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Peter Kurzweil
Brennstoffzellentechnik
Grundlagen, Materialien, Anwendungen,
Gaserzeugung
Springer Vieweg
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2003, 2013, 2016
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Brennstoffzellen — welche Faszination geht von dieser Technik aus! Leidenschaft und Ideen-
reichtum trieb Generationen von Forschern an, die Urgewalt chemischer Energie für die Menschheit
nutzbar zu machen. Die greifbare Anwendung, Strom aus fossilen und anorganischen Brennstoffen
ohne Umweg über mechanische Energie zu gewinnen, scheint so nah. Doch fordernd stehen die
technischen und ökonomischen Ziele für den flächendeckenden Einsatz.
Die Geschichte der Brennstoffzelle zeichnet den Weg vom ausgehenden 19. Jahrhundert über die
technischen Anstrengungen während der Weltkriege bis in unsere Zeit der bemannten Raumfahrt.
Brennstoffzellen treiben U-Boote und Elektrofahrzeuge, heizen Wohnräume, versorgen Raumkap-
seln und das Space-Shuttle mit Strom. Was ab den späten 1950er Jahren für die zeitlich begrenzte
Anwendung in Orbit und Meerestiefe gedieh, konkurriert in der irdischen Alltagswelt mit robust-
langlebiger Verbrennungstechnik. Die Ölkrise 1973, die Umweltgesetze der 1980er Jahre und die
Golfkrise 1990 gaben kraftvolle Impulse zur Fortentwicklung. Brennstoffzellen weisen in die Zu-
kunft der alternativen Energie- und Fahrzeugtechnik. Sie verknüpfen die überkommene Nutzung fos-
siler Rohstoffe mit der dringend gebotenen Erschließung nachwachsender und regenerativer Quellen,
bis hin zur Stromerzeugung aus Biomasse, Altstoffen und Wohlstandsmüll.
Wie kann diese Maschine funktionieren: ohne Kolben, ohne bewegliche Teile, ohne Verbrennungs-
flamme, ohne C ARNOT-Grenze des Wirkungsgrades? Fragen, die einer interdisziplinären Antwort
harren. Dieses Buch wendet sich an Studenten und Praktiker aller Fachrichtungen. Es führt durch
die spannende Welt zwischen Chemie, Physik, Verfahrenstechnik, Maschinenbau und Elektrotech-
nik. Denn die Brennstoffzellentechnik erfordert und vereinigt breites Wissen und fachübergreifende
Fähigkeiten, damit nach 150 Jahren die frühen Erfahrungen von G ROVE und O STWALD in allgemein
verfügbare Anwendungen münden.
Der übersichtliche Satzspiegel erlaubt Einsteigern und Fortgeschrittenen den raschen Wechsel zwi-
schen erläuterndem Text und praxisnaher Zusatzinformation an den Rändern. Informative Tabellen
schlagen die Brücke vom Lehrtext in die aktuelle Forschung. Die Grundlagen werden durch Rechen-
beispiele ergänzt.
VI
Inhaltsverzeichnis
I Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
4 Polymerelektrolyt-Brennstoffzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
4.1 Kenndaten der PEM-Brennstoffzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
4.2 Polymerelektrolyte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
4.3 Elektrodenmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
4.4 Betriebsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
4.5 Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
4.6 Brennstoffzellenboote und -flugkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
4.7 Antriebskonzepte im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
4.8 Brennstoffzellenkraftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
4.9 Wasserstoff aus Sekundärbrennstoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
4.10 Stationäre PEM-Brennstoffzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
4.11 Tragbare PEM-Brennstoffzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
4.12 Kühlsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251
IX
Konstanten
Quelle: CODATA Recommended Values of the Fundamental Physical Constants 2010: physics.nist.gov/constants
Beispiel: R = 8,314 462 1 (75) J mol−1 K−1 ist zu lesen als: R = (8,314 4721 ± 0,000 0075) J mol−1 K−1 .
Umrechnung von Teilchendichte N/ V und Stoffmengenkonzentration: N/ V = NA c
Formelzeichen
Fläche, Querschnitt A m2
Beschleunigung a m/s2 = m s−2 aE = dEv = vĖ
(α) dt
Aktivität (Ion i in Phase α) ai mol/ℓ = m−3 kmol ai = γi ci
Temperaturleitfähigkeit a m2 /s = m2 s−1 a = λ/(̺ c p )
magnetische Flussdichte BE T = V s m−2 = Wb/m2 = kg s−2 A−1 FE = Q vE × BE
Molalität b mol/kg bi = n i /m Lm
Elektrische Kapazität C F = C/V = m−2 kg−1 s4 A2 C = Q/U
molare Wärmekapazität Cm J mol−1 K−1 = m2 kg s−2 K−1 mol−1
spezifische Wärmekapazität cp J kg−1 K−1 = m2 s−2 K−1 c p = C p /m
Stoffmengenkonzentration c mol/ℓ = m−3 kmol ci = n i / V
elektrische Flussdichte DE C/m2 = m−2 s A E = Q/ V
div D
Diffusionskoeffizient D m2 /s = m2 s−1 ṅ = −D A dc/dx
Abstand, Durchmesser, Dicke d m
Aktivierungsenergie EA J/mol = m2 kg s−2 mol−1 E A = RT 2 d ln k/dT
elektrische Feldstärke EE V/m = m kg s−3 A−1 EE = −grad ϕ
Zellspannung E V = m2 kg s−3 A−1 E = E 0 − (RT /z F) ln K
Normalpotential E0 V = m2 kg s−3 A−1 E 0 = −1r G 0 /(z F)
reversible Zellspannung E0 V = m2 kg s−3 A−1 0 − E0
E 0 = 1E 0 = E red ox
X
Griechische Formelzeichen
Stromausbeute α – =1
Elektrochemischer Symmetriekoeffizient α – =1
Dissoziationsgrad α – =1
Wärmeübergangszahl α W m−2 K−1 = kg s−3 K−1
thermischer Längenausdehnungskoeffizient α K−1 α = (dl/dT )/l
Massenkonzentration β kg/m3 βi = m i / V
Stoffübergangskoeffizient β m/s = m s−1
Chi-, Oberflächenpotential χ V χ =ψ −ϕ
Magnetische Suszeptibilität χ – =1 χ = µr − 1
Schicht-, Film-, Grenzschichtdicke δ m
Verlustwinkel δ rad =1 δ = (π/2) + ϕI − ϕU
Permittivität ε F/m = m−3 kg−1 s4 A2 DE = εi j EE
dynamische Viskosität η Pa s = m−1 kg s−1 τ x,z = η dv x /dz
Wirkungsgrad η – =1
Überspannung η V = m2 kg s−3 A−1 η = E − E 0 − I Rel
Oberflächenkonzentration Ŵ mol/m2 Ŵ = n/ A
Aktivitätskoeffizient γ – =1 ai = γi ci /c⋆
therm. Volumenausdehnungskoeffizient γ K−1 1V = γ V1 1t
elektrische Leitfähigkeit κ S/m = −1 m−1 = m−3 kg−1 s3 A2 Ej = κ EE
Isentropenexponent κ – =1
Molare Leitfähigkeit 3m S m2 /mol = kg−1 s3 A2 mol−1 3i = κ/ci
Ionenleitfähigkeit λ S m2 /mol = kg−1 s3 A2 mol−1 λi = |z i |Fu i
Wellenlänge λ m λ = c/ν
Wärmeleitfähigkeit λ W K−1 m−1 = m kg s−3 K−1 d8 = −λ (δT /δl) d A
Permeabilität µ H/m = N/A2 = V s/(A m) = m kgs−2 A−2 BE = Rµ HE
Elektrisches Dipolmoment E pE
µ, Cm = msA pE = PE d V
Magnetisches Dipolmoment E m
µ, E A m2 = J/T = m2 A
(α)
Chemisches Potential (in Phase α) µi J/mol = m2 kg s−2 mol−1 µi = (∂G/∂n i )T, p,n j
Elektrochemisches Potential µ̃i J/mol = m2 kg s−2 mol−1
Wellenzahl, Repetenz ν̃ m −1 ν̃ = λ−1
kinematische Viskosität ν m2 /s = m2 s−1 ν = η/̺
Stöchiometriefaktor νi – =1 (i Komponente)
Raumwinkel sr =1 = A/r 2
Kreisfrequenz, Winkelgeschwindigkeit ω rad/s = s−1 ω = ϕ̇ = 2π f
elektrisches ∼, G ALVANI -Potential ϕ V = J/C = m2 kg s−3 A−1
Phasenverschiebung(swinkel) ϕ rad =1
Volumenanteil ϕ – =1
Fugazitätskoeffizient ϕ – =1
V OLTA-Potential ψ V = m2 kg s−3 A−1
Dichte ̺ kg m−3 ̺ = m/ V
Spezifischer Widerstand ̺ m = m3 kg s−3 A−2 ̺ = R A/d
Mechanische Spannung σ Pa = m−1 kg s−2 σ = dFn /d A
Oberflächenspannung σ, γ N/m = kg/s2 = m kg−2
Flächenladungsdichte σ C/m2 = A s m−2 σ = Q/ A
Zeitkonstante τ s τ = RC
Schubspannung τ Pa = N/m2 = m−1 kg s−2 τ = dFt /d A
Oberflächenbelegungsgrad θ – =1
Reaktionslaufzahl, Umsatz ξ mol 1ξ = 1n/ν
Umsatzrate ξ̇ mol s−1 ξ̇ = dξ/dt
Zeta-Potential ζ V = m2 kg s−3 A−1
1 2 1 2 3 4 5 6
s s p p p p p p
XII
1 2 13 14 15 16 17 18
Hauptgruppen
Periodensystem der Elemente Hauptgruppen
Elektronen-
konfiguration
Schale
Ia II a III a IV a Va VI a VII a 0
Periode
1,008 Relative Atommasse Nichtmetalle Ɣ Säurebildner 4,003
1 Edelgase K
1H Ordnungszahl Elementsymbol 2 He
1s1 Elektronenkonfiguration Halbmetalle Ƒ amphoter [He] = 1s2
-1, +1 Oxidationsstufen 0
6,94 9,012 Metalle Ŷ Basenbildner 10,82 12,01 14,01 16,00 19,00 20,18
*radioaktives Element
2 (stabilstes Isotop) ~ Übergangsmetalle L
3 Li 4 Be 5B 6C 7N 8O 9F 10 Ne
1 2 2 1 2 2 2 3 2 4 2 5 2 6
[He] 2s 2s M Metametall 2s 2p 2s 2p 2s 2p 2s 2p 2s 2p 2s 2p
+1 Ŷ +2 Ƒ Übergangsmetalle (Nebengruppen) +3 Ɣ -4, 2, 4 Ɣ 2,+3,4,5 Ɣ -2 (-1) Ɣ -1 Ɣ 0
22,99 24,31 26,98 28,09 30,97 32,06 35,45 39,95
3 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 M
11 Na 12 Mg d d d d d d d d d d 13 Al 14 Si 15 P 16 S 17 Cl 18 Ar
1 2 2 1 2 2 2 3 2 4 2 5 2 6
[Ne] 3s 3s 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 3s 3p 3s 3p 3s 3p 3s 3p 3s 3p 3s 3p
+1 Ŷ +2 Ŷ III b IV b Vb VI b VII b VIII Ib II b +3 Ƒ 4 Ɣ -3, 3, 5 Ɣ -2, 2, 4, 6 Ɣ -1,1,3,5,7Ɣ 0
39,10 40,08 44,96 47,87 50,94 52,00 54,94 55,85 58,93 58,69 63,55 65,38 69,72 72,63 74,92 78,96 79,90 83,80
4 N
19 K 20 Ca 21 Sc 22 Ti 23 V 24 Cr 25 Mn 26 Fe 27 Co 28 Ni 29 Cu 30 Zn 31 Ga 32 Ge 33 As 34 Se 35 Br 36 Kr
1 2 1 2 2 2 3 2 5 2 6 2 7 2 8 2 10 2
[Ar] 4s 4s 3d 4s 3d 4s 3d 4s 3d54s1 3d 4s 3d 4s 3d 4s 3d 4s 3d104s1 3d 4s 3d104s24p1 3d104s24p2 3d104s24p3 3d104s24p4 3d104s24p5 3d104s24p6
+1 Ŷ +2 Ŷ +3 Ŷ +3, +4 Ƒ 2, 3, 4, 5 ż 2, 3, 6 ż 2,3,4,6,7ż 2, 3, 6 Ƒ 2, 3 Ƒ 2, 3 Ŷ 1, 2 Ŷ 2 M Ƒ +3 M Ƒ 4 Ƒ -3, 3, 5 ż -2, 4, 6 Ɣ -1,1,3,5,7Ɣ 0, (2, 4)
85,47 87,62 88,91 91,22 92,91 95,96 (98,91) 101,1 102,9 106,4 107,9 112,4 114,8 118,7 121,8 127,6 126,9 131,3
5 O
37 Rb 38 Sr 39 Y 40 Zr 41 Nb 42 Mo 43 Tc* 44 Ru 45 Rh 46 Pd 47 Ag 48 Cd 49 In 50 Sn 51 Sb 52 Te 53 I 54 Xe
1 2 1 2 2 2 10 2
[Kr] 5s 5s 4d 5s 4d 5s 4d45s1 4d55s1 4d65s1 4d75s1 4d85s1 4d10 4d105s1 4d 5s 4d105s25p1 4d105s25p2 4d105s25p3 4d105s25p4 4d105s25p5 4d105s25p6
+1 Ŷ +2 Ŷ +3 Ŷ +4 Ƒ 3, 5 ż 2,3,4,5,6 ż 7 ż 3, 4, 8 ż 1, 2, 3, 4 Ŷ 2, 4 Ŷ 1 Ŷ 2M Ŷ 3 M Ƒ 2, 4 M Ƒ -3, 3, 5 ż -2, 4, 6 ż -1,1,3,5,7Ɣ 0,(2, 4, 6)
132,9 137,3 138,9 178,5 180,9 183,8 186,2 190,2 192,2 195,1 197,0 200,6 204,4 207,2 209,0 (210,0) (210,0) (222,0)
6 Hf P
55 Cs 56 Ba 57 La 72 73 Ta 74 W 75 Re 76 Os 77 Ir 78 Pt 79 Au 80 Hg81 Tl 82 Pb 83 Bi 84 Po* 85 At* 86 Rn*
1 2 1 2 4f145d10 4f145d10 4f145d10 4f14 5d10 4f14 5d10 4f14 5d10
[Xe] 6s 6s 5d 6s 4f145d26s2 4f145d36s2 4f145d46s2 4f145d56s2 4f145d66s2 4f145d76s2 4f145d96s1 4f145d106s1 4f145d106s2
6s26p1 6s26p2 6s26p3 6s2 6p4 6s2 6p5 6s26p6
+1 Ŷ +2 Ŷ +3 Ŷ +4 Ƒ +5 ż 2,3,4,5,6 ż 2, 4, 7 ż 2,3,4,6,8 ż 1,2,3,4,6 Ŷ 2, 4 Ŷ 1, 3 Ŷ 1, 2 M Ŷ 1, 3 M Ƒ 2, 4 M Ƒ 3, 5 M Ŷ 2, 4 ż -1,1,3,5,7Ɣ 0, (2)
(233,0) (226,0) 227,0 (261) (262) (266) (264) (277) (268) (281) (272) (285) (284) (289) (288) (293) (294) (294)
7 Q
87 Fr* 88 Ra* 89 Ac* 104 Rf* 105 Db* 106 Sg* 107 Bh* 108 Hs* 109 Mt* 110 Ds* 111 Rg* 112 Cn* 113 Uut* 114 Fl* 115 Uup* 116 Lv* 117 Uus* 118 Uuo*
1 2 1 2
[Rn] 7s 7s 6d 7s
+1 Ŷ +2 Ŷ +3 Ŷ
140,1 140,9 144,2 (146,9) 150,4 152,0 157,3 158,9 162,5 164,9 167,3 168,9 173,1 175,0
Lanthanoide 6 58 Ce 59 Pr 60 Nd 61 Pm* 62 Sm 63 Eu 64 Gd 65 Tb 66 Dy 67 Ho 68 Er 69 Tm 70 Yb 71 Lu
2 2 3 2 4 2 5 2 6 2 7 2 7 1 2 9 2 10 2 11 2 12 2 13 2 14 2 P
f1…f14 [Xe] 4f 6s 4f 6s 4f 6s 4f 6s 4f 6s 4f 6s 4f 5d 6s 4f 6s 4f 6s 4f 6s 4f 6s 4f 6s 4f 6s 4f145d16s2
3, 4 Ŷ 3, 4 Ŷ 3 Ŷ 3 Ŷ 2, 3 Ŷ 2, 3 Ŷ 3 Ŷ 3, 4 Ŷ 3 Ŷ 3 Ŷ 3 Ŷ 3 Ŷ 2, 3 Ŷ 3 Ŷ
232,0 231,0 238,0 (237,0) (244,1) (243,1) (247,1) (247,1) (251,1) (252,1) (257,2) (258,1) (259,1) (262,1)
Actinoide 7 90 Th* 91 Pa* 92 U* 93 Np* 94 Pu* 95 Am* 96 Cm* 97 Bk* 98 Cf* 99 Es* 100 Fm* 101 Md* 102 No* 103 Lr*
1 14 2 1 2 3 1 2 4 1 2 6 2 7 2 7 1 2 9 2 10 2 11 2 12 2 13 2 14 2 Q
f …f [Rn] 6d27s2 5f 6d 7s 5f 6d 7s 5f 6d 7s 5f 7s 5f 7s 5f 6d 7s 5f 7s 5f 7s 5f 7s 5f 7s 5f 7s 5f 7s 5f146d17s2
4 Ŷ 4, 5 Ŷ 3, 4, 5, 6 Ƒ 3, 4, 5, 6 Ƒ 3, 4, 5, 6 Ƒ 3, 4, 5, 6 3, 4 3, 4 3 3 3 2, 3 2, 3 3
2
1.1 Wasserstoff-Sauerstoff-Elemente
✄1.3
Eine Brennstoffzelle besteht aus einer Brenngas- und einer Sauer-
Geschichte der Brennstoffzelle
stoffelektrode. Zwischen den Elektronenleitern, den Elektroden, be-
findet sich ein fester oder flüssiger Ionenleiter, der Elektrolyt, zum 1839/40 C. F. S CH ÖNBEIN (1799
Beispiel eine Säure oder Lauge. An der Grenzfläche zwischen Elek- –1868, Basel): Entdeckung von
Ozon und Brennstoffzelle bei der
trode und Elektrolyt laufen stromerzeugende Reaktionen ab. Elektrolyse von Schwefelsäure.
Die befreundeten Forscher S CH ÖNBEIN und G ROVE entdeckten um 1839/42 W ILLIAM R. G ROVE [4]
1840 das Prinzip der Brennstoffzelle. Bei der Elektrolyse wässriger (1811-1896, Rechtsanwalt, Profes-
Lösungen entstehen Sauerstoff und Wasserstoff, wenn die Zerset- sor, Lordrichter in Swansea und
London): H2 /O2 -Brennstoffzelle
zungsspannung von 1,23 Volt überschritten wird.1 Unterbricht man mit Platinstreifenelektroden in
den Strom, klingt die Spannung nicht etwa augenblicklich ab, son- Schwefelsäure, Elektrolyse-Was-
dern die elektrochemische Zelle wirkt wie ein Doppelschichtkon- serstoff und Sauerstoff. H2
auch durch Säureeinwirkung
densator, der sich zögerlich entlädt. Umspülen Wasserstoff und Sau-
auf Zink. Außerdem: Zellen mit
erstoff längere Zeit die Elektroden, laufen die Elektrolysevorgänge Chlorknallgas, Kampfer, Ölen,
rückwärts und die Wasserstoff-Sauerstoff-Brennstoffzelle ( Knall- Ether, Alkohol.
”
gaszelle“) produziert wie eine Batterie etwa 1 V Spannung.
✒
♥
Die Elektroden bestehen im einfachsten Fall aus Platinblech, des-
sen Oberfläche durch poröses Platinmohr erhöht werden kann. Die
Wichtigkeit der Dreiphasengrenze Elektrode/Elektrolyt/Gasraum
erkannte bereits G ROVE bei Platinmohrelektroden, deren Lei- H2 O2
stungsfähigkeit deutlich abnimmt, wenn sie nass werden. Hydro-
phobierung2 der Elektrodenstruktur mit Kunststoffen wie PTFE ver-
hindert im modernen Zellen das Fluten der Poren mit Elektrolyt.
Die Redoxgleichungen der elektrochemischen Vorgänge an den
Elektroden der Wasserstoff-Sauerstoff-Zelle lauten:
0 −2
⊕ Kathode O2 + 4 H⊕ + 4 e⊖ ⇋ 2 H2O E 0 = 1,23 V
⊖ Anode 2 H2 ⇋ 4 H⊕ + 4 e ⊖ E0 = 0 V
H2 SO4
Brennstoffzelle
2 H2 + O2 ⇋ 2 H2 O 1E 0 = 1,23 V
Elektrolyse 1860 M. V ERGNES : Schwefel-
saures Element mit platinierten
Die Wasserstoffelektrode bildet den Minuspol, die Sauerstoffelek- Kokselektroden (US 28317).
trode den Pluspol (✄Abb. 1.2). In elektrochemischen Zellen gilt: 1880 C. W ESTPHAL: Stromer-
An der Kathode findet Reduktion (Elektronenaufnahme) statt. zeugung durch Direktumwand-
lung fossiler Brennstoffe (DRP).
An der Anode findet Oxidation (Elektronenabgabe) statt.
1889 L. M OND, C. L ANGER:
Das Sauerstoffmolekül O2 wird gespalten; die Oxidationsstufe Schwefelsaure Brennstoffzelle mit
wechselt von 0 auf –2. Das bedeutet: Jedes Sauerstoffatom hat zwei mit Diaphragma (aus Gips, Ton,
Elektronen aufgenommen: hOi + 2 e⊖ → O2⊖ . Die Elektronen- Pappe, Asbest), platinierten Platin-
folien. Entdeckung der Überspan-
aufnahme und das Bilden negativ geladener Teilchen (Anionen) ist nung der Sauerstoffelektrode und
typisch für Nichtmetalle. Mit den in wässriger Lösung in geringer von CO als Elektrodengift.
Menge vorhandenen Protonen H⊕ (auch als Hydroniumionen H3 O⊕ 1902 J. H. R EID: Alkalische
geschrieben) bildet das Oxidion so schnell Wasser, dass O2⊖ in Brennstoffzelle mit Kalilauge.
1920 E. W. J UNGNER (DRP
Lösung frei nicht beobachtet wird. Nur in wasserfreien Salzschmel- 348393): mit Paraffin hydropho-
zen, sogenannten Festelektrolyten, gibt es Oxidionen. bisierte Elektroden.
1 In der Praxis wegen Überspannungen ca. 1,5 V. 1923/4 A. S CHMID: Erfindung
2 hydrophob = wasserabweisend der Gasdiffusionselektrode [8].
4
✄1.4 Aufstellen der Redoxgleichung Die stöchiometrisch richtige Beschreibung von Redoxreaktionen
für die Sauerstoffreduktion. gelingt nach folgendem Rezept.
0 −2
O 2 → 2 H2 O 1. Edukt und Produkt mit Oxidationszahlen anschreiben. Links
und rechts der Gleichung müssen gleich viele redoxaktive Ato-
Ausgleich der Oxidationszahlen:
2·0 + x = 2·(−2) ⇒ x = −4
me stehen. Die Oxidationszahl aller Elemente ist null und bei
d. h. vier Elektronen. Ionen gleich der Ionenladung. In Verbindungen ist F –1, O –2
O2 + 4 e⊖ . . . → 2 H2 O (in Peroxiden –1), H +1 (in Hydriden –1). Die Oxidationszah-
len aller Atome addieren sich zur Gesamtladung des Teilchens.
Ausgleich der Ladungen:
0 + (−4) + x = 2 · 0 ⇒ x = +4 2. Ausgleich der Differenz der Oxidationszahlen mit Elektronen.
d. h. vier H⊕ .
O2 + 4 e⊖ + 4 H⊕ . . . → 2 H2 O
3. Ausgleich der Differenz der Ladungen mit: H⊕ (oder H3 O⊕ ) in
sauren Brennstoffzellen, OH⊖ in alkalischen Brennstoffzellen,
4 H⊕ entsprechen 2 H2 O. O2⊖ in Elektrolytschmelzen.
O2 + 4 e⊖ + 4H⊕ ⇋ 2H2 O
Stimmt!
4. Ausgleich der H⊕ , OH⊖ bzw. O2⊖ mit H2 O, sofern die Glei-
chung nicht schon stimmt.
Redoxgleichungen dürfen wie mathematische Gleichungen mit
Zahlenfaktoren multipliziert werden. O2 + 4e⊖ + 4H⊕ ⇋ 2H2 O
und 12 O2 + 2e⊖ + 2H⊕ ⇋ H2 O sind völlig gleichbedeutend.
1.2 Brennstoffzellentypen
Aus den historischen Wurzeln des 19. Jahrhunderts (✄Abb. 1.7) ✄1.6
sprossen vielfältige Anwendungen (✄Tab. 1.6). Nach der Arbeits- Anwendungen der
temperatur werden Nieder-, Mittel- und Hochtemperaturbrennstoff- Brennstoffzellentechnik
zellen unterschieden. Der verwendete Elektrolyt prägt das Na-
Stationäre Systeme
menskürzel der eingeführten Brennstoffzellentypen. Erdgasverstromung
Blockheizkraftwerke
AFC Alkalische Brennstoffzelle, Alkaline Fuel Cell Kraft-Wärme-Kopplung
PAFC Phosphorsaure Brennstoffzelle, Mobile Systeme
Phosphoric Acid Fuel Cell Elektrofahrzeuge
Portable Stromversorgung
PEFC Polymerelektrolyt-Brennstoffzelle, Computer
Polymer Electrolyte Fuel Cell Mobiltelefone
Brennstoffzelle mit Protonenaustauschermembran, Notstromaggregate
Proton Exchange Membrane Fuel Cell, (PEM-FC)
DMFC Direktmethanol-Brennstoffzelle,
Direct Methanol Fuel Cell
MCFC Carbonatschmelzen-Brennstoffzelle,
Molten Carbonate Fuel Cell
SOFC Festoxid-Brennstoffzelle, oxidkeramische Brennstoff-
zelle, Solid Oxide Fuel Cell
Neuere Entwicklungen sind in Teil II beschrieben. ✄1.7 Entwicklungslinien der
Brennstoffzellentechnik
Niedertemperatur-Brennstoffzellen Hochtemperatur-Brennstoffzellen
AFC PAFC PEFC DMFC MCFC SOFC
Reid Schottky
1902 Kohleverstromung Beutner 1935
Accumulato- Haber 1911
Mond/Langer Jacques renfabrik 1904
Schönbein 1889 1896 1897
1839 Westphal
Vergnes Becquerel 1880
Grove 1860 1855
1839/42
6
V +
MCFC Alkalicarbonatschmelze
650°C
Wasser
SOFC Zirkoniumdioxid
1000°C
Wasser Wasser
7
1.3 Zellkomponenten
✄1.10 Prinzip der Gasdiffusions-
Kernstück der Brennstoffzelle sind die Gasdiffusionselektroden, elektrode
die eine möglichst große Dreiphasengrenze zwischen Elektrokata- Grobporige Feinporige
lysator, Elektrolyt und Gasraum herstellen sollen. ✄Abb. 1.10 Schicht
Die poröse Gaselektrode3 — Doppelporenelektrode oder Doppel-
Skelett-Katalysator-Elektrode — trägt zur Elektrolytseite hin klei-
nere Poren als zum Gasraum. Kapillarkräfte fixieren den flüssi-
gen Elektrolyt in den kleinen Poren; denn es bedarf eines höheren
Druckes, um das Gas durch die engen statt weiten Poren zu drücken.
Ein dünner Elektrolytfilm kriecht auf die Wände der gasseitig großen größte Stromdichte
Rakelverfahren
Paste Rakel
Homogenisieren
Paste
Foliengießen
Trocknen
Verfestigung
Substrat
100 µm
Nachbehandlung
Polymer-Keramik-Diaphragma
9
Luftatmende Brennstoffzellen und regenerative Zellen verstromen ✄1.15 Prinzip eines Füllelements
flüssige Brennstoffe direkt. In einem Füllelement5 wird der anorga-
⊖ Zweiphasenanode
nische oder organische Brennstoff von der porösen Elektrodenrück-
seite zugeführt oder ist im Elektrolyten gelöst (✄Abb. 1.15). Einfach ⊕ Luftkathode
und preiswert ist das Füllelement nachfüllbar, doch die Leistungs-
dichte ist gering wegen des großen Brennstoffvolumens gegenüber ✛ Luft
der Elektrodenfläche. Das Oxidationsmittel ist Luft, Salpetersäure
(saure Zellen) oder Wasserstoffperoxid (alkalische Zellen). Für al-
kalische Elektrolyte eignen sich platinierte Nickelanoden und Ka-
thoden mit Silberkatalysator. Die reversible Zellspannung liegt bei
allen Brennstoffen um 1–1,2 V.
Die Ameisensäure-Brennstoffzelle ist nicht CO2 -empfindlich6; im ✄1.16
Gegensatz zur alkalischen Formiat-Brennstoffzelle, deren Zellreak- Flüssigbrennstoffe
tion außerdem Lauge (OH⊖ ) verbraucht. An Platinelektroden läuft
Methanol CH3 OH
die Oxidation der Ameisensäure über adsorbierte Zwischenstufen,
Ethylenglycol
an Palladium hingegen direkt und schnell. Theoretische Energie- HO-CH2 CH2 -OH
dichte: 2086 Wh/ℓ . Zellspannung (1,23 – 0,19) V = 1,04 V. Formaldehyd HCHO
+2 +4
⊖ Anode H COOH −→ CO2 + 2 +2 H⊕ e⊖ O
||
⊕ Kathode 1/ O + 2 H⊕ + 2 e ⊖ ⇋ H2 O Ameisensäure H−C−OH
2 2
HCOOH + 1/2 O2 −→ CO2 + H2 O Kaliumformiat HCOO⊖ K⊕
H H
Die Hydrazin-Brennstoffzelle besticht mit einer Energiedichte von \ /
Hydrazin N−N
3850 Wh/kg, doch ist der Brennstoff giftig und krebserregend. / \
H H
⊖ Anode N2 H4 + 4 OH⊖ −→ N2 + 4 H2 O + 4 e⊖ Ammoniak NH3
⊕ Kathode O2 + 2 H2 O + 4 e⊖ ⇋ 4 OH⊖ Pflanzenöle und -ether
N2 H4 + O2 −→ N2 + 2 H2 O
Die Direkt-Methanol-Brennstoffzelle (DMFC) (✄Kap. 5) nutzt im
Prinzip die Verbrennungsenthalpie des Methanols von 726 kJ/mol =
6300 Wh/kg = 4690 Wh/ℓ .
⊖ Anode CH3 OH + H2 O −→ CO2 + 6 H⊕ + 6 e⊖
⊕ Kathode 3/ O + 6 H⊕ + 6 e⊖ ⇋ 3 H O
2 2 2
CH3 OH + 3/2 O2 −→ CO2 + 2 H2 O
Die Amalgam-Luft-Brennstoffzelle birgt die Toxizität des Queck- Chloralkali-Elektrolyse
silbers. Als Ersatz des Zersetzers in der früheren Chlor-Alkali- Beim früheren Amalgamverfah-
ren entsteht durch Elektrolyse
Elektrolyse (Amalgamverfahren) sollte die Natronlaugeproduktion von Kochsalzlösung an einer
Strom statt Wasserstoff als Beiprodukt erzeugen; doch Investitions- Quecksilber-Bodenkathode ein
und Betriebskosten zehrten den Vorteil auf [12]. Flüssiger Brenn- Natriumamalgam, das mit Wasser
stoff ist hier Natriumamalgam. anschließend exotherm zu Natron-
lauge und Wasserstoff zersetzt
⊖ Anode Na(Hg) −→ Hg + Na⊕ + e⊖ |·4 wird. Diese Reaktionswärme
⊕ Kathode O2 + 2 H2 O + 4 e⊖ ⇋ 4 OH⊖ wollte man elektrisch nutzen. An
der dimensionsstabilen Titanan-
4 Na + O2 + 2 H2 O −→ 4 NaOH ode (DSA) entsteht Chlor. Beim
heutigen SPE-Membranverfahren
5 Nasszelle, im Gegensatz zum Trockenelement. werden Sauerstoffverzehrkathoden
6 Alkalische Lösungen absorbieren CO unter Bildung von Carbonat. zur Energieeinsparung eingesetzt.
2
10
1.5 Kohleverstromung
Biologische Brennstoffzellen nutzen Organismen oder Enzyme als ✄1.19 Biologische Brennstoffzelle
mit Festelektrolytmembran
Biokatalysatoren für stromliefernde Redoxprozesse. Die Natur lässt
Wasserstoff nicht explosionsartig verpuffen. Die Atmungskette lie- ⊖ ⊕
fert mit 1,135 V nahezu perfekt das Potential einer Knallgaszelle
[27]. Wasserstoff ist im Körper an reduzierte Coenzyme7 gebunden.
Die Redoxsysteme NAD/NADH, FMN/FMNH2 , Ubichinon, Cyto- Bakterien O2
Rutheniumdioxid in wässriger OH Ru
Lösung OH
OH
Ru IV
OH
OH O
OH
OH
III
Ru
OH
OH
OH
OH a = b = 449.2, c = 310.7, Ru(IV) 67 pm, O 132 pm
O O H O
M M O M O H
O O H OH
M H
M O M O H
O H
O OH
M H
M O M O H
O O H OH
M Dissoziative M H Verschiebung
O
Adsorption
O M H
O O H OH
M H
M O M O H
O O H OH
M M H
O M O H
O O H OH
13
0
bar und neigen zur Vergiftung der Elektroden durch Verunreinigun-
m
Entladestrom
2 NO + 3 H2 → 2 NH2 OH + H2 O
Mit Hochtemperatur-Brennstoffzellen gelingt die gleichzeitige Nut- (in HClO4 , Glaswolle-Diaphragma)
zung von Elektrizität und Wärme. Die Herstellung von Chemikali- 2 SO2 + O2 + 2 H2 O → 2 H2 SO4
en neben der Stromerzeugung ist möglich, wenn mit dem Brenngas (in H2 SO4 , PEM)
weitere Reaktanden an die Gasdiffusionselektroden herangeführt H2 + O2 + OH⊖ → HO⊖
2 + H2 O
werden [11]. Bei industriellen Synthesen wie der Hydrodimerisa- (in Kalilauge)
tion von Acetonitril und der Alkalichlorid-Elektrolyse werden nen- 2 C2 H5 OH + O2 → 2 CH3 CHO +
nenswerte Energieeinsparungen erzielt. Elektrosynthesen erlauben 2 H2 O (in Schwefelsäure)
niedrigere Reaktionstemperaturen als die heterogene Katalyse. Benzol + 3 H2 → Cyclohexan
Alkene+H2 → Alkane (in HClO4 )
Brennstoffzellen mit wässrigen Elektrolyten können Verunrei-
nigungen aus Rauchgasen in Wertstoffe umwandeln, zum Bei- ⊖ Oxidation, ⊕ Reduktion
spiel Stickstoffmonoxid in Hydroxylamin für die Nylon-6-Synthese.
✄Tab. 1.32
PEM-Brennstoffzellen eignen sich an der Sauerstoffelektrode zur
✄1.32 Kombinierte Elektro-
reduktiven Elektrosynthese von Wasserstoffperoxid (aus Sauer- synthese in einer PAFC
stoff), Cyclohexylamin (aus Nitrobenzol) und Propanol (aus Pro-
penol). Auf der Wasserstoffseite entstehen von einer Wasserhülle Ethan+ 3/2 O2 → Essigsäure+H2 O
umgebene Protonen. Ethen + CO + H2 → Propanal
2 Ethen + O2 → Acetaldehyd
H2 → 2 H⊕ + 2 e ⊖ Propan + O2 → Aceton + H2 O
RCH=CHR′ + 2 H⊕ + 2 e⊖ → RCH2 CH2 R′ Toluol+O2 → Benzaldehyd+H2 O
Literatur zu Kapitel 1
Historischer Überblick
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17
T3
Q zu
2.1 Stille Verbrennung
r4
✠
1 C ARNOT-Prozess: Ein ideales Gas erwärmt sich beim Verdichten und kühlt beim W = 1G = −z F E
Entspannen ab. Die Differenz von zu- und abgeführter Wärme leistet Nutzarbeit 25 ◦ C: 237,4 kJ/mol
(= Fläche zwischen den Kurven). ✄Abb. 2.1
2.2 Energiewandler
Die theoretisch höchste, in der Praxis nicht erreichte enthalpische ✄2.5 Idealer Wirkungsgrad
von Brennstoffzelle und
oder thermoneutrale Zellspannung oder fiktive Heizwertspannung
Verbrennungsmotor
E th leitet sich vom Brennwert Ho (früher: oberer Heizwert“) ab.
” η/%
Das ist die Reaktionsenthalpie oder Verbrennungswärme des Brenn- 100
❳
✻❳❳
H2 /O2 -Zelle
stoffes H2 , einschließlich der Verdampfungswärme von Feuchte und ❳❳
Produktwasser, bezogen auf die Temperatur 25 ◦C [25]. 80 ❳❳❳
❳❳
0
Ho = −1H = z F E th ⇒ E th = 1,48 V (2.1) 60
Produziert die Brennstoffzelle gasförmiges statt flüssiges Wasser,
40
wird der (früher: untere“) Heizwert Hu angesetzt; das ist die Reak-
”
tionsenthalpie abzüglich der nicht nutzbaren Verdampfungswärme 20 C ARNOT-Prozess
der Brenngase. (T1 = 25◦ C)
✲
Hu = Ho − w · 1Hv (2.2) 0 250 500 750 1000 1250
Temperatur / ◦ C
Hu = z F E th ⇒ E th = 1,25 V (2.3)
1H 0 Verbrennungsenthalpie, S Entropie, T thermodynamische Temperatur,
w Wassergehalt (Massenanteil) des Brennstoffes (kg/kg),
Verdampfungsenthalpie von Wasser: 1Hv = 2442 kJ/kg = 44 kJ/mol (25 ◦ C).
✄2.6 Bildungsenthalpie und Entro-
Gleichung 2-2 gilt auch für spezifische und molare Größen. Die pie von Sauerstoff, Wasserstoff, Was-
Verbrennungsenthalpie hat ein negatives Vorzeichen (Energiefrei- ser: l = flüssig, g = gasförmig [1]
setzung), der Brennwert ist positiv; die Zahlenwerte sind gleich. Stoff 1H 0 1G 0 S0
Die maximale (elektrische) Nutzarbeit 1G liefert die Brennstoff- kJ kJ J
mol mol mol K
zelle im elektrochemischen Gleichgewicht. Die Abwärme durch die
Zellreaktion ist dann am kleinsten. Die reversible Zellspannung E O2 (g) 0 0 205,14
H2 (g) 0 0 130,68
oder Leerlaufspannung2 ist die Potentialdifferenz bei offenen Klem- H2 O(l) –285.83 –237,13 69,91
men, wenn kein äußerer Strom I fließt; sie entspricht der freien Re- H2 O(g) –241,82 –228,57 188,83
aktionsenthalpie 1G der Zellreaktion und ist aus thermodynami- 0 bedeutet: 25 ◦ C, 101325 Pa
schen Daten der Zellreaktion berechenbar. ✄Tab. 2.6, 2.7 und 2.12.
1G = −z F E bei I → 0 (2.4)
F FARADAY-Konstante (96485 C mol−1 ), G G IBBS ’sche Freie Enthalpie (J mol−1 ), ✄2.7
z Zahl der ausgetauschten Elektronen in der Redoxgleichung.
Enthalpie
Funktioniert die galvanische Stromquelle, dann ist 1G negativ, und
H =U + pV
die chemische Affinität A = −1G und Zellspannung E sind posi-
G IBBS ’sche Freie Enthalpie
tiv. Die mit einem hochohmigen Voltmeter messbare reversible Zell-
G = H−T S
spannung ist die Differenz der Elektrodenpotentiale.
