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VO Klinische Psychologie (200019, 2022W)

- Diagnostische Klassifikation psychischer


Störungen -
PD Dr Dr Ricarda Nater-Mewes & PD Dr Jennifer Randerath
1. Dienstag 04.10: Was ist Klinische Psychologie? RNM
2. Dienstag 11.10: Diagnostische Klassifikation psychischer Störungen JR
3. Dienstag 18.10: Epidemiologische Beiträge zur KP RNM
4. Dienstag 25.10: Kennen Sie die Grundlagen für diese VO? – Quiz mit den Online verfügbaren
Karteikarten: https://lehrbuch-psychologie-springer-com.uaccess.univie.ac.at/karteikarten/5648/1
5. Dienstag 08.11: kurzer Überblick Therapieverfahren; Störungen im Zusammenhang mit
psychotropen Substanzen und abhängigen Verhaltensweisen I JR
6. Dienstag 15.11: Störungen im Zusammenhang mit psychotropen Substanzen und abhängigen
Verhaltensweisen II JR
7. Dienstag 22.11: Affektive Störungen RNM
8. Dienstag 29.11: Somatoforme Störungen und stressabhängige körperliche Beschwerden RNM
9. Dienstag 06.12: Angststörungen I JR
10. Dienstag 13.12: Angststörungen I JR
11. Dienstag 10.01: Posttraumatische Belastungsstörung; Zwangsstörung RNM
12. Dienstag 17.01: Psychotische Störungen und Schizophrenie JR
13. Dienstag 24.01: Persönlichkeitsstörungen RNM
14. Dienstag 31.01: 1. Prüfungstermin
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https://ufind.univie.ac.at/de/course.html?lv=200019&semester=2022W
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Fragen?
• Gerne direkt in der VO melden oder online über die Chat-Funktion

• Falls im Laufe des Semesters Fragen auftreten, können Sie sich an die im
Moodle-Kurs genannten Ansprechpartner*innen wenden;
• Bei organisatorischen Fragen (zunächst) an
stefan.dzever@univie.ac.atoder nora.terhechte@univie.ac.at
• Bei inhaltlichen Fragen an ricarda.nater-mewes@univie.ac.at oder
jennifer.randerath@univie.ac.at (je nachdem, auf welche Einheit sich Ihre
Fragen beziehen)

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Literatur
Hoyer & Knappe. Klinische Psychologie & Psychotherapie (Auflage 3). 2020, Springer.
• Kapitel 2: Diagnostische Klassifikation psychischer Störungen – Susanne Knappe und
Hans-Ulrich Wittchen, S. 29-57

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Übersicht und Lernziele
1. Begriffe und Konzepte von Gesundheit und Krankheit
2. Welche Arten von Diagnostik unterscheiden wir in der Klinischen
psychologie?
3. Auf welchen Grunddimensionen und nach welchen Merkmalen lassen
sich psychische Störungen definieren?

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Übersicht und Lernziele
1. Begriffe und Konzepte von Gesundheit und Krankheit
2. Welche Arten von Diagnostik unterscheiden wir in der Klinischen
psychologie?
3. Auf welchen Grunddimensionen und nach welchen Merkmalen lassen
sich psychische Störungen definieren?

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2.1 Abnorm oder normal, krank oder gesund?

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Umgangssprachliche Etiketten….

Abb. 2.1 Psychische Störungen im Alltag

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Frage nach der Grenzziehung….

Abb. 2.1 Psychische Störungen im Alltag

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Test-/Fragebogenergebnisse

Abb. 2.8 Beispiel für Antwortkategorien in einem Papier-Bleistift-Verfahren.


