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Pharmakologie

Erkältung 4: Hustentherapie 1 - trockener Reizhusten /

Pharmakologie Antitussiva
Thomas Zimmer

Haftungsausschluss:
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nur zu Lernzwecken und sind weder zur Behandlung von Patienten oder Kunden geeignet,
noch gelten sie als Aufforderung zum Kauf von bestimmten Arzneimitteln oder
Medizinprodukten.

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Erkältungshusten: meist harmlos, selbstlimitierend, evtl. längere Hustendauer nach
Infekt (postinfektiöser Husten durch Überempfindlichkeit der Bronchialschleimhaut / durch
anhaltende Entzündung? Klingt meist innerhalb von 3 Wochen ab)
(Typischer) Hustenablauf bei einer Erkältung:
- Nach ca. 4-5 d Frösteln, Halskratzen, Niesen -> Schnupfen / Rachenentzündung mit
Halsschmerzen und dann ggf. Fieber, Heiserkeit Kopf- und Gliederschmerz -> zuerst
trockener Reizhusten = unproduktiver Husten, ohne Auswurf: Rachenhusten oder
Bronchialhusten. Dauer: 2-3 Tage
• Hustenreiz: gereizte / entzündete Schleimhäute durch Rhinoviren, zähflüssiges Sekret
verlebt die Zilien, surfactant ist nicht mehr gleichmäßig verteilt -> Schleim ballt
sich zusammen, drückt auf Hustenrezeptoren und reizt diese
• Teufelskreis: gereizte Schleimhäute -> Husten -> reizt wieder Schleimhäute -> … ->
sanft husten: schützt Schleimhäute.
- Husten dann ca. 7 d produktiv = mit Auswurf
- Danach nochmals trockener Husten, evtl. über Wochen (überempfindliche
Rezeptoren, abh. von Schleimhautschädigung; nach Bronchitis z.T. 8 Wochen)
Bei Atemnot / obstruktiven Beschwerden: ggf. ß2-Mimetika; Cave: KHK?
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trockener = unproduktiver Reizhusten -> Antitussiva = Hustenstiller und reizlindernde
Lutschpastillen
Antitussiva hemmen den Hustenreflex (das Hustenzentrum im Gehirn oder
Hustenrezeptoren in den Atemwegen) -> bei trockenem, quälendem (Reiz-) Husten, wenn
keine Gefahr des Sekretstaus besteht
- Anwendung bei trockenem Husten 2-3 Tage. Aber: produktiv oder trocken: Oft
schwierig abzugrenzen!
- Einsatz ergänzend insbes. zur Nacht / bei Schlafstörungen
- Absetzen wenn sich der Husten löst (ggf. dann kurzzeitig noch abends).
• Allgemein: wenig sprechen, warmhalten (lokal und oral; Hals- und Brustwickel); viel
trinken; sanft Husten (jeder kräftige Hustenstoß schädigt die Schleimhaut; es kann
Hyperreagibilität entstehen)
• Reizhusten: gefördert durch Überempfindlichkeit / Entzündung der Schleimhäute;
Veränderung der Schleimkonsistenz + Mundatmung - Austrocknung der Schleimhaut
• Leitlinie: akuter, trockener Reizhusten -> Dextromethorphan für Dauer ca. 7 Tage
• Bei Asthma bronchiale, COPD, Pneumonie, Ateminsuffizienz / Atemdepression sind
Antitussiva meist kontraindiziert. Erkältung Thomas Zimmer 3
1. Opiat-Antitussiva besitzen ein mehr oder weniger großes Suchtpotential
Hemmung des Hustenzentrums im Hirnstamm. Altersangaben beachten; oft erst ab 12!
NW:
- Beeinträchtigung des Reaktionsvermögens / Fahrvermögens: Sedierung!
Insbesondere mit Alkohol: … Alkohol meiden
- Übelkeit
- bei höherer Dosierung -> Atemdepression
- bei längerer Anwendung; Obstipation
Cave: Vorsicht bei
- gleichzeitiger Anwendung zentral dämpfender AM -> Verstärkung der sedierenden und
atemdepressiven Wirkungen von Antitussiva.
- Schlafapnoe! Asthma!

- Suchtproblemen!