Reversible Wärmeänderung
E = E Kathode − E Anode bei I → 0 (2.5) −1Q rev = 1G − 1H = T 1S
Die reversible Zellspannung unter Standardbedingungen (25 ◦C, Reversible Zellspannung
101325 Pa) ist die Differenz der Standard-Elektrodenpotentiale E ≡ 1E = − 1G zF
(Normalpotentiale) E 0 von Kathodenreaktion (Reduktion) und An-
Bei 25 ◦ C, 101325 Pa:
odenreaktion (Oxidation). 0
n m 1E 0 = − 1G zF
X X
1G 0 = G 0i (Produkte) − G 0i (Edukte) = −z F 1E 0 Standard-Entropieänderung
i=1 i=1 E0
1S 0 = z F ∂∂T
0 0
1E 0 = E Kathode − E Anode >0 (2.6) Standard-Reaktionswärme
E0
1H 0 = −z F E 0 − T ∂∂T
2 Ur-, Ruhespannung, Elektromotorische Kraft (EMK), Open Circuit Voltage (OCP)
20
Praktische Potentialmessung
✄2.8 Dreielektrodenanordnung aus Elektrodenpotentiale werden als Spannung einer Halbzelle3 ge-
Arbeits- (WE), Bezugs- (RE) und
gen eine Wasserstoffelektrode oder eine andere Bezugselektrode ge-
Gegenelektrode (CE)
messen. Will man die Vorgänge an einer stromdurchflossenen Elek-
♥
✒ trode bei einer bestimmten Spannung untersuchen, stören die Ge-
I ♥
✒
genelektrode und der ohmsche Spannungsabfall im Elektrolyten.
Das Elektrodenpotential wird daher hochohmig gegen eine Bezug-
E
selektrode gemessen, die mittels einer elektrolytgefüllten H ABER -
✟✟
✟ L UGGIN-Kapillare wenige Millimeter an die Arbeitselektrode her-
angeführt wird. In dieser Dreielektrodenanordnung fließt der Strom
I zwischen Arbeits- und Gegenelektrode; letztere möglichst sollte
✦✦
groß sein. Die gemessene Spannung E zwischen Bezugs- und Ar-
beitselektrode entspricht allein dem Elektrodenpotential (bezogen
✟✟ auf das Referenzpotential). ✄Abb. 2.8
✟ ✦✦
CE RE WE E(I ) = ϕ(I ) − ϕref (2.7)
Das Formelzeichen E bedeutet ein gegen eine Referenz gemessenes
Elektrodenpotential, d. h. eine Potentialdifferenz. ϕ ist das mangels
✄2.9 Normalwasserstoffelektrode Stromkreis nicht messbare absolute Potential.
Eine Bezugselektrode ist eine unpolarisierbare Elektrode, d. h. sie
H2
–0,409 V hat bei kleinen Strömen ein konstantes Gleichgewichtspotential ϕref .
2e–
Die Normalwasserstoffelektrode (NHE)4 dient als interna-
tionales Bezugssystem für Elektrodenpotentiale: ein mit Wasser-
stoffgas umspültes platiniertes Platinblech in 1-aktiver Salzsäure5
Fe
Pt bei 25 ◦ C und 101325 Pa Luftdruck. Dem Elektrodenvorgang
Fe2+ H2 ⇋ 2H⊕ + 2e⊖ wird willkürlich das Potential Null6 zugeordnet,
a(HCl) = 1 und zwar für alle Temperaturen. Das Potential der NHE hängt von
Umgebungstemperatur, Säurekonzentration und Luftdruck (Wasser-
NHE Halbzelle
stoffpartialdruck bezogen auf den Normdruck p0 ) ab:
H2 ⇋ 2 H⊕ + 2 e⊖ RT 2
aH RT a ⊕
⊕
Fe2⊕ + 2 e⊖ ⇋ Fe 0
ϕNHE = ϕNHE + ln 0
= ln q H (2.8)
| {z } 2F pH2 / p F
0
p / p0 H2
✄2.10 Spannungsreihe Über eine halbdurchlässige Scheidewand wird das zu untersuchen-
Ł Ɛ
Ł
↑ Starke Reduktionsmittel de Redoxsystem an die Normalwasserstoff-Halbzelle angekoppelt
E 0 < 0: unedel (✄Abb. 2.9). Definitionsgemäß wird das Redoxsystem als Redukti-
Anode: Oxidation, Minuspol onsgleichung formuliert, auch wenn es Elektronen abgibt:
K, Na, Mg, Al, Ti, Zn, Fe, Sn...
Oxidierte Stoffe + Elektronen ⇋ Reduzierte Stoffe
0 Wasserstoff 0
Das Normalpotential E 0 = ϕ 0 − ϕNHE ist unabhängig von Stöchio-
↓ Milde Reduktionsmittel: metriekoeffizienten. Reduktionsmittel, z. B. das unedle Eisen, geben
Ź
Sn2⊕ , H2 SO3 , H2 O2 /O2
Hydrochinon, Fe2+/3+ , HNO2
Elektronen ab und laden sich deshalb negativ gegen die NHE auf
M (E 0 < 0). Oxidationsmittel, z. B. das edle Kupfer, haben ein positi-
↓ Milde Oxidationsmittel:
Cu2+ , Ag+ , NO−
ves Normalpotential, weil sie Elektronen aufnehmen. ✄Tab. 2.10
3
3 Halbzelle = Elektrode + Elektrolyt
↓ Starke Oxidationsmittel
4 engl. Standard Hydrogen Electrode (SHE). IUPAC-Empfehlung seit 1982 ist:
E 0 > 0: edel
Kathode: Reduktion, Pluspol p(H2 ) = 105 Pa als Normdruck. E 0 (101325 Pa) = E 0 (105 Pa) + 0,17 mV
− 5 Molalität b(H⊕ ) = 1,184 mol/kg entspricht der Aktivität a (HCl) = 1.
Ag+ , O2 , Cr2 O2−
7 , MnO4 ±
6 1G 0 = 868 kJ/mol entspricht eigentlich ϕ
HOCl, PbO2 , H2 O2 , S2 O2− NHE = 1G/(2F) = 4,44 V.
8 ⊕ 0 0 0
Konvention für Haq in Lösung: S = 1Hf = 1G f = 0
ź
21
Für Routinemessungen ist die NHE zu aufwändig. Stattdessen wer- ✄2.11 N ERNST-Gleichung
den Elektroden 2. Art“ eingesetzt, bei denen ein Metall, gelöste
” Wasserstoffelektrode
Metallionen und ein schwerlösliches Salz im Gleichgewicht stehen.
Die Silber-Silberchlorid-Elektrode besteht aus einem Silber- (Ox) 2H⊕ + 2e⊖ ⇋ H2 (Red)
draht, der sich beim Eintauchen in Salzsäure und Aufschalten einer
positiven Spannung, mit einer dünnen Schicht von Silberchlorid pH2 / p0
E = − RT ln 2
überzieht. Das Ganze taucht in ein Glasröhrchen mit gesättiger oder 2F aH ⊕
verdünnter Kaliumchloridlösung und über ein Schliffdiaphragma q
pH2 / p0
in die zu Probelösung. Das Potential gegen die Normalwasserstoff- E = − RT
F ln aH⊕
elektrode ist +0,1976 V NHE (ges. KCl, 25 ◦ C). Die Elektrode ist
bis 105 ◦ C stabil und kurzzeitig bei kleinen Strömen einsetzbar. Für 25 ◦ C = 298 K:
h pH i
E = −0,059 · pH + 21 log 02
p
Nernst-Gleichung
Sauerstoffelektrode
Für beliebige Temperaturen und Konzentrationen (bzw. Aktivitäten)
verrichtet eine Redoxreaktion die reversible Nutzarbeit 1G. O2 + 2 H2 O + 4 e⊖ ⇋ 4OH⊖
(Ox) a A + b B +... ⇋ c C + d D +... (Red) 4
aOH ⊖
E = E 0 − RT
N N
ln
P P
1G = G i,Produkte − G i,Edukte
4F pO2 / p0
i−1 i=1 aOH⊖
E = E 0 − RT
F ln ( p / p0 )1/4
N N
P 0 P 0 O2
1G =0 G i,Produkte − G i,Edukte 1G = 1G 0 + RT ln K ′
i−1 i=1 Für 25 ◦ C = 298 K:
aCc aDd
0 ...
h pO i
1G = 1G + RT ln a b E = 1,23−0,059 pH+ 41 log 02
aA aB . . . p
Nach langer Zeit erreicht jede Elektrode von hoher oder niedriger
Metallionenelektrode
Spannung her ein Gleichgewichtspotential. Mit 1G = −z F E und
1G 0 = −z F E 0 folgt die N ERNST-Gleichung für das Elektroden- (Ox) Mz⊕ + z e⊖ ⇋ M (Red)
potential E (ohne äußeren Stromfluss). Im chemischen Gleichge-
E = E 0 − RT 1
wicht ist 1G = 0 = RT ln(K ′ /K ) und der Reaktionsquotient K ′ z F ln aMz⊕
wird gleich der Gleichgewichtskonstante K der Redoxreaktion. E = E 0 + RT
z F ln aMz⊕
aCc aD
d
. . . (Red) RT
E(T ) = E 0 − RT
zF ln a b = E0 − ln K ′
a a . . . (Ox) zF Silber-Silberchlorid-Elektrode
A B
Reaktionsgleichung
(1) Anode H2 ⇋ 2H⊕ + 2e⊖
(2) Kathode 2H⊕ + 1/2 O2 + 2e⊖ ⇋ H2 O
Gesamtreaktion H2 (g) + 1/2 O2 (g) ⇋ H2 O(l) H2 (g) + 1/2 O2 (g) ⇋ H2 O(g)
1G 0 = 1H 0 − T 1S 0
h i
= 1H 0(H2 O) − T S 0 (H2 O) − S 0 (H2 ) − 12 S 0 (O2 )
= –285,83 kJ/mol + 298,15 K · 0,16334 kJ mol−1K−1 (–241,82 + 298,15 · 0,0444) kJ/mol
= –237,13 kJ/mol bzw. –228,57 kJ/mol
Die Reaktionsentropie 1S der Knallgasreaktion ist negativ, weil ✄2.13 Temperaturabhängigkeit der
reversiblen Zellspannung
aus zwei H2 -Molekülen und einem O2 -Molekül nur zwei Wasser-
moleküle entstehen. Die Gasphase verarmt folglich an Teilchen; Zellreaktion E dE/dT
1H übertrifft dann 1G = 1H − T 1S; Wärme wird frei. (V) (mV/K)
Beispiel: Wasserstoff-Sauerstoff-Zelle:
√
E( p) = 1,23 V + 12 · 0,059 log pH2 pO2 .
Eine Druckerhöhung 1 bar → 30 bar verbessert E um 0,065 V.
2.5 Wirkungsgrad
Der thermodynamische oder ideale Wirkungsgrad einer Brennstoffzelle ist das Verhältnis der
produzierten elektrischen Energie 1G = −z F E (reversible Nutzarbeit) zur Reaktionsenthalpie 1H
der Zellreaktion. Vom Heizwert7 leitet sich ein höherer Wirkungsgrad ab als vom Brennwert.8
1G = 1H − T 1S = 1 − T 1S = E =
ηrev = 1H
E
(2.12)
1H 1H E th E − T (dE/dT ) p
Bei einer Wärmekraftmaschine unmöglich: Eine exotherme Reaktion mit Entropiezunahme (stei-
gende Teilchenzahl im Gasraum) ermöglicht Wirkungsgrade über 100 %; die Nutzenergie übersteigt
die Reaktionswärme, so dass Zelle oder Umgebung abkühlen. Eine Reaktion mit Entropieverlust
erwärmt die Zelle (✄Tab. 2.14). Endotherme Reaktionen mit Entropiezunahme eignen sich für
Kältemischungen: Ba(OH)2 ·8H2 O + 2NH4 SCN → Ba(SCN)2 + 2NH3 + 10 H2 O.
Der praktische Wirkungsgrad oder Lastwirkungsgrad bezieht die elektrische Nutzarbeit auf die
Reaktionsenthalpie. Der Spannungswirkungsgrad oder elektrochemische Wirkungsgrad“ ηU aus
”
Klemmenspannung zu Leerlaufspannung beschreibt die inneren Verluste durch Katalyse, Elektrolyt
und Zelldesign.9 Der Stromwirkungsgrad oder FARADAY-Wirkungsgrad misst als Stromausbeute
die Selektivität der Zellreaktion bei gegebener Spannung.10 Der tatsächliche Strom I einschließlich
aller Nebenreaktionen wird auf den theoretischen Wert nach dem FARADAYschen Gesetz bezogen.11
1G + z F |η| −z F E(I )
Praktischer Wirkungsgrad ηp = ηrev · ηU = = (2.13)
1H 1H
) −z F E(I )
Spannungswirkungsgrad ηU = E(I
E = <1 (2.14)
1G
I
Stromwirkungsgrad ηI,i = II = (2.15)
th z F ṅ i
Elektrischer Wirkungsgrad ηel = ηU · ηI (2.16)
E reversible Zellspannung, I Stromstärke, F Faraday-Konstante (As),
ṅ i Stoffmengenstrom der Komponente i, z Elektrodenreaktionswertigkeit.
Der Systemwirkungsgrad, tatsächliche oder effektive Wirkungsgrad berücksichtigt den Strom- und
Spannungswirkungsgrad, die Betriebsweise (Temperatur, Druck, Brennstoff-Luft-Verhältnis, Brenn-
stoffausnutzung etc.) und die Systemkomponenten (Gasprozesstechnik, Luftversorgung etc.).
Beispiel: Systemwirkungsgrad einer AFC bei 95%iger Gasausnutzung: ηeff = 95 % · 0,9 V/1,48 V = 58 %
7 Heizwert H , Lower Heating Value, LHV: Verbrennungswärme minus nicht nutzbare Verdampfungswärme der Brenngase.
u
8 Brennwert H = −1H 0 , Higher Heating Value, HHV: 25 ◦ C, mit Verdampfungswärme von Feuchte und Produktwasser
o
9 Bei Batterien: η = mittlere Spannung beim Entladen U / Ladespannung U
U ex in
10 Beispiel: Bildung von Formaldehyd und Ameisensäure anstatt CO bei der Methanoloxidation in der DMFC.
2
11 Bei Batterien: η = entnommene elektrische Ladung Q / gespeicherte elektrische Ladung Q
I ex in
25
umgesetzer Wasserstoff
Brenngasnutzungsgrad ηu =
eingespeister Wasserstoff
Systemwirkungsgrad, Brutto-
ac-Leistung
ηges = ηFP ηFC ηPC ηAU = (37 %)
Heizwert von Erdgas (vor Reformer)
mit Kraft-Wärme-Kopplung:
ac-Leistung + Nutzwärme
ηges = ηFP ηFC ηPC ηAU = Heizwert von Erdgas (vor Reformer)
ac-Leistung — Verlustleistung
Systemwirkungsgrad, Netto- ηeff =
Heizwert von Erdgas
AU = auxiliary power, FC = fuel cell, FP = fuel processor, PC = power conditioner (Inverter), x Molenbruch
Zahlenwerte für 4,5 MW-PAFC (brennwertbezogen). Andere Brennstoffzellentypen erreichen höhere Werte.
26
2.6 Zellspannung
✄2.16 Leerlauf-, Klemmen- und Die reale Zellspannung, wenn die Brennstoffzelle Strom in den
Überspannungen bei der
äußeren Leiterkreis speist, ist weitaus kleiner als die reversible Zell-
Knallgaszelle.
spannung bei offenen Klemmen. In der Elektrotechnik sind dafür
0
E red
✻
1/ O + 2e⊖ + 2H⊕ → H O
❵2❵2❵ 2 die Begriffe Klemmenspannung U (wenn Strom fließt) und Leer-
❵❵❵ η(O2 ) laufspannung U0 (bei Strom null) eingeführt. Je mehr Strom fließt,
❵❵
umso mehr bricht die Zellspannung ein wegen der ohmschen Ver-
✻
U0 U (I ) luste im Elektrolyten und an den Elektroden (✄Abb. 2.16). Die
Widerstände von Elektrolyt und Elektrodenreaktionen werden zum
✭✭❄
✭✭✭ Innenwiderstand Ri zusammengefasst. Die Spannungsverluste auf-
✭✭✭ ⊕
η(H2 )
0
E ox
H2 → 2H + 2e⊖ grund der Elektrodenreaktionen nennt man Überspannung η, nicht
✲ zu verwechseln mit dem Spannungswirkungsgrad. ✄Abb. 2.18
0 I
U (I ) = U0 − I Ri = 1E 0 − ηAnode − |ηKathode| − I Rel (2.17)
Ri = U0 −IU (I )
✄2.17 Formelzeichen
Innenwiderstand
Elektroden- Zell-
potential spannung Überspannung η = U (I ) − U0 = I (Ri − Rel )
Leerlauf E U0 = 1E 0
unter Last E(I ) U (I ) = 1E Spannungswirkungsgrad ηU = U (I )/U0
2.7 Leistung
✄2.18 Ersatzschaltbild einer
Stromquelle mit Innen- und
Außenwiderstand. Die elektrische Momentanleistung ist das Produkt aus Zellspannung
und Strom. Der Spannungsabfall am Innenwiderstand der Strom-
I ✻ quelle erzeugt Abwärme.
P =U I = IU − I2 R (2.18)
Ri |{z}0 | {z }i
U (I ) Ra elektrische Leistung Wärmeleistung
⊕
U0 Die maximale Leistung liefert eine galvanische Zelle bei der halben
⊖
❄ Leerlaufspannung, kurz bevor die Zellspannung bei hohen Strom-
❄ dichten abrupt abfällt.
dP
P = U I = U xU0 /Ri = (1 − x)x U02 /Ri und = 0 für x = 1/2
dx
U02 1
⇒ Pmax = bei U = U0 = I Ri = I Ra (2.19)
4Ri 2
Die maximale Leistung fließt, wenn Verbraucher Ra und Innenwi-
derstand Ri gleich groß sind (Leistungsanpassung).
Die Brennstoffzelle erreicht ihre größte Leistung bei mittleren
Strömen. Mit steigender Temperatur wächst die Zellspannung, die
Überspannungen sinken und die Leistung wächst. Die Leistungs-
dichte (auf den Elektrodenquerschnitt bezogene Leistung) eignet
sich besser zum Vergleich von Brennstoffzellen als die Stromdich-
te. Die Leistungs-Stromdichte-Kennlinie verläuft parabolisch, wenn
die Strom-Spannungs-Kurve linear aussieht (✄Abb. 2.24).
27
2.8 Überspannung
ηD Durchtrittsüberspannung (V)
ηd Diffusionsüberspannung (V)
ηr Reaktionsüberspannung (V)
ηk Kristallisationsüberspannung (V)
Um die Abwärme klein zu halten, müssen der Innenwiderstand Ri
und der Elektrolytwiderstand Rel klein sein — schnelle Elektroden-
reaktionen, große Elektrodenoberfläche, hohe Elektrolytleitfähig-
keit und geringer Elektrodenabstand sind vorteilhaft.
Die Durchtrittsüberspannung ηD beschreibt die Geschwindigkeit ✄2.20
des Elektronenübergangs13 zwischen Brennstoff und Oxidations- Wasserstoff- und
mittel an den Elektroden. Bei Brennstoffzellen bestimmt üblicher- Sauerstoffüberspannung
weise die Kathode (Sauerstoffelektrode) die Gesamtüberspannung, in 1 mol/ℓ Kalilauge
während die Anode (Wasserstoffelektrode) vernachlässigbar ist. bei 25 ◦ C und 1 mA/cm2 (in V)
η(H2 ) η(O2 )
Die Wasserstoffoxidation läuft bereitwillig an Platin-, Palladium-
und Nickelelektroden ab. Die Sauerstoffreduktion geht befriedi- Pd <0,01 0,31
gend bei erhöhter Temperatur an Silber, Aktivkohle und lithiiertem Pt <0,01 0,5
Au 0,2 0,23
Nickeloxid. ✄Tab. 2.20 Ni 0,25 0,23
Bei großer Stromdichte kommen Diffusionsüberspannungen hin- Fe 0,2 0,3
zu. Ursächlich ist der verzögerte Transport von Gasen an die reak- Ag 0,3 0,32
Cu 0,35 –
tive Dreiphasengrenzfläche oder — bei der alkalischen Brennstoff- Pb 0,6 0,89
zelle — von OH⊖ -Ionen von der Kathode zur Anode und von Was- Hg 1,3 –
ser in umgekehrter Richtung. Eine Rolle spielt auch die begrenzte Grafit – 0,5
Gaslöslichkeit im Elektrolyten. Poröse Gasdiffusionselektroden hal-
ten den Diffusionsweg klein und senken ηd .
2.9 Strom-Spannungs-Kennlinie
✄2.22 Strom-Spannungs-Kennlinie
Ideale Leerlaufspannung (1,23 V)
1.2 einer alkalischen Brennstoffzelle
(nach E LENCO, 6.6 mol/ℓ KOH,
70 ◦ C)
1.0
Zellspannung / V
1 H2 /O2 (Platin),
2 H2 /Luft (Platin),
0.8 3 H2 /Luft (ohne Platin).
A Typische Abschnitte:
1
A Aktivierung der Elektroden
0.6 B (Durchtrittsreaktion u.a.)
2 B Spannungsabfall im Elektrolyt,
0.4 C limitierter Strofftransport.
C
3
0.2
0 25 50 75 100 125 150
Stromdichte / mA cm-2
U/V
1.23 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2
Diffusionsgrenzstrom
Ideale Leer- Leerlauf- ✄2.23 TAFEL-Diagramm:
laufspannung spannung logarithmierte Stromdichte-
100 C Überspannungs-Kennlinie der
alkalischen Brennstoffzelle.
B Die Sauerstoffelektrode
i / mA cm-2
e
er ad
10
Tafe
1 1 2 3
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0
η /V
100 1
✄2.24 Leistungskennlinie der
80 alkalischen Brennstoffzelle.
2
P / mW cm-2
60
40 3
20 A B C
0
0 25 50 75 100 125 150
i / mA cm-2
30
2.10 Impedanzspektrum
-0.1
10 Hz
1 kHz
10 kHz
der Kapazität.
C / F cm-2
1 Hz
10
100 Hz
>1 kHz: Polymerelektrolyt,
<1 kHz: Durchtrittsreaktion,
-0.2 <10 Hz: Diffusionshemmung.
1
(Interpretation: ✄Kap. 4.4)
-0.3 0.1
0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6
Re Z / Ω cm2
2.11 Ersatzschaltbilder
✄2.28 Allgemeines Ersatzschalt- Elektrodenvorgänge werden durch elektrotechnische Netzwerke
bild einer wechselstromdurch-
modelliert, am einfachsten durch eine Parallelschaltung von Dop-
flossenen Elektrode.
pelschichtkapazität CD , Durchtrittswiderstand RD und weiteren Im-
CD pedanzgliedern Z P (ω), in Reihe zum Elektrolytwiderstand Rel .
Netzwerkelemente
Rel ✒
Rel Elektrolytwiderstand: ohmscher Widerstand der Lösung zwischen den
RD Z P (ω) Messelektroden (✄Abb. 2.28).
Z L Induktiver Blindwiderstand (Induktanz): modelliert die Selbstindukti-
on im stromdurchflossenen Leiter, z. B. Kabelinduktivitäten.
✄2.29 Ersatzschaltbild einer
Durchtrittselektrode. Z L = j ωL und U = −L dI
dt
CD
Z C Kapazitiver Blindwiderstand: modelliert Ladeprozesse aufgrund ei-
ner Spannungsänderung in der elektrolytischen Doppelschicht, einer
Adsorptions- oder Deckschicht. Elektroden- und Zellkapazitäten sind
verlustbehaftet und spannungsabhängig.
Rel
Verlustfreie Kapazität: Z C = [j ωC]−1 und C = dQ dU
RP
Konstantphasenelement (Constant phase element, CPE): empirisches
Modell für eine verlustbehaftete Kapazität (B = 0 . . . 1).
CD Doppelschichtkapazität
RD Durchtrittswiderstand
YCPE = A (j ω) B = Aω B cos (ϕπ/2) + j sin(ϕπ/2)
Rel Elektrolytwiderstand Für B =0,5 gleichbedeutend mit einer WARBURG-Impedanz.
Z P (ω) Polarisationsimpedanz
Zd Diffusionsimpedanz: modelliert die Stofftransporthemmung zwi-
schen Elektrodenoberfläche und Lösung durch lineare Diffusion.
a) WARBURG-Impedanz: Diffusionsimpedanz für eine unendlich aus-
gedehnte Diffusionsschicht. Der WARBURG-Parameter A (Einheit:
s−0.5 ) ist ein Maß für den Diffusionswiderstand Rd .
|νi |m ipRT |Ii |
ci Konzentration Z W = pA = √A − j √A mit A =
Di Diffusionskoeffizient jω 2ω 2ω (z F)2 ci Di A I
i aktive Spezies
b) N ERNST -Impedanz: Diffusionsimpedanz für endliche Diffusions-
A Elektrodenfläche
Ii Teilstrom von Anion oder Kation schichtdicke δN .
I Strom r
A jω
ZN = p tanh kN
jω
q q
2Di 2kN
Die Eindringtiefe der Konzentrationswelle di = ω = δN ω
ist nicht klein gegen die Diffusionsschicht δN , insbesondere bei
Gleichstrom. Geschwindigkeitskonstante kN = Di /dN2 = 1/τ .
N
Diffusionsschichtdicke Reaktionsordnung der Adsorption für L ANGMUIR-Isotherme: m i = 1
a) ruhende Elektrode
b
δN = z Fi Dc Zr Reaktionsimpedanz. Netzwerkelement im Ersatzschaltbild einer
lim Durchtrittsreaktion mit vorgelagerter homogener oder heterogener
b) rotierende Scheibenelektrode chemischer Reaktion.
laminare Strömung, Z ad Adsorptionsimpedanz: Stofftransporthemmung durch Adsorption
L EVICH-Gleichung einer Spezies aus dem Elektrolyten. Serienschaltung aus Adsorptions-
δN = 1.75 (2π f )−0.5 ν 1/6 D 1/3 widerstand, Adsorptionskapazität und Diffusionsimpedanz.
33
Was passiert an einem Leiter, der in eine Lösung taucht, wenn kein äußerer Strom fließt und keine
äußere Spannung anliegt? An der Phasengrenzfläche zwischen dem Elektronenleiter (Elektrode) und
dem Ionenleiter (Elektrolyt) bildet sich die elektrolytische Doppelschicht aus.
✉
❥
✉
a) H ELMHOLTZ-Modell der starren Doppel-
✉✛
schicht. Metalle neigen je nach Normalpotential
❥
✉
Innere H ELMHOLTZ-Fläche
zur mehr oder minder freiwilligen Abgabe von
✉
❥
Elektronen unter Bildung von Kationen. Die da- ⊖
✛
✉
Äussere H ELMHOLTZ-Fläche
✉ ✬✩
durch geladene Elektrodenoberfläche zieht ent-
❥
✉
gegengesetzt geladene Ionen aus dem Elektro-
✉
❥
lyten an, wobei sich die starre Doppelschicht E
✉
von ca. 100 nm Dicke bildet. Die Oberflächenla- L ⊕
✉ ✫✪
E
❥
dungsdichte von Elektrode σ und Elektrolytseite
✉ ✛
K
✉
−σ ist betragsmäßig gleich. T
❥
R ausgerichte Wasserdipole
E = ε 1ϕ
E = Q = εr ε0 | E| ✉
✛✘
O
| D| (2.23) D
A d E durch VAN - DER -WAALS -Kräfte
E Verschiebungsdichte (C/m2 ), 1ϕ G ALVANI -Spannung.
D ✛
✚✙
spezifisch adsorbierte Ionen,
✉
Elektroden- (E) und Elektrolytinneres (L) haben
❥
partiell desolvatisiert
✉
verschiedene, unbekannte Potentiale, so dass
✉
❥
in der Doppelschicht die G ALVANI-Spannung
✉
✉ ✬✩
1ϕ = ϕE − ϕL abfällt — auch Elektrodenpo-
❥
✉
tential genannt und gegen eine Bezugselektrode
✉
messbar.16 In der starren Schicht fällt das Poten- solvatisierte
❥
✉
⊕ positive Überschussladungen
✬✩
✉ ✫✪
tial linear ab (✄Abb. 2.31).
❥
✉
Die Doppelschichtkapazität beträgt 5 bis 50
✉
µF/cm2 an glatten und einige Millifarad an rau-
❥
⊕
✉ ✫✪
en Oberflächen und wird durch einen Platten-
✉
❥✬✩
kondensator modelliert.
✉
✉ ❥
✉ ✉ ✉
dQ d2 σ ε0 εr A
❥ ✉❥ ✉❥
CD,H = =A = (2.24)
✉ ✉
dU 2 d
d(1ϕ)
✉
⊕
❥✫✪
✉
✛✘
b) S TERNsches Doppelschichtmodell. unorientierte
Die Doppelschichtkapazität hängt von der Kon- Wasserdipole
zentration der Elektrolytlösung ab. Das S TERN-
✚✙ diffuse Doppelschicht
✉
Modell kombiniert die starre H ELMHOLTZ- und
❥
✉ ✬✩
eine diffuse“ G OUY-C HAPMAN-Schicht, in der
✉
”
❥
die Überschussladungen vor der Elektrode durch
✉
Wärmebewegung und Osmose ins Elektrolytin-
✉
❥
⊕
nere verschmieren. Vor der Elektrode breitet
✉ ✫✪
✉
sich eine Lösungsmittelschicht aus. Solvatisierte
❥
✛
✉
Ionen adsorbieren an der äußeren H ELMHOLTZ- starre Doppelschicht
Fläche (OHP).17
✄2.31 Potentialverlauf in der In verdünnter Elektrolytlösung ist die diffuse Schicht breit; für Io-
Doppelschicht:
nenstärken ab 0,1 mol/ℓ und hohe Potentiale jedoch verhält sich die
ϕE Doppelschicht praktisch starr (ca. 0,1 nm bei 100 kV/m).
❚❚ 1ϕstarr ✻
✻ Mit der Vorstellung, dass die Elektrolytlösung in parallele Schichten dx
❄
✻ unterteilt sei, die sich im thermischen Gleichgewicht miteinander befin-
1ϕ
ϕdiffus = ζ den, und dass sich die Energie der Ionen in jeder Schicht kontinuierlich
in Abhängigkeit des lokalen elektrischen Potentials ϕ ändert, liefert die
P OISSON -B OLTZMANN-Gleichung für symmetrische wässrige Elektroly-
ϕL ❄
❄ te ein räumlich abfallendes Potentialprofil in der diffusen Doppelschicht. Je
OHP
starre | diffuse Schicht größer Ladung bzw. Potential ϕ0 der Elektrode sind, umso steiler fällt ϕ(x)
ab und umso kompakter ist die Doppelschicht.
OHP: äußere H ELMHOLTZ-Fläche
1ϕ G ALVANI -Spannung Die Doppelschichtkapazität ändert sich mit der Spannung. Beim
L Lösung, E Elektrode Nullladungspotential18 ϕz klappen die Wasserdipole in der ersten
Monolage vor der Elektrodenoberfläche von der Adsorption mit den
H-Atomen zu den O-Atomen um. Am Nullladungspotential ist:
die Doppelschichtkapazität minimal, d. h. keine freien Über-
✄2.32 Ersatzschaltbild der schussladungen, starre Doppelschicht, ungeladene Oberfläche.
Doppelschicht.
das Zetapotential19 null: (ζ = ϕOHP − ϕL = 0).
Cg
die Oberflächenspannung maximal (elektrokapillares Minimum,
(ECM); geringste Abstoßung gleichnamiger Ladungen.20
Cad
Elektrodenreaktion Ox + z e⊖ ⇋ Red
ze⊖
Vorgelagerte chemische Reaktion (1. Ordnung) Y ⇋ Ox ⇋ Red
Katalytische Reaktion (1. Ordnung) A + e⊖ ⇋ B −→ A + C
(2. Ordnung) 2 A + 2 e⊖ ⇋ 2 B −→ A + C
ECr,q,i -Mechanismus: elektrochemisch-chemisch Ox + z e⊖ ⇋ Red −→ P
ze⊖
ECEr,q,i -Mechanismus Ox + z e⊖ ⇋ Red −→ A −→ B
Red
Dimerisation Ox + z e⊖ ⇋ Red −→ Red2
n Ox
Polymerisation Ox + z e⊖ ⇋ Red · · · −→ Red·Oxn −→ B
+ze⊖
Parallelreaktion an der Elektrode. . . Ox ⇋ Oxad −→ B1
+ze⊖
. . . und in Lösung Ox −→ B2
+ze⊖
Geschwindigkeitsbestimmende Adsorption Ox −→ Red −→ Redad
Adsorptionsvorgang Ox ⇋ Oxad
Vorausgehende Reaktion und Adsorption Y ⇋ Ox ⇋ Oxad
36
Durchtrittsfaktor, Transferkoeffizient oder Symmetriekoeffizient. Maß für die Symmetrie des Aktivierungs-
berges der Durchtrittsreaktion und der Strom-Spannungs-Kurve.
α < 0,5: seitig der reduzierten Spezies; flache i-E-Kurve.
α > 0,5: seitig der oxidierten Spezies; steile i-E-Kurve.
Durchtrittswiderstand: Aus der B UTLER -VOLMER-Gleichung für kleine Überspannung η (ex ≈ 1 + x).
η
RD = ID = zRT
F I0
Eine stationäre Elektrode erreicht ihr Gleichgewichtspotential erst ✄2.37 Abfall der Stromdichte bei
konstantem Elektrodenpotential.
nach einigen Sekunden bis Minuten, weil sich die Diffusionsgrenz-
schicht nach Einschalten des Stromes langsam aufbaut. Bei Wech- i ✻
selstrom stellt sich ein quasistationäres Potential ein. ✄Abb. 2.37
Der Stofftransport der Reaktionsteilnehmer von und zur Elektrode
√
durch die Diffusionsgrenzschicht erfolgt durch i∼ t
1
natürliche Konvektion (in ruhender Lösung auf Grund örtlicher
Dichteunterschiede),
✲
erzwungene Konvektion (in gerührter Lösung). 4 t
Bestimmt die Diffusion des elektrochemisch umgesetzten Stoffes
(Depolarisator) die Geschwindigkeit der Elektrodenreaktion, dann
oberhalb eines bestimmten Potentials. Trotz Erhöhung der Span- ✄2.38 Stromdichte-Überspannung-
nung fließt maximal der Diffusionsgrenzstrom; er wächst mit stei- Kurve: überlagerte Durchtritts- und
gender Rührgeschwindigkeit, bei der√rotierenden Scheibenelektro- Diffusionshemmung.
i✻
de proportional zur Drehzahl i lim ∼ ω, und zeigt bei turbulenter ilim
Strömung kleine Schwankungen. ✄Abb. 2.38
Homogene oder heterogene chemische Reaktionen zeitlich vor oder nach der Durchtrittsreaktion
— z. B. die Dissoziation schwacher Säuren oder Komplexverbindungen vor der Wasserstoffabschei-
dung oder die Bildung von Wasser — bestimmen die Konzentration am Rand der Doppelschicht. Die
Konzentration auf der Elektrodenoberfläche unterscheidet sich dann von der Bulkkonzentration im
Elektrolyten (cs 6= cb ). Der Reaktionsgrenzstrom ist unabhängig davon, ob die Lösung gerührt wird.
Heterogene Reaktionen sind begleitet von Adsorption und Desorption und empfindlich gegen Elek-
trodengifte. Die Summe aus Diffusions- und Reaktionshemmung heißt Konzentrationspolarisation.
Sie tritt besonders in ruhenden, kalten Elektrolyten bei hoher Stromdichte auf.
Konzentrationsüberspannung ηc = Diffusionsüberspannung ηd + Reaktionsüberspannung ηr
Konzentrations- oder Druckgradienten hängen von Brennstoffnutzungsgrad, Elektrodenporosität,
Membrandurchlässigkeit und dem herrschenden elektrochemischen (Un)gleichgewicht ab.
Die Kristallisationshemmung beim Einbau abgeschiedener Substanzen (ad-Atome) in Kristallgitter,
Keimbildung und Kristallwachstum wird meist der Reaktionshemmung zugerechnet. Der schnelle
Prozess (≫ 100 kHz) ist bei Brennstoffzellen ohne Bedeutung.
2.14 Wasserstoffelektrode
Die kathodische Wasserstoffabscheidung aus wässrigen Lösungen
findet oberhalb der Zersetzungsspannung (theoretisch 1,23 V) statt.
Die Elektrodenvorgänge sind: 1. Stofftransport, 2. Durchtrittsvor-
gang und 3. Rekombination. In einer Knallgas-Brennstoffzelle lau-
fen diese Vorgänge rückwärts.
In saurer Lösung In basischer Lösung ✄2.40 Elektrodenvorgänge bei der
E0 = 0 E 0 = –0,828 V NHE Wasserstoffabscheidung.
(1) Diffusion aus dem Lösungs-
(1) H⊕ (Bulk) ⇋ H⊕ (Doppelschicht) H⊕ (Bulk) ⇋ H⊕ inneren (Bulkphase),
(2) H⊕ + e⊖ ⇋ Had H2 O + e ⊖ ⇋ Had + OH⊖ (2) Durchtrittsreaktion,
(3) chemische Reaktion.
(3) Had + Had ⇋ H2 |:2 Had + Had ⇋ H2 |:2
H⊕ + e ⊖ ⇋ 12 H2 H2 O + e ⊖ ⇋ 12 H2 + OH⊖
2.15 Wasserstoffoxidation
✄2.43 Elektrodenvorgänge an der An der Anode einer Knallgas-Brennstoffzelle laufen die Vorgänge
Wasserstoffelektrode
der elektrolytischen Wasserstoffabscheidung rückwärts.
✛e ✲
⊖
H⊕ Had ✛ Had ✲ H2,ad 1. Antransport von gelöstem Wasserstoff durch Diffusion und Kon-
Volmer Tafel
vektion an die Elektrodenoberfläche. Adsorption an der Elektro-
⊕ +e⊖
✛H ✲ denoberfläche.
Heyrovsky
r
Desoption und heterogene Reaktion entscheidend. Die Austausch-
r
r
Pd
stromdichten verschiedener Metalle folgen einer Vulkankurve.
r
Os
rNi
-4
r
Rh
r rr
Co Die Austauschstromdichte an Platin (und katalytische Aktivität) ist
rCrFe
Ru
r
Re bei pH 7 am geringsten, bei pH 0 und pH 12,5 am größten. In stark
Sb r r rGe
Ag
rr Wr
-6
As r Mo r
Cu Au
alkalischer Lösung spielt die Oberflächenrauigkeit eine Rolle, die
Mn rrAl Ti
Nb
H2 -Löslichkeit sinkt und OH⊖ -Ionen konkurrieren um Adsorpti-
r rSn
-8
Cd rr
Ta
r
Bi
onsplätze. Oberhalb 0,8 V NHE ist wasserstoffumspültes Platin in
TerrrPb
-10 wässrigen Lösungen mit einer Sauerstoffchemisorptionsschicht be-
Tl r
Zn Ga
deckt und passiviert gegenüber der Wasserstoffoxidation. Passivie-
r In
rend wirken auch Ionen (I⊖ > Br⊖ > Cl⊖ > SO2⊖ 4 ).
-12
Hg
24 An einer für die Durchtrittsreaktion vergifteten rotierenden Scheibenelektrode ist
0 20 40 60 80
1Hs / kJ mol−1 die Diffusion relativ schnell und der Reaktionsgrenzstrom sichtbar.
41
2.16 Sauerstoffelektrode
Oberhalb der Zersetzungsspannung scheidet eine Anode (Pluspol)
aus einem wässrigen Elektrolyten Sauerstoff ab. Schritt 2 ist ge-
schwindigkeitsbestimmend.
In saurer Lösung In basischer Lösung
(1) H2 O ⇋ OHad + H⊕ + e⊖ OH⊖ ⇋ OHad + e⊖ |·2
OHad ⇋ OHad (Platzwechsel)
(2) OHad ⇋ Oad + H⊕ + e⊖ OHad +OH⊖ ⇋ Oad + H2 O + e⊖ |·2
(3) 2 Oad ⇋ O2 2 Oad ⇋ O2
2H2 O ⇋ O2 + 4H⊕ + 4e⊖ 4 OH⊖ ⇋ 2H2 O + O2 + 4e⊖
Das Potential der Sauerstoffelektrode, zum Beispiel eines luftum- ✄2.47 Elektrolyse: Potential E 0 der
spülten Platinbleches, lautet mit der N ERNST-Gleichung. O2 -Abscheidung (V NHE).
h p i pH 0 pH 7 pH 14
E = 1,229 − 0,05916 pH + 21 log p02
O
+1,229 +0,185 +0,401
bei 25 ◦C. In saurer Lösung beobachtet man wegen kinetischer
Hemmungen ein Potential E 0 ≈ 1,15 V anstatt des theoretischen
Wertes 1,229 V.
