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GKP – Gesundheits- und Krankenpflege –

Themenfeld IV Wach sein und Schlafen

Wach sein und Schlafen

1.3.10. Medikamentöse Therapie von Schlafstörungen:

Benzodiazepine – Als Beruhigungs- oder Schlafmittel kommen sie in Kliniken häu-


fig unter den Handelsnamen Adumbran, Noctamid, Diazepam Ratiopharm und
Lexotanil zum Einsatz. Sie verlängern den weniger tiefen Schlaf und verkürzen die
Tiefschlafphasen, die Erholung des Schlafs ist gemindert. Die Substanzen wirken
relaxierend auf die Muskeln, was die Sturzgefahr beim morgendlichen Aufstehen
erhöht. Sie haben relativ lange Halbwertszeiten, wodurch auch tagsüber noch eine
Sedierung bestehen kann (Überhang). Werden Benzodiazepine langfristig einge-
nommen, kann es zu Gewöhnungseffekten kommen. Ist diesen Fällen sollte die Do-
sis ausschleichend reduziert werden.

Benzodiazepin-Analoga – Diese Gruppe gibt es seit den 90erJahren. Wirkstoffe


sind Zolpidem, Zopiclon. Handelsnamen sind z. B. Bikalm, Stilnox, Ximovan. Sie
gehören chemisch betrachtet nicht zu den Benzodiazepinen, wirken aber gleich.
Der Vorteil ist, dass die Halbwertszeiten deutlich geringer sind, und auch Gewöh-
nungseffekte treten deutlich weniger auf.

Antidepressiva – Manche Patienten erhalten Antidepressiva bei Schlafstörungen.


Denn auch diese Substanzen wirken schlafanstoßend, z. B. die Wirkstoffe Amitrip-
tylin, Doxepin, Trimipramin, Mianserin. Sie wirken beruhigend und dämpfend. Ge-
läufige Handelsnamen sind z.B. Stangyl, Sinquan, Saroten, Aponal. Antidepressiva
machen weniger süchtig als Benzodiazepine und wirken nicht muskelrelaxierend –
die Sturzgefahr ist also nicht so hoch. Allerdings wirken sie schwächer und haben
die substanztypischen Nebenwirkungen, z.B. Mundtrockenheit, Obstipation. Zudem
kommt es nach einigen Wochen meist zu einer Gewöhnung, die Wirkdauer ist recht
lang (Überhang!).

Antihistaminika – Sie dienen eigentlich der Behandlung von Symptomen durch


Allergien – eine Nebenwirkung ist, dass sie müde machen. Wirkstoffe sind z.B.
Diphenhydramin, Doxylamin. Die Liste der Handelsnamen ist unendlich lang, z.B.
Hoggar N, Dolestan. Sie sind meist rezeptfrei in der Apotheke erhältlich. Die Medi-
kamente stoßen den Schlaf an, ihre Wirkung ist schwächer als die der Benzodiaze-
pine. Sie wirken mittellang und können einen Überhang erzeugen.

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Schlafstörungen

• Akute Schlafstörungen haben meist einen Grund (Prüfung, Trauer, Jetlag)


• Sonst können sich chronische Schlafstörungen entwickeln
• Medikamente
• Häufige Schlafmittel sind Benzodiazepine
• Sie wirken auf die Muskeln relaxierend, wodurch sich die Sturzgefahr erhöht
• Benzodiazepin-Analoga wirken ähnlich wie Benzodiazepine, haben aber kein so hohes
Suchtpotenzial
• Antidepressiva wirken nicht muskelrelaxierend, haben aber die substanztypischen Neben-
wirkungen
• Antihistaminika sind meist frei verkäufliche Mittel – Ihre Wirkung ist schwächer

Nachteile und Nebenwirkungen von Schlafmitteln

Das generelle Problem bei Schlafmitteln ist, dass sie zwar das Symptom lindern,
aber nicht die Ursache beseitigen. Sie sollten nicht länger als einige Wochen einge-
nommen werden. Folgende Nachteile und Nebenwirkungen bestehen:

• Schlafmuster: Benzodiazepine vermindern den Tief- und REM-Schlaf. Der


Schlaf wird als tief empfunden, die Erholung ist aber vermindert.
• Überhang: „Kater“ oder Hangover: Auch während des folgenden Tages kön-
nen Benzodiazepine die Vigilanz (Wachheit) beeinträchtigen und die Sturz-
gefahr erhöhen.
• Rebound Insomnie: Setzen Patienten Schlafmittel „einfach“ ab, kann die
Schlaflosigkeit heftiger auftreten.
• Entzugserscheinungen: Nach Absetzen kann sich ein Entzug ausbilden.
• Toleranzentwicklung: Viele Schlafmittel lassen mit der Zeit in der Wirkung
nach. Bei Benzodiazepinen setzt z. B. nach 2 – 4 Wochen eine Gewöhnung
ein. Die Folge ist oft, dass die Betroffenen die Dosis steigern, was die Ab-
hängigkeit erhöht und zu einer Sucht führen kann (psychisch wie physisch).
• Atemdämpfung (Atemdepression): Benzodiazepine beeinträchtigen die
Atmung. Bei pulmonal vorerkrankten Patienten oder solchen mit Schlafapnoe
kann das gefährlich werden. Deshalb erhalten diese Patienten z.B. zur Prä-
medikation vor Operationen kein Benzodiazepin.
• Paradoxe Reaktionen: Bei einigen Patienten, vor allem älteren Menschen
und Kindern, können die Substanzen einen paradoxen Effekt haben. Sie wer-
den unruhig, ängstlich oder sogar aggressiv.

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• Gedächtnis: Benzodiazepine können vorübergehend das Gedächtnis beein-
trächtigen, sodass sich der Patient an sein Verhalten in der Nacht nicht mehr
erinnern kann.
• Wechselwirkungen: Alle Schlafmittel haben Wechselwirkungen mit ande-
ren Medikamenten. Vor allem der parallele Genuss von Alkohol verstärkt die
Wirkung erheblich.
• Muskelrelaxation: Benzodiazepine habe eine muskelentspannende Wir-
kung. Bei älteren Patienten besteht daher eine erhöhte Sturzgefahr, wenn
sie in der Nacht aufstehen müssen, um z.B. zur Toilette zu gehen.

Schlafstörung als Nebenwirkung

Einige Medikamente können Schlafstörungen als beschriebene Nebenwirkung ha-


ben. Dazu gehören z.B. folgende Medikamente:

• Bluthochdruckmittel (z.B. Betarezeptorenblocker, Kalziumantagonisten)


• Statine
• Hormonpräparate (Schilddrüsenmedikamente oder manche „Pillen“)
• Appetitzügler
• antriebssteigernde Psychopharmaka (z.B. Antidepressiva, Neuroleptika)
• Medikamente gegen Asthma und andere Atemwegserkrankungen
• Medikamente zur Behandlung der Parkinson-Krankheit
• nicht steroidale Antirheumatika
• Antibiotika
• Kortison

Merke..........................................................................................................
Nachteile und Nebenwirkungen von Schlafmitteln
• veränderte Schlafmuster
• Überhang/Hangover
• Rebound-Insomnie
• Entzugserscheinungen
• Toleranzentwicklung
• Atemsuppression
• paradoxe Reaktionen
• beeinträchtigtes Gedächtnis
• Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten

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• Muskelrelaxation Schlafstörungen können durch Medikamente induziert
und eine Nebenwirkung sein
Schlaf in der Klinik oder Einrichtung

Guter und erholsamer Schlaf ist sehr anfällig für Störungen, gleichzeitig, aber wich-
tig für die Regeneration bei einer Erkrankung oder nach einem Eingriff. Der Tag-
Nacht-Rhythmus kann im Krankenhaus oder in Pflegeeinrichtungen aus verschie-
denen Gründen gestört sein. Oft müssen Patienten sich erst daran gewöhnen, im
Mehrbettzimmer zu schlafen, sie halten zu Hause die Fenster nachts immer geöffnet
oder geschlossen, das Zimmer völlig abgedunkelt oder haben immer ein Nachtlicht
an – kurz, allein die ungewohnte Umgebung kann das Einschlafen erheblich verzö-
gern. Des Weiteren bringen oft psychische Faktoren die Patienten um den Schlaf.
Dies können die Angst vor der Diagnose und ihren Konsequenzen, Sorgen um die
Angehörigen oder den Beruf, die Furcht vor langfristiger oder gar endgültiger Pfle-
gebedürftigkeit und all diese Ängste zusammen sein. Sicherlich ist es wenig prob-
lematisch, wenn ein Patient für die (planmäßig eher) kurze Dauer eines Klinikau-
fenthalts ein Schlafmittel fordert. Aber bevor Pflegende auf ärztliche Anordnung Me-
dikamente verabreichen, können sie verschiedene andere Hilfsmittel ausprobieren.
Zunächst sollte sichergestellt werden, dass

o nicht etwa Schmerzen den Patienten am (Ein-)Schlafen hindern – dann erreicht


man im Zweifelsfall durch ausreichende Analgesie mehr als durch die Gabe von
Schlafmitteln,
o der Patient angenehm positioniert ist,
o sich die Situation möglichst nach den Bedürfnissen des Patienten richtet:
Auch wenn gegen 21 Uhr das Licht auf der Station ausgeht, heißt das noch lange
nicht, dass dies auch die geeignete Schlafenszeit für jeden ist. Vielleicht kann man
auf der Station in einer ruhigen Ecke eine Leselampe aufstellen? Und wenn ein
Patient den Tag üblicherweise mit einem Spaziergang beschließt, sollten Pflegende
ihn auch noch nach 22 Uhr von der Station gehen oder auf den Fluren wandern
lassen. Pflegende sollten versuchen, in Mehrbettzimmern einen Konsens zu finden:
Fenster auf oder zu? Abgedunkelt oder nicht? Alternativen zur Tablette

