettiert gern damit, ger Vorgänger Giovanni Pratesi. Damit war-
die nördlichste Stadt Italiens zu tet die Münchner Messe mit italienischen
sein. In Hinblick auf die High- Altmeistergemälden eines Kalibers auf, wie
lights-Messe trifft das in die- man es hier bisher kaum kannte. Moretti
sem Herbst zu, denn auf der Biennale Inter- zeigt Antonio Vivarinis »Hl. Katharina von
nazionale dell’Antiquariato in Florenz (BIAF) Alexandria«, Orsi Ludovico Carraccis »Hl. Se-
haben vor knapp vier Wochen elf Teilnehmer bastian« (800 000 Euro), Giacometti Old Mas-
dieser Münchner Messe zwei Gemeinschafts- terpaintings »Die Mystische Hochzeit der hl.
stände bespielt. Und nun kommt eine Grup- Katharina« des Francesco di Castello (45 000
pe ebenso vieler BIAF-Aussteller nach Mün- Euro, sie ziert das Cover des Highlight-Kata-
chen. Darunter Fabrizio Moretti, Präsident loges). Auch Lorenzo Ottonis Marmorbüste
der traditionsreichsten italienischen Kunst- von Papst Innozenz XII. (230 000 Euro, eben-
und Antiquitätenmesse, und sein langjähri- falls von Giacometti) setzt neue Maßstäbe.
98
Tom Postmas attraktives Ausstellungszelt im
Kaiserhof der Residenz bietet nicht annä-
hernd so viel Platz wie der barocke Palazzo
Corsini. Die 56 Kunsthändler müssen sich
tatsächlich auf Highlights beschränken,
trotzdem umfasst ihr Programm Kunst von
der Antike bis in unsere Tage. Der nötige
Raum für die Italiener entstand durch das
schmerzliche Fernbleiben der Münchner Fir-
ma Röbbig. Leider nehmen weitere bedeu-
tende Kollegen wie Daxer & Marschall (Mün-
chen) oder Rumbler (Frankfurt) auch nicht
teil. Neuaussteller sind nachgerückt.
Werfen wir einen Blick auf Exponate,
die uns eine Reihe Aussteller exklusiv ge-
nannt hat: Caravaggio ist längst zu einem
über die Kunstszene hinaus bekannten Su-
perstar avanciert. Wegen seiner schillernden
Persönlichkeit – und weil er die Malerei um
1600 revolutioniert hat. Sein gesichertes
Œuvre ist klein, sein Einfluss auf andere Ma-
ler umso größer. So präsentiert Enrico Fras- Die reich geschwungene Louis-XV-Kommode Wie sinnlich-schön man »Die Häutung des
cione (Florenz) caravaggeske Werke wie von Pierre Garnier (um 1760) steht bei Satyrs Marsyas durch Apoll« darstellen kann,
»Diana im Bade« von Giuseppe Cesari, ge- Franke, Kunkel Fine Art zeigt die »Römerin zeigt die bewegende Terrakottagruppe von
nannt Il Cavaliere d’Arpino (150 000 Euro), aus Albano«, gemalt von August Riedel Giovanni Baratta, wohl ein Bozzetto für sei-
oder die alttestamentarischen Gestalten »Jael ca. 1850 (unten). Li. Seite: Bei Georg Laue ne 1767 geschaffene Marmorskulptur
und Sisara« des Neapolitaners Filippo Vitale besticht eine Uhr mit Vierviertelschlagwerk, (300 000 Euro, Padovani). Auch Dr. Rainer
sich drehendem Affen und springendem
(110 000 Euro). Der Romliebhaber kommt ins Jungbauer (Straubing), Spezialist für süd-
Hund, von Gabriele Münter stammt das
Schwärmen bei der aquarellierten »Veduta deutsche Barock- und Rokokoplastik, ver-
»Bauernhaus bei Regen« (1914)
del Foro Romano« des Filippo Giuntotardi weist auf außergewöhnliche Bozzetti: Die
(1767–1831) mit tanzenden Paaren zwischen »Malerei« ist Teil einer Figurenserie aus der
antiken Ruinen (um 60 000 Euro). In die Werkstatt des fränkischen Bildhauers Ferdi-
Grotte des Neptun in Tivoli steigen wir mit nand Tietz (1708–1777; zusammen 36 000
einer Gruppe russischer Touristen hinab, ge- Euro). Bei einer wohl Augsburger Kreuzi-
malt von Louis Ducros 1782, als sein großer gungsgruppe aus dem 17. Jahrhundert mit
Förderer, der spätere Zar Paul I., mit Gattin Schächern aus Birnbaumholz ist der Meister
inkognito in Rom weilte (um 140 000 Euro; (noch) unbekannt (65 000 Euro). Ebenfalls
beide Bilder bei Francesca Antonacci & Da- ins 17. Jahrhundert, jedoch in die Edo-Epo-
miano Lapiccirella). che, entführt uns der Japanspezialist Giuseppe
Bei Scheidwimmer (München) stehen Piva aus Mailand mit einem bunt bemalten
niederländische Gemälde des Goldenen und lackierten hölzernen Weihrauchgefäß.
