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Multimodalitat (lateìnìsch multi ,vìel', lateinisch modus ,Art', ,Weise') bezeichnet im Wesentlichen eine Theorie der Kommunikation und

Sozìosemiotik. Multimodalitat beschreibt Kommunikationsmethoden in Form von textlichen, audìtiven, sprachlichen, raumlichen und
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visuellen Ressourcen bzw. Modalitaten, die zum Erstellen von Nachrichten genutzt werden. 1 1 lm Hìnblick auf Medien bezeichnet
Multimodalitat die Nutzung verschiedener Modalitaten (Medien) zum Erzeugen eines einzelnen Artefakts. Die Gruppe dieser
Modalitaten oder Elemente beeinflusst, wie Multimodalitat sich auf unterschiedliche rhetorische Situationen oder MOglichkeiten zum
Verstarken der Rezeption einer Idee oder eìnes Konzepts durch eìn Publìkum auswìrkt. Sìnn wird sowohl durch die Platzierung von
Bildern als auch durch die Anordnung der lnhalte erzeugt. Dies ist das Ergebnis der AblOsung von isoliertem Text als prìmare
Kommunikationsquelle durch Bilder, die im digitalen Zeitalter haufiger genutzt werden. [2] Multimodalitat als Phanomen fand bis zum
zwanzigsten Jahrhundert nur geringe allgemeine und wissenschaftliche Beachtung, jedoch waren alle Kommunikations-. Lese-/Schreib­
und Kompositionsmethoden schon immer multìmodal. 131

Eìne weitere Definitìon wird von Klimsa gegeben (L. J. lssing, P. Klimsa: lnformation und Lemen mit Multimedia und Internet. S. 3f):

.,... bedeutet "Multimedia"zahlreiche Hardware- und Soflwaretechnologien fOr lntegration von digitalen Medien, wie
beispie/sweise Text, Pixelbi/der, Grafik, Video oder Ton. Neben diesem Medienaspekt- Multimedialit§t- spielen aber auch
lnteraktivitiit, Multitasking (gleichzeitige Ausfahrung mehrerer Prozesse)und Parallelitiit (bezogen auf die parallele
Medienpriisentation) eine wichtige Rolla. In diesem Zusammenhang kOnnen wir vom lntegrations- und PrSsentationsaspekt
des Multimediabegriffs sprechen.

Multimodal - intertextuell - heteroglossisch 421


zweite und meines Erachtens einleuchtendere Begriffserlauterung ist die
zugespitzte Gegeniiberstellung zwischen Web 2.0 und ,,Web 1.0", einer
retrospektiv gepragten Bezeichnung fiir das friihe Netz der 1990er Jahre
(O'Reilev 2005). Demnach bestand "\X1eb 1.0 aus ,,traditionellen" Websites,
die nur �on ihren Besitzern bzw. Produzenten verandert werden konnten,
wahrend die Nutzer auf die Rezeption der bereitgestellten Inhalte einge­
schrankt waren. Die interaktiven Anwendungen des Internet wie Email,
Newsgroups, Mailinglisten und Chatkanale, die das urspriingliche Haupt­
gebiet der linguistischen Internetforschung darstellten, operierten noch
separat vom Web 1.0 und gingen ihm historisch voraus. Die Unterschei­
dung zwischen dem Web als Informationsquelle (,,Web 1.0'') und den inter­
aktiven Internet-Diensten war noch bis zu Beginn dieses Jahrzehnts all­
gemein iiblich.
Eben diese Unterscheidung fallt nun mit �eb. 2.0. in sich zusammen.
Sein erstes Kennzeichen, Partizipation, ist wesentlich \;eiter aufgefasst als
interpersonale Kommunikation im sprachwissenschaftlichen Sinn. Web 2.0-
Umgebungen sind keine Ansammlungen redaktionell aufbereiteter Inhalte,
sondern stellen Infrastrukturen bereit, die Yon Nutzern - freilich bei ent­
sprechender Hardware-Ausstattung und passendem Breitband-Zugriff -
rezeptiv und produktiv angeeignet werden. Innerhalb der von der jeweiligen
Plattform gesetzten thematischen, technischen und semiotischen Grenzen
\Verden Inhalte von den Nutzern selbst beigesteuert - hochgeladen, modi­
fiziert, kommentiert, mit anderen Inhalten yerkniipft US\V. Dadurch ,,kann
jeder durchschnittlich befahigte Nutzer, selbst wenn er nicht programmie­
ren kann, \·iel leichter als bisher aktiY an der Informations- und Meinungs­
verbreitung teilnehmen" - das Motto lautet: ,,Jeder kann mitmachen" (de.
wikipedia.org 2009). In diesem Sinne ist Web 2.0 durch eine ,,Architektur
des 1finvirkens" (Hinchcliffe 2006) gekennzeichnet; von Randow (2007)
bezeichnet es als ,,Medium der Beteiligung":
Das Web 2.0 ist ein Medium der Beteiligung. ( ...) Der Erfolg von Angeboten \Vie
YouTube oder MySpace riihrt nicht zuletzt daher, dass hier jedermann sein Zeug
raufladen kann, uro wenigstens einmal Prominenz zu erfahren, ì\1ikroprominenz.
(Randow 2007)
-