(© Michael S./panthermedia.net)

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Einordnung bei Testergebnissen
- Standardwerte / Vergleichswerte
- „die Normierung ermöglicht eine relative, populationsbezogene Einordnung eines
diagnostischen Wertes im Rahmen einer normorientierten Diagnostik“
- Typisch ist der Bericht von Rohwert bzw. Mittelwert oder Median und Prozenträngen

Quelle: https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/normierung
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Einordnung bei Testergebnissen
- Hilfreich sind oft auch online Normwertrechner z.B.
https://www.psychometrica.de/normwertrechner.html

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Einordnung bei Testergebnissen

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Einordnung bei Testergebnissen
• Problematisch erscheint die oft unterschiedliche Begriffsverwendung. Hier beispielhaft
zur Orientierung Tabelle 1 aus Leitlinien aus dem Bereich der Klinischen
Neuropsychologie

Quelle: https://www.neuropsy.ch/de
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Testeigenschaften

u.a.

• Validität:
◦ Misst das Instrument, was es messen soll
◦ Ökologische Validität -> Grad zu dem das Maß auch in Alltagssituationen das
Verhalten vorhersagt

• Reliabilität:
◦ Messgenauigkeit, inwiefern kann das gleiche Messergebnis unter ähnlichen
Testbedingungen wiederholt werden
◦ Problem: Veränderungen sind in der Therapie erwünscht, PatientInnen haben oft eine
hohe Variabilität in ihrer Leistung binnen auch nur kurzer Zeit

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Testeigenschaften

• Spezifität: Negative Getestete/Richtig Negative


• Wenn die Störung nicht vorliegt, die Wahrscheinlichkeit sie nicht zu diagnostizieren (z.B.
200 sind gesund: das Screening bestimmt 190 sind gesund, Spezifität des Screenings: 95%)
➢Spezifisches Screening (Annahme: hohe Spezifität): Sinnvoll um eine Störung zu bestätigen
• Sensitivität: Positiv Getestete/Richtig Positive
• Wenn die Störung vorliegt, Wahrscheinlichkeit diese zu diagnostizieren (z.B. 100 haben
die Störung: das Screening entdeckt sie bei 90 Personen, Sensitivität des Screenings:
90%)
➢Allgemeines Screening (Annahme: hohe Sensitivität): Sinnvoll um Störung auszuschließen
Bildquelle: https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/vierfeldertafel
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Testeigenschaften

• Negativer Vorhersagewert: RN/(RN+FN)


◦ Wenn ein Test negativ ist: die Wahrscheinlichkeit, dass die Störung nicht vorliegt
➢Sinnvoll um die Abwesenheit eines Problems zu beschreiben

• Positiver Vorhersagewert: RP/(RP+FP)


Wenn ein Test positiv ist: die Wahrscheinlichkeit, dass die Störung wirklich vorliegt
➢Sinnvoll um die Existenz eines Problems zu beschreiben
Bildquelle: https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/vierfeldertafel
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Test-/Fragebogenergebnisse

• Veränderungssensitiv, Prä – Postmessung, Prozessmittel

Zu bedenken: Einflüsse auf das Ergebnis, z.B.


• Selbstbeurteilungen => Tendenz zur Ergebnisverzerrung
• Motivation
• Beziehung zur Testleitung/TherapeutIn
• Die „innere Skala“ ist individuell, also was heist das Kreuz bei z.B. “weniger” oder
„häufiger“?

➢Testverfahren: Wichtige Stütze bei der Diagnostik von z.B. Intelligenzminderung (z.B.
WAIS) oder Demenz (z.B. CERAD)
➢Subjektive Skalen helfen bei der Beschreibung der Beschwerden
➢Aber keine Diagnose mit (nur einem) Testinstrument

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Skalen und klinisch kategoriale diagnostische
Entscheidungen

Abb. 2.2 Dimensional versus kategorial: Depressivitätswerte und Depression in der deutschen Allgemeinbevölkerung
(Häufigkeitsverteilung aktueller depressiver Beschwerden in der Bevölkerung auf der Grundlage des Depression Screening Questionnaires,
DSQ, in %)
➔ insb. Anteil der Personen mit falsch positive Diagnosen wäre beträchtlich

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Kontinuierlicher
Skalen und klinisch kategoriale diagnostische Entwicklungsprozess