Zeitalters im Mittelpunkt, der ersten großen Es hat die Gestalt eines Elefanten und befand
Blütezeit der Stilllebenmalerei. Monogram- sich ehemals in der namhaften Sammlung
miert und 1643 datiert ist der »Imbiss mit Rö- Jacques und Galila Hollander (37 000 Euro).
mer, Hering und Oliven« von Pieter Claesz Bei der prächtigen martialischen Samurai-
(220 000 Euro); Abraham Gibbens hat Kir- rüstung des 18. Jahrhunderts ist der Helm
schen, Erdbeeren und Stachelbeeren in einer mit »Joshu no ju Saotome Iesada« signiert
Porzellanschale arrangiert (78 000 Euro). Im- (65 000 Euro).
mer wieder umwerfend sind die illuminier- Kaum sattsehen kann man sich an der
ten Handschriften, mit denen Heribert Ten- musealen Fülle an Bildern, Kunsthandwerk
schert (Antiquariat Bibermühle) seine und Möbeln bei den Generalisten. Das breit
Messevitrinen füllt. In München stellt er eine gefächerte Programm bei Peter Mühlbauer
Kollektion französischer Stundenbücher aus (Pocking) und Christian Eduard Franke
den Jahren 1410 bis 1425 zusammen mit Spe- (Bamberg) umfasst Werke von der Renais-
zimina der besten Maler dieser Zeit, darunter sance bis ins frühe 19. Jahrhundert. Die gro-
der Mazarin-Meister, der Boucicaut-Meister ße deutsche Ebenistenkunst des frideriziani-
und der Bedford-Meister. Mit Ausnahme der schen Rokoko spiegelt bei Mühlbauer eine
Bibliotheken in Paris und London gibt es kei- reich mit Blumen marketierte Schreibkom-
ne vergleichbare Sammlung. mode mit vergoldeten Bronzebeschlägen der
Am originellsten kommt die Hand- Gebrüder Spindler, die um 1764 in Potsdam
schrift eines Bildhauers in seinen plastischen entstanden ist (185 000 Euro). Franke verweist
Entwürfen, den Bozzetti, zum Ausdruck. auf eine von Pierre Garnier signierte, allseitig
99
MESSEN
reich geschwungene, zweischübige Pariser
Louis-XV-Kommode um 1760 »sans travers«
mit originaler Marmorplatte. Front und Sei-
ten sind mit feuervergoldeten Bronzen appli-
ziert, das spiegelbildliche Furnier mittig mit
raffiniertem Schachbrettmuster dekoriert
(117 000 Euro). Ralph Gierhards (Düsseldorf)
favorisiert das 18./19. Jahrhundert. Aktuell
hebt er einen klassizistischen Mahagoni-
schreibtisch von David Roentgen um 1780
mit vergoldeten Bronzebeschlägen hervor
(125 000 Euro). Bei seinen Gemälden fällt ein
Bilder: Galerie Utermann/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Galleria Walter Padovani; Francesca Antonacci & Damiano Lapiccirella; Georg Hornemann
Lyonel Feiningers »Rainbow« von 1940 war
1892 datierter »Palasteingang in eine tunesi-
lange im Besitz seiner Frau Julia (bei Uter-
sche Stadt« des Berliner Orientmalers Richard mann). Re.: Giovanni Barattas Terrakotta
Fuchs ins Auge (65 000 Euro). »Apollo und Marsyas« bietet Walter Padovani.
Das klassische Kunsthandwerk ist in Unten: Von Filippo Maria Giuntotardi stammt
seiner Vielfalt unterrepräsentiert. Die Aus- die Ansicht des Forum Romanum (Francesca
wahl beschränkt sich auf reine Sammlerstü- Antonacci & Damiano Lapiccirella)
cke. So zeigt die Kunstkammer Georg Laue
passend zum Ausstellungsort eine »Johann
Georg Kreitmeir München« signierte höfi-
sche Mohrenuhr in feuervergoldeter Bronze
mit Vierviertelschlagwerk um 1690. Kreit-
meir, ab Mai 1684 zuständig für die Hofarbei-
ten in der kurfürstlichen Residenz, versah
seine Uhr mit einem Affen, der sich zur vol-
len Stunde dreht, und einem Hund, der
springt (160 000 Euro). Bei Laues intarsierter
Prunkkassette kennt man die Provenienz ge-
nau: Wappen und Monogramm auf dem De-
ckel beziehen sich auf Catharina Elisabeth
von Schönborn (1677–1754). Gefertigt hat sie
der Hofschreiner Johann Georg Neßtfell, der
in den 1720er-Jahren maßgeblich an der Ein-
richtung des berühmten Spiegelkabinetts in
Schloss Wiesentheit beteiligt war.
