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Palazzo Vecchio, Sala dei Cinquecento

Leitfrage:
Was ist die inhaltliche Intention des malerischen Ausstattungsprogrammes in der Sala dei
Cinquecento?

1. Die Geschichte der Sala vor Cosimo I. de Medici

Der Palazzo wurde höchstwahrscheinlich nach Plänen von Arnolfo di Cambios, um 1298 gebaut und
war seither der Sitz der Republikanischen Regierung in Florenz. Die nächsten größeren
Baumaßnahmen, besonders Restaurierungen des baufällig gewordenen Gebäudes fanden ab 1454 im
Auftrag Cosimo il Vecchio de Medici statt. Nachdem die Medici 1492 aus Florenz vertrieben worden
waren, bemühte sich die Regierung der erneut ausgerufenen Republik um den Bau eines großen
Ratssaals. 1494 begann man unter der republikanischen Regierung von Florenz und dem
persönlichen Engagement Savonraolas mit der Errichtung der Sala Grande. Am 11. Mai 1495
beschloss der Große Rat von Florenz, dass die uficiali et operai del palagio innerhalb einer Woche
benannt werden sollten. Am 23. Mai wurde Antonio da Sangallo als Architekt des Vorhabens
nominiert. Der Fußboden und eine relativ schlichte Holzdecke, in deren Zentrum sich das
Kreuzwappen des Florentinischen Volkes befand, wurde bis Januar 1498 fertiggestellt. Die
Möblierung der Sala, die bis 1502 angefertigt wurde, umfasste vor allem Sitzbänke und Stufen aus
Holz.

Im Oktober 1503 bekam Leonardo da Vinci und im Dezember 1504 Michelangelo den Auftrag, die
Wände der Sala mit großen Fresken Florentinischer Siege zu dekorieren. Während Leonardo mit der
Arbeit am Fresko begann, schaffte es Michelangelo nicht einmal bis zur Anfertigung des Freskos,
denn er wurde angeheuert, die sixtinische Kapelle zu übernehmen, bevor er seine Fresken für den
Salone fertigstellen konnte. Was bleibt, sind zunächst einige Kartons und ein unvollendetes Fresko
von Leonardo. Beide Szenen sollten in monumentaler Ausführung die Siege der Florentinischen
Republik zeigen und glorifizieren. Damit haben sie einige Ähnlichkeit mit den später durch Vasari
ausgeführten Fresken. Die Schlacht von Cascina, die Michelangelo geplant, aber nicht aufgeführt
hatte, wird von Vasari in einem Deckenfeld dargestellt. Vasari selbst hat bei seinen Umbauten des
Salone das unvollendete Fresko Leonardos mit großer Wahrscheinlichkeit noch gesehen und
eigenhändig zugunsten seiner eigenen Malereien zerstört. Doch diese Tat ist nicht bezeugt, sondern
lässt sich lediglich „zwischen den Zeilen“ lesen.
Nach neuesten Vermutungen soll sich Leonardos Fresko noch am ursprünglichen Ort unter Vasaris
Fresken befinden. 2006 wurde der Schriftzug „Cerca trova“ („Suche, finde“) freigelegt und gleichzeitig
ein Abstand von etwa 5 Zentimetern zwischen Wand und Fresko entdeckt.

2. Palzzo Vecchio und der Sala grande unter Cosimo I./


Bauplan des zukünftigen Salone dei Cinquecento

Nach dem Mord an seinem Vorgänger, Alessandro de Medici wurde Cosimo, zum Herzog von Florenz
gewählt und zog schließlich zwei Jahre später in den Palazzo Vecchio ein. 1555 übernahm dann der in
Arezzo geborene Maler, Schriftsteller und Architekt Giorgio Vasari, nach Bitten von Herzog Cosimo I.,
die Leitung der Baumaßnahmen und stattete in den folgenden fast zwanzig Jahren die herzoglichen
Wohnräume und den Salone dei Cinquecento mit Malereien aus. Höhepunkt dieser Umbau-
Kampagne war die Ausstattung des Salone dei Cinquecento, der ehemalige Ratssaal in einen
repräsentativen Festsaal, welcher den Standards europäischer Fürstenhöfe genügen sollte.
2.1 Die Udienza (Nordwand) und die skulpturale Ausstattung der Sala

Die ersten baulichen Veränderungen, die Cosimo I. bei der Umgestaltung des Palazzo Vecchio als
herzogliche Residenz vornehmen ließ, auch die sogenannte Udienza an der Nordwand der Sala
grande. An der Nordseite des Salone sollte eine Udienza entstehen, die, wie Vasari schreibt, eine Art
Empfangsarchitektur für ausländische Botschafter und die Bürger von Florenz sein sollte.

