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Brennstoffzellentechnik

Peter Kurzweil

Brennstoffzellentechnik
Grundlagen, Materialien, Anwendungen,
Gaserzeugung

3., überarbeitete und aktualisierte Auflage

Unter Mitarbeit von Ottmar Schmid


Peter Kurzweil
Technische Hochschule Amberg-Weiden
Amberg, Deutschland

ISBN 978-3-658-14934-5 ISBN 978-3-658-14935-2 (eBook)


DOI 10.1007/978-3-658-14935-2

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Lektorat: Thomas Zipsner

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V

Vorwort zur 3. Auflage

Dieses Fachbuch und Nachschlagewerk in deutscher Sprache wurde in der Hochschulausbildung


und der beruflichen Praxis gut aufgenommen. Die dritte, übearbeitete und erweiterte Auflage berück-
sichtigt Anregungen aus Leserzuschriften. Für das neue Kapitel Kühlsystem“ und die Aktualisie-

rung von Kapitel 4 konnte ich die fundierte Mitarbeit meines früheren Arbeitskollegen Dipl.-Ing.
(FH) OTTMAR S CHMID (Daimler AG) gewinnen.

Amberg, im August 2016 Prof. Dr. P ETER K URZWEIL


p.kurzweil@oth-aw.de

Aus dem Vorwort früherer Auflagen

Brennstoffzellen — welche Faszination geht von dieser Technik aus! Leidenschaft und Ideen-
reichtum trieb Generationen von Forschern an, die Urgewalt chemischer Energie für die Menschheit
nutzbar zu machen. Die greifbare Anwendung, Strom aus fossilen und anorganischen Brennstoffen
ohne Umweg über mechanische Energie zu gewinnen, scheint so nah. Doch fordernd stehen die
technischen und ökonomischen Ziele für den flächendeckenden Einsatz.
Die Geschichte der Brennstoffzelle zeichnet den Weg vom ausgehenden 19. Jahrhundert über die
technischen Anstrengungen während der Weltkriege bis in unsere Zeit der bemannten Raumfahrt.
Brennstoffzellen treiben U-Boote und Elektrofahrzeuge, heizen Wohnräume, versorgen Raumkap-
seln und das Space-Shuttle mit Strom. Was ab den späten 1950er Jahren für die zeitlich begrenzte
Anwendung in Orbit und Meerestiefe gedieh, konkurriert in der irdischen Alltagswelt mit robust-
langlebiger Verbrennungstechnik. Die Ölkrise 1973, die Umweltgesetze der 1980er Jahre und die
Golfkrise 1990 gaben kraftvolle Impulse zur Fortentwicklung. Brennstoffzellen weisen in die Zu-
kunft der alternativen Energie- und Fahrzeugtechnik. Sie verknüpfen die überkommene Nutzung fos-
siler Rohstoffe mit der dringend gebotenen Erschließung nachwachsender und regenerativer Quellen,
bis hin zur Stromerzeugung aus Biomasse, Altstoffen und Wohlstandsmüll.
Wie kann diese Maschine funktionieren: ohne Kolben, ohne bewegliche Teile, ohne Verbrennungs-
flamme, ohne C ARNOT-Grenze des Wirkungsgrades? Fragen, die einer interdisziplinären Antwort
harren. Dieses Buch wendet sich an Studenten und Praktiker aller Fachrichtungen. Es führt durch
die spannende Welt zwischen Chemie, Physik, Verfahrenstechnik, Maschinenbau und Elektrotech-
nik. Denn die Brennstoffzellentechnik erfordert und vereinigt breites Wissen und fachübergreifende
Fähigkeiten, damit nach 150 Jahren die frühen Erfahrungen von G ROVE und O STWALD in allgemein
verfügbare Anwendungen münden.
Der übersichtliche Satzspiegel erlaubt Einsteigern und Fortgeschrittenen den raschen Wechsel zwi-
schen erläuterndem Text und praxisnaher Zusatzinformation an den Rändern. Informative Tabellen
schlagen die Brücke vom Lehrtext in die aktuelle Forschung. Die Grundlagen werden durch Rechen-
beispiele ergänzt.
VI

Inhaltsverzeichnis

I Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

1 Das Prinzip der Brennstoffzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2


1.1 Wasserstoff-Sauerstoff-Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.2 Brennstoffzellentypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.3 Zellkomponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.4 Verstromung von Flüssigbrennstoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1.5 Kohleverstromung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1.6 Biologische Brennstoffzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
1.7 Redoxprozesse in Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
1.8 Stationäre Brennstoffzellensysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
1.9 Mobile Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
1.10 Stromerzeugung mit Elektrosynthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

2 Thermodynamik und Kinetik der Brennstoffzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17


2.1 Stille Verbrennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.2 Energiewandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2.3 Zellspannung und Elektrodenpotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.4 Entropie und Abwärme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
2.5 Wirkungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
2.6 Zellspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
2.7 Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
2.8 Überspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
2.9 Strom-Spannungs-Kennlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
2.10 Impedanzspektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
2.11 Ersatzschaltbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
2.12 Die Elektrodenoberfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
2.13 Kinetik der Elektrodenvorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
2.14 Wasserstoffelektrode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
2.15 Wasserstoffoxidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
2.16 Sauerstoffelektrode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
2.17 Sauerstoffreduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
2.18 Cyclovoltammetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
2.19 Elektrokatalysatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
2.20 Gasdiffusionselektroden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

II Technik und Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53


VII

3 Alkalische Brennstoffzelle (AFC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54


3.1 Kenndaten des AFC-Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
3.2 Thermodynamik der AFC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
3.3 Alkalische Elektrolyte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
3.4 Elektrodenmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
3.5 Betriebsverhalten der AFC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
3.6 Zelldesign . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
3.7 Brennstoffzellen für die Raumfahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
3.8 FAE-Brennstoffzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
3.9 AFC mit mobilen Elektrolyten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
3.10 Alkalische Fallfilmzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
3.11 Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
3.12 Ammoniak-Brennstoffzele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
3.13 Hydrazin-Brennstoffzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

4 Polymerelektrolyt-Brennstoffzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
4.1 Kenndaten der PEM-Brennstoffzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
4.2 Polymerelektrolyte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
4.3 Elektrodenmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
4.4 Betriebsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
4.5 Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
4.6 Brennstoffzellenboote und -flugkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
4.7 Antriebskonzepte im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
4.8 Brennstoffzellenkraftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
4.9 Wasserstoff aus Sekundärbrennstoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
4.10 Stationäre PEM-Brennstoffzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
4.11 Tragbare PEM-Brennstoffzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
4.12 Kühlsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129

5 Direktmethanol-Brennstoffzelle (DMFC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145


5.1 Kenndaten des DMFC-Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
5.2 Thermodynamik der Direktzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
5.3 Elektrodenreaktionen und -materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148
5.4 Betriebsverhalten der DMFC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
5.5 Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
5.6 Direktverstromung von Ethern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

6 Phosphorsaure Brennstoffzelle (PAFC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163


6.1 Kenndaten des PAFC-Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
6.2 Saure Elektrolyte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
6.3 Elektrodenmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
6.4 Betriebsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
VIII

6.5 Stationäre Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170


6.6 Systemvergleich von Brennstoffzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .176
6.7 Feststoff-Säure-Brennstoffzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

7 Schmelzelektrolyt-Brennstoffzelle (MCFC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179


7.1 Kenndaten des MCFC-Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .180
7.2 Schmelzflüssige Elektrolyte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
7.3 Elektrodenmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
7.4 Betriebsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
7.5 Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
7.6 Verstromung von Biogas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

8 Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195


8.1 Kenndaten des SOFC-Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
8.2 Festelektrolyte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
8.3 Elektrodenmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
8.4 Betriebsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
8.5 Zelldesign . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206
8.6 SOFC-Kraftwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
8.7 Festoxidzellen in Fahrzeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

9 Redoxbrennstoffzellen und Hybridsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215


9.1 Metall-Luft-Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
9.2 Metalloxid-Wasserstoff-Batterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
9.3 Redoxbrennstoffzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .218
9.4 Brennstoffzellen in Chemieprozessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219

10 Gaserzeugung und Brennstoffaufbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221


10.1 Wasserstoffgewinnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .221
10.2 Wasserstoff aus Erdgas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222
10.3 Treibstoffe aus Erdöl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
10.4 Treibstoffe aus Kohle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .236
10.5 Wasserstoff aus Methanol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239
10.6 Synthetische Kraftstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
10.7 Wasserstoff aus Biomasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .243
10.8 Wasserstoff aus regenerativen Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
10.9 Wasserstoff aus unedlen Metallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .244
10.10 Wasserstoffspeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246

Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251
IX

Konstanten

Vakuumlichtgeschwindigkeit c = 299 792 458 m/s (exakt)


Elementarladung e = 1,602 176 565(35)·10−19 C
FARADAY-Konstante F = NA e = 96 485,336 5(21) C/mol
Normalfallbeschleunigung g = 9,806 65 m s−2 (exakt)
P LANCKsches Wirkungsquantum h = 6,626 069 57(29)·10−34 Js
B OLTZMANN-Konstante k = R/NA = 1,380 648 8(13)·10−23 J/K
AVOGADRO-Konstante NA = 6,022 141 29(27)·1023 mol−1
Normdruck p0 = 101 325 Pa (exakt)
Molare Gaskonstante R = k F/e = 8,314 462 1(75) J mol−1 K−1
N ERNST-Spannung (25 ◦ C) UN = RT /F = 0,025 693 V
UN = ln 10 · RT /F = 0,059 159 V
Molares Normvolumen, ideales Gas
– 273,15 K, 101 325 Pa Vm = RT / p = 22,413 968(20)·10−3 m3 /mol
– 273,15 K, 100 kPa = 22,710 953(21)·10−3 m3 /mol
– 298,15 K, 101 325 Pa = 24,465 40 ℓ/mol
L OSCHMIDT-Konstante NL = NA / Vm = 2,686 780 5(24)·1025 m−3
Atomare Masseneinheit 1 m(12 C)
u = 12 = 1,660 538 921(73)·10−27 kg

Vakuumimpedanz Z 0 = µ0 ε0 = µ0 c = 376,730 313 461...  (exakt)
Elektrische Feldkonstante ε0 = 1/(µ0 c2 ) = 8,854 187 817...·10−12 F/m (exakt)
Vakuumpermeabilität µ0 = 4π ·10−7 = 12,566 370 614. . . ·10−7 NA−2 (exakt)
2 4
S TEFAN -B OLTZMANN-Konstante σ = π60 k3 2 = 5,670 373(21)·10−8 W m−2 K−4
h̄ c

Quelle: CODATA Recommended Values of the Fundamental Physical Constants 2010: physics.nist.gov/constants
Beispiel: R = 8,314 462 1 (75) J mol−1 K−1 ist zu lesen als: R = (8,314 4721 ± 0,000 0075) J mol−1 K−1 .
Umrechnung von Teilchendichte N/ V und Stoffmengenkonzentration: N/ V = NA c

Formelzeichen

Physikalische Größe Symbol Einheit Definition

Fläche, Querschnitt A m2
Beschleunigung a m/s2 = m s−2 aE = dEv = vĖ
(α) dt
Aktivität (Ion i in Phase α) ai mol/ℓ = m−3 kmol ai = γi ci
Temperaturleitfähigkeit a m2 /s = m2 s−1 a = λ/(̺ c p )
magnetische Flussdichte BE T = V s m−2 = Wb/m2 = kg s−2 A−1 FE = Q vE × BE
Molalität b mol/kg bi = n i /m Lm
Elektrische Kapazität C F = C/V = m−2 kg−1 s4 A2 C = Q/U
molare Wärmekapazität Cm J mol−1 K−1 = m2 kg s−2 K−1 mol−1
spezifische Wärmekapazität cp J kg−1 K−1 = m2 s−2 K−1 c p = C p /m
Stoffmengenkonzentration c mol/ℓ = m−3 kmol ci = n i / V
elektrische Flussdichte DE C/m2 = m−2 s A E = Q/ V
div D
Diffusionskoeffizient D m2 /s = m2 s−1 ṅ = −D A dc/dx
Abstand, Durchmesser, Dicke d m
Aktivierungsenergie EA J/mol = m2 kg s−2 mol−1 E A = RT 2 d ln k/dT
elektrische Feldstärke EE V/m = m kg s−3 A−1 EE = −grad ϕ
Zellspannung E V = m2 kg s−3 A−1 E = E 0 − (RT /z F) ln K
Normalpotential E0 V = m2 kg s−3 A−1 E 0 = −1r G 0 /(z F)
reversible Zellspannung E0 V = m2 kg s−3 A−1 0 − E0
E 0 = 1E 0 = E red ox
X

Physikalische Größe Symbol Einheit Definition

Kraft FE N = m kg s−2 FE = d pE/dt = m aE


H ELMHOLTZsche Freie Energie F J = m2 kg s−2 F =U −T S
Frequenz f, ν Hz = s−1 f = T −1 = c/λ
G IBBS sche Freie Enthalpie G J = m2 kg s−2 G = H −T S
Elektrischer Leitwert G S =  = A/V = m−2 kg−1 s3 A2
−1 G = 1/R
Enthalpie H J = m2 kg s−2 dH = dU + pdV = T dS
spezifischer Heizwert Hu J/kg = m2 s−2
spezifischer Brennwert Ho J/kg = m2 s−2 Ho = −1r H
Stromstärke I A
elektrische Stromdichte i A/m2 = m−2 A i = I/A
Austauschstromdichte i0 A/m2
ν ν
Gleichgewichtskonstante K versch. (mol/ℓ)1ν K = c11 c22 · . . .
Geschwindigkeitskonstante k (mol−1 m3 )n−1 s−1 kox = I /(z F AK )
Elektrochemisches Äquivalent k kg/C = kg A−1 s−1 k = M/z F
Zellkonstante k m−1 k = d/ A
Wärmedurchgangszahl k W m−2 K−1 = kg s−3 K−1 Q̇ = k A 1T
(charakteristische) Länge l m
Drehmoment M Nm = m2 kg s−2 E = rE × FE
M
molare Masse M kg/mol Mi = m i /n i
Masse m kg
Massenstrom ṁ kg/s ṁ = dm/dt
Teilchenzahl N – =1
Stoffmenge n mol n i = Ni /NA
Stoffmengenstrom ṅ mol/s ṅ = dn/dt
Reaktionsordnung n – =1
Leistung P W = J/s = m2 kg s−3 P = dW/dt
Impuls pE Ns = m kg s−1 pE = m vE
Druck, Partialdruck p Pa = N m−2 = m−1 kg s−2 p = F/ A = 6 pi
Wärmemenge, Wärmeenergie Q J = m2 kg s−2
Wärmestrom Q̇ W = J/s = m2 kg s−3 Q̇ = d Q/dt
Elektrische Ladung Q C = As Q = It
elektrischer (Wirk-)Widerstand R  = V/A = m2 kg s−3 A−2 R = U/I = Z cos ϕ
Ionenradius ri m
Reaktionsgeschwindigkeit r mol m−3 s−1 r = ξ̇ / V = ċ/νi
Oberfläche S m2
Entropie S J/K = m2 kg s−2 K−1 dS ≥ dQ/ T
Scheinleistung S W = J/s = m2 kg s−3 S = U I⋆
Temperatur T K Basiseinheit
Zeit t s Basiseinheit
Überführungszahl t – =1 ti = Q i /Q
Innere Energie U J = m2 kg s−2
elektrische Spannung U V = J/As = m2 kg s−3 A−1 U = 1ϕ
Beweglichkeit (eines Ladungsträgers) u m2 V−1 s−1 = kg−1 s2 A u i = v i /E
Volumen V m 3
Volumenstrom, Durchfluss V̇ m3 /s V̇ = dV /dt
Molares Volumen Vm m3 /mol Vm = V /n i
Geschwindigkeit vE m/s vE = dE
Rr /dt = rĖ
Arbeit, Energie W J = m2 kg s−2 W = FE dEs
Massenanteil, Gew.-% w – =1 wi = m i /6m i
Blindwiderstand X  = V/A = m2 kg s−3 A−2 X = Z sin ϕ
Molenbruch, Stoffmengenanteil x – =1 xi = n i /n ges
Impedanz Z  = V/A = m2 kg s−3 A−2 Z = R+iX
Ionenladung, elektrochemische Wertigkeit z, z ⊕ , z ⊖ – =1 z i = Q i /e
XI

Griechische Formelzeichen

Physikalische Größe Symbol Einheit Definition

Stromausbeute α – =1
Elektrochemischer Symmetriekoeffizient α – =1
Dissoziationsgrad α – =1
Wärmeübergangszahl α W m−2 K−1 = kg s−3 K−1
thermischer Längenausdehnungskoeffizient α K−1 α = (dl/dT )/l
Massenkonzentration β kg/m3 βi = m i / V
Stoffübergangskoeffizient β m/s = m s−1
Chi-, Oberflächenpotential χ V χ =ψ −ϕ
Magnetische Suszeptibilität χ – =1 χ = µr − 1
Schicht-, Film-, Grenzschichtdicke δ m
Verlustwinkel δ rad =1 δ = (π/2) + ϕI − ϕU
Permittivität ε F/m = m−3 kg−1 s4 A2 DE = εi j EE
dynamische Viskosität η Pa s = m−1 kg s−1 τ x,z = η dv x /dz
Wirkungsgrad η – =1
Überspannung η V = m2 kg s−3 A−1 η = E − E 0 − I Rel
Oberflächenkonzentration Ŵ mol/m2 Ŵ = n/ A
Aktivitätskoeffizient γ – =1 ai = γi ci /c⋆
therm. Volumenausdehnungskoeffizient γ K−1 1V = γ V1 1t
elektrische Leitfähigkeit κ S/m = −1 m−1 = m−3 kg−1 s3 A2 Ej = κ EE
Isentropenexponent κ – =1
Molare Leitfähigkeit 3m S m2 /mol = kg−1 s3 A2 mol−1 3i = κ/ci
Ionenleitfähigkeit λ S m2 /mol = kg−1 s3 A2 mol−1 λi = |z i |Fu i
Wellenlänge λ m λ = c/ν
Wärmeleitfähigkeit λ W K−1 m−1 = m kg s−3 K−1 d8 = −λ (δT /δl) d A
Permeabilität µ H/m = N/A2 = V s/(A m) = m kgs−2 A−2 BE = Rµ HE
Elektrisches Dipolmoment E pE
µ, Cm = msA pE = PE d V
Magnetisches Dipolmoment E m
µ, E A m2 = J/T = m2 A
(α)
Chemisches Potential (in Phase α) µi J/mol = m2 kg s−2 mol−1 µi = (∂G/∂n i )T, p,n j
Elektrochemisches Potential µ̃i J/mol = m2 kg s−2 mol−1
Wellenzahl, Repetenz ν̃ m −1 ν̃ = λ−1
kinematische Viskosität ν m2 /s = m2 s−1 ν = η/̺
Stöchiometriefaktor νi – =1 (i Komponente)
Raumwinkel  sr =1  = A/r 2
Kreisfrequenz, Winkelgeschwindigkeit ω rad/s = s−1 ω = ϕ̇ = 2π f
elektrisches ∼, G ALVANI -Potential ϕ V = J/C = m2 kg s−3 A−1
Phasenverschiebung(swinkel) ϕ rad =1
Volumenanteil ϕ – =1
Fugazitätskoeffizient ϕ – =1
V OLTA-Potential ψ V = m2 kg s−3 A−1
Dichte ̺ kg m−3 ̺ = m/ V
Spezifischer Widerstand ̺ m = m3 kg s−3 A−2 ̺ = R A/d
Mechanische Spannung σ Pa = m−1 kg s−2 σ = dFn /d A
Oberflächenspannung σ, γ N/m = kg/s2 = m kg−2
Flächenladungsdichte σ C/m2 = A s m−2 σ = Q/ A
Zeitkonstante τ s τ = RC
Schubspannung τ Pa = N/m2 = m−1 kg s−2 τ = dFt /d A
Oberflächenbelegungsgrad θ – =1
Reaktionslaufzahl, Umsatz ξ mol 1ξ = 1n/ν
Umsatzrate ξ̇ mol s−1 ξ̇ = dξ/dt
Zeta-Potential ζ V = m2 kg s−3 A−1
1 2 1 2 3 4 5 6
s s p p p p p p
XII

1 2 13 14 15 16 17 18
Hauptgruppen
Periodensystem der Elemente Hauptgruppen

Elektronen-
konfiguration
Schale

Ia II a III a IV a Va VI a VII a 0

Periode
1,008 Relative Atommasse Nichtmetalle Ɣ Säurebildner 4,003
1 Edelgase K
1H Ordnungszahl Elementsymbol 2 He
1s1 Elektronenkonfiguration Halbmetalle Ƒ amphoter [He] = 1s2
-1, +1 Oxidationsstufen 0
6,94 9,012 Metalle Ŷ Basenbildner 10,82 12,01 14,01 16,00 19,00 20,18
*radioaktives Element
2 (stabilstes Isotop) ~ Übergangsmetalle L
3 Li 4 Be 5B 6C 7N 8O 9F 10 Ne
1 2 2 1 2 2 2 3 2 4 2 5 2 6
[He] 2s 2s M Metametall 2s 2p 2s 2p 2s 2p 2s 2p 2s 2p 2s 2p
+1 Ŷ +2 Ƒ Übergangsmetalle (Nebengruppen) +3 Ɣ -4, 2, 4 Ɣ 2,+3,4,5 Ɣ -2 (-1) Ɣ -1 Ɣ 0
22,99 24,31 26,98 28,09 30,97 32,06 35,45 39,95
3 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 M
11 Na 12 Mg d d d d d d d d d d 13 Al 14 Si 15 P 16 S 17 Cl 18 Ar
1 2 2 1 2 2 2 3 2 4 2 5 2 6
[Ne] 3s 3s 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 3s 3p 3s 3p 3s 3p 3s 3p 3s 3p 3s 3p
+1 Ŷ +2 Ŷ III b IV b Vb VI b VII b VIII Ib II b +3 Ƒ 4 Ɣ -3, 3, 5 Ɣ -2, 2, 4, 6 Ɣ -1,1,3,5,7Ɣ 0
39,10 40,08 44,96 47,87 50,94 52,00 54,94 55,85 58,93 58,69 63,55 65,38 69,72 72,63 74,92 78,96 79,90 83,80
4 N
19 K 20 Ca 21 Sc 22 Ti 23 V 24 Cr 25 Mn 26 Fe 27 Co 28 Ni 29 Cu 30 Zn 31 Ga 32 Ge 33 As 34 Se 35 Br 36 Kr
1 2 1 2 2 2 3 2 5 2 6 2 7 2 8 2 10 2
[Ar] 4s 4s 3d 4s 3d 4s 3d 4s 3d54s1 3d 4s 3d 4s 3d 4s 3d 4s 3d104s1 3d 4s 3d104s24p1 3d104s24p2 3d104s24p3 3d104s24p4 3d104s24p5 3d104s24p6
+1 Ŷ +2 Ŷ +3 Ŷ +3, +4 Ƒ 2, 3, 4, 5 ż 2, 3, 6 ż 2,3,4,6,7ż 2, 3, 6 Ƒ 2, 3 Ƒ 2, 3 Ŷ 1, 2 Ŷ 2 M Ƒ +3 M Ƒ 4 Ƒ -3, 3, 5 ż -2, 4, 6 Ɣ -1,1,3,5,7Ɣ 0, (2, 4)
85,47 87,62 88,91 91,22 92,91 95,96 (98,91) 101,1 102,9 106,4 107,9 112,4 114,8 118,7 121,8 127,6 126,9 131,3
5 O
37 Rb 38 Sr 39 Y 40 Zr 41 Nb 42 Mo 43 Tc* 44 Ru 45 Rh 46 Pd 47 Ag 48 Cd 49 In 50 Sn 51 Sb 52 Te 53 I 54 Xe
1 2 1 2 2 2 10 2
[Kr] 5s 5s 4d 5s 4d 5s 4d45s1 4d55s1 4d65s1 4d75s1 4d85s1 4d10 4d105s1 4d 5s 4d105s25p1 4d105s25p2 4d105s25p3 4d105s25p4 4d105s25p5 4d105s25p6
+1 Ŷ +2 Ŷ +3 Ŷ +4 Ƒ 3, 5 ż 2,3,4,5,6 ż 7 ż 3, 4, 8 ż 1, 2, 3, 4 Ŷ 2, 4 Ŷ 1 Ŷ 2M Ŷ 3 M Ƒ 2, 4 M Ƒ -3, 3, 5 ż -2, 4, 6 ż -1,1,3,5,7Ɣ 0,(2, 4, 6)
132,9 137,3 138,9 178,5 180,9 183,8 186,2 190,2 192,2 195,1 197,0 200,6 204,4 207,2 209,0 (210,0) (210,0) (222,0)
6 Hf P
55 Cs 56 Ba 57 La 72 73 Ta 74 W 75 Re 76 Os 77 Ir 78 Pt 79 Au 80 Hg81 Tl 82 Pb 83 Bi 84 Po* 85 At* 86 Rn*
1 2 1 2 4f145d10 4f145d10 4f145d10 4f14 5d10 4f14 5d10 4f14 5d10
[Xe] 6s 6s 5d 6s 4f145d26s2 4f145d36s2 4f145d46s2 4f145d56s2 4f145d66s2 4f145d76s2 4f145d96s1 4f145d106s1 4f145d106s2
6s26p1 6s26p2 6s26p3 6s2 6p4 6s2 6p5 6s26p6
+1 Ŷ +2 Ŷ +3 Ŷ +4 Ƒ +5 ż 2,3,4,5,6 ż 2, 4, 7 ż 2,3,4,6,8 ż 1,2,3,4,6 Ŷ 2, 4 Ŷ 1, 3 Ŷ 1, 2 M Ŷ 1, 3 M Ƒ 2, 4 M Ƒ 3, 5 M Ŷ 2, 4 ż -1,1,3,5,7Ɣ 0, (2)
(233,0) (226,0) 227,0 (261) (262) (266) (264) (277) (268) (281) (272) (285) (284) (289) (288) (293) (294) (294)
7 Q
87 Fr* 88 Ra* 89 Ac* 104 Rf* 105 Db* 106 Sg* 107 Bh* 108 Hs* 109 Mt* 110 Ds* 111 Rg* 112 Cn* 113 Uut* 114 Fl* 115 Uup* 116 Lv* 117 Uus* 118 Uuo*
1 2 1 2
[Rn] 7s 7s 6d 7s
+1 Ŷ +2 Ŷ +3 Ŷ

140,1 140,9 144,2 (146,9) 150,4 152,0 157,3 158,9 162,5 164,9 167,3 168,9 173,1 175,0
Lanthanoide 6 58 Ce 59 Pr 60 Nd 61 Pm* 62 Sm 63 Eu 64 Gd 65 Tb 66 Dy 67 Ho 68 Er 69 Tm 70 Yb 71 Lu
2 2 3 2 4 2 5 2 6 2 7 2 7 1 2 9 2 10 2 11 2 12 2 13 2 14 2 P
f1…f14 [Xe] 4f 6s 4f 6s 4f 6s 4f 6s 4f 6s 4f 6s 4f 5d 6s 4f 6s 4f 6s 4f 6s 4f 6s 4f 6s 4f 6s 4f145d16s2
3, 4 Ŷ 3, 4 Ŷ 3 Ŷ 3 Ŷ 2, 3 Ŷ 2, 3 Ŷ 3 Ŷ 3, 4 Ŷ 3 Ŷ 3 Ŷ 3 Ŷ 3 Ŷ 2, 3 Ŷ 3 Ŷ
232,0 231,0 238,0 (237,0) (244,1) (243,1) (247,1) (247,1) (251,1) (252,1) (257,2) (258,1) (259,1) (262,1)
Actinoide 7 90 Th* 91 Pa* 92 U* 93 Np* 94 Pu* 95 Am* 96 Cm* 97 Bk* 98 Cf* 99 Es* 100 Fm* 101 Md* 102 No* 103 Lr*
1 14 2 1 2 3 1 2 4 1 2 6 2 7 2 7 1 2 9 2 10 2 11 2 12 2 13 2 14 2 Q
f …f [Rn] 6d27s2 5f 6d 7s 5f 6d 7s 5f 6d 7s 5f 7s 5f 7s 5f 6d 7s 5f 7s 5f 7s 5f 7s 5f 7s 5f 7s 5f 7s 5f146d17s2
4 Ŷ 4, 5 Ŷ 3, 4, 5, 6 Ƒ 3, 4, 5, 6 Ƒ 3, 4, 5, 6 Ƒ 3, 4, 5, 6 3, 4 3, 4 3 3 3 2, 3 2, 3 3
2

1 Das Prinzip der Brennstoffzelle

✄1.1 Brennstoffzellen verbrennen“ einen Brennstoff nicht mit einer



Stromerzeugung in Feuererscheinung unter Freisetzung von Wärme. Anders als ihr Na-
Deutschland (2014) me vermuten lässt, wird üblicherweise Wasserstoff wie in einer Bat-
5,908·1014 Wh ≈ 591 TWh terie durch elektrochemische Vorgänge verstromt statt verbrannt.
Kernkraft 15,5 % Brennstoffzellen wandeln die im Brennstoff gespeicherte chemische
Braunkohle 24,4 % Energie direkt in Elektrizität — ohne Umweg über Wärme!
Steinkohle 18,4 % Zugleich mit Elektromotor, Dynamo, Gasturbine, Verbrennungsmo-
Erdgas 10,0 %
Wasserkraft 3,3 % tor und der Schmelzflusselektrolyse von Aluminium brachte die in-
Windkraft 9,6 % dustrielle Revolution des 19. Jahrhunderts die Brennstoffzelle her-
Biomasse 7,0 % vor: die stille oder kalte Verbrennung fossiler Energieträger durch
Fotovoltaik 5,9 % elektrochemische Oxidation mit Luftsauerstoff zu Wasser und CO2 .
Abfälle 0,8 %
Heizöl u.a. 5,1 % W. O STWALD lobte 1894 den hohen Wirkungsgrad und die Um-
weltfreundlichkeit der Direktverstromung gegenüber der Kopplung
Quelle: BDEW
von Dampfmaschine und Dynamo (damals η = 10 %). Direkt-Kohle-
Brennstoffelemente zum Antrieb von Schiffen wurden jedoch bis
heute nicht Realität. Verbrennungsmotoren bestimmten stattdessen
das 19. und 20. Jahrhundert. Vor dem Hintergrund einer dezentralen
und regenerativen Energieversorgung (✄Tab. 1.1), der langfristigen
Verknappung von Erdöl, Gas und Kohle und den globalen Umwelt-
belastungen zog die Brennstoffzellentechnik in den 1960er Jahren
in Raumkapseln und U-Boote und seit den 1990er Jahren in Elek-
trofahrzeuge ein.
Brennstoffzellen, Elektrolyseure, Batterien, elektrochemische Kon-
✄1.2 Elektrochemische densatoren und Chemosensoren sind elektrochemische Energie-
Energiewandler und Sensoren wandler mit ähnlichem Aufbau (✄Abb. 1.2).

Technische Doppelschicht- Knallgas- Interdigital-


Wasserelektrolyse kondensator Brennstoffzelle Gassensor
>1,23 V ≈1V <1V ≪1V

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2016


P. Kurzweil, Brennstoffzellentechnik, DOI 10.1007/978-3-658-14935-2_1
3

1.1 Wasserstoff-Sauerstoff-Elemente
✄1.3
Eine Brennstoffzelle besteht aus einer Brenngas- und einer Sauer-
Geschichte der Brennstoffzelle
stoffelektrode. Zwischen den Elektronenleitern, den Elektroden, be-
findet sich ein fester oder flüssiger Ionenleiter, der Elektrolyt, zum 1839/40 C. F. S CH ÖNBEIN (1799
Beispiel eine Säure oder Lauge. An der Grenzfläche zwischen Elek- –1868, Basel): Entdeckung von
Ozon und Brennstoffzelle bei der
trode und Elektrolyt laufen stromerzeugende Reaktionen ab. Elektrolyse von Schwefelsäure.
Die befreundeten Forscher S CH ÖNBEIN und G ROVE entdeckten um 1839/42 W ILLIAM R. G ROVE [4]
1840 das Prinzip der Brennstoffzelle. Bei der Elektrolyse wässriger (1811-1896, Rechtsanwalt, Profes-
Lösungen entstehen Sauerstoff und Wasserstoff, wenn die Zerset- sor, Lordrichter in Swansea und
London): H2 /O2 -Brennstoffzelle
zungsspannung von 1,23 Volt überschritten wird.1 Unterbricht man mit Platinstreifenelektroden in
den Strom, klingt die Spannung nicht etwa augenblicklich ab, son- Schwefelsäure, Elektrolyse-Was-
dern die elektrochemische Zelle wirkt wie ein Doppelschichtkon- serstoff und Sauerstoff. H2
auch durch Säureeinwirkung
densator, der sich zögerlich entlädt. Umspülen Wasserstoff und Sau-
auf Zink. Außerdem: Zellen mit
erstoff längere Zeit die Elektroden, laufen die Elektrolysevorgänge Chlorknallgas, Kampfer, Ölen,
rückwärts und die Wasserstoff-Sauerstoff-Brennstoffzelle ( Knall- Ether, Alkohol.

gaszelle“) produziert wie eine Batterie etwa 1 V Spannung.


Die Elektroden bestehen im einfachsten Fall aus Platinblech, des-
sen Oberfläche durch poröses Platinmohr erhöht werden kann. Die
Wichtigkeit der Dreiphasengrenze Elektrode/Elektrolyt/Gasraum
erkannte bereits G ROVE bei Platinmohrelektroden, deren Lei- H2 O2
stungsfähigkeit deutlich abnimmt, wenn sie nass werden. Hydro-
phobierung2 der Elektrodenstruktur mit Kunststoffen wie PTFE ver-
hindert im modernen Zellen das Fluten der Poren mit Elektrolyt.
Die Redoxgleichungen der elektrochemischen Vorgänge an den
Elektroden der Wasserstoff-Sauerstoff-Zelle lauten:
0 −2
⊕ Kathode O2 + 4 H⊕ + 4 e⊖ ⇋ 2 H2O E 0 = 1,23 V
⊖ Anode 2 H2 ⇋ 4 H⊕ + 4 e ⊖ E0 = 0 V
H2 SO4
Brennstoffzelle
2 H2 + O2 ⇋ 2 H2 O 1E 0 = 1,23 V
Elektrolyse 1860 M. V ERGNES : Schwefel-
saures Element mit platinierten
Die Wasserstoffelektrode bildet den Minuspol, die Sauerstoffelek- Kokselektroden (US 28317).
trode den Pluspol (✄Abb. 1.2). In elektrochemischen Zellen gilt: 1880 C. W ESTPHAL: Stromer-
 An der Kathode findet Reduktion (Elektronenaufnahme) statt. zeugung durch Direktumwand-
lung fossiler Brennstoffe (DRP).
 An der Anode findet Oxidation (Elektronenabgabe) statt.
1889 L. M OND, C. L ANGER:
Das Sauerstoffmolekül O2 wird gespalten; die Oxidationsstufe Schwefelsaure Brennstoffzelle mit
wechselt von 0 auf –2. Das bedeutet: Jedes Sauerstoffatom hat zwei mit Diaphragma (aus Gips, Ton,
Elektronen aufgenommen: hOi + 2 e⊖ → O2⊖ . Die Elektronen- Pappe, Asbest), platinierten Platin-
folien. Entdeckung der Überspan-
aufnahme und das Bilden negativ geladener Teilchen (Anionen) ist nung der Sauerstoffelektrode und
typisch für Nichtmetalle. Mit den in wässriger Lösung in geringer von CO als Elektrodengift.
Menge vorhandenen Protonen H⊕ (auch als Hydroniumionen H3 O⊕ 1902 J. H. R EID: Alkalische
geschrieben) bildet das Oxidion so schnell Wasser, dass O2⊖ in Brennstoffzelle mit Kalilauge.
1920 E. W. J UNGNER (DRP
Lösung frei nicht beobachtet wird. Nur in wasserfreien Salzschmel- 348393): mit Paraffin hydropho-
zen, sogenannten Festelektrolyten, gibt es Oxidionen. bisierte Elektroden.
1 In der Praxis wegen Überspannungen ca. 1,5 V. 1923/4 A. S CHMID: Erfindung
2 hydrophob = wasserabweisend der Gasdiffusionselektrode [8].
4

Metalle und Wasserstoff bilden bei chemischen Reaktionen vor-


zugsweise positiv geladene Teilchen (Kationen). Das H2 -Molekül
zerfällt in unbeständige H-Atome, die sogleich je ein Elektron abge-
ben: hHi → H⊕ + e⊖ . Die Oxidationsstufe des H-Atoms bei dieser
Oxidation (Elektronenabgabe) wechselt von 0 auf +1.

✄1.4 Aufstellen der Redoxgleichung Die stöchiometrisch richtige Beschreibung von Redoxreaktionen
für die Sauerstoffreduktion. gelingt nach folgendem Rezept.
0 −2
O 2 → 2 H2 O 1. Edukt und Produkt mit Oxidationszahlen anschreiben. Links
und rechts der Gleichung müssen gleich viele redoxaktive Ato-
Ausgleich der Oxidationszahlen:
2·0 + x = 2·(−2) ⇒ x = −4
me stehen. Die Oxidationszahl aller Elemente ist null und bei
d. h. vier Elektronen. Ionen gleich der Ionenladung. In Verbindungen ist F –1, O –2
O2 + 4 e⊖ . . . → 2 H2 O (in Peroxiden –1), H +1 (in Hydriden –1). Die Oxidationszah-
len aller Atome addieren sich zur Gesamtladung des Teilchens.
Ausgleich der Ladungen:
0 + (−4) + x = 2 · 0 ⇒ x = +4 2. Ausgleich der Differenz der Oxidationszahlen mit Elektronen.
d. h. vier H⊕ .
O2 + 4 e⊖ + 4 H⊕ . . . → 2 H2 O
3. Ausgleich der Differenz der Ladungen mit: H⊕ (oder H3 O⊕ ) in
sauren Brennstoffzellen, OH⊖ in alkalischen Brennstoffzellen,
4 H⊕ entsprechen 2 H2 O. O2⊖ in Elektrolytschmelzen.
O2 + 4 e⊖ + 4H⊕ ⇋ 2H2 O
Stimmt!
4. Ausgleich der H⊕ , OH⊖ bzw. O2⊖ mit H2 O, sofern die Glei-
chung nicht schon stimmt.
Redoxgleichungen dürfen wie mathematische Gleichungen mit
Zahlenfaktoren multipliziert werden. O2 + 4e⊖ + 4H⊕ ⇋ 2H2 O
und 12 O2 + 2e⊖ + 2H⊕ ⇋ H2 O sind völlig gleichbedeutend.

Das Normalpotential E 0 gibt die Tendenz der Elemente, in wässri-


ger Lösung Ionen zu bilden, als Zahlenwert für Standardbedingun-
gen (25 ◦C, 101325 Pa) an. Die Differenz der Normalpotentiale der
Elektrodenreaktionen wird als reversible Zellspannung oder Leer-
laufspannung der unbelasteten Batterie gemessen.
0
1E 0 = E Kathode 0
− E Anode = 1,23 V − 0,00 V > 0
✄1.5 Zellreaktion und Reaktions-
wertigkeit Ist 1E 0 positiv, laufen die Elektrodenreaktionen spontan ab und die
In der Zellreaktion: Batterie erzeugt Strom. Bei der Zellreaktion 2 H2 + O2 → 2 H2 O
O2 + 4 H⊕ + 4 e⊖ ⇋ 2 H2 werden in den Redoxgleichungen vier Elektronen von zwei Was-
2 H2 ⇋ 4 H⊕ + 4 e⊖ serstoffmolekülen ausgetauscht, d. h. z = 2. Die G IBBSsche Freie
2 H2 + O2 ⇋ 2 H2 O Reaktionsenthalpie beschreibt die Nutzenergie je Mol Brenngas:
tauschen zwei H2 vier Elektronen
aus, d. h. z = 4/2 = 2 je mol H2 . 1G 0 = −z F 1E 0

In der Zellreaktion: = − 24 · 96485 mol


C
· 1,23 V ≈ −475 kJ
2 mol H2 = −237 kJ
mol
1 O + 2 H⊕ + 2 e⊖ ⇋ H
2 2 2 F FARADAY-Konstante; z Elektrodenreaktionswertigkeit
H2 ⇋ 2 H⊕ + 2 e⊖ Die theoretische Kapazität, d. h. nutzbare elektrische Ladung, einer
H2 + 12 O2 ⇋ H2 O Zellreaktion ist z F. Eine Redoxreaktion, bei der ein Elektron aus-
tauscht ein H2 zwei Elektronen getauscht wird, liefert 96485 As/mol = 26.8 Ah/mol.
aus, d. h. z = 2 je mol H2 .
Durch Reihenschaltung einzelner Brennstoffzellen werden höhere
Spannungen realisiert. Die Betriebsspannung ist dann die Zahl der
Zellen multipliziert mit der Einzelzellspannung.
5

1.2 Brennstoffzellentypen

Aus den historischen Wurzeln des 19. Jahrhunderts (✄Abb. 1.7) ✄1.6
sprossen vielfältige Anwendungen (✄Tab. 1.6). Nach der Arbeits- Anwendungen der
temperatur werden Nieder-, Mittel- und Hochtemperaturbrennstoff- Brennstoffzellentechnik
zellen unterschieden. Der verwendete Elektrolyt prägt das Na-
Stationäre Systeme
menskürzel der eingeführten Brennstoffzellentypen. Erdgasverstromung
Blockheizkraftwerke
AFC Alkalische Brennstoffzelle, Alkaline Fuel Cell Kraft-Wärme-Kopplung
PAFC Phosphorsaure Brennstoffzelle, Mobile Systeme
Phosphoric Acid Fuel Cell Elektrofahrzeuge
Portable Stromversorgung
PEFC Polymerelektrolyt-Brennstoffzelle, Computer
Polymer Electrolyte Fuel Cell Mobiltelefone
Brennstoffzelle mit Protonenaustauschermembran, Notstromaggregate
Proton Exchange Membrane Fuel Cell, (PEM-FC)
DMFC Direktmethanol-Brennstoffzelle,
Direct Methanol Fuel Cell
MCFC Carbonatschmelzen-Brennstoffzelle,
Molten Carbonate Fuel Cell
SOFC Festoxid-Brennstoffzelle, oxidkeramische Brennstoff-
zelle, Solid Oxide Fuel Cell
Neuere Entwicklungen sind in Teil II beschrieben. ✄1.7 Entwicklungslinien der
Brennstoffzellentechnik

Niedertemperatur-Brennstoffzellen Hochtemperatur-Brennstoffzellen
AFC PAFC PEFC DMFC MCFC SOFC

Raumfahrt ONSI / IFC Vaillant


1998 Sulzer
(US, SU) 1992 MTU 1990
Siemens
Elenco Ballard/
DaimlerChrysler 1994
1976 Japan 1994 Dornier
1981 Hitachi 1987
Kordesch/ 1983
Union Carbide
1963-69
Westinghouse Bosch
1967 1963 Siemens
Siemens
FCE / ERC Westinghouse
1961/85 Shell,
UTC / IFC General
Electric Exxon
VARTA 1967-86 1962-66 1960-70
1959 Broers
Müller 1958-69
1922 Davtyan
Justi/Winsel 1946-71
1948/53

Bacon Baur Baur


1937 1910-44 1937

Reid Schottky
1902 Kohleverstromung Beutner 1935
Accumulato- Haber 1911
Mond/Langer Jacques renfabrik 1904
Schönbein 1889 1896 1897
1839 Westphal
Vergnes Becquerel 1880
Grove 1860 1855
1839/42
6

✄1.8 In einer Brennstoffzelle strömen Ausgangstoffe und Reaktionspro-


Heizwert Hu verschiedener dukte ständig zu und ab. Jede Zellreaktion mit ausreichend negativer
Brennstoffe (in MJ/kg) freier Enthalpie (freiwillige Reaktion) eignet sich. Der Brennstoff,
Wasserstoff 120,0
ein Reduktionsmittel wie Wasserstoff, gibt Elektronen an das An-
Methanol 19,5 odenmaterial ab; Elektronen fließen unter Arbeitsleistung durch den
Propan 46,3 äußeren Stromkreis zur Kathode und treffen dort auf das Oxidati-
Erdgas 44 onsmittel, üblicherweise Luftsauerstoff. ✄Abb. 1.9
Benzin 42,5
Das Brenngas ist Wasserstoff oder eine fossile Vorstufe davon. Die
1 MJ = 277,8 Wh elektrochemische Oxidation von Methan, Ethan, CO und Erdgas
(✄Kap. 2.3)
verläuft jedoch unterhalb 200 ◦C zu träge. Allenfalls Ammoniak
ließe sich in Niedertemperatur-Brennstoffzellen verstromen, wirft
aber Korrosionsprobleme auf. Das Oxidationsmittel ist Sauerstoff
oder Luft, könnte prinzipiell aber Chlor in einer Chlorknallgas-

Brennstoffzelle“ sein.
Als Reaktionsprodukt wird Wasser je nach Brennstoffzellentyp an-
odisch oder kathodisch gebildet. Die Ausschleusung im realen Be-
trieb ist keineswegs einfach.
✄1.9 Zellreaktionen aktueller
Brennstoffzellentypen

V +

Anode Elektrolyt Kathode

AFC 30% Kalilauge


80°C
Wasser

PAFC konz. Phosphorsäure


200°C
Wasser

PEFC Protonenleitende Membran


80°C
Wasser

MCFC Alkalicarbonatschmelze
650°C
Wasser

SOFC Zirkoniumdioxid
1000°C
Wasser Wasser
7

1.3 Zellkomponenten
✄1.10 Prinzip der Gasdiffusions-
Kernstück der Brennstoffzelle sind die Gasdiffusionselektroden, elektrode
die eine möglichst große Dreiphasengrenze zwischen Elektrokata- Grobporige Feinporige
lysator, Elektrolyt und Gasraum herstellen sollen. ✄Abb. 1.10 Schicht
Die poröse Gaselektrode3 — Doppelporenelektrode oder Doppel-
Skelett-Katalysator-Elektrode — trägt zur Elektrolytseite hin klei-
nere Poren als zum Gasraum. Kapillarkräfte fixieren den flüssi-
gen Elektrolyt in den kleinen Poren; denn es bedarf eines höheren
Druckes, um das Gas durch die engen statt weiten Poren zu drücken.
Ein dünner Elektrolytfilm kriecht auf die Wände der gasseitig großen größte Stromdichte

Poren; dort herrscht die größte Stromdichte. Denn je dünner der


Elektrolytfilm im Abstand x vom Meniskus wird, umso kleiner ist
der Diffusionsweg des Gases zur Elektrodenoberfläche; aber umso
größer ist der Elektrolytwiderstand wegen des längeren Stromweges
durch die Pore.
Bereits F. T. BACON setzte zweilagiges Sinternickel mit ca. 30 µm großen
Gas Elektrode Elektrolyt
Poren zur Gasseite und 16 µm-Poren zum alkalischen Elektrolyten ein.
Poren mit konstantem Querschnitt würde der Elektrolyt fluten; Gasblasen
könnten ins Elektrodeninnere dringen und Elektrolyt austragen. ✄Abb. 1.11
Die frühere Januselektrode4 besteht aus drei Schichten: an die grob- ✄1.11 Doppelporenelektrode nach
porige Gasleitschicht fügt sich eine grobporige Arbeitsschicht und F.T. BACON
elektrolytseitig die feinporige Deckschicht. Bei flüssigen Elektroly-
ten wird die Arbeitsschicht hydrophobisiert.
Die Fixed-Zone-Elektrode (U NION C ARBIDE 1965) besteht aus ei- Gas Elektrolyt
ner benetzbaren Kohleschicht (Elektrolytseite), die mit dem Elek-
trokatalysator imprägniert ist; es folgen mehrere zunehmend hy-
drophobisierte Kohleschichten und eine wasserabweisende Sinter- Katalysator
nickelschicht.
Gestützte Elektroden geben dünnen Elektroden und Membranen grobe Poren feine Poren
großflächigen Halt durch Metall- oder Kunststoffnetze. Aktivkohle
und Metalloxide können mit PTFE als Binder pastös auf ein Nickel-
netz aufgestrichen werden.
Membran-Elektroden-Einheiten (MEA, ✄Abb. 1.12) tragen zwei
✄1.12 Membran-Elektroden-
poröse Elektroden mit Katalysatorschicht direkt auf einer 100 µm Einheit
dünnen Festelektrolytschicht. Sie sind Stand der Technik in PEM-
Brennstoffzellen. Der Katalysator wird im Siebdruck aufgebracht.
Brennstoffzellenaggregate ( Stacks“) aus mehreren Einzelzellen er-
+
” H2 PEM O2
fordern zusätzlich korrosionsstabile Bipolarplatten zwischen den
angrenzenden Gasräumen. PEM-Brennstoffzellen nutzen Metall-
oder Grafitplatten, die eingefräste Strömungskanäle für eine
gleichmäßige Gasversorgung des Elektrodenquerschnitts tragen.

3 Poröse Elektroden bieten kleine Diffusionswege und dichte Dreiphasenlinien


Gas–Elektrolyt–Elektrode. Der Elektrolyt dringt nur teilweise in die Poren ein.
4 Nach dem doppelgesichtigen römischen Gott des Tordurchgangs, Schützer des
Ein- und Ausganges, des Anfangs und Endes.
8

✄1.13 Brennstoffzelle mit Ein Separator — als dünne, semipermeable = halbdurchlässige


Separator (Elektrolytraum) und
Trennwand – verhindert den elektrischen Kurzschluss der Elektro-
Abstandshaltern (Gasräume).
Bipolarplatten trennen die den und dient zur Speicherung des Elektrolyten. ✄Abb. 1.13
Einzelzellen im Stack.  Isolierende Matrixmaterialien aus porösen keramischen oder po-
lymeren Werkstoffen fixieren flüssige Elektrolyte durch Kapil-
larkräfte. Das frühere Asbestpapier wurde durch keramische Fa-
H2 + Sep. O2
sergewebe (z. B. aus Zirconiumdioxid) und Polymere ersetzt, die
zum Beispiel durch ein Foliengießverfahren hergestellt werden.
✄Abb. 1.14

 Ionenaustauschermembranen wie Nafion R separieren nach der
Ionengröße: kleine Ionen passieren, große werden zurückge-
halten. Eine Protonenaustauschermembran (PEM) transportiert
praktisch nur Protonen und sperrt alle anderen Ionen.
 Gelartige Elektrolyte enthalten ein poröses Absorptionsmittel
(Aluminiumoxid, Siliciumdioxid, Polyethylenoxid usw.), das die
ionenleitende Lösung aufsaugt. Je nach Elektrolytgehalt dick-
flüssig bis pastös, wird das Gel auf die Elektroden aufgestrichen.
Als Abstandshalter (Spacer) in den oft nur Millimeter dünnen
Gasräumen zwischen Elektroden und Bipolarplatte dienen Lochnet-
ze aus PTFE. Moderne Brennstoffzellen verfügen über ausgeklügel-
te Strömungsplatten.

✄1.14 Keramikfolien für


Brennstoffzellen mit flüssigen
Elektrolyten.

Hydrophile Komponente Polymerkomponente Additive


ZrO2 u.a. PSU, PES Porenbildner etc.

Rakelverfahren

Paste Rakel

Homogenisieren
Paste

Foliengießen

Trocknen

Verfestigung
Substrat
100 µm
Nachbehandlung

Polymer-Keramik-Diaphragma
9

1.4 Verstromung von Flüssigbrennstoffen

Luftatmende Brennstoffzellen und regenerative Zellen verstromen ✄1.15 Prinzip eines Füllelements
flüssige Brennstoffe direkt. In einem Füllelement5 wird der anorga-
⊖ Zweiphasenanode
nische oder organische Brennstoff von der porösen Elektrodenrück-
seite zugeführt oder ist im Elektrolyten gelöst (✄Abb. 1.15). Einfach ⊕ Luftkathode
und preiswert ist das Füllelement nachfüllbar, doch die Leistungs-
dichte ist gering wegen des großen Brennstoffvolumens gegenüber ✛ Luft
der Elektrodenfläche. Das Oxidationsmittel ist Luft, Salpetersäure
(saure Zellen) oder Wasserstoffperoxid (alkalische Zellen). Für al-
kalische Elektrolyte eignen sich platinierte Nickelanoden und Ka-
thoden mit Silberkatalysator. Die reversible Zellspannung liegt bei
allen Brennstoffen um 1–1,2 V.
Die Ameisensäure-Brennstoffzelle ist nicht CO2 -empfindlich6; im ✄1.16
Gegensatz zur alkalischen Formiat-Brennstoffzelle, deren Zellreak- Flüssigbrennstoffe
tion außerdem Lauge (OH⊖ ) verbraucht. An Platinelektroden läuft
Methanol CH3 OH
die Oxidation der Ameisensäure über adsorbierte Zwischenstufen,
Ethylenglycol
an Palladium hingegen direkt und schnell. Theoretische Energie- HO-CH2 CH2 -OH
dichte: 2086 Wh/ℓ . Zellspannung (1,23 – 0,19) V = 1,04 V. Formaldehyd HCHO
+2 +4
⊖ Anode H COOH −→ CO2 + 2 +2 H⊕ e⊖ O
||
⊕ Kathode 1/ O + 2 H⊕ + 2 e ⊖ ⇋ H2 O Ameisensäure H−C−OH
2 2
HCOOH + 1/2 O2 −→ CO2 + H2 O Kaliumformiat HCOO⊖ K⊕
H H
Die Hydrazin-Brennstoffzelle besticht mit einer Energiedichte von \ /
Hydrazin N−N
3850 Wh/kg, doch ist der Brennstoff giftig und krebserregend. / \
H H
⊖ Anode N2 H4 + 4 OH⊖ −→ N2 + 4 H2 O + 4 e⊖ Ammoniak NH3
⊕ Kathode O2 + 2 H2 O + 4 e⊖ ⇋ 4 OH⊖ Pflanzenöle und -ether
N2 H4 + O2 −→ N2 + 2 H2 O
Die Direkt-Methanol-Brennstoffzelle (DMFC) (✄Kap. 5) nutzt im
Prinzip die Verbrennungsenthalpie des Methanols von 726 kJ/mol =
6300 Wh/kg = 4690 Wh/ℓ .
⊖ Anode CH3 OH + H2 O −→ CO2 + 6 H⊕ + 6 e⊖
⊕ Kathode 3/ O + 6 H⊕ + 6 e⊖ ⇋ 3 H O
2 2 2
CH3 OH + 3/2 O2 −→ CO2 + 2 H2 O
Die Amalgam-Luft-Brennstoffzelle birgt die Toxizität des Queck- Chloralkali-Elektrolyse
silbers. Als Ersatz des Zersetzers in der früheren Chlor-Alkali- Beim früheren Amalgamverfah-
ren entsteht durch Elektrolyse
Elektrolyse (Amalgamverfahren) sollte die Natronlaugeproduktion von Kochsalzlösung an einer
Strom statt Wasserstoff als Beiprodukt erzeugen; doch Investitions- Quecksilber-Bodenkathode ein
und Betriebskosten zehrten den Vorteil auf [12]. Flüssiger Brenn- Natriumamalgam, das mit Wasser
stoff ist hier Natriumamalgam. anschließend exotherm zu Natron-
lauge und Wasserstoff zersetzt
⊖ Anode Na(Hg) −→ Hg + Na⊕ + e⊖ |·4 wird. Diese Reaktionswärme
⊕ Kathode O2 + 2 H2 O + 4 e⊖ ⇋ 4 OH⊖ wollte man elektrisch nutzen. An
der dimensionsstabilen Titanan-
4 Na + O2 + 2 H2 O −→ 4 NaOH ode (DSA) entsteht Chlor. Beim
heutigen SPE-Membranverfahren
5 Nasszelle, im Gegensatz zum Trockenelement. werden Sauerstoffverzehrkathoden
6 Alkalische Lösungen absorbieren CO unter Bildung von Carbonat. zur Energieeinsparung eingesetzt.
2
10

✄1.17 Die direkte Verstromung von Metallhydriden, z. B. Natrium-


Katalysatoren borhydrid in 30-%iger, wässriger Lösung, vermeidet den Umgang
mit Wasserstoffgas. Reversible Spannung: [(0,4−(−1,24)] V = 1,64
Anode
Nickel V; spezifische Energie: 9300 Wh/kg.
Kupfer
Platin
⊖ Anode BH⊖4 + 8 OH
⊖ ⇋ BO⊖ + 8 e⊖ + 6 H O
2 2
Palladium ⊕ Kathode O2 + 2 H2 O + 4 e ⇋ 4 OH⊖
⊖ |·2
Nickelborid Ni2 B BH⊖ 4 + 2 O 2 ⇋ BO ⊖
2 + 2 H 2 O
Kathode
Praktisch werden Leerlaufspannungen von 0,8 bis 1,26 V und
Silber/Nickel
Platin/Kohle Leistungen bis 0,2 W/cm2 erreicht. Die anodische 8-Elektronen-
Mangandioxid MnO2 Oxidation erfordert Goldelektroden; an anderen Materialien (✄Tab.
Hydrolyse 1.17) laufen partielle Oxidation und Wasserstofffreisetzung ab.
Platin/Kohle Die Lösung ist bei pH 14 unter Stickstoffatmosphäre etwa ein Jahr
Platin/LiCoO2
Ruthenium-Nanocluster lang haltbar. In neutraler Lösung und in Gegenwart eines Katalysa-
CoCl2 ·6 H2 O, Co2 B tors findet Hydrolyse in Metaborat und Wasserstoff statt:
R ANEY-Nickel und Cobalt
NaBH4 + 2 H2 O → NaBO2 + 4 H2

1.5 Kohleverstromung

✄1.18 Die Direktverstromung von Kohle, dem wichtigsten Primärrohstoff


Geschichte der des 19. Jahrhunderts, gelingt bis heute nicht befriedigend. Die
Kohleverstromung Direkt-Kohle-Brennstoffzelle stellt sich dazu als Knallgaszelle her-
1855 A.C. und A.E. B ECQUE - aus. Kohlenstoff wird nicht durch den Anodenstrom zu Carbonat
REL: ein Kohlestab in Natrium- oxidiert, sondern in einer vorgelagerten chemischen Reaktion mit
nitratschmelze; ein Platin- oder dem schmelzflüssigen Elektrolyten, wobei Wasserstoff entsteht [5].
Eisentiegel als Gegenelektrode.
Ein ähnlicher CE-Mechanismus erklärt die Direktverstromung von
1896 W. W. JACQUES : Brenn-
stoffzellen für Schiffsantriebe CO und Generatorgas.
(bis 100 V und 1,5 kW): KOH- Anode
Schmelze mit Reinkohleanode
und Einblasen von Luft am
Chemische Reaktion C + 2 OH⊖ + H2 O ⇋ CO2⊖
3 + 2 H2
Gefäßboden (Eisenkathode). Elektrochem. Oxidation 2 H2 + 4 OH⊖ ⇋ 4 H2 O + 4 e⊖
1897 C. L IEBENOW, L. S TRAS - C + 6 OH⊖ ⇋ CO2⊖
3 + 3H2 O + 4e

SER (Accumulatorenfabrik AG, Kathode
später VARTA AG): Potentialmes- Elektrochem. Reduktion O2 + 2 H2 O + 4 e⊖ ⇋ 4 OH⊖
sungen an Kohle und Eisen in
C + O2 + 2 OH⊖ ⇋ CO2⊖ 3 + H2 O
KOH-Schmelze.
1904/6 F. H ABER et. al. [5]: Me- Kohlenstoff löst sich mit der Zeit in Alkalischmelzen auf. Der
chanismus der Kohleverstromung; Ascheanteil der Kohle und Carbonat verunreinigen den Elektroly-
Temperatur- und Druckabhängig-
keit der Zellspannung an
ten. Die beständige Zufuhr möglichst reiner Kohle in die Zelle ist
beidseitig mit Platin oder Gold technisch nicht trivial.
beschichteten Glasfritten. Passives Eisen und Platin bilden wohldefinierte Sauerstoffelektro-
1918-20 K. A. H OFMANN: Direkt- den, besonders in Gegenwart kleiner Mengen Manganat, die früher
verstromung von CO am Kupfer-
blech in Alkalilauge mit Platin- als Verunreinigung im Kaliumhydroxid enthalten waren.
Luft-Elektrode. Moderne Hochtemperaturbrennstoffzellen zur Verstromung fossiler
Energieträger werden in späteren Kapiteln ausgeführt.
11

1.6 Biologische Brennstoffzellen

Biologische Brennstoffzellen nutzen Organismen oder Enzyme als ✄1.19 Biologische Brennstoffzelle
mit Festelektrolytmembran
Biokatalysatoren für stromliefernde Redoxprozesse. Die Natur lässt
Wasserstoff nicht explosionsartig verpuffen. Die Atmungskette lie- ⊖ ⊕
fert mit 1,135 V nahezu perfekt das Potential einer Knallgaszelle
[27]. Wasserstoff ist im Körper an reduzierte Coenzyme7 gebunden.
Die Redoxsysteme NAD/NADH, FMN/FMNH2 , Ubichinon, Cyto- Bakterien O2

chrome (b, c, und a) übertragen H2 kaskadenartig auf Luftsauerstoff. CO2 H⊕


Die Nutzenergie von 219 kJ/mol dient zum Aufbau von drei Mol
ATP, der Energiewährung der Säugetierzelle.
Mikrobielle Brennstoffzellen ernten Elektronen aus dem Bakte-
rien-Stoffwechsel. H-Akzeptor kann NAD sein. ✄Abb. 1.19/20
⊖ Anode H2 ·[Akzeptor] ⇋ 2 H⊕ ·[Donator] + 2 e⊖
⊕ Kathode O2 + 4 H ⊕ + 4 e ⊖ ⇋ 2 H2 O
oder [Fe(CH)6 ]4⊖ + e⊖ ⇋ [Fe(CN)6 ]3⊖ ✄1.20 Coenzyme wasserstoff-
übertragender Enzyme
BH⊖4 + 2 O2 ⇋ BO⊖2 + 2 H2 O O NH2
 Zugesetzte Redoxmediatoren übertragen Elektronen von der C
NH2 N
N

nichtleitenden Bakterienzellwand auf die anodische Membran N+ N N


O O
(✄Tab. 1.21). Bakterien wie Pseodomonas aeruginosea erzeu- CH2 O P O P O CH2
OH HO O
gen selbst Phenazine und Shewanella oenidensis Chinone. O
OH OH

 Der direkte Elektronentransfer funktioniert bei Bakterien (Geo- OH OR

bacter, Shewanella, Rhodoferax) mit Transportproteinen. Cyto-


NAD (R = H), NADP (R = PO(OH)2 )
chrom P450 ist eine Enzymfamilie, die C–H-Bindungen oxidiert.
Die proteingebundenen Eisenzentren übertragen Elektronen eher
durch den Tunneleffekt8 als durch Ligandenaustausch. ✄1.21
Desulfuromonas-Bakterienerlauben die Stromerzeugung im Meer
Redoxmediatoren
[25]. An einer Grafitanode im sauerstoffarmen Meeresboden oxidie-
ren sie organische Nährstoffe; daneben reagiert mikrobiell erzeugter Phenazine (Neutralrot, Safranin)
Schwefelwasserstoff abiogen zu Schwefel. An der Kathode im frei- Phenothiazine (Methylenblau u.a.)
Phenoxazine
en Meerwasser wird Gelöstsauerstoff reduziert. Die Leistung beträgt
Chinone
nur 3 bis 5 Milliwatt. Desulfovibrio desulfuricans reduziert Sulfat
Ferrocen
SO2⊖ ⊕
4 + 8H + 8e ⇋ S
⊖ 2⊖ + 4 H O (E 0 = –0,22 V). Als An-
2 [Fe(CN)6 ]4⊖
odenmaterial eignet sich Wolframcarbid (WC). Lepothrix discopho-
ra vollbringt die mikrobielle Sauerstoffreduktion; das aus Mn(II)
entstehende MnO2 kann elektrochemisch wieder reduziert werden.
Enzymatische Brennstoffzellen nutzen Enzymelektroden. Auf ✄1.22
leitfähigen Polymeren, Hydrogelen oder Kohlenstoffnanoröhrchen
Enzymelektroden
immobilisierte Enzyme erlauben den Bau von Brennstoffzellen oh-
ne Membran. Das Enzym kann durch einen redoxaktiven, heterozy- Anode
Dehydrogenasen
klischen Osmium(II/III)-Komplex direkt an die Elektrode gebunden (für Lactat, Alkohol, Glucose)
werden (engl. tethering = Anbinden). ✄Tab. 1.22 Oxidasen (für Glucose)
7 Coenzym: an ein Enzymprotein gebundene niedermolekulare Substanz, die den Kathode
Transport von Elektronen, Protonen oder Molekülgruppen bewerkstelligt. Oxidasen (für Cytochrom, Bilirubin)
8 Tunneleffekt: Elektronentransport durch eine Energiebarriere, ähnlich wie beim Peroxidasen
Ladungsdurchtritt durch die elektrochemische Doppelschicht. Oxidoreduktasen (Laccase)
12

Eine Glucose atmende Brennstoffzelle zur Energieerzeugung im


menschlichen Blut ist grundsätzlich möglich. Kinetische Hemmun-
gen verhindern die vollständige Oxidation bis zu CO2 und Wasser.
D -Glucose −→ Gluconolacton + 2 H⊕ + 2 e⊖

1.7 Redoxprozesse in Lösungen

✄1.23 Redoxzellen nutzen Metallionen, die in mehreren Oxidationsstufen


Historische Redoxzellen vorkommen und in wässriger Lösung Redoxreaktionen eingehen.
Der elektrochemischen Stromerzeugung folgt eine chemische Rück-
1912 W. N ERNST (DRP 264026,
DRP 264424): mehrwertige Ionen
oxidation bzw. -reduktion außerhalb der Zelle mit Sauerstoff und
(Ti, Tl, Ce) in saurer Lösung Wasserstoff. Eine Redoxreaktion mit z Elektronen liefert theoretisch
werden mit Sauerstoff und Was- die elektrische Ladung z·96485 As/mol = 26,8 Ah/mol.
serstoff oxidiert bzw. reduziert.
1955/8 E. K. R IDEAL und Mit-
Anode
arbeiter erforschen Redoxzellen, Elektrochem. Oxidation Ce2⊕ ⇋ Ce4⊕ + 2 e⊖
finden aber kein schnelles Redox- Chemische Reduktion H2 + Ce4⊕ ⇋ Ce2⊕ + 2 H⊕
system für eine Brennstoffzelle.
Kathode
Elektrochem. Reduktion Ce4⊕ + 2 e⊖ ⇋ Ce2⊕
Chemische Oxidation + Ce2⊕ 1/ O
+ H2 O ⇋ Ce4⊕ + 2 OH⊖
2 2
H2 + 1/2 O2 ⇋ H2 O
Der Elektrolyt durchströmt beide Hälften einer durch ein Diaphrag-
ma geteilten galvanischen Zelle. Die Leistungsdichte dieser indirek-
ten Knallgaszellen ist leider gering. Redoxaktive Metalloxide wie
RuO2 und IrO2 in Doppelschichtkondensatoren liefern kurzzeitig
Leistungsdichten von 1–10 kW/kg [23]. Die Eignung für Brenn-
stoffzellen steht Platinkatalysatoren nach.
OH
✄1.24 Redoxvorgänge von OH Rutilgitter

Rutheniumdioxid in wässriger OH Ru
Lösung OH
OH
Ru IV
OH
OH O
OH
OH
III
Ru
OH
OH
OH
OH a = b = 449.2, c = 310.7, Ru(IV) 67 pm, O 132 pm

O O H O
M M O M O H
O O H OH
M H
M O M O H
O H
O OH
M H
M O M O H
O O H OH
M Dissoziative M H Verschiebung
O
Adsorption
O M H
O O H OH
M H
M O M O H
O O H OH
M M H
O M O H
O O H OH
13

1.8 Stationäre Brennstoffzellensysteme

Stationäre Brennstoffzellensysteme konkurrieren mit Dieselgene- ✄1.25 Systemwirkungsgrade für


Erdgas (GEC Alsthom)
ratoren und Gasturbinen; sie ergänzen diese sinnvoll und mit ho-
hen Wirkungsgraden im Bereich von Kleinanlagen und der dezen- η/%
tralen Energieversorgung (Kraft-Wärme-Kopplung). Die Leistung 70
✻ SOFC
und Zuverlässigkeit kombinierter Gas- und Dampfturbinenkraftwer- 60
ke (GuD) für die zentrale Stromerzeugung müssen Hochtemperatur- 50
MCFC GuD
Brennstoffzellen (MCFC, SOFC) noch erweisen. ✄Abb. 1.25 PEM DT
40 GT
Die technische Stromerzeugung erfordert eine Peripherie aus PAFC
30
Gas- Gas- und
Gasaufbereitung, Prozesstechnik, Abwärmenutzung und Betriebs- 20 motor Dampfturbine
elektrik (✄Abb. 1.26). Die Reinheitsanforderungen an das Brenn- 10
gas zwingen zur Entstaubung, Entschwefelung und Entfernung von ✲
Halogenverbindungen und kondensierbaren Kohlenwasserstoffen. kW MW GW
Anlagenleistung
Wasserstoff als Brenngas ist heute noch fossiler Herkunft; er wird
durch Dampfreformierung, partielle Oxidation oder Cracken aus
schwefelarmen Kohlenwasserstoffen oder Methanol erzeugt. Die ✄1.26 Brennstoffzellensystem
Explosion des Luftschiffes LZ 129 Hindenburg“ beim Landean-
” Brennstoff
flug auf Lakehurst N. Y. im Jahr 1937 schürte das Unbehagen gegen
die Wasserstofftechnik, obgleich Unfälle mit Kerosin und Benzin ❄
nicht weniger spektakulär verlaufen. Wasserstoff wird heute flüssig ✲ Gasprozess- ✲ Abgas
und in Druckgasflaschen gespeichert. Hydride und Kohlenstofffa- technik
sern arbeiten noch nicht ausreichend reversibel und schnell. Aus Si-

cherheitsgründen können Roboter Wasserstoff aus Zapfsäulen tan- ✛ Luft
Brennstoff-
ken, was im Flottenbetrieb von Bussen erfolgreich erprobt wur- zelle ✲ Strom
de. Die Umrüstung der bestehenden Tankstelleninfrastruktur ver-
schlingt Milliarden Euro. Umso mehr besteht der Wunsch, Wasser- ❄
stoff bei Bedarf aus preiswerten Vorstufen wie Methanol zu erzeu- Abwärme-
gen (✄Kapitel 4 und 10). nutzung

Ein regeneratives Energiesystem9 vereinigt Brennstoffzellen und



Restbrennstoff
Elektrolyseure im Verbund oder dieselbe elektrochemische Zelle Wärme
wird bifunktional betrieben. Solarstrom soll langfristig Elektroly-
sewasserstoff flächendeckend bereitstellen. Solarkraftwerke in den
Wüsten Afrikas und supraleitende Kabel zum Stromtransport nach ✄1.27
Europa bleiben noch fantastische Zukunftsvision.
Energiespeicher
Energiespeicher. Der zunehmende Anteil von Wind- und Solar-
energie an der Energieversorgung gefährdet die Netzstabilität. Im Mechanische Speicher
Pumpspeicher, Schwungrad,
Februar 2008 fielen durch eine 9-tägige Windstille 540 GWh Druckluft
im VATTENFALL-Hochspannungsnetz aus. Insbesondere Pumpspei- Elektrische Speicher
cher gleichen in Deutschland etwa 7 GW Überproduktion und Last- Batterien, Kondensatoren,
spitzen für 4 bis 8 Stunden aus. Für kleine Leistungsschwankun- Magnetspulen
gen im Tagesrhythmus eignen sich Batteriespeicher.10 Der saisona- Thermische Speicher
le Ausgleich großer Energiemengen mit Wasserstoff als chemische Erdwärme
Warmwasser (Solarthermie)
Speicherform setzt eine funktionierende Brennstoffzellentechnik im
Latentwärme-Speicher
MW-Maßstab voraus. ✄Tab. 1.27
Chemische Speicher
9 RFCS = Regenerative Fuel Cell System. Wasserstoff, Methan, Methanol
10 z. B. B EWAG-Speicher für West-Berlin mit Bleibatterien, 1180 V (1986-1995).
14

1.9 Mobile Anwendungen

Mobile Brennstoffzellen für tragbare Elektronik und Fahzeugan-


triebe konkurrieren mit Akkumulatoren; sie bieten jedoch schnel-
le Wiederauffüllbarkeit, nahezu unbegrenzte Kapazität, eine lang-
fristig günstige Kostenentwicklung und die Nutzung von regenera-
tiv erzeugtem Wasserstoff. Für die Bremsenergierückgewinnung in
Fahrzeugen sind Brennstofzellen-Batterie-Hybride notwendig.
✄1.28 Mikrobrennstoffzelle Mikrobrennstoffzellen [11]. Tragbare Brennstoffzellen als
Batterieersatz für Mobiltelefone, Computer und Medizingeräte
⊕ ⊖ ⊕ ⊖
O2 H2 O2 H2 befinden sich in Entwicklung. Fotolithografisch hergestellte
PEM PEM Brennstoffzellen-Chips bestehen aus einem p-dotierten Silicium-
träger mit einer etwa 0,5 µm dünnen SiO2 -Isolationsschicht, in
H O2
die mit Flusssäure Strukturen geätzt werden. Stromableiter aus
112
Titan/Gold und Elektroden aus Platin/Ruthenium werden durch
Elektronenstrahlverfahren aufgebracht, ✄Abb. 1.28. Für kommer-
O2 H2 zielle Anwendungen sind insbesondere Mikro-Direktmethanol-
Brennstoffzellen interessant. Die Miniaturisierung verspricht
gegenüber herkömmlichen Batterien riesige Energiedichten. Die
H2 O2 Herstellung zuverlässiger Systeme gestaltet sich jedoch schwierig.
Hybridstromquellen sind Kombinationen aus Brennstoffzellen mit
Batterien oder Superkondensatoren. Bei schnellen Lastwechseln lie-
fert die Brennstoffzelle große Stromspitzen, die eine Absicherung
des Verbrauchers gegen Überströme erforderlich machen. Nimmt
der Verbraucher pulsartig keine Energie ab, speist die Brennstoff-
zelle Überschussleistung in die trägere Batterie – was zu Lasten der
Lebensdauer des Hybridsystems geht. ✄Abb. 1.29
✄1.29 Parallelschaltung aus Militärische Brennstoffzellen sollen als tragbare Stromversorgung
Brennstoffzelle und Batterie: wenige Tage befristete Missionen unterstützen. Im Hinblick auf
Strom-Spannung-Kurve
Wärmeabstrahlung, Geräuschpegel, Tauglichkeit in großer Höhe
und Sicherheit des Brennstoffs zeigt die DMFC11 Vorteile ge-
genüber PEM und SOFC-Systemen12. Als Brennstoffe wurden Was-
Spannung

serstoff (u. a. aus Natriumborhydrid), Methanol und Propan/Butan13


erprobt. Mit Luft betriebene Zellen sind nicht unter Wasser einsetz-
Sp

0
bar und neigen zur Vergiftung der Elektroden durch Verunreinigun-
m
Entladestrom

gen auf dem Gefechtsfeld. Visionäre Projekte zielen auf Brennstoff-


Batterie
zellen, die schwefelhaltigen Diesel verstromen.
In Antriebssystemen für Automobile und Busse dominieren mit
Wasserstoff betriebene PEM-Brennstoffzellen. Die Wasserstoffer-
Brennstoffzelle
zeugung aus Erdgas an Bord gestaltet sich aufwendig. Die Wasser-
Zeit stoffversorgung aus Druckgasflaschen herrscht aus ökonomischen
Gründen vor. Weltweit gab es 2006 bereits 140 Wasserstofftankstel-
len. Brennstoffzellen werden auch als Hilfsenergie-Aggregrate14 für
die Bordnetzversorgung in Automobilen erprobt.
11 z. B. Direkt-Methanol-Brennstoffzelle von SFC S MART F UEL C ELL
12 z. B. mit Propan betriebene SOFC von A DAPTIVE M ATERIALS Inc. (AMI), USA
13 LPG = liquefied petroleum gas
14 Auxiliary Power Unit (APU)
15

Flugzeuge mit Brennstoffzellen-Antrieb erfordern, anders als die ✄1.30 Antriebsleistung


für Fahrzeugantriebe
schnellen Lastwechsel beim Automobil, eine über lange Zeit gleich-
bleibende Leistung. 2003 betrieb A EROV IRONMENT Inc. in Kali- 1 ̺c Av 3
Luftwiderstand 2 w
fornien den ersten unbemannten Flugkörper mit PEM-Aggregat und
+ Rollwiderstand µmgv
Natriumborhydrid-Speicher. Passagierflugzeuge erfordern eine um
+ Beschleunigung mv dv
den Faktor 15 größere Leistungsdichte. dt
+ Anstieg mgv sin α
Die Entwicklung der Brennstoffzellentechnik zur Marktreife er-
fordert entscheidende Anstrengungen, um die Material-, Herstell- ̺ Dichte der Luft,
und Betriebskosten zu senken. Teure Edelmetallkatalysatoren und cw Widerstandsbeiwert,
A Aufrissfläche, v Geschwindigkeit,
Festelektrolyte, unbefriedigende Ausbeuten bei der Brennstoffre- m Masse, g Fallbeschleunigung,
formierung, mittelmäßige Leistungsdichte und die aufwändige Pro- α Winkel.
zesstechnik und Zellüberwachung fordern technisch-ökonomische
Lösungen, die vielleicht erst Mitte des Jahrhunderts bereit stehen.

✄1.31 Kombinierte Elektro-


1.10 Stromerzeugung mit Elektrosynthese synthese in wässriger Lösung

2 NO + 3 H2 → 2 NH2 OH + H2 O
Mit Hochtemperatur-Brennstoffzellen gelingt die gleichzeitige Nut- (in HClO4 , Glaswolle-Diaphragma)
zung von Elektrizität und Wärme. Die Herstellung von Chemikali- 2 SO2 + O2 + 2 H2 O → 2 H2 SO4
en neben der Stromerzeugung ist möglich, wenn mit dem Brenngas (in H2 SO4 , PEM)
weitere Reaktanden an die Gasdiffusionselektroden herangeführt H2 + O2 + OH⊖ → HO⊖
2 + H2 O
werden [11]. Bei industriellen Synthesen wie der Hydrodimerisa- (in Kalilauge)
tion von Acetonitril und der Alkalichlorid-Elektrolyse werden nen- 2 C2 H5 OH + O2 → 2 CH3 CHO +
nenswerte Energieeinsparungen erzielt. Elektrosynthesen erlauben 2 H2 O (in Schwefelsäure)
niedrigere Reaktionstemperaturen als die heterogene Katalyse. Benzol + 3 H2 → Cyclohexan
Alkene+H2 → Alkane (in HClO4 )
Brennstoffzellen mit wässrigen Elektrolyten können Verunrei-
nigungen aus Rauchgasen in Wertstoffe umwandeln, zum Bei- ⊖ Oxidation, ⊕ Reduktion
spiel Stickstoffmonoxid in Hydroxylamin für die Nylon-6-Synthese.
✄Tab. 1.32
PEM-Brennstoffzellen eignen sich an der Sauerstoffelektrode zur
✄1.32 Kombinierte Elektro-
reduktiven Elektrosynthese von Wasserstoffperoxid (aus Sauer- synthese in einer PAFC
stoff), Cyclohexylamin (aus Nitrobenzol) und Propanol (aus Pro-
penol). Auf der Wasserstoffseite entstehen von einer Wasserhülle Ethan+ 3/2 O2 → Essigsäure+H2 O
umgebene Protonen. Ethen + CO + H2 → Propanal
2 Ethen + O2 → Acetaldehyd
H2 → 2 H⊕ + 2 e ⊖ Propan + O2 → Aceton + H2 O
RCH=CHR′ + 2 H⊕ + 2 e⊖ → RCH2 CH2 R′ Toluol+O2 → Benzaldehyd+H2 O

Phosphorsaure Brennstoffzellen begünstigen elektrochemische


Oxidationen, z. B. die Synthese von Acetaldehyd, Aceton, Phenol
(aus Benzol) und Methylformiat (aus Ethanol). ✄Tab. 1.33 ✄1.33 Kombinierte Elektro-
synthese in einer SOFC
Festoxid-Brennstoffzellen (SOFC) erlauben interne Reformie-
rungsprozesse und Oxidationen, z. B. die Synthese von Cyanwasser- 2 H2 S + 3 O2 → 2 SO2 + 2 H2 O
stoff (aus Methan und Ammoniak), Styrol (aus Ethylbenzol); Ethen, 4 NH3 + 5 O2 → 4 NO + 6 H2 O
Ethan oder CO (aus Methan). An der Sauerstoffelektrode entstehen 2 CH3 OH+O2 → 2 HCHO+2 H2 O
2 CH4 +O2 → H2C=CH2 +2 H2 O
Oxidionen, die auf der Wasserstoffseite Wasser bilden. ✄Tab. 1.34
16

Literatur zu Kapitel 1

Historischer Überblick
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17

2 Thermodynamik und Kinetik


der Brennstoffzelle

Leistungsdaten und Betriebsverhalten einer Brennstoffzelle werden ✄2.1 C ARNOT’scher


Kraftmaschinenprozess
von der Thermodynamik und Kinetik der Elektrodenvorgänge be-
stimmt. Die numerische Berechnung des Zellgeschehens gelingt nur p ✻3
näherungsweise; die Praxis stützt sich auf empirische Messungen.

T3
Q zu
2.1 Stille Verbrennung
r4

Brennstoffzellen sind keine thermischen Maschinen, sondern galva- r Q ab


nische Elemente, die deshalb früher Brennstoffbatterien“ genannt 2 1

wurden. Sie wandeln die chemische Energie“ des Brennstoffs, d. ❄ T1 ✲
” Volumen V
h. die Änderung der Freien Enthalpie 1G einer elektrochemischen
Redoxreaktion in elektrische Energie um — ohne Umweg über 1→2: isotherme Kompression
Wärme. Die Wirkungsgrade erreichen theoretisch 100 %. 2→3: isentrope Kompression
3→4: isotherme Expansion
Es gibt keinen Kreisprozess und keine C ARNOT-Grenze wie bei 4→1: isentrope Expansion
Wärmekraftmaschinen (✄Abb. 2.1).1 Innere Energie wird nicht als H
Wärme auf ein Arbeitsmedium wie Wasser oder Dampf übertragen. Nutzarbeit W =− p dV
In einer Brennstoffzelle findet keine Verbrennung mit offener Flam- |W | T
Wirkungsgrad η = Q = 1− T1
zu 3
me und explosionsartigen Radikalreaktionen statt. Die elektroche-
mische Oxidation des Brennstoffes erfolgt vielmehr still“, solange T1 Umgebungstemperatur
” T3 obere Systemtemperatur
thermodynamisches Ungleichgewicht herrscht (1G < 0).
Die direkte Verbrennung eines Treibstoffes leistet unmittelbar kei-
ne nutzbare Arbeit; sie wird erst beim Übergang der freige-
setzten Wärme zur tieferen Temperatur verfügbar. Bei isotherm- ✄2.2
reversibler Reaktionsführung in einer Brennstoffzelle sind theore- Nutzenergie der
tisch 100 % der freien Reaktionsenthalpie nutzbar (✄Tab. 2.2); al- Knallgasreaktion
so ein grundsätzlicher Vorteil der Brennstoffzelle gegenüber dem 2H2 + O2 → 2H2 O
Verbrennungsmotor. Als Energieverluste in der Praxis treten auf:
die endliche Geschwindigkeit des Wärmeaustausches bei Verbren- Direkte Verbrennung
nungsmaschinen und Überspannungen bei der Brennstoffzelle. T − T0
W = 1H · T
Beispiel: Die Verbrennungswärme (Enthalpie) von Wasserstoff beträgt
1H = –285,83 kJ/mol bei 25 ◦ C. Diese Energie kann im Ver- (T0 = 298 K = 25 ◦ C)
brennungsmotor nur zum Bruchteil genutzt werden. ✄Abb. 2.5 100 ◦ C: 46,0 kJ/mol
Die Freie Reaktionsenthalpie der Knallgasreaktion von 1G 0 = 200 ◦ C: 84,6 kJ/mol
500 ◦ C: 140,4 kJ/mol
–237,13 kJ/mol wird theoretisch ohne Verluste in die Spannung
0 237,13 kJ/mol 1000 ◦ C:175,0 kJ/mol
E 0 = − 1G
z F = 2·96485 C/mol = 1,23 V umgesetzt. ✄Kap. 1.1 Brennstoffzelle

1 C ARNOT-Prozess: Ein ideales Gas erwärmt sich beim Verdichten und kühlt beim W = 1G = −z F E
Entspannen ab. Die Differenz von zu- und abgeführter Wärme leistet Nutzarbeit 25 ◦ C: 237,4 kJ/mol
(= Fläche zwischen den Kurven). ✄Abb. 2.1

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2016


P. Kurzweil, Brennstoffzellentechnik, DOI 10.1007/978-3-658-14935-2_2
18

2.2 Energiewandler

✄2.3 Magnetohydrodynamischer Neben Brennstoffzellen existieren weitere Energiewandler, die ohne


Generator Umweg über eine Verbrennung elektrische Energie erzeugen. Die


vE ✑
Direktumwandlung von Wärme und Strahlungsenergie in Elektri-
✑ zität liefert nur kleine Ströme. ✄Tab. 2.4

✛EE ✑
✑ 1. MHD-Generatoren (✄Abb. 2.3) nutzen die Gesetze der Hydro-

✑ dynamik im Magnetfeld. Fluide, die unter hohem Druck durch ei-

✑ ne Düse strömen, dissoziieren teilweise in Ionen. In Umkehrung
✑ BE

✑ der Elektroosmose baut sich ein Strömungspotential auf. Bei ho-
hen Temperaturen kommt die thermische Ionisierung hinzu, ein
Elektrisches Feld Plasma entsteht. Ein magnetoplasmatischer Generator arbeitet
EE = vE × BE bei 2300 ◦C mit einem Brenngas und Kaliumcarbonat als Ionisa-
L ORENTZ-Kraft auf eine Ladung tionshilfe. Der Teilchenstrahl im Rohr läuft durch ein senkrechtes
FE = Q (E E
v × B) Magnetfeld von 3 T, wobei sich positive Ionen und Elektronen
Leerlauf- und Klemmenspannung räumlich trennen und zwei Ableitelektroden quer zum Magnet-
U0 = E d = v B d feld zustreben. Zwischen den Ableitelektroden entsteht die Span-
U = U0 − R i I nung U . Der restliche heiße Gasstrahl (1200 ◦C) erzeugt über
Innenwiderstand einem Wärmetauscher Dampf für eine Turbine mit elektrischer
Ri = d/(κ A) Dynamomaschine.
2. Fotoelektrische Stromerzeugung mit Fotohalbleitern für sichtba-
A Elektrodenquerschnitt (m2 ) res oder UV-Licht, ionisierende, Röntgen- und γ -Strahlung.
B magnetische Flussdichte (T)
d Abstand der Elektroden (m) 3. Thermoelemente nutzen ein Temperaturgefälle, auch durch ra-
I Stromstärke (A) dioaktive Bestrahlung erzeugt. Die thermoionische Nuklidbatte-
Q elektrische Ladung (C)
v Strömungsgeschwind. (m/s) rie besteht aus 242 Cm2 O3 in einer Wolframkapsel (als Emitter,
κ Fluidleitfähigkeit (S/m) 1400 ◦C) zwischen Niobplatten (als Kollektor, 600 ◦C).

✄2.4 Energieumwandlung nach E.W. J USTI u.a. [29]


Mechanische Thermische Strahlungs- Elektrische Chemische
Energie Energie Energie Energie Energie
Mechanische Getriebe Reibungswärme Tribolumineszenz Generator ungelöst
Energie Kolbenpumpe Wärmepumpe Mikrofon
Wasserturbine Kühlschrank Piezoeffekt
Windkonverter Verdichter
Thermische Dampf- und Wärmetauscher Glühlampe Seebeck-Effekt endotherme
Energie Gasturbine Absorptions- Wärmestrahler thermoion. Diode Reaktion
kältemaschine MHD-Generator
Strahlungs- Radiometer Lichtabsorption Fluoreszenz Fotozelle Fotosynthese
energie Strahlungsdruck Solarkollektor Lichtleiter Nuklidbatterie Fotolyse
Kernspaltung
Elektrische Elektromotor Peltier-Effekt Leuchtstoffröhre Transformator Elektrolyse
Energie Elektroosmose Thomson-Effekt Spektrallampe Pumpspeicher- Elektrodialyse
elektromagn. Kran Elektroheizung Radiosender kraftwerk Akku (Laden)
Chemische Osmose exoth. Reaktion Chemolumineszenz Batterie chemische
Energie Muskel Verbrennung Leuchtkäfer Brennstoffzelle Reaktion
19

2.3 Zellspannung und Elektrodenpotential

Die theoretisch höchste, in der Praxis nicht erreichte enthalpische ✄2.5 Idealer Wirkungsgrad
von Brennstoffzelle und
oder thermoneutrale Zellspannung oder fiktive Heizwertspannung
Verbrennungsmotor
E th leitet sich vom Brennwert Ho (früher: oberer Heizwert“) ab.
” η/%
Das ist die Reaktionsenthalpie oder Verbrennungswärme des Brenn- 100

✻❳❳
H2 /O2 -Zelle
stoffes H2 , einschließlich der Verdampfungswärme von Feuchte und ❳❳
Produktwasser, bezogen auf die Temperatur 25 ◦C [25]. 80 ❳❳❳
❳❳
0
Ho = −1H = z F E th ⇒ E th = 1,48 V (2.1) 60
Produziert die Brennstoffzelle gasförmiges statt flüssiges Wasser,
40
wird der (früher: untere“) Heizwert Hu angesetzt; das ist die Reak-

tionsenthalpie abzüglich der nicht nutzbaren Verdampfungswärme 20 C ARNOT-Prozess
der Brenngase. (T1 = 25◦ C)

Hu = Ho − w · 1Hv (2.2) 0 250 500 750 1000 1250
Temperatur / ◦ C
Hu = z F E th ⇒ E th = 1,25 V (2.3)
1H 0 Verbrennungsenthalpie, S Entropie, T thermodynamische Temperatur,
w Wassergehalt (Massenanteil) des Brennstoffes (kg/kg),
Verdampfungsenthalpie von Wasser: 1Hv = 2442 kJ/kg = 44 kJ/mol (25 ◦ C).
✄2.6 Bildungsenthalpie und Entro-
Gleichung 2-2 gilt auch für spezifische und molare Größen. Die pie von Sauerstoff, Wasserstoff, Was-
Verbrennungsenthalpie hat ein negatives Vorzeichen (Energiefrei- ser: l = flüssig, g = gasförmig [1]
setzung), der Brennwert ist positiv; die Zahlenwerte sind gleich. Stoff 1H 0 1G 0 S0
Die maximale (elektrische) Nutzarbeit 1G liefert die Brennstoff- kJ kJ J
mol mol mol K
zelle im elektrochemischen Gleichgewicht. Die Abwärme durch die
Zellreaktion ist dann am kleinsten. Die reversible Zellspannung E O2 (g) 0 0 205,14
H2 (g) 0 0 130,68
oder Leerlaufspannung2 ist die Potentialdifferenz bei offenen Klem- H2 O(l) –285.83 –237,13 69,91
men, wenn kein äußerer Strom I fließt; sie entspricht der freien Re- H2 O(g) –241,82 –228,57 188,83
aktionsenthalpie 1G der Zellreaktion und ist aus thermodynami- 0 bedeutet: 25 ◦ C, 101325 Pa
schen Daten der Zellreaktion berechenbar. ✄Tab. 2.6, 2.7 und 2.12.
1G = −z F E bei I → 0 (2.4)
F FARADAY-Konstante (96485 C mol−1 ), G G IBBS ’sche Freie Enthalpie (J mol−1 ), ✄2.7
z Zahl der ausgetauschten Elektronen in der Redoxgleichung.
Enthalpie
Funktioniert die galvanische Stromquelle, dann ist 1G negativ, und
H =U + pV
die chemische Affinität A = −1G und Zellspannung E sind posi-
G IBBS ’sche Freie Enthalpie
tiv. Die mit einem hochohmigen Voltmeter messbare reversible Zell-
G = H−T S
spannung ist die Differenz der Elektrodenpotentiale.
Reversible Wärmeänderung
E = E Kathode − E Anode bei I → 0 (2.5) −1Q rev = 1G − 1H = T 1S
Die reversible Zellspannung unter Standardbedingungen (25 ◦C, Reversible Zellspannung
101325 Pa) ist die Differenz der Standard-Elektrodenpotentiale E ≡ 1E = − 1G zF
(Normalpotentiale) E 0 von Kathodenreaktion (Reduktion) und An-
Bei 25 ◦ C, 101325 Pa:
odenreaktion (Oxidation). 0
n m 1E 0 = − 1G zF
X X
1G 0 = G 0i (Produkte) − G 0i (Edukte) = −z F 1E 0 Standard-Entropieänderung
i=1 i=1 E0
1S 0 = z F ∂∂T
0 0
1E 0 = E Kathode − E Anode >0 (2.6) Standard-Reaktionswärme
 
E0
1H 0 = −z F E 0 − T ∂∂T
2 Ur-, Ruhespannung, Elektromotorische Kraft (EMK), Open Circuit Voltage (OCP)
20

Praktische Potentialmessung

✄2.8 Dreielektrodenanordnung aus Elektrodenpotentiale werden als Spannung einer Halbzelle3 ge-
Arbeits- (WE), Bezugs- (RE) und
gen eine Wasserstoffelektrode oder eine andere Bezugselektrode ge-
Gegenelektrode (CE)
messen. Will man die Vorgänge an einer stromdurchflossenen Elek-

✒ trode bei einer bestimmten Spannung untersuchen, stören die Ge-
I ♥

genelektrode und der ohmsche Spannungsabfall im Elektrolyten.
Das Elektrodenpotential wird daher hochohmig gegen eine Bezug-
E
selektrode gemessen, die mittels einer elektrolytgefüllten H ABER -
✟✟
✟ L UGGIN-Kapillare wenige Millimeter an die Arbeitselektrode her-
angeführt wird. In dieser Dreielektrodenanordnung fließt der Strom
I zwischen Arbeits- und Gegenelektrode; letztere möglichst sollte
✦✦
groß sein. Die gemessene Spannung E zwischen Bezugs- und Ar-
beitselektrode entspricht allein dem Elektrodenpotential (bezogen
✟✟ auf das Referenzpotential). ✄Abb. 2.8
✟ ✦✦
CE RE WE E(I ) = ϕ(I ) − ϕref (2.7)
Das Formelzeichen E bedeutet ein gegen eine Referenz gemessenes
Elektrodenpotential, d. h. eine Potentialdifferenz. ϕ ist das mangels
✄2.9 Normalwasserstoffelektrode Stromkreis nicht messbare absolute Potential.
Eine Bezugselektrode ist eine unpolarisierbare Elektrode, d. h. sie
H2
–0,409 V hat bei kleinen Strömen ein konstantes Gleichgewichtspotential ϕref .
2e–
 Die Normalwasserstoffelektrode (NHE)4 dient als interna-
tionales Bezugssystem für Elektrodenpotentiale: ein mit Wasser-
stoffgas umspültes platiniertes Platinblech in 1-aktiver Salzsäure5
Fe
Pt bei 25 ◦ C und 101325 Pa Luftdruck. Dem Elektrodenvorgang
Fe2+ H2 ⇋ 2H⊕ + 2e⊖ wird willkürlich das Potential Null6 zugeordnet,
a(HCl) = 1 und zwar für alle Temperaturen. Das Potential der NHE hängt von
Umgebungstemperatur, Säurekonzentration und Luftdruck (Wasser-
NHE Halbzelle
stoffpartialdruck bezogen auf den Normdruck p0 ) ab:
H2 ⇋ 2 H⊕ + 2 e⊖ RT 2
aH RT a ⊕

Fe2⊕ + 2 e⊖ ⇋ Fe 0
ϕNHE = ϕNHE + ln 0
= ln q H (2.8)
| {z } 2F pH2 / p F
0
p / p0 H2
✄2.10 Spannungsreihe Über eine halbdurchlässige Scheidewand wird das zu untersuchen-
Ł Ɛ
Ł
↑ Starke Reduktionsmittel de Redoxsystem an die Normalwasserstoff-Halbzelle angekoppelt
E 0 < 0: unedel (✄Abb. 2.9). Definitionsgemäß wird das Redoxsystem als Redukti-
Anode: Oxidation, Minuspol onsgleichung formuliert, auch wenn es Elektronen abgibt:
K, Na, Mg, Al, Ti, Zn, Fe, Sn...
Oxidierte Stoffe + Elektronen ⇋ Reduzierte Stoffe
0 Wasserstoff 0
Das Normalpotential E 0 = ϕ 0 − ϕNHE ist unabhängig von Stöchio-
↓ Milde Reduktionsmittel: metriekoeffizienten. Reduktionsmittel, z. B. das unedle Eisen, geben
Ź
Sn2⊕ , H2 SO3 , H2 O2 /O2
Hydrochinon, Fe2+/3+ , HNO2
Elektronen ab und laden sich deshalb negativ gegen die NHE auf
M   (E 0 < 0). Oxidationsmittel, z. B. das edle Kupfer, haben ein positi-
↓ Milde Oxidationsmittel:
Cu2+ , Ag+ , NO−
ves Normalpotential, weil sie Elektronen aufnehmen. ✄Tab. 2.10
3
3 Halbzelle = Elektrode + Elektrolyt
↓ Starke Oxidationsmittel
4 engl. Standard Hydrogen Electrode (SHE). IUPAC-Empfehlung seit 1982 ist:
E 0 > 0: edel
Kathode: Reduktion, Pluspol p(H2 ) = 105 Pa als Normdruck. E 0 (101325 Pa) = E 0 (105 Pa) + 0,17 mV
− 5 Molalität b(H⊕ ) = 1,184 mol/kg entspricht der Aktivität a (HCl) = 1.
Ag+ , O2 , Cr2 O2−
7 , MnO4 ±
6 1G 0 = 868 kJ/mol entspricht eigentlich ϕ
HOCl, PbO2 , H2 O2 , S2 O2− NHE = 1G/(2F) = 4,44 V.
8 ⊕ 0 0 0
Konvention für Haq in Lösung: S = 1Hf = 1G f = 0
ź
21

Für Routinemessungen ist die NHE zu aufwändig. Stattdessen wer- ✄2.11 N ERNST-Gleichung
den Elektroden 2. Art“ eingesetzt, bei denen ein Metall, gelöste
” Wasserstoffelektrode
Metallionen und ein schwerlösliches Salz im Gleichgewicht stehen.
 Die Silber-Silberchlorid-Elektrode besteht aus einem Silber- (Ox) 2H⊕ + 2e⊖ ⇋ H2 (Red)
draht, der sich beim Eintauchen in Salzsäure und Aufschalten einer
positiven Spannung, mit einer dünnen Schicht von Silberchlorid pH2 / p0
E = − RT ln 2
überzieht. Das Ganze taucht in ein Glasröhrchen mit gesättiger oder 2F aH ⊕
verdünnter Kaliumchloridlösung und über ein Schliffdiaphragma q
pH2 / p0
in die zu Probelösung. Das Potential gegen die Normalwasserstoff- E = − RT
F ln aH⊕
elektrode ist +0,1976 V NHE (ges. KCl, 25 ◦ C). Die Elektrode ist
bis 105 ◦ C stabil und kurzzeitig bei kleinen Strömen einsetzbar. Für 25 ◦ C = 298 K:
h pH i
E = −0,059 · pH + 21 log 02
p
Nernst-Gleichung
Sauerstoffelektrode
Für beliebige Temperaturen und Konzentrationen (bzw. Aktivitäten)
verrichtet eine Redoxreaktion die reversible Nutzarbeit 1G. O2 + 2 H2 O + 4 e⊖ ⇋ 4OH⊖
(Ox) a A + b B +... ⇋ c C + d D +... (Red) 4
aOH ⊖
E = E 0 − RT
N N
 ln
P P
1G = G i,Produkte − G i,Edukte 


4F pO2 / p0

i−1 i=1  aOH⊖
E = E 0 − RT

F ln ( p / p0 )1/4
N N


P 0 P 0 O2
1G =0 G i,Produkte − G i,Edukte 1G = 1G 0 + RT ln K ′
i−1 i=1 Für 25 ◦ C = 298 K:



aCc aDd 
0 ... 
 h pO i
1G = 1G + RT ln a b E = 1,23−0,059 pH+ 41 log 02


aA aB . . . p

Nach langer Zeit erreicht jede Elektrode von hoher oder niedriger
Metallionenelektrode
Spannung her ein Gleichgewichtspotential. Mit 1G = −z F E und
1G 0 = −z F E 0 folgt die N ERNST-Gleichung für das Elektroden- (Ox) Mz⊕ + z e⊖ ⇋ M (Red)
potential E (ohne äußeren Stromfluss). Im chemischen Gleichge-
E = E 0 − RT 1
wicht ist 1G = 0 = RT ln(K ′ /K ) und der Reaktionsquotient K ′ z F ln aMz⊕
wird gleich der Gleichgewichtskonstante K der Redoxreaktion. E = E 0 + RT
z F ln aMz⊕
aCc aD
d
. . . (Red) RT
E(T ) = E 0 − RT
zF ln a b = E0 − ln K ′
a a . . . (Ox) zF Silber-Silberchlorid-Elektrode
A B

0,05916 AgCl + e⊖ ⇋ Ag + Cl⊖


E(25 ◦C) = E 0 − log K ′ (2.9)
z Für 25 ◦ C:
Bei Gaselektroden werden Partialdrücke statt Konzentrationen ein- E = 0,197 − 0,059 log aCl⊖
gesetzt (✄Tab. 2.11). H⊕ oder OH⊖ in der Redoxgleichung verur-
sachen eine pH-Abhängigkeit des Elektrodenpotentials. Für elektro- Gleichgewichtskonstante
chemische Zellen gilt: E ≡ 1E = E Kathode − E Anode.
0 0
Beispiel: Oxidationen mit Permanganat führt man vorzugsweise in saurer K = e−1G /(RT ) = ez F E /(RT )
Lösung durch. Säurezugabe erhöht das Redoxpotential.
MnO⊖ ⊖ ⊕
4 + 5 e + 8 H ⇋ Mn
2⊕ + 4 H O
2
a Aktivität
2⊕ )
K Gleichgewichtskonstante
E = 1,51 V − 0,059 log c(Mn E Elektrodenpotential
5 c(MnO⊖ ⊕ 8
4 ) · c(H )
E0 Normalpotential
p0 Normdruck (101325 Pa)
Wird c(H⊕ ) → ∞ erhöht, dann verschwindet der Reaktionsquo-
RT /F N ERNST-Spannung
tient, 1/c(H⊕ ) → 0. Der Logarithmus einer winzigen Zahl ist Ox oxidierte Spezies
negativ groß, d. h. die Zellspannung steigt (E → ∞). Red reduzierte Spezies
22

✄2.12 Rechenbeispiel für die Wasserstoff-Sauerstoff-Brennstoffzelle

Zweiphasensystem (Gas/flüssig): Gasphasenreaktion:


<100 ◦C: Wasser entsteht flüssig. >100 ◦C: Wasserdampf

Reaktionsgleichung
(1) Anode H2 ⇋ 2H⊕ + 2e⊖
(2) Kathode 2H⊕ + 1/2 O2 + 2e⊖ ⇋ H2 O
 Gesamtreaktion H2 (g) + 1/2 O2 (g) ⇋ H2 O(l) H2 (g) + 1/2 O2 (g) ⇋ H2 O(g)

Änderung der G IBBS’schen Freien Reaktionsenthalpie: 25 ◦C, 101325 Pa


Bildungsenthalpien 1H 0 der Elemente (H2 , O2 ) sind null! ✄Tab. 2.6

1G 0 = 1H 0 − T 1S 0
h i
= 1H 0(H2 O) − T S 0 (H2 O) − S 0 (H2 ) − 12 S 0 (O2 )
= –285,83 kJ/mol + 298,15 K · 0,16334 kJ mol−1K−1 (–241,82 + 298,15 · 0,0444) kJ/mol
= –237,13 kJ/mol bzw. –228,57 kJ/mol

Reversible Zellspannung (25 ◦C)


0
E = − 1G
zF = − 2-237,13 kJ/mol
· 96485 C/mol = 1,23 V E = − 2-228,57 kJ/mol
· 96485 C/mol = 1,18 V

Thermoneutrale Spannung: auf Basis Brennwert auf Basis Heizwert


0 -285,83 kJ/mol
E n = − 1H
z F = − 2 · 96485 C/mol = 1,48 V E n = − 2-241,8 kJ/mol
· 96485 C/mol = 1,25 V
Thermodynamischer Wirkungsgrad
0
ηrev = 1G 0 = -237,13 kJ/mol = 83,0 % ηrev = -228,57 kJ/mol = 94,5 %
1H -285,83 kJ/mol -241,82 kJ/mol

Änderung der Reaktionsentropie


0 0 0 1 0
h = S (H2 O) − S (H2 ) − 2 Si(O2 ) =
1S h i
= 69,91 – 130,684 – 1/2 ·205,138 molJ K 188,83 – 130,68 – 1/2 ·205,14 J
mol K
J J
= –163,34 mol K bzw. –44,42 mol K

Temperaturabhängigkeit der Zellspannung


dE = 1S 0 = –0,85 mV/K dE = –0,23 mV/K
dT 2F dT

Stoffmengenänderung im Gasraum je mol H2


Flüssiges
h Wasser
 entsteht
i (0 mol im Gasraum) 1 mol Wasserdampf
  entsteht.
i
1
1n = 0 − 1 + 2 = − 23 mol 1n = 1 − 1 + 1
2 = − 21 mol

Druckabhängigkeit der Zellspannung


dE = − 1n RT ln 10 = 0,059·3/2 = 44 mV/dec 15 mV/dec
d log p 2F 2
23

2.4 Entropie und Abwärme

Die Reaktionsentropie 1S der Knallgasreaktion ist negativ, weil ✄2.13 Temperaturabhängigkeit der
reversiblen Zellspannung
aus zwei H2 -Molekülen und einem O2 -Molekül nur zwei Wasser-
moleküle entstehen. Die Gasphase verarmt folglich an Teilchen; Zellreaktion E dE/dT
1H übertrifft dann 1G = 1H − T 1S; Wärme wird frei. (V) (mV/K)

Oberhalb von 100 ◦C liegt Wasserdampf vor; die Reaktionsentro- 1H 1


2 2,(g) + 2 Cl2,(g)
pie ist kleiner als in Flüssigkeit; die Temperaturabhängigkeit- und → HCl(fl) 1,4 –1,2
Druckabhängigkeit der Zellspannung fällen dadurch geringer aus. H2,(g) + 12 O2,(g)
✄Tab. 2.13, Rechenbeispiel ✄Tab. 2.12 → H2 O(fl) 1,23 –0,85
H2,(g) + 12 O2,(g)
Temperaturabhängigkeit der Zellspannung → H2 O(g) 1,18 –0,23
Die reversible Zellspannung E sinkt bei Temperaturerhöhung, weil
die Reaktionsentropie abnimmt. Wünschenswert ist ein positiver
Temperaturkoeffizient dE/dT ; dann wird Umgebungswärme in
nutzbare Arbeit gewandelt. Aus 1G = −z F E und (∂ G/∂ T ) p =
[(−S dT + V d p)/∂ T ] p = −S folgt:
   
∂E 1 ∂1G 1S  
=− = ⇒ E(T ) = E(298 K) + ∂∂ T E (T − 298 K) (2.10)
∂T p zF ∂T p zF p

Druckabhängigkeit der Zellspannung


Bei Gaselektroden wirkt sich ab 10 bar der Entropieeinfluss auf die
Zellspannung aus. Mit (∂ G/∂ p)T = [(−S dT + V d p)/∂ p]T = V
und pV = n RT gilt für ideale Gase:
   
∂E 1 ∂1G 1V P n i RT
=− =− ⇒ E( p) = E(101325 Pa) − z F ln pi (2.11)
∂p T zF ∂p T zF i

Beispiel: Wasserstoff-Sauerstoff-Zelle:

E( p) = 1,23 V + 12 · 0,059 log pH2 pO2 .
Eine Druckerhöhung 1 bar → 30 bar verbessert E um 0,065 V.

Abwärme durch die Zellreaktion


Die Zellreaktion erzeugt im elektrochemischen Gleichgewicht am
wenigsten Wärme; dort ist die Entropie maximal (dS = 0). Solange E(I ) reale Zellspannung,
Klemmenspannung (V)
die Entropie der Zellreaktion sinkt (1S < 0), weil die Teilchenzahl E reversible Zellspannung (V)
geringer wird, ist |1H | > |1G|, d. h. die Zellreaktion produziert F Faraday-Konstante
Wärme (negatives Vorzeichen von Q). Q Wärme (J)
Q̇ Wärmeleistung (W)
Q = 1H + Wel = −(1G − 1H ) = +T 1S (für T = konst) I Strom (A)
R molare Gaskonstante
In der Praxis kommen Wärmeverluste durch die Überspannungen η Ri Elektrolytwiderstand ()
der kinetisch gehemmten Elektrodenreaktionen und den ohmschen S Entropie (J/K)
Widerstand des Elektrolyten hinzu. Diese Prozesswärme ist manch- T Temperatur (K)
mal nützlich zur Brennstoff- und Heißwasserbereitung oder zum Be- z Reaktionswertigkeit
η Summe der Überspannungen
trieb einer Gasturbine. an den Elektroden (V)
h i ✄Kap 2.8ff
− Q̇ = −I 1H zF + E(I ) = −I Tz1S 2
F + I |η| + I Ri
24

2.5 Wirkungsgrad

Der thermodynamische oder ideale Wirkungsgrad einer Brennstoffzelle ist das Verhältnis der
produzierten elektrischen Energie 1G = −z F E (reversible Nutzarbeit) zur Reaktionsenthalpie 1H
der Zellreaktion. Vom Heizwert7 leitet sich ein höherer Wirkungsgrad ab als vom Brennwert.8
1G = 1H − T 1S = 1 − T 1S = E =
ηrev = 1H
E
(2.12)
1H 1H E th E − T (dE/dT ) p
Bei einer Wärmekraftmaschine unmöglich: Eine exotherme Reaktion mit Entropiezunahme (stei-
gende Teilchenzahl im Gasraum) ermöglicht Wirkungsgrade über 100 %; die Nutzenergie übersteigt
die Reaktionswärme, so dass Zelle oder Umgebung abkühlen. Eine Reaktion mit Entropieverlust
erwärmt die Zelle (✄Tab. 2.14). Endotherme Reaktionen mit Entropiezunahme eignen sich für
Kältemischungen: Ba(OH)2 ·8H2 O + 2NH4 SCN → Ba(SCN)2 + 2NH3 + 10 H2 O.

Exotherme Zellreaktion ηrev 1S 1H/1G ✄2.14 Idealer Wir-


kungsgrad und Entro-
2H2(g) + O2(g) → 2H2 O(l) 85 % negativ > 1: Erwärmung pieänderung verschie-
CH3 OH(l) + 23 O2 → CO2 +2H2 O(l) 97 % dener Zellreaktionen
C(s) + O2(g) → CO2(g) 100 % null 1 bei 25 ◦ C. (s) fest, (l)
flüssig, (g) gasförmig
2C + O2 → 2CO 124 %
C(l) + 12 O2(g) → CO(g) (150 ◦ C) 137 % positiv < 1: Abkühlung

Der praktische Wirkungsgrad oder Lastwirkungsgrad bezieht die elektrische Nutzarbeit auf die
Reaktionsenthalpie. Der Spannungswirkungsgrad oder elektrochemische Wirkungsgrad“ ηU aus

Klemmenspannung zu Leerlaufspannung beschreibt die inneren Verluste durch Katalyse, Elektrolyt
und Zelldesign.9 Der Stromwirkungsgrad oder FARADAY-Wirkungsgrad misst als Stromausbeute
die Selektivität der Zellreaktion bei gegebener Spannung.10 Der tatsächliche Strom I einschließlich
aller Nebenreaktionen wird auf den theoretischen Wert nach dem FARADAYschen Gesetz bezogen.11
1G + z F |η| −z F E(I )
Praktischer Wirkungsgrad ηp = ηrev · ηU = = (2.13)
1H 1H
) −z F E(I )
Spannungswirkungsgrad ηU = E(I
E = <1 (2.14)
1G
I
Stromwirkungsgrad ηI,i = II = (2.15)
th z F ṅ i
Elektrischer Wirkungsgrad ηel = ηU · ηI (2.16)
E reversible Zellspannung, I Stromstärke, F Faraday-Konstante (As),
ṅ i Stoffmengenstrom der Komponente i, z Elektrodenreaktionswertigkeit.

Der Systemwirkungsgrad, tatsächliche oder effektive Wirkungsgrad berücksichtigt den Strom- und
Spannungswirkungsgrad, die Betriebsweise (Temperatur, Druck, Brennstoff-Luft-Verhältnis, Brenn-
stoffausnutzung etc.) und die Systemkomponenten (Gasprozesstechnik, Luftversorgung etc.).
Beispiel: Systemwirkungsgrad einer AFC bei 95%iger Gasausnutzung: ηeff = 95 % · 0,9 V/1,48 V = 58 %
7 Heizwert H , Lower Heating Value, LHV: Verbrennungswärme minus nicht nutzbare Verdampfungswärme der Brenngase.
u
8 Brennwert H = −1H 0 , Higher Heating Value, HHV: 25 ◦ C, mit Verdampfungswärme von Feuchte und Produktwasser
o
9 Bei Batterien: η = mittlere Spannung beim Entladen U / Ladespannung U
U ex in
10 Beispiel: Bildung von Formaldehyd und Ameisensäure anstatt CO bei der Methanoloxidation in der DMFC.
2
11 Bei Batterien: η = entnommene elektrische Ladung Q / gespeicherte elektrische Ladung Q
I ex in
25

Der Brennstoffnutzungsgrad umfasst den im Überschuss zugeführten, nicht verstromten Wasserstoff,


der im praktischen Brennstoffzellenbetrieb einer Verarmung an den Elektroden vorbeugen soll.
Der Heizwertwirkungsgrad berücksichtigt, dass im Brenngasgemisch nur Wasserstoff anodisch oxi-
diert wird, während CH4 und CO nicht verstromt werden, obgleich sie zum Heizwert beitragen.
Der Gaserzeugungswirkungsgrad schließt Verluste durch den reformatbetriebenen Turbokompres-
sor (zur Druckluftversorgung) und den mit Kathodenabgas betriebenen katalytischen Brenner ein.