Helga Matzke (Grünwald bei Mün-
chen) deckt die Tafel mit höfischem Prunk-
silber – Schwerpunkt Augsburg: Man muss
schon ins Bayerische Nationalmuseum ge-
hen, um ein Vergleichsstück zu ihrer Terrine
samt Tablett von Gottfried Bartermann zu
sehen. Einst im Besitz des Großherzogs von
Mecklenburg-Schwerin, ist sie nicht unter
100 000 Euro zu haben. Auch die zwei Saucie-
ren von Emanuel Abraham Drentwett sind Adresse für dekorative Schau-Fayencen avan- In München zeigt er Werke von Johann Georg
in der Blüte des Rokoko um 1755 entstanden, ciert. Wie antike Motive volksnah interpre- von Dillis, das Aquarell »Tänzelndes Pferd-
das damals als »Augsburger Stil« an die Höfe tiert wurden, veranschaulicht ein Küners- chen« von Franz Marc (280 000 Euro) oder ei-
Europas ging. Esch (Düsseldorf) handelt mit berger Fassreiter um 1750: Der nackte nen Scherenschnitt Philipp Otto Runges
Kunsthandwerk und Möbeln des 18. Jahr- Bacchusknabe wird durch einen Allgäuer (120 000 Euro). Zudem hat er Liebermann,
hunderts, doch ist er längst zur führenden Burschen auf einem Daubenfass ersetzt. Macke und Kirchner im Gepäck. Bei Dr. Ale-
Die Grenzen zwischen Gemälden, Aqua- xander Kunkel lächelt August Riedels um 1850
rellen und Zeichnungen sind bei vielen Kunst- in Kerzenlicht getauchte »Römerin aus Alba-
händlern fließend. Dr. Martin Moeller (Ham- no« (165 000 Euro) den Betrachter so einladend
burg) verbindet Ölstudien und Zeichnungen an, dass man versteht, was die deutschen Ma-
des 19. Jahrhunderts mit klassischer Moderne. ler Jahrhunderte über die Alpen lockte. Gänz-
lich anders erscheint hier die elegante Dame
Menagerie: Das Schmuckatelier Georg Hor- »Im Café« auf Ferdinand Dorschs impressio-
nemann zeigt moderne Kunstkammerobjekte nistischer Genreszene von 1919 (75 000 Euro).
100
&'
102
AUGUST MACKE „Orientalisches Liebespaar“, 1912, Kohlezeichnung, 28,6 × 26,7 cm, Rückseitig: Nachlass-Stempel
AUSSTELLUNGEN
Groß war der Andrang nicht, als der junge
Jean Paul Gaultier 1976 seine erste Prêt-à-por-
ter-Schau im Pariser Planetarium zeigte. Pa-
rallel zu seinem Defilee lud die Designerin
Emmanuelle Khanh, die damalige Königin
der Modeszene, in den Louvre, und alle Re-
dakteurinnen, die etwas auf sich hielten, wa-
ren ihr gefolgt. Gaultier stand am Anfang sei-
ner Karriere, hatte weder Geld noch ein
eigenes Atelier. Die Kleider, die seine Manne-
quins tragen sollten, setzten sich aus Stoffen
zusammen, die es billig im Kaufhaus Sama-
ritaine zu kaufen gab: Röcke aus Tapetenrolle,
Blusen, in die Tischsets aus Bast eingearbeitet
waren, und Kleider aus Toile-de-Jouy-Bezü-
gen, mit denen man eigentlich Sessel be-
spannte. Der Laufsteg war ausgeleuchtet,
und die Musik lief bereits, als Gaultier auffiel,
dass seine Models weder wussten, welche
Kleider sie vorführen sollten, noch wann ihr
Einsatz war. »Eine Katastrophe«, erinnert er
sich, aufgeben wollte er aber nicht. Kurze
Vom Teddybären Trash und Humor ein. Die Basis für sein
Modeepos leiht sich Gaultier bei Homers
»Odyssee« (Models als hochgewachsene Sire-
104
sein erstes Mannequin, Teddybär Nana, kre-
ierte er hundert Kostüme. Darunter auch ein
Korsett aus Zeitungspapier – den Vorläufer
des inzwischen legendären Bustiers mit den
spitzen, trichterförmigen Körbchen, das Ma-
donna 1990 auf ihrer »Blond Ambition«-Tour
trug. Seine Modeskizzen schickte er systema-
tisch an berühmte Designer: Für Yves Saint
Laurent waren seine Farben zu gewagt, doch
Pierre Cardin bot ihm an seinem 18. Geburts-
tag eine Assistentenstelle an.
Gaultier brach mindestens genauso vie-
le Tabus, wie neue Kollektionen von ihm auf
den Markt kamen. Er verkehrte Geschlech-
terrollen, feierte offen die Homosexualität,
tauschte Unter- und Oberwäsche und mach-
te Fetisch salonfähig: Auf dem Höhepunkt
der postfeministischen Theorie deutete er
das repressivste Kleidungsstück, das je im
Bilder: David LaChapelle, mit freundlicher Unterstützung von Fred Torres Collaborations; Emil Larsson
105
AUSSTELLUNGEN
mit Ritzdekor verziert und dünnwandig (da-
her der Name Bucchero sottile). Anfangs vor
Das rätselhafteste allem in Cerveteri hergestellt, wurden die
Gefäße im 6. Jahrhundert dickwandiger
Volk der Antike (Bucchero pesante) und tragen oft applizier-
Am Königsplatz geht man auf ten Reliefdekor.
Zeitreise zu den Etruskern Mit dem Weinanbau wurden neue
Trink-, Schank- und Vorratsgefäße kreiert.
Imposante Dreifüße dienten zum Mischen
Ein faltiges, bärtiges Gesicht mit aufgerisse- von Wein und Wasser. Zu den bedeutend-
nen Augen unter dichten schwarzen Brauen, sten Bronzebeispielen gehören jene drei re-
tätowiert und gepierct, mit Ringen in Ha- liefverzierten Dreifüße, die um 540/30 bei Pe-
kennase und Ohren: Wie ein wilder Punk er- rugia entstanden sind. 1905 von dem
scheint der Todesdämon Charun auf einem amerikanischen Philantropen James Loeb in
Kopfgefäß um 400 vor Christus. Es ist eines Rom erworben, kamen sie ein Jahr später mit
der beeindruckendsten der rund 600 Expo- dessen Übersiedlung nach München. Wie
nate. Wohl von einem griechischen Töpfer in man sich die Trinkgelage selbst vorzustellen
einer etrurischen Werkstatt gefertigt, ist, wie hat, schildern die rekonstruierten Wandma-
häufig, nicht geklärt, wie es genutzt wurde. lereien der Tomba del Triclinio in Tarquinia.