Während die bereits verstorbenen Medici hinten an den Wänden aufgestellt sind (mit Ausnahme von
Papst Clemens VII.), greifen die zur Zeit der Aufstellung der Skulpturen noch lebendigen Personen in
den Raum ein. Cosimo I. und sein Sohn Francesco I. blicken in den leeren Raum hinein, so als
schauten sie bereits auf den intendierten Besucher herab. Ihr muskulöser Körperbau, die kriegerische
Kleidung und die Haltung ihrer Körper, die bei beiden Figuren durch den dem Betrachter
zugewandten Arm Distanz hervorruft, verschafft dem einige Stufen tiefer stehenden Betrachter
Respekt, der sich vervielfachte, wenn die beiden Herrscher zudem leibhaftig anwesend waren.

Für die Untersuchung des malerischen Ausstattungsprogramms der Sala dei Cinquecento durch
Vasari ist die Udienza nicht nur deshalb relevant, weil sie einer relativ frühen Planungsphase
entstammt und vom Künstler selbst fertiggestellt worden ist, sondern auch weil sie das
ikonographische Programm komplettiert. Wie bereits in den Räumen des Quartieres di Leone X, von
denen jeder einem Medici-Vorfahren und dem Herzog selbst gewidmet waren, vereinigen sich im
skulpturalen Programm der Udienza berühmte Familienmitglieder. Dabei ist festzuhalten, dass
lediglich Giovanni delle Bande Nere den direkten Familienzweig, dem Cosimo angehörte,
repräsentiert. Viel mehr scheinen, wie bereits angedeutet, Amt und Würden der dargestellten
Personen von Interesse zu sein. Sie bilden die Grundlage, auf der Cosimo sich und seine Herrschaft
legitimiert.

2.2 Michelangelos Sieger und Giamolognas Skulptur

Die Skulpturen Michelangelos und Giambolognas, die vor den beiden Langwänden jeweils zentral
aufgestellt sind, hatten einerseits wichtigen Einfluss auf die Konzeption der Ausstattung der Sala und
spielen andererseits eine wichtige Rolle im ikonographischen Gesamtprogramm. In diesem Sinne
sollen die Skulpturen, soweit für das ikonographisches Verständnis der Ausstattung von Bedeutung,
an dieser Stelle kurz untersucht werden.

Die Skulptur des Siegers, die von Michelangelo geschaffen worden war, sollte gleichzeitig mit dem
Krieg und Sieg über Siena, zentrales Thema und besonderes Glorifizierungs-Moment der Sala,
verbunden werden, was den Seitenwechsel zur Folge hatte.

Die Skulptur Michelangelos, die ursprünglich für das Grabmal Julius II. geschaffen worden war, erhielt
nun im Kontext des Ausstattungsprogramms der Sala eine vollkommen neue Bedeutung: Sie wurde
zur Allegorie des Sieges über Siena und verherrlicht durch ihre Nähe zu den Schlachtenbildern den
Sieg der Medici und Florenz. Damit findet eine neue Umdeutung der Skulptur und ihre Einbindung in
einen vollkommen neuen Kontext statt. Gleichzeitig richtet sich das bereits geplante und teilweise
ausgeführte Ausstattungsprogramm- wohl dem hohen Ansehen Michelangelos geschuldet- nach der
Skulptur und wird für sie modifiziert.