Die anodische Sauerstoffabscheidung erfordert eine geschlossene
Oxiddeckschicht auf der Elektrode (adsorbierte OH-Radikale, >800
mV RHE). Die kathodische Sauerstoffreduktion hingegen erfordert
ein Potential, in dem die Oberfläche weitgehend frei von Sauerstoff-
deckschichten ist.
Elektrokatalysatoren wie Platinmetalle und Silber eignen sich glei-
chermaßen für die Sauerstoffabscheidung und die Sauerstoffredukti-
on. Für die technische Elektrolyse werden katalytisch beschichtetes
Nickel oder Titan eingesetzt (z. B. Ti/RuO2 , Ni/IrO2 ).
42
2.17 Sauerstoffreduktion
✄2.48 Zweistufenmechanismus Die kathodische Teilreaktion der Knallgas-Brennstoffzelle und der
der indirekten Sauerstoffreduktion
Sauerstoffkorrosion hat anders als die Wasserstoffoxidation eine ho-
O2 + H2 O + 2e⊖ → HO⊖ 2 + OH .
⊖
dc-Polarogramm in luftgesättigter he Aktivierungsenergie und Überspannung, selbst an guten Elektro-
1-molarer KCl-Lösung [7]. katalysatoren wie Platin und Silber (400 mV bei 1 mA/cm2). Die
Austauschstromdichte ist gering, das Ruhepotential stellt sich lang-
✻ sam und schlecht reproduzierbar um 1,1 V NHE (sauer) bzw. 0,3
I
µA V NHE (alkalisch) ein, wobei die Bildung von Wasserstoffperoxid
(2b)
H2 O2 bzw. Hyperoxid HO⊕ 2 potentialbestimmend ist [7].
25
z2 = 2
Saure Lösung Alkalische und neutrale Lösung
(2a) (1) Direkte Reduktion
(1,23 V NHE) (0,401 V NHE)
z1 = 2
O2 + 4H⊕ + 4e⊖ ⇋ 2H2 O O2 + 2H2 O + 4e⊖ ⇋ 4OH⊖
(2) Indirekte Reduktion
✲ (0,682 bzw. 1,77 V NHE) (–0,065 bzw. 0,867 V NHE)
0 -0,4 -0,8 -1,2 -1,6 -2 a) O2 + 2H⊕ + 2e⊖ ⇋ H2 O2 O2 + H2 O + 2e⊖ ⇋ HO⊖ 2 + OH
⊖
E / V SCE ⊕ ⊖ ⊖ ⊖ ⊖
b) H2 O2 + 2H + 2e ⇋ 2H2 O HO2 + H2 O + 2e ⇋ 3OH
I LKOVIC-Gleichung: O2 + 4 H⊕ + 4 e⊖ ⇋ 2 H2 O O2 + 2 H2 O + 4 e⊖ ⇋ 4 OH⊖
√
ilim = 607 z D ṁ 2/3 cb t 1/6 Mechanistisch treten zwei Parallelreaktionen mit unterschiedlicher
Adsorption des Sauerstoffs am Elektrodenmaterial auf.26
Für Gelöstsauerstoff:
cb Konzentration in Lösung 1. Direkte Reduktion zu Wasser (saure Lösung) bzw. Hydroxid
D Diffusionskoeffizient (alkalische Lösung), wobei O2 eine Peroxidbrücke über ein oder
Quecksilbertropfelektrode: zwei Metallzentren bildet. Bei Platin und Silber im Grenzstrom-
ṁ Massendurchfluss bereich (hohe Stromdichte) der bevorzugte Reaktionsweg. Für saure
t Tropfzeit Lösung:
O O O—O +2H⊕ ⊕ ⊖
❅M oder / \ ✲ [M(OH)2 ]2⊕ 2H + 4e✲ 2 H2 O
M −M
M
2. Indirekte Reaktion über Wasserstoffperoxid (sauer) bzw. Hy-
peroxid HO⊖2 (basisch), wobei O2 mit einem Winkel von 120 ans
◦
✄2.49 Metall bindet. Vorrangig bei Platin und Silber (niedrige Stromdich-
Potential der Sauerstoff-Hyperoxid- te im TAFEL-Bereich), Gold, Graphit, Kohle; ausschließlich bei
Elektrode in alkalischer Lösung Quecksilber.
O OH
aOH⊖ aHO⊖ / /
E 0 = –0,065–0,029 log p a 2 O +H⊕ + e⊖ ✲ O +H⊕ + e⊖ ✲ H2 O2
O2 H2 O | | −M
aHO⊖ = 10−5 . . . 10−11 mol/ℓ M M
2
⇒ E 0 ≈ 0,22 V. Die kathodische TAFEL-Gerade27 führt zur Austauschstromdichte
der geschwindigkeitsbestimmenden Hyperoxidbildung (2a), die bei
Wasserstoffoxidation:
pH 7 am kleinsten, bei pH 0 und 14 am größten ist.
−0,83 V (pH 14)
Sauerstoffreduktion: 25 Gleichung (2a) mit Peroxid-Gleichgewichtskonzentration in Elektrodennähe
+0,22 V
Ruhespannung: (10−10 bis 10−8 mol/ℓ). Der frühere Literaturwert –0,076 V (statt –0,065 V)
0 − E 0 = 1,05 V berücksichtigte den Sauerstoffpartialdruck nicht.
E red ox 26 Ferner chem. Zersetzung: H O → H O + 1/ O bzw. HO⊖ → OH⊖ + 1/ O .
2 2 2 72 2 2 2 2
27 Theoretische Behandlung als Zweifachelektrode analog zur V OLMER -
H EYROVSKY-Reaktion (siehe vorn); Index 1 für (2b), Index 2 für (2a).
43
2.18 Cyclovoltammetrie
0,2
mA cm-2
0
0,5 1 1,5
V RHE
-0,2
2.19 Elektrokatalysatoren
Elektrokatalysatoren — in dünner Schicht oder fein verteilt auf ✄2.53 Überspannungen bei der
einen Elektrodenträger gebracht — senken die Aktivierungsener- Wasserelektrolyse an Platin
gie29 bzw. Aktivierungsüberspannung und beschleunigen so die
✻ V NHE
gewünschte Elektrodenreaktion. Nebenreaktionen sollen inhibiert ✻ ✻
werden. ✄Abb. 2.53 1,6
✻
Die Übergangsmetalle, besonders die Eisen- und Platinmetal- ✆ η0,⊕ η⊕ (i)
le, sind Dank ihrer Neigung zur Komplexbindung gute Kata- 1,23 ✆ ❄ ❄
lysatoren. Das Aufrauhen glatter Blechelektroden (z. B. durch H2 O→ 12 O2 +2H⊕ +2e⊖
Sandstrahlen) verbessert die geometrische Stromdichte. Vorteil-
haft sind Netze, Metallfilze und geträgerte Katalysatoren.
Feinverteilte Metalle verdanken ihre hohe katalytische Akti- Zellspannung E(i)
vität Wachstumskanten und Gitterstörungen auf der Oberfläche.
Platinmohr wird aus verdünnten Salzlösungen bei hoher katho-
discher Überspannung abgeschieden.30 2H⊕ + 2e⊖ → H2
0
R ANEY-Nickel entsteht aus einer gemahlenen Nickel- ❑❆ ✻η⊖ (i)
❄ ❄
Aluminium-Legierung, indem heiße Kalilauge das unedle ❆
❆
Aluminium herauslöst. Das verbleibende poröse Nickelpul- η0,⊖
ver wird in alkalischen Brennstoffzellen und der alkalischen ✲
Wasserelektrolyse eingesetzt. i (mA/cm2 )
Metalle Halbleiter
Pt, Pd, RANEY-Ni, Rutile MO2
Rh, Au
Ti V Cr Mn
Nb Mo Ru Rh
Ta W Re Os Ir Pt Pb
Titansuboxide
A = Na, Ce, Sn; B = W, Mo
Perowskite ABO3
II-IV: invertiert
I-V:
III-III:
II-IV:
2.20 Gasdiffusionselektroden
Glatte Elektrodenbleche aus Platin oder Nickel in Kalilauge lie- ✄2.57
fern Stromdichten von wenigen mA/cm2 . Wasserstoff und Sauer- Gaslöslichkeit in Wasser
stoff lösen sich nur millimolar in Kalilauge und müssen einen langen
Diffusionsweg vom Flüssigkeitsspiegel zur Elektrodenoberfläche H ENRY’sches Gesetz
p n n
zurücklegen.33 Die größte Stromdichte herrscht an der Dreiphasen- xi = Hi = n + ni ≈ n i
i H2 O H2O
grenze von Elektrode, Elektrolyt und Gasraum. Moderne Gasdiffu- Für Wasserstoff (0 ◦ C):
sionselektroden sind daher porös; hohe Oberfläche und elektroka- 101325 Pa·55.55mol/ℓ µmol
talytische Aktivität ermöglichen Stromdichten von über 1 A/cm2 . = 780 ℓ
7.12·109 /Pa
Kapillarkräfte fixieren den Elektrolyten in den Poren, ohne die Elek- Gemessene Löslichkeit (25 ◦ C):
trode vollzusaugen, oder dass durch den Gasdruck Elektrolyt ausge- a) Wasserstoff: 84,8 µmol/ℓ
tragen wird. Die Zweischichtelektrode34 besteht elektrolytseitig aus b) Sauerstoff: 1200 µmol/ℓ
einer feinporösen, kapillaraktiven Katalysatorschicht und gasseitig
H H ENRY-Konstante.
aus einer grobporösen, kapillarinaktiven Schicht.
Hydrophobe Elektroden haben eine wasserabweisende Gassei-
te. PTFE-gebundene Kohlepulver werden auf Metallnetze oder ✄2.58 Benetzung einer Pore von
Grafitpapier aufgebracht und bevorzugt in bipolaren Brennstoff- Nickel (links) und Kohle (rechts).
zellen eingesetzt. ✄Abb. 2.58
Hydrophile Elektroden bestehen aus gesinterten Metallpul-
vern, Nickelfilzen oder -schäumen. Die Gasdiffusionsschicht hat Gas El.yt Gas El.yt
größere Poren als die elektrolytseitige Reaktionsschicht. Die
gute Leitfähigkeit qualifiziert Nickelelektroden für monopola- hydrophil hydrophob
re Brennstoffzellen, die über Laschen an den Elektrodenkanten
kontaktiert werden müssen.
Die Grenzstromdichte in den elektrolytgefüllten Poren hängt von ✄2.59 Grenzstromdichte nach dem
1. F ICK’schen Gesetz.
Konzentration und Diffusionskoeffizient des gelösten Gases ab.
Der Grenzfilm soll möglichst dünn, die reale Elektrodenoberfläche I = zF r D c
ilim = A δ
möglichst groß gegenüber dem geometrischen Querschnitt sein. Ein
Zahlenbeispiel zeigt: hohe Stromdichten erfordern raue Elektroden! A Elektrodenquerschnitt
−9 2 −6 c Gelöstgaskonzentration (mol/m3 )
2 · 96485 C/mol · 25000 · 10 m /s · 10 mol/ℓ
= 0,5 A/cm2 D Diffusionskoeffizient (m2 /s)
10−6 m r Elektrodenrauigkeit
An der winzigen Dreiphasengrenze Elektrode – Elektrolyt – Gas- δ Elektrolytfilmdicke
raum löst sich das Gas im Elektrolyten. Die Benetzungseigen-
✄2.60 Differenzdruck.
schaften der Elektrode und der Differenzdruck 1p bestimmen den
Flüssigkeitsspiegel (Meniskus) in der Pore. ✄Formel 2.60 1p =
2γ cos θ
rp
Die Stromdichte in der eindimensionalen Pore für die diffusions-
limitierte Brennstoffoxidation lautet: rp Porenradius
γ Oberflächenspannung
x A (Gas) + y B (Flüssigphase) ± z e⊖
−→ p P θ Kontaktwinkel zwischen Gas-Flüssig-
" !x !y !p # und Fest-Flüssig-Grenzfläche
cAs cBs cPs
αa z F η/RT −αc z F η/RT
i = i0 b
e − b e (2.28)
cA cBb cP
| {z } | {z }
anodisch kathodisch
33 In 0,0008-molarer wässriger Lösung ist bereits p
H2 = 1 bar. ✄Tab. 2.57
34 Auch: Doppelporen- oder Doppelschichtelektrode; vgl. B ACON-Zelle.
48
✄2.61 Zeitlicher Abfall von Brennstoffzellenelektroden verhalten sich wie verlustbehafte elek-
kapazitiven und faraday’schen
trische Kondensatoren, die von der Doppelschichtkapazität und
Strömen (idealisiert).
zusätzlich von faraday’schen Lade- und Entladeströmen an der Pha-
I ✻ sengrenze Elektrode/Elektrolyt bestimmt werden.35 Diese Anteile
IR-Drop lassen sich mit Hilfe von Pulsmessverfahren auftrennen, die in der
Polarografie und für die IR-Kompensation36 eingeführt sind.
IF 1. Die Zelle wird mit einer konstanten oder ansteigenden Gleich-
Ic spannung geladen und gleichzeitig eine sinus- oder rechteckförmige
✲
t Wechselspannung bestimmter Frequenz überlagert — oder man un-
Kapazitiver Strom terbricht den Stromkreis für einige Millisekunden. Gemessen wird
) = C dU = C v der zeitiche Verlauf des Stroms (Chronoamperometrie ✄Abb. 2.61).
Ic = dQ(U
dt D dt D
Der ohm’sche Spannungsabfall erfolgt augenblicklich.
Die Doppelschichtkapazität entlädt sich schnell −t /RC .
√mit e
Differentielle
Doppelschichtkapazität Der faraday’sche Strom klingt langsam mit 1/ t ab.
CD = dQdU Nach fünf Zeitkonstanten (τ = Rel CD ) oder grob 50 ms Wartezeit,
Faraday’scher Strom
wenn der kapazitive Doppelschichtstrom abgefallen ist, misst man
q nahezu den reinen faraday’schen Strom — also den mit der Depola-
IF ∼ cb D t risatorkonzentration37 verknüpften Strom.
Voltammetrische Ladung 2. Mit Hilfe einer ansteuerbaren elektronischen Last kann man durch
Anlegen und Abschalten des Stromes Brennstoffzellen im Realbe-
Q = I dt = v1 I dU
R R
trieb messen und ohmsche, kapazitive und faraday’sche Anteile aus
cb Bulkkonzentration der Strom-Zeit-Abklingkurve bestimmen.
D Diffusionskoeffizient 3. Die Impedanzspektroskopie genießt den Vorzug, dass die Dop-
U Zellspannung bzw. pelschichtkapazität bei hohen Frequenzen direkt messbar ist.
Elektrodenpotential
Im Z
Q elektrische Ladung CD = lim
t Zeit ω→∞ ω [(Re Z−Rel )2 +(Im Z)2 ]
v Spannungsvorschub (Anwendung siehe Kapitel 4).
35 In jedem Punkt der Ladekurve wird eine weitaus größere differentielle Kapazität
C = dQ/dU gemessen, als der integralen Kapazität Q/U entspricht. Als fara-
day’sche, d. h. batterietypische Reaktion gilt insbesondere der Ladungsübergang
an der Elektrode-Elektrolyt-Grenzfläche.
36 Sampled-IR-Kompensation im potentiostatischen Modus: durch periodische Un-
terbrechung des Zellstromes wird die korrigierte Zellspannung U0 = U − I Rel
ermittelt. Bei der Feedback-IR-Kompensation legt das Gerät die um den vorgege-
benen Widerstand Rel höhere Zellspannung U = U0 + I Rel an.
37 An einer Elektrode elektrochemisch umgesetzter Stoff.
49
4. Mit der Cyclovoltammetrie sind innere und äußere Elektroden- ✄2.62 Voltammetrische Ladung Q
(in C/cm2 ) und Strom I in Abhän-
oberfläche unterscheidbar [16]. ✄Abb. 2.62
gigkeit des Spannungsvorschubs.
Peakstrom-Methode. Ein zunehmend schneller Spannungsvor-
schub v lädt oder entlädt die Elektrodenoberfläche (Doppel-
Q⋆ r
✻
schicht) mit immer größeren Peakströmen I . Die Kapazität C Q ⋆0 ∼ √1 ✻
ist die Steigung der Geraden I = Cv (für gegebene Spannung). v innere
dQ dU Oberfläche
r
I = =C =Cv (2.29) ❄
dt dt
äußere
Integrations-Methode. Integration der cyclovoltammetrischen Q ⋆∞ ∼ v1 ✻
✲
Oberfläche
Stromspitzen in einem vorgegebenen Spannungsbereich führt v
V/s
zur voltammetrischen Ladung Q ⋆ , die reziprok mit dem Span-
nungsvorschub v korreliert: schneller Scan, kleine Ladung.
Z Z Z ✻ Durchtritts- ✲
1 I reaktion: I ∼ v
Q⋆ = I dt = I (U ) dU = C(U ) dU (2.30) A
v
| {z }
Fläche
Die poröse Elektrode bildet einen verpressten Verbund von Kataly- ✄2.63 Einfaches Ersatzschaltbild
einer elektrochemischen Zelle
satorkörnern. Der Elektrolyt dringt in die Mikroporen und zwischen
die Korngrenzen benachbarter Kristallite ein. Die Makroporen die-
nen der Gasversorgung. Die Ortskurve der Impedanz und der Fre- ⊕ ⊖
quenzgang der Kapazität C(ω) spiegeln Aktivität und Porosität der
Elektrodenoberfläche wider. Mit zunehmender Dicke der porösen
Anode Elektrolyt Kathode
Elektrode bildet sich ein hochfrequenter Ortskurvenbogen im Impe-
danzspektrum aus. ✄Abb. 2.63 bis 2.66. CA CK
dU l 2 A2 ∂ 2 1U
✄2.64 I = CD + If − =0 (2.31)
Struktur der porösen Elektrode | {zdt} |{z} Rel S 2 ∂ x 2
| {z }
Doppelschicht faradaisch Pore
Kristallit
r rr ❜ ❜ ❜❜ ❙
❙❜ ❜✄❜ ❜ ❜❵
Pore
rr rr ❜ ❜❜ ❡❜✝ ✆ ❤❜
übertragen und als Impedanz Z = 1U /1I dargestellt werden.
❡ ❜ ❜ ❜ ❜ ❜ ✂✁ ∂1U l 2 A2 ∂ 2 1U
j ωCD 1U + − = 0 (2.32)
∂ RD + (j ωCad )−1 Rel S 2 ∂ x 2
Mit Grenzbedingungen für die Elektrodenoberfläche d1U/dx =
−1I Rel S/(Al) (x = 0) und den Porengrund d1U/dx = 0 (x = l)
✄2.65 Impedanzspektrum einer
ergibt sich die längenbezogene
dünnen und dicken porösen
Elektrode (qualitativ). Impedanz der eindimensionalen Pore. ✄Abb. 2.66
1 Durchtrittsvorgang an der p
Grenzfläche fest/flüssig. 1U R S coth l 2m
2 Ionendiffusion in den Z l ( j ω) = = lA e √
elektrolytgefüllten Poren.
l 1I m
mit
✻
Im Z
Re ✲
Z
(2.33)
S 2 j ωC +
j ωCad
1 m = Rel D
l2 A j ωCad RD + 1
2 | {z }
Y (ω)
dick
A Elektrodenquerschnitt, l Porenlänge, S reale Oberfläche, x Ort.
l S Rel S 2 = S
✄2.66 Impedanzspektren von
Rel Aκ = A und
l2 A κ Al (2.34)
Nickelblech, unterschiedlich dick
mit RuO2 belegt.
Je rauher die Oberfläche, d. h. je größer S/A ist, umso eher bildet
sich der hochfrequente Viertelkreis aus und der niederfrequente Ab-
0
schnitt weicht mit deutlicher Steigung von der Vertikalen ab.
Der hochfrequente Viertelkreis ist umso ausgeprägter, je größer
-0.02 die mittlere Porenlänge, der Porenwiderstand oder allgemein der
Quotient RlelAS ist. Auch eine große Adsorptionskapazität Cad ver-
-0.04
breitert den Bogen.
Im Z Die niederfrequente Ortskurve weicht mit steigender Porenlänge
l von der Vertikalen ab. Die Anfangssteigung beträgt 45◦ .
-0.06 1−j
Z (ω → ∞) = p und Z (ω → 0) = Rel
2ωCD S Y (ω)
mg mg
-0.08 2 6
cm2 cm2 Brennstoffzellen können nur in wenigen praktischen Fällen analy-
tisch modelliert werden. Die numerische Anpassung der Elektroden-
-0.1 und Zellimpedanz an empirische Ersatzschaltbilder gestaltet sich in
0.08 0.09 0.1 der Praxis als aufwändiger Ausweg.
Re Z /
51
CD Doppelschicht
Doppelschicht Ω cm 2
-2 R el
100
Ω cm2
-4
Rel
-6
1
Elektrolytleitfähigkeit
Elektrolytleitfähigkeit
-8
Porengeometrie
Porengeometrie
0.001
RD Oberflächenrauigkeit
Oberflächenrauigkeit
Cad -10 Re Z
0 2 4 6 8 10 2
Faraday'sche
Faraday´scheReaktion
Reaktion Ω cm
C 10
F/cm2
Rel 1
Z = B tanh B 0.001
0.1
v
u
u
u 0.01
u 1 1
j ωCD +
B = u Rel
t 1
RD + 0.001
j ωCad 100
2.20.3 Stromdichteverteilung
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[26] M. P OURBAIX, Atlas of electrochemical equilibria in aqueous solutions. Brüssel: Cebelcor, 1965. Antiquarisch.
[27] Ullmann’s Encyclopedia of Industrial Chemistry, Vol. A 9: Electrochemistry, S. 183-254. Weinheim: VCH, 5 1987.
[28] Ullmanns Enzyklopädie der Technischen Chemie, 4. Auflage. Weinheim: VCH.
[29] VDI-Lexikon Energietechnik. Düsseldorf: VDI-Verlag, 1994.
54
Die AFC arbeitet am besten bei 60–80 ◦C in 20 bis 50%iger Kalilauge, vorzugsweise 6-molar. Bei
höherer Temperatur dampft zu viel Wasser ab, wenngleich die katalytischen Vorgänge (besonders die
Sauerstoffreduktion) vorteilhaft beschleunigt werden. Über 100 ◦C ist deshalb ein höherer Betriebs-
druck notwendig. Die reversible Zellspannung1 wird von Temperatur, Druck und Wasseraktivität
bzw. Elektrolytkonzentration bestimmt. Rechenbeispiel: ✄Kap. 2.3.
Nernst-Gleichung
a) Anode, ⊖-Pol, H2 -Seite: 0 + RT ln
E ox = E ox [H2 O]2 = E 0′ + RT ln [H⊕ ]
2F ox 2F [H2 ]
[H2 ][OH⊖ ]2
p p
0 RT [O2 ] [H2 O] 0′ RT [O2 ] [H⊕ ]2
b) Kathode, ⊕-Pol, O2 -Seite: E red = E red + 2F ln ⊖ 2 = E red + 2F ln [H2 O]
[OH ]
1/2
c) Reversible Zellspannung E = E red − E ox = 1E 0 + RT ln [H2 ] [O2]
2F [H2 O]
G IBBSsche Freie Reaktionsenthalpie und Reaktionswärme (25 ◦C= 298 K, 101325 Pa):
a) für Produktwasser b) für Wasserdampf
1G 0 = –237,13 kJ/mol 1G 0 = –228,57 kJ/mol
1H 0 = –285,83 kJ/mol 1H 0 = –241,82 kJ/mol
0
Reversible Zellspannung E 0 ≡ 1E 0 = − 1G = 1,229 V 1,185 V
2F
(F = 96485 C/mol)
0
Reaktionsentropie 1S 0 = 1H T − 1G 0 < 0
∂ E0 1S 0 1H 0 + 2F E 0
Temperaturkoeffizient ∂ T p = 2F = 2F T
–0,847 mV/K –0,23 mV/K
aH2 O
Druckabhängigkeit E(T, p) = E 0 − RT √
2F ln pH2 pO2
1H (T ) = −2F E 0 − T dE 0
Reaktionsenthalpie
dT
Mit steigender Temperatur sinken die Überspannungen der Knall- ✄3.4 Reversible Zellspannung der
Knallgasreaktion in Kalilauge
gasreaktion. Für die Zellspannung ist wichtig, ob das Produktwas-
(25 ◦ C, 101325 Pa) [3]
ser flüssig oder dampfförmig entsteht. Wasserdampf hat einen um
die Kondensationswärme größeren Wärmeinhalt; die Reaktionsent- bKOH (mol/kg) 1E 0 (V)
halpie ist daher kleiner. Je mehr Reaktionswärme das System abgibt 0,18 1,229
(1H > 1G), umso größer ist die Zellspannung. 1,8 1,230
Wirkungsgrad. Der thermodynamische oder ideale Wirkungsgrad 3,6 1,232
5,4 1,235
ηrev = 1G/1H der Knallgasreaktion erreicht 83 %, die Temperatu- 7,2 1,243
rabhängigkeit der reversiblen Zellspannung dE 0 /dT = –0,84 mV/K 8,9 1,251
(298 K), so dass der Betrieb einer Wasserstoff-Sauerstoff-Zelle
Für 30%ige KOH ist:
bei Raumtemperatur ungünstig ist. Das Aggregat erwärmt sich je- c = 6,9 mol/ℓ und
doch durch Stromwärme. Der elektrochemische Wirkungsgrad oder b = 6,64 mol/kg.
Spannungswirkungsgrad von Knallgaszellen von ≈ 90 % fällt mit 6-molare KOH ist 27%ig
zunehmendem Strom ab; er dient als grobes Maß für die Brennstoff- und b = 6,3 mol/kg.
nutzung. Der Stromwirkungsgrad ist ein Maß für die Selektivität der
Elektrodenreaktion. Der praktische Wirkungsgrad schließt die Über-
spannungen an den Elektroden und den ohmschen Spannungsabfall
im Elektrolyten ein. ✄Kap. 2.5
Nach der Beweglichkeit des Ionenleiters werden unterschieden: ✄3.5 Kalilauge: Dichte ̺ (20 ◦ C)
und Leitfähigkeit κ bei verschiede-
Mobiler Elektrolyt: flüssig zwischen den Elektroden. nen Temperaturen und Massenantei-
Immobiler Elektrolyt: in einer saugfähigen Matrix aufgesaugt. len w
T w ̺ κ
3.3.1 Kalilauge ( ◦ C) (%) (g/cm3 ) (S/cm)
25 25 1,236 0,618
Kaliumhydroxid-Lösung am Leitfähigkeitsoptimum (ca. 30 % 25 26,83 1,255
KOH) ist Elektrolyt der Wahl und wird in einer saugfähigen 25 30 1,288 0,624
Matrix (Diaphragma) aus Keramik (ZrO2 -Gewebe, butylgebunde- 50 25 0,910
50 30 0,960
nes BaTiO3 , Al2 O3 , Ton, Glas), früher Asbest, oder Kunststof-
55 35 1,341 1,010
fen (Polyolefin, Polyamid)2 immobilisiert. Das Diaphragma trennt 75 40 1,396 1,250
Anoden- und Kathodenraum, soll möglichst nur für eine Ionensorte 80 26,83 1,255 1,310
durchlässig sein und den Gasdurchbruch verhindern. 80 32,6 1,315 1,364
Mit einer 50 µm dünnen Elektrolytmatrix bei 150 ◦C und 15 bar
wird eine Zellspannung von 1 V bei einer Stromdichte von 1 A/cm2 Molare Konzentration:
erreicht (IFC 1988 [3]). Geschmolzenes Kaliumhydroxid (80–85 %, β ̺w
c= M = M (mol/ℓ)
250 ◦C), wie bei der A POLLO-Mission, spielt heute keine Rolle Massenkonzentration:
mehr. 50%ige Kalilauge ist 13,6-molar. Je konzentrierter die Lauge β = ̺w (g/ℓ)
ist, umso geringer ist der Dampfdruck über der Lösung, und umso Molalität:
größer ist die Zellspannung nach der N ERNST-Gleichung. 75%ige b = (̺/c − M)−1 (mol/kg)
Kalilauge hat einen Wasserdampf-Partialdruck von 0,5 bar. Molare Masse:
M(KOH) = 56,11 g/mol
r
pH2 RT ln pO2
E = 1E 0 + RT 2F ln pH2 O + 2F ✄Tab. 3.4
p0 Umrechnung der Dichte:
1 g/cm3 = 1000 g/ℓ
2 PP, PA, PVC können durch Wärmebehandlung in 40%iger Schwefelsäure (90 ◦ C,
10 min) mikroporös eingestellt werden.
58
3.3.2 Anonenaustauscher-Membranen
Nickel, Palladium, Platin und die im Periodensystem links be- ✄3.12 Elektrokatalysatoren für die
Wasserstoffelektrode.
nachbarten Elemente sind die besten Elektrokatalysatoren für die
Wasserstoffoxidation; ihre Austauschstromdichte in Abhängigkeit ... Fe Co Ni (Cu) (Zn)
der Ordnungszahl erreicht Maximalwerte. Silber und Quecksilber ... Ru Rh Pd (Ag) (Cd)
sind untauglich, weil Wasserstoff darauf nicht chemisorbieren kann. ... Os Ir Pt (Au) (Hg)
gut schlecht
Nickel und Silber katalysieren, anders als Platin, die chemische Re-
kombination von Wasserstoff und Sauerstoff nicht. Vulkankurve ✄Kap. 2.15
R ANEY-Nickel — bekannt als Hydrierungskatalysator — wird aus
einer NiAl50-Legierung gewonnen, indem das unedlere Aluminium
mit 30–50%iger Kalilauge bei 80–100 ◦C herausgelöst wird. Das
zentrale Problem der Nickeloberfläche ist die leichte Benetzbarkeit
der inneren Poren und die irreversible Oxidation oberhalb +0,2 V
NHE, wobei sich Nickeloxid bildet, das die weitere Wasserstoffoxi-
dation hemmt. Die Elektrode verschlechtert sich fortwährend; hin-
gegen kommt bei Pd/Pt der anfängliche Abfall zum Stillstand.
2000 h 1. Grobreinigung
0,1 ✲ a) Gaswäsche: Absorption in Kaliumcarbonat, Soda, Kalkmilch,
100 200
i / mA cm−2 oder Ethanolamin.
⊕ ⊖
RNH2 + CO2 + H2 O ↽
=
===
===
=⇀
== RNH3 HCO3
✄3.16 Industrielle Gasreinigung
(v.a. für H2 S). 27◦ C
2 RNH2 + CO2 ↽
=
===
===⇀
◦=
== RNH−CO−NHR + H2 O
115 C
Neutrale Gaswäsche
4–5 N N -Methyldiethanolamin
4 N Dieethanolamin b) Physisorption: Lösen in Glycolethern;5 Molekularsiebe;
2 N Diisopropanolamin Druckwechselabsorption (PSA).
6 N Diglycolamin
d) Methanisierung (250–350 ◦C, 30 bar, Ni):
Alkalische Gaswäsche
K2 CO3 mit Katalysatoren CO2 + 4 H2 ⇋ CH4 + 2 H2 O
(Aminborat, Diethanolamin,
2. Feinreinigung:
Arsensalze)
Methylaminopropionat a) Membranverfahren: z. B. Pd-Ag-Membran.
Dimethylaminoacetat b) Elektrochemische Konzentrationszelle: anodische Oxidation
Physisorption von unreinem Wasserstoff, und kathodische Abscheidung
wässr. Propylencarbonat von Reinwasserstoff.
❡
Propylenglycol-dimethylether
Reinwasserstoff stammt aus der Wasserelektrolyse oder der groß-
kaltes Methanol (Rectisol R ) ❡
PEG-isopropylether
technischen Ammoniaksynthese (H ABER -B OSCH-Verfahren).
N -Methylpyrrolidon (Purisol R )
wässr. Diisopropanolamin
wässr. Methyldiethanolamin 4 Das Porphyrinsystem besteht aus vier CH-verknüpften Pyrrolringen und bildet
wässr. Sulfolan
✄3.19 Impedanzspektren,
Kapazität C und Elektrolytwider-
stand R eines FAE-Elektrolyseurs
(180 cm2 , 88 ◦ C, 10 bar) [24]
1 Betriebsoptimum (20 A)
2 Fluten des Elektrolytraumes
3 Austrocknung (48 A)
65
3.6 Zelldesign
+❡
(Stack).
stoffkammer versorgt zwei angrenzende Anoden bzw. Kathoden
gleichzeitig; und zwei räumlich getrennte Anoden und Kathoden
sind über seitliche Kontaktlaschen elektrisch verbunden.
Vorteil: Fehlerhafte Einzelzellen können überbrückt oder ein Teil
des Stacks betrieben werden. H2 O2 H2 O2 H2 O2
Nachteil: Die laterale Kontaktierung erfordert einen gut leitfähi-
gen Elektrolyten, sowie bei Kohleelektroden metallische Rahmen
❡
oder Strukturen zur Stromableitung; andernfalls verteilt sich die
Stromdichte ungleichmäßig über die Elektrodenfläche. Oberhalb —
von 400 cm2 Elektrodenquerschnitt nicht mehr praktikabel!
2. Bipolare Zellkonstruktion: Wasserstoffkammer, Anode, Elek- ✄3.21 Bipolarer Aufbau.
trolytmatrix, Kathode, Sauerstoffkammer und Bipolarplatte bil-
den eine wiederholbare Einheit.
Vorteil: Senkrechter Stromfluss durch den beliebig großen
Elektrodenquerschnitt. Auch weniger leitfähige Kohlenstoff- H2 O2 H2 O2 H2 O2
Materialien sind einsetzbar.
Nachteil: Die schwächste Zelle bestimmt die Leistung und
schlimmstenfalls den Totalausfall des Zellstacks. Wegen der er-
heblichen Kontaktwiderstände an Grenzflächen muss der Zellsta- ❢
— +❢
pel gut verpresst werden.
3.7.1 BACON-Zelle
✄3.22 BACON-Zelle: Das Hochdruck-Knallgaselement von F. T. BACON (1952) wurde
poröse Elektroden, Gas- und
im vernickelten Stahlgehäuse unter 40–60 bar Druck betrieben, da-
Elektrolytkreislauf, Wasser-
abscheider (Kondensator), mit die 200 ◦C heiße Kalilauge nicht verdampft. Gasdiffusionselek-
Wasserstoffzirkulator. troden aus Sinternickel hatten 1,5–16 (Elektrolytseite) bzw. 10–30
µm großen Poren (Gasseite); letztere mit Paraffin oder Silconöl was-
O2 ❅ KOH H2 serabstoßend gemacht, damit die Flüssigkeit nicht in die Gasräume
✲ ✻ ✛ durchdrückt. Der hohe Betriebsdruck bläst große Poren frei; klei-
ne bleiben aufgrund der Kapillarkräfte gefüllt. Die Sauerstoffelek-
trode ist mit lithiiertem Nickeloxid überzogen. Lithium dringt ins
✲✄✂ ✁
Kristallgitter des p-halbleitenden Nickeloxids ein und verbessert
❄✲ ✻ die Leitfähigkeit. Reaktionswasser wird außerhalb der Zelle durch
❄ Kondensation an Kühlrippen entzogen. Die Elektrolytumwälzung
✻
❄ ❄
✻ ✻
❄H2 O erfolgt durch den thermischen Auftrieb beim Erwärmen.
3.7.2 Apollo-Zelle
✄3.23 28-V-Apollo-
Die bemannten Mondflüge des A POLLO-Programms (1960–1965)
Brennstoffzelle (UTC) führten Knallgaszellen PC3A-2“ von P RATT & W HITNEY als Zu-
”
satzgeräte mit. Platinaktivierte Zweischicht-Sinternickelelektroden
von 20 cm Durchmesser und 2–2,5 mm Dicke fügten sich mit Dicht-
und Isolierringen aus PTFE in ein Nickelblechgehäuse (3,3 bar Sy-
stemdruck) ein. 85%iges Kaliumhydroxid schmilzt bei 100 ◦C und
drückt den Wasserdampfpartialdruck unter 1 bar. Die Arbeitstempe-
ratur von 200–230 ◦C wurde durch Stromwärme aufrechterhalten.
Wasserstoff und Sauerstoff wurden aus Kryospeichern zugeführt;
aus dem H2 -Reststrom wurde Reaktionswasser abgetrennt (Konden-
sator und Gasabscheider) und in den Kreislauf rückgeführt.
Die Temperaturregelung gelang durch eine elektrische Heizung und
einen Druckmantel aus Stickstoff (mit Strahlungskühler außerhalb
des Raumschiffs). Ein Modul von 31 Einzelzellen (cell stack) wog
109 kg und lieferte eine Nennleistung von 1,12 kW bei 28 V, wenn
jede Einzelzelle von 400 cm2 Elektrodenfläche mit 0,9 V bei 100
mA/cm2 gerechnet wird. Das 810 kg schwere System aus drei Zell-
stacks und Tank (480 kg) erzeugte in den zehn Tagen der Missi-
on 500 kWh elektrische Energie (620 Wh/kg). Bleibatterien hätten
10–12 Tonnen und Silber-Zink-Leichtakkus 4 t gewogen! 54 dieser
1,5 kW-Stacks auf neun Mondflügen, drei Skylabs und der Apollo-
Sojus-Mission leisteten zusammen 10 750 Betriebsstunden.
3.7.3 Space-Shuttle-System
NASA, UTC und IFC entwickelten die Apollo-Zelle ab 1974 wei-
ter. Im April 1981 startete die erste bemannte Mission. Drei 12 kW-
67
Module (32 bipolare Zellen, 465 cm2 , 91 kg; 27,5 V bei 436 A) be- ✄3.24 12-kW-Brennstoffzelle im
finden sich unter der Ladebucht im vorderen Mittelteil des Shuttle- Space Shuttle Orbiter (UTC)
Rumpfes. Die Systemleistung beträgt 275 W/kg. In sieben Tagen
erzeugen 750 kg Wasserstoff und Sauerstoff Kühl- und Trinkwas-
ser für die Astronauten. Die 2,4 mm dicke Einzelzelle arbeitet bei
92 ◦C, 4 bar Druck und leistet 0,86 V bei 470 mA/cm2 (12 kW).
15000 h Lebensdauer wurden demonstriert.
Das Produktwasser im Wasserstoffstrom wird auskondensiert, ab-
zentrifugiert und in einen Tank gepumpt. Die Abwärme des Stacks
dringt über wärmeleitende Folien zwischen jeder zweiten oder vier-
ten Zelle auf eine ladungsfreie Kühlflüssigkeit.
Die fortgeschrittene (a) und ursprüngliche Technologie (b) umfasst:
Sauerstoff-Strömungsplatte: a) vernickelter Kunststoff,
b) vergoldetes Magnesium.
Kathode (Sauerstoffelektrode): 20 mg/cm2 Gold (90 %, als Ka-
talysator) und Platin (10 %, als Sinterinhibitor) auf vergoldetem
Nickelnetz; a) fotogeätzte Struktur.
Elektrolyt: 25–45 % KOH in a) Kaliumtitanat, b) Asbest.
Anode (H2 -Elektrode): PTFE-gebundene Kohle mit 10 mg/cm2
Platin-Palladium (80 : 20), in versilbertes Nickelnetz gepresst.
Elektrolytreservoirplatte: a) metallisierter Kunststoff, Grafit;
b) Sinternickel. mit Perforation für den Wasserstoffdurchtritt;
gleicht Konzentrationsschwankungen bei Lastwechseln aus.
Wasserstoff-Strömungsplatte: a) metallisierter Kunststoff;
b) vergoldetes Magnesium.
Wasserabtrennplatte: Kunststoff, Asbest, PTFE.
✄3.25
Zellrahmen: a) Polyphenylensulfid.
Buran-Brennstoffzelle
(1991/92)
3.7.4 Buran-Brennstoffzelle Zellen je Stack: 256
Nennleistung: 10 kW
Im Brennstoffzellensystem Foton“ [3] von U RAL E LECTROCHE - Masse: 160 kg
” Betriebstemperatur: 100 ◦ C
MICAL I NTEGRATED P LANT mit 256 bipolaren Matrixzellen aus
Brenngas: H2 (4 bar)
hydrophoben Nickel-Gasdiffusionselektroden mit Platinmetallkata-
Oxidans: O2 (4 bar)
lysator speist seit 1960 das Energia-Buran-Bordnetz. 1993 testete Lebensdauer: >2000 h
D ORNIER die Eignung für die europäischen Raumfahrt (ESA).