Entscheidungen
Dimensional und Kategorial
Selbst und Fremdbeurteilungsskalen Klassifikationssysteme
z.B. Die ICD-10
Schweregrad: trifft z.B. für depressive Episoden eine
Schweregradunterscheidung:
leichte (F32.0), mittelgradige (F32.1) und schwere
(F32.2) depressive Episode. → Einstufung richtet sich
nach der Anzahl der erfüllten Haupt- und
Zusatzsymptome.
Verlauf und Dauer: Bezüglich der Zeitdauer gilt nach
ICD-10, dass (leichte, mittelgradige oder schwere)
depressive Episoden zumindest 14 Tage angedauert
haben müssen
Ausschlusskriterien: z.B. nicht ursächlich auf zeitgleich
eingenommene Medikation zurückzuführen
➢ Wichtig für Beschreibung von
Beschwerden ➢ Wichtig für klinische Entscheidungen über das
Vorliegen psychischer Störungen

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Was ist Gesundheit?
• Körperliches und geistiges Wohlbefinden; Unversehrtheit; Freiheit von Defekt, Schmerz
oder Krankheit; Normalität körperlicher und geistiger Funktionen. (Webster’s Dictionary
1985)
• Zustand der vollen Leistungsfähigkeit eines Organismus (…) gegeben, wenn alle seine Teile
im richtigen Wirkungsverhältnis zueinander stehen und alle Verrichtungen ihren normalen
Gang gehen. Ein Körper, der absolut gesund wäre (…) wird nie gefunden. Unter relativer
Gesundheit versteht man das persönliche Wohlgefühl, verbunden mit ungehemmter
Leistungsfähigkeit, obwohl im Bau (…) Ungleichheiten, ja sogar Ausfälle bestehen.
(Brockhaus 1928)
• Zustand vollkommenen körperlichen, psychischen und sozialen Wohlbefindens, nicht nur
definiert durch die Abwesenheit von Krankheit und Behinderung. (Konstitution der
Weltgesundheitsorganisation 1958)
• Was gesund und was krank bedeute, darüber zerbricht sich der Mediziner am wenigsten
den Kopf (…) Was krank im allgemeinen sei, das hängt weniger vom Urteil der Ärzte, als
vom Urteil des Patienten ab und von den herrschenden Auffassungen der jeweiligen
Kulturkreise. (Karl Jaspers 1973)
• Fähigkeit zu lieben und schöpferisch zu sein. (Erich Fromm 1964)
• Geistige Krankheit ist ein Mythos. (Thomas Szasz 1960)

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Gesundheit
→ Variable Definitionen, keine allgemein gültige zufriedenstellende Definition für
Gesundheit (und Krankheit)

Unterscheidung funktionaler Aspekte scheint dabei sinnvoll, in z.B:


• Subjektives Wohlbefinden (z.B. körperlich, psychisch, sozial)
• Funktionieren in Rollenbereichen (z.B. beruflich, Familie etc.)
• Ausmass erfolgreichen Copings* oder Lebensqualität (z.B. physisch, psychisch und
sozial)

*Bewältigungsstrategie zum Umgang mit einem Problem, z. B. einer Krankheit

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Was ist Krankheit?
Störung von Gesundheit

• Ein biologisch veränderter Zustand des Körpers (z.B. Krebs)


• Das Erleben von Unwohlsein oder Beeinträchtigung (“ich kann einfach nicht mehr”)
• Eine zugeschriebene Krankenrolle mit Ansprüchen und Privilegien (z.B. Frühberentung)
• Das was Ärzte diagnostizieren (Diagnose)