✄2.15 Wirkungsgrade eines erdgasbetriebenen Brennstoffzellensystems


Freie Reaktionsenthalpie 1G r
Thermodynamischer Wirkungsgrad ηrev = Reaktionsenthalpie 1Hr

tatsächliche Zellspannung E(I )


Spannungswirkungsgrad ηU =
reversible Zellspannung E

Stromwirkungsgrad tatsächlicher Zellstrom I


ηI = theoretischer Zellstrom Imax

umgesetzer Wasserstoff
Brenngasnutzungsgrad ηu =
eingespeister Wasserstoff

Heizwertwirkungsgrad ηH = Heizwert von Wasserstoff HP


u xu
Heizwert des Benngasgemisches Hu,i x i

Brennstoffzellen-Wirkungsgrad ηFC = ηrev · ηU · ηI · ηu · ηH

erzeugte elektrische dc-Leistung


ηFC =
Heizwert des eingespeisten Anodengases

erzeugte elektrische dc-Leistung


oder ηFC = (48 %)
Heizwert des verbrauchten Wasserstoffs
Heizwert von Wasserstoff (nach Reformer)
Gaserzeugungswirkungsgrad ηFP = Heizwert von Erdgas (vor Reformer) (82 %)

erzeugte ac-Leistung (nach Inverter)


Leistungsstellerwirkungsgrad ηPC = eingespeiste dc-Leistung (vor Inverter) (96 %)

ac-Ausgangsleistung (vor Last)


Nebenaggregatewirkungsgrad ηAU = (97 %)
ac-Ausgangsleistung des Inverters

Systemwirkungsgrad, Brutto-
ac-Leistung
ηges = ηFP ηFC ηPC ηAU = (37 %)
Heizwert von Erdgas (vor Reformer)

 mit Kraft-Wärme-Kopplung:
ac-Leistung + Nutzwärme
ηges = ηFP ηFC ηPC ηAU = Heizwert von Erdgas (vor Reformer)

ac-Leistung — Verlustleistung
Systemwirkungsgrad, Netto- ηeff =
Heizwert von Erdgas

AU = auxiliary power, FC = fuel cell, FP = fuel processor, PC = power conditioner (Inverter), x Molenbruch
Zahlenwerte für 4,5 MW-PAFC (brennwertbezogen). Andere Brennstoffzellentypen erreichen höhere Werte.
26

2.6 Zellspannung

✄2.16 Leerlauf-, Klemmen- und Die reale Zellspannung, wenn die Brennstoffzelle Strom in den
Überspannungen bei der
äußeren Leiterkreis speist, ist weitaus kleiner als die reversible Zell-
Knallgaszelle.
spannung bei offenen Klemmen. In der Elektrotechnik sind dafür
0
E red

1/ O + 2e⊖ + 2H⊕ → H O
❵2❵2❵ 2 die Begriffe Klemmenspannung U (wenn Strom fließt) und Leer-
❵❵❵ η(O2 ) laufspannung U0 (bei Strom null) eingeführt. Je mehr Strom fließt,
❵❵
umso mehr bricht die Zellspannung ein wegen der ohmschen Ver-

U0 U (I ) luste im Elektrolyten und an den Elektroden (✄Abb. 2.16). Die
Widerstände von Elektrolyt und Elektrodenreaktionen werden zum
✭✭❄
✭✭✭ Innenwiderstand Ri zusammengefasst. Die Spannungsverluste auf-
✭✭✭ ⊕
η(H2 )
0
E ox
H2 → 2H + 2e⊖ grund der Elektrodenreaktionen nennt man Überspannung η, nicht
✲ zu verwechseln mit dem Spannungswirkungsgrad. ✄Abb. 2.18
0 I
U (I ) = U0 − I Ri = 1E 0 − ηAnode − |ηKathode| − I Rel (2.17)

Ri = U0 −IU (I )
✄2.17 Formelzeichen
Innenwiderstand
Elektroden- Zell-
potential spannung Überspannung η = U (I ) − U0 = I (Ri − Rel )
Leerlauf E U0 = 1E 0
unter Last E(I ) U (I ) = 1E Spannungswirkungsgrad ηU = U (I )/U0

2.7 Leistung
✄2.18 Ersatzschaltbild einer
Stromquelle mit Innen- und
Außenwiderstand. Die elektrische Momentanleistung ist das Produkt aus Zellspannung
und Strom. Der Spannungsabfall am Innenwiderstand der Strom-
I ✻ quelle erzeugt Abwärme.
P =U I = IU − I2 R (2.18)
Ri |{z}0 | {z }i
U (I ) Ra elektrische Leistung Wärmeleistung

U0 Die maximale Leistung liefert eine galvanische Zelle bei der halben

❄ Leerlaufspannung, kurz bevor die Zellspannung bei hohen Strom-
❄ dichten abrupt abfällt.
dP
P = U I = U xU0 /Ri = (1 − x)x U02 /Ri und = 0 für x = 1/2
dx
U02 1
⇒ Pmax = bei U = U0 = I Ri = I Ra (2.19)
4Ri 2
Die maximale Leistung fließt, wenn Verbraucher Ra und Innenwi-
derstand Ri gleich groß sind (Leistungsanpassung).
Die Brennstoffzelle erreicht ihre größte Leistung bei mittleren
Strömen. Mit steigender Temperatur wächst die Zellspannung, die
Überspannungen sinken und die Leistung wächst. Die Leistungs-
dichte (auf den Elektrodenquerschnitt bezogene Leistung) eignet
sich besser zum Vergleich von Brennstoffzellen als die Stromdich-
te. Die Leistungs-Stromdichte-Kennlinie verläuft parabolisch, wenn
die Strom-Spannungs-Kurve linear aussieht (✄Abb. 2.24).
27

2.8 Überspannung

Die Überspannung, engl. overpotential, früher: Polarisationsspan- ✄2.19


nung, beschreibt die Abweichung des Elektrodenpotentials bei Überspannung
Stromfluss vom reversiblen Ruhepotential einer Arbeitselektrode. einer Elektrode
Ursache der Überspannung sind langsame Elektrodenvorgänge, η = ϕ(I ) − ϕ0 = E(I ) − E 0
die wie Widerstände wirken und den Ladungstransport begrenzen.
einer elektrochemischen Zelle
Um die kinetischen Hemmungen zu überwinden, muss ein um
die Überspannung höheres Elektrodenpotential als das theoretisch ηAnode + |ηKathode | = U − U0
ausreichende Gleichgewichtspotential angelegt werden, damit eine
Vorzeichen:
gewünschte Elektrodenreaktion abläuft. Die Überspannung η hängt ⊕ anodisch
vom Elektrodenmaterial und Art, Konzentration, pH und Strömung ⊖ kathodisch
des Elektrolyten ab; sie steigt mit zunehmender Temperatur und
ϕ absolutes Elektrodenpotential
Stromdichte und sinkt mit zunehmender Elektrodenoberfläche.
ϕ0 Ruhepotential
Die Gesamtüberspannung setzt sich aus den Teilüberspannungen E Elektrodenpotential
der einzelnen Elektrodenprozesse zusammen; der ohmsche Span- gegen eine Bezugselektrode
U Zellspannung
nungsabfall ( IR-Drop“) im Elektrolyten zählt nicht dazu.12
” U0 reversible Zellspannung
η = ηD + ηd + ηr + ηk + . . . (2.20) (✄Kap. 2.13)

ηD Durchtrittsüberspannung (V)
ηd Diffusionsüberspannung (V)
ηr Reaktionsüberspannung (V)
ηk Kristallisationsüberspannung (V)
Um die Abwärme klein zu halten, müssen der Innenwiderstand Ri
und der Elektrolytwiderstand Rel klein sein — schnelle Elektroden-
reaktionen, große Elektrodenoberfläche, hohe Elektrolytleitfähig-
keit und geringer Elektrodenabstand sind vorteilhaft.
Die Durchtrittsüberspannung ηD beschreibt die Geschwindigkeit ✄2.20
des Elektronenübergangs13 zwischen Brennstoff und Oxidations- Wasserstoff- und
mittel an den Elektroden. Bei Brennstoffzellen bestimmt üblicher- Sauerstoffüberspannung
weise die Kathode (Sauerstoffelektrode) die Gesamtüberspannung, in 1 mol/ℓ Kalilauge
während die Anode (Wasserstoffelektrode) vernachlässigbar ist. bei 25 ◦ C und 1 mA/cm2 (in V)
η(H2 ) η(O2 )
Die Wasserstoffoxidation läuft bereitwillig an Platin-, Palladium-
und Nickelelektroden ab. Die Sauerstoffreduktion geht befriedi- Pd <0,01 0,31
gend bei erhöhter Temperatur an Silber, Aktivkohle und lithiiertem Pt <0,01 0,5
Au 0,2 0,23
Nickeloxid. ✄Tab. 2.20 Ni 0,25 0,23
Bei großer Stromdichte kommen Diffusionsüberspannungen hin- Fe 0,2 0,3
zu. Ursächlich ist der verzögerte Transport von Gasen an die reak- Ag 0,3 0,32
Cu 0,35 –
tive Dreiphasengrenzfläche oder — bei der alkalischen Brennstoff- Pb 0,6 0,89
zelle — von OH⊖ -Ionen von der Kathode zur Anode und von Was- Hg 1,3 –
ser in umgekehrter Richtung. Eine Rolle spielt auch die begrenzte Grafit – 0,5
Gaslöslichkeit im Elektrolyten. Poröse Gasdiffusionselektroden hal-
ten den Diffusionsweg klein und senken ηd .

12 Die Kristallisationsüberspannung spielt eine Rolle bei der elektrolytischen Me-


tallabscheidung, nicht aber bei Brennstoffzellen.
13 engl. charge transfer
28

2.9 Strom-Spannungs-Kennlinie

Brennstoffzellen zeigen wie alle elektrochemischen Energiewandler


eine nicht lineare Kennlinie (✄Abb. 2.22). Ursache dafür ist, dass
der Innenwiderstand Ri nicht konstant ist, sondern vom fließenden
Strom abhängt. Markant sind folgende Abschnitte.
✄2.21 Mischpotential ϕM 1. Die gemessene Leerlaufspannung — engl. Open Circuit Poten-
der Gleichgewichtspotentiale
tial (OCP) — liegt deutlich unter dem theoretischen Wert der
von Metallauflösung ϕ1 und
Wasserstoffabscheidung ϕ2 bei reversiblen Zellspannung von 1,23 V (bei Knallgaszellen wie
der Säurekorrosion PAFC, AFC, PEM). Es bildet sich ein Mischpotential(✄Abb.
2.21) aus, weil an der Kathode Sauerstoff reduziert und gleich-

M→Mz⊕ +ze⊖
zeitig Platin, Kohle oder Verunreinigungen oxidiert werden. Der
✁✁ icorr

t
i tatsächliche Wirkungsgrad ist daher selbst bei winzigen Strömen
✁ ✟
✟ ✲ um 8 bis 16 % kleiner als der theoretische.
ϕ1 ✁ ✟
✁ ✟✟ 2
ϕ E
2. Aktivierungsbereich. Beim Stromfluss tritt ein Spannungsver-
✁ ✟2H⊕ + 2e⊖ → H2

✟ ϕ
✟ lust durch die Durchtrittsreaktion auf, bei der Elektronen durch
M
die Phasengrenzfläche zwischen Elektrode und Elektrolyt tun-

neln“. Maßgeblich bestimmt die Sauerstoffreduktion (Kathode)
die Strom-Spannungs-Kurve, während die Überspannung der
Wasserstoffelektrode gegen Null geht (bei Platin). Der quasiex-
ponentielle Spannungsabfall E(I ) − E 0 heißt Aktivierungsüber-
spannung, ist stark temperaturabhängig und typisch für die elek-
E0 Ruhepotential trokatalytische Aktivität der Elektrode und lässt durch die soge-
E(I ) Elektrodenpotential
nannte TAFEL-Gleichung linearisieren (✄Abb. 2.23).
I Stromstärke
I0 Austauschstrom (für die
Sauerstoffreduktion)
E(I ) = E 0 − b log I − I Rel mit E 0 = E 00 + b log I0
Rel Elektrolytwiderstand
b TAFEL -Steigung Hochtemperaturbrennstoffzellen haben hohe Austauschstrom-
dichten (>1 mA/cm2 ), so dass die Kennlinie zwischen 0 und ei-
nigen hundert mA/cm2 nahezu linear verläuft.
3. Arbeitsbereich. Der ohmsche Spannungsabfall (IR-Drop) in
Elektrolyt und Elektrodenmaterialien wächst proportional zur
Stromstärke. Vorteilhaft sind Ionenleiter mit großer Leitfähigkeit,
also kleinem Elektrolytwiderstand Rel .
4. Grenzstrombereich. Bei hohen Strömen knickt die Kennlinie
Qualitative Analyse der ab, wenn der An- oder Abtransport der Reaktionspartner ge-
Strom-Spannungs-Kurve
schwindigkeitsbestimmend wird; dann begrenzt der Stofftrans-
dE = − b − R
dI I el port durch Diffusion und Konvektion die schnellere elektroche-
Niedrige Ströme: mische Reaktion. Vor der Elektrode baut sich ein Konzentrati-
steiler Abfall der Zellspannung, onsgradient auf. Mit strukturierten Gasdiffusionselektroden und
Aktivierungsüberspannung, einer ausgetüftelten Strömungsführung treten Stofftransporthem-
Durchtrittsreaktion u.a. mungen in modernen Brennstoffzellen erst bei hohen Stromdich-
Mittlere Stromdichte: ten von einigen A/cm2 auf.
ohmscher Spannungsabfall
im Elektrolyten (Rel ≫ b/I ) Die Elektrodenkinetik wird vom langsamsten Teilschritt bestimmt:
Hohe Ströme: die Durchtrittsreaktion bei kleinen Strömen und zusätzlich Diffu-
Diffusionsüberspannung und sionsvorgänge bei hohen Strömen. Die Kennlinie bei organischen
Diffusionsgrenzstrom.
Brennstoffen ist komplizierter als in Knallgaszellen.
29

✄2.22 Strom-Spannungs-Kennlinie
Ideale Leerlaufspannung (1,23 V)
1.2 einer alkalischen Brennstoffzelle
(nach E LENCO, 6.6 mol/ℓ KOH,
70 ◦ C)
1.0
Zellspannung / V

1 H2 /O2 (Platin),
2 H2 /Luft (Platin),
0.8 3 H2 /Luft (ohne Platin).
A Typische Abschnitte:
1
A Aktivierung der Elektroden
0.6 B (Durchtrittsreaktion u.a.)
2 B Spannungsabfall im Elektrolyt,
0.4 C limitierter Strofftransport.
C
3
0.2
0 25 50 75 100 125 150
Stromdichte / mA cm-2

U/V
1.23 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2

Diffusionsgrenzstrom
Ideale Leer- Leerlauf- ✄2.23 TAFEL-Diagramm:
laufspannung spannung logarithmierte Stromdichte-
100 C Überspannungs-Kennlinie der
alkalischen Brennstoffzelle.
B Die Sauerstoffelektrode
i / mA cm-2

e
er ad

bestimmt die Zellspannung.


(Theorie siehe 2.13)
l -G

10
Tafe

1 1 2 3
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0
η /V

100 1
✄2.24 Leistungskennlinie der
80 alkalischen Brennstoffzelle.
2
P / mW cm-2

60

40 3

20 A B C

0
0 25 50 75 100 125 150
i / mA cm-2
30

2.10 Impedanzspektrum

✄2.25 Die Impedanzspektroskopie eröffnet einen Einblick in die Kinetik


Impedanz der Elektrodenvorgänge. Elektronisch und ionisch leitende Materia-
Ohmsches Gesetz lien setzen einem Wechselstrom gegebener Frequenz einen komple-
U (t) Û xen Widerstand entgegen, die Impedanz (Scheinwiderstand). Der
Z= = = Û ej (ϕu −ϕi )
I (t) Iˆ Iˆ Wechselstromwiderstand wird mathematisch als komplexe Größe
j ϕ

= |Z | e = Z cos ϕ +j sin ϕ
 behandelt und als Zeiger Z der Länge Z = |Z | mit dem Winkel
= U /I ϕ in der komplexen Ebene dargestellt (✄Tab. 2.25). Wechselstrom
= Re Z + j Im Z = R + j X
und -spannung ändern sich periodisch mit der Zeit; sie erreichen
ihre Maximalwerte nicht gleichzeitig und sind daher um die Zeit
Wirkwiderstand (Resistanz) ϕT /(2π) verschoben (ϕ Phasenwinkel in rad, T Periodendauer).
R = Re Z = Z ′ = |Z | cos ϕ
Zur gemessenen Impedanz einer wechselstromdurchflossenen Elek-
Blindwiderstand (Reaktanz) trode oder Zelle tragen bei:
X = Im Z = Z ′′ = |Z | sin ϕ
 Ohmsche Widerstände oder Wirkwiderstände — durch Elektro-
Impedanzbetrag denmaterialien, Elektrolyt, Zuleitungen, Kontakte, Deckschich-
U ten — erwärmen sich beim Stromdurchgang.
Z = |Z | = I eff = Û
eff Iˆ
q  Induktivitäten und Kapazitäten — durch reversible und irrever-
= (Re Z ) + (Im Z )2
2
sible Elektrodenreaktionen — wirken als Blindwiderstände und
Phasenverschiebungswinkel setzen beim Stromdurchgang keine Wärme frei.
zwischen Spannung und Strom Ist der Blindwiderstand X negativ, ist die Impedanz Z kapazitiv,
tan ϕ = tan(ϕu − ϕi ) d. h. die Spannung eilt der Stromstärke nach und ϕ ist negativ.
Im Z Q
= Re Z = X R = arctan P
Ist der Blindwiderstand X positiv, ist die Impedanz Z induktiv; die
Spannung eilt der Stromstärke voraus und ϕ ist positiv.
Admittanz (Scheinleitwert)
1 Der Impedanzbetrag Z ist frequenzabhängig und nähert sich mit fal-
Y = Z
lender Frequenz dem Gleichstrom-Polarisationswiderstand RP .
Kapazität
Im Y −Im Z Z (ω) = Z L + Rel + Z D + Z d + Z r + Z k + . . . (2.21)
C(ω) = Re C = ω = ω |Z |2
RP vereinigt die ohmschen Widerstände aller elektrokinetischen
Hemmungen und verursacht die Zersetzungsspannung bei der Elek-
Ri Innenwiderstand trolyse und die reale Zellspannung bei Brennstoffzellen. Polarisati-
RP Polarisationswiderstand onswiderstand und Elektrolytwiderstand zusammen bilden den so-
RL Kabelwiderstand genannten Innenwiderstand Ri der Zelle.
Rel Elektrolytwiderstand
RD Durchtrittswiderstand Ri = RL + Rel + RD + Rd + Rr + Rk + . . . (2.22)
Rd Diffusionswiderstand | {z }
Rk Kristallisationswiderstand RP
Z Zellimpedanz ()
ZL Impedanz der Zuleitungen Die Polarisationskapazität CP (ω) beschreibt die elektrochemische
ZD Durchtrittsimpedanz
Zd Diffusionsimpedanz Aktivität der Elektroden.
Zk Kristallisationsimpedanz Die Gleichungen gelten für Einzelelektroden und Zellstacks. Wi-
ω Kreisfrequenz: ω = 2π f derstände und Kapazitäten werden häufig auf die Elektrodenfläche
bezogen und mit der Einheit  cm2 bzw. F cm−2 angegeben.
Das Impedanzspektrum einer Brennstoffzelle oder einzelnen
Elektrode besteht aus drei Kurvenbögen und zeigt den aktuellen Be-
triebszustand (✄Abb. 2.26).
31

0 ✄2.26 Impedanzspektrum einer


PEM-Brennstoffzelle: Ortskurve
100 (mathematische Vorzeichen-
konvention) und Frequenzgang
Im Z / Ω cm2

-0.1

10 Hz
1 kHz
10 kHz
der Kapazität.

C / F cm-2
1 Hz
10

100 Hz
>1 kHz: Polymerelektrolyt,
<1 kHz: Durchtrittsreaktion,
-0.2 <10 Hz: Diffusionshemmung.
1
(Interpretation: ✄Kap. 4.4)

-0.3 0.1
0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6
Re Z / Ω cm2

1. Elektrolytbogen. Der hochfrequente Bogen (>1 kHz, in der


Ortskurve links) bildet die ohmschen und kapazitiven Eigen-
schaften des Elektrolyten ab. Der Durchmesser der Bogens ent-
spricht dem Elektrolytwiderstand Rel , die Kreisfrequenz am Kur-
venminimum ωm dem Kehrwert der Zeitkonstante τ . ✄2.27

 Bei verdünnten wässrigen Säuren und Laugen, die den elek-


Elektrolytwiderstand
trischen Strom gut leiten (bis 1 S/cm), erscheint der Elektro-
̺d
lytbogen bei üblichen Messfrequenzen (<1 MHz) nicht aus- Rel = A = K κ
geprägt. In diesem Fall wird Rel als hochfrequenter Schnitt- K = dA
punkt der Ortskurve mit der reellen Achse bestimmt.14
Kreisfrequenz
 Schmelz- und Festelektrolyte zeigen ausgeprägte Elektro-
ω = 2π f
lytbögen.15 Bei Membranen geben Widerstand und Kapazität
des Elektrolytbogens Aufschluss über die Befeuchtung. Zeitkonstante
2. Elektrodenbogen. Der mittelfrequente Bogen (1 kHz bis 1 Hz) τ = RC = ω1
m
bildet die Geschwindigkeit der Elektrodenvorgänge ab, insbeson-
Zellimpedanz
dere den Elektronentransfer zwischen Elektrode und der reak-
tiven Spezies im Elektrolyt (Durchtrittsvorgang). Durchtrittswi- Z = Z Anode + Z Kathode
+ Z Elektrolyt
derstand RD und Doppelschichtkapazität CD korrelieren mit der
Aktivität des Elektrokatalysators. ✄Abb. 2.26 Zellkapazität
1 1 1
3. Stofftransportbogen. Der niederfrequente Bogen (<1 Hz) bil- C = CAnode + CKathode
det die Hemmung des Stofftransportes der Reaktionspartner und
-produkte von und zur Elektrode ab. Typisch für eine Diffusi- κ Leitfähigkeit (S/m)
onshemmung ist der — theoretisch 45◦ geneigte — Geraden- ̺ spezifischer Widerstand ( m)
abschnitt, der sich erst bei tiefen Frequenzen zum Kreisbogen A reale Elektrodenquer-
schließt. Ursächlich kann die ungenügende Brenngaszufuhr bei schnittsfläche (m2 )
d Elektrodenabstand (m)
hohen Strömen oder ein Wasserfilm auf der Elektrodenoberfläche
K Zellkonstante (m−1 )
sein, den das Brenngas erst durchdringen muss, bis es am Elek- m = Minimum des Bogens
trokatalysator abreagiert.

Wegen ihrer kleinen Überspannung wirkt die Wasserstoffelektro-


de wie eine Bezugselektrode, so dass die gemessene Impedanz und
Zellspannung im Wesentlichen die Vorgänge an der Sauerstoffelek-
trode zeigt. Generell überlagern sich die Impedanzen aller Zellkom-
ponenten im Impedanzspektrum. ✄Tab. 2.27
14 z. B. in schwefelsaurer Lösung oder im alkalischen System (AFC).
15 z. B. YSZ (bei SOFC) und PEM (bei PEFC).
32

2.11 Ersatzschaltbilder
✄2.28 Allgemeines Ersatzschalt- Elektrodenvorgänge werden durch elektrotechnische Netzwerke
bild einer wechselstromdurch-
modelliert, am einfachsten durch eine Parallelschaltung von Dop-
flossenen Elektrode.
pelschichtkapazität CD , Durchtrittswiderstand RD und weiteren Im-
CD pedanzgliedern Z P (ω), in Reihe zum Elektrolytwiderstand Rel .

Netzwerkelemente
Rel ✒
Rel Elektrolytwiderstand: ohmscher Widerstand der Lösung zwischen den
RD Z P (ω) Messelektroden (✄Abb. 2.28).
Z L Induktiver Blindwiderstand (Induktanz): modelliert die Selbstindukti-
on im stromdurchflossenen Leiter, z. B. Kabelinduktivitäten.
✄2.29 Ersatzschaltbild einer
Durchtrittselektrode. Z L = j ωL und U = −L dI
dt
CD
Z C Kapazitiver Blindwiderstand: modelliert Ladeprozesse aufgrund ei-
ner Spannungsänderung in der elektrolytischen Doppelschicht, einer
Adsorptions- oder Deckschicht. Elektroden- und Zellkapazitäten sind
verlustbehaftet und spannungsabhängig.
Rel
Verlustfreie Kapazität: Z C = [j ωC]−1 und C = dQ dU
RP
Konstantphasenelement (Constant phase element, CPE): empirisches
Modell für eine verlustbehaftete Kapazität (B = 0 . . . 1).
CD Doppelschichtkapazität  
RD Durchtrittswiderstand
YCPE = A (j ω) B = Aω B cos (ϕπ/2) + j sin(ϕπ/2)
Rel Elektrolytwiderstand Für B =0,5 gleichbedeutend mit einer WARBURG-Impedanz.
Z P (ω) Polarisationsimpedanz
Zd Diffusionsimpedanz: modelliert die Stofftransporthemmung zwi-
schen Elektrodenoberfläche und Lösung durch lineare Diffusion.
a) WARBURG-Impedanz: Diffusionsimpedanz für eine unendlich aus-
gedehnte Diffusionsschicht. Der WARBURG-Parameter A (Einheit:
s−0.5 ) ist ein Maß für den Diffusionswiderstand Rd .
|νi |m ipRT |Ii |
ci Konzentration Z W = pA = √A − j √A mit A =
Di Diffusionskoeffizient jω 2ω 2ω (z F)2 ci Di A I
i aktive Spezies
b) N ERNST -Impedanz: Diffusionsimpedanz für endliche Diffusions-
A Elektrodenfläche
Ii Teilstrom von Anion oder Kation schichtdicke δN .
I Strom r 
A jω
ZN = p tanh kN

q q
2Di 2kN
Die Eindringtiefe der Konzentrationswelle di = ω = δN ω
ist nicht klein gegen die Diffusionsschicht δN , insbesondere bei
Gleichstrom. Geschwindigkeitskonstante kN = Di /dN2 = 1/τ .
N
Diffusionsschichtdicke Reaktionsordnung der Adsorption für L ANGMUIR-Isotherme: m i = 1
a) ruhende Elektrode
b
δN = z Fi Dc Zr Reaktionsimpedanz. Netzwerkelement im Ersatzschaltbild einer
lim Durchtrittsreaktion mit vorgelagerter homogener oder heterogener
b) rotierende Scheibenelektrode chemischer Reaktion.
laminare Strömung, Z ad Adsorptionsimpedanz: Stofftransporthemmung durch Adsorption
L EVICH-Gleichung einer Spezies aus dem Elektrolyten. Serienschaltung aus Adsorptions-
δN = 1.75 (2π f )−0.5 ν 1/6 D 1/3 widerstand, Adsorptionskapazität und Diffusionsimpedanz.
33

2.12 Die Elektrodenoberfläche

Was passiert an einem Leiter, der in eine Lösung taucht, wenn kein äußerer Strom fließt und keine
äußere Spannung anliegt? An der Phasengrenzfläche zwischen dem Elektronenleiter (Elektrode) und
dem Ionenleiter (Elektrolyt) bildet sich die elektrolytische Doppelschicht aus.



a) H ELMHOLTZ-Modell der starren Doppel-

✉✛
schicht. Metalle neigen je nach Normalpotential


Innere H ELMHOLTZ-Fläche
zur mehr oder minder freiwilligen Abgabe von


Elektronen unter Bildung von Kationen. Die da- ⊖


Äussere H ELMHOLTZ-Fläche

✉ ✬✩
durch geladene Elektrodenoberfläche zieht ent-


gegengesetzt geladene Ionen aus dem Elektro-


lyten an, wobei sich die starre Doppelschicht E


von ca. 100 nm Dicke bildet. Die Oberflächenla- L ⊕

✉ ✫✪
E


dungsdichte von Elektrode σ und Elektrolytseite
✉ ✛
K


−σ ist betragsmäßig gleich. T


R ausgerichte Wasserdipole
E = ε 1ϕ
E = Q = εr ε0 | E| ✉
✛✘
O
| D| (2.23) D
A d E durch VAN - DER -WAALS -Kräfte
E Verschiebungsdichte (C/m2 ), 1ϕ G ALVANI -Spannung.
D ✛
✚✙
spezifisch adsorbierte Ionen,


Elektroden- (E) und Elektrolytinneres (L) haben

partiell desolvatisiert


verschiedene, unbekannte Potentiale, so dass


in der Doppelschicht die G ALVANI-Spannung

✉ ✬✩
1ϕ = ϕE − ϕL abfällt — auch Elektrodenpo-


tential genannt und gegen eine Bezugselektrode

messbar.16 In der starren Schicht fällt das Poten- solvatisierte



⊕ positive Überschussladungen

✬✩
✉ ✫✪
tial linear ab (✄Abb. 2.31).



Die Doppelschichtkapazität beträgt 5 bis 50


µF/cm2 an glatten und einige Millifarad an rau-


✉ ✫✪
en Oberflächen und wird durch einen Platten-

❥✬✩
kondensator modelliert.

✉ ❥
✉ ✉ ✉
dQ d2 σ ε0 εr A
❥ ✉❥ ✉❥
CD,H = =A = (2.24)
✉ ✉
dU 2 d
d(1ϕ)

❥✫✪

✛✘
b) S TERNsches Doppelschichtmodell. unorientierte
Die Doppelschichtkapazität hängt von der Kon- Wasserdipole
zentration der Elektrolytlösung ab. Das S TERN-
✚✙ diffuse Doppelschicht

Modell kombiniert die starre H ELMHOLTZ- und

✉ ✬✩
eine diffuse“ G OUY-C HAPMAN-Schicht, in der



die Überschussladungen vor der Elektrode durch

Wärmebewegung und Osmose ins Elektrolytin-



nere verschmieren. Vor der Elektrode breitet
✉ ✫✪

sich eine Lösungsmittelschicht aus. Solvatisierte



Ionen adsorbieren an der äußeren H ELMHOLTZ- starre Doppelschicht
Fläche (OHP).17

16 E = 1ϕ = ϕ − ϕ , wobei sich ϕ heraushebt. ✄2.30 Aufbau der elektrolytischen Doppelschicht vor


E ref L
17 V OLTA-Potential ψ, äußeres Potential; vom Ionenanteil einer Elektrodenoberfläche.
der Doppelschicht (Überschussladungen).
34

✄2.31 Potentialverlauf in der In verdünnter Elektrolytlösung ist die diffuse Schicht breit; für Io-
Doppelschicht:
nenstärken ab 0,1 mol/ℓ und hohe Potentiale jedoch verhält sich die
ϕE Doppelschicht praktisch starr (ca. 0,1 nm bei 100 kV/m).
❚❚ 1ϕstarr ✻
✻ Mit der Vorstellung, dass die Elektrolytlösung in parallele Schichten dx

✻ unterteilt sei, die sich im thermischen Gleichgewicht miteinander befin-

ϕdiffus = ζ den, und dass sich die Energie der Ionen in jeder Schicht kontinuierlich
in Abhängigkeit des lokalen elektrischen Potentials ϕ ändert, liefert die
P OISSON -B OLTZMANN-Gleichung für symmetrische wässrige Elektroly-
ϕL ❄
❄ te ein räumlich abfallendes Potentialprofil in der diffusen Doppelschicht. Je
OHP
starre | diffuse Schicht größer Ladung bzw. Potential ϕ0 der Elektrode sind, umso steiler fällt ϕ(x)
ab und umso kompakter ist die Doppelschicht.
OHP: äußere H ELMHOLTZ-Fläche
1ϕ G ALVANI -Spannung Die Doppelschichtkapazität ändert sich mit der Spannung. Beim
L Lösung, E Elektrode Nullladungspotential18 ϕz klappen die Wasserdipole in der ersten
Monolage vor der Elektrodenoberfläche von der Adsorption mit den
H-Atomen zu den O-Atomen um. Am Nullladungspotential ist:
 die Doppelschichtkapazität minimal, d. h. keine freien Über-
✄2.32 Ersatzschaltbild der schussladungen, starre Doppelschicht, ungeladene Oberfläche.
Doppelschicht.
 das Zetapotential19 null: (ζ = ϕOHP − ϕL = 0).
Cg
 die Oberflächenspannung maximal (elektrokapillares Minimum,
(ECM); geringste Abstoßung gleichnamiger Ladungen.20
Cad

Potentialprofil für symmetrische Elektrolyte (z. B. NaCl), ✄Abb. 2.31.


h   i
zeϕ0
ϕ(x) = 4kTze arctan tanh 4kT e
−B(x−x OHP )
r
CH,i CH,a CD,d √
2z 2 e2 N b /V
B= εkT ≈ 3,288·109 z cb m−1 (25◦ C)
CH,i innere H ELMHOLTZ-Fläche r
CH,a äußere H ELMHOLTZ-Fläche  
dϕ b 
zeϕOHP

CD,d diffuse Doppelschicht. Ladungsdichte σ = −ε = 8kTVεN sinh
dx OHP 2kT
Cad Adsorptionskapazität
Cg geometrische Kapazität Doppelschichtkapazität (in F/m2 ). Starre und diffuse Schicht addieren sich
reziprok (Serienschaltung). Für glatte Elektroden:
 −1
 s 
 −1 x 2z 2 εcb 
z Fϕ
1 dσ = OHP +  F 0 
✄2.33 D EBYE-Länge: Dicke der CD = dϕ0 ε RT
cosh
2RT
diffusen Doppelschicht in wässrigen | {z } | {z }
1-1-Elektrolyten bei 25 ◦ C. starr diffus
ϕ
cb (mol/ℓ) 1 RR C dϕ
Oberflächenspannung γ = A d (N/m = kg/s2 )
1 0,1 0,01 0,001 10−4 ϕz
β (nm) r
0,3 0,96 3,04 9,62 30,4 D EBYE -Länge β= B 1 = ε0 εr kT ✄Tab. 2.33
2NA e2 I
PN
Ionenstärke I = 21 z i2 ci (in mol/ℓ)
✄2.34 Nullladungspotential von i=1
Quecksilber (mV NHE).
18 L IPPMANN-Potential, potential of zero charge (pzc). ✄Tab. 2.34
c (mol/ℓ) NaF NaCl KBr KI 19 Zetapotential, elektrokinetisches Potential, G ALVANI spannung der diffusen Dop-

1 192 276 370 540 pelschicht; wichtig in bewegten Lösungen.


20 Elektrokapillarität. Das Quecksilber- oder Galliumniveau einer Kapillare mit
0,1 192 225 300 440
0,01 200 — 260 380 Elektrolytkontakt ändert sich beim Anlegen einer Spannung. Ein Hg-Tropfen
flacht beim Benetzen mit Schwefelsäure ab (Oberflächenspannung sinkt).
35

2.13 Kinetik der Elektrodenvorgänge

An der Elektrodenoberfläche finden elektrische Die Elektrodenvorgänge sind kinetisch ge-


und chemische Prozesse statt (✄Abb. 2.35). hemmt, d. h. sie laufen nicht beliebig schnell,
1. Stofftransport (Diffusion, Konvektion), sondern der langsamste Teilschritt bestimmt die
Geschwindigkeit der gesamten Elektrodenreak-
2. Elektronentransfer (Durchtrittsvorgang), tion, und damit die fließende Stromdichte.
3. homogen oder heterogen-katalytische Reak- Irreversible Elektrodenvorgänge wirken wie
tion vor oder nach der Durchtrittsreaktion, ohmsche Widerstände und setzen Wärme frei;
4. Oberflächenreaktionen (Adsorption, Kristal- z. B. Ladungsdurchtritt, heterogene Reaktion.
lisation). Reversible Elektrodenvorgänge wirken wie
Blindwiderstände und folgen der N ERNST-
Elektrode Grenzschicht Elektrolyt Gleichung und dem FARADAY-Gesetz; z. B.

✟ Reaktions- und Diffusionshemmung.

✟ ✲ Ox ✛ ✲ Ox


✟ ✟✯
✟✟ Ox’ ✛ Bulk Auf die Elektrodenkinetik nehmen Einfluss:
✟ ✟

✙ ✟
✟ Oxad


✟  Externe Variablen: Temperatur, Druck, Zeit,
✲ ✻
z e⊖ ✛ Gleichgewichtslage.
✟ ❄
✟  Elektrische Größen: Potential, Strom,
✟ Red


✟ ad Ladung, Polarisation.

✟ ❍

❍❍❍

✟ ❥ Red’ ✛ ✲ Red ✛ ✲ Red



✟ Bulk  Elektrodenmaterial: Geometrie, Oberfläche.



✟  Stofftransport: Diffusion, Konvektion, Ober-
✟ Durchtritt
✟ Chemische Stofftransport

✟ Reaktion flächenkonzentration, Adsorption.



✟ Adsorption

✟ Desorption
 Elektrolyt: Bulkkonzentration, pH, Lösungs-
mittel.
✄2.35 Vorgänge an der Phasengrenzfläche zwischen  Messverfahren: Änderung des Systems unter
Elektrode und Elektrolyt. Belastung.

✄2.36 Typen von Elektrodenreaktionen (r reversibel, q quasireversibel, i irreversibel).

Elektrodenreaktion Ox + z e⊖ ⇋ Red
ze⊖
Vorgelagerte chemische Reaktion (1. Ordnung) Y ⇋ Ox ⇋ Red
Katalytische Reaktion (1. Ordnung) A + e⊖ ⇋ B −→ A + C
(2. Ordnung) 2 A + 2 e⊖ ⇋ 2 B −→ A + C
ECr,q,i -Mechanismus: elektrochemisch-chemisch Ox + z e⊖ ⇋ Red −→ P
ze⊖
ECEr,q,i -Mechanismus Ox + z e⊖ ⇋ Red −→ A −→ B
Red
Dimerisation Ox + z e⊖ ⇋ Red −→ Red2
n Ox
Polymerisation Ox + z e⊖ ⇋ Red · · · −→ Red·Oxn −→ B
+ze⊖
Parallelreaktion an der Elektrode. . . Ox ⇋ Oxad −→ B1
+ze⊖
. . . und in Lösung Ox −→ B2
+ze⊖
Geschwindigkeitsbestimmende Adsorption Ox −→ Red −→ Redad
Adsorptionsvorgang Ox ⇋ Oxad
Vorausgehende Reaktion und Adsorption Y ⇋ Ox ⇋ Oxad
36

2.13.1 Durchtrittskinetik ohne Diffusion

Die Geschwindigkeit des Ladungsdurchtritts, d. h. der Elektronentransfer durch die Phasengrenze,


bestimmt die elektrochemische Aktivität einer Elektrode. Das elektroaktive Atom, Ion oder Mo-
lekül verweilt frei vor der Elektrode in der äußeren H ELMHOLTZ-Fläche21 oder ist an der inneren
H ELMHOLTZ-Fläche22 adsorbiert. Das Elektron tunnelt von der aktiven Spezies im Elektrolyten
durch die elektrolytische Doppelschicht ins Leitungsband der Anode (bei der Kathode umgekehrt).
An einer Durchtrittselektrode23 sind Strom I und Reaktionsgeschwindigkeit r der transportierten
Ladung Q durch die Elektrode-Elektrolyt-Grenzfläche nach dem FARADAY-Gesetz proportional.
An einer blocking electrode“ laufen nichtfaradaysche Prozesse (Adsorption, Desorption) ab.

B UTLER -VOLMER-Gleichung: modelliert die Stromdichte-Überspannung-Kurve i(η) einer durchtrittslimi-
tierten Elektrodenreaktion Sox + z e⊖ ⇋ Sred . Formelzeichen ✄nächste Seite
 
i = i 0 cox (0,t) eαz F η/RT − cred (0,t) e−(1−α)z F η/RT
b
cox b
cred
Spezialfall: Schneller Stofftransport (gerührte Lösung), Oberflächenkonzentration = Bulkkonzentration
h i h i
i = i 0 eαz F η/RT − e−(1−α)z F η/RT = i 0 eln 10·η/b⊕ − e− ln 10·η/b⊖ = i ⊕ + i ⊖

Austauschstromdichte. Im elektrochemischen Gleichgewicht fließt kein äußerer Strom durch die


Elektrode. Gleiche Stromdichten von Anionen und Kationen treten durch die Phasengrenze Elektro-
de/Elektrolyt. k heterogene Geschwindigkeitskonstante der Elektrodenreaktion.
b )1−α (cb )α ≈ z Fkcb
i 0 = i ⊕ = |i ⊖ | = z Fk(cox red

FARADAY-Stromdichte: Der Geschwindigkeit der Durchtrittsreaktion proportionaler Strom. Vorzei-


chen: ⊕ anodische Oxidation, ⊖ kathodische Reduktion. r Reaktionsgeschwindigkeit.
i= A I = 1 dQ = − z F dn = z F r
A dt A dt
Tafel-Gleichung: Für große Überspannung (η ≫ 70 mV, RT/F ≪ 1), d. h. vernachlässigbare Rückreakti-
on, verläuft die Stromdichte-Überspannungs-Kurve linear (irreversible Durchtrittskinetik). ✄Abb. 2.39
   
RT ln 10 RT ln 10
|η| = log i − log i 0 (anodisch) |η| = log i − log i 0 (kathodisch)
αz F (1 − α)z F
| {z } | {z } |{z} | {z }
b1 b2 x a/b2

Durchtrittsfaktor, Transferkoeffizient oder Symmetriekoeffizient. Maß für die Symmetrie des Aktivierungs-
berges der Durchtrittsreaktion und der Strom-Spannungs-Kurve.
α < 0,5: seitig der reduzierten Spezies; flache i-E-Kurve.
α > 0,5: seitig der oxidierten Spezies; steile i-E-Kurve.
Durchtrittswiderstand: Aus der B UTLER -VOLMER-Gleichung für kleine Überspannung η (ex ≈ 1 + x).
η
RD = ID = zRT
F I0

Aktivierungsenergie: Mit der A RRHENIUS-Gleichung als Steigung der Strom-Temperatur-Kurve.


E A (η) = −R d ln I (J/mol)
d(1/T )
21 OHP = outer Helmholtz plane; durch die Ladungsschwerpunkte der solvatisierten Überschussionen im Abstand des effek-
tiven Ionenradius (D EBYE-Länge) von der Elektrode (grob: 0,3–1 nm).
22 IHP = inner Helmholtz plane: durch die adsorbierten Wasserdipole und partiell desolvatisierten Ionen. ✄Abb. 2.30
23 engl. charge transfer electrode oder nonblocking electrode.
37

2.13.2 Diffusionslimitierte Durchtrittsreaktion

Eine stationäre Elektrode erreicht ihr Gleichgewichtspotential erst ✄2.37 Abfall der Stromdichte bei
konstantem Elektrodenpotential.
nach einigen Sekunden bis Minuten, weil sich die Diffusionsgrenz-
schicht nach Einschalten des Stromes langsam aufbaut. Bei Wech- i ✻
selstrom stellt sich ein quasistationäres Potential ein. ✄Abb. 2.37
Der Stofftransport der Reaktionsteilnehmer von und zur Elektrode

durch die Diffusionsgrenzschicht erfolgt durch i∼ t
1
 natürliche Konvektion (in ruhender Lösung auf Grund örtlicher
Dichteunterschiede),

 erzwungene Konvektion (in gerührter Lösung). 4 t
Bestimmt die Diffusion des elektrochemisch umgesetzten Stoffes
(Depolarisator) die Geschwindigkeit der Elektrodenreaktion, dann
oberhalb eines bestimmten Potentials. Trotz Erhöhung der Span- ✄2.38 Stromdichte-Überspannung-
nung fließt maximal der Diffusionsgrenzstrom; er wächst mit stei- Kurve: überlagerte Durchtritts- und
gender Rührgeschwindigkeit, bei der√rotierenden Scheibenelektro- Diffusionshemmung.

i✻
de proportional zur Drehzahl i lim ∼ ω, und zeigt bei turbulenter ilim
Strömung kleine Schwankungen. ✄Abb. 2.38

TAFEL -Gleichung (Anode, große Überspannung η ≫ 70 mV,


RT/F ≪ 1, vernachlässigbare Rückreaktion).
h i
i i −i
η = RTαzlnF10 log i 0 +log limi = I (RD + Rd ) ✲
lim η
Diffusionswiderstand: Aus der N ERNST -Gleichung folgt mit
cis /cib = 1 − i/i lim und c j = 1 (i, j Ox bzw. Red):
✄2.39 TAFEL-Diagramm einer
η
Rd = Id = z FRT
|Ilim |
Durchtrittsreaktion. Typische
Steigung b = (118/z) mV/dec.
h i
Stromdichte i = i lim 1 − e−z F η/RT = −z Fr ✻
log i
q
Grenzstromdichte i lim = z Fβcb und β = D δ
Diffusionsgrenzschicht δ = z F Dcb /i lim ≈ 1 . . . 100 µm ❍❍ ✟✟
δ = 1.61 D 1/3 ω−1/2 ν 1/6 (rotierende Scheibe) ❍❍ log i0 ✟

s ❍❍✟✟
Konzentrationsgefälle cb = 1 − i i
c lim
 
b cs
F ICKsches Gesetz: r = −D ∂ x ≈ −D c −
∂c
δ
kathodisch ✲
anodisch
0 η
A Elektrodenquerschnittsfläche (m2 ) Q Ladungsmenge (C = As)
b Tafel-Steigung (V/dec) R molare Gaskonstante
c molare Konzentration (mol/ℓ) r Reaktionsgeschwindigkeit (mol s−1 m−2 )
cb – im Elektrolytinneren T thermodynamische Temperatur (K)
cs – an der Elektrodenoberfläche t Zeit (s)
D Diffusionskoeffizient (m2 /s) z Ionenwertigkeit (Dim. 1)
F Faraday-Konstante (C/mol) α Durchtrittsfaktor
I Stromstärke (A) β Stoffübergangskoeffizient (m/s)
i Stromdichte (A/m2 ) δ Grenzschichtdicke (m)
i0 Austauschstromdichte (A/m2 ) η Überspannung (+ Anode, − Kathode)
ilim Grenzstromdichte ϕ elektrisches Potential (V)
k Geschwindigkeitskonstante (m/s) ω Drehkreisfrequenz (s−1 )
38

2.13.3 Chemische Elektrodenreaktion

Homogene oder heterogene chemische Reaktionen zeitlich vor oder nach der Durchtrittsreaktion
— z. B. die Dissoziation schwacher Säuren oder Komplexverbindungen vor der Wasserstoffabschei-
dung oder die Bildung von Wasser — bestimmen die Konzentration am Rand der Doppelschicht. Die
Konzentration auf der Elektrodenoberfläche unterscheidet sich dann von der Bulkkonzentration im
Elektrolyten (cs 6= cb ). Der Reaktionsgrenzstrom ist unabhängig davon, ob die Lösung gerührt wird.
Heterogene Reaktionen sind begleitet von Adsorption und Desorption und empfindlich gegen Elek-
trodengifte. Die Summe aus Diffusions- und Reaktionshemmung heißt Konzentrationspolarisation.
Sie tritt besonders in ruhenden, kalten Elektrolyten bei hoher Stromdichte auf.
Konzentrationsüberspannung ηc = Diffusionsüberspannung ηd + Reaktionsüberspannung ηr
Konzentrations- oder Druckgradienten hängen von Brennstoffnutzungsgrad, Elektrodenporosität,
Membrandurchlässigkeit und dem herrschenden elektrochemischen (Un)gleichgewicht ab.
Die Kristallisationshemmung beim Einbau abgeschiedener Substanzen (ad-Atome) in Kristallgitter,
Keimbildung und Kristallwachstum wird meist der Reaktionshemmung zugerechnet. Der schnelle
Prozess (≫ 100 kHz) ist bei Brennstoffzellen ohne Bedeutung.

Reaktionsüberspannung ηr = ϕ0 (cs ) − ϕ0 (cb ) = RT ln cs


zF cb
Reaktionsgeschwindigkeit s m
r = k1 (c1 ) − k−1 (c2 )s m

∂ log i
Elektrochemische Reaktionsordnung m=
∂ log c E

2.13.4 Ladungstransport in Elektrolyten

Der ohmsche Spannungsabfall (IR-Drop) durch den Elektrolytiwderstand und Oberflächenschichten


ist keine kinetische Hemmung und stromdichteunabhängig. Der Potentialabgriff mittels H ABER -
L UGGIN-Kapillare behebt den Messfehler weitgehend (Dreielektrodenanordnung ✄Abb. 2.8).
Migration, die langsame Ionenwanderung, spielt wässrigen Lösungen keine Rolle. Organischen
Elektrolyten setzt man ein inertes Leitsalz (wie Tetraethylammoniumtetrafluoroborat) zu, das den
Stromtransport übernimmt und keine Elektrodenreaktionen eingeht. In Festelektrolyten ist meist nur
ein Ion mobil, das unter dem Zwang des elektrischen Feldes Ladung transportiert.

E r ) = ̺/ε mit E(E


E E(E E r ) = −grad ϕ(E ̺
P OISSON-Gleichung: Aus ∇ r ) ⇒ 1ϕ(E
r) = − ε
E EE = 0.
Der Elektrolyt im Ganzen ist elektroneutral, so dass ∇
 
1 dn i = i ∂ci (x) i
N ERNST-P LANCK-Gleichung r= A dt + −Di + v x,i ci + ti
zF ∂x zF
|{z} | {z } | {z } | {z }
Reaktion Diffusion Konvektion Migration

Migration ist vernachlässigbar bei Leitsalzzugabe.


Konvektion entfällt bei Sc = ν/D ≫ 1000.
I |z |u c |z |λi ci
Überführungszahl ti = Ii = 6 |zi |ui ic = 6 |zi |λ λi molare Ionenleitfähigkeit
i i i i i ci
u RT λ RT
Diffusionskoeffizient Di = zi F = i 2 u i Ionenbeweglichkeit
i (z i F)
39

2.14 Wasserstoffelektrode
Die kathodische Wasserstoffabscheidung aus wässrigen Lösungen
findet oberhalb der Zersetzungsspannung (theoretisch 1,23 V) statt.
Die Elektrodenvorgänge sind: 1. Stofftransport, 2. Durchtrittsvor-
gang und 3. Rekombination. In einer Knallgas-Brennstoffzelle lau-
fen diese Vorgänge rückwärts.
In saurer Lösung In basischer Lösung ✄2.40 Elektrodenvorgänge bei der
E0 = 0 E 0 = –0,828 V NHE Wasserstoffabscheidung.
(1) Diffusion aus dem Lösungs-
(1) H⊕ (Bulk) ⇋ H⊕ (Doppelschicht) H⊕ (Bulk) ⇋ H⊕ inneren (Bulkphase),
(2) H⊕ + e⊖ ⇋ Had H2 O + e ⊖ ⇋ Had + OH⊖ (2) Durchtrittsreaktion,
(3) chemische Reaktion.
(3) Had + Had ⇋ H2 |:2 Had + Had ⇋ H2 |:2
H⊕ + e ⊖ ⇋ 12 H2 H2 O + e ⊖ ⇋ 12 H2 + OH⊖

In neutraler Lösung überwiegt anodisch, bei der Brennstoffzelle, die


Wasserstoffoxidation H2 ⇋ 2H⊕ + 2e⊖ , weil keine OH⊖ benötigt
werden. Kathodisch, im Fall der Elektrolyse, überwiegt bei pH 7 der
Vorgang H2 O + e⊖ ⇋ 1/2 H2 + OH⊖ .
Das Potential der Wasserstoffelektrode bei bestimmten Temperatu- ✄2.41 Elektrolyse: Potential E 0 der
ren und Drücken ergibt sich aus der N ERNST-Gleichung: H2 -Abscheidung (V NHE).
q
pH 0 pH 7 pH 14
RT pH2 / p 0 0 –0,414 –0,828
E = E0 − ln (2.25)
F aH⊕
  
1 pH2
E(25 ◦C) = −0,05916 · pH + log
2 p0
Für die Wasserstoff- und Sauerstoffabscheidung durch Gleichstrom- ✄2.42 FARADAY-Gesetz: abgeschie-
dene Gasmenge je Ladungseinheit
elektrolyse gelten die FARADAYschen Gesetze.
bei 0 ◦ C und 102325 Pa
1. Die abgeschiedene Stoffmenge ist der elektrischen Ladungsmen- Sauerstoff:
ge proportional. 0,05802 mℓ/C = 0,2089 ℓ/Ah
Wasserstoff:
2. Die von gleichen Ladungsmengen abgeschiedene Massen m ver- 0,1162 mℓ/C = 0,4185 ℓ/Ah
halten sich wie die molaren Äquivalentmassen M/z bzw. elektro-
chemischen Äquivalente k. Die FARADAY-Konstante F = 96485
C entspricht der Ladung von 1 mol Elektronen.
R M
Q= I dt = z F n = m
k und k = (2.26)
zF
Für die Abscheidung eines idealen Gases:
Molares Normvolumen:
V 0M pV T 0 M T p0 Vm Vm = RT0 = 22,4 m3 /kmol
m= = und V = ·Q (2.27) p
Vm T p0 Vm p T0 zF
M molare Masse (g/mol)
Die Stromausbeute α — die tatsächlich abgeschiedene Masse, bezo- m abgeschiedene Masse (kg)
gen auf die faraday’sche — berücksichtigt Verluste der praktischen p0 Normdruck (101325 Pa)
Elektrolyse. Die Überspannung der H2 -Abscheidung ist an Platin T0 Normtemperatur (0 ◦ C)
am geringsten, an Quecksilber am größten. In der Praxis werden aus V abgeschied. Gasvolumen (m3 )
Kostengründen Stahlkathoden eingesetzt. V0 Volumen bei 0 ◦ C
40

2.15 Wasserstoffoxidation
✄2.43 Elektrodenvorgänge an der An der Anode einer Knallgas-Brennstoffzelle laufen die Vorgänge
Wasserstoffelektrode
der elektrolytischen Wasserstoffabscheidung rückwärts.
✛e ✲

H⊕ Had ✛ Had ✲ H2,ad 1. Antransport von gelöstem Wasserstoff durch Diffusion und Kon-
Volmer Tafel
vektion an die Elektrodenoberfläche. Adsorption an der Elektro-
⊕ +e⊖
✛H ✲ denoberfläche.
Heyrovsky

✲ Had 2. Aufbrechen der H–H-Bindung unter Bildung von atomar adsor-



biertem Wasserstoff (TAFEL-Reaktion) und Durchtrittsreaktion
(VOLMER-Reaktion und/oder H EYROVSKY-Reaktion).
3. Abtransport der gebildeten Hydroniumionen aus dem Doppel-
schichtbereich durch Diffusion und Konvektion.

✄2.44 V OLMER -TAFEL- a) Beim VOLMER -TAFEL-Mechanismus, der an Platinmetallen


Mechanismus: aq = solvatisiert,
in saurer Lösung ausschlaggebend ist, erfolgt der Ladungsdurchtritt
ad = adsorbiert. H⊕ steht für H3 O⊕
und höhere Spezies. in n = 2 gleichen Ein-Elektronen-Schritten. Die Wertigkeit der
(1) H2 → H2,aq → H2,ad Elektrodenbruttoreaktion ist z = 2, aber jeder Durchtrittsreaktion
(2a) H2,ad → 2Had n/z = 1, so dass F/RT statt 2F/RT in der Strom-Spannungs-
(2b) Had → H⊕ + e⊖ Beziehung steht. Die VOLMER-Reaktion ist bei Platin, Quecksilber,
Had → H⊕ + e⊖ Kupfer, Silber und Eisen geschwindigkeitsbestimmend; die katho-
H2 → 2H⊕ + 2e⊖
dische TAFEL-Steigung beträgt typisch 118 mV.
h i
Durchtrittsstromdichte i D = i 0 eα F ηD /RT − e−(1−α)F ηD /RT
i0 F
In Gleichgewichtsnähe i D = RT ηD und RD = iRT
0F

Platin katalysiert die TAFEL-Reaktion hervorragend, so dass über


90 % der Elektrodenoberfläche mit atomarem Wasserstoff bedeckt
sind (bei Gold nur 3 %; bei Quecksilber null). Die heterogene Re-
aktion 2Had ⇋ 2H⊕ + 2e⊖ hängt vom Belegungsgrad θH (i ) der
✄2.45 Vulkankurve der Metalle:
Austauschstromdichte gegen Oberfläche mit atomarem Wasserstoff ab, so dass anodisch ein
Sublimationswärme (Maß für die rührunabhängiger Reaktionsgrenzstrom auftritt (vom Diffusions-
Adsorptionsenthalpie). grenzstrom des H2 -Transports überlagert).24 Eine mittelgroße Ad-
i0 sorptionswärme (230 kJ/mol) ist für die schnelle H–H-Spaltung,

r Ptr rIr
-2

r
Desoption und heterogene Reaktion entscheidend. Die Austausch-
r
r
Pd
stromdichten verschiedener Metalle folgen einer Vulkankurve.
r
Os

rNi
-4

r
Rh

r rr
Co Die Austauschstromdichte an Platin (und katalytische Aktivität) ist
rCrFe
Ru

r
Re bei pH 7 am geringsten, bei pH 0 und pH 12,5 am größten. In stark
Sb r r rGe
Ag

rr Wr
-6

As r Mo r
Cu Au
alkalischer Lösung spielt die Oberflächenrauigkeit eine Rolle, die
Mn rrAl Ti
Nb
H2 -Löslichkeit sinkt und OH⊖ -Ionen konkurrieren um Adsorpti-
r rSn
-8

Cd rr
Ta

r
Bi
onsplätze. Oberhalb 0,8 V NHE ist wasserstoffumspültes Platin in

TerrrPb
-10 wässrigen Lösungen mit einer Sauerstoffchemisorptionsschicht be-

Tl r
Zn Ga
deckt und passiviert gegenüber der Wasserstoffoxidation. Passivie-
r In
rend wirken auch Ionen (I⊖ > Br⊖ > Cl⊖ > SO2⊖ 4 ).
-12
Hg
24 An einer für die Durchtrittsreaktion vergifteten rotierenden Scheibenelektrode ist
0 20 40 60 80
1Hs / kJ mol−1 die Diffusion relativ schnell und der Reaktionsgrenzstrom sichtbar.
41

b) Beim konkurrierenden VOLMER -H EYROVSKY-Mechanismus ✄2.46 V OLMER -H EYROVSKY-


Reaktion. H⊕ steht für H3 O⊕
liegen zwei unterschiedliche Durchtrittsschritte vor (Zweifachelek-
und ähnliche Spezies.
trode). Die Extrapolation der TAFEL-Geraden führt zu zwei Aus-
tauschstromdichten [7]. Der anodische und kathodische Durchtritts- H2 → H2,ad
H2,ad → [Had · H]⊕ + e⊖
faktor α ergänzen sich nicht notwendigerweise zu eins. Es fehlt ein
[Had · H]⊕ → Had + H⊕
Reaktionsgrenzstrom wie bei der TAFEL-Reaktion. (2a’) H2,ad → Had + H⊕ + e⊖
(2b’) Had → H⊕ + e⊖
Durchtrittsstromdichte H2 → 2H⊕ + 2e⊖
h i
2i 0,1 i 0,2 e(α1 +α2 )F ηD /RT − e−(2−α1 −α2 )F ηD /RT
iD =
i 0,2 eα2 F ηD /RT + i 0,1 e−(1−α1 )F ηD /RT
Index 1 für (2a′ ),
TAFEL -Gleichung für hohe Stromdichte, |ηD | ≫ RT/F.
Index 2 für (2b′ ).
α F ηD
log i D = log 2i 0,1 + 1 η (anodisch)
RT ln 10 D
(1 − α2 )F |ηD |
log |i D | = log 2i 0,2 + RT ln 10 < ηD | (kathodisch)
 

In Gleichgewichtsnähe: RD = D = RT i 1 + i 1
di D 4F 0,1 0,2

2.16 Sauerstoffelektrode
Oberhalb der Zersetzungsspannung scheidet eine Anode (Pluspol)
aus einem wässrigen Elektrolyten Sauerstoff ab. Schritt 2 ist ge-
schwindigkeitsbestimmend.
In saurer Lösung In basischer Lösung
(1) H2 O ⇋ OHad + H⊕ + e⊖ OH⊖ ⇋ OHad + e⊖ |·2
OHad ⇋ OHad (Platzwechsel)
(2) OHad ⇋ Oad + H⊕ + e⊖ OHad +OH⊖ ⇋ Oad + H2 O + e⊖ |·2
(3) 2 Oad ⇋ O2 2 Oad ⇋ O2
2H2 O ⇋ O2 + 4H⊕ + 4e⊖ 4 OH⊖ ⇋ 2H2 O + O2 + 4e⊖

Das Potential der Sauerstoffelektrode, zum Beispiel eines luftum- ✄2.47 Elektrolyse: Potential E 0 der
spülten Platinbleches, lautet mit der N ERNST-Gleichung. O2 -Abscheidung (V NHE).
h  p i pH 0 pH 7 pH 14
E = 1,229 − 0,05916 pH + 21 log p02
O
+1,229 +0,185 +0,401
bei 25 ◦C. In saurer Lösung beobachtet man wegen kinetischer
Hemmungen ein Potential E 0 ≈ 1,15 V anstatt des theoretischen
Wertes 1,229 V.
Die anodische Sauerstoffabscheidung erfordert eine geschlossene
Oxiddeckschicht auf der Elektrode (adsorbierte OH-Radikale, >800
mV RHE). Die kathodische Sauerstoffreduktion hingegen erfordert
ein Potential, in dem die Oberfläche weitgehend frei von Sauerstoff-
deckschichten ist.
Elektrokatalysatoren wie Platinmetalle und Silber eignen sich glei-
chermaßen für die Sauerstoffabscheidung und die Sauerstoffredukti-
on. Für die technische Elektrolyse werden katalytisch beschichtetes
Nickel oder Titan eingesetzt (z. B. Ti/RuO2 , Ni/IrO2 ).
42

2.17 Sauerstoffreduktion
✄2.48 Zweistufenmechanismus Die kathodische Teilreaktion der Knallgas-Brennstoffzelle und der
der indirekten Sauerstoffreduktion
Sauerstoffkorrosion hat anders als die Wasserstoffoxidation eine ho-
O2 + H2 O + 2e⊖ → HO⊖ 2 + OH .

dc-Polarogramm in luftgesättigter he Aktivierungsenergie und Überspannung, selbst an guten Elektro-
1-molarer KCl-Lösung [7]. katalysatoren wie Platin und Silber (400 mV bei 1 mA/cm2). Die
Austauschstromdichte ist gering, das Ruhepotential stellt sich lang-
✻ sam und schlecht reproduzierbar um 1,1 V NHE (sauer) bzw. 0,3
I
µA V NHE (alkalisch) ein, wobei die Bildung von Wasserstoffperoxid
(2b)
H2 O2 bzw. Hyperoxid HO⊕ 2 potentialbestimmend ist [7].
25
z2 = 2
Saure Lösung Alkalische und neutrale Lösung
(2a) (1) Direkte Reduktion
(1,23 V NHE) (0,401 V NHE)
z1 = 2
O2 + 4H⊕ + 4e⊖ ⇋ 2H2 O O2 + 2H2 O + 4e⊖ ⇋ 4OH⊖
(2) Indirekte Reduktion
✲ (0,682 bzw. 1,77 V NHE) (–0,065 bzw. 0,867 V NHE)
0 -0,4 -0,8 -1,2 -1,6 -2 a) O2 + 2H⊕ + 2e⊖ ⇋ H2 O2 O2 + H2 O + 2e⊖ ⇋ HO⊖ 2 + OH

E / V SCE ⊕ ⊖ ⊖ ⊖ ⊖
b) H2 O2 + 2H + 2e ⇋ 2H2 O HO2 + H2 O + 2e ⇋ 3OH
I LKOVIC-Gleichung: O2 + 4 H⊕ + 4 e⊖ ⇋ 2 H2 O O2 + 2 H2 O + 4 e⊖ ⇋ 4 OH⊖

ilim = 607 z D ṁ 2/3 cb t 1/6 Mechanistisch treten zwei Parallelreaktionen mit unterschiedlicher
Adsorption des Sauerstoffs am Elektrodenmaterial auf.26
Für Gelöstsauerstoff:
cb Konzentration in Lösung 1. Direkte Reduktion zu Wasser (saure Lösung) bzw. Hydroxid
D Diffusionskoeffizient (alkalische Lösung), wobei O2 eine Peroxidbrücke über ein oder
Quecksilbertropfelektrode: zwei Metallzentren bildet. Bei Platin und Silber im Grenzstrom-
ṁ Massendurchfluss bereich (hohe Stromdichte) der bevorzugte Reaktionsweg. Für saure
t Tropfzeit Lösung:
O O O—O +2H⊕ ⊕ ⊖
❅M oder / \ ✲ [M(OH)2 ]2⊕ 2H + 4e✲ 2 H2 O
M −M
M
2. Indirekte Reaktion über Wasserstoffperoxid (sauer) bzw. Hy-
peroxid HO⊖2 (basisch), wobei O2 mit einem Winkel von 120 ans

✄2.49 Metall bindet. Vorrangig bei Platin und Silber (niedrige Stromdich-
Potential der Sauerstoff-Hyperoxid- te im TAFEL-Bereich), Gold, Graphit, Kohle; ausschließlich bei
Elektrode in alkalischer Lösung Quecksilber.
O OH
aOH⊖ aHO⊖ / /
E 0 = –0,065–0,029 log p a 2 O +H⊕ + e⊖ ✲ O +H⊕ + e⊖ ✲ H2 O2
O2 H2 O | | −M
aHO⊖ = 10−5 . . . 10−11 mol/ℓ M M
2
⇒ E 0 ≈ 0,22 V. Die kathodische TAFEL-Gerade27 führt zur Austauschstromdichte
der geschwindigkeitsbestimmenden Hyperoxidbildung (2a), die bei
Wasserstoffoxidation:
pH 7 am kleinsten, bei pH 0 und 14 am größten ist.
−0,83 V (pH 14)
Sauerstoffreduktion: 25 Gleichung (2a) mit Peroxid-Gleichgewichtskonzentration in Elektrodennähe
+0,22 V
Ruhespannung: (10−10 bis 10−8 mol/ℓ). Der frühere Literaturwert –0,076 V (statt –0,065 V)
0 − E 0 = 1,05 V berücksichtigte den Sauerstoffpartialdruck nicht.
E red ox 26 Ferner chem. Zersetzung: H O → H O + 1/ O bzw. HO⊖ → OH⊖ + 1/ O .
2 2 2 72 2 2 2 2
27 Theoretische Behandlung als Zweifachelektrode analog zur V OLMER -
H EYROVSKY-Reaktion (siehe vorn); Index 1 für (2b), Index 2 für (2a).
43

2.18 Cyclovoltammetrie

Die zyklische Voltamperometrie oder Dreieckspannungsmethode, ✄2.50 Voltamperometrie:


Elektrometrisches Messverfahren;
kurz CV, ist eine potentiodynamische Messmethode, mit der sich
Strom als Funktion der linear
Redoxreaktionen und andere Elektrodenprozesse aufschlussreich veränderlichen Spannung.
untersuchen lassen. Das Elektrodenpotential wird als zeitliche Drei-
ecksrampe angelegt, der Strom gemessen. Bei bestimmten Spannun- U ✻

gen treten infolge des Stoffumsatzes an den Elektroden Stromspit- ❅
zen (Peaks) auf; weil die Lösung rasch an aktiver Substanz verarmt, ❅
gehorcht der diffusionslimitierte Strom dem 1. F ICK -Gesetz. ❅

dc ✲
ṅ = −D A dx t

Der Spannungsvorschub (Scanrate) liegt zwischen 10−4 und 10000


V/s; typisch bei 100 mV/s. Bei sehr langsamem Spannungsvorschub
wird eine quasistationäre Strom-Spannungs-Kurve gemessen.
Je nach Spannungsbereich und Temperatur zeigt das Cyclovoltam-
mogramm folgende qualitativen Merkmale:
 Hinlauf zu positiven Potentialen = anodischer Halbzyklus, Oxi-
dationsreaktionen laufen ab.
 Rücklauf zu negativen Potentialen = kathodischer Halbzyklus,
Reduktionsreaktionen.
 Reversible Elektrodenreaktionen führen zu symmetrischen – ide-
al um 59 mV verschobenen – Oxidations- und Reduktionspeaks.
 Irreversible Elektrodenreaktionen entsprechen unsymmetri-
schen Oxidations- oder Reduktionspeaks.
Charakteristische Größen des reversiblen Ein-Elektronentransfers E p Peakpotential (V)
sind: 1E Peakabstand (V)
√ Ip Peakstrom (A)
1E = 58,5 mV (25◦ C); Ip,⊕ = Ip,⊖ ; Ip = konst · v v Spannungsvorschub (V/s)
⊕ anodisch, ⊖ kathodisch
Das Cyclovoltammogramm einer Platinelektrode verdeutlicht den
Auf- und Abbau von Deckschichten auf der Oberfläche. Insbeson-
dere der Sauerstoffreduktionspeak bei ca. 0,8 V zeigt die Qualität
von Brennstoffzellen-Elektroden.
Pt-H Pt-OH Pt-O O2

0,2
mA cm-2

0
0,5 1 1,5
V RHE
-0,2

-0,4 ✄2.51 Cyclovoltammogramm


einer Platinelektrode in 1-molarer
H2 Pt-H Pt-O
Kalilauge.
-0,6
Interpretation ✄Tab. 2.52
44

✄2.52 Elektrodenvorgänge an Platin in Abhängigkeit des Potentials, wie sie


das Cyclovoltagramm abbildet. Umrechnung: V NHE = V RHE – 0,059 pH.

mV RHE im sauren Milieu im basischen Milieu

450–550 Aufladung der Doppelschicht


Ausbildung der Sauerstoffchemisorptionsschicht.
Hält man das Potential an, kommt der Strom zum Erliegen,
weil das Gleichgewichtspotential erreicht ist.
>550 Pt + H2 O ⇋ Pt-OH + H⊕ + e⊖ Pt + OH⊖ ⇋ Pt-OH + e⊖
>800 2 Pt-OH ⇋ Pt-O + Pt + H2 O 2 Pt-OH ⇋ Pt-O + Pt + H2 O
>1600 Anodische Sauerstoffabscheidung über intermediäre OH-Radikale
(und mögliche peroxidische Zwischenstufen)
OHad + OH⊖ ⇋ 2 OHad + e⊖
4 ( H2 O ⇋ OHad + H⊕ + e⊖ ) 4 ( OH⊖ ⇋ OHad + e⊖ )
2 ( 2 OH⊖ ⇋ H2 O + Oad ) 2 ( 2 OHad ⇋ H2 O + Oad )
2 Oad ⇋ O2 ↑ 2 Oad ⇋ O2 ↑
2 H2 O ⇋ O2 + 4 H⊕ + 4 e⊖ 4 OH⊖ ⇋ O2 + 2 H2 O + 4 e⊖
Rücklauf Abbau der Sauerstoffbelegung (<800 mV) und Doppelschichtbereich (450–550 mV)
<350 Wasserstoffentwicklung: (a) VOLMER -TAFEL , (b) VOLMER -H EYROVSKY
>350 (a) 2 H⊕ + 2 e⊖ ⇋ 2 Had ⇋ H2,ad (a) Pt + H2 O + e⊖ ⇋ Pt-H + OH⊖
(b) H⊕ + e⊖ ⇋ Had (b) Had + OH⊖ ⇋ H2 O + e⊖
(b’) Had + H⊕ + e⊖ ⇋ H2,ad (b’) H2,ad + OH⊖ ⇋ H2 O + Had + e⊖
2 H⊕ + 2 e⊖ ⇋ H2 ↑ 2 H2 O + 2 e⊖ ⇋ H2 ↑ + 2 OH⊖
Zweiter Oxidation des gebildeten molekularen Wasserstoffs und
Hinlauf der atomaren Belegungen (Wasserstoffelektrode)
>0 H2 ⇋ H2,ad
TAFEL -Reaktion H2,ad ⇋ 2 Had
VOLMER-Reaktion Had ⇋ H⊕ + e⊖
H EYROVSK Ý-Reaktion H2,ad ⇋ Had ·H⊕ + e⊖ ⇋ Had + H⊕ + e⊖
Had ⇋ H⊕ + e⊖
H2 ⇋ H⊕ + e⊖ H2 + 2 OH⊖ ⇋ 2 H2 O + 2 e⊖

Bereits nach kurzem Stromfluss herrscht zwischen zwei Platinelek-


troden in wässriger Schwefelsäure oder Kalilauge das Potential der
Knallgaskette H2 (Pt)|H2 SO4 bzw. KOH|O2 (Pt).
Das Redoxpotential von Ferrocen FeCp2 ⇋ [FeCp2 ]⊕ + e⊖ (400
mV NHE) dient in der Praxis als lösungsmittelunabhängiges Be-
zugssystem. Bei ansteigender Spannungsrampe fließt der Oxidati-
onsstrom zum Ferriciniumkation; bei absteigende Rampe der Re-
duktionsstrom des zurückgebildeten Ferrocens. Bei langsamster
Scanrate diffundiert das Kation von der Elektrodenoberfläche weg
und Rückreduktion zum Ferrocen28 bleibt aus.
28 Bis(η2 -cyclopentadienyl)eisen(II), [π -(C H ) Fe], Cp Fe; Sandwichkomplex.
5 5 2 2
45

2.19 Elektrokatalysatoren

Elektrokatalysatoren — in dünner Schicht oder fein verteilt auf ✄2.53 Überspannungen bei der
einen Elektrodenträger gebracht — senken die Aktivierungsener- Wasserelektrolyse an Platin
gie29 bzw. Aktivierungsüberspannung und beschleunigen so die
✻ V NHE
gewünschte Elektrodenreaktion. Nebenreaktionen sollen inhibiert ✻ ✻
werden. ✄Abb. 2.53 1,6

 Die Übergangsmetalle, besonders die Eisen- und Platinmetal- ✆ η0,⊕ η⊕ (i)
le, sind Dank ihrer Neigung zur Komplexbindung gute Kata- 1,23 ✆ ❄ ❄
lysatoren. Das Aufrauhen glatter Blechelektroden (z. B. durch H2 O→ 12 O2 +2H⊕ +2e⊖
Sandstrahlen) verbessert die geometrische Stromdichte. Vorteil-
haft sind Netze, Metallfilze und geträgerte Katalysatoren.
 Feinverteilte Metalle verdanken ihre hohe katalytische Akti- Zellspannung E(i)
vität Wachstumskanten und Gitterstörungen auf der Oberfläche.
Platinmohr wird aus verdünnten Salzlösungen bei hoher katho-
discher Überspannung abgeschieden.30 2H⊕ + 2e⊖ → H2
0
R ANEY-Nickel entsteht aus einer gemahlenen Nickel- ❑❆ ✻η⊖ (i)
❄ ❄
Aluminium-Legierung, indem heiße Kalilauge das unedle ❆

Aluminium herauslöst. Das verbleibende poröse Nickelpul- η0,⊖
ver wird in alkalischen Brennstoffzellen und der alkalischen ✲
Wasserelektrolyse eingesetzt. i (mA/cm2 )

 Legierungen übertreffen häufig die katalytische Wirksamkeit


Aktivierungsüberspannung
der einzelnen Metallbestandteile (veränderte Wechselwirkungen η0,⊕ Sauerstoffüberspannung
mit den Reaktionsteilnehmern). η0,⊖ Wasserstoffüberspannung
 Metalloxide (wie RuO2 , IrO2 , PbO2 , Co3 O4 , MoO2 , WO3 ) Gesamtüberspannung
werden auf Titan oder Nickel aufgesintert und sind bei hohen η⊕ (i) Sauerstoffelektrode
η⊖ (i) Wasserstoffelektrode
Stromdichten stabil.31 Bleidioxid ist nur als Anodenmaterial sta-
bil. Braunstein MnO2 leitet mäßig und wie Eisenoxid Fe3 O4
verändert es sich leicht irreversibel. ✄Abb. 2.54
Perowskite, Spinelle, Pyrochlore, modifizierte Tone und andere ✄2.54
Verbindungsklassen konnten ihre Tauglichkeit als langzeitstabile Spannungsfenster in wässriger
Lösung und spezifischer Widerstand
Elektrodenmaterialien noch nicht erweisen. ✄Abb. 2.54
 Dotierte Halbleiter auf Basis von ZnO, CdS, GaP, Anthracen, Material E max (V) ̺ (µ cm)
WC, SiC, TiC, B4 C u. a. sind wegen ihrer schlechten Leitfähig- RuO2 1.4 V 40
keit nicht relevant. IrO2 1.1 V 50
Co3 O4 1.5 V
 Kohlenstoffelektroden sind als Platten, Fasermatten, Papiere MoO2 0.9 V 100
und Pulverpresslinge im Handel. Grafit wird als inertes Material Fe3 O4 520
mit hoher Wasserstoffüberspannung breit eingesetzt, brennt“ WO3 0.9 V 3000
” MnO2 >104
unter Luftzutritt bei hohen Stromdichten jedoch ab.

29 Freie Aktivierungsenthalpie 1G des aktivierten Komplexes (Übergangszustand)


der Durchtrittsreaktion Ox + z e⊖ ⇋ Red.
30 Bei kleiner Überspannung weniger Kristallisationskeime, dafür größere Kristalle.
Simultane Wasserstoffentwicklung formt den Metallschwamm.
31 Dimensionsstabile Elektroden aus Titanstreckmetall und RuO -Katalysator ver-
2
drängten in den 1970er Jahren den zum Abbrand neigenden Elektrodengraphit bei
der Chloralkalielektrolyse.
46

Metalle Halbleiter
Pt, Pd, RANEY-Ni, Rutile MO2
Rh, Au
Ti V Cr Mn
Nb Mo Ru Rh
Ta W Re Os Ir Pt Pb

Titansuboxide
A = Na, Ce, Sn; B = W, Mo

Perowskite ABO3
II-IV: invertiert
I-V:
III-III:
II-IV:

A = Pb, Bi, Cd, Ni;


B = Ir, Ru, Rh, Pt, Re, Sn
Kohle Leitfähige Polymere
Aktivkohle, Ruß, Polypyrrol, Polyanilin,
Kohlenstofffasern, Polythiophen
Kohle-Metall-Komposite

✄2.55 Katalysatoren für


elektrochemische Zellen. Glaskohlenstoff (glassy carbon) ist chemisch resistent, gasdicht,
polierbar, auch in organischen Lösungsmitteln einsetzbar; bei
hohen Stromdichten erleidet die glatte Oberfläche irreversible
Oxidation und Aufrauhung durch Rekristallisation.

Kohlepasteelektroden bestehen aus Kohlepulver und Binder
(Paraffin, PTFE, Nafion R ).
Mit Aktivkohle und Ruß werden auch metallische Träger be-
schichtet; hohe spezifische Oberfläche (1200–2000 m2 /g), aber
relativ hoher Widerstand und eine begrenzte mechanische und
chemische Stabilität der Oberfläche.
 Leitfähige Polymere habe ihre Langzeit- und Zyklenstabilität
noch nicht erwiesen.
✄2.56 Die Potentialdifferenz zwi- Durch Unterpotentialabscheidung32 hergestellte Submonoschich-
schen Bulk- und Unterpotentialab-
ten zeigen ähnlich wie Legierungen verstärkte oder bifunktionale
scheidung korreliert mit dem Unter-
schied der Austrittsarbeiten der Me- katalytische Eigenschaften. Bedeckungsgrade von 3 bis 70 % eines
talle (1ϕupd ≈ 1WA /2). geeigneten Metalls (Ru, Sn; As, Sb, Bi) auf Platin senken die Über-
spannung der CO-Oxidation um 200–500 mV. Spuren von Blei auf
System 1ϕupd / V
kohlegeträgertem Platin verbessern die Ameisensäure-Oxidation;
Ag⊕ /Pt 0,5 mol/ℓ H2 SO4 0,44 obwohl Reinblei inaktiv ist [7]. ✄Tab. 2.56
Hg2⊕ /Au 0,5 mol/ℓ H2 SO4 0,43
Ag⊕ /Au 0,5 mol/ℓ H2 SO4 0,51
Li⊕ /Pt 0,02 mol/ℓ in 1,3
Propylencarbonat
32 engl. under potential deposition (upd); schubweise Abscheidung von Metallinseln
unterhalb des theoret. N ERNST-Potentials. Im Cyclovoltammogramm erkennbare
Spannungsspitzen sind bei Einkristallflächen besonders scharf.
47

2.20 Gasdiffusionselektroden
Glatte Elektrodenbleche aus Platin oder Nickel in Kalilauge lie- ✄2.57
fern Stromdichten von wenigen mA/cm2 . Wasserstoff und Sauer- Gaslöslichkeit in Wasser
stoff lösen sich nur millimolar in Kalilauge und müssen einen langen
Diffusionsweg vom Flüssigkeitsspiegel zur Elektrodenoberfläche H ENRY’sches Gesetz
p n n
zurücklegen.33 Die größte Stromdichte herrscht an der Dreiphasen- xi = Hi = n + ni ≈ n i
i H2 O H2O
grenze von Elektrode, Elektrolyt und Gasraum. Moderne Gasdiffu- Für Wasserstoff (0 ◦ C):
sionselektroden sind daher porös; hohe Oberfläche und elektroka- 101325 Pa·55.55mol/ℓ µmol
talytische Aktivität ermöglichen Stromdichten von über 1 A/cm2 . = 780 ℓ
7.12·109 /Pa
Kapillarkräfte fixieren den Elektrolyten in den Poren, ohne die Elek- Gemessene Löslichkeit (25 ◦ C):
trode vollzusaugen, oder dass durch den Gasdruck Elektrolyt ausge- a) Wasserstoff: 84,8 µmol/ℓ
tragen wird. Die Zweischichtelektrode34 besteht elektrolytseitig aus b) Sauerstoff: 1200 µmol/ℓ
einer feinporösen, kapillaraktiven Katalysatorschicht und gasseitig
H H ENRY-Konstante.
aus einer grobporösen, kapillarinaktiven Schicht.
 Hydrophobe Elektroden haben eine wasserabweisende Gassei-
te. PTFE-gebundene Kohlepulver werden auf Metallnetze oder ✄2.58 Benetzung einer Pore von
Grafitpapier aufgebracht und bevorzugt in bipolaren Brennstoff- Nickel (links) und Kohle (rechts).
zellen eingesetzt. ✄Abb. 2.58
 Hydrophile Elektroden bestehen aus gesinterten Metallpul-
vern, Nickelfilzen oder -schäumen. Die Gasdiffusionsschicht hat Gas El.yt Gas El.yt
größere Poren als die elektrolytseitige Reaktionsschicht. Die
gute Leitfähigkeit qualifiziert Nickelelektroden für monopola- hydrophil hydrophob
re Brennstoffzellen, die über Laschen an den Elektrodenkanten
kontaktiert werden müssen.
Die Grenzstromdichte in den elektrolytgefüllten Poren hängt von ✄2.59 Grenzstromdichte nach dem
1. F ICK’schen Gesetz.
Konzentration und Diffusionskoeffizient des gelösten Gases ab.
Der Grenzfilm soll möglichst dünn, die reale Elektrodenoberfläche I = zF r D c
ilim = A δ
möglichst groß gegenüber dem geometrischen Querschnitt sein. Ein
Zahlenbeispiel zeigt: hohe Stromdichten erfordern raue Elektroden! A Elektrodenquerschnitt
−9 2 −6 c Gelöstgaskonzentration (mol/m3 )
2 · 96485 C/mol · 25000 · 10 m /s · 10 mol/ℓ
= 0,5 A/cm2 D Diffusionskoeffizient (m2 /s)
10−6 m r Elektrodenrauigkeit
An der winzigen Dreiphasengrenze Elektrode – Elektrolyt – Gas- δ Elektrolytfilmdicke
raum löst sich das Gas im Elektrolyten. Die Benetzungseigen-
✄2.60 Differenzdruck.
schaften der Elektrode und der Differenzdruck 1p bestimmen den
Flüssigkeitsspiegel (Meniskus) in der Pore. ✄Formel 2.60 1p =
2γ cos θ
rp
Die Stromdichte in der eindimensionalen Pore für die diffusions-
limitierte Brennstoffoxidation lautet: rp Porenradius
γ Oberflächenspannung
x A (Gas) + y B (Flüssigphase) ± z e⊖
−→ p P θ Kontaktwinkel zwischen Gas-Flüssig-
" !x !y !p # und Fest-Flüssig-Grenzfläche
cAs cBs cPs
αa z F η/RT −αc z F η/RT
i = i0 b
e − b e (2.28)
cA cBb cP
| {z } | {z }
anodisch kathodisch
33 In 0,0008-molarer wässriger Lösung ist bereits p
H2 = 1 bar. ✄Tab. 2.57
34 Auch: Doppelporen- oder Doppelschichtelektrode; vgl. B ACON-Zelle.
48

Die kathodische Rückreaktion ist bei hohen Stromdichten ver-


nachlässigbar. Für die Oxidansreduktion: die Konzentrationsfakto-
ren vor den Exponentialgliedern austauschen.
Das realistischere Filmmodell nimmt an, dass die innere Oberfläche
der zylindrischen Poren mit einem dünnen Elektrolytfilm bedeckt
sei. Die Reaktionsprodukte verteilen sich meist ungleichmäßig und
erzeugen eine von der Film- bzw. Porenlänge abhängige Überspan-
nung.

2.20.1 Faraday’sche und kapazitive Ströme

✄2.61 Zeitlicher Abfall von Brennstoffzellenelektroden verhalten sich wie verlustbehafte elek-
kapazitiven und faraday’schen
trische Kondensatoren, die von der Doppelschichtkapazität und
Strömen (idealisiert).
zusätzlich von faraday’schen Lade- und Entladeströmen an der Pha-
I ✻ sengrenze Elektrode/Elektrolyt bestimmt werden.35 Diese Anteile
IR-Drop lassen sich mit Hilfe von Pulsmessverfahren auftrennen, die in der
Polarografie und für die IR-Kompensation36 eingeführt sind.
IF 1. Die Zelle wird mit einer konstanten oder ansteigenden Gleich-
Ic spannung geladen und gleichzeitig eine sinus- oder rechteckförmige

t Wechselspannung bestimmter Frequenz überlagert — oder man un-
Kapazitiver Strom terbricht den Stromkreis für einige Millisekunden. Gemessen wird
) = C dU = C v der zeitiche Verlauf des Stroms (Chronoamperometrie ✄Abb. 2.61).
Ic = dQ(U
dt D dt D
 Der ohm’sche Spannungsabfall erfolgt augenblicklich.
 Die Doppelschichtkapazität entlädt sich schnell −t /RC .
√mit e
Differentielle
Doppelschichtkapazität  Der faraday’sche Strom klingt langsam mit 1/ t ab.
CD = dQdU Nach fünf Zeitkonstanten (τ = Rel CD ) oder grob 50 ms Wartezeit,
Faraday’scher Strom
wenn der kapazitive Doppelschichtstrom abgefallen ist, misst man
q nahezu den reinen faraday’schen Strom — also den mit der Depola-
IF ∼ cb D t risatorkonzentration37 verknüpften Strom.
Voltammetrische Ladung 2. Mit Hilfe einer ansteuerbaren elektronischen Last kann man durch
Anlegen und Abschalten des Stromes Brennstoffzellen im Realbe-
Q = I dt = v1 I dU
R R
trieb messen und ohmsche, kapazitive und faraday’sche Anteile aus
cb Bulkkonzentration der Strom-Zeit-Abklingkurve bestimmen.
D Diffusionskoeffizient 3. Die Impedanzspektroskopie genießt den Vorzug, dass die Dop-
U Zellspannung bzw. pelschichtkapazität bei hohen Frequenzen direkt messbar ist.
Elektrodenpotential
Im Z
Q elektrische Ladung CD = lim
t Zeit ω→∞ ω [(Re Z−Rel )2 +(Im Z)2 ]
v Spannungsvorschub (Anwendung siehe Kapitel 4).

35 In jedem Punkt der Ladekurve wird eine weitaus größere differentielle Kapazität
C = dQ/dU gemessen, als der integralen Kapazität Q/U entspricht. Als fara-
day’sche, d. h. batterietypische Reaktion gilt insbesondere der Ladungsübergang
an der Elektrode-Elektrolyt-Grenzfläche.
36 Sampled-IR-Kompensation im potentiostatischen Modus: durch periodische Un-
terbrechung des Zellstromes wird die korrigierte Zellspannung U0 = U − I Rel
ermittelt. Bei der Feedback-IR-Kompensation legt das Gerät die um den vorgege-
benen Widerstand Rel höhere Zellspannung U = U0 + I Rel an.
37 An einer Elektrode elektrochemisch umgesetzter Stoff.
49

4. Mit der Cyclovoltammetrie sind innere und äußere Elektroden- ✄2.62 Voltammetrische Ladung Q
(in C/cm2 ) und Strom I in Abhän-
oberfläche unterscheidbar [16]. ✄Abb. 2.62
gigkeit des Spannungsvorschubs.
 Peakstrom-Methode. Ein zunehmend schneller Spannungsvor-
schub v lädt oder entlädt die Elektrodenoberfläche (Doppel-
Q⋆ r

schicht) mit immer größeren Peakströmen I . Die Kapazität C Q ⋆0 ∼ √1 ✻
ist die Steigung der Geraden I = Cv (für gegebene Spannung). v innere
dQ dU Oberfläche

r
I = =C =Cv (2.29) ❄
dt dt
äußere
 Integrations-Methode. Integration der cyclovoltammetrischen Q ⋆∞ ∼ v1 ✻

Oberfläche
Stromspitzen in einem vorgegebenen Spannungsbereich führt v
V/s
zur voltammetrischen Ladung Q ⋆ , die reziprok mit dem Span-
nungsvorschub v korreliert: schneller Scan, kleine Ladung.
Z Z Z ✻ Durchtritts- ✲
1 I reaktion: I ∼ v
Q⋆ = I dt = I (U ) dU = C(U ) dU (2.30) A
v
| {z }
Fläche

 den Spannungsvorschub (Scanrate) gilt: v = CI = Fläche .


Q⋆ ✛ diffusionslimitierte

Reaktion: I ∼ v
Bei kleiner Spannungsänderung wird auch die innere Oberfläche er- ✲
v
fasst. Die schnelle Durchtrittsreaktion dringt durch langsame Diffu- V/s
sionsprozesse in die Porentiefe vor, so dass die Konzentration der
elektroaktiven Spezies ins Elektrodeninnere hinein abnimmt. Bei
sehr
√ kleinen Scanraten v wächst daher der Strom proportional zu
v, und Q ⋆ sinkt proportional zu v −1/2 .

2.20.2 Modell der porösen Redoxelektrode

Die poröse Elektrode bildet einen verpressten Verbund von Kataly- ✄2.63 Einfaches Ersatzschaltbild
einer elektrochemischen Zelle
satorkörnern. Der Elektrolyt dringt in die Mikroporen und zwischen
die Korngrenzen benachbarter Kristallite ein. Die Makroporen die-
nen der Gasversorgung. Die Ortskurve der Impedanz und der Fre- ⊕ ⊖
quenzgang der Kapazität C(ω) spiegeln Aktivität und Porosität der
Elektrodenoberfläche wider. Mit zunehmender Dicke der porösen
Anode Elektrolyt Kathode
Elektrode bildet sich ein hochfrequenter Ortskurvenbogen im Impe-
danzspektrum aus. ✄Abb. 2.63 bis 2.66. CA CK

1. Modell der eindimensionalen Pore. Läuft an der Grenzfläche Rel


zwischen Elektrode und Elektrolyt eine Redoxreaktion Oxad + z e⊖
⇋ Redad ab, so addieren sich der Ladestrom der Doppelschicht-
kapazität CD und der faraday’sche Strom If zum Gesamtstrom I . ZA ZK
Der faraday’sche Strom folgt der zeitlichen Änderung der Ober-
flächenkonzentration Ŵ der redoxaktiven Spezies an der Grenz-
fläche. Die endliche Leitfähigkeit des Elektrolyten bewirkt im Po-
rensystem einen Potentialgradienten [6]. Der effektive Elektrolytwi-
derstand Rel wächst mit zunehmender Länge l der Pore und abneh-
mender Oberflächenrauigkeit S/A und begrenzt den Strom durch
die Grenzfläche Elektrode/Elektrolyt.
50

dU l 2 A2 ∂ 2 1U
✄2.64 I = CD + If − =0 (2.31)
Struktur der porösen Elektrode | {zdt} |{z} Rel S 2 ∂ x 2
| {z }
Doppelschicht faradaisch Pore
Kristallit

r rr ❜ ❜ ❜❜ ❙
❙❜ ❜✄❜ ❜ ❜❵
Pore

r ❜❜❵ ♠❄ ❵ ❜✂❜ ❜✁❜❜ ❜


Korngrenze Bei der Impedanzmessung erzwingt das Anregungssignal 1U klei-
❄❄ ✇
✄ ❜ ❜ ❜ ❜ ❜❜❜❜❵ ❜ ❜❡❜❜
ne Oszillationen des Faradaystromes 1If um den Gleichgewichts-
r r r ✂❜ ✁❵ ❜❵ ❜ ❡❵ ❜✄
r r r ❜❜❜ ❜ ❜❜✞❜ ☎ ❜❵ ❜ ❜ ✂❜ ✄✁❵
wert, die durch L APLACE-Transformation in den Frequenzraum

rr rr ❜ ❜❜ ❡❜✝ ✆ ❤❜
übertragen und als Impedanz Z = 1U /1I dargestellt werden.
❡ ❜ ❜ ❜ ❜ ❜ ✂✁ ∂1U l 2 A2 ∂ 2 1U
j ωCD 1U + − = 0 (2.32)
∂ RD + (j ωCad )−1 Rel S 2 ∂ x 2
Mit Grenzbedingungen für die Elektrodenoberfläche d1U/dx =
−1I Rel S/(Al) (x = 0) und den Porengrund d1U/dx = 0 (x = l)
✄2.65 Impedanzspektrum einer
ergibt sich die längenbezogene
dünnen und dicken porösen
Elektrode (qualitativ). Impedanz der eindimensionalen Pore. ✄Abb. 2.66
1 Durchtrittsvorgang an der  p 
Grenzfläche fest/flüssig. 1U R S coth l 2m
2 Ionendiffusion in den Z l ( j ω) = = lA e √
elektrolytgefüllten Poren.
l 1I m
mit

Im Z
Re ✲
Z
(2.33)
S 2 j ωC +
 j ωCad 
1 m = Rel D
l2 A j ωCad RD + 1
2 | {z }
Y (ω)
dick
A Elektrodenquerschnitt, l Porenlänge, S reale Oberfläche, x Ort.

dünn Die Elektrodenoberfläche ist durch dimensionslose Kennzahlen


auf Basis der Elektrolytleitfähigkeit κ = l/Rel S charakterisiert.

l S Rel S 2 = S
✄2.66 Impedanzspektren von
Rel Aκ = A und
l2 A κ Al (2.34)
Nickelblech, unterschiedlich dick
mit RuO2 belegt.
Je rauher die Oberfläche, d. h. je größer S/A ist, umso eher bildet
sich der hochfrequente Viertelkreis aus und der niederfrequente Ab-
0
schnitt weicht mit deutlicher Steigung von der Vertikalen ab.
 Der hochfrequente Viertelkreis ist umso ausgeprägter, je größer
-0.02 die mittlere Porenlänge, der Porenwiderstand oder allgemein der
Quotient RlelAS ist. Auch eine große Adsorptionskapazität Cad ver-
-0.04
breitert den Bogen.
Im Z  Die niederfrequente Ortskurve weicht mit steigender Porenlänge

l von der Vertikalen ab. Die Anfangssteigung beträgt 45◦ .
-0.06 1−j
Z (ω → ∞) = p und Z (ω → 0) = Rel
2ωCD S Y (ω)
mg mg
-0.08 2 6
cm2 cm2 Brennstoffzellen können nur in wenigen praktischen Fällen analy-
tisch modelliert werden. Die numerische Anpassung der Elektroden-
-0.1 und Zellimpedanz an empirische Ersatzschaltbilder gestaltet sich in
0.08 0.09 0.1 der Praxis als aufwändiger Ausweg.
Re Z / 
51

✄2.67 Impedanz der porösen Elektrode: 1-dimensionale Pore.


CD = 0.1, RD = 0.1, Cad = 1
Im Z 0

CD Doppelschicht
Doppelschicht Ω cm 2
-2 R el

100
Ω cm2
-4
Rel

-6
1

Elektrolytleitfähigkeit
Elektrolytleitfähigkeit
-8
Porengeometrie
Porengeometrie
0.001
RD Oberflächenrauigkeit
Oberflächenrauigkeit
Cad -10 Re Z
0 2 4 6 8 10 2
Faraday'sche
Faraday´scheReaktion
Reaktion Ω cm
C 10

F/cm2
Rel 1
Z = B tanh B 0.001
0.1
v  
u
u
u 0.01
u  1  1
j ωCD +
B = u Rel  
t 1 
RD + 0.001
j ωCad 100

0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 f / Hz

2. Kettenleitermodell. Die fraktale Grenzfläche zwischen poröser ✄2.68 Kettenleitermodell.


Elektrode und umgebendem Elektrolyt folgt dem Modell eines Elektrode (Elektronenleitung)
Kettenleiters38 [6], ✄Abb. 2.67. Mit zunehmender Dicke x der
porösen Elektrode begrenzt der Widerstand Z (x) des elektrolyt- dZ 1 (ω)
gefüllten Elektronenleiters den fließenden Strom immer mehr. Fest-
und Flüssigphase sind durch die frequenz- und ortsabhängige Ad- dY (ω)
mittanz Y (x) quervernetzt, die die Vorgänge in der Doppelschicht, dZ 2 (ω)
den Ladungsdurchtritt und die Adsorptionskapazität abbildet.
Elektrolyt (Ionenleitung)

2.20.3 Stromdichteverteilung

Weil Brenngas und Oxidans beim Passieren der Elektrode chemisch


umgesetzt werden, nimmt die Stromdichte über den Elektroden-
querschnitt vom Brenngaseintritt zum Austritt ab. Zur inhomoge-
nen Potentialverteilung tragen zudem die lokal unterschiedlichen
Widerstände von Elektrodenmaterial und Elektrolyt bei. Ein örtlich
höherer Strom verursacht eine Temperaturerhöhung, die wiederum
die Zellreaktion an dieser Stelle schneller ablaufen lässt.
In der Praxis führt man daher Brenngas und Oxidans im Gegen- oder
Kreuzstrom zu. Das Strömungsfeld der Bipolarplatte muss entspre-
chend optimiert werden.
38 Kettenleiter, engl. transmission line
52

Literatur zu Kapitel 2

Elektrochemie
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[29] VDI-Lexikon Energietechnik. Düsseldorf: VDI-Verlag, 1994.
54

3 Alkalische Brennstoffzelle (AFC)


✄3.1 AFC-Geschichte

1902 J. H. R EID: Alkalische


Brennstoffzelle mit Kalilauge
(US 736016/7, US 757637)
Mit der A POLLO-Mission in den Weltraum fand die Brennstoffzel-
1904 P. G. L. N O ËL: FR 350111
lentechnik in Form der alkalischen Brennstoffzelle ihre erste spe-
1923 A. S CHMID: Wasserstoff-
Diffusionselektrode zifische Anwendung. Herkömmliche Batterien und Akkumulatoren
1925 M. R ANEY (USA, 1885- wären zu schwer gewesen; auf Kosten und Lebensdauer kam es
1966): entwickelt Raney-Nickel nicht an. In den frühen BACON-Zellen arbeiteten Nickelelektroden
für Hydrierverfahren in 30%iger Kalilauge bei 200 ◦C und bis zu 50 bar Druck. Nach den
1932 H EISE und S CHUMACHER: Apollo-Flügen wurden keine Hochdruckzellen mehr gebaut. Gasdif-
hydrophobe Diffusionselektrode
für Hochdruckzellen fusionselektroden mit aktivem Platin auf poröser Kohle ermöglich-
1932 F. T. BACON (1904–1992; ten ab Mitte der 1960er Jahre die Niederdruck-AFC bei 50–80 ◦C.
Parsons Ltd.; 1946 Cambridge Mit reinem Sauerstoff liefert die AFC die höchsten Spannungen un-
University) und E. K. R IDEAL ter den Brennstoffzellentypen. Spezifische Leistung (kW/kg), Ener-
[1]: System aus Druckwasserelek-
trolyseur, Wasserstoffspeicher und
giedichte (kJ/m3 ) und 15000 Stunden Lebensdauer übertreffen alle
H2 /O2 -Brennstoffzelle (1937) bekannten Batteriesysteme. AFC sind einfach aufgebaut, moderat
1939 alkalische Brennstoffzelle im Preis und eignen sich für wechselnde Stromlasten.
(27%ige KOH, 100 ◦ C, 220 bar; An das Brenngas Wasserstoff und das Oxidans Sauerstoff bestehen
0,89 V bei 13 mA/cm2 ).
hohe Reinheitsanforderungen. Mit einer wirkungsvollen Gasaufbe-
1946 Zylinderbauweise mit Sin-
ternickelanoden und lithiierter
reitungstechnik sind prinzipiell aber andere Brenngase einsetzbar.
Nickeloxid-Sauerstoffelektrode. Alkalische S IEMENS-Brennstoffzellen betrieben U-Boote und Fahr-
1952 5 kW-Zelle mit Nickelelek- zeuge wurden schon damit betrieben. In der jüngsten Entwicklung
troden in 30 % Kalilauge (200 ◦ C, wurde die AFC von der PEM-Brennstoffzelle überholt, die im
45 bar): 0,8 A/cm2 bei 0,78 V.
Luftbetrieb übelegen ist.
1954 6-Zeller in Filterpres-

senbauweise“ (150 W, 41 bar,
Anode Kathode
200 ◦ C, Ø 12,5 cm, 355 W/ℓ).
1956-59 40-Zeller für Gabelstap-
ler und Schweißgeräte (6000 W,
38 bar, 700 mA/cm2 , 200 ◦ C, Ø
25 cm).
1959 A LLIS -C HALMERS (USA):
Traktorbetrieb mit einem 15-kW-
Aggregat.
1961–70 P RATT & W HITNEY
(USA) und E NERGY C ONVERSI -
ON (GB): Apollo-Brennstoffzelle:
Je Einheit 100 kg, 31 Zellen, 57 Stütznetz
cm Durchmesser, 600–1400 W
bei 27-31 V; 75 % KOH, 200 ◦ C,
3,5 bar. Lebensdauer: 400 h
durch Korrosion der Nickeloxid-
Kathode; Gasverunreinigungen, Endplatte
Austrocknung der H2 -Seite. und Druck-
1948–65 E.W. J USTI (1904-1986, kissen
Braunschweig) und A. W INSEL 2,8 bar 2,8 bar
(1961: VARTA): Doppelskelett-

Elektrode“ aus R ANEY-Nickel
in Reinnickel; AFC mit 6 mol/ℓ 2 bar H2 2 bar O2
Elektrolyt (KOH)
KOH, 67 ◦ C: 250 mA/cm2 , 0,62
V, 256 W/ℓ. ✄3.2 Prinzipieller Aufbau der AFC (S IEMENS).

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2016


P. Kurzweil, Brennstoffzellentechnik, DOI 10.1007/978-3-658-14935-2_3
55

✄3.3 AFC-Geschichte (Forts.)

3.1 Kenndaten des AFC-Systems 1960 AFC-Entwicklung bei der


Firma VARTA (1959); S IEMENS
(1961), Elektroboot Eta“ (1965).

Synonyme: BACON-Zelle, Alkaline Fuel Cell, AFC 1963–69 K. K. K ORDESCH
(Union Carbide, später TU Graz):
Typ: Niedertemperatur-Knallgaszelle AFC für Fahrzeugantriebe;
Aktivkohle auf Sinternickel; 1
Elektrolyt: kW aus 32 Zellen bei 24 V, 50
mA/cm2 .
a) 30%ige Kalilauge (Niedertemperaturtechnik);
1970–73 Brennstoffzellen-Batte-
b) 85 % KOH (250 ◦C, veraltet). rie-Hybridfahrzeug.
Ladungsträger ist das Hydroxidion OH⊖ . 1972 F UJI E LECTRIC (Japan): 10
kW-AFC (100 mA/cm2 ).
Betriebstemperatur: 20–90 ◦C 1976–92 E LENCO (belg.-holländ.
Konsortium): AFC mit 30-%iger
Brenngas: reiner Wasserstoff (z. B. aus Wasserelektrolyse). KOH; 24-Zeller mit 500 W, 100
mA/cm2 bei 0,7 V. 10 kW-Trakti-
Oxidationsmittel: reiner Sauerstoff.
onssystem für VW-Bus.
Elektrodenreaktionen: 1994: AFC für Citybus.
1995–2001: Fortführung durch
⊖ Anode H2 + 2 OH⊖ ⇋ 2 H2 O + 2 e⊖ Z EVCO (GB) u. Z ETEK (Köln).
⊕ Kathode 1/ O
2 2 + H2 O + 2 e⊖ ⇋ 2 OH⊖ 1981 I NTERNATIONAL F UEL
C ELLS (IFC): modifizierte Ba-
(z = 2) H2 + 1/2 O2 ⇋ H2 O conzellen für das Space Shuttle;
Zellspannung: <1 V Edelmetallkatalysatoren (Pt, Pd,
Au); 35 % KOH, 60–70 ◦ C, 4
Elektrodenmaterialien: R ANEY-Nickel auf Stromableitung aus bar; 0,8 V bei 1 A/cm2 ; 12 kW,
100 W/kg. Bipolarplatten aus
Nickel; Zellrahmen aus Kunststoff. vergoldetem Magnesium.
Spezifische Vorteile: 1983 E XXON, A LSTHOM, O C -
CIDENTAL C HEMICAL: 6 mol/ℓ
1. Kostengünstige Katalysatoren (Nickelträger), KOH; Platin; Bipolarplatten aus
2. hoher Wirkungsgrad, PP + Ruß. Stacks auf 100 Zellen;
0,72 V bei 150 mA/cm2 .
3. schnelle Sauerstoffreduktion im alkalischen Elektrolyten,
1985–93 S IEMENS : AFC mit
4. niedrige Arbeitstemperatur. 17,5 kW (für Transporter) und
100 kW (für U-Boot) [27]:
Typische Nachteile: Raney-Nickel und -silber. Später:
1. Reingasbetrieb wegen CO2 -Unverträglichkeit (> 0,5 Vol.-%); PEM-Technologie.
Verstopfung der Gasdiffusionselektroden 1988–93 Hermes-Projekt der
ESA: Eloflux-Zellen u.a. für
durch Kaliumcarbonat (2 KOH + CO2 → K2 CO3 + H2 O); Raumgleiter (nicht realisiert).
2. Korrosionsprobleme; begrenzte Lebensdauer; 1990 AFC-Entwicklung bei
S IEMENS , russischen Firmen,
der Elektroden (ca. ein Jahr); Austritt von KOH Instituten: GH Kassel (1983),
insbesondere in den kathodischen Gasraum DLR (1986), ISET (1991).
3. Niedertemperatur-Abwärme von geringem Nutzwert. 2001 G ASKATEL (Kassel): AFC
für Hausenergieversorgung.
Systemkomponenten: Elektrolytumwälzung, Reaktionswasser- 2002 I NDEPENDENT P OWER
ausschleusung. T ECHNOLOGY (IPT, Russland):
6-kW-AFC aus der Raumfahrt.
Elektrischer Wirkungsgrad: höchster Wirkungsgrad aller 2004 A POLLO E NERGY S Y-
Brennstoffzellen im Reingasbetrieb (60–70 %), 62 % (System) STEMS (USA): mobile AFC mit
H2 aus Ammoniakspaltung.
Entwicklungsstand: Um 2008 I NTENSYS : Fortführung
Raumfahrt, U-Boote, Kleinanlagen (5–150 kW). der Elenco-Technologie: 1,5-kW-
Blocks aus monopolaren Zellen.
Ferner: H YDROCELL Ltd., V ITO.
56

3.2 Thermodynamik der AFC

Die AFC arbeitet am besten bei 60–80 ◦C in 20 bis 50%iger Kalilauge, vorzugsweise 6-molar. Bei
höherer Temperatur dampft zu viel Wasser ab, wenngleich die katalytischen Vorgänge (besonders die
Sauerstoffreduktion) vorteilhaft beschleunigt werden. Über 100 ◦C ist deshalb ein höherer Betriebs-
druck notwendig. Die reversible Zellspannung1 wird von Temperatur, Druck und Wasseraktivität
bzw. Elektrolytkonzentration bestimmt. Rechenbeispiel: ✄Kap. 2.3.

Nernst-Gleichung
a) Anode, ⊖-Pol, H2 -Seite: 0 + RT ln
E ox = E ox [H2 O]2 = E 0′ + RT ln [H⊕ ]
2F ox 2F [H2 ]
[H2 ][OH⊖ ]2
p p
0 RT [O2 ] [H2 O] 0′ RT [O2 ] [H⊕ ]2
b) Kathode, ⊕-Pol, O2 -Seite: E red = E red + 2F ln ⊖ 2 = E red + 2F ln [H2 O]
[OH ]

1/2
c) Reversible Zellspannung E = E red − E ox = 1E 0 + RT ln [H2 ] [O2]
2F [H2 O]

(Für gleichen pH und Wassergehalt an Anode und Kathode.)


Eckige Klammern stehen für Gleichgewichtsaktivitäten: [OH⊖ ] = aOH⊖ .
Für Gase dürfen Drücke eingesetzt werden: [H2 ] = pH2 / p0 mit p0 = 101325 Pa.