Die Deutung der Skulptur ist, vor allem mangels Quellen, schwierig. Vasari hatte sie in der Vita
Giambolognas als eine „Vittoria con un prigione“ bezeichnet. Auf den Gesamtkontext der Sala
bezogen bedeutet dies, dass in der Skulptur – analog zur Michelangelo-Skulptur auf der anderen
Saalseite – der Sieg über Pisa dargestellt ist. Der Blumenkranz im Haar der Viktoria lässt zugleich die
Allusion auf Flora/ Fiorenza, die allegorisierte Stadt Florenz, zu. Damit würde Florenz/ Victoria
siegreich über dem gebeugten Pisa stehend dargestellt sein. Der Fuchs zu Füßen des Gefangenen
verweist auf eine Charaktereigenschaft der Pisaner, die von Dante wegen ihrer Hinterlistigkeit als
„Füchse“ bezeichnet wurden.

Für beide Skulpturen lässt sich hinsichtlich eines Gesamtkontexts des Ausstattungsprogramms der
Sala dei Cinquecento festhalten, dass sie in ihrer Gegenüberstellung sowohl die antithetische
Gegenüberstellung der beiden Seiten mit dem Krieg gegen Pisa und dem Krieg gegen Siena
unterstreichen als auch männliches und weibliches Prinzip. Damit werden den beiden Geschlechtern
zwei Pole zugeteilt, die auch bei der Udienza (mit Skulpturen der männlichen Medici) und des
geplanten Springbrunnens auf der gegenüberliegenden Seite der Sala ausgedrückt werden sollten.
Inwiefern sich die männliche (Siena) und die weibliche (Pisa) Seite auch auf die jeweiligen mit der
Seite verbundenen Kriege beziehen lassen, bleibt spekulativ. Sicher kam dabei Cosimo die männliche
Allegorie entgegen, die eine ebenso energische und kämpferische männliche Person darstellt wie die
Cosimo-Skulptur in der Udienza oder das Porträt des Herzogs im zentralen Tondo. Cosimo und
dessen Krieg gegen Siena werden jedenfalls durch die Aufstellung der Michelangelo-Skulptur auf der
Seite des Medici Herrschers in besonderem Maße glorifiziert

2.3 Die Decke

Zu den Planungen für das Decken- und Wandprogramm der Sala Grande sind drei Zeichnungen
erhalten, die schematisch die Decken- und Wandflächen zeigen, in welche die Titel der Darstellungen
geschrieben worden sind

Proportion und Einteilung der neuen Decken entsprechen denen des Vorgängerbaus. Die
ursprüngliche Kassettendecke bestand aus schlichten quadratischen Feldern, die sich im Zentrum aus
vier Quadraten zu einem Tondo zusammenfügen.

Das ursprünglich geplante Deckenprogramm sollte also der gesellschaftlichen und politischen
Struktur, der Geschichte der Stadt Florenz sowie den beiden Kriegen gegen Pisa und Siena gewidmet
sein.

Gut zwei Jahre, ab April 1563 bis Dezember 1565, dauerte die Fertigstellung der 42 Ölgemälde für die
Decke der Sala dei Cinquecento. Zunächst wurde, wie Vasari in seinen Viten beschreibt, die Decke
um 6 Meter angehoben. Aus den Zeichnungen geht hervor, dass die Planungen für das
ikonographische Programm und die Arbeiten am Dach parallel liefen. Vasaris Ricordi bezeugen, dass
seit April 1563 Zeichnungen gefertigt und ab August desselben Jahres die ersten Panele bemalt
wurden. Zur Hochzeit des Prinzen im Dezember 1565 war die Decke fertig gestellt.

Das von Vasari zusammen mit Vincenzo Borghini und dem Herzog entwickelte Programm
untergliedert die Decke in drei Steifen, tre invenzioni, wobei die beiden äußeren Streifen thematisch
an den Wänden mit der Darstellung von Episoden aus den Kriegen gegen Siena und Pisa fortgesetzt
werden. Im mittleren Streifen befinden sich einzelne Begebenheiten aus der Florentinischen
Stadtgeschichte, die jedoch nicht in direktem Zusammenhang mit den Seitenstreifen stehen. Die
beiden Endpunkte des mittleren Streifens beschreibt Vasari als mit zwei Tondi versehen, in denen
jeweils zwei Stadtviertel von Florenz dargestellt sein sollen. Um sie herum ordneten sich die
wichtigsten Städte und Orte von Florenz an.