106
Abstraktion Aubertin
Berke
Informel Cavael
Cimiotti
ZERO Götz
Holweck
Mack
Nay
Piene
Schultze
Schumacher
Sonderborg
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Thieler
Uecker
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AUSSTELLUNGEN
Bilder: Benita von Bemberg, München/Münchner Stadtmuseum (2); Maximilian Geuter/Hanne Darboven Stiftung, Hamburg/VG Bild-Kunst, Bonn 2015
ben. Das Gefühl, jeden Tag mit einem ande- gelegt. Neben einer Wand, die über und über
ren Schuh das Haus zu verlassen, empfand er mit geschnitzten Vögeln bedeckt ist, wie man
als beruhigend. Eine Leidenschaft, die ihn sie früher in Kinderzimmern fand, wurde die
mit der Sängerin Mariah Carey verbindet, die rekonstruierte Wohnung eines Sammlers mit
eine eigene Wohnung für ihre High Heels an- Vorliebe für Design aus der Zeit des Wirt-
gemietet hat. Gregor Wilhelm geht da geziel- schaftswunders aufgebaut.
ter, aber nicht weniger begeistert vor. Er kon- Die Präsentation lässt sich als eigenstän-
zentriert sich auf Sportschuhe der Marke dige Sammlung lesen: als Sammelsurium ver-
Adidas. Um das richtige Paar zu finden, be- schiedener Stile und Motivationen. Vorge-
sucht er regelmäßig Flohmärkte und Auktio- stellt werden Nostalgiker, die ein Stück
nen. Im Münchner Stadtmuseum ist nun ein Vergangenheit konservieren wollen, und An-
Teil seiner Sammlung zu sehen: Mal leuchten leger, die an Wertsteigerung interessiert sind.
die drei Streifen in hellem blau, mal schwarz Walter Benjamin, selbst Sammler von Bü-
auf weißem Leder, limitierte Editionen ent- chern, schrieb einmal, dass jede Leidenschaft
deckt man ebenso wie Klassiker. an Chaos grenzt, die sammlerische jedoch
Kann eine solche Kollektion je vollstän- die Erinnerung berührt. So unterschiedlich
dig sein? So eindeutig wie bei einem Panini- die Kollektionen und Besitzer, so ähnlich ist
Album, das mit der letzten zugeklebten Lü- letztlich ihr Antrieb. Verbunden werden sie
cke zur Seite gelegt wird, verhält es sich mit durch die Freude am Entdecken von Dingen,
den privaten und musealen Kollektionen, die die nicht nur zueinander passen, sondern
in der Ausstellung gezeigt werden, nicht im- auch zu ihnen selbst. LAURA STORFNER
mer. In den Leerstellen offenbart sich oftmals
erst die wahre Sammellust. Ein Gedanke, der Der eine will wie in den Fifties wohnen, der »Das habe nur ich! Über Sammellust und Liebha-
wohl auch Frau K. antreibt, die ausschließlich andere schart Holzvögel um sich bereien«, Münchner Stadtmuseum, bis 10. Januar
angesichts bröckelnder Sicherheiten über- sich Flohmarktfunde oder Bronzen von Ade-
kommt. Die Doppelschau in Bonn und Mün- nauer. Die private Wunderkammer fasziniert
Die Schreibwütige chen kommt deshalb gerade rechtzeitig. In durch ihre enzyklopädische Maßlosigkeit.
der Bonner Bundeskunsthalle dominieren Die Münchner punkten auch mit der Rekon-
Hanne Darbovens Obsession
politische Arbeiten. Das Haus der Kunst struktion des begehbaren »Musikzimmers«.
im Haus der Kunst nennt seine Hommage »Aufklärung« und Darboven ließ darin ihre Sammlung von In-
legt den Fokus auf Darbovens Wissenshun- strumenten auf Jagdtrophäen des Vaters tref-
Täglich verbrachte Hanne Darboven exakt ger. Zu Zeichnungen und Büchern gesellen fen. Ursprünglich sollte es als Salon der in
sieben Stunden am Schreibtisch. Die 2009 Hamburg niedergelassenen Familie dienen,
verstorbene Konzeptkünstlerin liebte das Ri- die mit dem Handel von Kaffee zu Reichtum
tual. Sie erfand nicht nur ein eigenes Schreib- gekommen war. Ein Spielplatz des Ablegens
system. Mit den komplexen Zeichenabfolgen und Erfassens inmitten eines Lebens, das aus
hielt sie die Geschichte des Kalten Krieges manischer Weltanalyse bestand. In einem In-
fest oder das Wirken von Bismarck. Ihr Mar- terview von 1991 fasste Darboven ihre Strate-
kenzeichen aber waren Zahlenkolonnen. gie zusammen: »Ich mache weder eine Plastik,
Spuren der vergehenden Zeit auf Tausenden ich mache weder Malerei, doch ich schreibe
von Seiten, die sie mit Fotos, Lexikon-Einträ- Räume voll. Also Wohnzimmerbilder von
gen oder Postkarten kombinierte, um dem mir gibt es nicht.« ALEXANDRA WACH
Chaos der Außenwelt Herrin zu werden. Olymp der Powerfrauen: »Quartett ›88‹«
Die Sehnsucht nach Ordnung ist ein (1988) ist Rosa Luxemburg, Gertrude Stein, »Hanne Darboven. Aufklärung« Haus der Kunst,
Gefühl, das manch einen auch heute wieder Marie Curie und Virginia Woolf gewidmet bis 14. Februar
108
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Der Kurschattenmann
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0.11. – 21.11.2015 Kriminalstück von John Wainwright
Das Verhör
mit KARLHEINZ LEMKEN RUDI KNAUSS
JULIA DAHMEN GIOVANNI ARVANEH
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Bilder: Bayerisches Nationalmuseum München; Johanna Diehl/Courtesy Johanna Diehl und Galerie Wilma Tolksdorf Frankfurt/Berlin
schloss-nymphenburg.de »Klee & Kandinsky«, im Kunstbau,
MAXIMILIANSFORUM Täglich 10–16 Uhr 21.10 bis 24.1.