G IBBSsche Freie Reaktionsenthalpie und Reaktionswärme (25 ◦C= 298 K, 101325 Pa):
a) für Produktwasser b) für Wasserdampf
1G 0 = –237,13 kJ/mol 1G 0 = –228,57 kJ/mol
1H 0 = –285,83 kJ/mol 1H 0 = –241,82 kJ/mol
0
Reversible Zellspannung E 0 ≡ 1E 0 = − 1G = 1,229 V 1,185 V
2F
(F = 96485 C/mol)

0
Reaktionsentropie 1S 0 = 1H T − 1G 0 < 0

∂ E0 1S 0 1H 0 + 2F E 0
 
Temperaturkoeffizient ∂ T p = 2F = 2F T
–0,847 mV/K –0,23 mV/K
aH2 O
Druckabhängigkeit E(T, p) = E 0 − RT √
2F ln pH2 pO2

1H (T ) = −2F E 0 − T dE 0
 
Reaktionsenthalpie
dT

Elektrochemischer Wirkungsgrad ηU = −2F0 · E(I ) = E(I )


1G E0
(Spannungswirkungsgrad)

Praktischer Wirkungsgrad ηP = −2F0 · E(I )


1H

1 Bei Strom null: Ruhespannung, Open Circuit Voltage OCV, Leerlaufspannung.


57

Mit steigender Temperatur sinken die Überspannungen der Knall- ✄3.4 Reversible Zellspannung der
Knallgasreaktion in Kalilauge
gasreaktion. Für die Zellspannung ist wichtig, ob das Produktwas-
(25 ◦ C, 101325 Pa) [3]
ser flüssig oder dampfförmig entsteht. Wasserdampf hat einen um
die Kondensationswärme größeren Wärmeinhalt; die Reaktionsent- bKOH (mol/kg) 1E 0 (V)
halpie ist daher kleiner. Je mehr Reaktionswärme das System abgibt 0,18 1,229
(1H > 1G), umso größer ist die Zellspannung. 1,8 1,230
Wirkungsgrad. Der thermodynamische oder ideale Wirkungsgrad 3,6 1,232
5,4 1,235
ηrev = 1G/1H der Knallgasreaktion erreicht 83 %, die Temperatu- 7,2 1,243
rabhängigkeit der reversiblen Zellspannung dE 0 /dT = –0,84 mV/K 8,9 1,251
(298 K), so dass der Betrieb einer Wasserstoff-Sauerstoff-Zelle
Für 30%ige KOH ist:
bei Raumtemperatur ungünstig ist. Das Aggregat erwärmt sich je- c = 6,9 mol/ℓ und
doch durch Stromwärme. Der elektrochemische Wirkungsgrad oder b = 6,64 mol/kg.
Spannungswirkungsgrad von Knallgaszellen von ≈ 90 % fällt mit 6-molare KOH ist 27%ig
zunehmendem Strom ab; er dient als grobes Maß für die Brennstoff- und b = 6,3 mol/kg.
nutzung. Der Stromwirkungsgrad ist ein Maß für die Selektivität der
Elektrodenreaktion. Der praktische Wirkungsgrad schließt die Über-
spannungen an den Elektroden und den ohmschen Spannungsabfall
im Elektrolyten ein. ✄Kap. 2.5

3.3 Alkalische Elektrolyte

Nach der Beweglichkeit des Ionenleiters werden unterschieden: ✄3.5 Kalilauge: Dichte ̺ (20 ◦ C)
und Leitfähigkeit κ bei verschiede-
 Mobiler Elektrolyt: flüssig zwischen den Elektroden. nen Temperaturen und Massenantei-
 Immobiler Elektrolyt: in einer saugfähigen Matrix aufgesaugt. len w

T w ̺ κ
3.3.1 Kalilauge ( ◦ C) (%) (g/cm3 ) (S/cm)

25 25 1,236 0,618
Kaliumhydroxid-Lösung am Leitfähigkeitsoptimum (ca. 30 % 25 26,83 1,255
KOH) ist Elektrolyt der Wahl und wird in einer saugfähigen 25 30 1,288 0,624
Matrix (Diaphragma) aus Keramik (ZrO2 -Gewebe, butylgebunde- 50 25 0,910
50 30 0,960
nes BaTiO3 , Al2 O3 , Ton, Glas), früher Asbest, oder Kunststof-
55 35 1,341 1,010
fen (Polyolefin, Polyamid)2 immobilisiert. Das Diaphragma trennt 75 40 1,396 1,250
Anoden- und Kathodenraum, soll möglichst nur für eine Ionensorte 80 26,83 1,255 1,310
durchlässig sein und den Gasdurchbruch verhindern. 80 32,6 1,315 1,364
Mit einer 50 µm dünnen Elektrolytmatrix bei 150 ◦C und 15 bar
wird eine Zellspannung von 1 V bei einer Stromdichte von 1 A/cm2 Molare Konzentration:
erreicht (IFC 1988 [3]). Geschmolzenes Kaliumhydroxid (80–85 %, β ̺w
c= M = M (mol/ℓ)
250 ◦C), wie bei der A POLLO-Mission, spielt heute keine Rolle Massenkonzentration:
mehr. 50%ige Kalilauge ist 13,6-molar. Je konzentrierter die Lauge β = ̺w (g/ℓ)
ist, umso geringer ist der Dampfdruck über der Lösung, und umso Molalität:
größer ist die Zellspannung nach der N ERNST-Gleichung. 75%ige b = (̺/c − M)−1 (mol/kg)
Kalilauge hat einen Wasserdampf-Partialdruck von 0,5 bar. Molare Masse:
M(KOH) = 56,11 g/mol
r
pH2 RT ln pO2
E = 1E 0 + RT 2F ln pH2 O + 2F ✄Tab. 3.4
p0 Umrechnung der Dichte:
1 g/cm3 = 1000 g/ℓ
2 PP, PA, PVC können durch Wärmebehandlung in 40%iger Schwefelsäure (90 ◦ C,
10 min) mikroporös eingestellt werden.
58

✄3.6 Spezifischer Widerstand ρ (in w/% 25 ◦ C 50 ◦ C 55 ◦ C 60 ◦ C 65 ◦ C 70 ◦ C 75 ◦ C 80 ◦ C 100 ◦ C


 cm) von Kalilauge bei verschie-
denen Temperaturen. 5 5,076 3,236 2,247
10 2,833 1,795 1,277
Umrechnung in die Leitfähigkeit: 15 2,092 1,302 0,938
κ = 1/ρ (S/cm) 20 1,764 1,250 1,174 1,099 1,046 0,988 0,928 0,882 0,772
22,5 1,158 1,096 1,027 0,968 0,909 0,863 0,833
25 1,618 1,104 1,036 0,970 0,923 0,865 0,820 0,790 0,686
27,7 1,061 0,999 0,933 0,901 0,833 0,788 0,751
30 1,603 1,042 0,988 0,922 0,867 0,827 0,775 0,737 0,639
32,5 1,060 0,988 0,921 0,864 0,814 0,769 0,730
35 1,681 1,075 1,000 0,929 0,870 0,818 0,772 0,731
37,5 1,100 1,020 0,945 0,883 0,828 0,779 0,736
40 1,905 1,153 1,064 0,980 0,913 0,852 0,800 0,754 0,616
45 1,042 0,644
50 1,182 0,702

Der Wasserdampfpartialdruck über Kalilauge nimmt mit steigen-


der Temperatur zu und mit steigender Konzentration ab. 30%ige
KOH siedet bei 112 ◦C, 60%ige KOH bei 168 ◦C. Die empirische
Dampfdruckgleichung von J. BALEY beschreibt bis zu 18-molale
Kalilauge im Temperaturbereich 0–300 ◦C.
p Partialdruck (bar) log pH2 O = −0.01508 b − 0.0016888 b2 + 2.25887·10−5 b3
b Molalität (mol/kg) +(1 − 0,0012062 b + 5.6024·10−4 b2 − 7.8228·10−6 b3 )·
T Temperatur (K) ·(35.4462 − 3343.93/T − 10.9 log T + 0.0041645 T )
c Konzentration (mol/ℓ)
M molare Masse (g/mol) Umrechnung der Stoffmengenkonzentration in die Molalität:
̺ Dichte (kg/m3 ) c
b= (3.1)
̺ − cM
Die Sauerstofflöslichkeit in Kalilauge nimmt mit steigender Kon-
zentration stark (w = 25 % = ˆ 1 Dekade) und mit steigender Tempe-
ratur wenig ab.
Elektrolytverdünnung. Etwa ein Drittel des anodisch produzierten
Wassers wandert zur Kathode, so dass Produktwasser an der Anode
wie an der Kathode austritt.
Carbonatbildung. Kohlendioxid löst sich hervorragend in Kali-
lauge unter Bildung von Kaliumcarbonat, das die porösen Gasdif-
fusionselektroden verstopft. Zellspannung bzw. Stromdichte ver-
schlechtern sich rapid.
CO2 + 2 OH⊖ −→ CO2⊖
3 + H2 O
Kühltechnik. Systeme mit Elektrolytumwälzung sind durch einen
externen Wärmetauscher (z. B. mit Glycol) einfach zu kühlen. IFC
nutzte für das Space Shuttle mit einer nichtleitenden Flüssigkeit an-
geströmte Kühlplatten (Dielectric Liquid Circulation). Bei immobi-
lisiertem Elektrolyt bietet sich die Prozessluftkühlung an.

3.3.2 Anonenaustauscher-Membranen

Alkalische Polymerlektrolyte versprechen (1) schnellere Sauer-


stoffreduktion als in sauren PEFC, (2) preiswerte Katalysatoren
59

(Nickel, Silber), (3) geringe Korrosion, (4) verminderten Brenn-


stoffdurchbruch, (5) elektroosmotischen Wassertransport weg von
der Kathode, (6) CO-Toleranz, (7) höhere Alkohole als Brennstoff.

Anionenaustauscher-Membranen (Hydroxidionenleiter) lösen die [Poly− NR3 ]OH⊖
CO2 -Problematik; sie absorbieren weit weniger CO2 aus Luft und ↑↓
Brenngas wie Kalilauge. Polymere mit kationischen R3 N⊕ -Gruppen ⊕
Poly− NR3 + OH⊖
transportieren OH⊖ und HCO⊖ 2⊖
3 /CO3 -Ionen.
Aktuelle Fabrikate leiten schlechter als saure PEM-Membranen
(✄Kap. 4). Weil Hydroxid viermal langsamer als Protonen diffun-
diert, muss die OH⊖ -Konzentration (Austauschkapazität) im Poly- ✄3.7 Herstellung alkalischer Mem-
branen
mer hoch sein, was die Schwellung in Wasser und mechanische In-
stabilität fördert. Hydroxid hüpft“ durch Verschiebung von Wasser- Polymer
” ↓
stoffbrückenbindungen im Wasserfilm zwischen den Oberflächen-
Chlormethylierung (VBC)
plätzen (G ROTTHUSS-Mechanismus). Nachrangig treten Diffusion

(D ≈ 5,3·10−9 m2 s−1 ), Migration und Konvektion auf. Das Pro- Pfropfpolymer: Polymer-g-PVBC
duktwasser der Zellreaktion entsteht auf der Wasserstoffseite; bei ↓
Kationenaustauschern auf der O2 -Seite. Substitution mit Ammoniumgruppen
(Et3 N, DABCO = 1,4-Diazabicyclo
Quartäre Ammoniumgruppen spalten langfristig in stark alka- [2.2.2]octan, Chinuclidin = 1-Aza-
lischer Lösung Amine ab, weil Hydroxid nukleophil angreift. bicyclo[2.2.2]octan)
Benzyltrimethylammonium-Reste [(C6 H5 )N(CH3 )3 )]⊕ ] sind sta- ↓
biler als quartäre Pyridinium-, Imidazolium-, Guanidinium-, Alkalisierung in Natronlauge:
Austausch mit Hydroxid
Phosphonium- und Sulfoniumreste.
T OKUYAMA Co. (Japan) stellte bei 60 ◦ C stabile Membranen mit
Ionenaustauschkapazitäten von 1,7 mol/kg (meq/g) her.
Strahlungsgepfropfte Polymere [27], radiation-grafted polymers. ✄3.8 Polymere für Anionen-
Ein Polymerfilm wird mit ionisierender Strahlung (Röntgen, Gam- austauscher-Membranen
ma, Elektronen; UV, Eximerlaser, Plasma, Ionen) an Luft oder im Perfluoriert
Vakuum aktiviert, wobei sich freie Radikale oder Peroxide bilden, PTFE
dann ein Monomer in einem Lösemittel oberhalb der Glastempera- Poly(tetrafluoroethylen-co-hexa-
tur copolymerisiert und chemisch mit Ammoniumgruppen funktio- fluoropropylen (PTFE-HFP = FEP)
nalisiert (✄Abb. 3.7–9). Während der Bestrahlung kann der Träger PTFE-co-Perfluorpropylvinylether
(PFA)
mit Divinylbenzol u.a. quervernetzt werden.
Strahlungsgepfropfte Polymere von S URREY aus Polyvinylbenzyl- Teilfluoriert
Polyvinylidenfluorid
chlorid leiten je nach Feuchte 0,01 S/cm bis 0,06 S/cm (25 ◦ C). (PVDF, PVDF-HFP)
1. Fluorpolymere sind chemisch und thermisch beständig und zei- Polyvinylfluorid (PVF)
gen eine geringe Oberflächenenergie. ETFE, mit 60 Co aktiviert, Poly(ethylen-alt-tetrafluoroethylen
wird 4-(Chlormethyl)styrol ( Vinylbenzylchlorid“, VBC) aufge- (ETFE)
” Polychlortrifluorethylen (PCTFE)
pfropft, dessen Chlorreste mit quartären Ammoniumgruppen sub-
stituiert werden. ETFE-g-PVBC tauscht 0,92 mol/kg Hydroxid aus. Nichtfluoriert
FEP-g-VBC leitet 0,023 S cm−1 (50 ◦ C), PFA-g-VBC 0,05 S cm−1 . Polyethylen (PE)
Beim Bestrahlen treten Strangbrüche auf, weil C–F-Bindungen Polyvinylalkohol (PVA)
Polyepichlorhydrin
stärker sind als C–C. In alkalischen Medien zersetzen sich teilfluo-
Polysulfon
rierte Polymere unter HF-Abspaltung zu C=C-Bindungen; PVDF Polyethersulfon
bildet unerwünschte Hydroxy- und Carbonylgruppen. Polyphenylenoxid (PPO)
Polystyrol (ABS)
2. Nichtfluorierte Polyolefine sind in alkalischen Zellen wenig
Polyetherimid
beständig und die ionische Leitfähigkeit ist gering. UHMW-PE-g- Polyetherketon (PEK, PEEK)
PVBC leitet 0,03 (60 ◦C) und 0,047 S cm−1 (90 ◦C). Polybenzimidazol
60

✄3.9 Pfropfmonomere Imimidazoliumgruppen an Polyaryletherketonsulfonen leiten 0,083


S cm−1 und tauschen 2,2 mol/kg aus; die mechanische Stabilität ist
4-(Chlormethyl)styrol (CMS) =
Vinylbenzylchlorid (VBC) schlecht. Polyphenylenoxid (PPO) ist nicht besser.
Vinylbenzyltrimethylammonium-
chlorid
Vinylimidazol 3.3.3 Anorganische Festelektrolyte
Vinylimidazol + Acrylsäure
Aminosiloxane CO2 -resistente Elektrolyte wie Cäsiumcarbonat/-hydrogencarbonat
Tetramethylsilan/Ammoniak
Glycidylmethacrylat erfordern noch zu hohe Betriebstemperaturen.
Methylacrylat (MAA)
Epichlorhydrin-allylglycidylether
Trifluorstyrol (TFS)
Trifluorvinylnaphthylen (TFN) 3.4 Elektrodenmaterialien
SO2 + Cl2

Die AFC funktioniert ohne teure Edelmetalle, wenngleich heu-


te kohlegeträgerte Platinkatalysatoren eingesetzt werden. Nach der
Struktur werden gesinterte Elektroden, gestützte Pulverelektroden
und PTFE-gebundene Gasdiffusionselektroden unterschieden.
✄3.10 Nickelfilz-Elektrode: Nickel ist der Elektrodenträger der Wahl in alkalischer Lösung.3
Sinterverbund aus Nickelpulver
Nickelpulver lassen sich mit geeigneten Porenbildnern (z. B. Formi-
ate) zu porösen Filzelektroden verarbeiten. Bei doppelporösen Nick-
elektroden muss der Differenzdruck sorgfältig kontrolliert werden,
damit die Elektroden weder austrocknen, noch geflutet werden.
Poröse Kohleplatten gehen auf U NION C ARBIDEs Fixed Zone-
Elektrode in 1960er Jahren zurück: Platin auf Aktivkohle mit PTFE-
Zusatz wird in Schichten von steigender Hydrophobizität auf poröse
Nickelfolie nass aufgespritzt, gepresst und gesintert.

3.4.1 Wasserstoffoxidation in alkalischer Lösung


Um zur Reaktionszone in der Dreiphasengrenze von Kalilauge, Ka-
talysator und Gas zu gelangen, muss Wasserstoff in die Poren der
Anode eindringen und durch die Elektrolytschicht an elektroaktive
Oberflächenplätze diffundieren. Dort adsorbiert H2 molekular, dis-
soziiert in adsorbierte H-Atome und bildet zwei H⊕ -bzw. H3 O⊕ -
Ionen, die mit Hydroxidionen zu Wasser rekombinieren.
✄3.11 Wasserstoffoxidation an der 1. Transport von molekularem Wasserstoff in die Reaktionszone.
Dreiphasengrenze.
H2 −→ H2,aq −→ H2,ad
Elektrode
2. Dissoziation des adsorbierten Wasserstoffs
Elektrolyt
✂✍
H❥ H❥ H2 O
a) in einem Schritt (VOLMER -TAFEL-Mechanismus):
Gas OH⊖ ✂
✘✘
✿ H2 ❍

❥H–H +2 OH⊖
2
H2,ad −→ 2 Had −−−−−−−→2 H2 O + 2 e⊖
e⊖

oder b) zwei Schritten (VOLMER -H EYROVSKY-Mechanismus):



H2,ad + OH⊖ ✲ [Had · H2 O] → Had + H2 O ✲
OH
2 H2 O + e ⊖
−e⊖
3. Desorption von Reaktionswasser in den Elektrolyten.

3 In saurer Lösung sind Titan und Grafit gut geeignet.


61

Nickel, Palladium, Platin und die im Periodensystem links be- ✄3.12 Elektrokatalysatoren für die
Wasserstoffelektrode.
nachbarten Elemente sind die besten Elektrokatalysatoren für die
Wasserstoffoxidation; ihre Austauschstromdichte in Abhängigkeit ... Fe Co Ni (Cu) (Zn)
der Ordnungszahl erreicht Maximalwerte. Silber und Quecksilber ... Ru Rh Pd (Ag) (Cd)
sind untauglich, weil Wasserstoff darauf nicht chemisorbieren kann. ... Os Ir Pt (Au) (Hg)
gut schlecht
Nickel und Silber katalysieren, anders als Platin, die chemische Re-
kombination von Wasserstoff und Sauerstoff nicht. Vulkankurve ✄Kap. 2.15
R ANEY-Nickel — bekannt als Hydrierungskatalysator — wird aus
einer NiAl50-Legierung gewonnen, indem das unedlere Aluminium
mit 30–50%iger Kalilauge bei 80–100 ◦C herausgelöst wird. Das
zentrale Problem der Nickeloberfläche ist die leichte Benetzbarkeit
der inneren Poren und die irreversible Oxidation oberhalb +0,2 V
NHE, wobei sich Nickeloxid bildet, das die weitere Wasserstoffoxi-
dation hemmt. Die Elektrode verschlechtert sich fortwährend; hin-
gegen kommt bei Pd/Pt der anfängliche Abfall zum Stillstand.

3.4.2 Sauerstoffreduktion in alkalischer Lösung


✄3.13
Die Sauerstoffreduktion in alkalischer Lösung ist im Detail nicht
Elektrodenmaterialien
geklärt [23]. Die Reaktionskinetik läuft schneller als in saurer
Lösung; teure Edelmetallkatalysatoren können durch Nickel ersetzt  Sauerstoffelektrode (Kathode)
werden. Molekularer Sauerstoff bildet Hydroperoxid, das kataly- Platin (E XXON, A LSTHOM)
Platin/Kohlenstoff (E LENCO)
tisch zerfällt und chemisorbierten Sauerstoff bildet (1). Gegenüber kohlegeträgertes Pt-Co
der direkten Reduktion (2) zu Hydroxid ist diese Reaktion un- 80 % Pt + 20 % Pd (IFC 1985)
erwünscht, zumal sie Kohlenstoffelektroden verschlechtert. Die Ent- R ANEY-Silber + Ni, Bi, Ti
halpie der Metall-Sauerstoff-Bindung bestimmt das Elektrodenpo- (S IEMENS )
Silber auf Kohlenstoff
tential von 0,22 V (theoretisch: 0,40 V NHE, Theorie ✄Kap. 2.17). Silber mit Quecksilberzusatz
lithiiertes Nickeloxid (mit LiOH bei
(1a) O2 + H2 O + 2 e⊖ → HO⊖
2 + OH
⊖ –0,065 V 700 ◦ C behandelt) [1]
⊖ ⊖ 1
HO2 → OH + /2 O2 Nickelborid
Metalloxide (RuO2 , IrO2 )
[M]−HO⊖ ⊖
2 → OH + [M]−O Perowskite (LaNiO3 )
(1b) HO⊖2 + H2 O + 2 e
⊖ → 3 OH⊖ +0,867 V Spinelle
Cobalttetraphenylporphyrin [25]
[M]−O + H2 O + 2 e⊖ → [M] + 2 OH⊖ Phthalocyanine (Fe, Co)
[M]−O → [M] + 1/2 O2 Tetraazaannulene
(2) O2 + 2 H2 O + 4 e⊖ → 4 OH⊖ +0,401 V  Brenngaselektrode (Anode)
Nickel
Der Elektrokatalysator wird elektrolytseitig auf poröses Sinter- R ANEY-Nickel mit Ti und Al
nickel oder Kohlenstoffpapier aufgebracht oder in Aktivkohle ein- R ANEY-Nickel + 1–2 % Ti
gepresst; gegebenenfalls noch ein feinmaschiges Metallnetz als + PTFE (S IEMENS )
90 % Au + 10 % Pt (IFC 1985)
Stromableiter eingebracht. Platin (E XXON, A LSTHOM)
Platin/Kohlenstoff (E LENCO)
1. BACON (1952) bemühte lithiiertes Nickeloxid als Kathoden- kohlegeträgertes Pt-Pd
material; Lithium verbessert Leitfähigkeit und Korrosionswider- Metalloxide (RuO2 , IrO2 )
stand. Intermediär entstehen Wasserstoffperoxid und Nickeloxi-
de. Die aktive Oberfläche schwindet schleichend.  Bipolarplatte
vergoldetes Magnesium (IFC)
2. R ANEY-Silber mit Zuschlägen von Nickel, Bismut und vernickelter Kunststoff
Titan (zur Verhinderung des Sinterns) übertrifft als O2 - 30 % Ruß + 70 % Polypropylen
(E XXON, A LSTHOM)
Reduktionkatalysator sogar Platin/Silber.
62

3. In Makrozyklen (Porphyrine, Phthalocyanine, Tetraazannulene)


✄3.14 Porphyrinsystem
gebundene Übergangsmetalle (Cobalt, Eisen) sind redoxaktiv,
zeigen aber keine gute Langzeitstabilität.
O2
Mz⊕ + e⊖ −→ M(z−1)⊕ ✲ Mz⊕ + O⊖
2
Wärmebehandeltes Cobaltporphyrin auf Aktivkohle, das kaum
Anionen adsorbiert, zählt zu den aktivsten bekannten Elektroka-
talysatoren mit einer TAFELsteigung von <60 mV/Dekade.4
Die strukturell verwandten Phthalocyanine, die als Elektrokata-
lysatoren und Druckfarben eingesetzt werden, entstehen beim Er-
hitzen von Phthalsäuredinitril (oder Phthalsäureanhydrid + Harn-
stoff) mit Metallsalzen [8].

3.4.3 Elektrodengifte und Gasreinigung


✄3.15 Degradation von Kohlenmonoxid und Schwefel vergiften Edelmetallkatalysatoren.
Pt/C-Kathoden im Luftbetrieb
Soll die AFC nicht mit Reingasen betrieben werden, muss das emp-
(6 mol/ℓ KOH, 50 ◦ C).
findliche Platin durch Nickel oder Silber ersetzt werden. Die Ab-
✻ E trennung von CO2 aus Brenngas und Luft (350 ppm CO2 ) ist not-
0,9 V RHE
wendig, um die Bildung von Kaliumcarbonat zu verhindern, das die
30 h
Gasdiffusionselektroden verstopft. Zur Gasaufbereitung bieten sich
0,5 ❄ folgende Verfahren an.

2000 h 1. Grobreinigung
0,1 ✲ a) Gaswäsche: Absorption in Kaliumcarbonat, Soda, Kalkmilch,
100 200
i / mA cm−2 oder Ethanolamin.
⊕ ⊖
RNH2 + CO2 + H2 O ↽
=
===
===
=⇀
== RNH3 HCO3
✄3.16 Industrielle Gasreinigung
(v.a. für H2 S). 27◦ C
2 RNH2 + CO2 ↽
=
===
===⇀
◦=
== RNH−CO−NHR + H2 O
115 C
 Neutrale Gaswäsche
4–5 N N -Methyldiethanolamin
4 N Dieethanolamin b) Physisorption: Lösen in Glycolethern;5 Molekularsiebe;
2 N Diisopropanolamin Druckwechselabsorption (PSA).
6 N Diglycolamin
d) Methanisierung (250–350 ◦C, 30 bar, Ni):
 Alkalische Gaswäsche
K2 CO3 mit Katalysatoren CO2 + 4 H2 ⇋ CH4 + 2 H2 O
(Aminborat, Diethanolamin,
2. Feinreinigung:
Arsensalze)
Methylaminopropionat a) Membranverfahren: z. B. Pd-Ag-Membran.
Dimethylaminoacetat b) Elektrochemische Konzentrationszelle: anodische Oxidation
 Physisorption von unreinem Wasserstoff, und kathodische Abscheidung
wässr. Propylencarbonat von Reinwasserstoff.


Propylenglycol-dimethylether
Reinwasserstoff stammt aus der Wasserelektrolyse oder der groß-
kaltes Methanol (Rectisol R ) ❡
PEG-isopropylether
technischen Ammoniaksynthese (H ABER -B OSCH-Verfahren).
N -Methylpyrrolidon (Purisol R )
wässr. Diisopropanolamin
wässr. Methyldiethanolamin 4 Das Porphyrinsystem besteht aus vier CH-verknüpften Pyrrolringen und bildet
wässr. Sulfolan

5 DMPEG = Polyethylenglycol-dimethylether (Selexol R❡)


den Grundbaustein des Hämins (roter Blutfarbstoff), Chlorophylls (Blattgrün) und
Ethanolamin + Methanol Vitamin B12 . ✄Abb. 3.14
✄Kap. 10; N = eq/ℓ
63

3.5 Betriebsverhalten der AFC


Die Strom-Spannung-Kurve von PTFE-gebundenen R ANEY-Ni- Grundlagen ✄Kap. 2.9
ckel-Anoden wird mit zunehmender Betriebstemperatur flacher,
d. h. es sind bei gleichem Potential höhere Ströme erzielbar. Der
Grenzstrom hängt stark vom Sauerstoffüberdruck ab, der auch Be-
netzung und Flutung der Porenstruktur bestimmt.

3.5.1 Impedanzspektrum und Alterung

Das Impedanz einer alkalischen Brennstoffzelle mit Nickelelektro- ✄3.17 Impedanzspektrum an


einem Punkt der stationären
den wird von der Sauerstoffreduktion an der Kathode bestimmt.
Strom-Spannungs-Kurve (qua-
Zwei Ortskurvenbögen sind unterscheidbar (✄Abb. 3.17). litativ, math. Konvention).
1 Elektrolytwiderstand,
1. Elektrolytwiderstand. Der hochfrequente Schnittpunkt mit der 2 Durchtrittsimpedanz,
reellen Achse entspricht dem ohmschen Widerstand Rel des Elek- 3 Diffusionsimpedanz
trolyten (Kalilauge) und des Matrixmaterials. Rel sinkt, typisch a Gasphasendiffusion
b Flüssigfilmdiffusion
für Ionenleiter, mit steigender Temperatur und hängt nicht von
der Stromdichte ab (solange sich die Elektrolytzusammensetzung Re Z
nicht ändert). Ein Elektrolytbogen, wie bei der PEMFC, bildet ✻ 1 Im Z✲
sich in wässriger Lösung nicht oder nur andeutungsweise aus,
weil Kalilauge den elektrischen Strom hervorragend leitet. Die 3a
2
Zeitkonstante τ = RC an glatten Elektroden liegt oberhalb des 3b
messbaren Frequenzfensters (30%ige Kalilauge, 25 ◦ C, 300 µm
dicke Matrix); an rauen Elektroden noch höher.
fm = 2π1RC = 2πdC κA = 0,624 S/cm = 66 kHz
2π· 0,03 cm · 50 µF/cm2
A Elektrodenfläche
2. Elektrodenbogen (Katalysatorschicht). Der hochfrequente Orts- d Elektrodenabstand
f m Frequenz am
kurvenbogen beschreibt den Durchtrittsvorgang am Elektroka-
Ortskurvenminimum
talysator an der Phasengrenze Elektrode/Elektrolyt. Der Durch- C Kapazität
trittswiderstand (Kreisdurchmesser) sinkt mit steigender Tem- R Widerstand
peratur und steigendem Strom, entsprechend der beschleunigten κ Elektrolytleitfähigkeit
ω Kreisfrequenz
Elektrodenreaktion.
Die Doppelschichtkapazität ist wenig temperaturabhängig und
korreliert mit der aktiven Elektrodenoberfläche (Katalysatornut-
zung) und indirekt mit der effektiven Benetzung der Dreiphasen- Doppelschichtkapazität
grenze. Bei PTFE-gebundenen Rußkathoden (z. B. Pt-aktiviertes  einfaches RD kCD -Schaltbild
Vulcan XC) verbessert sich CD in den ersten Betriebsstunden CD = 2π f1 R
zunächst, fällt dann aber durch den Verlust an aktiver Oberfläche m D

ab. Die Elektrode verliert an Hydrophobizität, die Poren füllen  empirisch


sich mit Elektrolyt und verlängern den Diffusionsweg der Reakti- −Im Z
CD = lim
ω→∞ ω |Z |2
onsgase zu den aktiven Oberflächenplätzen. Metallpartikel agglo-
merieren zu größeren Teilchen, PTFE fragmentiert in niedermo-
lekulare Bruchstücke, Carbonat zerstört die Kohleporen. PTFE-
gebundene Silberkatalysatoren altern noch schneller. Bei Nickel
kommt die Wasserstoffversprödung hinzu.
64

Mit zunehmend dicker Katalysatorschicht tritt am hochfrequen-


ten Anfang des Elektrodenbogens ein Geradenabschnitt mit theo-
retisch 45◦ Neigung auf, der den Stofftransport in der Ka-
talysatorschicht abbildet — je nach Leitfähigkeit, Sauerstoff-
durchlässigkeit und Befeuchtung der Nickel/PTFE-Grenzfläche.
3. Stofftransportbogen (Gasdiffusionsschicht). Der niederfre-
quente Ortskurvenbogen bildet den Stofftransport der Reaktan-
den (insbesondere Sauerstoff) durch die Gasdiffusionsschicht
zum Elektrokatalysator ab.

✄3.18 Analogie der Impedanzspek-


3.5.2 Wasserhaushalt in FAE-Zellen
tren von alkalischen Elektrolyseu-
ren und Brennstoffzellen. Die Zellimpedanz hängt vom Wassergehalt in den Poren der
Elektroden und des Matrixmaterials ab. Wie man bei der alka-
1. Ortskurvenbogen
(Grenze Elektrode/Elektrolyt)
lischen Elektrolyse über den fließenden Strom und die Betrieb-
Durchtrittsreaktion stemperatur (Wasserzufuhr durch Membranbefeuchtung) den
2. Ortskurvenbogen Wasserhaushalt regulieren kann, verdeutlicht ✄Abb. 3.19 für
(Grenze Gasraum/Elektrode) einen FAE-Elektrolyseur mit Ni/IrO2 -Elektroden in Kalilauge. Der
Elektrolyse: Diffusionsast im niederfrequenten Ortskurvenbogen zeigt, ob die
– Gasabtransport
Elektroden/Elektrolyt-Grenzfläche trocken oder feucht ist. Befindet
– Wasserantransport
Brennstoffzelle: sich eine Wasserschicht auf der Elektrode, die den Gastransport
– Gasantransport behindert, tritt die WARBURG-Impedanz mit dem charakteristisch
– Wasserabtransport geneigten Geradenabschnitt auf. Trocknet die Elektrode aus, bildet
sich ein niederfrequenter Halbkreisbogen und der Elektrolytwi-
derstand steigt. Für Brennstoffzellen gilt dies analog, so dass die
Impedanzmethode zur Zellüberwachung und richtigen Befeuchtung
und Gasversorgung eingesetzt werden kann. Die Betriebsparameter
werden so eingestellt, dass die laufend gemessenen Impedanzspek-
tren in Richtung kleiner Widerstand – hohe Kapazität“ tendieren.

Der optimale Betriebszustand minimaler Widerstand — größte

Kapazität“ wird auf diese Weise empirisch erkannt [24].

✄3.19 Impedanzspektren,
Kapazität C und Elektrolytwider-
stand R eines FAE-Elektrolyseurs
(180 cm2 , 88 ◦ C, 10 bar) [24]
1 Betriebsoptimum (20 A)
2 Fluten des Elektrolytraumes
3 Austrocknung (48 A)
65

3.6 Zelldesign

Nach der Art des Elektrolyten werden unterschieden.


1. Zellen mit fixiertem alkalischen Elektrolyt halten die Lauge Problem Wasserabtrennung
durch Kapillarkräfte in einer porösen Matrix fest. Auf der Was- H2 -Elektrode: der Elektrolyt ver-
serstoffseite gebildetes Reaktionswasser verdunstet in den Ab- dünnt sich, der Wasserdampf-
gasstrom und kühlt dadurch die Zelle. Außerhalb der Zelle wird Partialdruck ist größer als im Bulk,
die Verdampfung schneller.
es aus dem Wasserstoffstrom auskondensiert.
O2 -Elektrode: Elektrolyt konzen-
2. In Zellen mit mobilem Elektrolyt zirkuliert die Lauge zwischen triert sich auf, ungünstig für die
Anode und Kathode und transportiert Reaktionswasser, Wärme Wasserabtrennung. Bei hohem
Luftüberschuss ist ein Kondensator
und Verunreinigungen (Carbonat, Gelöstgase) ab. Wasser wird
verzichtbar!
außerhalb des Stacks aus dem Elektrolyten verdampft. Nachtei-
lig sind parasitäre Ströme, wenn sich unerwünscht Elektrolyt-
brücken zwischen den Einzelzellen eines Stacks ausbilden.

Nach der elektrischen Verschaltung der Einzelzellen:


1. Monopolare Zellkonstruktion: Eine Wasserstoff- bzw. Sauer- ✄3.20 Monopolarer Zellaufbau

+❡
(Stack).
stoffkammer versorgt zwei angrenzende Anoden bzw. Kathoden
gleichzeitig; und zwei räumlich getrennte Anoden und Kathoden
sind über seitliche Kontaktlaschen elektrisch verbunden.
Vorteil: Fehlerhafte Einzelzellen können überbrückt oder ein Teil
des Stacks betrieben werden. H2 O2 H2 O2 H2 O2
Nachteil: Die laterale Kontaktierung erfordert einen gut leitfähi-
gen Elektrolyten, sowie bei Kohleelektroden metallische Rahmen


oder Strukturen zur Stromableitung; andernfalls verteilt sich die
Stromdichte ungleichmäßig über die Elektrodenfläche. Oberhalb —
von 400 cm2 Elektrodenquerschnitt nicht mehr praktikabel!
2. Bipolare Zellkonstruktion: Wasserstoffkammer, Anode, Elek- ✄3.21 Bipolarer Aufbau.
trolytmatrix, Kathode, Sauerstoffkammer und Bipolarplatte bil-
den eine wiederholbare Einheit.
Vorteil: Senkrechter Stromfluss durch den beliebig großen
Elektrodenquerschnitt. Auch weniger leitfähige Kohlenstoff- H2 O2 H2 O2 H2 O2
Materialien sind einsetzbar.
Nachteil: Die schwächste Zelle bestimmt die Leistung und
schlimmstenfalls den Totalausfall des Zellstacks. Wegen der er-
heblichen Kontaktwiderstände an Grenzflächen muss der Zellsta- ❢
— +❢
pel gut verpresst werden.

Technisch anspruchsvoll ist der Wasseraustrag aus der Zelle. Pro-


duktwasser entsteht auf der H2 -Seite und wird mit dem Wasserstoff-
strom abgeführt.
Zur Phasentrennung und Medienversorgung dienen:
 Gasabscheider
 Strahlpumpen
 Wasserabscheider: Kondensator, Zentrifuge (✄Abb. 3.21)
 Membranpermeation (✄Abb. 3.25)
66

3.7 Brennstoffzellen für die Raumfahrt


In der Raumfahrt zählt geringe Masse vor teuren Materialien.

3.7.1 BACON-Zelle
✄3.22 BACON-Zelle: Das Hochdruck-Knallgaselement von F. T. BACON (1952) wurde
poröse Elektroden, Gas- und
im vernickelten Stahlgehäuse unter 40–60 bar Druck betrieben, da-
Elektrolytkreislauf, Wasser-
abscheider (Kondensator), mit die 200 ◦C heiße Kalilauge nicht verdampft. Gasdiffusionselek-
Wasserstoffzirkulator. troden aus Sinternickel hatten 1,5–16 (Elektrolytseite) bzw. 10–30
µm großen Poren (Gasseite); letztere mit Paraffin oder Silconöl was-
O2 ❅ KOH H2 serabstoßend gemacht, damit die Flüssigkeit nicht in die Gasräume
✲ ✻ ✛ durchdrückt. Der hohe Betriebsdruck bläst große Poren frei; klei-
ne bleiben aufgrund der Kapillarkräfte gefüllt. Die Sauerstoffelek-
trode ist mit lithiiertem Nickeloxid überzogen. Lithium dringt ins

✲✄✂ ✁
Kristallgitter des p-halbleitenden Nickeloxids ein und verbessert
❄✲ ✻ die Leitfähigkeit. Reaktionswasser wird außerhalb der Zelle durch
❄ Kondensation an Kühlrippen entzogen. Die Elektrolytumwälzung

❄ ❄
✻ ✻
❄H2 O erfolgt durch den thermischen Auftrieb beim Erwärmen.

3.7.2 Apollo-Zelle
✄3.23 28-V-Apollo-
Die bemannten Mondflüge des A POLLO-Programms (1960–1965)
Brennstoffzelle (UTC) führten Knallgaszellen PC3A-2“ von P RATT & W HITNEY als Zu-

satzgeräte mit. Platinaktivierte Zweischicht-Sinternickelelektroden
von 20 cm Durchmesser und 2–2,5 mm Dicke fügten sich mit Dicht-
und Isolierringen aus PTFE in ein Nickelblechgehäuse (3,3 bar Sy-
stemdruck) ein. 85%iges Kaliumhydroxid schmilzt bei 100 ◦C und
drückt den Wasserdampfpartialdruck unter 1 bar. Die Arbeitstempe-
ratur von 200–230 ◦C wurde durch Stromwärme aufrechterhalten.
Wasserstoff und Sauerstoff wurden aus Kryospeichern zugeführt;
aus dem H2 -Reststrom wurde Reaktionswasser abgetrennt (Konden-
sator und Gasabscheider) und in den Kreislauf rückgeführt.
Die Temperaturregelung gelang durch eine elektrische Heizung und
einen Druckmantel aus Stickstoff (mit Strahlungskühler außerhalb
des Raumschiffs). Ein Modul von 31 Einzelzellen (cell stack) wog
109 kg und lieferte eine Nennleistung von 1,12 kW bei 28 V, wenn
jede Einzelzelle von 400 cm2 Elektrodenfläche mit 0,9 V bei 100
mA/cm2 gerechnet wird. Das 810 kg schwere System aus drei Zell-
stacks und Tank (480 kg) erzeugte in den zehn Tagen der Missi-
on 500 kWh elektrische Energie (620 Wh/kg). Bleibatterien hätten
10–12 Tonnen und Silber-Zink-Leichtakkus 4 t gewogen! 54 dieser
1,5 kW-Stacks auf neun Mondflügen, drei Skylabs und der Apollo-
Sojus-Mission leisteten zusammen 10 750 Betriebsstunden.

3.7.3 Space-Shuttle-System
NASA, UTC und IFC entwickelten die Apollo-Zelle ab 1974 wei-
ter. Im April 1981 startete die erste bemannte Mission. Drei 12 kW-
67

Module (32 bipolare Zellen, 465 cm2 , 91 kg; 27,5 V bei 436 A) be- ✄3.24 12-kW-Brennstoffzelle im
finden sich unter der Ladebucht im vorderen Mittelteil des Shuttle- Space Shuttle Orbiter (UTC)
Rumpfes. Die Systemleistung beträgt 275 W/kg. In sieben Tagen
erzeugen 750 kg Wasserstoff und Sauerstoff Kühl- und Trinkwas-
ser für die Astronauten. Die 2,4 mm dicke Einzelzelle arbeitet bei
92 ◦C, 4 bar Druck und leistet 0,86 V bei 470 mA/cm2 (12 kW).
15000 h Lebensdauer wurden demonstriert.
Das Produktwasser im Wasserstoffstrom wird auskondensiert, ab-
zentrifugiert und in einen Tank gepumpt. Die Abwärme des Stacks
dringt über wärmeleitende Folien zwischen jeder zweiten oder vier-
ten Zelle auf eine ladungsfreie Kühlflüssigkeit.
Die fortgeschrittene (a) und ursprüngliche Technologie (b) umfasst:
 Sauerstoff-Strömungsplatte: a) vernickelter Kunststoff,
b) vergoldetes Magnesium.
 Kathode (Sauerstoffelektrode): 20 mg/cm2 Gold (90 %, als Ka-
talysator) und Platin (10 %, als Sinterinhibitor) auf vergoldetem
Nickelnetz; a) fotogeätzte Struktur.
 Elektrolyt: 25–45 % KOH in a) Kaliumtitanat, b) Asbest.
 Anode (H2 -Elektrode): PTFE-gebundene Kohle mit 10 mg/cm2
Platin-Palladium (80 : 20), in versilbertes Nickelnetz gepresst.
 Elektrolytreservoirplatte: a) metallisierter Kunststoff, Grafit;
b) Sinternickel. mit Perforation für den Wasserstoffdurchtritt;
gleicht Konzentrationsschwankungen bei Lastwechseln aus.
 Wasserstoff-Strömungsplatte: a) metallisierter Kunststoff;
b) vergoldetes Magnesium.
 Wasserabtrennplatte: Kunststoff, Asbest, PTFE.
✄3.25
 Zellrahmen: a) Polyphenylensulfid.
Buran-Brennstoffzelle
(1991/92)
3.7.4 Buran-Brennstoffzelle Zellen je Stack: 256
Nennleistung: 10 kW
Im Brennstoffzellensystem Foton“ [3] von U RAL E LECTROCHE - Masse: 160 kg
” Betriebstemperatur: 100 ◦ C
MICAL I NTEGRATED P LANT mit 256 bipolaren Matrixzellen aus
Brenngas: H2 (4 bar)
hydrophoben Nickel-Gasdiffusionselektroden mit Platinmetallkata-
Oxidans: O2 (4 bar)
lysator speist seit 1960 das Energia-Buran-Bordnetz. 1993 testete Lebensdauer: >2000 h
D ORNIER die Eignung für die europäischen Raumfahrt (ESA).

3.8 FAE-Brennstoffzelle
Die Brennstoffzelle mit fixiertem alkalischen Elektrolyten (FAE) —
flüssige Kalilauge ist durch Kapillarkräfte in einem Keramikgewebe
immobilisiert — verspricht Vorteile unter Schwerelosigkeit.

3.8.1 A LLIS C HALMERS-Brennstoffzelle


1959 betrieb die US-Firma A LLIS C HALMERS in Milwaukee, Wis-
consin, einen Traktor mit einer 750 V/15 kW-Knallgaszelle (917 kg)
68

✄3.26 Wasseraustrag durch aus platinbeschichteten, porösen Metallelektroden, Asbestmatrix


Membranpermeation und Kalilauge. 1962 bis 1967 entstand für die NASA die bipola-
re Brennstoffzelle aus platin-palladium-beschichteten Nickelblech-
⊕ ⊖ Membran
elektroden. Die Bipolarplatten bestanden aus nickelplattiertem Ma-
❄ ❄ gnesium. Der Elektrolyt war in den Mikroporen einer Asbest-
O2 H2 matrix fixiert. Je nach Lastzustand (Temperatur, Strom) trockne-
te der Elektrolytraum aus oder wurde von Produktwasser geflu-
tet. Der ursprüngliche Wasseraustrag durch Kondensation aus dem
Wasserstoff-Abstrom wurde daher durch eine statische Vorrichtung6
❏ — eine gestützte Membran, durch die Wasserdampf abdiffundiert —
❏ ersetzt. Die Kühlung des Stacks auf eine Betriebstemperatur von ca.
❏ 50 ◦C erfolgte durch konvektive Luftkühlung an den als Kühlblech

❏ wirkenden hervorstehenden Kanten der Einzelzellen.


H2 O 3.8.2 ESA-Brennstoffzelle
Ein regeneratives Brennstoffzellensystem (RFCS), bei dem dasselbe
❄ ❄ ❄
alkalische Aggregat wahlweise als Brennstoffzelle oder Elektroly-
seur betrieben wird, wurde von der D ORNIER GmbH für den nicht
realisierten H ERMES-Raumgleiter projektiert (1984–1993). Bei der
Erdumkreisung erzeugt der mit Solarstrom betriebene Elektrolyseur
Wasserstoff und Sauerstoff aus Wasser; in der Dunkelphase ver-
stromt die Brennstoffzelle den erzeugten Wasserstoff.
✄3.27 Zellspannung der Die alkalische Wasserelektrolyse zur Sauerstofferzeugung im
FAE-Elektrolyse (80 ◦ C; IrO2
Weltraum mit porösen Nickel-Iridiumdioxid-Elektroden und Dia-
70 ◦ C; ohne I R-Korrektur.
phragmen aus Zirconiumdioxidgewebe lebt fort [14]. Die bimodale
2.2 Elektrodenstruktur umfasst auf der Elektrolytseite 4–5 µm kleine

Poren, auf der Gasseite 30 µm große Poren. Die Wasserstoffelek-
2.1
Nickel ✸ trode enthält prozentual weniger große Poren als die Sauerstoffelek-
U 2 ✸ trode, weil das H2 -Molekül kleiner ist. Eine dünne Aktivschicht aus
V ✸ Iridiumdioxid verbessert die Zellspannung gegenüber unbeschich-
1.9 ✸
Raney- + tetem Nickel um 450 mV (bei 70 ◦C), so dass die Elektrolyse bei

1.8 Nickel + niedrigeren Temperaturen und Drücken durchgeführt werden kann
+ ✷
✸ + ✷ (< 150 ◦C, < 5 bar). Im Langzeitexperiment erwiesen die Elektro-
1.7
+ ✷ den Lebensdauern von über 11 000 h (200 mA/cm2 , 70 ◦ C), wo-
+ ✷ bei die Degradation 10 µV/h beträgt. Unbeschichtetes Nickel zeigt
1.6 ✷
+ ✷ Ni/IrO2 den gleichen Trend, aber überschreitet 2 V Zellspannung. IrO2 wird
1.5

durch Thermolyse wässrig-alkoholischer Lösungen von Hexachlo-
1.4 roiridiumsäure bei ca. 400 ◦C auf den porösen Nickelträger aufge-
0 100 200 300 400 500 600 bracht. Ein Zusatz von Platin katalysiert die Rekombination von H2
i / mA cm−2 und O2 zu Wasser für den Fall, dass Elektrolysegase unerwünscht
durch den Elektrolyten treten — zum Beispiel wenn die Matrix
durch unzureichende Wasserzufuhr austrocknet. Durch Elektrolyse
zersetztes Wasser wird laufend durch Membranpermeation (Perva-
poration) in die Wasserstoffkammer nachgeliefert.
Terrestrische Anwendungen der FAE-Elektrolyse könnten sein: die
dezentrale Wasserstofferzeugung aus Wind- und Solarenergie oder
die Sauerstofferzeugung an Bord von Flugzeugen.
6 engl. static water-vapor control
69

3.9 AFC mit mobilen Elektrolyten

Die mobile AFC trieb Raum-, Straßen- und Unterwasserfahrzeuge. ✄3.28

3.9.1 ELENCO-Brennstoffzelle ELENCO-Block


Zellen je Stack: 24, monopolar
Die belgische Firma E LENCO7 baute Mitte der 1970er Jahre einen Nennleistung: 450 W
Brennstoffzellenblock aus 24 alkalischen Zellen. Wasserstoff- und Wirkungsgrad: 45 %
Sauerstoffelektrode bestehen aus Nickelnetzen mit einer aufge- Masse: 5 kg
Betriebstemperatur: 70 ◦ C
walzten Aktivkohle-PTFE-Platin-Schicht (elektrolytseitig) und ei- Elektrolyt: 6,6 mol/ℓ KOH
ner porösen PTFE-Schicht (gasseitig). Wärmebehandlung oder Sin- Brenngas: H2 (1 bar)
tern entfällt. Die Elektroden wurden in ABS-Spritzgussrahmen Oxidans: Luft (1 bar)
montiert, aneinandergereiht und zum Modul zusammengeschweißt. Elektroden: C-Pt-PTFE auf Ni
Elektrodengröße:
Im Kreislauf zwischen den Elektroden durchgepumpte Kalilauge 17 × 17 × 0,04 cm3
transportiert lösliche Reaktionsprodukte und Wärme ab. Wasserstoff Pt-Belegung: 0,15–0,3 mg/cm2
bzw. Luft bei Atmosphärendruck in den Gasräumen versorgen die Kenndaten: 0,7 V
100 mA/cm2 (65 ◦ C)
Elektroden und führen Wasserdampf ab. Bei kleiner Last reichen al- Lebensdauer: 20 000 h
lein die Kathoden oder Anoden zum Abdampfen des Wassers aus. Alterung: 2–3 %/1000 h
Das 1,2 kW-Brennstoffzellenaggregat BCB-1“ bestand aus drei

Modulen mit Elektrolytkreislauf (Vorratsgefäß, Pumpe, Wärmetau-
scher) und erreichte einen Systemwirkungsgrad von 35 % bei ei-
ner Masse von 50 bis 60 kg. Im anodischen Kreislauf trieb das
Wasserstoff-Brenngas eine Ejektorpumpe an, die Wasserdampf aus
dem Anodenabgas (über einen Kondensator mit Wasserablass hinter
der Anodenkammer) zumischte. Die Luftversorgung erfolgte über
einen Kompressor und CO2 -Absorber; letzterer verbrauchte 0,13 ✄3.29 EloFlux-Zelle: poröse
kg/h Natronkalk8 für die Absorption von CO2 aus der Luft. Im Ka- H2 -Elektrode, zwei O2 -Elektroden,
thodenabgas wurde Wasser abgeschieden. 4 Diaphragmen, 2 poröse
Stützplatten, Elektrolytkreislauf.
Im EUREKA-Busprojekt (1989–1994) ergänzten sich ein 80 kW-
E LENCO-Aggregat mit Flüssigwasserstoff und eine Nickel-Cadmi- H2
um-Pufferbatterie (SAFT) zum 180 kW/800 V-Antriebssystem. ⊕ ❄ ⊕


3.9.2 EloFlux-Zelle ✛ ✛
KOH
Die VARTA-Brennstoffzelle [9] basiert auf PTFE-gebundenen Gas-
diffusionselektroden.9 Durch reaktives Mischen“ in einer Mes- ⊖
” O✻
sermühle10 wird der pulverförmige Elektrokatalysator von PTFE- 2
Fäden umsponnen, die Masse mit einem Walzenstuhl (Kalander)
Zellen je Stack: 4
auf ein Drahtnetz aufgewalzt und die Elektrode kontinuierlich zu Nennleistung: 150 W
7 Electrochemische Energie Conversie, Konsortium aus ATOMIC E NERGY C O . Wirkungsgrad: 60,%
Masse: 1,7 kg
(AEC, Belgien), D UTCH S TATE M INES (DSM) und B EKAERT (Belgien).
8 Eine Mischung aus Natriumhydroxid und Calciumoxid. Betriebstemperatur: 60 ◦ C
Brenngas: H2 (1,6 bar)
CO2 wird als Natriumcarbonat und Calciumcarbonat gebunden. Oxidans: O2 (1,5 bar)
9 In den 1960er Jahren: Sinternickel. VARTA in den 1980er Jahren für die Zink-
Lebensdauer: >5000 h
Luft-Batterie: Sauerstoffverzehrelektrode aus PTFE-gebundenen, in ein Metall- Alterung: 15 µV/h (0,1 A/cm2 )
netz eingewalzten Kohlekörnern (H. S AUER, DE-OS 2941774, 1979).
10 Für Laborexperimente genügt eine Kaffeemühle.
Quelle: [15]
70

einem flexiblen Band aufgewickelt. Die 0,4 mm dicke Wasserstoff-


elektrode besteht aus PTFE-gebundenem R ANEY-Nickel auf einem
vernickelten Kupfernetz als Stromableiter. Die 0,3 mm dicke Sau-
erstoffelektrode umfasst einen PTFE-gebundenen Silberkatalysator
auf einem versilberten Kupfernetz.
✄3.30 Walzenstuhl nach W INSEL Beim Reactive mixing and rolling process“ (DLR-Verfahren) wird
(1983) zur Herstellung bandförmi- ”
eine Mischung aus Katalysator, Polymerbinder (PTFE) und poren-
ger Gasdiffusionselektroden 5:
1 = Vorratsgefäß (R ANEY-Nickel +
bildenden Zusätzen auf ein Metallnetz kalandriert (✄Abb. 3.28).
PTFE); 2 = Verteiler; Die EloFlux-Zelle besteht aus je sechs H2 - und O2 -Elektroden, die
3, 4 = Walzenpaar. durch 0,4 mm dicke, poröse Polyolefin-Separatoren getrennt sind;
der Stapel wird durch Kunststoffendplatten zusammengehalten und
in Epoxidharz vergossen. Nicht durch den Elektrolytraum erfolgt
1 der Abtransport von Wasser und Wärme, sondern auf der Elektro-
denrückseite. In die biporöse Elektrodenstruktur eingebrachte Gas-
◗◗✑✑
kanäle versorgen die Elektrode mit Brenngas bzw. Sauerstoff; über
❇ die Kornzwischenräume dringen die Gase zum Reaktionsort. Sepa-
❇❇◆ 2
ratorseitig leitet ein Drahtnetz den Strom ab.


tt
4  Bei der EloFlux-Technik mit Elektrolytkreislauf strömt Kalilauge
③ 5
3
✲ an den Stirnflächen der Elektroden bzw. des Elektrodenpaketes
Katalysa- ❞ vorbei. Labyrinthscheiben zwischen den einzelnen Zellen schaf-
torband fen einen großen elektrischen Widerstand, um Shuntströme über
Netz
den parallel geführten Elektrolytkreislauf auszuschließen.
 Bei der EloFlux-Technik mit immobilem Elektrolyten strömt eine
wässrige Lösung über die Stirnflächen und versorgt durch eine
poröse hydrophobe Membran den Elektrodenstapel mit Wasser.
Scheiben sind wegen der elektrischen Entkopplung verzichtbar.
Durch die feinen Poren in den Katalysatorkörnern strömt der Elek-
trolyt senkrecht zum Elektrodenquerschnitt. Die Gase werden im
Kreuzstrom geführt. Enthält das Brenngas CO2 , muss der Elektrolyt
laufend durch Dialyse regeneriert werden; die Elektroden tolerieren
5 % CO2 über einige tausend Stunden [15].
1. Als Rekonzentratoren zur Wasserabtrennung und Kühlung wer-
den kompakte Diffusionsspaltverdampfer mit der Abwärme der
Zelle betrieben. Kalilauge (80 ◦ C) und Kühlwasser (40 ◦C) sind
durch einen Diffusionsraum aus zwei porösen, hydrophilen Sin-
ternickelplatten getrennt, zwischen denen sich ein Inertgas (Was-
serstoff) befindet. Aus dem heißeren Elektrolyten verdampft
Wasser in den Diffusionsraum, wandert zur gegenüberliegenden
Nickelplatte und kondensiert in den kalten Kühlwasserstrom.
2. Rekonzentratoren mit hydrophober poröser Membran arbeiten
mit einer porösen PTFE-Membran, durch die Wasserdampf und
Gelöstgase aus dem heißeren Elektrolyten ins Kühlwasser treten.
Ein 3 kW-Brennstoffzellenaggregat aus 88 Zellen und zwei Moni-
torzellen (zum Erkennen von Gasverunreinigungen) umfasst: Gas-
reinigung und -versorgung, Kühlsystem, Elektrolyt-Rekonzentrator,
Prozessüberwachung von Temperatur, Konzentration, Druck und
Zellspannung.
71

Die EloFlux-Zelle — mit O2 -Elektrode aus Grafit oder Nickel (statt:


Silber, Aktivkohle) — kann auch als Elektrolysezelle arbeiten.

3.9.3 S IEMENS-Brennstoffzelle

In S IEMENS’ alkalischer Brennstoffzelle mit mobilem Elektrolyten ✄3.31


wird Kalilauge durch den Elektrolytraum (früher: Asbestdiaphrag- SIEMENS AFC-Modul (1990)
ma) zwischen den Elektroden gepumpt. Der Flüssigkeitsstrom trans-
Zellen je Stack: 60
portiert Reaktionswasser und Abwärme fort. Das Reaktionswasser Nennleistung: 6 kW
wird aus dem Elektrolyten ausgedampft und das Kondensat in ei- Wirkungsgrad: 50 %
nem Behälter gesammelt. Der Elektrolytregenerator wird über einen Masse: 215 kg
Wärmetauscher durch einen äußeren Kühlkreislauf temperiert. Volumen: 33 cm × 162 cm
Betriebstemperatur: 80 ◦ C
Die gestützten Pulverelektroden werden gasseitig über Druckkissen Brenngas: H2 (2,3 bar)
mit Wasserstoff bzw. Sauerstoff (ca. 2 bar)11 versorgt. Ein Pressgas Oxidans: O2 (2,1 bar)
(2,7 – 3 bar Stickstoff) in Druckkammern beidseitig der Gasräume Kenndaten: 0,77 V
(420 mA/cm2 )
drückt die Zellkomponenten aufeinander.
Lebensdauer: 3000 h
 Die Wasserstoffelektrode ist mit R ANEY-Nickel (mit Titanzu- Alterung: 5 %/1000 h
satz) beschichtet.
 Die Sauerstoffelektrode enthält Silber (mit Zusätzen von Nickel,
Titan, Bismut).
S IEMENS’ 6 kW-Module (um 1990) bestehen aus 60 monopolaren
Zellen (340 cm2 , ✄Abb. 3.19), elektrisch in Reihe geschaltet, aber
strömungsmechanisch mit Elektrolytumwälzung parallel geschaltet.
Der Elektrolyt zirkuliert durch einen separaten Wasserverdampfer.
Die Lebensdauer ist vermutlich durch die Auflösung des Silber-
katalysators begrenzt. Acht Module, ein Wärmetauscher und eine
Gasversorgungseinheit bilden ein 48 kW-Brennstoffzellenaggregat
(192 V, 250 A).

1,1 ✄3.32 Kennlinien alkali-


scher Brennstoffzellen, H2 /O2 -
1,0 Reingasbetrieb (nach [15]).
1 SIEMENS immobil
1 S IEMENS , Pt/Pt, 95 ◦ C, 3 bar
0,9 2 S IEMENS , Ag/Ni, 80 ◦ C, 2 bar
Zellspannung / V

3 EloFlux, 80 ◦ C, 1 bar
0,8 4 E LENCO, Pt/Pt, 70 ◦ C
2 SIEMENS mobil 5 E LENCO, Luftbetrieb
0,7 3 ELOFLUX

0,6 4 ELENCO

0,5
5 ELENCO, Luft
0,4
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500
Stromdichte / mA cm-2

11 Absoluter Druck = Überdruck + Atmosphärendruck.


72

3.10 Alkalische Fallfilmzelle


✄3.33 Fallfilmzellstack
Die alkalische Fallfilmzelle der Firma H OECHST (1993) entstammt

✬ ✦✦ Druckbehälter
✩ branverfahren) durch eine Sauerstoffverzehrelektrode zu senken.
Bestrebungen, den Energiebedarf der Chloralkalielektrolyse (Mem-

Zwischen den bis zu 3 m2 großflächigen, bipolar angeordneten Elek-


❄❄❄❄❄❄❄ troden strömt der Elektrolytfilm von oben nach unten, wobei sich
gleichmäßig-homogene Druckverhältnisse einstellen; denn der hy-
drostatische Druck der Elektrolytsäule wird durch den hydrodyna-
✓✏
KOH
mischen Druckabfall ausgeglichen. Damit sind kleine Abstände rea-
lisierbar und ein Separator zwischen den Elektroden ist verzichtbar.
✒✑
✓❙
✓ ❙

Die Wasserstoffelektrode besteht aus R ANEY-Nickel oder platinhal-
❄❄❄❄❄❄❄
✫ ✪ ❡
tiger Kohle; die Silflon R -Sauerstoffelektrode enthält Silber und PT-
FE (Hostaflon R ). Die Degradation im Dauertest über 3 Jahre betrug
Elektrolyt: KOH 20 mV (bei 3 kA/m2 in NaOH, 80 ◦ C 2.6 MPa).
Betriebstemperatur: 100 ◦ C
Betriebsdruck: 21 bar
Brenngas: H2
Oxidans: O2 3.11 Anwendungen
Kenndaten: 0,9 V (1 A/cm2 )
✄Kap. 9
Hohe Leistungsdichte und preiswerte Elektrodenmaterialien ma-
chen die AFC für Antriebe und die dezentrale Energieversorgung
interessant, wenngleich aktuell die PEM-Brennsoffzelle dominiert.
1. Regenerative Energiespeicher mit Solarwasserstoff
 Anlage in Neunburg v. Wald (S IEMENS, 6,5 kW-AFC)
 FH Wiesbaden (E LENCO, 1,2 kW-AFC)
2. Dezentrale und mobile Energieversorgung
 Wetterstation (VARTA, 5 W-AFC)
 TV-Sender Ruppertshain (VARTA, 100 W-AFC)
 Geologischer Dienst (E LENCO, 40 kW-AFC)
 Militärische Anwendungen (E LENCO, bis 3,5 kW)
3. Fahrzeugantriebe
 Gabelstapler (VARTA, 3,5 kW-AFC)
 VW-Bus (E LENCO, 14 kW-AFC und Batterie)
 VW-Bus (S IEMENS, 17,5 kW-AFC und Batterie)
 U-Boot (S IEMENS, 100 kW-AFC)
4. Raumfahrt
✄3.34 EloFlux-System [15]  europäischer Raumgleiter Hermes“ (nicht realisiert).

A) Elektrolyseur  russische Trägerrakete Buran“

Elektrolyt 7 mol/ℓ KOH
Wirkungsgrad 65 . . . 95 %
Betriebstemperatur –40. . . +80 ◦ C 3.11.1 Hausenergieversorgung
Betriebsdruck 1 . . . 15 bar
Masse 1,75 kg/kW
Volumen 0,75 ℓ/kW Die Kasseler Firma G ASKATEL GmbH [15] entwirft EloFlux-Zellen
B) Brennstoffzelle
für ein autarkes System aus Elektrolyseur und Brennstoffzelle, das
mit reinem Sauerstoff und reinem Wasserstoff betrieben wird.
73

3.11.2 Brennstoffzellenfahrzeuge und U-Boote

Die Raumfahrprogramme nach dem Zweiten Weltkrieg bescher-


ten der alkalischen Technik einen Aufschwung, der auch den zi-
vilen Sektor beflügelte. Kommerzielle Produkte sind allerdings bis
heute nicht entstanden. Militärisch interessant erschien, dass Brenn-
stoffzellenantriebe keine Wärmeentwicklung verursachen wie Ver-
brennungsmotoren, und sich damit der IR-Detektion entziehen. In
den 1980er Jahren wich das Interesse an der AFC zu Gunsten
der kommerziell zugänglichen phosphorsauren Brennstoffzelle. Seit
den 1990er Jahren dominiert die PEMFC.
1. A LLIS C HALMERS’ Traktor (1959) mit 750 V/15 kW-AFC war ✄3.35
Mobile AFC-Anwendungen.
der Prototyp aller bipolaren Stacks mit porösen Metallelektroden,
Platinkatalysator, Kalilauge in einer Asbestmatrix und Wasserab- 1994 E LENCO:
78 kW-H2 -AFC für Omnibus.
trennung durch Dampfdiffusion über eine dritte Elektrode.
1956-59 F. T. BACON:
Mit doppelporösen Nickelelektroden der 1960er Jahre baute die 6 kW-AFC für Gabelstapler.
schwedische Firma ASEA eine 200 kW-Brennstoffbatterie für 1959 A LLIS C HALMERS :
ein U-Boot; VARTA und S IEMENS rüsteten ein Motorboot aus. Traktor mit 750 V/15 kW-AFC.
S HELL erprobte die Benzinreformierung. 1965 VARTA und S IEMENS :
Elektroboot Eta“.
2. G ENERAL M OTORS’ Electrovan“ (1967) trieb eine 400 V/160 ”
” 1967 G ENERAL M OTORS :
kW-AFC mit mobilem Elektrolyten von U NION C ARBIDE. Die Electrovan, 400 V/160 kW
thin carbon/fixed zone-Elektroden mit Platinkatalysator bestan- 1970-73 K. K ORDESCH:
den aus aufgespritzten, wasserabweisenden Gasdiffusionsschich- ”
Austin A40“, 90 V/6 kW-AFC
ten auf einem Nickelträger. 1000 h Lebensdauer, parasitäre 1981 I NTERNATIONAL F UEL
Ströme und Kurzschlussgefahr beendeten die Karriere des mit C ELLS (IFC): Space Shuttle
1994 E LENCO:
Flüssigwasserstoff und -sauerstoff betriebenen Fahrzeugs.
78 kW-AFC für Citybus.
K. KORDESCH [6] fuhr 1970–73 einen Austin A40“ mit ei-
” 1985–93 S IEMENS :
ner 90 V/6 kW-AFC (Union Carbide) im Kofferraum, parallel 17,5 kW-AFC für Transporter;
geschaltet zu einem 96 V/8 kWh-Bleiakku im Motorraum, und 100 kW für U-Boot
sechs Wasserstoffflaschen (150 bar, 25 m3 Normvolumen) auf
dem Dach. Der 20 kW-Elektromotor beschleunigte das Fahrzeug
bis auf 80 km/h. Ablassen des Elektrolyten und der Luftkontakt
an den Wasserstoffelektroden verbesserte die Lebensdauer der
Brennstoffzelle, beseitigte parasitäre Ströme und H2 -Verbrauch
bei längerem Stillstand des Fahrzeuges. Beim Start des Fahrzeu-
ges wurde Elektrolyt in die Zellen gepumpt; CO2 aus der Be-
triebsluft durch Absorption in Natronkalk entfernt.
3. S IEMENS installiert seit den 1970er Jahren AFC in U-Boote;
wandte sich in den 1990er Jahren schließlich der PEMFC zu.

3.12 Ammoniak-Brennstoffzelle
Die Ammoniak-Brennstoffzelle [28] mit flüssigem Ammoniak12 aus
Stahltanks stößt auf ernste Sicherheits- und Korrosionsfragen. Am-
moniak ist ein aggressives Gas, das mit Halogenen, Metallpulvern,
12 Energiedichte von Ammoniak: 5,4 kWh/kg
74

Säuren, Quecksilber, Calciumhypochlorit und Fluorwasserstoff un-


beherrscht reagiert. Die Wasserstoffgewinnung aus Ammoniak er-
fordert scharfe Bedingungen (450 ◦C/10 bar).
In der Direkt-Ammoniak-Brennstoffzelle [29] mit Anionenaustau-
✄3.36 Ammoniak-Brennstoffzelle
schermembran, Nickelektrode und MnO2 -Elektrode wird Ammoni-
Brenngaselektrode (80 ◦ C) ak bei Raumtemperatur der Anode zugeführt. Die Leistungdichte ist
Platin/Kohlenstoff gering, Ammoniak wandert unerwünscht durch die Membran, um
SmFe0.7 Cu0.1 Ni0.2 O3 (SFCN)
Sm1.5 Sr0.5 NiO4 (SSN) an der Kathode giftige Stickstoffoxide zu bilden.
Sm0.5 Sr0.5 CoO3−x 3 (SSCO) ⊕ Kathode O2 + 2 H2 O + 4 e⊖ → 4 OH⊖
SmBaCuFeO5−x 3 (SBCF)
SmBaCuCoO5−x 3 (SBCC) ⊖ Anode 2 NH3 + 6 OH⊖ → N2 + 6 H2 O + 6 e⊖
SmBaCuNiO5−x 3 (SBCN) 4 NH3 + 3 O2 → 2 N2 + 6 H2 O
Festelektrolyt Effizientere Realisierungen werden in Alkalischmelzen (MCFC)
Nafion und als Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC) gesehen. Protonenleiten-
Sufoniertes Polysulfon (SPSF) de Festelektrolyte wie BaCe0.9 Nd0.1 O3−x (700 ◦C) und BaZrO3
drängen die unerwünschte NOx -Bildung zurück.

3.13 Hydrazin-Brennstoffzelle

Die Hydrazin-Brennstoffzelle überzeugt wegen der Giftigkeit ihres


Brennstoffes nicht.13 Statt der aussichtsreichen direkten Anodenre-
aktion
N2 H4 + 4 OH⊖ → N2 + 4 H2 O + 4 e⊖ (E 0 = 1,56 V)
bildet Hydrazin durch chemische Zersetzung mit Lauge Wasserstoff,
so dass eine indirekte Knallgasreaktion abläuft (Pd-Ni-Elektrode,
3 % Hydrazin in 25 % KOH, 70 ◦ C). Bei 50%igem Wirkungsgrad
liefert Hydrazinmonohydrat eine Energieausbeute von 1 kWh/ℓ
Hydrazin-Sauerstoff-Gemische sind explosionsgefährlich. An Poto-
nenaustauschern (PEM) zersetzt sich Hydrazin und wandert von der
Anode zur Kathode.
A LLIS C HALMERS baute 1963 ein 3 kW-Golfcart mit Hydrazin-Brenn-
stoffzelle; 1967 ein militärisches 28 V/20 kW-System für einen Lastwa-
gen. K. KORDESCH [6] fuhr 1966 ein Elektromoped mit 16 V/400 W-
Hydrazin-Luft-Brennstoffzelle und Ni-Cd-Batterie. S HELL rüstete 1972 ein
Auto DAF-44“ mit 10 kW-Hydrazin-Luft-Brennstoffzelle und einer par-

allelen Bleibatterie aus. Mit Pd-belegten, porösen Sinternickelanoden und
PTFE-gebundenen Kohlekathoden mit Pt/Pd-Katalysator realisierte S HIN -
KOBE E LECTRIC M ACHINERY C O . (Japan) 1982 einen 4,2 kW-Hydrazin-
Luft-Stack für militärische Zwecke.
Das feste Amminboran (Borazan) NH3 BH3 setzt in saurer Lösung
Wasserstoff frei; funktioniert aber in Natronlauge und mit Anionen-
austauschermembran bei Umgebungsdruck und Raumtemperatur.

13 Hydrazin: krebserzeugend. Unverträglich mit Oxidationsmitteln, Metall- und Me-


talloxidkatalysatoren, Schwermetallsalzen, Alkali- und Erdalkalimetallen.
75

Literatur zur AFC


Meilensteine der Entwicklung
[1] F. T. BACON , a) Beama J. 6 (1954) 61-67; b) in: G. T. Y OUNG (ed.), Fuel Grundlagen ✄Kap. 2
Cells, New York: Reinhold, 1960, p. 51-77. c) in: W. M ITCHELL (ed.), Fuel Spezialliteratur ✄Kap. 4
Cells, New York: Academic Press, 1961, p. 130-192. d) Electrochim. Acta 14
(1969) 569-585. e) Engl. Patent GB 667298 (1952); GB 725661 (1955).
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trochem., Montreux 25.–30. Aug. 1991; (b) Proc. 9th World Hydrogen Energy
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77

4 Polymerelektrolyt-Brennstoffzelle

Die aktuelle Entwicklung bevorzugt das PEM-System mit seinem ✄4.1 Geschichte.
eleganten Zelldesign und der hohen Leistungsdichte bis 0,7 W/cm2 1839/42 W. R. G ROVE:
(Ziel: > 1 W/cm2 ). Null-Emissions-Fahrzeuge ohne NOx und Treib- schwefelsaure Knallgaszelle.

hausgase versprechen eine nachhaltige Umweltentlastung, wenn 1968 D U P ONT: Nafion R .
Wasserstoff aus nichtfossilen Energieträgern stammt. Die Energie- 1959–82 G ENERAL E LECTRIC:
bereitstellungskette vom Bohrloch zum Tank (Well-to-Tank) ist bei 1962–66 Gemini-Missionen der
NASA (1 kW aus 3 × 32 PEM-
Batteriefahrzeugen und Brennstoffzellen günstiger als bei Verbren- Zellen; 38 mW/cm2 bei 0,83 V).
nungsmotoren. Der Fahrzeugwirkungsgrad (Well-to-Wheel), ohne Membranen aus sulfoniertem
Wartung und Unterhalt, zeichnet mit Strommix betriebene Elek- Polystyrol. Wasserentfernung mit
troautos durch 20 % geringere Emissionen aus als Verbrennungs- einem Docht in jeder Zelle.
1969 Nafion im Biosatellite“:
motoren. Die PEM-Technologie verursacht keinen Lärm, keine ”
350 W-PEM-Brennstoffzelle.
Gewässererwärmung durch Kühlkreisläufe, keine Abfälle (Deponi- 1980 US N AVY und S IEMENS
en, Altlasten, Abwasser, Abluft), keinen Landverbrauch und keine (1983, UTC-Lizenz): PEMFC für
Windschneisen; sie eignet sich für die regenerative Nutzung von U-Boote.
Solarwasserstoff und die Konversion von Biomasse. Die gleichzeiti-
ge Erzeugung von Elektrizität, Warmwasser und Niedertemperatur-
dampf (Cogeneration) ist möglich. Die PEM-Brennstoffzelle ist ein-
fach zu regeln, kurzschlussfest und reagiert schnell auf wechselnde
Lasten. Der Elektrolyt ist nicht korrosiv und die Zellen sind relativ
einfach herstellbar. Fahrzeuge ✄4.7

Anode Kathode
Membran (PEM)
Diffusionsschicht (Grafitpapier)

Katalysator (Platin)

Bipolarplatte

✄4.2 Prinzipieller Aufbau der PEM-Brennstoffzelle

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2016


P. Kurzweil, Brennstoffzellentechnik, DOI 10.1007/978-3-658-14935-2_4
78

✄4.3 Geschichte (Fortsetzung). Die langfristige Kostensituation bestimmt den Marktzugang. Her-
1983/4 BALLARD: Luftbetriebene
ausforderungen der PEM-Technik sind: moderate Peakleistung, be-
Brennstoffzellen. grenzte Lebensdauer der Membranen und Elektroden (Gasdurch-
1985: PEMFC mit Reformer und bruch, Katalysatorgifte, Haftung des Katalysators); Wasserhaus-
CO-Oxidation. halt, Druckluft- und Kühlsystem. Die aktuelle Entwicklung verfolgt
1987: MK IV“: 4,3 A/cm2 (4000

A/ft2 ) bei 0,53 V mit D OW-Mem- Elektrokatalysatoren mit reduziertem Edelmetalleinsatz, preiswer-
bran (7 bar H2 /O2 ). te Membranen und leistungsfähige Verfahren zur Wasserstofferzeu-
1989: U-Boot (P ERRY E NERGY). gung und Speicherung.
1990-94 Omnibus mit 24 wasser-
gekühlten 5 kW-Stacks; 210 bar
H2 -Speicher.
1999 stationäre 250 kW-Anlage. 4.1 Kenndaten der PEM-Brennstoffzelle
1985 UTC (United Technologies,
H AMILTON S TANDARD und ihre
Tochter IFC (International Fuel Synonyme: Polymerelektrolyt-Brennstoffzelle, Polymer Electrolyte
Cells Corp.) führen die General- Fuel Cell, PEFC, Protonenaustauschermembran-Brennstoffzelle,
Electric-Technologie fort. PEM-BZ, Proton Exchange Membrane Fuel Cell, PEMFC.
1987/1990: US D EPARTMENT OF Solid Polymer Electrolyte Fuel Cell, SPEFC, SPFC.
E NERGY (DOE) fördert Brenn-
stoffzellenbusse und -fahrzeuge. Typ: Saure Niedertemperatur-Knallgaszelle
Entwicklung bei G ENERAL
M OTORS , G INER , A NALYTIC
Elektrolyt: protonenleitende Polymermembran, Proton Exchange

P OWER und D E N ORA (Italien). Membrane, PEM (Nafion R und Nachfolgeprodukte). Ladungs-
1985-88 EPSI (Energetic Power träger ist das Proton H bzw. Hydroniumion H3 O⊕ .

Systems): 2-kW-PEMFC für die
Raumfahrt mit E NGELHARD-
Betriebstemperatur: 60–70 ◦C (60–120 ◦C)
Technologie.Wasserentfernungmit Brenngas: Wasserstoff, Reformatgas (anodisch)
Dochten. 1500 mA/cm2 bei 0,6 V.
1988 LANL: <1 mg/cm2 Platin- Oxidationsmittel: Sauerstoff, Luft (kathodisch); befeuchtet.
beladung. Elektrodenreaktionen: Produktwasser entsteht flüssig und wird
1993 E NERGY PARTNERS Inc.: durch das Kathodenabgas abtransportiert.
Green Car“ mit 15-kW/125-V-

PEMFC. ⊖ Anodische Oxidation 2 H2 ⇋ 4 H⊕ + 4 e ⊖
1994: Forschungsförderung in
Deutschland: BASF, H ERAEUS , ⊕ Kathodische Reduktion O2 + 4 e⊖ ⇋ 2 O2⊖
A XIVA (H OECHST), B OSCH, 2 O + 4 H⊕
2⊖ ⇋ 2 H2 O
SGL, S ACHSENRING, S IEMENS , O2 + 4 H⊕ + 4 e ⊖ ⇋ 2 H2 O
Institute (DLR, FhG, FZJ, MPI).
PEM-Entwicklung bei D U P ONT, Zellreaktion (z = 2) 2 H2 + O2 ⇋ 2 H2 O
BALLARD , G ORE , H OECHST, 0 0
D OW, A SAHI .
Zellspannung: E 0 = E Kathode − E Anode < 1,23 V
Fahrzeugentwicklung: D AIMLER - Elektrodenmaterialien: platinierte Kohlepapier-Elektroden.
B ENZ (1998 D AIMLER C HRYS -
Bipolare Strömungsplatten: Grafit, Stahl, Composit-Werkstoffe
LER), F ORD ; T OYOTA (Japan),
G ENERAL M OTORS (USA). Elektrodengifte: CO vergiftet Platin. Zulegieren von Ruthenium
Um 2000: PEM-Entwicklung in verbessert die CO-Toleranz.
mittelständischen Firmen.
2001: PAUL -S CHERRER-Institut: Spezifische Vorteile:
System aus PEMFC und Super- Dünnschichtzelle; hohe Leistungsdichte (ca. 1000 W/kg).
kondensator
Typische Nachteile:
2002 H OWALDSWERKE D EUT-
SCHE W ERFT: U-212 mit
1. CO-Empfindlichkeit.
Siemens-50-kW-PEM-Antrieb 2. Austrocknung und Einfrieren der Membran.
Seit 2001 Weltweiter Brennstoff- Systemkomponenten:
zellenfahrzeugtest (CUTE u.a.).
Auto: 700-bar-H2-Tank. Stationär: Brenngasbefeuchtung;
2016/17 Erste kommerzielle Fahr-
zeuge: H YUNDAI ix35, T OYOTA bei Erdgasreformat CO-Abtrennung auf 20 ppm.
Mirai, D AIMLER
79

Elektrischer Wirkungsgrad: 50–68 % (Zelle), 43–50 % (Erdgas-


system)
Entwicklungsstand: Erste Serienfahrzeuge,
Kleinanlagen und Blockheizkraftwerke (5 bis 250 kW), Strom-
versorgung für portable Elektronik, Batterieersatz; Raumfahrt-
und Militäranwendungen.

4.2 Polymerelektrolyte

Die Polymermembran1 fungiert als Elektrolyt, Katalysatorträger ✄4.4


Polymerelektrolyte und
und Separator für die Reaktionsgase. Es werden 50–150 µm dicke,
Matrixmaterialien.
protonenleitende Folien aus perfluorierten und sulfonierten Polyme-
ren eingesetzt, sogenannte Protonenaustauschermembranen (Proton Kationenaustauscher
❡ Perfluorsulfonat (PFSA)
Exchange Membrane, PEM) wie Nafion R von D U P ONT und Nach- Perfluorcarboxylat
folgeprodukte von G ORE, BALLARD, F UMATEC und anderen Fir- Polybenzimidazol (PBI)
men. An die Fluorkohlenstoffkette sind über Sauerstoffbrücken Sul- Polysulfonharz (PSU)
fonsäurereste gebunden. Der Ladungstransport erfolgt durch solva- Polystyrolharz
Polyvinylalkoholat
tisierte H⊕ (in Säuren) oder Na⊕ (in Natronlauge), die zwischen Polyvinylidenfluorid (PVDF)
benachbarten SO⊖ 3 -Resten wandern. Je nach Molekülmasse saugen Polyphenylenoxid (PPO)
die Polymere einen gewissen Anteil Wasser auf, der die Leitfähig- Fulleren + Polymer
keit stark beeinflusst. Beim Quellen entstehen — durch die elek- Anionenaustauscher
trostatische Abstoßung der Sulfonsäurereste und die hydrophoben Quartäre Ammoniumsalze
Wechselwirkungen von Wasser und Fluorkohlenstoffgerüst — ku- PBI: arbeitet bis 200 ◦ C und
gelartige Hohlräume ( ionische Cluster“) von ca. 4 nm Durchmes- zeigt bessere CO-Toleranz

ser, die durch 1 nm lange und 0,1 nm enge Kanäle verbunden sind. ✄Kap. 5.3.5
Solvatisierte Kationen können durch die Kanäle wandern, Anionen
nur schwer (✄Abb. 4.8).

4.2.1 Perfluorsulfonat-Membranen

1. Nafion R leitet den elektrischen Strom wie 1-molare Schwe- ✄4.5 Kommerzielle PEM.
felsäure (>0,1 S/cm; >2 S/cm2 ) bei einer Überführungszahl von ❡
Nafion R (D U P❡ONT)
Eins, d. h. das Proton transportiert 100 % des Stromes.2 Nafion GORE Select R
ist leicht, mechanisch und chemisch stabil, sperrt Sauerstoff und H OECHST❡C ELANESE
R
BAM3G ❡(BALLARD)
Wasserstoff (3 bis 5·10−4 cm2 h−1 bar−1 bei 25 ◦ C); funktioniert Flemion ❡ ∗ (A SAHI G LASS )
R

theoretisch bis 125 ◦C auch in aggressiven Medien, muss aber stets Aciplex R ❡ (A SAHI C HEMICAL)
feucht gehalten werden (Wassergehalt um 30 %), kann bei tiefen Neosepta❡R (T OKUYAMA)
R
Temperaturen einfrieren und lässt bei erhöhtem Differenzdruck Raipore
❡ (PALL RAI)
Ionac R ❡
(S YBRON C HEMICALS )
Gase durchbrechen. Bei ungleichmäßiger Befeuchtung und lokaler Hyflon R ❡(S OLVAY S.A.)
Überhitzung entstehen hot spots“, an denen die Membran bevor- R
Fumion F UMATECH

zugt reißt. Oberhalb 90 ◦ C werden Sulfonsäuregruppen zerstört und ∗ faserverstärktes Perfluorcarboxylat
die Morphologie des Polymers ändert sich.

1 General Electric: Ion Exchange Membrane (IEM); später: Solid Polymer Electro-
lyte (SPE), Warenzeichen von UTC/Hamilton Standard.
2 Protonenkonzentration in der Membran: c(H⊕ ) ≥ 4 mol/ℓ.
80

✄4.6 Leitfähigkeit und Wassergehalt Die Protonenleitfähigkeit wächst mit steigender Temperatur und
von Nafion
steigendem Wassergehalt; ihre Aktivierungsenergie ergibt sich aus
mol H2 O/mol SO3 H κ (S/cm) der Steigung logarithmierten Leitfähigkeit-Temperatur-Kurve nach
der A RRHENIUS-Gleichung.
2 0,005
2,7 0,01 EA 1
5 0,023 ln κ = − · + ln A (4.1)
8,4 0,04 |{z} | {zR} |{z}
T
|{z}
10 0,05 y b x a
14 0,06 E A Aktivierungsenergie, R molare Gaskonstante, T Temperatur (K), A Konstante
22 0,09
Synthese. Nafion wird großtechnisch aus Tetrafluorethen und Per-
Aktivierungsenergie: fluorpropen bzw. Sulfonylfluoridvinylether hergestellt.
Nafion-112: E A = 166 kJ/mol.
Membranwiderstand 1. Sulfonierung von Tetrafluorethen:
(120 ◦ C, 50 % relative Feuchte,
pH2 O 483 mbar):
F2 C=CF2 + SO3 −→ FO2 S-CF2 -COF
Nafion-117: 0,01 S/cm 2. Epoxidierung von Perfluorpropen und Addition von Tetrafluor-
ethen:
F2 C=CF2
F3 C-CF=CF2 −→ F3 C-CF(O)CF2 ✲
F3 C-CH2 -CH2 –O–CF=CH2
3. Copolymerisation der Monomere (1 und 2) mit Tetrafluorethen.
4. Hydrolyse der SO2 F-Gruppen zu SO3 H.

✄4.7 Struktur. Am Rückgrat der 6 bis 10 Einheiten langen PTFE-Kette


Morphologie von Nafion
hängen flexible Seitenketten aus perfluorierten Vinylpolyethern mit
Wassergehalt in Vol-% endständigen Sulfonsäuregruppen. In der amorph-hydrophoben Ma-
0 % trockene perfluorierte Matrix, trix wechseln sich Kristallitzonen und ionische Cluster ab.
hydrophobes PFTE-Rückgrat
Die Herstellangabe Nafion-117 codiert die Äquivalentmasse 1100 u
25 % wassergefüllte Hohlräume:
und die Dicke 7/1000 inch = 178 µm.
ionische Domänen im
Polymer
50 % Strukturinversion: wasser- –[(CF2 -CF2 ) x –(CF2 -CF)–] y – x = 5 bis 13
gefülltes Polymer, trockene | y ≈ 1000
Hohlräume O
| m = 1 (0 bis 3)
75 % kolloidales Netzwerk aus CF2 n = 2 (bis 6)
Polymerstäbchen |
CF-CF3
|
O m
|
[CF2 ]n

✻ ❆ SO⊖ ✁ ◗◗

❅ SO⊖ 3 SO⊖

3 ⊕ 3
❄ SO⊖
3H
⊕ H
H⊕ SO⊖ ❅ ⊖
1 nm 3 SO3 H⊕
SO⊖
3H

4 nm H2 O

✄4.8 Prinzipielle Struktur und
Funktionsweise von Nafion .
R❡

✛ 5 nm ✲
81

Die Ionenaustauschkapazität — Gramm trockenes Polymer pro ✄4.9 Nafion-115


mol Ionenaustauschplätze — ist der Kehrwert der Äquivalentmas-
Dicke (trocken): 0,005 in = 127 µm
se. 1100 u entsprechen 0,91 meq/g; ein Gramm Polymer tauscht al- Äquivalentmasse: 1100 g/mol
so 9,1·10−4 mol einwertige Kationen (entsprechend 0,021 g Na⊕ ) Wassergehalt: 34 %
gegen H⊕ aus.3 Leitfähigkeit: 0,059 S/cm
Acidität: RCF2 SO3 H
Dünne Membranen mit niedrigen Äquivalentgewicht liefern die be- Hammet-Funktion: –12
sten Leistungsdaten in der Brennstoffzelle. Das 50 µm dünne Na-
fion-105 neigt gegenüber Nafion-117 zum Wasserstoffdurchbruch
(mit Abfall der Leerlaufspannung um 50–100 mV), erlaubt aber
Stromdichten über 1,5 A/cm2 . Nafion ist auch in methanolischer
Lösung einsetzbar. Neue Entwicklungen zielen auf eine Temperatur-
beständigkeit und Gasundurchlässigkeit bis 200 ◦C, 8 bar und Was-
sermangel. Ein Recyclingkonzept gibt es noch nicht.
Präparation. Vor dem Einsatz wird die PEM-Membran je 30 min
gekocht: 1. in 3%-igem H2 O2 zur Entfernung organischer Verun-
reinigungen und 2. in 0,5-molarer Schwefelsäure, um die Leitfähig-
keit zu erhöhen. Durch das Foliengießen (Casting) verbleiben Dime-
thylformamid, N-Methylpyrrolidon, Alkohole und andere Lösemit-
tel in der getrockneten Membran. Zudem absorbiert frisches Nafion
flüchtige organische Stoffe aus der Umgebung.
Bei Befeuchtung dehnt sich die Polymermatrix aus; mit zunehmen-
der Quervernetzung des Polymers (0,25 % bis 25 %) sinkt die Fähig-
keit zur Wasseraufnahme. Wasser wird v. a. als Hydrathülle an die
ionischen Gruppen gebunden.
2. Polymere mit kurzen Seitenketten. Die 1988 hergestellte D OW-
M EMBRAN, ein Copolymerisat von Tetrafluorethen und einem Vi-
nylethermonomer, jedoch mit kürzerer Seitenkette als Nafion, zeich-
nete sich durch ein Äquivalentgewicht von 800 und mechanische
Stabilität bei einer Dicke von 100 µm aus. Sie erwies sich als we-

nig stabil in reinem Methanol. Hyflon R ist eine Fortentwicklung von ✄DMFC
S OLVAY S OLEXIS.
3. Organische Ionentauscher, wie sulfonierte Phenol-, Polystyrol-
und Polytrifluorstyrolharze, haben wegen ihrer kurzen Lebensdau-
er4 in aggressiven Medien nur historische Bedeutung.
Kationenaustauschermembranen wie Perfluorsulfonate und Per-
fluorcarboxylate sind seit 1975 eingeführt; das Reaktionswasser ent-
steht an der O2 -Elektrode. Anionenaustauschermembranen beste-
hen aus mit Divinylbenzol vernetztem, sulfoniertem Polystyrol, das
durch Chlormethylierung mit quartären Ammoniumgruppen substi-
tuiert wird (✄AFC); Wasser entsteht auf der H2 -Seite.

4.2.2 Alterung von Polymermembranen


Metallionen [20]. Bipolarplatten und Legierungskatalysatoren nei-
gen zur Korrosion. Metallionen erhöhen die Leitfähigkeit der Mem-
3 meq/g = Milliäquivalent pro Gramm (früher: mval/g).
4 In α-Stellung zur funktionellen Gruppe bricht die C-H-Bindung leicht; z. B. quer-
vernetzte Polystyrol-divinylbenzolsulfonate.
82

✄4.10 Alterung von Nafion bran, blockieren Sulfonsäuregruppen, besetzen die aktive Katalysa-
toroberfläche (z. B. Co2⊕ ), hemmen die direkte Sauerstoffreduktion
(1) Anode
O2
an Platin und erzeugen freie Radikale aus Wasserstoffperoxid. Alu-
1/ H → H· −→ H·
2 2 HO2 · −→ H2 O2 minium(III) ändert die Sauerstoffreduktion von einem 4- auf einen
(2) F ENTON-Reaktion 2-Elektronen-Mechanismus. Die Vergiftung durch Magnesium(II)
heilt nach einigen Stunden Reingasbetrieb wieder aus.
H2 O2 +Fe2+ → Fe3+ +·OH+OH−
·OH + Fe2+ → Fe3+ + OH− Radikale. Intermediär entstehende HO2 -Radikale greifen die Mem-
·OH + H2 O2→ H2 O + HO2 · bran an; Metallionen wie Eisen(II), Nickel(II), Chrom(III) und Kup-
HO2 · + Fe3+ → O2 + Fe2+ + H+ fer(II) beschleunigen den Effekt.5 Die Alterung von Nafion erfolgt
(3) Zerstörung des Polymers durch den Verlust eines H-Atoms am carboxylierten Kettenende und
RCF2 COOH + ·OH →
Oxidation der Kette zu CO2 und HF. ✄Tab. 4.10
RCF2 · +CO2 + H2 O Chlorid [20]. ppm-Spuren von Chlorwasserstoff in Brenngas oder
RCF3 +H2 O2 → RCF2 COOH+HF Luft lassen die Zellspannung drastisch einbrechen, insbesondere bei
schlechter Befeuchtung. Chlorid korrodiert die Platinkatalysatoren
durch Bildung von Hexachloroplatinat (Pt + 6 Cl⊖ → [PtCl6 ]2⊖ ),
✄4.11 Abhilfemaßnahmen
erschwert die Adsorption von Sauerstoff (0,4–0,7 V RHE) und
1. Goldcluster: höheres Potential hemmt die kathodische Sauerstoffreduktion.. Schwerlösliche Chlo-
der Platinoxidation ride (AlCl3 > FeCl3 > CrCl3 > NiCl2 > MgCl2 ) verstopfen die
2. Intermetallische Legierungen
Strömungskanäle. Der Einfluss auf den Membranwiderstand ist ge-
3. Core-Shell-Strukturen
(Metallkern mit Platinschale)
ring; Chlorid fördert die Rissbildung im Perfluorsulfonat.
4. stabilere Kohlenstoffträger Fluorid, Sulfat und Nitrat sind wenig schädlich.
für den Platinkatalysator Imprägnierung. Wird die Membran mit Glycol imprägniert, um die
5. verbesserte Polymere Frostschutztauglichkeit herbeizuführen, brechen die Leistungsdaten
(FEP-g-Polystyrol)
der Brennstoffzelle ein. Der Wassergehalt ist entscheidend für die
effektive Protonenbeweglichkeit.

4.2.3 Hochtemperatur-Membranen
✄4.12 Nieder- und Hochtemperatur- Die Hochtemperatur-PEM-Brennstoffzelle (HT-PEMFC) arbeitet
PEM Brennstoffzelle bei 160–180 ◦C, braucht keine Gasbefeuchtung, toleriert 3–5 % CO
Nafion PBI
im Brenngas, sodass Reformatgase aus Diesel und Biomasse ein-
setzbar sind, und ermöglicht Eisen und Cobalt als Katalysatoren
bis 80 ◦ C 120–180 ◦ C
statt Platin [44]. Anwendungen werden als Hilfsaggregat (APU)
1000 mA/cm2 400 mA/cm2
für Nutz- und Kühlfahrzeuge gesehen. Herausforderungen sind: der
CO: < 10 ppm < 1000 ppm
schlechte Wirkungsgrad der Wasserstofferzeugung aus Kohlenwas-
mit ohne Befeuchter
serstoffen, die langsame Startphase (10–40 min) und die System-
komplexität (katalytischer Brenner, Dampfreformer, zweistufiger
Wassergasshiftreaktor, Brennstoffzelle).
Bei Temperaturen über 80 ◦ C versagt Nafion. Der Wasserpartial-
druck im Brenngasstrom muss sehr hoch gehalten werden, um die
✄4.13
Membran feucht und leitfähig zu halten: 90 % relative Feuchte bei
Matrixmaterialien 130 ◦C erfordern 4,8 bar Zelldruck, unter dem die Membran irrever-
1. Perfluorsulfonate (PFSA) sibel geschädigt wird. Oberhalb 75 % Feuchte (> 80 ◦ C) schwillt
2. nicht fluorierte Polymere Nafion exzessiv an und die Protonenleitfähigkeit geht verloren. mit
3. Säure-Base-Komposite Phosphorsäure modifiziertes Polybenzimidazol (PBI) lässt geringere
4. Polymer-Anorganik-Komposite
Stromdichten als Nafion zu, aber toleriert mehr Kohlenmonoxid.
5 Alterungstest: F ENTON’s Reagenz setzt Hydroxidradikale frei.
83

Progressive Matrixmaterialien sind Komposite: im Idealfall un- ✄4.14


durchlässig für Gase und Flüssigkeiten, temperaturbeständig auch Polymerprozesse
beim Austrocknen, und frei von ionischen Verunreinigungen. G ORE
Solution casting
und A SAHI verfolgen PTFE-verstärkte Perfluorsulfonpolymere. An-
Dispersion auf Trägerfolie aufrakeln
dere Techniken imprägnieren die PEM mit Lösungen oder Pulvern und trocknen.
oder bringen Nafion auf dünne PTFE-Folien auf. Man kann die PEM Extrusion casting
auflösen, mit Additiven vermischen und eine neue Membran gie- 50–250 µm-Folien aus Thermopla-
ßen. Plasmapolymerisation liefert hochquervernetzte, gleichmäßige sten

Dünnfilme. Das Foliengießen von Nafion R aus Lösung (solution
casting) bringt gegenüber der Folienextrusion isotropere Zugfestig-
keit, konstantere Dicke, höhere Säurekapazität und größeres Was-
seraufnahmevermögen. ✄4.15
Modifizierte Strukturen
Neuere Werkstoffe sind:
 Oberflächenquervernetzung
1. FEP, hochquervernetzte fluorierte Ethylen-Propylen-Copolyme-  anorganische Zusätze
re,6 z. B. (Tetrafluorethen-hexafluorpropen-Copolymer)-Styrol/-  teilfluorierte Monomere
 neue funktionelle Gruppen
Divinylbenzol. Die thermischen Zersetzung im Heliumstrom
verläuft in zwei Stufen bei 520 ◦C und 577 ◦C und setzt Te-
trafluorethen (100 u) und Hexafluorpropen (150 u) frei.7
Polyvinylidenfluorid (PVDF) ist relativ durchlässig für Sauer-
stoff. Auch durch strahlungsinduziertes Pfropfen8 wird die Qua-
lität von Nafion nicht erreicht. PVDF-HFP (Hexafluorpropen) ist
thermomechanisch weniger stabil, wird aber als Träger für pro-
tonenleitende ionische Flüssigkeiten eingesetzt (z. B. Trifluorme-
thansulfonsäure-Derivate mit Aminen).
Polyoxyphenylen (PPO) kann durch Quervernetzung auf geringe
Wasser- bzw. Methanoldurchlässigkeit optimiert werden.
In Polysulfon können Supersäuren wie Phosphatoantimonsäure
H3 Sb3 P2 O14 und Aminogruppen eingebracht werden.
Sulfonierte Polyarylenetherketone (PEK, PEEK, PEEKK) sind ✄4.16 Sulfoniertes PEEK
chemisch stabil gegen Schwefelsäure und erreichen Leitfähigkei-
ten von 0,16 S/cm (60 mol-% disulfoniertes Monomer). Leider
neigen sie zum Anschwellen und zur Bildung von Hydrogelen.
Polyphosphazene mit Aryloxyseitengruppen am P=N-Gerüst
sind flexibel und hydrophob, jedoch empfindlich gegen Oxidan- ✄4.17 Polyphosphazen-Fragment
tien und freie Radikale.
2. Säure-Base-Komposite: Phosphorsäure wirkt gegenüber den
supersauren SO3 H-Gruppen im Polymer als Base und über-
nimmt die Rolle von Wasser auf der Anodenseite, allerdings zu
Lasten der Lebensdauer.

6 FEP = fluorinated ethylene-propylene copolymer,


Poly(tetrafluorethylen-co-hexafluorpropen (PTFE-HFP)
7 N ETZSCH, Kundeninformation onset, März (2003) 2; Kopplung von Thermowaa-
ge, DSC und Massenspektrometrie.
8 engl. radiation grafting
84

Polybenzimidazol (PBI) mit Phosphorsäure ist thermisch bis


425 ◦C stabil, gut leitfähig (PBI·2H3 PO4 : 0,0046 S/cm bei Rt.;
0,0048 S/cm bei 170 ◦C). Es wird unter Umgebungsdruck bei
etwa 190 ◦C eingesetzt (um Säureverlust vorzubeugen), verhält
sich tolerant gegenüber CO2 und geringer Feuchte.
3. Keramische Diaphragmen: Barium- oder Calciumtitanat,
Nickeloxid oder Zirconiumdioxid werden mit Säuren oder Basen
benetzt.

4.2.4 Festkörper-Protonenleiter
Nafion kann mit Festkörper-Protonenleitern gefüllt werden, um die
Leitfähigkeit der Membran bei Austrocknu8ng sicherzustellen (Hy-
✄4.18 Leitfähigkeit von Festkörper- bridelektrolyt). Anorganische Protonenleiter als PEM-Ersatz sind
Protonenleitern in S/cm Vision.
H(UO2 )PO4 · 4 H2 O ≈ 0,001  Füllstoffe für PEM-Membranen: 20 % Titandioxid, Zeolith,
LaNbO4 (Ce), 800 ◦ C 0,001 Zirconiumhydrogenphosphat-sulfoniertesPolyethersulfon (ZrP-
BaCeO3 (Ce), 800 ◦ C 0,01 SPES), Zirconiumphosphat-sulfophenylphosphat
CsHSO4 0,001...0,01
β-Alumina ≈ 0,01  Wasserstoffuranylphosphat H(UO2 )PO4 · 4 H2 O (HUP) ist im
Heteropolysäuren < 0,2 Temperaturbereich 100 bis 400 ◦C einsetzbar [21].
 Zinnphosphat und Zinnlaponit9 können in Acrylsulfonharze ein-
gebracht werden.
 Im weichen Cäsiumhydrogensulfat CsHSO4 springen H⊕ zwi-
schen den im Kristall taumelnden HSO⊖ 4 -Tetraedern. Oberhalb
141 ◦C liegt eine super-protonenleitende Phase vor (0,01 S/cm).
 Heteropolysäuren wie H3 P(W, Mo oder Si)12O40 · x H2 O leiten
bis zu 0,2 S/cm bei Raumtemperatur. Hydratisiertes und dotier-
tes β-Alumina wie (NH4 )1,67−x(H3 O)y Mg0,67Al10.33O17 leitet
etwa 0,01 S/cm bei 150 ◦C.
 Dotiertes Erdalkalicerate und Niobate, z. B. cerdotiertes
LaNbO4 und BaCeO3 , bilden bei Einwirkung von Wasserdampf
Protonendefekte in den Sauerstofffehlstellen des Gitters.
H2 O + OGitter + OFehlstelle → 2 OH·
 Rutheniumdioxid-hydrat ✄Kap. 1.7
 Supersäuren ✄Kap. 5

✄4.19 Stoffgradienten in PEM- 4.2.5 Stofftransport in PEM-Membranen


Membranen
Der Wasserhaushalt und die Wasserqualität im Realbetrieb sind kri-
⊖ Anode Kathode ⊕ tisch; die Membran darf weder austrocknen (Gasdurchbruch), noch
← Wasserrückdiffusion ← mit Wasser geflutet werden (freier Gaszutritt an den Katalysator).
→ Elektroosmotischer
Wassertransport (drag) →
An Membranen treten grundsätzlich zwei Transportprozesse auf:
→ Protonentransport →  Die Permeation neutraler Moleküle längs vorhandener Konzen-
trationsgradienten.
9 R❡
Laponite (S OLVAY): Natriummagnesiumsilicat.
85

 Die Migration von Ionen unter der Triebkraft des elektrischen ✄4.20 Elektroosmose [27]
Feldes; und damit ein Transport von Lösungsmolekülen in der
Solvathülle der Ionen (Elektroosmose: Ionen ziehen Wasser mit). ⊖ ⊖ ⊖ ⊖ ⊖ ⊖ ⊖
⊕ ⊕ ⊕ ⊕ ⊕ ⊕
Stationäre Verhältnisse treten nur auf, wenn der Katholyt in dem ⊕
+ –
Maße angesäuert wird, wie H⊕ an der Brennstoffzellenanode ✲ vE
entstehen. Für die Ionenbeweglichkeit in Polymerelektrolyte gilt
⊕ ⊕ ⊕ ⊕ ⊕ ⊕ ⊕
die N ERNST-E INSTEIN-Gleichung: ⊖ ⊖ ⊖ ⊖ ⊖ ⊖ ⊖

F
u i = Di RT D Diffusionskoeffizient
a) Grobes Porensystem

In Polymerelektrolyten wie Nafion befinden sich mehr Protonen als v = εEζ


4π η
Gegenionen; die H⊕ -Ionen übernehmen den Ladungstransport. Je- 1p = 2ε E 2ζ d = 2ε2ζ 4d I
des Proton schleppt eine Hydrathülle mit durch die Membran. Die πr π r κ
elektroosmotische Wanderung des Wassers in den Membranporen i =κE
(von der Anode zur Kathode) führt zur einseitigen Austrocknung an b) Feines Porensystem
der Anode (H2 -Seite), wenn die Gegendiffusion von kathodisches 1p = F c d′ I

Produktwasser entlang des Wassergradienten zu gering ist.
Elektroosmose beschreibt den Effekt,10 dass beim Anlegen einer A Kapillarquerschnitt (m2 )
Spannung an eine unbewegliche Festkörperoberfläche (Pore) ei- c Konzentration der Festionen
und beweglichen Gegen-
ne laminare Flüssigkeitsströmung parallel zur Grenzfläche auftritt.
ionen (mol/m3 )
Anionen adsorbieren bevorzugt auf Nichtelektronenleitern (PEM, d Länge der Kapillare =
Glas), während Kationen freibeweglich bleiben. Dadurch bildet sich Elektrodenabstand (m)
die elektrolytische Doppelschicht aus. Die Phase mit der höheren E elektrische Feldstärke (V/m)
F Faraday-Konstante (C/mol)
Permittivität (wässrige Lösung) lädt sich positiv, die Kapillarwand I Elektroosm. Stromstärke (A)
negativ auf. Die elektroosmotische Pumpe“ fördert die Elektro- i Stromdichte (A/m2 )

lytlösung vom Plus- zum Minuspol durch die Pore.11 1p Elektroosmot. Druck (Pa)
Im feinporigen Kapillarsystem einer PEM-Membran liegen die Po- r Kapillarradius (m)
v Elektroosmot. Strömungs-
renradien im Bereich der Doppelschichtdicke und der elektroosmo- geschwindigkeit (m/s)
tische Druck ist unabhängig vom Porenradius. Bei höheren Strom- η Viskosität (Pa s)
stärken misst man kleinere 1p als der Gleichung ✄Abb. 4.20b ent- ε Permittivität (F/m)
κ Elektrolytleitfähigkeit (S/m)
spricht; es treten ionenselektive Elektrolytanreicherungen und kon- κ ′ ∼ in der Pore

vektiver Stofftransport auf. Bei Nafion R beträgt die Elektroosmose ζ elektrokinet. Potential (V)
2,6 g H2 O/Ah in 0,4-molarer KCl bei 30 mA/cm2 [17]. (diffuse Doppelschicht)

Das Membranpotential an der Phasengrenze SPE/Elektrolyt im


stromlosen Zustand entsteht durch ein Konzentrations- oder Druck- ✄4.21
gefälle beiderseits der Membran. Je unterschiedlicher die Ionen- Membranpotential
beweglichkeiten von Anion und Kation sind, umso größer ist das (I) (I) (II) (II)
Membranpotential. Bei PEM-Membranen leistet das Proton nahezu a⊕ a⊖ = a⊕ a⊖
(I)
100 % des Stromtransports; die Überführungszahl ist t = 1. ai
E M = ϕ (I) −ϕ (II) = ± RT
z F ln a (II)
Die Be- und Entfeuchtung in der Brennstoffzelle kann aktiv oder i
passiv erfolgen. + für Kationenaustausch
− für Anionenaustausch
 Befeuchtung von Brenngas und Sauerstoff (Luft). ai Aktivität des transportier-
ten Ions
10 Vgl. Strömungspotential =
z Ionenwertigkeit
ˆ Umkehrung der Elektroosmose. Erzeugte Potential- ϕ D ONNAN-Potential
differenz bei Durchströmung von Kapillaren oder Poren.
11 In der PEM-Brennstoffzelle wandern H⊕ zur Sauerstoffelektrode (Kathode).
86

 Passive Entwässerung12 mit hydrophil-porösen Dochtschichten


im Gasraum nächst der MEA oder mit der PEM heißgepresstem
porösen Polyesterfasergewebe. GDL ✄Kap. 1.3.2
 Dynamische Entwässerung13 im Kathodenraum durch Ausbla-
sen mit einem Luftüberschuss im Oxidansstrom.
Das Lösungs-Diffusions-Modell [18] beschreibt den transmembra-
len Stofftransport in einer selektiven, nichtporösen Schicht in drei
Schritten:
1. Diffusion der Komponente aus dem Zulauf (Feedmischung)
2. Diffusion durch die selektive Membran
3. Desorption in die Permeatphase
Triebkraft für den Stofftransport ist der Unterschied des elektro-
chemischen Potentials der permeierenden Komponente zwischen
Feed- und Permeatseite. Unterschiedliche Löslichkeit und Diffusi-
onsgeschwindigkeit der Mischungskomponenten im Membranma-
terial bewirken die Stofftrennung.
✄4.22 Membranverfahren Der effektive Diffusionskoeffizient Di (w1 , . . . wn ) jeder Kompo-
nente hängt von der aktuellen Zusammensetzung der Membran ab
Retentat
und wird aus dem zeitlichen Verlauf der Dampfsorption ermittelt.

Reinstofflöslichkeiten werden aus Dampfsorptions-Isothermen —
✟✟
Feed ✲ ✟✟ ✲
Permeat von der Membran absorbierte Lösungsmittelmasse wi gegen Akti-
✟✟ vität des Lösungsmitteldampfes — durch Feinwägung ermittelt. In
✻ Flüssigkeiten wird die Membran bis zur Sättigung getränkt, abge-
Spülflüssigkeit trocknet, das sorbierte Gemisch wieder auskondensiert und dessen
Zusammensetzung bestimmt. Bei hohen Partialdrücken (Permeati-
on) und in Flüssigkeiten (Pervaporation) addieren sich die Kompo-
Feed Permeat Retentat
nentendrücke pi nicht mehr linear.
Gaspermeation
Gas Gas Gas dw
Diffusion in der Membran: Ji = −Di ̺ dxi
Dampfpermeation
Dampf Dampf Dampf w F
̺ Ri
Pervaporation Im Lösungsgleichgewicht: Ji = d Di dwi
flüssig Dampf flüssig P
wi
Pertraktion mi J
flüssig flüssig flüssig + Massenanteil: wi = n = J + .i . . J
mM +
P
mj 1 n
Spülflüss. j =1
Spülflüssigkeit: nur bei Pertraktion
pi (Bi −Vi′ )( pi − pi∗ )/RT p
Aktivität des gelösten Stoffes: ai = e ≈ ∗i
pi∗ pi

Bi 2. Virialkoeffizient, Di Diffusionskoeffizient der Komponente i (m2 /s), d Mem-


brandicke (m), Ji Massenstromdichte (kg m−2 s−1 ), m i Masse der gelösten Kom-
ponente (kg), m M Masse der trockenen Membran (kg), pi Dampfdruck des in der
Membran gelösten Stoffes (Pa), pi∗ Dampfdruck des reinen Lösungsmittels (Pa), Vi′
molares Flüssigkeitsvolumen, x Weg senkrecht zur Membranfläche (m), ̺ Dichte der
Membran (kg/m3 ), F = feedseitige Grenzschicht, P = permeatseitige Grenzschicht
12 z. B. Firma E PSI
13 z. B. B ALLARD , S IEMENS , T READWELL
87

4.3 Elektrodenmaterialien
Wie bei der phosphorsauren Brennstoffzelle dient Platin als Elektro- ✄4.23 Materialien
katalysator auf Kohle- oder Metallträgern.
Elektrodenträger
Auf Kohlenstoff adsorbierte Katalysatoren14 erlauben Platinbela- (Gasdiffusionsschicht, GDL):
dungen unter 4 mg/cm2 ; 2 bis 5 nm große Platinpartikel befinden Kohlenstoffpapier
R❡
sich dabei auf Aktivkohlepartikeln mit hoher spezifischer Ober- Pyrofil (M ITSUBISHI R AYON )
Kohlematten
fläche. Zur Haftvermittlung mit der PEM-Membran dient ca. 1 Metallnetze
mg/cm2 Nafion R -Suspension [34]. Die aktuelle Entwicklung von

Katalysatoren
Brennstoffzellen mit hoher Leistungsdichte und hohem Energiewir- b) Kathode:
kungsgrad erfordert: Platin
 Poröse Gasdiffusionselektroden mit optimierten Strukturen: Platin-Cobalt-Chrom
Platin-Ruthenium-Zinn
a) ungehinderte Diffusion von Gelöstgasen zum Reaktionsort,
b) Anode:
b) elektrochemisch aktive Oberflächenzentren,
Platin-Ruthenium
c) Ionentransport durch die poröse Elektrode, Platin-Rhodium
d) Dünnschichtelektroden mit geringem Widerstand. Platin-Zinn
 Geträgerte Elektrokatalysatoren (supported electrocatalysts) c) Trägermaterial:
a) Edelmetalle auf grafitierter Kohle. grafitierter Ruß
Kolloide
b) CO-Toleranz durch Zulegieren von Ruthenium. Titansuboxide
 Ersatz von Edelmetallkatalysatoren durch: Legierungen, me- Binder
tallorganische Verbindungen, Nichtedelmetalle mit hoher Aus- PTFE, FEP, PFA
tauschstromdichte für die Sauerstoffreduktion. PVDF, PVA, Nafion

4.3.1 Gestützte Elektroden


Frühere Stützelektroden bestanden aus feinmaschigen Netzen, auf
die Platinmohr oder -schwamm mit einem hydrophoben Polymer15
als Haftmittel aufgebracht wurde. Die Beschichtung mit Platinmohr
ist aus Kostengründen überholt.
In neuerer Zeit werden PTFE-, FEP-, PFA-, PVDF- und PVA-
gebundene16, platinhaltige Kohlenstoffpartikel in makroporöse
Kohlefaser-, Glasfaser- oder Kunststoffmatten heißverpresst und
anschließend mit Edelmetallen beschichtet und mit der PEM-
Membran verpresst. Für eine bessere CO-Verträglichkeit können
zur Gasseite hin zunehmend rutheniumhaltige Katalysatorschichten
aufgebracht werden (US 5795669).
Beispiel: US 5863673: Shawinigan Carbon“ mit 6%-wässriger PTFE-

Suspension, evt. Binder (10 % PVA oder FEP) auf Kohlefaser
Optimat 203“ bei 35 bar (2 min); anschließend 15 min zwischen

Niobfolien auf 275–340 ◦ C temperieren.

14 engl. carbon supported catalyst


15 PTFE = Polytetrafluorethylen, Teflon R❡; Polytrifluorchlorethylen, Hostaflon R❡
16 FEP = Fluoriertes Ethylen-Propylen-Copolymer (D U P ONT), schmilzt bei niedri-
geren Temperaturen als PTFE.
PFA = Perfluoralkoxy, PVDF = Polyvinylidenfluorid.
PVA = Polyvinylalkohol; 10%ig als Binder.
88

4.3.2 Membran-Elektroden-Einheit (MEA)


Moderne Membran-Elektroden-Einheiten17 sind in zahlreichen Pa-
tenten [18] beschrieben. ✄Abb. 4.24

4.3.2.1 Gasdiffusionsschicht

✄4.24 Aufbau einer MEA. Die Träger- oder Gasdiffusionsschicht (GDL) [40] verteilt die Re-
1 2a 2b 3 aktionsgase von den Strömungskanälen in die Katalysatorschicht
und zieht Reaktionswasser in umgekehrter Richtung ab, hält die
Membran feucht und leitet den Strom.

1. Die makroporöse Gasdiffusionsschicht (gas diffusion backing


layer) aus unter 100 µm dünnem, porösen Kohlenstoffpapier
oder -fasergewebe18 stützt die
2. hydrophobe, mikroporöse Penetrationsschicht aus Kohlepulver
(MPL), die die Katalysatorschicht trägt.

