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Überblick Therapieverfahren;
+ Beginn: Störungen im Zusammenhang mit psychotropen
Substanzen und abhängigen Verhaltensweisen I -
PD Dr Dr Ricarda Nater-Mewes & PD Dr Jennifer Randerath
AUFZEICHNUNG STARTEN
Abkürzungen:
IPT - das Integrierte
Psychologische
Therapieprogramm bei
schizophren Erkrankten
KVT - kognitive
Verhaltenstherapie
Abb. 13.1. aus Hoyer & Knappe (In Anlehnung an Perrez und Baumann 2011, mit freundlicher Genehmigung vom Hogrefe Verlag)
https://www.wbpsychotherapie.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/WBP/Methodenpapier.pdf
https://www.wbpsychotherapie.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/WBP/Methodenpapier.pdf
file:///C:/Users/Admin/Downloads/Patienteninformation_(BMGSPK),_Stand_29.04.2020-1.pdf
11
https://www.springermedizin.de/emedpedia/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/humanistische-
psychotherapieverfahren?epediaDoi=10.1007%2F978-3-642-45028-0_48
Psychotherapie-Verfahren/Schulen in Deutschland
• Durch den Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie (WBP) und den Gemeinsamer
Bundesausschuss (G-BA; Krankenkassenabrechnung) anerkannte Richtlinienverfahren:
https://www.researchgate.net/publication/241277436_Humanistische_Psychotherapie_als_Verfahren_Ein_Pladoyer_fur_die_Ubern
ahme_eines_einheitlichen_Begriffs
file:///C:/Users/Admin/Downloads/Patienteninformation_(BMGSPK),_Stand_29.04.2020-2.pdf
Tab. 14.1 Prinzipien der Verhaltenstherapie. (Mod. nach Margraf 2018, S. 5 f.)
Abb. 14.4 Strategien der Verhaltenstherapie mit jeweils typischen, ausgewählten Einzelmethoden. (In Anlehnung an Craske 2010,Copyright©
2009, American Psychological Association; alle Techniken werden in den Abschnitten II und III dieses Lehrbuchs erklärt)
Abb. 16.1 Struktur des theoretischen Systemmodells. Es enthält 5 Variablen („states“, in der Sprache der Synergetik: Ordnungsparameter):
Problem- und Symptomausprägung (P), therapeutische Fortschritte (S), Veränderungsmotivation (M), Emotionsintensität (E) und Einsicht bzw.
Entwicklung neuer Perspektiven (I). Die Wechselwirkungen zwischen den Variablen sind in nichtlinearen Funktionen ausformuliert, wobei die
Kontrollparameter des Systems („traits“ oder Dispositionen des Patienten) auf die Funktionen modulierend wirken (a Qualität der
Therapiebeziehung und Bereitschaft zur Kooperation; m Belohnungs- und Selbstwirksamkeitserwartung; c kognitive Kompetenzen,
Mentalisierungs- und Emotionsregulationsfähigkeit; r soziale Skills und Verhaltensressourcen). Zwischen der Dynamik der „states“ (Variablen,
Ordnungsparameter) und den „traits“ (Kontrollparameter) werden Wechselwirkungen angenommen, welche die Persönlichkeitsentwicklung des
Patienten und die Nachhaltigkeit der Therapie ausmachen. (Schiepek et al. 2017, © 2017 Schiepek, Viol, Aichhorn, Hütt, Sungler, Pincus and
Schöller; Schöller et al. 2018, © 2018 Schöller, Viol, Aichhorn, Hütt and Schiepek)
27
Abbildung: Von Lewis Carroll - pdf from gasl.org, Gemeinfrei,
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1491653
Stark diskutiert
• Pro allgemeine Wirkfaktoren: Metaanalysen deuten daraufhin, dass die gängigen
Psychotherapieverfahren wirksam sind
S.435
→ Neuropsychotherapie:
Neurowissenschaftliche Perspektive
auf die Problemstellungen der
Psychotherapie
Abb. 13.3 Klaus Grawe. (© U. Hiltpold)
Konsistenz
= „Übereinstimmung bzw. Vereinbarkeit der gleichzeitig ablaufenden neuronalen /
psychischen Prozesse“
Annahme:
➢ das Streben nach Auflösung oder Vermeidung von Inkongruenz als zentrale