Ab der zweiten Zeichnung, die vermutlich kurz nach dem 14. März 1563 entstanden ist, sind bereits
die Städte und Regionen der Toskana vorgesehen, allerdings in anderer Reihenfolge. Die sechzehn
quadratischen Deckenfelder mit den Städten und Regionen der Toskana werden durch Inschriften,
die sich am rechten bzw. Rand der Darstellungen und unter ihnen befinden, genauer bestimmt. So
findet sich unter den einzelnen Feldern immer eine Inschrift, die das Sujet des Bildes beschreibt und
rechts oder links, das Datum des dargestellten Ereignisses.

2.4 Die Wände

Erst über ein Jahr nach Fertigstellung der Decke begannen im Sommer 1567 die Arbeiten an den
Fresken der beiden Langwände. In seinen Ricordi hält Vasari für das Jahr 1567 fest, daß er ab dem 1.
August das erste Fresko geschaffen hätte. 1 In den Ricordi Vasaris lässt sich die Reihenfolge der
Entstehung der Fresken genau nachverfolgen. Begonnen hatte Vasari mit der Seite des Pisa-Krieges.
Dort fertigte er zunächst den Karton und das mittlere Fresko mit Kaiser Maximilian an (August 1567
bis November 1568), dann den Karton und das rechte Fresko der Einnahme Stampaces (Januar bis
September 1568)23 und schließlich den Karton und das Fresko links mit der Schlacht bei Torre San
Vicenzo (Januar 1569 bis August 1570). Auf der Seite des Siena-Kriegs begann man ebenfalls mit dem
mittleren der drei Fresken (Einnahme von Portercole, April bis Juni 1570), dann wurden Karton und
linkes Fresko der Einnahme von Siena geschaffen (Juni bis September 1570) und schließlich der
Karton und das Fresko mit der Niederlage Piero Strozzis (fertig Dezember 1571).

Dargestellt sind, das Deckenprogramm thematisch fortsetzend, Szenen aus den Kriegen gegen Pisa
und Siena. Jede der beiden Wände komplettiert den jeweils über ihre liegenden Deckenstreifens fort.
So gesehen vervollständigt die Gestaltung der Wände erst das von beginn an geplante
ikonographische Gesamtkonzept der Sala. And der Westwand befinden sich drei Szenen aus den
Kriegen gegen Pisa: Die Niederschlagung der Pisaner bei Torre San Vicenzo, Die Besetzung Livornos
durch Maximilian und die Einnahme der Festung von Stampace bei Pisa. An der Ostwand hingegen
sind drei Szenen aus dem Krieg gegen Siena dargestellt: Die Einnahme der Festung bei der Porta
Camollia (Siena), die Einnahme von Porto Ercole und die Schlacht bei Marciano im Chianatal.

3. Ikonographie

3.1 Triumph über Pisa

LAETA TANDEM VICTORIA (Endlich glücklicher Sieg) ist die Innenschrift des Gemäldes. Am 8. Juni
1509 waren die siegreichen Florentinischen Truppen nach Florenz zurückgekehrt, nachdem sie Pisa
erobert hatten.