Herstellung. Aus Pech- oder Kunststoffvorstufen (Phenolharz,


1 Gasdiffusionsschicht (GDL): PAN) pyrolytisch gewonnene Kohlenstofffasern werden mit ther-
hydrophobiertes Kohlepapier. moplastischen Bindern (PP, POM, PPS) zu einem Netzwerk ver-
2a Kohlegrundschicht
(engl. carbon base layer):
schweißt. Aktivierte Fasern mit hohem Grafitanteil entstehen durch
PTFE-gebundener Ruß. eine langwierige Hochtemperaturbehandlung. Mit Kunststoffen ge-
2b Katalysatorschicht: bundene Kohlefasern sollen mindestens fünfmal so lang wie die
kohlegeträgertes Platin. Dicke des Kohlenstoffpapiers sein.19 Fasernadeln mit einer räum-
3 PEM-Membran.
lichen Vorzugsrichtung stechen nicht durch die PEM-Membran,
wie dies bei regelloser Verteilung auftreten und Kurzschlüsse her-
beiführen kann.
Die Hydrophobierung erfolgt in 5–10%iger PTFE-Suspension (Ul-
traschallbad, Trocknen, Einsintern bei 340 ◦C). Die eher zum Aus-
trocknen neigende Anode wird stärker hydrophobiert und erhält ei-
ne dickere Gasdiffusionsschicht. Die Degradation von Grafitober-
✄4.25 Diffusionskoeffizient
flächen kann durch Umsetzung mit reaktiven Gasen oder Silylierung
140
verbessert werden [36]. Vor der MEA-Herstellung sind die anodi-
120
sche Oxidation der GDL in Schwefelsäure und das Aufsprühen von
100
Nafionlösung vorteilhaft (US 6187467).
2

80
–9

60 Wassertransport in der GDL. Flüssiges Wasser bewegt sich durch


D

40
Kapillarkräfte, die mit Oberflächenspannung und Benetzungswin-
20
kel verknüpft sind; nachrangig wirken hydraulische Permeation,
0
Schwerkraft, Kondensation und Verdampfung. Der kapillare Diffu-
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
sionskoeffizient hängt von der Permeabilität des porösen Materials,
dem Kapillardruck und der Wassersättigung ab und erreicht ein Ma-
α relative Permeabilität
ximum bei etwa 25 % Wassersättigung. ✄Abb. 4.25
(Durchlässigkeit 0...100 %)
F αw d p
Dw = αη
W = Wasserphase,
w dϕ
F = poröse Feststoffphase
η dynamische Viskosität (Pa s)
17 engl.: MEA, Membrane Electrode Assembly.
p Kapillardruck (Pa)
18 z. B. T ORAY 090, SGL 10B, E-TEK Cloth
ϕ Füllgrad, Wassersättigung
(trocken 0 . . . 1 geflutet) 19 T ORAY, US 6,489,051.
89

Der Wassertransport erliegt bei trockener oder gefluteter GDL. ✄4.26 Durchlässigkeit der GDL
0,03
Dann liegen einphasig Luft bzw. Wasser in den Poren vor. Die
Durchlässigkeit der GDL für Wasser ändert sich parabolisch mit der 0,025

Wasserbeladung, α ≈ ϕ 3 ; die Porosität spielt keine Rolle. Der Ka- 0,02

ohne PTFE
mit PTFE
pillardruck p(ϕ) verläuft hystereseförmig: Wasserbeladung im Hin-
0,015
lauf (obere Kurve) und Gasbefüllung im Rücklauf (untere Kurve).
Hydrophobierung mit bis zu 5 % PTFE verringert die Benetzbar- 0,01

keit und verbessert die Permeabilität (verschiebt die Kurve α(ϕ) = 0,005

ϕ 3 nach links); ein größerer PTFE-Gehalt hat keinen merklichen


0
zusätzlichen Effekt. Der Benetzungswinkel der GDL hängt von der 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
relative Beladung mit Wasser
Porosität und Rauigkeit ab, und ädert sich mit dem PTFE-Gehalt we-
nig, weil dieser nur die Benetzung der oberen Monolagen bestimmt.
Alterung. Die GDL altert durch mechanische und chemische De- ✄4.27 Alterung der GDL
gradation; ihr Widerstand steigt mit der Betriebsdauer [40].
Mechanisch
 Unter hohen Druckkräften brechen die Kohlefasern, Porenvo- Kompression
lumen und Permeabilität gehen verloren, durch Ablösung des Einfrieren und Auftauen
PTFE-Binders geht lokal Hydrophobizität verloren. Auflösung on Wasser
Abtrag durch Gasflüsse
 Beim Einfrieren erleidet die GDL, insbesondere an der Katho-
Chemisch
de (Sauerstoffseite), durch sich ausdehnende Eiskristalle örtliche Korrosion von Kohle
Risse, rauere Oberfläche und Hohlräume; die Katalysatorschicht
löst ab. Kohlenstofffilze widerstehen Frost eher als die weniger
steifen Papiere und Gewebetücher.
Eine hydrophile Zwischenschicht zwischen Gasdiffusions-
schicht und poröser Schicht, die Wasser aus der Katalysator-
schicht abzieht, verbessert das Kaltstartverhalten bei –10 ◦C.
Kleine Poren sind vorteilhaft, weil sie die Größe der Wasser- ✄4.28 Alterung der GDL:
Fluktuation der Zellspannung bei
tropfen beim Auftauen bestimmen.
sprunghafter Stromänderung
 Auflösung: Durch Produktwasser und Gasbefeuchtung wird
0,6
schleichend hydophobes Material (PTFE, Binder) ausgelaugt.
Lokale Defekte verursachen eine stark rauschende Spannungs- 0,5
Zeit-Kurve beim Einschalten des Zellstroms. ✄Abb. 4.28
Zellspannung (V)

neu

 Abtrag der Kohleoberfläche durch feuchte Luft in den 0,4

Strömungskanälen: Wasser sammelt sich in Rissen und ver-


größert die schadhafte Stelle beim Wasseraustrag. 0,3

 Kohlekorrosion in der Gasdiffusionsschicht. Durch lokale Was- 0,2


gealtert

serstoffverarmung und Durchbruch von Sauerstoff zur An- 0 20 40


Zeit (s)
60 80 100

ode (beim An- und Abschalten) kehren sich die Elektroden-


vorgänge lokal um; die Zellspannung des Korrosionselementes
wächst von 0,84 V auf 1,44 V. Elektrolytseitig erodieren Ma-
kroporen ins Kohlenstoffmaterial. Kohlenstoffpapier ist oxida-
tionsstabiler als Kohlenstoffgewebe, jedoch weniger bruchfest.
PTFE-gebundene, grafitierte Kohlepartikel in der makroporösen
Schicht verzögern die Alterung.
Normaler Betrieb Korrosionsfall
⊕ O2 + 4 H⊕ + 2 e⊖ → 2 H2 O C + 2 H2 O → CO2 + 4 H⊕ + 4 e⊖
2 H2 O → O2 + 4 H⊕ + 4 e ⊖

⊖ H2 → 2 H + 2 e ⊖ O2 + 4 H⊕ + 2 e ⊖ → 2 H2 O
90

4.3.2.2 Aktivschicht
✄4.29 MEA-Herstellung nach der Die Katalysatorschicht besteht aus 0,1 bis 1 mg/cm2 nanodisper-
Dünnfilmmethode
sem Platin (Kathode) bzw. Platin-Ruthenium (Anode) auf grafitier-
ten Rußpartikeln.20 Nafion R , PTFE-Emulsion oder Polyvinylalko-
Geträgerter Katalysator

↓ hol dienen als Binder für die im Siebdruck aufgebrachten Pasten.
Paste mit Bindern (PTFE, Nafion)
↓ Der PTFE-Gehalt soll so klein sein, dass eine Elektrode mit ca. 15 %
Beschichten auf Porosität entsteht. Porenbildner wie Ammonium- oder Lithiumcar-
Membran oder Kohlepapier bonat setzen beim Heißpressen CO2 frei. Die direkte Beschichtung
↓ von Platinmohr ist kostspielig. W ILSON und G OTTESFELD (1992)
(Sputtern)
↓ pressten daher Pt (20 %)/C-Pulver in 5 %-Nafionsuspension (Na⊕ -
Heißpressen oberhalb der Glas- oder NBu⊕ 4 -Form) 3 : 1 heiß auf PEM zu einem < 4 µm-dünnen
übergangstemperatur von PTFE Film mit 0,12 mg/cm2 Platinbelegung.

Imprägnieren mit Nafion-Lösung Protonierung. Das Aufsprühen von 0,6–0,9 mg/cm2 Nafion21 ver-
↓ bessert die Protonenleitfähigkeit und Feuchtigkeit der Dreiphasen-
Heißpressen mit Membran zur grenze. Nafion dringt ca. 10 µm tief in die Katalysatorschicht ein,
Membran-Elektroden-Einheit
umschließt Platinkristallite, füllt die Poren der Elektrode und bindet
aktive Ionen in den hydrophilen ionischen Inseln, während Spezies
in der hydrophoben Fluorkohlenstoffmatrix inert bleiben.
Platinierung. Zusätzliche galvanische oder Dampfabscheidung von
Platin (50 µg/cm2 ) auf der Nafion-Pt/C-Gasdiffusionselektrode
erhöht die aktive Oberfläche und katalytische Aktivität.

4.3.2.3 Membran
Die ionenleitende Membran muss vor der Verarbeitung quellen.22
Durch Heißpressen (ca. 160 ◦C, 16 bar, 5–10 min) entsteht der
MEA-Verbund mit der aktivierten Gasdiffusionsschicht.23
G ENERAL M OTORS (US 6074692) sprüht eine organische Auf-
✄4.30 Lebensdauerphänomene schlämmung (Isopropanol, Ethylenglycol, Propylenglycol, Kohlen-
 An der Kathode:
wasserstoffe) von Katalysatorteilchen (kohlegebundenes Platin) und
Ablösung von Platin von mem- Binder (5%iges Nafion) direkt auf die im Lösemittel gequollene
brannahen Kohlepartikeln und Membran. Beim Erwärmen (80–130 ◦C) dampft das Lösemittel ab
Abscheidung einer membran- und der Binder schmilzt die Katalysatorteilchen zusammen.
fernen inaktiven Platinlinie:
H2 + Pt2⊕ → Pt + 2 H⊕ Beim DLR-Verfahren (DE 195 09 749, ✄Kap. 3.9.2) wird 1) eine
 Platinpartikel: in einer Messermühle gemischte Pulvermischung — aus kohlege-
Wachstum trägertem Platinkatalysator (Vulcan XC-72, Ketchen Black), 20 %
Sintern PTFE (Hostaflon TF 2053) und evt. Nafion — durch eine flache
Aktivitätsverlust
Auflösung bei großer Feuchte
Düse im Stickstoffstrom 5–10 µm dick auf die Membran gespritzt
und Potentialsprüngen und 2) mit der Gasdiffusionsschicht (Kohlefasergewebe) heißge-
 Katalysatorträger presst oder gewalzt. In der Aktivkohleschicht herrschen Porenradien
Korrosion: C + O2 → CO2 um 30 nm, in der Gasdiffusionsschicht um 10 µm vor.
bei Spannungssprüngen und
H2 -Verarmung 20 z. B. im Verhältnis 1 : 5. S RINIVASAN et. al. empfiehlt 3–4 nm große Platinkri-
stallite auf Vulcan XC-72R (250 m2 /g) mit 23 % Pt/C. Grafitierte Aktivkohle ist
korrosionsstabiler als gewöhnliches Carbon-Black“. ✄Tab. 4.30
21 5%ige Suspension in Isopropanol; I.”D. R AISTRICK, US 4 876 115 (1989).
22 z. B. in Schwefelsäure. Die vorherige Entfettung in 5 % H O erscheint angesichts
2 2
der Peroxidempfindlichkeit der Membran fraglich.
23 Eine integrierte Elastomerdichtung kann die elektrochemisch aktive Fläche an den
Rändern abschließen (US 6423439).
91

4.3.3 Sauerstoffreduktion
Die kathodische Sauerstoffreduktion läuft langsamer als die an- ✄4.31 Mechanismus der
Sauerstoffreduktion
odische Wasserstoffoxidation; die Austauschstromdichten sind tau-
sendfach kleiner. Elektrochemische, chemische und heterogen-kata-
lytische Schritte begleiten die Spaltung der stabilen O–O-Bindung. direkt
 Direkte Sauerstoffreduktion. 4-Elektronenprozess: bei Edelme-
tallen (Platin, Palladium, Silber), Metalloxiden und metallorga- indirekt ❄
nischen N4 -Komplexen. O2 ✛ ✲ H2 O2 (ad) ✲ H2 O
 Indirekte Sauerstoffreduktion. zwei 2-Elektronenprozesse über


■❅
die Zwischenstufe H2 O2 : bei Gold, Quecksilber, Oxidbildnern ❅
(Cobalt, Nickel, Übergangsmetalle), Kohlenstoff. ✄Kap. 2.17 ✠ ❅


O2 H2 O2 (Oberfl.)
und 3.4.2
Heterogen-
katalytischer
Zerfall ❄
Heyrowsky-Reaktion Indirekte Reduktion H2 O2 (Lösung)

Volmer-Tafel- Direkte Reduktion


Reaktion

✄4.32 Elektrodenvorgänge an der


Wasserstoff- und Sauer-
stoffelektrode in der PEM-
--H Brennstoffzelle und Elektrolyse.
| Elektrolyt
--H
92

✄4.33 Sauerstoffreduktion Die direkte Reduktion läuft mit größerer Stromausbeute. Erhöhung
Austauschstromdichte des Sauerstoffpartialdrucks ändert den Mechanismus nicht. Chemi-
in 1 mol/ℓ H2 SO4 (25 ◦ C) sorbierter Sauerstoff hemmt die Durchtrittsreaktion und beschleu-
(i0 groß =
ˆ elektroaktiv) nigt den intermediären H2 O2 -Zerfall.
IrO2 /Pt ca. 10−8 A/cm2 Statt des Gleichgewichtspotentials 1,23 V stellt sich an Platin im
Pt 10−9 A/cm2
Os 10−10 A/cm2
stromlosen Zustand ein Ruhemischpotential um 1 V RHE ein, weil
Pd, Rh, Ir 10−11 A/cm2 Elektrodenoberfläche und organische Verbindungen parallel oxi-
Ru 10−12 A/cm2 diert werden.
Au 10−13 A/cm2
1. Auf Kohlenstoff adsorbierte Edelmetallkatalysatoren und Le-
Tafelneigung (mV/dec) gierungen24 reduzieren die notwendige Edelmetallmasse, z. B.
Platin, O2 -bedeckt 10 % bis 40 % Platin auf grafitiertem Ruß, und verbessern die Sau-
<570 mV RHE 60
>570 mV RHE 120 erstoffreduktion durch mehrere Effekte [31].
 Die Vergrößerung der Elektrodenoberfläche beschleunigt die
Reaktionsordnung Sauerstoffreduktion nicht, jedoch steigt die geometriebezogene
a) Platin, O2 -bedeckt
– bzgl. O2 und H⊕ n≈1 Stromdichte. Platinmohr katalysiert, wegen verzögerter Chemi-
b) Platin, reduziert sorption und Wechselwirkungen, 5–10fach langsamer als glat-
– bzgl. H⊕ n ≈ 0,5 tes Platin (bezogen auf die wahre Oberfläche).25 In feindisperses
Platin dringt O2 (Unterpotentialabscheidung >700 mV RHE)26
Katalysatoren
(in mol-% auf Kohle) einige Atomlagen tief ein, so dass eine PtO- oder Pt(OH)-
 Aktivität bei 900 mV in Elektrode mit schlechteren katalytischen Eigenschaften vorliegt
H3 PO4 (190 ◦ C) A/g (ebenso bei Ruthenium und Osmium).
Pt 30  Kohlegeträgertes Platin‘“ ist aktiver als glattes und platiniertes
Pt 50 Ir 30 Cr 20 (180 ◦ C) 44 ”
Pt 50 Ir 20 Fe 30 (180 ◦ C) 48 Platin. Die Elektronenaustrittsarbeit von Pyrolysegrafit (4,7 eV)
Pt 50 Ni 25 Mn 25 53 verbessert die Elektronendichte am Platin (5,4 eV). Elektroni-
Pt 50 Ni 21 Co 21 Mn 8 58 sche Wechselwirkungen in der Doppelschicht (0,3 nm) erfordern
 Aktivität, 20 % H2 SO4 (70 ◦ C) ≤ 5 nm kleine Platinkristallite.
Pt (720 mV) 15
Pt 57 Cr 17 Cu 26 (867 mV) 62
 Bei Partikelgrößen <4 nm verliert kohlegeträgertes Platin seine
Pt-Co-Cr spezifische Aktivität und metallischen Eigenschaften. Platinkri-
stallite von 1,5–5 nm im Abstand >20 nm sind günstig. Hohe
Beladung y und kleine Partikelgröße d erfordern hochoberflächi-
ge Kohleträger; z. B. 135 m2 /g für 10 % Pt (4 nm), aber 1080
m2 /g für 10 % Pt (2 nm). s
πd 3 ̺Sm√
(1 − y)
Kristallitabstand x =
3y 3
Sm spezifische Oberfläche (m2 /kg), y Katalysatorbeladung (1 = 100 %),
✄4.34 Einflüsse auf die Sauerstoffre-
̺ Dichte des Platins (21,4 kg/m3 ).
duktion an Platin.
Kristallitgröße
Alterung. Platinpartikel agglomerieren zu größeren Clustern,
Kristallitabstand ∼ Beladung was einen Verlust an aktiver Oberfläche nach sich zieht.
Aktive Oberflächenplätze  Die freie Adsorptionsenthalpie von Wasserstoff und Sauerstoff
Katalysatorvorbehandlung
– Erhitzen in H2 oder Luft
erklärt die hohe Aktivität von Platin (für H2 : i 0 ≈ 0,1 A/cm2 )
– Elektrochemische Aktivierung im Gegensatz zu Quecksilber (i 0 ≈ 10−12 A/cm2 ). Bei mitt-
leren Bedeckungsgraden ist die Reaktionsgeschwindigkeit am
24 engl. carbon-supported electrocatalyst, carbon black = Ruß
25 Wahre Elektrodenoberfläche aus der voltammetrischen Ladung beim reversiblen
Wasserstoffpotential: 1 Pt-H-Oberflächenatom =
ˆ 210 µC.
26 Durch die höhere Freie Oberflächenenthalpie adsorbiert Sauerstoff an dispersem
Platin (<10 nm Korngröße) bei negativeren Potentialen als an glattem Platin.
93

größten. Energetisch inhomogene Oberflächen (polykristalline


Metalle, Legierungen, Metallverbindungen) bieten günstige Ad-
sorptionsbedingungen — wobei auch der Atomabstand für die
O–O-Adsorption eine Rolle spielt.
 Besser als Platin katalysieren die Sauerstoffreduktion: Pt/Ru, ✄4.35 Kathodenmaterialien
Pt/Rh, Pt/Ir, ternäre und quarternäre Legierungen (Pt, Fe, Platin
Co, Cu, Ni), besonders solche mit kubisch flächenzentrier-
tem Gitter. PtM
(M = Cr, Co, Fe, Ni, Mn, Cu, Ti)
 Schlechter als Platin und Palladium sind: Pt/Au, Pd/Au. Gold
stabilisiert jedoch die Platinpartikel. PtMM’
(M, M’ = Co, Ir, Cr, Rh, Fe, Cu,
 Unedle Legierungselemente (Cr, V, Co, Ga) verbessern die Ni)
katalytische Aktivität vorübergehend, indem ihr langsames
Herauslösen in sauren Medien die Platin-Oberfläche ver- PtFeCoCu
größert. Sie begünstigen jedoch die Sinterung, Vergrößerung
und Degradation der Platinkristallite. Auf Legierungen wie
PtCr und PtCo adsorbieren weniger Hydroxid- und Oxidspe-
zies, die die Oberfläche für die Sauerstoffreduktion blockie-
ren. Zudem ist der Atomabstand in Legierungen geringer als
Pt–Pt im Reinmetall.
2. Metalloxide
Die Modifikation der Platinoberfläche durch IrO2 und andere Me- ✄4.36 Kohlenstoffpapier T ORAY
talloxide beschreibt US 4 917 972 (1990). IrO2 /Pt-, LaF3 /Pt- und TGP090 mit RuO2 -Beschichtung
Pt/C-Elektroden kommen dem theoretischen Wert der Sauerstoffre- (dunkel) und unbeschichtet (hell)
in 15-facher Vergrößerung.
duktion näher als Platin.27 Die Katalysatorteilchen wechselwirken
in einer Berührungszone von ca. 0,3 nm; so dass Gemengekatalysa-
toren mit 2–4 nm Korngröße günstig sind.
Die PEM-Brennstoffzelle muss nicht zwingend aus Kohlenstoffma-
terialien bestehen. Bifunktionale Elektroden für regenerative Syste-
me, die als Elektrolyseur und Brennstoffzelle betrieben werden, sind
mit RuO2 - und IrO2 beschichteten Titanelektroden realisierbar. Zur
Verbesserung der Sauerstoffreduktion im Brennstoffzellenbetrieb ist
ein Platinzusatz zum Kathodenmaterial empfehlenswert.
3. N4 -Chelate (✄Kap. 3.4.2) katalysieren Sauerstoffreduktion, ohne
gleichzeitig die Wasserstoffoxidation zu beschleunigen.
 Eisen-Phthalocyanin (FePC) ✄4.37 Leistungsdichten von
 Cobalt-Tetraazaannulen, auch pyrolysiert (CoTAA) Katalysatoren in W/cm2
 Cobalt-Tetramethoxyphenylporphyrin (CoTMPP) Fe-N-Chelat auf C 0,25
Im CoTAA ist das neutrale Cobaltatom von vier N-Atomen kom- Tellur (C) 0,25
plexiert. Die Herstellung erfolgt in vier Schritten. H7 PMo11 O39 0,086
Mo2 N (C) 0,065
 Umsetzung von Propargylaldehyd28 mit Phenyldiamin zu ZrO2 -N-Chelat (C) 0,054
H2 TAA. CrN (C) 0,054
W2 N (C) 0,039
 Austausch des Protons gegen Cobalt:
H2 TAA + CoSO4 → CoTAA + H2 SO4.
27 LaF auf Platin dient in der Sensortechnik zur Einstellung definierter Sauerstoff-
3
potentiale.
28 Propargyl-: Prop-2-inyl-, -CH -C≡CH
2
94

 Aufbringen des Katalysators in organischer Suspension (DMF)


auf Aktivkohle; Verdampfen des Lösungsmittels.
 Pyrolyse des Aktivmaterials bei 800 ◦C im Argonstrom erhöht
die katalytische Aktivität. Es liegen C–N-Metall-Bindungen vor,
die auch von Vorstufen wie PAN, Nitroanilin oder Polypyrrol
stammen können. Der Metallgehalt ist gering (< 0,05 Atom-%);
die katalytischen Zentren liegen in den Mikroporen des Koh-
lenstoffträgers mit stickstoffhaltigen funktionellen Gruppen. Um
Grafitwände mit pyridinischem Stickstoff zu erzeugen, werden
Kohlenstoffmaterialien mit Ammoniak geätzt oder pyrolysiert.

4.3.4 Wasserstoffoxidation
✄4.38 Katalysatoren
Die Wasserstoffoxidation läuft in der PEM-Brennstoffzelle schnell
Wasserstoffoxidation und mit geringer Überspannung ab (ca. 35 mV bei 2 A/cm2 ). Pla-
Pt tin ist in saurer Lösung der aktivste Elektrokatalysator, denn die
Pt 50 Ru 50 (in mol-%) Stärke der Pt–H-Chemisorption ist optimal. Fortschrittliche Elek-
Pt 50 Pd 50
Pt 50 Pd 25 Ru 25 troden enthalten <0,1 mg/cm2 Platin.
Pt 39 Ni 26 Co 26 Mn 9
(1) Dissoziative Adsorption 2 Pt + H2 → 2 Pt-Had
Legierungselemente (2) Durchtrittsreaktion Pt-Had → H⊕ + e⊖ + Pt | · 2
– Edelmetalle (Pd, Ru; Au)
– Eisenmetalle (Fe, Co, Ni) Anodenreaktion H2 → 2 H⊕ + 2 e ⊖ E0 = 0
– Oxidbildner (Ti, Ta; Cu, Zn;
Sn, Pb) Problematisch ist die Vergiftung der Platinoberfläche durch Koh-
lenmonoxid (>2 ppm), Schwefel (H2 S, COS) und organische Ver-
CO-Oxidation bindungen, die mit Wasserstoff um Bindungsplätze am Platinkata-
Ru/Al2 O3 lysator konkurrieren. Glattes Platin vergiftet schneller als Platin-
Rh/Al2 O3
Pt/SiO2
mohr, weil die effektive Elektrodenoberfläche geringer, jedoch das
Au/MnO2 Verhältnis der Oberflächenplätze (θH /θGift) konstant ist.
Pt/SnO2 Kurzzeitiges Anlegen eines Potentials von 0,8 bis 1,6 V RHE besei-
tigt organische Verunreinigungen wirkungsvoll, ist aber im Brenn-
stoffzellenbetrieb nicht praktikabel. CO adsorbiert auf Platin 15-
mal stärker als H2 . 100 ppm CO fünfteln die Stromdichte der H2 -
Oxidation (bei konstanter Spannung). 0,1 mmol CO in wässriger
Lösung genügen für eine Monoschicht. Die umgekehrte Wasser-
gasreaktion trägt zur CO-Vergiftung der Elektrode bei, besonders
bei hohen Temperaturen und H2 -Drücken. Dünnfilmelektroden sind
geringfügig unempfindlicher als Diffusionselektroden und Platin-
mohr. CO-Oxidation und B OUDOUARD-Gleichgewicht liegen bei
90 ◦C auf der CO2 -Seite. Zudosieren von 2 % Sauerstoff (Air bleed)
ins Brenngas H2 oxidiert intermediär adsorbiertes CO (<0,35 V)
vollständig zu CO2 . Oberhalb 0,35 V RHE inhibiert CO auch die
Sauerstoffreduktion.
Katalysatoren mit starker H-Adsorption in Konkurrenz zur CO-
Adsorption sind nicht zielführend. Pt-Ru-Legierungen (1 : 1) — mit
verringerter CO-Bindungsstärke — erlauben Brenngasmischungen
mit 25 % CO2 und verhindern die Vergiftung von Platin mit CO.
Die Rutheniumoberfläche oxidiert bei niedrigeren Potentialen (0,2
95

V RHE) als Platin (0,55 V RHE), begünstigt die oxidative Desorp-


tion von CO (>0,25 V) und beschleunigt die Wassergasreaktion.
−2H⊕ ✲ 2 Ru(OH)“ +CO✲ CO2 + 2 Ru
2 Ru + 2 H2 O
−2e⊖ ” −H2 O
Je mehr die Elektrodenoberfläche mit Sauerstoff bedeckt ist, umso
weniger CO adsorbiert. Ab 10 % Sauerstoffbedeckung oder >800
mV RHE kommt jedoch die H2 -Oxidation zum Erliegen, weil O2
(und OH) stärker adsorbiert wird.29
Oxidbildner in Submonoschichten behindern die CO-Adsorption,
indem sie bei niedrigen Potentialen Sauerstoff adsorbieren (Sn >
Ge; As > Sb) oder die CO-Adsorption schwächen (Se, Te, S).
Unedle Legierungselemente (Sn, Ti) verbessern die katalytischen
Eigenschaften nur vorrübergehend, bis sie sich herauslösen.

Katalytische Aktivität von Platin [25]


pCO2
CO-Oxidation CO + 1/2 O2 → CO2 Kp = 1/2 = 57·1036 (90 ◦C)
pCO pO
2
(Platin katalysiert CO2 -Bildung)
pCO2
B OUDOUARD-Gleichgewicht 2 CO ⇋ CO2 + C Kp = 2 = 2·1015 (90 ◦C)
pCO
(Platin katalysiert nicht)
pCO2 pH2
Wassergasgleichgewicht CO + H2 O ⇋ CO2 + H2 Kp = pCO pH2 O = 5600 (90 ◦C)
(Platin begünstigt CO-Seite,
Ru die CO2 -Seite)

Elektrochemische Reduktion CO2 + 2H⊕ + 2e⊖ → CO + H2 O


(Platin katalysiert besser als Ru)

Air bleed 2H2 + CO + 1/2 O2 ⇋ C + 2 H2 O K p = 3,6·1045


H2 + CO2 ⇋ C + H2 O + 1/2 O2 K p = 6,3·10−27

Als Katalysatorträger dient üblicherweise Grafit, ohne die elek-


tronischen Wechselwirkungen von Träger und Katalysator zu hin-
terfragen. Elektronegative Oxide (TiO2 , Titansuboxide) verringern
die Elektronendichte am Katalysator (Pt, Ru, Ni), schwächen die
CO-Bindung und aktivieren die H-Adsorption.

29 Adsorptionsenthalpien: O : –184,2 kJ/mol; CO: –142,1 kJ/mol; H : –71 kJ/mol.


2 2
96

4.3.5 Bipolar- und Endplatten


✄4.39 Materialien Die Strömungs- oder Bipolarplatte dient der Kontaktierung (Strom-
Bipolarplatte kollektor), Gasversorgung, Wasserabfuhr und Kühlung der serien-
Grafit verschalteten Zellen. Sie muss gut elektrisch leitfähig, gasdicht,

Grafoil R (UCAR) korrosionsstabil, druck- und biegefest sein. Das eingeprägte oder
Grafit-Kunststoff-Komposite eingefräste Strömungsfeld muss eine gleichmäßige Strömung (von
Kohlefaserkomposite Luft, Wasserstoff und Kühlmittel) über den Elektrodenquerschnitt
Komposite aus Phenol-, Epoxy- gewährleisten. Die Gasströmung ist bereits am Übergang vom Ka-
harz
nal zur Gasdiffusionsschicht (GDL) nicht mehr laminar, was für
korrosionsfester Stahl
X2CrNiMo17-12-2, vergoldet den Stoffaustausch förderlich ist. Hohe Zellspannung oder hoher
Titan oder Zirconium Strom sollen auch im dynamischen Betrieb mit geringer Zelldicke
mit amorpher Kohlenstoffschicht und Masse, geringem Druckverlust und Aufwand für Nebenverbrau-
Niob (früher) cher erreicht werden. Gewellte oder geriffelte Platten mit parallelen
vergoldetes Nickel oder Kupfer Kanälen sind einfach, aber die Strömungsgeschwindigkeit ist in der
Nitrierungsschichten (TiN, CrN) Mitte schnell und nimmt zum Rand ein zunehmend langsames Pro-
auf Stahl oder Aluminium
fil an. Zum Wasseraustrag ist eine Mindestgasgeschwindigkeit bzw.
Metallcarbide (SiC) auf Stahl
ein Mindestdruckverlust im Kanal erforderlich; die Stromdichte soll
Metalloxide (InSnO2 , PnO2 )
auf Titan moderat-hoch und homogen über die Zellfläche sein.
Grafit leitet den elektrischen Strom gut und ist chemisch stabil;
Mechanische Komponenten
PVDF (Wasserrohre)
bricht jedoch leicht und neigt wegen des großen Leerraumvolumens
Stahl (Gasleitungen) zur Geaspermeabilität. BALLARD nutzte früher mäanderförmige
Polycarbonat, Brennstoff-, Luft- und Kühlmittelkanäle in gasdichten Grafitfolien,
❡ PEEK (Rahmen)
Makrolon R die gegeneinander durch Elastomere abgedichtet waren.
Elastomere (Dichtungen)
Metallische Bipolarplatten werden wegen der geringen Zelldicke
von N ISSAN , T OYOTA , DAIMLER u.a. bevorzugt, wenngleich sehr
enge Stege an Fertigungsgrenzen stoßen. Stahl wurde früher vergol-
det, um pH-Werten um 2–3 zu widerstehen; heute wird mit Misch-
oxiden oder Grafit beschichtet. Die NASA setzte ursprünglich Niob-
platten ein, eine schwere und teure Lösung.
Titan ist leicht und korrosionsfest, bildet aber elektrisch minderlei-
tende Oxidschichten (T OYOTA).
Kohlenstoffhaltige Bipolarplatten [39]. Leitfähige Kunststoffe
✄4.40 PEM-Zelle und Kompositwerkstoffe — wie Polyolefin/Ruß, Grafit-PVDF-
(Quelle: D AIMLER)
Sintergut, Silicon/Metall — leiten elektrisch schlechter als Rein-
grafit. Komposite aus Grafitpulver, Leitruß und Thermoplasten sind
dafür heißpressbar und spritzgießbar. Beim Compression Molding
(Formteilpressen) erhalten die Bipolarplatten in einem Pressvorgang
ihre Kanalstruktur. Beim Injection Molding (Spritzgießen) werden
Grafitpulver mit 20–30 % Kunststoffpartikeln (PVDF, Phenolharz,
Polypropylen) unter hohem Druck in eine Form eingespritzt.
Kohlefaser-Epoxy-Komposite mit 20 µm Dicke sind kommerzi-
ell verfügbar (z. B. Prepreg von SK C HEMICAL, Korea); eine
Rußfüllung erhöht die Leitfähigkeit (z. B. Ketchenblack in Methy-
lisobutylketon; aufgesprüht, getrocknet, heißgepresst auf Grafitfo-
lie). Eine harzentfernende Plasmabehandlung verbessert die Ober-
fläche. Als Gasdiffusionsschicht (GDL) wird Kohlefasergewebe
aufgepresst.
97

Kohlefaser-PEEK-Komposite. Die für HT-PEM-Systeme kritische


Glasübergangstemperatur des PEEK-Pulvers (143 ◦C) wird durch
das Heißpressen mit Kohlegewebe und Leitruß erhöht.
Kohlefaser-Phenolharz-Komposite. Das gleichmäßige Dispergieren
von mehr als 4 % Leitruß in der Resolmatrix gestaltet sich schwierig.
Bei ≥120 ◦C erfolgt die Vernetzung zum Phenolharz, bei 220 ◦C die
Umsetzung zum unflexiblen Komposit.
Kohlefaser-Polysiloxan-Komposite. Siliconelastomer und Kohlege-
webe werden im Vakuum entgast und heißgepresst. Das Komposit
übernimmt gleichzeitig Dichtungseigenschaften.
Das Strömungsfeld (engl. flow field) der Bipolarplatte ist entschei- ✄4.41 Modellrechnungen: Maßnah-
men für guten Stofftransport [43]
dend für die richtige Ver- und Entsorgung der Zelle mit den Reakti-
onsgasen und Wasser. Parallele geführte Strömungsstrukturen haben Befeuchtung der Membran
asymmetrische Befeuchtung:
sich im Automobilbereich durchgesetz (z. B. Ballard Mk 902).
H2 : für Membranleitfähigkeit
 Unstrukturiertes Strömungsfeld: der Strömungsraum ist allein O2 : für Wasserbeladung
durch Abstandhalter (z. B. square spots oder mesh) definiert; überstöchiometrische H2 - oder O2 -
kleiner Druckabfall und gute Wasserabfuhr, aber ungleichmäßi- Versorgung (forciert Wasserrück-
diffusion);
ge Gas- und Stromdichteverteilung über den Querschnitt. Metallschaum zur Stoffverteilung;
 Kanalströmungsfeld (channel oder serpentine flow path): das hohe Befeuchtertemperatur
Versorgungsgas tritt durch eine Öffnung ein, durchläuft auf par- schneller Gaseinstrom
Wasservorrat in der Membran
allelen oder gewundenen Bahnen das Strömungsfeld und tritt (für Lastsprünge)
durch eine Abflussöffnung wieder aus. Gleichmäßige Gasver- Befeuchtung im Gegenstrom
teilung; jedoch großer Druckabfall. Spiralkanäle bringen höhere erzwungener Wasserfluss
(Kathode)
Stromdichten als Serpentinen und Parallelkanäle.
 Interdigital-Strömungsfeld: fingerartig ineinandergreifende Katalysatorschicht
gute Benetzbarkeit
Strömungskanäle; konvektiver Stofftransport über die Gasdif- Dicke: max. 6...10 µm
fusionsschicht der Elektrode; vorteilhaft für Reingase, jedoch erhöhte Temperatur (Anode)
großer Druckabfall, Verstopfungsgefahr durch Wassertröpfchen. breite Kanäle (Anode)
 Kaskadenströmungsfeld: gegeneinander abgedichtete Strömungs- Gasdiffusionsschicht
kanäle; großer Druckabfall, Verstopfung durch Wassertröpfchen. möglichst hydrophob
isotrope Permeabilität
Gasverteilung und Dichtungstechnik Dicke: ideal 350 µm
 Die innere Gasverteilung (engl. internal manifolding) speist Strömungsfeld
Luft, Wasserstoff und Kühlwasser über senkrechte Bohrungen Kanalbreite: ≈ 535 µm
in einem Kunststoffrahmen ein, in den die Bipolarplatte einge- Kanalbreite/Rippenbreite ≈ 2 : 1
klebt ist. Will man den Rahmen einsparen, werden die Versor- Vierfach-Serpentinen
hydrophile Platte im Strömungska-
gungskanäle in die Bipolarplatte gebohrt und durch Elastomere nal (beseitigt Wassertröpfchen)
abgedichtet. Vom eingebohrten Rohrkanal verteilen sich die Ga- schneller Wassereinlass,
se horizontal in das Strömungsfeld der Einzelzellen. langsamer Lufteinlass
Kanalform: Dreieck besser als Kreis-
 Die äußere Gasverteilung (engl. external manifolding) bei mulde, Trapez, Rechteck (Kathode)
PAFC, MCFC und SOFC koppelt Brenngas und Luft durch seit-
liche Gasglocken in den Stack ein bzw. aus.
Endplatten aus Metall oder Kunststoff bilden den mechanischen
Abschluss der bipolar in Reihe geschalteten Einzelzellen und erlau-
ben über Press-, Schraubverbindungen oder Zuganker eine stabile
Flächenpressung. Über Stromabgriffplatten aus Metall mit elek-
trischen Anschlüssen fließt die erzeugte elektrische Leistung an den
äußeren Verbraucher.
98

4.4 Betriebsverhalten

4.4.1 Thermodynamik der PEMFC


Geschwindigkeit der Sauerstoffre- Steigende Temperaturen und höherer Druck verbessern die Zell-
duktion in Brennstoffzellen: spannung. Die Sauerstoffreduktion verläuft an PEM-Membranen
AFC > PEMFC > PAFC
weitaus besser als in konzentrierter Phosphorsäure, so dass Strom-
dichten über 1000 mA/cm2 möglich sind. Die Ruhezellspannung
wird von Temperatur, Druck und Wasseraktivität bestimmt.
Rechenbeispiel ✄Kap. 2.4 Bei Wasserstoff als Brenngas sinkt die Zellspannung bei hoher Tem-
Zellreaktion ✄Kap 4.1 peratur, bei Methanol hingegen steigt sie. Die Betriebstemperatur
beträgt typisch 70–80 ◦C, so dass Produktwasser flüssig entsteht.

N ERNST-Gleichung
⊕ 2
Anode, ⊖, H2 : 0 + RT ln [H ]
E ox = E ox 2F [H2 ]
1/2 ⊕ 2
Kathode, ⊕, O2 : 0 + RT ln [O2 ]
E red = E red [H ]
2F [H2 O]
1
Ruhezellspannung E = E red − E ox = 1E 0 + RT ln [H2 ] [O2 ]
2
2F [H2 O]
(Für gleichen pH und Wassergehalt an Anode und Kathode.)

Druckabhängigkeit der Zellspannung ′


0 RT 0 1 Rp
E=E − ln p = E − 1V d p
2F 2F 0
p

Eckige Klammern stehen für Gleichgewichtsaktivitäten: [H⊕ ] = aH⊕ .


Für Gase werden Drücke eingesetzt: [H2 ] = pH2 / p0 mit p0 = 101325 Pa
1V Volumenänderung der Reaktion.

4.4.2 Wasserhaushalt und Gasversorgung


AFC: ✄Kap. 3.5.2 Der Betrieb einer PEM-Brennstoffzelle erfordert einen ausgegli-
chenen Wasserhaushalt. Die Wasserstoffelektrode muss kontrol-
liert befeuchtet, an der Sauerstoffelektrode Wasser abgeführt wer-
den. Entscheidend ist die stabile Dreiphasengrenze zwischen Elek-
trode, Elektrolyt und Gasraum. Die Poren des Elektrodenmaterials
in Umgebung des Elektrokatalysators sollen weder trocken noch mit
Wasser geflutet sein. Überschüssiges Produktwasser behindert den
Zutritt von Sauerstoff. Auf der Wasserstoffseite verhindert die Be-
feuchtung ein Austrocknen der Membran. Bei Wassermangel trock-
net die Membran aus; der Widerstand steigt, denn das anodisch ge-
bildete Wasserstoffion benötigt zur Wanderung eine Hydrathülle.
Zellspannung und Leistungsabgabe des Stacks verbessern sich bei
höherem Betriebsdruck (ca. 3 bar), weil der kathodische Luftüber-
schuss Kondenswasser aus den Gaskanälen mitreißt.
99

Gasbefeuchtung. Brenngas30 und Luft werden typisch mit 100– ✄4.42 Gasbefeuchtung
110 % bzw. 70–80 % angefeuchtet; die O2 -Kathode bestimmt maß- Durch Verdunsten:
geblich die Membranfeuchte, und damit Membranwiderstand (ty- Membranverfahren
pisch 0,1 bis 0,4  cm2), Elektrodenwiderstand (um 0,7  cm2), Gaswäscher
Zerstäuber
Elektrodenkinetik und Leistung der Zelle. Hohe Leistung erfordert Sprudelschicht (Blasensäule)
eine hohe Einströmtemperatur und Befeuchtung an der H2 -Anode. Rieselfilm
Betriebstemperaturen unter 80 ◦C wirken eher kühlend; beim Fluten Füllkörperkolonne
der Kathode erschwert ein Wasserfilm den O2 -Transport. Durch Verdampfen:
Dampfbefeuchter
Membranverfahren sind kompakt und effizient. Durch eine hydro-
phile, hydrophobe oder Löslichkeitsmembran (Fluorsulfonate, Po-
lysulfon, Al2 O3 ) verdunstet erwärmtes Wasser in den Dampfraum,
durch den das zu befeuchtende Gas im Gegenstrom strömt. Ein Be-
feuchtermodul besteht aus mehreren Flach- oder Kapillarmembra-
nen. Um Ablagerungen auf der Membran zu vermeiden, muss das
Wasser gereinigt und entkeimt werden.
In der Klimatechnik verbreitete Gaswäscher, Rieselfilme und Dampfbe-
feuchter sind groß und schwer. Das laborübliche Dispergieren mit Fritte
und Waschflasche reißt Wassertröpfchen mit.
Kühltechnik. Brennstoffzellenaggregate verfügen über eine Was- ✄Kap.4.11
serkühlung, Gaskühlung ist wegen der geringen Wärmekapazität
von Luft und des schlechten Wärmeübergangs für Automobilan-
wendungen nicht geeignet. Bis die Betriebstemperatur erreicht wird,
liefert die PEM-Brennstoffzelle beim Kaltstart berets mehr als zwei
Drittel der Nennleistung.
Luftversorgung. Besonders im oberen Lastbereich steigert ein
Luftüberschuss (λ ≈ 2) die Kathodenleistung. Im Reformatbe-
trieb verbessert die Zugabe von 1–3 % Druckluft (Air bleed)31 die
Zellspannung und verlangsamt die Vergiftung des Platinkatalysators
durch CO. Eine impulsförmige Änderung des Anodenpotentials be-
schleunigt ebenfalls die CO-Oxidation zu CO2 .
Gasreinheit. Die PEM-Brennstoffzelle ist wenig empfindlich gegen CO/CO2 -Toleranz
CO2 , kann also mit Luft betrieben werden. Langfristig verringert von Brennstoffzellen:
SOFC > PEMFC > AFC
CO2 im Brenngas die Zellspannung schleichend-irreversibel, ver-
mutlich durch allmähliche Vergiftung des Platinkatalysators durch Normen:
CO. Bereits 0,1 % Kohlenmonoxid schädigt den Platinkatalysator, Reinheitsanforderungen
was den Einsatz reformierter Brenngase einschränkt. Durch Luftoxi- für H2 -Tankstellen:
ISO 14687-2
dation am Platin-Zeolith-Katalysator kann 1–2 % CO im Reformat SAE J2719
auf 100 ppm gesenkt werden. Größere Mengen erfordern eine selek-
tive CO-Oxidation. Platin-Ruthenium-Legierungen als Anodenma-
terial verbessern die CO-Toleranz. Mit zunehmender Betriebsdauer
verschlechtert sich die Zellspannung zudem, weil die Katalysator-
partikel sintern und aktive Elektrodenoberfläche verloren geht. Er-
fahrungen mit regenerativen Systemen (RFCS) sprechen dafür, dass
der vorübergehende Betrieb mit reinem Wasserstoff die Anoden-
und Kathodenleistung wieder verbessert.
30 Im Automobilbereich wird H nicht befeuchtet, sondern im Kreislauf geführt.
2
31 US 3,823,038 (1974): Prinzip des Freiblasens; B ALLARD US 6,500,572 (2002):
Blasen mit O2 -Pulsen.
100

4.4.3 Strom-Spannungs-Kurve

✄4.43 Strom-Spannungs-Kurve Der Die U (I )-Kurve zeigt drei Regionen (✄Kap. 2.9).
(qualitativ). Oben: gute Zelle.
1 Aktivierungsbereich, 1. Aktivierungsbereich: Exponentieller Abfall bei kleinen Strömen
2 Arbeitsbereich,
3 Grenzstrombereich.
wegen irreversibler Elektrodenreaktionen.
U ✻ 2. Arbeitsbereich: Linearer Abfall bei mittleren Strömen. Die Stei-
1 gung der Kennlinie ist der differentielle Innenwiderstand der Zel-
2
le (Elektrolyt- plus Polarisationswiderstand):
Ri = ∂U
∂ I = Rel + RP
3 U Zellspannung, I Strom, Rel Elektroly-, RP Polarisations-, Ri Innenwiderstand
✲ 3. Grenzstrombereich: Steilabfall bei hohen Strömen wegen Hem-
i / mA cm−2 mung des Stofftransportes.

✄4.44 Wirkungsgrad in Die Leistung der Brennstoffzelle P = U · I erreicht bei mittleren


Abhängigkeit der Leistung. Strömen den größten Wert, ✄Abb. 4.44. Der höchste Wirkungsgrad
η liegt bei mittleren Leistungen, etwa 10–20 % oberhalb der Nennlast.
✻ Bei großem Strom dominieren Verluste durch Elektrodenreaktionen
50 %
45 % und Transportprozesse. Großen Einfluss auf die Zellspannung haben
40 %
Luftdruck, Luftüberschuss, Luftfeuchte und Betriebstemperatur.
✲  Bei erhöhter Temperatur (70–80 ◦C) sinken Überspannungen
0 10 20 30 und Zellwiderstand; der Geradenabschnitt (2, ✄Abb. 4.43) wird
P / kW
flacher; höhere Zellspannung und Ströme werden möglich.
 Hoher O2 -Druck verringert die Sauerstoffüberspannung und ver-
bessert die Zellspannung maßgeblich.
✄4.45 Impedanzspektrum im
Betriebspunkt der stationären
 Im Luftbetrieb ist die Zellspannung geringer, die lineare Region
Strom-Spannungs-Kurve (quali- (Zellwiderstand 1U/1I ) steiler. Transporthemmung (Abschnitt
tativ, mathematische. Konvention). 3, ✄Abb. 4.43) tritt bereits bei kleineren Stromdichten auf als im
1 Membran Reingasbetrieb. Diffusionsbarrieren durch Stickstoff- und Was-
2 Katalysatorschicht,
3 Gasdiffusionsschicht: a Gas- serschichten behindern die Adsorption des Sauerstoffs am Ka-
phasen-, b Flüssigfilmdiffusion talysator. Vorteilhaft sind ein Luftdruck von 2–3 bar und ein
Luftüberschuss von 1,5–2; dadurch wird überschüssiges Wasser
U ✻ aus der Zelle ausgeblasen.
1  Kohlenmonoxid (>100 ppm) vergiftet den Elektrokatalysator;
Betriebspunkt
r die Zellspannung bricht im Aktivierungsbereich stark ein, wo-
bei Spannungsoszillationen vorausgehen können. Pressluftzu-
satz zum Reformat verlangsamt die Degradation der Elektroden.
Geringen Einfluss auf die Zellspannung haben: Reformatüber-
✲ schuss, -druck und -feuchte, Luft- und Reformattemperatur.
200 1000
i / mA cm−2

Re Z 4.4.4 Impedanzspektrum
✻ Im Z

Die drei Bögen der Impedanzortskurve (✄Abb. 4.45) einer PEM-
3a
1 2 Brennstoffzelle bilden die Membran, die Elektrode (Durchtrittsre-
3b aktion) und die Dreiphasengrenze (Stofftransporthemmung) ab.
101

Ursache der Auftrennung sind die unterschiedlich schnellen Pro-


zesse an den Elektroden. Die Zeitkonstante der Elektrolytrelaxation
liegt im Mikrosekundenbereich, gefolgt von vom Elektronendurch-
tritt zwischen Elektrode und aktiver Spezies im Elektrolyt im Mil-
lisekundenbereich, bis zu den langsamen Diffusionsvorgängen im
Sekunden- bis Minutenbereich.
1. Membranbogen. Den hochfrequenten Schnittpunkt mit der
Realachse R∞ verursachen die ohmschen Widerstände von Mem-
bran (Bulkwiderstand), Zuleitungen und Kontakten. Der Ortskur-
venbogen (>1 kHz) zeigt die dielektrischen Eigenschaften der io-
nenleitenden Membran, die in guter Näherung durch ein RkC-
Schaltbild modelliert werden kann. Ursächlich ist der Intercluster-
Widerstand, d. h. der Korngrenzenwiderstand der Membrankompo- ✄4.46 Membranimpedanz
site. Die induktive Verschiebung des Bogens zeugt von der Hete- im RkC-Modell.
rogenität der Membran; modellierbar durch ein Konstantphasenele- Impedanz
ment Z CPE anstatt der idealen Kapazität C. Z = Re Z + j Im Z
 Der Durchmesser des Halbkreisbogens (✄Abb. 4.45 und 48) ent- Ohmscher Widerstand
spricht dem Membranwiderstand Rel . Typisch für Ionenleiter R
Re Z =
hängt er proportional von der Membrandicke, umgekehrt pro- 1 + (ωRC)2
portional von der Temperatur, nicht aber vom fließenden Strom Blindwiderstand
ab. Die Leitfähigkeit von Nafion-117 ist: ωR 2 C
Im Z = −
178 µm 1 + (ωRC)2
κ = Rd A = ≈ 0,01 S/cm.
el 2  cm2
Zeitkonstante
 Die Membrankapazität ist wegen des engen Abstands der Io- 1
τ = RC = ω
nencluster größer als die Permittivität von Kunststoffen (εr =
5 . . . 20) erwarten lässt. Die Doppelschichtkapazität (hochfre- Kreisfrequenz
quenter Grenzwert der Membrankapazität) fällt bei der Leerlauf- ω = 2π f
spannung mit 5 bis 25 µF/cm2 deutlich niedriger aus in wässri- Membranleitfähigkeit
gen Lösungen; bei Stromfluss (>800 mV DHE32) steigt die Ka- κ= ̺1 = 1 d = Gk
pazität durch Sauerstoffadsorption sprunghaft an. R A
Membrankapazität
Widerstand und Kapazität korrelieren mit der Befeuchtung der
C = [2π f m R]−1
Membran, die wiederum je nach Wasserproduktion potentialabhän-
gig ist. Wenn die Membran austrocknet und sich ihre Leitfähigkeit Konstantphasenelement
verschlechtert, wird der Membranbogen größer; der Membranwi- Z CPE = [j ωC]−α
derstand und der Imaginärteil der Impedanz am Scheitelpunkt des
Frequenzdispersion
Membranbogens nehmen zu. Die Membran trocknet nahe der An-
α = 1 − 22
π
ode (Wasserstoffelektrode) aus, wenn der elektroosmotische Was-
serfluss durch die Wasserrückdiffusion nicht ausgeglichen wird. Bei
A Querschnittsfläche (m2 )
trockener Membran läuft die Elektrokatalyse an der Dreiphasen- C Membrankapazität (F)
grenze schlecht. Mit zunehmender Befeuchtung wächst der Durch- d Membrandicke (m)
messer der Ioneninseln, die PEM-Membran schwillt an, die Proto- fmFrequenz am Ortskurven-
nenbeweglichkeit wächst und der Membranwiderstand sinkt. Bei ge- minimum (Hz)
G Leitwert (S = −1 )
fluteter Membran kann der Membranbogen mit dem Elektrodenbo-
k Zellkonstante (m−1 )
gen verschmelzen.33 R Membranwiderstand ()
32 DHE = dynamische Wasserstoffelektrode ̺ spezif. Widerstand ( m)
2 Winkel zw. Realachse
33 Zwei getrennte Halbkreise verschmelzen, wenn sich die Zeitkonstanten τ = RC
und Kreismittelpunkt
um weniger als den Faktor 10 unterscheiden.
102

2. Elektrodenbogen (Katalysatorschicht). Der mittelfrequente Bo-


gen (1 kHz bis 1 Hz) beschreibt insbesondere die Durchtrittsre-
aktion an der Phasengrenze Membran/Katalysator. Die Zellimpe-
danz zeigt hauptsächlich die Sauerstoffelektrode; die Durchtritts-
hemmung der Wasserstoffelektrode ist klein.
✄4.47  Die einfache Modellierung der Elektrodenimpedanz mit ei-
T HIELE-Modul nem Rk-C-Ersatzschaltbild gelingt unter der Annahme, dass der
r
2 Halbkreis induktiv verschoben ist [30]. Die Frequenzdispersion
ϕ = kc 1H
λ T0
rl
α misst die Abweichung vom idealen Halbkreis und wird der
Katalysatornutzungsgrad fraktalen Dimension der Elektrode D = 1 + α −1 zugeschrieben.
tanh ϕ RD 1
η= ϕ Z (ω) = und CD = (4.2)
1 + [j CD RD ]α 2π f m RD
η≈1 für ϕ ≤0,3 Durchtrittswiderstand RD und Doppelschichtkapazität CD zei-
η ≈ 1/ϕ für ϕ > 10
gen die Aktivität des Elektrokatalysators und die aktive Ober-
Maße für die aktive fläche an. Je mehr Strom bei einem gegebenen Potential fließt,
Oberfläche umso aktiver ist die Elektrode und umso enger ist der mittle-
Elektrolyt Rel i0 SV d 2 z F re Kurvenbogen. Für eine detaillierte Analyse der Elektroden-
=
Durchtritt Rct κ RT vorgänge wird die Impedanz an Ersatzschaltbilder mit verlust-
Diffusion Rd i0 SV d 2 behafteten Netzwerkelementen angepasst. ✄Kap. 2.11
Durchtritt Rct = z F c D
 Mit steigender Überspannung (Wasserproduktion) sinkt der Wi-
c Konzentration derstand RD zunächst; bei hoher Überspannung steigt er wieder
D Diffusionskoeffizient an — je nach Verfügbarkeit von H⊕ und O2 in der Katalysator-
F Faraday-Konstante
schicht. Mit dem Durchtrittswiderstand und dem Membranwi-
1Hr Reaktionsenthalpie
i0 Austauschstromdichte derstand bei verschiedenen Potentialen kann die aus der Strom-
k Geschwindigkeitskonstante Spannungs-Kurve zugängliche TAFEL-Steigung überprüft wer-
l charakteristische Länge den. Gemäß E = E 0 − b log I + I Rel ergibt sich b als Geraden-
R molare Gaskonstante
SV volumenbezog. Oberfläche
steigung im Widerstand-Spannung-Diagramm.34
T0 Anfangstemperatur (K) dE
κ Elektrolytleitfähigkeit b= (4.3)
d log(Rel + RD )
λ Wärmeleitfähigkeit
 Der Stofftransport in der Katalysatorschicht zeigt sich bei mitt-
lerer Überspannung und zunehmend dicker Katalysatorschicht35
und Membran — je nach Protonenleitfähigkeit, Sauerstoff-
durchlässigkeit, Befeuchtung der Platin/Nafion-Grenzfläche —
als Geradenabschnitt am hochfrequenten Anfang des Elektro-
denbogens. Aus dieser WARBURG-Impedanz kann man den
Diffusionskoeffizient von Sauerstoff in der Membran DO2 =
4. . . 7·10−7 cm2 s−1 ermitteln [35].

−1 2 2RT
|Z | = A · ω und A = 2 2 √ (4.4)
z F Dc A
A Elektrodenfläche, c Sauerstoffkonzentration an der Membran (1,2 mmol/ℓ),
D Diffusionskoeffizient von Sauerstoff, ω = 2π f Kreisfrequenz,
A WARBURG-Parameter, bei der Leerlaufspannung (23 M s1/2 ).

34 Rechenschritte: 1) Differentiation: dE/dI = −(b/I ) − R = R ; 2) Logarith-


el D
mieren und Differenzieren nach E.
35 Die Katalysatorschicht sollte möglichst dünn sein, damit der Katalysatornutzungs-
grad groß bzw. der elektrochemische T HIELE-Modul klein ist.
103

✄4.48 Typisches
Ω R = 0,27 Ω cm2 R = 0,15 Ω cm2
2 3 Impedanzspektrum einer
0 100 kHz PEM-Brennstoffzelle bei kleiner
Im Z / Ω cm 2

1 2 3
Last (100 mA/cm2 ).
Mathematische Konvention.
10 Hz 1 Hz
-0,1 10 kHz 1 kHz 1 Membranbogen
100 Hz 2 Elektrodenbogen
3 Stofftransportbogen.
A gemessene Kapazität,
-0,2 C1 Membrankapazität
B um C1 korrigiert
C um C2 korrigiert
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6
Re Z / Ω cm 2
Extrapolationsverfahren [29]:
1 Sequentielle Separation der
C = 200 mF/cm 2
Kurvenbögen i:
3
C
1. Ortskurvenminimum
0,1 subtrahieren
B X i+1 (ω) = X i (ω) − Im Z i,max
C / F cm -2

2. Bogenende subtrahieren
A
0,01 C = 4,5 mF/cm2
Ri+1 (ω) = Ri (ω) − Ri,max
2
3. Korrigierte Kapazität
−X i+1
Ci+1 (ω) = 2 + X2 )
0,001 ω (Ri+1 i+1
C = 170 µF/cm2
1

0,0001
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6
2
R / Ω cm

3. Stofftransportbogen (Gasdiffusionsschicht). Der niederfrequen-


te Kurvenabschnitt (<1 bis 10 Hz), der möglichst kreisförmig und
eng ausgebildet sein sollte, beschreibt typisch die Sauerstoffversor-
gung und Wasserabfuhr an der Phasengrenze Elektrode/Gasraum
(wobei der Gasraum“ in die Poren der Elektrode reicht). Die Gas-

durchlässigkeit korreliert mit der Porosität und Tortuosität der Elek-
trode. Die Transporthemmung tritt bei hohen Strömen auf.
a) Bei Gasphasendiffusion — Sauerstoff diffundiert in Luft und
Wasserdampf zur Elektrodenoberfläche — ist der Kreisbogen nähe-
rungsweise als Rd k Cd -Glied modellierbar. Der Diffusionswider-
stand Rd wächst mit zunehmendem Strom. Im Reinsauerstoffbetrieb
kann der Stofftransportbogen fehlen.
b) Bei Diffusion in wässriger Phase — Sauerstoff diffundiert durch
einen Wasserfilm auf der Elektrodenoberfläche — schließt sich der
Stofftransportbogen bei kaum mehr messbar kleinen Frequenzen.
Der typische Geradenabschnitt (WARBURG-Impedanz), mit dem der
Transportbogen beginnt, ist der hochfrequente Spezialfall der allge-
meinen Diffusionsimpedanz (N ERNST-Impedanz).36
36 Die coth-Funktion (✄Tab. 4.49) modelliert Ionenleiter mit zusätzlich elektroni-
scher Leitfähigkeit und Adsorption einer Spezies.
104

✄4.49 Die Diffusionsimpedanz ist groß bei:


Diffusionsimpedanz:
p
 Durchbruch der Membran: von der Wasserstoffseite kommen-
Z d = Rd
coth j ωτ der Wasserstoff produziert mit parasitär verbrauchtem Sauerstoff
j ωτ zusätzliches Wasser;37 besonders bei hoher Temperatur und ho-
WARBURG-Impedanz:
hem Wasserstoffpartialdruck.
Z W = pA = √A −j √A
jω 2ω 2ω  Sauerstoffmangel: bei einem weniger als 2-fachen Sauer-
WARBURG-Parameter (bei E 0 ):

stoffüberschuss (bezogen auf den theoretischen Massenstrom).
A = 22 2 √ 2RT  Strömungsfeld: ungünstige Auslegung der Strömungskanäle in
z F Dc A
den Gasverteilerplatten.
Zeitkonstante:
τ = d 2 /D = 1/k c) Die Vergiftung des Platinkatalysators mit CO zeigt sich als pseu-
Diffusionswiderstand: doinduktiver Bogen. ✄Kap. 5.4.2
r
2
Rd = Cτ = A 2d D
d
Diffusionspseudokapazität: 4.4.5 Standzeitverhalten
F Q (ω ≪ D/d 2 )
Cd = 4RT
Die Einzelspannungen in einem bipolaren Stack streuen um ca. 20
A Elektrodenfläche bis 50 mV; die Abweichung wächst mit zunehmendem Strom. Die
c Konzentration der elektro- schwächste Einzelzelle bestimmt die Zellimpedanz. Um eine Zel-
aktiven Spezies
le zu beobachten, wird die Einzelzellspannung gegen den Zellstrom
D Diffusionskoeffizient
d Filmdicke gemessen. Um eine einzelne Elektrode zu charakterisieren, muss ei-
F Faraday-Konstante ne inerte Bezugselektrode in den Elektrolytraum eingebracht wer-
k Geschwindigkeitskonstante den. Bei der Leerlaufspannung sind Anoden- und Kathodenimpe-
Q coulometrische Ladung
ω = 2π f Kreisfrequenz
danz ohne Referenzelektrode unterscheidbar, wenn die Begasung
auf beiden Seiten mit demselben Gas (H2 oder O2 ) erfolgt.
Für Langzeitstudien oder wenn die Anpassung des Impedanzspek-
trums an Ersatzschaltbilder aufwändig ist, bietet es sich an, Wider-
stand und Kapazität bei festen Frequenzen über die Versuchszeit
aufzuzeichnen.
Zur Steuerung eines Brennstoffzellenaggregates bei einem gege-
benen Laststrom können die Betriebsparameter (Gasversorgung,
Wasserhaushalt, Temperatur etc.) nach Maßgabe des Prinzips Wi-

derstand möglichst klein – Kapazität möglichst groß“ nachgeregelt
✄4.50 werden [29].38 Man verfolgt die zeitliche Änderung von C(ω)
Kapazität und R(ω) in einem C-R-Diagramm und lässt das System um das
C(ω) =
Im Y −Im Z empirisch aufgefundene Betriebsoptimum bei größter Kapazität
ω = 2π f |Z |2
und kleinstem Widerstand pendeln. Der optimale Betriebspunkt
Impedanzbetrag muss nicht im Voraus bekannt sein. Bei Verschlechterung des
q
|Z| = Re Z 2 + Im Z 2 Aggregates sticht das aktuelle Betriebsoptimum aus der Schar der
kontinuierlich gemessenen Impedanzspektren heraus — nämlich als
Ohmscher Widerstand die am weitesten links-oben befindliche Kurve im C-R-Diagramm.
R(ω) = Re Z (ω) Jede hinzukommende Messkurve zeigt den Trend hin oder fort vom
Zeitabhängige Impedanz: bis dahin erreichten Betriebsoptimum.
R(t) und C(t) bei z. B.
1 kHz, 1 Hz, 0.1 Hz
37 Ein übermäßiges Wasserangebot verändert geringfügig auch den mittleren Orts-
kurvenbogen.
38 Beispiel: ✄Kap. 8 (SOFC) und ✄Kap. 3 (AFC).
105

Degradation. Kohlegeträgerter Platinelektroden altern durch Bil-


dung größerer Platincluster, besonders auf der Wasserstoffelektrode.
Platin wandert ins Elektrodeninnere (GDL), aktive Oberfläche geht
verloren. Die PEM-Membran verliert Sulfonsäuregruppen und PT-
FE fragmentiert in weniger hydrophobe und fluorierte Bruchstücke.
Gealterte Elektroden fluten dadurch leichter mit Wasser, die Gasdif-
fusionswege zu den aktiven Oberflächenplätzen werden länger; der
Zellwiderstand steigt, die Leistung sinkt. Das dem Kohleträger zu-
geordnete Signal (287 eV) erscheint bei frischen Elektroden nicht,
bei gealterten H2 -Elektrode stark, bei gealterten O2 -Elektroden we-
niger ausgeprägt. Das Signal des PTFE-Kohlenstoffs (296 eV) ist
auf frischen und gealterten Elektroden vorhanden. Ferner vergiften
Silicone aus Dichtungen langfristig den Platinkatalysator.

4.4.6 Test- und Sicherheitseinrichtungen


Die Qualifizierung von Brennstoffzellen erfordert umfangreiche
Test- und Sicherheitseinrichtungen mit mechanischen und elektri-
schen Komponenten.
1. Gasversorgung:
 Luft- und Brenngasver- und -entsorgung
 Rückschlagventile (gegen die Vermischung von H2 und O2 ).
 Durchflussmesser und Strömungswächter
 Filter zur Gasreinigung
 Gasbefeuchter
2. Regeleinrichtungen:
 Massendurchflussregler39
 Druckregler und -sensoren40
 Temperatursensoren (Thermoelemente)
 Taupunkt- und Feuchtemessgeräte
 Magnetventile.
3. Kühlwasserkreislauf: Pumpen, Wärmetauscher, Kondensatab-
scheider (Zyklon).
4. Heizeinrichtungen: Heizregler zur Temperierung der Brenn-
stoffzelle auf Arbeitstemperatur.
5. Elektrische Komponenten: Spannungsversorgung, elektroni-

sche Last, Messdatenerfassung (SPS, LabView R ).
6. Sicherheitseinrichtungen: H2 -Sensor, Brandmelder, Absau-
gung.41

39 Prinzip: ein Bypassstrom wird an drei seriellen Messstellen induktiv erwärmt


und die der Strömungsgeschwindigkeit proportionale Widerstands- bzw. Tempe-
raturänderung mit einer Brückenschaltung gemessen.
40 Prinzip: piezoelektrische Druckmessumformer wandeln die einwirkende Druck-
kraft in einen proportionalen Strom.
41 Leckagen sind evt. durch Abkühlung der Leitungen erkennbar (J OULE -
T HOMSON-Effekt).
106

4.5 Anwendungen

Das Brennstoffzellenaggregat in Filterpressenbauweise vereinigt


einen Stapel (Stack) von Einzelzellen zwischen zwei Endplatten,
die durch Zuganker, Tellerfedern oder Druckkissen mechanisch ver-
presst werden. Die anodische Wasserstoffversorgung kann in einer
Sackgasse enden (dead-end), da Reaktionswasser kathodisch ent-
steht — anders als bei der alkalischen Brennstoffzelle, die anodisch
Wasser produziert. Gasverunreinigungen sammeln sich eher auf der
Anodenseite; daher wird Wasserstoff im Überschuss herangeführt.

4.5.1 Gemini-Knallgaszelle

In den Gemini-Raumkapseln42 GT 5 und GT 7 wog das 1-kW-PEM-


Aggregat von G ENERAL E LECTRIC mit Wasserstoff- und Sauer-
stoffvorrat für 160 kWh elektrische Energie 250 kg, ein Sechstel
einer damals kommerziellen Batterie. Brenngas und Oxidans, tief-
gekühlt in Druckbehältern, wurden im Wärmetauscher mit dem
Kühlwasser der Brennstoffzelle und einer elektrischen Heizung vor-
gewärmt. ✄Abb. 4.51

✄4.51 PEM-Brennstoff- Kühlwasser-


zellensystem der Gemini- kreisläufe
Kapsel (1965)
Drucktank mit 3 Stacks (je 32 Zellen)

✄4.52 Wasserentfernung durch


Dochte
+ - + - +

PEM

Wärmetauscher
Kühler

H2 O2 Kühlwasser-
Dochtschicht Trennschicht umwälzpumpen
Wasser Wasser-
tank
Konvektion und
17 bar 58 bar
Wärmestrahlung
tiefgekühlt

42 GT 5: dritter Gruppenflug, 21.08.1965, G. C OOPER, C. C. C ONRAD; Umlaufzeit


89,7 min; Perigäum 171 km; Apogäum 349 km. Rendezvous GT 7 mit GT 6.
107

Ein Kapillarsystem von Dochten in den Sauerstoffgasräumen ent-


fernte das Reaktionswasser und verhinderte das Austrocknen der
Membran. Eine feinporige Trennschicht zog das Wasser in einen
Sammelbehälter. Jede Zelle von 18 × 20 = 360 cm2 lieferte 0,038
W/cm2 Leistung und eine Spannung von 750 bis 850 mV. Drei Pa-
kete von 32 Zellen genügten für eine Spitzenleistung von 2 kW bei
80 % Wirkungsgrad. Leistungsdichte, Austrocknung und Stabilität
der Polystyrolsulfonat-Membran, sowie die hohe Platinbelegung der
Elektroden stellten nicht zufrieden. Deswegen flogen später alka-
lische Zellen in Apollo und Space Shuttle. Verbesserungen brach-
ten Nafion-Membranen, die Befeuchtung der Reaktionsgase, ein
erhöhter Differenzdruck auf der Sauerstoffseite, höhere Betriebs-
temperatur und kohlegeträgerte Platinkatalysatoren durch G ENE -
RAL E LECTRIC und H AMILTON S TANDARDS U NITED T ECHNO -
LOGY C ORP. (UTC). Schließlich wurden 0,825 V bei 300 mA/cm2
und 0,5 V bei 1 A/cm2 erreicht (105 ◦C, 10 bar O2 , 2 bar H2 ). Der
Luftbetrieb erzielte trotz hohem Druck maximal 300 mA/cm2.

4.5.2 BALLARD-Brennstoffzelle

BALLARD ersetzte 1984 die Niobplatten der NASA durch Grafit ✄4.53
und suchte nach neuen Membranen. Die 5 kW-Stacks der Mk500- BALLARD-Technologie [15]
Technologie (150 W/ℓ) demonstrierten das Versuchsfahrzeug Ne-
” Betriebstemperatur: 70–90 ◦ C
car 1“ von DAIMLER und ein 30 kW-Blockheizkraftwerk. 10 kW- Betriebsdruck: 1 . . . 5 bar
Stacks der Mk513-Reihe (300 W/ℓ) trieben Brennstoffzellenbusse Leistung: 0,5 . . . 1 W/cm2
in Chicago und Vancouver. Mk800 leistete 50 kW bei über 1000 Stromdichte: bis 2 A/cm2
Dicke je Zelle: 2 . . . 5 mm
W/ℓ. Die Mk900-Technologie mit 75 kW Leistung und Mk902 mit Querschnitt: 40 × 40 cm2
85 kW kamen Anforderungen für Straßenfahrzeuge entgegen. Zellspannung bei 1,2 A/cm2 :
Der Zellstapel (Stack) besteht aus mehreren Hundert Bipolarplatten – Sauerstoffbetrieb: 0,7 V
– Luftbetrieb: 0,5 V
und Membran-Elektroden-Einheiten, die zwischen zwei Endplat-
ten mit Zugankern, Stromabgriff, Gas- und Kühlwasseranschlüssen X CELLSIS HY-80“:

zusammengehalten werden. Dichtungs- und Kühltechnik sind kon- 68 kW, 220 kg, 220 ℓ
ventionell. Eine aufwändige Druckregelung entfällt, weil Differenz-
drücke zwischen den Reaktanden unkritisch sind, solange die Mem-
bran nicht durchbricht. Mehrere Stacks werden seriell oder parallel
zu Modulen der gewünschten Leistung verschaltet. Zwischen Leer-
lauf und Volllast ist hohe Dynamik und Überlastfähigkeit gegeben.
Bevor die Brennstoffzelle ausreichende Nutzleistung liefert, muss
sie auf Betriebstemperatur aufgeheizt werden. Kaltstart, Frostschutz
und Betriebssicherheit bei mechanischen Extrembelastungen sind ✄4.54 Allgemeine Richtwerte für die
Luftversorgung
weitgehend gelöst.
Kathodisch:
Produktwasser wird konventionell durch den Luftüberschuss im Ka-
1,1 ... 3,5 bar
thodenabgas ausgetragen; eine 2-fach stöchiometrische Sauerstoff- Stöchiometrieverhältnis 1,4...2,0
menge ist günstig. Beim anodischen Wasseraustrieb (anodic water Luftvorwärmung durch Abluft
removal) schiebt ein Konzentrationsgradient das kathodisch ange- Anodisch:
sammelte Wasser über die Membran in den Anodenraum, wo es Stöchiometrieverhältnis ≥ 1,0
in den Brenngasstrom übertritt. Dies ermöglicht Luftstöchiometri- um N2 -Diffusion über die
Membran auszugleichen.
en nahe 1,0.
108

✄4.55
Historischer PEM-Brenn-
stoffzellenstack Mk 7“.

Einzelzelle 1 besteht aus:
2 H2 -Strömungsfeld
3 MEA
4 Luftströmungsfeld
5 Bipolarplatte
6 Endplatte.
(Bild: BALLARD P OWER
S YSTEMS Inc. 1999)

Das Brennstoffzellensystem erfordert weitere Komponenten.


 Gebläse oder Verdichter: Luftversorgung der Kathode.
 Druckregler überwachen die Wasserstoff- und Luftversorgung.
 Kühltechnik. Luftgebläse; der Stack ist wassergekühlt.
 Systemsteuerung und Sicherheitseinrichtungen.

4.5.3 S IEMENS-Brennstoffzelle
S IEMENS entwickelt seit 1980 Brennstoffzellen für U-Boote.43 Die
von UTC lizensierte PEM-Technologie basiert auf Vorarbeiten von
✄4.56 Druckwasserstofftanks von
DYNETEK: Innengefäß aus Alu- G ENERAL E LECTRIC. Das System umfasst Gasversorgung (H2 , O2 ,
minium; Mantel aus kohlefaserver- N2 -Spülgas), Befeuchter, Zellstack, Wasserabscheider, Kühlkreis.
stärktem Epoxidharz; 350 bar, MAN,S IEMENS und L INDE betrieben von Mai 2000 bis April
205 ℓ = 45 kg H2 . Bild: D AIMLER
2001 einen PEM-Wasserstoffbus 8000 km im Liniendienst in Er-
langen, Nürnberg und Fürth. Die 120-kW-Brennstoffzelle im Fahr-
zeugheck bestand aus vier Modulen mit 640 Einzelzellen. Der
dc/ac-Umrichter dient gleichzeitig der Leistungsregelung. Zwei
Asynchronmotoren, über ein Summiergetriebe verbunden, treiben
direkt die serienmäßige Hinterachse an. Neun Druckgasflaschen auf
dem Dach speicherten 1548 Liter Wasserstoff (250 bar).
43 Alkalisches 100-kW-Aggregat in U1“ (HDW 1988/89); später PEM-Technik.

109

4.6 Brennstoffzellenboote und -flugkörper


Brennstoffzellen in U-Booten. Ein Unterseeboot, das sich der Or- ✄4.57 April 2002 HDW entlässt
nach über 20-jähriger Entwicklung
tung entziehen soll, darf weder Schall, Wärme noch Magnetfel-
mit U 31“ der 212 A-Klasse das
der aussenden. Der Druckkörper aus unmagnetischem Stahl, die ”
weltweit erste betriebsfähige
Schiffshülle aus Kunststoff und ein leiser Brennstoffzellenantrieb Brennstoffzellen-U-Boot in den
charakterisieren den Typ U212 der H OWALDSWERKE -D EUTSCHE Dienst der deutschen Marine. Die
Exportversion 214 bereichert
W ERFT AG.44 Die 120-kW-S IEMENS-Module aus 320 Zellen wer- Armeen in europäischen und
den außenluftunabhängig aus einem Metallhydridspeicher gespeist, asiatischen Ländern. Bild: HDW
der mit Tieftemperatur-Druckwasserstoff (aus LH2 ) geladen wird.
Das U-Boot kann mehrere hundert Meter tief tauchen und vier Wo-
chen unter Wasser bleiben. Konventionelle Batterien dieselelektri-
scher U-Boote erschöpfen nach zwei Tagen Unterwasserfahrt.45
Brennstoffzellen in Flugzeugen. B OEING projektierte ein elektro-
motorisches Propellerflugzeug mit zwei 25 kW-Brennstoffzellen,
die im Reiseflug Flüssigwasserstoff verstromen.46 Zusätzliche Bat-
terien unterstützen den Start. In Düsenflugzeugen könnte eine
Brennstoffzelle bordeigene Systeme, Klimaanlagen und Beleuch-
tung versorgen. Visionär wäre ein regeneratives System, das auf In-
terkontinentalflügen bei Bedarf Sauerstoff durch Wasserelektrolyse
erzeugt.
Das ferngesteuerte Solarflugzeug Helios“ der NASA mit einer

Flügelspannweite von 74 m stieg 2001 auf die unübertroffene Höhe
von 29 000 m auf, um die obere Atmosphäre zu erforschen. Brenn-
stoffzellen versorgen das Flugzeug beim nächtlichen Dauereinsatz.
Bei einem Testflug vom Marinestützpunkt Kauai (Hawaii) brach das
✄4.58 Prinzip eines RFCS
Flugzeug auseinander.47
Regenerative Brennstoffzellensysteme (RFCS, ✄Kap. 3.8). Ein
reversibles Festelektrolyt-System, das bifunktional als Elektroly-
seur und Brennstoffzelle arbeitet, konnte bislang nicht mit langer
Lebensdauer realisiert werden. Bereits nach kurzer Wasserzerset-
zung verliert besonders die Sauerstoffelektrode ihre Aktivität für
den Brennstoffzellenbetrieb. Anwendungen für RFCS sind Satelli-
ten, Flug- und Raumfahrzeuge, in denen bislang konventionelle Bat-
terien eingesetzt werden.
H AMILTON S TANDARD demonstrierte ein RFC-System für das
Pathfinder-Projekt der NASA mit 35 kW-PEM-Elektrolyseur und ✄4.59 Katalysatoren
separater 25 kW-PEM-Brennstoffzelle. Bei Sonneneinstrahlung lie- H2 -Elektrode O2 -Elektrode
fern Solarzellen die nötige Energie für die elektrolytische Wasser-
Pt/C Pt, Ir, Ru
stofferzeugung; im Dunkelbetrieb wandelt die Brennstoffzelle den Pt/Pt TiO2 -Suboxide
zwischengespeicherten Wasserstoff in elektrische Energie.

44 Süddeutsche Zeitung, 22.04.2003; Amberger Zeitung, 23.04.2003.


45 Brennstoffzellen Magazin 3/2002, S. 11.
46 Süddeutsche Zeitung, 17./18.05.2003, Die Brennstoffzelle geht in die Luft.
47 Amberger Zeitung, 28./29. Juni 2003.
110

✄4.60 Deutsches U-Boot mit Brennstoffzellentechnik (Quelle: HDW).

✄4.61 Die S IEMENS-Brennstoffzelle im Test (Quelle: HDW, Siemens).


111

✄4.62 U 31“ mit außenluftunabhängigem Brennstoffzellenantrieb und Metallhydridspeichern (Quelle: HDW)


✄4.63 Betankung des Space Shuttles mit 45 Lastwagenladungen Flüssigwasserstoff (Quelle: A IR P RODUCTS)
112

4.7 Antriebskonzepte im Vergleich

✄4.64 Treibhausgasemission und Die Automobilhersteller haben die Machbarkeit und Alltagstaug-
Energieverbrauch des EUCAR-
lichkeit des Brennstoffzellenantriebs demonstriert. Das hohe Dreh-
Referenzfahrzeugs 2020+ [46]:
Batteriefahrzeug moment bei niedrigen Drehzahlen verleihen dem geräuscharmen
B1 Strom aus Windkraft und ruckfreien Elektroantrieb ein käuferfreundliches Beschleuni-
B2 plus Pump-/Kavernenspeicher gungsvermögen, das Verbrennungsantriebe gleicher Leistung über-
ohne/mit Speicherverlusten
B3 European Electricity Mix
trifft. Ein mehrstufiges Getriebe ist prinzipiell verzichtbar. Anders
Brennstoffzellenfahrzeug als beim Batteriefahrzeug sind thermischer Komfort (Heizung, Kli-
F4 mit H2 aus Erdgas ma) und kurze Betankungszeiten gegeben.
F3 mit H2 aus Windkraft
Plugin-Hybrid
F1 H2 aus Erdgas + Onboard-Lader
4.7.1 Brennstoffzellenantrieb
F2 H2 aus Windkraft
Vorteile. Hochgesteckte Klimaziele zum CO2 -Ausstoß sind ohne
70

F4
B3 Elektroantriebe kaum realisierbar [46, 59]. Regenerativ erzeugter
60
Wasserstoff verringert die Treibhausgasemissionen. Hybridantrie-
50
be aus Brennstoffzellenaggregat und Batterie gestatten die Brems-
CO2-Äquivalente (g/km)

40 energierückgewinnung und Kostensenkung durch Phlegmatisierung


F1
30 (z. B. moderate Dynamikanforderungen für die Luftversorgung).
B2
20
B1 F2
1. Theoretisch 100 % Wirkungsgrad, keine C ARNOT-Grenze wie
10 F3
bei Verbrennungsmotoren; hoher praktischer Wirkungsgrad im
0
30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 verbrauchsrelevanten Teillastbetrieb.
2. Keine lokalen Emissionen; kein Leerlaufverbrauch; geräuscharm
3. kurze Betankungszeiten wie Benzinfahrzeuge
4. Reichweite über 500 km. Antrieb und H2 -Speicher sind separat
optimierbar. Großer Leistungsbereich durch modularen Aufbau.
5. Beheizung der Fahrzeugkabine durch Abwärme und elektrische
Zusatzaggregate; die Brennstoffzelle bringt auch bei tiefen Tem-
peraturen hohe Leistung (anders als Batterien). Ziel des Kaltstarts
ist die schnelle Erwärmung über den Gefrierpunkt.
Herausforderungen: hohe Herstell- und Materialkosten bei nied-
rigen Stückzahlen; Leistungsgewicht und Raumbedarf für Tanksy-
stem und Brennstoffzellen-Aggregat; H2 -Infrastruktur mit preiswer-
tem, reinem Wasserstoff; Lebensdauer des Stacks; Kaltstartzeit bei
tiefen Temperaturen (<–10 ◦C); hohe Kühlleistung z. B. für Berg-
fahrten im Sommer.48 Kritiker bemängeln die über Jahrzehnte mar-
ginalen Fortschritte und die Umweltbilanz:49
 Kosten. Die heutige Technologie (mit 22 g Platin für 100 kW
Leistung) würde die Weltjahresproduktion von Platin für gerade
10 % der weltweit produzierten Neufahrzeuge verzehren.50
48 Bei gleicher Antriebsleistung braucht ein BZ-Fahrzeug die über 2,8-fache
Kühlleistung bzw. Wärmeübertragungsfähigkeit Q̇/1T eines Verbrenners. Ein
Hochtemperatur-Kühlsystem erlaubt hohe Stromdichten und kleinere Stacks mit
wenig geringerem Fahrzeug-Wirkungsgrad im NEFZ-Zyklus [68, 70].
49 M. L IENKAMP , Status Elektromobilität 2016 oder wie Tesla nicht gewinnen wird,
www.researchgate.net/publication/304247929
50 Die Platinförderung kann nicht deutlich erhöht werden.
113

 Lithiumionen-Batteriefahrzeuge mit über 350 km Reichwei-


te und die entstehende Schnellladeinfrastruktur entkräften
das Reichweitenargument der Brennstoffzelle. Bislang fehlen
flächendeckende Wasserstofftankstellen.
 Brennstoffzellenantriebe sind nicht emissionsfrei: Die schlechte
Wirkungsgradkette der Wasserstofferzeugung, Verteilung, Spei-
cherung und Verstromung verzehrt viermal soviel Energie wie
bei Batteriefahrzeugen gleicher Leistung. Ein Brennstoffzellen-
Batterie-Hybrid erreicht mit regenerativ erzeugtem Wasserstoff
die günstigen Well-to-Wheel-CO2 -Emissionen und Energiever-
bräuche eines Batteriefahrzeuges [46].

4.7.2 Verbrennungsmotor
engl. Internal Combustion Engine Vehicle (ICEV). Der Wirkungs- ✄4.65 Anhaltswerte für
Energie und Leistungsdichte [6]
grad bei höchsten Drehzahlen und Geschwindigkeiten von ≈ 35 %
(Benzin) und 42 % (Diesel im Bestpunkt) ist technisch ausgereizt. Wh/kg W/kg
Für den Teillastbetrieb wurden Hubraum und (wegen thermodyna- Verbrennungs- 200 1000
mischer Verluste) Zylinder eingespart; mit Abgas betriebene Turbo- motor 500 800
lader unterstützen dafür Beschleunigungsvorgänge. Nebenaggregate 1000 700
wie Wasserpumpe, Ölpumpe und Lenkung arbeiten bei Bedarf elek- PEMFC 200 200
trisch. Heutige Dieselmotoren stoßen weniger als 90 g CO2 /km aus; 500 150
1000 100
Ottomotoren erfordern Abgasreinigung (SCR-Verfahren), Zylinder-
abschaltung und Ventilsteuerung. Erdgas (CNG) senkt den CO2 - Na/S 100 200
Ausstoß gegenüber Benzin um bis zu 25 %; jedoch entweicht das Ni/Cd 30 200
Treibhausgas Methan auch unverbrannt aus Pipelines und Motoren.

4.7.3 Hybridfahrzeuge
engl. Hybrid Electric Vehicles (HEV)51 ✄4.66 Elektrifizierung des automo-
bilen Antriebsstrangs [57, 63, 79]
 Mikrohybride aus Verbrennungsmotor und 12-V-Batterie in
Start-Stopp-Systemen sparen etwa 3 % Kraftstoff ein. Der Mo- Batteriedaten
tor stoppt an einer roten Ampel und zündet erst, wenn das Auto, (V) (kWh) (kW))
getrieben vom Elektromotor, wieder anrollt. Hybridfahrzeug aus
 Mild-Hybride fahren eingeschränkt elektrisch; sie unterstützen Verbrennungsmotor und Batterie
Mikro 12 ≪1 <5
Anfahren und Beschleunigen (Booster). 48-V-Hybride mit ver- 48 ≤ 10
größerter 10-kW-Elektromaschine sollen die gesetzliche Vorga- Mild 48–150 ≤1 5–10
be von 95 g CO2 /km (bis 2021) erfüllen, Bremsenergie rück- Voll >200 ≤5 10–50
Plugin >200 ≤10 30–60
gewinnen52 und 10 % Kraftstoff einsparen. Die Mehrkosten
Range- >200 ≤15 100
erhöhen den Verkaufspreis des Autos um grob 1000 EUR. Extender
 Vollhybride aus Verbrennungsmotor und großer Batterie bewälti- Batteriefahrzeug
gen kurze Strecken elektrisch; Emissions- und Verbrauchsvor- (BEV) >200 >15 100
teile bestehen im beschleunigungsintensiven Stadtverkehr, nicht Brennstoffzelle
Hybrid >200 >15 100
51 ECE-R83: ein Fahrzeugantrieb mit mindestens zwei verschiedenen Energiewand-
lern und -speichern (Motor, Gasturbine, Batterie, Schwungrad, Hydrospeicher, Range Extender (thermisch):
Kondensator, H2 -Tank etc). Mit dem L OHNER-Porsche (Benzinmotor, Generator, Batterie wird durch Verbrennungs-
Allradelektroantrieb) chauffierte F ERDINAND P ORSCHE auf der Pariser Weltaus- motor über Generator geladen.
stellung 1902 E RZHERZOG F ERDINAND zum Kaisermanöver.
52 Durch Rekuperation wird die Bremsenergie genutzt, die als Wärme an den Brems-
scheiben verloren geht, um die Batterie aufzuladen.
114

auf Autobahnfahrten. Durch Lastpunktverschiebung wird der


vibrationsreiche Zweizylindermotor mit hohen Motordrehzah-
len akzeptabel. T OYOTA kommerzialisiert Vollhybride mit ein-
fachem Benzinmotor.
 Plug-in-Hybride (PHEV). Eine große Batterie speist den An-
triebsstrang für rein elektrisches Fahren bis 50 km und künf-
tig mehr; der zweite Antriebsstrang (Benzinmotor) erweitert die
Reichweite. Die Batterie kann ohne Fahren geladen werden.
✄4.67 Hybrid: Verbrennungsmotor Beim Parallelhybrid treiben Verbrennungs- und Elektromotor das
und Batterie (D AIMLER AG)
Fahrzeug einzeln oder gemeinsam über denselben Strang des Vier-
radantriebs. Der Serienhybrid — mit Verbrennungsmotor an der
Vorderachse und Elektroantrieb an der Hinterachse — verspricht
weniger Wirtschaftlichkeit und Kundennutzen.
Der T OYOTA Prius“ (1997) wird von einem konventionellen Verbren-

nungsmotor und einer Nickel-Metallhydrid-Batterie (284 V, 2 kWh, 70 kg)
getrieben. Im Stadtverkehr fährt er mit Batteriestrom, auf Fernstrecken mit
Benzin. Im Herbst 2003 kam die zweite Generation (500 V, 78 PS) mit ei-
nem Benzinverbrauch von 4,3 ℓ/100 km in den Handel.

4.7.4 Batteriefahrzeuge

engl. Battery Electric Vehicles (BEV) fahren geräuscharm und preis-


wert. Nachteilig sind: die begrenzte Reichweite, die lange Ladezeit,
die moderate Lebensdauer beim vielmaligen Laden und Entladen;
die gegenüber fossilen Brennstoffen geringe Energiedichte.
 Die gegenüber Benzinfahrzeugen günstige CO2 -Bilanz hängt
von der Stromerzeugung ab: aus Wind- und Solarenergie (Eu-
ropa), Kohle (China) oder Erdgas (USA).
 Lithiumionen-Batterien für Elektrofahrzeuge werden vom Ka-
thodenmaterial (+) bestimmt:
a) Nickel-Mangan-Cobalt (NMC; 3,7 V) und Nickel-Cobalt-
Aluminium (NCA) werden in Richtung 5-V-Batterie ent-
wickelt; problematisch sind Lebensdauer und Überhitzung.
b) Lithiumeisenphosphat (LFP, LiFePO4 ; 3,5 V) ist mäßig lei-
stungsfähig, langlebig, preiswert und sicher.
c) Lithiummanganspinell (LMO, LiMn2 O4 ; 3,8 V) ist sehr lei-
stungsfähig (1800 W/kg), zyklenstabil und sicher.
 Visionen wie Lithium/Schwefel, Lithium/Luft und Festkörper-
batterien (All-Solid-State) sind experimentell und kurzle-
big. Der leistungsfähige Bleiakku ist zu schwer; Nickel-
Cadmium teuer und umweltbedenklich; Natrium-Schwefel- und
Natrium-Nickelchlorid-Batterien schwer beherrschbar; Nickel-
Metallhydrid wurde von Lithium-Ion abgelöst.
Range-Extender erhöhen die Reichweite und reduzieren die Lade-
zeit der Batterie in einem seriellen Hybrid zu Lasten des Wirkungs-
grades: Die thermische Variante mit Verbrennungsmotor [79] lädt
über einen Generator die Batterie auf.
115

4.7.5 Brennstoffzellen-Batterie-Hybridfahrzeuge

Brennstoffzelle und Batterie werden in der Regel parallel geschal- ✄4.68 Hybridisierungsgrad des
Kfz-Brennstoffzellenantriebs [69]
tet. Mit dem Hybridisierungsgrad53 [82] wächst der Wirkungsgrad
des Fahrzeugs durch Anhebung und Absenkung des Lastpunktes der Typ Batteriedaten
Brennstoffzelle (günstiger Arbeitsbereich ✄Abb. 4.69); Beschleu- (V) (kWh) (kW)
nigung über den Boost-Betrieb der Batterie; Rekuperation; geringe Hybridfahrzeug
Kühlleistung (durch fahrzeuglokal höheren Wirkungsgrad der Bat- Lean-BZ 12 ≈5
terie gegenüber der Brennstoffzelle). Hochleistungsbatterie
BZ-Hybrid 48–150 ≈1 >10
Das Mildhybrid liefert über 40 kW Leistung bei moderatem Ener- >200 2–3
gieinhalt, hebt oder senkt den Lastpunkt der Brennstoffzelle, nutzt
Hochenergiebatterie
Bremsenergie und verbessert die Fahrdynamik bis zur Volllast BZ-Plugin >200 ≤3 >50
(Booster). Der Dauerbetrieb bestimmt die maximale Leistung des >200 ≤20 ≤100
Brennstoffzellen-Aggregates im Hybrid und setzt dem Downsizing Range >200 >15 100
Extender
Grenzen. Die Leistung des Batterie-BZ-Systems mit Berücksichti-
gung des Gesamtwirkungsgrades definiert die maximale Beschleu-
nigung; Kundenwünsche bestimmen die Auslegung des Antriebes.
Die Kosten des BZ-Aggregats sinken nicht proportional zur Lei-
stungsabsenkung, weil die Luftversorgung und andere Komponen- ✄4.69 Wirkungsgrad im
BZ-Batterie-Hybridsystem
ten die Kosten bestimmen. Betriebsoptimum

Plugin-Hybride mit Hochenergiebatterie machen unabhängig von 60

der H2 -Verfügbarkeit und Infrastruktur, versprechen hohe Leistung Batt


erie
entl
und langfristig Kostenvorteile. Im unteren Lastbereich wird der Sy- Systemwirkungsgrad (%) ade
n
40
stemwirkungsgrad durch das Laden der Batterie erhöht (Lastanhe-
bung der Brennstoffzelle); der Wirkungsgrad des BZ-Aggregat fällt
zu geringen Leistungen hin wegen der laufenden Nebenaggregate. 20

Im hohen Lastbereich liefert die Batterie Leistung für die Lastab-


senkung der Brennstoffzelle. Diese Betriebsführung verlängert die
0
Lebensdauer der Brennstoffzelle, die nicht bei Überlast in die H2 - 0 20 40 60
Anteil der Peakleistung (%)
80 100

Unterversorgung gerät und nicht nahe der schädlichen Leerlaufspan-


nung arbeiten muss [53, 56].

4.8 Brennstoffzellenkraftfahrzeuge

4.8.1 DAIMLERs erste Fahrzeuge

Die Allianz von DAIMLER mit BALLARD (Kanada) bis 2005 brach- ✄4.70 Brennstoffzellenfahrzeug
Necar 4“ (1999). Bild: D AIMLER
te die ersten Brennstoffzellenfahrzeuge hervor. Das Aggregat des ”
New Electric Car“ NECAR I [11] füllte den Laderaum eines

M ERCEDES-Transportes MB 100, der mit Druckwasserstoff betrie-
ben wurde. Das NECAR II-Aggregat beanspruchte den Kofferraum
eines Lieferwagens Minivan V“ mit einem Druckwasserstofftank

auf dem Dach. Der Methanolantrieb des NECAR 3 passte in den
vergrößerten Kofferraum und Unterboden der höhergelegten Fahr-
gastzelle der A-Klasse.
53 Hybridisierungsgrad = PB
PB + PBZ (B Batterie, BZ Brennstoffzelle).
116

✄4.71 Wirkungsgrad am Rad im Bei NECAR 4 und 5 bot der Unterflurbereich der A-Klasse aus-
MVEG-Zyklus. Quelle: AUDI
reichend Platz; die Fahrgastzelle konnte fünf Personen aufnehmen.
PEM-Brennstoffzelle [15] 37 % 5 kg Flüssigwasserstoff im Tank unterhalb des Kofferraumbodens,
Verbrennungsmotoren der mittels zweier integrierter Heizstäbe verdampft wird, verliehen
Syndiesel 26 % NECAR 4 eine Reichweite von 450 km. Im Europäischen Fahrzy-
Diesel 25 %
Wasserstoff 24 %
klus (NEFZ) erwies das Brennstoffzellensystem einen Wirkungs-
Methanol 24 % grad von 45,8 % einschließlich aller Nebenverbraucher auf dem Rol-
Benzin, Erdgas 22 % lenprüfstand, wobei im Mittel 37,7 % am Rad verfügbar sind. Dies
entspricht einem äquivalenten Dieselverbrauch von 3,7 ℓ je 100 km.
✄4.72 PEM-Brennstoffzellenbus Der NEBUS [11] bezog Wasserstoff für 250 km Reichweite aus
Nebus“ (1997). Bild: D AIMLER
” sieben Aluminiumtanks mit Kohlefasermantel (je 21 kg H2 , 150
ℓ, 300 bar) auf dem Dach. Das Heck des Niederflur-Linienbusses
mit 14 t Leermasse birgt zehn 25-kW-Brennstoffzellenstacks, die
190 kW Leistung an Antriebssystem, Lenkhelferpumpen, Druck-
lufterzeugung (für Bremsanlage und Federung) und Türsteuerung
liefern. Elektromotoren (ZF Friedrichshafen, E VO B US Mannheim)
übertragen die Antriebsleistung direkt auf die Räder; Getriebe und
Kardanwelle entfallen. Der Radnabenmotor arbeitet beim Verzögern
als Motorbremse und erzeugt Strom zum Laden einer Batterie —
wurde jedoch auf dem Dach des Versuchsbusses in wassergekühl-
ten Bremswiderständen in Wärme umgewandelt und an die Umge-
bung abgegeben. Eine adaptive Stoßdämpferregelung (Fa. WABCO,
F ICHTEL & S ACHS) stabilisiert den Bus mit der 1900 kg schwe-
ren Dachlast in Kurven und beim Bremsen. Im Notfall sprechen
die Beschleunigungssensoren vorn und im Heck an und schalten die
Wasserstoffversorgung aus. Der NEBUS manövriert mit der 24 V-
Lenkölpumpe, von der Bordbatterie gespeist, und kommt mit dem
Druckluftvorrat in der Bremsanlage sicher zum Stehen.
✄4.73 Brennstoffzellenfahrzeug Methanolfahrzeug. Im NECAR 5-Gaserzeugungssystem wird Me-
mit Methanolreformer
thanol mit Wasser vermischt, verdampft und bei 250–300 ◦C am
Bild: D AIMLER AG
Cu/ZnO-Katalysator (BASF) zu Wasserstoff und CO2 reformiert.
Die selektive katalytische Oxidation (PROX) wandelt das Kataly-
satorgift CO in CO2 um, bevor das Brenngas in die Brennstoffzelle
geht. Die Wasserstofferzeugung im Reformer ist mit der gewünsch-
ten Fahrgeschwindigkeit, dem Druck aufs Gaspedal, gekoppelt. Ver-
dampfer und Reformer werden durch den katalytischen Brenner be-
heizt, der überschüssiges Reformat und den Restwasserstoff im Ab-
gasstrom des Brennstoffzellenstacks nutzt. Das produzierte Was-
ser wird für die Dampfreformierung genutzt. Der Asynchronmo-
tor von E COSTAR beschleunigt NECAR 5 bis über 150 km/h [11].
Das integrierte Automatikgetriebe wirkt direkt auf die Antriebswel-
le der Vorderräder. Das 75 kW-Brennstoffzellenmodul mit Befeuch-
ter, Sensoren und Elektronik passt in eine stoßgeschützte, 80 × 40 ×
25 cm große Box im Fahrzeugchassis. Gekühlt wird die Einheit mit
einem Ethylenglycol-Wasser-Gemisch. Während der Kaltstartphase
bis zum Erreichen der Arbeitstemperatur speist eine Nickelmetall-
hydrid-Batterie (230 kg) das Antriebssystem, die auch zur Brems-
energierückgewinnung dient.
117

Reluktanzmotoren treiben Nebenaggregate wie Luftkompressor, ✄4.74 Frühe D AIMLER-Fahrzeuge:


In Klammern Zahl der Stacks
Kühlmittelpumpe und Fahrzeuglüfter an. Die Wasserstoff- und Luft-
ströme sind bei Kaltstart, Beschleunigen und Abbremsen sehr unter- Wasserstofffahrzeuge
schiedlich, was dem System ein hohes Maß an Dynamik abverlangt. NECAR I (1994)
Die Abgaswerte von NECAR 5 unterschreiten den Standard für Su- 50 kW, 230 V (12), 50 W/kg
per Ultra-Low Emission Vehicles (SULEV), die über eine Fahr- NECAR II (1996)
50 kW, 280 V ( 2), 160 W/kg
strecke von 100 000 Meilen (161 000 km) ca. 1 kg Kohlenwasser- NECAR 4 (1999)
stoffe emittieren dürfen. Wegen der CO2 -Emissionen ist NECAR 5 70 kW, 330 V ( 2), 200 W/kg
kein Zero Emission Vehicle (ZEV). Das 1990 verabschiedete Pro- NEBUS (1997)
gramm des US-Bundesstaates Kalifornien — dem sich New York, 250 kW, 720 V (10), 180 W/kg
Vermont, Maine und Massachusetts anschlossen — sah vor, dass bis Methanolfahrzeuge
1998, 2001 und 2003 jeweils 2 %, 5 % und 10 % aller verkauften NECAR 3 (1997)
Neuwagen emissionsfrei sein müssten. Kalifornien beherrscht mit 50 kW, 300 V ( 2), 67 W/kg
NECAR 5 (2000)
1,8 Mio. Neuwagen (1999) 11 % des US-Marktes. Die Ziele des 75 kW, 250 V ( 1), Mark 900
California Air Resources Board (ARB) wurden mehrfach revidiert.

4.8.2 Antriebsstrang
Am Beispiel des DAIMLER B-Klasse F-Cell wird die Funktion des
Brennstoffzellen-Antriebstranges deutlich.

✄4.75 B-Klasse F-Cell (2011):


Seitenansicht im Schnittbild [46]

✄4.76 B-Klasse F-Cell: Draufsicht


im Schnittbild [46]
118

✄4.77 Technische Daten [46]: Die Alltagstauglichkeit wurde im Flottenbetrieb nachgewiesen [46].
M ERCEDES B ENZ B-Klasse F-Cell
Beim F-Cell-World-Drive fuhren drei Fahrzeuge in 125 Tagen jedes
Reichweite: 385 km (NEFZ) mehr als 30 000 km um die Welt. Es gibt vier Subsysteme:
Höchstgeschwindigkeit: 170 km/h
Wasserstoff
1. Kraftstoffanlage: Wasserstofftank und Bereitstellung
Betankungszeit: ca. 3 min 2. Brennstoffzellensystem: zwei elektrisch hintereinander und
Wasserstoff: 700 bar; 3,7 kg
strömungstechnisch parallel geschaltete PEM-Zellblöcke. Ne-
PEM-Brennstoffzelle benaggregate: Luftversorgung (mit Verdichter, Kühler, Befeuch-
396 Zellen; 80 kW Peak
Befeuchter: Gas-to-Gas tung), Wasserstoffversorgung mit Spüleinrichtung, Aggregate-
Luftmodul: Schraube Wasserkreislauf, Steuergerät und Abluftsystem.
ohne Expander
3. Antrieb: DC/DC-Wandler (Batteriespannung → Mittelkreisni-
Hochvolt-Topologie veau), DC/AC-Antriebsumrichter, Wechselstrommotor, einstufi-
Einwandler-Konzept: Hochsetzung
Batterie- auf Mittelkreisspannung ges Getriebe zum Rad (im Bereich 10:1) DC/DC-Wandler von
Elektromotor
Mittelkreisspannungsniveau auf 12 V für Verbraucher.
Permanentmagnet-Motor 4. Batterie mit Batteriemanagementsystem. Die Batterie versorgt
70 kW, 100 kW Peak in der Startphase den Luftverdichter und Nebenaggregate und un-
Drehmoment max. 290 Nm
Planentengetriebe mit terstützt Rekuperation und Beschleunigung.
Kegelrad-Differential
Der Sandwich-Boden der B-Klasse birgt Teile des Antriebs; künfti-
Batterie
High-Power Li-Ion (Mildhybrid)
ge Antriebe mit hoher Leistungsdichte machen ihn überflüssig.
24 kW (5 s), 30 kW (18 s);
Hochvolt-Topologie [56, 80, 82]. Hybridisierungsgrad und Anord-
212 V; 6,8 Ah; 1,4 kWh
nung der Spannungsquellen haben großen Einfluss auf die Kühllei-
stung. Sinkende Batteriekosten und maßvolle Leistungsanforderun-
gen ermöglichen ein kleineres BZ-Aggregat (Downsizing).
✄4.78 Hochvolt-Topologie:  Die Kosten der Leistungselektronik (IGBT) steigen mit hohen
Brennstoffzellenstack und
Mildhybrid-Batterie [46] Strömen; die Kosten von Brennstoffzelle und Batterie mit stei-
=
gender Spannung. Hohe Ströme im Mittelkreis bringen unprak-
M
BZ ~ tische Querschnitte, Leitungs- und Wandlerverluste mit sich.
= =
= =
 Ein DC/DC-Wandler hebt die Brennstoffzellenspannung (mit
LV
höchstens 400 Zellen zur Kostensenkung) auf Mittelkreisniveau,
dämpft die nichtlineare Kennlinie der Brennstoffzelle (0,3 V bei
Kaltstart bis 1,1 V im Leerlauf bei tiefen Temperaturen) und
mildert die Betriebsanforderungen an den Stack. Der DC/DC
Wandler ist unidirektional ausgelegt; überlappen üblicherweise
✄4.79 Eigenschaften von Wandlern Brennstoffzellen- und Mittelkreisspannung, ist ein Buck-Boost-
a = Ausgang, e = Eingang
Converter erforderlich, andernfalls genügt ein Hochsetzsteller.
unidirektional Mehrphasige Wandler mit phasenverschobener Ansteuerung bei
für Stromquellen hoher Schaltfrequenz schützen die Brennstoffzelle vor Wechsel-
bidirektional strombelastung (Ripple) und realisieren über 95 % Wirkungs-
für Quellen und Senken
grad auch im Teillastbetrieb bei kompakter Bauweise. Die teure,
Spannnungsverhältnis galvanisch getrennte DC/DC-Wandlerausführung ist bei stren-
Hochsetzsteller (Boost Converter):
Ua > Ue gen Anfordrungen an den Isolationswiderstand notwendig. Die
Tiefsetzsteller (Buck Converter): Wandler speisen bei einem 100-kW-Stack etwa 5 kW Abwärme
Ua < Ue in den Niedertemperaturkreislauf (70 ◦C).
Tiefsetz-Hochsetz-Steller  Eine kleine Mildhybrid-Batterie benötigt dank flacher Kennlinie
(Buck-Boost-Converter)
(2,5. . . 4,2 V) einen bidirektionalen Hochsetzwandler für Antrieb
Galvanische Kopplung (Entladen: Motorbetrieb) und Bremsenergierückgewinnung (La-
oder Trennung der Stromkreise
den: Generatorbetrieb).
119

✄4.80 Hochvolt-Topologien für Brennstoffzellenantriebe:


BZ Brennstoffzelle, B Hochvolt-Batterie, C Superkondensator, k Parallel, − Reihenschaltung

Hybrid Stromqellen Vorteile und Nachteile [56, 82]

Lean BZ BZ-Stack mit > 400 Zellen bestimmt Mittelkreisspannung; einfaches Sy-
stem; begrenzte Pufferenergie der 12-V-StarterbBatterie
ohne BZ (>400 Zellen) bestimmt Mittelkreisspannung; einfaches System; C mit
Batterie BZ || C Startladeelektronik oder Wandler; Selbstentladung des Kondensators
B: ≪200 V BZ (> 400 Zellen) bestimmt Mittelkreisspannung; bidirektionaler Boost-
BZ || B k C DC/DC-Wandler für Batterie; optional Kondensator für Boost-Betrieb
unidirektionaler Buck-Boost-DC/DC-Wandler am Stack (≪ 400 Zellen);
BZ || B bidirektionaler Boost-DC/DC Wandler für Batterie; flexible Mittelkreis-
spannung durch Zwei-Wandler-Konzept
Plug-in unidirektionaler Buck-Boost-DC/DC-Wandler am Stack (≪400 Zelle);
B: >200 V BZ || B Batteriespannung spart DC/DC-Wandler; Kostenvorteile
Range Batterie bestimmt Mittelkreisspannung; kleine BZ (mit Wandler) zum La-
Extender BZ — B den der Batterie

✄4.81 Wandlerkonzepte für Hochvolt-Topologien

Wandler Architektur Funktion und Kosten [70]

1-Wandler ⊕ Trennelement zum Mittelkreis statt Wandler am Stack. ⊖ hohe Ko-


an Batterie BZ k B k C sten und Robustheit der BZ durch direkte Kopplung mit Mittelkreis. Hohe
Ströme im Mittelkreis: Leitungssatz, Stecker, Nebenverbraucher teuer
an BZ ⊕ moderate Kosten und Robustheit der BZ wegen Abkopplung vom Mittel-
BZ k B kreis. Kleine Ströme im Mittelkreis: Leitungssatz, Stecker, Nebenverbrau-
cher günstig. ⊖ Kosten des Wandlers an BZ
2-Wandler ⊖ moderate Kosten und Robustheit der BZ (Abkopplung vom Mittelkreis).
an Batterie BZ k B geringere Ströme im Mittelkreis: Leitungssatz, Stecker, Nebenverbraucher
und BZ günstig. Flexible Mittelkreisspannung durch Quellen über Wandler.
⊕ Kosten für Wandler und Batterie
✄4.82 Vergleich von Front- und Heckantrieb:
1 Brennstoffzelle, 2 Leistungselektronik, 3 H2 -Speicher, 4 Elektroantrieb, 4 Batterie

Antrieb Aufbau Vorteile und Nachteile [70]

Front ⊕ integrierte Leistungselektronik (one box power elec-


tronics); kurze Leitungswege Stack–Motor; räumliche
Trennung von H2 -Tank und Antrieb.
⊖ hohe Masse auf der Vorderachse; Bauraumkonflikt
im Vorbau durch Brennstoffzelle und Antrieb

Heck ⊕ H2 -Tank im Mitteltunnel; Oberklasse-Fahrzeuge


⊖ Baubarkeit; aufwändige Verkabelung, Kühlleitun-
gen und Entlüftung; EMV-Maßnahmen
120

4.8.3 Kraftstoffkonzepte

Wasserstofffahrzeuge. Wasserstoff ist Treibstoff der Wahl, wenn


man den erreichbaren Wirkungsgrad von rund 60 % betrachtet. Das
Wasserstofffahrzeug erzeugt keine schädlichen Emissionen, ist al-
so ein Zero Emission Vehicle. Das mit Druck- und Flüssiggastanks
erzielbare Speichervolumen gibt die Reichweite vor. Stadtbusse,
Flughafen- und Lieferfahrzeuge, die zentral betankt werden können,
bieten sich für H2 -O2 -Brennstoffzellen an.
Gaserzeugung: Methanolfahrzeuge. Reichweite und Verfügbarkeit, das bestehen-
✄Kap. 10 de Tankstellennetz, die Energie- und Emissionsbilanz der Herstel-
lung machen Methanol als Energieträger interessant — insbeson-
dere vor dem Hintergrund versiegender Ölreserven und dem auf
Ölbohrinseln ungenutzt abgefackelten Erdgas. Visionär lässt sich
Methanol aus CO2 der Luft und aus Kraftwerksabgasen herstellen.
Synfuels: ✄Kap. 10 Benzin-Brennstoffzelle. Angesichts der bestehenden Tankstellen-
Infrastruktur besticht konventioneller Vergasertreibstoff, der an
Bord in ein wasserstoffreiches Gas reformiert wird. Leider funk-
tioniert die Benzinreformierung mit handelsüblich unreinem Ben-
zin nicht, und mit synthetischem Benzin nicht befriedigend, um
ausreichende Fahrleistung im Auto bereitzustellen. Die hohen Re-
formertemperaturen (bis 900 ◦C) beeinflussen Fahrdynamik, Kalt-
startfähigkeit und Wirkungsgrad ungünstig; auch treten Werkstoff-
probleme auf. Die Erschöpfung der Ölvorräte verknüpft Brennstoff-
zellentechnik zudem mit regenerativen Energiequellen.
Kommerzielle Konvertierungskatalysatoren sind schwefelempfind-
lich, besonders Zinkoxid bei der Niedertemperaturshiftreaktion. Die
partielle Oxidation und autotherme Reformierung erfordert oxida-
tionsbeständige Katalysatoren, die während der Kaltstartphase im
mobilen Reformer Luftsauerstoff tolerieren müssen. Industrielle Ka-
talysatoren müssen für mobile Anwendungen angepasst werden.
✄4.83 Das epochale deutsche
Brennstoffzellenfahrzeug
Bild: D AIMLER AG (1996)
4.8.4 Meilensteine zur Kommerzialisierung

1995 BALLARD: Das Mark 900“-Fuel Cell Power Module liefert 250

V/75 kW aus 440 Einzelzellen und ist halb so groß wie Mark 700“.

1997–2015 BALLARD: sechs Brennstoffzellenbusse in Chicago und Van-
couver transportieren 200 000 Fahrgäste über 118 000 km (1997–
2000). Zur Winterolympiade 2010 angeschaffte zwanzig Busse im
kanadischen Whistler wurden nach 5-jähriger Testphase wegen der
dreifach höheren Unterhaltskosten durch Dieselbusse ersetzt.54 Die
Wasserstoffversorgung erfolgte mit Lastwagen aus Quebec.
1997 DBB F UEL C ELL E NGINES GmbH aus DAIMLER B ENZ AG, F ORD
Michigan Company (USA), BALLARD P OWER S YSTEMS Inc. (Van-
couver) – ab 2000: X CELLSIS, später N UCELLSYS – baut das
Methanol-Brennstoffzellenauto NECAR 3.

54 Süddeutsche Zeitung, 25./26.01.2014


121

1998 T OYOTA: Brennstoffzellenfahrzeug RAV4“ mit Methanolreformer. ✄4.84 Abkürzungen



1999 F ORD: P2000“ mit CGH2 . Erste Wasserstofftankstelle in USA. CGH2 Druckwasserstoffgas
” LH2 Flüssigwasserstoff
DAIMLER C HRYSLER: NECAR 4.
X CELLSIS: 3 kW-Bordnetzversorgung für die Mercedes S-Klasse. NiMH Nickel-Metallhydrid
200 kW- Fuel Cell Engine P4“ für Busse. Lieferung von PEM-

Systemen an N ISSAN , H ONDA , H YUNDAI.
2000 DAIMLER: NECAR 5, C HRYSLER Hybrid Jeep Commander 2“.

F ORD Focus FCV“: BALLARD-PEM (400 Zellen), 67 kW-Dreh-

strommotor, 355 bar-CGH2 (2×41 ℓ) im Heck. FC5“ mit Methanol.

G ENERAL M OTORS: Opel Zafira HydroGen1“ mit LH2 -PEMFC

stellt Geschwindigkeits- und Entfernungsrekorde auf.
MAN, S IEMENS und L INDE : Wasserstoffbus im Linienver-
kehr.Wasserstofftankstelle am Münchner Flughafen: H2 -Erzeugung
durch Druckelektrolyse (94 Nm3 /h, 30 bar, 99,4 Vol-%), Gasreini-
gung und Speichertank; ferner Flüssigwasserstoffversorgung.
2001 X CELLSIS The Fuel Engine Company“ und E COSTAR Electric
” ”
Drive Systems“ werden 100%ige Töchter von BALLARD (Beteili-
gung: 23,3 % DAIMLER, 19,2 % F ORD).
Mercedes Sprinter“ (75 kW-H2 -PEMFC) für H ERMES-Versand.