3.8 FAE-Brennstoffzelle
Die Brennstoffzelle mit fixiertem alkalischen Elektrolyten (FAE) —
flüssige Kalilauge ist durch Kapillarkräfte in einem Keramikgewebe
immobilisiert — verspricht Vorteile unter Schwerelosigkeit.
❥
3.9.2 EloFlux-Zelle ✛ ✛
KOH
Die VARTA-Brennstoffzelle [9] basiert auf PTFE-gebundenen Gas-
diffusionselektroden.9 Durch reaktives Mischen“ in einer Mes- ⊖
” O✻
sermühle10 wird der pulverförmige Elektrokatalysator von PTFE- 2
Fäden umsponnen, die Masse mit einem Walzenstuhl (Kalander)
Zellen je Stack: 4
auf ein Drahtnetz aufgewalzt und die Elektrode kontinuierlich zu Nennleistung: 150 W
7 Electrochemische Energie Conversie, Konsortium aus ATOMIC E NERGY C O . Wirkungsgrad: 60,%
Masse: 1,7 kg
(AEC, Belgien), D UTCH S TATE M INES (DSM) und B EKAERT (Belgien).
8 Eine Mischung aus Natriumhydroxid und Calciumoxid. Betriebstemperatur: 60 ◦ C
Brenngas: H2 (1,6 bar)
CO2 wird als Natriumcarbonat und Calciumcarbonat gebunden. Oxidans: O2 (1,5 bar)
9 In den 1960er Jahren: Sinternickel. VARTA in den 1980er Jahren für die Zink-
Lebensdauer: >5000 h
Luft-Batterie: Sauerstoffverzehrelektrode aus PTFE-gebundenen, in ein Metall- Alterung: 15 µV/h (0,1 A/cm2 )
netz eingewalzten Kohlekörnern (H. S AUER, DE-OS 2941774, 1979).
10 Für Laborexperimente genügt eine Kaffeemühle.
Quelle: [15]
70
③
tt
4 Bei der EloFlux-Technik mit Elektrolytkreislauf strömt Kalilauge
③ 5
3
✲ an den Stirnflächen der Elektroden bzw. des Elektrodenpaketes
Katalysa- ❞ vorbei. Labyrinthscheiben zwischen den einzelnen Zellen schaf-
torband fen einen großen elektrischen Widerstand, um Shuntströme über
Netz
den parallel geführten Elektrolytkreislauf auszuschließen.
Bei der EloFlux-Technik mit immobilem Elektrolyten strömt eine
wässrige Lösung über die Stirnflächen und versorgt durch eine
poröse hydrophobe Membran den Elektrodenstapel mit Wasser.
Scheiben sind wegen der elektrischen Entkopplung verzichtbar.
Durch die feinen Poren in den Katalysatorkörnern strömt der Elek-
trolyt senkrecht zum Elektrodenquerschnitt. Die Gase werden im
Kreuzstrom geführt. Enthält das Brenngas CO2 , muss der Elektrolyt
laufend durch Dialyse regeneriert werden; die Elektroden tolerieren
5 % CO2 über einige tausend Stunden [15].
1. Als Rekonzentratoren zur Wasserabtrennung und Kühlung wer-
den kompakte Diffusionsspaltverdampfer mit der Abwärme der
Zelle betrieben. Kalilauge (80 ◦ C) und Kühlwasser (40 ◦C) sind
durch einen Diffusionsraum aus zwei porösen, hydrophilen Sin-
ternickelplatten getrennt, zwischen denen sich ein Inertgas (Was-
serstoff) befindet. Aus dem heißeren Elektrolyten verdampft
Wasser in den Diffusionsraum, wandert zur gegenüberliegenden
Nickelplatte und kondensiert in den kalten Kühlwasserstrom.
2. Rekonzentratoren mit hydrophober poröser Membran arbeiten
mit einer porösen PTFE-Membran, durch die Wasserdampf und
Gelöstgase aus dem heißeren Elektrolyten ins Kühlwasser treten.
Ein 3 kW-Brennstoffzellenaggregat aus 88 Zellen und zwei Moni-
torzellen (zum Erkennen von Gasverunreinigungen) umfasst: Gas-
reinigung und -versorgung, Kühlsystem, Elektrolyt-Rekonzentrator,
Prozessüberwachung von Temperatur, Konzentration, Druck und
Zellspannung.
71
3.9.3 S IEMENS-Brennstoffzelle
3 EloFlux, 80 ◦ C, 1 bar
0,8 4 E LENCO, Pt/Pt, 70 ◦ C
2 SIEMENS mobil 5 E LENCO, Luftbetrieb
0,7 3 ELOFLUX
0,6 4 ELENCO
0,5
5 ELENCO, Luft
0,4
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500
Stromdichte / mA cm-2
✬ ✦✦ Druckbehälter
✩ branverfahren) durch eine Sauerstoffverzehrelektrode zu senken.
Bestrebungen, den Energiebedarf der Chloralkalielektrolyse (Mem-
3.12 Ammoniak-Brennstoffzelle
Die Ammoniak-Brennstoffzelle [28] mit flüssigem Ammoniak12 aus
Stahltanks stößt auf ernste Sicherheits- und Korrosionsfragen. Am-
moniak ist ein aggressives Gas, das mit Halogenen, Metallpulvern,
12 Energiedichte von Ammoniak: 5,4 kWh/kg
74
3.13 Hydrazin-Brennstoffzelle
[14] FAE-Elektrolyse:
(a) O. S CHMID , P. K URZWEIL , Process and apparatus for electrolysis, DE 195
35 212 C2 (1997); EP 0 764 727 B1 (1999); US 5 843 297 (1998). — (b) O.
S CHMID , P. K URZWEIL , Elektrolyseur mit immobilisiertem Elektrolyt für die
Raumfahrt, F.u.E.-Bericht 0850227, Dornier GmbH, Friedrichshafen 1991.
(c) U. B ENZ , H. P REISS , O. S CHMID, Dornier post, No. 2 (1992).
(d) H. F UNKE , G. TAN, SAE Technical Paper Series No. 961371; 26th Internat.
Conf. on Environmental Systems, Monterey CA, July 8-11, 1996.
(e) R. J. D AVENPORT, Journal of Power Sources 36 (1991) 235-250.
[15] H.-J. K OHNKE, Alkalische Brennstoffzellen zur Hausenergieversorgung, Proc.
6. Kasseler Symposium Energiesystemtechnik (2001) 87–94.
[16] K. K ORDESCH , G. S IMADER, Fuel Cells and Their Applications, Weinheim:
Wiley-VCH, 4 2001.
[17] K. L EDJEFF -H EY, F. M AHLENDORF, J. ROES (Ed.), Brennstoffzellen — Ent-
wicklung, Technologie, Anwendung. Heidelberg: Müller, 2 2001, Kapitel 3.
[18] (a) H. W ENDT, V. P LZAK (Hrsg.), Brennstoffzellen, Düsseldorf 1990.
(b) H. W ENDT, Electrochemical Hydrogen Technologies, Amsterdam 1990.
[19] (a) A. W INSEL, Brennstoffzellen, in: Ullmanns Enzyklopädie der Technischen
Chemie, Bd. 12, Weinheim: VCH, 4 1976, S. 113.
(b) Ullmann’s Encyclopedia of Industrial Chemistry, Vol. A 9, Kap. Electro-
chemistry, 183-254, Weinheim: VCH, 5 1987.
Materialien und Methoden
[20] H. B EYER , W. WALTER, Lehrbuch der Organischen Chemie, Stuttgart: Hirzel
24 2004. (Phthalocyanine u.a. Stoffklassen).
4 Polymerelektrolyt-Brennstoffzelle
Die aktuelle Entwicklung bevorzugt das PEM-System mit seinem ✄4.1 Geschichte.
eleganten Zelldesign und der hohen Leistungsdichte bis 0,7 W/cm2 1839/42 W. R. G ROVE:
(Ziel: > 1 W/cm2 ). Null-Emissions-Fahrzeuge ohne NOx und Treib- schwefelsaure Knallgaszelle.
❡
hausgase versprechen eine nachhaltige Umweltentlastung, wenn 1968 D U P ONT: Nafion R .
Wasserstoff aus nichtfossilen Energieträgern stammt. Die Energie- 1959–82 G ENERAL E LECTRIC:
bereitstellungskette vom Bohrloch zum Tank (Well-to-Tank) ist bei 1962–66 Gemini-Missionen der
NASA (1 kW aus 3 × 32 PEM-
Batteriefahrzeugen und Brennstoffzellen günstiger als bei Verbren- Zellen; 38 mW/cm2 bei 0,83 V).
nungsmotoren. Der Fahrzeugwirkungsgrad (Well-to-Wheel), ohne Membranen aus sulfoniertem
Wartung und Unterhalt, zeichnet mit Strommix betriebene Elek- Polystyrol. Wasserentfernung mit
troautos durch 20 % geringere Emissionen aus als Verbrennungs- einem Docht in jeder Zelle.
1969 Nafion im Biosatellite“:
motoren. Die PEM-Technologie verursacht keinen Lärm, keine ”
350 W-PEM-Brennstoffzelle.
Gewässererwärmung durch Kühlkreisläufe, keine Abfälle (Deponi- 1980 US N AVY und S IEMENS
en, Altlasten, Abwasser, Abluft), keinen Landverbrauch und keine (1983, UTC-Lizenz): PEMFC für
Windschneisen; sie eignet sich für die regenerative Nutzung von U-Boote.
Solarwasserstoff und die Konversion von Biomasse. Die gleichzeiti-
ge Erzeugung von Elektrizität, Warmwasser und Niedertemperatur-
dampf (Cogeneration) ist möglich. Die PEM-Brennstoffzelle ist ein-
fach zu regeln, kurzschlussfest und reagiert schnell auf wechselnde
Lasten. Der Elektrolyt ist nicht korrosiv und die Zellen sind relativ
einfach herstellbar. Fahrzeuge ✄4.7
Anode Kathode
Membran (PEM)
Diffusionsschicht (Grafitpapier)
Katalysator (Platin)
Bipolarplatte
✄4.3 Geschichte (Fortsetzung). Die langfristige Kostensituation bestimmt den Marktzugang. Her-
1983/4 BALLARD: Luftbetriebene
ausforderungen der PEM-Technik sind: moderate Peakleistung, be-
Brennstoffzellen. grenzte Lebensdauer der Membranen und Elektroden (Gasdurch-
1985: PEMFC mit Reformer und bruch, Katalysatorgifte, Haftung des Katalysators); Wasserhaus-
CO-Oxidation. halt, Druckluft- und Kühlsystem. Die aktuelle Entwicklung verfolgt
1987: MK IV“: 4,3 A/cm2 (4000
”
A/ft2 ) bei 0,53 V mit D OW-Mem- Elektrokatalysatoren mit reduziertem Edelmetalleinsatz, preiswer-
bran (7 bar H2 /O2 ). te Membranen und leistungsfähige Verfahren zur Wasserstofferzeu-
1989: U-Boot (P ERRY E NERGY). gung und Speicherung.
1990-94 Omnibus mit 24 wasser-
gekühlten 5 kW-Stacks; 210 bar
H2 -Speicher.
1999 stationäre 250 kW-Anlage. 4.1 Kenndaten der PEM-Brennstoffzelle
1985 UTC (United Technologies,
H AMILTON S TANDARD und ihre
Tochter IFC (International Fuel Synonyme: Polymerelektrolyt-Brennstoffzelle, Polymer Electrolyte
Cells Corp.) führen die General- Fuel Cell, PEFC, Protonenaustauschermembran-Brennstoffzelle,
Electric-Technologie fort. PEM-BZ, Proton Exchange Membrane Fuel Cell, PEMFC.
1987/1990: US D EPARTMENT OF Solid Polymer Electrolyte Fuel Cell, SPEFC, SPFC.
E NERGY (DOE) fördert Brenn-
stoffzellenbusse und -fahrzeuge. Typ: Saure Niedertemperatur-Knallgaszelle
Entwicklung bei G ENERAL
M OTORS , G INER , A NALYTIC
Elektrolyt: protonenleitende Polymermembran, Proton Exchange
❡
P OWER und D E N ORA (Italien). Membrane, PEM (Nafion R und Nachfolgeprodukte). Ladungs-
1985-88 EPSI (Energetic Power träger ist das Proton H bzw. Hydroniumion H3 O⊕ .
⊕
Systems): 2-kW-PEMFC für die
Raumfahrt mit E NGELHARD-
Betriebstemperatur: 60–70 ◦C (60–120 ◦C)
Technologie.Wasserentfernungmit Brenngas: Wasserstoff, Reformatgas (anodisch)
Dochten. 1500 mA/cm2 bei 0,6 V.
1988 LANL: <1 mg/cm2 Platin- Oxidationsmittel: Sauerstoff, Luft (kathodisch); befeuchtet.
beladung. Elektrodenreaktionen: Produktwasser entsteht flüssig und wird
1993 E NERGY PARTNERS Inc.: durch das Kathodenabgas abtransportiert.
Green Car“ mit 15-kW/125-V-
”
PEMFC. ⊖ Anodische Oxidation 2 H2 ⇋ 4 H⊕ + 4 e ⊖
1994: Forschungsförderung in
Deutschland: BASF, H ERAEUS , ⊕ Kathodische Reduktion O2 + 4 e⊖ ⇋ 2 O2⊖
A XIVA (H OECHST), B OSCH, 2 O + 4 H⊕
2⊖ ⇋ 2 H2 O
SGL, S ACHSENRING, S IEMENS , O2 + 4 H⊕ + 4 e ⊖ ⇋ 2 H2 O
Institute (DLR, FhG, FZJ, MPI).
PEM-Entwicklung bei D U P ONT, Zellreaktion (z = 2) 2 H2 + O2 ⇋ 2 H2 O
BALLARD , G ORE , H OECHST, 0 0
D OW, A SAHI .
Zellspannung: E 0 = E Kathode − E Anode < 1,23 V
Fahrzeugentwicklung: D AIMLER - Elektrodenmaterialien: platinierte Kohlepapier-Elektroden.
B ENZ (1998 D AIMLER C HRYS -
Bipolare Strömungsplatten: Grafit, Stahl, Composit-Werkstoffe
LER), F ORD ; T OYOTA (Japan),
G ENERAL M OTORS (USA). Elektrodengifte: CO vergiftet Platin. Zulegieren von Ruthenium
Um 2000: PEM-Entwicklung in verbessert die CO-Toleranz.
mittelständischen Firmen.
2001: PAUL -S CHERRER-Institut: Spezifische Vorteile:
System aus PEMFC und Super- Dünnschichtzelle; hohe Leistungsdichte (ca. 1000 W/kg).
kondensator
Typische Nachteile:
2002 H OWALDSWERKE D EUT-
SCHE W ERFT: U-212 mit
1. CO-Empfindlichkeit.
Siemens-50-kW-PEM-Antrieb 2. Austrocknung und Einfrieren der Membran.
Seit 2001 Weltweiter Brennstoff- Systemkomponenten:
zellenfahrzeugtest (CUTE u.a.).
Auto: 700-bar-H2-Tank. Stationär: Brenngasbefeuchtung;
2016/17 Erste kommerzielle Fahr-
zeuge: H YUNDAI ix35, T OYOTA bei Erdgasreformat CO-Abtrennung auf 20 ppm.
Mirai, D AIMLER
79
4.2 Polymerelektrolyte
4.2.1 Perfluorsulfonat-Membranen
❡
1. Nafion R leitet den elektrischen Strom wie 1-molare Schwe- ✄4.5 Kommerzielle PEM.
felsäure (>0,1 S/cm; >2 S/cm2 ) bei einer Überführungszahl von ❡
Nafion R (D U P❡ONT)
Eins, d. h. das Proton transportiert 100 % des Stromes.2 Nafion GORE Select R
ist leicht, mechanisch und chemisch stabil, sperrt Sauerstoff und H OECHST❡C ELANESE
R
BAM3G ❡(BALLARD)
Wasserstoff (3 bis 5·10−4 cm2 h−1 bar−1 bei 25 ◦ C); funktioniert Flemion ❡ ∗ (A SAHI G LASS )
R
theoretisch bis 125 ◦C auch in aggressiven Medien, muss aber stets Aciplex R ❡ (A SAHI C HEMICAL)
feucht gehalten werden (Wassergehalt um 30 %), kann bei tiefen Neosepta❡R (T OKUYAMA)
R
Temperaturen einfrieren und lässt bei erhöhtem Differenzdruck Raipore
❡ (PALL RAI)
Ionac R ❡
(S YBRON C HEMICALS )
Gase durchbrechen. Bei ungleichmäßiger Befeuchtung und lokaler Hyflon R ❡(S OLVAY S.A.)
Überhitzung entstehen hot spots“, an denen die Membran bevor- R
Fumion F UMATECH
”
zugt reißt. Oberhalb 90 ◦ C werden Sulfonsäuregruppen zerstört und ∗ faserverstärktes Perfluorcarboxylat
die Morphologie des Polymers ändert sich.
1 General Electric: Ion Exchange Membrane (IEM); später: Solid Polymer Electro-
lyte (SPE), Warenzeichen von UTC/Hamilton Standard.
2 Protonenkonzentration in der Membran: c(H⊕ ) ≥ 4 mol/ℓ.
80
✄4.6 Leitfähigkeit und Wassergehalt Die Protonenleitfähigkeit wächst mit steigender Temperatur und
von Nafion
steigendem Wassergehalt; ihre Aktivierungsenergie ergibt sich aus
mol H2 O/mol SO3 H κ (S/cm) der Steigung logarithmierten Leitfähigkeit-Temperatur-Kurve nach
der A RRHENIUS-Gleichung.
2 0,005
2,7 0,01 EA 1
5 0,023 ln κ = − · + ln A (4.1)
8,4 0,04 |{z} | {zR} |{z}
T
|{z}
10 0,05 y b x a
14 0,06 E A Aktivierungsenergie, R molare Gaskonstante, T Temperatur (K), A Konstante
22 0,09
Synthese. Nafion wird großtechnisch aus Tetrafluorethen und Per-
Aktivierungsenergie: fluorpropen bzw. Sulfonylfluoridvinylether hergestellt.
Nafion-112: E A = 166 kJ/mol.
Membranwiderstand 1. Sulfonierung von Tetrafluorethen:
(120 ◦ C, 50 % relative Feuchte,
pH2 O 483 mbar):
F2 C=CF2 + SO3 −→ FO2 S-CF2 -COF
Nafion-117: 0,01 S/cm 2. Epoxidierung von Perfluorpropen und Addition von Tetrafluor-
ethen:
F2 C=CF2
F3 C-CF=CF2 −→ F3 C-CF(O)CF2 ✲
F3 C-CH2 -CH2 –O–CF=CH2
3. Copolymerisation der Monomere (1 und 2) mit Tetrafluorethen.
4. Hydrolyse der SO2 F-Gruppen zu SO3 H.
✻ ❆ SO⊖ ✁ ◗◗
❅
❅ SO⊖ 3 SO⊖
❅
3 ⊕ 3
❄ SO⊖
3H
⊕ H
H⊕ SO⊖ ❅ ⊖
1 nm 3 SO3 H⊕
SO⊖
3H
⊕
4 nm H2 O
✻
✄4.8 Prinzipielle Struktur und
Funktionsweise von Nafion .
R❡
❄
✛ 5 nm ✲
81
✄4.10 Alterung von Nafion bran, blockieren Sulfonsäuregruppen, besetzen die aktive Katalysa-
toroberfläche (z. B. Co2⊕ ), hemmen die direkte Sauerstoffreduktion
(1) Anode
O2
an Platin und erzeugen freie Radikale aus Wasserstoffperoxid. Alu-
1/ H → H· −→ H·
2 2 HO2 · −→ H2 O2 minium(III) ändert die Sauerstoffreduktion von einem 4- auf einen
(2) F ENTON-Reaktion 2-Elektronen-Mechanismus. Die Vergiftung durch Magnesium(II)
heilt nach einigen Stunden Reingasbetrieb wieder aus.
H2 O2 +Fe2+ → Fe3+ +·OH+OH−
·OH + Fe2+ → Fe3+ + OH− Radikale. Intermediär entstehende HO2 -Radikale greifen die Mem-
·OH + H2 O2→ H2 O + HO2 · bran an; Metallionen wie Eisen(II), Nickel(II), Chrom(III) und Kup-
HO2 · + Fe3+ → O2 + Fe2+ + H+ fer(II) beschleunigen den Effekt.5 Die Alterung von Nafion erfolgt
(3) Zerstörung des Polymers durch den Verlust eines H-Atoms am carboxylierten Kettenende und
RCF2 COOH + ·OH →
Oxidation der Kette zu CO2 und HF. ✄Tab. 4.10
RCF2 · +CO2 + H2 O Chlorid [20]. ppm-Spuren von Chlorwasserstoff in Brenngas oder
RCF3 +H2 O2 → RCF2 COOH+HF Luft lassen die Zellspannung drastisch einbrechen, insbesondere bei
schlechter Befeuchtung. Chlorid korrodiert die Platinkatalysatoren
durch Bildung von Hexachloroplatinat (Pt + 6 Cl⊖ → [PtCl6 ]2⊖ ),
✄4.11 Abhilfemaßnahmen
erschwert die Adsorption von Sauerstoff (0,4–0,7 V RHE) und
1. Goldcluster: höheres Potential hemmt die kathodische Sauerstoffreduktion.. Schwerlösliche Chlo-
der Platinoxidation ride (AlCl3 > FeCl3 > CrCl3 > NiCl2 > MgCl2 ) verstopfen die
2. Intermetallische Legierungen
Strömungskanäle. Der Einfluss auf den Membranwiderstand ist ge-
3. Core-Shell-Strukturen
(Metallkern mit Platinschale)
ring; Chlorid fördert die Rissbildung im Perfluorsulfonat.
4. stabilere Kohlenstoffträger Fluorid, Sulfat und Nitrat sind wenig schädlich.
für den Platinkatalysator Imprägnierung. Wird die Membran mit Glycol imprägniert, um die
5. verbesserte Polymere Frostschutztauglichkeit herbeizuführen, brechen die Leistungsdaten
(FEP-g-Polystyrol)
der Brennstoffzelle ein. Der Wassergehalt ist entscheidend für die
effektive Protonenbeweglichkeit.
4.2.3 Hochtemperatur-Membranen
✄4.12 Nieder- und Hochtemperatur- Die Hochtemperatur-PEM-Brennstoffzelle (HT-PEMFC) arbeitet
PEM Brennstoffzelle bei 160–180 ◦C, braucht keine Gasbefeuchtung, toleriert 3–5 % CO
Nafion PBI
im Brenngas, sodass Reformatgase aus Diesel und Biomasse ein-
setzbar sind, und ermöglicht Eisen und Cobalt als Katalysatoren
bis 80 ◦ C 120–180 ◦ C
statt Platin [44]. Anwendungen werden als Hilfsaggregat (APU)
1000 mA/cm2 400 mA/cm2
für Nutz- und Kühlfahrzeuge gesehen. Herausforderungen sind: der
CO: < 10 ppm < 1000 ppm
schlechte Wirkungsgrad der Wasserstofferzeugung aus Kohlenwas-
mit ohne Befeuchter
serstoffen, die langsame Startphase (10–40 min) und die System-
komplexität (katalytischer Brenner, Dampfreformer, zweistufiger
Wassergasshiftreaktor, Brennstoffzelle).
Bei Temperaturen über 80 ◦ C versagt Nafion. Der Wasserpartial-
druck im Brenngasstrom muss sehr hoch gehalten werden, um die
✄4.13
Membran feucht und leitfähig zu halten: 90 % relative Feuchte bei
Matrixmaterialien 130 ◦C erfordern 4,8 bar Zelldruck, unter dem die Membran irrever-
1. Perfluorsulfonate (PFSA) sibel geschädigt wird. Oberhalb 75 % Feuchte (> 80 ◦ C) schwillt
2. nicht fluorierte Polymere Nafion exzessiv an und die Protonenleitfähigkeit geht verloren. mit
3. Säure-Base-Komposite Phosphorsäure modifiziertes Polybenzimidazol (PBI) lässt geringere
4. Polymer-Anorganik-Komposite
Stromdichten als Nafion zu, aber toleriert mehr Kohlenmonoxid.
5 Alterungstest: F ENTON’s Reagenz setzt Hydroxidradikale frei.
83
4.2.4 Festkörper-Protonenleiter
Nafion kann mit Festkörper-Protonenleitern gefüllt werden, um die
Leitfähigkeit der Membran bei Austrocknu8ng sicherzustellen (Hy-
✄4.18 Leitfähigkeit von Festkörper- bridelektrolyt). Anorganische Protonenleiter als PEM-Ersatz sind
Protonenleitern in S/cm Vision.
H(UO2 )PO4 · 4 H2 O ≈ 0,001 Füllstoffe für PEM-Membranen: 20 % Titandioxid, Zeolith,
LaNbO4 (Ce), 800 ◦ C 0,001 Zirconiumhydrogenphosphat-sulfoniertesPolyethersulfon (ZrP-
BaCeO3 (Ce), 800 ◦ C 0,01 SPES), Zirconiumphosphat-sulfophenylphosphat
CsHSO4 0,001...0,01
β-Alumina ≈ 0,01 Wasserstoffuranylphosphat H(UO2 )PO4 · 4 H2 O (HUP) ist im
Heteropolysäuren < 0,2 Temperaturbereich 100 bis 400 ◦C einsetzbar [21].
Zinnphosphat und Zinnlaponit9 können in Acrylsulfonharze ein-
gebracht werden.
Im weichen Cäsiumhydrogensulfat CsHSO4 springen H⊕ zwi-
schen den im Kristall taumelnden HSO⊖ 4 -Tetraedern. Oberhalb
141 ◦C liegt eine super-protonenleitende Phase vor (0,01 S/cm).
Heteropolysäuren wie H3 P(W, Mo oder Si)12O40 · x H2 O leiten
bis zu 0,2 S/cm bei Raumtemperatur. Hydratisiertes und dotier-
tes β-Alumina wie (NH4 )1,67−x(H3 O)y Mg0,67Al10.33O17 leitet
etwa 0,01 S/cm bei 150 ◦C.
Dotiertes Erdalkalicerate und Niobate, z. B. cerdotiertes
LaNbO4 und BaCeO3 , bilden bei Einwirkung von Wasserdampf
Protonendefekte in den Sauerstofffehlstellen des Gitters.
H2 O + OGitter + OFehlstelle → 2 OH·
Rutheniumdioxid-hydrat ✄Kap. 1.7
Supersäuren ✄Kap. 5
Die Migration von Ionen unter der Triebkraft des elektrischen ✄4.20 Elektroosmose [27]
Feldes; und damit ein Transport von Lösungsmolekülen in der
Solvathülle der Ionen (Elektroosmose: Ionen ziehen Wasser mit). ⊖ ⊖ ⊖ ⊖ ⊖ ⊖ ⊖
⊕ ⊕ ⊕ ⊕ ⊕ ⊕
Stationäre Verhältnisse treten nur auf, wenn der Katholyt in dem ⊕
+ –
Maße angesäuert wird, wie H⊕ an der Brennstoffzellenanode ✲ vE
entstehen. Für die Ionenbeweglichkeit in Polymerelektrolyte gilt
⊕ ⊕ ⊕ ⊕ ⊕ ⊕ ⊕
die N ERNST-E INSTEIN-Gleichung: ⊖ ⊖ ⊖ ⊖ ⊖ ⊖ ⊖
F
u i = Di RT D Diffusionskoeffizient
a) Grobes Porensystem
4.3 Elektrodenmaterialien
Wie bei der phosphorsauren Brennstoffzelle dient Platin als Elektro- ✄4.23 Materialien
katalysator auf Kohle- oder Metallträgern.
Elektrodenträger
Auf Kohlenstoff adsorbierte Katalysatoren14 erlauben Platinbela- (Gasdiffusionsschicht, GDL):
dungen unter 4 mg/cm2 ; 2 bis 5 nm große Platinpartikel befinden Kohlenstoffpapier
R❡
sich dabei auf Aktivkohlepartikeln mit hoher spezifischer Ober- Pyrofil (M ITSUBISHI R AYON )
Kohlematten
fläche. Zur Haftvermittlung mit der PEM-Membran dient ca. 1 Metallnetze
mg/cm2 Nafion R -Suspension [34]. Die aktuelle Entwicklung von
❡
Katalysatoren
Brennstoffzellen mit hoher Leistungsdichte und hohem Energiewir- b) Kathode:
kungsgrad erfordert: Platin
Poröse Gasdiffusionselektroden mit optimierten Strukturen: Platin-Cobalt-Chrom
Platin-Ruthenium-Zinn
a) ungehinderte Diffusion von Gelöstgasen zum Reaktionsort,
b) Anode:
b) elektrochemisch aktive Oberflächenzentren,
Platin-Ruthenium
c) Ionentransport durch die poröse Elektrode, Platin-Rhodium
d) Dünnschichtelektroden mit geringem Widerstand. Platin-Zinn
Geträgerte Elektrokatalysatoren (supported electrocatalysts) c) Trägermaterial:
a) Edelmetalle auf grafitierter Kohle. grafitierter Ruß
Kolloide
b) CO-Toleranz durch Zulegieren von Ruthenium. Titansuboxide
Ersatz von Edelmetallkatalysatoren durch: Legierungen, me- Binder
tallorganische Verbindungen, Nichtedelmetalle mit hoher Aus- PTFE, FEP, PFA
tauschstromdichte für die Sauerstoffreduktion. PVDF, PVA, Nafion
4.3.2.1 Gasdiffusionsschicht
✄4.24 Aufbau einer MEA. Die Träger- oder Gasdiffusionsschicht (GDL) [40] verteilt die Re-
1 2a 2b 3 aktionsgase von den Strömungskanälen in die Katalysatorschicht
und zieht Reaktionswasser in umgekehrter Richtung ab, hält die
Membran feucht und leitet den Strom.
80
–9
40
Kapillarkräfte, die mit Oberflächenspannung und Benetzungswin-
20
kel verknüpft sind; nachrangig wirken hydraulische Permeation,
0
Schwerkraft, Kondensation und Verdampfung. Der kapillare Diffu-
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
sionskoeffizient hängt von der Permeabilität des porösen Materials,
dem Kapillardruck und der Wassersättigung ab und erreicht ein Ma-
α relative Permeabilität
ximum bei etwa 25 % Wassersättigung. ✄Abb. 4.25
(Durchlässigkeit 0...100 %)
F αw d p
Dw = αη
W = Wasserphase,
w dϕ
F = poröse Feststoffphase
η dynamische Viskosität (Pa s)
17 engl.: MEA, Membrane Electrode Assembly.
p Kapillardruck (Pa)
18 z. B. T ORAY 090, SGL 10B, E-TEK Cloth
ϕ Füllgrad, Wassersättigung
(trocken 0 . . . 1 geflutet) 19 T ORAY, US 6,489,051.
89
Der Wassertransport erliegt bei trockener oder gefluteter GDL. ✄4.26 Durchlässigkeit der GDL
0,03
Dann liegen einphasig Luft bzw. Wasser in den Poren vor. Die
Durchlässigkeit der GDL für Wasser ändert sich parabolisch mit der 0,025
ohne PTFE
mit PTFE
pillardruck p(ϕ) verläuft hystereseförmig: Wasserbeladung im Hin-
0,015
lauf (obere Kurve) und Gasbefüllung im Rücklauf (untere Kurve).
Hydrophobierung mit bis zu 5 % PTFE verringert die Benetzbar- 0,01
keit und verbessert die Permeabilität (verschiebt die Kurve α(ϕ) = 0,005
neu
4.3.2.2 Aktivschicht
✄4.29 MEA-Herstellung nach der Die Katalysatorschicht besteht aus 0,1 bis 1 mg/cm2 nanodisper-
Dünnfilmmethode
sem Platin (Kathode) bzw. Platin-Ruthenium (Anode) auf grafitier-
ten Rußpartikeln.20 Nafion R , PTFE-Emulsion oder Polyvinylalko-
Geträgerter Katalysator
❡
↓ hol dienen als Binder für die im Siebdruck aufgebrachten Pasten.
Paste mit Bindern (PTFE, Nafion)
↓ Der PTFE-Gehalt soll so klein sein, dass eine Elektrode mit ca. 15 %
Beschichten auf Porosität entsteht. Porenbildner wie Ammonium- oder Lithiumcar-
Membran oder Kohlepapier bonat setzen beim Heißpressen CO2 frei. Die direkte Beschichtung
↓ von Platinmohr ist kostspielig. W ILSON und G OTTESFELD (1992)
(Sputtern)
↓ pressten daher Pt (20 %)/C-Pulver in 5 %-Nafionsuspension (Na⊕ -
Heißpressen oberhalb der Glas- oder NBu⊕ 4 -Form) 3 : 1 heiß auf PEM zu einem < 4 µm-dünnen
übergangstemperatur von PTFE Film mit 0,12 mg/cm2 Platinbelegung.
↓
Imprägnieren mit Nafion-Lösung Protonierung. Das Aufsprühen von 0,6–0,9 mg/cm2 Nafion21 ver-
↓ bessert die Protonenleitfähigkeit und Feuchtigkeit der Dreiphasen-
Heißpressen mit Membran zur grenze. Nafion dringt ca. 10 µm tief in die Katalysatorschicht ein,
Membran-Elektroden-Einheit
umschließt Platinkristallite, füllt die Poren der Elektrode und bindet
aktive Ionen in den hydrophilen ionischen Inseln, während Spezies
in der hydrophoben Fluorkohlenstoffmatrix inert bleiben.
Platinierung. Zusätzliche galvanische oder Dampfabscheidung von
Platin (50 µg/cm2 ) auf der Nafion-Pt/C-Gasdiffusionselektrode
erhöht die aktive Oberfläche und katalytische Aktivität.
4.3.2.3 Membran
Die ionenleitende Membran muss vor der Verarbeitung quellen.22
Durch Heißpressen (ca. 160 ◦C, 16 bar, 5–10 min) entsteht der
MEA-Verbund mit der aktivierten Gasdiffusionsschicht.23
G ENERAL M OTORS (US 6074692) sprüht eine organische Auf-
✄4.30 Lebensdauerphänomene schlämmung (Isopropanol, Ethylenglycol, Propylenglycol, Kohlen-
An der Kathode:
wasserstoffe) von Katalysatorteilchen (kohlegebundenes Platin) und
Ablösung von Platin von mem- Binder (5%iges Nafion) direkt auf die im Lösemittel gequollene
brannahen Kohlepartikeln und Membran. Beim Erwärmen (80–130 ◦C) dampft das Lösemittel ab
Abscheidung einer membran- und der Binder schmilzt die Katalysatorteilchen zusammen.
fernen inaktiven Platinlinie:
H2 + Pt2⊕ → Pt + 2 H⊕ Beim DLR-Verfahren (DE 195 09 749, ✄Kap. 3.9.2) wird 1) eine
Platinpartikel: in einer Messermühle gemischte Pulvermischung — aus kohlege-
Wachstum trägertem Platinkatalysator (Vulcan XC-72, Ketchen Black), 20 %
Sintern PTFE (Hostaflon TF 2053) und evt. Nafion — durch eine flache
Aktivitätsverlust
Auflösung bei großer Feuchte
Düse im Stickstoffstrom 5–10 µm dick auf die Membran gespritzt
und Potentialsprüngen und 2) mit der Gasdiffusionsschicht (Kohlefasergewebe) heißge-
Katalysatorträger presst oder gewalzt. In der Aktivkohleschicht herrschen Porenradien
Korrosion: C + O2 → CO2 um 30 nm, in der Gasdiffusionsschicht um 10 µm vor.
bei Spannungssprüngen und
H2 -Verarmung 20 z. B. im Verhältnis 1 : 5. S RINIVASAN et. al. empfiehlt 3–4 nm große Platinkri-
stallite auf Vulcan XC-72R (250 m2 /g) mit 23 % Pt/C. Grafitierte Aktivkohle ist
korrosionsstabiler als gewöhnliches Carbon-Black“. ✄Tab. 4.30
21 5%ige Suspension in Isopropanol; I.”D. R AISTRICK, US 4 876 115 (1989).
22 z. B. in Schwefelsäure. Die vorherige Entfettung in 5 % H O erscheint angesichts
2 2
der Peroxidempfindlichkeit der Membran fraglich.
23 Eine integrierte Elastomerdichtung kann die elektrochemisch aktive Fläche an den
Rändern abschließen (US 6423439).
91
4.3.3 Sauerstoffreduktion
Die kathodische Sauerstoffreduktion läuft langsamer als die an- ✄4.31 Mechanismus der
Sauerstoffreduktion
odische Wasserstoffoxidation; die Austauschstromdichten sind tau-
sendfach kleiner. Elektrochemische, chemische und heterogen-kata-
lytische Schritte begleiten die Spaltung der stabilen O–O-Bindung. direkt
Direkte Sauerstoffreduktion. 4-Elektronenprozess: bei Edelme-
tallen (Platin, Palladium, Silber), Metalloxiden und metallorga- indirekt ❄
nischen N4 -Komplexen. O2 ✛ ✲ H2 O2 (ad) ✲ H2 O
Indirekte Sauerstoffreduktion. zwei 2-Elektronenprozesse über
❅
❅
■❅
die Zwischenstufe H2 O2 : bei Gold, Quecksilber, Oxidbildnern ❅
(Cobalt, Nickel, Übergangsmetalle), Kohlenstoff. ✄Kap. 2.17 ✠ ❅
❘
❅
O2 H2 O2 (Oberfl.)
und 3.4.2
Heterogen-
katalytischer
Zerfall ❄
Heyrowsky-Reaktion Indirekte Reduktion H2 O2 (Lösung)
✄4.33 Sauerstoffreduktion Die direkte Reduktion läuft mit größerer Stromausbeute. Erhöhung
Austauschstromdichte des Sauerstoffpartialdrucks ändert den Mechanismus nicht. Chemi-
in 1 mol/ℓ H2 SO4 (25 ◦ C) sorbierter Sauerstoff hemmt die Durchtrittsreaktion und beschleu-
(i0 groß =
ˆ elektroaktiv) nigt den intermediären H2 O2 -Zerfall.
IrO2 /Pt ca. 10−8 A/cm2 Statt des Gleichgewichtspotentials 1,23 V stellt sich an Platin im
Pt 10−9 A/cm2
Os 10−10 A/cm2
stromlosen Zustand ein Ruhemischpotential um 1 V RHE ein, weil
Pd, Rh, Ir 10−11 A/cm2 Elektrodenoberfläche und organische Verbindungen parallel oxi-
Ru 10−12 A/cm2 diert werden.
Au 10−13 A/cm2
1. Auf Kohlenstoff adsorbierte Edelmetallkatalysatoren und Le-
Tafelneigung (mV/dec) gierungen24 reduzieren die notwendige Edelmetallmasse, z. B.
Platin, O2 -bedeckt 10 % bis 40 % Platin auf grafitiertem Ruß, und verbessern die Sau-
<570 mV RHE 60
>570 mV RHE 120 erstoffreduktion durch mehrere Effekte [31].
Die Vergrößerung der Elektrodenoberfläche beschleunigt die
Reaktionsordnung Sauerstoffreduktion nicht, jedoch steigt die geometriebezogene
a) Platin, O2 -bedeckt
– bzgl. O2 und H⊕ n≈1 Stromdichte. Platinmohr katalysiert, wegen verzögerter Chemi-
b) Platin, reduziert sorption und Wechselwirkungen, 5–10fach langsamer als glat-
– bzgl. H⊕ n ≈ 0,5 tes Platin (bezogen auf die wahre Oberfläche).25 In feindisperses
Platin dringt O2 (Unterpotentialabscheidung >700 mV RHE)26
Katalysatoren
(in mol-% auf Kohle) einige Atomlagen tief ein, so dass eine PtO- oder Pt(OH)-
Aktivität bei 900 mV in Elektrode mit schlechteren katalytischen Eigenschaften vorliegt
H3 PO4 (190 ◦ C) A/g (ebenso bei Ruthenium und Osmium).
Pt 30 Kohlegeträgertes Platin‘“ ist aktiver als glattes und platiniertes
Pt 50 Ir 30 Cr 20 (180 ◦ C) 44 ”
Pt 50 Ir 20 Fe 30 (180 ◦ C) 48 Platin. Die Elektronenaustrittsarbeit von Pyrolysegrafit (4,7 eV)
Pt 50 Ni 25 Mn 25 53 verbessert die Elektronendichte am Platin (5,4 eV). Elektroni-
Pt 50 Ni 21 Co 21 Mn 8 58 sche Wechselwirkungen in der Doppelschicht (0,3 nm) erfordern
Aktivität, 20 % H2 SO4 (70 ◦ C) ≤ 5 nm kleine Platinkristallite.
