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Nicht: historische Entstehung

Unterscheidung von Rassismus und Antisemitismus


Frage: Warum wird der historisch entstandene Antisemitismus attraktiver?

Welche psychischen und psychosozialen Funktionen hat er?


Einführung in bestimmte Konzepte der Psychoanalyse. Freudsche
Massenpsychologie
Projektion, Nachträglichkeit, Freudschen Ideen zur Masse.
Grenzen von psychoanalytischen Ansätze

Die Psychoanalyse liest den Antisemitismus wie ein Symptom

Bekanntester Begriff: Antisemitismus als Massenpsychose oder Massenwahn


Das Symptom bzw. individuelle Krankheit wird als Kompromissbildung gelesen in
Folge eines inneren Konfliktes. In der Psychoanalyse gibt es die Idee des
Waschzwanges.
Die Idee ist, dass es daher kommt, dass es irgendeine Lust am Schmutzigen gibt,
nicht am Unreinen ist und gleichzeitig aber ein Verbot. Der Zwang wird als
Kompromissbildung gelesen, dass er beiden Strebungen entsprechen kann.
Anwesende sind mit Schmutzpartikeln gekennzeichnet, aber auch mit einem
Reinlichkeitsgebot Folge geleistet. Dilemma
Idee der Kompromissbildung

 Es gibt einige Problematiken der psychologischen Begriffe


 Es findet einerseits eine Psychologisierung statt. Ein gesellschaftliches
Problem wird auf etwas Individuelles zurückgeführt
 Es findet eine Pathologisierung statt
 Einerseits ist es ein Symbol der Mehrheitsgesellschaft
 Frage nach der individuellen Verantwortung
 Ordering process: bezeichnet die anderen als krank, das sind die
Antisemiten, die haben mit uns nichts zu tun
 Ein psychoanalytischer Ansatz kann erhellen, wie das Individuum
und seine innere Konfliktlage und solche kollektiven
Feindbildungsprozesse wie der A in Verbindung stehen.

Adorno:
Wir müssen schauen, wie Normalungetüme zustandekommen. Die gesellschaftlichen
Konfliktlagen schlagen sich in uns nieder.
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Eigenheiten des Antisemitismus:
 Das widersprüchliche Bild des Juden
 wir haben sehr maskuline, sehr verweiblichte Juden
 der große Bänker, die Kommunisten, die deuten hin, dass es um Konstruktion
geht.
Individuelles Festhalten an individuellen Bildern.
Zur Erklärung des Antisemitismus ist nur der Blick auf die Antisemiten zentral
Juden, die nur als Projektionsfläche fungieren.
Antisemitische Konstruktionen:
nicht nur Konstruktionen des Anderen, sondern auch Konstruktionen des Eigenen
d.h. eine Vorstellung des Eigenen, des Deutschen, des Arischen, des Nicht-
Jüdischen.
 Antisemitismus ist nur dann zu verstehen, wenn wir das Selbst und die
Objektbilder zusammen durchleuchten.
Sartre: Er stellt die Angst sehr ins Zentrum

Der Antisemit sei ein uneingestandener Feigling. Er sei einer, der vor allem Angst
hat, vor sich selbst, vor seinen Instinkten, Verantwortung, Einsamkeit, vor der
Einsamkeit, vor der Welt, Verantwortung, vor jeder Veränderung, außer vor Juden.
Es ist nur eine verschobene Angst. Ein uneingestandener Feigling, der kein Mensch
mit Ängsten sein will mit Sorgen, Schmerzen, Leiden, Konflikten. Er ist ein Feigling,
weil er sich das nicht eingesteht. Er nimmt seine Angst nicht wahr, er wehrt sie ab, er
verleugnet sie. Die mit Angst assoziierten Vorstellungen über sich und anderen
werden verdrängt und abgespalten und stattdessen auf die Juden projiziert.

Was heißt Projektion?

Menschenbild der Psychoanalyse:


Die Psychoanalyse ist eine Konflikttheorie. D.h. sie beschäftigt sich vor allem mit
inneren Konflikten. Es werden unangenehme Realitäten verleugnet, es werden sozial
unerwünschte Wünsche verdrängt, d.h. unbewusst gemacht. Angst lösen sie erstmal
aus, weil man durch gewisse Wünsche Taten in Kauf nehmen müsste mit
Verinnerlichung von sozialen Anforderungen. Es kommt ein schlechtes Gewissen
auf. Gewisse Wünsche passen nicht in unser Selbstbild. Es werden ambivalente
Beziehungen aufgespalten. Es können verhasste Selbstanteile abgespalten werden.
Es können auch gute Anteile projiziert werden in idealisierte Objekte, mit denen man
sich dann wieder identifiziert.
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Die Idee ist, dass es in uns ständig brodelt und wir mit Konflikten umgehen müssen.
Die Projektion ist das Verfolgen eigener Wünsche in anderen.
Eigentlich ist die Projektion eine Operation, durch die das Subjekt Qualitäten,
Gefühle, Wünsche sogar Objekte, die es kennt, aus sich ausschließt und in eine
andere Person oder Sache lokalisiert.
Eigenes, unangenehmes, abgelehntes und verpöntes wird im anderen lokalisiert. Es
handelt sich um eine Abwehr.
Projiziert wird verdrängtes, d.h. vom Ich als negativ störendes unlustbereitendes und
als verpönt empfundenes und deshalb nicht ins Bewusstsein zugelassen ist. In der
Projektion wird eine innere Angst in eine äußere Angst verwandelt.
Melanie Klein (Analytikern aus England):
Projektiven Identifizierung: Es wird hier nicht zuerst verdrängt und dann projiziert,
sondern es werden eigene Selbstanteile abgespalten und das Objekt wird mit diesem
gehassten Teil des eigenen Selbst identifiziert. Das abgespaltene wird in ein Objekt
hineingetragen. Aggressive Absicht bei dem Auslagern des Eigenen.

Etwas Störendes und Ersehendes und nie erreichendes soll aus dem Weg
geräumt werden. Es beginnt beides in der Kindheit, wir müssen z.B. lernen, etwas
Unerträgliches aushalten zu können.

In Krisenzeiten kann ein regressiver Rückschritt stattfinden. Projektion gelingt


eigentlich nie, weil mit der Projektion das Projizierte nicht weg ist, es ist in mir drin.
Es verstärkt es sogar.
Angst wird immer größer, weil wir uns von Objekten verfolgt fühlen, auf die wir
Aggressionen und verpönte Wünsche projizieren. Es stärkt die Angst, d.h. es
erfordert neue Abwehr und so kommt es immer wieder zur erneuten Eskalation.
Die psychoanalytische Forschung nimmt an, dass die Juden zu einer
Projektionsfläche werden. Auf sie werden Wünsche projiziert.
Im Unbewussten verkörpern die Juden gleichzeitig das, wogegen sie gerne
rebellieren möchten.
Es gibt eine doppelte Projektion.

Einerseits werden die Juden als Mächtige imaginiert, gegen die man selber gerne
rebelliert. Wo Forderungen der gesellschaftliche Autoritäten, aber auch der
verinnerlichten sozialen Normen ausgelagert werden und diese sehr anstrengenden
Forderungen an die Juden verfolgt werden. Die Juden als Mächtige, wo man
vermeintlich gegen oben rebelliert. Das sind die Über-Ich Anteile.
Sie als rebellische Tendenz in sich selbst verstanden. Es-Anteile. Juden gelten als
vorzivilisiert. Als wild, sexuell.

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Die Juden werden als Projektionsfläche gewählt. Das ist ein Prozess der
Nachträglichkeit.

Die ersten Objekte von Projektionen sind die ersten Objekte, mit denen ein Kind zu
tun hat. Familiäre, Eltern, Geschwister, unmittelbare Leute. Auseinandersetzung mit
Medien. Permanent kann umgeschrieben werden, was das Eigene ist, was das
Fremde ist.
Es ist nicht von Anfang an da, sondern etwas, was auch in der Pubertät neu
umgeschrieben wird und im Licht neuer Diskurse.
Diese Abwehrmechanismen sind nicht einfach mal da und existieren immer, sondern
in Krisensituationen, wo die Angst steigt, wo narzisstische Kränkungen auftauchen
(3Sttück). Dieser Projektionsmechanismus kann immer wieder ausgelöst werden,
um die inneren Spannungen zu überwinden. Immer hat es auch mit Geschlecht zu
tun. Es werden meistens Juden imaginiert.

Schiefheilung:
Die neue Wahrnehmung wird durch Projektion produziert.
Der einzelne Antisemit muss sich das Objekt nicht alleine konstruieren, sondern es
ist schon gesellschaftlich vorkonstruiert.
Eine Individualpsychologie erklärt nicht, wie sich das Objekt Jude herauskristallisiert.
Dafür benötigen wir eine Gesellschaftstheorie oder eine historische Perspektive.
Während der einzelne Paranoiker ohnmächtig bleibt, wird der Kollektivpsychotiker
als Teil des kollektiven Wahns mächtig. Seine Machtphantasie die wird
gesellschaftlich gestützt.
Die Teilnahme am kollektiven Wahn entlastet von inneren Konflikten und auch davor,
sich mit sich selbst auseinanderzusetzen.
Wir benötigen eine massenpsychologische Perspektive, um zu erklären, wie so
etwas wie ein kollektiver Wahn entstehen kann.
Es gibt als äußeres Objekt einen Führer respektive einen Massenführer. Er wird
innen nochmal abgebildet. Er hat ein Ich-Ideal.