Der emissionsfreie Bus ZEbus“ (S UN L INE T RANSIT AGENCY,

Palm Springs) fährt 24 000 km.
C HRYSLER: Minivan Natrium“ mit Natriumborhydrid-Speicher.

F IAT : Seicento Elettra H2 fuel cell“, 7 kW/48 V-Zelle, 30 kW/216

V-Elektromotor, CGH2 (6 × 9 ℓ, 200 bar) hinter den Vordersitzen.
H ONDA: FCX V3“ und FCX V4“ mit BALLARD-PEM-BZ, Was-
” ”
serstoffspeicher, Doppelschichtkondensator, ac-Synchronmotor.
M AZDA: Premacy“ mit Methanolreformer.

T OYOTA FCHV-3“ mit Titanhydridspeicher; FCH-4“ mit 90 kW-
” ”
PEM-BZ, NiMH-Batterie, 350 bar-CGH2 ; FCH-5“ mit Reformer;

FCHV-BUS1“ mit CGH2 .

2002 DAIMLER Mercedes F-Cell“ und F ORD Focus FCV Hybrid“: 65
” ”
kW-Vorserienfahrzeuge mit S ANYO-NiMH-Batterie (1,14 kWh, 216
V), BALLARD Mark 902“ (85 kW, 96 kg) und 350 bar-CGH2 (4

kg H2 , 170 ℓ, 1600 kg Tank). Necar 5“ fährt vom 20. Mai bis 4.

Juni 5250 km von San Francisco nach Washington durch die Rocky ✄4.85 OPEL-HydroGen3
Mountains und alle Klimazonen (im Mittel 62 km/h). Leistung:
E VOBUS : Straßenzulassung des Citaro“ in Deutschland. – PEMFC: 94 kW / 200 Zellen

F UEL C ELL P ROPULSION I NSTITUTE : Grubenlokomotive mit 14 – Motor: 60 kW
kW-PEM-BZ und Metallhydridspeicher für Bergbaubetrieb. Geschwindigkeit: 160 km/h
G ENERAL M OTORS: Chevrolet-Pickup S10“ mit Benzinreformer; Tank: 4,6 kg LH2
” oder 700 bar-CGH2
Hi-wire“-Fahrzeug mit 94 kW-PEM-BZ, 350 bar-Wasserstofftank.
” Reichweite: 400 km
N ISSAN: Testfahrzeuge mit BALLARD-Brennstoffzellen und X- Wirkungsgrad: 36 %

Trail FCV“ mit UTC-Brennstoffzelle (2003).
VOLKSWAGEN (mit VOLVO und ECN): Golf Variant“ mit

Brennstoffzelle, Metallhydridbatterie und Methanolreformer. Bo-

ra Hy.Motion“ mit LH2 . Ein Bora Hy.Power“ mit 320 bar-CGH2

und 350 V/60 kW-Doppelschichtkondensator (PSI) überquert am
16.01.02 den schweiz-italienischen Simplon-Pass.
AUDI A2“ (80 kW) mit 58 kW PEMFC und 6,5 Ah-NiMH-Batterie.

2003 US-R EGIERUNG : 1,2 Mrd. US-$ für Wasserstofftechnologie.
Kalifornien: Kfz-Hersteller müssen Null-Emissions-Fahrzeuge in
der Produktpalette anbieten.
122

✄4.86 Citaro-Feldversuch mit Die Clean Energy Partnership von A RAL , BMW, BVG, DAIMLER ,
unterschiedlichen Wasserstoff- F ORD , GHW, L INDE , MAN, O PEL erprobt bis 2008 die Alltags-
quellen (2003–05) tauglichkeit von Wasserstoff im Verkehr.
Wasserelektrolyse Citaro-Stadtbusse (250 kW, 350 bar-CGH2 ) für Verkehrsbetriebe
Amsterdam ( grüner Strom“) in klimatisch, topografisch und sozioökonomisch unterschiedlichen

Barcelona (Solarstrom) Zonen Europas ( European Fuel Cell Bus Project“).
Reykjavik (Wasserkraft und ”
Straßenzulassung des F-Cell“ in Japan (65 kW, 350 bar-CGH2 ).
Geothermie) ”
Hamburg (Windkraft) G ENERAL M OTORS : Opel Zafira“ mit PEM-BZ und 4,6 kg-LH2 .

Erdgasreformierung J. Z EITLER (Kfz-Meister, Speinshart) auf der Hannover Messe:
Porto, Stockholm, Stuttgart 2,6 kW-H2 -Motorroller mit 50 bar-Metallhydridtank (mit GKSS-
Flüssigwasserstoff Forschungszentrum).
London A RAL : Wasserstofftankstelle in Berlin. R EYKJAVIK (Island): welt-
Gaslieferanten weit erste öffentliche Wasserstofftankstelle.
Luxemburg, Madrid 2005 DAIMLER : F600 Hygenius“ (85 kW) mit 60-kW-PEMFC, Lithium-

Ionen-Batterie und 700-bar-Wasserstoffspeicher. T OYOTA : Fine X“

mit 80-kW-PEMFC, Batterie und 700-bar-Wasserstoffspeicher.
2007/2011 DAIMLER : Mercedes B-Klasse F Cell“: 100-kW-Motor, 700-

bar-H2 -Tank, BALLARD-Brennstoffzelle und Lithiumionen-Batterie
2013–2019 VOLKSWAGEN -AUDI kooperiert mit BALLARD P OWER S Y-
STEMS

4.8.5 Erste kommerzielle BZ-Fahrzeuge

2013 H UNDAI ı̀x35 FCEV“: 100-kW-Motor, 1820 kg, Preis 65 000



EUR. 2016 begründet der ix35 Fuel Cell“ mit dem Wasserstoffan-

gebot von L INDE das Carsharing von BZ-Fahrzeugen in München.
Eine Tankfüllung soll für 594 km reichen.
✄4.87 T OYOTA-System 2014/15 T OYOTA55 Mirai“ (1850 kg) mit Systemvereinfachungen

und massenproduzierten Teilen: Brennstoffzelle ≤ 220 V (114 kW;
Elektroden
Pt/Co auf unporöse Kohle 3,1 kW/L, 2 kW/kg) mit Platin/Cobalt-Elektroden, Titan-Bipolar-
platten, turbulent angeströmtes Strömungsnetz auf der Luftseite
Bipolarplatten
Titan + amorphe Kohlenstoffschicht
für bessere Wasserabfuhr. Die gerippte H2 -Strömungsplatte ist Be-
früher: Stahl X2CrNiMo17-12-2 standteil des Kühlkreislaufs. Wasserstoff und Sauerstoff werden im
vergoldet Kreuzstrom über die Elektroden geführt. Die Selbstbefeuchtung er-
Strömungsplatten (Luftseite) folgt durch Rückdiffusion von der Kathode zur H2 -Seite und weiter
Metallgeflecht durch Umwälzung vom H2 -Auslass zum Lufteinlass.
früher: Kanalstrukturen Die zwei 700-bar-Tanks56 unter und hinter dem Rücksitz (60 und
Selbstbefeuchtung 62 L) bestehen aus vier Schichten: innere Polymerauskleidung, ge-
früher: externer Luftbefeuchter wickelte Kohlenstoffasern, glaserfaserverstärkter Kunststoff, Alu-
Elektromotor miniumkappen mit verbessertem Ventil. Bei Vorkühlung auf –40 ◦C
660 V; früher: 240 V lässt sich der Tank in etwa 3 min wie ein Benzintank befüllen.
Wasserstofftanks 2017 DAIMLER GLC F-CELL: 500 km Reichweite (NEFZ), kom-
2 × 700-bar-Kohlefaserlaminat
paktes BZ-System im Motorraum, Plugin-Batterie.
früher: 4 × 350 bar
55 H. Yumiya, M. Kizaki, H. Asai, Toyota Fuel Cell System (TFCS), EVS28 Inter-
national Electric Vehicle Symposium and Exhibitio, Kintex, Korea, 3–6 Mai 2015
56 A. Yamashita, M. Kondo, S. Goto, N. Ogami, Development of High-Pressure Hy-
drogen Storage System for the Toyota ’Mirai’, SAE Technical Paper 2015-01-1169
(2015), doi:10.4271/2015-01-1169.
123

4.9 Wasserstoff aus Sekundärbrennstoffen


Brenngaserzeugung und -aufbereitung an Bord eines Fahrzeuges
sind ökonomische Herausforderungen. Die Wirkungsgrade der H2 - Technik der Gaserzeugung:
Gewinnung aus Methanol (aus Erdgas) oder Benzin (aus Erdöl) über ✄Kap. 10
die Energieumwandlungskette sind vergleichbar.
Grundsätzliche Möglichkeiten der Methanolgewinnung sind:
 Methanol-Niederdrucksynthese aus teilkonvertiertem Wassergas
 Hydrierung von CO2
Grundsätzliche Möglichkeiten der Wasserstoffgewinnung sind:
1. Wasserelektrolyse mit Solarenergie, Wasser- oder Windkraft.
2. Spaltung fossiler Brennstoffe oder Biomasse
 Dampfreformierung von Kohle, Erdgas und Benzin mit Was-
serdampf zu Synthesegas (CO + H2 , Wassergas“).

 Konvertierung von Synthesegas mit Wasserdampf zu CO2
und H2 , auch Shift-Reaktion genannt.
 Vergasung von Koks, Kohle, Biomasse und Rückstandsölen
mit Wasserdampf und Luft zu H2 /CO-Gemischen.
 Cracken von Kohlenwasserstoffen.
3. Umsetzung von Metallen mit Säuren, Basen oder Wasserdampf.
4. Chemische Zersetzung von Hydriden

4.9.1 Gaserzeugung im PEMFC-Erdgas-Kraftwerk

Die Wasserstoffgewinnung aus Erdgas erfordert Reinigungsschritte, ✄4.88 Reaktionen


um die Katalysatoren von Reformer und Brennstoffzellen nicht zu Dampfreformierung
vergiften. Die Dampfreformierung startet langsam und läuft träge. CH4 + H2 O → 3 H2 + CO
Stickstoff und CO2 im Produktgas erfordern große Reaktoren und (endotherm)
Pumpleistung. Komponenten des PEM-Erdgas-Kraftwerks sind: Partielle Erdgas-Oxidation
1. Katalytischer Brenner: Erdgasoxidation zur Beheizung des Re- CH4 + 12 O2 → 2 H2 + CO
(exotherm)
formers
2. Vorreformer (500 ◦C) und Reformer (850 ◦C): Dampfreformie- Wassergasshift-Reaktion
(Konvertierung)
rung von Erdgas in wasserstoffreiches Gemisch (Reformat)
CO + H2 O → H2 + CO2
3. Konvertierung: Wasserstoffgewinnung im Hoch- und Niedertem- (exotherm)
peratur-Wassergasshift-Reaktor (450 bzw. 200 ◦C).
Selektive Oxidation (PROX)
4. Selektive partielle Oxidation (PROX): CO-Entfernung aus dem CO + 21 O2 → CO2
Reformat (175 ◦C) (exotherm)

5. Brennstoffzelle (90 ◦C, 3 bar). Anodisch wird das befeuchte-


te Brenngas (H2 , CO2 ) zugeführt; kathodisch gefilterte und be-
feuchtete Pressluft eingeblasen.
6. Kondensatabscheider: Abtrennung von Reaktionswasser, das
wiederum zum Befeuchten und für die Reformierung dient.
124

Prozesswärme liefern die Konvertierung und selektive Oxidation.


Die Brennstoffzelle gibt elektrische und thermische Nutzenergie, je-
doch keinen nutzbaren Wasserdampf ab.
Air Bleed. Zur Erhöhung der CO-Toleranz (10...100 ppm) wird dem
Brenngas 2 % bis 10 % Luft zugesetzt, so dass an der Anode
CO2 gebildet wird. Dies geht zu Lasten des Systemwirkungsgrades
und der Lebensdauer der MEA, unter anderem wegen Bildung von
H2 O2 . Die CO-Toleranz bis 2 % wird durch höhere Betriebstem-
peraturen (150...200 ◦C) entscheidend verbessert, setzt aber hitze-
stabile Membranen voraus. Zweischicht-Elektroden tragen gassei-
tig einen CO-toleranten Katalysator (z. B. PtMo) über der CO2 -
toleranten Anodenschicht (aus PtRu).

4.9.2 Gaserzeugung im Methanolfahrzeug


✄4.89 Verluste. Im Gaserzeugungssystem wird Methanol — das im Gegensatz zu
Ethanol und Erdgas bei 250–300 ◦C reformierbar ist — in Wasser-
Brennstoffzelle
stoff umgewandelt und in der Brennstoffzelle verstromt. Das Gaser-
✲ Abwärme, Befeuchter zeugungssystem in einem Methanolfahrzeug muss die Komponen-
ten in besonders kompakter Form vereinen.
❄ 1. Der katalytische Brenner beheizt den Reformer durch Ver-
BZ-System brennung von Methanol und Restwasserstoff im Anodenabgas der
Brennstoffzelle. Den Kaltstart beschleunigt ein Nachbrenner, in dem
✲ Kompressor, Methanol oxidiert wird. Der Reaktor enthält Platinnetze, die vom
Pumpen, Lüfter, Brenngas durchströmt werden. Auch Schüttgut-, Katapak-, Wa-
DC/AC-Wandler
❄ benkörper- und Plattenreaktoren sind denkbar. Die Betriebstempe-
Motor/Getriebe ratur nimmt mit steigendem Methanolgehalt stark zu (ca. 500 ◦C bei
2 % CH3 OH). Der Abgasstrom wärmt das Methanol-Luft-Gemisch
✲ Verlustleistung vor.
❄ 2. Reformer. Der Wasserdampfreformierungs- und -shiftreaktor
Leistung am Rad
erzeugen aus Methanol ein wasserstoffreiches Brennstoffgemisch
25...30 %
(Reformat). Der Prozess wird ähnlich auch bei der phosphorsauren
Brennstoffzelle eingesetzt. Der Reformer ist ein mit Thermoöl be-
heizter Rohrbündelreaktor (mit Katalysatorschüttung) oder Platten-
reaktor (mit Katalysatorbeschichtung). Der Methanolumsatz wächst
mit zunehmender Betriebstemperatur; dafür steigen die Gehalte von
CO und nicht umgesetztem Methanol an. Bis der Reformer seine
Betriebstemperatur erreicht, verzögert sich der Kaltstart des Metha-
nolfahrzeuges. Bei Schienenfahrzeugen und Schiffen relativiert sich
das Problem. Zweistufige Reformer setzen mit hohem Wärmeein-
trag zunächst den Hauptteil des Methanols um; in der zweiten Stufe
erfolgt bei geringerem Wärmeeintrag und größerer Katalysatormas-
se die restliche Umsetzung. Rest-Methanol, Ameisensäure, Formal-
dehyd und andere Reformierungsprodukte sind Elektrodengifte, die
abgetrennt werden müssen.
Dosiersystem und Verdampfer: Das Methanol-Wasser-Gemisch
muss für die Reformierung mit ausreichender Feuchte dosiert wer-
den (>40 mbar H2 O).
125

Der Wasserdampfshiftreaktor erzeugt in zwei Temperaturstufen


aus Kohlenmonoxid und Wasser weiteren Wasserstoff. Die geträger-
ten Platinkatalysatoren (Pt/Al2 O3 oder Pt/Zeolith) werden langsam
durch CO vergiftet. Das heiße Reformat wird im Gegenstrom mit
dem Kathodenabgas aus der Brennstoffzelle auf die Arbeitstempe-
ratur der partiellen Oxidation gekühlt.

Partielle Oxidation CH3 OH + 1/2 O2 → CO2 + 2 H2 (exotherm)


Selektive Oxidation 2 CO + O2 → 2 CO2
Vollständige Verbrennung CH3 OH + 3/2 O2 → CO2 + 2 H2 O (stark exotherm)
Reformierung CH3 OH + H2 O → CO2 + 3 H2 (endotherm)

3. Die selektive katalytische Oxidation (PROX) beseitigt das Ka-


talysatorgift Kohlenmonoxid durch Umsatz mit Luft; kann mit ein-
fachem Reaktoraufbau autotherm oder exotherm geführt werden, je- ✄4.90 Methanol im Tank – eine
realistische Vision.
doch ist der Systemwirkungsgrad niedrig. ✄Kap. 10 Bild: D AIMLER AG
4. Hilfsaggregate sind der Turbokompressor (3 bar) für kathodische
Luftzufuhr und Energierückgewinnung aus der Kathodenluft; der
Kondensatabscheider (Zyklon) hinter der Brennstoffzelle; der Io-
nentauscher zur Kühlwasseraufbereitung, Öl- und Wasserpumpen,
Wärmetauscher.57 Der Antriebsstrang umfasst DC/AC-Wandler,
Leistungselektronik und Elektromotor.

Luft ✲ Kompressor
Luft
Kühler

❈ ✻
Expander ✛Abluft ❈
❈ ❈
❈ ❈
❈ ❈
H2 + CO2 ❈ ❈
❈ ❈
Katalytischer Brenner ✛ + Luft
❈ ❈
❈ ❈ ✲
Wärme Wärme ✛ ❈ ❲❈ ❄
❄ CH3 OH ❄ H2 +CO2 ✻
Brenn-
Methanol- ✲ Verdampfer
+ H2 O
✲ Reformer
+ CO ✲ Gas- H2 + CO2
✲ stoff-
tank ✻ reinigung
zelle
❄ ✻ ❄✻
Abluft Luft Kühlung

Wasser- ✛ Wasser-
tank abscheider

✄4.91 Vereinfachter Aufbau


eines Methanol-Brennstoff-
57 Leistungsfähige Kreuzstromwärmetauscher aus Metallfolien mit geätzten zellen-Systems
oder gefrästen Mikrokanälen wurden für die Solarwärmenutzung entwickelt.
126

4.10 Stationäre PEM-Brennstoffzellen


✄4.92 Stationäre PEM-Systeme Die privaten Haushalte verbrauchen mehr als die Hälfte der er-
1996 F RAUNHOFER-Institut ISE zeugten Primärenergie. 60 % der Energie gehen in Raumheizung
(Freiburg) & E NERGY PARTNERS und Warmwasserbereitung. Bei der Stromverteilung gehen 3 % bis
(USA): 7,5 kW-Hausenergiezen- 7% verloren. Wärme- und Strombedarf erreichen in den Morgen-
trale in Riesa.
1998 VAILLANT u. P LUG P OWER
und Abendstunden Lastspitzen. Die an den Wärmebedarf angepas-
(USA): Brennstoffzellen für Haus- ste Stromerzeugung (wärmegeführter Betrieb) direkt beim Verbrau-
heizungen. cher ist dabei ökonomischer als die an den Strombedarf angepasste
2000 Brennstoffzellenhaus in Heizwärmeerzeugung (stromgeführter Betrieb). Im Nahwärmenetz
Latham N. Y. (USA).
2001/2 4,6 kW-Kraftwerk Euro-
und als Senke für Prozesswärme sind Hochtemperatur-Brennstoff-
” zellen vorstellbar. Zur Strom- und Wärmeversorgung im dezentralen
1“: Feldtest in Gelsenkirchen,
Essen, Düsseldorf, Oldenburg; Wohn- und Gewerbebereich sieht VAILLANT Chancen für die stati-
u. a. für Brauerei. onäre PEM-Brennstoffzelle, die mit Reformer-Wasserstoff gespeist
2003: virtuelles Kraftwerk mit 50
Anlagen in Europa. wird. Erdgas oder Solarwasserstoff sind Brennstoffe der Wahl. Die
1999–2002 A LSTOM -BALLARD: Brennstoffzelle soll Premium Power, eine kontinuierliche Stromver-
250 kW- Fuel cell power genera- sorgung ohne Überschwingungen gewährleisten.

tor“ im Feldtest in Berlin (2000),
Karlsruhe (2002).
2002: PEM-Erdgas-BHKW (212
kW el., 240 kW th., Mikroturbine, 4.10.1 Vaillant-Brennstoffzellen-Heizgerät (BZH)
Gasmotor) in Oberhausen.
2000 P LUG P OWER & VAIL - Das VAILLANT-System, das vier bis zehn Wohneinheiten versorgen
LANT: 5 kW elektrisch und 9 kW
kann, vereinigt konventionelle und progressive Komponenten in ei-
thermische Leistung.
2000 E UROPEAN F UEL C ELL mit
nem Gehäuse.
D AIS A NALYTIC P OWER (USA):  Gaserzeugungssystem: Entschwefelung, Reformer, Shift-Kon-
PEM-BZH für Leipzig, Hamburg verter, CO-Falle.
(1999); BASF Ludwigshafen,
Hannover, Kassel (2000).  Brennstoffzellenaggregat: verstromt Reformat (H2 + CO2 ) mit
2003: 1,5 kW-Demosystem. Luft.
2000 V IESSMANN, F RAUNHOFER  Integrierte Prozesswasseraufbereitung
ISE: 2,5 kW-Hausenergiezentrale.
2001 G ENERAL M OTORS :  Kühlsystem: Wärmetauscher für Gaserzeugung und Brennstoff-
5,3 kW-Kleinkraftwerk Mars 1“. zelle.

2002 F RAUNHOFER -ISE und  Wechselrichter (Inverter): wandelt Gleichstrom in 230 V/50 Hz-
S IEMENS (Erlangen): 3 kW-Haus-
Wechselstrom.
energiezentrale (München 2001)
2002 RWE P LUS (Essen) und  Integrierter Zusatzbrenner: konventioneller Niedertemperatur--
N UVERA F UEL C ELLS (USA): Erdgas-Heizkessel mit Brauchwasserspeicher.
Entwicklung 5 kW in Essen, 30
kW in Berlin (2003).  Steuer- und Regelelektronik
2003 B UDERUS mit UTC (USA): Erdgas, Wasserdampf und Luft strömen unter Druck in den Refor-
1,5 kW-PEM-System.
mer, werden dort zu wasserstoffreichem Brenngas reformiert und
2003 F RAUNHOFER-ISE & ZSW:
2 kW-PEM-BHKW, Erdgasrefor- anschließend Rest-CO zu CO2 oxidiert. Die Dampfreformierung
mer, CO-Shiftstufe und CO-Fein- verläuft endotherm, die partielle Oxidation exotherm (dafür der
reinigung (Selox). Wirkungsgrad kleiner), so dass in kleinen Anlagen beide Prozes-
2008 BAXI I NNOTECH: 1,5-kW/ se kombiniert werden (autotherme Reformierung). Bei der unvoll-
70-Zellen-System mit Warmwas-
serzeugung aus Erdgas. P LUG
ständigen Methanoxidation entsteht Kohlenmonoxid, dessen Über-
P OWER & BASF: Hochtempera- reste im Reformat zu CO2 weiteroxidiert werden müssen.
turmembranen (PBI/H3 PO4 ) Das wasserstoffreiche Reformat (H2 + CO2 ) wird befeuchtet und
den Brennstoffzellenanoden zugeführt.
127

Erdgasreformierung CH4 + O2 → CO2 + 2 H2 –319 kJ/mol


CH4 + H2 O → CO + 3 H2 +207 kJ/mol
CO + H2 O → CO2 + H2 – 41 kJ/mol
CH4 + 2 H2 O → CO2 + 4 H2 +166 kJ/mol

Partielle Oxidation 2 CH4 + O2 → 2 CO + 4 H2 – 36 kJ/mol


2 CO + O2 → 2 CO2

Autotherme Reformierung 4 CH4 + O2 + 2 H2 O → 4 CO + 10 H2 +170 kJ/mol

Der katalytisch nachverbrannte Restwasserstoff im Brennstoffzel-


lenabgas heizt über einen Wärmetauscher die Eingangsströme des
Reformers auf. Die Abwärme der Brennstoffzelle geht in den Warm-
wasserkreislauf des Heizsystems. Die Abgasströme von Brennstoff-
zelle und Zusatzheizgerät werden über einen kondensatfesten Ka-
min abgeführt.
Die dezentrale Energieversorgung mit virtuellenKraftwerken aus ✄4.93 VAILLANT-BZH
vielen vernetzten Brennstoffzellen-Heizgeräten erlaubt eine Glät-
Elektrische Leistung: 4,5 kW
tung der Netzlastkurve durch sogenanntes Peak-Shaving. Morgens Wärmeleistung: 7 kW
(ca. 9 Uhr), mittags (12 Uhr) und abends (18 Uhr), wenn die Netzlast Zusatzheizgerät 50 kW
Spitzenwerte erreicht, schalten die in einem Stadtviertel verteilten Wirkungsgrad 80 %
BZH auf Volllast und speisen Strom ins öffentliche Netz. Die über- elektr. Wirkungsgrad 40 %
Emissionen
produzierte Wärme versorgt den Brauchwasserspeicher. Ein nach- 0,198 kg CO2 /kWh Gas
frageorientiertes Energiemanagement kappt Netzspitzen und glättet
Gradienten, wenn Spitzenleistung vor Ort erzeugt wird, und spart
zusätzlichen Primärenergieaufwand in konventionellen Kraftwerken
ein. Die höhere Zuverlässigkeit eines Netzes dezentraler Energie-
erzeuger spart Stand-by-Kapazitäten im Gesamtnetz ein. Moderne
Wechselrichter gleichen unerwünschte Oberwellen im öffentlichen ✄4.94 Energieverbrauch eines
Netz aus und ermöglichen durch eine ca. 20%ige Phasenanpassung 3-Personenhaushaltes
eine aktive Blindstromkompensation. Stromverbrauch: 3 500 kWh/a
VAILLANT stellte 2015 die 6. Generation eines bodenstehenden Mittlere Leistung: 0,4 kW
Tagesspitzen: 3 kW (36 s)
Brennstoffzellen-Heizgerätes mit integriertem Gas-Brennwertgerät Nachtverbrauch: 0,1 kW
vor. Etwa 150 Anlagen stehen in Wohngebäuden in der praktischen
Erprobung. Nieder- und Hochtemperatur-PEM und SOFC-Systeme
werden betrachtet.58

4.11 Tragbare PEM-Brennstoffzellen


Gegenüber herkömmlichen Batterien und Akkumulatoren haben
Brennstoffzellen den Vorteil, dass der Brennstoff nachführbar und
somit die Betriebs- und Lebensdauer praktisch unbegrenzt ist. Ent-
sorgung und Recycling schwermetallhaltiger Reststoffe entfallen.
Bequeme Brennstoffe sind Wasserstoff (in PEM-Zellen) und Me-
thanol (in Direkt-Methanol-Zellen).
58 Demonstratoren: ca. 50 000 EUR/kW. Nach H ENDERSON dämpft eine Verdoppe-
lung der Produktionsmenge von Massengütern die Kosten um 15 % bis 25 %.
128

✄4.95 Portable PEM-BZ 1. Wasserstoff aus Druckgaspatronen.


1990 Brennstoffzellen als Batterie- 2. Wasserstoff aus Metallhydridspeichern:
ersatz und mobiler Power Pack“
für US-Militär
” MHx + Wärme → M + (x/2) H2 .
2001 BALLARD: mobiles 1,2-kW- 3. Methanol aus Vorratsbehältern.
Nexa“-PEM-Modul.

C OLEMAN P OWERMATE: Air-

Ein kleines Wasserstoff-Luft-Brennstoffzellensystem übertrifft, je
Gen Fuel Cell Generator“ als nach Volumen und Masse des Wasserstoffspeichers, den Lithium-
Notstromaggregat.
ionenakkumulator deutlich. Typische Anwendungen sind portable
NEC: Mikro-BZ in Handhelds“
” Stromversorgungen für Computer und Musikgeräte, Fernseh- und
2002 S MART F UEL C ELL: mobile
DMFC Videokameras, Mobiltelefone, Haushalts- und Reinigungsgeräte,
2003 F RAUNHOFER-Institut (ISE) Kreditkartenleser und Bankautomaten, Mobilfunkstationen, Nacht-
& M ASTERFLEX: Mobile Power

sichtgeräte, Überwachungssysteme und autarke Sensoren (z. B.
Box“; H2 -PEMFC mit 300-Wh/ Ozonmessungen).
50-W-Metallhydrid-Speicher für
15 h Laptop-Betrieb (61 Wh/kg). a) Die Mikrobrennstoffzelle des F RAUNHOFER-Instituts (2000) be-
F RAUNHOFER-Institut (ISE) & steht aus fünf PEM-Zellen bei einer Bauhöhe von 2,5 mm und liefert
A MBIENT R ECORDING: Hy-Cam“ 0,025 W Leistung. Die Ausgangsspannung kann mit Wandlern auf

H2 -PEMFC mit 280-Wh/40-W-
Metallhydrid-Speicher für 8 h
Niveaus bis 15 V transformiert werden. Anwendungen sind die 4C-
Kamerabetrieb (57 Wh/kg). Produkte: Camcorders, Cell phones, Computers, Cordless tools.

b) BALLARDs Fuel cell power module“ Nexa R erzeugt 1,2 kW
✄DMFC ”
elektrische Leistung aus Wasserstoff und Luft. Anwendungen sind
unterbrechungsfreie Stromversorgung, Notstrom, Freizeit- und trag-
bare Produkte, die nicht der kurzen Lebensdauer von Batterien un-
terworfen sein sollen.

Nennleistung: 1200 W, 46 A bei 22–50 V


Maße und Gewicht: 56 × 25 × 33 cm; 13 kg
Brenngas: 99,99%iger, trockener Wasserstoff;
0,7–17,5 bar. Verbrauch: <1110 ℓ/h.
Betriebslebensdauer: 1500 h
Umgebungsbedingungen: 3 bis 30 ◦ C, 0 bis 95 % Luftfeuchte
Emissionen: Wasser: <0,87 ℓ/h
Schall: <72 dB(A) in 1 m Abstand.

c) C ASIO erprobte auf einen Siliciumwafer Miniaturbrennstoffzelle,


die Reformat-Wasserstoff verstromen.59
✄4.96
Leistungsdaten (1999) [15] N EAH P OWER S YSTEMS will die PEM-Membran durch poröses
Silicium“ ersetzen, das mit einem flüssigen Elektrolyten gefüllt ist;
a) Knallgaszellen W/kg ”
H YDROGENICS , 55 ◦ C: 100 Oxidans ist Sauerstoff aus einer Kartusche.
F RAUNHOFER d) Bordelektrik im Auto. Das 12-Volt-Bordnetz (max. 1,4 V beim
– 55 ◦ C, 0,5 V; 0,2 A/cm2 : 100
DCH T ECH . 195
Laden) wird von einem 48 V-System ergänzt, um mehr als 3
N OVARS kW Leistung bereitzustellen. Zwischen 1995 und 2010 wurde mit
– 0,6 V; 0,5 A/cm2 585 14 V/42 V experimentiert. Der Wirkungsgrad im Bordnetz steigt
b) Direkt-Methanol-Zelle durch geringere Verlustleistung von 50 % auf über 70 %. Aktoren
G INER und Nebenaggregate mit hohem Leistungsbedarf — z. B. Verdich-
– 72 ◦ C; 0,4 V; 0,15 A/cm2 : 88 ter, elektromechanische Wankstabilisierung, ferngesteuertes Lenken
und Bremsen ( Drive-by-wire“) — sind realisierbar. Die Brennstoff-

zelle kommt diesen Anforderungen entgegen.
59 c’t, Nr. 10 (2003), S. 100.
129

4.12 Kühlsystem

4.12.1 Thermomanagement und Kostenbetrachtung

Das Thermomanagement im Fahrzeug umfasst das Kühl-, Hei- ✄4.97 Normen und Vorschriften
zungs-, Lüftungs- und Klimasystem und deren Wechselwirkung. Entfrostung von Glas:
Normen und Vorschriften regulieren die aktive und passive Sicher- VO (EG) 672/2010
heit, Gefahren mit Hochspannung und Wasserstoff [46]. ✄Tab. 4.97 Heizungen, Motorabwärme
2001/56/EG
Die Kühlluft durchströmt Kondensator und Kühler (NT1, NT2, HT),
Fußgänger- und Frontschutz:
versorgt die Brennstoffzelle mit Kathodenluft und strömt über Un- VO (EG) 78/2009 etc.
terboden und Radlaufbereich ab (✄Abb. 4.98). Der für ausreichende Konfliktäre Ziele
Kühlleistung notwendige Luftmassenstrom erfordert einen großen Fußgängerschutz und Bauhöhe;
Staudruck an der Fahrzeugfront; Druckverluste in Kühlmodul und Stoßfänger und Kühlluftstrom;
Abluftströmung sollen klein sein. Die Wärmetauscher im Kühlmo- Lärm von Lüftern und Pumpen
dul werden vorzugsweise nach aufsteigender Kühlmitteltempera-
tur angeordnet. Hoch- und Niedertemperaturkreislauf stellen andere
Anforderungen als beim Fahrzeug mit Verbrennungsmotor (✄Abb.
4.99).

Sonnenstrahlung konvektiver ✄4.98 Thermomanagement


Wärmedurchgang 1 Kondensator
2 Kühler: NT1 und NT2
Abluft 3 Kühler: HT
4 Gebläse
Kühl- und 5 Verdampfer
Kathoden- 6 Heizungswärmetauscher
zuluft 7 elektrische Zusatzheizung
5 67
8 HT-Kreis
1 2 34
8

Kühl- und Kathodenabluft

✄4.99 Wechselwirkende
Thermokreisläufe [69]:
Unterschiede zum
Verbrennungsmotor
Kühlmittel
NT1, NT2: gleich
HT: geringe Leitfähigkeit
Kühlleistung
HT deutlich höher, NT1 niedriger
Erweiterter Klimakreis
kühlt HV-Batterie im Sommer
Wechselwirkung
Wasserhaushalt BZ mit
HT-Kreislauf (Kaltstart/Bergfahrt)
HT = hohe Temperatur: Brennstoffzelle
NT = niedrige Temperatur: Batterie,
Antrieb
130

Heizung und Klimatisierung – im Zielkonflikt von Komfort, Si-


cherheit und Reichweite – sollen freie Sicht und ein bequemes Um-
feld bieten; bei jeder Wetterlage behaglich temperieren; vor unange-
nehmen Gerüchen und Fremdstoffen schützen; die Batterie im Som-
mer kühlen; im Winter mit der Abwärme bzw. dem Strom aus der
Brennstoffzelle heizen – ein Vorteil gegenüber Batteriefahrzeugen!
Ein Batteriefahrzeug liefert bei kühlen Temperaturen nicht ausreichend
elektrische Leistung für Antrieb und Klimatisierung. Die Brennstoffzelle
gibt beim Kaltstart hohe elektische Leistung ab, muss sich aber schnell über
die Gefriertemperatur des Produktwassers (0 ◦ C) erwärmen.
✄4.100 Anforderungen an die Die Kühlung [69, 60] muss alle Betriebsfälle effizient und effek-
Kühlluftströmung
tiv temperieren; ohne Komfort- und Lebensdauereinbußen; einfach
Zielkonflikt mit Fahrzeugdesign, montierbar und preiswert im Unterhalt. ✄Tab. 4.100
Konstruktion, Aerodynamik und
Akustik  Die HT-Kühlleistung für die Brennstoffzelle bei hoher Lei-
Frischluft-Ansaugschnorchel für stungsanforderung übertrifft mehrfach den Verbrennungsantrieb.
Brennstoffzellenkathoden Schnelle Bergfahrt oder Fahrt mit Höchstgeschwindigkeit führen
Gebläsebetrieb gegen unzulässige zur thermischen Limitierung (überhöhte Stacktemperatur).
H2 -Konzentrationen im Unterboden
Große Kühlleistung (Kühler, Kon-
 Leistungsminderung der Brennstoffzelle durch Wasseransamm-
densator) bei kleinem Druckverlust lung oder Austrocknung der Membranen wird durch Regula-
der Luftströmung tion der Betriebstemperatur im HT-Kühlkreislauf vermieden.
Erhitzte Abluft darf bei Langsam- Die brennstoffzellenbetriebene Elektrozusatzheizung im HT-
fahrt und Stillstand nicht zurück-
Kreislauf wärmt das HT-Kühlmittel auf; die Abwärme durch den
strömen.
zusätzlichen Strombedarf bringt die Brennstoffzelle schnell auf
Betriebstemperatur und verhindert das Einfrieren des Produkt-
wassers bei niedrigen Außentemperaturen.
 Komponenten im NT2- und NT1-Kreislauf werden im vorge-
gebenen Temperaturbereich gehalten, um Lebensdauer und Lei-
stung zu gewährleisten.
 Die elektrische Leitfähigkeit des Kühlmittels im HT-Kreislauf
muss niedrig gehalten werden, da direkter Kontakt zur Stack-
spannung besteht.
 Die zum Fußgängerschutz niedrige Höhe der Fahrzeughaube
steht im Zielkonflikt mit der Höhe des Kühlers.
Kühlleistung. Beim Verbrennungsantrieb verteilt sich die Energie
des Brennstoffs grob zu je einem Drittel auf Antriebsleistung, Ab-
✄4.101 Kosten des BZ-Stacks: gaswärmestrom und Abwärme. Das BZ-Fahrzeug benötigt den 2,8-
• MEA, • Bipolarplatten, • Rest fachen HT-Kühlaufwand ( Q̇/1Te , ✄Abb. 4.104) durch:
(Verspannung, Anschlüsse,
Sensoren etc.) 1. niedrige Abgastemperatur: 80 ◦C gegenüber 800 ◦C beim Ver-
brennungsmotor; Wärmeinhalt der Abgase ≈ 4 % (statt ≈ 33 %)
2. Niedrige HT-Kühlmitteltemperatur: 95 ◦ C (gegenüber ≈ 115
◦ C); dadurch kleine Eintrittstemperaturdifferenz am Wärmetau-

scher: 1Te ≈ 60 ◦C statt 80 ◦ C.


Kosten. Der BZ-Stack verursacht 25–35 % der Antriebskosten. Ko-
stenvorteile bringt eine Verschiebung des Arbeitspunktes zu höhe-
ren Stromdichten bzw. flächenspezifischen Leistungen [50, 69], weil
Elektroden und Bipolarplatten den Preis bestimmen. ✄Abb. 4.101
131

✄4.102 Grundlegende Betriebsarten des Brennstoffzellenfahrzeugs [69]


Brennstoffzelle Batterie Zielsetzung
Antrieb — BZ: optimales Betriebsfenster; Batterie: im untersten Ladezustand
— Antrieb Start und Fahrt mit geringer Leistung; BZ: Schonung und Phlegmatisierung
Antrieb Laden BZ: Lastpunktanhebung: hoher Gesamtwirkungsgrad
Antrieb Antrieb BZ: Lastpunkabsenkung; hoher Gesamtwirkungsgrad
Antrieb Boost Beschleunigung und Volllast. BZ: Phlegmatisierung im Dynamikbetrieb
— Rekuperation Bremsenergierückgewinnung (Generatorbetrieb)
— Start-Stopp BZ: Minimalverbrauch zum Laden der Batterie; Lebensdauererhöhung
— — Segeln: verlustfreier Betrieb beim Ausrollen, z. B. vor Ampeln

✄4.103 Hochvoltbatterie-Brennstoffzellen-Hybrid: Kühlsystem und Antrieb [69]


Auslegung und Hybridisierung Auswirkung auf Fahrleistung Auswirkungen auf Kühlsystem
1 Brennstoffzelle (groß): ⊕ Beschleunigung (Response- ⊕ brauchbare Phlegmatisierung;
hohe Leistung ohne Überhitzung bei Berg- Boost); kontinuierlich Höchstge-niedrige Belastung NT2-Kreis-
fahrt und Höchstgeschwindigkeit in Ebene schwindigkeit oder Bergfahrt; lauf
Batterie: Rekuperation (1b)
a) Mildhybrid: >25 kW, >1 kWh, <150 V ⊖ Beschleunigung (Overboost); ⊖ hohe HT-Kühlleistung
b) Leistung: ≫40 kW, 2–3 kWh, >200 V Fahren nur mit Batterie; Reku-
Topologie: a) ein Wandler für Batterie peration (1a limitiert)
oder 2-Wandler-Konzept
b) ein Wandler für BZ bevorzugt
2 Brennstoffzelle (mittel): Dauerhöchstge- ⊕ Beschleunigung (Response- ⊕ geringe HT-Kühlleistung;
windigkeit; sehr kurze, schnelle Bergfahrt Boost, Overboost), Fahren nur BZ: Plegmatisierung
Batterie: mit Batterie, Dauerhöchstge- ⊖ hohe NT2-Kühlleistung,
Plugin: >65 kW, 8–10 kW, >200 V schwindigkeit, Rekuperation Überhitzung bei kontinuierlicher
Topologie: ein Wandler für BZ bevorzugt ⊖ schnelle Dauerbergfahrt Bergfahrt
3 Brennstoffzelle (klein): kurzzeitige ⊕ Beschleunigung (Response- ⊕ geringe HT-Kühlleistung,
Maximalleistung oder schnelle Bergfahrt Boost, Overboost), Fahren nur hohe BZ-Phlegmatisierung
Batterie: mit Batterie, Rekuperation ⊖ hohe Belastung NT2-Kreislauf,
Plugin: <65 kW, >15 kWh, >200 V ⊖ Dauerhöchstgeschwindigkeit Überhitzung bei Dauerbergfahrt
Topologie: ein Wandler für BZ bevorzugt in Ebene und Bergfahrt

Brennstoffzelle
Ottomotor
100 kW (Stack +
100 kW
Batterie)
95 kW ǻVH°= 94.85 kW ǻVH°= 79.85 kW 80 kW
Brennstoffleistung 19% weniger
H2 Brennstoffleistung
Abgasenthalpie 2 kW
Abgasenthalpie bei
44.6 kW + Wärmestrahlung bei
80° C
800° C
✄4.104
HT-Kühlkreislauf
19 kW HT-Abwärme 40 KW Auslegungsfall
schnelle Berg-
HT - Kühlmittelaustritts-
19 kW ca. 115°C temperatur max. 95°C 40 kW fahrt [69]:
≥ 80 km/h,
Antrieb

80 K ETD am HT-Wärmetauscher 60 K 4 kW 6 % Steigung,


NT-Abwärme
Umgebungstem-
Antrieb

Gesamt Abwärme
63.6 kW
238 W/K Kühlleistungs-anforderungen 667 W/K Gesamt Abwärme
44.6 kW peratur 35 ◦ C,
Antrieb: 31.3 kW
Klimaanlage
Antrieb: 33.95 kW*
Gesamtwirkungsgrad
BZ-Fahrzeug: 27 % geringere Gesamtabwärme und dennoch
Gesamtwirkungsgrad läuft, große
Faktor 2,8 höhere Anforderungen an das HT - Kühlsystem
Antrieb 33% Antrieb 43% Masse am An-
* Brennstoffzellenfahrzeug mit höherem Gewicht verglichen zum Verbrenner-Fahrzeug triebsstrang
132

✄4.105 DOE-Ziel: Für eine nachhaltige Kostensenkung müssen Stromdichte und Zell-
Strom-Spannungs-Kennlinie [50]
spannung erhöht werden. Das DOE-Ziel60 von 2,5 A cm/2 (heute
1,2 2,4
1,5) bzw. 1,6 W/cm2 (heute 1 W/cm2 ), spart etwa 35 % der Zell-
1 2
fläche ein; neben kleinerem Bauraum und geringerem Gewicht sin-
0,705 V
0,8 1,6
ken die Kosten um mindestens ein Fünftel. ✄Abb. 4.105

Leistung (W/cm2)
0,6 0,645 V 1,2
Die Leistungsspreizung hat Nachteile: Der BZ-Stack muss robust
0,4 0,8 sein bezüglich Gas- und Wassertransport. Der mittlere Wirkungs-
0,2 0,4 grad fällt leicht; die vom Innenwiderstand der Zelle ( Q̇ = I 2 Ri )
0 0
abhängige Kühlleistung muss erhöht werden (≈ 23 %).
0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5
Stromdichte (A/cm2)
✄4.107 Berechnung der Kosten für BZ-Stacks gleicher Zellenzahl N

✄4.106 Kühlbedarf bei Strom-


Flächenbezogene Leistung PA = P
A = Uz · i
dichteänderung: 1,5→2,5 A/cm2
Leistung des Stacks P = Uz · i · A · N = PA · A · N
100 40

A2 − A1 P − PA,1 K −K
90 32 Querschnittsänderung A1 = − A,2P ≈ 2K 1
Zunahme der Kühlleistung (%)
Verkleinerung der Fläche (%)

A,1 1
80 24
K = (a + b A)(N +1) + (a ′ + b′ A)N +K rest
| {z } | {z }
70 16 Kosten Bipolarplatten MEA

60
≈ N · k + k ′ · A + K rest
8

50 0
1,5 1,7 1,9 2,1 2,3 2,5
Stromdichte (A/cm2)
2,7 2,9
4.12.2 Komponenten des Kühlsystems

Kühlmittel im HT-Kreislauf. Der Isolationswiderstand, bezogen


auf die Bemessungsspannung, muss in Brennstoffzellenfahrzeugen
A Elektrodenquerschnitt (m2 )
RI /UB > 100 /V überschreiten (SAE-Normen J2578EC, ER100,
i Stromdichte (A/m2 )
K Kosten (EUR) LV123) [63, 69]. Leitungssätze und Stromverteiler erfordern > 25
k flächenbezogene M, Hochvoltkomponenten und Batterien > 2,5 M. Bei Kon-
Kosten (EUR/m2 ) takt mit leitfähigem Kühlwasser dürfen Berührungsströme von
P Leistung (W) höchstens 2 mA bzw. 10 mA (im Fehlerfall) gegen das Chassis flie-
U Spannung (V)
Uz Zellspannung (V) ßen. Die geringe elektrische Leitfähigkeit des Kühlmittels im BZ-
N Zahl der Zellen im Stack Stack (<5 µS/cm bei 25 ◦C) verbietet die Übernahme herkömmli-
a,b Faktoren cher Fluide für Verbrennungsmotoren (≈ 4500 µS/m).
Ri Zellwiderstand ()
Die Isolationswiderstände der parallel geschalteten HV-Komponen-
ten, Energiespeicher und Energiewandler addieren sich reziprok:
P −1
RI = Ri . Der kleinste Widerstand, die Kühlmittelleitung
zum und vom BZ-Stack, dominiert. Vorteilhaft sind kurze Leitun-
gen mit großem Durchmesser.

✄4.108 Ersatzschaltbild:
Isolationswiderstände im
Brennstoffzellenfahrzeug

60 US-Energieministerium, Department of Energy, www.energy.gov, Hydrogen


133

✄4.109 Schematische
Wechselwirkung von
BZ-Kühlkreislauf und
Isolationswiderständen

Das Kühlmittel hat direkten Kontakt mit den Bipolarplatten. Ethy- ✄4.110 Elektrolytleitfähigkeit
und Isolationswiderstand
lenglycol-Wasser-Gemische müssen von Additiven (pH-Puffer, Sta-
bilisatoren) gereinigt werden; bei hohen Temperaturen oxidiert κ= ̺ 1 = F (c z u +c z u )
⊖ ⊖ ⊖ ⊕ ⊕ ⊕
Ethylenglycol zu Säuren. Kationen- und Anionentauscher müssen zi e
durch Korrosion aus Werkstoffen freigesetzte Ionen entfernen. u i = 6π ηr
i

Kühlkreisläufe. Brennstoffzelle, Antrieb und Klimatisierung erfor- RI = κ1 L


A
dern unterschiedliche Temperaturen und Kühlleistungen.
1. Das Klima- und Heizsystem besteht aus Lüfter, Kältemittelkreis- F FARADAY-Konstante (C/mol)
c molare Konzentration (mol/m−3 )
lauf für die Luftabkühlung (Verdampfer, Verdichter, Kondensator, r Ionenradius
Expansionsventil), erweitert durch Expansionsventil und Verdamp- u Ionenbeweglichkeit (m2 V−1 s−1 )
fer für den NT2-Kreislauf. Die Heizung wird aus dem HT-Kühlkreis z Ionenwertigkeit
η Viskosität (Pa s)
versorgt und temperiert die Kabinenluft. Beim Kalt- und Gefrierstart
L Länge der Kühlleitung (m)
zirkuliert das Kühlmittel im kleinen Heizkreis mit elektrischer HT- A Kühlquerschnitt (m2 )
Zusatzheizung, z. B. zur Enteisung der Frontscheibe. ✄Abb. 4.111

✄4.111 Klima- und Heizsystem für


Brennstoffzellenfahrzeug [71]

2. Der Batterie-Kühlkreislauf (NT 2, ≤ 40 ◦C) temperiert die Hoch-


voltbatterie und elektronische Komponenten. Im Normalbetrieb er-
folgt die Kühlung über den NT2-Kühler. Hohe Umgebungstempe-
raturen und Batterieleistungen (Abwärme) erfordern die Kühlung
über den erweiterten Klimakreis-NT2-Verdampfer. Im Winter wirkt
der Bypass (V2) und der kleine Kreis mit Zusatzheizung.
✄4.112 Niedertemperaturkreislauf
NT 2 [71]
134

3. Der Antriebskühlkreislauf (NT 1) mit elektrischem Turbolader


nutzt konventionelle Kühlmittel und häufig eine ungeregelte Pumpe.
Beim Kaltstart strömt kein Kühlmittel durch den Wärmetauscher,
um die thermischen Massen zu minimieren.
✄4.113 Niedertemperaturkreislauf
NT1 [71]

✄4.114 Wärmestrom bei 4. Der Brennstoffzellen-Kühlkreislauf (HT) führt über 80 % des


schneller Bergfahrt gesamten Wärmstromes ab, stellt die Lebensdauer des Stacks si-
HT: ≤ 95 ◦ C 83 % cher und reguliert den Feuchtehaushalt der Zellen (neben der
Brennstoffzelle Kathodenluft-Temperatur). Der Kühlmittelfluss teilt sich auf 1.
Ladeluftkühler zum Ionentauscher, 2. zur Brennstoffzelle, 3. zum Kathodenwas-
NT1: Luft- ≤ 70 ◦ C 12 % serabscheider, Ladeluftkühler und Treibstoff-Vorheizer H2 und 4.
verdichter
Elektroantrieb einen Heizkreis zur Fahrzeugkabine. Beim Gefrier- oder Kaltstart
NT2: Batterie ≤ 40 ◦ C <0,5 % der Brennstoffzelle wird der Kühler (und nachgeschaltete Rad-
Kondensator laufkühler) kurzgeschlossen. Ein Konzept mit regelbarer Pumpe,
Klimaanlage 4,5 % Lüfter für HT-Kühler, optionalem Lüfter für Radlaufkühler und re-
gelbarem Ventil V1 realisiert die geforderte Kühlmitteltemperatur
für die Temperierung (Heizen/Kühlen) der Komponenten.
✄4.115 Hochttemperaturkreislauf
[71]

✄4.116 Membranwiderstand Feuchtehaushalt der Brennstoffzelle. Die PEM-Membran muss


2,0
feucht sein, um elektrisch zu leiten. Gleichzeitig dürfen die porösen
Elektroden nicht mit Wasser geflutet werden, um den Zutritt von
2

1,5
Wasserstoff (Anode) und Sauerstoff (Kathode) nicht zu blockieren.
W

1,0  Hoher Betriebsdruck: Mit zunehmender Leistung verbraucht die


Zellreaktion mehr Sauerstoff. Mit dem höheren Druck der Luft-
0,5 versorgung steigt die Zellspannung; jedoch sinkt die Aufnah-
mefähigkeit der Luft, um das Produktwasser abzuführen.
0
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0  Hohe Betriebstemperatur: Mit zunehmender Leistung steigt die
relative Luftfeuchte (%)
Abwärme; mehr Wasser verdunstet aus der MEA. Eine klei-
ne Temperaturdifferenz (zwischen Kühlmittelaustritt und Eintritt
am HT-Kühler des BZ-Stacks) durch einen großen Kühlmittel-
fluss verstärkt die Austrocknung der Membran. ✄Abb. 4.116
135

 Niedrige Betriebstemperatur: Bei kleiner Leistung, im Winter


und beim Kaltstart entsteht überwiegend flüssiges Produktwas-
ser, das den Stofftransport v.a. an der H2 -Seite blockiert.
Strömungsrichtung an den Bipolarplatten. Das Kühlmittel wird ✄4.117 Wärmetauscher:
Strömung in den Bipolarplatten
im Gleichstrom zur Kathodenluft geführt, damit die Luft entlang des
Kathodenkanals durch zunehmende Temperatur Wasserdampf auf- Gleichstrom
nimmt. Wasser wird auch von der Anode zur Kathode über die PEM- Kühlmittel: kalt −→ heiß
Kathode: p(O2 ) nimmt ab −→
Membran transportiert. Bei hoher Leistung und Betriebstemperatur Anode: p(H2 ) nimmt ab −→
kann die Anode vom Lufteintritt her austrocknen. Zum Schutz der Elektroden: c(H2 O) nimmt zu −→
Brennstoffzelle wird die Betriebstemperatur über die Kühlmittel- Gegenstrom
Austrittstemperatur auf < 95 ◦C festgelegt und der Feuchtehaushalt Kühlmittel: kalt −→ heiß
über die Kühlmittel-Eintrittstemperatur geregelt. ✄Tab. 4.117 Kathode: p(O2 ) nimmt ab −→
c(H2 O) nimmt zu −→
Im Gegenstrom Kühlmittel/Luft ⇋ Wasserstoff wird die Anode am Anode: p(H2 ) nimmt zu −→
Eintritt über den Wasserüberschuss des Kathodenaustritts befeuch- c(H2 O) nimmt ab −→
tet; am Anodenaustritt herrscht durch Wasserdiffusion von der Ka-
thode zur Anode hohe Membranfeuchte vor. Der Gegenstrombetrieb ✄4.118 Kathodenluft-Kreislauf
gleicht den Wasserhalt von Anode und Kathode aus, ist effizient, Elektrischer Turbolader (ETC)
aber steht im Zielkonflikt mit einfachen Fluidanschlusskonzepten. ↓
wassergekühlter Ladeluftkühler
Kathodenluftkreislauf. Die durch den Schnorchel (✄Abb. 4.98) Water-cooled-Intercooler (WIC)
angesaugte Luft erhitzt sich beim Verdichten auf nahezu 210 ◦C ↓
und muss unter 120 ◦C gekühlt werden, ehe die Brennstoffzelle be- Befeuchter: Wasseraufnahme

schickt wird. Produktwasser in der Abluft wird auf die Ansaugluft Brennstoffzelle (Kathode)
übertragen und über eine (bei < 0 ◦C Umgebungstemperatur beheiz- ↓
te) Drainage-Leitung in die Umgebung abgeschieden. ✄Tab. 4.118 Befeuchter: Wasserabgabe

Brenngaskreislauf. Bei Entnahme aus dem 700-bar-Tank kühlt Wasserabscheider
Wasserstoff wegen der Entspannung auf 20 bar ab und muss aufge- Cathode-Knock-Out (CKO)
heizt werden, um die Kondensation von Wasserdampf an den Brenn- ↓
Turbolader: Abluft
stoffzellenanoden zu verhindern. Wasserstoff wird überstöchiome-
trisch zugeführt und im Kreislauf geführt, wobei sich Wasser und ✄4.119 Brenngas-Kreislauf
Stickstoff von der Kathodenseite anreichern. Flüssiges Wasser wird
Wasserstofftank
abgeschieden; Stickstoffbelastungen werden durch zeitweises Öff- ↓
nen des H2 -Kreislaufes über ein Ventil (zur Kathode oder in die Ka- Brennstoffvorheizung
thodenabluft) vermindert. ✄Tab. 4.119 ↓
Wasserabscheider
Lastfälle des Kühlsystems ↓↑
 Beschleunigung in der Ebene mit Klimatisierung bei mittleren Brennstoffzelle (Anode)
Temperaturen betrifft das Antriebskühlsystem (NT 1).
 Kontinuierliche Maximalgeschwindigkeit in der Ebene, mit Kli- ✄4.120 Wärmebilanz: Schnelle
Bergfahrt mit Klimabetrieb
matisierung im Sommer, betrifft den Brennstoffzellen- (HT) und
Batteriekühlkreis (NT 2).
 Abkühlung der Kabine bei 100%iger Klimatisierung im Sommer ohne Klimatisierung
mit Klimatisierung

bei langsamer Fahrt oder Stillstand betrifft den Klimakreis.


Wärmeleistung (kW)

 Der Kaltstart (≤ –20 ◦C, kleine BZ-Leistung und Abwärme)


steht im Zielkonflikt von Kabinenluft- und Stackbeheizung.
 Standardisierte Fahrzyklen61 sind relevant für das Regelverhal-
ten und die Effizienz des Kühlsystems, insbesondere NT 2.
61 WLTP: Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure Geschwindigkeit (km/h)
136

✄4.121 Fahrwiderstände  Bergfahrten (>6 % Steigung, >20 ◦C, mittlere bis volle Klimati-
Luftwiderstand sierung) erfordern hohe Kühlleistung (HT und NT) bei moderatem
FL = 12 ̺L cw Av 2 Kühlluftmassenstrom (geringer Fahrtwind und Staudruck, ✄Tab.
Staudruck 4.121). Die Brennstoffzelle wird mit größtem Kühlmittelmassen-
pdyn = 12 ̺L v 2 strom gekühlt. Hohe Umgebungstemperaturen (35 ◦C) schmälern
Rollwiderstand das Temperaturgefälle am Kühler, obgleich die Fahrzeugkabine und
FR = m g f cos α
die Antriebsbatterie Kühlung benötigen. Abwärme und Kühllei-
Steigungswiderstand
Fs = m g sin α stung in Abhängigkeit der Fahrgeschwindigkeit schneiden sich in
Beschleunigungswiderstand einem Punkt, ab dem die thermische Limitierung (Überhitzung) ein-
Ra = m red dv
dt
setzt, ✄Abb. 4.120. Ist die Kühlleistung zu gering, ergibt sich eine
Gesamter Fahrwiderstand Diskrepanz zur Zielgeschwindigkeit. Die Klimatisierung verschärft
FW = FL + FR + Fs + Fa die Situation durch den Betrieb des elektrischen Kältemittelkom-
̺L Dichte der Luft pressors und des Kondensators.
cw Luftwiderstandsbeiwert
Für Kühlluft: cw ≈ 0,04
A Querschnittsfläche 4.12.3 Kühlluftströmung und Aerodynamik
v Anströmgeschwindigkeit
m Fahrzeugmasse inkl. Beladung
g Fallbeschleunigung Die Fahrzeug-Durchströmungsluft (Kühlluft, Kathodenluft, Innen-
f Widerstandsbeiwert
α Steigungswinkel raumklimatisierung) wird der Umströmungsluft entnommen und
m red Masse im Schwerpunkt wieder zugeführt (z. B. im Unterboden, Radlaufbereich), was den
Fahrzeug-Luftwiderstand um 5. . . 10 % erhöht [76, 81].
✄4.122 Stromlinien im Windkanal. Die Umströmung des Fahrzeugs kann mit sechs Größen model-
Bild: D AIMLER AG liert werden: Luftwiderstands-, Auftriebs- und Seitenkraft, Roll-,
Nick- (Kipp-) und Giermoment. Der statische Druckbeiwert (Druck-
koeffizient) cp bezieht sich auf die x-Achsenkomponente des stati-
schen Drucks bzw. der Strömungsgeschwindigkeit und hat Werte
zwischen –1 und +1, bezogen auf die Fahrzeugfront und die Aus-
trittsöffnungen. Die Öffnungsflächen des Kühlergrills liegen im Be-
reich hoher Staudrücke (cp > 0,9); die Luftaustritte auf der Unter-
✄4.123 Strömungsgeschwindigkeit
(in m/s) der Kühlluft: Ziergitter → seite im Vorderwagenbereich bei cp ≤ −0,3. Für den totalen Druck-
Getriebetunnel. Quelle: AUDI AG verlust über das gesamte Fahrzeug (Wertebereich: cp = –2 bis +1)
sind Korrekturen erforderlich. ✄Abb. 4.122-123
Kühlluftzufuhr. Brennstoffzellenantriebe erfordern gegenüber Ver-
brennungsmotoren den >1,5-fachen Kühlluftmassenstrom. Schnell
drehende Axiallüfter kühlen bei langsamer Fahrt, ehe der Staudruck
durch den Fahrtwind den Lüfter überbläst“. Gegenüber Flüssig-

keiten limitiert die Luftseite des Wärmetauschers die Kühlleistung
durch geringe Wärmekapazität und schlechten Wärmeübergang.
0 8 15 22 30
Das Kühlmodul im Auto verursacht nahezu 60 % des Druckver-
lusts, gefolgt vom Druckabfall nach dem Lüfter im engen Abstand
✄4.124 Statischer Druckbeiwert vor dem BZ-Aggregat; im übrigen Motorraum sind die Strömungs-
cp . Quelle: BMW
geschwindigkeiten und Druckverluste gering. Eintrittsöffnungen
befinden sich vorzugsweise am Bug über und unterhalb des
Stoßfängers; die Flächen betragen 30 bis 45 % der Kühlerfläche.
Einbauten, Streben, Sensoren und Signalhörner verschlechtern die
Anströmung der Kühler. Der für passive Sicherheit verstärkte Bug
erzwingt die Verlagerung des Kühllufteinlasses auf mehrere Öff-
nungen. Mit zunehmender Geschwindigkeit soll Luft durch die
-1 -0,8 -0,6 -0,4 -0,2 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 Stoßfängeröffnungen einströmen.
137

Kühlluftabführung. Austrittsöffnungen liegen bevorzugt in Unter- ✄4.125 Aerodynamik


druckgebieten (niedriger statischer Druck), die sich bei Beschleuni- Luftwiderstandskraft
gung der Umströmung ergeben. Die Abströmung greift in die Um- FL = 12 ̺cw Av 2 = pdyn cw A
strömung der Fahrzeugunterseite ein; Druckverluste durch Verwir- Kontinuitätsgleichung
ṁ = ̺1 A1 v 1 = ̺2 A2 v 1 = konst
belung sind unerwünscht. Beim DAIMLER B-Klasse F-Cell“ führen
” B ERNOULLI -Gleichung
die Eintrittsöffnungen des Stoßfängers Kühlluft zum Kühlmodul
pges = pgeo + pdyn + pa = konst
heran, die über Brennstoffzellenaggregat, Radhäuser und Unterbo- ̺v 2 ̺v 2
den abströmt. Die Wärmetauscher sind nach aufsteigender Betriebs- ̺gh 1+ 21 + pa1= ̺gh 2+ 21 + pa2
temperatur angeordnet. Druckverlust
1pv = ζ 12 ̺v 2
Statischer Druckbeiwert am Ort x
 2
p −p
cp = a 2 a,∞ = 1 − vv x
̺v ∞ /2 ∞

verlustbehafteter Druckbeiwert
pges − pa,∞
cp,ges = 2 /2
̺v ∞
v Strömungsgeschwindigkeit
p Druck: a = statisch, dyn = dynamisch

✄4.126 F-Cell: 1 Ausgleichsbehälter für Brennstoffzellenkühlkreis (HT),


2 Luftzufuhr zum Radlaufkühler, 3 Kühlermodul, 4 Radlaufkühler,
5 Niedertempertaturkühler, 6 Klimakondensator, 7 Hochtemperaturkühler,
8 Lüfter. Bild: DAIMLER ✄4.127 Funktionsanforderungen
Brennstoffzellenabwärme (Wärme-
4.12.4 Brennstoffzellen-Kühlkreis quelle) auf Kühlmittel übertragen
Wärme über Kühlmittel zum Kühler
Der Hochtemperaturkühlkreis (HT, ✄Abb. 4.99, ✄Tab. 4.127) muss transportieren
Anforderungen hinsichtlich Lebensdauer der Brennstoffzelle, Bau- Wärme vom Kühlmittel auf Kühl-
raum und Gewicht, Fahrdynamik, Kosten, Sicherheit, Energiever- luft (Wärmesenke) übertragen
brauch und Komfort erfüllen. Stand der Technik sind Kühlmit-
telkühler. Ziel ist es, die HT-Kühlleistung deutlich zu erhöhen.
 Die mittlere logarithmische Temperaturdifferenz [77] des Kühl-
mittels bestimmt den Wärmestrom Q̇ = k A 1T des HT-Küh-
lers maßgeblich. Eine zu große Eintrittstemperatur des Kühlmit- ✄4.128 I-Kreuzstromkühler: Flach-
rohr und Wellrippen. Bild: M AHLE
tels am BZ-Stack begrenzt die Lebensdauer und Leistung der B EHR GmbH & Co. KG, Stuttgart
Brennstoffzelle (Austrocknung der Membran); eine zu kleine
Kühlmittel-Temperaturdifferenz fordert hohe Kühlmittelströme
und Pumpleistung und erhöht die Austrocknung der Membran.
Absenkung der Kühlluft-Eintrittstemperatur und Homogenisie-
rung der Kühllufturverteilung am HT-Kühler beeinflusst das
Fahrzeugdesign und erhöht den Bauraum.
 Eine Erhöhung der Wärmetauscherfläche A bei konstan-
tem Bauraum ist zu optimieren für Kühlluftdruckverlust und
-massenstrom. Zusätzliche Wärmetauscher, bevorzugt an Fahr-
zeugpositionen mit hohem Staudruck, erfordern die Anpassung
von Fahrzeugdesign und Bauraum. Ganzheitlicher Ansatz [73].
 Die Luftseite des HT-Kühlers bestimmt über Wärmeübergangs-
zahl und Luftmassenstrom Q̇ = ṁ cp 1T den Wärmetransport
vom Kühlmittel zur Kühlluft. Ein großer Luftmassenstrom durch
leistungsfähige Lüfter erhöht Bauraumbedarf und Kosten.
138

✄4.129 Kreuzstromwärmetauscher  Absenkung des HT-Wärmeeintrags durch Brennstoffzellen mit


I-Durchströmung höherem Wirkungsgrad und optimierter Betriebsführung (Be-
Kühlmittel fließt horizontal triebstemperatur und Druck) [72], sowie Absenkung des Wärme-
z. B. Plattenwärmetauscher eintrags am NT-Kühler und Kondensator (Senkung Kühlluftein-
geringer Druckverlust
trittstemperatur HT-Kühler).
Wärmetauscher. In Automobilen sind Kreuzstromkühler mit Well-
rippen (Jalousieschnittlamellen) verbreitet, die hohe Wärmeüber-
tragungsleistung pro Masse und Volumen und Temperaturdiffe-
renz/Pumpleistung bieten. Fahrtwind strömt durch das Kühlernetz
U-Durchströmung
Kühlmittel mit Quervermischung
aus gelöteten Aluminiumrippen; quer dazu das Kühlmittel in flachen
schnelle Strömung Rohren (glatt oder mit Vertiefungen). Die Rippenform bestimmt die
turbulente Vermischung des Luftstroms: z. B. Dreieck-, Rechteck-,
Wellenprofil, aufgeschlitzte oder versetzte Lamellen. ✄Abb. 4.128/9
Das Kennlinienfeld (✄Abb. 4.130) eines gegebenen Wärmetau-
schers zeigt den abgeführten, auf die Temperaturdifferenz zwischen
Z-Durchströmung Kühlmittel- und Kühllufteintritt (ETD) bezogene Kühlwärmestrom
hoher Druckverlust (Übertragungsfähigkeit Q̇/1Te ) gegen den Luftmassenstrom ṁ L ,
gute Wärmeübertragung Kühlmittelmassenstrom und die Druckverluste der Fluide. Aus
dem Kühlerkennfeld wird für den gegebenen Kühlluftmassenstrom
und Kühlmittelmassenstrom der Diagrammwert Q̇/1Te entnom-
men und mit der Temperaturdifferenz zwischen Kühlmitteleintritt
und Kühllufteintritt (1Te ) multipliziert , um die Kühlleistung des
Kühlers unter den spezifischen Bedingungen zu ermitteln. Der ma-
ximale Wärmewirkungsgrad ε bzw. Austauschgrad wird theoretisch
✄4.130 Kennlinienfeld:Daten:
bei Gegenstromkühlung erzielt, wenn die mittlere Temperatur am
M AHLE B EHR GmbH& Co. KG Kühlluftaustritt die Kühlmittel-Eintrittstemperatur erreicht.
–2 –1
!
2,8
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 Q̇ K = ṁ K c p,K PK · 1Te = Q̇ L = ṁ L c p,L PL · 1Te ⇒
Massenstrom Kältemittel (kg/s) | {z } | {z }
2,6 4,5
4
2,4
2,2
3 Kühlmittel Luft
2,5
Druckabfall Kühlluft (mbar)

TL,a − TL,e
Kühlwärmestrom (kW/K)

2 2 Q̇
1Te = ṁ L c pL PL = ṁ L cp,L TK,e − TL,e
1,8 1,5
1,6
1
1,4
T −T
ε = Q̇ L = TL,a − TL,e
1,2
0,5
1
0,8
0,6
Q̇ max K,e L,e
0,4
0,2
1Te = TK,e−TL,e , größte Temperaturdifferenz zwischen Kühlmittel und Luft am Ein-
0 tritt (ETD). P dimensionslose Temperaturänderung (auf 1Te bezogen); e = Eintritt,
0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5 5,5
Massenstrom Kühlluft (kg/s) a = Austritt; ṁ Massenstrom, c p spezifische Wärmekapazität, T Temperatur (K, ◦ C).
Lüfter. Gebläse oder Ventilatoren fördern mit geringeren Druckun-
terschieden einen höheren Massenstrom als Verdichter. Axiallüfter
✄4.131 Lüfter: Arbeitspunkt eignen sich für den knapp bemessenen Raum im Fahrzeug zur
Kühlung bei geringem Fahrtwind und im Stillstand. Der stationäre
Druckaufbau Dp

Lüfterkennlinie Arbeitspunkt wird im Schnittpunkt der Lüfterkennlinie (Druckver-


lust gegen Volumenstrom) gegen die Anlagenkennlinie (Drosselkur-
ve: Druckverlust der Kühlluftstrecke im Fahrzeug ohne Lüfterbe-
trieb) ausgelegt. Hohe Lüfterdrehzahl verschiebt die Lüfterkennli-
nie nach oben (✄Abb. 4.131). Der zusätzliche Volumenstrom des
Arbeitspunkt
Fahrtwindes verschiebt die Anlagenkennlinie nach unten und den
Anlagenkennlinie
Arbeitspunkt zu höheren Volumenströmen. Bei Höchstgeschwindig-
keit des Fahrzeugs und maximaler Drehzahl des Gebläses kann ein
Volumenstrom dV/dt
Arbeitspunkt mit negativem Totaldruck entstehen; d. h. der Lüfter
139

wird zum Reibungswiderstand, der den Kühlluftstrom drosselt. ✄4.132 Lüfter


Der Kühlluftmassenstrom im Auslegungspunkt schnelle Berg- Wirkungsgrad
” Pströmung 1p V̇
fahrt“ wird maßgeblich durch den Lüfter bestimmt. Hohe Kühlluft- η= = UI
Pel
Druckverluste (Kühlleistung) über leistungsfähigere Kühler (hohe
Ähnlichkeitsbeziehungen
Rippendichte, tiefer Kühler) erfordern leistungsfähige Elektrolüfter.
V̇ ∼ f d 3
Kühlluft-Bedarfsabschätzung. Bei schneller Bergfahrt und 35 ◦C 1p ∼ f 2 d 2 ̺
Umgebungstemperatur erfordert der Brennstoffzellenantrieb in der P ∼ ̺ f 3d5
Regel über 80 kW HT-Kühlleistung. Die Kühlluft von 35 ◦ C wird Druckzahl: umfangsbezogen
durch den vorgelagerten Kondensator und NT-Kühler (z.B. 5,2 und ψ=
2 1p/̺
= 22Y2 2
12 kW) vor Eintritt in den HT-Kühler, auf TL,e aufgewärmt, was (π f d)2 π f d
die Kühlleistung etwas mindert. Der Kühlluftmassenstrom eines Lieferzahl: je Umfang und Fläche
Sauglüfters sollte im Auslegungspunkt >2 kg/s betragen. ϕ= V̇ = 24V̇3
  −1 f π d · π (d/2)2 π d f
Q̇ Q̇ NT1 + Q̇ Kon Leistungszahl
ṁ L ≈ = Q̇ c p,L TL,e − − 35 ◦ C ϕψ
c p,L 1Te ṁ L,HT c p,L λ = η (Verdichter)
Elektrische Motorleistung, Blattdurchmesser, der Abstand Lüfter– λ = ϕ ψ η (Turbine)
Brennstoffzelle; die Parallelschaltung von zwei Lüftern (T OYOTA Durchmesserzahl
ψ 1/4 q √
Mirai); der Einsatz von Druck- und Sauglüfter und der Gesamtwir- δ = 1/2 = d π 4 2Y
η 2 V̇
kungsgrad sind anwendungsspezifisch auszulegen [49, 52, 65, 78].
d Luftblattaußendurchmesser
Der Kühler an der Fahrzeugfront und zusätzliche Radlaufkühler führen die f Drehzahl
Abwärme von Brennstoffzelle, Batterie und Antrieb (HT, NT1, NT2) an P Leistung
p Druck
die Umgebungsluft ab. Die Kühler sollten kompakt, leicht, wartungsarm, V̇ Volumenstrom
leise und verkehrssicher sein (✄Abb. 4.133). Vorteilhaft werden die wasser- v Strömungsgeschwindigkeit
Y spezifische Stufenarbeit
gekühlten Wärmetauscher (HT) und die in Serie geschalteten Radlaufkühler ̺ Dichte der Luft
hydraulisch parallel geschaltet. Optimierungsmöglichkeiten [69]: Kühlmit-
teltemperaturdifferenz 1Te , Druckbeiwerte der Zu- und Abfuhröffnungen.
Klimakreislauf [55, 64]. Der Kältemittelkreislauf umfasst minde-
stens Verdichter, Kondensator, Expansionsventil und Verdampfer.
Die Kreisprozessschritte zeigt das Druck-Enthalpie-Diagramm
log p(h): Das überhitzte Kältemittel (z.B. CO2 , R134a, R1234yf)
wird polytrop komprimiert (1→2); im Kondensator isobar an Luft
unterhalb des kritischen Punktes verflüssigt (2→3); im Expansions-
ventil isenthalp (Enthalpie konstant) unter Abkühlung und teilweiser
Verdampfung entspannt (3→4); vollständig verdampft (4→1), wo-
bei die Umgebung abkühlt. Zum Vergleich von Kältekreisprozessen
eignet sich die Leistungszahl:
Q̇ Kälteleistung, p Verdichterleistung,
− h 4 = Q̇
ε = hh 1 − h spezifische Enthalpie:1 = vor, 4 = hinter
2 h1 P dem Verdampfer; 2 = hinter dem Verdichter
✄4.133 Kühlmodell im FCELL.
Quelle: D AIMLER [73]
Den Kältebedarf der Fahrzeugkabine (≈7. . . 12 kW) bestimmen
NT1 1
Wärmeströme über die Karosserie, durch Sonneneinstrahlung, die
Kondensator

im Fahrzeug befindlichen Massen und die Abluft. Einflussgrößen NT2 Lüfter

sind: Umgebungs- und Innenraumtemperatur, Wärmedurchgangs- HT


2
zahl der Karosserie (Kabinenisolierung), Umluftanteil und Batterie-
temperatur. Für die Brennstoffzellenkühlung im Auslegungspunkt 2
schnelle Bergfahrt“ sind sinnvoll: kleine Verdichterleistung und 1
Lufttemperatur


reduzierter Wärmeeintrag im Kondensator des Kühlmoduls, was
durch eine weniger tiefe Innenraumtemperatur erreicht wird; wirk-
sam ist zudem ein höherer Hybridisierungsgrad. Weg
140

4.12.5 Alternative Kühlkonzepte

✄4.134 Verdampfungskühlung [47] Kondensator mit Wasserkühlung [74, 75]. Wird der Kondensa-
Wärmeübergangskoeffizient tor im Kältemittelkreislauf mit Wasser statt Luft gekühlt und mit
α (W K−1 m−2 ) dem Niedertemperatur-Kreislauf verbunden, 1. spart dies Platz im
durchströmtes Rohr: 250. . . 16 000 Vorbau des Fahrzeugs; 2. senkt den Druckabfall und steigert den
Sieden im Behälter: ≈30 000 Kühlluftmassenstrom im Kühlmodul; 3. vermeidet Leistungsspitzen
Blasensieden im Rohr: ≈200 000
für Verdichter und Kühlmodullüfter zu Gunsten der Brennstoffzelle
Wärmedurchgang im Rohr
(i = innen, a = außen)
[66]; 4. steigert die Kühlleistung an der Brennstoffzelle.
Q̇ = k A 1T Nachteil: Systemkomplexität. Die Kondensationstemperatur ober-
h 
a 1 + da −di
i−1 halb der Umgebungstemperatur geht zu Lasten der Verdichterlei-
k = α1a + A Ai α 2λR
i stung; ein innerer Wärmetauscher mildert das Problem.

✄4.135 Auswahlkriterien [51, 62]: Verdampfungskühlung [75]. Die Verdampfungsenthalpie von


Kältemittel: Verdampfungskühlung Wasser (2265 kJ kg−1K−1 , 50 ◦C) übertrifft die Wärmekapazität
Treibhauspotential(GWP) (4,182 kJ kg−1 K−1 ) 500-fach. Die Wärmeübergangszahl α der Kon-
Ozonabbaupotential (ODP) densation ist das Doppelte der Flüssigkeitsumlaufkühlung [62]; der
Giftigkeit, Toxizität Wärmedurchgang verbessert sich. Die Wandtemperatur des Ver-
Entflammbarkeit dampfungskühlers ist höher als beim Flüssigkühler und nahezu kon-
chemische Stabilität stant; auch bei kleiner Temperaturdifferenz zwischen Kühlmittel
elektrische Leitfähigkeit und Wand erzeugt ausreichend Wärmestrom; ein geringer Massen-
nicht-korrosive Wirkung strom ist umzuwälzen. Das Kühlmittel isoliert elektrisch gut.
Mischbarkeit mit Öl
(Verdichterschmierung) Kältemittel für Verdampfungskühlung. Unterhalb 100 ◦C und unter
Fahrzeugtauglichkeit: wartungsarm, Druck sind Wasser und wasserbasierende Fluide nicht einsetzbar.
Infrastruktur Die Siedekennlinie des Kältemittels muss Betriebstemperatur (–40
Kosten bis <100 ◦C) und Betriebsdruck (< 4 bar) des BZ-Stacks abdecken.
hohe Dichte
(kleiner Druckverlust) Stackdesign mit Kühlkammer. Das klassische 2-Kammer-Konzept
geringe Viskosität weist keinen separaten Kühlkanal auf und der Kontakt mit An-
hohe Wärmeleitfähigkeit ode und Kathode erzwingt Wasser als Kühlfluid, das dem Ka-
geringe Oberflächenspannung thodengas zugeführt wird. Die Dampfdruckkennlinie von Was-
azeotrop (verdampft ser bestimmt den niedrigen Betriebsdruck der Brennstoffzelle, ob-
bei eindeutigem Druck) gleich ein erhöhter O2 -Druck nützlich wäre; in der Kälte friert
Gefriertemperatur <–40 ◦ C die Brennstoffzelle ein. Eine zusätzliche Kühlkammer der Zelle er-
hohe Verdampfungsenthalpie laubt die Kühlung mit Wasser-Glycol-Gemischen oder Verdamp-
fungskühlung (mit Umwälzung durch Pumpe oder Verdichter).
✄4.136 Dreikammerprinzip: Zum
Vergleich: Konventionelles 2-Kam- Verdunstungskühlung im Stack. Der im Überschuss zugeführten
mer-Prinzip ohne Kühlkanäle
Kathodenluft wird flüssiges Wasser bis zur Übersättigung zudosiert.
Aus dem Kathodenabgas wird Wasser wieder auskondensiert. Die
relative Feuchte ϕ bzw. Beladung mit Wasserdampf w hängt vom
Sättigungspartialdruck des Wassers ab. Nicht fahrzeugtauglich!
Kathode
Kühlung

Verdunstungskühlung im Brennstoffzellen-Kühlmodul. Die eintre-


Kühlung
Anode

MEA
tende Kühlluft wird mit Flüssigwasser bestäubt, das verdunstet
(≈ 1,4 kg h−1kW−1 Kühlleistung). In der technischen Umsetzung
besteht die Gefahr, dass die Benetzung und Verdunstung ineffizi-
ent verlaufen und Druckverluste durch Wasseransammlungen im
Kühler entstehen. Nicht fahrzeugtauglich!
141

4.12.6 Kaltstart ✄4.137 Feuchte Luft


Beladung mit Wasserdampf (kg/kg)
mH O MH O pH O
Der Kaltstart [46] bezeichnet den Aufheizvorgang der Brennstoff- w = m 2 = M 2 p − p2
L L H2 O
zelle bei tiefen Außentemperaturen (≈ –25 ◦C), damit Eis in der pH O
≈ 0,622 p − p2
Membran und den Elektroden auftaut und Produktwasser nicht ge- H2 O
friert. Beim schnellen Konditionieren durch Eigenwärme darf die Relative Feuchte
pH O
Membran nicht austrocknen. Die bereitgestellte elektrische Leistung ϕ = p2s
dient vorteilhaft zum Beheizen der Fahrzeugkabine. Beispiel: Sättigungspartialdruck (Pa; T in ◦ C)
1. Unter –10 ◦ C wird der Stack in einem kleinen geführten HT-Teilkreis- ln ps (T ) = 23,4588− 3977,3722
lauf aufgeheizt (reduzierte thermische Massen). Zusätzlich wird Kühl- 233,31722+T
mittel mit einem BZ-betriebenen elektrischen Heizgerät aufgeheizt.Zur L = Luft, T = Taupunkt, m Masse
M molare Masse, p Partialdruck
Beheizung der Fahrzeugkabine wird gleichzeitig das Kühlmittel im se-
paraten kleinen Heizkreis über ein elektrisches Heizgerät aufgewärmt. ✄4.138 Aufheizvorgang
2. Oberhalb –10 ◦ C wird der Kühlmittelstrom erhöht; dann das Kühlmittel
Erwärmung der Masse m
aus Heiz- und Kühlkreis vermischt, dass sich am BZ-Stack-Vorlauf und R Q̇
Nebenzweig eine höhere Temperatur einstellt. T = T0 + m dT
3. Oberhalb 0 ◦ C bis zur Betriebstemperatur tauen die Elektroden ab und Q̇ = k A 1T ≈ 700 W/K · 1T
der Normalbetrieb wird angefahren. Iterative Lösung 
Unter der Last elektrischer Nebenverbraucher für die Kühlmittel-, k A TQ − Tn
Tn+1 = Tn + m cp 1tn
Kabinen- und Scheibenbeheizung erzeugt die Brennstoffzelle beim
Heizleistung
Kaltstart Abwärme ( Q̇/P ≈ 0,5 kW/kW) für die Eigenerwärmung. m c p TQ −Tn

Alternative Konzepte sind selten fahrzeugtauglich. P = Q̇ = m dT = 1tn
dt
Latentwärmespeicher. Die Phasenumwandlungswärme bei der Kristal- T Temperatur des Kühlmittels
lisation (flüssig ⇋ fest) beträgt bei Wasser 333 kJ/kg (Schmelzenthal- TQ Temperatur der Wärmequelle
pie). Die Speicherung von 1 kWh Wärme erfordert 11 kg Wasser. Höhe-
re Schmelztemperaturen haben Paraffin, Salzhydrate und Zuckeralkohole. ✄4.139 Latentwärmespeicher
Beim Erwärmen auf 58 ◦ C gibt Natriumacetat-hydrat Kristallwasser ab 700

CH3 COONa·3 H2 O(s) ⇋ CH3 COONa·3 H2 O(s) + 3 H2 O 600


Bariumhydroxid
und kristallisiert aus der unterkühlten Lösung unter Wärmeabgabe (226 500
Mannit
kJ/kg = ˆ 16 kg/kWh ≈ 12 L) wieder, wenn Aktivierungsenergie einge-
400
tragen wird (Verformung einer Blattfeder erzeugt Kristallisationskeime). Wasser
Natriumacetat

Wärmeisolation des Speichers ist nicht notwendig. Calciumchlorid CaCl2 · 300


Magnesiumnitrat

3 H2 O liefert 190 kJ/kg; es werden 19 kg/kWh oder 7–12 L/kWh benötigt. 200
Paraffin C18
Sorbit

Thermische Massen. Nicht zweckmäßig im Automobil sind Steinschüttun- 100

gen und Wasserspeicher, die von Kühlfluiden in Rohren durchströmt


0
und gegen die Umwelt thermisch isoliert werden müssen. Gemäß Q = –50 0 50 100 150 200
Schmelztemperatur (°C)
m c p 1T , sind 87 kg Wasser notwendig, um 1 kWh Wärme bei 10 K Tem-
peraturunterschied speichern. Ein Wassertank könnte als Kühlreservoir zu- ✄4.140 Kaltstart-Konzepte
geschaltet werden. Die Antriebsbatterie wird als thermische Masse genutzt.
Aussichtsreich im Fahrzeug
Wärmepumpen sind für Batteriefahrzeuge einsetzbar; für BZ-Fahrzeuge Eigenerwärmung des Stacks
ungeeignet wegen der hohen Kühlleistung und niedrigen Temperaturen elektrische Zusatzheizung
beim Kaltstart. Durch Verdichten wird ein Kältemittel erwärmt, gibt beim Latentwärme-, Wasserstoffspeicher
Verdampfen Wärme ab; kühlt beim Entspannen ab und kondensiert, wobei Mäßig aussichtsreich
der Umgebung Wärme entzogen wird; ein linksdrehender C ARNOT -Prozess Luft-PTC, Wärmepumpe
mit Wirkungsgrad ǫ ≤ T Tmax − T . CO2 (R744) kondensiert bei –40 C
◦ induktive Erwärmung
max min elektrische Scheibenheizung
(10 bar); unterhalb des Tripelpunktes (–56,57 ◦ C 5,185 bar) wird es fest; bei Nicht aussichtsreich
30 ◦ C und 721 bar liegt es überkritisch vor. 1,1,1,2-Tetrafluorethan (R 134a) Wärmespeicher (thermische Masse)
ist seit 2010 in Klimaanlagen in Neuwagen verboten; Kondensation Kondensation, Solarpanel
(–40 ◦ C; 0,512 bar) und Verdampfung (60 ◦ C, 16,82 bar) liegen ungünstig. schwarze Oberflächen
Katalytische Oxidation ( Wasserstoffverbrennung“). Die Reaktionswärme Oxidationsreaktionen
” innere Reibung, Gaskompression
120 MJ/kg (1 kWh für 0,03 kg H2 ) ist ineffizient gegen die Nutzung der
P ELTIER-Element, Abgasrückführung
Abwärme der Brennstoffzelle.
142

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5 Direktmethanol-
Brennstoffzelle (DMFC)

Seit den 1950er Jahren verfolgen Brennstoffzellenforscher die elek- ✄5.1 DMFC-Geschichte
trochemische Direktverstromung von Methanol und anderen Alko-
holen — eine faszinierende Idee! 1839/42 W. R. G ROVE:
schwefelsaure Knallgaszelle.
 Direktbrennstoffzellen wandeln die chemische Energie des 1910 TAITELBAUM: anodische
Brenngutes — z.B. Wasserstoff, Methanol, Glucose — unmit- Oxidation gelöster Brennstoffe.
telbar in elektrische Energie um. Mit Blutzucker und -sauerstoff 1922 E. M ÜLLER: elektrochemi-
betriebene Zellen versorgen womöglich in ferner Zukunft künst- sche Methanoloxidation [26].
liche Herzen und Organe. 1951 K. K ORDESCH, A. M ARKO:
 Indirekte Brennstoffzellen benötigen einen vorausgehenden kata- Direktmethanolzelle [6].
lytischen Zersetzungsschritt, der Wasserstoff aus dem Rohstoff 1963 B OSCH: Methanol-Sauer-
stoff-Batterie [24].
— z.B. Alkohol, Ammoniak, Cyclohexan, Methan, Flugbenzin W ILLIAMS und G REGORY:
— freisetzt (✄Kap. 10). Ein indirektes Oxidationsmittel ist Was- 40-Zeller mit 300 W.
serstoffperoxid, das katalytisch in Sauerstoff und Wasser zerfällt. 1967 USA: 100 W-DMFC für
militärische Anwendungen.
Methanol ist der elektrochemisch aktivste bekannte organische
Brennstoff, jedoch tausendmal inaktiver als Wasserstoff. Aus Erd- 1967/68 S HELL und E XXON-
A LSTHOM: DMFC mit geringer
gas, Kohle und Biomasse mit Wirkungsgraden von über 60–70 % Leistungsdichte in Schwefelsäure
leicht zugänglich, produziert flüssiges oder verdampftes Methanol und Alkalilaugen (15 mA/cm2 bei
in einer PEM-Brennstoffzelle direkt Strom. Jedes Methanolmolekül 0,5 V; 60 ◦ C; 7 W/kg).
liefert sechs Elektronen, was einer Ladungsmenge von rund 5 Ah/g 1972 Methanoloxidation mit
entspricht. In alkalischen Elektrolyten entsteht Carbonat, in sau- Ruthenium [10].
ren CO2 . Die hohe Energiedichte (6 kWh/kg) prädestiniert Metha- 1983 H ITACHI (Japan): DMFC
nol vor reaktiveren und gesundheitsschädlichen Brennstoffen wie mit sauren Elektrolyten [26].
Formaldehyd und Ameisensäure. Längerkettige Alkohole sind we- 1987 CEC (Europa)
niger reaktiv als Methanol, weil zusätzlich C–C-Bindungen gespal- 1993 S IEMENS : 0,5 V bei 400
ten werden müssen. mA/cm2 (O2 , 4 bar, 130 ◦ C) [27].
1994 UTC-Membranzellen: 0,7 V
Das unkomplizierte DMFC-System zeigt weitaus schlechtere Lei- JPL: Platinbeladung 0,5 mg/cm2
stungsdaten als die Wasserstoff-PEMFC, doch dafür entfallen (0,4 V; 0,1 A/cm2 ; 60 ◦ C).
Gasbefeuchtung, Luftkühlung und Reformierung. Die Methanol- BALLARD: DMFC-Entwicklung.
Wasser-Mischung muss mit einer Dosierpumpe präzise zugeführt 1995 J OHNSON -M ATTHEY:
werden. Die DMFC emittiert kein Kohlenmonoxid und hat einen ho- kohlegeträgerte PtRu-Elektroden
mit Nafion-Film.
hen Wirkungsgrad im Teillastbetrieb. Ungelöst ist die schleichende
2001 D AIMLER C HRYSLER:
Vergiftung des Elektrokatalysators durch Aldehyde, Carbonsäuren
Gokart mit 3 kW-DMFC.
und andere Zwischenprodukte der Methanoloxidation. Unerwünscht BALLARD: tragbare DMFC 500
ist auch der Methanoltransport von der Anode zur Kathode, wo W/ℓ Leistungsdichte.
die parasitäre Methanoloxidation ein Mischpotential mit der Sau- 2002 S MART F UEL C ELL:
erstoffreduktion erzeugt. ”
Remote Power System“ SFC 25.
DMFC-Stromgeneratoren sind kommerziell erhältlich. Die weitere 2006 Tragbares System Jenny“

2016 EFOY: 105 W, 12 V, 8,5 kg
Forschung verfolgt durchbruchsichere Membranen und Elektroden-
materialien ohne parasitäre Methanoloxidation.

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2016


P. Kurzweil, Brennstoffzellentechnik, DOI 10.1007/978-3-658-14935-2_5
146

5.1 Kenndaten des DMFC-Systems


✄5.2 Brennstoffzellentypen [6]

Direktbrennstoffzellen
Synonyme: Direct Methanol Fuel Cell, DMFC
 Niedertemperatur-BZ ≤100 ◦ C Typ: Niedertemperatur-Knallgaszelle ✄Tab. 5.2
Brennstoffe H2 , Kohlenstoff-,
Stickstoff-, Halogenwasserstoff-, Elektrolyt: Protonenleitende Membran (PEM)
Metallverbindungen.
 Mitteltemperatur-BZ ≤500 ◦ C
Betriebstemperatur: 85 ◦C (60–130 ◦C), höher als bei der PEM-
Halogenwasserstoffe, organische
Stoffe, Ammoniak. Brennstoffzelle.
 Hochtemperatur-BZ ≤1000 ◦ C
Wasserstoff, CO. Brennstoff: In der Elektrodenreaktion wird Wasser verbraucht, d.
Indirekte Brennstoffzellen h. reines Methanol ist nicht als Brennstoff einsetzbar.
vorgeschaltete H2 -Erzeugung. a) 1–2 molare Methanol-Wasser-Mischung (anodisch),
 Reformer-Brennstoffzelle b) Methanol-Wasserdampf-Gemisch.
 Biochemische Brennstoffzelle
Regenerative Brennstoffzelle Oxidationsmittel: Luftsauerstoff
mit Brennstoffrückgewinnung:
thermisch, elektrisch, Elektrodenreaktionen: Bei dem 6-Elektronen-Prozess entsteht
fotochemisch, radiochemisch anodisch CO2 und kathodisch Wasser.

⊖ Anode CH3 OH + H2 O −→ CO2 + 6 H⊕ + 6 e⊖ 0,043 V


(CO2 + H2 O −→ HCO⊖ ⊕
3 +H )
⊕ Kathode 3/ O + 6 H⊕ + 6 e⊖ ⇋ 3 H O 1,229 V
2 2 2

CH3 OH + 3/ O −→ CO2 + 2 H2 O 1,186 V


2 2

Zellspannung: Theoretisch 1,186 V; in der Praxis Klemmenspan-


nung um 0,5 V bei 1–3 bar Sauerstoff-Überdruck.
Elektrodenmaterialien:
Membran-Elektroden-Einheiten: Auf Aktivkohle geträgerte
Edelmetalle, Gasdiffusionsschicht, Polymerelektrolytmembran
(wie PEMFC).
Elektrodengifte:
Intermediär entsteht CO, das den Platinkatalysator vergiftet.
Spezifische Vorteile:
✄5.3 Leistung verschiedener Brenn- einfaches System ohne Brennstoffreformierung.
stoffzellentypen (1990) [6]
Typische Nachteile:
Wasserstoff-Sauerstoff 1. Methanoldurchtritt durch die Membran auf die Kathodenseite
AFC 900 mA/cm2 (0,74 V) durch Diffusion und Elektroosmose.
PEMFC 400 mA/cm2 (0,74 V)
2. Inaktivierung der Kathode durch parasitäre
SOFC 300 mA/cm2 (0,74 V)
PAFC 250 mA/cm2 (0,74 V) Methanoloxidation (Mischpotentialbildung)
MCFC 150 mA/cm2 (0,74 V) 3. Wenig aktiver Anodenkatalysator.
DMFC 100 mA/cm2 (0,37 V)
Wasserstoff-Luft-Betrieb Elektrischer Wirkungsgrad: 20–30 % (Zelle)
PEMFC 230 mA/cm2 (0,74 V) Entwicklungsstand:
AFC 150 mA/cm2 (0,74 V) Kleinanlagen (5 kW) und portable Systeme. ✄Tab. 5.3
147

5.2 Thermodynamik der Direktzelle

Aus der Verbrennungsenthalpie, dem Heizwert Hu, wegen des weit-


gehend trockenen Gasstromes an der Kathode und der Verdampfung Verbrennungsenthalpie:
Reaktionswärme 1H 0 bei voll-
des Wassers dort, ergibt sich die Heizwertspannung. ständiger Oxidation; alle Stoffe
Hu auf 25 ◦ C bezogen.
E th = = 726,6 kJ/mol = 1,255 V (5.1)
zF 6 · 96485 C/mol Brennwert: Betrag der Verbren-
Die G IBBSsche Freien Enthalpie der Zellreaktion führt zur maximal nungsenthalpie: Ho = −1H 0
nutzbaren eversiblen Zellspannung (25 ◦C): Heizwert: Betrag der Verbren-
−1G 0 nungsenthalpie für gasförmige
E0 = = 6 702,5 kJ/mol
· 96485 C/mol = 1,214 V (5.2) Produkte und Wasserdampf;
zF Brennwert minus der Verdamp-
Bei höherer Temperatur liefern Methanol 1,06 V (110 ◦C, z = 6) fungsenthalpie von Wasser (25◦ C)
und Dimethylether 1,13 V (120 ◦C, z = 12). Der Spannungswir- Hu = −1H 0 – 44,02 kJ/mol
kungsgrad ηU = E/E 0 beschreibt das Verhältnis der gemessenen
Zellspannung bei Stromfluss zur reversiblen Zellspannung. In den
Systemwirkungsgrad gehen der Stromwirkungsgrad und Verluste in
Peripherieaggregaten (Kompressor, Lüfter, Pumpen, Ventile) ein.
E I
η = ηU · ηI · ηext = · · ηext (5.3)
E 0 Ith

Reaktion z 1G 0 1H 0 E0 ηth ✄5.4 Thermodynamische Daten von


(kJ/mol) (kJ/mol) (V) (%) Brennstoffzellreaktionen (25 ◦ C).

Brennstoff: Wasserstoff
H2 + 1/2 O2 → H2 O(l) 2 – 237,3 – 286,0 1,229 83 Thermodynamischer Wirkungsgrad
H2 + Cl2 → 2 HCl(aq) 2 – 262,5 – 335,5 1,359 78 0 0
H2 + Br2 → 2 HBr 2 – 205,7 – 242,0 1,066 85 ηrev = 1G 0 = 1 − T 1S0
1H 1H
Brennstoff: Kohlenstoff Reversible Zellspannung
C + 1/2 O2 → CO 2 – 137,3 – 110,6 0,712 124 0
C + O2 → CO2 4 – 394,6 – 393,7 1,020 100 E 0 = −1G
zF
CO + 1/2 O2 → CO2 2 – 257,2 – 283,1 1,066 91
Reaktionsenthalpie
Brennstoff: Kohlenwasserstoffe 
dE

1H 0 = −z F E 0 − T dT0
CH4 + 2 O2 → CO2 + 2 H2 O(l) 8 – 818,4 – 890,8 1,060 92
C3 H8 + 5 O2 → 3 CO2 + 4 H2 O(l) 20 –2109,9 –2221,1 1,093 95 Spannungswirkungsgrad
C10 H22 + 31/2 O2 → 10 CO2 + 11 H2 O(l) 66 –6590,5 –6832,9 1,102 97
ηU = EE
Brennstoff: Alkohole 0

CH3 OH + 3/2 O2 → CO2 + 2 H2 O(l) 6 – 702,5 – 726,6 1,214 97 Stromwirkungsgrad


C2 H5 OH + 3 O2 → 2 CO2 + 3 H2 O(l) 12 –1330 –1367 1,145 97 ηI = z FI ṅ
Ethandiol + 5/2 O2 → 2 CO2 + 3 H2 O(l) 10 –1180 1,22
Brennstoff: Carbonylverbindungen
HCHO(g) + 2 O2 → CO2 + 2 H2 O(l) 4 – 522,0 – 561,3 1,350 93
HCOOH + 1/2 O2 → CO2 + H2 O(l) 2 – 285,5 – 270,3 1,480 106
Brennstoff: Stickstoffverbindungen
NH3 + 3/4 O2 → 1/2 N2 + 3/2 H2 O 3 – 338,2 – 382,8 1,170 88
NH2−NH2 + O2 → N2 + 2 H2 O(l) 4 – 602,4 – 622,4 1,560 97
148

Hohe Überspannungen, besonders im Luftbetrieb, mindern den Wir-


kungsgrad. Ein hoher Luftüberschuss λ = ṁ/ṁ stöch ≥ 2 ist vorteil-
haft, kostet aber Kompressorenergie.
Brennstoffe. Methanol hat mit 22,7 MJ/kg einen etwa halb so
großen Heizwert wie Benzin (42,5 MJ/kg).
Ethanol bildet bei der elektrochemischen Oxidation unerwünschte
Mengen an Acetaldehyd und Essigsäurederivaten.
Ethandiol (Glycol) und Propantriol (Glycerin) werden in alkali-
scher Lösung (KOH, K2 CO3 ) eingesetzt, weil die Sauerstoffreduk-
tion dort schneller als in saurer Lösung abläuft. Es entstehen CHO·,
CO, C1 - und C2 -Zwischenstufen und störende Oxidationsprodukte.
✄Kap. 5.6 Dimethylether CH3 -O-CH3 lässt sich elektrochemisch selektiv
oxidieren, weil keine C–C-Bindungen vorhanden sind. DME ist
durch Dehydratisierung von Methanol oder direkt aus Synthesegas
zugänglich. Die Handhabung entspricht der von Flüssiggas.

5.3 Elektrodenreaktionen und -materialien


Die anodische Oxidation von Methanol zu CO2 verläuft an den bis-
her bekannten Elektrokatalysatoren langsam. Weitere Faktoren be-
einflussen die Aktivität der Elektrode (✄Kap. 4).
 Elektroden- und Katalysatorträger
 Ionomeranteil der Katalysatorschicht (Nafion-Zusatz)
 Herstellverfahren der Elektroden
 Brennstoffzu- und Wasserabfuhr
An Platin-Ruthenium-Legierungen (1 : 1) wird die Oxidation von
CO zu CO2 über reaktive Metall-OH-Belegungen erleichtert. Die
Teilreaktionen laufen in Legierungen in engem örtlichen Abstand
ohne weiträumige Oberflächendiffusion ab. Um die Kosten zu sen-
ken, werden 1 nm große Edelmetallpartikel auf 20 – 50 nm große
Rußpartikel aufgebracht.1
 Ungeträgerte Katalysatoren2 (z. B. Pt-Ru-Mohr) liefern die
höchsten Zellspannungen und nutzen Methanol effektiver.
✄Kap. 4 (PEMFC)  Kohlegeträgerte Katalysatoren (z. B. Pt-Ru/C) sparen teu-
re Edelmetalle ein, übertreffen die katalytische Aktivität3 von
Platin-Ruthenium-Mohr, begünstigen jedoch den parasitären
Methanolverbrauch an der Kathode.
✄Kap. 5.3.2 Kommerzielle PtRu/C-Katalysatoren von E-T EK liefern Leistungs-
dichten bis 0,11 W/cm2 mit einer Selektivität von 95 % für die CO2 -
Bildung. Besonders aktiv für die Elektrooxidation von Ethanol sind
auf Aktivkohle adsorbierte PtRu- und PtSn-Katalysatoren mit einem
dritten Metall (Ru, Rh, Ir, Ni), z. B. Pt68 Sn9 Ir23 /C und Pt89 Sn11 /C.
1 J OHNSON M ATTHEY: Pt/Ru auf Vulcan XC-72 R [15].
2 engl. unsupported catalyst.
3 bezogen auf die Katalysatormasse und Elektrodenoberfläche.
149

5.3.1 Methanoloxidation

Thermodynamisch sollte Methanol oberhalb 0,046 V RHE spontan ✄5.5 Intermediate


der Methanoloxidation.
oxidieren; tatsächlich treten ca. 150 mV Überspannung auf. Un-
wahrscheinlich ist, dass sechs Elektronen in einem Reaktionsschritt CH3 OH
ausgetauscht werden; stattdessen laufen komplizierte Parallel- und ↓
Folgereaktionen ab. Intermediate (CO und Aldehyde) vergiften die [CH2 OH]
Elektrodenoberfläche; eine zeitliche Degradation ist die Folge. Li- ↓ ց
O
near gebundenes Kohlenmonoxid (Pt-C≡O) gilt als wichtigstes Ka- ||
talysatorgift. Die Methanoloxidation erfolgt in zwei Schritten. H−C−H [CHOH]
↓ ւ ↓
1. Die dissoziative Adsorption von Methanol an der Katalysatorober- [CHO] [COH]
fläche bestimmt die Geschwindigkeit der Anodenreaktion typischer- ↓ ց ↓
O
weise nicht. Schrittweise spalten C- und O-gebundener Wasserstoff ||
H−C−OH CO
ab. Pt-COH- und Pt-CO-Adsorbate endständig und verbrückendem ↓ ւ
(CO)ad vergiften die Elektrodenoberfläche (Autoinhibierung). Ru- [COOH]
thenium begünstigt die Methanoladsorption nicht. ↓
CO2
(1a) CH3 OH (Pt) → Pt-COHad + 3 Had
(1b) (COH)ad → COad + Had
(1c) 4 Had → 4 H⊕ + 4 e⊖
OH
OH
.. HO H OH O
❩❩
H
◗◗ . ✟✟ H | |||
C ❤❤❤ C C C C
✓ ❙ H
☞ ❆ ✔ ❚
✓ ❙ ✲ ✲ ✲ ✲
H ☞ ❆ ✔ ❚
H –H⊕ –H⊕ –H⊕ –H⊕
☞ ❆ ✔ ❚
– e⊖ – e⊖ – e⊖ – e⊖
Pt Pt Pt Pt Pt Pt Pt Pt

2. Oxidation des Platin-CO-Adsorbats mit Sauerstoff aus Wasser zu ✄5.6 Methanolsorption nach
H OGARTH u.a. [13].
Kohlendioxid. Im Gegensatz zu Pt-COad entsteht Ru-OHad bei nied-
rigerem Potential und vergiftet die Elektrodenoberfläche nicht. Un-
terhalb 450 mV RHE vergiftet COad , das unzureichend fortoxidiert
wird, die Platinoberfläche. Erst >550 mV RHE entstehen PtOH und
>800 mV RHE PtO-Spezies. Ruthenium spaltet aus Wasser OH-
Radikale ab, die das adsorbierte CO in Kohlendioxid und Wasser-
stoff entgiften (COad + OHad → CO2 + Had ).
(2a) Pt + H2 O → Pt-OHad + H⊕ + e⊖
Pt-COHad + Pt-OHad → CO2 + 2 Pt + 2 H⊕ + 2 e⊖
Pt und Ru stehen für ein oder meh-
Pt-COad + Pt-OHad → CO2 + Pt + H⊕ + e⊖ rere Oberflächenzentren.
(2b) Ru + H2 O → Ru-OHad + H⊕ + e⊖
Pt-COHad + Ru-OHad → CO2 + Pt + Ru + 2 H⊕ + 2 e⊖
Pt-COad + Ru-OHad → CO2 + Pt + Ru + H⊕ + 2 e⊖
Platin muss mit einer Oxidschicht belegt sein, damit das vergiften-
de Adsorbat CO zu CO2 umgesetzt wird. Unterhalb 450 mV be-
deckt Pt-CO die Platinoberfläche vollständig und verhindert die wei-
tere Chemisorption von Methanol; die Oxidation von Pt-CO und
Desorption von CO2 verläuft langsam.
150

3. Zwischenprodukte. Mit in situ-IR-Spektroskopie4 wurden CO2


(2341 cm−1 ), COad (um 2050 cm−1 ), Ameisensäure (um 1700 und
1400 cm−1 ) und Methylformiat (um 1700 und 1200 cm−1 ) nachge-
wiesen [14]. Durch unerwünschte Oxidation des adsorbierten Alko-
hols entsteht Ameisensäure:
O
||
Pt2 CH-OH + Pt-OH → H−C−OH+ 3 Pt + H⊕ + e⊖
Elektrochemische Massenspektrometrie (DEMS und ECTDMS) be-
stätigen adsorbiertes CO, C-OH und CHO.
In der Ethanol-Direktzelle läuft oberhalb 0,5 V RHE die Oxidation gemäß
Ethanol → Acetaldehyd → adsorbiertes Acetylradikal → CO2 . Auf Ne-
benwegen entstehen Methan (> 0,2 V RHE) und Essigsäure.

5.3.2 Elektrokatalysatoren
Für die Methanoloxidation (Anode) sind wirksame und selektive
Katalysatoren rar.
✄5.7 1. Platin-Ruthenium-Legierungen mit Zusätzen von Zinn, Wolfram
Promotoren der Methanoloxidation
und Nickel verbessern die Aktivität der Anode, jedoch zu Lasten
Platinlegierungen mit: der Langzeitstabilität [19]. Bei ähnlicher TAFEL-Neigung sind
a) Platinmetalle: Ru, Os; Rh ternäre Legierungen besser als binäre:
b) Vanadiumgruppe: Re
c) Chromgruppe: Mo, W PtRuW, PtRuMo > PtRuSn > PtSn > PtAuRu > PtRu.
d) Gruppe 4: Sn, Pb Legierungselemente wie Ruthenium — schlechter auch Nickel,
e) Gruppe 5: Bi
f) Eisenmetalle: Ni Gallium, Titan, Rhenium, Rhodium, Molybdän, Zinn — be-
g) Titangruppe: Ti schleunigen die Methanoloxidation schon bei 250 mV. Auf dem
h) Halbmetalle: Ga Sekundärmetall bildet sich früher als auf Platin eine Sauerstoff-
adsorbatschicht, die zur Oxidation von adsorbierten Zwischen-
stufen notwendig ist.
 Elektronischer Legierungseffekt. Ruthenium, ein Edelmetall
mit früher Hydroxidbildung, ist gegen Methanol inert, aber
vermag CO besser zu oxidieren, weil das adsorbierte CO
schwächer bindet als an Platin. Ruthenium liefert Elektro-
nen ins d-Band des Platins, wodurch die Rückbindung des
CO-π ∗ -Orbitals geschwächt wird [17]. Das Adsorbat wird
schwächer gebunden und die positive Teilladung am Kohlen-
stoffatom verstärkt — günstig für den nucleophilen Angriff.
 Sekundäre Legierungsmetalle (Ru, Sn, Pb, Rh) werden her-
ausgelöst und vergrößern die aktive Elektrodenoberfläche.
Platin an gestörten Oberflächenplätzen oxidiert bei tieferem
Potential als glattes Platin. Der Vorteil ist nicht langfristig.
 Das Sekundärmetall (Ru, Sn, W) bildet OHad -Spezies, die
von benachbarten Platinplätzen genutzt werden. Ternäre Sy-
steme Pt/Ru mit Rh, Ir, WOx , Sn erbringen in der Praxis keine
entscheidenden Vorteile gegenüber Pt/Ru.
4 EMIRS (Electro-Modulated Infrared Reflectance Spectroscopy) und FFT-
Methoden (SNIFTIRS, IRRASS).
151

2. Unterpotentialabscheidung von Fremdmetallen (Pb, Ru, Bi, Sn,


Mo) auf Platin verbessert die Adsorptionseigenschaften für orga-
nische Stoffe, im Fall des Methanols aber nicht überzeugend.
3. Nickel-Porphyrine für alkalische Elektrolyte.
4. Wolframcarbid als Cokatalysator in schwefelsaurer Lösung.

5.3.3 Sauerstoffreduktion
Für die kathodische Sauerstoffreduktion wird vorzugsweise Platin ✄5.8 Katalysatoren für die DMFC
eingesetzt. Der parasitäre Umsatz von Methanol, das unerwünscht a) Anode
durch den Elektrolyten an die Kathode diffundiert, zu CO2 führt zu Pt/Ru
einem ungünstigen Mischpotential. Pt/Ru/C
Pt/RuO2
 Vorteilhaft bei Platinlegierungen ist die mittelstarke Bindung
von Sauerstoff d. h. etwas schwächer als bei Platin. Die Akti- b) Kathode
vität für die Sauerstoffreduktion nimmt in der Reihe Pt3 Co > Platin
Pt/C
Pt3 Ni, Pt3 Fe > Pt3 V > Pt3 Ti > Pt ab. Platinmohr
 N4 -Chelatsysteme für die Sauerstoffreduktion in schwefelsaurer Pt/Ru/C
Lösung — Eisenphthalocyanine, Cobalttetraazaanulen, Cobalt- C HEVREL-Phasen (Mo, Ru, S)
methylporphyrin — bremsen die parasitäre Methanoloxidation,
zeigen leider aber geringe Langzeitstabilität.
 C HEVREL-Phasen — wie Mo2 Ru5 S5 und RuSeO — sind me-
thanoltolerant. Sie katalysieren die Sauerstoffreduktion weniger
aktiv, sind in Gegenwart von Methanol dem Platin aber über-
legen. Vorteilhaft erweist sich die Behandlung des Trägers mit
Schwefel, wogegen eine Pt/C-Elektrode vergiftet würde.

5.3.4 Parasitäre Methanoloxidation


Dünne, durchlässige Membranen, hohe Methanolkonzentration ✄5.9 Methanoldurchbruch durch
Nafion-117 [21]
im Brennfluid, hohe Betriebstemperatur und das Anodenmaterial
begünstigen, dass Methanol von der Anode durch die Membran Äquivalenter Durchbruchstrom
an die Kathode wandert (methanol cross-over) und dort oxidiert mA/cm2
 1 mol/ℓ CH3 OH
wird. Der Methanoldurchbruch mindert den Wirkungsgrad, senkt 38 ◦ C 55
das Kathodenpotential und steigert den Sauerstoffbedarf. Es stellt 60 ◦ C 105
sich ein Mischpotential zwischen der Sauerstoffreduktion und der 80 ◦ C 145
 2 mol/ℓ CH3 OH
unerwünschten Methanoloxidation ein. 6 %ige Methanol-Wasser-
38 ◦ C 100
Gemische (1–2 mol/ℓ) sind vorteilhaft. Konzentriertere Lösungen  3 mol/ℓ CH3 OH
und Wärme fördern den Methanoldurchbruch. 38 ◦ C 155

5.3.5 Membran-Elektroden-Einheit (MEA) Elektroosmose: Je mol CH3 OH


wandern 18 mol H2 O.