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Krankheit: Begrifflichkeiten
− Morbus (körperliche und geistige Krankheit): Gesamtheit einer Krankheit -
Erscheinungsbild, Ursachen und Entstehungsbedingungen, sowie die Möglichkeiten
ihrer Behandlung, typischer Verlauf, ihre Prognose
− Pathos (Leiden, Schädigung durch äußere Einwirkung): der Krankheit
zugrundeliegende Struktur- und/oder Funktionsveränderung des Organismus
(Pathologie: Lehre von den abnormen und krankhaften Vorgängen und Zuständen
des menschlichen Organismus; Pathogenese: Entstehung und Entwicklung des
krankhaften Geschehens)
− Ätiologie (Lehre von den Ursachen der Krankheiten): widmet sich inneren und
äußeren Faktoren, von denen die Entstehung und Entwicklung der Pathogenese
ausgeht
− Nosos (Krankheit): ärztlich objektivierbare Krankheit mit ihren Korrelaten (Nosologie:
Krankheitslehre, systematische Beschreibung und Klassifizierung von Krankheiten)
− Aegritudo (Unwohlsein, Unpässlichkeit): Subjektive Krankheitsäusserung der
Betroffenen (Leiden, Kranksein, Schmerzen)

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Die Erkenntnisebenen von Krankheit

Abb. 2.3 a.

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Ebenen des allgemeinen Krankheitsparadigmas

Abb. 2.4

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Das biomedizinische Krankheitsmodell

Schädliche Einflüsse
z.B. Gifte
z.B. mechanische
Überlastung
z.B. Viren

Abb. 2.3 b.

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Definition psychischer Störungen
Definition:
In Anlehnung an das DSM-5 (APA 2015, S. 26) lassen sich psychische Störungen
definieren als
◦ ein Verhaltens- oder psychisches Syndrom oder Muster, das durch klinisch
bedeutsame „Störungen in den Kognitionen, in der Emotionsregulation und im
Verhalten einer Person charakterisiert ist.
◦ Diese Störungen sind Ausdruck von dysfunktionalen psychologischen,
biologischen oder entwicklungsbezogenen Prozessen, die psychischen und
seelischen Funktionen zugrunde liegen.
◦ Psychische Störungen sind typischerweise verbunden mit bedeutsamen Leiden
oder Behinderung hinsichtlich sozialer oder berufs-/ausbildungsbezogener und
anderer wichtiger Aktivitäten“.

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Manifestationsebenen psychischer Störungen
Schlüsselbereiche/Manifestationsebenen:
Beispiel: Prüfungsangst
- Körper/Physiologie: körperliche bzw. Situation: Prüfung
biopsychologische Phänomene (z.B. Herzschlag) Reaktion:
- Kognition: Informationsverarbeitung; Art und Kognition: Ich werde scheitern, ich kann
Weise, wie gedacht, geurteilt und gelernt wird das nicht.
- Emotion: wie Menschen ihre Gefühle erleben Körper: Herzschlag ↑, Anspannung ↑
Emotion: Ängstlich
- Verhalten: z.B. Motorik und soziale Interaktion Verhalten: Verlässt fluchtartig den Raum
(Bewältigungsmechanismus: Vermeidung)

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Übersicht und Lernziele
1. Begriffe und Konzepte von Gesundheit und Krankheit
2. Welche Arten von Diagnostik unterscheiden wir in der Klinischen
psychologie?
3. Auf welchen Grunddimensionen und nach welchen Merkmalen lassen
sich psychische Störungen definieren?

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2.2 Warum brauchen wir eigentlich eine
Klassifikation psychischer Störungen?

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Seite
Definitionen

◦ Klassifikation – Einteilung oder Einordnung von Phänomenen, die durch


bestimmte gemeinsame Merkmale charakterisiert sind, in ein nach Klassen
(Gruppen mit gemeinsamen Merkmalen) gegliedertes System. Spezifisch sind
damit die Taxonomie (Systematische Ordnung nach festen Regeln) sowie die
diagnostische Identifikation (oder der diagnostische Prozess) angesprochen.
◦ Diagnostische Identifikation (oder diagnostischer Prozess) – beschreibt die
Zuordnung bzw. den Prozess der Zuordnung bestimmter Merkmale oder
Individuen zu diagnostischen Klassen bzw. Kategorien eines bestehenden
Klassifikationssystems.