Es gibt zwei Bindungstypen. Sie setzen ein und dasselbe Objekt an die Stelle ihres
Ichs. Das Führerobjekt machen sie zum Teil ihres Ich-Ideals.
Das Über-Ich sammelt die Verbote und Gebote, die verinnerlicht wurden.
Das ich-Ideal ist das, was ich versuche zu sein.
Das Über-Ich ist das, was straft, wenn ich dem nicht entsprechen kann.
Die Führerfigur wird idealisiert. Dieses idealisierte Objekt teilen sie alle.

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1. Der narzisstische Gewinn der kollektiven Höherstellung
2. Abwehr der Kritiker, sie sollen verstummen
3.
Adorno Einheitstrick
Die Masse ermöglicht eine narzisstische Teilhabe an Größe, Halt und Sicherheit. Im
Extremfall wie man es in militärischen Massenbindungen erlebt. Wenn die Bindung
sehr stark ist, ist auch die Regression sehr stark. Es kann bis zu einer Immunität
gegen Todesängste führen. D.h., das Kollektiv hält sosehr zusammen, das die
eigenen Omnipotenzphantasien so groß werden.
Der Führer greift nur, die eigentlich geteilten Ideen auf und verkörpert sie. Jede
kollektive Projektion ist eine Massendynamik. Eine stille Massendynamik, wo
gemeinsam ein negatives Ich-Ideal installiert wird.
Realängste: Ängste vor äußeren Objekten

Wie finden Leute im Wahn zusammen?


Projektion von Externalisierung unterscheiden!
Externalisierung bedeutet, jemanden vorübergehend für das eigene momentane
Mißgeschick verantwortlich zu machen.
Bei Projektion geht es nicht um eine Reaktion auf einen ärgerlichen Vorfall und um
die fehlende Übernahme von Verantwortung, sondern um die Abwehr eines inneren
Triebimpulses oder Affekts, dessen Zuordnung zum eigenen Selbst Angst und
Schuldgefühle nach sich ziehen würde. 

3 Das Heilsversprechen des Antisemitismus


Hier taucht jetzt der Begriff Jude zum ersten Mal auf.
Das Bild des Juden rückt als Projektionsfläche in den Blick. Auf Juden werden
Wünsche projiziert.
Das soll dazu dienen, um innere Konflikte auszulagern und das Eigene rein zu halten
Es ist die Rede von einer doppelten Auslagerung.
d.h. es werden nicht nur Es-Anteile, also verdrängte Wünsche projiziert, sondern
auch Anteile des Objekts

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Der Begriff der Abspaltung ist entscheidend:
Anteile, die unerträgliche Angst, Wut und Hass auslösen, werden abgespalten und
auf Juden projiziert. Die Wut kann damit an anderen ausagiert werden und bleibt
quasi nicht an mir hängen.
Das Heilsversprechen des Antisemitismus ist konkret, Konflikte und Ängste
loszuwerden.
Gleichzeitig aber auch die Erfüllung von narzisstischen Wünschen.
https://www.dw.com/de/das-unertr%C3%A4gliche-leben-mit-einem-narzissten/a-
49555789
Er bringt das Beispiel der eigenen Nation:
Es ist nicht nur verlockend, Teil einer Nation zu sein, sondern man kann sich der
Unterwerfung fallenlassen. Ich muss nicht mehr für sich sorgen und Entscheidungen
treffen.
Jetzt kommt das große Aber:
Es gibt jedoch eine große Gefahr dabei:
Die innere Wahrnehmung schottet sich nicht nur ab von der Realität, sondern es
entwickelt sich auch eine Dynamik. Die Es-Anteile (eigenen Wünsche) und Über-Ich-
Anteile (belastende verinnerlichte Verbote) verschwinden mit der Projektion nicht
einfach, sondern kehren im Juden zurück.
Einerseits als die schmutzigen und andererseits als übermächtigen Juden.
Es mündet so in eine paranoide Wahrnehmung. Er spricht von einer Kampf-Abwehr-
Haltung.
D.h. die Juden sind Verfolgende (Kampf), und (Abwehr) muss eine
Selbstverteidigung einnehmen
Es wird ständig die Reinigung des Eigenen von allem Unangenehmen gefordert.
Was haben die Juden damit zu tun?
Die Juden werden als diejenigen imaginiert, die eben genau diese versuchte Reinheit
beschmutzen und deshalb wie „Ungeziefer“ bekämpft werden müssen.
Für den Antisemiten hat es eine entlastende Funktion, denn das Böse wird nicht nur
nach außen verlagert, sondern diese in der Projektion abgewehrten Aggressionen
können ohne Schuldgefühle in die Tat umgesetzt werden, d.h. handgreiflich werden.
Jude wird zu einer Negativschablone für die eigene Identität.