»C 9 / Collaboration_project«, U-Bahnhof Königsplatz, Zwischengesch.
bis 28.12. STAATLICHE lenbachhaus.de
Maximilianstraße 38 Schick bestickt: Das Bayerische ANTIKENSAMMLUNG Di–So 10–20 Uhr
maximiliansforum.de Nationalmuseum präsentiert »Herakles in Neuseeland«, »So ein Ding muss ich auch haben:
Seidenkleider des 18. Jahrhunderts bis 13.12.; Gegenwartskunst aus dem
MUSEUM BRANDHORST »Die Etrusker – Von Villanova Lenbachhaus und der Kico Stiftung«,
»Yes!Yes!Yes! Warholmania in bis Rom«, bis 30.4.2017
Munich«, »FotoDoks 2015: Past is Now«, bis 17.7.2016 Luisenstr. 33,
noch bis 18.10.; bis 10.1.; »Im Glanz des Hephaistos«; lenbachhaus.de
»Painting 2.0: Malerei im St.-Jakobs-Platz 1 »Die Griechen in Italien« Mi–So 10–18 Uhr, Di 10–21 Uhr
Informationszeitalter«, muenchner-stadtmuseum.de
14.11. bis 30.4. Di–So 10–18 Uhr
Theresienstr. 35a,
museum-brandhorst.de NEUE PINAKOTHEK
Di–So 10–18 Uhr, Nach Schließung wegen Bauprü-
Do 10–20 Uhr fung ist die Neue Pinakothek ab
Mitte Oktober wieder geöffnet.
MUSEUM FÜNF KONTINENTE Barer Str. 29, Eingang Theresienstraße,
(EHEM. STAATLICHES MUSEUM pinakothek.de/neue-pinakothek
FÜR VÖLKERKUNDE) Mo, Do–So 10–18 Uhr,
»Töchter der Steppe, Söhne des Win- Mi 10–20 Uhr
des: Gold und Silber der Turkme-
nen«, PINAKOTHEK
bis 31.1. DER MODERNE
Maximilianstraße 42, »Gegen Kunst: ›Entartete Kunst‹
museum-fuenf-kontinente.de – ›NS-Kunst‹ – Sammeln nach ’45«,
Di–So 9.30–17.30 Uhr bis 31.1.;
»Karl Blossfeldt«,
MUSEUM VILLA STUCK bis 25.10.;
»Geh und spiel mit dem Riesen!« »A Perfect Match: Die Sammlung
bis 10.1.; der Pinakothek der Moderne
»ExistenzFest. Hermann Nitsch und gratuliert PIN zum 50. Jubiläum«,
das Theater«, bis 6.3.;
4.2. bis 8.5.2016 »Amelie von Wulffen«
Prinzregentenstr. 60, 23.10. bis 21.2.;
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villastuck.de »Johanna Diehl: Ukraine Series«,
Di–So 11–18 Uhr 28.10. bis 6.3. Wo früher die Tora gelesen wurde, stehen jetzt Turngeräte oder
Barer Str. 40 Topfpflanzen hinter Konferenztischen: Ein leiser Klageruf der
MÜNCHNER pinakothek.de/pinakothek-der-moderne Geschichte klingt aus den hochästhetischen Aufnahmen, die
STADTMUSEUM Di–So 10–18 Uhr, Johanna Diehl 2013 in der Ukraine von früheren jüdischen Sy-
»Das habe nur ich! Über Sammel- Do 10–20 Uhr nagogen machte, die heute zu anderen Zwecken genutzt oder
lust und Liebhabereien«, gleich dem Verfall preisgegeben werden. Den Vernichtungsfeld-
bis 10.1.; SAMMLUNG GOETZ
zug der Deutschen gegen die Juden im Zweiten Weltkrieg und
»Forum 037: Marc Beckmann – »Rodney Graham«,
Die Jahrestage«, 28.11. bis 23.04.