Codein + Dihydrocodein: nur in begründeten Ausnahme-Fällen zur Substitution bei


Süchtigen, dann aber auf BtM-Rezept. Ebenso: Codein für Abhängige bei Husten: muss
auf BtM Rezept verordnet werden!
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Codein = Methylmorphin ®: Bronchicum mono Codein; Codipront mono
- Prodrug; wird z.T. zu Morphin metabolisiert
- Evidenz unklar (nach at: Honig und Milch wirken besser!); … verbessert Nachtruhe ->
in einigen Studien wirkte Codein nicht besser als Plazebo
Abbau über CYP 2D6 -> CAVE Schnellmetabolisierer -> es droht Atemdepression!
o Codein darf bei Kindern im Alter von unter zwölf Jahren wegen der variablen und
unvorhersehbaren Verstoffwechselung zu Morphin nicht angewendet werden
o Zulässig bei Kindern ab 12 -> nur kurz, niedrige Dosis, Kind beobachten (Atmung!);
bei Tonsillektomie / Atembeschwerden erst ab 18!
o Stillende Mütter: kein Codein
WW:
- über CYP 2D6 (die O-Demethylierung wird durch CYP2D6-Enzym katalysiert)
- Möglich / aber vermeintlich unbedeutend: MAO-Hemmer (Abstand 2 Wochen;
Serotonin-Syndrom; s. auch Tramadol, Fentanyl, Methadon, Pethidin - und
Dextromethorphan)

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Dihydrocodein (DHC) ®: Paracodin, Remedacen
• DHC wird auch als Schmerzmittel eingesetzt
• Empfehlung: ab 12 (wie Codein)
Hydrocodon ® Dicodid
Isoaminil ® Percaon (Import)
Dextromethorphan DXM = DEX z.B. in ® Wick-Medinait, Tuss-Hustenstiller; Wick Formel
44 Hustenstiller; Silomat DMP
• SM: max. 5 d. Ab 6 a
• Opioidstruktur, wirkt (nur/erst) bei Überdosierung an Opioid-Rezeptoren -> nicht rp!
• NW: macht müde
• wird über CYP 2D6 zu Dextrorphan -> Hauptmetabolit, auch aktiv
WW:
o CYP 2D6-Hemmer oder CYP 2D6 Poor Metabolizer: HWZ DXM steigt stark
o Grapefruit (hemmt CYP3A4 + CYP2C9 ) kann Wkg. verstärken -> in Drogenscene!
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https://en.wikipedia.org/wiki/Dextromethorphan

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WW:
o DXM ist schwach serotonerg -> + MAO Hemmer oder SSRI: Serotoninsyndrom
 vegetative Symptome: Tachykardie, Blutdruckanstieg, Schwitzen, Übelkeit
(akutes) Erbrechen, Durchfall Kopfschmerzen, Pupillenerweiterung
 zentralnervöse Erregung: Unruhe / Erregung, Halluzinationen, Verwirrtheit,
Störungen des Bewusstseins
 neuromuskuläre Symptome: Tremor, Krämpfe, Muskelsteifheit (Rigor)
 Durchfall