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Arten von Diagnostik
◦ Klassifikatorisch: Zuweisung von Diagnosen zum Symptomkomplex der
betroffenen Person
◦ Funktionale Diagnostik: Bedingungsanalyse (Analyse der auslösenden und
aufrechterhaltenden Bedingungen einer psych. Störung) z.B. zur Planung der
Therapie
◦ Prozessdiagnostik: Verlaufs/ Erfolgsmessung, Steuerung und Adaptation von
Interventionen und Veränderungen
◦ Strukturdiagnostik: als Zuweisung zu dispositionellen Typen (z.B.
Persönlichkeit)

◦ Differenzialdiagnostik: klinischer Prozess, durch den unter Würdigung der


Symptome, Syndrome, ätiologischen und pathogenetischen Besonderheiten
ein Krankheitsbild von einem anderen abgegrenzt wird → diagnostische
Ausschlusskriterien

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Aufgaben klassifikatorische Diagnostik
z.B.
◦ Beschreibung / Klassifikation / Ableitung von Diagnosen
◦ Differenzialdiagnostik
◦ Erklärung
◦ Indikation -> Grund für die Durchführung einer bestimmten Maßnahme
◦ Begründung und Rechtfertigung von z.B. Interventionsentscheidungen
◦ Prognose -> z.B. Verlauf, Remission/Rückgang der Symptomatik, Rückfallrisiko
◦ Dokumentation
◦ Institutionelle Zuweisung (z.B. Ambulanz, Klinik/Station)
◦ Grobe Interventionszuweisung
◦ Gutachten z.B. bei versicherungsrechtlichen Belangen
◦ Evaluation / Qualitätskontrolle und – sicherung

➢ bei so vielen Aspekten / Zielen / Interessensgruppen bleibt die klassifikatorische


Diagnostik ein Kompromiss

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2.3-2.5 Einteilungsgesichtspunkte für
Klassifikationssysteme (ICD, DSM)

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Übersicht und Lernziele
1. Begriffe und Konzepte von Gesundheit und Krankheit
2. Welche Arten von Diagnostik unterscheiden wir in der Klinischen
psychologie?
3. Auf welchen Grunddimensionen und nach welchen Merkmalen
lassen sich psychische Störungen definieren?

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Dimensionen und
Kriterien der
Diagnose.

V für eine Verdachtsdiagnose


G für eine gesicherte Diagnose
A für eine ausgeschlossene
Diagnose Tab. 2.2

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Weitere Definitionen
◦ Symptome werden auf der Grundlage der Psychopathologie als Zeichen einer Störung definiert. Sie
können objektiv beobachtbar (Fremdbeurteilung) oder subjektiv erlebbar (Selbstbeurteilung) sein
und werden häufig über entsprechende psychometrische Skalen quantifizierbar gemacht (Beispiel:
Ein Patient berichtet über Traurigkeit und innere Leere, begleitet on Unlust und Appetitmangel).
◦ Syndrome sind definiert als überzufällig häufige oder typische Muster von Symptomen. Sie können
kategorial oder typologisch definiert sein und sich sowohl aus obligaten/erforderlichen wie auch
fakultativen/weiteren möglichen Symptomen zusammensetzen (Beispiel: Das depressive Syndrom
setzt sich aus den obligaten Symptomen niedergedrückte Stimmung oder Verlust von Interesse
sowie den fakultativen Symptomen Konzentrationsstörungen, Appetitverlust etc. zusammen).
◦ Diagnosen setzen sich aus Symptomen und Syndromen sowie unterschiedlich komplexen
Zusatzkriterien zusammen. Sie sind definiert als die eigentlichen Krankheitsbezeichnungen. Die
Zusatzkriterien können sich auf die Zeitdauer, Verlaufskriterien, Schweregradkriterien wie auch
ätiologische Merkmale beziehen. Diagnosekriterien regeln aber auch bestimmte Konventionen,
wie bezüglich der Überlappung von Diagnosekriterien zu verfahren ist. Diese Kriterien werden oft
auch als Differenzialdiagnosen bezeichnet bzw. als Ausschluss- oder Hierarchieregeln (Beispiel: Die
Diagnose Major Depression darf nur vergeben werden, wenn u. a. die Symptom- und die
Syndromkriterien über mindestens 2 Wochen erfüllt sind und zudem keine hypomanische oder
manische Episode im bisherigen Lebensverlauf aufgetreten ist).