die ablehnende Haltung der Sowjetregierungen gegenüber je-
bis 22.11.; Oberföhringer Str. 103, der Form von Religion haben die ehemaligen Gotteshäuser als
»Gretchen mag’s mondän – Damen- sammlung-goetz.de rein physische Hüllen überdauert. Nur manchmal stößt man
mode der 1930er Jahre«, Nach Anmeldung: noch auf Restspuren der Spiritualität. Die Pinakothek der
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Bilder: Pinakothek der Moderne; Bayerische Staatsbibliothek München/Porträt- u. Ansichtensammlung (Staatsbibliothek, Frauenkirche, Sendlinger Tor); Privatsammlung Wolfgang Sauber/Wikipedia; Grafik: BC Maps, Mirko Merkel, Dirk Gössler
An keinem Ort in Deutschland versammeln sich so viele Kunsthändler und
Auktionshäuser. Und nirgends ist die Museumsdichte so hoch wie
hier. Die ganze Stadt, eine Schatzkammer: hier der Überblick von A bis Z
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KUNSTHANDEL
Erst sammeln, dann
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Sein Herz schlägt für deutsche
Kunst: Hans Maulberger
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AUKTION 131
Die Skulpturen der
Sammlung Horn
Sa, 24. Oktober 2015
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DO, 15.10. bis
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SCHNEIDER Kunsthandwerk um 1800 ist das Mit seiner Erfahrung steckt er viele
Der Kunsthistoriker Thomas Metier von Klaus Spindler. Schätze Händler in die Tasche: Seit mehr als
Schneider ist auf Messeteilnahmen des Eisenkunstguss findet man auch. 65 Jahren handelt Georg Urban mit
spezialisiert. Er bietet Kunst vom 19. Baaderstr. 45, 089 2016168, sakraler Kunst und hat den
Jahrhundert bis zur Gegenwart an, spindlerfinearts.de Antiquitätenhandel in München
darunter auch Fotografien. mit aufgebaut.
Albrechtstr. 43, 089 12391157 WALTER STORMS GALERIE Prannerstr. 5, 089 293584
Seit ihrer Gründung im Jahr 1977 Bei Brigitte Martini schaukelt man im
47 GALERIE RÜDIGER SCHÖTTLE hat sich die Galerie zeitgenössi- 53 GALERIE JO VAN DE LOO Londoner Eisenstuhl aus dem Jahr 1840
Als Schöttle 1968 seine Galerie für schen Künstlern wie Otto Piene Seit 2011 konzentriert sich Jo van
zeitgenössische Kunst eröffnete, war und Günther Uecker verpflichtet. de Loo, selbst Fotograf, in seinem Umland
das ein echter Coup. Die Karrieren Ismaninger Str. 51, 089 41902828, sowie: Ausstellungsraum gegenüber des
von Candida Höfer oder Rodney Schellingstr. 48, 089 27370162, Museum Brandhorst auf zeitge- JULIUS BÖHLER
Graham hat er begleitet. Mit storms-galerie.de nössische Fotografie. Spezialisiert ist man auf europäi-
Künstlern wie Anri Sala und Theresienstr. 48, 089 27374120, sche Plastik, Kunstkammerobjekte
Thomas Zipp ist er jung geblieben. 49 FLORIAN SUNDHEIMER galerie-jovandeloo.com und Kunstgewerbe aus dem frühen
Amalienstr. 41, 089 333686, KUNSTHANDEL Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert.
galerie-ruediger-schoettle.de Das Angebot konzentriert sich auf 54 GALERIE VAN DE LOO Unterer Seeweg 4, Starnberg,
Kunst des 20. Jahrhunderts und der PROJEKTE 08151 559253, boehler-art.com
48 GALERIE SCHÜLLER Gegenwart. Wunderbare Zeichnun- Neuer Fixpunkt der Szene, seit
Wolfgang Schüllers Arbeit mit den gen sind hier zu haben, unter 2012 mit junger Kunst im EHRL
124
Ernst Ludwig Kirchner „Winterberge mit Nebelwolke“ 1928/1929
118,7 x 99 cm, Wvz: Gordon 929
183. Kunstauktion
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Kunst- und Auktionshaus Döbritz, Öffentlich bestellte und vereidigte
Auktionatoren, Inh. A. Döbritz-Berti, Braubachstr. 10-12, 60311 Frankfurt
Tel. 069-28 7733, Email kontakt@doebritz.de, www.doebritz.de
AG E N DA
AUKTIONEN
Eine echtes Familienunternehmen: Michael und Martina Scheublein
mit den Kindern Christina, Michael und Nikola
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HERMANN HISTORICA
N ÄC H S T E AU K T I O N :
27. Oktober -
7. November
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Prächtige Paradehelme des 19. Jhdts. aus
Österreich, Preußen und Bayern Kunsthandwerk,
Schusswaffen, Orden,
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geschichtliche
Sammlungsstücke
(Die
Ziellinie),
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starke
Bronze
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Boucher
(1850 - 1934)
Kleinod des Ordens Virtuti
Constanti, Mecklenburg-
Strelitz 1705
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Barer Str. 37
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22. – 24. Oktober 2015
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AUKTIONEN