Als Pendant zum Triumph über Siena, der sich links neben dem zentralen Tondo mit der Darstellung
Cosimo befindet, wird in diesem Deckenfeld der Triumph über Pisa gezeigt. Dargestellt ist ein
antikisierender Festzug mit gefesselten Gefangen im Vordergrund, der auf einen Triumphbogen und
das im Hintergrund gezeigte Florenz zureitet. Man sieht auch sehr gut, dass Florenz ganz
originalgetreu dargestellt ist. Bei der Betrachtung des Deckenfeldes fällt auf, wie detailliert es
aufgebaut ist. Der im Bildvordergrund hervorstechende Triumphwagen verdient genauere
Betrachtung. Auf den Rädern befindet sich ein geschnitzter, allerdings nicht genau identifizierbarer
Aufbau, auf dem die Allegorie der Stadt Florenz sitzt. Die freizügige Personifikation ist mit einem
Phantasiegewand nach römischem Vorbild gekleidet. In ihrer linken Hand hält sie die Zügel der vier
vor den Wagen gespannten weißen Pferde, in der rechten einen Blumenstrauß, der wohl auf das
bekannte Wortspiel „Florenz-Florentia-Flora“ verweist, die blühende Stadt also. Auf ihrem Haupt
befinden sich Türme, die typische Mauerkrone der Stadtallegorie, wie sie bereits für Darstellungen
des Mittelalters üblich waren. Zu Füßen der Florentina befinden sich einige Rüstungsteile, die wohl
als Kriegsbeute zu verstehen sind. Im Vordergrund des Bildes sticht neben den beiden gefesselten
Gefangenen, der Florentinische Soldat ins Auge. Über seine rechte Schulter hat er die Florentinische
Flagge, mit der roten Lilie auf weißem Grund gelegt und schaut den Betrachter an. Er führt sein
rechtes Bein am linken Bildrand ins Gemälde ein und legt zusammen mit Florentina und den Pferden
die Bewegungsrichtung des Marsches fest, nämlich von links nach rechts, um durch den
Triumphbogen hindurch und im Hintergrund des Bildes über den Pinte Carraia ins Stadtzentrum
weiterzuführen. In der Mitte des Bildes steht eine Steinskulptur auf einem Podest. Mit ihren zwei
Posaunen, die sie nach links und rechts hält und den geblähten Wangen ist sie eindeutig als Fama zu
identifizieren. Fama ist in der römischen Mythologie die Gottheit des Ruhmes, wie auch des
Gerüchts. Links neben der Fama werden Medaillons mit Porträts von den schauenden Florentinern
hochgehalten. Vor dem Triumphbogen ist eine Reihe von drei Florentinischen Soldaten auf Pferden
reitend erkennbar, die in ihrer Mitte eine Florentinische Flagge tragen. Im Hintergrund führt die
bevölkerte Brücke über Arno, durch die der Zug in die Stadt geleitet wird. Der grauhaarige Mann mit
langem weißem Bart, Füllhorn und Tonkrug, aus dem Wasser strömt, ist der Flussgott Arno. Erstaunt
schaut er auf den Triumphwagen und nimmt so nicht nur die Position des Betrachters ein, sondern
führt auch ins Bild ein. Links neben ihm befindet sich eine merkwürdige Gestalt, dies könnte der
Mazocco sein, welcher das Wahrzeichen der Stadt Florenz ist.

3.2 Triumph über Siena

EXITVS VICTIS VICTORIB[VS]Q[VE] FELIX

Auch hier ist die Stadt Florenz im Hintergrund zu sehen (von San Piero Gattolini aus dargestellt) und
der Zug von Soldaten, der auf die Stadt zu reitet. Lediglich drei Männer drehen sich, entgegen ihrer
Bewegung, zum Betrachter um. Seine Gesichtszüge stimmen mit dem Porträt des Marchesen im
Deckenfeld der Schlacht Marciano überein. Demzufolge müsste es sich bei den beiden Männern
neben ihm um Chiappino Vitello und Federigo da Montaguto handeln. Eigentümlich ist die Haltung
des im Bildervordergrund reitenden Mannes, der mit dem rechten Arm den Zügel seines Pferdes dem
Betrachter entgegenstreckt, als würde er eine Schleuder spannen. Der stramm gehaltene Zügel einen
starken Kontrast zur Florentia im Pendant des „Triumphes über Pisa“ bildet. Dort sitzt die Allegorie
auf einem Triumphwagen und wird von vier Pferden gezogen, während sie die Zügel lässig schleifen
läßt. Die Gegensätzlichkeit der beiden Triumphbilder ist offensichtlich und gewollt und zielt wohl in
eben die Richtung, daß unter Cosimos Regierung sichere Entscheidungen getroffen werden, die
stringent zu einer friedlichen Regierung führen. Die friedliche Regierung ist wohl auch im – von Vasari
nicht beschriebenen Detail – der Mutter mit ihrem Kind am rechten Bildrand ausgedrückt.