Bedingung für psychisches Funktionieren
➢ lang andauernde, bedeutsame Inkonsistenz als zentrale Ursache für psychische
Störungen
Neuropsychotherapie, Grawe (2004)
Grundbedürfnisse:
Bindung
Autonomie,
Kontrolle,
Orientierung
Bindung
Autonomie,
Kontrolle,
Orientierung
Bildquelle: https://pixabay.com/de/illustrations/feng-shui-ying-yang-einfach-einheit-1015429/
Bindung
Lustgewinn,
Selbstwert
Unlustvermeidung
Autonomie,
Kontrolle, Motivationssysteme:
Orientierung Annäherungs- und
Vermeidungssystem
Siehe z.B. G. Zarbock. Praxisbuch Verhaltenstherapie: Grundlagen und Anwendungen biografisch-
systemischer Verhaltenstherapie, S. 46ff
Bindung
Lustgewinn,
Selbstwert Konsistenzstreben
Unlustvermeidung
Autonomie,
Kontrolle,
Orientierung
Annäherungs/Annäherungs-Konflikt:
Hanna mag es gemütlich im Cafe zu arbeiten
und dort in einen Flow zu kommen vs. Hanna
genießt es aber auch mit Freunden zu
entspannen Objekt, das sowohl positive als auch negative
Annäherungs/Vermeidungs-Konflikt: Valenzen für das Individuum repräsentiert
+ Ausleben von Kreativität und
Flowerlebnissen, Anerkennung, finanzieller
Anreiz / - die gewählte Intensität der Arbeit
wird als anstrengend erlebt
Vermeidungs/Vermeidungs-Konflikt:
Hanna möchte es unbedingt vermeiden, auf „Dilemma-Situationen“: beide Optionen negativ
die Karriere verzichten zu müssen und auch
Unsicherheiten vermeiden, die aufgrund der
schwierigen Planbarkeit von Familie und
Freizeit auftauchen → Dilemma
X X
Bildquelle: pixabay
➢Reaktion: Sie arbeitet noch mehr, vermeidet dabei die Auseinandersetzung mit dem
Thema/den Bedürfnissen
VO Klinische Psychologie, Nater-Mewes & Randerath Seite 45
Inkongruenz am Beispiel #IchbinHanna
Also, erleben alle Hannas psychische Störungen?
→ hohes Inkongruenzniveau entsteht, wenn Annäherungs- und Vermeidungsziele
wiederholt verfehlt werden. Der dadurch andauernd erhöhte Pegel negativer Emotionen
führt zu einem komplexen Stresszustand und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der
Zustand als psychisch belastend empfunden wird.
Gabriele Essing (2018, S.52) zu Vulnerabilitäten: ‚Es ist eine große Tragik, dass Menschen,
die in ihrer Kindheit ungünstige Lebensbedingungen hinnehmen mussten, später aufgrund
ihrer Persönlichkeit selbst dazu beitragen, die ungünstigen Erfahrungen zu reproduzieren.
Ausgestattet mit einem negativen Selbstbild, einem mangelnden Gefühl von
Selbstwirksamkeit, einer leichten Anfälligkeit für Stress sowie einem hohe Ausmaß an
negativen Gedanken und Gefühlen bleibt die Bedürfnisbefriedigung bei ihnen meist auf
der Strecke.‘ Praxis der Neuropsychotherapie, Essing (2018)
→ Neuropsychotherapie:
Neurowissenschaftliche Perspektive
auf die Problemstellungen der
Psychotherapie
Abb. 13.3 Klaus Grawe. (© U. Hiltpold)
➢ Neuroplastizität und Psychotherapie: ‘Psychotherapie wirkt, wenn sie wirkt darüber, dass
sie das Gehirn verändert. Wenn Sie das Gehirn nicht verändert, ist sie auch nicht
wirksam’ (S.18). Psychopharmaka können z.B. bei Depression helfen, die richtige
Mischung aus Neurotransmittern wieder herzustellen. ABER: ‘Über Glück und Unglück
dieses Menschen ist dabei noch nicht entschieden. Das hängt auch dann noch von den
sinnlichen Erfahrungen ab, die er macht.’ (S.20)
→ Henne-Ei Problem bleibt, was war zuerst: die neuronale Abweichung oder das die
Strukturen/Funktionen prägende Verhalten
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2213158221000784
z.B. Nahum, M., Lee, H., Merzenich, M.M., 2013. Principles of neuroplasticity-based rehabilitation. Progress in
brain research. Elsevier, pp. 141-171.