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Der deskriptive Ansatz: Vom Merkmal über
Symptome und Syndrome zur Diagnose

Abb. 2.5

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Die Internationale Klassifikation der Krankheiten
(ICD) in ihrer 10. Revision

ICD: verbindliche Grundlage für die


Abrechnung verschiedener Leistungen
im Gesundheits- und Heilwesen
➢ Alle Krankheiten DSM: in deutschsprachigen
Ländern v.a. im Bereich
Merke: ICD 11 seit 2022 gültig mit Forschung eingesetzt,
voraussichtlich 5 Jahren Übergangszeit ➢ Hat nur psychische
Störungen
➢ Hat WHODAS*
Abb. 2.7

*WHODAS: mit 36 Items wird über 6 Funktionsbereiche das allgemeine Funktionsniveau


abgefragt: Verständnis und Kommunikation, Mobilität, Selbstversorgung, Umgang mit
anderen Menschen, Tätigkeiten des alltäglichen Lebens und Teilhabe am gesellschaftlichen
Leben

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Gliederung der ICD-10
→ Kapitel V: F-Diagnosen für Psychische und Vh.Störungen

Tab. 2.3

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Hauptkategorien der ICD-10 (Kapitel V) und des
DSM-5 im Vergleich

Tab. 2.4

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ICD11, Bereich 06:
Psychische Störungen,
Verhaltensstörungen
oder neuronale
Entwicklungsstörungen
(ICD-11 in Deutsch –
Entwurfsfassung)

https://www.bfarm.de/DE/Kodiersyste
me/Klassifikationen/ICD/ICD-
11/uebersetzung/_node.html

Tab. 2.3
…..
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➢ Die Definition psychischer Störungen bleibt im Wandel

• Am aktuellen Beispiel ICD11, neu:


◦ Digitalisierung der Vielzahl diagnostischer Codes
◦ Einführung arabischer statt römischer Zahlen
◦ Aufnahme neuer Diagnosen (ähnlich DSM-5), z.B. gaming disorder,
komplexe posttraumatische Belastungsstörung
◦ Persönlichkeitsstörungen: übergreifendere Persönlichkeitsstörung

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➢ Die Definition psychischer Störungen bleibt im Wandel
ICD10 Beispiel, Persönlichkeitsstörungen ICD11

https://www.bfarm.de/
DE/Kodiersysteme/Klass
ifikationen/ICD/ICD-10-
GM/_node.html

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1. Dienstag 04.10: Was ist Klinische Psychologie? RNM
2. Dienstag 11.10: Diagnostische Klassifikation psychischer Störungen JR
3. Dienstag 18.10: Epidemiologische Beiträge zur KP RNM
4. Dienstag 25.10: Kennen Sie die Grundlagen für diese VO? – Quiz mit den Online verfügbaren
Karteikarten: https://lehrbuch-psychologie-springer-com.uaccess.univie.ac.at/karteikarten/5648/1
5. Dienstag 08.11: kurzer Überblick Therapieverfahren; Störungen im Zusammenhang mit
psychotropen Substanzen und abhängigen Verhaltensweisen I JR
6. Dienstag 15.11: Störungen im Zusammenhang mit psychotropen Substanzen und abhängigen
Verhaltensweisen II JR
7. Dienstag 22.11: Affektive Störungen RNM
8. Dienstag 29.11: Somatoforme Störungen und stressabhängige körperliche Beschwerden RNM
9. Dienstag 06.12: Angststörungen I JR
10. Dienstag 13.12: Angststörungen I JR
11. Dienstag 10.01: Posttraumatische Belastungsstörung; Zwangsstörung RNM
12. Dienstag 17.01: Psychotische Störungen und Schizophrenie JR
13. Dienstag 24.01: Persönlichkeitsstörungen RNM
14. Dienstag 31.01: 1. Prüfungstermin
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https://ufind.univie.ac.at/de/course.html?lv=200019&semester=2022W

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