Pt (720 mV) 15
Pt 57 Cr 17 Cu 26 (867 mV) 62
Bei Partikelgrößen <4 nm verliert kohlegeträgertes Platin seine
Pt-Co-Cr spezifische Aktivität und metallischen Eigenschaften. Platinkri-
stallite von 1,5–5 nm im Abstand >20 nm sind günstig. Hohe
Beladung y und kleine Partikelgröße d erfordern hochoberflächi-
ge Kohleträger; z. B. 135 m2 /g für 10 % Pt (4 nm), aber 1080
m2 /g für 10 % Pt (2 nm). s
πd 3 ̺Sm√
(1 − y)
Kristallitabstand x =
3y 3
Sm spezifische Oberfläche (m2 /kg), y Katalysatorbeladung (1 = 100 %),
✄4.34 Einflüsse auf die Sauerstoffre-
̺ Dichte des Platins (21,4 kg/m3 ).
duktion an Platin.
Kristallitgröße
Alterung. Platinpartikel agglomerieren zu größeren Clustern,
Kristallitabstand ∼ Beladung was einen Verlust an aktiver Oberfläche nach sich zieht.
Aktive Oberflächenplätze Die freie Adsorptionsenthalpie von Wasserstoff und Sauerstoff
Katalysatorvorbehandlung
– Erhitzen in H2 oder Luft
erklärt die hohe Aktivität von Platin (für H2 : i 0 ≈ 0,1 A/cm2 )
– Elektrochemische Aktivierung im Gegensatz zu Quecksilber (i 0 ≈ 10−12 A/cm2 ). Bei mitt-
leren Bedeckungsgraden ist die Reaktionsgeschwindigkeit am
24 engl. carbon-supported electrocatalyst, carbon black = Ruß
25 Wahre Elektrodenoberfläche aus der voltammetrischen Ladung beim reversiblen
Wasserstoffpotential: 1 Pt-H-Oberflächenatom =
ˆ 210 µC.
26 Durch die höhere Freie Oberflächenenthalpie adsorbiert Sauerstoff an dispersem
Platin (<10 nm Korngröße) bei negativeren Potentialen als an glattem Platin.
93
4.3.4 Wasserstoffoxidation
✄4.38 Katalysatoren
Die Wasserstoffoxidation läuft in der PEM-Brennstoffzelle schnell
Wasserstoffoxidation und mit geringer Überspannung ab (ca. 35 mV bei 2 A/cm2 ). Pla-
Pt tin ist in saurer Lösung der aktivste Elektrokatalysator, denn die
Pt 50 Ru 50 (in mol-%) Stärke der Pt–H-Chemisorption ist optimal. Fortschrittliche Elek-
Pt 50 Pd 50
Pt 50 Pd 25 Ru 25 troden enthalten <0,1 mg/cm2 Platin.
Pt 39 Ni 26 Co 26 Mn 9
(1) Dissoziative Adsorption 2 Pt + H2 → 2 Pt-Had
Legierungselemente (2) Durchtrittsreaktion Pt-Had → H⊕ + e⊖ + Pt | · 2
– Edelmetalle (Pd, Ru; Au)
– Eisenmetalle (Fe, Co, Ni) Anodenreaktion H2 → 2 H⊕ + 2 e ⊖ E0 = 0
– Oxidbildner (Ti, Ta; Cu, Zn;
Sn, Pb) Problematisch ist die Vergiftung der Platinoberfläche durch Koh-
lenmonoxid (>2 ppm), Schwefel (H2 S, COS) und organische Ver-
CO-Oxidation bindungen, die mit Wasserstoff um Bindungsplätze am Platinkata-
Ru/Al2 O3 lysator konkurrieren. Glattes Platin vergiftet schneller als Platin-
Rh/Al2 O3
Pt/SiO2
mohr, weil die effektive Elektrodenoberfläche geringer, jedoch das
Au/MnO2 Verhältnis der Oberflächenplätze (θH /θGift) konstant ist.
Pt/SnO2 Kurzzeitiges Anlegen eines Potentials von 0,8 bis 1,6 V RHE besei-
tigt organische Verunreinigungen wirkungsvoll, ist aber im Brenn-
stoffzellenbetrieb nicht praktikabel. CO adsorbiert auf Platin 15-
mal stärker als H2 . 100 ppm CO fünfteln die Stromdichte der H2 -
Oxidation (bei konstanter Spannung). 0,1 mmol CO in wässriger
Lösung genügen für eine Monoschicht. Die umgekehrte Wasser-
gasreaktion trägt zur CO-Vergiftung der Elektrode bei, besonders
bei hohen Temperaturen und H2 -Drücken. Dünnfilmelektroden sind
geringfügig unempfindlicher als Diffusionselektroden und Platin-
mohr. CO-Oxidation und B OUDOUARD-Gleichgewicht liegen bei
90 ◦C auf der CO2 -Seite. Zudosieren von 2 % Sauerstoff (Air bleed)
ins Brenngas H2 oxidiert intermediär adsorbiertes CO (<0,35 V)
vollständig zu CO2 . Oberhalb 0,35 V RHE inhibiert CO auch die
Sauerstoffreduktion.
Katalysatoren mit starker H-Adsorption in Konkurrenz zur CO-
Adsorption sind nicht zielführend. Pt-Ru-Legierungen (1 : 1) — mit
verringerter CO-Bindungsstärke — erlauben Brenngasmischungen
mit 25 % CO2 und verhindern die Vergiftung von Platin mit CO.
Die Rutheniumoberfläche oxidiert bei niedrigeren Potentialen (0,2
95
4.4 Betriebsverhalten
N ERNST-Gleichung
⊕ 2
Anode, ⊖, H2 : 0 + RT ln [H ]
E ox = E ox 2F [H2 ]
1/2 ⊕ 2
Kathode, ⊕, O2 : 0 + RT ln [O2 ]
E red = E red [H ]
2F [H2 O]
1
Ruhezellspannung E = E red − E ox = 1E 0 + RT ln [H2 ] [O2 ]
2
2F [H2 O]
(Für gleichen pH und Wassergehalt an Anode und Kathode.)
Gasbefeuchtung. Brenngas30 und Luft werden typisch mit 100– ✄4.42 Gasbefeuchtung
110 % bzw. 70–80 % angefeuchtet; die O2 -Kathode bestimmt maß- Durch Verdunsten:
geblich die Membranfeuchte, und damit Membranwiderstand (ty- Membranverfahren
pisch 0,1 bis 0,4 cm2), Elektrodenwiderstand (um 0,7 cm2), Gaswäscher
Zerstäuber
Elektrodenkinetik und Leistung der Zelle. Hohe Leistung erfordert Sprudelschicht (Blasensäule)
eine hohe Einströmtemperatur und Befeuchtung an der H2 -Anode. Rieselfilm
Betriebstemperaturen unter 80 ◦C wirken eher kühlend; beim Fluten Füllkörperkolonne
der Kathode erschwert ein Wasserfilm den O2 -Transport. Durch Verdampfen:
Dampfbefeuchter
Membranverfahren sind kompakt und effizient. Durch eine hydro-
phile, hydrophobe oder Löslichkeitsmembran (Fluorsulfonate, Po-
lysulfon, Al2 O3 ) verdunstet erwärmtes Wasser in den Dampfraum,
durch den das zu befeuchtende Gas im Gegenstrom strömt. Ein Be-
feuchtermodul besteht aus mehreren Flach- oder Kapillarmembra-
nen. Um Ablagerungen auf der Membran zu vermeiden, muss das
Wasser gereinigt und entkeimt werden.
In der Klimatechnik verbreitete Gaswäscher, Rieselfilme und Dampfbe-
feuchter sind groß und schwer. Das laborübliche Dispergieren mit Fritte
und Waschflasche reißt Wassertröpfchen mit.
Kühltechnik. Brennstoffzellenaggregate verfügen über eine Was- ✄Kap.4.11
serkühlung, Gaskühlung ist wegen der geringen Wärmekapazität
von Luft und des schlechten Wärmeübergangs für Automobilan-
wendungen nicht geeignet. Bis die Betriebstemperatur erreicht wird,
liefert die PEM-Brennstoffzelle beim Kaltstart berets mehr als zwei
Drittel der Nennleistung.
Luftversorgung. Besonders im oberen Lastbereich steigert ein
Luftüberschuss (λ ≈ 2) die Kathodenleistung. Im Reformatbe-
trieb verbessert die Zugabe von 1–3 % Druckluft (Air bleed)31 die
Zellspannung und verlangsamt die Vergiftung des Platinkatalysators
durch CO. Eine impulsförmige Änderung des Anodenpotentials be-
schleunigt ebenfalls die CO-Oxidation zu CO2 .
Gasreinheit. Die PEM-Brennstoffzelle ist wenig empfindlich gegen CO/CO2 -Toleranz
CO2 , kann also mit Luft betrieben werden. Langfristig verringert von Brennstoffzellen:
SOFC > PEMFC > AFC
CO2 im Brenngas die Zellspannung schleichend-irreversibel, ver-
mutlich durch allmähliche Vergiftung des Platinkatalysators durch Normen:
CO. Bereits 0,1 % Kohlenmonoxid schädigt den Platinkatalysator, Reinheitsanforderungen
was den Einsatz reformierter Brenngase einschränkt. Durch Luftoxi- für H2 -Tankstellen:
ISO 14687-2
dation am Platin-Zeolith-Katalysator kann 1–2 % CO im Reformat SAE J2719
auf 100 ppm gesenkt werden. Größere Mengen erfordern eine selek-
tive CO-Oxidation. Platin-Ruthenium-Legierungen als Anodenma-
terial verbessern die CO-Toleranz. Mit zunehmender Betriebsdauer
verschlechtert sich die Zellspannung zudem, weil die Katalysator-
partikel sintern und aktive Elektrodenoberfläche verloren geht. Er-
fahrungen mit regenerativen Systemen (RFCS) sprechen dafür, dass
der vorübergehende Betrieb mit reinem Wasserstoff die Anoden-
und Kathodenleistung wieder verbessert.
30 Im Automobilbereich wird H nicht befeuchtet, sondern im Kreislauf geführt.
2
31 US 3,823,038 (1974): Prinzip des Freiblasens; B ALLARD US 6,500,572 (2002):
Blasen mit O2 -Pulsen.
100
4.4.3 Strom-Spannungs-Kurve
✄4.43 Strom-Spannungs-Kurve Der Die U (I )-Kurve zeigt drei Regionen (✄Kap. 2.9).
(qualitativ). Oben: gute Zelle.
1 Aktivierungsbereich, 1. Aktivierungsbereich: Exponentieller Abfall bei kleinen Strömen
2 Arbeitsbereich,
3 Grenzstrombereich.
wegen irreversibler Elektrodenreaktionen.
U ✻ 2. Arbeitsbereich: Linearer Abfall bei mittleren Strömen. Die Stei-
1 gung der Kennlinie ist der differentielle Innenwiderstand der Zel-
2
le (Elektrolyt- plus Polarisationswiderstand):
Ri = ∂U
∂ I = Rel + RP
3 U Zellspannung, I Strom, Rel Elektroly-, RP Polarisations-, Ri Innenwiderstand
✲ 3. Grenzstrombereich: Steilabfall bei hohen Strömen wegen Hem-
i / mA cm−2 mung des Stofftransportes.
Re Z 4.4.4 Impedanzspektrum
✻ Im Z
✲
Die drei Bögen der Impedanzortskurve (✄Abb. 4.45) einer PEM-
3a
1 2 Brennstoffzelle bilden die Membran, die Elektrode (Durchtrittsre-
3b aktion) und die Dreiphasengrenze (Stofftransporthemmung) ab.
101
✄4.48 Typisches
Ω R = 0,27 Ω cm2 R = 0,15 Ω cm2
2 3 Impedanzspektrum einer
0 100 kHz PEM-Brennstoffzelle bei kleiner
Im Z / Ω cm 2
1 2 3
Last (100 mA/cm2 ).
Mathematische Konvention.
10 Hz 1 Hz
-0,1 10 kHz 1 kHz 1 Membranbogen
100 Hz 2 Elektrodenbogen
3 Stofftransportbogen.
A gemessene Kapazität,
-0,2 C1 Membrankapazität
B um C1 korrigiert
C um C2 korrigiert
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6
Re Z / Ω cm 2
Extrapolationsverfahren [29]:
1 Sequentielle Separation der
C = 200 mF/cm 2
Kurvenbögen i:
3
C
1. Ortskurvenminimum
0,1 subtrahieren
B X i+1 (ω) = X i (ω) − Im Z i,max
C / F cm -2
2. Bogenende subtrahieren
A
0,01 C = 4,5 mF/cm2
Ri+1 (ω) = Ri (ω) − Ri,max
2
3. Korrigierte Kapazität
−X i+1
Ci+1 (ω) = 2 + X2 )
0,001 ω (Ri+1 i+1
C = 170 µF/cm2
1
0,0001
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6
2
R / Ω cm
4.5 Anwendungen
4.5.1 Gemini-Knallgaszelle
PEM
Wärmetauscher
Kühler
H2 O2 Kühlwasser-
Dochtschicht Trennschicht umwälzpumpen
Wasser Wasser-
tank
Konvektion und
17 bar 58 bar
Wärmestrahlung
tiefgekühlt
4.5.2 BALLARD-Brennstoffzelle
BALLARD ersetzte 1984 die Niobplatten der NASA durch Grafit ✄4.53
und suchte nach neuen Membranen. Die 5 kW-Stacks der Mk500- BALLARD-Technologie [15]
Technologie (150 W/ℓ) demonstrierten das Versuchsfahrzeug Ne-
” Betriebstemperatur: 70–90 ◦ C
car 1“ von DAIMLER und ein 30 kW-Blockheizkraftwerk. 10 kW- Betriebsdruck: 1 . . . 5 bar
Stacks der Mk513-Reihe (300 W/ℓ) trieben Brennstoffzellenbusse Leistung: 0,5 . . . 1 W/cm2
in Chicago und Vancouver. Mk800 leistete 50 kW bei über 1000 Stromdichte: bis 2 A/cm2
Dicke je Zelle: 2 . . . 5 mm
W/ℓ. Die Mk900-Technologie mit 75 kW Leistung und Mk902 mit Querschnitt: 40 × 40 cm2
85 kW kamen Anforderungen für Straßenfahrzeuge entgegen. Zellspannung bei 1,2 A/cm2 :
Der Zellstapel (Stack) besteht aus mehreren Hundert Bipolarplatten – Sauerstoffbetrieb: 0,7 V
– Luftbetrieb: 0,5 V
und Membran-Elektroden-Einheiten, die zwischen zwei Endplat-
ten mit Zugankern, Stromabgriff, Gas- und Kühlwasseranschlüssen X CELLSIS HY-80“:
”
zusammengehalten werden. Dichtungs- und Kühltechnik sind kon- 68 kW, 220 kg, 220 ℓ
ventionell. Eine aufwändige Druckregelung entfällt, weil Differenz-
drücke zwischen den Reaktanden unkritisch sind, solange die Mem-
bran nicht durchbricht. Mehrere Stacks werden seriell oder parallel
zu Modulen der gewünschten Leistung verschaltet. Zwischen Leer-
lauf und Volllast ist hohe Dynamik und Überlastfähigkeit gegeben.
Bevor die Brennstoffzelle ausreichende Nutzleistung liefert, muss
sie auf Betriebstemperatur aufgeheizt werden. Kaltstart, Frostschutz
und Betriebssicherheit bei mechanischen Extrembelastungen sind ✄4.54 Allgemeine Richtwerte für die
Luftversorgung
weitgehend gelöst.
Kathodisch:
Produktwasser wird konventionell durch den Luftüberschuss im Ka-
1,1 ... 3,5 bar
thodenabgas ausgetragen; eine 2-fach stöchiometrische Sauerstoff- Stöchiometrieverhältnis 1,4...2,0
menge ist günstig. Beim anodischen Wasseraustrieb (anodic water Luftvorwärmung durch Abluft
removal) schiebt ein Konzentrationsgradient das kathodisch ange- Anodisch:
sammelte Wasser über die Membran in den Anodenraum, wo es Stöchiometrieverhältnis ≥ 1,0
in den Brenngasstrom übertritt. Dies ermöglicht Luftstöchiometri- um N2 -Diffusion über die
Membran auszugleichen.
en nahe 1,0.
108
✄4.55
Historischer PEM-Brenn-
stoffzellenstack Mk 7“.
”
Einzelzelle 1 besteht aus:
2 H2 -Strömungsfeld
3 MEA
4 Luftströmungsfeld
5 Bipolarplatte
6 Endplatte.
(Bild: BALLARD P OWER
S YSTEMS Inc. 1999)
4.5.3 S IEMENS-Brennstoffzelle
S IEMENS entwickelt seit 1980 Brennstoffzellen für U-Boote.43 Die
von UTC lizensierte PEM-Technologie basiert auf Vorarbeiten von
✄4.56 Druckwasserstofftanks von
DYNETEK: Innengefäß aus Alu- G ENERAL E LECTRIC. Das System umfasst Gasversorgung (H2 , O2 ,
minium; Mantel aus kohlefaserver- N2 -Spülgas), Befeuchter, Zellstack, Wasserabscheider, Kühlkreis.
stärktem Epoxidharz; 350 bar, MAN,S IEMENS und L INDE betrieben von Mai 2000 bis April
205 ℓ = 45 kg H2 . Bild: D AIMLER
2001 einen PEM-Wasserstoffbus 8000 km im Liniendienst in Er-
langen, Nürnberg und Fürth. Die 120-kW-Brennstoffzelle im Fahr-
zeugheck bestand aus vier Modulen mit 640 Einzelzellen. Der
dc/ac-Umrichter dient gleichzeitig der Leistungsregelung. Zwei
Asynchronmotoren, über ein Summiergetriebe verbunden, treiben
direkt die serienmäßige Hinterachse an. Neun Druckgasflaschen auf
dem Dach speicherten 1548 Liter Wasserstoff (250 bar).
43 Alkalisches 100-kW-Aggregat in U1“ (HDW 1988/89); später PEM-Technik.
”
109
✄4.63 Betankung des Space Shuttles mit 45 Lastwagenladungen Flüssigwasserstoff (Quelle: A IR P RODUCTS)
112
✄4.64 Treibhausgasemission und Die Automobilhersteller haben die Machbarkeit und Alltagstaug-
Energieverbrauch des EUCAR-
lichkeit des Brennstoffzellenantriebs demonstriert. Das hohe Dreh-
Referenzfahrzeugs 2020+ [46]:
Batteriefahrzeug moment bei niedrigen Drehzahlen verleihen dem geräuscharmen
B1 Strom aus Windkraft und ruckfreien Elektroantrieb ein käuferfreundliches Beschleuni-
B2 plus Pump-/Kavernenspeicher gungsvermögen, das Verbrennungsantriebe gleicher Leistung über-
ohne/mit Speicherverlusten
B3 European Electricity Mix
trifft. Ein mehrstufiges Getriebe ist prinzipiell verzichtbar. Anders
Brennstoffzellenfahrzeug als beim Batteriefahrzeug sind thermischer Komfort (Heizung, Kli-
F4 mit H2 aus Erdgas ma) und kurze Betankungszeiten gegeben.
F3 mit H2 aus Windkraft
Plugin-Hybrid
F1 H2 aus Erdgas + Onboard-Lader
4.7.1 Brennstoffzellenantrieb
F2 H2 aus Windkraft
Vorteile. Hochgesteckte Klimaziele zum CO2 -Ausstoß sind ohne
70
F4
B3 Elektroantriebe kaum realisierbar [46, 59]. Regenerativ erzeugter
60
Wasserstoff verringert die Treibhausgasemissionen. Hybridantrie-
50
be aus Brennstoffzellenaggregat und Batterie gestatten die Brems-
CO2-Äquivalente (g/km)
4.7.2 Verbrennungsmotor
engl. Internal Combustion Engine Vehicle (ICEV). Der Wirkungs- ✄4.65 Anhaltswerte für
Energie und Leistungsdichte [6]
grad bei höchsten Drehzahlen und Geschwindigkeiten von ≈ 35 %
(Benzin) und 42 % (Diesel im Bestpunkt) ist technisch ausgereizt. Wh/kg W/kg
Für den Teillastbetrieb wurden Hubraum und (wegen thermodyna- Verbrennungs- 200 1000
mischer Verluste) Zylinder eingespart; mit Abgas betriebene Turbo- motor 500 800
lader unterstützen dafür Beschleunigungsvorgänge. Nebenaggregate 1000 700
wie Wasserpumpe, Ölpumpe und Lenkung arbeiten bei Bedarf elek- PEMFC 200 200
trisch. Heutige Dieselmotoren stoßen weniger als 90 g CO2 /km aus; 500 150
1000 100
Ottomotoren erfordern Abgasreinigung (SCR-Verfahren), Zylinder-
abschaltung und Ventilsteuerung. Erdgas (CNG) senkt den CO2 - Na/S 100 200
Ausstoß gegenüber Benzin um bis zu 25 %; jedoch entweicht das Ni/Cd 30 200
Treibhausgas Methan auch unverbrannt aus Pipelines und Motoren.
4.7.3 Hybridfahrzeuge
engl. Hybrid Electric Vehicles (HEV)51 ✄4.66 Elektrifizierung des automo-
bilen Antriebsstrangs [57, 63, 79]
Mikrohybride aus Verbrennungsmotor und 12-V-Batterie in
Start-Stopp-Systemen sparen etwa 3 % Kraftstoff ein. Der Mo- Batteriedaten
tor stoppt an einer roten Ampel und zündet erst, wenn das Auto, (V) (kWh) (kW))
getrieben vom Elektromotor, wieder anrollt. Hybridfahrzeug aus
Mild-Hybride fahren eingeschränkt elektrisch; sie unterstützen Verbrennungsmotor und Batterie
Mikro 12 ≪1 <5
Anfahren und Beschleunigen (Booster). 48-V-Hybride mit ver- 48 ≤ 10
größerter 10-kW-Elektromaschine sollen die gesetzliche Vorga- Mild 48–150 ≤1 5–10
be von 95 g CO2 /km (bis 2021) erfüllen, Bremsenergie rück- Voll >200 ≤5 10–50
Plugin >200 ≤10 30–60
gewinnen52 und 10 % Kraftstoff einsparen. Die Mehrkosten
Range- >200 ≤15 100
erhöhen den Verkaufspreis des Autos um grob 1000 EUR. Extender
Vollhybride aus Verbrennungsmotor und großer Batterie bewälti- Batteriefahrzeug
gen kurze Strecken elektrisch; Emissions- und Verbrauchsvor- (BEV) >200 >15 100
teile bestehen im beschleunigungsintensiven Stadtverkehr, nicht Brennstoffzelle
Hybrid >200 >15 100
51 ECE-R83: ein Fahrzeugantrieb mit mindestens zwei verschiedenen Energiewand-
lern und -speichern (Motor, Gasturbine, Batterie, Schwungrad, Hydrospeicher, Range Extender (thermisch):
Kondensator, H2 -Tank etc). Mit dem L OHNER-Porsche (Benzinmotor, Generator, Batterie wird durch Verbrennungs-
Allradelektroantrieb) chauffierte F ERDINAND P ORSCHE auf der Pariser Weltaus- motor über Generator geladen.
stellung 1902 E RZHERZOG F ERDINAND zum Kaisermanöver.
52 Durch Rekuperation wird die Bremsenergie genutzt, die als Wärme an den Brems-
scheiben verloren geht, um die Batterie aufzuladen.
114
4.7.4 Batteriefahrzeuge
4.7.5 Brennstoffzellen-Batterie-Hybridfahrzeuge
Brennstoffzelle und Batterie werden in der Regel parallel geschal- ✄4.68 Hybridisierungsgrad des
Kfz-Brennstoffzellenantriebs [69]
tet. Mit dem Hybridisierungsgrad53 [82] wächst der Wirkungsgrad
des Fahrzeugs durch Anhebung und Absenkung des Lastpunktes der Typ Batteriedaten
Brennstoffzelle (günstiger Arbeitsbereich ✄Abb. 4.69); Beschleu- (V) (kWh) (kW)
nigung über den Boost-Betrieb der Batterie; Rekuperation; geringe Hybridfahrzeug
Kühlleistung (durch fahrzeuglokal höheren Wirkungsgrad der Bat- Lean-BZ 12 ≈5
terie gegenüber der Brennstoffzelle). Hochleistungsbatterie
BZ-Hybrid 48–150 ≈1 >10
Das Mildhybrid liefert über 40 kW Leistung bei moderatem Ener- >200 2–3
gieinhalt, hebt oder senkt den Lastpunkt der Brennstoffzelle, nutzt
Hochenergiebatterie
Bremsenergie und verbessert die Fahrdynamik bis zur Volllast BZ-Plugin >200 ≤3 >50
(Booster). Der Dauerbetrieb bestimmt die maximale Leistung des >200 ≤20 ≤100
Brennstoffzellen-Aggregates im Hybrid und setzt dem Downsizing Range >200 >15 100
Extender
Grenzen. Die Leistung des Batterie-BZ-Systems mit Berücksichti-
gung des Gesamtwirkungsgrades definiert die maximale Beschleu-
nigung; Kundenwünsche bestimmen die Auslegung des Antriebes.
Die Kosten des BZ-Aggregats sinken nicht proportional zur Lei-
stungsabsenkung, weil die Luftversorgung und andere Komponen- ✄4.69 Wirkungsgrad im
BZ-Batterie-Hybridsystem
ten die Kosten bestimmen. Betriebsoptimum
4.8 Brennstoffzellenkraftfahrzeuge
Die Allianz von DAIMLER mit BALLARD (Kanada) bis 2005 brach- ✄4.70 Brennstoffzellenfahrzeug
Necar 4“ (1999). Bild: D AIMLER
te die ersten Brennstoffzellenfahrzeuge hervor. Das Aggregat des ”
New Electric Car“ NECAR I [11] füllte den Laderaum eines
”
M ERCEDES-Transportes MB 100, der mit Druckwasserstoff betrie-
ben wurde. Das NECAR II-Aggregat beanspruchte den Kofferraum
eines Lieferwagens Minivan V“ mit einem Druckwasserstofftank
”
auf dem Dach. Der Methanolantrieb des NECAR 3 passte in den
vergrößerten Kofferraum und Unterboden der höhergelegten Fahr-
gastzelle der A-Klasse.
53 Hybridisierungsgrad = PB
PB + PBZ (B Batterie, BZ Brennstoffzelle).
116
✄4.71 Wirkungsgrad am Rad im Bei NECAR 4 und 5 bot der Unterflurbereich der A-Klasse aus-
MVEG-Zyklus. Quelle: AUDI
reichend Platz; die Fahrgastzelle konnte fünf Personen aufnehmen.
PEM-Brennstoffzelle [15] 37 % 5 kg Flüssigwasserstoff im Tank unterhalb des Kofferraumbodens,
Verbrennungsmotoren der mittels zweier integrierter Heizstäbe verdampft wird, verliehen
Syndiesel 26 % NECAR 4 eine Reichweite von 450 km. Im Europäischen Fahrzy-
Diesel 25 %
Wasserstoff 24 %
klus (NEFZ) erwies das Brennstoffzellensystem einen Wirkungs-
Methanol 24 % grad von 45,8 % einschließlich aller Nebenverbraucher auf dem Rol-
Benzin, Erdgas 22 % lenprüfstand, wobei im Mittel 37,7 % am Rad verfügbar sind. Dies
entspricht einem äquivalenten Dieselverbrauch von 3,7 ℓ je 100 km.
✄4.72 PEM-Brennstoffzellenbus Der NEBUS [11] bezog Wasserstoff für 250 km Reichweite aus
Nebus“ (1997). Bild: D AIMLER
” sieben Aluminiumtanks mit Kohlefasermantel (je 21 kg H2 , 150
ℓ, 300 bar) auf dem Dach. Das Heck des Niederflur-Linienbusses
mit 14 t Leermasse birgt zehn 25-kW-Brennstoffzellenstacks, die
190 kW Leistung an Antriebssystem, Lenkhelferpumpen, Druck-
lufterzeugung (für Bremsanlage und Federung) und Türsteuerung
liefern. Elektromotoren (ZF Friedrichshafen, E VO B US Mannheim)
übertragen die Antriebsleistung direkt auf die Räder; Getriebe und
Kardanwelle entfallen. Der Radnabenmotor arbeitet beim Verzögern
als Motorbremse und erzeugt Strom zum Laden einer Batterie —
wurde jedoch auf dem Dach des Versuchsbusses in wassergekühl-
ten Bremswiderständen in Wärme umgewandelt und an die Umge-
bung abgegeben. Eine adaptive Stoßdämpferregelung (Fa. WABCO,
F ICHTEL & S ACHS) stabilisiert den Bus mit der 1900 kg schwe-
ren Dachlast in Kurven und beim Bremsen. Im Notfall sprechen
die Beschleunigungssensoren vorn und im Heck an und schalten die
Wasserstoffversorgung aus. Der NEBUS manövriert mit der 24 V-
Lenkölpumpe, von der Bordbatterie gespeist, und kommt mit dem
Druckluftvorrat in der Bremsanlage sicher zum Stehen.
✄4.73 Brennstoffzellenfahrzeug Methanolfahrzeug. Im NECAR 5-Gaserzeugungssystem wird Me-
mit Methanolreformer
thanol mit Wasser vermischt, verdampft und bei 250–300 ◦C am
Bild: D AIMLER AG
Cu/ZnO-Katalysator (BASF) zu Wasserstoff und CO2 reformiert.
Die selektive katalytische Oxidation (PROX) wandelt das Kataly-
satorgift CO in CO2 um, bevor das Brenngas in die Brennstoffzelle
geht. Die Wasserstofferzeugung im Reformer ist mit der gewünsch-
ten Fahrgeschwindigkeit, dem Druck aufs Gaspedal, gekoppelt. Ver-
dampfer und Reformer werden durch den katalytischen Brenner be-
heizt, der überschüssiges Reformat und den Restwasserstoff im Ab-
gasstrom des Brennstoffzellenstacks nutzt. Das produzierte Was-
ser wird für die Dampfreformierung genutzt. Der Asynchronmo-
tor von E COSTAR beschleunigt NECAR 5 bis über 150 km/h [11].
Das integrierte Automatikgetriebe wirkt direkt auf die Antriebswel-
le der Vorderräder. Das 75 kW-Brennstoffzellenmodul mit Befeuch-
ter, Sensoren und Elektronik passt in eine stoßgeschützte, 80 × 40 ×
25 cm große Box im Fahrzeugchassis. Gekühlt wird die Einheit mit
einem Ethylenglycol-Wasser-Gemisch. Während der Kaltstartphase
bis zum Erreichen der Arbeitstemperatur speist eine Nickelmetall-
hydrid-Batterie (230 kg) das Antriebssystem, die auch zur Brems-
energierückgewinnung dient.
117
4.8.2 Antriebsstrang
Am Beispiel des DAIMLER B-Klasse F-Cell wird die Funktion des
Brennstoffzellen-Antriebstranges deutlich.
✄4.77 Technische Daten [46]: Die Alltagstauglichkeit wurde im Flottenbetrieb nachgewiesen [46].
M ERCEDES B ENZ B-Klasse F-Cell
Beim F-Cell-World-Drive fuhren drei Fahrzeuge in 125 Tagen jedes
Reichweite: 385 km (NEFZ) mehr als 30 000 km um die Welt. Es gibt vier Subsysteme:
Höchstgeschwindigkeit: 170 km/h
Wasserstoff
1. Kraftstoffanlage: Wasserstofftank und Bereitstellung
Betankungszeit: ca. 3 min 2. Brennstoffzellensystem: zwei elektrisch hintereinander und
Wasserstoff: 700 bar; 3,7 kg
strömungstechnisch parallel geschaltete PEM-Zellblöcke. Ne-
PEM-Brennstoffzelle benaggregate: Luftversorgung (mit Verdichter, Kühler, Befeuch-
396 Zellen; 80 kW Peak
Befeuchter: Gas-to-Gas tung), Wasserstoffversorgung mit Spüleinrichtung, Aggregate-
Luftmodul: Schraube Wasserkreislauf, Steuergerät und Abluftsystem.
ohne Expander
3. Antrieb: DC/DC-Wandler (Batteriespannung → Mittelkreisni-
Hochvolt-Topologie veau), DC/AC-Antriebsumrichter, Wechselstrommotor, einstufi-
Einwandler-Konzept: Hochsetzung
Batterie- auf Mittelkreisspannung ges Getriebe zum Rad (im Bereich 10:1) DC/DC-Wandler von
Elektromotor
Mittelkreisspannungsniveau auf 12 V für Verbraucher.
Permanentmagnet-Motor 4. Batterie mit Batteriemanagementsystem. Die Batterie versorgt
70 kW, 100 kW Peak in der Startphase den Luftverdichter und Nebenaggregate und un-
Drehmoment max. 290 Nm
Planentengetriebe mit terstützt Rekuperation und Beschleunigung.
Kegelrad-Differential
Der Sandwich-Boden der B-Klasse birgt Teile des Antriebs; künfti-
Batterie
High-Power Li-Ion (Mildhybrid)
ge Antriebe mit hoher Leistungsdichte machen ihn überflüssig.
24 kW (5 s), 30 kW (18 s);
Hochvolt-Topologie [56, 80, 82]. Hybridisierungsgrad und Anord-
212 V; 6,8 Ah; 1,4 kWh
nung der Spannungsquellen haben großen Einfluss auf die Kühllei-
stung. Sinkende Batteriekosten und maßvolle Leistungsanforderun-
gen ermöglichen ein kleineres BZ-Aggregat (Downsizing).
✄4.78 Hochvolt-Topologie: Die Kosten der Leistungselektronik (IGBT) steigen mit hohen
Brennstoffzellenstack und
Mildhybrid-Batterie [46] Strömen; die Kosten von Brennstoffzelle und Batterie mit stei-
=
gender Spannung. Hohe Ströme im Mittelkreis bringen unprak-
M
BZ ~ tische Querschnitte, Leitungs- und Wandlerverluste mit sich.
= =
= =
Ein DC/DC-Wandler hebt die Brennstoffzellenspannung (mit
LV
höchstens 400 Zellen zur Kostensenkung) auf Mittelkreisniveau,
dämpft die nichtlineare Kennlinie der Brennstoffzelle (0,3 V bei
Kaltstart bis 1,1 V im Leerlauf bei tiefen Temperaturen) und
mildert die Betriebsanforderungen an den Stack. Der DC/DC
Wandler ist unidirektional ausgelegt; überlappen üblicherweise
✄4.79 Eigenschaften von Wandlern Brennstoffzellen- und Mittelkreisspannung, ist ein Buck-Boost-
a = Ausgang, e = Eingang
Converter erforderlich, andernfalls genügt ein Hochsetzsteller.
unidirektional Mehrphasige Wandler mit phasenverschobener Ansteuerung bei
für Stromquellen hoher Schaltfrequenz schützen die Brennstoffzelle vor Wechsel-
bidirektional strombelastung (Ripple) und realisieren über 95 % Wirkungs-
für Quellen und Senken
grad auch im Teillastbetrieb bei kompakter Bauweise. Die teure,
Spannnungsverhältnis galvanisch getrennte DC/DC-Wandlerausführung ist bei stren-
Hochsetzsteller (Boost Converter):
Ua > Ue gen Anfordrungen an den Isolationswiderstand notwendig. Die
Tiefsetzsteller (Buck Converter): Wandler speisen bei einem 100-kW-Stack etwa 5 kW Abwärme
Ua < Ue in den Niedertemperaturkreislauf (70 ◦C).
Tiefsetz-Hochsetz-Steller Eine kleine Mildhybrid-Batterie benötigt dank flacher Kennlinie
(Buck-Boost-Converter)
(2,5. . . 4,2 V) einen bidirektionalen Hochsetzwandler für Antrieb
Galvanische Kopplung (Entladen: Motorbetrieb) und Bremsenergierückgewinnung (La-
oder Trennung der Stromkreise
den: Generatorbetrieb).
119
Lean BZ BZ-Stack mit > 400 Zellen bestimmt Mittelkreisspannung; einfaches Sy-
stem; begrenzte Pufferenergie der 12-V-StarterbBatterie
ohne BZ (>400 Zellen) bestimmt Mittelkreisspannung; einfaches System; C mit
Batterie BZ || C Startladeelektronik oder Wandler; Selbstentladung des Kondensators
B: ≪200 V BZ (> 400 Zellen) bestimmt Mittelkreisspannung; bidirektionaler Boost-
BZ || B k C DC/DC-Wandler für Batterie; optional Kondensator für Boost-Betrieb
unidirektionaler Buck-Boost-DC/DC-Wandler am Stack (≪ 400 Zellen);
BZ || B bidirektionaler Boost-DC/DC Wandler für Batterie; flexible Mittelkreis-
spannung durch Zwei-Wandler-Konzept
Plug-in unidirektionaler Buck-Boost-DC/DC-Wandler am Stack (≪400 Zelle);
B: >200 V BZ || B Batteriespannung spart DC/DC-Wandler; Kostenvorteile
Range Batterie bestimmt Mittelkreisspannung; kleine BZ (mit Wandler) zum La-
Extender BZ — B den der Batterie
4.8.3 Kraftstoffkonzepte
1995 BALLARD: Das Mark 900“-Fuel Cell Power Module liefert 250
”
V/75 kW aus 440 Einzelzellen und ist halb so groß wie Mark 700“.
”
1997–2015 BALLARD: sechs Brennstoffzellenbusse in Chicago und Van-
couver transportieren 200 000 Fahrgäste über 118 000 km (1997–
2000). Zur Winterolympiade 2010 angeschaffte zwanzig Busse im
kanadischen Whistler wurden nach 5-jähriger Testphase wegen der
dreifach höheren Unterhaltskosten durch Dieselbusse ersetzt.54 Die
Wasserstoffversorgung erfolgte mit Lastwagen aus Quebec.
1997 DBB F UEL C ELL E NGINES GmbH aus DAIMLER B ENZ AG, F ORD
Michigan Company (USA), BALLARD P OWER S YSTEMS Inc. (Van-
couver) – ab 2000: X CELLSIS, später N UCELLSYS – baut das
Methanol-Brennstoffzellenauto NECAR 3.
✄4.86 Citaro-Feldversuch mit Die Clean Energy Partnership von A RAL , BMW, BVG, DAIMLER ,
unterschiedlichen Wasserstoff- F ORD , GHW, L INDE , MAN, O PEL erprobt bis 2008 die Alltags-
quellen (2003–05) tauglichkeit von Wasserstoff im Verkehr.
Wasserelektrolyse Citaro-Stadtbusse (250 kW, 350 bar-CGH2 ) für Verkehrsbetriebe
Amsterdam ( grüner Strom“) in klimatisch, topografisch und sozioökonomisch unterschiedlichen
”
Barcelona (Solarstrom) Zonen Europas ( European Fuel Cell Bus Project“).
Reykjavik (Wasserkraft und ”
Straßenzulassung des F-Cell“ in Japan (65 kW, 350 bar-CGH2 ).
Geothermie) ”
Hamburg (Windkraft) G ENERAL M OTORS : Opel Zafira“ mit PEM-BZ und 4,6 kg-LH2 .
”
Erdgasreformierung J. Z EITLER (Kfz-Meister, Speinshart) auf der Hannover Messe:
Porto, Stockholm, Stuttgart 2,6 kW-H2 -Motorroller mit 50 bar-Metallhydridtank (mit GKSS-
Flüssigwasserstoff Forschungszentrum).
London A RAL : Wasserstofftankstelle in Berlin. R EYKJAVIK (Island): welt-
Gaslieferanten weit erste öffentliche Wasserstofftankstelle.
Luxemburg, Madrid 2005 DAIMLER : F600 Hygenius“ (85 kW) mit 60-kW-PEMFC, Lithium-
”
Ionen-Batterie und 700-bar-Wasserstoffspeicher. T OYOTA : Fine X“
”
mit 80-kW-PEMFC, Batterie und 700-bar-Wasserstoffspeicher.