1. Die DMFC basiert auf sauren Polymerelektrolyten wie Nafion R .
Den Vorteilen des Festelektrolyten — leicht, platzsparend, kor-
rosionsstabil, schlechter Elektronenleiter, kein Elektrolytkreislauf
— stehen Nachteile gegenüber: teuer, darf nicht austrocknen, gas-
durchlässig. Die verfügbaren PEM-Membranen für Knallgaszellen
— auf Leitfähigkeit optimiert — verhindern den Durchbruch von
Methanol und Wasser durch Diffusion und Elektroosmose (para-
sitärer Transport zur Kathode) nicht.
152

✄5.10 Methanoldurchbruch Dickere Membranen (Nafion 117) sind vorteilhaft, auf Kosten der
Leistung. Die DMFC-Membran wird durch den wasserhaltigen
Ip = z F AD δc + I ξ x
Brennstoff (Anodenseite) und das Reaktionswasser (kathodisch)
x Molenbruch Alkohol in Lösung
feucht gehalten. Kommerzielle protonenleitende Membranen erfor-
I Entladestrom dern eine Quellung in Wasser oder verdünnter Schwefelsäure. Ein
D Diffusionskoeffizient Zusatz von Polybenzimidazol (PBI), das man in Phosphorsäure quel-
des Alkohols in PEM len lässt, schafft Membranen mit nicht-wässrigem Leitungsmecha-
c Alkoholkonzentration an der
Grenzfläche Anode/PEM
nismus und verringerter Wasser- und Methanoldurchlässigkeit, wirft
δ Dicke der PEM-Membran aber andere Systemnachteile auf.5 Neuartige Polymerblends sind
ξ elektroosmotischer Koeffizient noch nicht ausreichend stabil. ✄Tab. 5.10-11, ✄Kap. 4
Alternative Elektrolyte zur Polymermebran sind flüssigkeitsgefüll-
✄5.11 Leitfähigkeit und Methanol-
te Keramiken oder Kohlenstoffnanomaterialien.
permeabilität  Saure Lösungen wirken korrosiv; die Sauerstoffreduktion läuft
langsamer als in Alkalien. Anorganische Zinnphosphate und Si-
S/cm cm2 /s
loxane sind 100-fach weniger protonenleitfähig als Nafion.
Nafion 117 0,110 167·108  In alkalischen Elektrolyten wie Kalilauge läuft die Methanoloxi-
Nitrilfunktionalisiertes
disulfoniertes Poly- dation schneller als in Säuren; die Absorption von CO2 unter
arylenethersulfon 0,090 85·108 Ausfall von Kaliumcarbonat verbietet den Einsatz jedoch.6 Poly-
Sulfoniertes Poly- mere Anionenaustauschermembranen, die oberhalb 60 ◦C in der
arylenetherethernitril DMFC chemisch stabil sind, werden erforscht. Wässrige Car-
(m-SPAEEN-60) 0,057 26·108
Sulfoniertes
bonatlösungen — wie Cäsiumcarbonat bei 180 ◦C und 10 bar
Polystyrol 0,050 52·108 (G INER [8]) — sind zumindest theoretisch langzeitstabil.
2. Die MEA ist wie bei PEM-Brennstoffzellen aus heißverpressten
Lagen aufgebaut [18]. ✄Abb. 5.12
 Gasdiffusionsschicht (GDL): Grafitpapier oder thermoplastge-
bundener Kohlefaserverbund, hydrophobiert.
 Hydrophobe Kohlegrundschicht (Catalyst Diffusion Layer):
PTFE-gebundene, gemahlene Ruß- oder Grafitpartikel, z. B. im
✄5.12 Aufbau einer MEA. Siebdruck auf die GDL aufgebracht.

1 2a 2b 3  Katalysatorschicht (Catalyst Layer): Nanopartikel in Nafion R -
Suspension. Anodisch kommen kohlegeträgerte Pt/Ru-
Legierungen, kathodisch Platin zum Einsatz. Als Kompro-
miss zwischen Preis und Leistung beträgt die Beladung 4 %
(Kathode) und 2 % (Anode) oder je 5 %.
 Protonenleitende Membran: Nafion 117, PBI/H3 PO4
DMFC-Anoden bestehen z. B. aus mit Nafion-Lösung imprägnier-
tem Grafitpapier, auf das kohlegeträgertes Pt/Ru oder Pt/Ru-Mohr
aufgebracht wird. Kathoden enthalten Platinmohr auf hydrophobi-
siertem Grafitpapier [17]. Hydrophob-verstärkte Stützschichten er-
leichtern den Wasserabtransport.
1 Gasdiffusionsschicht (GDL):
hydrophobiertes Kohlepapier. 3. Stromsammler (Current Collector) und Bipolarplatten aus Gra-
2a Kohlegrundschicht
(engl. carbon base layer): fit, Niob oder Stahl tragen Strömungskanäle auf der Brennstoff- und
PTFE-gebundener Ruß. Luftseite (Gitter, Lochplatte, Prallelfeld). Die Dichtigkeit des Stacks
2b Katalysatorschicht: erfordert vorzügliche Ebenheit.
kohlegeträgertes Platin.
3 PEM-Membran. 5 In Methanol-Wasserdampf; flüssiges Wasser würde die Phosphorsäure auslaugen.
✄Kap. 5.4 (Wasserentfernung) 6 Das Problem ist bei der AFC beschrieben.
153

5.4 Betriebsverhalten der DMFC


Die DMFC kann mit flüssigem oder dampfförmigem Methanol ✄5.13 Brennstoffversorgung
betrieben werden, wobei nur ein Teil anodisch verstromt wird. Methanoltank
Methanol-Wasser wird aktiv durch eine Pumpe zugeführt oder liegt ↓
passiv direkt vom Tank an der Anodenseite an. ✄Abb. 5.13 Verdampfer (Nafion-Membran)

1. Die flüssige Methanol-Wasser-Mischung (≈2 mol/ℓ) bei 60 bis PTFE-Folie mit 15 % Lochanteil

110 ◦C garantiert die Befeuchtung der Membran zu Lasten der Dampftransportschicht
Zellspannung. 3...12%-ige Lösungen sind günstig gegen den pa- und CO2 -Ventil
rasitären Methanoldurchbruch von der Anode zur Kathode. ↓
Anode
2. Methanol-Wasserdampf-Gemische bei 120 bis 150 ◦C be-
schleunigen die Elektrokatalyse. Methanoldurchbruch und pa-
rasitärer Verbrauch an der Kathode fallen geringer aus als bei
Flüssigzufuhr. Nachteilig sind die Gasbefeuchtung und die Auf- ✄5.14 Zellspannung bei 100 mA/cm2
(S IEMENS 1994) [27]
heizphase. Die Methanolzufuhr erfolgt durch:
a) DMFC
a) Verdampfung (≈ 140 ◦C) für höhere Leistung (>0,1 W cm−2 ),  flüss. Methanol, 80 ◦ C 0,45 V
b) Pervaporation über eine Membran (25. . . 50 ◦C) zu Lasten der  Methanoldampf
Leistung. Die Methanoloxidation findet in der kondensierten – 120 ◦ C 0,50 V
– 130 ◦ C 0,65 V
Flüssigphase an der Anode statt. b) PEM
Die Flüssig-DMFC liefert höhere Systemleistungsdichten. Die Zell- – H2 , 80 ◦ C 0,9 V
spannung hängt von Temperatur, Druck, Befeuchtung und Stöchio-
metrie der Reaktionsgase ab. Jede Stromänderung erfordert ange-
passte Volumenströme. Über Fluidverteilerplatten strömt anodisch
ein Methanol-Wasser-Gemisch, kathodisch Sauerstoff oder Luft zu,
✄5.15 Verhältnis der zugeführten zur
und zwar im Überschuss als durch das FARADAYsche Gesetz vorge- stöchiometrischen Brennstoff- bzw.
geben. Der Brennstoff zirkuliert durch den Anodenraum, entstehen- Sauerstoffmenge.
des CO2 wird aus dem Kreislauf abgetrennt. Methanolüberschuss
 Die Betriebstemperatur wird wegen der geringen Leistungsdich- 6F V̇ cCH3 OH
λCH3 OH =
te etwas höher als bei der PEM-FC gewählt. ✄Tab. 5.14 I
Luftüberschuss
 Die Methanolstöchiometrie hat geringen Einfluss auf die Zell-
4F V̇ ϕO
spannung. Mit reinem Methanol wäre aber der Durchbruch λL = I V 2
mn
(Crossover) durch die Membran zu groß; ferner benötigt die 2. FARADAY-Gesetz
Anodenreaktion Wasser. Die konstante Zusammensetzung der m = Mz FI t
Brennstoffmischung wird mit amperometrischen Methanolsen-
FARADAY-Konstante
soren überwacht. ✄Tab. 5.15
F = 96485 C/mol
 Luftstöchiometrie: Kathodisch strömen Luft oder Sauerstoff
molares Volumen
in überstöchiometrischer Menge zu, wobei Betriebskosten und
Vmn = 22,414·10−3 m3 /mol
Wirkungsgrad der Gaskompression einem beliebig großen
Sauerstoffgehalt der Luft
Luftüberdruck entgegenstehen. Bei hohem Luftüberschuss strebt
die Zellspannung dem größten Wert zu (λ ≈ 2 . . . 3). ϕO2 = 20,946 %

Durch den Methanoldurchbruch (Crossover) entsteht an der Ka- Methanolkonzentration


thode parasitär CO2 . Etwa 30 % des Methanols wandert bei 100 ̺w 0,99 g/cm3 · 6 %
c = M = 32,03 g/mol
mA/cm2 durch die Membran; der Methanoldurchbruch geht mit
= 1,85 mol/ℓ
wachsender Stromdichte zurück. Die Methanolmenge kann durch
eine gaschromatografische CO2 -Bestimmung im kathodischen Ab- λ = 1 stöchiometrischer Betrieb
gasstrom quantifiziert werden (1 mol CO2 =
ˆ 1 mol CH3 OH).
154

✄5.16
Gegenmaßnahmen: Mathanolbarriere vor der Anoden-GDL (Mem-
Kathodisches Wassermanagement bran, poröse Platte, Hydrogel), verbessertes Anodenströmungsfeld.
Ziele Zur Wasserentfernung — Reaktionswasser und Elektroosmose7
Verhindern der Austrockung — wird die Zelle mit großem Luftüberschuss (Volumenstrom oder
Rückgewinnung von Wasser Differenzdruck) betrieben. Wasser erhöht den Druckverlust in der
Befeuchtung der Membran
Luft-Strömungsplatte, je nach Kanalgeometrie und -länge. Durch
Methoden
die Membran permeierendes Wasser wird mit dem Abgasstrom auf
1. GDL oder Kohlepapier
2. hydrophobes Luftfilter der Wasserstoffseite ausgetragen. Hilfreich sind wasserabweisende
3. Wasserrückhaltepartikel Schichten und Rippenplatten an der Kontaktstelle mit der Membran
(SiO2 /Nafion) (S ANYO, US 6,492,054). ✄Tab. 5.16
Zur CO2 -Entfernung auf der Methanolseite ist ein Minibelüftungs-
ventil (Ø 0,01 mm2 ) nützlich, damit CO2 -Blasen nicht die Metha-
nolzufuhr blockieren. An der Anode regulär gebildetes CO2 löst sich
im Wasser und diffundiert unerwünscht durch die Membran zur Ka-
thode. Die parasitäre CO2 -Diffusion kann im Stickstoffbetrieb (kei-
ne Methanoloxidation) messen.

5.4.1 Strom-Spannungs-Kurve
✄5.17 Realen Zellspannung: Die reale Zellspannung, als Differenz des Potentials von Anode
ohmsche und kinetische Verluste
und Kathode, wird wesentlich von der Methanolxodation (Anode)
✻❤ bestimmt. Bei hohen Strömen treten Durchtritts- und Transport-
1,23 ❤ ❤ ❤❤❤ R✻ hemmungen auf und der ohmsche Spannungsabfall in Elektrolyt
❤❤I❤ ❄
η(Kathode) ✻
und Elektrodenmaterialien wächst. Der Stromwirkungsgrad steigt,
✻ ❄ der Spannungswirkungsgrad fällt mit zunehmendem Strom; u. a.
1,18 V
U (I )
wegen des Methanoldurchbruchs. Die höchste Leistung liefert die
(100 %) DMFC vor Erreichen der Stofftransporthemmungen bei mittlerer
❄ ✻ Zellspannung. Bei kleinen Zellspannungen (hohen Strömen) ist der
η(Anode)
✭✭❄
Wirkungsgrad gering. Die Strom-Spannungs-Kennlinie einer PEM-
✭✭✭✭✭✭ I R ✻ DMFC mit Pt/Ru-Anode und Pt-Kathode besteht aus drei Regionen:
0,046 ✭ ✲

Strom  Aktivierungsbereich (steiler Abfall),
 pseudolinearer Bereich,
 Grenzstrombereich: Stofftransporthemmung bei hohen Strömen.

Von den Betriebsbedingungen zeigen sich folgende Abhängigkeiten.


1. Mit steigender Temperatur nimmt die Zellspannung erheblich zu,
weil die anodische Methanoloxidation effektiver läuft. Der Ein-
fluss auf die kathodische Sauerstoffreduktion ist weniger ausge-
prägt. Vernünftige Betriebstemperaturen liegen unter dem Siede-
punkt der Methanol-Wasser-Mischung (110 ◦C). Bei hohen Tem-
peraturen (>100 ◦C) stört der Wasserdampfpartialdruck die Sau-
erstoffversorgung der Kathode; die Strom-Spannungs-Kennlinie
zeigt heftige Schwankungen bei hohen Stromdichten, wenn der
kathodisch erzeugte Wasserdampf den Nachtransport von Sauer-
stoff behindert [15].
7 Jedes H⊕ transportiert mehrere Wassermoleküle durch die Membran zur Luftseite
(⊖ → ⊕), was die aktive Kathodenoberfläche verkleinert. Die Rückdiffusion von
Wasser (⊕ → ⊖) ist bei flüssiger Methanolzufuhr vernachlässigbar.
155

2. Steigender Betriebsdruck verbessert die Zellspannung bei kon- ✄5.18 Kennlinien im Luftbetrieb
stanter Temperatur. Oberhalb 110 ◦C sind anodenseitig Drücke (1,5 bar; 0,5 mol/ℓ Methanol) [15]
über 1,5 bar notwendig, sonst trocknet die Membran aus. Damit U /V
die Membran nicht durchbricht, muss auf der Kathodenseite der •◦
Druck angepasst werden — was aber den Systemwirkungsgrad 0.8
verschlechtert. Die Kompressorleistung steigt logarithmisch mit
dem Druckverhältnis (✄Tab. 5.19). Ein Expander liefert einen

Teil der Kompressionsenergie zurück. • ◦
0.6

◦ 110◦ C
3. Die Methanolkonzentration für die optimale Versorgung der An- ◦

ode und gegen den unerwünschten Durchbruch zur Kathode ist ◦
• ◦
für jede Stromdichte unterschiedlich.
0.4 • ◦
 Bei geringer Versorgung der Anode mit Methanol ist die Ru- 80◦ C

hespannung am größten; aber oberhalb 500 mA/cm2 knickt
die Kennlinie vertikal ab (Transporthemmung).
0.2
 Überversorgung mindert die Zellspannung bei kleinen und
0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5
mittleren Stromdichten durch ein Mischpotential, jedoch sind
i / A cm−2
Stromdichten über 1 A/cm2 [27].
4. Luftüberschuss. Mit steigender Sauerstoffkonzentration an der
Kathode verbessert sich die Zellspannung (bei gegebenem ✄5.19 Kompressor
Strom). Im Luftbetrieb ist ein 2- bis 3-facher Luftüberschuss Arbeitsprozess:
(λ > 2) vorteilhaft; eine weitere Erhöhung bringt keinen Vorteil. Adiabate Gasverdichtung
Weniger als die 2-fache stöchiometrische Luftmenge mindert die Reale Antriebsleistung
Zellspannung erheblich. P = ṁ w
Reale spezif. Arbeit
w = h 2 − h 1 = cp (T2 − T1 )
5.4.2 Impedanzspektrum Isothermer Wirkungsgrad
w P p
ηT = wT = PT = RT1 ln p2
1
Das Impedanzspektrum der DMFC zeigt drei Kurvenbögen, wo-
bei die niederfrequenten Stofftransporthemmungen stark ausgeprägt
sind. Aus der gemessenen Zellimpedanz (im Luftbetrieb) und der
Anodenimpedanz kann man die Kathodenimpedanz berechnen [17].
An der Anode dominieren kinetische Hemmungen, an der Ka-
thode die Stofftransporthemmung. Die Kathodenimpedanz ist ver-
nachlässigbar, wenn man die Kathode mit Wasserstoff statt Luft
✄5.20 Qualitative
umspült; an dieser dynamischen Wasserstoffelektrode werden dann
Anodenimpedanz der DMFC
Protonen reduziert und Wasserstoff abgeschieden. (mathematische Konvention).
Anode. Die Ortskurve der Anodenimpedanz zeigt drei Kreisbögen, 0 Kontakte, Membranbulk.
wobei der mittlere Elektrodenbogen dominiert. ✄Abb. 5.20 1 Membran (Korngrenzen).
2 Elektrodenbogen.
1. Membranbogen (>1 kHz: Grenzfläche Membran/Elektrode). Ty- 3 Stofftransportbogen.
pisch für Ionenleiter sinkt der Membranwiderstand (Kreisdurch-
Im Z
messer) mit zunehmender Temperatur, wächst mit zunehmender
Membrandicke und ist unabhängig vom Strom.8 Der Wasser- ✻0 3
und Methanoldurchbruch durch die PEM-Membran steigt mit zu- ❄ ✲
nehmender Temperatur, besonders bei kleinen Strömen — was 2
Membranwiderstand und -kapazität verändert. 1 Re Z

8 Unterscheidung von Korn und Korngrenzen: ✄Kap. 4 (PEMFC).


156

2. Elektrodenbogen (<1 kHz): Die Methanoloxidation an der Drei-


phasengrenze Katalysator/Membran ist die maßgebliche kineti-
sche Hemmung bei großem Methanolüberschuss und hoher Tem-
peratur. Der Durchtrittswiderstand RD sinkt mit zunehmendem
Strom. Die Doppelschichtkapazität (Pseudokapazität) bildet die
aktive Elektrodenoberfläche ab. Die induktive Verschiebung des
Halbkreises wird als Leitfähigkeitsgradient von der fraktalen
Oberfläche ins Innere der porösen Elektrode gedeutet.
Methanolüberschuss 3a. Induktiver Stofftransportbogen (<0,1 Hz; Grenzfläche Gas-
raum/-Elektrode; Gasdiffusionsschicht/Katalysator). Bei großem
Methanolüberschuss tritt keine Stofftransporthemmung auf. Der
fließende Strom hängt vom Oberflächenbedeckungsgrad des Ad-
sorbates (CO) ab. Je mehr adsorbiertes CO unter Bildung von
CO2 sich von der Oberfläche ablöst, umso mehr Elektronen flie-
ßen und der Widerstand sinkt; es bildet sich ein induktiver Bo-
gen. CO2 -Gasblasen sind relativ groß, zumal DMFC-Anoden na-
he des Nullladungspotentials betrieben werden [3]; dort ist die
Doppelschichtkapazität minimal und die Oberflächenspannung
wässriger Elektrolyte am größten.
Methanolmangel 3b. Kapazitiver Stofftransportbogen (<0,1 Hz). Unter 100 ◦C oder
bei erhöhtem Druck bildet der auskondensierende Wasserfilm
eine Gasdiffusionsbarriere. Bei nahe stöchiometrischer Metha-
nolversorgung (λ < 2) begrenzt die Gasphasendiffusion von
CH3 OH — durch die CO2 -Wasserdampf-Schicht auf der Elek-
trode — den fließenden Strom. Der Kreisdurchmesser (Diffusi-
onswiderstand R0 ) wächst mit fallender Temperatur und steigen-
dem Betriebsdruck; hochfrequent bildet sich ein 45◦ geneigter
Geradenabschnitt aus. Die Stofftransporthemmung an der Anode
ist Dank turbulenter CO2 -Entwicklung kleiner als der Kathode.
Bei Verarmung von Methanol und Sauerstoff wird ein steiler, li-
nearer bis nahezu senkrechter Abfall am niederfrequenten Orts-
kurvenende beobachtet (WARBURG-Impedanz).

✄5.21 Impedanzmodell der Das Impedanzmodell von C ONWAY und H ARRINGTON [12] be-
DMFC-Anode
schreibt die FARADAY-Impedanz der DMFC-Anode bei kleinen
CD und mittleren Strömen (ohne den Membranbogen). Bei der Impe-
danzmessung ändern sich Oberflächenbelegungsgrad und Strom pe-
RD riodisch mit dem sinusförmigen Anregungssignal. RD bildet den
Elektronendurchtritt bei konstantem Belegungsgrad θ ab. R0 und L
entsprechen dem vom Belegungsgrad abhängigen Teilstrom.

(2) + H2 O
R0 L
Anodenreaktion: CH3 OH
(1)
✲ COad ✲ CO2
−4H⊕ − 4e⊖ −2H⊕ − 2e⊖
h i−1
Anodenimpedanz: Z(ω) = R1 + 1
D R 0 + j ωL

dre
 
1
Durchtrittsreaktion: R = F dE
D θ
157

1 = − dre
 
Adsorption: R0 dθ E CD Doppelschichtkapazität
L Adsorptionsinduktivität
dre drCO
   
1 = F RD Durchtrittswiderstand
L qCO dθ E dE θ
R0 Adsorptionswiderstand
vi Reaktionsgeschwindigkeit
Nettobildungsrate: re = 4v 1 + 2v 2 = FI θ Bedeckungsgrad
q dθ E Elektrodenpotential
rCO = v 1 − v 2 = CO F dt F FARADAY-Konstante
I Strom,
Im stationären Zustand: v 1 = v 2 und rCO = 0.
qCO Ladung für eine
Adsorptionsmonoschicht
Kathode. Die Ortskurve der Kathodenimpedanz zeigt drei Kreis-
bögen; Stofftransporthemmungen dominieren. Die Oxidation von
Methanol, das unerwünscht von der Anode durch die Membran dif-
fundiert, verzehrt Sauerstoff. Es bildet sich ein Mischpotential von
Sauerstoffreduktion und Methanoloxidation.
1. Membranbogen: Rechnerisch der Anodenimpedanz zugeordnet.
2. Elektrodenbogen (Sauerstoffreduktion). Der Durchtrittswider-
stand ist groß 1. bei kleinen Strömen, 2. Sauerstoffmangel und
3. Wasserüberschuss. Ein 45◦ -Geradenabschnitt bei hohen Fre-
quenzen bildet den Stofftransport in der Katalysatorschicht ab.
3. Kapazitiver Stofftransportbogen: Ursächlich ist die Gasdiffusion
von Sauerstoff in Luft und Wasserdampf.
 In Reinsauerstoff (λ > 2) verschwindet der Bogen.
 Wasser, das elektroosmotisch von der Anode zur Kathode ✄5.22 Diffusionskoeffizienten
gelangt, bildet eine Diffusionsbarriere für Sauerstoff. Nütz- in Wasser (25 ◦ C).
lich ist eine zusätzliche hydrophobe Kohlenstoffschicht zwi- H⊕ 9,26·10−5 cm2 /s
schen Katalysator und Gasdiffusionsschicht, um überschüssi- H2 9,75·10−5 cm2 /s
ges Wasser aufzusaugen. ✄Tab. 5.22 O2 2,41·10−5 cm2 /s
CH3 OH 1,58·10−5 cm2 /s
 Methanoldurchbruch, besonders bei kleinen Strömen, lässt
den Widerstand (Kreisdurchmesser) anwachsen. E INSTEIN -S CHMOLUCHOWSKI -
Gleichung: statistische Be-
Mit steigender Temperatur können die Abschnitte 2 und 3 zu einem schreibung der Diffusion durch
großen Bogen verschmelzen (τ1 < 10 τ2). Elektroosmotischer Was- Teilchen, die ungeordnet von Ort
zu Ort springen.
sertransport und Methanoldurchbruch nehmen zu.
Sprungweite r 2
Degradation. Gealterte PtRu/C-Elektroden zeigen in XPS-Studien D = Sprungzeit 2τ
schwindende Ruthenium- und zunehmende Kohlekonzentration. Zeitkonstante
PTFE fragmentiert in weniger hydrophobe Bruchstücke. ✄Kap. 4 r2 = 1
τ = 2D 2π f m

f m Frequenz am Ortskurven-
5.4.3 Cyclovoltammetrie minimum
r Dicke der Katalysatorschicht
Ein Zusatz von Methanol oder Einblasen von CO in Schwe-
felsäure an kohlegeträgerten Platinelektroden zeigt den großen CO-
Oxidationspeak bei 800 mV RHE [17], der mit dem CO-Adsorbat
korreliert. Die Pt-H-Peaks bei 0–300 mV RHE verschwinden, weil
die Oberfläche durch dissoziative Adsorption des Methanols mit CO
bedeckt ist. An Pt/Ru-Elektroden erfolgt die CO-Oxidation bereits
bei 600 mV RHE.
158

5.5 Anwendungen

✄5.23 B OSCH-Brennstoffzelle 1963 Die frühen Anstrengungen der Mineralölfirmen und Automobilzu-
Nennspannung: 12 V lieferer in den 1960er Jahren zielten bereits auf mobile und por-
Leistung: 100 W table Anwendungen der DMFC (✄Abb. 5.23, 5.24). Stromdichten
Elektrolyt: KOH um 50 mA/cm2 bei 0,4 V Zellspannung, FARADAY-Wirkungsgrade
Betriebstemperatur: 65–70 ◦ C
Maße: 60 × 60 × 44 cm3
von 50 % und Systemwirkungsgrade unter 15 % im alkalischen Sy-
Masse: 90 kg stemen erschweren Anwendungen bei technisch interessanten Lei-
stungsdichten. Ursächlich sind die Überspannung der Methanolan-
ode, die Vergiftung des Katalysators und die CO2 -Empfindlichkeit
von Kalilauge. PEM-Zellen brachten einige Verbesserungen.
✄5.24 Experimental-Gokart mit Das Brennstoffzellensystem benötigt einen Methanol-Wasser-
3 kW-DMFC im Heck (2001). Kreislauf mit eingestellter Methanolkonzentration. Die Versorgung
Bild: D AIMLER AG der DMFC mit den Reaktionsteilnehmern, die sowohl flüssig als
auch gasförmig vorliegen, ist nicht einfach.
 Methanolkreislauf (Anodenseite): Methanoltank, Dosier- und
Umwälzpumpe, Füllstandskontrolle, Methanolsensor, Wasser-
zufuhr, Heizung für die Startphase.
 Luftversorgung (Kathodenseite): Verdichter.
 Kühlsystem: Kühler, CO2 -Abscheider (Anode), Wasserabschei-
der (Kathode).
 Elektrik: Wechselrichter, Steuerung, Regelung.
✄5.25 Typische Leistung je Elek- Bestechend ist die Einfachheit des DMFC-Systems. Bei 0,5 V gefor-
trodenquerschnittsfläche [1]
derter Zellspannung liefert die DMFC grob 0,2 A/cm2 Stromdichte
Mit Methanol-Verdampfer: und 0,1 W/cm2 Leistung (✄Tab. 5.25). Der Spannungswirkungs-
30. . . 100 . . . 150 mW cm−2 grad erreicht 0,5 V/1,18 V = 42 %. Für eine Nutzspannung von
Mit Pervaoprationr: 200 V müssen 400 Einzelzellen in Serie geschaltet werden. Ein 20
5 . . . 20 . . . 40 mW cm−2 kW-Aggregat erfordert eine aktive Elektrodenfläche von 500 cm2 .
Die zulässige Degradation der Zellspannung von 10 µV/h für eine
Betriebsdauer von 3000 h (mobil) bzw. 40 000 h (stationär) wurde
bislang nicht erreicht. Mit steigender Stromdichte bricht Methanol
durch die PEM-Membran und mindert die Zellspannung. Dazu
kommen die bekannten Probleme des PEM-Systems im Winter-
✄5.26 Portable DMFC und Schlechtwetterbetrieb. Die Vergiftung der Anode mit CO
2000 M ANHATTAN S CIENTIFIC: kann durch Einblasen von Luft in den Brenngasstrom verlangsamt
Mikro-DMFC mit MEA-Band (io- werden (Air bleed, US 4,910,099), führt aber zu Leistungseinbußen
nengeätzte Polymerfolie, abschnitts-
durch parasitäre Oxidationsreaktionen. Auch Wasserstoffperoxid
weise aufgebrachte Luft- und Brenn-
gaselektroden als Oxidationsmittel begünstigt die CO-Oxidation, aber schädigt
2001 BALLARD: tragbare DMFC langfristig die PEM-Membran.
mit 500 W/ℓ.
2002 S MART F UEL C ELL: Portable Anwendungen
Remote Power System“

SFC 25.2500 R.
Die aktuelle PEM-DMFC-Technologie überzeugt für stationäre An-
2003 Entwicklungen bei NEC,
T OSHIBA , M OTOROLA , G INER , lagen und Elektrofahrzeuge nicht. Vielversprechend scheinen trag-
S ANYO bare Brennstoffzellen als Batterieersatz. Statt Batterien auszuwech-
2016 Geschätzer DMFC-Markt: seln oder Akkumulatoren nachzuladen, ermöglicht das nachfüllbare
1 Mrd. US-$ Methanol längere Betriebszeiten.
159

Prinzipiell kann die DMFC Rasenmäher, Mofas und Stromgenerato-


ren treiben. Der DMFC-Markt für tragbaren Computer und Kameras
entwickelt sich.
 Das J ET P ROPULSION L ABORATORY (JPL, 1992-94) steiger-
te die Zellspannung der PEM-DMFC-Technologie mit 3%iger
wässriger Methanollösung im Sauerstoffbetrieb auf 0,5 V (300
mA/cm2 , 60–90 ◦C; 1,4 bar). I NTERNATIONAL F UEL C ELLS
(IFC, 1994/95) erzielte 0,5 V bei 270 mA/cm2 (104 ◦C; 3,5 bar).
 SFC E NERGYs9 Remote Power System SFC 25.2500 R“ SFC A25: 2500 Wh; 9,7 kg;
” 47,5 cm × 24 cm × 16 cm
(2001) versogt mobile Systeme netzunabhängig; z. B. Wohn-
mobile, Camping und Boote anstatt eines Dieselgenerators. Die
portable SFC A25“ mit integrierter Bleibatterie leistet 25–80 W

aus einem 2,5 ℓ-Tank mit Methanol. Der Prototyp einer Energy

Docking Station“ für Notebooks liefert 20–40 W aus einer 125
mℓ-Methanolpatrone (115 Wh; 0,8 kg; 25 % Wirkungsgrad). Ka-
thodisch gebildetes Wasser wird zur Anode geführt und verdünnt
das reine Methanol aus der Vorratspatrone. Die EFOY-Serie mit
Batterie (2016) bietet mit Pro 12000 Duo“: 500 W und 24/48 V

mit 32 kg Gewicht und 0,9 L/kWh Methanolverbrauch.
 T OSHIBAs Docking-Station liefert 12–20 W aus einer 100 mℓ- T OSHIBA: 120 Wh; 0,9 kg;
Patrone (90 % Methanol) für 10 Stunden Notebookbetrieb. 27 cm × 7,5 cm × 4 cm

 M OTOROLAs Impres“-Ladegerät für Lithium-Ion-Akkus ver- M OTOROLA Impres“:


” ”
1–2 W, 62 Wh aus 100 mℓ Metha-
stromt reines Methanol, das durch Produktwasser verdünnt wird.
nol; 0,6 kg.
812 cm3 Volumen verienigen Startup-Batterie, Methanolpum-
pe, Luftpumpe, Mischkammer, Umwälzpumpe, Methanolsensor,
DMFC, Methanolbehälter, Steuerelektronik für Pumpen, Sensor
und dc-dc-Wandler, Leistungsregler, Batterieinterface.
 NECs externes Notebook-Pack liefert mit einer 330 mℓ- NEC: 12–18 W; 60 Wh; 0,8 kg
Methanol-Patrone 5 h Strom. Die Anodenoberfläche wurde
durch Kohlenstoffnanoröhrchen (Fullerene) vergrößert.
 G INER E LECTROCHEMICAL S YSTEMS mit Methanolpatrone G INER: 50–90 W, 800 Wh, 6 kg,
für 16 Stunden Laufzeit bei 50 W für den militärischen Einsatz. 45 cm × 33 cm × 17 cm

 MTI M ICRO F UEL C ELLS Inc.: 1800 Wh/kg und 0,1 W cm−2

5.6 Direktverstromung von Ethern

Dimethylether10 — wenngleich flüchtig und gefährlich — hat


den Vorzug, dass an der Kathode keine parasitäre Oxidation wie
bei Methanol stattfindet und weniger CO2 entsteht. Als anodisches
Zwischenprodukt sind Spuren von Methanol nachweisbar. Ein
Zusatz von Dimethylether in Schwefelsäure an Platinelektroden
verändert das Cyclovoltagramm wenig [17]. Ein Reduktionspeak
9 früher: S MART F UEL C ELL
10 1839/42 W. R. G ROVE: Verstromung von Ethern.
160

in der Pt-H-Region (ca. 250 mV RHE) verschwindet; ein Oxidati-


onspeak um 700 mV RHE kommt hinzu.

Die DME-Adsorption erfolgt also bei höheren anodischen Potentia-


len als an einer Pt-H-freien Elektrodenoberfläche. Das Impedanz-
spektrum ähnelt der Methanol-DMFC. An Pt/Ru-Anoden — im Ge-
✄5.27 Stoffdaten gensatz zu Platin — fehlt der induktive Stofftransportbogen jedoch,
Methanol d. h. das Adsorbat desorbiert leichter als Methanol von der Elektro-
Siedepunkt 65 ◦ C denoberfläche.
Dampfdruck (20 ◦ C) 128 mbar Dimethoxymethan bildet intermediär Methanol. Das Impedanz-
Dichte 0,79 g/cm3
Heizwert 22,7 MJ/kg spektrum zeigt einen zusätzlichen hochfrequenten Halbkreis zu den
Flammpunkt 12 ◦ C vom Methanol bekannten Durchtritts- und Stofftransportbogen.
Dimethylether CH3 O−CH2−OCH3 + 2 H2 O → 2 CH3 OH + CO2 + 4 H⊕ + 4 e⊖
Siedepunkt –23 ◦ C
Dampfdruck (20 ◦ C) 5100 mbar Dimethoxyethan (DME), CH3 O-CH2 CH2 -OCH3 , der Dimethyl-
Dichte 0,67 g/cm3 ether des Ethandiols (Ethylenglycol), ist ein wichtiges Lösungsmit-
Heizwert 28,4 MJ/kg tel für Lacke und Ethylcellulose.
161

Literatur zur DMFC


Technologie
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[27] S IEMENS -Brennstoffzelle: (a) M. WAIDHAS , W. D RENCKHAHN , W. P REI -
DEL , H. L ANDES , J. Power Sources 61 (1996) 91.
(b) H. G R ÜNE , K. M UND , M. WAIDHAS , Proc. EFCG Ltd’s 1994 Spring
Workshop Fuel Cells for Transportation“ (1994) 79.

(c) M. WAIDHAS et al., Proc. Fuel Cell Seminar, San Diego (1994) 477.
[28] K. M UND , VDI Berichte Nr. 1174 (1995) 211.
[29] T ÜV S ÜDDEUTSCHLAND Holding AG, Hydrogen — a world of energy, B.
C HEN (Ed.), Broschüre, München 2002.
[30] C.-J. W INTER (Hrsg.), Wasserstoff als Energieträger. Berlin: Springer, 2 1989.
[31] K. R. W ILLIAMS , D. P. G REGORY, J. Electrochem. Soc. 110 (1963) 209.
163

6 Phosphorsaure
Brennstoffzelle (PAFC)

Fruchtlose Versuche, Benzin in einer schwefelsauren Brennstoffzel- ✄6.1 PAFC-Geschichte.


le zu verstromen, führten zur PAFC.
Schwefelsäure reagiert bei 80–100 ◦C mit Kohlenwasserstoffen, 1839/42 W. R. G ROVE:
schwefelsaure Knallgaszelle.
während Phosphorsäure bis 200 ◦C einsetzbar ist. Schwefelsäure hat
1889 M OND und L ANGER:
den geringeren Elektrolytwiderstand; doch Phosphorsäure erleich- Knallgaszelle mit Platinelektro-
tert bei höheren Betriebstemperaturen die Abfuhr des Reaktions- den in Schwefelsäure.
wassers auf der Sauerstoffseite. 1967–76 USA: Team to Advance

Die PAFC toleriert 1–3 % CO und H2 S, so dass wasserstoffreiche Research for Gas Energy Trans-
Gase aus fossilen Brennstoffen ohne aufwändige Feinreinigung ein- formation“ (TARGET)
gesetzt werden können. Die PAFC liefert hohe Stromdichten und hat 1967 U NITED T ECHNOLOGIES
(UTC). Seit 1985: I NTERNATIO -
gute Langzeitstabilität erwiesen. Die Kommerzialisierung im Anla- NAL F UEL C ELLS (IFC):
genbau schritt in den 1990er Jahren von allen Brennstoffzellentypen Wassergekühlte PAFC:
am weitesten fort und stagniert derzeit. Pt-Mohr/PTFE in Tantalnetz;
85 % H3 PO4 /Glasfaserseparator.
Grundsätzlicher Aufbau. Die Einzelzelle der PC25“ von IFC/-
” 1971: Fuel Cell Generator“;
ONSI besteht aus zwei hochporösen Gasdiffusionselektroden aus ”
PTFE-gebundene Platin-Kohle-
Grafit, die mit einem Platinkatalysator belegt sind. Die dazwi- Elektroden auf Kohlepapier;
schen liegende faserartige Siliciumcarbidmatrix bindet konzentrier- 95 % H3 PO4 in SiC-Separator
te Phosphorsäure und trennt Anoden- und Kathodenseite gasdicht 1977: 1 MW-Demoanlage, South
Windsor, Connecticut.
voneinander. Gerippte Bipolarplatten dienen zur Gasversorgung.
1978–83: 4,5 MW in Manhattan
1979/80: geripptes Zelldesign
1980–85: 4,5 MW in Tokio (270
gasdichte Trennplatte Kathode Matrix Anode mA/cm2 bei 0,65 V; 3.4 bar;
40–45 % Gesamtwirkungsgrad)
1985: IFC aus UTC und T OSHIBA
O2 (seit 1990: ONSI).
1982–86 Feldtest: 42 PC-18“

(40 kW); 9–15 Monate.
1989–94: 11 MW in Tokio.
H2 Ab 1967: W ESTINGHOUSE : luft-
gekühlte PAFC; fortentwickelte
Wasserkühlung Technologie von E NERGY R ESE -
ARCH C ORP. (ERC)

1971–73 P RATT &W ITNEY A IR -


CRAFT C O .: 65 experimentelle
Einzelzelle

12,5 kW-Erdgas-PAFC in USA,


O2
Kanada und Japan.
1976–1986 USA: G AS R ESE -
ARCH I NSTITUTE (GRI) und
D EPARTMENT OF E NERGY
H2 (DOE): 64 Anlagen in USA und
Japan; mittlere Lebensdauer:
6500 h.
✄6.2 Prinzipaufbau einer wassergekühlten PAFC.

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2016


P. Kurzweil, Brennstoffzellentechnik, DOI 10.1007/978-3-658-14935-2_6
164

6.1 Kenndaten des PAFC-Systems


✄6.3 Geschichte (Forts.)
Synonyme: Phosphoric Acid Fuel Cell, PAFC
1980 US N AVY:
PAFC-Test für U-Boote. Typ: Niedertemperatur-Knallgaszelle
1981 Mondschein-Programm“ in Elektrolyt: konzentrierte Phosphorsäure; als Gel in einer PFTE-

Japan.
gebundenen Siliciumcarbid-Matrix fixiert. Ladungsträger ist das
1980-83 E NGELHARD: flüssigge-
kühlte PAFC für Gabelstapler Proton H⊕ bzw. Hydroniumion H3 O⊕ .
(5 kW) und Busse (50 kW) mit Betriebstemperatur: 180 ◦C (160–220 ◦C)
Methanolreformer.
1983 E XXON, A LSTHOM, Brenngas: Wasserstoff (fossile und biogene Energieträger).
O CCIDENTAL C HEMICAL: Oxidationsmittel: Luft, Sauerstoff.
schwefelsaure Zelle; Platin;
Bipolarplatten aus PP + Ruß. Elektrodenreaktionen: H2 und O2 treten durch Anoden- und Ka-
1985: PAFC-Kraftwerke: thodengasraum ein, lösen sich im Elektrolyten und diffundie-
W ESTINGHOUSE (1980), ren zu den aktiven Reaktionszentren in den Gasdiffusionselek-
E NGELHARD (1986), troden (Platinkatalysator). Durch die anodische Wasserstoffoxi-
T OSHIBA (1982),
M ITSUBISHI (1984), F UJI (1990),
dation entstehende Protonen wandern durch den Elektrolyten und
S ANYO (1986), rekombinieren an der Kathode mit Sauerstoff zu Wasserdampf. In
H ITACHI (1990). Summe läuft die Knallgasreaktion (1H = –285,8 kJ/mol) ab.
1987-91 ERC und L OS A LAMOS
N AT. L AB . (LANL): 36 kW-
⊖ Anode 2 H2 ⇋ 4 H⊕ + 4 e ⊖
Methanol-PAFC für Stadtbus; ⊕ Kathode O2 + 4 H + 4 e⊖ ⇋ 2 H2 O

Hybridsystem mit Ni-Cd-Akku. 2 H2 + O2 ⇋ H2 O


1989 K INETICS T ECHNOLOGY
(KTI): Erstes europäisches
Elektrodengifte: CO wird zu CO2 umgesetzt und gast aus.
PAFC-Kraftwerk (25 kW). >1 % CO vergiftet die Pt-Anode.
1990 ONSI, Vertriebsges. von CO + H2 O −→ CO2 + 2 H⊕ + 2 e⊖
IFC (UTC F UEL C ELLS ), T O -
SHIBA und A NSALDO (Italien);
Zellspannung: Die reversible Zellspannung beträgt theoretisch 1,1
kommerzielle PC 25“ (200 kW). V (190 ◦C); in der Praxis werden ca. 0,64 V erreicht.

Ende 1998 weltweit 160 Anlagen, Elektrodenmaterialien: Poröse Kohlenstofffaser-Elektroden mit
19 in Europa, zu 2500 US-$/kW;
Lebensdauer >6800 h. rußgeträgertem, nanodispersen Platinkatalysator. Bipolarplatten
1993: Typ PC25B. aus Grafit mit eingeprägten Strömungskanälen.
1997: Typ PC25C.
Spezifische Vorteile:
1992/3 PC25A-Erprobung bei
RUHRGAS und T HYSSENGAS.
1. Einsatz CO2 -haltiger Brenngase; CO-Toleranz bis 1 %; wegen
1994–97 Hallenbad (Stadtwerke höheren Betriebstemperatur absorbiert CO nicht so gut auf dem
Düren) und Betriebshof (Stadt- Platinkatalysator wie bei der PEM-Brennstoffzelle.
werke Bochum) 2. Abwärme für Dampfreformierung und Heißwasserbereitung.
1994 H-P OWER und F UJI :
50 kW-Methanol-PAFC-Omnibus
Typische Nachteile:
(Hybridsystem mit Bleiakku). 1. Lebensdauer (Kohleabbrand, Sintern des Platins).
Ferner: M ITSUBISHI. 2. mäßige Elektrolytleitfähigkeit.
2002 DBI G AS - UND U MWELT- Systemkomponenten: Reformer (✄Kap. 10), Shiftreaktor,
TECHNIK : 200 kW-O NSI -PAFC
für Krankenhaus in Kamenz. Wärmetauscher zur Wärmerückgewinnung, elektrischer Be-
2003 N ISSAN und UTC: Fahr- triebsteil.
zeuganwendungen. Elektrischer Wirkungsgrad: 55 % (Zelle), 40 % (mit Reformer),
2008 UTC: 400-kW-Einheit 80 % bezogen auf Erdgas (Gasturbine: 85 % bzw. 33 %).
2015 ZBT Duisburg: 110-kW-
Stromversorgung und Erzeugung Entwicklungsstand: Kommerziell; Prototypanlagen im Megawatt-
sauerstoffarmer Luft Bereich; Blockheizkraftwerke, Kraft-Wärme-Kopplung, dezen-
trale Stromerzeugung.
165

6.2 Saure Elektrolyte

6.2.1 Phosphorsäure

Phosphorsäure H3 PO4 ist bis 225 ◦C elektrochemisch stabil; ober- ✄6.4 Phosphorsäure
halb 150 ◦C ist die Leitfähigkeit ausgezeichnet. Beim Eindamp- Leitfähigkeit
fen wässriger Lösungen bilden sich Diphosphorsäure H4 P2 O7 und 95 % H3 PO4 : >0,6 S/cm (200 ◦ C)
höhere Phosphorsäuren, sobald die Zusammensetzung H3 PO4 · H2 O Säurekonzentration
erreicht ist [5]. 100%ige Phosphorsäure,1 die heute wegen ih- 190 ◦ C, 1 bar: 98–100 % H3 PO4
res geringen Wasserdampfdrucks zur Korrosionsprävention in der 205 ◦ C, 8,2 bar: 93 % H3 PO4
PAFC eingesetzt wird, ist fest und schmilzt bei 42 ◦C. Unterhalb Wasserdampfdruck
95 % H3 PO4 steigt der Wasserdampfdruck steil an. 92–95 % Phos- 108 % H3 PO4 3 mbar
phorsäure unterliegt der Autodehydratisierung und Autoprotolyse. 103 % H3 PO4 10 mbar
97 % H3 PO4 120 mbar
H4 PO⊕ ⊖
4 + H2 PO4 ⇋ 2 H3 PO4 ⇋ H4 P2 O7 + H2 O 93 % H3 PO4 300 mbar
Die Sauerstoffreduktion verläuft langsamer als in Schwefel- oder 85 % H3 PO4 450 mbar
Perchlorsäure, weil an der Elektrode anhaftendes Phosphat die Sau-
erstoffadsorption behindert. Bei steigender Temperatur und steigen-
dem Druck bilden sich Polyphosphorsäuren. Oberhalb 150 ◦C liegen
Diphosphorsäure und andere hochgradig dissoziierte Polyphospha-
te vor und die Anionenadsorption ist klein.
Verdünnte Phosphorsäure wurde früher wegen korrosionsempfind-
licher Komponenten eingesetzt. Heute sind resistente Materialien
verfügbar und die Langzeitstabilität der kohlegeträgerten Elektro-
den wird in 100%iger Säure verbessert.

6.2.2 Mineral- und Sulfonsäuren

Der Dampfdruck wässriger Säuren ist hoch; oberhalb 100 ◦C destil- ✄6.5 Leitfähigkeit κ verschiedener
Elektrolyte
liert Wasser ab, was den Einsatz in der PAFC verbietet.
Schwefelsäure H2 SO4 ist hochleitfähig (um 1 S/cm), aber flüchti- wässrige Elektrolyte mS/cm
ger als Phosphorsäure und wird kathodisch zu Schwefliger Säure
KOH in Ni-Cd-Zellen 620
H2 SO3 und etwas H2 S und Schwefel reduziert. H2 SO4 im Bleiakku 850
Perchlorsäure HClO4 kann als starkes Oxidationsmittel die Explo-
sion des Brennstoffes herbeiführen. nichtwässrige Elektrolyte

Salzsäure HCl und Bromwasserstoffsäure HBr werden in 1,16 mol/ℓ LiClO4 , DMF 22
1,39 mol/ℓ LiClO4 , DME-PC 15
Wasserstoff-Halogen-Zellen hoher Leistungsdichte eingesetzt.
Die Reaktionen an der Chlor- und Bromelektrode verlaufen schnel- DMF Dimethylformamid
ler als an der Sauerstoffelektrode; die Austauschstromdichte beträgt (bis 105 ◦ C)
DME Dimethoxyethan
1 mA/cm2 gegenüber 1 nA/cm2 ; komplizierte Oxiddeckschich-
EG Ethylenglycol
ten entstehen nicht. Hin- und Rückreaktion laufen am gleichen PC Propylencarbonat
Elektrokatalysator ab. Jedoch ist die Korrosionsstabilität der Zell- GBL γ -Butyrolacton
komponenten problematisch. Für die PAFC ist HCl zu flüchtig und
Perchlorsäure HClO4 zu instabil.

1 Handelsübliche Phosphorsäure ist 85%ig (Dichte 1,687 g/cm3 , Smp. 21 ◦ C, Sdp.


158 ◦ C).
166

Trifluormethansulfonsäure CF3 SO3 H ist thermisch stabil, löst gut


Sauerstoff; das Säureanion adsorbiert kaum auf der Elektroden-
oberfläche. Die Sauerstoffreduktion verläuft zehnfach schneller als
in Mineralsäuren. Unerwünscht ist die gute Benetzung von PTFE
in hydrophobisierten Gasdiffusionselektroden, der niedrige Siede-
punkt und der Leitfähigkeitsabfall bei hohen Temperaturen.

6.2.3 Supersäuren
✄6.6 Hammett-Säurefunktion: ent- Supersäuren sind Gemische starker L EWIS -Säuren (SO3 , BF3 ,
spricht dem pK einer Supersäure.
AsF5 , SbF4 ) und starker B R ÖNSTED-Säuren (HSO3 F, HClO4 ), de-
Säure H0 ren Acidität Schwefelsäure übertrifft. Im weitesten Sinne kann man
HSO3 F + 25 mol-% SbF5 –21,5 ❡
auch Nafion R als Supersäure auffassen.
HF + 0.6 mol-% SbF5 –21,1
HSO3 F –15 Magische Säure (SbF5 /HSO3 F) protoniert selbst Schwefel-, Koh-
H2 S 2 O7 –15 len-, Ameisensäure, Formaldehyd und Fluorbenzol, und erzwingt
H2 SO4 –12 die Hydridabspaltung aus H2 . Das extrem acide H2 SO3 F⊕ -Kation
HF –11
entsteht durch Autoprotolyse der Fluorsulfonsäure HSO3 F, wenn
HF + 1 M NaF +8,4
H3 PO4 +5,0 das SO3 F⊖ -Anion durch Adduktbildung aus dem Gleichgewicht ab-
H2 SO4 63 % +4,9 gezogen wird.
HCOOH +2,2 Die H AMMET-Gleichung beschreibt die Stärke von Supersäuren.
cB Konzentration einer schwa- c ⊕ c c ⊕
chen Indikatorbase ( p-Nitroanilin, H0 = pK I − lg BH
cB mit pK I = − lg cB H⊕
BH
aromatische Nitroverbindungen)
in der hochverdünnten Säure, In verdünnter, wässriger Lösung ist:
spektroskopisch bestimmt.
γB
cBH⊕ Konzentration der korres- H0 = pH − lg γ
BH⊕
pondierenden Indikatorsäure
H 0 Hammett-Säurefunktion
pK I Säureexponent des
Indikatorsystems
6.3 Elektrodenmaterialien
γ Aktivitätskoeffizient
PAFC-Gasdiffusionselektroden werden in Folientechnik hergestellt.
Als Elektrodenträger dient poröses Grafitpapier aus 10 µm großen
Glaskohlenstofffasern, die in grafitiertes Phenolharz eingebettet
sind. Die Hydrophobisierung der Trägerschicht (backing layer) mit
Fluorpolymeren (PTFE) bestimmt den Wasserhaushalt der Zelle.
Aktivschicht. Der Platinkatalysator wird kolloidal in 10%-iger Be-
ladung auf Acetylenruß (z. B. Vulcan XC-72) abgeschieden, mit
30–40 % PTFE als Binder vermischt und auf das Substrat aufge-
strichen oder gedruckt.2 PTFE hydrophobisiert die Elektrodenober-
fläche, schafft eine wirksame Dreiphasengrenze Elektrolyt/Elektro-
de/Gasraum und verhindert das Fluten der Poren. Die Verteilung
des hydrophoben Binders bestimmt maßgeblich die Struktur der
porösen Elektrode und die Dreiphasengrenze. Die <100 nm klei-
nen Kohleteilchen schaffen eine große spezifische Oberfläche für
die feinverteilten Platinnanokristallite. Die Platinbelegung beträgt
anodisch ca. 0,1 mg/cm2 , kathodisch 0,5 mg/cm2 . Oxidbildung und
Adsorbatfilme auf der Kathode und das Zusammensintern der Pla-
tinpartikel mindern die Lebensdauer und aktive Oberfläche.
2 Rakeln, doctor-blade process; Siebdruck, tape casting.
167

Die kommerziell verfügbaren Elektroden3 haben maßgeblich die ✄6.7 Materialien


Entwicklung der PEM-Brennstoffzelle beflügelt. Sauerstoffelektrode (Kathode)
Die mikroporöse Elektrolytmatrix aus SiC wird auf die Kathode auf- kohlegeträgerte Katalysatoren,
gegossen. Die Korngröße muss <1 µm betragen, damit ein Diffe- mit PTFE gebunden:
renzdruck von 1 bar den Elektrolyt nicht aus den Poren ausbläst. Platin
Platinmetalle
L APLACE-Gesetz 1p = 2σ
r (6.1) Platinlegierungen (Pt-V, Pt-Cr)
Brenngaselektrode (Anode)
1p Differenzdruck, r Porenradius, σ Oberflächenspannung.
Platin
Als Bipolarplatten zwischen den Einzelzellen eines Stacks dienen Platinmetalle (Pt, Pd, Ru)
verdichtete Grafitplatten, in die zur Gasversorgung und -verteilung Wolframcarbid (WC)
ein Rippen- oder Z-Muster eingeprägt wird. Separate Bipolar- Katalysatorträger
und Strömungsplatten sind nicht zeitgemäß. Durch Pyrolyse eines grafitierter Ruß
(Vulcan XC-72)
Kunstharzes werden Elektrode und Bipolarplatte zusammengeklebt.
Elektrodenträger
Kohlenstoffpapier

6.3.1 Wasserstoffoxidation Bipolarplatte


Grafit

Die Geschwindigkeit der anodischen Wasserstoffoxidation an Platin Elektrolytmatrix


SiC + PTFE
ist durch die dissoziative Adsorption von Wasserstoff bestimmt.
[Pt] + O2 + H⊕ + e⊖ −→ [Pt]−HO2 PEMFC: ✄Kap. 4

Die theoretisch erwartete TAFEL-Neigung von ln 10 · 2RT /F wird


nicht beobachtet und ist zudem unabhängig von der Temperatur (wie
bei der Wasserstoffabscheidung).
Kohlenmonoxid konkurriert mit H2 um Bindungsplätze und vergif-
tet die Elektrodenoberfläche, besonders unterhalb 150 ◦C. Platin-
Ruthenium-Legierungen sind vorteilhaft, weil Ruthenium die CO-
Oxidation begünstigt. Bei hohen Überspannungen altert Ruthenium ✄Kap. 5 (DMFC)
schnell. Auch Zusätze von Wolfram und Palladium verbessern die
CO-Toleranz.

6.3.2 Sauerstoffreduktion

Der Kernschritt der kathodischen Sauerstoffreduktion ✄6.8 Potentiale der


Sauerstoffreduktion.
O2 + 4 H⊕ + 4 e⊖ → 2 H2 O
4 e⊖
ist die Bildung von chemisorbiertem Sauerstoff. ✲1,23 V
✛ ✲ H2 O2
2e ⊖
O2,ad + e⊖ → O⊖ (E 0 = –0,33 V) 2 e⊖✲
2,ad O2 H2 O
0,68 V 1,78 V
Das Platingitter erlaubt die endständige und verbrückende O2 -
Adsorption. Spezifisch auf der Elektrodenoberfläche adsorbierte
Phosphationen behindern die Sauerstoffreduktion. Die Bildung von
Wasserstoffperoxid spielt keine Rolle. Die Sauerstoffreduktion läuft
in saurer Lösung langsamer als in alkalischer, so dass die PAFC
weniger effektiv als die AFC arbeitet. Brauchbare Stoffumsätze
erfordern relativ hohe Platinmengen.

3 z. B. Firma E-T EK, USA.


168

✄6.9 Überspannung der Sauerstoffre- Platinlegierungen (Pt-Co. Pt-V, Pt-WO3 ) verbessern die Elektro-
duktion (0,2 A/cm2 ) [6] denaktivität vorübergehend. Das Sekundärmetall wird aus der Ober-
MCFC fläche und langsamer aus dem Bulkmaterial herausgelöst, wodurch
(Ni, NiO, 650 ◦ C) <0,1 V die aktive Oberfläche zunimmt. Die Sauerstoffreduktion selbst wird
AFC
(Pt, Pt, 65 ◦ C) 0,1 V
nicht beschleunigt.
PEMFC
(Pt, Pt, 100 ◦ C) 0,25 V
PAFC 6.3.3 Kohlegeträgerte Platinkatalysatoren
(Pt, Pt, 190 ◦ C) 0,4 V

Aktivierung: ✄Kap. 2.9 Kolloidales Platin wird durch Hydrolyse von Komplexsalzen auf
hochoberflächige Aktivkohlepartikel abgeschieden [6, 13].
1. Herstellung von Na6 Pt(SO3 )4 (Vorstufe):
(a) Hexachloroplatinsäure mit Soda (H2 PtCl6 + Na2 CO3 →
Na2 PtCl6 ), Zugabe von Natriumhydrogensulfit und Natrium-
disulfit, Neutralisieren mit Soda auf pH 7.
(b) Pt(NH3 )2 Cl2 mit Natriumsulfit.
(c) H2 Pt(OH)6 mit Natriumsulfit kochen.
2. Protonierung im Ionenaustauscher, Aufkochen unter SO2 -
Abspaltung. Trocknen des Platinmohrs bei 135 ◦C.
3. Platinmohr in wässriger Suspension über Aktivkohle filtern, wo-
bei das Platin adsorbiert.

Wärmebehandlung des kohlegeträgerten Platins bei 900 ◦C im


Stickstoffstrom verbessert das Kathodenmaterial.

6.3.4 Elektrodenstabilität

✄6.10 Widerstand von Kohle Die Degradation der PAFC liegt typisch bei 1U = –3 µV/h. Kohlen-
(µ m) [6]
stoff korrodiert in 200 ◦C heißer Phosphorsäure, besonders bei Was-
Grafit serdampfpartialdrücken über 100 mbar und Zellspannungen über
– aus Petrolkoks 8 . . . 13 0,8 V. Thermodynamisch würde Kohle in wässriger Lösung bei 50
– Grafitfaser 42
Glaskohlenstoff 30 . . . 50 mV NHE zu CO2 oxidiert [12]. Die Reaktionen sind aber kinetisch
Aktivkohle gehemmt, so dass der Kohleabbrand langsam vor sich geht.
– aus Petrolkoks 35 . . . 46
– aus Anthrazit 33 . . . 66 C + 2 H2 O → CO2 + 4 H⊕ + 4 e⊖ E 0 = +0,207 V
– aus Gasruß 58 . . . 81 C + H2 O → CO + 2 H⊕ + 2 e⊖ E 0 = +0,518 V
Kohlefaser >600 CO + H2 O → CO2 + 2 H⊕ + 2 e⊖ E 0 = –0,103 V
Grafitierung des Kohleträgers bei 2700 ◦C verbessert die Beständig-
keit.4 Die Platinagglomerate (2 bis 5 nm) neigen zum Kornwachs-
tum, was im Langzeitbetrieb die Überspannung anwachsen lässt.
Legierungen mit Vanadium und Chrom sind korrosionsstabiler als
Platin. Im Realbetrieb wird die PAFC in Stillstandzeiten auf der Ka-
thodenseite mit Stickstoff gespült.

4 Grafitierter Ruß (z. B. Vulcan XC-72 bei 2700 ◦ C) ist in Phosphorsäure korrosi-
onsstabiler als unbehandelte Aktivkohle.
169

6.3.5 Elektrodengifte

CO2 mindert die Leistungsfähigkeit der PAFC nicht. Aber CO und ✄6.11 Elektrodengifte
H2 S im reformierten Brenngas schädigen die Wasserstoffelektrode, CO >1 % (175 ◦ C)
wobei Temperaturen über 180 ◦C eine CO-Toleranz von 1–2 % her- >2 % (200 ◦ C)
beiführen. Cl⊖ >1 ppm
NH3 >1 ppm
Schwefelwasserstoff vergiftet Platin vor allem bei niedrigen Be- H2 S, COS >100 ppm
triebstemperaturen. [Pt] steht für Oberflächenatome. C⊕ >100 ppm
2
Unkritisch:
−H⊕✲ −H⊕✲
Pt + H2 S −→ [Pt]-H2 S [Pt]-HSads [Pt]-S Metallionen, CO2 , CH4 , N2
−e⊖ −e⊖ ——
Elementarer Schwefel, der bei hohem Anodenpotential auftreten 1 ppm = 10−6 = 0,0001 %
kann, wird zu SO2 oxidiert.
Ammoniak reagiert mit Phosphorsäure zu Salzen und verschlechtert
die Sauerstoffreduktion. ✄6.12 Elektrodengifte: Wirkung auf
Zellspannung und Überspannung
NH3 + H3 PO4 → (NH4 )H2 PO4
Vorübergehende, einstündige Belastungen mit Ammoniak und Me- CH3 OH NH3 Siloxan
thanol heilen nach 800 bzw. 2 Betriebsstunden aus (✄Tab. 6.12). U ↑ ↑ ↑
Schäden durch Siloxane verschwinden selbst nach 1000 h nicht U0 ↓ ↓ ↓
vollständig, weil Siloxanphosphorsäureester erst oberhalb des Sie- η⊕ ↑ ↑ —
depunktes von 300 ◦C abdampfen. η⊖ ↓ — —

6.4 Betriebsverhalten
Mit steigender Betriebstemperatur laufen die Elektrodenreaktio-
nen bereitwilliger. 10 ◦ C Temperaturerhöhung bringen 15 mV Ge-
winn an Zellspannung (5 bar, 200 mA/cm2 ). Über 180 ◦C, Span-
nungen >0,8 V und hohen Partialdrücken der Reaktionsgase korro-
dieren jedoch die platinbelegten Kohleelektroden rasch. Eine Last-
schaltung sollte die Zellspannung unter 0,8 V halten. Der Phos-
phorsäure-Elektrolyt erstarrt unterhalb 42 ◦C, was die untere Be-
triebstemperatur festlegt.
⊕ 2
⊖ Anode, H2 : 0 + RT ln [H ]
E ox = E ox ✄6.13 N ERNST-Gleichung für die
2F [H2 ] Zellreaktion der PAFC.
1/2 ⊕ 2
⊕ Kathode, O2 : 0 + RT ln [O2 ]
E red = E red [H ] Eckige Klammern stehen für Gleich-
2F [H2 O] gewichtsaktivitäten: [OH⊖ ] = aOH⊖ .
1 Für Gase dürfen Drücke eingesetzt
Ruhezellspannung E = E red − E ox = 1E 0 + RT ln [H2 ] [O2]
2
werden: [H2 ] = pH2 / p0 mit p0 =
2F [H2 O] 101325 Pa.
(Für gleichen pH und Wassergehalt an Anode und Kathode.)

Erhöhung des Betriebsdruckes von 1 auf 5 bar bringt einen Ge-


winn an Zellspannung von 120 mV (bei 205 ◦C, 200 mA/cm2).
IFC betreibt die PAFC bei 200 ◦C und 8 bar Druck mit Reformer-
Wasserstoff und Luft (0,73 V bei 325 mA/cm2 ). Andere Firmen neh-
men 150–190 ◦C bei Atmosphären- oder leicht erhöhten Druck.
170

Kühltechnik. Die übliche Betriebstemperatur von 190–210 ◦C er-


leichtert die Wasser- und Abwärmeabfuhr. Strahlungskühlung ge-
lingt nur bei kleinen Systemen. Aktive Kühlung mit parallelen dünn-
wandigen Kupfer-U-Röhrchen in der Bipolarplatte (IFC), und di-
elektrische Systeme5 wurden realisiert. Flüssigkühlsysteme sind lei-
stungsfähiger, aber aufwändiger als die Gaskühlung, die einfach mit
den Versorgungsgasen oder über spezielle Kühlkanäle machbar ist.
Wasserkühlung: IFC, F UJI ,  Wasserkühlung: wirkungsvoll über Kühlplatten zwischen meh-
T OSHIBA, M ITSUBISHI reren bipolaren Zellen; geringe Hilfsenergie, hoher Nutzwert des
Heißwasserstroms; erfordert Verrohrungsaufwand, hohen Ar-
beitsdruck und hohe Wasserreinheit (Korrosion, Leckströme).
Luftkühlung: ERC, S ANYO  Luftkühlung: einfach und verlässlich; erfordert Verdichtungsauf-
wand (Hilfsenergie).
Ölkühlung: F UJI  Ölkühlung: einfach, verlässlich, Verdichtungsaufwand.
✄6.14 Schematische Strom- Strom-Spannungs-Kurve und Impedanzspektrum sind von der Ki-
Spannung-Kennlinie einer PAFC.
netik der Sauerstoffreduktion und Oxidfilmbildung in der porösen
U /V Kathode bestimmt. Beim Anfahren (Start-up) wird die Kathode mit
1 ✻ Stickstoff geflutet. Liegt das Kathodenpotential über 0,8–0,85 V
Kathode (Luft)
0,8 NHE, treten Korrosionsschäden auf. Unter 45 ◦ C kann der Elektro-
Klemmenspannung
lyt einfrieren und PTFE-gebundene Elektrodenstrukturen zerstören.
0,6 Bis Temperaturen erreicht sind, bei denen die Vergiftung durch CO
keine Rolle spielt, dient Reinwasserstoff als Brenngas. ✄Abb. 6.14
0,4

0,2 ) ✭✭✭
Anode (H2✭ 6.5 Stationäre Anlagen
✭✭✭✭✭
0 ✭ ✲
0 50 100 150 200 250
Stromdichte (mA/cm2 )
PAFC-Kraftwerke haben einen hohen technischen Stand erreicht.
Die nachhaltige Emissionsminderung treibt die Entwicklung an:
konventionelle Verbrennungskraftwerke verursachen mit 25 % CO2 ,
40 % NOx und zusätzlich SO2 den Großteil der anthropogenen Luft-
verunreinigung. Die Investition in ein Brennstoffzellenkraftwerk
orientiert sich an weiteren Kriterien.
 Maximale Wertschöpfung bei minimalen Kosten für die Gesell-
✄6.15 Konventionelle und direkte
Energiewandlung. schaft: Lebensqualität, Umwelt- und Lärmschutz, Standortwahl,
Platzverbrauch, alternative Brennstoffe.
Brennstoff
↓ ↓ ↓
 Kosten der Energieerzeugung: Rohstoffpreise, Wirkungsgrade.
Dampf  Kundenspezifische Energienutzung: dynamisches Lastverhalten,
↓ ↓ ↓ Kraft-Wärme-Kopplung.
Turbine Motor
↓ ↓ ↓ Brennstoffzellenkraftwerke in dezentralen Versorgungsstrukturen.
Generator Generator Brenn-  Städtische Strom-/Wärmeversorgung mit Mehrzweckanlagen.6
stoffzelle  Dezentrale Energieerzeugung, Kraft-Wärme-Kopplung vor Ort.7
↓ ↓ ↓
E l e k t r i z i t ä t  Prozessgasnutzung in industriellen Anlagen.8

5 mit nichtleitenden Kühlmedien


6 engl. utility use in dispersed energy systems
7 engl. on-site integrated energy systems
8 engl. industrial co-generation
171

6.5.1 PAFC-Kraftwerke

Ein Brennstoffzellenkraftwerk kann mannigfache Kohlenstoffträger ✄6.16


Brennstoffe für PAFC-Kraftwerke.
nutzen, wobei schwefelarmes Erdgas den Vorzug genießt, weil es
die geringsten CO2 -Emissionen verursacht. Das Brennstoffzellen- Erdgas:
system für den Erdgasbetrieb besteht aus: Methan
Liquified Natural Gas, LNG
Flüssiggas
1. Gaserzeugung: ca. 78 % Wasserstoff aus Erdgas.
Liquified Petroleum Gas, LPG
a) Entschwefelung Erdöl:
b) Reformierung zu Wassergas.  Leichtbenzin (<100 ◦ C)
 Schwerbenzin (<200 ◦ C)
c) zweistufige Konvertierung von CO.  Petroleum: Kerosin 175–280 ◦ C
 Gasöl (<350 ◦ C)
d) Gasreinigung: katalytische Nachverbrennung von  schweres Heizöl (>350 ◦ C)
Kohlenwasserstoffen; Absorption von Ammoniak.
Kohle
Dampfreformierung: CH4 + H2 O → 3 H2 + CO (850 ◦C) Methanol
CO-Konvertierung: CO + H2 O → H2 + CO2 (220 ◦C)
Gaserzeugung: ✄Kap. 10
Großer Dampfüberschuss (S/C = 2,5 ... 7) verbessert die H2 -
Ausbeute, den Brennstoffzellen- und Nettosystemwirkungsgrad,
wogegen der Wirkungsgrad des Gaserzeugungssystems sinkt.
2. Brennstoffzelle: Verstromung des Reformats mit Luft bei 220 ◦C
(1 bar). Erzeugter Wasserdampf geht wiederum in die Reformie-
rung; nachverbranntes Anodenabgas heizt den Reformer.
3. Stromwandlung: Gleichstromsteller und Wechselrichter erzeu-
gen netzsynchronen Drehstrom (380 V, 50 Hz).
4. Hilfsaggregate
a) Gasversorgung (Erdgas, Stickstoff, Pressluft),
b) Kühlsystem: Wärmetauscher, Dampf-Wasser-Separator
(Abdampf zum Reformer),
c) Aufbereitung des Kühlwassers (Ionentauscher, Aktivkohle), ✄6.17 Energiebilanz eines PAFC-
d) Dampferzeuger, Kraftwerks
e) Generator (Stromerzeugung mit dem Reformerabgas), Brennstoff 100 %
f) Steuerung und Regelung. ⇓
Energieumsatz im Stack 87 %
An den Reformer — Rohr, Rohrbündel oder Fließbettreaktor — ⇓
bestehen folgende Anforderungen: Abwärme
 kompakt, – Brennstoffaufbereitung 4%
– Stack 48 %
 schnelles Ansprechen auf Laständerungen,
Reformerabgas 9%
 geringe Stickoxidemissionen,

 Wirkungsgradsteigerung durch Nachverbrennung des Abgase.
Direkte Leistung 46 %
Umwandlungsverluste 3%
Der Stadtgas-Dampfreformer von F UJI (1990) liefert 50 m3 /h Was-

serstoff bei einer Reaktionstemperatur von 710 ◦C, Atmosphären-
ac-Bruttoleistung 43 %
druck und einem Dampf-Kohlenstoff-Verhältnis von 2,5. F UJI er- Hilfsleistung 3%
probt auch Reformer für Methanol (190 ◦C, 1 bar, 40 % Wirkungs- ⇓
grad). Die Benzin- und Flüssiggasspaltung gelingt nicht mit befrie- ac-Nettoleistung 40 %
digenden Ausbeuten.
172

6.5.2 Toshiba, IFC und ONSI


✄6.18 Geripptes Zelldesign PC25-Kraftwerk von IFC/ONSI. T OSHIBA9 baut wassergekühlte
(IFC/UTC).
PAFC. Das ursprüngliche Zelldesign mit verdichteten Bipolarplat-
1 Bipolarplatte, ten aus Grafit — mit auf der Ober- und Unterseite im Kreuz ange-
2 poröse Kathodenplatte,
3 Elektrolyt ordneten Strömungskanälen — und auf Kohlepapier basierten An-
4 poröse Anodenplatte. oden und Kathoden zeigte hohe Übergangswiderstände. Der geripp-
♣♣
♣ te Zellaufbau10 besteht aus porösen Anoden- und Kathodenplatten
(ca. 1,8 mm), die einseitig mit Gaskanälen versehen sind; auf die
glatte Seite wird die katalytisch aktive Beschichtung und die Elek-
4 trolytmatrix aufgebracht. Zur Gasseparation sind zusätzlich Bipolar-
3
platten (ca. 1 mm) aus Grafit nötig. Zwischen jeweils fünf bis acht
2
Zellen liegen Kühlplatten. ✄Abb. 6.2, 6.18
1 Die ab 1992 kommerziell erhältliche PC25A“ von IFC/ONSI lei-

stet 1,4 kW/m2 bei einem Zellquerschnitt von 700 cm × 700 cm.
Das 200 kW-Aggregat aus 320 elektrisch in Reihe geschalteten Ein-
zelzellen in einem wetterfesten Gehäuse misst 7,5 m × 3,0 m ×
3,5 m und wiegt 27 t. Unter Volllast erzeugen 50 m3 /h Erdgas (0 ◦ C)
einen Gleichstrom von 1050 A bei 220 V. Der elektrische Wirkungs-
grad erreicht 40 %, der thermische 45 %. Die Abwärme von 200 kW
dient zum Betrieb eines Dampferzeugers. Beim An- und Abstellen
wird die Anlage mit Stickstoff inertisiert. Vergiftung der Elektroden
durch Schwefel und des Elektrolyten durch Ammoniak begrenzen
die Lebensdauer. Die Temperatur des Zellstapels soll 45 ◦C nicht un-
terschreiten, damit die Phosphorsäure in der Matrrix nicht erstarrt.
✄6.19 Betriebsdaten: PC25A [15] RUHRGAS und T HYSSENGAS betrieben zwei PC25A-Anlagen über
Elektrischer Wirkungsgrad 30 000 Betriebsstunden. ✄Tab. 6.19
bei 100 kW Leistung:
1. Der elektrische Wirkungsgrad — ins Netz eingespeiste elektri-
nach 2000 h: 40 %
nach 4000 h: 39 %
sche Energie bezogen auf den unteren Heizwert von Erdgas —
nach 8000 h: 38 % erreicht 40 % (100 kW) und bei Volllast 38 % (200 kW).
nach 22000 h: 36 %
η
nach 28000 h: 34 % ≈ 0,35 · P + 5 (für P < 100 kW)
nach 33000 h: 31 % % kW
Die Brennstoffzelle muss durch externe Widerstandsheizungen
Thermischer Wirkungsgrad
und thermische Leistung
auf 200 ◦C gebracht werden, ehe die Reaktionswärme die Be-
(200 kWel , Vorlauf 80 ◦ C) triebstemperatur aufrecht erhält. Wegen Alterungserscheinungen
1T = 10 K: 25 % = 115 kW sind nach 33000 Betriebsstunden noch 31 % (100 kW) verfügbar.
1T = 13 K: 150 kW 2. Der thermische Wirkungsgrad wächst oberhalb von 100 kW elek-
1T = 16 K: 180 kW
1T = 20 K: 45 % = 235 kW
trischer Nettoleistung proportional zur elektrischen Leistung; un-
1T = 23 K: 260 kW terhalb 75 kW wird die Brennstoffzelle elektrisch beheizt. Auf
der U-förmigen Pth (Pel )-Kurve erreicht die thermische Leistung
Schadstoffemissionen bei halber Volllast (100 kW) ein Minimum und steigt dann umso
Bezug: 5 Vol-% O2 im Abgas
steiler an, je niedriger die Rücklauftemperatur bzw. je größer das
CO <15 mg/m3
Temperaturgefälle 1T zum Kühlmedium ist.
NO x < 5 mg/m3
Kohlenwasserstoffe 9 1985: UTC (USA) und T OSHIBA gründen IFC Ìnternational Fuel Cells“.
(NMHC) < 1 mg/m3 ”
1990: Vertriebsgesellschaft ONSI aus IFC und T OSHIBA.
2001: I NTERNATIONAL F UEL C ELLS C ORP. (TIFC) in Japan.
2004: T OSHIBA F UEL C ELL P OWER S YSTEMS C ORP. (TFCP)
10 engl. ribbed substrate cell configuration (1980)
173

3. Die Erdgasqualität — je nach Gehalt an Methan, höheren Koh- ✄6.20 Emission von Heizkraftwer-
ken im Vergleich zur phosphorsau-
lenwasserstoffen (NMHC), N2 und CO2 — beeinflusst den elek-
ren Brennstoffzelle ONSI PC-25
trischen Wirkungsgrad nur im Promillebereich. Bei Bedarfsspit- (nach [17])
zen im Winter wird Flüssiggas/Luft zugemischt, was die Brenn-
stoffzellenleistung um ca. 3 % mindert (bei 150 kW mit 75 % Emissionen (in g/MWh)
Erdgas + 25 % Propan-Luft 2 : 3). NO x SO x HC
Ammoniak entsteht aus stickstoffreichem Erdgas11 im Reformer
PAFC 8 0 17
und Shiftreaktor in ppm-Mengen. In der Phosphorsäure-Matrix GuD-Turbine 540 2 15
bildet sich Ammoniumdihydrogenphosphat (∼ kg/Jahr). Ammo- Gasdieselmotor 715 2 358
niumionen behindern die kathodische Sauerstoffreduktion. Braunkohle 682 434 36
Steinkohle 700 446 36
4. Die Schadstoffemissionen (✄Tab. 6.20) — wesentlich durch den
Reformer — unterschreiten um Größenordnungen die TA-Luft- CO CO2
Grenzwerte für Gasmotoren und Gasturbinen. Lastsprünge über PAFC 35 537 000
50 kW erhöhen kurzzeitig die CO- und Kohlenwasserstoffemis- GuD-Turbine 240 410 000
sionen (wegen Trägheit der Luftzufuhr des Reformerbrenners); Gasdieselmotor 1070 626 000
Braunkohle 186 992 000
kleine Lastsprünge bleiben ohne Folgen. Steinkohle 190 838 000
Die geringe Schallemission von 60 dB(A) in 9 m Abstand rührt
hauptsächlich von Lüftern, Pumpen und Wechselrichter.

Entsorgung. Gasundichtigkeiten des Zellstapels, über die Brenngas


✄6.21 Lebensdauerphänomene
von der Anoden- auf die Kathodenseite dringt, leiteten das Betrieb- einer PAFC
sende ein (✄Tab. 6.21). Der Reformer- und Shiftkatalysator wird im
Abbrand:
Stickstoff-Luft-Strom desaktiviert. Aus 3,6 t Zellstapel wurden Gra- Oxidation der Kohleelektrode
fit und 1,2 kg Platin zurückgewonnen. Die Erlöse aus Edelmetallen, C + 2 H2 O → CO2 + 4 H⊕ + 4 e⊖
Kupfer und Stahl deckten die Entsorgungskosten.
Platinkatalysator:
Wirtschaftlichkeit. Die Anschaffungs-, Betriebs- und Wartungsko- Abtrag, Sintern,
sten der PC25-Anlage für die Stromerzeugung — z. B. 1,6·106 Benetzbarkeit des PTFE-Binders
kWh/a in 8000 Volllastbetriebsstunden und 10 Jahre Gesamtnut-
zungsdauer — liegen trotz staatlicher Förderung (US-Department Matrix:
Gasdurchbruch (Crossover)
of Energy) deutlich höher als bei der gasmotorischen Kraft-Wärme-
Kopplung. Brennstoffverarmung:
Korrosion der Kathode
PC25C-Nachfolger. Die ab 1997 angebotene Power Cell 25 C- nahe am Brennstoffaustritt
Version von IFC/ONSI bietet geringere Abmessungen und höhere (0,8...1,0 V RHE)
Leistungsdichte bei einem Preis von 850 000 US-$ (2000, ✄Abb.
6.22-24). Abmessungen: 5,5 m × 3,0 m × 3,0 m; 240 Zellen,
verbesserte Katalysatorschicht; Nutzwärmeauskopplung bei 120 ◦C
und 60 ◦C Vorlauftemperatur; Wasseraustrag mit dem Abgas; Ab-
wasseranschluss entfällt; Verbesserter, leichterer Wärmetauscher; ✄6.22 ONSI in Deutschland
(BHKW-Infozentrum, Rastatt)
Spannungswandler auf Basis von IGBT.
ABB E NERGIE S YSTEME, Essen
T OSHIBAs ENE-FARM (seit 2009) verfolgt 1-kW-Haushaltssyste- Saarbrücken, Nürnberg 1997,
me mit 95 % Wirkungsgrad bezogen auf den Heizwert von Erdgas Kaltenkirchen 1999.
und 39 % elektrischem Wirkungsgrad. Model TM1-AE“ leistet 250 HGC H AMBURG:
” Hamburg 1996;
bis 700 W über eine spezifizierte Lebensdauer von 80 000 h, lie- Halle, Oranienburg 1997;
fert 200 V Gleichstrom und 100 V Wechselstrom, sowie über 60 ◦C Bergteheide 1998;
heißes Wasser bei 94 kg Gewicht und 234 L Volumen (2014). Der Frankfurt, Kamenz 1999.
Kaltstart (start-up time) dauert 70 min. TBE D UISBURG:
Köln 2000, Bocholt 2001.
11 Erdgas H: 2–4 % N ; Erdgas L: 9–13 % N .
2 2
174

✄6.23 Spezifikation der PC 25A PC 25C


ONSI-Anlagen.
Masse: 27,3 t 18 t
Volumen: 76,7 m3 49,5 m3
✄6.24 PC25. Bild: BZM –
Brennstoff: Stadtgas: 44 m3 /h Stadtgas: 44 m3 /h
Brennstoffzellen-
magazin.
Nennleistung: 200 kW 200 kW
(220 V Drehstrom) (480 V Drehstrom)
Wärmerückgewinnung: 74 ◦ C oder 90 ◦ C 60 ◦ C oder 120 ◦ C
Heißwasser Heißwasser
Elektr. Wirkungsgrad: 40 % (Hu ) 40 % (Hu )
Gesamtwirkungsgrad: 84 % (Hu ) 80 % (Hu )
Inbetriebnahme: <5 h 3h
Emissionen: <2 ppm NOx <2 ppm NOx

✄6.25 PAFC in Japan 6.5.3 PAFC-Entwicklung in USA


1970 T OKYO G AS , O SAKA G AS :
12,5- und 40-kW-PAFC aus USA. Das 375 kW-Brennstoffzellenmodul von W ESTINGHOUSE und
1973 F UJI entwickelt PAFC. ERC (1987/90) besteht aus vier, kreuzförmig angeordneten ver-
1980–85 T OSHIBA: 4,5 MW- tikalen Stacks und einer integrierten Brenngas-, Luft- und Kühl-
PAFC von UTC (USA) luftversorgung. E NGELHARD entwickelte PAFC mit dielektrischer
1981 Mondscheinprojekt“ für
” Flüssigkühlung. Dabei strömt eine nichtleitende Kühlflüssigkeit
energiesparende Technologien durch die Rohrleitungen der Stackkühlplatten. Wegen der hohen
1985 IFC aus UTC und T OSHIBA Wärmekapazität des Kühlfluids (gegenüber Gasen) genügen klei-
(1990: ONSI).
ne Wärmetauscher und Pumpleistung für eine effektive Beheizung
1986 P ETROLEUM E NERGY C EN - z. B. von Gebäuden oder Raumkapseln.
TRE (PEC): Erdöl-Verstromung.

1987–91 PAFC-Pilotanlagen
(200 kW und 1 MW) 6.5.4 PAFC-Brennstoffzellen in Japan
1989-99 F UJI E LECTRIC Co.: 25
PAFC (50, 100 und 500 kW) bei Japan führt weltweit die kommerzielle PAFC-Entwicklung an. Die
T OKYO , O SAKA und T OHO G AS . großen Energiekonzerne installierten bis zu 1 MW, 5 MW und 11
1989–97: T OSHIBA/IFC: 11 MW- MW Anlagenleistung. Die staatliche Förderung12 für PAFC, MCFC
PAFC für T OKYO E LECTRIC und SOFC geht allerdings seit 1995 kontinuierlich zu Gunsten der
P OWER Co. (TEPCO)
PEM-Brennstoffzelle und Kohlegasverstromung zurück. Die Ent-
1992–98 41 Feldtests: Kran- wicklung verfolgt drei Richtungen:
kenhäuser, Hotel, Büro, Fabriken.
T OYKO G AS , O SAKA G AS und 1. Megawattanlagen für die städtische Energieversorgung als um-
T OHO G AS betreiben 20 PC35A.
weltschonender Ersatz thermischer Kraftwerke (H ITACHI , T OS -
1994 F UJI : 50 bis 500 kW-
HIBA ),
Aggregate; bis 15000 Betriebs-
stunden; PAFC-Hybridbus. 2. Drucklose PAFC für dezentrale Feld- und Inselanwendungen, in
M ITSUBISHI : 200 kW-Aggregate.
abgelegenen Landstrichen (F UJI , M ITSUBISHI , K ANSAI ),
1995–98 T OKYO G AS (1 MW),
F UJI (5 MW), S ANYO. 3. Luftgekühlte Klein-PAFC für Konsumanwendungen (S ANYO ).
1996/97 K ANSAI Electric Power
Co.: 5 MW-PAFC läuft 6410 h. 1. Erdgasanlagen
1999 Von 162 gebauten PAFC Kommerzielle 200 kW-Anlagen installiert ONSI, ein Joint Venture
laufen 70: 500 kW (2), 200 kW
von T OSHIBA und IFC. Weitere Hersteller sind F UJI E LECTRIC
(46), 50–100 kW (22).
C O . und M ITSUBISHI E LECTRIC C ORP.
2001 M ITSUBISHI und F UJI :
kommerzielle Anlagen. 12 MITI = Ministry of International Trade and Industry.
NEDO = New Energy And Industrial Technology Development Organisation.
175

Die weltgrößte 11-MW-Anlage der T OKYO E LECTRIC P OWER


C OMPANY (TEPCO) besteht aus achtzehn 670 kW-Stacks von
IFC in einer Infrastruktur von T OSHIBA. Nach einjähriger Bauzeit
(1989/90) und kurzer Testphase erreichte die Anlage im April 1991
ihre Nennleistung. In sieben Betriebsjahren arbeitete die Anlage
23140 Stunden und erzeugte 77 842 MWh Energie. Beeindruckend
ist der erreichte Wirkungsgrad.
 elektrischer ac-Bruttowirkungsgrad: 43,6 % (bei 11 MW);
40 % (6 MW); 35 % (4 MW).
 elektrischer ac-Nettowirkungsgrad: 41,8 % (11 MW).
 Brennstoffnutzung (bei 11 MW): 83 % Methanumwandlung;
32,2 % CO-Umwandlung; Dampf-Kohlenstoff-Verhältnis 3,5.
 Abwärmenutzung: 32,2 %.
 Emissionen: <3 ppm NOx im Turbinenabgas.
Die Betriebserfahrungen im Langzeitversuch zeichnen ein Bild der
Schwachstellen der PAFC.
 Degradation der Zellstacks: >10 % in 40 000 h.
 Korrosion von Stackgehäuse und Luftelektroden durch Synthe-
segas, Wasserdampf, Sauerstoff. Korrosion der Wärmetauscher.
 Gaserzeugungssystem und Luftversorgung.
 Hilfskomponenten und Inverter.
Kleinere Pannen treten durch Dampfleckagen und Undichtigkeiten,
mechanische Ausfälle vibrierender oder rotierender Teile, und Aus-
fall elektrischer Sensoren und Betriebsteile auf.
2. Benzin-Brennstoffzellen. Die Verstromung von leichten Petrole- ✄6.26 11-MW-Kraftwerk (TEPCO)
umfraktionen und Flüssiggas in PAFC stößt auf die schwierige Ent- Energiebilanz
schwefelung und Dampfreformierung. auf Basis des oberen Heizwertes

1. Naphtha-Brennstoffzellen: 50 kW und 170 kW-Anlage von F UJI Erdgas (91 GJ/h) 100 %
 Abwärme 23,1 %
E LECTRIC und T OSHIBA (1991-95).  Wärmerückgewinnung 32,0 %
2. Kerosin-Brennstoffzellen: 180 kW-Anlage von T OSHIBA und  dc-Bruttowirkungsgrad 44,9 %
— Inverterverluste 1,3 %
M ITSUBISHI K AKOKI (1995/96). = ac-Bruttowirkungsgrad 43,6 %
3. Butan-Brennstoffzellen: F UJI E LECTRIC (1994/95) — parasitäre Verluste 1,8 %
= ac-Nettowirkungsgrad 41,8 %
Die N IPPON T ELEGRAPH AND T ELEGRAM C ORPORATION (NTT)
verfolgt Mehrbrennstoff-PAFC-Systeme mit Stadt- und Flüssig-
gas als saubere Energiequelle für die dezentrale Versorgung von
Gebäuden der Telekommunikation. Ein zweifaches Katalysatorbett
(Ru-Al2 O3 und Ni-Al2 O3 ) verhindert die Verkokung des Reformers
während des Flüssiggasbetriebs.
3. Biogas-Brennstoffzelle. Anaerob entstandenes Biogas,13 z. B.
aus Klärschlamm oder Abfällen der Bierherstellung, besteht aus
rund 60 % Methan und 40 % CO2 . Nach Entschwefelung, Absorpti-
on von Verunreinigungen, Aufkonzentrierung des Methans (60 %),
Reformierung und CO-Konversion betrieben T OSHIBA (1996) und
M ITSUBISHI (1998) 200 kW-PAFC damit.
13 ADG, Anaerobic Digester Gas, Faulgas.
176

4. Gleichstrom für technische Prozesse. T OKYO G AS (1996) er-


zeugte mit einer stadtgasbetriebenen PC25C-Brennstoffzelle 750 A
Gleichstrom für die Herstellung von Natriumhypochlorit14 durch
Salzwasserelektrolyse. Die Abwärme dient zum Eindampfen der
Produktlösung. Überschüssige Leistung wird in Wechselstrom ge-
wandelt und ins Netz gespeist.

6.6 Systemvergleich von Brennstoffzellen

1. Besser als der Wirkungsgrad eignet sich die Exergie zum Ver-
Exergie bezeichnet bei Kreispro- gleich der Anlagen verschiedener Hersteller, die elektrische und
zessen denjenigen Teil der inneren
Energie des Arbeitsmediums, der thermische Energie in unterschiedlicher Qualität bereitstellen. Die
in nutzbare Arbeit umgesetzt wer- Exergie beschreibt die maximale Nutzarbeit, die ein Stoff in Folge
den kann. Anergie ist der restliche eines thermodynamischen Ungleichgewichts bezogen auf die Um-
Anteil, der als Wärme abgeführt
gebung zu leisten vermag. Die Exergie ist also derjenige Anteil einer
werden muss. ✄Kap. 2
Energie, der unter Mitwirkung der Umgebung in jede andere Ener-
gieform umwandelbar ist. Die Anergie bezeichnet den bei der Ener-
gieumwandlung nicht nutzbaren Energieanteil (z.B. Verlustwärme).
Energie = Exergie + Anergie
WE = (H − Hamb ) − Tamb (S − Samb ) (6.2)
H und S: Enthalpie und Entropie bei einem bestimmten Anfangszustand;
amb = Umgebungszustand.
Der exergetische Gesamtwirkungsgrad — elektrisch (ca. 40 %) plus
thermisch aus Dampf (ca. 7 %) und Heißwasser (ca. 3 %) — beträgt
bei den PAFC-Kraftwerken von IFC/ONSI, T OSHIBA , M ITSUBIS -
HI und F UJI 47 bis 50 %. Ein Gasmotor erreicht 43 %. Die energeti-
schen Wirkungsgrade sind 83–85 % bzw. 85 % beim Gasmotor.
2. Bei den Emissionen stößt ein Gasmotor an die Grenzwerte der
TA Luft, während ein PAFC-Kraftwerk PC25“ 3 mg/m3 NOx , <6

mg/m3 CO, <15 mg/m3 Kohlenwasserstoffe erreicht.
3. Für die Verlässlichkeit von PAFC-Anlagen gibt die japanische
N EW E NERGY F OUNDATION Mittelwerte von 3,3 Pannen pro Jahr
und Anlage bzw. 2,2 Pannen pro 1000 Betriebsstunden (1992) an.
4. Wirkungsgrad: ✄Kap. 2

6.7 Feststoff-Säure-Brennstoffzellen
Feststoff-Säure Brennstoffzellen (engl: Solid acid fuel cell, SAFC)
nutzen feste Phosphatsalze als Elektrolyt. Wegen der Löslichkeit
ist der Einsatz nur in Wasserdampfatmosphäre sinnvoll. Oberhalb
220 ◦C erreicht die Protonenleitfähigkeit über 0,05 S cm−1 , was der
Phosphorsäure in der PAFC nahe kommt (0,1 S cm−1 ).
Cs3 PO4 + 2 H3 PO4 + 3 CsH2 PO4
14 NaOCl dient zur Desinfektion von Brauchwasser und als Bleichmittel.
177

N ORDIC P OWER S YSTEMS und die kalifornische Firma SAFC ELL


(2010) wollen Diesel als Wasserstoffquelle nutzen; die SAFC ist to-
lerant gegen Kohlenmonoxid.

Literatur: saure Brennstoffzellen


Technologie
[1] (a) A. J. A PPLEBY, F. R. F OULKES , Fuel Cell Handbook. New York: Van
Nostrand Reinhold, 1989.
(b) A. J. A PPLEBY, Proc. New materials for fuel cell systems, p. 2, Montreal,
Quebec, Canada, July 9–13, 1995.
[2] L. J. B LOMEN , M. N. M UGERWA (Hg.), Fuel Cell Systems. New York: Ple-
num Press, 1993, Reprint 2013, Chapt. 6 (System Design and Optimization)
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M OSELEY, Z. O GUMI , D R AND , B. S CROSATI (Eds.), Vol. 2: Fuel Cells –
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4 2005.

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Materialien
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Monographie 2. Frankfurt 1995, S. 15-29.
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de Gruyter, 102 2007.
[12] M. P OURBAIX, Atlas of Electrochemical Equilibria in Aqueous Solutions.
Brüssel: Pergamon Press, 1966.
[13] Kohlegeträgerte Platinkatalysatoren:
(a) H. G. P ETROW, R. J. A LLEN, US 3992331 (1976), US 3992512 (1976).
(b) P. S TONEHART, Ber. Bunsenges. Phys. Chem. 94 (1990) 913–921.
[14] S. S ARANGAPANI , J. R. A DRIDGE , B. S CHUMM , (Eds.), Proc. Workshop on
the electrochemistry of carbon. Pennington: The Electrochem. Soc., 1984.
[15] Sauerstoffreduktion: D. R. DE S ENA , E. R. G ONZALES , E. A. T ICIANELLI ,
Electrochim. Acta 37 (1992) 1855.
178

[16] PTFE-gebundene Platinelektroden: W. V OGEL , J. T. L UNDQUIST, J. Electro-


chem. Soc. 117 (1970) 1512.

Anwendungen
[17] F. A. B RAMMER , P. B IEHLE , M. S TEINER, Erfahrungen mit 200 kW-PAFC-
Anlagen in Deutschland, VDI-Berichte 1383 (1998) 83-105.
[18] Fuji Electric Review No. 152(2), 38 (1992).
[19] JAPANESE G AS A SSOC ., Technical Survey Report of Fuel Cells (jap.), 1999.
[20] (a) H. K NAPPSTEIN , H. N YMOEN , G. W ISMANN , W. D ROSTE , D.
W OLF , 200 kW-BHKW mit Brennstoffzellen. Stand der Ruhrgas/Thyssengas-
Demonstrationsvorhaben, VDI-Berichte 1019 (1993) 231-251.
(b) H. K NAPPSTEIN, Blockheizkraftwerk mit Brennstoffzellen, Gaswärme In-
ternat. 43(4) (1994) 139-145.
[21] T. J. K OTAS , The exergy method of thermal plant analysis. GB-Guilford: But-
terworths, 1985.
[22] H. C. M ARU et. al., Superacid electrolyte fuel cells for transportation appli-
cations, Proc. Renewable fuels and advanced power sources for transportation
workshop, p. 55, June 17–18, 1982, Boulder, Colorado.
[23] D. N EWBY, Westinghouse air-cooled PAFC program, Proc. CEC-Italian Fuel
Cell Workshop, Taormina, Italy, June 4–5, 1987, p. 85.
[24] O NSI Corp., Broschüre, 2000.
[25] T OSHIBA, Environmentally friendly cogeneration package, 200 kW Fuel cell
power plant, Broschüre.
[26] (a) G. W ISMANN, 5 Jahre Versuchsbetrieb mit einem 200 kW-
Brennstoffzellen-BHKW, gwf Gas/Erdgas 139(7) (1998) 395.
(b) G. W ISMANN, 200 kW-Brennstoffzellen-BHKW. Ergebnisse einer
vierjährigen Praxiserprobung, Gaswärme Internat. 46(3) (1997) 162-168.
[27] D. W OLF, W. D ROSTE, Oberschwingungsmessungen an einer Phosphorsäure-
Brennstoffzelle auf dem Betriebsgelände der Ruhrgas AG in Dorsten, gwf
Gas/Erdgas 136(12) (1995) 638-642.
[28] K. Y OKOTA et. al., Load operation characteristics of TEPCO 11 MW PAFC
power plant, Proc. Int. Fuel Cell Conf. (IFCC), Makuharo, Japan (1992) 87.
179

7 Schmelzelektrolyt-
Brennstoffzelle (MCFC)

Die MCFC nutzt schmelzflüssige Alkalicarbonate als Elektrolyt. ✄7.1


Der Direktbrennstoffzellenblock besteht aus porösen Nickelelek-
Geschichte der
troden, die eine mit Carbonat gefüllte Trägerfolie (Matrix) um- Schmelzelektrolytzellen
schließen. Bei 650 ◦C entsteht anodisch Kohlendioxid und Wasser
aus Wasserstoff und Carbonat, das aus dem Elektrolyten nachge- 1911 R. B EUTNER, Schüler von
F. H ABER: Palladiumfolie als
liefert wird. Kathodisch wird Sauerstoff in Kohlendioxid zu Carbo- Wasserstoffdiffusionselektrode in
nat reduziert. Den Ladungstransport im Elektrolyt übernehmen Car- Salzschmelzen (KF + NaCl)
bonationen. Entscheidend für dem Elektrolythaushalt ist die CO2 - bei 600-800 ◦ C
Rückführung: das kathodisch verzehrte CO2 muss von der Anoden- 1910–1939 E. BAUR (1873-1944;
seite stetig ausgeglichen werden. Das Anodenabgas CO2 wird vom Braunschweig, Zürich) und Mitar-
beiter [1]: Zellen mit Salzschmel-
Wasserdampf befreit und mit einem Luftüberschuss der Kathode zu-
zen und Luftelektroden
geführt. Wellblechartig geformte Stromsammler gewährleisten die 1910 Eisenwanne mit dotierter
Gasversorgung. Bipolarplatten trennen die elektrisch in Reihe ge- NaOH-Schmelze (380 ◦ C) und
schalteten Einzelzellen. MgO-Diaphragma; Zucker, CO,
Lignit, Stadtgas, Sägemehl und
Die Abwärme der Zelle dient zur Brennstoffaufbereitung und in- Schweröl als Brennmaterial.
ternen Reformierung von Methan. Die kombinierte Strom- und 1912 Sauerstoffreduktion an
Wärmeerzeugung (Kraft-Wärme-Kopplung)1, bei geringen Emis- geschmolzenem Silber. Anode:
sionen machen die Technik interessant für kleine und mittelgroße Kohle oder Platin. Elektrolyt:
Kraftwerke. Die Kommerzialisierung läuft moderat. Soda, Pottasche, Borax, Kryolith.
Brenngas: CO oder H2 .
1921 Eisendraht (Anode), Eisen-
oxid oder Magnetit (Kathode);
Alkalicarbonatschmelze in porö-
ser MgO-Keramik (um 800 ◦ C).
Bipolarplatte Kathode Matrix Anode Brenngas CO oder H2 .
H2 1933 Wasserstoffelektrode: mit
Paraffin hydrophobierter, plati-
O2 nierter Grafit.
1935 Entdeckung, dass CO2 im
Luftstrom die Konzentrations-
polarisation an der Kathode in
H2
Luft

Carbonatschmelzen verbessert.
Brenngas

O2 1958–69 G.H.J. B ROERS und


K ETELAAR (Amsterdam) [3]:
MCFC bei 650 ◦ C. Elektrolyt:
Alkalicarbonat auf oder in
H2 Magnesia-Keramik; Silber als
Katalysator an der Kathode,
O2
Nickelpulver an der Anode.
Brennstoff: befeuchtetes Erdgas;
50–100 mA/cm2 bei 0,7–0,8 V.
Gashaube Endplatte Isolierung Kathode
✄7.2 Prinzipaufbau einer MCFC mit seitlichen Gashauben.
1 engl. co-generation of electricity and heat

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2016


P. Kurzweil, Brennstoffzellentechnik, DOI 10.1007/978-3-658-14935-2_7
180

✄7.3 Geschichte. Die Erdgas und der heimische Energieträger Kohle sind prinzipiell
B ROERS -K ETELAAR-Zelle: effizient nutzbar. Bei interner Reformierung — die direkte Umset-
1 Alkalicarbonat auf Magnesia- zung von schwefelarmem Methan in der Anodenkammer — erreicht
scheibe oder in MgO-Pressling, die IRMCFC-Direktbrennstoffzelle2 Wirkungsgrade um 60 % und
2 Glimmer, 3 Asbestdichtung
4 perforierte Stahlplatte, nutzt dabei die hochwertige Abwärme der Brennstoffzelle für einen
5 Silber bzw. Nickelpulver. internen oder vorgeschalteten Reformer.
5 Luft Der erzeugte Wasserdampf ist vielfältig verwendbar: als Heizgas,
❭ ❄ ✻ Prozessdampf, zum Betrieb einer Dampfturbine für die Stromer-
3
❭ ♠ ♠ +❢
2 ♠ ♠ ♠♠ zeugung, als Austreiberwärme für Absorptionskälteanlagen, zur
1 ♠♠
❢ ❢♠♠♠❢ Druckheißwassererzeugung, Trocknung und Sterilisation.
4 –❢
✻ ❄
Brenngas

1960 S. BAKER , Institute of Gas


Technology, Chicago. 7.1 Kenndaten des MCFC-Systems
1975–1985 USA: Förderung durch
Department of Energy (DOE) und
E LECTRIC P OWER R ESEARCH Synonyme: Carbonatschmelzen- Brennstoffzelle,
I NSTITUTE (EPRI)
Molten Carbonate Fuel Cell, MCFC
1981 M ITSUBISHI , F UJI , H ITA -
CHI , T OSHIBA : 150 mA/cm2 bei Typ: Mitteltemperatur-Knallgaszelle
0,74–0,69 V über 10000 h.
1985–92 ECN (Niederlande) und Elektrolyt: Alkalicarbonatschmelze: Li2 CO3 -K2 CO3 -Gemische
IGT (Chicago Institute of Gas oder Na2 CO3 in einer hitzefesten Matrix (LiAlO2 );
Technology): 2 kW-Stack, 5000 h
Elektrolytnachführung außerhalb der Zelle vom Kathoden- in
Lebensdauer (1992)
1988/90: Forschungsförderung
den Anodenraum. Ladungsträger ist das Carbonation CO2⊖
3 .
in Deutschland (BMFT/BMBF, Betriebstemperatur: 620–650 ◦C
1998: BMWi): Entwicklungen bei
MTU, RWE, RUHRGAS . Brenngas: Wasserstoff (aus Erdgas, Kohle, Methanol, Benzin,
S IEMENS - KWU stellt MCFC ein.
Flüssiggas, Kohlegas, Biogas).
Um 1990 LiAlO2 -Siebdruck
löst das Heißpressen ab. Oxidationsmittel: O2 /CO2 -Gemisch, kathodisch zugeführt.
1991-96 M-C P OWER: 250 kW- CO2 -haltiges Anodenabgas wird zugemischt.
Modul mit internally manifolded

heat exchanger“ (IMHEX) Elektrodenreaktionen:
1992 E NERGY R ESEARCH C ORP.
(ERC), später F UEL C ELL E NER - ⊖ Anode H2 + CO2⊖
3 ⇋ H2 O + CO2 + 2 e⊖ | · 2
GY (FCE): 70 kW-MCFC, 2000 h (CO + CO2⊖
3 ⇋ 2 CO2 + 2 e⊖ )
1993 120-kW-Aggregat, interne
Erdgasreformierung; Wirkungs-
Wassergasshift (CO + H2 O ⇋ H2 + CO2 )
grad 50 %; 250 h-Betrieb ⊕ Kathode O2 + 2 CO2 + 4 e⊖ ⇋ 2 CO2⊖
3
1995 2 MW in Santa Clara.
2 H2 + O2 ⇋ 2 H2 O
Um 2000 Europa: MTU Fried-
richshafen, ECN, A NSALDO. Zellspannung: Ruheklemmenspannung 1,04 V; 0,75 V bei 160
USA: ERC/FCE, IFC/UTC u.a. mA/cm2 (1 bar) sind praktisch realisiert.
Japan: H ITACHI , IHI, M ITSUB -
ISHI , T OSHIBA (1993).
Elektrodenmaterialien:
2004-2010 MTU & FCE: Block-
Anode: poröse Nickelplatten (mit 2–10 % Cr).
heizkraftwerke: 250 KW, 1 MW, Kathode: lithiiertes Nickeloxid (entsteht beim Anfahren aus
2 MW; gekoppelt mit Gasturbine. Nickel).
2015 F UEL C ELL E NERGY S O -
LUTIONS (FCES, Dresden; aus
FCE und MTU): 250 kW bis 2,8 2 DFC, Direct Fuel Cell. IRMCFC mit interner Reformierung. Die Beheizung des
MW; 3300 EUR/kW Reformers mit Brenngas wie bei PAFC und PEMFC entfällt.
181

Spezifische Vorteile:
1. Keine Edelmetalle, CO-Toleranz, ✄7.4 Prinzip der MCFC
Reaktionswasser und CO2 gasen aus.
Brenngas: CH4 + H2 O
2. Interne Reformierung: Wasserstofferzeugung aus Kohlenwas-
serstoffen (plus Wasserdampf) an einem Katalysator im Ano- ❄
Dampfreformierung
denraum und der Abwärme der MCFC. CH4 + 2H2 O → CO2 + 4H2
3. Hochwertige Abwärme für Kraft-Wärme-Kopplung.
✲ H2 O,CO2
Typische Nachteile: ❄
1. CO2 -Rückführung notwendig. Anode
2. Korrosions- und Phasenumwandlungsprobleme H2 + CO2⊖
3 → H2 O + CO2 + 2e

3. Kurzschlussgefahr: Auflösung der NiO-Kathode und Matrix ✻


CO2⊖3
Nickelabscheidung an der Anode.
Kathode:
4. Schwefelempfindlich. CO2 + 1/2 O2 + 2e⊖ → CO2⊖
3
Elektrischer Wirkungsgrad: 55–65 % (Zelle), 55–60 % (Erdgas- ✻
system), 60–65 % (interne Reformierung). Oxidans: O2 + CO2
Entwicklungsstand: Prototypen im Megawatt-Bereich (0,1 bis
2 MW): Blockheizkraftwerke, Stromerzeugung, Kraft-Wärme-
Kopplung mit Dampfturbine. 250-kW-MCFC im Berliner For-
schungsministerium (2014).

7.2 Schmelzflüssige Elektrolyte

Der Elektrolyt der MCFC besteht aus einer 50%igen Mischung ✄7.5
von Alkalicarbonaten in einer Matrix aus Lithiumaluminat, die mit Elektrolytschmelzen
Al2 O3 -Fasern verstärkt sein kann. Er leitet Carbonationen von der (Angaben in mol-%)
Kathode zur Anode und trennt Brenngas und Oxidans. Die Herstel- 62 LiCO3 + K2 CO3 +
5 (Ca, Sr, Ba)CO3
lung erfolgt durch Siebdruck in 0,5 mm dicker Schicht. Heißgepres- 52 LiCO3 + Na2 CO3 +
ste Scheiben3 und Pasten sind überholt. ✄Tab. 7.5 5 (Ca, Sr, Ba)CO3
62 LiCO3 + 38 K2 CO3
 Lithium und Natrium erhöhen die Leitfähigkeit. 50 LiCO3 + 50 Na2 CO3
 Natrium verbessert die Sauerstoffreduktion und die Korrosions- 70 LiCO3 + 30 K2 CO3
beständigkeit des Nickeloxids. 40 (Li, K, Na)2 CO3
(Eutektikum) [3]
 Kalium verbessert die Gaslöslichkeit, aber reagiert leicht mit NaOH + Manganat oder Vanadat
Wasserstoff (K2 CO3 + H2 → 2 K ↑ + CO2 + H2 O). als Katalysator [1].
Lithiumchlorid
 Magnesiumoxid, Erdalkalicarbonate (5 mol-% BaCO3 ) und Ka- (5854 mS/cm, 637 ◦ C)
liumwolframat erhöhen die Basizität der Schmelze und verlang- AlCl3 + N -Ethylpyridinium-
samen die Nickelkorrosion. chlorid (2 : 1; 17 mS/cm, 20 ◦ C)
Borax
NiO + CO2 → Ni2⊕ + CO2⊖ 3 Kryolith
Ni + CO2⊖
2⊕
3 + H2 → Ni ↓ +CO2 + H2 O
Elektrolytmatrix
Die Dreiphasengrenze wird von der Porenstruktur der Elektrode, Lithiumaluminat: γ -LiAlO2
Carbonatgehalt und Oberflächenspannung der Schmelze bestimmt. Al2 O3 [3]
Mit steigender Temperatur nimmt die Leitfähigkeit der Schmelze MgO (veraltet)
zu, dafür sinkt die Gaslöslichkeit. Stromsammler (Abgriff)
3 electrolyte tiles (bis 1980): 60–65 % Alkalicarbonatmischung (62 Li CO + 38
Nickelnetz
2 3 Vernickelter Stahl
K2 CO3 ) bei 490 ◦ C und 350 bar.
182

Carbonatschmelzen wirken extrem korrosiv auf Metalle, Glas und


Sinterkeramiken. Die Stabilität von Metallen und Legierungen hängt
von der Gasatmosphäre ab. Kathodisch sind halbleitende Oxide sta-
bil; anodisch eher Nickel, Cobalt und Kupfer.
✄7.6 Ionenleitende Schmelzen können wie wässrige und organische
Lösungen starke oder schwache Elektrolyte sein, d. h. vollständig
Leitfähigkeit von Schmelzen
oder teilweise in Ladungsträger dissoziiert sein. Geschmolzene Ha-
LiCl (620 ◦ C) 5,83 S/cm logenide, Hydroxide, Nitrate, Carbonate und Sulfate der Alkali-
NaCl (850 ◦ C) 3,75 S/cm
CaCl2 (800 ◦ C) 2,21 S/cm und Erdalkalimetalle zählen zu den besten Ionenleitern. Alumini-
KNO3 (400 ◦ C) 0,81 S/cm umchlorid als schwacher Elektrolyt enthält in Schmelze noch un-
NaOH (400 ◦ C) 2,82 S/cm dissoziierte Moleküle. Ein zugesetztes Salz bildet mit einer Fremd-
schmelze eine schmelzflüssige Lösung. Verdampfungsvorgänge und
die Löslichkeit von Metallen in der Elektrolytschmelze können
Stoffbilanzen verfälschen.
Der Ladungstransport in Schmelzen erfolgt überwiegend über
Fehlordnungen, die beim Schmelzen des Kristallgitters in großer
Zahl entstehen. Bei Alkalisalzen nimmt das Volumen um 20 %
zu. Überführungszahlen werden durch Volumenänderungen bei
Gleichstromfluss oder mit Radiotracermethoden bestimmt. Wie im
Festkörper überwiegt meist die Leitfähigkeit des kleineren Kations;
z. B. t⊕ = 0,76 in NaCl bei 835 ◦C.
Potentialmessungen in Schmelzen werden durch ein fehlendes all-
gemeines Bezugssystem erschwert. Die Wechselwirkungen unsolva-
tisierter Ionen führen zu erheblichen Freien Überführungsenthalpi-
en.4 Als Bezugselektrode in Schmelzen werden eingesetzt [15]:
 Golddraht, umspült mit O2 /CO2 , in Li2 CO3 /K2 CO3 -Schmelze
(als Innenelektrolyt) im Al2 O3 -Röhrchen, das über eine kleine
Öffnung oder Kapillare mit dem Testelektrolyt verbunden ist.
 Silber-Silberchlorid-Elektrode in einer (Li,Na,K)NO3 /KCl-
Schmelze
Analytische Untersuchungen gelingen, ähnlich zur Polarografie, mit
einer Silbertropfelektrode (961 ◦C). Strom-Spannungs-Kurven sind
diffusionskontrolliert, zumal chemische Reaktionen bei hoher Tem-
peratur schnell ablaufen. Diffusionskoeffizienten in Schmelzen lie-
gen um 10−6 bis 10−4 cm2 /s.
Die Elektrolytmatrix besteht aus Submikrometer kleinen γ -
LiAlO2 -Partikeln, die große Porosität und Elektrolytspeicher-
vermögen gewährleisten. Für die mechanische und thermische Sta-
bilität werden 30 % gröbere Partikel (100 µm) und 15 % Al2 O3 -
Fasern zugemischt [6]. α- und β-Lithiumaluminat bilden weniger
stabile Kristalle und werden abgetrennt. Mit zunehmender Betriebs-
zeit geht γ -LiAlO2 in die α-Phase über.
✄Kap. 8.2 Dotiertes Ceroxid5 ist stabiler als Aluminiumoxid, jedoch teurer.
4 Die Berechnung von 1G = z F[E 0 (Schmelze ) − E 0 (Schmelze )] scheitert,
1 2
weil die Freien Solvatationsenthalpien der Einzelionen unbekannt sind.
5 E. B AUR 1937: Kohle-Sauerstoff-Element mit Al O /CeO /WO -Elektro-
2 3 2 3
lyt (SOFC).
183

7.3 Elektrodenmaterialien

Bei der Betriebstemperatur von 650 ◦C spielen Überspannungen ✄7.7


keine Rolle mehr, so dass Nickel statt teurer Edelmetallkatalysa- Elektrodenmaterialien
toren eingesetzt wird. Die gemessene Leerlaufspannung ist etwa
gleich wie bei der PAFC. Sauerstoffelektrode (Kathode)
NiO + 1–2 % Li
LiCoO2
LiFeO2
7.3.1 Wasserstoffelektrode Li2 MnO3 (+ Co, Cu, Mg)
Lix Ni1−x O/La2 O3
Lix Ni1−x O/CeO2
Die Anode (Wasserstoffelektrode) besteht aus einer 0,5–1,5 mm Lix Ni1−x O/(La,Sr)CoO3
dicken Nickel-Chrom-Legierung mit 50–70 % Porosität und 1–2 Ni-Fe-Mg-Oxide
µm großen Poren in 3–5 µm Abstand. Der Schmelzelektrolyt be- austenitische Stähle (Fe-Ni-Cr)
Ag2 O, Cu (veraltet)
netzt den Nickelschwamm nicht vollständig (Kontaktwinkel 30◦ für
62 mol-% Li2 CO3 + 38 mol-% K2 CO3 ). 2–10 % Chrom verhindert Brenngaselektrode (Anode)
das Sintern der porösen Elektrode; an den Korngrenzen gebildetes Ni-Schwamm + 10 % Cr
LiCrO2 verhindert die Nickeldiffusion. Auch Zusätze von Oxidpar- Ni + 5 % Al
Li2 TiO3
tikeln (Al2 O3 , LiAlO2 ) verbessern die mechanische Stabilität und Ti-Ni-Hydride
das Kriechverhalten. Pt, Pd, Ni (veraltet)
Vor 1976 wurde Reinnickel eingesetzt, das sich als nicht langzeitsta-
Bipolarplatte
bil erwies. Ceramic Metal (Cermet) verhindert das Sintern, Korn-
vernickelter Stahl
wachstum, Schrumpfen und den Oberflächenverlust von Nickel. Ni-Legierungen
Stähle sind nicht korrosionsstabil. Cr/Al-Legierungen
Die Anode stützt die Kathodenstruktur und Elektrolytmatrix. Die
Poren sind etwas kleiner als auf der Kathodenseite, weil die Anode
als Elektrolytreservoir dient und wegen der schnelleren Anodenre-
aktion eine kleinere Elektrodenoberfläche genügt. Die Gasdiffusi-
onssperre6 — eine gleichmäßig-feinporöse, dünne Schicht an der
Grenzfläche Anode/Elektrolyt — verhindert den Gasdurchbruch, in-
dem sie den Elektrolyt in den kleinen Poren durch Kapillarkräfte
fixiert und Differenzdrücken widersteht.
Die Austauschstromdichte und katalytische Aktivität von Metall-
folien — in eutektischer Li2 CO3 /K2 CO3 -Schmelze, 650 ◦C, um-
spült von wasserdampfgesättigtem H2 /CO2 -Gemisch — ist deutlich
höher als in wässrigen Lösungen [14]. Nickel ist vorteilhaft.
(126 mA/cm2) Pd > Ni > Pt > Ir > Au > Ag (13 mA/cm2 )
Die Anodenreaktion lautet vereinfacht.
(1) H2 → 2Had
(2) Had + CO2⊖ 3 → OH⊖ + CO2 + e⊖
(3a) Had + OH → H2 O + e⊖

H2 + CO2⊖ 3 → CO2 + H2 O + 2 e⊖
(3b) 4 OH⊖ + 2 CO2 → 2 H2 O + 2 CO2⊖ 3
Had kann man sich auch als Nickelhydrid vorstellen. Spuren von
Schwefel vergiften die Elektroden.