Dem Beteiligungsprinzip kommen die Stichworte ,,Plattform" und ,,Umge­


bung" entgegen, wie sie in diesem Beitrag verwendet werden. Dabei ist mit
,,Umgebung" ein semiotischer Raum gemeint, in dem Nutzer verschiedene
Handlungsmòglichkeiten zur Verfiigung haben, wahrend ,,Plattform" eine
spezifische technisch-institutionelle Basis fiir die Verwendung digitaler Kom­
munikationstechnologien meint. So stellen virtuelle saziale Netzwerke viel­
schichtige Kommunikationsumgebungen dar;-jedes einzelne davon ist eine
spezifische Vernetzungsplattform mit eigenen Partizipationsbedingungen
und Gestaltungskonventionen.
Ich verwende das generische Maskulinum.
4.22 Jannis .-\ndroutsopoulos

Das Prinzip der Beteiligung tritt auf den unter \X'eb 2.0. zusamroenge­
fassten Umgebungen auf unterschiedliche Weise in Erscheinung. Im Fol­
genden sollen nur Z\vei Umgebungstypen Beriicksichtigung finden: Vernet­
zungs- und Medienplattformen.
Y,�rnetzungsplattformen (andere gangige Bezeichnungen sind ,,(virtu­
\ elle) sozTaié Netzwerke", ,,Social-Network-Dienste", ,,socia/ nehvork sites")
\
, ermoglichen ihren Nutzern die Einrichtung einer Profilseite und die Ver­
\ netzung mìt anderen Profils:iten. Fa:;.���k und �q�pa.ce sind die internatio­
\ nal \vohl bekanntesten Platttormen dieser Art, zu ihnen gesellen sich eine
J Vielzahl anderer, darunter auch regional- hz\,: sprachspezifischer Varianten.
Nach boyd (2008) weisen sodai netll'ork sites �ei distinktiYe Merkmale auf:
· a) Profile - individuelle ,,virruelle Korper", die unter Zuhilfenahme der
jeweils ,-erfugbaren semiotischen Ressourcen gestaltet werden; b) Freuride
- die auf der Plattform sichtbar gemachten sozialen Beziehungen; und
e) Kommentare - Beitrage, die ,,Freunde" auf den Profilseiten anderer
,,Freunde" h.interlassen:'
�cUap!a_ttformen (auch contmt sharing sites, 1J1edia sha,ing sites oder socia/
sharing genannt:) clienen der Bereitstellung digitaler 11edientexte ,,-ie Fotos,
Yideos und :\Iusik fur eine meist unbegrenzte Netzoffentlichkeit. Von der
Produktionsseite her weisen :.fediaplattformen wie jli[kr und 1ò11Tuf;e eine
Bandbreite prirnter, kommerzieller und institutioneller Nutzung auf, wo­
bei im Folgenden nur der prh·ate Bereich .interessiert. In Analogie zu den
Yernetzungs- lassen sich auch fur 11,ediaplattformen drei Kennzeichen be­
stimmen: a) Prasentation jeder :\fedieneinheit auf einer dezidierten Web­
seite, b) Nutzungsstatistiken wie Aufrufe, Bewertungen und Herkunft der
Besucher und e) eine Kommentierungsmoglichkeit. ·
Eine zweite sprach- und diskursanalytisch relevante Dimension der
gegemviirtigen Netzenr...vicklung, die in den erwahnten :\ferkmalsauflistun­
gen \Yeniger deutlich zum Ausdruck kommt, 1,1,ird unter dem Dachbegriff
KonYergenz zusammengefasst. Damìt ist allgemein die Zusammenfiihrung,
Verflechtung und Yerschmelzung von technischen und kommunikativen
Prozessen und Akthitaten der :\1edienproduktion brn: �fedienrezeption
gemeint. In der medienwissenschafrlichen Diskussion wird Konvergenz
Yerschiedenartig definiert und analytisch ausgelegt (vgl. Jenkins 2006; Hase­
brink/Mikos/Prommer (Hg.) 2004). Fiir meine Zwecke unterscheide ich in
Bezug auf Netzkommunikation drei Teilaspekte von Konvergenz: Integra­
tion, Einbettung und :\Iodularitiit.
Soziale Netzwerke bedeuten nach boyd (2008) einen P:u:adigmenwechsel weg \"On den yjeJ
beachteren und untersuchten Yirruellen Gemeinschaften. Das regelmiillige ,irruelle ,,Mitcin­
ander" ,·on Gleichgesinnren auf einer spezifischen Plattform (Chat- oder forumsgemein­
schaften) wird abgelòst durch losere, heterogenere .-\nsammlungen ,,on ,,Indh-iduen'·, deren
Gemeinschaftlichkeit nichr erst online, sondern in erster Llnie offline entsteht; clieser Cnter­
scheid diirft:e auch auf die linguistische Beschiiftigung mit dem :'.\'etz Aus\\.-irk-ungen haben
(Ygl. etwa die Operationalisierung Yon Yirtuellcn Gemeinschaften bei Hcrring 2004).

432 Jannis Androutsopoulos

Typische
Dimension Hauptkennzeicben Akteure
Umgebung
Organisation Beitrag zum Web- Website-Administra- VP&MP
design toren bzw. -Designer
Selbstdarstel- Ressource filr Profil- Individuelle Nutzer VP
lung seiten (Profilseitenbesitzer)
Spektakel Teil des von Nutzem Nutzer MP (und ein-
hochgeladenen Multi- gebettet in
media-Materials VP)
Interaktion Interpersonale Kom- Mehrfachautoren- VP&MP
munikation zwischen schaft
Nutzem, Kommentie-
rung von Spektakeln
und anderen Referenz-
texten
Tab. 1: \'ier Dimensionen Y0n Sprache in \X"eb 2.0-l"mgebungen (\"P: \'ernetzungsplattformen;
�IP: Medinpb.ttformen)

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