Bisher: individualpsychologischer Zugang. Sie kann nicht erklären, warum sich


Menschen in ihrem Wahn zusammenfinden. Eine Individualpsychologie erklärt nicht,
wie sich das Objekt, Jude, herauskristallisiert.
Wir benötigen eine massenpsychologische Perspektive, um zu erklären, wie so
etwas wie ein kollektiver Wahn entstehen kann.
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4 Massenpsychologie und Kollektiver Narzissmus
In der massenpsychologischen Perspektive geht es um die vergemeinschaftende
Funktion.
Privatwahn hat keine Schiefheilung, sondern eine individuelle Erkrankung.
Der entscheidende Unterschied ist:
Einzelne Paranoiker bleiben ohnmächtig, während der Kollektivpsychotiker als Teil
des kollektiven Wahns mächtig wird (S.25).
Seine Machtphantasie, Größenphantasie wird gesellschaftlich gestützt.

Es kommt sogar zu „Omnipotenzphantasien“. Dem Antisemiten bleibt dabei immer


eine Wahl. Die Teilnahme am kollektiven Wahn entlastet vor inneren Konflikten und
auch davor, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen.
Adorno spricht von einem „kollektiven Narzissmus“. Er wird durch die Masse
aufgebaut und wird unheimlich attraktiv. Diese Masse personalisiert sich durch einen
Führer. Von dem Führer geht ein magisches Heilsversprechen aus.
Die Massenbildung ist ambivalent.

Einerseits ist sie gefährlich, weil sie einen Hass auf einen auserwählten Feind hat,
aber andererseits wird durch die Massenbildung selbst eine Dynamik in Gang
gesetzt.
In der Masse werden zwar Ängste und Konflikte gebannt, aber diese
Massendynamik selbst führt zu neuen Bedrohungen, nämlich Ängste vor
Ausschluss und Verfolgung.
Diese Verschmelzung in der Masse weckt Ängste, selbst verschlungen zu werden.
Es besteht immer die Möglichkeit, aus der Gruppe gestoßen werden und selbst
Verfolger zu werden. D.h. selbst unter die Räder zu kommen.
Schlimm ist dabei, dass diese aggressiven Anteile in der Masse wieder auf die Juden
projiziert werden
Jede Kritik, jeder Zweifel und Selbstreflexion wird dabei übelgenommen und ruft Wut
hervor. Das erklärt die Reaktion der Faschisten. Alles was als "„zersetzend“ gilt,
muss heftig bekämpft werden.
Die Wahrscheinlichkeit, dass so eine Dynamik abflacht, sinkt immer mehr. Aufgrund
dieser massenbedingten Verstärkung von Ängsten, entwickelt die Masse einen
„regressiven Sog“.

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Freuds Formel:
„Eine primäre Masse ist eine Anzahl von Individuen, die ein und dasselbe Objekt an
die Stelle ihres Ich-Ideals gesetzt und sich infolgedessen miteinander identifiziert
haben.
Die Idee ist, dass wir als äußeres Objekt einen Führer haben, den Massenführer. Es
gibt zwei Bindungstypen. Die eine ist, dass sie ich alle miteinander identifizieren mit
ihrem Ich, weil sie irgendwas teilen. Was sie nun teilen ist, dass sie ein und dasselbe
Objekt an die Stelle ihres Ich-Ideals gesetzt haben, nämlich das Führerobjekt. Sie
haben es zum Teil ihres Ich-Ideals gemacht. Das Ich-Ideal ist die positive
Entsprechung. Weil es geteilt wird, identifizieren sie sich alle miteinander.
Die faschistische Propaganda zeigt ja, dass die, die dazugehören einfach besser
sind, höher stehen und reiner sind, als die, die ausgeschlossen sind.

1. Narzisstische Gewinn der eigenen Höherstellung


2. Abwehr der Kritik, Kritiker soll verstummen. Gefährden das Erlebnisse der
Höherstellung

Innerhalb der Eigengruppe herrscht ein repressiver Egalitarismus. Kein Individuum


der Volksgemeinschaft darf sich einem individuellen Genuss überlassen.
Die Masse ermöglicht eine narzisstische Teilhabe an Größe, Halt und Sicherheit.

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