Abb. 13.5 aus Hoyer & Knappe (Aus Grawe 2004, courtesy of Hogrefe)
Stark diskutiert
• Pro allgemeine Wirkfaktoren: Metaanalysen deuten daraufhin, dass die gängigen
Psychotherapieverfahren wirksam sind
• Pro spezifische Wirkfaktoren: bei spezifischerem Blick weist die Evidenz daraufhin,
dass einzelne Therapien insbesondere bei einzelnen Personen mit bestimmten
Problemen in bestimmten Situationen besonders gut helfen können (z.B. bei Phobien:
Therapien mit Konfrontation)
Die pauschale Aussage, dass alle Therapieformen gleich wirken, kann nicht stimmen:
→ Ja, es gibt unspezifische Wirkfaktoren, die nahezu bei jeder Therapieform gleich sind
→ Aber: Spezifische Interventionen sind bei vielen Störungen in ihrer Wirkung anderen
überlegen
Hansen et al. 2022: Die Chemoarchitektur prägt Gehirnstruktur und –funktion (Befunde
mittels Entwicklung einer neuen Richtung für die Erforschung der Gehirnorganisation über
multiple Kanäle / Skalen / Profile)
− Neurotransmitter-Rezeptoren sind sehr unterschiedlich verteilt im Neokortex und reagieren auf die
Bindung mit einem passenden Neurotransmitter. Neurotransmitter-Rezeptoren vermitteln über
das Modulieren der Erregbarkeit und Feuerrate der Zelle, effektiv die Übertragung und
Ausbreitung von elektrischen Impulsen. Damit bewirken Neurotransmitter-Rezeptoren synaptische
Plastizität, modifizieren neuronale Zustände und formen letztendlich die gesamte Netzwerk-
Kommunikation
− Um die räumliche Neurotransmitterlandschaft des Gehirns zu kartieren braucht es eine große
Datenbank. Damit soll weiter bestimmt werden, wie die räumliche Verteilung der verschiedenen
Neurotransmitter Hirnstrukturen und – funktionen formen könnten → Hansen et al: N>1000:
➢ Rezeptorähnlichkeit ist zwischen Regionen, die physisch verbunden sind, signifikant größer und
Rezeptorähnlichkeit ist signifikant positiv korreliert mit struktureller Konnektivität
➢ Die Rezeptorähnlichkeit ist signifikant größer innerhalb von Regionen im selben funktionalen
Netzwerk und Rezeptorähnlichkeit ist positiv korreliert mit funktioneller Konnektivität
Abb. 13.6. (Aus Cuijpers et al. 2019. Reproduced with permission from the Annual Review of Clinical Psychology, Volume 15 © 2019 by Annual
Reviews, http://www.annualreviews.org)
Dann sind da noch die vielen negativen Gedanken und Emotionen, die Frau H.s Erleben zum größten
Teil ausfüllen, vor allem dann, wenn sie sich selbst überlassen ist. Wenn ihr hoher Anteil an der
psychischen Gesamtaktivität erhalten bleibt, ist einfach nicht genügend Raum da für die positiven
Aktivitätsmuster, die der Therapeut fördern will. Sie müssen also zurückgedrängt werden. Auf
neuronaler Ebene: Die neuronalen Erregungsmuster, die dem depressiven Erleben und Verhalten zu
Grunde liegen, dürfen nicht mehr so oft aktiviert werden bzw. sie müssen, wenn sie dennoch aktiviert
sind, möglichst schnell gehemmt und abgebrochen werden.
-> Überlegungen zu zugrundeliegenden Mechanismen
3A.
• “Sucht ist der manifest sichtbare Teil einer weitergehenden Erkrankungsdynamik und kann mit jeder
anderen Konflikt-, Struktur- oder Traumapathologie zusammen auftreten. Ein Suchtmittel kann dabei
im weitesten Sinne entweder als ein Substitut für zwischenmenschliche Beziehungen verwendet
werden oder aber helfen, entwicklungsbedingte oder traumaassoziierte Defizite mehr oder weniger
gut zu kompensieren oder nicht deutlich werden zu lassen.
→Als illusorische Befriedigung von Beziehungsbedürfnissen stillen Süchte die Sehnsucht nach einem
immer konstant verfügbaren und in der eigenen Kontrolle befindlichen Objekt in einer Weise, in der
dies belebte Objekte klassischerweise nicht zu tun in der Lage und willens sind.