2007/2011 DAIMLER : Mercedes B-Klasse F Cell“: 100-kW-Motor, 700-
”
bar-H2 -Tank, BALLARD-Brennstoffzelle und Lithiumionen-Batterie
2013–2019 VOLKSWAGEN -AUDI kooperiert mit BALLARD P OWER S Y-
STEMS
Luft ✲ Kompressor
Luft
Kühler
❈
❈ ✻
Expander ✛Abluft ❈
❈ ❈
❈ ❈
❈ ❈
H2 + CO2 ❈ ❈
❈ ❈
Katalytischer Brenner ✛ + Luft
❈ ❈
❈ ❈ ✲
Wärme Wärme ✛ ❈ ❲❈ ❄
❄ CH3 OH ❄ H2 +CO2 ✻
Brenn-
Methanol- ✲ Verdampfer
+ H2 O
✲ Reformer
+ CO ✲ Gas- H2 + CO2
✲ stoff-
tank ✻ reinigung
zelle
❄ ✻ ❄✻
Abluft Luft Kühlung
❄
Wasser- ✛ Wasser-
tank abscheider
4.12 Kühlsystem
Das Thermomanagement im Fahrzeug umfasst das Kühl-, Hei- ✄4.97 Normen und Vorschriften
zungs-, Lüftungs- und Klimasystem und deren Wechselwirkung. Entfrostung von Glas:
Normen und Vorschriften regulieren die aktive und passive Sicher- VO (EG) 672/2010
heit, Gefahren mit Hochspannung und Wasserstoff [46]. ✄Tab. 4.97 Heizungen, Motorabwärme
2001/56/EG
Die Kühlluft durchströmt Kondensator und Kühler (NT1, NT2, HT),
Fußgänger- und Frontschutz:
versorgt die Brennstoffzelle mit Kathodenluft und strömt über Un- VO (EG) 78/2009 etc.
terboden und Radlaufbereich ab (✄Abb. 4.98). Der für ausreichende Konfliktäre Ziele
Kühlleistung notwendige Luftmassenstrom erfordert einen großen Fußgängerschutz und Bauhöhe;
Staudruck an der Fahrzeugfront; Druckverluste in Kühlmodul und Stoßfänger und Kühlluftstrom;
Abluftströmung sollen klein sein. Die Wärmetauscher im Kühlmo- Lärm von Lüftern und Pumpen
dul werden vorzugsweise nach aufsteigender Kühlmitteltempera-
tur angeordnet. Hoch- und Niedertemperaturkreislauf stellen andere
Anforderungen als beim Fahrzeug mit Verbrennungsmotor (✄Abb.
4.99).
✄4.99 Wechselwirkende
Thermokreisläufe [69]:
Unterschiede zum
Verbrennungsmotor
Kühlmittel
NT1, NT2: gleich
HT: geringe Leitfähigkeit
Kühlleistung
HT deutlich höher, NT1 niedriger
Erweiterter Klimakreis
kühlt HV-Batterie im Sommer
Wechselwirkung
Wasserhaushalt BZ mit
HT-Kreislauf (Kaltstart/Bergfahrt)
HT = hohe Temperatur: Brennstoffzelle
NT = niedrige Temperatur: Batterie,
Antrieb
130
Brennstoffzelle
Ottomotor
100 kW (Stack +
100 kW
Batterie)
95 kW ǻVH°= 94.85 kW ǻVH°= 79.85 kW 80 kW
Brennstoffleistung 19% weniger
H2 Brennstoffleistung
Abgasenthalpie 2 kW
Abgasenthalpie bei
44.6 kW + Wärmestrahlung bei
80° C
800° C
✄4.104
HT-Kühlkreislauf
19 kW HT-Abwärme 40 KW Auslegungsfall
schnelle Berg-
HT - Kühlmittelaustritts-
19 kW ca. 115°C temperatur max. 95°C 40 kW fahrt [69]:
≥ 80 km/h,
Antrieb
Gesamt Abwärme
63.6 kW
238 W/K Kühlleistungs-anforderungen 667 W/K Gesamt Abwärme
44.6 kW peratur 35 ◦ C,
Antrieb: 31.3 kW
Klimaanlage
Antrieb: 33.95 kW*
Gesamtwirkungsgrad
BZ-Fahrzeug: 27 % geringere Gesamtabwärme und dennoch
Gesamtwirkungsgrad läuft, große
Faktor 2,8 höhere Anforderungen an das HT - Kühlsystem
Antrieb 33% Antrieb 43% Masse am An-
* Brennstoffzellenfahrzeug mit höherem Gewicht verglichen zum Verbrenner-Fahrzeug triebsstrang
132
✄4.105 DOE-Ziel: Für eine nachhaltige Kostensenkung müssen Stromdichte und Zell-
Strom-Spannungs-Kennlinie [50]
spannung erhöht werden. Das DOE-Ziel60 von 2,5 A cm/2 (heute
1,2 2,4
1,5) bzw. 1,6 W/cm2 (heute 1 W/cm2 ), spart etwa 35 % der Zell-
1 2
fläche ein; neben kleinerem Bauraum und geringerem Gewicht sin-
0,705 V
0,8 1,6
ken die Kosten um mindestens ein Fünftel. ✄Abb. 4.105
Leistung (W/cm2)
0,6 0,645 V 1,2
Die Leistungsspreizung hat Nachteile: Der BZ-Stack muss robust
0,4 0,8 sein bezüglich Gas- und Wassertransport. Der mittlere Wirkungs-
0,2 0,4 grad fällt leicht; die vom Innenwiderstand der Zelle ( Q̇ = I 2 Ri )
0 0
abhängige Kühlleistung muss erhöht werden (≈ 23 %).
0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5
Stromdichte (A/cm2)
✄4.107 Berechnung der Kosten für BZ-Stacks gleicher Zellenzahl N
A2 − A1 P − PA,1 K −K
90 32 Querschnittsänderung A1 = − A,2P ≈ 2K 1
Zunahme der Kühlleistung (%)
Verkleinerung der Fläche (%)
A,1 1
80 24
K = (a + b A)(N +1) + (a ′ + b′ A)N +K rest
| {z } | {z }
70 16 Kosten Bipolarplatten MEA
60
≈ N · k + k ′ · A + K rest
8
50 0
1,5 1,7 1,9 2,1 2,3 2,5
Stromdichte (A/cm2)
2,7 2,9
4.12.2 Komponenten des Kühlsystems
✄4.108 Ersatzschaltbild:
Isolationswiderstände im
Brennstoffzellenfahrzeug
✄4.109 Schematische
Wechselwirkung von
BZ-Kühlkreislauf und
Isolationswiderständen
Das Kühlmittel hat direkten Kontakt mit den Bipolarplatten. Ethy- ✄4.110 Elektrolytleitfähigkeit
und Isolationswiderstand
lenglycol-Wasser-Gemische müssen von Additiven (pH-Puffer, Sta-
bilisatoren) gereinigt werden; bei hohen Temperaturen oxidiert κ= ̺ 1 = F (c z u +c z u )
⊖ ⊖ ⊖ ⊕ ⊕ ⊕
Ethylenglycol zu Säuren. Kationen- und Anionentauscher müssen zi e
durch Korrosion aus Werkstoffen freigesetzte Ionen entfernen. u i = 6π ηr
i
1,5
Wasserstoff (Anode) und Sauerstoff (Kathode) nicht zu blockieren.
W
✄4.121 Fahrwiderstände Bergfahrten (>6 % Steigung, >20 ◦C, mittlere bis volle Klimati-
Luftwiderstand sierung) erfordern hohe Kühlleistung (HT und NT) bei moderatem
FL = 12 ̺L cw Av 2 Kühlluftmassenstrom (geringer Fahrtwind und Staudruck, ✄Tab.
Staudruck 4.121). Die Brennstoffzelle wird mit größtem Kühlmittelmassen-
pdyn = 12 ̺L v 2 strom gekühlt. Hohe Umgebungstemperaturen (35 ◦C) schmälern
Rollwiderstand das Temperaturgefälle am Kühler, obgleich die Fahrzeugkabine und
FR = m g f cos α
die Antriebsbatterie Kühlung benötigen. Abwärme und Kühllei-
Steigungswiderstand
Fs = m g sin α stung in Abhängigkeit der Fahrgeschwindigkeit schneiden sich in
Beschleunigungswiderstand einem Punkt, ab dem die thermische Limitierung (Überhitzung) ein-
Ra = m red dv
dt
setzt, ✄Abb. 4.120. Ist die Kühlleistung zu gering, ergibt sich eine
Gesamter Fahrwiderstand Diskrepanz zur Zielgeschwindigkeit. Die Klimatisierung verschärft
FW = FL + FR + Fs + Fa die Situation durch den Betrieb des elektrischen Kältemittelkom-
̺L Dichte der Luft pressors und des Kondensators.
cw Luftwiderstandsbeiwert
Für Kühlluft: cw ≈ 0,04
A Querschnittsfläche 4.12.3 Kühlluftströmung und Aerodynamik
v Anströmgeschwindigkeit
m Fahrzeugmasse inkl. Beladung
g Fallbeschleunigung Die Fahrzeug-Durchströmungsluft (Kühlluft, Kathodenluft, Innen-
f Widerstandsbeiwert
α Steigungswinkel raumklimatisierung) wird der Umströmungsluft entnommen und
m red Masse im Schwerpunkt wieder zugeführt (z. B. im Unterboden, Radlaufbereich), was den
Fahrzeug-Luftwiderstand um 5. . . 10 % erhöht [76, 81].
✄4.122 Stromlinien im Windkanal. Die Umströmung des Fahrzeugs kann mit sechs Größen model-
Bild: D AIMLER AG liert werden: Luftwiderstands-, Auftriebs- und Seitenkraft, Roll-,
Nick- (Kipp-) und Giermoment. Der statische Druckbeiwert (Druck-
koeffizient) cp bezieht sich auf die x-Achsenkomponente des stati-
schen Drucks bzw. der Strömungsgeschwindigkeit und hat Werte
zwischen –1 und +1, bezogen auf die Fahrzeugfront und die Aus-
trittsöffnungen. Die Öffnungsflächen des Kühlergrills liegen im Be-
reich hoher Staudrücke (cp > 0,9); die Luftaustritte auf der Unter-
✄4.123 Strömungsgeschwindigkeit
(in m/s) der Kühlluft: Ziergitter → seite im Vorderwagenbereich bei cp ≤ −0,3. Für den totalen Druck-
Getriebetunnel. Quelle: AUDI AG verlust über das gesamte Fahrzeug (Wertebereich: cp = –2 bis +1)
sind Korrekturen erforderlich. ✄Abb. 4.122-123
Kühlluftzufuhr. Brennstoffzellenantriebe erfordern gegenüber Ver-
brennungsmotoren den >1,5-fachen Kühlluftmassenstrom. Schnell
drehende Axiallüfter kühlen bei langsamer Fahrt, ehe der Staudruck
durch den Fahrtwind den Lüfter überbläst“. Gegenüber Flüssig-
”
keiten limitiert die Luftseite des Wärmetauschers die Kühlleistung
durch geringe Wärmekapazität und schlechten Wärmeübergang.
0 8 15 22 30
Das Kühlmodul im Auto verursacht nahezu 60 % des Druckver-
lusts, gefolgt vom Druckabfall nach dem Lüfter im engen Abstand
✄4.124 Statischer Druckbeiwert vor dem BZ-Aggregat; im übrigen Motorraum sind die Strömungs-
cp . Quelle: BMW
geschwindigkeiten und Druckverluste gering. Eintrittsöffnungen
befinden sich vorzugsweise am Bug über und unterhalb des
Stoßfängers; die Flächen betragen 30 bis 45 % der Kühlerfläche.
Einbauten, Streben, Sensoren und Signalhörner verschlechtern die
Anströmung der Kühler. Der für passive Sicherheit verstärkte Bug
erzwingt die Verlagerung des Kühllufteinlasses auf mehrere Öff-
nungen. Mit zunehmender Geschwindigkeit soll Luft durch die
-1 -0,8 -0,6 -0,4 -0,2 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 Stoßfängeröffnungen einströmen.
137
verlustbehafteter Druckbeiwert
pges − pa,∞
cp,ges = 2 /2
̺v ∞
v Strömungsgeschwindigkeit
p Druck: a = statisch, dyn = dynamisch
TL,a − TL,e
Kühlwärmestrom (kW/K)
2 2 Q̇
1Te = ṁ L c pL PL = ṁ L cp,L TK,e − TL,e
1,8 1,5
1,6
1
1,4
T −T
ε = Q̇ L = TL,a − TL,e
1,2
0,5
1
0,8
0,6
Q̇ max K,e L,e
0,4
0,2
1Te = TK,e−TL,e , größte Temperaturdifferenz zwischen Kühlmittel und Luft am Ein-
0 tritt (ETD). P dimensionslose Temperaturänderung (auf 1Te bezogen); e = Eintritt,
0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5 5,5
Massenstrom Kühlluft (kg/s) a = Austritt; ṁ Massenstrom, c p spezifische Wärmekapazität, T Temperatur (K, ◦ C).
Lüfter. Gebläse oder Ventilatoren fördern mit geringeren Druckun-
terschieden einen höheren Massenstrom als Verdichter. Axiallüfter
✄4.131 Lüfter: Arbeitspunkt eignen sich für den knapp bemessenen Raum im Fahrzeug zur
Kühlung bei geringem Fahrtwind und im Stillstand. Der stationäre
Druckaufbau Dp
”
reduzierter Wärmeeintrag im Kondensator des Kühlmoduls, was
durch eine weniger tiefe Innenraumtemperatur erreicht wird; wirk-
sam ist zudem ein höherer Hybridisierungsgrad. Weg
140
✄4.134 Verdampfungskühlung [47] Kondensator mit Wasserkühlung [74, 75]. Wird der Kondensa-
Wärmeübergangskoeffizient tor im Kältemittelkreislauf mit Wasser statt Luft gekühlt und mit
α (W K−1 m−2 ) dem Niedertemperatur-Kreislauf verbunden, 1. spart dies Platz im
durchströmtes Rohr: 250. . . 16 000 Vorbau des Fahrzeugs; 2. senkt den Druckabfall und steigert den
Sieden im Behälter: ≈30 000 Kühlluftmassenstrom im Kühlmodul; 3. vermeidet Leistungsspitzen
Blasensieden im Rohr: ≈200 000
für Verdichter und Kühlmodullüfter zu Gunsten der Brennstoffzelle
Wärmedurchgang im Rohr
(i = innen, a = außen)
[66]; 4. steigert die Kühlleistung an der Brennstoffzelle.
Q̇ = k A 1T Nachteil: Systemkomplexität. Die Kondensationstemperatur ober-
h
a 1 + da −di
i−1 halb der Umgebungstemperatur geht zu Lasten der Verdichterlei-
k = α1a + A Ai α 2λR
i stung; ein innerer Wärmetauscher mildert das Problem.
MEA
tende Kühlluft wird mit Flüssigwasser bestäubt, das verdunstet
(≈ 1,4 kg h−1kW−1 Kühlleistung). In der technischen Umsetzung
besteht die Gefahr, dass die Benetzung und Verdunstung ineffizi-
ent verlaufen und Druckverluste durch Wasseransammlungen im
Kühler entstehen. Nicht fahrzeugtauglich!
141
3 H2 O liefert 190 kJ/kg; es werden 19 kg/kWh oder 7–12 L/kWh benötigt. 200
Paraffin C18
Sorbit
5 Direktmethanol-
Brennstoffzelle (DMFC)
Seit den 1950er Jahren verfolgen Brennstoffzellenforscher die elek- ✄5.1 DMFC-Geschichte
trochemische Direktverstromung von Methanol und anderen Alko-
holen — eine faszinierende Idee! 1839/42 W. R. G ROVE:
schwefelsaure Knallgaszelle.
Direktbrennstoffzellen wandeln die chemische Energie des 1910 TAITELBAUM: anodische
Brenngutes — z.B. Wasserstoff, Methanol, Glucose — unmit- Oxidation gelöster Brennstoffe.
telbar in elektrische Energie um. Mit Blutzucker und -sauerstoff 1922 E. M ÜLLER: elektrochemi-
betriebene Zellen versorgen womöglich in ferner Zukunft künst- sche Methanoloxidation [26].
liche Herzen und Organe. 1951 K. K ORDESCH, A. M ARKO:
Indirekte Brennstoffzellen benötigen einen vorausgehenden kata- Direktmethanolzelle [6].
lytischen Zersetzungsschritt, der Wasserstoff aus dem Rohstoff 1963 B OSCH: Methanol-Sauer-
stoff-Batterie [24].
— z.B. Alkohol, Ammoniak, Cyclohexan, Methan, Flugbenzin W ILLIAMS und G REGORY:
— freisetzt (✄Kap. 10). Ein indirektes Oxidationsmittel ist Was- 40-Zeller mit 300 W.
serstoffperoxid, das katalytisch in Sauerstoff und Wasser zerfällt. 1967 USA: 100 W-DMFC für
militärische Anwendungen.
Methanol ist der elektrochemisch aktivste bekannte organische
Brennstoff, jedoch tausendmal inaktiver als Wasserstoff. Aus Erd- 1967/68 S HELL und E XXON-
A LSTHOM: DMFC mit geringer
gas, Kohle und Biomasse mit Wirkungsgraden von über 60–70 % Leistungsdichte in Schwefelsäure
leicht zugänglich, produziert flüssiges oder verdampftes Methanol und Alkalilaugen (15 mA/cm2 bei
in einer PEM-Brennstoffzelle direkt Strom. Jedes Methanolmolekül 0,5 V; 60 ◦ C; 7 W/kg).
liefert sechs Elektronen, was einer Ladungsmenge von rund 5 Ah/g 1972 Methanoloxidation mit
entspricht. In alkalischen Elektrolyten entsteht Carbonat, in sau- Ruthenium [10].
ren CO2 . Die hohe Energiedichte (6 kWh/kg) prädestiniert Metha- 1983 H ITACHI (Japan): DMFC
nol vor reaktiveren und gesundheitsschädlichen Brennstoffen wie mit sauren Elektrolyten [26].
Formaldehyd und Ameisensäure. Längerkettige Alkohole sind we- 1987 CEC (Europa)
niger reaktiv als Methanol, weil zusätzlich C–C-Bindungen gespal- 1993 S IEMENS : 0,5 V bei 400
ten werden müssen. mA/cm2 (O2 , 4 bar, 130 ◦ C) [27].
1994 UTC-Membranzellen: 0,7 V
Das unkomplizierte DMFC-System zeigt weitaus schlechtere Lei- JPL: Platinbeladung 0,5 mg/cm2
stungsdaten als die Wasserstoff-PEMFC, doch dafür entfallen (0,4 V; 0,1 A/cm2 ; 60 ◦ C).
Gasbefeuchtung, Luftkühlung und Reformierung. Die Methanol- BALLARD: DMFC-Entwicklung.
Wasser-Mischung muss mit einer Dosierpumpe präzise zugeführt 1995 J OHNSON -M ATTHEY:
werden. Die DMFC emittiert kein Kohlenmonoxid und hat einen ho- kohlegeträgerte PtRu-Elektroden
mit Nafion-Film.
hen Wirkungsgrad im Teillastbetrieb. Ungelöst ist die schleichende
2001 D AIMLER C HRYSLER:
Vergiftung des Elektrokatalysators durch Aldehyde, Carbonsäuren
Gokart mit 3 kW-DMFC.
und andere Zwischenprodukte der Methanoloxidation. Unerwünscht BALLARD: tragbare DMFC 500
ist auch der Methanoltransport von der Anode zur Kathode, wo W/ℓ Leistungsdichte.
die parasitäre Methanoloxidation ein Mischpotential mit der Sau- 2002 S MART F UEL C ELL:
erstoffreduktion erzeugt. ”
Remote Power System“ SFC 25.
DMFC-Stromgeneratoren sind kommerziell erhältlich. Die weitere 2006 Tragbares System Jenny“
”
2016 EFOY: 105 W, 12 V, 8,5 kg
Forschung verfolgt durchbruchsichere Membranen und Elektroden-
materialien ohne parasitäre Methanoloxidation.
Direktbrennstoffzellen
Synonyme: Direct Methanol Fuel Cell, DMFC
Niedertemperatur-BZ ≤100 ◦ C Typ: Niedertemperatur-Knallgaszelle ✄Tab. 5.2
Brennstoffe H2 , Kohlenstoff-,
Stickstoff-, Halogenwasserstoff-, Elektrolyt: Protonenleitende Membran (PEM)
Metallverbindungen.
Mitteltemperatur-BZ ≤500 ◦ C
Betriebstemperatur: 85 ◦C (60–130 ◦C), höher als bei der PEM-
Halogenwasserstoffe, organische
Stoffe, Ammoniak. Brennstoffzelle.
Hochtemperatur-BZ ≤1000 ◦ C
Wasserstoff, CO. Brennstoff: In der Elektrodenreaktion wird Wasser verbraucht, d.
Indirekte Brennstoffzellen h. reines Methanol ist nicht als Brennstoff einsetzbar.
vorgeschaltete H2 -Erzeugung. a) 1–2 molare Methanol-Wasser-Mischung (anodisch),
Reformer-Brennstoffzelle b) Methanol-Wasserdampf-Gemisch.
Biochemische Brennstoffzelle
Regenerative Brennstoffzelle Oxidationsmittel: Luftsauerstoff
mit Brennstoffrückgewinnung:
thermisch, elektrisch, Elektrodenreaktionen: Bei dem 6-Elektronen-Prozess entsteht
fotochemisch, radiochemisch anodisch CO2 und kathodisch Wasser.
Brennstoff: Wasserstoff
H2 + 1/2 O2 → H2 O(l) 2 – 237,3 – 286,0 1,229 83 Thermodynamischer Wirkungsgrad
H2 + Cl2 → 2 HCl(aq) 2 – 262,5 – 335,5 1,359 78 0 0
H2 + Br2 → 2 HBr 2 – 205,7 – 242,0 1,066 85 ηrev = 1G 0 = 1 − T 1S0
1H 1H
Brennstoff: Kohlenstoff Reversible Zellspannung
C + 1/2 O2 → CO 2 – 137,3 – 110,6 0,712 124 0
C + O2 → CO2 4 – 394,6 – 393,7 1,020 100 E 0 = −1G
zF
CO + 1/2 O2 → CO2 2 – 257,2 – 283,1 1,066 91
Reaktionsenthalpie
Brennstoff: Kohlenwasserstoffe
dE
1H 0 = −z F E 0 − T dT0
CH4 + 2 O2 → CO2 + 2 H2 O(l) 8 – 818,4 – 890,8 1,060 92
C3 H8 + 5 O2 → 3 CO2 + 4 H2 O(l) 20 –2109,9 –2221,1 1,093 95 Spannungswirkungsgrad
C10 H22 + 31/2 O2 → 10 CO2 + 11 H2 O(l) 66 –6590,5 –6832,9 1,102 97
ηU = EE
Brennstoff: Alkohole 0
5.3.1 Methanoloxidation
2. Oxidation des Platin-CO-Adsorbats mit Sauerstoff aus Wasser zu ✄5.6 Methanolsorption nach
H OGARTH u.a. [13].
Kohlendioxid. Im Gegensatz zu Pt-COad entsteht Ru-OHad bei nied-
rigerem Potential und vergiftet die Elektrodenoberfläche nicht. Un-
terhalb 450 mV RHE vergiftet COad , das unzureichend fortoxidiert
wird, die Platinoberfläche. Erst >550 mV RHE entstehen PtOH und
>800 mV RHE PtO-Spezies. Ruthenium spaltet aus Wasser OH-
Radikale ab, die das adsorbierte CO in Kohlendioxid und Wasser-
stoff entgiften (COad + OHad → CO2 + Had ).
(2a) Pt + H2 O → Pt-OHad + H⊕ + e⊖
Pt-COHad + Pt-OHad → CO2 + 2 Pt + 2 H⊕ + 2 e⊖
Pt und Ru stehen für ein oder meh-
Pt-COad + Pt-OHad → CO2 + Pt + H⊕ + e⊖ rere Oberflächenzentren.
(2b) Ru + H2 O → Ru-OHad + H⊕ + e⊖
Pt-COHad + Ru-OHad → CO2 + Pt + Ru + 2 H⊕ + 2 e⊖
Pt-COad + Ru-OHad → CO2 + Pt + Ru + H⊕ + 2 e⊖
Platin muss mit einer Oxidschicht belegt sein, damit das vergiften-
de Adsorbat CO zu CO2 umgesetzt wird. Unterhalb 450 mV be-
deckt Pt-CO die Platinoberfläche vollständig und verhindert die wei-
tere Chemisorption von Methanol; die Oxidation von Pt-CO und
Desorption von CO2 verläuft langsam.
150
5.3.2 Elektrokatalysatoren
Für die Methanoloxidation (Anode) sind wirksame und selektive
Katalysatoren rar.
✄5.7 1. Platin-Ruthenium-Legierungen mit Zusätzen von Zinn, Wolfram
Promotoren der Methanoloxidation
und Nickel verbessern die Aktivität der Anode, jedoch zu Lasten
Platinlegierungen mit: der Langzeitstabilität [19]. Bei ähnlicher TAFEL-Neigung sind
a) Platinmetalle: Ru, Os; Rh ternäre Legierungen besser als binäre:
b) Vanadiumgruppe: Re
c) Chromgruppe: Mo, W PtRuW, PtRuMo > PtRuSn > PtSn > PtAuRu > PtRu.
d) Gruppe 4: Sn, Pb Legierungselemente wie Ruthenium — schlechter auch Nickel,
e) Gruppe 5: Bi
f) Eisenmetalle: Ni Gallium, Titan, Rhenium, Rhodium, Molybdän, Zinn — be-
g) Titangruppe: Ti schleunigen die Methanoloxidation schon bei 250 mV. Auf dem
h) Halbmetalle: Ga Sekundärmetall bildet sich früher als auf Platin eine Sauerstoff-
adsorbatschicht, die zur Oxidation von adsorbierten Zwischen-
stufen notwendig ist.
Elektronischer Legierungseffekt. Ruthenium, ein Edelmetall
mit früher Hydroxidbildung, ist gegen Methanol inert, aber
vermag CO besser zu oxidieren, weil das adsorbierte CO
schwächer bindet als an Platin. Ruthenium liefert Elektro-
nen ins d-Band des Platins, wodurch die Rückbindung des
CO-π ∗ -Orbitals geschwächt wird [17]. Das Adsorbat wird
schwächer gebunden und die positive Teilladung am Kohlen-
stoffatom verstärkt — günstig für den nucleophilen Angriff.
Sekundäre Legierungsmetalle (Ru, Sn, Pb, Rh) werden her-
ausgelöst und vergrößern die aktive Elektrodenoberfläche.
Platin an gestörten Oberflächenplätzen oxidiert bei tieferem
Potential als glattes Platin. Der Vorteil ist nicht langfristig.
Das Sekundärmetall (Ru, Sn, W) bildet OHad -Spezies, die
von benachbarten Platinplätzen genutzt werden. Ternäre Sy-
steme Pt/Ru mit Rh, Ir, WOx , Sn erbringen in der Praxis keine
entscheidenden Vorteile gegenüber Pt/Ru.
4 EMIRS (Electro-Modulated Infrared Reflectance Spectroscopy) und FFT-
Methoden (SNIFTIRS, IRRASS).
151
5.3.3 Sauerstoffreduktion
Für die kathodische Sauerstoffreduktion wird vorzugsweise Platin ✄5.8 Katalysatoren für die DMFC
eingesetzt. Der parasitäre Umsatz von Methanol, das unerwünscht a) Anode
durch den Elektrolyten an die Kathode diffundiert, zu CO2 führt zu Pt/Ru
einem ungünstigen Mischpotential. Pt/Ru/C
Pt/RuO2
Vorteilhaft bei Platinlegierungen ist die mittelstarke Bindung
von Sauerstoff d. h. etwas schwächer als bei Platin. Die Akti- b) Kathode
vität für die Sauerstoffreduktion nimmt in der Reihe Pt3 Co > Platin
Pt/C
Pt3 Ni, Pt3 Fe > Pt3 V > Pt3 Ti > Pt ab. Platinmohr
N4 -Chelatsysteme für die Sauerstoffreduktion in schwefelsaurer Pt/Ru/C
Lösung — Eisenphthalocyanine, Cobalttetraazaanulen, Cobalt- C HEVREL-Phasen (Mo, Ru, S)
methylporphyrin — bremsen die parasitäre Methanoloxidation,
zeigen leider aber geringe Langzeitstabilität.
C HEVREL-Phasen — wie Mo2 Ru5 S5 und RuSeO — sind me-
thanoltolerant. Sie katalysieren die Sauerstoffreduktion weniger
aktiv, sind in Gegenwart von Methanol dem Platin aber über-
legen. Vorteilhaft erweist sich die Behandlung des Trägers mit
Schwefel, wogegen eine Pt/C-Elektrode vergiftet würde.
✄5.10 Methanoldurchbruch Dickere Membranen (Nafion 117) sind vorteilhaft, auf Kosten der
Leistung. Die DMFC-Membran wird durch den wasserhaltigen
Ip = z F AD δc + I ξ x
Brennstoff (Anodenseite) und das Reaktionswasser (kathodisch)
x Molenbruch Alkohol in Lösung
feucht gehalten. Kommerzielle protonenleitende Membranen erfor-
I Entladestrom dern eine Quellung in Wasser oder verdünnter Schwefelsäure. Ein
D Diffusionskoeffizient Zusatz von Polybenzimidazol (PBI), das man in Phosphorsäure quel-
des Alkohols in PEM len lässt, schafft Membranen mit nicht-wässrigem Leitungsmecha-
c Alkoholkonzentration an der
Grenzfläche Anode/PEM
nismus und verringerter Wasser- und Methanoldurchlässigkeit, wirft
δ Dicke der PEM-Membran aber andere Systemnachteile auf.5 Neuartige Polymerblends sind
ξ elektroosmotischer Koeffizient noch nicht ausreichend stabil. ✄Tab. 5.10-11, ✄Kap. 4
Alternative Elektrolyte zur Polymermebran sind flüssigkeitsgefüll-
✄5.11 Leitfähigkeit und Methanol-
te Keramiken oder Kohlenstoffnanomaterialien.
permeabilität Saure Lösungen wirken korrosiv; die Sauerstoffreduktion läuft
langsamer als in Alkalien. Anorganische Zinnphosphate und Si-
S/cm cm2 /s
loxane sind 100-fach weniger protonenleitfähig als Nafion.
Nafion 117 0,110 167·108 In alkalischen Elektrolyten wie Kalilauge läuft die Methanoloxi-
Nitrilfunktionalisiertes
disulfoniertes Poly- dation schneller als in Säuren; die Absorption von CO2 unter
arylenethersulfon 0,090 85·108 Ausfall von Kaliumcarbonat verbietet den Einsatz jedoch.6 Poly-
Sulfoniertes Poly- mere Anionenaustauschermembranen, die oberhalb 60 ◦C in der
arylenetherethernitril DMFC chemisch stabil sind, werden erforscht. Wässrige Car-
(m-SPAEEN-60) 0,057 26·108
Sulfoniertes
bonatlösungen — wie Cäsiumcarbonat bei 180 ◦C und 10 bar
Polystyrol 0,050 52·108 (G INER [8]) — sind zumindest theoretisch langzeitstabil.
2. Die MEA ist wie bei PEM-Brennstoffzellen aus heißverpressten
Lagen aufgebaut [18]. ✄Abb. 5.12
Gasdiffusionsschicht (GDL): Grafitpapier oder thermoplastge-
bundener Kohlefaserverbund, hydrophobiert.
Hydrophobe Kohlegrundschicht (Catalyst Diffusion Layer):
PTFE-gebundene, gemahlene Ruß- oder Grafitpartikel, z. B. im
✄5.12 Aufbau einer MEA. Siebdruck auf die GDL aufgebracht.
❡
1 2a 2b 3 Katalysatorschicht (Catalyst Layer): Nanopartikel in Nafion R -
Suspension. Anodisch kommen kohlegeträgerte Pt/Ru-
Legierungen, kathodisch Platin zum Einsatz. Als Kompro-
miss zwischen Preis und Leistung beträgt die Beladung 4 %
(Kathode) und 2 % (Anode) oder je 5 %.
Protonenleitende Membran: Nafion 117, PBI/H3 PO4
DMFC-Anoden bestehen z. B. aus mit Nafion-Lösung imprägnier-
tem Grafitpapier, auf das kohlegeträgertes Pt/Ru oder Pt/Ru-Mohr
aufgebracht wird. Kathoden enthalten Platinmohr auf hydrophobi-
siertem Grafitpapier [17]. Hydrophob-verstärkte Stützschichten er-
leichtern den Wasserabtransport.
1 Gasdiffusionsschicht (GDL):
hydrophobiertes Kohlepapier. 3. Stromsammler (Current Collector) und Bipolarplatten aus Gra-
2a Kohlegrundschicht
(engl. carbon base layer): fit, Niob oder Stahl tragen Strömungskanäle auf der Brennstoff- und
PTFE-gebundener Ruß. Luftseite (Gitter, Lochplatte, Prallelfeld). Die Dichtigkeit des Stacks
2b Katalysatorschicht: erfordert vorzügliche Ebenheit.
kohlegeträgertes Platin.
3 PEM-Membran. 5 In Methanol-Wasserdampf; flüssiges Wasser würde die Phosphorsäure auslaugen.
✄Kap. 5.4 (Wasserentfernung) 6 Das Problem ist bei der AFC beschrieben.
153
✄5.16
Gegenmaßnahmen: Mathanolbarriere vor der Anoden-GDL (Mem-
Kathodisches Wassermanagement bran, poröse Platte, Hydrogel), verbessertes Anodenströmungsfeld.
Ziele Zur Wasserentfernung — Reaktionswasser und Elektroosmose7
Verhindern der Austrockung — wird die Zelle mit großem Luftüberschuss (Volumenstrom oder
Rückgewinnung von Wasser Differenzdruck) betrieben. Wasser erhöht den Druckverlust in der
Befeuchtung der Membran
Luft-Strömungsplatte, je nach Kanalgeometrie und -länge. Durch
Methoden
die Membran permeierendes Wasser wird mit dem Abgasstrom auf
1. GDL oder Kohlepapier
2. hydrophobes Luftfilter der Wasserstoffseite ausgetragen. Hilfreich sind wasserabweisende
3. Wasserrückhaltepartikel Schichten und Rippenplatten an der Kontaktstelle mit der Membran
(SiO2 /Nafion) (S ANYO, US 6,492,054). ✄Tab. 5.16
Zur CO2 -Entfernung auf der Methanolseite ist ein Minibelüftungs-
ventil (Ø 0,01 mm2 ) nützlich, damit CO2 -Blasen nicht die Metha-
nolzufuhr blockieren. An der Anode regulär gebildetes CO2 löst sich
im Wasser und diffundiert unerwünscht durch die Membran zur Ka-
thode. Die parasitäre CO2 -Diffusion kann im Stickstoffbetrieb (kei-
ne Methanoloxidation) messen.
5.4.1 Strom-Spannungs-Kurve
✄5.17 Realen Zellspannung: Die reale Zellspannung, als Differenz des Potentials von Anode
ohmsche und kinetische Verluste
und Kathode, wird wesentlich von der Methanolxodation (Anode)
✻❤ bestimmt. Bei hohen Strömen treten Durchtritts- und Transport-
1,23 ❤ ❤ ❤❤❤ R✻ hemmungen auf und der ohmsche Spannungsabfall in Elektrolyt
❤❤I❤ ❄
η(Kathode) ✻
und Elektrodenmaterialien wächst. Der Stromwirkungsgrad steigt,
✻ ❄ der Spannungswirkungsgrad fällt mit zunehmendem Strom; u. a.
1,18 V
U (I )
wegen des Methanoldurchbruchs. Die höchste Leistung liefert die
(100 %) DMFC vor Erreichen der Stofftransporthemmungen bei mittlerer
❄ ✻ Zellspannung. Bei kleinen Zellspannungen (hohen Strömen) ist der
η(Anode)
✭✭❄
Wirkungsgrad gering. Die Strom-Spannungs-Kennlinie einer PEM-
✭✭✭✭✭✭ I R ✻ DMFC mit Pt/Ru-Anode und Pt-Kathode besteht aus drei Regionen:
0,046 ✭ ✲
❄
Strom Aktivierungsbereich (steiler Abfall),
pseudolinearer Bereich,
Grenzstrombereich: Stofftransporthemmung bei hohen Strömen.
2. Steigender Betriebsdruck verbessert die Zellspannung bei kon- ✄5.18 Kennlinien im Luftbetrieb
stanter Temperatur. Oberhalb 110 ◦C sind anodenseitig Drücke (1,5 bar; 0,5 mol/ℓ Methanol) [15]
über 1,5 bar notwendig, sonst trocknet die Membran aus. Damit U /V
die Membran nicht durchbricht, muss auf der Kathodenseite der •◦
Druck angepasst werden — was aber den Systemwirkungsgrad 0.8
verschlechtert. Die Kompressorleistung steigt logarithmisch mit
dem Druckverhältnis (✄Tab. 5.19). Ein Expander liefert einen
◦
Teil der Kompressionsenergie zurück. • ◦
0.6
•
◦ 110◦ C
3. Die Methanolkonzentration für die optimale Versorgung der An- ◦
•
ode und gegen den unerwünschten Durchbruch zur Kathode ist ◦
• ◦
für jede Stromdichte unterschiedlich.
0.4 • ◦
Bei geringer Versorgung der Anode mit Methanol ist die Ru- 80◦ C
•
hespannung am größten; aber oberhalb 500 mA/cm2 knickt
die Kennlinie vertikal ab (Transporthemmung).
0.2
Überversorgung mindert die Zellspannung bei kleinen und
0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5
mittleren Stromdichten durch ein Mischpotential, jedoch sind
i / A cm−2
Stromdichten über 1 A/cm2 [27].
4. Luftüberschuss. Mit steigender Sauerstoffkonzentration an der
Kathode verbessert sich die Zellspannung (bei gegebenem ✄5.19 Kompressor
Strom). Im Luftbetrieb ist ein 2- bis 3-facher Luftüberschuss Arbeitsprozess:
(λ > 2) vorteilhaft; eine weitere Erhöhung bringt keinen Vorteil. Adiabate Gasverdichtung
Weniger als die 2-fache stöchiometrische Luftmenge mindert die Reale Antriebsleistung
Zellspannung erheblich. P = ṁ w
Reale spezif. Arbeit
w = h 2 − h 1 = cp (T2 − T1 )
5.4.2 Impedanzspektrum Isothermer Wirkungsgrad
w P p
ηT = wT = PT = RT1 ln p2
1
Das Impedanzspektrum der DMFC zeigt drei Kurvenbögen, wo-
bei die niederfrequenten Stofftransporthemmungen stark ausgeprägt
sind. Aus der gemessenen Zellimpedanz (im Luftbetrieb) und der
Anodenimpedanz kann man die Kathodenimpedanz berechnen [17].
An der Anode dominieren kinetische Hemmungen, an der Ka-
thode die Stofftransporthemmung. Die Kathodenimpedanz ist ver-
nachlässigbar, wenn man die Kathode mit Wasserstoff statt Luft
✄5.20 Qualitative
umspült; an dieser dynamischen Wasserstoffelektrode werden dann
Anodenimpedanz der DMFC
Protonen reduziert und Wasserstoff abgeschieden. (mathematische Konvention).
Anode. Die Ortskurve der Anodenimpedanz zeigt drei Kreisbögen, 0 Kontakte, Membranbulk.
wobei der mittlere Elektrodenbogen dominiert. ✄Abb. 5.20 1 Membran (Korngrenzen).
2 Elektrodenbogen.
1. Membranbogen (>1 kHz: Grenzfläche Membran/Elektrode). Ty- 3 Stofftransportbogen.
pisch für Ionenleiter sinkt der Membranwiderstand (Kreisdurch-
Im Z
messer) mit zunehmender Temperatur, wächst mit zunehmender
Membrandicke und ist unabhängig vom Strom.8 Der Wasser- ✻0 3
und Methanoldurchbruch durch die PEM-Membran steigt mit zu- ❄ ✲
nehmender Temperatur, besonders bei kleinen Strömen — was 2
Membranwiderstand und -kapazität verändert. 1 Re Z
✄5.21 Impedanzmodell der Das Impedanzmodell von C ONWAY und H ARRINGTON [12] be-
DMFC-Anode
schreibt die FARADAY-Impedanz der DMFC-Anode bei kleinen
CD und mittleren Strömen (ohne den Membranbogen). Bei der Impe-
danzmessung ändern sich Oberflächenbelegungsgrad und Strom pe-
RD riodisch mit dem sinusförmigen Anregungssignal. RD bildet den
Elektronendurchtritt bei konstantem Belegungsgrad θ ab. R0 und L
entsprechen dem vom Belegungsgrad abhängigen Teilstrom.