6 engl. bubble pressure barrier, BPB.


184

7.3.2 Sauerstoff-CO2 -Elektrode

1. Die Kathode (Sauerstoff-/CO2-Elektrode) besteht aus 0,5–0,75


mm dickem Sinternickel mit 70–80 % Porosität und 5–15 µm
großen Poren [3]. Eine poröse Nickelmasse wird in situ zu NiO
oxidiert und durch Lithiierung entsteht ein nichtstöchiometrisches
Lithiumnickeloxid Lix Ni1−x O (0,022 ≤ x ≤ 0,04) mit guter
Leitfähigkeit. Dabei bilden sich neue winzige Poren mit guten Be-
netzungseigenschaften für die Schmelze, während die großen Poren
zur Gaszufuhr dienen. Porenfüllgrad (ca. 20 %) und Elektrolytver-
teilung in der Kathodenstruktur bestimmen die Überspannung maß-
geblich.
2. Bei 650 ◦C läuft die Sauerstoffreduktion nahezu reversibel,
aber langsam ab. Die Austauschstromdichte ist dennoch tausend-
fach höher als in wässriger Lösung (Gold: 10–40 mA/cm2 ). In Li-
thiumcarbonat herrscht intermediär Peroxid; in Kaliumcarbonat Hy-
peroxid vor. Im Eutektikum von 68 mol-% Li2 CO3 und 32 mol-%
K2 CO3 treten beide Spezies auf.
 In basischen Schmelzen (Li2 CO3 > Na2 CO3 > K2 CO3 ) läuft
die Kathodenreaktion bevorzugt über Peroxidionen.
1/ O + CO2⊖ → O2⊖ + CO
2 2 3 2 2
O2⊖ + 2 e ⊖ → 2 O2 ⊖
2
2 O2⊖ + 2 CO2 → 2 CO2⊖ 3
1/ O + CO + 2 e⊖ → CO2⊖
2 2 2 3
 In sauren Schmelzen dominiert der Hyperoxid-Mechanismus.
3 O2 + 2 CO2⊖ 3 → 4 O⊖2⊖ + 2 CO2

4 O2 + 4 e⊖ → 4 O22
4 O2⊖
2 +8e
⊖ → 8 O2⊖

8 O + 8 CO2 → 8 CO2⊖
2⊖
3
1/ O + CO + 2 e⊖ → CO2⊖
2 2 2 3
3. Lebensdauer. Höhere Betriebstemperaturen scheitern an Korro-
sionsproblemen. NiO löst sich auf (1), besonders bei hohen CO2 -
Partialdrücken und in sauren Schmelzen. Nickel scheidet sich im
Elektrolyten und auf der Anode wieder ab; es besteht Kurzschluss-
gefahr. Ein Zusatz vom Magnesium verbessert die Stabilität der Ka-
thode. In basischen Schmelzen liegt die schützende Oxidkonzentra-
tion höher (2).
(1) NiO + CO2 → Ni2⊕ + CO2⊖ 3
Ni2⊕ + 2e⊖ → Ni
(2) M2 CO3 → M2 O + CO2 (M = Li, K, Na)
Ni2⊕ + O2⊖ → NiO
Die geringste Korrosion wird in den eutektischen Schmelzen 62 %
Li2 CO3 –38 % K2 CO3 und 52 % Li2 CO3 –48 % Na2 CO3 beobachtet.
Basische Zusätze (MgO, Erdalkalicarbonate) mindern die Nickel-
korrosion. Die anodische Wasserstoffoxidation zeigt sich weniger
empfindlich.
185

4. Gemischte Kathodenmaterialien. NiO/LiMO2 -Zweischicht-


elektroden (M = Co, Fe) sind vorteilhaft. LiCoO2 und LiFeO2 sind
korrosionsstabiler als NiO, mindern aber die Zellspannung. Auste-
nitische Stähle mit hohem Chromgehalt — die durch LiCrO2 passi-
vieren, das die Eisendiffusion verhindert — werden erforscht.

7.3.3 Beschichtungstechnik

Die porösen Elektroden und die Elektrolytmatrix werden als Foli-


en gegossen.7 Dabei wird ein Schlicker aus pulverförmigen Legie-
rungen (Elektroden) bzw. Keramiken (Matrix) und einem Bindemit-
tel (z. B. PVA) auf eine Glasunterlage aufgestrichen und anschlie-
ßend in Durchlauf- oder Kammeröfen getrocknet und gesintert. Die
endgültige Formierung der Elektroden (Kathodenoxidation) unter
Ausbrand des Bindemittels findet im eingebauten Zustand beim er-
sten Aufheizen des Zellstapels statt.
Die Porenstruktur der Elektroden und der LiAlO2 -Elektrolytma-
trix muss sorgfältig dimensioniert werden [15]. Die Matrix soll
vollständig, die Elektroden nur teilweise mit Elektrolytschmelze
gefüllt sein; wobei kleine Poren voll und größere mit einem Elek-
trolytfilm überzogen sind. Es gibt es keine bekannten Materialien,
um die Elektroden für Schmelzen abweisend zu machen (so wie
PTFE in wässrigen Systemen). Deshalb werden die Durchmesser
der größten gefluteten Poren aufeinander abgestimmt: Kathode 5–
d Porendurchmesser,
15 µm, Anode 2–6 µm, Matrix <0,5 µm.
σ Oberflächenspannung,
σc cos θc σe cos θe σa cos θa θ Benetzungswinkel,
= = (7.1) a = Anode, c = Kathode,
dc de da e = Elektrolytmatrix.

7.3.4 Elektrodengifte

CO ist kein Elektrodengift wie bei den Niedertemperatur-Brenn- ✄7.8 Elektrodengifte


stoffzellen. Auch 1 ppm Schwefel im Brenngas oder Oxidans wirkt As <0,1 ppm
als reversibles Elektrodengift. HCl >0,1 ppm
H2 S >0,1 ppm
Feinstäube (Kohle, Asche) verstopfen die Gasräume. COS, CO2 >1 ppm
Kohlenwasserstoffe (C6 H6 , C10 H8 , C14 H10 ) führen langfristig zur Pb >1 ppm
Verkokung der Elektroden. Zn >15 ppm
Cd >30 ppm
Schwefelverbindungen (H2 S, COS, CS2 , C4 H4 S) erzeugen Über- Hg >35 ppm
spannungen und bilden SO2 im Elektrolyten. Nickelelektroden ver- C⊕2 >100 ppm
giften durch Sulfidbildung (1). Bei kleinen H2 S-Konzentrationen CO >6 ... 10 %
NH3 >10 %
bleibt im Gegenwart von Wasserstoff die Schädigung aus (2). Unkritisch: CH4 , N2
(1) H2 S + CO2⊖
3 → H2 O + CO2 + S2⊖ ——
2⊖ 1 ppm = 10−6 = 0,0001 %
S + Ni → NiS + 2e⊖
(2) NiS + H2 → Ni + H2 S

7 engl. tape casting, Foliengießen; ✄Kap. 8 (SOFC).


186

Halogenverbindungen (HCl, HF, HBr, SnCl2 ) sind korrosiv und rea-


gieren mit dem Elektrolyten; gebildetes LiCl und KCl dampfen
leicht ab.
Stickstoffverbindungen (NH3 , HCN, N2 ) reagieren mit dem Elektro-
lyten.
Schwermetalle (As, Pb, Hg, Cd, Sn, Zn, H2 Se, H2 Te, AsH3 ) adsor-
bieren auf den Elektroden und reagieren mit dem Elektrolyten.

7.4 Betriebsverhalten

7.4.1 Thermodynamik der MCFC


Die reversible Zellspannung wird von Temperatur, Druck und
Wasseraktivität bestimmt. Bei Wasserstoff und CO als Brennstoff
✄7.9 Zellspannung. fällt 1E 0 mit steigender Temperatur; bei Methan und Kohle ist
Eckige Klammern stehen für 1E 0 (T ) konstant. Bei höherer Betriebstemperatur sinken die ka-
Gleichgewichtsaktivitäten: thodische Überspannung und der Elektrolytwiderstand, so dass der
[OH⊖ ] = aOH⊖ . Gewinn an realer Zellspannung den gelinden Abfall der berechne-
Für Gase dürfen Partialdrücke ein- ten N ERNST-Spannung (✄Tab. 7.9) weit übertrifft. Die Wassergas-
gesetzt werden: [H2 ] = pH2 / p0 mit
Shiftreaktion CO2 + H2 O ⇋ CO2 + H2 läuft schneller, die exother-
p0 = 101325 Pa.
me B OUDOUARD-Reaktion 2 CO ⇋ C + CO2 wird gebremst.

1. N ERNST-Gleichung für Wasserstoff als Brenngas

 Anode, ⊖: H2 + CO2⊖3 → H2 O + CO2 + 2 e



0
E ox = E ox + RT [H
ln 2 O][CO 2 ]
2F [H2 ][CO2⊖
3 ]
 Kathode, ⊕: 1/ O
2 2 + CO2 + 2 e⊖ → CO2⊖ 3
1
RT [O ]
+ 2F ln 2 [CO 2]
0 2
E red = E red
[CO2⊖ 3 ]
1/2
 Ruhezellspannung E = E red − E ox = 1E 0 + RT ln [H2 ] [O2] + RT ln [CO2 ]Anode
2F [H2 O] 2F [CO2 ]Kathode

2. N ERNST-Gleichung für Kohlenmonoxid als Brenngas

 Anode, ⊖: CO + CO2⊖ 3 → 2 CO2 + 2 e


CO + H2 O → CO2 + H2 (sei langsam)


2
0 + RT ln
E ox = E ox [CO2 ]
2F [CO][CO2⊖3 ]
 Kathode, ⊕: 1/ O
2 2 + CO2 + 2 e⊖ → CO2⊖ 3
E red 0
= E red + RT ln [O2 ]1/2 [CO2 ]
2F [CO2⊖ ]3
1/2
 Ruhezellspannung E = E red − E ox = 1E 0 + RT ln [CO] [O2 ]
2F [CO2 ]
(Für gleiche Carbonat- und Wasserkonzentration an Anode und Kathode.)
187

Bei zu hoher Temperatur wiederum verkokt Methan, Elektrolyt ver- Verkokung von Methan:
dampft und Korrosionsprobleme werden verstärkt. 650 ◦C gelten als CH4 ⇋ C + 2 H2
beste Betriebstemperatur. Das Anfahren (Start-up) und Abschalten
(Shutdown) der MCFC erfordert langsame Temperaturänderungen,
um thermische Spannungen und Gasdurchbrüche zu vermeiden.
Der 10-fache Betriebsdruck steigert die Zellspannung um theore-
tisch 46 mV. Nachteile der Druckerhöhung sind die B OUDOUARD- Druckabhängigkeit der Zell-
spannung (empirisch):
Reaktion und Methanisierung (CO + 3 H2 → CH4 + H2 O).
Die reale Zellspannung beträgt 750–950 mV bei 100–200 mA/cm2 ; 1U = 76,5 mV · log( p2 / p1 )
die flächenbezogene Leistung >0,15 W/cm2 . Unterschreiten der
stöchiometrischen Zusammensetzung 33 % O2 + 67 % CO2 führt für 650 ◦ C, 160 mA/cm2 , ver-
schiedene Brenngaszusammenset-
zu einer Transportüberspannung bei hohen Strömen. Anodisch wer- zungen
den CO, Methan und höhere Kohlenwasserstoffe nur langsam direkt
oxidiert. Wasserstoff entsteht vornehmlich durch Konvertierung am
Nickelkatalysator (CO + H2 O → CO2 + H2 ). Das Brenngas wird
mit Wasserdampf angereichert, um Kohleabscheidung (Verkokung)
in den Gaskanälen und Elektroden zu vermeiden.

7.4.2 Impedanzspektrum
Die Zellimpedanz bildet Benetzung, Korrosion und Langzeitabfall Kettenleitermodell,
der Elektroden ab. Die Ortskurve zeigt zwei Bögen, wobei die NiO- transmission line,
✄Kap. 2
Kathode bestimmend ist. Die Agglomeratstruktur der Elektrode —
Metallpartikel mit gasgefüllten Makroporen und elektrolytgefüllten
Mikroporen, die mit einem Elektrolytfilm überzogen sind — wird
gut durch einen Kettenleiter beschrieben.
1. Elektrolytwiderstand. Hochfrequenter Schnittpunkt mit der ✄7.10 Impedanzspektrum der
MCFC (qualitativ, mathematische
Realachse; entspricht dem ionischen Widerstand der Schmelze.
Konvention)
2. Elektrodenbogen (Grenzfläche Elektrode/Elektrolyt). 1 Elektrolytwiderstand
2 Durchtrittsimpedanz
 Die Sauerstoffreduktion an der NiO-Kathode läuft über Su- 3 Diffusionsimpedanz.
2⊖
peroxid O⊖ 2 , Peroxid O2 und möglicherweise Percarbonat

CO4 , die im vorgelagerten chemischen Schritt aus O2 und Re Z
Carbonat erzeugt werden. Die schnelle Durchtrittsreaktion ✻ 1 Im Z
bildet oft nur einen Viertelkreis, der in den niederfrequenten ✲
Transportbogen übergeht.8 Die Doppelschichtkapazität kor- 2
3
reliert mit der zugänglichen inneren Elektrodenoberfläche.
 Die Nickelanode leitet fünffach besser als die NiO-Kathode.
Zugemischte Partikel (Li2 TiO3 , LiAlO2 ) verbessern Benetz-
barkeit und innere Oberfläche. Die diffusionskontrollierte
Wasserstoffoxidation erzeugt eine hochfrequente 45◦ -Gerade
im Elektrodenbogen 2; der Transportbogen 3 fehlt meist.
3. Stofftransportbogen (Grenzfläche Gasraum/Elektrode). Der
Elektrolytfilm über den NiO-Clustern der Kathode behindert den
Massentransport von Gelöst-O2 und CO2 .

8 Zwei Vorgänge führen zu getrennten Halbkreisen, wenn sich die Zeitkonstanten


τ = RC um den Faktor ≥10 unterscheiden.
188

7.5 Anwendungen

Erdgas-MCFC-Kraftwerke mit interner Reformierung erreichen


einen Gesamtwirkungsgrad von über 50–60 %. Marktführer in den
USA ist die Firma F UEL C ELL E NERGY Inc., vormals ERC. In Eu-
ropa trieben MTU, A NSALDO (Italien) und ECN (Niederlande) die
Kommerzialisierung der MCFC voran.

7.5.1 Interne Reformierung

✄7.11 Die Dampfreformierung von Kohlenwasserstoffen liefert wasser-


Interne Reformierung.
stoffreiches Synthesegas (Reformat). Die Reformierung des Brenn-
a) Direkt. A = Anode, stoffes in der Zelle selbst gelingt in unmittelbarer Nähe der Wasser-
E = Elektrolyt, K = Kathode. stoffoxidation — und nutzt die Abwärme und Wasserproduktion der
CH4 + H2 O CO2 , H2 O Sauerstoffreduktion.

❄ ✻  Direkte interne Reformierung: am Reformierungskatalysator in


H2 , CO der Anodenkammer (650 ◦C) der Direktbrennstoffzelle.
❄  Indirekte interne Reformierung: im einem von der Zelle strah-
A lungsbeheizten internen Reaktor vor der Anode (650 ◦C).
E
K  Externe Reformierung: im separaten Reaktor bei 800–900 ◦C.
Vorteile der internen Reformierung sind:
✻  Einfaches System: kein separat beheizter Reformierreaktor.
O2 + CO2  Hoher Systemwirkungsgrad: Abwärme erzeugt neue Primär-
energie (Kraft-Wärme-Kopplung).
b) Indirekt
 Reduzierter Kühlbedarf: chemische Kühlung“ durch die endo-
CH4 + H2 O ”
therme Reformierreaktion.

Interner Reformer  Optimale Brenngasnutzung: Verschiebung des chemischen
❄ Gleichgewichts der Zellreaktion zur Wasserstoffproduktion,
H2 , CO CO2 , H2 O ✲ weil die Reformerreaktion stetig Wasserstoff verzehrt (L E
❄ C HATELIER-Prinzip des kleinsten Zwangs).
A
E  Geringe Schadstoffemissionen im Vergleich zur Verbrennungs-
K technik.

✻ 2 kWh Abwärme der Brennstoffzellenreaktion sparen 20 % der als


O2 + CO2 Methan eingesetzten Primärenergie für die Wasserstofferzeugung.

CH4 + 2 H2 O + Abwärme → CO2 + 4 H2 1H = 225 kJ/mol


1 m3 4 m3
10 kWh + 2 kWh = 12 kWh

✄7.12 Heizwert Die interne Reformierung läuft bevorzugt bei hoher Temperatur und
Methan 10 kWh/m3 niedrigem Druck. An der Anode wird formal Methan zu Kohlendi-
Wasserstoff 3 kWh/m3 oxid umgesetzt.
189

Interne Reformierung: CH4 + H2 O → 3 H2 + CO


Wasserstoffoxidation: 3 H2 + 3 CO2⊖
3 → 3 H2 O + 3 CO2 + 6 e⊖
CO + CO2⊖3 → 2CO2 + 2 e⊖
Nettoreaktion CH4 + 4 CO2⊖
3 → 2 H2 O + 5 CO2 + 8 e⊖

Weil Wasserstoff an der Anode und Wasserdampf im Reformer ver-


braucht wird, liegt das Gleichgewicht der Zellreaktion produktsei-
tig. Bei einem Dampf-Kohlenstoff-Verhältnis von S/C = 2,5 werden Dampf-Kohlenstoff-Verhältnis,
dadurch nahezu 100 % Methanumwandlung erreicht, so dass kein steam to carbon ratio, S/C
Nachteil zu einem externen Reformer bei höherer Betriebstempera-
tur besteht (bzw. 85 % Umsatz bei 650 ◦C). Größerer Dampfüber-
schuss (S/C = 2,5 ... 7) verbessert zwar die H2 -Ausbeute und mar-
ginal den Wirkungsgrad der Anodenreaktion, doch sinkt wegen
der thermischen Dampferzeugung der Gaserzeugungs- und Nettosy-
stemwirkungsgrad. Es gibt aber auch ein unteres S/C-Verhältnis und
eine untere Temperatur, um Kohleabscheidung im Reformer und den
porösen Anoden zu verhindern.9 Die MCFC erlaubt (besser als die
PAFC) niedrigere Reformertemperaturen und Dampf-Kohlenstoff-
Verhältnisse.

7.5.2 Aufbau eines MCFC-Kraftwerks

Das IRMCFC-Brennstoffzellensystem10 für den Erdgasbetrieb ✄7.13 Lebensdauerphänomene


benötigt im Gegensatz zur PAFC keinen externen Reformer. 1. Verfestigung und Kriechen
der Materialien: Kontaktverlust,
1. Gaserzeugung: Entschwefelung, Zumischen von Wasserdampf, Verlust aktiver Oberfläche
interne Reformierung. 2. Korrosion
2. Brennstoffzelle: Verstromung des Reformats mit Luft bei 650 ◦C. 3. Elektrolytverlust
4. Matrixbruch
3. Stromwandlung: Gleichstromsteller und Wechselrichter erzeu-
gen netzsynchronen Drehstrom (380 V, 50 Hz). 5. Direktreformierung:
Aktivitätsverlust des
4. Hilfsaggregate Katalysators
a) Gasversorgung (Erdgas, Pressluft),
b) Kühlsystem,
c) Aufbereitung des Kühlwassers (Ionentauscher, Aktivkohle),
d) Dampferzeuger,
e) Generator (Stromerzeugung mit dem Reformerabgas),
f) Steuerung und Regelung.

Die Abwärme des Kathodenabgases dient zur Erdgasvorheizung


und Dampferzeugung.
Typische Langzeitphänomene beim Betrieb von MCFC-Anlagen
sind Korrosion und Werkstoffveränderungen. ✄Tab. 7.13

9 Reaktionen siehe Kap. Gaserzeugung.


10 IR = Interne Reformierung
190

7.5.3 MTU Hot Module

✄7.14 Geschichte. Die Direktbrennstoffzelle der MTU M OTOREN - UND T URBINEN -


1990 Arbeitsgemeinschaft aus: U NION Friedrichshafen GmbH — in Lizenz von ERC und dem Ko-
MTU Friedrichshafen GmbH, operationspartner F UEL C ELL E NERGY — besteht aus rund 300
RUHRGAS AG, RWE Energie, Einzelzellen von 0,8 m2 Querschnitt. Der Zellstapel aus porösen
H ALDOR T OPSØE, Dänemark,
E LKRAFT A.m.b.A., Dänemark. Nickelelektroden, Matrixfolien, Gasverteiler- und Bipolarplatten
1997 MTU Hot Module“ für
wird durch Endplatten mit Zugankern zusammengehalten. Gashau-
” ben an den vier Seitenflächen führen Brenngas und Kathodenluft im
RUHRGAS AG.
1999 250 kW-MCFC: Stadtwerke Kreuzstrom durch den Zellblock und die Reaktionsprodukte ab (sog.
Bielefeld. Wirkungsgrad 52 %, externes Manifolding).11 ✄Abb. 7.1
mit 160 kW Prozessdampf: 75 %.
Das Hot Module-Konzept von MTU nutzt Systemvereinfachungen,
2001 250 kW-MCFC für Rhön-
Klinikum in Bad Neustadt/Saale.
weil die herkömmlichen Subsysteme (Gasaufbereitung, Stromkon-
400 ◦ C heißer Abdampf für ditionierung, Wärmenutzung, Steuerung und Regelung) den Groß-
Sterilisationszwecke und heißes teil der Anlagenkosten ausmachen. ✄Tab./Abb. 7.14 bis 7.18
Brauchwasser. 8300 Betriebsstun-
den im ersten Jahr.  Die heißen Zellkomponenten — Stack, katalytischer Brenner
2002 250 kW-Erdgas-MCFC: Not- (Nachverbrennung des Anodenabgases), Kathodengaskreislauf
stromversorgung für T ELEKOM mit Luftzufuhr und Gebläsen — sind in einem wärmeisolierten
München. Kosten 5,5 Mio. EUR. Kessel integriert. Der Zellstapel liegt waagrecht; durch die Ge-
2007 F UEL C ELL E NERGY: wichtskraft sind Pressvorrichtungen entbehrlich.
300-kW-Kopplung von MCFC
und Gasturbine. Systemwirkungs-
 In der Mischkammer kommen Anoden- und Kathodenabgas
grad für Erdgas: 56 %. 2014 und Frischluft zusammen; dies spart Gasverteiler und -sammler
250-kW-MFCF im BMBF Berlin (manifolds), Dichtungen und Verrohrung ein, und verhindert
die Zerstörung der Matrix durch Druckdifferenzen zwischen
Anoden- und Kathodenraum. Die flächige Gasversorgung des
Zellstapels spart Verrohrung und Gebläseleistung.
✄7.15 Prinzip des MTU Hot Der heiße Kathodenabluftstrom liefert über einen Wärmetau-

Module“. 1 Stack,
2 Heizung, 3 Mischkammer,
scher Nutzwärme von 550–600 ◦C und dient ferner zur Brenngas-
4 Katalytischer Nachbrenner, vorwärmung und -befeuchtung. Ein Wechselrichter wandelt den er-
5 Kathodengas zeugten Gleichstrom in netzgerechte Wechselspannung. Durch elek-
trische und gastechnische Parallelschaltung mehrere Direktbrenn-
Luft Gebläse stoffzellenblöcke entsteht ein Kraftwerk von 10 kW bis 10 MW
❈ elektrischer Nutzleistung — mit hohem Systemwirkungsgrad und
❈ ✛ geringen Schadstoffemissionen (✄Tab. 7.16). Blockheizkraftwerke
❈ ❄ und Gas-/Dampfturbinen erreichen selbst bei größten Leistungen
❈ 4 höchstens 40–50 % elektrischen Wirkungsgrad.
❈ ✻
❈❲ 3  Die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), d. h. die Erzeugung von
5 Strom und Prozessdampf, aus der MCFC tritt in Konkurrenz zur
Gasturbine.

2 1  Hochtemperatur-Nutzwärme (550–600 ◦C) aus der MCFC er-
❇ zeugt Strom über eine nachgeschaltete Dampfturbine. Wird das

❇ Turbinenabgas weiter als Prozessdampf genutzt, sind elektrische

❇◆ und thermische Gesamtwirkungsgrade um 85 % realistisch.
Abluft 11 Bei der internen Gasverteilung (internes Manifolding) — bei AFC, PEMFC,
PAFC — tragen die Bipolarplatten Gaszu- und -abfuhrkanäle; durch einen Ring-
Brenngas kanal werden sie außerhalb der aktiven Zellfläche verbunden. Die elektrolytgefüll-
te Matrix dient als Dichtung ( wet seal“).

191

Als Brennstoffe kommen Erdgas, Bio-, Klär- und Grubengas, Py- ✄7.16 Elektrischer Wirkungsgrad.
rolysegase aus organischen Reststoffen oder der Kohlevergasung in a) Direkt-MCFC
Frage. Flüssige Kohlenwasserstoffe müssen aufbereitet werden. 10 kW 40–48 %
100 kW 44–58 %
Die Zielkosten von 1250 EUR/kW für Kleinanlagen bis 1 MW 1 MW ... 1 GW 45–65 %
sollten durch das Hot Module-Konzept und die Massenfertigung b) BHKW
der Komponenten bei einem Produktionsvolumen von 40–50 MW/a 1 MW 30–40 %
erreicht werden. MTU stellte den Vertrieb um das Jahr 2010 ein. 10 MW 31–42 %
c) Gas-/Dampf-Turbine
10 MW 26–34 %
100 MW 30–40 %
1 GW 32–48 %

✄7.17 MTU Hot Module Mitte der


1990er Jahre. Bild: D AIMLER AG

✄7.18 Innenansicht des Hot


Moduls. Bild: D AIMLER AG
192

7.5.4 MTU-Hochleistungselektrolyseur

✄7.19 Umgekehrt zum Brennstoffzellenprozess koppelt MTU die netz-


MTU-Elektrolyseur [20]
gespeiste Hochdruck-Wasserelektrolyse direkt an das schwankende
Betriebsdruck: 30 bar Stromangebot erneuerbarer Energiequellen an.
Wirkungsgrad: >80 % (Pn )
>87 % (0,2 Pn )  Nutzung von kraftwerkseitigen Leistungsspitzen: Netzregelung
Gasreinheit: >99,5 % H2 und Frequenzstabilisierung des Verbundnetzes.
>99,1 % O2  Dezentrale Wasserstoff- und Sauerstofferzeugung: Wasser-
Last: 20...120 % Pn
—— stofftankstellen für Land-, Wasser- und Luftfahrzeuge, Industrie-
Pn Nennlast prozesse (Methanolsynthese, Fetthärtung, Kunstdüngerherstel-
lung, Reduktionsprozesse).
 Inselstromversorgung: Elektrolysewasserstoff als Speichermedi-
✄7.20 MTU-Druckelektrolyseur um für Fotovoltaik und regenerative Stromquellen. Rückverstro-
(1998). Bild D AIMLER AG mung und Netzstabilisierung durch Brennstoffzellen (statt Bat-
terien) oder Wasserstoffmotoren.
Ein 250 V/10 kA-Elektrolyseur — über einen ac/dc-Stromrichter
vom Verbundnetz versorgt — wandelt 2500 kVA Leistung in Was-
serstoff und Sauerstoff, dies auch intermittierend und mit gutem
Teillastverhalten. Transportrisiken der straßengebundenen Versor-
gung entfallen. Der Betriebsdruck von 30 bar erlaubt die direkte
Füllung von Hydridspeichern und Pipelines.
Werkstoffe. Die oxidkeramische Elektroden-Diaphragma-Einheit
(EDE) wird aus Calciumcarbonat, Titandioxid und Metalloxiden als
Folie ausgezogen und gesintert.

7.5.5 MCFC-Entwicklung in Japan

✄7.21 MCFC weltweit Die japanischen Gas- und Stromversorgungsunternehmen engagie-


FCE (USA) ren sich mit staatlicher Subvention (MITI) besonders im Bereich
G EN C ELL (USA) von Megawattanlagen. Das zentrale Forschungszentrum Agaki ent-
MTU-CFC S OLUTIONS (D) wickelt Peripheriekomponenten wie Reformer, Gebläse und Nach-
A NSALDO (Italien)
KEPR (Korea) brenner. Entwicklungen laufen bei:
D OOSAN H EAVY I NDUSTRIES  M ITSUBISHI (mit ERC-Lizenz)
(Japan)
IHI (Japan)  F UJI (mit IFC-Lizenz)
 IHI (Ishikawajima-Harima Heavy Industries):
500 kW Stackleistung mit 1 m2 Zellfläche.
 H ITACHI
Gegenüber der PAFC-Technologie hinkt die MCFC in Japan hin-
terher. Im Rahmen des Mondscheinprojektes (1990) betrieben eine
Stackentwicklung H ITACHI , M ITSUBISHI und IHI; die System- und
Peripherieentwicklung liegt beim C ENTRAL R ESEARCH I NSTITU -
TE OF E LECTRIC P OWER I NDUSTRY und der T ECHNOLOGY R E -
SEARCH A SSOCIATION .
193

7.6 Verstromung von Biogas

Die energetische Nutzung von Biogas stößt auf das Interesse ✄7.22 Brennstoffe für die MCFC
von Landwirten, Bioabfallentsorgern, Lebens- und Futtermittelher- Erdgas
stellern, Kläranlagen- und Deponiebetreibern. Wegen des CO2 - Methan aus Kohleflözen
Gehaltes bietet sich die MCFC an. Biogas aus Gärprozessen
Deponiegas
 Entschwefelung: konventionell oder biologisch (Biokonversion
Kohlegas
im Tropfkörper zu Schwefel oder Sulfat), Propan
 Reformierung von Methan zu Wasserstoff, Diesel
 Verstromung in der MCFC. Ethanol

Biogas besteht aus Methan, CO2 , Wasserdampf und Spuren von


Ethan, Propan, N2 , O2 , H2 S, Thiolen, NH3 , Siloxanen und haloge-
nierten Kohlenwasserstoffen. Die Zusammensetzung schwankt, an-
ders als bei Erdgas, je nach Klärschlammeintrag, Müllzusammen-
setzung und jahreszeitlich bedingten Temperaturunterschieden. Si-
loxane stammen aus Siliconen, die als Thermo-, Hydraulik- und
Transformatorenöle, als Schaumbremse in Reinigungsmitteln, für
Kosmetika und Lederpflegemittel eingesetzt werden [19]. Die Um-
wandlung in Siliciumdioxid schädigt Blockheizkraftwerke, Ver-
brennungsmotoren und Brennstoffzellen gleichermaßen.

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Technologie
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195

8 Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC)

E. BAUR erkannte in den späten 1930er Jahren die SOFC als Strom- ✄8.1 SOFC-Geschichte
quelle ohne Polarisation“. Leitfähigkeit und Beständigkeit des Io-

nenleiters und der Elektroden waren damals noch schlecht. 1897 W. N ERNST: Nernst-
Stift aus ZrO2 mit 15 % Y2 O3 als
Die Hochtemperatur-Dampfelektrolyse von Wasser zur Erzeugung Lichtquelle. Um 1900 Einsatz in
von Wasserstoff — wie die Hot Elly bei D ORNIER — gaben der Brennstoffzellen.
Festoxidtechnik neuen Aufschwung. Bei 1000 ◦C beträgt die Elek-
1935 W. S CHOTTKY (Siemens-
trolysespannung nur 0,9 V. Werke; N ERNST-Schüler) schlägt
Heute werden 50 µm dünne Festelektrolyte hergestellt, deren die SOFC mit Nernst-Masse vor.
Leitfähigkeit bei 1000 ◦C gerade ein Zehntel von Carbonatschmel-
1937-9 E. BAUR und H. P REIS
zen bei 650 ◦C beträgt. Die US-Firma W ESTINGHOUSE entwickelte [1]: Ton, Kaolin und Nernst-
das Röhrenkonzept (✄Abb. 8.1), während in Deutschland die ferti- Masse. Luftdurchströmter Koks
gungsfreundliche Planartechnik verfolgt wurde. Entwicklungen für oder Eisenpulver als Kathode,
Magnetit als Anode. Brenngas:
Betriebstemperaturen unter 800 ◦C sind im Gange.
H2 , CO, Stadtgas. Ruhepotential
Die SOFC funktioniert ohne komplizierte Dreiphasengrenzen, Be- 0,7–0,83 V.
netzungsprobleme und die bei der MCFC notwendige Carbonat- 1937 Kohle-Sauerstoff-Element.
rückführung. Bei der hohen Temperatur können CO und Kohlen-
wasserstoffe neben Wasserstoff direkt als Brennstoffe eingesetzt
werden — die SOFC mit interner Reformierung ist also eine Di- 1
rektbrennstoffzelle.
SOFC-Entwicklung trifft in den 2010er Jahren auf steigendes
Interesse. Erdgas, Biogas und Kohle (vor allem in China) ließe
sich nach Entschwefelung effizient nutzen. Die SOFC toleriert 2
50 ppm H2 S besser als jeder andere Brennstoffzellentyp. Die
3
Abwärme ist als Nah- und Fernwärme oder Prozessdampf nutzbar.
SOFC-Kraftwerke im 50 MW-Bereich, die Abwärme in einen nach- 4
geschalteten Gas- und Dampfturbinenprozess speisen, erreichen
65 % Wirkungsgrad.
5

Nickelfilz (+)
Kathodenschiene Eine Kohlestabanode 1, um-
Kathode Interkonnektor
geben von Kohlepulver 2, im
Festelektrolytröhrchen 3 (Al2 O3
Anode mit WO3 und CeO2 ) taucht in
einen Tiegel 5 (Ø5 cm, Kathode),
gefüllt mit Magnetit 4, in den Luft
+2e
1
/2 eingeblasen wird.
-2e
1938–71 O. K. D AVTYAN
(Moskau, Tiflis, Odessa [4]):
Fortentwicklung der BAUR-Zelle.
Elektrolyt Anodenschiene 1946: 0,79 V bei 20 mA/cm2 ,
700 ◦ C, Generator-/Stadtgas.
✄8.2 Röhrenkonzept von S IEMENS -W ESTINGHOUSE .

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2016


P. Kurzweil, Brennstoffzellentechnik, DOI 10.1007/978-3-658-14935-2_8
196

8.1 Kenndaten des SOFC-Systems


✄8.3 Geschichte der SOFC
Synonyme: Solid Oxide Fuel Cell, SOFC,
1951 15 % CaO verbessern die
Leitfähigkeit der Nernst-Masse. Festoxid- Brennstoffzelle, oxidkeramische Brennstoffzelle.
1958 W ESTINGHOUSE Electric Typ: Hochtemperatur-Knallgaszelle
Corp.; Röhrenkonzept.
Elektrolyt: festes ZrO2 + Y2 O3 (YSZ, yttriumstabilisiertes Zirco-
1980 Flammspritzen (CVD) niumdioxid). Ladungsträger ist das Oxidion O2⊖ .
des Schichtaufbaus.
1983 US-A RGONNE N ATIONAL
Betriebstemperatur: 900 ◦C (800–1000 ◦C), Ziel: ≤ 500 ◦C
L AB .: Monolithkonzept. Brenngas: Wasserstoff aus Methan, Erdgas, Kohle, Methanol, Ben-
1988/91: Forschungsförderung in zin, Flüssiggas, Kohlegas, Biogas.
Deutschland (BMBF,BMWi).
Entwicklungen laufen bei
Oxidationsmittel: Luft, Sauerstoff.
S IEMENS -W ESTINGHOUSE, Elektrodenreaktionen: Wasserstoff und CO reagieren an der An-
D ORNIER (bis 1997), MBB und ode mit durch den Festelektrolyten transportierten Oxidionen zu
Forschungseinrichtungen (DLR,
FhG, FZJ). Wasserdampf und CO2 . Kathodisch werden Oxidionen erzeugt.
1993 1 kW-Stack (S IEMENS ). ⊖ Anode 2 H2 + 2 O2⊖ ⇋ 2 H2 O(g) + 4 e⊖
2000 S ULZER -H EXIS (CH): (CO + O2⊖ ⇋ CO2 + 2 e⊖ )
BHKW für Hausversorgung. ⊕ Kathode O2 + 4 e⊖ ⇋ 2 O2⊖
2001/2 BMW, D ELPHI AUTO -
MOTIVE S YSTEMS und DLR:
2 H2 + O2 ⇋ 2 H2 O
SOFC für Automobilbordnetz: Zellspannung: Ruheklemmenspannung 0,93 V (bei 1000 ◦C mit
On-board auxiliary power unit H2 + O2 ) bzw. 0,88 V (Luft).
(APU)
0 pH2 O
2002 H-P OWER und S IEMENS -- E 0 = − 1G RT √
2F − 2F ln pH2 pO2
W ESTINGHOUSE: 5 kW-Propan-
SOFC für Berghütten und
Nationalparks.
Elektrodenmaterialien:
Anode: Nickel auf YSZ (aktiver als Fe, Co, Edelmetalle).
2003/4 T HYSSENGAS: Feldtest
von 42 Sulzer-Hexis HXS1000 Kathode: dotierte Perowskite (LaMnO3, LaSrMnO3 , LaCoO3 )
2003 schwefelfreies Odorie-
mit fein verteiltem Pt oder Pd.
rungsmittel für Erdgas Interconnection: Verbindungsschicht zwischen Anode und Ka-
2005–10 FCE F UEL C ELL thode benachbarter Einzelzellen; Mischoxid-Keramik (LaMnO3,
E NERGY: 250-kW-Direkt-SOFC LaSrMnO3, CoCr2 O4 ).
an 50 Standorten weltweit
Spezifische Vorteile:
2006 Kosten: 4800 US$/kW 1. keine Edelmetalle, CO-Toleranz; hohe Stromdichten (besser als
2011 E.D. WACHSMAN , K.T. L EE: MCFC), keine Elektrolytleckagen, kein Wasserhaushalts-
Rekord: 2 W cm−2 bei 650 ◦ C mit
Gd0.1 Ce0.9 O1.95 , Er0.4 Bi1.6 O3
problem (wie bei der PEMFC).
und RuO2 /Bi2 O3 2. Interne Reformierung, partielle und direkte Oxidation:
2014–18 M ITSUBISHI H ITACHI preiswerter als externe Wasserstofferzeugung.
P OWER S YSTEMS (MHPS) und 3. Nutzung der Abwärme (Kraft-Wärme-Kopplung).
NGK S PARK P LUG: Produktion
zylindrischer SOFC
Typische Nachteile:
Temperaturbeständigkeit der Werkstoffe und Dichtungen; thermi-
2016 N ISSAN Batteriefahrzeug
e-NV200“: 5-kW-SOFC-Range- sche Spannungen; Startup-Zeit.

Extender mit Ethanol Elektrischer Wirkungsgrad: 60–65 % (Zelle), 52–60%̇ (Erdgas-
VAILLANT XellPower“: SOFC- system, heizwertbezogen), 60–65 % (interne Reformierung).

Gasbrennwert-Heizgerät: 0,7 kW
elektrisch und 1,3 kW Wärme; Entwicklungsstand: Experimentelle Prototypen (bis 250 kW):
Gesamtwirkungsgrad über 90 % Blockheizkraftwerke, dezentrale Stromerzeugung; Kopplung mit
Gasturbine.
197

8.2 Festelektrolyte

Ionenleitende Festkörper werden für Schmelzfluss- und Hochtempe- ✄8.4 Festelektrolyte


raturwasser-Elektrolyse, Natrium-Schwefel-Akkumulatoren, Sauer- YSZ: ZrO2 ·0,08 Y2 O3
stoffsensoren (Lambda-Sonde) und Elektrolytkondensatoren1 ein- ZrO2 + 15 % Y2 O3 + 15 % CaO
gesetzt. Bei der SOFC wird dotiertes Zirconiumdioxid verwendet; N ERNST-Masse: ZrO2 ·0,15 Y2 O3
reines ZrO2 ist ein Isolator. Andere Materialien werden erprobt. ist Zr0.85 Y0.15 O1.96
LSGM
1. Yttriumstabilisiertes Zirconiumdioxid (kurz: YSZ, aus ZrO2 La1−x Srx Ga1−y Mgy O3−z
+ 10 mol-% Y2 O3 ) ist oberhalb 750 ◦C ein brauchbarer Oxidio- GCO: CeO2 + 11 mol-% Gd2 O3
nenleiter (0,1 S/cm bei 1000 ◦C), gleichzeitig gasundurchlässig und
Früher:
ein vernachlässigbarer Elektronenleiter. Die Überführungszahl des MgO + 40 % (Li, K, Na)2 CO3
Oxidions liegt nahe Eins. Leider ist die Brüchigkeit groß. 8 mol-% (Eutektikum)
Y2 O3 erzeugen die höchste Festigkeit zu Lasten der Leitfähigkeit. 43 % Soda + 27 % Monazitsand
Gaspermeabilitäten von 10−7 cm2 /s bedingen Durchbruchstrom- (La-Ce-Th-oxid) + 20 % WO3 +
dichten von 1 mA/cm2 ; daher muss die YSZ-Keramik auf über 93 % 10 % Natriumglas + Ton [4];
1,3  cm bei 900 ◦ C.
der theoretischen Dichte verpresst werden.
Al2 O3 mit WO3 und CeO2
Mischoxide aus den Oxiden von Zirconium mit Calcium und Yt-
Ton + WO3 + CeO2 (2 : 3 : 1);
trium kristallisieren im Fluoritgitter (C1-Typ, wie CaF2 ). Der Ein- 150  cm bei 1000 ◦ C [1]
bau von CaO und Y2 O3 erzeugt Oxidfehlstellen im ZrO2 -Netzwerk. Kaolin + CeO2 + Lithiumsilicat [1]
In der Elementarzelle steigt das Sauerstoffdefizit von [ZrO2]2 →
Y2 O3 → [CaO]2 . Dies ermöglicht den Sauerstoffionentransport
durch den Feststoff. Diese innere Halbleiterdiode“ lässt Anio-

nen O2⊖ in einer Richtung passieren und sperrt Kationen (die
wegen der C OULOMB-Kräfte nicht in die Anionenlücken dringen
können). Tetragonale ZrO2 -Polykristallite sind mechanisch stabil,
jedoch schlecht leitfähig. ✄Abb. 8.6
Trennt eine YSZ-Membran zwei Gasräume mit unterschiedlichem ✄8.5 YSZ-Membran
Sauerstoffpartialdruck,2 liefert diese Sauerstoff-Konzentrationsket- Sauerstoff-Konzentrationszelle
te eine Ruhespannung nach der N ERNST-Gleichung (✄Tab. 8.5). O2 ( p1 )|Pt|ZrO2 |Pt|O2 ( p2 )
Zum Spannungsabgriff werden beidseitig Platinkontakte aufge- Kathodenreaktion
dampft. Oberhalb 650 ◦C stellt sich die N ERNST-Ruhespannung E 0 1/ O + 2e⊖ ⇋ O2⊖
2 2 p
reproduzierbar ein; bei niedrigeren Temperaturen ist das Sauerstoff- ϕ1 = ϕ0 + RT
p1 (O2 )
2F ln a (O2⊖ )
gleichgewicht mit großen Überspannungen behaftet. 1
Als Sauerstoffpumpe arbeitet die Anordnung, wenn eine Spannung Anodenreaktion
größer als E 0 anliegt. Beim Aufheizen mit B UNSEN-Brenner oder O2⊖ ⇋ 12 O2 + 2e⊖p
p2 (O2 )
hohen Strömen sendet ein YSZ-Stab ein hellweißes Licht mit hohem ϕ2 = ϕ0′ − RT 2F ln a (O2⊖ )
IR-Anteil aus (sog. N ERNST-Stift). 2
Oxidaktivität im Festkörper
2. Scandiumdotiertes Zirconiumdioxid (ScXZ) leitet ausreichend a(O2⊖ ) = 1
bereits bei mäßig hohen Temperaturen und widersteht Oxidations- Ruhespannung
und Reduktionsmitteln. Tetragonale ZrO2 -Polykristallite erzeugen E 0 = ϕ1 − ϕ2
p1 (Kathode)
mechanische Stabilität. Leider ist es unverträglich mit gemischten E 0 = RT
4F ln p2 (Anode)
elektronischen und ionischen Leitern. Anodenreaktion in der SOFC
2 H2 + 2 O2⊖ ⇋ 2 H2 O + 4 e⊖
1 Braunstein MnO ist für die SOFC ungeeignet; es schmilzt unter Zersetzung bei 2 CO + 2 O2⊖ ⇋ 2 CO2 + 4 e⊖
2
535 ◦ C. Pyrolytisch aus alkalischer Mangan(II)-nitratlösung hergestellte Schich-
ten in Aluminium-Elkos bis 125–175 ◦ C.
2 Lambda-Sonde im Kfz-Katalysator: 1 = Abgas, 2 = Umgebungsluft.
198

✄8.6 Fluoritgitter 3. Dotiertes Lanthangallat La1−x Srx (Ga1−y Mg y )O3 (LSGM) ist
ein Perowskit, der bei 600–700 ◦C ausreichende Oxidionenleitfähig-
keit und sehr geringe Kationenbeweglichkeit zeigt, aber mechanisch
O empfindlich ist. Beim Erhitzen dampft Gallium ab. Mehrkomponen-
tensysteme neigen zur langsamen Entmischung durch Elektromigra-
M
tion; die Volumenphase verarmt an Dotierungsbestandteilen [15].
4. Gadoliniumdotiertes Ceroxid Ce0.9 Gd0.1 O2 (CGO) leitet bes-
ser als YSZ und erlaubt Betriebstemperaturen unter 550 ◦C. Die
Überführungszahl liegt bei 0,7 (950 ◦C). Unter reduzierenden Be-
dingungen wird CeO2 zum Gemischtleiter, d. h. bei niedrigen O2 -
Partialdrücken leitet es unerwünscht auch elektronisch. Vorteilhaft
ist der größere Wärmeausdehnungskoeffizient (als YSZ) für eine
Materialkombination mit ferritischen Stählen.
✄8.7 Vierpunkt-Methode zur
5. Protonenleitende Oxide. Yttriumdotiertes BaZrO3 leitet proto-
Leitfähigkeitsmessung nisch und ist stabil gegen saure Gase (CO2 ).
6. Natriumionenleitende Keramiken der Zusammensetzung
− + ❥
✒ Na2 O · 5 Al2 O3 bis Na2 O · 11 Al2O3 (β-Alumina) erreichen bei
A
❥ 200 ◦C Leitfähigkeiten von über 0,1 S/cm. In den Störungszonen
✒V zwischen den schichtartig aufgebauten Elementarzellen können Io-
❄ ❄
✛⊕ ✲
⊖ ✲

nen gut wandern.
✛⊕ Gläser sind Kationenleiter (z. B. Na⊕ , Li⊕ , H⊕ ). Glasfritten wer-
den seit Jahrzehnten als Trennelement zwischen Anoden- und Ka-
thodenraum oder zur Ankoppelung flüssiger Bezugssysteme (Refe-
Stromdichte renzelektroden) eingesetzt.
i = e(N⊕ z ⊕ v ⊕ + N⊕ z ⊕ v ⊕ )
i = F(c⊕ z ⊕ v ⊕ + c⊕ z ⊕ v ⊕ ) Zur Leitfähigkeit eines Festelektrolyten tragen alle beweglichen
i = κ E = t⊕ i⊕ + t⊖ i⊖ Ladungsträger bei. Elektronische Leitfähigkeit als innerer Kurz-
Überführungszahl schluss ist nicht erwünscht. Die ionische Leitfähigkeit beruht auf
i Fz ⊕ v ⊕ c⊕
t⊕ = ⊕ i = i der Beweglichkeit von Anionen und Kationen zwischen Leerstel-
i⊖
t⊖ = i =
Fz ⊖ v ⊖ c⊖ len (unbesetzte Gitterplätze) und/oder Zwischengitterplätzen. Die
i Leitfähigkeit hängt stark von Mikrostrukturen (Korngrößen, Korn-
Leitfähigkeit
grenzen, Porosität), Herstellungsprozess und Verunreinigungen des
κ = RdA
Materials ab. Unter Stromfluss verändern sich Festelektrolyte oft-
Diffusionskoeffizient mals. An der Fest/Fest-Phasengrenze zur Elektrode bildet sich (ana-
D⊕ = u ⊕ kT
D⊖ = u ⊖ kT log zu wässrigen Lösungen) eine starre und diffuse Doppelschicht
Ionenbeweglichkeit
aus. Hinzu kommen Überspannungen durch Metallabscheidung und
u ⊕ = v ⊕ /E = λ⊕ /(Fz ⊕ ) -auflösung (u. a. durch angereicherte Verunreinigungen). Zur Elimi-
u ⊖ = v ⊖ /E = λ⊖ /(Fz ⊖ ) nation der erheblichen Kontaktwiderstände ist die Vierpunktmetho-
de (✄Abb. 8.7) nützlich, wobei der Spannungsabfall im Prüfling mit
A Elektrodenquerschnitt
c Ladungsträgerkonzentration Messspitzen quer oder längs zum großflächig aufgeprägten Strom
E elektr. Feldstärke (V/m) gemessen wird. Um die ionische Leitfähigkeit in gemischten Leitern
F FARADAY-Konstante (z. B. Ag2 S) zu messen, wird das Messsignal über Reinionenleiter
i Stromdichte (z. B. AgI) eingekoppelt.
k B OLTZMANN-Konstante
N Ladungsträgerdichte (m−3 ) Ū U⊕ + |U⊖ |
NA AVOGADRO-Konstante ̺ = R dA mit R= und Ū = (8.1)
R elektr. Widerstand () I 2
v Wanderungsgeschwindigkeit Die ionische Leitfähigkeit steigt mit zunehmender Temperatur,weil
z Ionenwertigkeit die Wahrscheinlichkeit des Platztausches exponentiell wächst
λ Ionenleitfähigkeit
(B OLTZMANN-Statistik).
199

Es gilt die A RRHENIUS-Gleichung. ✄8.8 Leitfähigkeit verschiedener


Elektrolyte
d ln κ
κ = Ae−EA /RT ⇒ EA = R (8.2)
d(1/T ) S/cm
✻ %
α -AgI

A A RRHENIUS -Faktor, E A Aktivierungsenergie, R molare Gaskonstante, 1 H 28SO




2 4
T thermodynamische Temperatur, κ Leitfähigkeit. ★ RbAg4 I5
0,1
Die Aktivierungsenergie E A ≈ 100 kJ/mol wird als Steigung der
Leitfähigkeit-Temperatur-Kurve ermittelt. Zwei Geradenabschnitte Na2 O·11 Al2 O3

deuten auf verschiedene Leitungsmechanismen hin. Bei hoher Tem- 0,01


ZrO2 ·Y2 O3
peratur wächst die strukturelle Fehlordnung, wenn Teilgitter in den ✲
0 20 100 200 400 600 1200
quasi-flüssigen Zustand übergehen, begleitet von einem Anstieg der T / ◦C
Leitfähigkeit.3 Thermospannungen, die durch Erwärmen der Probe
beim Stromdurchgang entstehen, lassen sich eliminieren, wenn zwei
Messungen mit vertauschter Polarität durchgeführt werden.

8.3 Elektrodenmaterialien
✄8.9 Elektrodenmaterialien
Bei Betriebstemperaturen um 1000 ◦C benötigt die SOFC hitze- und
alterungsstabile Aufbaukomponenten aus Steingut, Bornitrid, Por- Luftelektrode (Kathode)
Erdalkalidotierte Manganate
zellan, hochschmelzenden Metallen und leitfähigen Keramiken4 auf und Cobaltate:
Perowskit- und Oxidbasis. Die unterschiedlichen thermischen Aus- La1−x (Ca, Sr)x MnO3 (LSM)
dehnungskoeffizienten5 der Materialien, mechanische Thermospan- La1−x (Ca, Sr)x CoO3 (LSC)
nungen und Korrosion sind problematisch. Bei Potentialmessungen La1−x Srx Fe1−y Ga y O3
La1−x Srx MnO3
können elektrische Thermospannungen stören. Werkstoffe für Mit- La1−x (Ce, Ca)x MnO3
teltemperatur-SOFC existieren nicht. Perowskitähnliche Materialien:
Sr3−x Lax Fe2−y Co y O7 (LSCF )
8.3.1 Sauerstoffelektrode La2−x Srx NiO4
Früher:
Die Kathode (Luftseite) muss die Sauerstoffreduktion katalysieren, ZrO2 + Pr2 O3 , poröses Platin,
in oxidierender Umgebung stabil, mindestens 50 S/cm leitfähig und 60 % Fe2 O3 + 20 % Ton +
30 % porös sein. Sauerstoff adsorbiert im geschwindigkeitsbestim- 20 % Eisenpulver [4]
Eisenpulver [1], Koks [1]
menden Schritt auf dem Elektrokatalysator, gefolgt vom Durchtritts-
vorgang unter Bildung von Oxidionen. Oberflächen- und Bulkdif- Brenngaselektrode (Anode)
fusion (im YSZ) und molekulare und K NUDSEN-Diffusion (in den 30 % Ni-ZrO2 -Keramik (Cermet)
YSZ-Poren) verlaufen vergleichsweise schnell. poröses Platin (veraltet)
60 % Fe2 O3 + 20 % Ton +
Strontium dotiertes Lanthanmanganat(III) ( Manganit“, LSM, 20 % Magnetit [4]

La1−x Srx MnO3 , x = 0,1 . . . 0,16) ist ein p-Halbleiter mit 120...83 Magnetit [1]
S/cm elektronischer Leitfähigkeit (800 ◦C) und vernachlässigbarer
ionischer Leitfähigkeit (∼ 10−7 S/cm). La0.3 Sr0.7 Co0.9 Fe0.1 O3 er- Interconnector (Zellverbindung)
Mg dotiertes LaCrO3
reicht elektronisch 837 S/cm (800 ◦C) und ionisch ∼0,01 S/cm, rea- Sr dotiertes LaCrO3
giert jedoch unerwünscht mit dem Interconnector-Material. Mn dotiertes CoCrO3 (veraltet)
Stöchiometrie und Korngrößen bestimmen die thermischen Materi- Platin, Gold, Silber
aleigenschaften. LSM wird durch Sintern aus einer Suspension etwa Trägerröhrchen
1 mm dick mit 20–40 % Porosität hergestellt. Ungelöst sind thermo- (Anodenmaterial):
chemische und -mechanische Alterungseffekte durch eindringende Ca-stabilisiertes ZrO2
Nickelpartikel, Porositätsänderungen und Stoffaustausch mit YSZ. Y2 O3 -stab. ZrO2 (früher)

3 Superionenleitung, engl. super ionic conduction. Dichtungselemente


4 ceramic metal, kurz: cermet Glaskeramik
5 Nickel α = 16,9·10−6 K−1 ; YSZ: 11,0·10−6 K−1
200

Perowskite: vom CaTiO3 abge- Yttriumstabilisierung und Zweiphasensysteme verbessern die Ka-
leitete Oxide ABO3 (Summe der thodenleistung. Gemischtleitende erdalkalimetalldotierte Lanthan-
Ladungen von A und B = 6).
manganate und Cobaltate reagieren mit dem YSZ unter Bildung
Spinelle: vom MgAl2 O3 abgelei- einer schlecht leitenden La2 ZrO7 -Schicht, die sich inselartig auf
tete Oxide AB2 O4 (Summe der
Ladungen von A und 2B = 8). der ZrO2 -Oberfläche bildet und die Leistung der SOFC mindert
[16]. Die Hälfte des gesamten Zellwiderstands rührt von der Ka-
thode; daher gilt alternativen Materialien große Aufmerksamkeit.
Lanthanbasierte Perowskite sind aussichtsreiche Kandidaten für
Niedertemperatur-SOFC (650–700 ◦C).
 Cer- und Calcium dotiertes LaMnO3 als Luftelektrode
(S IEMENS -W ESTINGHOUSE, US 6,492,051).
 Feste Lösungen aus LaMnO2 und LaCoO3 wie LaCo1−x Mnx O3
(x ≈ 0,2).
 Hochtemperatursupraleiter wie La2−x (BaSr)x CuO4 und
YBa2 Cu3 O7−x (>200 S/cm).
Mikroelektroden (eine YSZ-Spitze mit Platinstromabgriff) erlauben
die Kontaktierung einzelner Kristallite eines gemischten Leiters. So
kann der Ladungsdurchtritt und Sauerstoffeinbau entlang einzelner
Korngrenzen untersucht werden. Bei La(Sr)MnO3 zeigt sich, dass
der Durchtritt vom Sauerstoffpartialdruck abhängt.

8.3.2 Brenngaselektrode
✄8.10 Ionische Leitfähigkeit von Die Anode (Wasserstoffseite, H2 + O2⊖ → H2 O + 2 e⊖ ) muss in
Anoden bei 800 ◦ C in S/cm reduzierender Atmosphäre stabil und >120 S/cm leitfähig sein.
Ce0.887 Y0.113 O1.9435 0,102  Ni-ZrO2 -Cermet (Ni-YSZ)6 , 35 % Nickel in einer 150 µm
Ce0.9 Gd0.1 O1.95 , CGO 0,0544 dicken, 20–40 % porösen ZrO2 /Y2 O3 -Matrix ist elektrokataly-
Ce0.9 Sm0.1 O1.95 , SDC 0,02 tisch aktiv und elektronenleitend. Geeignet für Wasserstoff als
La0.7 Sr0.3 Cr0.8 Ti0.2 O3
Brenngas, tritt bei Erdgas Verkokung (Kohleabscheidung) auf.
BaTiO3 (Fe,Ru,Ni)
Sr0.86 Y0.08 TiO3 64 Ein höherer Nickelanteil verschlechtert die thermische Ausdeh-
(ionisch und elektronisch) nung, ein geringerer die spezifische Leitfähigkeit (250 S/cm bei
Cu-CeO2 5200 800 ◦C, 3000 S/cm bei 950 ◦C). YSZ-Ni-Elektroden entstehen
Ni-GDC 1070
Cu-GDC 8500
durch (a) Siebdruck, (b) Vakuumplasmaspritzen oder (c) Sin-
tern einer Mischung aus NiO, YSZ und Binderharz. Komposi-
Mechanisch instabil
LaCrO3 , CrTi2 O5 , te (Cu,Co,Fe)Ni-YSZ bringen keine bessere Leistungsdichte als
Ti0.34 Nb0.66 O2 , die reinen Metalle.
SrTiO3 (n-Leiter),  Cer-Mischoxide sind katalytisch aktiv, erlauben moderate Be-
Wolframbronzen AI2 BII W5 O15
triebstemperaturen, verkoken nicht bei Erdgasbetrieb, sind je-
doch mechanisch bei kleinem O2 -Partialdruck wenig stabil.
✄Tab. 8.10
 Phaseninfiltration: Mischelektroden – z. B. (Gd,Sm)CeO2
auf LSM oder Cu auf YSZ – werden durch Imprägnierung
(Tauchen) und anschließendes Erhitzen (800 ◦C) hergestellt.
Durch Kapillarkräfte wandert der Katalysator ins poröse Grund-
material ein. Problem: Langzeitstabilität.

6 Cermet = ceramic metal. Seit 1995: Ni-ZrO mit etwa 50 Vol-% Nickel
2
201

Cu-CeO2 -YSZ, Ce1−x Cux O2−δ , leitet gut und ist redoxaktiv
(Ce3⊕ /Ce4⊕ ), jedoch nur unterhalb 800 ◦C stabil. Cu-CGO
(Gadolinium-Cer-Oxid) leitet oxidisch und elektronisch und to-
leriert Schwefel Ni-CGO neigt zur Verkokung.
 Titanate sind Platinersatz für die Erdgas- und Methanoxidation.
La0.3 Sr0.7 TiO3 zeigen beim Sintern in Wasserstoff Leitfähigkei-
ten um 0,5 S/cm.
NEMCA, Non-faradaic Electrochemical Modification of Catalytic ✄8.11 Beschleunigung der
chemischen CO-Oxidation an einer
Activity [22], elektrochemische Katalysatorsteuerung“. Chemische
” Pt/ZrO2 -Anode: 1ϕ Änderung der
Reaktionen, wie die Knallgasreaktion oder CO-Oxidation an Platin, Austrittsarbeit =
ˆ
werden durch Anlegen einer Spannung an den heterogenen Kata- Elektrodenpotential; r relativer
lysator beschleunigt. Bei einem bestimmten Elektrodenpotential er- Sauerstoffverbrauch.
reicht die erzwungene Elektronen-Austrittsarbeit im Katalysator ein r
Maximum (1 V = ˆ 1 eV); mit Wirkung auf die Bindungsenergie des ✻
5 560◦ C
Adsorbats. Katalysator und Trägers tauschen Wasserstoff und Sau-
erstoff aus. Ohne an der Reaktion teilzunehmen: Oxidionen erhöhen 4
und Natriumionen erniedrigen die Arbeitsfunktion 8 es Metall-
katalysators (deckungsgleiche Geraden mit steigender Ordnungs-
3
zahl: Sc. . . Ni, Y. . . Pd, La. . . Pt). Elektrochemische Durchtrittsreak-
tion und chemische Reaktion zusammen erbringen mehrfach höhere
540◦ C
Ausbeuten als nach dem FARADAY-Gesetz (Q = z Fn) zu erwarten 2
wäre. ✄Abb. 8.11.
Elektrodengifte. Das Brenngas (Wasserstoff oder Kohlendioxid)
kann trocken oder feucht sein. 50 ppm H2 S drückt die Zellspan- 1 ✲
nung reversibel um 5 %; es ist also eine gewisse Schwefeltoleranz
0 0,1 0,2 0,3
gegenüber anderen Brennstoffzellentypen gegeben. In einem typi- 1ϕ / eV
schen Brenngas von 25 % H2 /H2 O und 75 % CO/CO2 toleriert die
Nickelanode 5 ppm H2 S (bei 700 ◦C) bzw. 90 ppm (bei 1000 ◦C).
Schwefel (als H2 S, RSH, CS2 ) bildet auf der Ni-YSZ-Elektrode:
Disulfid → SO2 , Sulfit → SO3 , Sulfat.
H2 S + Ni → NiS + H2
Eine Cobalt-Cermet-Kathode verträgt 200 ppm H2 S.
✄8.12 Elektronische Leitfähigkeit
8.3.3 Zellverbindung (Interconnector) von Interconnectoren in S/cm

Die bipolare Zwischenschicht (Interconnect material, ICM, Leitver- Bei 1000 ◦ C


LaCrO3 1
bindung) zwischen den Einzelzellen eines Zellstapels muss elektro- Y0.8 Ca0.2 CrO3 15
nisch leiten und gasdicht sein. La0.8 Ca0.2 Cr0.9 Co0.01 O3 34
 Magnesium- oder Strontium dotiertes Lanthanchromat(III) La0.8 Ca0.2 CrO3 35
( Chromit“, LaCrO3 ) leitet elektronisch (20 S/cm), nicht aber Bei 800 ◦ C
” La0.75 Ca0.27 CrO3 16
ionisch, wenn eine Cr2 O3 -Schicht auf der Oberfläche vorhan-
Sr0.7 La0.3 TiO3 12
den ist. Der thermische Ausdehnungskoeffizient (10−5/K für 0 Silber-Glas-Komposit 3,6
. . . 1000 ◦C) passt zum Elektrolyt- und Elektrodenmaterial. Aus- La0.4 Ca0.6 Ti0.4 Mn0.6 O3 0,12
reichend dichtes Material entsteht durch Sintern bei 1650 ◦C in Sr0.8 La0.2 TiO3 0,014
Wasserstoffatmosphäre, oberhalb der Zersetzungstemperatur des Flächenwiderstand bei 800 ◦ C
Kathodenmaterials La(Sr)MnO3. Sinterschichten für 1400 ◦C FeCr 20 Al 5 13  cm2
FeCr 16 0,15  cm2
oder Sinterhilfen für Sr-La-chromat sind in Entwicklung.
202

 Stahl-Cermet-Legierungen aus ferritischem Chromstahl


und Yttriumoxidkeramik,7 sowie chromfreie Oxide wie
(Mn,Co)3 O4 , zeigen sich korrosionsstabil, mechanisch fest und
von geringer thermischer Ausdehnung.
Temperaturbeständige Dichtungen bestehen aus Spezialglas, Boro-
silicatglas (Pyrex) oder Keramikschäumen (Co-LSM). Normalglas
erweicht und wird undicht.

8.3.4 Beschichtungstechnik
✄8.13 Herstelltechnik [6] 1. Die hitzebeständigen und gasdichten Elektrodenbeschichtungen
a) Funktionskeramik und Zellverbindungen (Interconnectoren) auf porösem Untergrund
Foliengießen, tape casting — speziell beim Röhrendesign — werden in Dünnschichttechnik
Dispersionsbeschichten, hergestellt.
slurry coating
EVD, PVD  Chemische Dampfabscheidung (CVD, Chemical Vapor Depo-
Plasma- und Flammspritzen sition): Verschluss der Poren von Elektrolyt- und Verbindungs-
b) steife Keramikteile schichten durch Metalloxide.
Extrusion (Strangpressen) MCl2 + H2 O → MO + 2 HCl
Trockenpressen M = Metall, MCl2 = Metallchlorid, MO = Metalloxid.
Foliengießen  Elektrochemische Dampfabscheidung (EVD): Aufbau der
Kalandrieren (Folienwalzen)
YSZ-Elektrolytschicht durch Umsetzung von Metallhalogeni-
den (mit H2 und Argon) außerhalb und Wasserdampf im Inneren
des porösen Trägerröhrchens.
✄8.14 EDV-Prozess
(1) MClx + y O2⊖ → MO y + 2x Cl2 + 2y e⊖
(2) y H2 O + 2y e⊖ → y H2 + y O2⊖
x x
2 H2 + 2 Cl2 → x HCl
Pore ✛
MClx + y H2 O → MO y + x HCl + (y − 2x ) H2
H2 O ✲ MClx
Sind die Poren geschlossen und die Reaktanden nicht mehr in di-
YSZ
rektem Kontakt, wächst die YSZ-Schicht weiter, indem Oxidio-
nen durch den Ionenleiter wandern und mit dem Metallchlorid
reagieren.
 Physikalische Dampfabscheidung (PVD, Physical Vapor De-
position): Materialauftrag durch Sputtern mit Elektronen- oder
Argonstrahl oder im Hochfrequenzfeld. Geringe Beschichtungs-
✄8.15 Thermischer Längenausdeh- leistung (<1 µm/h).
nungskoeffizient K−1 .
(Mengenangaben in mol-%).
 Thermisches Spritzen. Mit Druckluft wird Keramikpulver in
eine Wasserstoff- oder Acetylenflamme (Flammspritzen) oder
a) Elektrolyte einen Mikrowellenlichtbogen (Plasmaspritzen, bis 16000 K)
ZrO2 · 8 Y2 O3 10,5·10−6
CeO2 · 11 Gd2 O3 12,2·10−6 gefördert, trifft auf das Substrat und schmilzt auf.
b) Elektrodenmaterial
 Abscheidung durch Materialverdampfung mit Pulslasern (PLD,
Ni/ZrO2 12 . . . 14·10−6 Pulsed Laser Deposition).
La1−x Cax MnO3 12·10−6
La1−x Srx CoO3 18 . . . 22·10−6 2. Interconnectorplatten und Elektrolytröhren werden aus Pulvergra-
nulaten hergestellt. Beim heißisostatischen Pressen (HIP) wirkt der
c) Interconnector
LaCrO3 9,5 . . . 10,7·10−6 Druck über ein Ölbad auf eine Gummiform.
FeCr-Legierung 12,5·10−6
7 Firma P LANSEE, A-Reutte.
203

3. Das Bandgießen (tape casting) eignet sich für ein- und mehr-
schichtige Keramikschichten. Mittels einer Rakel wird eine Mi-
schung aus Keramikpulver, Binder und Lösungsmittel auf eine
mitgeführte Polymerunterlage aufgestrichen, getrocknet, von der
Unterlage gelöst und aufgewickelt. Das Keramikband wird an-
schließend gesintert, wobei der Binder ausbrennt und das Material
schrumpft — ein Hauptproblem beim Monolithdesign.
4. Das Kalandrieren (tape calandering) erzeugt mehrlagige Folien, ✄8.16 Materialien für technische
z. B. für monolithische Zellen. Aus einer Extruderschnecke kom- Siebdruckschichten
mende Massen (Keramikpulver, Binder, Weichmacher) werden zwi- Ohm’sche Widerstände
schen zwei Walzen zu Folien und zum Folienverbund verpresst. Pd(Ag), Bi2 Ru2 O7 , RuO2 ,
Rh2 O3 -Gläser.
5. Der Siebdruck (screen printing) erlaubt Dünnschichten bis <10 Dielektrika
µm. Die Paste (engl. ink) wird mittels einer Gummispachtel groß- BaTiO3 , TiO2 ,
flächig durch die Öffnungen des in einen Rahmen eingespannten Gläser, Keramiken.
Siebes auf die zu beschichtende Unterlage gedrückt und der Rah- Bindemittel
men abgehoben. Die Dicke und Netzweite des Siebes bestimmt die Ethylcellulose u.a.
Schichtdicke. Sehr dünne Schichten erfordern Stahlsiebe. Die auf- Lösungsmittel
gedruckte Schicht wird anschließend eingesintert. Terpinol, Glycolether,
Tenside, Verdünner
6. Beim Tauchbeschichten (slurry coating), z. B. von Elektrolyt-
schichten, wird eine wässrige YSZ-Aufschlämmung mehrfach auf
den Träger aufgestrichen, getrocknet und gesintert.
7. Durch Sintern, die kontrollierte Wärmebehandlung, backen“ die

Keramikpartikel zu einer porösen Schicht zusammen, die auf dem
Substrat haftet. Der Pulververband verliert durch das Sintern an
Oberfläche. Feine Pulver wachsen bei hoher Temperatur zu dichten
Schichten zusammen; ferner bilden sich schon bei mittleren Tem-
peraturen gröbere Körner (Agglomerate) mit dazwischenliegenden
✄8.17 N ERNST-Gleichung
Porenräumen. Die YSZ-Keramik hat daher durch die Sintertempe-
ratur definierte kleine und große Poren. a) Anode
H2 + O2⊖ → H2 O + 2 e⊖
0 + RT ln [H2 O]
E ox = E ox
8.4 Betriebsverhalten 2F [H2 ][O2⊖ ]
b) Kathode
1/ O + 2 e⊖ → O2⊖
2 2
8.4.1 Thermodynamik der SOFC 1/2
0 + RT ln [O2 ]
E red = E red
2F [O2⊖ ]
Wegen der niedrigen Freien Enthalpie 1G der Knallgasreaktion bei c) Ruhezellspannung
1000 ◦C erreicht die SOFC eine rund 100 mV geringere Zellspan- E = E red − E ox
nung als die MCFC (650 ◦C). 100 K Temperaturerhöhung verbes-
[H2 ] [O2 ]1/2
sern die Zellspannung um 70 mV (300 mA/cm2 ), weil die Über- E = 1E 0 + RT
2F ln [H2 O]
spannungen deutlich abnehmen. Oberhalb 1000 ◦C ist die Verbesse-
Oxid- u. H2 O-Konzentration an An-
rung der Zellspannung nicht mehr so deutlich, dass der Betrieb die ode und Kathode seien gleich.
größere Materialbelastung rechtfertigen würde. Eckige Klammern [x] bedeuten
Ein erhöhter Druck des Oxidationsmittels verbessert die Zellspan- Gleichgewichtsaktivitäten ax .
nung. Zeitweilig wird die Stromverteilung uneinheitlich und die Für Gase werden Drücke eingesetzt:
[H2 ] = pH2 / p0
Wasserkonzentration ortsabhängig, so dass die N ERNST-Gleichung
mit p0 = 101325 Pa
nur näherungsweise gilt.
204

Ein Luftüberschuss dient zur Kühlung. Die Abwärme der Reaktions-


gase dient zum Vorheizen der Eintrittsgase. Gasdichtigkeit ist nicht
notwendig. Das Anfahren (Start-up) und Abschalten (Shutdown) der
SOFC ist unproblematisch, soweit thermische Spannungen in kera-
mischen Komponenten vermieden werden.

8.4.2 Strom-Spannungs-Kurve

Die Strom-Spannungs-Kurve verläuft in einem weiten Strombereich


linear; ohmsche Spannungsabfälle sind bestimmend. Mit steigen-
der Betriebstemperatur sind höhere Zellspannungen (bei gegebe-
nem Strom) bzw. Ströme (bei gegebener Spannung) erzielbar, weil
✄8.18 Transportprozesse bei der
die Überspannungen abnehmen. Bei kleinen Strömen (10 mA/cm2 )
heterogenen Katalyse: sind niedrige Temperaturen vorteilhafter.
A Gasphase, B Grenzschicht,
C Katalysator. 1 Diffusion, 8.4.3 Impedanzspektrum
2 Adsorption auf Oberfläche,
3 Porendiffusion, 4 aktives
Zentrum, 5 Reaktion, Die Ortskurve der Impedanz der SOFC besteht aus drei Bögen
6 Desorption (akt. Zentrum), (✄Abb. 8.20). Anoden- und Kathodenimpedanz liegen in der glei-
7 Porendiffusion des Produkts, chen Größenordnung; die Anode ist nicht vernachlässigbar wie
8 Desorption von Oberfläche.
bei der PEMFC. Das Ersatzschaltbild umfasst den Festelektrolyten
✓✏ (vereinfacht ein RkC-Glied) und in Serie die Elektrodenimpedanz
♠ (z. B. RkC-Glied für die Durchtrittsreaktion; N ERNST-Impedanz für
✒✑ ♠
✓✏die Diffusionshemmung). Die idealen Kapazitäten C werden besser
1 ✲ 2 ✓✏ ✲ ❘3
4 5 durch Konstantphasenelemente modelliert.
6 ✒✑
8❳②❳❳ ✒✑ ♠ ♠
❳❳❳ ❄ ✓✏1. Elektrolytbogen. Die Ionenleitfähigkeit des Festelektrolyten
✓✏ 7
♠ hängt vom Korn- und Korngrenzenwiderstand der Kristallite ab,
✒✑ ♠✒✑ somit von der Korngröße. Der hochfrequente Schnittpunkt mit

A B C der reellen Achse entspricht dem ohmschen Widerstand Rb (b
= bulk) des YSZ-Elektrolyten, der Zuleitungen und Kontakte.
Der Halbkreis beschreibt die Korngrenzenrelaxation Rgb (gb =
✄8.19 Elektrische Leitfähigkeit von grain boundary), also den Zusammenhalt der Oxidkörner; er
SOFC-Komponenten ist näherungsweise durch ein Rgb kCgb -Schaltbild modellierbar;
a) Elektrolyte S/cm sinkt typisch für Ionenleiter mit steigender Temperatur, ist un-
YSZ, 8 mol-% Y2 O3 abhängig vom fließenden Strom und der Brenngaszusammenset-
– 950 ◦ C 0,1 zung. Bei hohen Stromdichten (>100 mA/cm2 ) dominiert der
– 700 ◦ C 0,03
CeO + 11 mol-% Gd O
YSZ-Widerstand die Elektrodenimpedanz. ✄Tab. 8.19
2 2 3
– 950 ◦ C 0,12 Das Verbindungselement trägt störend zum Elektrolytbogen bei.
– 700 ◦ C 0,04
Die Leitfähigkeit der Perowskitfolie (1,8 S/cm in Luft) fällt in
RbAg4 I5 0,27
Rb4 Cu16 I7 Cl13 0,34 reduzierender Atmosphäre mit steigender Temperatur drastisch.
b) Elektrodenmaterial 2. Elektrodenbogen (Grenzfläche Elektrode/Elektrolyt). Anode
Ni/ZrO2 , 950 ◦ C 3000 und Kathode überlagern sich zur Zellimpedanz. Siebgedruckte
La1−x Cax MnO3 , 950 ◦ C 100 La(Sr)MnO3-Kathoden zeigen etwa den doppelten Widerstand
La1−x Srx CoO3 , 950 ◦ C 950
wie plasmagespritzte Ni/YSZ-Anoden. Die Brenngaselektrode
d) Interconnector degradiert schneller als die Kathode. Der Durchtrittswiderstand
LaCrO3 , 950 ◦ C 30
fällt mit steigender Temperatur stark (maßgeblich auf der Luft-
FeCr, 950 ◦ C 7690
seite) und wächst mit steigendem Strom (Brenngasseite).
205

0,1 ✄8.20 Impedanzregelung einer


0
2
SOFC (1000 ◦ C, 20 Zellen, 300

Im Z / Ω cm 2
-5
1 3 mA/cm3 ). Betriebsoptimum bei
0,01

z
H
größter Kapazität und kleinstem

01
0.
-10 Widerstand. Kleines Bild:
0 5 10 15 20 25
10-3 Re Z / Ω cm2 Impedanzortskurven
(mathematische Konvention).
C / F cm-2

Eigene Messung.
gut schlecht
10-4

10-5 1 2 3
20

10-6
kH
z

0
R / Ω cmcm²
2

Ein zunehmend feuchtes Brenngas und die anodische Wasserpro-


duktion verbessern den Durchtrittswiderstand. Die Befeuchtung
der Luftseite ist ohne Einfluss.
3. Stofftransportbogen ✄8.21
 Der Sauerstofftransport zur Kathode bedingt die maßgebliche Diffusionsüberspannung
Diffusionsimpedanz bei tiefen Frequenzen. ✄Abb. 8.20 χp
ηN = RT2F ln (1 − χ ) pO2
 Die Gasdiffusion in den Kanälen der Anodenseite — Was-
serstoff (Brenngas) tritt ein, Wasserdampf aus — verursacht Feuchte
einen Diffusionsast bei feuchtem Brenngas (H2 /H2 O klein), χ = ps / p
niedrigen Strömen und niedrigen Temperaturen. A NTOINE-Gleichung
 Die N ERNST’sche Diffusionsüberspannung beim Ruhepoten- log ps = 8,0733 − 1656,4
226,9 + ϑ
tial hängt vom Wasserdampfpartialdruck ab.
ϑ = T – 273,15 K
Degradation. Elektroden und Zellkomponenten altern durch Ruhezellspannung
mikrostrukturelle Änderungen und Diffusionsvorgänge. In der
E 0 (950 ◦ C) = 180,15
zF
kJ/mol
Ni/YSZ-Anode agglomeriert Nickel; an der Grenzfläche Katho-
de/Elektrolyt formieren sich Sekundärphasen. Durch thermische χ Feuchte (mol/mol)
Spannungen und Stromdichteschwankungen blättern die Elektroden p Partialdruck
ps Wasserdampfsättigungsdruck
ab. Die Impedanz zeigt ferner Kontaktwiderstände zwischen Elek- T Temperatur (K)
trode und Elektrolyt und die Ablösung der Verbundkomponenten
(sprunghafte Widerstandsänderung).
Oxidionenleitung. Den Sauerstoffeinbau in SrTiO3 unter realen Be-
triebsbedingungen kann man durch Dotierung mit Eisen verfolgen.8
Die Verfärbung durch Eisenoxide zeigt den örtlichen Sauerstoffge-
halt und die Diffusion ins Volumen und an den Korngrenzen an.
Die impedanzspektroskopische Überwachung eines SOFC--
Zellstacks zeigt ✄Abb. 8.20. Die Betriebsparameter werden
so nachgeregelt, dass die laufend gemessenen C(R)-Kurven in
Richtung kleiner Widerstand – hohe Kapazität“ tendieren. Der

günstigste Betriebszustand wird empirisch erkannt [13]c. Weitere
Anwendungen in ✄Kap. 4.4 (PEMFC) und ✄3.5 (AFC).

8 K.-D. K REUER , J. M AIER , Physikalisch-chemische Aspekte von Festelektrolyt-


Brennstoffzellen, Spektrum der Wissenschaft, Juli 1995, S. 92-97.
206

8.5 Zelldesign

Stand der Technik sind tubuläre, monolithische und planare SOFC.

8.5.1 Röhrenkonzept
✄8.22 Röhrenkonzept 1. Das Röhrenkonzept von S IEMENS -W ESTINGHOUSE (tubulä-
Ab 1958 W ESTINGHOUSE re SOFC, ✄Abb. 8.1 und 8.23) umfasst ursprünglich ein Bündel
Electric Corp.; später S IEMENS - von Einzelzellen aus einseitig geschlossenen Stützröhrchen aus ur-
W ESTINGHOUSE: Röhrenkonzept sprünglich YSZ und später calciumstabilisiertem Zirconiumdioxid
bis 1 A/cm2 bei 0,7 V.
(150 cm lang, Ø 22 mm; 30 % Porosität, 2–10 µm Porengröße).
1985/90: Air electrode supported
design (AES): poröses Kathoden-
Neuerdings werden poröse Luftelektrodenröhrchen aus dotiertem
rohr. Lanthanmanganit, das extrudiert und gesintert wird, als Träger ein-
1986: 1760 h-Test einer 400 gesetzt. Auf das Trägerröhrchen werden Festelektrolyt und Brenn-
W-Einheit; 24 Zellen, H2 /CO. gaselektrode abgeschieden. Im Inneren des Röhrchens strömt Luft,
1987: 3 kW-Einheiten für T OKYO außen der Brennstoff.
G AS und O SAKA G AS . Erdgas-  Brenngaselektrode (außen). Die 20 µm dünne Cermet-Anode
betrieb für 5000 bis 15000 h;
Degradation 2 %/1000 h.
aus Ni/YSZ entsteht durch Tauchen oder EVD aus einer Sus-
pension von NiO und ZrO2 (Y2 O3 ) und Sintern in reduzierender
1992–94 25 kW für O SAKA G AS
und T OKYO G AS ; Betrieb bis Atmosphäre.
7064 h mit Erdgas.  Die Interconnectorschicht zur kathodischen Stromabführung aus
1999: 220 kW-Druckhybridanla- Lanthan-Strontium-Chromat wird als schmaler Streifen durch
ge aus SOFC und Gasturbine. Plasmaspritzen aus chloridischen Vorstufen in Längsrichtung
2001: Druckhybridanlage für auf das Trägerrohr aufgebracht. Nickelschichten und -filze die-
RWE; 1152 Zellen, >3700 h.
nen dem äußeren Stromabgriff.
2002: 1 MW-Druckhybridanlage
für E N BW und E LECTRICITE DE  Die gasdichte, ca. 40 µm dicke YSZ-Elektrolytschicht entsteht
F RANCE. durch chemische und elektrochemische Dampfabscheidung9 aus
2003: Prototyp e|cell CHP 250“ ZrCl4 , YCl3 , H2 , Wasserdampf und O2 bei 1150 ◦C.

(250 kW). Feldtest bei E.ON und  Luftelektrode (innen). Die kathodische Beschichtung von ZrO2 -
Stadtwerke Hannover.
Trägerröhrchen erfolgt aus einer Suspension10 von La(Sr)MnO3;
das Lösungsmittel wird verdampft und die Schicht in oxidieren-
der Atmosphäre gesintert (100 µm dick, 30 % porös).
✄8.23 Tubuläres Design: 3 × 8 S IEMENS -W ESTINGHOUSE (US 6,492,051) empfiehlt als Zwischen-
Röhren. Quelle: S IEMENS AG. schicht zur Kontaktierung von Elektrolyt und Luftelektrode eine
Zweiphasenmischung von Scandium- oder yttriumstabilisiertem ZrO2 ,
dotiertem Lanthanmanganat, Chrom- oder Platinpartikeln.
Vorteilhaft ist die Selbstabdichtung ohne hitzebeständige Dich-
tungstechnik. Nachteilig ist der ohmsche Widerstand, wenn die
Elektrolytschicht bei der EVD-Beschichtung in die Poren der
Kathodenschicht eindringt. Bei 834 cm2 aktiver Elektrodenober-
fläche liefert eine Einzelzelle ca. 150 W Leistung (950 ◦C). Über
Nickelfilze sind die Röhrchen miteinander elektrisch verbunden.
3 × 8 in Reihe geschaltete Rohrzellen (1,5 m) bilden ein Bündel,
das an der Ober- und Unterseite zur Stromabnahme ein Kontakt-
blech trägt.
9 Chemical Vapor Deposition, CVD; Electrochemical Vapor Deposition, EVD
10 Aufschlämmung, engl. slurry
207

Eine 100 kW-Anlage benötigt 1152 Einzelrohre in vier hintereinan-


der und zwölf nebeneinander angeordneten 3 × 8-Rohrbündeln, die
elektrisch in Reihe geschaltet sind. Entschwefeltes Erdgas strömt
über den Vorreformer in den internen Reformer. Das Reformat (H2 ,
CO, CO2 ) und Prozessluft (630 ◦C) speisen die Röhrenelemente.
850 ◦C heiße Abluft fließt in den Wärmetauscher ab. Mit einer
Stromkennzahl von 1,5 und einem elektrischen Wirkungsgrad von
47 % übertrifft das Aggregat verbrennungsmotorische BHKW.
Elektrische Energie bei Volllast
Stromkennzahl = maximal auskoppelbare Nutzwärme

2. Das Flachrohrkonzept (S IEMENS -W ESTINGHOUSE , K YOCE - ✄8.24 Flachrohrkonzept


RA , K IER Korea) (2001) kombiniert Anodengasröhren in einem
Verbund mit der Flachplattenkathode und dem Interconnector.
3. Mikroröhrchen von Submikro- bis Millimeter Durchmesser bie-
ten hohe Leistungsdichte, Thermospannungsbeständigkeit und kur-
ze Aufheizzeit; der Stromabgriff gestaltet sich schwierig. Dreilagige
Hohlfasern werden nach der Phaseninversionsmethode hergestellt.

8.5.2 Flachzellenkonzept
1. Das häufige Flachzellenkonzept (S IEMENS [29], D ORNIER [27] ✄8.25 Flachzellenkonzept.
u.a.) besteht aus einem ebenen Stapel von bipolaren Einzelzellen. Interconnect Anode
Die wiederholbare Einheit umfasst:
 Die Bipolarplatte (Interconnector) besteht aus Hochtemperatur- H2
Superlegierungen11 wie zum Beispiel CrY2 O31 , CrLa2 O31 und
CrFe5 Y2 O31 (Plansee AG).
O2
 Gasverteilerplatte. Luft- und Brenngaskanäle sind 90◦ versetzt.
Reaktions- und Abgase werden mit keramischen Anschluss- Elektrolyt Kathode
glocken seitlich am Stack ein- und abgeführt.
 Anode aus Nickelcermet. Anode: Ni-ZrO2
Kathode: (Sr)LaMnO2
 Elektrolyt aus YSZ, im Foliengießverfahren hergestellt. Elektrolyt: YSZ
 Kathode aus LaSrMnO3. Die Elektroden werden im Siebdruck Interconnector: (Mg)LaCrO2
aufgebracht und thermisch eingesintert.
✄8.26 Flachzellenkonzept
Kontaktierung. Als Stromableiter und Nickelreservoir dient ein
Nickelnetz auf der Anode. Auf die kathodische Seite der Bi- 1988 S IEMENS : Einzelzellen mit
polarplatte wird eine keramische Zwischenschicht durch ein 20 % H2 in N2 bei 950 ◦ C: 0,6 V
bei 100 mA/cm2 (1990); 0,8 V
Nasssprühverfahren aufgebracht, um den Übergangswiderstand zu bei 500 mA/cm2 (1993).
senken.12 Vorteilhaft ist der selbsttragende Aufbau: gestützt durch 1988–1997 D ORNIER GmbH;
Kathode, Anode, Elektrolyt oder einen porösen Träger. Kurze später: FZ Jülich.
1990 F UJI Electric Corp. R&D:
Stromwege garantieren hohe Leitfähigkeit, Energie- und Leistungs-
0,22 W/cm2 ; 1.07 V.
dichte im Vergleich zu Röhrenzellen. Problematisch ist die Abdich- Um 1994 Z TEK: Scheibenkonzept
tung der Einzelzellen. 2000 S ULZER -H EXIS : BHKW
für Hausversorgung.
11 temperaturstabil durch Aluminium- und Chromoxid-Deckschichten; angepasster 2000/2 D ELPHI AUTOMOTIVE
Ausdehnungskoeffizient notwendig, um mechanische Spannungen zum Keramik- S YSTEMS und BMW: SOFC für
elektrolyt auszuschließen. Kfz-Bordnetz mit Ce0.9 Gd0.1 O2 -
12 Einzelzellen werden einfacher in einem inerten Gehäuse mit Platinnetzen als Elektroden
Stromabgriff gemessen.
208

✄8.27 Monolithkonzept 2. Integrierte Flachzellen (integrated planar design, IP-SOFC,


Anode Elektrolyt Kathode ROLLS ROYCE , K YOCERA , M ITSUBISHI). In Serie geschaltete
Zellsegmente auf einem porösen Träger werden von Brenngas und
H2 Luft im Kreuzstrom versorgt. Vorteil: leicht; kurze Verbindungswe-
ge. Nachteil: Dichtung und Zellverbindung.
O2

H2 8.5.3 Monolithkonzept
O2 Das Monolithkonzept (MSOFC) von A RGONNE NATIONAL L AB .
kommt ohne Stützstruktur aus, verspricht Leistungsdichten von
Interconnect Kathode 8000 W/kg (gegenüber 100 W/kg des Röhrenkonzepts). Der wel-
1983 A RGONNE N ATIONAL L AB .:
lenförmige Schichtverbund von Kathode, Festelektrolyt und Anode
0,3 W/cm2 , 100 h ist selbsttragend. Brennstoff und Luft fließen im Gleich- oder Ge-
1992 A LLIED S IGNAL C ORP.: 1,0 genstrom. Die Herstellung erfolgt in folgenden Schritten:
V bei 0,1 A/cm2 (1050 ◦ C)
 Suspensionen für Elektroden, Elektrolyt und Interconnector,
 Siebdruck der Keramikschichten aufeinander,
✄8.28 Historie
 Wellen des Laminats durch Einpressen in eine Wabenstruktur,
1997/98 S ULZER H EXIS (CH-
Winterthur). Feldversuch: Stadtwer-  Schichten der Einzelzellen mit Interconnector dazwischen,
ke Winterthur und Dortmund.  Sintern des Zellstacks.
1998–2001 1 kW-SOFC für EWE,
T HYSSENGAS , T OKYO G AS ,
G AS DE E UKADI , G ASUNIE 8.5.4 Integrierte Konzepte
2002 SOFC für BASF/W INGAS .
2003 42 HXS1000: T HYSSENGAS , 1. Röhren-Stack-Modul. Die S ULZER H EXIS-Flachzelle13 ist
Stadtwerke, Hotels und Gewerbe; kreisförmig planar (Ø 12 cm; 0,1–0,2 mm dick) mit einem 2 cm
Lebensdauer: <6 Monate
großen Innenloch. Der selbsttragende YSZ-Elektrolyt ist mit Anode
2015V IESSMANN kauft H EXIS
und Kathode beschichtet. Der metallische Interconnector14 (Chrom-
2013-16 Feldtest: Galileo 1000 N
legierung) zwischen den Einzelzellen mit Strömungskanälen dient
als Wärmetauscher und Stromableiter. Die Zelle wird mit Erd-
✄8.29 H EXIS Galileo 1000 N gas (innen) aus dem Niederdrucknetz und luftseitig (außen) ei-
Elektr. Nennleistung: 1053 W nem schwachen Gebläse betrieben. Für die Energie- und Wärme-
Therm. Nennleistung: 2500 W versorgung im häuslichen Bereich besticht die SOFC durch hohes
Nennspannung: 39 V
Nutzwärmeniveau, einfache Brennstoffaufbereitung, breite Brenn-
Nennstrom: 27 A
Zellen: 70 stoffwahl, effizienten Teillastbetrieb und dynamisches Regelverhal-
Betriebstemperatur: 950 ◦ C ten. Stickoxide wie bei der klassischen Verbrennungstechnik entste-
Durchmesser: 120 mm hen nicht. Das erdgasbetriebene 1 kW-System für ein Einfamilien-
Höhe: 518 mm
haus umfasst in einem Gehäuse:
 SOFC mit Peripherie und elektrischer Netzankopplung,
 200 Liter-Brauchwasserspeicher,
✄8.30 Honigwabenkonzept
 Zusatzbrenner für Spitzenwärmebedarf (über 3 kW).
2. Das Honigwabenkonzept (honeycomb, ABB 1992: condensed

tube“) ist mechanisch stabil und liefert hohe Leistungsdichte (bis 2
−2
W cm ). Oxidans und Brenngas strömen abwechselnd wie in ei-
nem Schachbrett durch Mikrokanäle. Die Kontaktierung ist kompli-
ziert.
13 HEXIS = Heat Exchanger Integrated Stack.
14 Fa. P LANSEE, A-Reutte.
209

3. FlexCell-Design (N EX T ECH M ATERIALS Ltd., 2011). Eine


dünne Elektrolytschicht liegt auf einer Stützschicht mit hexagona-
lem Bienenwaben-Lochgitter. Darauf werden die Elektroden be-
schichtet. Flächenbezogene Leistung: ≈0,53 W cm−2 (800 ◦C). Pro-
blem: mechanisch instabil, komplizierte Herstellung.
3. Kegelförmiges Design (cone-shaped. Blumentopfartige Einzel- ✄8.31 Kegeldesign
zellen stecken in Serienschaltung ineinander. Durch den gemein-
samen Innenkanal fließt Brenngas; außen über der Kathode ist
der Interconnector aufgebracht. Hohe Leistungsdichte und Thermo-
schockbeständigkeit stehen der Komplexität gegenüber.

8.6 SOFC-Kraftwerke
1. Interne Reformierung. Die Schwefeltoleranz prädestiniert die
SOFC für die Stromerzeugung aus Erd-, Bio- und Kohlegas.
 Indirekte Reformierung (IIR): in einer Kammer vor der Anode
 Direkte Reformierung (DIR): auf der Anode. Das Cracken
höherer Kohlenwasserstoffe erledigt ein Vorreformer.
 Schrittweise direkte Reformierung (GIR, gradual): auf einer
zusätzlichen Elektrodenbeschichtung
Kohlenwasserstoffe werden oberhalb 800 ◦C durch Wasserdampf
gespalten. H2 O-Dampf liefert das Anodenabgas oder ein externer
Dampferhitzer. Um das Gleichgewicht zu verschieben und Rußbil-
dung15 zu vermeiden, wird Wasserdampf überstöchiometrisch zu-
gesetzt (Dampf/Kohlenstoff ≥ 3). Die Energie zur endothermen
Dampfreformierung (1) stammt aus der exothermen CO-Oxidation
an der Kathode (2) und der gleichzeitigen Konvertierung (3). Paral-
lel läuft die elektrochemische Oxidation des Brennstoffs ab.16

1r H 0 (kJ/mol)
(1) Dampfreformierung CH4 + H2 O + Wärme → CO + 3 H2 +206
Trockene Reformierung CH4 + CO2 + Wärme → 2 CO + H2 +247
Cracken CH4 + Wärme → C + 2 H2
(2) CO-Oxidation CO + 3 H2 + 2 O2 → CO2 + 3 H2 O + Wärme
(3) Konvertierung CO + H2 O → CO2 + H2 + Wärme –41
(4) Elektrochem. Oxidation CH4 + 2 O2 → CO2 + 2 H2 O + Wärme –802
Partielle Oxidation CH4 + 12 O2 → CO + 2 H2 O + Wärme –36
B OUDOUARD-Gleichgewicht CO2 + C + Wärme → 2 CO +171

Energiebilanz. Die Abgase an Anode (CO2 , H2 O, Rest-H2 , CO)


und Kathode (N2 , O2 , Restluft) verlassen die SOFC mit höherer
Temperatur (über 800 ◦ C) als die zugeführten Ausgangsstoffe. Die
unverbrauchten Brennstoffe H2 und CO werden nachverbrannt.

15 Ni/YSZ wird durch Schwefel vergiftet und neigt zur Verkokung.


16 Katalysatoren für die Methanoxidation: Ni/BaZr Ce Y Yb O
0.1 0.7 0.1 0.1 3
210

Die Hochtemperatur-Nutzwärme dient zur Dampferzeugung oder


Brennstoffvorheizung und speist ein Nah- und Fernwärmenetz.
✄8.32 SOFC-Generator. 2. SOFC-Generator (S IEMENS -W ESTINGHOUSE). Auf 600 ◦C
1 Vorreformer, 2 Interner
vorgewärmte Frischluft dringt durch keramische Injektoren in die
Reformierraum, 3 SOFC-Rohr,
4 Rezirkulationsraum, Kathodenrohre. Das 700 ◦C heiße Brenngas aus dem internen
5 Verbrennungsraum. Reformer strömt im Gleichstrom zwischen den Anodenröhrchen.
Luft Reaktions- und Strahlungswärme heizen das Rohrbündel auf 950–
1000 ◦C auf. Das verbrauchte wasserdampfhaltige Brenngas mit
❄ Rest-H2 und CO strömt durch Ringspalte aus den Einzelzellen in
einen Rezirkulationsraum17 aus, wird dort von einer Ejektorpumpe
(mit 4 bar kaltem Brenngas betrieben) abgesaugt und dem Anoden-

✻ 5 gas zugeführt. Das Anodengas durchläuft den Vorreformer und den
Ab- ✻ internen Reformer (zwischen den Rohrbündelreihen, durch Wärme-
gas
4 ✲ strahlung aus den Einzelzellen beheizt). Das vom Ejektor nicht er-
✛ fasste Anodenabgas diffundiert durch eine poröse Trennwand in den
Nachverbrennungsraum.18 Dort verbrennen Rest-H2 und CO bei
3 2 850 ◦C mit überschüssiger Restluft. Die Abwärme dient über einen
✻ Wärmetauscher zur Vorheizung der Frischluft und für die weitere
Nutzung (Prozesswärme, Gasturbine). ✄Abb. 8.32–8.34
3. SOFC-Blockheizkraftwerke. Für die Nah- und Fernwärmever-
sorgung im Leistungsbereich 0,1 bis 1 MW sind mit Erdgas oder
1 Biogas betriebene SOFC-Anlagen denkbar. Das 100 kW-SOFC-
BHKW von S IEMENS -W ESTINGHOUSE arbeitet bei Atmosphären-

✻ ❄
druck (Anlage bei EDB/Elsam, 1998).
Entschwefeltes Erdgas

✄8.33 SOFC-Kraftwerk e|cell



CHP 250“ (Hersteller:
Siemens-Westinghouse) der
S TADTWERKE H ANNOVER AG.
Bildmontage: S UNDERDIEK &
PARTNER, Hannover. 17 engl. recirculation plenum
18 engl. combustion plenum
211
Wasser Abgas/Dampf
❄ ✻ ✻
Abwärmenutzung
✲ Nachverbrennung ✲
Prozessdampf

Gasturbine
Dampfturbine
Wasser

Gasaufbereitung ✲ Inverter
Vorwärmung ✛ SOFC Netzeinspeisung

✻ ✻

Luftversorgung Anlagen-
Gasversorgung
Wärmehaushalt steuerung

✻ ✻
✄8.34 Komponenten eines
Brenngas Luft
SOFC-Kraftwerks

Das mit 800–850 ◦C austretende Abgas heizt in einem Rekupera-


tor die Frischluft auf 600 ◦C auf. Zum Kaltstart oder Ausgleich von
Wärmeverlusten im Teillastbetrieb dient ein Luftvorwärmer. 120
kW Gleichstromleistung werden auf 400 V Wechselspannung ge-
wandelt (109 kW ac). Der elektrische Nettowirkungsgrad, bereinigt
durch Eigenbedarf und Verluste, beträgt 46 %. Zusätzliche Aus-
kopplung von 70 kW Nahwärme steigert den Gesamtnutzungsgrad
auf 76 % (bezogen auf den unteren Heizwert des Brenngases).
Pel + Q̇ th
ηges = (8.3)
Hu
Auf 8,6×2,8×3,6 m3 umfasst die Anlage: Erdgas-Entschwefelung,
Schutzgassystem (N2 + 5% H2 ), Anfahrdampferzeuger, SOFC,
Luftvorwärmer, Rekuperator, Luftverdichter, Regelung, USV.

4. SOFC-Gasturbinen-Hybrid-Kraftwerk (Hybrid-SOFC/GT, ✄8.35 Nettowirkungsgrad von SOFC-


Kraftwerken
Combined cycle power plant). Die Kopplung der unter Druck be-
triebenen SOFC mit einer Gasturbine bringt theoretisch 60 % Wir- 0,1 MW 50 %
kungsgrad im Megawatt-Leistungsbereich (✄Tab. 8.35). Praktische 1 MW 55 %
10 MW 62 %
Wirkungsgrade hängen von der Abstimmung von Gasturbine und 100 MW 68 %
SOFC ab. Die Entkopplung von Atmosphärendruck-SOFC und Ga-
sturbine ist im Teillastbetrieb besser.
Die heißen Verbrennungsgase im SOFC-Abgasstrom (statt einer
Brennkammer) treiben eine Gasentspannungsturbine zur Stromer-
zeugung in einem J OULE -B RAYTON-Kreisprozess. Durch Aus-
kopplung von Wärme oder Prozessdampf sind Gesamtwirkungsgra-
de bis 75 % erreichbar, wobei die
elektrische Nutzleistung
Stromkennzahl = thermische Nutzleistung ≥ 2,5
beträgt; bei BHKW nur 1,5.
212

Weitere Wirkungsgradsteigerung in Großanlagen:


 Das Gasturbinenabgas treibt einen Dampfturbinenprozess
(GuD). Niedrige Abgastemperaturen verwerten Turbinen mit or-
ganischen Lösemitteln (Organic Rankine Process, ORC).
 Vorheizung der Kathodenluft durch die Abwärme (Recuperative
Heat Exchanger) oder Abgaszumischung (Exhaust Gas Recircu-
lation) aus der Nachverbrennungskammer. ✄Abb. 8.34
Cogeneration, Combined Heat and Die 1 MW-SOFC-Druckhybridanlage von S IEMENS -W ESTING -
Power generation (CHP): Umwand- HOUSE (2000) umfasst auf 16,7 m × 10,9 m × 4 m: Brenngasver-
lung von Energie in elektrische
(oder mechanische) Energie und
sorgung mit Entschwefelung, SOFC-Generator, Gasturbine, Luftzu-
Nutzwärme in einer industriellen fuhr mit Kompressor, Kaltstartbrenner und Rekuperator. Frischluft
Anlage. wird verdichtet (3 bar), im Rekuperator durch den Gasturbinen-
Abgasstrom (630 ◦C, 1 bar)19 erhitzt (575 ◦C) — wobei 260 ◦C für
Nahwärme über einen Wärmetauscher ausgekoppelt werden —, und
den SOFC-Kathoden zugeführt. Die Abgasströme (870 ◦C, 3 bar)
treiben die Gasturbine, die auch den Luftverdichter mit mechani-
scher Energie versorgt.
Eine sichere Abschätzung der Systemkosten lässt der heutige Stand
der Technik (Demonstrationsphase) nicht zu. Die Brennstoffzelle
geht zu 25–30 % in die Investitionskosten ein; den Rest teilen sich
Gasaufbereitung, Maschinen-, Elektro- und Leittechnik.

8.7 Festoxidzellen in Fahrzeugen

Battrieunterstützung. Der Generator (Lichtmaschine) versorgt das


12 V-Bordnetz mit etwa 40 A Strom und lädt die Batterie als Spei-
chermedium. Die elektrischen Verbraucher im Auto konsumieren et-
wa 550 W mit steigender Tendenz bei künftigen Fahrzeugen. Klima-
anlagen bei stehendem Motor, elektrisches Bremsen (break by wire)
und Lenken (steer by wire), Fahrwerksregelung (active body con-
trol), elektromagnetische Ventilsteuerung, nockenwellenloser Motor
und andere Anwendungen erfordern eine zusätzliche Energiequelle.
Ab 50 V sind verstärkte Isolierungen, Sicherheitsstecker und Warn-
hinweise nötig.
BMW und D ELPHI AUTOMOTIVE S YSTEMS testeten eine SOFC-
Brennstoffzelle als Batterieersatz.20 Das im Heck eines 750i“ dar-

gestellte Aggregat (200 ℓ, 100 kg) vereinigt Benzinreformer, SOFC,
Luftversorgung und -gebläse, Abgasnachbehandlung. Das Aufhei-
zen auf die Betriebstemperatur von 800 ◦C innerhalb einer Stunde
verzehrt zwei Liter Benzin.
Elektroantriebe. N ISSANs Batteriefahrzeug e-NV200“ (2016)

nutzt eine mit Ethanol betriebene 5-kW-SOFC als Range Extender,
um die Reichweite der Fahrzeugs zu verlängern.
19 Absolute Druckangaben: 1 bar = Atmosphärendruck.
20 Süddeutsche Zeitung, 3./4.03.2001, Die Spannung steigt.
213

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Technologie
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215

9 Redoxbrennstoffzellen und
Hybridsysteme

Nicht nur Gase und Flüssigkeiten, auch Feststoffe können verstromt ✄9.1 Leistungsdaten von Energie-
speichern
werden. Zink-Luft- und Aluminium-Luft-Batterien verbinden die
Eigenschaften von geschlossenen Batterien und kontinuierlich ver-
sorgten Brennstoffzellen. In diesen Hybridzellen ist der Brennstoff Theoretische spezifische
Kapazität (FARADAY-Gesetz)
fest und das Oxidans gasförmig.
Cth = zMF (Ah/kg)
 Eine Batterie (Primärelement) wandelt chemische Energie irre-
versibel in elektrische Energie und Wärme um und ist nicht wie- Theoretische Energiedichte
deraufladbar. Wth = Cth · E 0 (Wh/kg)

 Ein Akkumulator (Sekundärelement)1 ist wiederaufladbar, wobei Elektrische Leistung


durch den Ladevorgang erst das galvanische Element entsteht. P =U I (W = J s)
Die theoretische Energiedichte bezieht sich auf die aktiven Mas- Maximale Entladeleistung
sen, d. h. das Gewicht ohne Separatoren, Elektrodengerüst, Strom- Pmax = U2 I
ableiter, Lösungsmittel, Abstandshalter, Batteriegehäuse usw. unter
Annahme 100%iger Masseausnutzung. Praktische Daten sind auf Spezifische Leistung
die tatsächliche Batteriemasse bezogen. Kapazität und Energieinhalt Entladeleistung
Pm = Batteriemasse
sinken mit steigender Stromdichte und Überspannung und hängen
Lade-/Entladekapazität
von den Entladebedingungen ab (z. B. 1-, 2- oder 5-stündige Entla-
Rt
dung bei konstanter Stromstärke). Zahlenwerte ohne Entladebedin- Q = I (t) dt (C = As)
gungen sind unseriös! 0

Stromausbeute,
Ladungsnutzungsgrad
Q
α = QE < 1
9.1 Metall-Luft-Elemente L
Energieausbeute, -nutzungsgrad
ZtE
Metall-Luft-Batterien nutzen die Oxidation unedler Metalle an Luft. UE (t) IE (t) dt
Das Lithium/Luft-System erreicht die größte praktische Zellspan-
W
nung, gefolgt von Erdalkalimetallen und anderen: Li (2,4 V) > Ca η = WE = 0t
L ZL
(2,0 V) > Al (1,6 V) > Mg (1,4 V) > Zn (1,2 V) > Fe (1,0 V). Die UL (t) IL (t) dt
Zellspannungen bei Sauerstoffkathoden liegen ca. 50 % höher, weil 0
die Überspannung geringer als an Luftelektroden ist.
Ladefaktor
Ladekapazität Q L
a = entnommene Kapazität QE
9.1.1 Zink-Luft-Batterie
1 Ah = 3600 A s = 3600 C
Ähnlich der L ECLANCH É-Taschenlampenbatterie besteht das alka-
1 Wh = 2300 W s = 3600 J
lische Zink-Luft-Element ursprünglich aus: äußerem Zinkbecher,
Ammoniumchlorid- oder Kalilauge-Elektrolyt, hydrophob-porösem
Aktivkohlezylinder (stirnseitig tritt Außenluft ein).2 E0 Ruheklemmenspannung
F Faraday-Konstante
1 engl. secondary battery M Molekülmasse (aktive Spezies)
2 Konventionell nur 1 W/kg; 2 mA/cm2 wegen Sauerstofftransporthemmung. z Elektrodenreaktionswertigkeit

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2016


P. Kurzweil, Brennstoffzellentechnik, DOI 10.1007/978-3-658-14935-2_9
216

✄9.2 Meilensteine der Der Zink-Luft-Akkumulator umfasst eine zentrale pastöse Zink-
Zink-Luft-Batterie.
Masseanode, die taschenförmig von einer Gasdiffusions-Folienelek-
1971 S ONY: Elektrofahrzeug trode (bifunktionale Sauerstoffelektrode) umschlossen ist.
1994 D EUTSCHE P OST und  pastöse Metallanode (z. B. ZnO + PTFE + PbO + Cellulose)
E LECTRIC F UEL C ORP. (EFL,
Israel): Zink-Luft-Fahrzeuge: 320  Alkalischer Elektrolyt: Kalilauge in einem Separator.
V, 492 Ah, 157 kWh; 208 Wh/kg,  Platin-Aktivkohle-Kathode (Sauerstoffreduktion beim Entla-
243 Wh/ℓ; 101 W/kg, 118 W/ℓ.
den); elektrolytseitig mit Nickel überzogen (für die Sauerstoff-
abscheidung beim Laden).
Entladevorgang:
⊖ Anode Zn + 2 OH⊖ ⇋ Zn(OH)2 + 2e⊖
1
⊕ Kathode 2 O2 + H2 O + 2 e⊖ ⇋ 2 OH⊖
Zn + 12 O2 + H2 O ⇋ Zn(OH)2
bzw. Zn + 1
2 O2+ H2 O + 2OH⊖ ⇋ Zn(OH)2⊖ 4
Nenndaten: 1,45–1,5 V; theoretisch 960 Wh/kg; praktisch 650–800
Wh/ℓ, 300–380 Wh/kg; <80 W/kg.
Anwendung: Warnlichter, Hörgeräte, Uhren, Notstrom.
Problematisch sind (1) Volumenänderungen beim Laden und Entla-
den, (2) die Bildung von Dendriten, die den Separator kurzschlie-
ßen, (3) Passivierung der Anode beim Entladen, (4) Verunreinigun-
gen an der Luftelektrode. Lebensdauer und Zyklenstabilität sind ge-
ring. Beim Laden gebildeter Sauerstoff oxidiert die Aktivkohle zu
CO2 , das sich als Carbonat im Elektrolyten löst und die Zelle physi-
kalisch schädigt. Abhilfe schafft eine dritte Elektrode (Nickelblech)
zur Sauerstoffabscheidung, die nur beim Laden elektrisch kontak-
tiert wird.

9.1.2 Aluminium-Luft-Batterie
Theoretisch 3000 Ah/kg Aluminium und Betrieb mit neutralen Elek-
trolyten (Meerwasser) sind möglich. Zulegieren von In, Ga, Tl, Cd,
Zn oder Amalgamierung durchbrechen die Oxidschicht und verbes-
sern die Zellspannung. Verbrauchtes Aluminium ist mechanisch er-
setzbar.

⊖ Anode 2 Al + 6 H2 O ⇋ 2 Al(OH)3 + 6 H⊕ + 6e⊖


3
⊕ Kathode 2 O2 + 3 H2 O + 6 e⊖ ⇋ 6 OH⊖
2 Al + 32 O2 + 3 H2 O ⇋ 2 Al(OH)3
In alkalischer Lösung treten lebhafte Wasserstoffentwicklung und
Korrosion auf.

9.1.3 Eisen-Luft-Batterie
Die Verfügbarkeit, Ungiftigkeit und mechanische Stabilität von Ei-
sen, dazu eine theoretische Energiedichte von 764 Wh/kg machen
diese Batterie interessant.
217

Der einfache Aufbau besteht aus einer Serienschaltung von Eisen-


elektrode, Elektrolytraum, Luftelektrode und Luftspalt.
Zellreaktion: 2 Fe + 1/2 O2 + H2 O ⇋ Fe(OH)2 (1,28 V)
In weiteren Schritten entsteht Fe3 O4 . Leider ist der Zyklisierbar-
keit schlecht. Beim Laden entsteht durch Elektrolyse der alkalischen
Lösung Sauerstoff an der Luftelektrode; dabei werden Elektroden-
träger und Katalysator geschädigt. Die geladene Eisenelektrode kor-
rodiert rasch, die Selbstentladung ist hoch, die Leistung in der Kälte
schlecht und in der Wärme entsteht parasitär Wasserstoff.
Leistungsdaten: 52–109 Wh/kg, 102–146 W/kg, <500 Zyklen.