→Als Stabilisator bei struktureller Ich-Schwäche warden Suchtmittel hingegen genutzt um temporär
Regulationsstörungen im Selbstwerterleben und im Affekthaushalt auszugleichen
(Minderwertigkeitserleben wegkoksen, Agressionen wegrauchen etc.).
→Exemplarische Abwehrmechanismen: Regression in ein immer verfügbares Glücksgefühl,
Verleugnung der äusseren Realität
→Aspekte der Therapie: Herstellung und Sicherung der Abstinenz mit strukturierenden Methoden und
zweitens die daran anschliessende psychodynamische bearbeitung der Grundstörung”
VO Klinische Psychologie, Nater-Mewes & Randerath Seite 70
Störungsspezifische Modelle Sucht
3. Ordnen Sie zu, welches Störungsmodell könnte zu welcher Therapierichtung gehören?
Aus: Lenz, 2008
3B.
• “Persönliche Abgrenzung und Individuation schaden dem Wohl der Familie. Konflikte, die diese
Prozesse begünstigen könnten, sind verpönt. So entsteht durch die natürliche Entwicklung in der
Pubertät, dem Erwachsenwerden, zunächst einmal eine problematische Schwellensituation*. Die
Jugendlichen würden sich entweder nach dem Wertesystem der Familie schuldig machen, wenn sie
sich abgrenzen, oder ihren eigenen Autonomiebedürfnissen und den Rufen der Peergroup nicht
gerecht werden, wenn sie in der Familie bleiben. Sie befinden sich in einem inneren Konflikt. So kann
das Suchtmittel Abhilfe schaffen, indem sich der Betroffene während des Konsums und der
anhaltenden Wirkung von seiner Familie distanziert, ohne eine sichtbare Abgrenzung herbeizuführen.
Dadurch wird der Betroffene beiden Seiten seines inneren Konflikts gerecht: Im berauschten Zustand
lebt er die altersadäquate Autonomie, im nüchternen Zustand die vermeintlich geforderte
Anpassung. So bleibt die durch Ambivalenz geprägte Schwellensituation aufrecht.“
* auslösende Situationen und Faktoren, die zu krisenhaften körperlichen und/oder seelischen Beschwerden führen
können
3C.
• “Psychische Ebene: Beeinträchtigte Selbstwahrnehmung (z.B. Wahrnehmung der Wirkung erst bei
grösseren Mengen), unrealistische Wirkungserwartung (z.B. Alkohol hat positiven Effekt). Trinkzwang
durch mangelndes Verhaltensrepertoire, suchtbezogene kognitive Grundannahmen (z.B. „nur Alkohol
entspannt mich“)
• Biologische Ebene: 2-Phasen-Wirkung von Alkohol: Aufgrund der kurzfristig positiven Wirkung von
Alkohol gibt es eine Motivation zu trinken. Die langfristigen Folgen sind aversiv (z.B.
Entzugserscheinungen, Resignation) und können zu erneuten Auslösern werden (operante
Konditionierung – Verstärkung des Vh). ... . Cue reactivity: Klassische Konditionierung der
Stimulusbedingungen (Trigger, z.B. Flasche) einer Trinksituation an die Alkoholwirkung, sodass die
Stimulusbedingungen selbst zum Auslöser für Alkoholkonsum werden (cue-reactivity). Die situativen
Auslösereize bewirken (konditionierte) automatische Reaktionen, welche kaum einer willkürlichen
Kontrolle unterliegen – auch noch lange nach Abstinenz. Sensitivierung des Belohnungssystems:
Kopplung neuronaler Aktivität an alkoholbezogene Reize, die schwer löschbar ist, selbst dann, wenn
die angenehme Wirkung des Alkohols gar nicht mehr erlebt wird.
• Soziale Ebene: Gestörte Trinkkultur (ohne Regeln), Sozialer Abstieg, Mangel an Ressourcen“
Abb. 3.10 Psychische Störungen nach Prävalenz (und in Klammern die geschätzte Anzahl betroffener Personen in Europa, in
Millionen; Wittchen et al. 2011, © 2011, with permission from Elsevier). Trotz höherer Prävalenz kann die Anzahl
betroffener Personen in einzelnen Fällen geringer ausfallen als bei Störungen mit geringerer Prävalenz, weil sich die
Schätzungen bei den einzelnen Störungen auf unterschiedliche Altersgruppen beziehen können