https://www.gelbe-
liste.de/arzneimitteltherapiesicherheit/serotonin
-syndrom

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DXM wirkt auch als NMDA-Antagonist (NMDA = N-Methyl-D-Aspartat)
o Einsatz auch bei neuropath. Schmerzen (NMDA-Rezeptoren gehören zu den
ionotropen Glutamatrezeptoren; Ketamin und Lachgas blockieren die Rezeptoren
und führen zu einer ausgeprägten Analgesie)
o Einsatz auch als Antidepressivum mit einem schnellen Wirkungseintritt; s. Ketamin
(Esketamin-Nasenspray). Die maximalen Wirkungen der klassischen Antidepressiva
treten bei einer regelmäßigen Einnahme üblicherweise erst nach zwei bis vier
Wochen ein -> in USA zugelassen in Fixkombination Auvelity® mit Bupropion als
pharmakokinetischer Booster (hemmt CYP2D6-Metabolismus von DXM).
o Überdosiert: psychotrop -> Missbrauchspotential, kann bei Missbrauch
neurodegenerative Hirnschäden verursachen (s. PCP)
AMK bittet um erhöhte Aufmerksamkeit insbesondere bei der Abgabe an Jugendliche:
völlig überhöhte Dosen werden eingesetzt um Halluzinationen und einen rauschähnlichen
Zustand erreichen (es gibt sogar DXM-Rechner im Internet – die jedoch schnell gefährlich
/ tödlich werden können!).
Missbrauch: a) Kritisch sind insbesondere flüssige AM! b) Wirkungsverstärkung mit
Grapefruit! c) Oft Kombination mit Diphenhydramin
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2. Andere Antitussiva / Nicht-Opiate:
- kein oder nur geringes Abhängigkeitspotential
- in seltenen Fällen Müdigkeit -> achten auf (individuelle) Beeinträchtigung des
Reaktionsvermögens!
Pentoxyverin ® Sedotussin Hustenstiller (Saft ab 2 Jahre; dosieren abh. vom KG)
Silomat gegen Reizhusten
NW: Müdigkeit, trockener Mund, Übelkeit / GIT Störungen; kann bei Kleinkindern
(selten) Krämpfe oder Atemdepression hervorrufen
Noscapin ®Capval rp
Nicht-opioder Wirkstoff des Schlafmohns. Wirkt auch als Mitosegift -> KI:
Schwangerschaft!
NW keine Atemdepression, keine Obstipation, sehr selten SJS
Dropropizin ® Larylin Hustenstiller
Anmerkung: Clobutinol (Silomat®) wurde wegen möglicher Herzrhythmusstörungen
vom Markt genommen!
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3. Hustenreizmilderer = Mucilaginosa = Demulzentia = reizlindernde Stoffe
- Schleime: „beruhigen“ den Hals (Demulzenzien: Schutzfilm auf gereizte Schleimhaut)
Schleim legt sich örtlich auf entzündete Schleimhäute und wirkt reizmildernd -> Wirkung
nur im Mund- und Rachenraum / bis zum Pharynx -> bei Rachenhusten!
- Auch Zucker und Honig schaffen kurzfristig Linderung (ca. 30 Minuten)
- Pastillen oder Lutschtabletten: langsam im Mund zergehen lassen
- Viskoser Sirup und Schleime: möglichst lange im Mund halten + langsam die Kehle
herunterrinnen lassen; viele kleine Schlückchen! Wirken ca. 20 Minuten lang
Pflanzliche Antitussiva / schleimhaltige Drogen
• Isländisch Moos, in ® Isla Moos-Pastillen
• Eibisch (Kaltmazerat; nach Abseihen kurz aufkochen) ® Phytohustil Hustenreizstiller
Sirup (ab 1 a); Silomat Eibisch / Honig-Sirup (ab 2 a)
• Spitzwegerich (auch adstringierend: s. Mund), Malvenblätter (Huflattichersatz);
Wollblumen = Königskerzenblüten (Schleim + expectorierend wirkende Saponine).
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3. Hustenreizmilderer = Mucilaginosa = Demulzentia = reizlindernde Stoffe
Huflattichblätter: lebertoxischer PA-Gehalt (PA: Pyrrolizidinalkaloide); nicht länger als
4-6 Wochen im Jahr, bei Schwangerschaft + Stillzeit. PA-freie Droge bestellen
Hyaluronsäure (GeloRevoice®, Isla med hydro®): bildet befeuchtenden Schutzfilm;
langsam in Wangentasche zergehen lassen.
Salze (wie Emser Pastillen®): Befeuchtung Mund- u. Rachenschleimhaut -> bei
Halsschmerzen, Heiserkeit und (trockenem) Hustenreiz.
Inhalation von Wasserdampf (40-) 43°C 20 Minuten: hemmt Viren
Hustenbonbons:
• ätherische Öle und Zucker / Honig -> überlagern durch Speichelproduktion und
Schluckreflex den Hustenreflex, hüllen wie Schleime Hustenrezeptoren und
entzündete Schleimhaut im Hals / Rachen ein.
• Dazu: über den Geschmack „süß“ im Mund wird der Vagus aktiviert -> die
Sekretion wird gesteigert
• Hustenbonbon verschluckt -> sofort viel Flüssigkeit nachtrinken: osmotische
Ösophagus-Schädigung ist möglich!
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3. Hustenreizmilderer = Mucilaginosa = Demulzentia = reizlindernde Stoffe
Anmerkung: Hausmittel warme Milch mit Honig:
- „beruhigt“ den Hals
- CAVE: Honig nicht unter 1 a - wenn Verdauungssystem / Immunsystem noch nicht
vollständig ausgereift: Sporen von Clostridium botulinum -> Säuglingsbotulismus mit
Muskellähmungen, Atemlähmung, Tod.
Kinder- und Jugendärzte im Netz: Honig ist für Babys gefährlich
https://www.kinderaerzte-im-netz.de/news-archiv/meldung/article/honig-ist-fuer-babys-gefaehrlich/
- Kinder unter einem Jahr sollten keinen Honig bekommen, da er Bakterien enthalten
kann, die im Darm des Säuglings schwere Gifte ausscheiden (Botulinumtoxin) ...
- Beim Erwachsenen tritt Botulismus nur auf, wenn er ein Lebensmittel isst, das bereits
die Gifte enthält - z. B. unsauber verarbeitete Konservendosen.

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