3
Vollständigkeit angelegte Samm- Stadtmuseum Meran und in der ist es, dass nun ein Codex aus
lung illustrierter »Faust«-Ausga- Österreichischen Nationalbiblio- dem 9. Jahrhundert bei Zisska &
ben des 19. und 20. Jahrhunderts. thek in Wien. Zu den kleinen Lacher angeboten wird. Es han-
Es sind die Illustratoren Dalí, und großen Schätzen der über delt sich um die »Excerpta ex
Sepp Frank, Bruno Goldschmitt, 800 Lose umfassenden Varia- operibus Sancti Augustini«, eine
Bernhard Heisig, Willy Jaeckel, Offerte zählen eine vollplastische gut erhaltene Handschrift der
Max Slevogt und Josef Weiß ver- Holzfigur eines Hl. Königs, der späten Karolingerzeit. Für die
treten. Bemerkenswert ist hier wohl aus Spanien oder Italien Unterweisung seiner Gemein-
vor allem das von Arthur Kampf des 18. Jh. stammt (Taxe 250 schaft schrieb Eugippius aus dem
illustrierte Exemplar. Erschienen Euro), ein 20-teiliges Meissener Kloster von Castellum Luculla-
1925 im Berliner Eigenbrödler- Kaffeeservice mit farbigem num bei Neapel nach 511 die
Verlag, enthält es 24 signierte Goldrand und Blumendekor Excerpta, welche 348 Auszüge
Originalradierungen des Künst- (Taxe 240 Euro) oder eine Tee- aus den Werken des Heiligen
lers. Es handelt sich um eines kanne aus Newcastle von 1803/04 Augustinus enthalten. Gekleidet KUNST UND ANTIQUITÄTEN
von nur 150 römisch nummerier- (Taxe 200 Euro). SUSANNE LUX in einen Pergamentband mit Ruef, 26. bis 27. Oktober
ten Exemplaren der Vorzugsaus- lückenloser Provenienz, enthält
gabe auf Van-Gelder-Bütten. 1 das Buch Teile, die bei keiner Bei dieser Uhr lohnt sich ein
Alle Radierungen und die bei- anderen der Vergleichshand- genauer Blick: Im Inneren der
den Druckvermerke sind von schriften vorhanden sind. Rokokoprunkuhr des Kemptner
Arthur Kampf signiert. Die Des Weiteren haben Zisska Uhrmachermeisters Johann
eigenwillige, expressive »Faust«- und Lacher eine große Samm- Baptist Pfeffer schaukelt ein klei-
Interpretation Kampfs ist geklei- lung von Theater- und Zirkus- ner Gaukler. Das Auktionshaus
det in einen Meistereinband aus Ankündigungszetteln im Ange- Ruef bietet die Uhr mit dem ori-
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Kunst & Antiquitäten, Bücher
Herbst-Auktion, 5. – 7. November 2015
Über 3.200 Positionen kommen zum Aufruf, darunter ca. 500
antiquarische Bücher und über 600 Gemälde und Zeichnungen!
Besichtigung: 26.10. – 4.11.2015, täglich von 10 – 18 Uhr
Prinzessin Wen ch‘cheng mit 2 Ministern, Tibet, ca. 13./14. Jh. Carl Spitzweg Mitte 18. Jahrhundert Nikolaj Bogdanoff-Belsky
Ludwig August Most Carel van Falens Eugen Ludwig Hoess Niki de Saint-Phalle
Königstr. 17 • 87435 Kempten • Tel.: 08 31/56 42 53-0 • Fax: 56 42 53-14
Der Katalog im Internet: www.allgaeuer-auktionshaus.de • E-Mail: info@allgaeuer-auktionshaus.de
Winterberg Kunst
Auktion 91
Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen
und Graphik des 15.– 21. Jahrhunderts
Franz Nölken Drei weibliche Akte. Telefon 0 62 21/91 59 90, Fax 0 62 21/9 15 99 29
Oel auf Leinwand 1916. Signiert, datiert. info@winterberg-kunst.de
175,5 x 110 cm. Ref.: Meyer 235.
AUKTIONSHÄUSER
VILLA GRISEBACH
Dorothee Gutzeit leitet das
Bayern-Büro des Berliner
Auktionshauses seit 15 Jahren.
Türkenstr. 104, 089 227632
villa-grisebach.de
HAMPEL
Hier werden Gemälde alter
Meister und Kunsthandwerk
versteigert.
Schellingstr. 44, 089 288040
hampel-auctions.com
Wenn im Glashaus der Hammer fällt: Ketterer lädt zu Versteigerungen in sein modernes Gebäude nach Riem 7 GERHARD HIRSCH
NACHFOLGER
Bis zu fünf Münzauktionen
1 ARTCURIAL 2 BONHAMS KUNSTAUKTIONEN CHIEMGAU finden in dem Haus jährlich statt.
Das größte französische Auktions- Das Deutschlandbüro von Bonhams Veranstaltet werden jährlich Francisca Bernheimer, Nichte des
haus Artcurial-Briest-Poulain-F.-Tajan ist auf der Prachtstraße par excellence mindestens vier große Auktionen. früheren Inhabers Hirsch, blickt
eröffnet Ende Oktober eine Repräsen- zu finden. Geleitet wird es von Traunerstr. 1, Traunstein, auf über 100 Jahre Firmenge-
tanz in München, die von Moritz Thomas Kamm. 0861 9094748 kunstauktionshaus- schichte.
Freiherr von der Heydte geleitet wird. Maximilianstr. 52, 089 24205812 chiemgau.com Prannerstr. 8, 089 292150
Galeriestr. 2b, bonhams.com coinhirsch.de
artcurial.fr 3 CHRISTIE’S
BRENSKE AUCTIONS Wer mit dem Londoner Haus vor
GUT BERNSTORF Stefan Brenske handelt nicht nur mit Ort Kontakt aufnehmen möchte,
Seit 1995 residiert das Haus in russischen und griechischen Ikonen ist hier an der richtigen Adresse.