9.2 Metalloxid-Wasserstoff-Batterien

9.2.1 Nickel-Wasserstoff-Akku
Einer hohen spezifischen Energie, inhärentem Überladungsschutz ✄9.3
Aufbau des NiH-Akkus
und dem Zelldruck als Ladezustandsanzeige stehen ungünstige
Selbstentladung und hohe Kosten gegenüber. Wasserstoff-Druckbehälter:
30–40 bar
 Zellreaktionen im Normalbetrieb
Anode: Wasserstoffelektrode
⊖ Anode NiOOH + H2 O + e⊖ ⇋ Ni(OH)2 + OH⊖ (Pt/Ni, PFTE/Pt)
⊕ Kathode 1/ H + OH⊖ ⇋ H O + e⊖
2 2 2 Kathode: NiO + 5 % Co(OH)2 ;
1/ H beim Vorladen: β-Ni(OH)2 .
2 2+ NiO(OH) ⇋ Ni(OH)2
1/ H Elektrolyt: 30 % KOH
bzw. 2 2 + NiO(OH) + H2 O ⇋ Ni(OH)2 · H2 O Zellspannung: 1,32 V.
 Überladung Selbstentladung: 6–12 %/Tag.

⊖ Anode 2OH⊖ ⇋ 2e⊖ + 1/2 O2 + H2 O


⊕ Kathode 2H2 O + 2e⊖ ⇋ 2OH⊖ + H2
2H2 O ⇋ 2H2 O

9.2.2 Nickel-Metallhydrid-Akku (NiMH)


Der moderne Leistungsakkumulator hat Wasserstoffspeicherelek-
troden (statt der Cadmium-Elektrode beim NiCd-Akku), allerdings
keine Gasdiffusionselektroden wie Brennstoffzellen. Im Nickel-
Stahl-Becher befinden sich gerollte Elektroden in 30%-iger KOH.
Beim Laden entsteht atomarer Wasserstoff, der ins Kristallgitter der
Speicherelektrode dringt.
 Anode (Minuspol): Nickel-Hydrid-Speicherelektrode
(LaNi5 , NiTi2 , Legierungen aus Ni, Co, Ce, La, Nd, Pr, Sm).
 Kathode (Pluspol): Nickelschaum. Separator: Kunststoffvlies.
Nenndaten: 1,2 V (bei 5 h-Nominalstrom); 76 Wh/kg (5 h), 275
Wh/ℓ (5 h); 210 W/kg (20 min); >2000 Zyklen (1 h, 100 %);
Betriebstemperatur –20 bis +60 ◦C. Geringerer Memory-Effekt als
Ni/Cd-Akku. Einsatz in Hybridfahrzeugen.
218

Entladevorgang (1,3 V)
⊖ Anode MH + OH⊖ ⇋ H2 O + M + e⊖
⊕ Kathode NiOOH + H2 O + e⊖ ⇋ Ni(OH)2 + OH⊖
NiOOH + MH ⇋ Ni(OH)2 + M

Selbstentladung (20 %/Monat)


a) geladene Nickelelektrode 6 NiOOH → 2 Ni3 O4 + 3 H2 O + 1/2 O2
b) Nitrit/Ammoniak- 6 NiOOH + NH3 + H2 O + OH⊖ → 6 Ni(OH)2 + NO⊖ 2
Redoxsystem NO⊖2 + 6 MH → NH3 + H2 O + OH⊖ + 6 M
c) desorbierter Wasserstoff 2 NiOOH + H2 → 2 Ni(OH)2

✄9.4 Zellvorgänge im
NiMH-Akku.
9.3 Redoxbrennstoffzellen
Redoxzellen sind galvanische Speicher mit löslichen Reagentien.
1. Klassische Redoxzelle. An bipolaren, inerten Elektroden – z. B.
polymergebundener Grafit in einer salzsaure Lösung von Metall-
chloriden – laufen Redoxvorgänge ab. Katholyt und Anolyt, die
durch eine chloriddurchlässige Membran getrennt sind, werden in
separate Speicher gepumpt und den Elektroden beim Entladevor-
gang wieder zugeführt.
a) Chrom-Eisen-Redoxspeicher. Wie bei Sekundärbatterien erfolgt
die Aufladung durch elektrischen Strom, wobei sich Cr(II) am Mi-
nuspol und Fe(III) am Pluspol bilden.
⊖ Anode Fe2⊕ ⇋ Fe3⊕ + e⊖ +0,77 V
⊕ Kathode Cr3⊕ + e⊖ ⇋ Cr2⊕ —0,41 V
Fe2⊕ + Cr3⊕ ⇋ Fe3⊕ + Cr2⊕
Beim Laden tritt neben der Cr(III)-Reduktion Wasserstoffentwick-
lung auf, dadurch entsteht weniger Cr(II) als Fe(III), das in einer
Ausgleichszelle kathodisch vernichtet“ werden muss (wobei an-

odisch Chlor entsteht).
b) Der All-Vanadium-Speicher (DE 914264) besteht aus Anoden-
und Kathodenraum, durch eine selektive Ionentauschermembran ge-
trennt, die Vanadiumionen sperrt (Entwicklungsziel). Anolyt und
Katholyt werden in getrennten Elektrolytkreisen kontinuierlich über
die Elektroden zurück in die Vorratsbehälter gepumpt. Die Lade-
vorgänge (z. B. durch fotovoltaische Energie) lauten:
⊖ Anode V4⊕ ⇋ V5⊕ + e⊖
⊕ Kathode V3⊕ + e⊖ ⇋ V2⊕
V3⊕ + V4⊕ ⇋ V2⊕ + V5⊕
Die Entladevorgänge laufen genau umgekehrt und liefern Strom.
c) M ILENNIUM C ELL (US 6,497,973) erzeugt in einer Zelle Borhy-
dridionen, die in einer zweiten konsumiert werden.
219

2. Indirekte Brennstoffzelle. Wasserstoff und Sauerstoff dienen bei ✄9.5 Redoxbrennstoffzelle:


1 = Separator
der Regeneration der Redoxpartner als indirekter Brennstoff und
2, 3 = gasdurchsetzter Elektrolyt
Oxidans. Zur Zelltrennung dient eine PEM-Membran; bei Redox-
paaren desselben Elements genügen Separatoren aus der Batterie-
technik. ⊖ ⊕
2 1 3
1. Stromerzeugung ❄ ❄
⊖ Kathode: Ti(OH)3⊕ + H⊕ + e⊖
⇋ Ti3⊕
+ H2 O (0,06 V)
⊕ Anode: VO⊕ + 2 H ⊕ + e⊖ ⇋ VO2⊕ + H O
2 (1,00 V)
2
✻ ✻
2. Regenerierung
2 Ti(OH)3⊕ + H2 → 2 Ti3⊕ + 2 H2 O ✻ ✻
❄ ❄
2 VO2⊕ + 21 O2 + H2 O → 2 VO⊕
2 +2H
⊕ H2 O2
Die Regenerierung erfolgt:
a) mit Wasserstoff bei 60 ◦ C an einem Pt-Al2 O3 -Katalysator.
b) mit Sauerstoff bei 75 ◦ C in konzentrierter Salpetersäure.

9.4 Brennstoffzellen in Chemieprozessen

Mit Sauerstoff- und Wasserstoffverzehrelektroden kann man chemi-


sche Synthese und elektrische Stromerzeugung verbinden.
1. Bei der Chloratproduktion wird aus Kochsalzlösung in einer
elektrochemischen Zelle Hypochlorit hergestellt und im nachfolgen-
den Reaktor in Chlorat umgewandelt. Abfallwasserstoff, der sonst
verbrannt würde, kann in einer separaten Knallgaszelle genutzt wer-
den. Statt 1,45 V für die Chloratsynthese sind — abzüglich 1,23 V
für die Brennstoffzelle — noch 0,22 V aufzuwenden.
1a. Anodische Oxidation 6 Cl⊖ ⇋ 3 Cl2 + 6 e⊖ 0 = 1,36 V
E ox
3 Cl2 + 3 H2 O ⇋ 3 ClO⊖ + 3 Cl⊖ + 6 H⊕
1b. Chemische Reaktion 3 ClO⊖ ⇋ ClO⊖3 + 2 Cl

Cl⊖ + 3 H2 O ⇋ ClO⊖ ⊕ ⊖ 0 = 1,45 V


3 +6H +6e E ox
0
2. Kathode 6 H⊕ + 6 e ⊖ ⇋ 3 H2 E red = 0,00 V

3. Brennstoffzelle 3 H2 + 3/2 O2 ⇋ 3 H2 O E 0 = 1,23 V

Diese Prozesse kann man in einer Zelle zusammenfassen, wenn die


negative Elektrode mit Sauerstoff angeblasen wird, so dass die Sau-
erstoffreduktion abläuft.
Anode Cl⊖ + 3 H2 O ⇋ ClO⊖ ⊕
3 +6H +6e
⊖ 0 = 1,45 V
E ox
3/ O + 6 H⊕ + 6 e⊖ ⇋ 3 H O 0
Kathode 2 2 2 E red = 1,23 V
Gesamt Cl⊖ + 3/2 O2 ⇋ ClO⊖
3 E 0 = 0,22 V

2. Die Energieeinsparung durch eine Sauerstoffverzehrkathode bei


der Chloralkalielektrolyse erfolgt analog (✄Kap. 3.10).
220

Literatur zu Hybridsystemen

Elektrochemische Speicher
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Redoxbrennstoffzellen
[4] L. J. B LOMEN , M. N. M UGERWA (Hg.), Fuel Cell Systems, New York: Plenum Press, 1993, Nachdruck 2013, Chapt.
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[5] H. E BERT, Elektrochemie, Kap. 2.8.5.3 Brennstoff-Elemente“, Würzburg: Vogel, 2 1979.

[6] Encyclopedia of Electrochemical Power Sources, J. G ARCHE , C H . DYER , P. M OSELEY, Z. O GUMI , D R AND , B.
S CROSATI (Eds.), Vol. 5: Secondary Cells – Flow Systems. Amsterdam: Elsevier; 2009.
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blick); (b) K.-J. E ULER, Energiedirektumwandlung, München: Thiemig, 1967.
[8] (a) W. K ANGO, DE 914264 (1949). – (b) B. S UN , M. S KYLLAS -K AZACOS, Electrochim. Acta 37 (1992) 2459-65, 36
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[9] J. T. K UMMER , D. G. O EI , J. Appl. Electrochem. 15 (1985) 629. (Redoxzellen)
[10] R. W. S PILLMAN , R. M. S POTNITZ , J. T. L UNDQUIST, Chemtech (1984) 176. (Reaktoren)
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Batterien
[12] A. J. BARD , R. PARSONS , J. J ORDAN, Standard potentials in aqueous solution, New York: M. Dekker, 1985.
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[18] P. K URZWEIL , Chemie, Kap. 9: Elektrochemie. Wiesbaden: Springer Vieweg, 10 2015.
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[20] (a) D. L INDEN (Ed.), Handbook of Batteries. New York: McGraw-Hill, 2 1995.
(b) D. L INDEN (Ed.), Handbook of Batteries and Fuel Cells. New York: McGraw-Hill, 1984.
[21] C. D. S. T UCK (Ed.), Modern Battery Technology. New York: Ellis Horwood, 1991.

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[22] U. B ENZ , H. P REISS , O. S CHMID, FAE-Elektrolyse, Dornier post, No. 2 (1992).
[23] H.-H. B RAESS , U. S EIFFERT, Vieweg Handbuch Kraftfahrzeugtechnik, Wiesbaden: Springer Vieweg, 7 2013.
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[26] K.-P. M ÜLLER, Praktische Oberflächentechnik, Wiesbaden: Vieweg, 4 2003.
[27] D. N AUNIN (Ed.), Hybrid-, Batterie- und Brennstoffzellen-Elektrofahrzeuge: Technik, Strukturen und Entwicklungen,
Renningen: expert-Verlag, 4 2006.
[28] D. N AUNIN (Ed.), Elektrische Straßenfahrzeuge. Ehningen: Expert, 1994.
221

10 Gaserzeugung und
Brennstoffaufbereitung

Die Primärenergie aus organischen Brennstoffen (Erdgas, petro- ✄10.1 Abkürzungen


chemische Produkte, Methanol) muss im Brenngaserzeuger (fuel LH2 Liquid Hydrogen
processor) innerhalb oder außerhalb der Brennstoffzelle in den Flüssigwasserstoff
Sekundärbrennstoff Wasserstoff gewandelt werden. Der erzeugte GH2 Gaseous Hydrogen
Druckwasserstoffgas
Gleichstrom wird anschießend durch einen Umrichter (power con-
LNG Liquid Natural Gas
ditioner) in Wechselstrom transformiert, möglichst unabhängig von Verflüssigtes Erdgas
Spannungsschwankungen der Brennstoffzelle. CNG Compressed Natural Gas
Komprimiertes Erdgas
LPG Liquid Petroleum Gas
Flüssiggas: Propan/Butan
RME Rapsölmethylester
10.1 Wasserstoffgewinnung

Die ökonomische Wasserstofferzeugung bestimmt den Markterfolg


der Brennstoffzellentechnik wesentlich mit. Die eingeführte Syn-
thesegasgewinnung für die Ammoniakproduktion (H ABER -B OSCH-
Verfahren) führt die petrochemischen und alternativen Verfahren an.
Technisch möglich sind prinzipiell:
1. Wasserelektrolyse mit Elektrizität aus fossiler, Wind-, Wasser-,
Solar- oder Kernenergie.
2. Thermische Spaltung von Wasserstoffverbindungen: ✄10.2 Wasserstoff-Tankstelle der
a) Kohlenwasserstoffe California Fuel Cell Partnership in
b) Kohle (Verkokung): zu Teer, H2 und CH4 (Kokereigas). West Sacramento. Bild: (CC)
Klima- und Energiefonds.
c) Erdöl (Cracken): zu Ruß und H2
3. Spaltung von Wasser:
a) Thermische Spaltung: z. B. durch Solarthermie (>2000 ◦C);
geringe Ausbeute und ungelöste Gastrennung.
b) Spaltung durch ionisierende Strahlen; leider ineffektiv.
c) Fotolyse von Wasser durch Mikroorganismen.
4. Reduktion von Wasserdampf mit Kohlenstoffträgern
a) Dampfreformierung von Erdgas, Methanol oder Rohbenzin zu
Synthesegas.
b) Konvertierung von Synthesegas mit Wasserdampf.
c) Kohlevergasung von Koks, Biomasse, Braunkohle, Heizöl.
5. Wasserstoff aus biogenen Rohstoffen und Abfällen: Fermentie-
rung von Biomasse zu Biogas, Reformierung zu Wasserstoff.

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2016


P. Kurzweil, Brennstoffzellentechnik, DOI 10.1007/978-3-658-14935-2_10
222

6. Wasserstoff als Nebenprodukt technischer Prozesse:


a) Chloralkalielektrolyse
b) Raffinerierohgase: Rohöldestillation
c) Dehydrierung von Ethan
d) Methanol-, Ammoniak- oder Hydrazinspaltung
7. Chemische Umsetzung von Metallen:
a) unedle Metalle mit Säuren (Zink, Eisen)
b) unedle Metalle mit Basen (Aluminium, Silicium)
c) Alkali- und Erdalkalimetalle mit Wasser
d) unedle Metalle mit heißem Wasserdampf (Mg, Zn, Fe).

10.2 Wasserstoff aus Erdgas


✄10.3 Trockenes Erdgas1 aus reinen Lagerstätten besteht aus Methan, ne-
Erdgas in Deutschland
ben wenig Ethan, Wasser und Gashydraten. Nasses Erdgas enthält
Erdgasförderung (2002) zusätzlich Ethan, Propan, Isobutan, Hexan, Heptan, Stickstoff,
– in Deutschland 20,2·109 m3 Schwefelwasserstoff, Kohlendioxid, Helium und Arsenverbindun-
Erdgasimport (2002)
— aus Russland 30 % gen. In Kondensat- und Destillatlagerstätten finden sich auch höher-
— Norwegen 25 % siedende Kohlenwasserstoffe (C7 und höher). Erdgasbenzin wird
— Niederlande 18 % durch Absorption in Öl, Verflüssigen unter Druck oder Tieftempe-
— Dänemark/Großbrit. 7%
raturdestillation entfernt. Komprimiertes Propan und Butan ist als
Flüssiggas im Handel. Deutschland deckt über 25 % des Erdgasbe-
darfs aus eigener Produktion.2 Die heimischen Reserven betragen
schätzungsweise 305,7 Mrd. m3 (2003) und dürften noch 15 Jahre
ausreichen. Weitere 300 Mrd. m3 Erdgas sind mit heutigen Verfah-
ren nicht wirtschaftlich gewinnbar.
✄10.4 Methan Methan entsteht in Feuchtgebieten und Reisfeldern, als Stoffwech-
Schmelzpunkt: –182,5 ◦ C selprodukt von Wiederkäuern und Faulprozessen (Mülldeponien)
Siedepunkt: –161,5 ◦ C und bei der Gewinnung und Nutzung fossiler Energieträger (Koh-
Dichte: 0,424 g/cm3 (–164 ◦ C) le, Erdgas, Erdöl). Die Akkumulation von grob 500·106 t/a lässt den
Dissoziationsenthalpie:
435 kJ/mol Methangehalt der Atmosphäre über den vorindustriellen Wert von
0,7 ppm jährlich ansteigen. Im Zuge der Klimaerwärmung auftau-
ende Dauerfrostböden setzen 5·106 t/a aus Methanhydraten frei.
Methanhydrat. Methan bildet – wie auch die Edelgase, HCl, HBr,
H2 S, SO2 , NO, CO, CO2 , HCN – Einschlussverbindungen (Clathra-
te, Gashydrate“). Die kubische Eisstruktur, anders als das normale

hexagonale Eis, birgt acht Hohlräume je Elementarzelle (46 H2 O-
Moleküle). 15·1012 t Methan als gefrorenes Gashydrat, entstanden
durch Verwesung von Mikroorganismen, sollen im Eis der Tiefsee
liegen.3 Die Vorräte übertreffen die bekannten Kohle-, Erdgas- und
Ölvorkommen um das Doppelte.
Hythan (H2 CNG) ist ein Wasserstoff-Erdgas-Gemisch mit geringe-
rem Heizwert als Erdgas, aber günstigen Verbrennungsemissionen.
1 engl. natural gas, Erdgas; landfill gas, Biogas.
2 VDI nachrichten, 04.04.2003, Erdgas aus deutscher Förderung...
3 VDI nachrichten, 07.03.2003, Feuer aus dem Eis.
223

10.2.1 Entschwefelung

Nordseegas enthält höchstens 20 mg/m3 Schwefelverbindungen, ✄10.5


Schwefelverbindungen
russisches Erdgas unter 10 mg/m3 . Schwefelverbindungen vergiften
die Nickelkatalysatoren der Dampfreformierung. Die vorgeschaltete Schwefelwasserstoff H2 S
Entschwefelung von Erdgas, Heizöl und Kohle, auch bei Hochtem- Thiol R-SH
Kohlenstoffoxidsulfid COS
peraturbrennstoffzellen, ist unerlässlich. In Kleinsystemen erfassen Thiophen C4 H4 S
Aktivkohlefilter oder ein Zinkoxidbett Schwefelwasserstoff, Thio-
le und COS. Heterozyklische Schwefelverbindungen (Thiophene)
müssen separat katalytisch reduziert werden, wobei leistungsfähige
Katalysatoren für die Hydrodesulfurierung rar sind. ✄Tab. 10.5
1. Hydrodesulfurierung (HDS): Überführung organischer Schwe-
felverbindungen (Thiophene) und Kohlenstoffoxidsulfid — die
Zinkoxid vergiften — in Schwefelwasserstoff durch katalytische
Reaktion mit Wasserdampf. ✄Tab. 10.6
2. Nassentschwefelung: Absorption von H2 S und CO2 in Lösungen
und anschließende thermische Desorption.

a) Rectisol-Verfahren R : Druckwäsche mit tiefgekühltem Metha-
nol (–60 bis –30 ◦ C). ✄10.6
❡ Entschwefelungsverfahren
b) Sulfosolvan-Verfahren R , Carbosolvan- oder Alkazid-Verfah-
R❡
ren (BASF): Gaswäsche in Methylaminoethansäure-natri- Hydrodesulfurierung
umsalz (Natriumsarkosinat, CH3 -NH-CH2 COONa) und hei- (Co/Mo, Ni/Mo, ZnO;
200–400 ◦ C, 0–10 bar)
ßer Kaliumcarbonatlösung. Bei Regenerierung freiwerdendes RSH + H2 → RH + H2 S
H2 S wird nach dem C LAUS-Verfahren zu Schwefel oxidiert. COS + H2 O → CO2 + H2 S

R2 N-CH2 COO⊖ K⊕ + H2 S → R2 N-CH2 COOH + KSH Entschwefelung im Zinkbett


H2 S + ZnO → ZnS + H2 O

c) N-Methylaminopyrrolidon (Purisol-Verfahren R , L URGI). Entschwefelung an Aktivkohle:
R❡
d) wässriges Diethanolamin (SNPA-DEA ) oder Diisopropano- 2 H 2 S + O2 → 2 S + 2 H2 O

lamin (ADIP R ).
Gaswäsche: ✄3.4.3
e) Kaliumcarbonat mit Zusätzen (Aminborate, Diethanolamin,
Arsensalze).
f) Natronlauge: Mercaptane (RSH) bilden Salze; Disulfide set-
zen sich ölig ab.
3. Trockenentschwefelung: Neben Aktivkohle werden Metalloxide ✄10.7
und Legierungen (Zn-Fe-O, Zn-Ti-O, Cu-Fe-Al-O), die stabile Trockenentschwefelung
Sulfide bilden, eingesetzt. TiO2 verbessert die Stabilität von ZnO  Aktivkohle
gegenüber H2 bei hohen Temperaturen. ✄Tab. 10.7  Metalloxide (ZnO, Na2 O)
 Eisen(III)-hydroxid
Für schwefelreiches Erdgas dient indirekt zur Wasserstofferzeugung  Kalk oder Dolomit
die Reaktion CH4 + 2 H2 S → 4H2 + CS2 .  Zeolithe (Molekularsiebe)
BASF und W INGAS entwickelten eine Absorberpatrone für Brenn-
stoffzellenheizkraftwerke, die direkt in die Erdgasleitung vor dem
Reformer eingesetzt werden soll.4 Aus Sicherheitsgründen enthält
Erdgas übelriechende, schwefelhaltige Odorierungsmittel (Mercap-
tane, Thiophene), um Lecks aufzuspüren. Ein schwefelfreies Odo-
rierungsmittel vertreiben H AARMANN & R EIMER mit RUHRGAS.
4 VDI nachrichten, 21.02.2003, Gas-Geruchsstoff: Gift für die Brennstoffzelle.
224

10.2.2 Dampfreformierung von Methan (CSR)

✄10.8 Katalytische Dampfrefor- Wasserstoff entsteht durch Dampfreformierung (steam reforming)


mierung von Methan
an geträgerten Nickel- oder Edelmetallkatalysatoren (Ni/Al2 O3 ,
Reformer Ru/ZrO2 ) aus schwefelarmen, unzersetzt verdampfbaren Kohlen-
Rauchgas
✲ wasserstoffen (Erdgas: 750 ◦C; Benzin: 870 ◦C) oder Methanol
Verdampfer
❍♠ (300 ◦C, CuO/ZnO). Oberhalb 800 ◦C treten unerwünschte nicht-
CH4 Konvertierung
H2 O HT-Shift LT-Shift
katalytische Parallelreaktionen auf.
❄ Die mehr als 10 Vol-% Kohlenmonoxid werden in nach-
Kata- ❚ ✔✔ ❚❚ ✔ geschalteten Shiftreaktoren bei 330–500 ◦C am Fe/Cr- oder
lyt. ❚✔ ❚✔ Co/Mo-Katalysator (HT-Shift) und 190–280 ◦C am Messing- oder
Bren- ✔ ❚ ✔❚ CuO/ZnO-Katalysator (LT-Shift) exotherm zu Kohlendioxid und
ner ✲✔ ❚❚ ✔✔ ❚ Wasserstoff konvertiert (<1% CO).

✻ ❄Die Mischung aus CO und H heißt Synthesegas oder Wasser-
CH4 H2 O H2 , CO2 2
Luft CH4 , CO gas. Biogas, das CO2 enthält, liefert weniger Wasserstoff als Erdgas.

a) Dampfreformierung
Kohlenwasserstoffe: Cn H2n+2 + n H2 O → n CO + (2n+1) H2
Methan: CH4 + H2 O → CO + 3 H2 1R H = +206 kJ/mol
CH4 + 2 H2 O → CO + 4 H2 1R H = +165 kJ/mol
Butan (LPG): C4 H10 + 4 H2 O → 4 CO + 9 H2
Rohbenzin (Naphtha): CH “ + H2 O → CO + 2.1 H2
” 2.2
C6 H14 + 6 H2 O → 6 CO + 13 H2
Biogas: CH4 + CO2 → 2 CO + 2 H2
CH4 + 3 CO2 → 4 CO + 2 H2 O
Methanol: CH3 OH + H2 O → CO2 + 3 H2
Kohle: C + H2 O → CO + H2 1R H = +131 kJ/mol

b) Wassergasshiftreaktion
(Konvertierung) CO + H2 O → CO2 + H2 1R H = – 41 kJ/mol

c) Methanisierung CO + 3 H2 → CH4 + H2 O 1R H = –206 kJ/mol

Die endotherme Dampfreformierung wird durch Dampfüber-


schuss, hohe Temperatur und niedrigen Druck begünstigt. Die
✄10.9 homogen-katalytischen Reaktionen verlaufen bei genügend hohen
Steam-to-carbon-ratio Temperaturen nahe des thermodynamischen Gleichgewichtes. CO-
Shift und die unerwünschte Methanisierung erreichen das Gleichge-
mol H2 O-Dampf
S/C = mol Methan = 3 wicht schnell.
bedeutet:  Die Reformierung erfolgt mit einem Dampfüberschuss (S/C
CH4 + 3 H2 O → = 2,5) bei hoher Temperatur (680 ◦C), wobei ca. 72 % H2 ,
CO + 3 H2 + 2 H2 O 15 % CO, 11 % CO2 und 2 % CH4 entstehen [6]. Ein ho-
Stöchiometrisch wäre 1 mol her Dampfüberschuss (S/C) verbessert die H2 -Ausbeute und den
Wasser ausreichend.
Wirkungsgrad der Brennstoffzelle (höherer pH2 ), kostet aber
Heizaufwand und mindert den Wirkungsgrad des Gaserzeu-
gungssystems.
225

✄10.10 — Dampfreformierungsanlage in Leuna.


Im Reformerofen (hinter dem Kamin) spaltet das entschwefelte Erdgas-Wasserdampf-Gemisch bei 950 ◦ C und
2,5 MPa Druck in Wasserstoff und Kohlenmonoxid. In der nachfolgenden Shiftreaktion (Konvertierung) reagie-
ren Kohlenmonoxid und Wasser zu Kohlendioxid und weiteren Wasserstoff. Wirkungsgrad: 70–80 %, Gasrein-
heit: <50 ppm CO. Die Herstellung von >99,9 % reinem Wasserstoff erfolgt durch Druckwechselabsorption
an Adsorbentien (PSA, engl. Pressure Swing Absorption). — Für die Wasserstofferzeugung aus flüssigen und
festen Kohlenwasserstoffe, auch von minderer Qualität und Reinheit, eignet sich die nicht-katalytische partielle
Oxidation mit Sauerstoff bei 1300–1500 ◦ C und 30–100 bar. Quelle: L INDE AG.
226

 Reforming-Temperaturen um 650 ◦C erzielen den höchsten Net-


tosystemwirkungsgrad. Eine Wasserstoffausbeute von über 70 %
erfordert Temperaturen über 500 ◦C, wobei die Methanisie-
rung zurückgedrängt wird, aber der CO-Anteil ansteigt. Höhe-
re Temperaturen begünstigen den Brennstoffzellenwirkungsgrad
(MCFC), doch Verluste durch Strahlungswärme schmälern den
Reformerwirkungsgrad.
 Der CO2 -Anteil liegt bei allen Brennstoffen (Methan, Propan,
Methanol) und Temperaturen um 10–20 %.
Bei Wasserdampfmangel oder zu niedrigen Betriebstemperaturen
(< 700 ◦ C) kommt es zur Kohleabscheidung (Verkokung) auf dem
Katalysator — bei Benzin mehr als bei Erdgas. Kleinere Metallkri-
stallite und Zulegieren von alkalischen Promotoren verbessern die
Verkokungsbeständigkeit des Katalysators.

+2H2
d) Verkokung 2 CO ✲ CO2 ✲ 2 H2 O
−C −C
CO + H2 ✲ C + H2 O

CH4 ✲ C + 2 H2

CH4 + 2 CO ✲ 3 C + 2 H2 O

CH4 + CO2 ✲ 3 C + 2 H2 O

10.2.3 Konvertierung (Shiftreaktion)

✄10.11 Katalysatoren [32] 1. Die Hochtemperatur-Wassergasshiftreaktion (HTS, 340–


Methankonversion 420 ◦C) muss ein unteres S/C-Verhältnis überschreiten, um die
 Dampfreformierung F ISCHER -T ROPSCH-Reaktion, d. h. die Bildung von Kohlenwas-
Ni serstoffen aus CO/CO2 und H2 , an den preiswerten und robusten
Ce + 1–5 % Nb
Ni auf Kohlefaser Eisen-Chrom-Katalysatoren zu verhindern. Die exotherme Reakti-
on läuft sehr langsam und erfordert deshalb höhere Temperatur und
 HT-Konvertierung
(350 ◦ C, <3 % CO)
Dampfüberschuss.
Fe2 O3 /Cr2 O3 (S-empfindlich) Bei der Mitteltemperatur-Shiftreaktion (MTS, 200–320 ◦C) mit teu-
CoO/MoO3 (schwefelfest) reren Kupfer-Zinkoxid-Katalysatoren entfällt die Trennung in HTS-
 TT-Konvertierung und LTS-Reaktor.
(225 ◦ C, <0,3 % CO)
CuO/ZnO 2. Das Gleichgewicht der exothermen Niedertemperatur-
Wassergasshiftreaktion (LTS, 180–260 ◦C) an aktiven, aber
Methanoxidation
Pt kostspieligen und empfindlichen Kupfer-Zinkoxid-Katalysatoren
liegt eduktseitig. Ein Dampfüberschuss S/C = 3, also
CO + 3 H2 + 2 H2 O → CO2 + 4 H2 + H2 O,
begünstigt nach dem L E C HATELIER-Prinzip die Produktseite: das
Gleichgewicht weicht dem äußeren Zwang aus und sucht den
Stoffüberschuss zu verbrauchen.
227

Selektive Katalysatoren sollen die Rückbildung von Methan verhin-


dern und ein niedriges S/C-Verhältnis begünstigen. Die Reaktions-
temperatur ist für die Dampfreformierung zu niedrig, die Abwärme
kann aber für die Dampferzeugung genutzt werden.

10.2.4 Großtechnische Wasserstofferzeugung

Die Wasserstofferzeugung für die Ammoniaksynthese (H ABER - ✄10.12 Theoretische Ausbeute der
Dampfreformierung.
B OSCH-Verfahren: 3 H2 + N2 → 2 NH3 ) ist ein eingeführter Prozess
in vier Schritten, lässt sich allerdings nicht einfach auf Fahrzeugan- Stoff % H2 % CO2
wendungen übertragen. Methan (Erdgas): 80 20
Methanol: 75 25
 Primär-Dampfreformierung von Erdgas oder Rohbenzin (Naph- Hexan (Naphtha): 76 24
tha) im Spaltrohrofen (700–830 ◦C, 40 bar, Ni-Katalysator). Das Butan (LPG): 76 24
Spaltgas enthält noch 8 Vol-% nicht umgesetztes Methan.
 Sekundär-Dampfreformierung des Spaltgases im Schachtofen
(1050 ◦C, Ni-Katalysator) auf einen CH4 -Gehalt unter 0,5 Vol-
%. Ein Teil des Spaltgases dient als Heizgas, wobei die zudo-
sierte Luftmenge schon die für die NH3 -Synthese notwendige
N2 -Menge enthält.
 CO-Konvertierung des Spaltgases.
a) Hochtemperaturkonvertierung: 350 ◦C; Fe2 O3 /Cr2 O3 ;
<3 % CO; CoO/MoO3 : <0,3 % CO).
b) Tieftemperaturkonvertierung: 225 ◦C, CuO/ZnO; <0,3 % CO.

10.2.5 Reaktoren für die Dampfreformierung

Dampfreformer bestehen aus Brenner, Katalysatorbett, Prozessgas-


einlass und Reformatauslass. Vorteilhaft beheizt das Anodenabgas
aus der Brennstoffzelle den Brenner. Nachteilig ist die erhebliche
Aufheizzeit bis zum Betriebsbeginn.
 Kopfbeheizter Rohrreaktor: Bevorzugtes, kompaktes Design mit
Gleichstrom von Prozess- und Heizgas; größter Wärmestrom in
der oberen Hälfte (Einlassseite).
 Fußbeheizter Rohrreaktor: Gegenstrom; größter Wärmestrom in
der unteren Hälfte (Heizgaseinlass); Überhitzungsgefahr.
 Seitlich beheizter Rohrreaktor: erfordert höheren Aufwand an
Brennern und Luftversorgung; gleichmäßiges Temperaturprofil
über die Rohrlänge.
Membranreaktoren erlauben das Abtrennen des erzeugten Was-
serstoffs durch eine Palladium-Silber-Membran,5 wobei das Re-
aktionsgleichgewicht auf die Produktseite verschoben wird. Bei
Betriebstemperaturen über 650 ◦C sind Brennstoffverbrauch und
Zuführungsdruck ökonomisch zu realisieren.
5 Wasserstoff tritt praktisch unbehindert durch eine Palladiumschicht.
228

10.2.6 Gasreinigung
✄10.13 CO2 -Emissionen bei Krux aller organischen Brennstoffe ist die Verunreinigung des
der Wasserstofferzeugung
Dampfreformats mit Kohlenstoffoxiden, die die Elektrokatalysato-
CO2 in g · kWh−1 ren der Brennstoffzelle vergiften. Hochtemperaturbrennstoffzellen
Kohlevergasung 636 tolerieren CO in Grenzen. Verträgt die PAFC bis 1 % CO im Brenn-
Erdgasreformierung 300 gas, ist bei der CO-empfindlichen PEM-Brennstoffzelle eine CO-
Solarelektrolyse 94 Feinreinigung notwendig (<10 ppmV). Für die Gasreinigung bei
Biomassevergasung 74
Niedertemperaturbrennstoffzellen bieten sich je nach Anlagengröße
CO2 -Emissionen durch: unterschiedliche Verfahren an.
Brennstoffverarbeitung,
Transport,
Anlagenbetrieb CO-Reinigung
 Ausfrieren: Auswaschen mit flüssigem Stickstoff.
 Gaswäsche: Druckwäsche mit ammonialkalischer Kupfer(I)-
chlorid- (für CO) oder -carbonatlösung (für CO2 ), Monoetha-

nolamin, Sulfinol R .
 Methanisierung: Hydrierung von Rest-CO/CO2 zu Methan am
Nickelkatalysator (30 bar, 300 ◦C):
CO + 3H2 → CH4 + H2 O 1R H = –206 kJ/mol
Im Gasstrom vorhandenes CO2 bildet in einer inversen Wasser-
gasshiftreaktion mit dem produzierten Wasser unerwünscht CO
zurück. Für Kleinanlagen aufwändig. Reinheit: 97–98 % H2 .
 Selektive katalytische Oxidation (Preferential Oxidation, PROX)
von CO zu CO2 (<5 ppm) bei 100 ◦ C an Al2 O3 -geträgerten
Edelmetallkatalysatoren (Ru, Rh, Pt) oder zinkoxidgeträgerten
Kupferpartikeln (Cu/ZnO-Al2 O3 ). Selektiv“ deswegen, weil H2

nicht oxidiert wird. Thermische Reaktionsführung schwierig.
 Wassergasshiftreaktion: Die Umsetzung von CO und Wasser-
dampf zu CO2 und H2 taugt zur Grobreinigung bis 0,5–1 % CO.

Gasfeinreinigung
Die Gewinnung von Reinwasserstoff aus dem Rohgas erfordert wei-
tere Reinigungsschritte.
 Druckwechselabsorption (PSA): an Molekularsieben und Ak-
tivkohle, wobei Wasserstoff durchtritt und die Restgase adsor-
biert werden. Reinheit: >99 % H2 . Regenerierung durch adiaba-
tische Entspannung bei Umgebungstemperatur; das verunreinig-
te Spülgas eignet sich zur Beheizung eines Reformers.
 Membrandiffusion: Wasserstoff tritt aus dem Gasgemisch nahe-
zu ungehindert durch eine Palladium-Silber-Membran (300 ◦C,
hoher Differenzdruck). Neuerdings werden auch Polymermem-
branen eingesetzt. Hohe Gasreinheit!
 Umsetzung zu Hydriden:
Lanthanhydrid: LaNi5 + x H2 → LaNi5 Hx (x ≤6,5).
Uranhydrid: U + 3/2 H2 → UH3
Bildung bei 250 ◦C, Zersetzung bei 500 ◦C im Vakuum.
229

✄10.14 Methandampfreformie-
rungsanlage im englischen
Teesside.
MDEA-Wäscherkolonnen und
PSA-Wasserstoffreinigung.
Quelle: A IR P RODUCTS

MDEA = Methyldiethylamin
PSA Druckwechselabsorption

✄10.15 Anlage zur


Wasserstofferzeugung.
Quelle: L INDE AG
230

10.2.7 Partielle Oxidation (POX)

Wo Erdgas ökonomisch nicht verfügbar ist, kann Benzin und


Schweröl durch partielle Oxidation6, ohne Katalysator (1200–
1500 ◦C, 30–40 bar) oder katalytisch, zur Synthesegaserzeugung
genutzt werden. Das Verfahren ist vorteilhaft für schwefelreiche
Brennstoffe. Das Spaltgas wird anschließend am Co/Mo-Oxid-
Katalysator konvertiert, CO2 und H2 S durch Gaswäsche entfernt.

1. Erdgasoxidation
✄10.16
Wasserstoff aus Benzin
Das in der Dampfreformierung nicht umgesetzte Methan (Erdgas)
Benzintank bildet mit Luft weiteres Synthesegas — wobei für die partielle Oxi-
↓ dation (1) der Sauerstoffunterschuss entscheidend ist. Es entstehen
Verdampfer (Brenner)
↓ je nach Temperatur stets Gemische aus CO und CO2 . Rhodium und
POX-Reaktor ← Luft, Dampf Iridium sind katalytisch aktiver als Platin, Nickel, Palladium und
↓ Cobalt.
HT-Shift-Reaktor → Abwärme
Ni/Al2 O3 katalysiert CO2 -Bildung (2) selektiv bei 850 ◦C.

LT-Shift-Reaktor Ni/La/Al2 O3 ist weniger aktiv und selektiv; Co/La/Al2 O3 ist bei
↓ 750 ◦C einsetzbar; Fe/La/Al2 O3 schon bei 600 ◦C.
PROX-Reaktor ← Luft
↓ (1) CH4 + 1/2 O2 −→ CO + 2 H2 1R H 0 = –36 kJ/mol
Brennstoffzelle (2) CH4 + O2 −→ CO2 + 2 H2

Abgas: Turbine Im Molverhältnis 1 : 2 verbrennt Methan mit schwach leuchtender
Flamme stöchiometrisch zu CO2 .
POX partielle Oxidation (3) CH4 + 2 O2 −→ CO2 + 2 H2 O 1R H 0 = –803 kJ/mol
HT Hochtemperatur
LT Niedertemperatur Verbrennt Methan unvollständig, entsteht Ruß. Bei der Brenngasge-
(Rest: 0,5 % CO) winnung unerwünscht, dient der in feinster Verteilung anfallende,
PROX selektive katalytische
Oxidation (ppm CO) amorphe Gasruß als Füllstoff für Autoreifen, Pigment für Drucker-
schwärze und Rohstoff für Elektrodenmaterialien.
(4) CH4 + O2 −→ C + 2 H2 O
CH4 −→ C + 2 H2

2. Benzinoxidation

Der ähnlich zur Dampfreformierung aufgebaute Rohrreaktor enthält


keinen Katalysator. Flüssige Kohlenwasserstoffe, Luft und Wasser-
dampf treten am Kopf ein und Synthesegas am Fußende aus.
Cn Hm + n H2 O −→ n CO + (n + m/2) H2 (endotherm)
Cn Hm + (n + m/4) O2 −→ n CO2 + (m/2) H2 O (exotherm)
Unter den Reaktionsbedingungen entstehen COS und H2 S aus
schwefelhaltigen Komponenten des Brennstoffes. Ferner müssen
Ruß und feste Partikel entfernt werden.

6 engl. partial oxidation


231

10.2.8 Autotherme Reformierung (ATR)


Die endotherme Kombination von Dampfreformierung von Koh- ✄10.17 Brenngasaufbereitung mit
ATR-Reaktor
lenwasserstoffen und partieller Oxidation eignet sich für kleine
Anlagen. Die Temperaturführung gelingt einfacher als beim kon- Cn H2n+2 H2 O Luft
ventionellen Zweistufenprozess. Die exotherme Synthesegaserzeu-
gung durch partielle Oxidation (1) treibt die endotherme Dampfre- ❄ ❄
Autothermer Reformer
formierung (2). Methan bei 850 ◦C liefert überlegene 60–65 % Aus-

beute an Wasserstoff bei 80 % Selektivität und insgesamt geringe- HT-Shift
rem Energieaufwand. Aus Nebenreaktionen entsteht Koks durch das ❄
B OUDOUARD-Gleichgewicht, die Pyrolyse von Kohlenwasserstof- LT-Shift
fen und die Reduktion von Kohlenstoffoxiden durch Wasserstoff. ❄
Gasfeinreinigung
Daher sind hohe Betriebstemperaturen, Sauerstoff statt Luftzufuhr

und Wasserdampfüberschuss vorteilhaft. Als Brennstoffe sind Me- Brennstoffzelle
than, Erdgas, Flüssiggas, Benzin, Diesel, Schweröl und mehrwertige
Alkohole einsetzbar.
(1) Cn Hm + n2 O2 → n CO + m2 H2 exotherm
m

(2) Cn Hm + n H2 O → n CO + n + 2 H2 endotherm
(3) CO + H2 O → CO2 + H2 exotherm
Nebenreaktion: 2 CO ⇋ CO + C
z. B. 4 CH4 + O2 + 2 H2 O −→ 4 CO + 10 H2 1R H 0 = +170 kJ/mol
Als Katalysatoren dienen Rhodium, Palladium, Platin, sowie Cer-
oxide und Perowskite. Der Reaktor besteht aus Brenner mit Luft-
zufuhr, Verbrennungskammer und einem feuerfest beschichteten
Gefäß.
Die autotherme Reformierung7 wird als interne Reformierung bei
MCFC und SOFC genutzt, die direkt Wasserstoff aus Erdgas bereit-
stellen und durch die endotherme Reaktion die Zelle kühlen.
 Direkte Interne Reformierung (DIR): an der Anode oder in den
Brenngasleitungen; unter Nutzung von Abwärme und Wasser-
dampf der Brennstoffzelle.
 Indirekte Interne Reformierung (IIR): im Vorraum des Zellsta-
pels unter Nutzung der Abwärme der Brennstoffzelle.
Für die PEM-Brennstoffzelle wird die erforderliche Gasreinheit
durch nachgeschaltete Konvertierungs- und Reinigungsstufen er-
reicht. ✄Abb. 10.17

10.2.9 Cracken von Kohlenwasserstoffen


Das thermische oder katalytische Cracken von Kohlenwasserstoffen ✄10.18 Katalytisches Cracken.
oberhalb 800 ◦C (Propanbrenner) liefert über 90 %igen Wasserstoff Kohlenwasserstoff Wärme
und das Zwischenprodukt Methan. Der erzeugte Kohlenstoff wird in ❄ ❄
einer Regenerierungsphase im Luftstrom abgebrannt, um eine Ver- Cracker
kokung des Katalysators zu verhindern. ❄
Methanisierung
Propanspaltung: C3 H8 −→ 3 C + 4 H2 1R H 0 = +104 kJ/mol

7 engl. autothermal catalytic steam reforming Brennstoffzelle
232

Spuren von CO werden durch eine nachgeschaltete Methani-


sierung, selektive Oxidation oder katalytische Verbrennung be-
seitigt. Vorteilhaft ist das einfache Reaktordesign. Komplizier-
te Konvertierungs- und Gasreinigungsverfahren für die PEM-
Brennstoffzelle entfallen. Jedoch sind Wirkungsgrad und Wasser-
stoffausbeute geringer als bei der autothermen Reformierung.
Die Methanspaltung,8 ursprünglich zur Herstellung von Industrie-
Plasmabogenprozess ruß entwickelt, erfordert hohe Reaktionstemperaturen.
Oberhalb 1500 ◦ C im elektrischen
Lichtbogen spalten gasförmige Für Methan: CH4 −→ C + 2 H2 1R H 0 = +75 kJ/mol
Kohlenwasserstoffe in Wasser-
stoff und hochreinen Kohlenstoff. Als exotherme Nebenreaktionen stören die Verbrennung von Me-
than, Kohlenstoff und Wasserstoff.

10.3 Treibstoffe aus Erdöl


✄10.19 Erdöl — durch bakterielle Zersetzung organischer Stoffe mariti-
Geschichte des Erdöls
men Ursprungs entstanden — bildet ein hellgelbes bis schwarzes,
Altertum: Heiz- und Leuchtma- fluoreszierendes Gemisch aus gesättigten und ungesättigten Kohlen-
terial, Leichenbalsam (Ägypten), wasserstoffen.
Mörtel (Babylonien), Wagen-
schmiere, Insektizid.  Alkane = Paraffine: geradkettige oder verzweigte gesättigte
500 v. Chr.: heilige Feuer“ Kohlenwasserstoffe von CH4 bis C30 H62 (in Ausnahmen bis

(Erdgas) im Kaukasus. C90 H182).
200–400: Erdölbeheizte Thermen Alkene = Olefine: ungesättigte Kohlenwasserstoffe spielen eine
in Byzanz.
untergeordnete Rolle.
700: Griechische Feuer“: mit der
”  Cycloalkane = Naphthene: ringförmige Kohlenwasserstoffe, be-
Reaktionswärme aus CaO und
H2 O entzündete Öldämpfe. sonders alkylierte Cyclopentane und -hexane und Cycloheptan.
K ALLINIKOS von Byzanz: Flam- Cycloalkene sind unbedeutend.
menwerfer aus Schwefel, Erdöl,
Pech, Branntkalk; Zündung mit  Aromaten: vom Benzol abgeleitete Kohlenwasserstoffe, beson-
Calciumphosphid und Wasser ders Alkylbenzole (Toluol, Xylole usw.)
(Phosphan).
US-amerikanisches Erdöl besteht überwiegend aus kettenförmigen
1810–17 H ECKER und M ITIS :
Erdölbohrung in Galizien; Paraffinen, kaukasisches Erdöl aus Cycloparaffinen (Naphthenen),
Beleuchtung von Prag. indonesisches aus bis 40 % Aromaten. Deutsches Erdöl aus dem
1854 S ILLIMAN: Erdöl-Lampen. Raum Celle enthält viele hochsiedende Fraktionen. Schwefelver-
1859 D RAKE: erste Erdölbohrung bindungen (bis zu 7 % Thiole, Thiophen, Benzothiophene) lie-
in Pennsylvania. gen im Siedebereich unter 150–250 ◦C vor; elementarer Schwe-
1860 L IEBIG und E ICHLER:
fel kommt selten vor. Schwefelarme Erdöle heißen fachsprachlich
Erdölraffination in Baku;
Weltförderung 70 000 t Erdöl. süß“, schwefelreiche (> 1 %) sauer“. Stickstoff- und Sauerstoff-
” ”
1900 Weltförderung: 21 Mio. t verbindungen kommen auch in den über 400 ◦C siedenden Fraktio-
1945 367 Mio. t nen vor. Sauerstoff ist in Naphthensäuren. Phenolen, Harzen, Al-
1970 2340 Mio. t dehyden u.s.w. gebunden. Stickstoff, Schwefel und Spurenelemen-
te stammen aus bakteriellen Proteinen. Die Verbrennungswärme
(Heizwert) beträgt 38–46 MJ/kg.

8 engl. methane cracking, methane decomposition


233

10.3.1 Ölförderung und Reserven


Eine Studie der I NTERNATIONAL E NERGY AGENCY prognostiziert ✄10.20
um das Jahr 2014 den Höhepunkt der konventionellen Ölförderung, Erdöl in Deutschland (2002)
voran aus den Reserven der Golfregion (Saudi Arabien, Irak, Ara- Erdölförderung
bische Emirate, Kuwait). Künftig muss die wachsende Nachfrage – in Deutschland 3,7·106 t
aus minderwertigen Lagerstätten (Erdgas, Ölschiefer, Ölsande) in – mit Auslandsprod. 22·106 t
Erdölimport 105·106 t
Nord- und Südamerika gedeckt werden. Oberflächennahe Teersande
in Kanada, die sich mit Heißdampf ausbeuten lassen, zählen zu den
wichtigsten mittelfristigen Energiereserven.9 Die USA verbrauchen
heute rund ein Viertel der weltweiten Erdölförderung, wobei Impor-
te die Hälfte davon decken. Deutschland deckt 17 % des Erdölbe-
darfs aus eigener Produktion. Deutsches Öl sprudelt zwischen Ems ✄10.21
und Elbe, bei Hannover, am Tegernsee, bei Bruchsal und unter Zusammensetzung von Erdöl
dem Festlandsockel (Schelf). In der Nordsee werden die Dieksand- C 85–90 %
Bohrungen im Feld Mittelplate vor Friedrichskoog erschlossen.10 H 10–14 %
Die heimischen Erdölreserven betragen schätzungsweise 60,3 Mio. O bis 1,5 %
S 0,1–3,0 (max. 7) %
t (2003). Die Methoden der Erdölgewinnung [16] ändern sich mit N 0,1–0,5 (max. 2) %
der Ausbeutung des Vorkommens. Asche 0,001–0,05 %
Spuren:
1. Primärförderung: aus kilometertiefen Schichten mit Bohrtürmen Cl, I, P, As, Si, K, Na,
und Bohrspülmitteln (zur Kühlung und Druckentlastung).11 Ca, Mg, Fe, V, Al, Mn, Cu, Ni
Hochgespanntes Erdgas drückt das angebohrte Erdöl im Bohr-
loch empor. Ärmere Vorkommen werden ausgepumpt.
2. Sekundärförderung: Förderung durch Einpressen von Erdgas
oder Wasser über ein zweites Bohrloch.
3. Tertiärförderung12 mit Fluiden, die das Erdöl aus dem Vorkom-
men verdrängen.
a) Fluten des ölführendes Gesteins mit Heißwasser (200 ◦C, 40 ✄10.22
Fraktionen der Rohöldestillation
bar), Dampf (340 ◦C) oder Untertageteilverbrennung.
b) Misch- und Lösungsmittelfluten durch Einpressen organischer Topgase <15 ◦ C
Lösungsmittel oder CO2 . Rohbenzin (bis 200 ◦ C)
 Leichtbenzin 15–70 ◦ C
c) Fluten mit Natronlage, Tensiden, Polymerlösungen.  Schwerbenzin 70–150 ◦ C
 Naphtha 150–180 ◦ C
Mitteldestillat 175–350 ◦ C
10.3.2 Erdölaufarbeitung  Petroleum 180–225 ◦ C
→ Kerosin 175–280 ◦ C
Nach Absetzen des Wassers, Brechen von Emulsionen (mit Demul- → Heizöl
gatoren) und dem Abtrennen von Brenn- und Flüssiggasen (LPG)  Gasöl 225–350 ◦ C
liefert die fraktionierte Destillation in der Raffinerie: Vakuumdestillation
 Schweröle >350 ◦ C
 Methan, Ethan und Flüssiggas (LPG = Liquefied Petroleum Gas:  Vakuumgasöl
Propan, Butan) Vakuumrückstand
 Bitumen, Asphalt
 Erdölwachs
9 Süddeutsche Zeitung, 30.05.2003, Kanada u. seine riesigen Ölreserven, S. 24.
10 offshore = von der Küste ab; Förderplattformen, Bohrinseln, Bohrschiffe. Naphtha bezeichnet auch Roh-
11 In 8000 m Tiefe herrschen bis zu 270 ◦ C und >1700 bar. Funkenbildung durch
benzin (30–180 ◦ C; 100–200 ◦ C)

ans Bohrgestänge schlagende Steine kann ausspritzendes Öl sogar entzünden.


12 engl. enhanced oil recovery
234

 Petrolether (Fraktion 40–70 ◦C): v.a. Pentan und Hexan.


Leichtbenzin (70–90 ◦C), v.a. Hexan und Heptan.
Mittel- und Schwerbenzin (90–180 ◦C).
 Petroleum (bis 225 ◦C) und Gasöl (bis 350 ◦C),
 schweres Heizöl (über 350 ◦C); aus letzterem durch Vakuumde-
stillation Vakuumgasöl, Wachsdestillat und Bitumen.
Raffinationsprozesse entfernen Olefine, Schwefel, dunkle Bestand-
teile, Paraffine und Aromaten. Die Erdöldestillation liefert 15–20 %
Motorbenzin (sog. Straightrun-Benzin); Crack- und Veredlungsver-
fahren (Konversionsverfahren) erhöhen die Ausbeute auf 40–60 %.

✄10.23 Siedegrenzen von Benzin 1. Thermisches Cracken (veraltet). Thermische Spaltung von
(DIN 51630 bis 51636).
Erdöl-Mitteldestillaten und Destillationsrückständen in niedrig
Petrolether 25–80 ◦ C siedende Kohlenwasserstoffe bei 400 bis 500 ◦C mit steigen-
( Gasoline“) dem Druck von 1 bar (Dampfphase) bis 85 bar (Flüssigphase).

Benzin 60–180 ◦ C Gleichzeitig tritt Dehydrierung zu Alkenen auf. Die olefinhal-
Siedegrenzenbenzin
–I 60–95 ◦ C
tigen Crackgase sind wertvolle Rohstoffe für Polymerbenzine.
– II, Waschbenzin 80–110 ◦ C Aus Erdöldestillaten kleiner Siedeintervalle entstehen klopffe-
– III 100–140 ◦ C ste Benzine.13 Die Produkte gehen wiederum in den Fraktionier-
Wundbenzin 40–70 ◦ C turm; Koks verbleibt als Rückstand in der Reaktionskammer.
FAM-Normalbenzin 65–95 ◦ C
Wetterlampenbenzin 60–160 ◦ C R-CH2 -CH2 -R’ −→ R-H + CH2 =CH-R’
Testbenzin 130–220 ◦ C 2. Katalytisches Cracken (H OUDRY-Verfahren): in der Dampf-
Aliphatin 100–160 ◦ C
Ligroin (Lackbenzin) 150–180 ◦ C phase bei 550 ◦C und 2 bar mit Zeolithkatalysatoren14 in der
Kerosin 180–270 ◦ C
Wirbelschicht gehen Vakuum- und Mitteldestillate in klopffe-
Leuchtpetroleum 130–280 ◦ C ste, isoalkan-, olefin- und aromatenreiche Crackbenzine über.
Heißes Einsatzöl und Wasserdampf werden durch ein Steigrohr
Ottokraftstoff: ins Fließbett eingeblasen. Die Produkte treten am Reaktorkopf
<70 ◦ C-Fraktion:
zum Motorstart im Winter
aus; über Zyklone werden mitgeführte Katalysatorteilchen ab-
>150 ◦ C: Rußbildung getrennt. Der Katalysator muss wegen Abscheidung von Petrol-
koks15 kontinuierlich regeneriert werden: Einblasen von Was-
serdampf zum Abstrippen des Öles vom Katalysator, Förderung
in den benachbarten Regenerator und Abbrand von Kohlenstoff.
Durch Short-Contact-Cracking bei kurzer Verweilzeit entsteht
mehr hochwertiges Benzin statt Gas und Koks.
Hydrocracking. Die hydrierende Spaltung liefert hohe Ausbeu-
ten an gesättigten Kohlenwasserstoffen, u. a. hochwertige Otto-
kraftstoffe. Aus Schwefelverbindungen entsteht Schwefelwasser-
stoff.
13 Octanzahl: Maß für die Klopffestigkeit von Benzin, d. h. Sicherheit vor vorzei-
tiger Zündung des Benzin-Luft-Gemisches bei der Kompression. n-Heptan neigt
zum Klopfen (Octanzahl 0), i-Octan ist klopffest (Oktanzahl 100).
Cetanzahl: Maß für die Zündwilligkeit und Emissionsarmut von Dieselkraft-
stoff. n-Hexadecan (Cetan) zündet willig (Cetanzahl 100), α-Methylnaphthalin
ist zündträge (Cetanzahl 0). In Europa: 51. . . 55; in USA >40.
14 Zeolithe begünstigen Carboniumionen-Zwischenstufen und Isomerisierung, Zy-
klisierung, Spaltung, Alkylierung, Desalkylierung, Hydrierung, Aromatisierung.
15 Bei der Spaltung von Kohlenwasserstoffketten in Alkane fehlt Wasserstoff, so dass
(a) Alkane + Kohlenstoff und (b) Alkene entstehen. Verminderung der Verkokung
in Gegenwart von Wasserstoff.
235

3. Katalytisches Reforming. Veredelung und Aromatisierung von ✄10.24


Katalytisches Reforming
Schwerbenzin (100–190 ◦C) bei 490–540 ◦C und 10–30 bar in
Anwesenheit von Wasserstoff. n-Alkane dehydrieren zu Alkyl- n-Alkane
cyclohexanen und Cyclohexane zu Aromaten; n-Alkane isome- ↓
Alkylcyclopentane
risieren, Alkylcyclopentane bilden Cyclohexane; langkettige Al- Alkylcylohexane
kane werden durch Hydrocracken gespalten, so dass insgesamt ↓
Octanzahlen über 100 erreicht werden. Die Produkte sind reich Aromaten
an Cycloalkanen und Aromaten.
Das Nebeneinander der Reaktionen erfordert bifunktionelle Ka-
talysatoren: beim Platforming Pt/Al2 O3 , beim Rheniforming bi-
metallisches Rh/Pt/Al2 O3 . Das Edelmetall als Redoxkomponen-
te (v. a. für die Dehydrierung) und das saure Aluminiumoxid
oder Alumosilicat wirken zusammen. Arsen, Kupfer, Blei vergif-
ten den Platinkatalysator; aber auch Schwefel über 10 mg/kg (in
kleiner Menge jedoch günstig). Basische Stickstoffverbindungen
und Wasser schädigen den sauren Träger. Daher geht eine kataly-
tische Wasserstoffbehandlung16 des Ausgangsmaterials voraus,
die auch ungesättigte Verbindungen beseitigt, die zur vorschnel-
len Verkokung des Katalysators führen.
Zum Aufbau langkettiger, klopffester Treibstoffe aus niederen
Ausgangsmolekülen existieren umgekehrt zum Cracken weitere
Veredelungsverfahren.
1. Olefinpolymerisation. Beim Crackprozess anfallende gasförmi- ✄10.25 Isooctan-Synthese
ge Alkene (z. B. Ethen, Propen, Buten) liefern mit 70%iger 2 mol Isobuten
Schwefelsäure und kurzem Erhitzen unter Druck (bis 150 ◦C, ↓ (Dimerisierung)
50 bar) dimere und trimere Polymerbenzine. Durch nachfolgende 80 % 2,4,4-Trimethyl-1-penten
20 % 2,4,4-Trimethyl-2-penten
Hydrierung entsteht z. B. Isooctan aus Isobuten für hochklopffe- ↓ (Hydrierung)
ste Flugzeugtreibstoffe. Isooctan
2. Alkylierung von Isoparaffinen. i -Alkane reagieren mit Olefinen
in Gegenwart von Schwefel- oder Flusssäure bei –10 bis +35 ◦C ✄10.26 Alkylierung
zu Alkylatbenzinen (höhere iso-Alkane). n-Alkane benötigen Isobutan + Propen
Aluminiumchlorid als Katalysator. ↓
60–80 % 2,2-Dimethyl-pentan
3. Isomerisierung von Paraffinen. n-Alkane wandeln sich in Gegen- 10–30 % 2-Methyl-hexan
wart von L EWIS-Säuren (AlCl3 ) bei Raumtemperatur in Isoalka- 7–11 % 2,2,3-Trimethyl-butan
ne um.
Benzin aus Kohle und Erdgas. Von den weiteren Möglichkeiten
der Benzinherstellung ist allein noch die Erdgasverarbeitung aktuell.
1. Erdgasverarbeitung: Spaltung, Isomerisierung, Dehydrierung,
Alkylierung, Polymerisation von Methan, Ethan, Propan, Butan.
2. Benzin aus Kohle: Kohleverschwelung, -hydrierung, -extraktion. ✄Kap. 10.4
3. F ISCHER -T ROPSCH-Synthese
Wasserstoff aus Erdöl wird kostengünstig durch katalytische ✄Kap. 10.2.2
Dampfreformierung gewonnen, deren Wirkungsgrad die partielle
Oxidation und Kohlevergasung übertrifft.
16 engl. hydrotreating
236

10.4 Treibstoffe aus Kohle


✄10.27 Die Rohstoffnot im Zweiten Weltkrieg erzwang innovative Lösun-
Kohleveredelung
gen, Treibstoff aus heimischer Kohle zu gewinnen. Die Ölkrise der
Verkokung von Kohle 1970er Jahre und Überlegungen in jüngster Zeit verleihen der Koh-
unter Luftabschluss (1000 ◦ C): levergasung neue Aktualität, wenngleich die Dampfreformierung
a) Koks und
b) Destillat: von Erdgas und Erdöl kostengünstiger und effizienter ist.
 Leuchtgas (50 % H2 , 32 % CH4 ,
7 % CO, 5 % N2 ) bzw. bei 1. Kohleverschwelung. Braunkohle pyrolysiert bei 600 ◦ C zu
längerer Erhitzungsdauer: Schwelteer, Leicht- und Mittelöl, Schwelgas und -wasser; als
Kokereigas (55 % H2 , 25 % CH4 , Rückstand verbleibt Schwelkoks. Bei Steinkohle genügen 450–
5 % CO, 11 % N2 )
600 ◦C, doch sind Dieselöl und Benzin von minderer Qua-
 Gaswasser (NH3 )
 Teer (2–6 %, aromatenreich) lität. Montanwachs wird aus bitumenreicher Braunkohle mit
Destillation von Steinkohlenteer: alkoholisch-aromatischen Lösungsmittelgemischen extrahiert.
 Leichtöl (Sp. bis 170 ◦ C)
 Mittelöl (Sp. 170–230 ◦ C)
2. Kohlehydrierung (B ERGIUS -P IER-Verfahren): Synthetisches
 Schweröl (Sp. 230–270 ◦ C) Benzin durch Kohleverflüssigung war 1927–1944 bedeutend.17
 Anthracenöl (Sp. 270–340 ◦ C)
Tieftemperaturhydrierung (TTH-Verfahren).
 Rückstand: Pech.
Braunkohlenschwelteer liefert bei der Hydrierung (WS2 /NiS-
Kohleverschwelung Kontakt, 350 ◦C, 300 bar) Dieselöl, Schmieröl, Benzin, Flüssig-
Tieftemperaturverkokung und Hartparaffine.
(500 ◦ C): höhere Teer-, Koks- u.
Benzolausbeute; weniger Gas. 3. Druckwasserstoffdehydrierung (DHD-Verfahren). Wasser-
stoffreiche Braunkohlenschwelbenzine dehydrieren (Pt/Al2 O3 -
Kohleextraktion
(siehe Text) Kontakt, 500 ◦C, 30 bar) in aromatenreiche Benzine. Naphthene
und n-Paraffine gehen in Aromaten über.
Kohlevergasung
Umsetzung mit Wasserdampf 4. Kohleextraktion (P OTT und B ROCHE): Trockenes Stein- und
zu Synthesegas (H2 + CO) Braunkohlegranulat wird mit Tetralin, Naphthalin und sauren
Ölen (Kresole, Phenole) angeteigt und im Autoklaven bei 370–
Kohlehydrierung
(nach B ERGIUS ) 430 ◦C, 60–70 bar zu einem glänzenden, pechähnlichen Extrakt
1. Kohle, Eisenoxide, Schweröl umgesetzt; anschließend zu Benzin hydriert.
aus der Sumpfphase (H2 , 400–
500 ◦ C, 300–700 bar) 5. Fischer-Tropsch-Synthese (Kogasin, Kohle-Gas-Benzin-Ver-
2. Mittelöl aus der Gasphase von fahren, 1925).18 Umsetzung von Synthesegas (aus Kohleverga-
Schritt 1 (MoS2 /WS2 ).
sung) in gesättigte und ungesättigte Kohlenwasserstoffe19 bei
Biomasse-Pyrolyse ✄Kap. 10.8 konstant 190 ◦C und 0–20 bar Druck.
Kohlevergasung ✄Kap. 10.4
n CO + 2n H2 ✲ n CH2“ H2 ✲ H-[CH2 ]n -H

−n H2 O
Verbessertes Verfahren mit Eisenkontakt (210–250 ◦C):
(3n + 1) CO + (n + 1) H2 O −→ Cn H2n+2 + (2n + 1) CO2
6. Mobil Oil-Verfahren: Benzin aus Methanol (aus Synthesegas).

17 In der DDR: 600 kg Benzin aus 1 t Braun- und Steinkohle (480 ◦ C, 200–400
bar, 100 m3 H2 ). 1 t Benzin aus 4 t Kohle einschließlich H2 -Erzeugung durch
Dampfreformierung.
18 Kohleverflüssigung“, Syncrude-Prozess
19 ”
Destillation: 60 % Kogasin I (Benzin); 22 % Kogasin II (Dieselöl), 10 % Weich-
paraffin ( Paraffingatsch“), 3 % Hartparaffin ( Kontaktceresin“).
” ”
237

10.4.1 Kohlevergasung

Die Preisentwicklung von Erdöl und Erdgas stärkt Bestrebungen,


Wasserstoff aus heimischer Kohle zu gewinnen. Die Kohlever-
gasung20 erfolgt durch partielle Verbrennung (1) und exotherme
Bildung von Wassergas (2) — entspricht also weitgehend einer
Dampfreformierung von Kohlenstoff. Kohlegas21 (CO + H2 ) ist
durch Flugasche, Schwefelverbindungen, Halogene, Spurenmetalle
(As, Zn), Ammoniak, Aromaten und organische Stoffe verunreinigt.
Das Verhältnis von Kohlenmonoxid zu Wasserstoff hängt vom
Wassergas- und B OUDOUARD-Gleichgewicht ab.

(1) Verbrennung 2 C + O2 → 2 CO 1R H = −111 kJ/mol


C + O2 → CO2 1R H = −394 kJ/mol
(2) Wassergasbildung C + H2 O → CO + H2 1R H = +131 kJ/mol
C + 2 H2 O → CO + 2 H2 1R H = + 97 kJ/mol
(3) Wassergasgleichgewicht CO + H2 O → CO2 + H2 1R H = − 42 kJ/mol
(4) B OUDOUARD-Gleichgewicht C + CO2 → 2 CO 1R H = +172 kJ/mol
(5) Methanisierung 3 C + 2 H2 O → 2 CO + CH4 1R H = +185 kJ/mol
2 C + 2 H2 O → CO2 + CH4 1R H = + 12 kJ/mol

Kohlegas eignet sich wie Erdgas zur Dampfreformierung und Kon-


vertierung.
1. Dampfreformierung von Kohle: Synthese- oder Wassergasgewin-
nung aus Koks (bei Hellrotglut, 900 ◦ C).
C + H2 O → CO + H2 1R H = +131,4 kJ/mol

Die Teilverbrennung der Kohle deckt den Energiebedarf die-


ser endothermen Kohlevergasung. Sauerstoffangereicherter Was- ✄10.28 Kohlevergasung
serdampf22 tritt im kontinuierlich arbeitenden Wirbelbettreaktor
 B RITISH G AS -L URGI -Prozess:
(W INKLER-Generator)23 auf glühendes Braun- oder Steinkoh- Gegenstrom-Wirbelschicht; Koh-
lepulver (1000 ◦C). Oder es werden Luft und Wasserdampf ab- le, Wasserdampf/Luft (>900 ◦ C).
wechselnd über die Kohle geführt ( Heiß- und Kaltblasen“). 91 % Wirkungsgrad; 25 % H2 ,
” 66 % CO, Nebenprodukte: CH4 ,
2. Konvertierung (Wassergasshiftreaktion) von Synthesegas mit Teer.
Wasserdampf bei 350 . . . 400 ◦C (Hochtemperaturkonvertierung)
und 200 . . . 300 ◦ C (Niedertemperaturkonvertierung).24 Die Re-  S HELL-Prozess: Festbett mit
Kohlestaub und O2 (>1200 ◦ C).
aktion ist exotherm, aber die Umsatzgeschwindigkeit klein; die 83 % Wirkungsgrad. Wenig CH4
Katalysatoren geben die Reaktionstemperatur vor. und Teer.
20 engl. coal gasification
 T EXACO-Prozess: 35%-wässri-
21 Wassergas, Synthesegas, syngas, CO + H .
2 ge Kohleaufschlämmung und O2 ;
22 Sauerstoff verbrennt einen Teil des Kohlenstoffs; die exotherme Reaktion macht schmelzflüssig (1600 ◦ C). 68 %
den endothermen Wassergasprozess autotherm, d. h. unabhängig von äußerer Wirkungsgrad. Kein CH4 , Teer.
Energiezufuhr.
23 W INKLER-Generator: Durch einen 15 m hohen Schacht strömt aufwärts das Ver-  D OW-Prozess: Kohleaufschläm-
gasungsmittel (O2 , H2 O); seitlich über den Winddüsen führt eine Förderschnecke mung; zusätzlich Reaktionszone
laufend den Festbrennstoff ein. In der Wirbelschicht vergasen die glühenden Kohle-Wasser-O2 (1800 ◦ C).
Brennstoffteilchen. Das Gas wird anschließend entstaubt. 37 % H2 -Ausbeute.
24 LT-Shift erfordert zwischengeschaltete Feinentschwefelung.
238

CO + H2 O → CO2 + H2 1R H = –41,2 kJ/mol

Kohlendioxid wird mit heißer Kaliumcarbonatlösung durch Ge-


CO2 -Gaswäsche: genstromberieselung bei 30 bar Druck ausgewaschen.
CO2 +K2 CO3 +H2 → 2 KHCO3
Die Feinreinigung erfolgt durch katalytische Methanisierung von
Methanisierung: Kohlenmonoxid in Methan (30 bar, 100 . . . 150 ◦ C), wobei auch
CO + 3 H2 → CH4 + H2 O
Reste von CO2 und O2 reagieren; entstehendes Wasser wird
durch Tiefkühlung entfernt.

Je nach Brenngut werden unterschieden:


 Feststoffvergasung von Koks, Kohle oder Biomasse mit Was-
serdampf und sauerstoffangereicherter Luft in Gasgeneratoren
(W INKLER-Generator). Die entstehenden Gemische aus N2 , H2 ,
CO und wenig CO2 werden entschwefelt, konvertiert, von CO2
befreit und feingereinigt. Wassergas ist für die Ammoniaksyn-
these technisch bedeutsam.
Luftgas, Generatorgas: 2 C + O2 + 4 N2 → 2 CO + 4 N2
Wassergas: H2 O + C → H2 + CO
Mischgas: CO , H2 , N2
 Feststoff-Verkokung: Druckvergasung von Braunkohle mit Was-
serstoff und Sauerstoff (22 bar) zu:
Kokerei-, Leucht-, Fern- und Stadtgas: H2 , CH4 , CO
 Öldruckvergasung von Flüssigbrennstoffen (Heiz- und Rück-
standsöle). Am Kopf eines Stahlrohres zerstäubtes Öl reagiert
in einer Flammzone (30 . . . 60 bar, 1200 . . . 1600 ◦ C) mit Was-
serdampf und Sauerstoff. Das produzierte CO/H2 -Gemisch wird
entrußt, mit Wasserdampf katalytisch umgesetzt (COS+H2 O ⇋
CO2 + H2 S), entschwefelt, konvertiert und feingereinigt.

10.4.2 Elektrochemische Kohleoxidation


Die anodische Oxidation von Kohle in einer Elektrolysezelle läuft
bei 0,7 bis 0,9 V ab und erfordert theoretisch weniger Energie als
die konventionelle Wasserelektrolyse (1,23 V).
Anode C + 2 H2 O → CO2 + 4 H⊕ + 4 e⊖ (0,21 V NHE)
Kathode 4 H⊕ + 4 e ⊖ → 2 H 2
C + 2 H2 O → CO2 + 2 H2
Kohlestaub wird in Schwefelsäure dispergiert. Die Platin- oder Gra-
fitanode ist durch einen porösen Separator von der Kathode getrennt.
Der Oxidationsstrom steigt umso mehr, je kleiner die Kohlepartikel
(<200 µm) und je größer Anodenpotential und Betriebstemperatur
sind.25 Neben Kohlenstoffoxiden entstehen aliphatische und aroma-
tische Carbonsäuren und Kohlenwasserstoffe.

25 Wegen des Abbrands wurde Elektrodengrafit bei der Chloralkalielektrolyse in den


1970er Jahren durch DSA-Elektroden ersetzt.
239

10.5 Wasserstoff aus Methanol


Methanol ( Holzgeist“) mit vier H-Atomen im Molekül (12,6 %) Methanol aus Biomasse
” ✄Kap. 10.8
gilt als Wasserstoffträger der Zukunft, der heute allerdings aus fos-
silen Energieträgern gewonnen wird. Grundsätzliche Möglichkeiten
der Methanolgewinnung aus Erdgas oder Biomasse sind:
 Methanol-Niederdrucksynthese26 aus teilweise konvertiertem
Wassergas in Reaktionsrohröfen ähnlich wie bei Ammoniaksyn-
these27 (60 bar, 250 . . . 300 ◦ C, CuO/Cr2 O3 -Katalysator). Das
ICI-Niederdruckverfahren am Cu/Zn/Al-Katalysator (250 ◦C,
50 bar) benötigt weniger Energie.

Dampfreformierung CH4 + H2 O → CO + 3 H2
Methanolsynthese CO + 2 H2 → CH3 OH

 Hydrierung von CO2


Die Wirkungsgrade der Wasserstoffgewinnung aus Methanol (aus
Erdgas) oder Benzin (aus Erdöl) über die gesamte Energieumwand-
lungskette sind etwa gleich. Stickstoffoxide entstehen nicht.

10.5.1 Dampfreformierung von Methanol


In Umkehrung der Methanolsynthese entstehen Wasserstoff und
Kohlendioxid oberhalb 700 ◦C (ohne Katalysator) bzw. bei 350 ◦C
(mit Katalysator).
Bessere Ausbeuten liefert die katalytische Dampfreformierung, ✄10.29
Katalysatoren [32]
bei der auf die endotherme Methanolzersetzung (1) eine exotherme
Wassergas-Shiftreaktion (2) folgt. Ein separater Shiftreaktor ist ver- Methanolreformierung
zichtbar. Ein zweiter Reaktionsweg (3) verläuft direkt. Cu/Zn auf Al2 O3
Cu/Cr auf Al2 O3
(1) CH3 OH → CO + 2 H2 1R H = +92 kJ/mol Cu/Zr auf Al2 O3
(2) CO + H2 O → CO2 + H2 1R H = –41 kJ/mol Legierungen: CuZn, NiCr
(3) CH3 OH + H2 O → CO2 + 3 H2 1R H = +51 kJ/mol
Die Reaktion erfolgt im Festbettreaktor bei 7 bis 30 bar und 250–
300 ◦C am Cu-ZnO oder CuO-Cr2 O3 -Katalysator. Beheizt wird der
Reaktor durch katalytische Verbrennung von Methanol. Wasser und
Methanol werden im Molverhältnis 0,67 bis 1,5 gemischt und ver-
dampft. Wasserdampf im Überschuss vermindert das Risiko der
Koksabscheidung. Bei hoher Temperatur (ca. 500 ◦ C) erfolgt neben
der endothermen Reformierung die exotherme Methanisierung des
Kohlenmonoxids, sofern man Stadtgas erzeugen möchte (ca. 50 %
H2 , 25 % CH4 , 4 % CO, 20 % CO2 ). Wasserstoff wird technisch
durch CO2 -Wäsche und Druckwechseladsorption gereinigt; für klei-
ne Mengen ist die Diffusion durch Pd/Ag-Membranen geeignet.
26 A. M ITTASCH , M. P IER , K. W INKLER : ZnO/Cr O , 400 ◦ C, 200 bar (rei-
2 3
nes Methanol). Bei 435 ◦ C am alkalisierten ZnO/Cr2 O3 -Kontakt entstehen 50 %
höhere Alkohole (11 % Isobutanol).
27 Chrom-Nickel-Stahl unterdrückt die konkurrierende Methanbildung.
240

✄10.30 Komponenten eines Metha- Die autotherme Methanolreformierung kombiniert die endother-
nolreformers
me Dampfreformierung mit der partiellen Oxidation unter adiaba-
Methanol/Wasser-Mischkammer tischen Bedingungen an Edelmetall-Kupfer-Katalysatoren in Rohr-
Vorwärmer reaktoren bei 500 ◦C (Eingang) bis 250 ◦C (Ausgang). Autotherme
Reformer
Kühlung, Kondensatabscheider Reaktoren sind kompakt und starten schnell. Der 245 cm3 große
Gasreinigung: HotSpot“-Reaktor von J OHNSON M ATTHEY (1998) wandelt Me-
– Druckwechseladsorber

thanol, Wasser und Luft in einem einzigen kompakten Katalysator-
– Pd/Ag-Membran
bett zu CO2 und 750 ℓ/h H2 (<10 ppm CO) um.
– Gaswäsche

10.5.2 Partielle Oxidation von Methanol


✄10.31 Die partielle Oxidation von Methanol ist weniger effektiv als
Katalysatoren [32]
die Dampfreformierung. Jedoch sind die Reaktoren kompakter, die
Partielle Methanoloxidation Aufwärmphase kürzer und das dynamische Verhalten günstiger.
Rh auf Al2 O3 Methanol wird verdampft, mit Luft stöchiometrisch gemischt und
Cu/ZnO auf Al2 O3
Pd auf ZnO erwärmt sich in Folge der Oxidation.
Pt auf CeO2 CH3 OH + 21 O2 → CO2 + 2 H2 1R H = –667 kJ/mol
Cu/Cr + Fe, Zn, Ce
Am Zinkoxid-geträgerten Palladiumkatalysator läuft die Reaktion
mit hoher Selektivität und etwa 40%igem H2 -Gehalt im Reformat.
Bei hoher Temperatur verbessert sich die Selektivität für H2 zu La-
sten der katalytischen Aktivität.

10.6 Synthetische Kraftstoffe

Maßgeschneiderte Kraftstoffblends sollen schadstoffarm verbrennen


und den CO2 -Ausstoß verringern, ohne dass heutige Verbrennungs-
motoren modifiziert werden müssen.
1. Biokraftstoffe (Biofuels) verwerten Öl, Zucker oder Stärke aus
Pflanzenteilen, nicht die ganze Pflanze. Der energetische Wir-
kungsgrad ist niedrig. Durch Veresterung von Rapsöl gewonne-
ner Biodiesel zeigt Eigenschaften wie konventioneller Diesel.
2. Synthetische Kraftstoffe (Synfuels). Die energetische Verwer-
tung von Pflanzen oder Reststoffen liefert schwefel- und aroma-
tenfreie Designerkraftstoffe, insbesondere für saubere“ Diesel-

fahrzeuge.
Nach dem Primärenergieträger werden unterschieden:
 GTL-Kraftstoffe (Gas-To-Liquid): aus Erdgas.
 VTL-Kraftstoffe (Carbon-To-Liquid): aus Kohle.
 BTL-Kraftstoffe (Biomass-To-Liquid): aus Biomasse.
241

10.6.1 Kraftstoff aus Biomasse


Die frühere C HOREN I NDUSTRIES28 gewann zwischen 2003 und ✄10.32 Anlage zur Biomasse-
vergasung bei Choren in Sachsen
2009 synthetischen Dieselkraftstoff (Syndiesel) aus Holzhackschnit-
(2002). Bild: D AIMLER AG.
zeln, Rest- oder Durchforstungsholz, Altholz, Tiermehl, getrockne-
tem Klärschlamm und Hausmüll (Trockenstabilat).
Biomasse → Verschwelung → Synthesegas →
F ISCHER -T ROPSCH-Synthese → Alkangemisch
Das mehrstufige Verfahren gleicht den geringen Wasserstoffgehalt
der Biomasse durch Zufügen von Wasserstoffgas aus.
 Niedertemperaturvergasung von trockener Biomasse bei 400–
600 ◦C zu Biokoks und teerhaltigem Schwelgas.
 Hochtemperaturvergasung (Carbo-V-Verfahren): Schwelgas,
Sauerstoff, Restkoks und Asche werden in einer Kammer am
Kopf des Reaktorturms bei 1300–1500 ◦C vergast.29 Teer und
langkettige Kohlenwasserstoffe bilden CO, CO2 , H2 und H2 O.
Der heiße Gasstrahl trifft im Mittelteil auf seitlich eingeblasenen
Biokoks. Schlacke setzt sich ab; heißes teerfreies Rohgas ent-
weicht im Oberteil des Reaktors und dient in einem Wärmetau-
scher zur Dampferzeugung. Flugasche und Restkoks im Rohgas
werden durch ein Staubfilter abgetrennt und rückgeführt.
 Das entstaubte Rohgas wird im Sprühturm gewaschen. Das ge-
reinigte, komprimierte Synthesegas reagiert im Mehrstrang-
röhrenreaktor mit zugeführtem Wasserstoff zum Designer-
kraftstoff.
 In einer Destillationskolonne wird der flüssige Rohkraftstoff
gereinigt. Die Kopfgase treiben eine Gasturbine zur Stromerzeu-
gung. Die flüssige Kraftstofffraktion fließt in einen Vorratstank.
Der Kraftstoff besteht aus Paraffinen (langkettige Kohlenwasser-
stoffe) und ist schwefelfrei. Aromatische Kohlenwasserstoffe, die
bei der Verbrennung von gewöhnlichem Diesel die Rußbildung im
Motor fördern, fehlen.

10.6.2 Kraftstoff aus Erdgas


Synthetischen Kraftstoff aus Erdgas (GTL) produziert S HELL be-
reits in Malaysia. Die Emissionswerte entsprechen denen von kom-
primiertem Erdgas. Der Kraftstoff kann mit Diesel gemischt und in
herkömmlichen Motoren verbrannt werden. Bei der Rohölförderung
bislang abgefackeltes Erdgas kann genutzt werden.
Erdgas setzt bei der Verbrennung weniger CO2 frei als die äqui-
valente Energiemenge Benzin oder Diesel. Reine Erdgasfahrzeuge
benötigen größere Tanks für vergleichbare Reichweiten. In die glo-
bale CO2 -Bilanz30 gehen Leckagen in Gasleitungen und Tanks ein.
28 sächsisches Unternehmen bei Freiberg. 2005–2009: Beteiligung von S HELL,
2007: VW und D AIMLER. 2011: Insolvenz
29 Kohlevergasung: partielle Oxidation und Wassergasgleichgewicht: ✄Kap. 11.4.
30 CO als natürliches Abbauprodukt von Methan.
2
242

10.6.3 Biogene Kraftstoffe


✄10.33 Hauptprodukte der Fermen-
tation von Biomasse
Biomasse als erneuerbare Energie eignet sich zur Herstellung von
Kraftstoffen, Methanol und Wasserstoff besonders in agrarwirt-
Gärung → CH4
schaftlich geprägten Landstrichen.
Dunkel- und Methan-
fermentation → CH4  Biogas: methanhaltiges Fermentationsprodukt.
Fotofermentation  Bioöl: durch Pyrolyse von Holz, Klärschlamm, Tiermehl
organischer Säuren → H2 + CO2 (400 ◦C, unter Luftabschluss bei Umgebungsdruck).
Fotolyse von Wasser  Biodiesel aus Rapsöl und Rapsölmethylester (RME).31
mit Mikroorganismen H 2 + O2
Kraftstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen gelten als CO2 -neutral,
da bei ihrer Verbrennung angeblich soviel CO2 frei wird, wie die
Pflanzen während ihres Wachstums der Luft entzogen haben — was
nicht stimmt! Entlang der gesamten Prozesskette gehen in die Bi-
lanz der Energieströme fossile Energieträger ein, die bei Bodenbe-
✄10.34 Produkte der thermochemi-
schen Nutzung von Biomasse
arbeitung, Anbau, Ernte, Verarbeitung und Transport in Maschinen
verbrannt werden. Treibstoffe, Dünger und Pflanzenschutzmittel ba-
Vergasung:
sieren auf petrochemischen Produkten. Bioethanol aus Mais bringt
H2 /CO
CH4 /CO2 keine (0 %) und Biodiesel aus Raps 68 % CO2 -Ersparnis gegenüber
Pyrolyse: Diesel aus Rohöl. Andererseits ist die Anbaufläche begrenzt.32
HCHO  Bioethanol wird aus vergorenen, zucker- und stärkehaltigen
H2 /C
Pflanzen (Rapsfrüchte, Mais, Zuckerrüben, Zuckerrohr) destil-
Hydrothermale Vergasung:
CH4 /CO2
liert. Die mindestens 5%ige Beimischung von Bioethanol in
H2 /CO2 Ottokraftstoffen und Rapsölmethylester im Dieselkraftstoff ist
Stand der Technik.
 Benzin-Alkohol-Gemische — wie Gasohol aus 72 % Benzin,
25 % tert. Butanol, 3 % Wasser — setzen bei der Verbrennung
weniger Schadstoffe frei. Tankstellen in den USA bieten Gemi-
sche aus Benzin und Methanol an. Konventionelle Tanksäulen
müssen umgerüstet werden; denn Methanol greift Aluminium
und Gummidichtungen an, Edelstahl und Nylon sind beständig.
Methanol ist mit Wasser löschbar, ein Vorteil gegenüber Benzin.
Bleifreies Benzin enthält als Antiklopfzusatz tert.-Butylmethyl-
ether (MTBE) oder ein 1:1-Gemisch aus Methanol und tert.-
Butanol (TBA).

31 Mit Methanol umgeestertes Rapsöl; enthält mehr niederviskose kurzkettige An-


teile.
32 Auf 12 Mio. ha Ackerfläche in Deutschland wachsen Raps (1·106 ha); Weizen
(3,7·106 ha). Eine flächendeckende Rapsölversorgung wäre auf Importe angewie-
sen.
243

10.7 Wasserstoff aus Biomasse


Rohstoff für die Wasserstofferzeugung ist Methan aus Faul- und ✄10.35 Entwicklung
Grubengasen, Holz- und Strohabfall und Energiepflanzen. Triticale, 2003 Fa. B EKON, Landshut:
eine Kreuzung aus Weizen und Roggen, verbrennt mit dem Heizwert Trockenvergärungsanlage in Mün-
wie Holz.33 Ferner sollen Begleitgase der Erdölförderung, Altreifen chen Freimann für Garten- und
Küchenabfälle. In 25 m langen,
und Biomüll genutzt werden. luftdichten Betonsilos entsteht
bei 38 ◦ C und Berieselung mit
 Biomassevergasung. Oberhalb 400 ◦C pyrolysiert Biomasse in
einer Bakterienlösung Biogas,
Koks und teerhaltiges Schwelgas. Wie bei fossilen Brennstoffen das in einem Gasmotor zur
interessiert Synthesegas für die Dampfreformierung und Kon- Stromerzeugung verbrannt wird.
vertierung (1+2). Die nach vier Wochen vergorene
Biomasse dient als Kompost.
 Für die Methanolsynthese (3) in einem separaten Reaktor wer-
den Kohlendioxid und Wasserdampf aus dem Reformatgas ab-
getrennt.
(1) CH4 + H2 O → CO + 3 H2 1R H = +206 kJ/mol
(2) CO + H2 O → CO2 + H2 1R H = − 41 kJ/mol
(3) CO + 2 H2 → CH3 OH ✄10.36 Holzhackschnitzel, ein
Methanol wird kontinuierlich auskondensiert und nicht umge- möglicher Primärenergieträger für
setztes Reformat im Kreislauf geführt, so dass >98 % CO in synthetische Kraftstoffe. Quelle:
D AIMLER AG
Methanol umgewandelt werden.
 Für die Wasserstoffsynthese soll die CO-Shiftreaktion (2)
möglichst vollständig erfolgen. Durch Druckwechselabsorpti-
on werden CO2 , Wasser und andere Verunreinigungen entfernt;
Reinheit über 99,999 % H2 sind möglich.

10.8 Wasserstoff aus regenerativen Quellen

10.8.1 Wasserelektrolyse
Versiegende fossile Reserven fordern regenerative Wege der Was- ✄10.37 Klein-Elektrolyeur
serstofftechnik mit Strom aus Windparks, Wasserkraft, Solarener-
gie und Geothermie.34 Die Wasserelektrolyse besticht durch Um-
weltverträglichkeit, Gasreinheit und Flexibilität bei wechselndem
Wasserstoffbedarf; hingegen sind Erdgasreformierung und Metha-
nolspaltung kostengünstiger. 1 m3 H2 erfordert 5 kWh elektrische
Energie. Für die Dampfelektrolyse genügen 241,98 kJ/mol.
286,02 kJ/mol + H2 O −→ H2 + 1/2 O2
Die Elektrolyseanlage umfasst: Wasseraufbereitung, Gleichstrom-
versorgung, Elektrolyseur, Wasserabscheider, Gasflussregler.

33 Süddeutsche Zeitung, 23.03.2001, Korn als Energiespender.


34 I CELANDIC H YDROGEN AND F UEL C ELL C OMPANY, Joint Venture von D AIM -
LER /MTU, N ORSK H YDRO und R OYAL D UTCH S HELL. H2 -Gewinnung in Is-
land durch Wasserelektrolyse.
244

✄10.38 Separatoren Stand der Elektrolysetechnik siehe Literatur [1]. Bei der alkalischen
NiO/TiO2 auf Nickelnetz Elektrolyse wird Kalilauge an Nickelelektroden35 bei Umgebungs-
Polyethersulfon (PES) oder leicht erhöhtem Druck zersetzt. Als Kathode kann Eisen ein-
glasfaserverstärktes gesetzt werden. Platinmetalloxide wie Ruthenium- und Iridiumoxid
Polyphenylensulfid (PPS) haben sich als langzeitstabile Elektrokatalysatoren bewährt [26]. Bei
Kaliumtitanat SPE-Elektrolyseure mit Zero Gap“-Geometrie wird die ionenlei-

tende Membran direkt mit Platin beschichtet; der ohmsche Span-
nungsabfall im Elektrolyten ist klein. Alternative Separatoren ✄Tab.
10.38
✄10.39 Technologien Für die Druckelektrolyse bei 30 bar setzt MTU ein selektiv
Alkalische Wasserelektrolyse: durchlässiges Diaphragma ein, das den Produktgasen die Diffusi-
um 80 ◦ C, 1–120 bar, Klein- bis on und die Rekombination von Knallgas zu Wasser versperrt. Die
Megawattanlagen. Elektroden befinden sich direkt auf der Diaphragmaschicht, was ei-
PEM-Elektrolyse: um 80 ◦ C, ne hohe Leistungsdichte erlaubt.
1–30 bar, Kleinanlagen bis 20
m3 /h H2 (0 ◦ C).

10.8.2 Wasserstoff aus Stickstoffverbindungen


✄10.40 Ammoniak und Wasserstoff Ammoniak ist ein leicht zu verflüssigendes Gas (10,6 bar bei 300
im Vergleich.
K), einfach zu transportieren, jedoch ein korrosiver Reizstoff. Zur
fl. NH3 fl. H2 H ABER -B OSCH-Synthese dient Wasserstoff aus der Dampfrefor-
mierung und Konvertierung von Erdgas oder Elektrolysewasser-
Dichte: 0,6 kg/ℓ 0,07 kg/ℓ
Verbren- stoff. Ammoniak lässt sich leicht in Wasserstoff und Stickstoff spal-
nungs- ten.
wärme 11 MJ/ℓ 8,6 MJ/ℓ
2 NH3 → N2 + 3 H2 1R H = +92 kJ/mol
Siedepunkt –33 ◦ C –253 ◦ C
Die Direktverstromung in alkalischen Zellen ist nicht effektiv; in
saurer Lösung bildet sich Ammonium. Ammoniak löst aber das CO-
Problem aller organischen Brennstoffe.
Hydrazinbrennstoffzelle Hydrazin als brisanter und giftiger Raketentreibstoff zersetzt sich
s. Kap. 1. bei Raumtemperatur an Nickel oder Palladium. In wässriger Lösung
(bis 64%ig) kann es in alkalischen Brennstoffzellen eingesetzt wer-
den.
✄10.41
Normalpotentiale (25 ◦ C)
In saurer Lösung (pH 0)
Li/Li⊕ –3,040 V
10.9 Wasserstoff aus unedlen Metallen
K/K⊕ –2,925 V
Ca/Ca2⊕ –2,84 V
Na/Na⊕ –2,713 V
Unedle Elemente mit einem Normalpotential <0 V (in saurer
Mg/Mg2⊕ –2,356 V Lösung) bzw. >–0,828 V (in alkalischer Lösung, pH 14) setzen
Al/Al3⊕ –1,676 V Wasserstoff aus wässrigen Lösungen frei. Nicht oxidierende Säur-
Zn/Zn2⊕ –0,763 V en beschleunigen die Wasserstoffentwicklung bei Elementen, die in
Fe/Fe2⊕ –0,440 V
Wasser eine passivierende Oxidschicht ausbilden (z. B. Mg; Al, Ga,
In basischer Lösung (pH 14)
Ca/Ca(OH)2 –3,02 V
In, Tl; Sn, Pb). Elemente, die in Wasser säureunlösliche Oxide bil-
Mg/Mg(OH)2 –2,687 V den (z. B. B, Al, Ga; Si, Ge, Sn, Pb; P) sind in Alkalilaugen löslich.
Al/Al(OH)⊖ 4 –2,310 V Im Labormaßstab werden Zink- und Aluminiumpulver eingesetzt.
Zn/Zn(OH)2⊖
4 –1,285 V
Fe/Fe(OH)2 –0,877 V
35 auch: Raney-Nickel, mit Nickelsulfid aktiviertes Nickel, vernickelter Stahl (Fa.
D EMAG, Fa. Wasserelektrolyse Hydrotechnik)
245

1. Wasserstoff aus Eisen. Der seit hundert Jahren bekannte Eisen-


Dampf-Prozess liefert bei Rotglut (500 ◦C) reinen Wasserstoff, der
nicht durch Kohlenstoffoxide oder Schwefel verunreinigt ist. Der
Eisenschwamm dient zur Gasreinigung und als Speicherungsform
von Wasserstoff.
(1) 3 Fe + 4 H2 O → Fe3 O4 + 4 H2
(2) Fe3 O4 + H2 → 3 FeO + H2 O
FeO + H2 → Fe + H2 O
(3) Fe3 O4 + CO → 3 FeO + CO2
FeO + CO → Fe + CO2

Statt des Mischoxids Magnetit Fe3 O4 = FeO·Fe2 O3 entsteht ober-


halb 560 ◦C Eisen(II)-oxid. In der Technik wird Magnetit mit
Salzsäure bei 380 ◦C in FeCl2 und Cl2 überführt, das erneut mit
Wasserdampf umgesetzt werden kann. Dies begrenzt die eingesetzte
Eisenmenge.
(4) Fe3 O4 + 8 HCl → 3 FeCl2 + Cl2 + 4 H2 O
(5) 3 FeCl2 + 4 H2 O → Fe3 O4 + 6 HCl + H2
(6) Cl2 + H2 O → 2 HCl + 1/2 O2
H2 O → H2 + 1/2 O2

Ein Dampf-Eisen-Kraftwerk umfasst:


1. Kohlevergasung: Synthesegaserzeugung aus Kohle, Wasser-
dampf und Luft.
2. Eisenregenerator: Reduktion von Eisenoxid mit Wasserstoff zu
Eisenschwamm (2). Das Abgas dient zur Stromerzeugung mit ei-
ner Gas- und Dampfturbine.
3. Eisen-Dampf-Reaktor: Oxidation von Eisenschwamm mit Was-
serdampf (1).
4. Stromerzeugung mit einer Brennstoffzelle.

2. Wasserstoff aus Silicium und Ferrosilicium. Trotz seines nega-


tiven Normalpotentials ist Silicium in Säuren unlöslich, ausgenom-
men in salpetersäurehaltiger Flusssäure.
Si + 2 H2 O → SiO2 + 4 H⊕ + 4 e⊖ E 0 = –0,909 V
Silicium löst sich exotherm in heißer Natronlauge; wogegen der ana-
loge Wassergasprozess beim Kohlenstoff endotherm ist.
Si + 2 OH⊖ + H2 O → SiO2⊖
3 + 2 H2
1 mol (28 g) Si bildet 44,8 ℓ Wasserstoff; also 1,6 m3 H2 je kg Si.
Feinverteiltes Silicium reagiert besser als grobkristallines. Reaktives
graubraunes Silicium — durch Reduktion von SiCl4 mit Na in aro-
matischen Kohlenwasserstoffen gewonnen — entzündet sich sogar
an Luft. Es unterscheidet sich vom oktaedrisch kristallisierten Si-
licium durch die Teilchengröße, gestörte Kristallstruktur und einen
Sauerstofffremdgehalt.
246

Ferrosilicium — FeSi 90, FeSi 75, FeSi 45 — entsteht im Elek-


troofen bei 2000 ◦C aus Quarz, Kohle und Eisenspänen. Statt vorge-
brannter Kohleelektroden wie bei der Siliciumherstellung sind preis-
werte S ÖDERBERG-Elektroden (grafitierter Anthrazit, Kohlestaub,
Teer und Pech in einem Stahlmantel) einsetzbar.

10.10 Wasserstoffspeicherung
✄10.42 Energiedichte von Brennstof- Die theoretische Speicherdichte für Wasserstoff nimmt ab in der
fen und Speichern: 1 kWh = 3,6 MJ
Reihe: Metallhydride (150 kg/m3 ) > Hydrolyse von Alkalimetal-
Brennstoff kWh/kg (kWh/ℓ) len > flüssiger Wasserstoff > Druckgasflaschen > Physisorption. In
Brennstoffzellenfahrzeugen haben sich 700-bar-Drucktanks durch-
Wasserstoff
– flüssig,26 K,4 bar 33,3 ( 2,1 ) gesetzt. Die mit der heutigen Tankstelleninfrastruktur vereinbare
– Gas, 300 bar ( 0,7 ) Benzin- und Methanolreformierung an Bord eines Fahrzeuges ist
– Gas, 700 bar ( 1,3) nicht weit fortgeschritten. Chemische Speicher arbeiten ungenügend
Propan 12,9 ( 0,03)
reversibel.
Erdgas 12,2 ( 0,01)
Benzin 12,1 ( 8,8 )
Diesel 11,8 ( 9,8 )
1. Wasserstoffspeicher. Wasserstoff kondensiert bei 20 K = –253 ◦C.
Kohle 7,8 (11,7 )  Flüssiger Wasserstoff wird in vakuumisolierten Tanks gespei-
Ethanol 7,5 ( 5,9 )
Methanol 5,6 ( 4,4 )
chert (Kryospeicher). Das langsame Ausdampfen ist tech-
Metallhydrid 0,28 ( 1,05) nisch weitgehend gelöst. ✄Abb. 10.46
Lithiumbatterie 0,13 ( 0,35)  Druckgastanks (400 bar) haben eine geringere Speicherdichte
Bleibatterie 0,04 ( 0,1 )
als Flüssig-H2 und müssen Sicherheitsstandards entsprechen.
Bei 700 bar nähert sich die Speicherdichte der von Flüssig-
wasserstoff.36 ✄Tab. 10.43
✄10.43 Dichte von Wasserstoff
2. Hydridspeicher: Metallhydride, komplexe Hydride (z. B.
350 bar (300 K) 23 kg/m3
NaBH4 ), Speicherlegierungen. ✄Tab. 10.44
700 bar (300 K) 39 kg/m3
Ideales Gas, 700 bar 57 kg/m3 3. Adsorption an Zeolithen, Kohlenstoffnanoröhrchen und Fa-
sern, Glasmikroperlen, metallorganischen Netzwerken wie
[Zn4 O(CO2 )6 ]x bei 77 K. Wenig reversibel! Geringe Speicher-
dichte!
4. Wasserstoffvorstufen: Methanol, Kohlenwasserstoffe, Ammoni-
ak, Hydrazin, Dimethylether, Cyclohexan, Wasser.

✄10.44 Hydridspeicher
Grafitnanoröhrchen:
ca. 5–10 % kg H2 /kg C;
10.10.1 Wasserstoff aus Hydriden
Desorption: 2 % (25 ◦ C), 100 %
(>530 ◦ C). Die Speicherung und Wiederentnahme in Metallhydriden und Koh-
Kohlenstoffnanofasern: lenstoffnanostrukturen gelang bisher nicht befriedigend oder mit zu
ca. 14 % kg H2 /kg C (120 bar); geringer Speicherdichte. Metallhydride setzen bei der Reaktion mit
Desorption: <40 bar. Wasser oder beim Erhitzen Wasserstoff frei. Calciumhydrid diente
Mikroglasperlen (Microspheres): früher zur Füllung von Wetterballonen.
Ø <0,1 mm, Wanddicke 1 µm;
Sorption: 200–400 ◦ C, bis 10 000 CaH2 + 2 H2 O → Ca(OH)2 + 2 H2
bar; Desorption: Erwärmen.
36 825 bar-Druckgasbehälter für H und Erdgas aus Aluminiumkern und einem Man-
Leitfähige Polymere: 2
bis 8 % H2 in Polyanilin und tel aus C-Faser-verstärktem Epoxidharz präsentierte die kanadische Firma DYNE -
Polypyrrol. TEK (2002).
247

Komplexe Hydride bieten ein Wasserstoff/Metall-Verhältnis von ✄10.45 Metallhydride


H/M ≥ 2. Natriumborhydrid kann theoretisch 18 % seiner Masse Komplexe Hydride
mit Wasserstoff beladen. Al(BH4 )3
NaH, LiH
Lithiumborhydrid LiBH4 erreicht mit 18 % H2 die höchste massen- NaBH4 , LiBH4
bezogene Speicherdichte. Mg2 FeH6 und Al(BH4 )3 übertreffen mit LiAlH4
150 kg/m3 die Speicherdichte von flüssigem Wasserstoff. NaReH9 NaAlH4 (< 150 ◦ C), Na3 AlH6
hat das größte Wasserstoff-Metall-Verhältnis von 4,5. Die überwie- MgH2 , CaH2
UH3 (500 ◦ C)
gend sehr langsame Kinetik der H2 -Freisetzung erfordert leider ho-
Speicherlegierungen
he Betriebstemperaturen. ✄Tab. 10.45 TiCr1,8 H1.7 (0 ◦ C)
Natriumboranat (Natriumborhydrid) NaBH4 , ein wasserlöslicher, LaNi5 H x (x ≤6,5)
weißer, bis 400 ◦C stabiler Feststoff, zerfällt bei Kontakt mit Ka- BaReH9
talysatoren (z. B. Raney-Ni, Ru, Co) oder in alkalischer Lösung au- TiFeH x (x ≤ 2, < 60 ◦ C)
MgNiH x (x ≤ 4), Mg2 NiH4
genblicklich in Wasserstoff und Natriumborat. Mg2 FeH6
NaBH4 + 2 H2 O → 4 H2 + NaBO2 CaNi5 H4 (< 100 ◦ C)
PdH0.6 (< 300 ◦ C)
NaBH4 entsteht bei der Umsetzung von Borsäuretrimethylester mit LaNi4 AlH5 (< 200 ◦ C)
Natriumhydrid (S CHLESINGER-Verfahren) oder aus fein gemahle- ZrV2 H5,5 (L AVES -Phase)
CeNi3 H4
nem Borosilicatglas mit Natrium und Wasserstoff.
Y2 Ni7 H3
C HRYSLERs experimentelles Hybridfahrzeug Natrium“ (2002) umfasste Ho6 Fe23 H12

55 kW-Lithiumionen-Batterie, Brennstoffzelle und Tanks für NaBH4 , Na-
tronlauge und den Abfallschlamm zur Hydridrückgewinnung.

10.10.2 Sicherheitstechnik
Oberhalb des kritischen Punktes (–240 ◦C, 1,3 MPa) kann Wasser- ✄10.46 Aufbau eines Flüssigwas-
serstoffspeichers (nach L INDE).
stoff nicht mehr verflüssigt werden und wird in Druckgasflaschen
gespeichert. Tiefkalter“ Flüssigwasserstoff LH2 (–253 ◦C) wird als  Inneres Metallgefäß mit LH2 .
”  Isolationsschichten: Metallfolie,
kryogene Flüssigkeit in vakuumisolierten Gefäßen mit Flüssigstick-
Glaswolle, Vakuummantel.
stoffmantel transportiert und gelagert (✄Abb. 10.46).
 Zusatzkühlung: ausdampfender,
Die spezifische Energie von Wasserstoff (120 MJ/kg) übertrifft alle H2 verflüssigt durchgepumpte,
fossilen Brennstoffe, im Gegensatz zur kleinen volumenbezogenen trockene Luft.
Energie. Ein Wasserstoffleck gleicher Größe ist weniger dramatisch  Äußeres Metallgefäß
als ausströmendes Erdgas bei gleichem Druck; pro Zeiteinheit treten
mehr H2 -Moleküle aus, aber der Energieverlust ist insgesamt gerin-
ger. Wasserstoff entweicht blitzschnell durch kleinste Ritzen, so dass
ein zündfähiges Gemisch rasch verdünnt wird. Die untere und obere
Explosionsgrenze liegt bei 4,0 bzw. 75,6 Vol.-% H2 in Luft (20 ◦C,
Normaldruck). Oberhalb 40 % Feuchte detoniert, und oberhalb 60 %
Feuchte entflammt Wasserstoff nicht mehr.
Die Zündenergie von Wasserstoff-Luft-Mischungen liegt mit 0,02
mJ zehnfach unter Erd- und Flüssiggasmischungen. Die Zündtem-
peratur von 585 ◦C, jedoch auch Abbrand (3,5 m/s in Luft), Detona-
tionsgeschwindigkeit (1,5 – 2,2 km/s) und massenbezogene Explo-
sionsenergie (1 g H2 = ˆ 24 g TNT) übertreffen Erdgas und Benzin.
Die Flammentemperatur von 2045 ◦C entspricht grob dem Propan.
Wasserstoffgas brennt weniger spektakulär als der mit heftiger Ruß-
entwicklung einhergehende Benzinbrand, so dass die Entsorgung
von Wasserstoff im Ernstfall den kontrollierten Abbrand vorsieht.
248

10.10.3 Sicherheitsdatenblatt von Wasserstoff

Auszug aus dem EG-Sicherheitsdatenblatt gemäß TRGS 220 für Wasserstoff (067 A) und Wasser-
stoff, tiefkalt verflüssigt (067 B).37

Wasserstoffgas Flüssigwasserstoff (kryogener Wasserstoff)

1. Stoff/Zubereitungsbezeichnung
Wasserstoff, H2 Wasserstoff, tiefkalt verflüssigt; H2
2. Produktbezeichnung
Stoff. — Zusammensetzung. Enthält keine anderen Komponenten oder Verunreinigungen. —
CAS-Nr. 01333-74-0; EG-Nr. 2156057

3. Gefahren
Verdichtetes Gas. Hochentzündlich. Tiefkalt verflüssigtes Gas. Hochentzündlich.
Bei Kontakt: Kaltverbrennungen, Erfrierungen.
4. Erste Hilfe
Einatmen. In hohen Konzentrationen erstickend. Symptome: Bewegungsunfähigkeit, Bewusst-
seinsverlust. Das Opfer bemerkt das Ersticken nicht; mit umluftunabhängigem Atemgerät in frische
Luft bringen. Warm und ruhig halten. Arzt hinzuziehen. Bei Atemstillstand künstliche Beatmung.
Verschlucken. Exposition nicht möglich.
Haut- und Augenkontakt: Augen und Kaltver-
brennungen >15 min mit Wasser spülen. Steril
abdecken. Arzt hinzuziehen.
5. Brandbekämpfung
Spezielle Risiken: Bersten/Explodieren des Behälters. — Gefährliche Verbrennungsprodukte: kei-
ne. — Löschmittel: alle bekannten. — Spezielle Verfahren: Gasaustritt stoppen. Behälter entfernen
oder mit Wasser aus geschützter Position kühlen. Ausströmendes brennendes Gas möglichst nicht
löschen; spontane explosionsartige Wiederentzündung möglich. Jedes andere Feuer löschen. —
Schutzausrüstung für die Feuerwehr. In geschlossenen Räumen: umluftunabhängiges Atemgerät.
6. Unbeabsichtigte Freisetzung
Persönliche Schutzmaßnahmen: umluftunabhängiges Atemgerät; Ungefährlichkeit der Atmosphäre
prüfen. Gebiet räumen. Durchlüften. Zündquellen beseitigen. — Reinigungsmethoden: Belüften.
— Umweltschutzmaßnahmen: Gasaustritt stoppen.
Eindringen in Kanalisation, Keller, Arbeitsgru-
ben oder andere umschlossene Orte verhindern.

37 kryogen, [griech.] kryos = Frost, gennan = erzeugen.


249

Wasserstoffgas Flüssigwasserstoff (kryogener Wasserstoff)

7. Handhabung und Lagerung


Behälter bei <50 ◦ C an gut gelüftetem Ort lagern. Zündquellen und elektrostatische Entla-
dungen, oxidierende Gase und brandfördernde Stoffen fernhalten. Eindringen von Wasser und
Rückströmung verhindern. Ausrüstung erden; luftfrei spülen.
8. Persönliche Schutzausrüstung
Lüftung sicherstellen. Nicht rauchen. Augen, Gesicht, Haut vor Spritzern schützen.
9. Physikalisch-chemische Eigenschaften
Molare Masse: 2 g/mol; Schmelzpunkt: –259 ◦C; Siedepunkt: –253 ◦C; krit. Temperatur: –240 ◦C;
Löslichkeit in Wasser: 1,6 mg/ℓ; Zündtemperatur: 560 ◦C; Explosionsgrenzen: 4. . . 75 Vol-% in
Luft. Brennt mit farbloser unsichtbarer Flamme.
Relative Dichte: 0,07 vs. Luft Relative Dichte: 0,07 vs. Wasser.
Aussehen: farbloses Gas; geruchlos Aussehen: farblose Flüssigkeit; geruchlos
10. Stabilität und Reaktivität
Explosionsfähiges Gemisch mit Luft. Heftige Reaktion mit brandfördernden Stoffen.
Versprödet Konstruktionsmaterialien.
11. Toxikologie
Keine Giftwirkung bekannt; in hoher Konzentration erstickend.
12. Umweltgefährlichkeit
Keine Schadwirkung bekannt. Frostwirkung auf den Pflanzenwuchs.
13. Entsorgung
Nicht an Plätzen ablassen mit Risiko einer Knallgasbildung oder Ansammlung (Kanalisation, Kel-
ler, Arbeitsgruben). Reste mit einem Brenner mit Flammenrückschlagsicherung verbrennen.
14. Transport
Klasse/Abteilung: 2.1, UN-Nummer: 1049 Klasse/Abteilung: 2.1, UN-Nummer: 1966
ADR/RID-Nummer: 2,1b; Gefahrnummer: 230 ADR/RID-Nummer: 2,7b; Gefahrnummer: 223
Gruppenmerkblattnummer: 20g04 Gruppenmerkblattnummer: 20g23
Straßentransportkennzeichnung: Muster 3: brennbares Gas. — Transportinformationen: Laderaum
sollte von Fahrerkabine getrennt sein. Fahrer über Gefahren, Notfallmaßnahmen und geltende
Vorschriften aufklären. Gasflaschen vor Transport sichern. Ausreichende Lüftung sicherstellen.
Flaschenventil geschlossen und dicht. Ventilverschluss und -schutzeinrichtung richtig befestigen.
15. Vorschriften
GHS-Einstufung: Entzündbares Gas, Kat. 1., H220. Gase unter Druck, verdichtetes Gas; H280
Kennzeichnung der Gasflasche: rot
EG-Symbole: F+; hochentzündlich (R 12). R12 und RFb: kann Erfrierungen verursachen.
Sicherheitshinweise: P210: Von Hitze/Funken/offener Flamme/heißen Oberflächen fernhalten.
Nicht rauchen. P377: Brand von ausströmendem Gas: Nicht löschen, bis Undichtigkeit gefahr-
los beseitigt werden kann. P381: Alle Zündquellen entfernen, wenn gefahrlos möglich. P403: An
einem gut belüfteten Ort aufbewahren.
250

Literatur zur Gaserzeugung

Wasserstoff
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[11] D AIMLER C HRYSLER, Hightech Report, 1/2003; vgl. ferner Literatur zur PEMFC.
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[13] F. K LAGES , Einführung in die organische Chemie. Berlin: de Gruyter, 3 1969, Kap. 13.
[14] L ANDOLT-B ÖRNSTEIN, Zahlenwerte und Funktionen aus Physik, Chemie, Astronomie, Geophysik und Technik und
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[27] T ÜV S ÜDDEUTSCHLAND Holding AG, Hydrogen — a world of energy, B. C HEN (Ed.), München 2002.
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(2001). (c) N IPPON C HEM . P LANT C ONSULT.: US 6506359 (2003). (d) D AIHATSU: US 6475655 (2002).

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