(2) + H2 O
R0 L
Anodenreaktion: CH3 OH
(1)
✲ COad ✲ CO2
−4H⊕ − 4e⊖ −2H⊕ − 2e⊖
h i−1
Anodenimpedanz: Z(ω) = R1 + 1
D R 0 + j ωL
dre
1
Durchtrittsreaktion: R = F dE
D θ
157
1 = − dre
Adsorption: R0 dθ E CD Doppelschichtkapazität
L Adsorptionsinduktivität
dre drCO
1 = F RD Durchtrittswiderstand
L qCO dθ E dE θ
R0 Adsorptionswiderstand
vi Reaktionsgeschwindigkeit
Nettobildungsrate: re = 4v 1 + 2v 2 = FI θ Bedeckungsgrad
q dθ E Elektrodenpotential
rCO = v 1 − v 2 = CO F dt F FARADAY-Konstante
I Strom,
Im stationären Zustand: v 1 = v 2 und rCO = 0.
qCO Ladung für eine
Adsorptionsmonoschicht
Kathode. Die Ortskurve der Kathodenimpedanz zeigt drei Kreis-
bögen; Stofftransporthemmungen dominieren. Die Oxidation von
Methanol, das unerwünscht von der Anode durch die Membran dif-
fundiert, verzehrt Sauerstoff. Es bildet sich ein Mischpotential von
Sauerstoffreduktion und Methanoloxidation.
1. Membranbogen: Rechnerisch der Anodenimpedanz zugeordnet.
2. Elektrodenbogen (Sauerstoffreduktion). Der Durchtrittswider-
stand ist groß 1. bei kleinen Strömen, 2. Sauerstoffmangel und
3. Wasserüberschuss. Ein 45◦ -Geradenabschnitt bei hohen Fre-
quenzen bildet den Stofftransport in der Katalysatorschicht ab.
3. Kapazitiver Stofftransportbogen: Ursächlich ist die Gasdiffusion
von Sauerstoff in Luft und Wasserdampf.
In Reinsauerstoff (λ > 2) verschwindet der Bogen.
Wasser, das elektroosmotisch von der Anode zur Kathode ✄5.22 Diffusionskoeffizienten
gelangt, bildet eine Diffusionsbarriere für Sauerstoff. Nütz- in Wasser (25 ◦ C).
lich ist eine zusätzliche hydrophobe Kohlenstoffschicht zwi- H⊕ 9,26·10−5 cm2 /s
schen Katalysator und Gasdiffusionsschicht, um überschüssi- H2 9,75·10−5 cm2 /s
ges Wasser aufzusaugen. ✄Tab. 5.22 O2 2,41·10−5 cm2 /s
CH3 OH 1,58·10−5 cm2 /s
Methanoldurchbruch, besonders bei kleinen Strömen, lässt
den Widerstand (Kreisdurchmesser) anwachsen. E INSTEIN -S CHMOLUCHOWSKI -
Gleichung: statistische Be-
Mit steigender Temperatur können die Abschnitte 2 und 3 zu einem schreibung der Diffusion durch
großen Bogen verschmelzen (τ1 < 10 τ2). Elektroosmotischer Was- Teilchen, die ungeordnet von Ort
zu Ort springen.
sertransport und Methanoldurchbruch nehmen zu.
Sprungweite r 2
Degradation. Gealterte PtRu/C-Elektroden zeigen in XPS-Studien D = Sprungzeit 2τ
schwindende Ruthenium- und zunehmende Kohlekonzentration. Zeitkonstante
PTFE fragmentiert in weniger hydrophobe Bruchstücke. ✄Kap. 4 r2 = 1
τ = 2D 2π f m
f m Frequenz am Ortskurven-
5.4.3 Cyclovoltammetrie minimum
r Dicke der Katalysatorschicht
Ein Zusatz von Methanol oder Einblasen von CO in Schwe-
felsäure an kohlegeträgerten Platinelektroden zeigt den großen CO-
Oxidationspeak bei 800 mV RHE [17], der mit dem CO-Adsorbat
korreliert. Die Pt-H-Peaks bei 0–300 mV RHE verschwinden, weil
die Oberfläche durch dissoziative Adsorption des Methanols mit CO
bedeckt ist. An Pt/Ru-Elektroden erfolgt die CO-Oxidation bereits
bei 600 mV RHE.
158
5.5 Anwendungen
✄5.23 B OSCH-Brennstoffzelle 1963 Die frühen Anstrengungen der Mineralölfirmen und Automobilzu-
Nennspannung: 12 V lieferer in den 1960er Jahren zielten bereits auf mobile und por-
Leistung: 100 W table Anwendungen der DMFC (✄Abb. 5.23, 5.24). Stromdichten
Elektrolyt: KOH um 50 mA/cm2 bei 0,4 V Zellspannung, FARADAY-Wirkungsgrade
Betriebstemperatur: 65–70 ◦ C
Maße: 60 × 60 × 44 cm3
von 50 % und Systemwirkungsgrade unter 15 % im alkalischen Sy-
Masse: 90 kg stemen erschweren Anwendungen bei technisch interessanten Lei-
stungsdichten. Ursächlich sind die Überspannung der Methanolan-
ode, die Vergiftung des Katalysators und die CO2 -Empfindlichkeit
von Kalilauge. PEM-Zellen brachten einige Verbesserungen.
✄5.24 Experimental-Gokart mit Das Brennstoffzellensystem benötigt einen Methanol-Wasser-
3 kW-DMFC im Heck (2001). Kreislauf mit eingestellter Methanolkonzentration. Die Versorgung
Bild: D AIMLER AG der DMFC mit den Reaktionsteilnehmern, die sowohl flüssig als
auch gasförmig vorliegen, ist nicht einfach.
Methanolkreislauf (Anodenseite): Methanoltank, Dosier- und
Umwälzpumpe, Füllstandskontrolle, Methanolsensor, Wasser-
zufuhr, Heizung für die Startphase.
Luftversorgung (Kathodenseite): Verdichter.
Kühlsystem: Kühler, CO2 -Abscheider (Anode), Wasserabschei-
der (Kathode).
Elektrik: Wechselrichter, Steuerung, Regelung.
✄5.25 Typische Leistung je Elek- Bestechend ist die Einfachheit des DMFC-Systems. Bei 0,5 V gefor-
trodenquerschnittsfläche [1]
derter Zellspannung liefert die DMFC grob 0,2 A/cm2 Stromdichte
Mit Methanol-Verdampfer: und 0,1 W/cm2 Leistung (✄Tab. 5.25). Der Spannungswirkungs-
30. . . 100 . . . 150 mW cm−2 grad erreicht 0,5 V/1,18 V = 42 %. Für eine Nutzspannung von
Mit Pervaoprationr: 200 V müssen 400 Einzelzellen in Serie geschaltet werden. Ein 20
5 . . . 20 . . . 40 mW cm−2 kW-Aggregat erfordert eine aktive Elektrodenfläche von 500 cm2 .
Die zulässige Degradation der Zellspannung von 10 µV/h für eine
Betriebsdauer von 3000 h (mobil) bzw. 40 000 h (stationär) wurde
bislang nicht erreicht. Mit steigender Stromdichte bricht Methanol
durch die PEM-Membran und mindert die Zellspannung. Dazu
kommen die bekannten Probleme des PEM-Systems im Winter-
✄5.26 Portable DMFC und Schlechtwetterbetrieb. Die Vergiftung der Anode mit CO
2000 M ANHATTAN S CIENTIFIC: kann durch Einblasen von Luft in den Brenngasstrom verlangsamt
Mikro-DMFC mit MEA-Band (io- werden (Air bleed, US 4,910,099), führt aber zu Leistungseinbußen
nengeätzte Polymerfolie, abschnitts-
durch parasitäre Oxidationsreaktionen. Auch Wasserstoffperoxid
weise aufgebrachte Luft- und Brenn-
gaselektroden als Oxidationsmittel begünstigt die CO-Oxidation, aber schädigt
2001 BALLARD: tragbare DMFC langfristig die PEM-Membran.
mit 500 W/ℓ.
2002 S MART F UEL C ELL: Portable Anwendungen
Remote Power System“
”
SFC 25.2500 R.
Die aktuelle PEM-DMFC-Technologie überzeugt für stationäre An-
2003 Entwicklungen bei NEC,
T OSHIBA , M OTOROLA , G INER , lagen und Elektrofahrzeuge nicht. Vielversprechend scheinen trag-
S ANYO bare Brennstoffzellen als Batterieersatz. Statt Batterien auszuwech-
2016 Geschätzer DMFC-Markt: seln oder Akkumulatoren nachzuladen, ermöglicht das nachfüllbare
1 Mrd. US-$ Methanol längere Betriebszeiten.
159
MTI M ICRO F UEL C ELLS Inc.: 1800 Wh/kg und 0,1 W cm−2
Materialien
[10] A. B INDER , A. K ÖHLING , G. S ANDSTEDE, From Electrocatalysis to fuel
cells. Seattle: Univ. of Washington Press, 1982.
[11] R. P. H. G ASSER , An Introduction to chemisorption and catalysis by metals.
Oxford: University Press, 1985.
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rect Methanol Fuel Cells, Platinum Metals Rev. 40(4) (1996) 150–159.
(b) V. S. BAGOTZKY, Y. B. VASILIEV, O. A. C HASOVA , J. Electroanal. Chem.
81 (1977) 229.
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(d) H. A. G ASTEIGER , N. M. M ARKOVI , P. N. ROSS , E. J. C AIRNS , J. Elec-
trochem. Soc. 141 (1994) 1795.
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NUCCI , N. G IORDANO , Electrochim. Acta 39 (1994) 691.
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(g) A. B. A NDERSON , E. G RANTSCHAROVA , J. Phys. Chem. 99 (1995) 9149.
(h) L. L IU , R. V ISWANAHAN , R. L IU , E. S. S MOTKIN , Electrochem. Solid
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[14] CO-Absorption an Platin. (a) T. I WASITA , F. C. N ART, W. V IELSTICH, Ber.
Bunseges. Phys. Chem. 94 (1990) 1030; J. M. L EGER , C. L AMY, ibid. 1021;
und andere Autoren dort.
(b) J. W ILLSAU , J. H EITBAUM, J. Electroanal. Chem. 161 (1984) 93; Electro-
chim Acta 31 (1986) 943.
[15] Anorganische Protonenleiter: J. K JAER , S. Y. A NDERSEN , N. A. K NUDSEN ,
E. S KOU , Solid State Ionics 46 (1991) 169.
[16] E. M ÜLLER , Z. Elektrochem. 28 (1922) 101.
162
6 Phosphorsaure
Brennstoffzelle (PAFC)
6.2.1 Phosphorsäure
Phosphorsäure H3 PO4 ist bis 225 ◦C elektrochemisch stabil; ober- ✄6.4 Phosphorsäure
halb 150 ◦C ist die Leitfähigkeit ausgezeichnet. Beim Eindamp- Leitfähigkeit
fen wässriger Lösungen bilden sich Diphosphorsäure H4 P2 O7 und 95 % H3 PO4 : >0,6 S/cm (200 ◦ C)
höhere Phosphorsäuren, sobald die Zusammensetzung H3 PO4 · H2 O Säurekonzentration
erreicht ist [5]. 100%ige Phosphorsäure,1 die heute wegen ih- 190 ◦ C, 1 bar: 98–100 % H3 PO4
res geringen Wasserdampfdrucks zur Korrosionsprävention in der 205 ◦ C, 8,2 bar: 93 % H3 PO4
PAFC eingesetzt wird, ist fest und schmilzt bei 42 ◦C. Unterhalb Wasserdampfdruck
95 % H3 PO4 steigt der Wasserdampfdruck steil an. 92–95 % Phos- 108 % H3 PO4 3 mbar
phorsäure unterliegt der Autodehydratisierung und Autoprotolyse. 103 % H3 PO4 10 mbar
97 % H3 PO4 120 mbar
H4 PO⊕ ⊖
4 + H2 PO4 ⇋ 2 H3 PO4 ⇋ H4 P2 O7 + H2 O 93 % H3 PO4 300 mbar
Die Sauerstoffreduktion verläuft langsamer als in Schwefel- oder 85 % H3 PO4 450 mbar
Perchlorsäure, weil an der Elektrode anhaftendes Phosphat die Sau-
erstoffadsorption behindert. Bei steigender Temperatur und steigen-
dem Druck bilden sich Polyphosphorsäuren. Oberhalb 150 ◦C liegen
Diphosphorsäure und andere hochgradig dissoziierte Polyphospha-
te vor und die Anionenadsorption ist klein.
Verdünnte Phosphorsäure wurde früher wegen korrosionsempfind-
licher Komponenten eingesetzt. Heute sind resistente Materialien
verfügbar und die Langzeitstabilität der kohlegeträgerten Elektro-
den wird in 100%iger Säure verbessert.
Der Dampfdruck wässriger Säuren ist hoch; oberhalb 100 ◦C destil- ✄6.5 Leitfähigkeit κ verschiedener
Elektrolyte
liert Wasser ab, was den Einsatz in der PAFC verbietet.
Schwefelsäure H2 SO4 ist hochleitfähig (um 1 S/cm), aber flüchti- wässrige Elektrolyte mS/cm
ger als Phosphorsäure und wird kathodisch zu Schwefliger Säure
KOH in Ni-Cd-Zellen 620
H2 SO3 und etwas H2 S und Schwefel reduziert. H2 SO4 im Bleiakku 850
Perchlorsäure HClO4 kann als starkes Oxidationsmittel die Explo-
sion des Brennstoffes herbeiführen. nichtwässrige Elektrolyte
Salzsäure HCl und Bromwasserstoffsäure HBr werden in 1,16 mol/ℓ LiClO4 , DMF 22
1,39 mol/ℓ LiClO4 , DME-PC 15
Wasserstoff-Halogen-Zellen hoher Leistungsdichte eingesetzt.
Die Reaktionen an der Chlor- und Bromelektrode verlaufen schnel- DMF Dimethylformamid
ler als an der Sauerstoffelektrode; die Austauschstromdichte beträgt (bis 105 ◦ C)
DME Dimethoxyethan
1 mA/cm2 gegenüber 1 nA/cm2 ; komplizierte Oxiddeckschich-
EG Ethylenglycol
ten entstehen nicht. Hin- und Rückreaktion laufen am gleichen PC Propylencarbonat
Elektrokatalysator ab. Jedoch ist die Korrosionsstabilität der Zell- GBL γ -Butyrolacton
komponenten problematisch. Für die PAFC ist HCl zu flüchtig und
Perchlorsäure HClO4 zu instabil.
6.2.3 Supersäuren
✄6.6 Hammett-Säurefunktion: ent- Supersäuren sind Gemische starker L EWIS -Säuren (SO3 , BF3 ,
spricht dem pK einer Supersäure.
AsF5 , SbF4 ) und starker B R ÖNSTED-Säuren (HSO3 F, HClO4 ), de-
Säure H0 ren Acidität Schwefelsäure übertrifft. Im weitesten Sinne kann man
HSO3 F + 25 mol-% SbF5 –21,5 ❡
auch Nafion R als Supersäure auffassen.
HF + 0.6 mol-% SbF5 –21,1
HSO3 F –15 Magische Säure (SbF5 /HSO3 F) protoniert selbst Schwefel-, Koh-
H2 S 2 O7 –15 len-, Ameisensäure, Formaldehyd und Fluorbenzol, und erzwingt
H2 SO4 –12 die Hydridabspaltung aus H2 . Das extrem acide H2 SO3 F⊕ -Kation
HF –11
entsteht durch Autoprotolyse der Fluorsulfonsäure HSO3 F, wenn
HF + 1 M NaF +8,4
H3 PO4 +5,0 das SO3 F⊖ -Anion durch Adduktbildung aus dem Gleichgewicht ab-
H2 SO4 63 % +4,9 gezogen wird.
HCOOH +2,2 Die H AMMET-Gleichung beschreibt die Stärke von Supersäuren.
cB Konzentration einer schwa- c ⊕ c c ⊕
chen Indikatorbase ( p-Nitroanilin, H0 = pK I − lg BH
cB mit pK I = − lg cB H⊕
BH
aromatische Nitroverbindungen)
in der hochverdünnten Säure, In verdünnter, wässriger Lösung ist:
spektroskopisch bestimmt.
γB
cBH⊕ Konzentration der korres- H0 = pH − lg γ
BH⊕
pondierenden Indikatorsäure
H 0 Hammett-Säurefunktion
pK I Säureexponent des
Indikatorsystems
6.3 Elektrodenmaterialien
γ Aktivitätskoeffizient
PAFC-Gasdiffusionselektroden werden in Folientechnik hergestellt.
Als Elektrodenträger dient poröses Grafitpapier aus 10 µm großen
Glaskohlenstofffasern, die in grafitiertes Phenolharz eingebettet
sind. Die Hydrophobisierung der Trägerschicht (backing layer) mit
Fluorpolymeren (PTFE) bestimmt den Wasserhaushalt der Zelle.
Aktivschicht. Der Platinkatalysator wird kolloidal in 10%-iger Be-
ladung auf Acetylenruß (z. B. Vulcan XC-72) abgeschieden, mit
30–40 % PTFE als Binder vermischt und auf das Substrat aufge-
strichen oder gedruckt.2 PTFE hydrophobisiert die Elektrodenober-
fläche, schafft eine wirksame Dreiphasengrenze Elektrolyt/Elektro-
de/Gasraum und verhindert das Fluten der Poren. Die Verteilung
des hydrophoben Binders bestimmt maßgeblich die Struktur der
porösen Elektrode und die Dreiphasengrenze. Die <100 nm klei-
nen Kohleteilchen schaffen eine große spezifische Oberfläche für
die feinverteilten Platinnanokristallite. Die Platinbelegung beträgt
anodisch ca. 0,1 mg/cm2 , kathodisch 0,5 mg/cm2 . Oxidbildung und
Adsorbatfilme auf der Kathode und das Zusammensintern der Pla-
tinpartikel mindern die Lebensdauer und aktive Oberfläche.
2 Rakeln, doctor-blade process; Siebdruck, tape casting.
167
6.3.2 Sauerstoffreduktion
✄6.9 Überspannung der Sauerstoffre- Platinlegierungen (Pt-Co. Pt-V, Pt-WO3 ) verbessern die Elektro-
duktion (0,2 A/cm2 ) [6] denaktivität vorübergehend. Das Sekundärmetall wird aus der Ober-
MCFC fläche und langsamer aus dem Bulkmaterial herausgelöst, wodurch
(Ni, NiO, 650 ◦ C) <0,1 V die aktive Oberfläche zunimmt. Die Sauerstoffreduktion selbst wird
AFC
(Pt, Pt, 65 ◦ C) 0,1 V
nicht beschleunigt.
PEMFC
(Pt, Pt, 100 ◦ C) 0,25 V
PAFC 6.3.3 Kohlegeträgerte Platinkatalysatoren
(Pt, Pt, 190 ◦ C) 0,4 V
Aktivierung: ✄Kap. 2.9 Kolloidales Platin wird durch Hydrolyse von Komplexsalzen auf
hochoberflächige Aktivkohlepartikel abgeschieden [6, 13].
1. Herstellung von Na6 Pt(SO3 )4 (Vorstufe):
(a) Hexachloroplatinsäure mit Soda (H2 PtCl6 + Na2 CO3 →
Na2 PtCl6 ), Zugabe von Natriumhydrogensulfit und Natrium-
disulfit, Neutralisieren mit Soda auf pH 7.
(b) Pt(NH3 )2 Cl2 mit Natriumsulfit.
(c) H2 Pt(OH)6 mit Natriumsulfit kochen.
2. Protonierung im Ionenaustauscher, Aufkochen unter SO2 -
Abspaltung. Trocknen des Platinmohrs bei 135 ◦C.
3. Platinmohr in wässriger Suspension über Aktivkohle filtern, wo-
bei das Platin adsorbiert.
6.3.4 Elektrodenstabilität
✄6.10 Widerstand von Kohle Die Degradation der PAFC liegt typisch bei 1U = –3 µV/h. Kohlen-
(µ m) [6]
stoff korrodiert in 200 ◦C heißer Phosphorsäure, besonders bei Was-
Grafit serdampfpartialdrücken über 100 mbar und Zellspannungen über
– aus Petrolkoks 8 . . . 13 0,8 V. Thermodynamisch würde Kohle in wässriger Lösung bei 50
– Grafitfaser 42
Glaskohlenstoff 30 . . . 50 mV NHE zu CO2 oxidiert [12]. Die Reaktionen sind aber kinetisch
Aktivkohle gehemmt, so dass der Kohleabbrand langsam vor sich geht.
– aus Petrolkoks 35 . . . 46
– aus Anthrazit 33 . . . 66 C + 2 H2 O → CO2 + 4 H⊕ + 4 e⊖ E 0 = +0,207 V
– aus Gasruß 58 . . . 81 C + H2 O → CO + 2 H⊕ + 2 e⊖ E 0 = +0,518 V
Kohlefaser >600 CO + H2 O → CO2 + 2 H⊕ + 2 e⊖ E 0 = –0,103 V
Grafitierung des Kohleträgers bei 2700 ◦C verbessert die Beständig-
keit.4 Die Platinagglomerate (2 bis 5 nm) neigen zum Kornwachs-
tum, was im Langzeitbetrieb die Überspannung anwachsen lässt.
Legierungen mit Vanadium und Chrom sind korrosionsstabiler als
Platin. Im Realbetrieb wird die PAFC in Stillstandzeiten auf der Ka-
thodenseite mit Stickstoff gespült.
4 Grafitierter Ruß (z. B. Vulcan XC-72 bei 2700 ◦ C) ist in Phosphorsäure korrosi-
onsstabiler als unbehandelte Aktivkohle.
169
6.3.5 Elektrodengifte
CO2 mindert die Leistungsfähigkeit der PAFC nicht. Aber CO und ✄6.11 Elektrodengifte
H2 S im reformierten Brenngas schädigen die Wasserstoffelektrode, CO >1 % (175 ◦ C)
wobei Temperaturen über 180 ◦C eine CO-Toleranz von 1–2 % her- >2 % (200 ◦ C)
beiführen. Cl⊖ >1 ppm
NH3 >1 ppm
Schwefelwasserstoff vergiftet Platin vor allem bei niedrigen Be- H2 S, COS >100 ppm
triebstemperaturen. [Pt] steht für Oberflächenatome. C⊕ >100 ppm
2
Unkritisch:
−H⊕✲ −H⊕✲
Pt + H2 S −→ [Pt]-H2 S [Pt]-HSads [Pt]-S Metallionen, CO2 , CH4 , N2
−e⊖ −e⊖ ——
Elementarer Schwefel, der bei hohem Anodenpotential auftreten 1 ppm = 10−6 = 0,0001 %
kann, wird zu SO2 oxidiert.
Ammoniak reagiert mit Phosphorsäure zu Salzen und verschlechtert
die Sauerstoffreduktion. ✄6.12 Elektrodengifte: Wirkung auf
Zellspannung und Überspannung
NH3 + H3 PO4 → (NH4 )H2 PO4
Vorübergehende, einstündige Belastungen mit Ammoniak und Me- CH3 OH NH3 Siloxan
thanol heilen nach 800 bzw. 2 Betriebsstunden aus (✄Tab. 6.12). U ↑ ↑ ↑
Schäden durch Siloxane verschwinden selbst nach 1000 h nicht U0 ↓ ↓ ↓
vollständig, weil Siloxanphosphorsäureester erst oberhalb des Sie- η⊕ ↑ ↑ —
depunktes von 300 ◦C abdampfen. η⊖ ↓ — —
6.4 Betriebsverhalten
Mit steigender Betriebstemperatur laufen die Elektrodenreaktio-
nen bereitwilliger. 10 ◦ C Temperaturerhöhung bringen 15 mV Ge-
winn an Zellspannung (5 bar, 200 mA/cm2 ). Über 180 ◦C, Span-
nungen >0,8 V und hohen Partialdrücken der Reaktionsgase korro-
dieren jedoch die platinbelegten Kohleelektroden rasch. Eine Last-
schaltung sollte die Zellspannung unter 0,8 V halten. Der Phos-
phorsäure-Elektrolyt erstarrt unterhalb 42 ◦C, was die untere Be-
triebstemperatur festlegt.
⊕ 2
⊖ Anode, H2 : 0 + RT ln [H ]
E ox = E ox ✄6.13 N ERNST-Gleichung für die
2F [H2 ] Zellreaktion der PAFC.
1/2 ⊕ 2
⊕ Kathode, O2 : 0 + RT ln [O2 ]
E red = E red [H ] Eckige Klammern stehen für Gleich-
2F [H2 O] gewichtsaktivitäten: [OH⊖ ] = aOH⊖ .
1 Für Gase dürfen Drücke eingesetzt
Ruhezellspannung E = E red − E ox = 1E 0 + RT ln [H2 ] [O2]
2
werden: [H2 ] = pH2 / p0 mit p0 =
2F [H2 O] 101325 Pa.
(Für gleichen pH und Wassergehalt an Anode und Kathode.)
0,2 ) ✭✭✭
Anode (H2✭ 6.5 Stationäre Anlagen
✭✭✭✭✭
0 ✭ ✲
0 50 100 150 200 250
Stromdichte (mA/cm2 )
PAFC-Kraftwerke haben einen hohen technischen Stand erreicht.
Die nachhaltige Emissionsminderung treibt die Entwicklung an:
konventionelle Verbrennungskraftwerke verursachen mit 25 % CO2 ,
40 % NOx und zusätzlich SO2 den Großteil der anthropogenen Luft-
verunreinigung. Die Investition in ein Brennstoffzellenkraftwerk
orientiert sich an weiteren Kriterien.
Maximale Wertschöpfung bei minimalen Kosten für die Gesell-
✄6.15 Konventionelle und direkte
Energiewandlung. schaft: Lebensqualität, Umwelt- und Lärmschutz, Standortwahl,
Platzverbrauch, alternative Brennstoffe.
Brennstoff
↓ ↓ ↓
Kosten der Energieerzeugung: Rohstoffpreise, Wirkungsgrade.
Dampf Kundenspezifische Energienutzung: dynamisches Lastverhalten,
↓ ↓ ↓ Kraft-Wärme-Kopplung.
Turbine Motor
↓ ↓ ↓ Brennstoffzellenkraftwerke in dezentralen Versorgungsstrukturen.
Generator Generator Brenn- Städtische Strom-/Wärmeversorgung mit Mehrzweckanlagen.6
stoffzelle Dezentrale Energieerzeugung, Kraft-Wärme-Kopplung vor Ort.7
↓ ↓ ↓
E l e k t r i z i t ä t Prozessgasnutzung in industriellen Anlagen.8
6.5.1 PAFC-Kraftwerke
3. Die Erdgasqualität — je nach Gehalt an Methan, höheren Koh- ✄6.20 Emission von Heizkraftwer-
ken im Vergleich zur phosphorsau-
lenwasserstoffen (NMHC), N2 und CO2 — beeinflusst den elek-
ren Brennstoffzelle ONSI PC-25
trischen Wirkungsgrad nur im Promillebereich. Bei Bedarfsspit- (nach [17])
zen im Winter wird Flüssiggas/Luft zugemischt, was die Brenn-
stoffzellenleistung um ca. 3 % mindert (bei 150 kW mit 75 % Emissionen (in g/MWh)
Erdgas + 25 % Propan-Luft 2 : 3). NO x SO x HC
Ammoniak entsteht aus stickstoffreichem Erdgas11 im Reformer
PAFC 8 0 17
und Shiftreaktor in ppm-Mengen. In der Phosphorsäure-Matrix GuD-Turbine 540 2 15
bildet sich Ammoniumdihydrogenphosphat (∼ kg/Jahr). Ammo- Gasdieselmotor 715 2 358
niumionen behindern die kathodische Sauerstoffreduktion. Braunkohle 682 434 36
Steinkohle 700 446 36
4. Die Schadstoffemissionen (✄Tab. 6.20) — wesentlich durch den
Reformer — unterschreiten um Größenordnungen die TA-Luft- CO CO2
Grenzwerte für Gasmotoren und Gasturbinen. Lastsprünge über PAFC 35 537 000
50 kW erhöhen kurzzeitig die CO- und Kohlenwasserstoffemis- GuD-Turbine 240 410 000
sionen (wegen Trägheit der Luftzufuhr des Reformerbrenners); Gasdieselmotor 1070 626 000
Braunkohle 186 992 000
kleine Lastsprünge bleiben ohne Folgen. Steinkohle 190 838 000
Die geringe Schallemission von 60 dB(A) in 9 m Abstand rührt
hauptsächlich von Lüftern, Pumpen und Wechselrichter.
1987–91 PAFC-Pilotanlagen
(200 kW und 1 MW) 6.5.4 PAFC-Brennstoffzellen in Japan
1989-99 F UJI E LECTRIC Co.: 25
PAFC (50, 100 und 500 kW) bei Japan führt weltweit die kommerzielle PAFC-Entwicklung an. Die
T OKYO , O SAKA und T OHO G AS . großen Energiekonzerne installierten bis zu 1 MW, 5 MW und 11
1989–97: T OSHIBA/IFC: 11 MW- MW Anlagenleistung. Die staatliche Förderung12 für PAFC, MCFC
PAFC für T OKYO E LECTRIC und SOFC geht allerdings seit 1995 kontinuierlich zu Gunsten der
P OWER Co. (TEPCO)
PEM-Brennstoffzelle und Kohlegasverstromung zurück. Die Ent-
1992–98 41 Feldtests: Kran- wicklung verfolgt drei Richtungen:
kenhäuser, Hotel, Büro, Fabriken.
T OYKO G AS , O SAKA G AS und 1. Megawattanlagen für die städtische Energieversorgung als um-
T OHO G AS betreiben 20 PC35A.
weltschonender Ersatz thermischer Kraftwerke (H ITACHI , T OS -
1994 F UJI : 50 bis 500 kW-
HIBA ),
Aggregate; bis 15000 Betriebs-
stunden; PAFC-Hybridbus. 2. Drucklose PAFC für dezentrale Feld- und Inselanwendungen, in
M ITSUBISHI : 200 kW-Aggregate.
abgelegenen Landstrichen (F UJI , M ITSUBISHI , K ANSAI ),
1995–98 T OKYO G AS (1 MW),
F UJI (5 MW), S ANYO. 3. Luftgekühlte Klein-PAFC für Konsumanwendungen (S ANYO ).
1996/97 K ANSAI Electric Power
Co.: 5 MW-PAFC läuft 6410 h. 1. Erdgasanlagen
1999 Von 162 gebauten PAFC Kommerzielle 200 kW-Anlagen installiert ONSI, ein Joint Venture
laufen 70: 500 kW (2), 200 kW
von T OSHIBA und IFC. Weitere Hersteller sind F UJI E LECTRIC
(46), 50–100 kW (22).
C O . und M ITSUBISHI E LECTRIC C ORP.
2001 M ITSUBISHI und F UJI :
kommerzielle Anlagen. 12 MITI = Ministry of International Trade and Industry.
NEDO = New Energy And Industrial Technology Development Organisation.
175
1. Naphtha-Brennstoffzellen: 50 kW und 170 kW-Anlage von F UJI Erdgas (91 GJ/h) 100 %
Abwärme 23,1 %
E LECTRIC und T OSHIBA (1991-95). Wärmerückgewinnung 32,0 %
2. Kerosin-Brennstoffzellen: 180 kW-Anlage von T OSHIBA und dc-Bruttowirkungsgrad 44,9 %
— Inverterverluste 1,3 %
M ITSUBISHI K AKOKI (1995/96). = ac-Bruttowirkungsgrad 43,6 %
3. Butan-Brennstoffzellen: F UJI E LECTRIC (1994/95) — parasitäre Verluste 1,8 %
= ac-Nettowirkungsgrad 41,8 %
Die N IPPON T ELEGRAPH AND T ELEGRAM C ORPORATION (NTT)
verfolgt Mehrbrennstoff-PAFC-Systeme mit Stadt- und Flüssig-
gas als saubere Energiequelle für die dezentrale Versorgung von
Gebäuden der Telekommunikation. Ein zweifaches Katalysatorbett
(Ru-Al2 O3 und Ni-Al2 O3 ) verhindert die Verkokung des Reformers
während des Flüssiggasbetriebs.
3. Biogas-Brennstoffzelle. Anaerob entstandenes Biogas,13 z. B.
aus Klärschlamm oder Abfällen der Bierherstellung, besteht aus
rund 60 % Methan und 40 % CO2 . Nach Entschwefelung, Absorpti-
on von Verunreinigungen, Aufkonzentrierung des Methans (60 %),
Reformierung und CO-Konversion betrieben T OSHIBA (1996) und
M ITSUBISHI (1998) 200 kW-PAFC damit.
13 ADG, Anaerobic Digester Gas, Faulgas.
176
1. Besser als der Wirkungsgrad eignet sich die Exergie zum Ver-
Exergie bezeichnet bei Kreispro- gleich der Anlagen verschiedener Hersteller, die elektrische und
zessen denjenigen Teil der inneren
Energie des Arbeitsmediums, der thermische Energie in unterschiedlicher Qualität bereitstellen. Die
in nutzbare Arbeit umgesetzt wer- Exergie beschreibt die maximale Nutzarbeit, die ein Stoff in Folge
den kann. Anergie ist der restliche eines thermodynamischen Ungleichgewichts bezogen auf die Um-
Anteil, der als Wärme abgeführt
gebung zu leisten vermag. Die Exergie ist also derjenige Anteil einer
werden muss. ✄Kap. 2
Energie, der unter Mitwirkung der Umgebung in jede andere Ener-
gieform umwandelbar ist. Die Anergie bezeichnet den bei der Ener-
gieumwandlung nicht nutzbaren Energieanteil (z.B. Verlustwärme).
Energie = Exergie + Anergie
WE = (H − Hamb ) − Tamb (S − Samb ) (6.2)
H und S: Enthalpie und Entropie bei einem bestimmten Anfangszustand;
amb = Umgebungszustand.
Der exergetische Gesamtwirkungsgrad — elektrisch (ca. 40 %) plus
thermisch aus Dampf (ca. 7 %) und Heißwasser (ca. 3 %) — beträgt
bei den PAFC-Kraftwerken von IFC/ONSI, T OSHIBA , M ITSUBIS -
HI und F UJI 47 bis 50 %. Ein Gasmotor erreicht 43 %. Die energeti-
schen Wirkungsgrade sind 83–85 % bzw. 85 % beim Gasmotor.
2. Bei den Emissionen stößt ein Gasmotor an die Grenzwerte der
TA Luft, während ein PAFC-Kraftwerk PC25“ 3 mg/m3 NOx , <6
”
mg/m3 CO, <15 mg/m3 Kohlenwasserstoffe erreicht.
3. Für die Verlässlichkeit von PAFC-Anlagen gibt die japanische
N EW E NERGY F OUNDATION Mittelwerte von 3,3 Pannen pro Jahr
und Anlage bzw. 2,2 Pannen pro 1000 Betriebsstunden (1992) an.
4. Wirkungsgrad: ✄Kap. 2
6.7 Feststoff-Säure-Brennstoffzellen
Feststoff-Säure Brennstoffzellen (engl: Solid acid fuel cell, SAFC)
nutzen feste Phosphatsalze als Elektrolyt. Wegen der Löslichkeit
ist der Einsatz nur in Wasserdampfatmosphäre sinnvoll. Oberhalb
220 ◦C erreicht die Protonenleitfähigkeit über 0,05 S cm−1 , was der
Phosphorsäure in der PAFC nahe kommt (0,1 S cm−1 ).
Cs3 PO4 + 2 H3 PO4 + 3 CsH2 PO4
14 NaOCl dient zur Desinfektion von Brauchwasser und als Bleichmittel.
177
Materialien
[10] J. BARTHEL , Elektrolytlösungen. Bausteine moderner Technologien, GDCh-
Monographie 2. Frankfurt 1995, S. 15-29.
[11] A. F. H OLLEMAN , E. W IBERG, Lehrbuch der Anorganischen Chemie. Berlin:
de Gruyter, 102 2007.
[12] M. P OURBAIX, Atlas of Electrochemical Equilibria in Aqueous Solutions.
Brüssel: Pergamon Press, 1966.
[13] Kohlegeträgerte Platinkatalysatoren:
(a) H. G. P ETROW, R. J. A LLEN, US 3992331 (1976), US 3992512 (1976).
(b) P. S TONEHART, Ber. Bunsenges. Phys. Chem. 94 (1990) 913–921.
[14] S. S ARANGAPANI , J. R. A DRIDGE , B. S CHUMM , (Eds.), Proc. Workshop on
the electrochemistry of carbon. Pennington: The Electrochem. Soc., 1984.
[15] Sauerstoffreduktion: D. R. DE S ENA , E. R. G ONZALES , E. A. T ICIANELLI ,
Electrochim. Acta 37 (1992) 1855.
178
Anwendungen
[17] F. A. B RAMMER , P. B IEHLE , M. S TEINER, Erfahrungen mit 200 kW-PAFC-
Anlagen in Deutschland, VDI-Berichte 1383 (1998) 83-105.
[18] Fuji Electric Review No. 152(2), 38 (1992).
[19] JAPANESE G AS A SSOC ., Technical Survey Report of Fuel Cells (jap.), 1999.
[20] (a) H. K NAPPSTEIN , H. N YMOEN , G. W ISMANN , W. D ROSTE , D.
W OLF , 200 kW-BHKW mit Brennstoffzellen. Stand der Ruhrgas/Thyssengas-
Demonstrationsvorhaben, VDI-Berichte 1019 (1993) 231-251.
(b) H. K NAPPSTEIN, Blockheizkraftwerk mit Brennstoffzellen, Gaswärme In-
ternat. 43(4) (1994) 139-145.
[21] T. J. K OTAS , The exergy method of thermal plant analysis. GB-Guilford: But-
terworths, 1985.
[22] H. C. M ARU et. al., Superacid electrolyte fuel cells for transportation appli-
cations, Proc. Renewable fuels and advanced power sources for transportation
workshop, p. 55, June 17–18, 1982, Boulder, Colorado.
[23] D. N EWBY, Westinghouse air-cooled PAFC program, Proc. CEC-Italian Fuel
Cell Workshop, Taormina, Italy, June 4–5, 1987, p. 85.
[24] O NSI Corp., Broschüre, 2000.
[25] T OSHIBA, Environmentally friendly cogeneration package, 200 kW Fuel cell
power plant, Broschüre.
[26] (a) G. W ISMANN, 5 Jahre Versuchsbetrieb mit einem 200 kW-
Brennstoffzellen-BHKW, gwf Gas/Erdgas 139(7) (1998) 395.
(b) G. W ISMANN, 200 kW-Brennstoffzellen-BHKW. Ergebnisse einer
vierjährigen Praxiserprobung, Gaswärme Internat. 46(3) (1997) 162-168.
[27] D. W OLF, W. D ROSTE, Oberschwingungsmessungen an einer Phosphorsäure-
Brennstoffzelle auf dem Betriebsgelände der Ruhrgas AG in Dorsten, gwf
Gas/Erdgas 136(12) (1995) 638-642.
[28] K. Y OKOTA et. al., Load operation characteristics of TEPCO 11 MW PAFC
power plant, Proc. Int. Fuel Cell Conf. (IFCC), Makuharo, Japan (1992) 87.
179
7 Schmelzelektrolyt-
Brennstoffzelle (MCFC)
Carbonatschmelzen verbessert.
Brenngas
✄7.3 Geschichte. Die Erdgas und der heimische Energieträger Kohle sind prinzipiell
B ROERS -K ETELAAR-Zelle: effizient nutzbar. Bei interner Reformierung — die direkte Umset-
1 Alkalicarbonat auf Magnesia- zung von schwefelarmem Methan in der Anodenkammer — erreicht
scheibe oder in MgO-Pressling, die IRMCFC-Direktbrennstoffzelle2 Wirkungsgrade um 60 % und
2 Glimmer, 3 Asbestdichtung
4 perforierte Stahlplatte, nutzt dabei die hochwertige Abwärme der Brennstoffzelle für einen
5 Silber bzw. Nickelpulver. internen oder vorgeschalteten Reformer.
5 Luft Der erzeugte Wasserdampf ist vielfältig verwendbar: als Heizgas,
❭ ❄ ✻ Prozessdampf, zum Betrieb einer Dampfturbine für die Stromer-
3
❭ ♠ ♠ +❢
2 ♠ ♠ ♠♠ zeugung, als Austreiberwärme für Absorptionskälteanlagen, zur
1 ♠♠
❢ ❢♠♠♠❢ Druckheißwassererzeugung, Trocknung und Sterilisation.
4 –❢
✻ ❄
Brenngas
Spezifische Vorteile:
1. Keine Edelmetalle, CO-Toleranz, ✄7.4 Prinzip der MCFC
Reaktionswasser und CO2 gasen aus.