Von schlaffördernden Tees (z.B. Melisse, Hopfen, Johanniskraut) und pflanzlichen


Präparaten (Tees, außerdem Orangenblüten, Baldrian, kalifornischer Mohn) über
die aus Kindertagen bekannte „heiße Milch mit Honig“ bis hin zur Aromatherapie
(Lavendel- oder Jasminduft wie auch Mandarine wirken beruhigend) gibt es zahl-
lose Alternativen zur „Schlaftablette“. Werden ätherische Öle verwendet, sollte vor-
her immer nach Allergien gefragt werden.
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Merke............................................................................................................

Auch pflanzliche Mittel können Wechselwirkungen haben. Johanniskraut


beschleunigt z.B. den Abbau von Immunsuppressiva, Cholesterinsenkern, der Pille
und weiteren Arzneimitteln wie herzwirksamen Medikamenten. Baldrian verstärkt
die Wirkung anderer Schlafmittel. Probleme mit dem Schlaf ernst nehmen

Was auch immer Pflegende für den Schlaf des Patienten tun, sie sollten den Pati-
enten mit seinen Problemen ernst nehmen. Wie groß und schwer die Probleme sind,
empfinden verschiedene Patienten unterschiedlich. So wird ein junger und an sich
gesunder Patient (z.B. mit Fraktur oder zur Metallentfernung) ein paar Nächte unru-
higen Schlafs eher kommentarlos tolerieren. Und entgegen seinen Gewohnheiten
vielleicht einen Mittagschlaf einlegen – mit dem Wissen dar um, dass der Zustand
bald vorbei ist. Bei anderen Patienten steckt aber manchmal auch mehr dahinter als
„nur“ ein paar Nächte ohne ausreichenden Schlaf. Pflegende sollten versuchen, sich
Zeit für diese Menschen zu nehmen und zu ergründen versuchen, wo die Ursachen
liegen.

Bei der Schlafanamnese/Anamnese werden folgende Aspekte angesprochen:

• Schlafqualität und Schlafdauer


• Einnahme von Schlafmitteln
• schlafstörende Faktoren: z.B. umgebungsbedingte Faktoren, körperliche oder
psychische Erkrankungen, psychische Belastungen, Ängste, nächtliche Be-
schwerden (z.B. häufiges Wasserlassen, Juckreiz, Schmerzen)
• Einschlafrituale und schlafbegünstigende Faktoren
Sie können vielleicht nicht die zugrundeliegenden Probleme lösen, aber Sie können
diese Menschen an Stellen weiterleiten (z.B. Psychologe, Schlafmediziner, andere
Hilfesysteme), die therapeutisch oder diagnostisch wirksam werden können.

Gerade Menschen, die unter Schlafapnoe leiden, fühlen sich z.B. morgens oft wie
„gerädert“, obwohl sie vielleicht bei jedem Kontrollgang schlafend vorgefunden wur-
den. Eine junge Frau, die ihre demente Mutter zu Hause pflegt, plagt sich evtl. mit
Schuldvorwürfen, Ängsten und finanziellen Sorgen (hier wäre der Ansprechpartner
dann am ehesten die Sozialarbeit). Speziell für Kinder gilt: Gerade für sie sind ihre
Einschlafrituale sind, sollten Pflegende versuchen, diese gewohnten Abläufe beizu-
behalten.

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Schlafstörungen
• Der Tag-Nacht-Rhythmus der Patienten ist in der Klinik aus verschiedenen
Gründen gestört
• Schlafmittel bedürfen der ärztlichen Anordnung – auch Phytotherapeutika
• Beruhigende Wirkung haben z.B. Melisse, Hopfen, Johanniskraut, Orangen-
blüten, Baldrian, kalifornischer Mohn und auch Lavendel und Jasmin – Phy-
totherapeutika können die Wirkung verschiedener Medikamente beeinflus-
sen
• Schmerzen als Einschlafhindernis sollten stets ausgeschlossen werden
• Schlafstörungen sollten stets ernstgenommen werden und Patienten ggf. in
weitere Diagnostik oder Therapie vermittelt werden

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