Bei der linksstehenden Gruppe von Männern sticht ein Pferd heraus, auf dem ein edel gekleideter,
junger Mann ohne Bart sitzt. Zum Zeitpunkt des Siegers und der feierlichen Rückkehr des
Florentinischen Heeres nach Florenz (1555) war Francesco erst vierzehn Jahre alt, amtierender Herzig
war noch sein Vater Cosimo. Am rechten Bildrand befindet sich eine Gruppe von Männern, die dem
feierlichen Einzug beiwohnen, aber irgendwie wie auch autonom im Bildzusammenhang stehen.
Einige schauen aus dem Bild hinaus, andere tauschen Blicke aus oder schauen in unbestimmte
Richtungen. Keiner von ihnen blickt auf das Ereignis des triumphalen Einzugs. Dies sind Vasaris
Mitarbeiter, die ihm eine große Hilfe bei der Ausführung der Sala waren. „Mit großem Lob bedenkt
Vasari hier seine Gehilfen, wenn er sagt, daß er mit dem ganzen Werk ohne sie ewig nicht fertig
geworden wäre (senza l’aiuto loro non l’avrei condotta in un’età).“ (Ragionamenti)
3.3 Cosimo in Gloria

Der ausgeführte Tondo im Zentrum der Decke zeigt Cosimo I. in einer Glorie von Wolken, wie er von
Fiorenza/ Flora mit einem Eichenkranz gekrönt wird. Um den Herzog herum schließt sich der Kreis
einer Balustrade, von der Putti an Bändern gehaltene Wappen der Zünfte, der Kommune, des Volkes
und der Stadt Florenz herunter lassen und an der Architektur festmachen. Cosimo, mit einer Rüstung
und Prachtstiefeln all’antica bekleidet, ist als römischer Feldherr dargestellt. Der Tondo transferiert
Ereignisse aus der Zeit des Römischen Reiches in eine zeitgenössische Darstellung: Cosimo (als
römischer Feldherr) sitzt auf dem traditionell den Konsuln vorbehaltenen sedis curulis und erhält die
Stadtkrone von Florentina, die hier für die Signoria und das Florentinische Volk steht, für seine Taten
als Verteidiger des Volkes.

Der Putto links hinter Cosimo hält das Kreuz des von Cosimo 1561 gegründeten Stephansordens und
die Kette des Ritterordens vom Goldenen Vließ, zu deren Mitglied Cosimo von Kaiser Karl V. 1546
ernannt worden war. Die erwähnte Krone und das Szepter, die von einem Putto rechts hinter Cosimo
gehalten werden, spielen auf Cosimos Titel als Herzog an.

Die im Tondo dargestellte Krone soll als Modell für die 1569 in Auftrag gegebene großherzogliche
Krone gedient haben. Durch eine detaillierte Zeichnung der Krone in einem zeitgenössischen
Manuskript ist das Aussehen der Krone sehr genau nachvollziehbar.

Zu Füßen des Herzogs befinden sich außerdem von links nach rechts das Wappen der Stadt Florenz,
das Wappen des Volkes und das Wappen der Kommune.Zwischen den Dreiergruppen der Wappen ist
jeweils ein Baluster, im gesamten Tondo also acht Baluster, sichtbar.

Die acht Gruppen von Wappen zeigen sieben Dreiergruppen einer Arte Maggiore flankiert von zwei
Wappen der Arte Minore. Zu Füßen des Herzogs befinden sich die drei Wappen der Stadt, der
Kommune und des Volkes. Diese letztgenannte Dreiergruppe nimmt den Rhythmus der Zunftwappen
auf und bildet das Wappen des Volkes als großes Wappen ab, während die Wappen der Stadt und
der Kommune in kleinerer Größe beigestellt sind. Direkt über dem Wappen des Volkes befindet sich
das Wappen der Arte dei Giudici e Notai, der einflussreichsten Zunft von Florenz. Auch die Putti
nehmen den Rhythmus der größeren und kleineren Wappen auf. Die mittleren Putti der
Dreiergruppen sind jeweils größer dargestellt als die beiden benachbarten Putti. Sie alle halten
jeweils ein Wappen an Stricken in den Händen, die sie bereits an der Balustrade festgemacht haben
oder gerade festschnüren.

Vasari unterschlägt das dritte Wappen zu Füßen des Herzogs, nämlich das des Florentinischen Volkes.
Und es ist das Volk, das hier im Tondo eine zentrale Rolle spielt.