Kranzberg bei Freising vor den Toren des 16. bis 19. Jahrhunderts, sondern Türkenstr. 16, 089 24209680
von München. versteigert diese auch. christies.com
Auktionshaus Gut Bernstorf, Kranzberg, Fürstenrieder Str. 279a, 089 74120230
08166 993211, ah.gutbernstorf.de brenskeauctions.com 4 DOROTHEUM
Wo sich Kunst und Antiquitäten
ballen, präsentiert Franz Freiherr
von Rassler Highlights des Hauses,
die in Wien aufgerufen werden. Bei Karl & Faber in der Offerte: Karl
Galeriestr. 2, 089 244434730 Schmidt-Rottluffs »Baum und Mond«
dorotheum.com
8 KARL & FABER
AUKTIONSHAUS GINHART Jährlich finden vier Auktionen
Eine große Auswahl an Objekten
hält Walter Ginhart seit mehr als
statt, bei denen Gemälde von
Alten Meistern bis zu zeitgenössi-
*,.# $( 0(%0( ( %(%0( &. ( .# $(' 30 Jahren bereit. scher Kunst unter den Hammer
*6 @#67<#*. 149DD .<*5?*<<#. ?.7<&#&#.7<.!# ?.! Steinmetzplatz 2–3, Tegernsee, kommen.
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5 GORNY & MOSCH
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Die Experten für Münzen und Seit 2008 residiert das Haus in
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Medaillen von der Antike bis zur Riem und bietet Werke von Alten
)#*,$#* " Neuzeit sowie antike Kunst. Meistern bis zur Gegenwart an.
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ERÖFFNET IN MÜNCHEN
Eröffnungsausstellung
Freitag, 30.Oktober – Mittwoch, 4. November 2015
Moritz Freiherr von der Heydte, +49 176 5562 4456, mvonderheydte@artcurial.com
Galeriestr. 2 b – D - 80539 – München
www.artcurial.com/germany
AUKTIONSHÄUSER
9 KOLLER AUKTIONEN NEUMEISTER SCHEUBLEIN ART & AUKTIONEN
Die Repräsentanz der Zürcher Alle Bereiche von alter Kunst bis Ein Augenmerk des 2008 gegründe-
Institution ist im selben Haus zu Design werden betreut. Das Haus, ten Familienunternehmens liegt auf
finden wie der Münzspezialist seit 2008 von Rudolf Neumeisters der Malerei des 19. Jahrhunderts
Gorny & Mosch. Beraten werden Tochter Katrin Stoll geführt, hat (siehe Porträt auf S. 126).
Interessierte von Caspar Tamms. einen exzellenten Ruf. Waltherstr. 23, 089 23886890
Maximiliansplatz 20, 089 22802766 Barer Str. 37, 089 2317100 artauktionen.com
kollerauktionen.ch neumeister.com
15 SOTHEBY’S
Von Barbara Haubold für Van Hams
10 FRITZ RUDOLF KÜNKER 12 NUMISMATIK LANZ Heinrich Graf von Spreti bietet
November-Auktion akquiriert:
Die Osnabrücker Münzenhandlung Der Schwerpunkt liegt auf Münzen, Hochzeits-Service des Kronprinzen Kunden diskrete Beratung.
HIRST drin,
was wichtig ist.
KQ KUNSTQUARTAL ist der internationale Ausstellungskalender für Kunst.
Seit 1965 erscheinen vierteljährlich alle Termine, vereint mit Literatur- und
Kunstreisetipps. Testen Sie jetzt kostenlos die neue KQ KUNSTQUARTAL!
Katalog: www.andreas-thies.de
Markus Lüpertz
Die exklusive Handelsblatt-Edition.
Motiv: „Hermes“
Markus Lüpertz, dessen Werk der Kunst in Deutschland wichtige Impulse verlieh, zählt zu den international
renommiertesten deutschen Künstlern. Seine aktuelle Grafik hat er Hermes, dem Schutzgott der Kaufleute und Reisenden,
gewidmet. Das exklusiv für das Handelsblatt entworfene Werk ist jeweils auf 30 Exemplare pro Farbvariante limitiert und
eine echte Rarität. Kaltnadelradierung auf Zerkall Büttenpapier, Alt-Mainz, 250 g/m2, Blattformat: 94 x 70 cm.
Nummeriert und vom Künstler handsigniert. Auf Wunsch handgefertigte Rahmung durch die Rahmenmanufaktur F. G. Conzen.
Unser exklusives Angebot: Alle Käufer der Handelsblatt Edition erhalten eine Einladung
zu einer Abendveranstaltung mit persönlichem Kennenlernen mit Markus Lüpertz.
Vorzugspreis: € 1.800*
Gültig bis 30.11.2015, anschließend € 1.950
* Ungerahmt. Preisangabe inkl. gesetzl. MwSt. und zzgl. € 40,– Versandkosten und
Versicherung. Auslandsversand auf Anfrage. Lieferhinweis: Lieferung kann (aufgrund
der Rahmung) bis zu 14 Werktage in Anspruch nehmen. Dies ist ein Angebot der
Handelsblatt GmbH, Kasernenstraße 67, 40213 Düsseldorf.
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sammeln.
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des Négociants en Œuvres d’Art
20 Länder 29 Verbände 5000 Mitglieder
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