Verwirrend ist bei näherer Betrachtung die Perspektive, oder besser gesagt die Perspektivenvielfalt
im zentralen Tondo der Sala dei Cinquecento. Eine Balustrade, auf der Putti sitzend Wappen mit
Bändern festschnüren oder schon befestigt haben, bildet sozusagen den fingierten architektonischen
Rahmen des Tondos. Sowohl Balustrade als auch Putti und Wappen scheinen einem Bildraum zu
entspringen, der räumlich jenseits der Holzbalkendecke, jedoch wiederum näher zum Betrachter als
das Zentrum des Tondos (Cosimo auf Wolken) zu stehen scheint. Sie ist in unrealistischer Weise zum
Betrachter gebogen und weist keinerlei perspektivische Verkürzungen auf, um so die Wappen und
die Putti für den Betrachter sichtbar darzustellen. Cosimo sitzt in einer weiteren Bildebene, die sich
vom Betrachter aus hinter, oder da es sich um ein Deckenbild handelt, über der Balustrade befindet.
Er ist nicht in der Untersicht wie die vorher beschriebene Bildebene gezeigt, sondern von vorn. Das
heißt, daß die Perspektive zwischen der Bildebene der Balustrade und der Cosimos stark verändert
ist. Die Balustrade mit den Putti wird zu einer Art Rahmen für das zentrale Bild Cosimos. In der
gleichen Bildrealität des Herzogs, jedoch hinter ihm, befindet sich Fiorenza mit dem Eichenkranz und
zwei Putti, die Cosimos Attribute in den Händen halten. Sie sind in insgesamt helleren Farben
dargestellt und entmaterialisieren sich so in Abstufungen von der Fiorenza bis hin zu den beiden Putti
im gleißenden Licht, das Cosimo hinterfängt.

4. Fazit

Die Funktion der Sala war vor allem repräsentativer Art. Hohen Staatsgästen diente sie als
Empfangshalle, zugleich auch als Festsaal. Das heißt, dass sich der Herzog, sein Regierungssystem
und seinen Staat in dem Bilderzyklus feiern ließ und sich so seinen Besuchern darstellte: Nämlich als
erfolgreicher Kriegsherr und als guter Regent eines florierenden Staates. Die Bilder an der Decke sind
durch ihre Inschriften zu identifizieren, wenngleich auch auf den ersten Blick nicht immer so genau.
Schnell hat der zeitgenössische Betrachter Cosimo im Zentrum der Decke sowie seine
Herrschaftszeichen und die Wappen der Zünfte erkannt. Der Herzog stellt sich in der römischen
Prachtuniform als erfolgreicher Kriegsherr dar und stellt sich damit in die Tradition seines Vaters
Giovanni delle Bande Nere, der als condottiere erfolgreich tätig war und in dieser Funktion auch
starb. Die Verbindung der drei Tondi des mittleren Deckenstreifens war dem zeitgenössischen
Betrachter bewusst und der Inhalt der beiden äußeren Tondi ließ sich durch die Wappen der vier
Florentinischen Stadtviertel leicht erschließen. Die restlichen Felder des mittleren Deckenstreifens
sind durch die Inschriften, die auch Jahreszahlen wiedergeben, gut als Ereignisse der Florentinischen
Stadtgeschichte erkennbar. Insofern lässt sich eine enge Verbindung aus Stadtgeschichte, Herzog und
administrativer Ordnung der Stadt herauslesen. Die Darstellung einer zeitlich weit zurückliegenden
Geschichte und die mit dem Schicksal einer Stadt eng verbundene Familie.

Das gesamte Bildprogramm stellt, trotz der mehrfach nachgewiesenen thematischen


Zusammengehörigkeit der Darstellungen und seiner homogenen Planung, keine einer
chronologischen Ordnung folgende Erzählung der Ereignisse dar, sondern setzt sich aus
verschiedenen Erzählsträngen zusammen, die sich in „additiver Synchronie“ präsentieren. So finden
sich an der Decke Darstellungen von Ereignissen, die denen der Fresken sowohl zeitlich vorausgingen
als auch jene, die ihnen folgten.

Die Parallelisierung der Erzählstränge variiert vor allem in den Fresken. So weisen die Ereignisse des
Pisa-Kriegs einen Pluralismus an Handlungen in einem Bild auf, der in den Fresken des Siena Krieges
stark zurückgenommen scheint und somit auf eine effizientere Pointierung der siegreichen Energien
des herzoglichen Heeres verweist. Dies wird vor allem im Vergleich mit den einander gegenüber
liegenden Fresken der Schlacht von Torre San Vicenzo (Pisa-Krieg) und dem nächtlichen Angriff auf
Siena deutlich. Während in der Schlacht von Torre San Vicenzo mehrere Handlungen parallel gezeigt
werden, verläuft die Angriffsrichtung der Schlacht um Siena ausgesprochen linear und konsequent,
nur einem Erzählstrang folgend

Ein Vergleich der drei erhaltenen Zeichnungen des gesamten Deckenprogramms und der
ausgeführten Version ergibt, dass der Triumph über Pisa bereits von Anfang an für eines der
Deckenfelder neben dem zentralen Tondo geplant gewesen war. Die sich antithetisch
gegenüberstehenden Triumphszenen sind so als wichtiger Teil eines Deckenprogramms anzusehen,
das sich dank der erhaltenen Zeichnungen in seinen verschiedenen Planungsphasen nachvollziehen
lässt. Somit wird deutlich, dass die sich gegenüberstehenden Ereignisse der Kriege gegen Pisa und
gegen Siena sowie der Republikanischen Regierung und der Herrschaft Cosimos von Beginn an
geplant gewesen sind. Der antithetische Aufbau der Decke spiegelt sich ganz besonders in den
beiden Triumphszenen wider. Ist der Triumph über Siena eine Ansammlung von zeitgenössischen
Porträts und Kleidermoden, so ist der Triumph über Pisa, der der Republikanischen Regierung vor
Cosimo zugerechnet werden muss, als antiker Triumphzug wiedergegeben. Direkt antithetisch im
Sinne einer positiven und einer negativen Bildaussage funktioniert das Bild nicht, denn als antiker
Triumphzug dargestellt mit einer Stadtgöttin und Arno sowie der Fama, lässt sich keinerlei negatives
Element in diesem Bild nachweisen. Es ist vielmehr der Versuch, das Ereignis als etwas lange
Vergangenes darzustellen, wenngleich zwischen den beiden Siegen nicht einmal ein halbes
Jahrhundert liegt. Die Vergangenheit des Sieges über Pisa wird damit im Bild so stark überzogen, dass
sie wie eine uralte Legende erscheint, deren Wirkung zwar für die Gegenwart wichtig ist, aber deren
Helden längst nicht mehr greifbar sind. Nur so erklärt sich auch die Einbeziehung so vieler Porträts in
das Deckenfeld des Triumphes über Siena. Zeitgenossen konnten darin Personen erkennen, die sie in
Florenz am Hofe des Herzogs treffen konnten. Im Deckenfeld des Triumphes über Pisa wollte man die
Darstellung von republikanischen Helden offensichtlich vermeiden und setzte statt eines
identifizierbaren Feldherrn die siegreiche Florentia auf den Triumphwagen. Interessant ist auch die
Beobachtung, dass sich auf der Seite des Pisa-Krieges eher das „schwache“, weibliche Prinzip
durchsetzt, während auf der anderen Seite des Krieges gegen Siena Cosimos starke Männlichkeit
triumphiert. So verweist die Inschrift unter der Darstellung des Triumphes über Pisa auf die weibliche
Viktoria („Laeta tandem victoria venit“), während die Inschrift beim Triumph über Siena („Exitus victis
victoribusque felix“) von männlichen Siegern spricht. Dieses Prinzip setzt sich ebenfalls in den
Skulpturen von Michelangelo und Giambologna fort. Während der Sieger Michelangelos dem Krieg
von Siena zugeordnet ist, steht auf der Seite des Pisa-Krieges die weibliche Allegorie Giambolognas.
Ebenso stehen sich die beiden Geschlechter in Udienza und Springbrunnen auf der
gegenüberliegenden Seite entgegen.

Während der Triumph über Pisa eher übernatürlichen Gewalten zu verdanken scheint, präsentieren
sich auf dem Pendant die stolzen Sieger über Siena, zusammen mit den Humanisten und Künstlern,
die an der Sala dei Cinquecento gearbeitet haben. Der Triumph über Siena verzichtet auf die
Darstellung eines Triumphzuges mit Triumphbögen und –wägen, obwohl es einen triumphalen Einzug

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