Brenngas: CH4 + H2 O
2. Interne Reformierung: Wasserstofferzeugung aus Kohlenwas-
serstoffen (plus Wasserdampf) an einem Katalysator im Ano- ❄
Dampfreformierung
denraum und der Abwärme der MCFC. CH4 + 2H2 O → CO2 + 4H2
3. Hochwertige Abwärme für Kraft-Wärme-Kopplung.
✲ H2 O,CO2
Typische Nachteile: ❄
1. CO2 -Rückführung notwendig. Anode
2. Korrosions- und Phasenumwandlungsprobleme H2 + CO2⊖
3 → H2 O + CO2 + 2e
⊖
Der Elektrolyt der MCFC besteht aus einer 50%igen Mischung ✄7.5
von Alkalicarbonaten in einer Matrix aus Lithiumaluminat, die mit Elektrolytschmelzen
Al2 O3 -Fasern verstärkt sein kann. Er leitet Carbonationen von der (Angaben in mol-%)
Kathode zur Anode und trennt Brenngas und Oxidans. Die Herstel- 62 LiCO3 + K2 CO3 +
5 (Ca, Sr, Ba)CO3
lung erfolgt durch Siebdruck in 0,5 mm dicker Schicht. Heißgepres- 52 LiCO3 + Na2 CO3 +
ste Scheiben3 und Pasten sind überholt. ✄Tab. 7.5 5 (Ca, Sr, Ba)CO3
62 LiCO3 + 38 K2 CO3
Lithium und Natrium erhöhen die Leitfähigkeit. 50 LiCO3 + 50 Na2 CO3
Natrium verbessert die Sauerstoffreduktion und die Korrosions- 70 LiCO3 + 30 K2 CO3
beständigkeit des Nickeloxids. 40 (Li, K, Na)2 CO3
(Eutektikum) [3]
Kalium verbessert die Gaslöslichkeit, aber reagiert leicht mit NaOH + Manganat oder Vanadat
Wasserstoff (K2 CO3 + H2 → 2 K ↑ + CO2 + H2 O). als Katalysator [1].
Lithiumchlorid
Magnesiumoxid, Erdalkalicarbonate (5 mol-% BaCO3 ) und Ka- (5854 mS/cm, 637 ◦ C)
liumwolframat erhöhen die Basizität der Schmelze und verlang- AlCl3 + N -Ethylpyridinium-
samen die Nickelkorrosion. chlorid (2 : 1; 17 mS/cm, 20 ◦ C)
Borax
NiO + CO2 → Ni2⊕ + CO2⊖ 3 Kryolith
Ni + CO2⊖
2⊕
3 + H2 → Ni ↓ +CO2 + H2 O
Elektrolytmatrix
Die Dreiphasengrenze wird von der Porenstruktur der Elektrode, Lithiumaluminat: γ -LiAlO2
Carbonatgehalt und Oberflächenspannung der Schmelze bestimmt. Al2 O3 [3]
Mit steigender Temperatur nimmt die Leitfähigkeit der Schmelze MgO (veraltet)
zu, dafür sinkt die Gaslöslichkeit. Stromsammler (Abgriff)
3 electrolyte tiles (bis 1980): 60–65 % Alkalicarbonatmischung (62 Li CO + 38
Nickelnetz
2 3 Vernickelter Stahl
K2 CO3 ) bei 490 ◦ C und 350 bar.
182
7.3 Elektrodenmaterialien
H2 + CO2⊖ 3 → CO2 + H2 O + 2 e⊖
(3b) 4 OH⊖ + 2 CO2 → 2 H2 O + 2 CO2⊖ 3
Had kann man sich auch als Nickelhydrid vorstellen. Spuren von
Schwefel vergiften die Elektroden.
8 O + 8 CO2 → 8 CO2⊖
2⊖
3
1/ O + CO + 2 e⊖ → CO2⊖
2 2 2 3
3. Lebensdauer. Höhere Betriebstemperaturen scheitern an Korro-
sionsproblemen. NiO löst sich auf (1), besonders bei hohen CO2 -
Partialdrücken und in sauren Schmelzen. Nickel scheidet sich im
Elektrolyten und auf der Anode wieder ab; es besteht Kurzschluss-
gefahr. Ein Zusatz vom Magnesium verbessert die Stabilität der Ka-
thode. In basischen Schmelzen liegt die schützende Oxidkonzentra-
tion höher (2).
(1) NiO + CO2 → Ni2⊕ + CO2⊖ 3
Ni2⊕ + 2e⊖ → Ni
(2) M2 CO3 → M2 O + CO2 (M = Li, K, Na)
Ni2⊕ + O2⊖ → NiO
Die geringste Korrosion wird in den eutektischen Schmelzen 62 %
Li2 CO3 –38 % K2 CO3 und 52 % Li2 CO3 –48 % Na2 CO3 beobachtet.
Basische Zusätze (MgO, Erdalkalicarbonate) mindern die Nickel-
korrosion. Die anodische Wasserstoffoxidation zeigt sich weniger
empfindlich.
185
7.3.3 Beschichtungstechnik
7.3.4 Elektrodengifte
7.4 Betriebsverhalten
Bei zu hoher Temperatur wiederum verkokt Methan, Elektrolyt ver- Verkokung von Methan:
dampft und Korrosionsprobleme werden verstärkt. 650 ◦C gelten als CH4 ⇋ C + 2 H2
beste Betriebstemperatur. Das Anfahren (Start-up) und Abschalten
(Shutdown) der MCFC erfordert langsame Temperaturänderungen,
um thermische Spannungen und Gasdurchbrüche zu vermeiden.
Der 10-fache Betriebsdruck steigert die Zellspannung um theore-
tisch 46 mV. Nachteile der Druckerhöhung sind die B OUDOUARD- Druckabhängigkeit der Zell-
spannung (empirisch):
Reaktion und Methanisierung (CO + 3 H2 → CH4 + H2 O).
Die reale Zellspannung beträgt 750–950 mV bei 100–200 mA/cm2 ; 1U = 76,5 mV · log( p2 / p1 )
die flächenbezogene Leistung >0,15 W/cm2 . Unterschreiten der
stöchiometrischen Zusammensetzung 33 % O2 + 67 % CO2 führt für 650 ◦ C, 160 mA/cm2 , ver-
schiedene Brenngaszusammenset-
zu einer Transportüberspannung bei hohen Strömen. Anodisch wer- zungen
den CO, Methan und höhere Kohlenwasserstoffe nur langsam direkt
oxidiert. Wasserstoff entsteht vornehmlich durch Konvertierung am
Nickelkatalysator (CO + H2 O → CO2 + H2 ). Das Brenngas wird
mit Wasserdampf angereichert, um Kohleabscheidung (Verkokung)
in den Gaskanälen und Elektroden zu vermeiden.
7.4.2 Impedanzspektrum
Die Zellimpedanz bildet Benetzung, Korrosion und Langzeitabfall Kettenleitermodell,
der Elektroden ab. Die Ortskurve zeigt zwei Bögen, wobei die NiO- transmission line,
✄Kap. 2
Kathode bestimmend ist. Die Agglomeratstruktur der Elektrode —
Metallpartikel mit gasgefüllten Makroporen und elektrolytgefüllten
Mikroporen, die mit einem Elektrolytfilm überzogen sind — wird
gut durch einen Kettenleiter beschrieben.
1. Elektrolytwiderstand. Hochfrequenter Schnittpunkt mit der ✄7.10 Impedanzspektrum der
MCFC (qualitativ, mathematische
Realachse; entspricht dem ionischen Widerstand der Schmelze.
Konvention)
2. Elektrodenbogen (Grenzfläche Elektrode/Elektrolyt). 1 Elektrolytwiderstand
2 Durchtrittsimpedanz
Die Sauerstoffreduktion an der NiO-Kathode läuft über Su- 3 Diffusionsimpedanz.
2⊖
peroxid O⊖ 2 , Peroxid O2 und möglicherweise Percarbonat
⊖
CO4 , die im vorgelagerten chemischen Schritt aus O2 und Re Z
Carbonat erzeugt werden. Die schnelle Durchtrittsreaktion ✻ 1 Im Z
bildet oft nur einen Viertelkreis, der in den niederfrequenten ✲
Transportbogen übergeht.8 Die Doppelschichtkapazität kor- 2
3
reliert mit der zugänglichen inneren Elektrodenoberfläche.
Die Nickelanode leitet fünffach besser als die NiO-Kathode.
Zugemischte Partikel (Li2 TiO3 , LiAlO2 ) verbessern Benetz-
barkeit und innere Oberfläche. Die diffusionskontrollierte
Wasserstoffoxidation erzeugt eine hochfrequente 45◦ -Gerade
im Elektrodenbogen 2; der Transportbogen 3 fehlt meist.
3. Stofftransportbogen (Grenzfläche Gasraum/Elektrode). Der
Elektrolytfilm über den NiO-Clustern der Kathode behindert den
Massentransport von Gelöst-O2 und CO2 .
7.5 Anwendungen
✄7.12 Heizwert Die interne Reformierung läuft bevorzugt bei hoher Temperatur und
Methan 10 kWh/m3 niedrigem Druck. An der Anode wird formal Methan zu Kohlendi-
Wasserstoff 3 kWh/m3 oxid umgesetzt.
189
Als Brennstoffe kommen Erdgas, Bio-, Klär- und Grubengas, Py- ✄7.16 Elektrischer Wirkungsgrad.
rolysegase aus organischen Reststoffen oder der Kohlevergasung in a) Direkt-MCFC
Frage. Flüssige Kohlenwasserstoffe müssen aufbereitet werden. 10 kW 40–48 %
100 kW 44–58 %
Die Zielkosten von 1250 EUR/kW für Kleinanlagen bis 1 MW 1 MW ... 1 GW 45–65 %
sollten durch das Hot Module-Konzept und die Massenfertigung b) BHKW
der Komponenten bei einem Produktionsvolumen von 40–50 MW/a 1 MW 30–40 %
erreicht werden. MTU stellte den Vertrieb um das Jahr 2010 ein. 10 MW 31–42 %
c) Gas-/Dampf-Turbine
10 MW 26–34 %
100 MW 30–40 %
1 GW 32–48 %
7.5.4 MTU-Hochleistungselektrolyseur
Die energetische Nutzung von Biogas stößt auf das Interesse ✄7.22 Brennstoffe für die MCFC
von Landwirten, Bioabfallentsorgern, Lebens- und Futtermittelher- Erdgas
stellern, Kläranlagen- und Deponiebetreibern. Wegen des CO2 - Methan aus Kohleflözen
Gehaltes bietet sich die MCFC an. Biogas aus Gärprozessen
Deponiegas
Entschwefelung: konventionell oder biologisch (Biokonversion
Kohlegas
im Tropfkörper zu Schwefel oder Sulfat), Propan
Reformierung von Methan zu Wasserstoff, Diesel
Verstromung in der MCFC. Ethanol
Materialien
[8] C. L. B USHNELL, Electrolyte matrix for molten carbonate fuel cells, US
4,322,482 (1982).
[9] The CRC Materials Science and Engineering Handbook, Eds.: J. F. S HACKEL -
FORD , W. A LEXANDER. Boca Raton: CRC Press, 3 1999.
8 Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC)
E. BAUR erkannte in den späten 1930er Jahren die SOFC als Strom- ✄8.1 SOFC-Geschichte
quelle ohne Polarisation“. Leitfähigkeit und Beständigkeit des Io-
”
nenleiters und der Elektroden waren damals noch schlecht. 1897 W. N ERNST: Nernst-
Stift aus ZrO2 mit 15 % Y2 O3 als
Die Hochtemperatur-Dampfelektrolyse von Wasser zur Erzeugung Lichtquelle. Um 1900 Einsatz in
von Wasserstoff — wie die Hot Elly bei D ORNIER — gaben der Brennstoffzellen.
Festoxidtechnik neuen Aufschwung. Bei 1000 ◦C beträgt die Elek-
1935 W. S CHOTTKY (Siemens-
trolysespannung nur 0,9 V. Werke; N ERNST-Schüler) schlägt
Heute werden 50 µm dünne Festelektrolyte hergestellt, deren die SOFC mit Nernst-Masse vor.
Leitfähigkeit bei 1000 ◦C gerade ein Zehntel von Carbonatschmel-
1937-9 E. BAUR und H. P REIS
zen bei 650 ◦C beträgt. Die US-Firma W ESTINGHOUSE entwickelte [1]: Ton, Kaolin und Nernst-
das Röhrenkonzept (✄Abb. 8.1), während in Deutschland die ferti- Masse. Luftdurchströmter Koks
gungsfreundliche Planartechnik verfolgt wurde. Entwicklungen für oder Eisenpulver als Kathode,
Magnetit als Anode. Brenngas:
Betriebstemperaturen unter 800 ◦C sind im Gange.
H2 , CO, Stadtgas. Ruhepotential
Die SOFC funktioniert ohne komplizierte Dreiphasengrenzen, Be- 0,7–0,83 V.
netzungsprobleme und die bei der MCFC notwendige Carbonat- 1937 Kohle-Sauerstoff-Element.
rückführung. Bei der hohen Temperatur können CO und Kohlen-
wasserstoffe neben Wasserstoff direkt als Brennstoffe eingesetzt
werden — die SOFC mit interner Reformierung ist also eine Di- 1
rektbrennstoffzelle.
SOFC-Entwicklung trifft in den 2010er Jahren auf steigendes
Interesse. Erdgas, Biogas und Kohle (vor allem in China) ließe
sich nach Entschwefelung effizient nutzen. Die SOFC toleriert 2
50 ppm H2 S besser als jeder andere Brennstoffzellentyp. Die
3
Abwärme ist als Nah- und Fernwärme oder Prozessdampf nutzbar.
SOFC-Kraftwerke im 50 MW-Bereich, die Abwärme in einen nach- 4
geschalteten Gas- und Dampfturbinenprozess speisen, erreichen
65 % Wirkungsgrad.
5
Nickelfilz (+)
Kathodenschiene Eine Kohlestabanode 1, um-
Kathode Interkonnektor
geben von Kohlepulver 2, im
Festelektrolytröhrchen 3 (Al2 O3
Anode mit WO3 und CeO2 ) taucht in
einen Tiegel 5 (Ø5 cm, Kathode),
gefüllt mit Magnetit 4, in den Luft
+2e
1
/2 eingeblasen wird.
-2e
1938–71 O. K. D AVTYAN
(Moskau, Tiflis, Odessa [4]):
Fortentwicklung der BAUR-Zelle.
Elektrolyt Anodenschiene 1946: 0,79 V bei 20 mA/cm2 ,
700 ◦ C, Generator-/Stadtgas.
✄8.2 Röhrenkonzept von S IEMENS -W ESTINGHOUSE .
8.2 Festelektrolyte
✄8.6 Fluoritgitter 3. Dotiertes Lanthangallat La1−x Srx (Ga1−y Mg y )O3 (LSGM) ist
ein Perowskit, der bei 600–700 ◦C ausreichende Oxidionenleitfähig-
keit und sehr geringe Kationenbeweglichkeit zeigt, aber mechanisch
O empfindlich ist. Beim Erhitzen dampft Gallium ab. Mehrkomponen-
tensysteme neigen zur langsamen Entmischung durch Elektromigra-
M
tion; die Volumenphase verarmt an Dotierungsbestandteilen [15].
4. Gadoliniumdotiertes Ceroxid Ce0.9 Gd0.1 O2 (CGO) leitet bes-
ser als YSZ und erlaubt Betriebstemperaturen unter 550 ◦C. Die
Überführungszahl liegt bei 0,7 (950 ◦C). Unter reduzierenden Be-
dingungen wird CeO2 zum Gemischtleiter, d. h. bei niedrigen O2 -
Partialdrücken leitet es unerwünscht auch elektronisch. Vorteilhaft
ist der größere Wärmeausdehnungskoeffizient (als YSZ) für eine
Materialkombination mit ferritischen Stählen.
✄8.7 Vierpunkt-Methode zur
5. Protonenleitende Oxide. Yttriumdotiertes BaZrO3 leitet proto-
Leitfähigkeitsmessung nisch und ist stabil gegen saure Gase (CO2 ).
6. Natriumionenleitende Keramiken der Zusammensetzung
− + ❥
✒ Na2 O · 5 Al2 O3 bis Na2 O · 11 Al2O3 (β-Alumina) erreichen bei
A
❥ 200 ◦C Leitfähigkeiten von über 0,1 S/cm. In den Störungszonen
✒V zwischen den schichtartig aufgebauten Elementarzellen können Io-
❄ ❄
✛⊕ ✲
⊖ ✲
⊖
nen gut wandern.
✛⊕ Gläser sind Kationenleiter (z. B. Na⊕ , Li⊕ , H⊕ ). Glasfritten wer-
den seit Jahrzehnten als Trennelement zwischen Anoden- und Ka-
thodenraum oder zur Ankoppelung flüssiger Bezugssysteme (Refe-
Stromdichte renzelektroden) eingesetzt.
i = e(N⊕ z ⊕ v ⊕ + N⊕ z ⊕ v ⊕ )
i = F(c⊕ z ⊕ v ⊕ + c⊕ z ⊕ v ⊕ ) Zur Leitfähigkeit eines Festelektrolyten tragen alle beweglichen
i = κ E = t⊕ i⊕ + t⊖ i⊖ Ladungsträger bei. Elektronische Leitfähigkeit als innerer Kurz-
Überführungszahl schluss ist nicht erwünscht. Die ionische Leitfähigkeit beruht auf
i Fz ⊕ v ⊕ c⊕
t⊕ = ⊕ i = i der Beweglichkeit von Anionen und Kationen zwischen Leerstel-
i⊖
t⊖ = i =
Fz ⊖ v ⊖ c⊖ len (unbesetzte Gitterplätze) und/oder Zwischengitterplätzen. Die
i Leitfähigkeit hängt stark von Mikrostrukturen (Korngrößen, Korn-
Leitfähigkeit
grenzen, Porosität), Herstellungsprozess und Verunreinigungen des
κ = RdA
Materials ab. Unter Stromfluss verändern sich Festelektrolyte oft-
Diffusionskoeffizient mals. An der Fest/Fest-Phasengrenze zur Elektrode bildet sich (ana-
D⊕ = u ⊕ kT
D⊖ = u ⊖ kT log zu wässrigen Lösungen) eine starre und diffuse Doppelschicht
Ionenbeweglichkeit
aus. Hinzu kommen Überspannungen durch Metallabscheidung und
u ⊕ = v ⊕ /E = λ⊕ /(Fz ⊕ ) -auflösung (u. a. durch angereicherte Verunreinigungen). Zur Elimi-
u ⊖ = v ⊖ /E = λ⊖ /(Fz ⊖ ) nation der erheblichen Kontaktwiderstände ist die Vierpunktmetho-
de (✄Abb. 8.7) nützlich, wobei der Spannungsabfall im Prüfling mit
A Elektrodenquerschnitt
c Ladungsträgerkonzentration Messspitzen quer oder längs zum großflächig aufgeprägten Strom
E elektr. Feldstärke (V/m) gemessen wird. Um die ionische Leitfähigkeit in gemischten Leitern
F FARADAY-Konstante (z. B. Ag2 S) zu messen, wird das Messsignal über Reinionenleiter
i Stromdichte (z. B. AgI) eingekoppelt.
k B OLTZMANN-Konstante
N Ladungsträgerdichte (m−3 ) Ū U⊕ + |U⊖ |
NA AVOGADRO-Konstante ̺ = R dA mit R= und Ū = (8.1)
R elektr. Widerstand () I 2
v Wanderungsgeschwindigkeit Die ionische Leitfähigkeit steigt mit zunehmender Temperatur,weil
z Ionenwertigkeit die Wahrscheinlichkeit des Platztausches exponentiell wächst
λ Ionenleitfähigkeit
(B OLTZMANN-Statistik).
199
8.3 Elektrodenmaterialien
✄8.9 Elektrodenmaterialien
Bei Betriebstemperaturen um 1000 ◦C benötigt die SOFC hitze- und
alterungsstabile Aufbaukomponenten aus Steingut, Bornitrid, Por- Luftelektrode (Kathode)
Erdalkalidotierte Manganate
zellan, hochschmelzenden Metallen und leitfähigen Keramiken4 auf und Cobaltate:
Perowskit- und Oxidbasis. Die unterschiedlichen thermischen Aus- La1−x (Ca, Sr)x MnO3 (LSM)
dehnungskoeffizienten5 der Materialien, mechanische Thermospan- La1−x (Ca, Sr)x CoO3 (LSC)
nungen und Korrosion sind problematisch. Bei Potentialmessungen La1−x Srx Fe1−y Ga y O3
La1−x Srx MnO3
können elektrische Thermospannungen stören. Werkstoffe für Mit- La1−x (Ce, Ca)x MnO3
teltemperatur-SOFC existieren nicht. Perowskitähnliche Materialien:
Sr3−x Lax Fe2−y Co y O7 (LSCF )
8.3.1 Sauerstoffelektrode La2−x Srx NiO4
Früher:
Die Kathode (Luftseite) muss die Sauerstoffreduktion katalysieren, ZrO2 + Pr2 O3 , poröses Platin,
in oxidierender Umgebung stabil, mindestens 50 S/cm leitfähig und 60 % Fe2 O3 + 20 % Ton +
30 % porös sein. Sauerstoff adsorbiert im geschwindigkeitsbestim- 20 % Eisenpulver [4]
Eisenpulver [1], Koks [1]
menden Schritt auf dem Elektrokatalysator, gefolgt vom Durchtritts-
vorgang unter Bildung von Oxidionen. Oberflächen- und Bulkdif- Brenngaselektrode (Anode)
fusion (im YSZ) und molekulare und K NUDSEN-Diffusion (in den 30 % Ni-ZrO2 -Keramik (Cermet)
YSZ-Poren) verlaufen vergleichsweise schnell. poröses Platin (veraltet)
60 % Fe2 O3 + 20 % Ton +
Strontium dotiertes Lanthanmanganat(III) ( Manganit“, LSM, 20 % Magnetit [4]
”
La1−x Srx MnO3 , x = 0,1 . . . 0,16) ist ein p-Halbleiter mit 120...83 Magnetit [1]
S/cm elektronischer Leitfähigkeit (800 ◦C) und vernachlässigbarer
ionischer Leitfähigkeit (∼ 10−7 S/cm). La0.3 Sr0.7 Co0.9 Fe0.1 O3 er- Interconnector (Zellverbindung)
Mg dotiertes LaCrO3
reicht elektronisch 837 S/cm (800 ◦C) und ionisch ∼0,01 S/cm, rea- Sr dotiertes LaCrO3
giert jedoch unerwünscht mit dem Interconnector-Material. Mn dotiertes CoCrO3 (veraltet)
Stöchiometrie und Korngrößen bestimmen die thermischen Materi- Platin, Gold, Silber
aleigenschaften. LSM wird durch Sintern aus einer Suspension etwa Trägerröhrchen
1 mm dick mit 20–40 % Porosität hergestellt. Ungelöst sind thermo- (Anodenmaterial):
chemische und -mechanische Alterungseffekte durch eindringende Ca-stabilisiertes ZrO2
Nickelpartikel, Porositätsänderungen und Stoffaustausch mit YSZ. Y2 O3 -stab. ZrO2 (früher)
Perowskite: vom CaTiO3 abge- Yttriumstabilisierung und Zweiphasensysteme verbessern die Ka-
leitete Oxide ABO3 (Summe der thodenleistung. Gemischtleitende erdalkalimetalldotierte Lanthan-
Ladungen von A und B = 6).
manganate und Cobaltate reagieren mit dem YSZ unter Bildung
Spinelle: vom MgAl2 O3 abgelei- einer schlecht leitenden La2 ZrO7 -Schicht, die sich inselartig auf
tete Oxide AB2 O4 (Summe der
Ladungen von A und 2B = 8). der ZrO2 -Oberfläche bildet und die Leistung der SOFC mindert
[16]. Die Hälfte des gesamten Zellwiderstands rührt von der Ka-
thode; daher gilt alternativen Materialien große Aufmerksamkeit.
Lanthanbasierte Perowskite sind aussichtsreiche Kandidaten für
Niedertemperatur-SOFC (650–700 ◦C).
Cer- und Calcium dotiertes LaMnO3 als Luftelektrode
(S IEMENS -W ESTINGHOUSE, US 6,492,051).
Feste Lösungen aus LaMnO2 und LaCoO3 wie LaCo1−x Mnx O3
(x ≈ 0,2).
Hochtemperatursupraleiter wie La2−x (BaSr)x CuO4 und
YBa2 Cu3 O7−x (>200 S/cm).
Mikroelektroden (eine YSZ-Spitze mit Platinstromabgriff) erlauben
die Kontaktierung einzelner Kristallite eines gemischten Leiters. So
kann der Ladungsdurchtritt und Sauerstoffeinbau entlang einzelner
Korngrenzen untersucht werden. Bei La(Sr)MnO3 zeigt sich, dass
der Durchtritt vom Sauerstoffpartialdruck abhängt.
8.3.2 Brenngaselektrode
✄8.10 Ionische Leitfähigkeit von Die Anode (Wasserstoffseite, H2 + O2⊖ → H2 O + 2 e⊖ ) muss in
Anoden bei 800 ◦ C in S/cm reduzierender Atmosphäre stabil und >120 S/cm leitfähig sein.
Ce0.887 Y0.113 O1.9435 0,102 Ni-ZrO2 -Cermet (Ni-YSZ)6 , 35 % Nickel in einer 150 µm
Ce0.9 Gd0.1 O1.95 , CGO 0,0544 dicken, 20–40 % porösen ZrO2 /Y2 O3 -Matrix ist elektrokataly-
Ce0.9 Sm0.1 O1.95 , SDC 0,02 tisch aktiv und elektronenleitend. Geeignet für Wasserstoff als
La0.7 Sr0.3 Cr0.8 Ti0.2 O3
Brenngas, tritt bei Erdgas Verkokung (Kohleabscheidung) auf.
BaTiO3 (Fe,Ru,Ni)
Sr0.86 Y0.08 TiO3 64 Ein höherer Nickelanteil verschlechtert die thermische Ausdeh-
(ionisch und elektronisch) nung, ein geringerer die spezifische Leitfähigkeit (250 S/cm bei
Cu-CeO2 5200 800 ◦C, 3000 S/cm bei 950 ◦C). YSZ-Ni-Elektroden entstehen
Ni-GDC 1070
Cu-GDC 8500
durch (a) Siebdruck, (b) Vakuumplasmaspritzen oder (c) Sin-
tern einer Mischung aus NiO, YSZ und Binderharz. Komposi-
Mechanisch instabil
LaCrO3 , CrTi2 O5 , te (Cu,Co,Fe)Ni-YSZ bringen keine bessere Leistungsdichte als
Ti0.34 Nb0.66 O2 , die reinen Metalle.
SrTiO3 (n-Leiter), Cer-Mischoxide sind katalytisch aktiv, erlauben moderate Be-
Wolframbronzen AI2 BII W5 O15
triebstemperaturen, verkoken nicht bei Erdgasbetrieb, sind je-
doch mechanisch bei kleinem O2 -Partialdruck wenig stabil.
✄Tab. 8.10
Phaseninfiltration: Mischelektroden – z. B. (Gd,Sm)CeO2
auf LSM oder Cu auf YSZ – werden durch Imprägnierung
(Tauchen) und anschließendes Erhitzen (800 ◦C) hergestellt.
Durch Kapillarkräfte wandert der Katalysator ins poröse Grund-
material ein. Problem: Langzeitstabilität.
6 Cermet = ceramic metal. Seit 1995: Ni-ZrO mit etwa 50 Vol-% Nickel
2
201
Cu-CeO2 -YSZ, Ce1−x Cux O2−δ , leitet gut und ist redoxaktiv
(Ce3⊕ /Ce4⊕ ), jedoch nur unterhalb 800 ◦C stabil. Cu-CGO
(Gadolinium-Cer-Oxid) leitet oxidisch und elektronisch und to-
leriert Schwefel Ni-CGO neigt zur Verkokung.
Titanate sind Platinersatz für die Erdgas- und Methanoxidation.
La0.3 Sr0.7 TiO3 zeigen beim Sintern in Wasserstoff Leitfähigkei-
ten um 0,5 S/cm.
NEMCA, Non-faradaic Electrochemical Modification of Catalytic ✄8.11 Beschleunigung der
chemischen CO-Oxidation an einer
Activity [22], elektrochemische Katalysatorsteuerung“. Chemische
” Pt/ZrO2 -Anode: 1ϕ Änderung der
Reaktionen, wie die Knallgasreaktion oder CO-Oxidation an Platin, Austrittsarbeit =
ˆ
werden durch Anlegen einer Spannung an den heterogenen Kata- Elektrodenpotential; r relativer
lysator beschleunigt. Bei einem bestimmten Elektrodenpotential er- Sauerstoffverbrauch.
reicht die erzwungene Elektronen-Austrittsarbeit im Katalysator ein r
Maximum (1 V = ˆ 1 eV); mit Wirkung auf die Bindungsenergie des ✻
5 560◦ C
Adsorbats. Katalysator und Trägers tauschen Wasserstoff und Sau-
erstoff aus. Ohne an der Reaktion teilzunehmen: Oxidionen erhöhen 4
und Natriumionen erniedrigen die Arbeitsfunktion 8 es Metall-
katalysators (deckungsgleiche Geraden mit steigender Ordnungs-
3
zahl: Sc. . . Ni, Y. . . Pd, La. . . Pt). Elektrochemische Durchtrittsreak-
tion und chemische Reaktion zusammen erbringen mehrfach höhere
540◦ C
Ausbeuten als nach dem FARADAY-Gesetz (Q = z Fn) zu erwarten 2
wäre. ✄Abb. 8.11.
Elektrodengifte. Das Brenngas (Wasserstoff oder Kohlendioxid)
kann trocken oder feucht sein. 50 ppm H2 S drückt die Zellspan- 1 ✲
nung reversibel um 5 %; es ist also eine gewisse Schwefeltoleranz
0 0,1 0,2 0,3
gegenüber anderen Brennstoffzellentypen gegeben. In einem typi- 1ϕ / eV
schen Brenngas von 25 % H2 /H2 O und 75 % CO/CO2 toleriert die
Nickelanode 5 ppm H2 S (bei 700 ◦C) bzw. 90 ppm (bei 1000 ◦C).
Schwefel (als H2 S, RSH, CS2 ) bildet auf der Ni-YSZ-Elektrode:
Disulfid → SO2 , Sulfit → SO3 , Sulfat.
H2 S + Ni → NiS + H2
Eine Cobalt-Cermet-Kathode verträgt 200 ppm H2 S.
✄8.12 Elektronische Leitfähigkeit
8.3.3 Zellverbindung (Interconnector) von Interconnectoren in S/cm
8.3.4 Beschichtungstechnik
✄8.13 Herstelltechnik [6] 1. Die hitzebeständigen und gasdichten Elektrodenbeschichtungen
a) Funktionskeramik und Zellverbindungen (Interconnectoren) auf porösem Untergrund
Foliengießen, tape casting — speziell beim Röhrendesign — werden in Dünnschichttechnik
Dispersionsbeschichten, hergestellt.
slurry coating
EVD, PVD Chemische Dampfabscheidung (CVD, Chemical Vapor Depo-
Plasma- und Flammspritzen sition): Verschluss der Poren von Elektrolyt- und Verbindungs-
b) steife Keramikteile schichten durch Metalloxide.
Extrusion (Strangpressen) MCl2 + H2 O → MO + 2 HCl
Trockenpressen M = Metall, MCl2 = Metallchlorid, MO = Metalloxid.
Foliengießen Elektrochemische Dampfabscheidung (EVD): Aufbau der
Kalandrieren (Folienwalzen)
YSZ-Elektrolytschicht durch Umsetzung von Metallhalogeni-
den (mit H2 und Argon) außerhalb und Wasserdampf im Inneren
des porösen Trägerröhrchens.
✄8.14 EDV-Prozess
(1) MClx + y O2⊖ → MO y + 2x Cl2 + 2y e⊖
(2) y H2 O + 2y e⊖ → y H2 + y O2⊖
x x
2 H2 + 2 Cl2 → x HCl
Pore ✛
MClx + y H2 O → MO y + x HCl + (y − 2x ) H2
H2 O ✲ MClx
Sind die Poren geschlossen und die Reaktanden nicht mehr in di-
YSZ
rektem Kontakt, wächst die YSZ-Schicht weiter, indem Oxidio-
nen durch den Ionenleiter wandern und mit dem Metallchlorid
reagieren.
Physikalische Dampfabscheidung (PVD, Physical Vapor De-
position): Materialauftrag durch Sputtern mit Elektronen- oder
Argonstrahl oder im Hochfrequenzfeld. Geringe Beschichtungs-
✄8.15 Thermischer Längenausdeh- leistung (<1 µm/h).
nungskoeffizient K−1 .
(Mengenangaben in mol-%).
Thermisches Spritzen. Mit Druckluft wird Keramikpulver in
eine Wasserstoff- oder Acetylenflamme (Flammspritzen) oder
a) Elektrolyte einen Mikrowellenlichtbogen (Plasmaspritzen, bis 16000 K)
ZrO2 · 8 Y2 O3 10,5·10−6
CeO2 · 11 Gd2 O3 12,2·10−6 gefördert, trifft auf das Substrat und schmilzt auf.
b) Elektrodenmaterial
Abscheidung durch Materialverdampfung mit Pulslasern (PLD,
Ni/ZrO2 12 . . . 14·10−6 Pulsed Laser Deposition).
La1−x Cax MnO3 12·10−6
La1−x Srx CoO3 18 . . . 22·10−6 2. Interconnectorplatten und Elektrolytröhren werden aus Pulvergra-
nulaten hergestellt. Beim heißisostatischen Pressen (HIP) wirkt der
c) Interconnector
LaCrO3 9,5 . . . 10,7·10−6 Druck über ein Ölbad auf eine Gummiform.
FeCr-Legierung 12,5·10−6
7 Firma P LANSEE, A-Reutte.
203
3. Das Bandgießen (tape casting) eignet sich für ein- und mehr-
schichtige Keramikschichten. Mittels einer Rakel wird eine Mi-
schung aus Keramikpulver, Binder und Lösungsmittel auf eine
mitgeführte Polymerunterlage aufgestrichen, getrocknet, von der
Unterlage gelöst und aufgewickelt. Das Keramikband wird an-
schließend gesintert, wobei der Binder ausbrennt und das Material
schrumpft — ein Hauptproblem beim Monolithdesign.
4. Das Kalandrieren (tape calandering) erzeugt mehrlagige Folien, ✄8.16 Materialien für technische
z. B. für monolithische Zellen. Aus einer Extruderschnecke kom- Siebdruckschichten
mende Massen (Keramikpulver, Binder, Weichmacher) werden zwi- Ohm’sche Widerstände
schen zwei Walzen zu Folien und zum Folienverbund verpresst. Pd(Ag), Bi2 Ru2 O7 , RuO2 ,
Rh2 O3 -Gläser.
5. Der Siebdruck (screen printing) erlaubt Dünnschichten bis <10 Dielektrika
µm. Die Paste (engl. ink) wird mittels einer Gummispachtel groß- BaTiO3 , TiO2 ,
flächig durch die Öffnungen des in einen Rahmen eingespannten Gläser, Keramiken.
Siebes auf die zu beschichtende Unterlage gedrückt und der Rah- Bindemittel
men abgehoben. Die Dicke und Netzweite des Siebes bestimmt die Ethylcellulose u.a.
Schichtdicke. Sehr dünne Schichten erfordern Stahlsiebe. Die auf- Lösungsmittel
gedruckte Schicht wird anschließend eingesintert. Terpinol, Glycolether,
Tenside, Verdünner
6. Beim Tauchbeschichten (slurry coating), z. B. von Elektrolyt-
schichten, wird eine wässrige YSZ-Aufschlämmung mehrfach auf
den Träger aufgestrichen, getrocknet und gesintert.
7. Durch Sintern, die kontrollierte Wärmebehandlung, backen“ die
”
Keramikpartikel zu einer porösen Schicht zusammen, die auf dem
Substrat haftet. Der Pulververband verliert durch das Sintern an
Oberfläche. Feine Pulver wachsen bei hoher Temperatur zu dichten
Schichten zusammen; ferner bilden sich schon bei mittleren Tem-
peraturen gröbere Körner (Agglomerate) mit dazwischenliegenden
✄8.17 N ERNST-Gleichung
Porenräumen. Die YSZ-Keramik hat daher durch die Sintertempe-
ratur definierte kleine und große Poren. a) Anode
H2 + O2⊖ → H2 O + 2 e⊖
0 + RT ln [H2 O]
E ox = E ox
8.4 Betriebsverhalten 2F [H2 ][O2⊖ ]
b) Kathode
1/ O + 2 e⊖ → O2⊖
2 2
8.4.1 Thermodynamik der SOFC 1/2
0 + RT ln [O2 ]
E red = E red
2F [O2⊖ ]
Wegen der niedrigen Freien Enthalpie 1G der Knallgasreaktion bei c) Ruhezellspannung
1000 ◦C erreicht die SOFC eine rund 100 mV geringere Zellspan- E = E red − E ox
nung als die MCFC (650 ◦C). 100 K Temperaturerhöhung verbes-
[H2 ] [O2 ]1/2
sern die Zellspannung um 70 mV (300 mA/cm2 ), weil die Über- E = 1E 0 + RT
2F ln [H2 O]
spannungen deutlich abnehmen. Oberhalb 1000 ◦C ist die Verbesse-
Oxid- u. H2 O-Konzentration an An-
rung der Zellspannung nicht mehr so deutlich, dass der Betrieb die ode und Kathode seien gleich.
größere Materialbelastung rechtfertigen würde. Eckige Klammern [x] bedeuten
Ein erhöhter Druck des Oxidationsmittels verbessert die Zellspan- Gleichgewichtsaktivitäten ax .
nung. Zeitweilig wird die Stromverteilung uneinheitlich und die Für Gase werden Drücke eingesetzt:
[H2 ] = pH2 / p0
Wasserkonzentration ortsabhängig, so dass die N ERNST-Gleichung
mit p0 = 101325 Pa
nur näherungsweise gilt.
204
8.4.2 Strom-Spannungs-Kurve
Im Z / Ω cm 2
-5
1 3 mA/cm3 ). Betriebsoptimum bei
0,01
z
H
größter Kapazität und kleinstem
01
0.
-10 Widerstand. Kleines Bild:
0 5 10 15 20 25
10-3 Re Z / Ω cm2 Impedanzortskurven
(mathematische Konvention).
C / F cm-2
Eigene Messung.
gut schlecht
10-4
10-5 1 2 3
20
10-6
kH
z
0
R / Ω cmcm²
2
8.5 Zelldesign
8.5.1 Röhrenkonzept
✄8.22 Röhrenkonzept 1. Das Röhrenkonzept von S IEMENS -W ESTINGHOUSE (tubulä-
Ab 1958 W ESTINGHOUSE re SOFC, ✄Abb. 8.1 und 8.23) umfasst ursprünglich ein Bündel
Electric Corp.; später S IEMENS - von Einzelzellen aus einseitig geschlossenen Stützröhrchen aus ur-
W ESTINGHOUSE: Röhrenkonzept sprünglich YSZ und später calciumstabilisiertem Zirconiumdioxid
bis 1 A/cm2 bei 0,7 V.
(150 cm lang, Ø 22 mm; 30 % Porosität, 2–10 µm Porengröße).
1985/90: Air electrode supported
design (AES): poröses Kathoden-
Neuerdings werden poröse Luftelektrodenröhrchen aus dotiertem
rohr. Lanthanmanganit, das extrudiert und gesintert wird, als Träger ein-
1986: 1760 h-Test einer 400 gesetzt. Auf das Trägerröhrchen werden Festelektrolyt und Brenn-
W-Einheit; 24 Zellen, H2 /CO. gaselektrode abgeschieden. Im Inneren des Röhrchens strömt Luft,
1987: 3 kW-Einheiten für T OKYO außen der Brennstoff.
G AS und O SAKA G AS . Erdgas- Brenngaselektrode (außen). Die 20 µm dünne Cermet-Anode
betrieb für 5000 bis 15000 h;
Degradation 2 %/1000 h.
aus Ni/YSZ entsteht durch Tauchen oder EVD aus einer Sus-
pension von NiO und ZrO2 (Y2 O3 ) und Sintern in reduzierender
1992–94 25 kW für O SAKA G AS
und T OKYO G AS ; Betrieb bis Atmosphäre.
7064 h mit Erdgas. Die Interconnectorschicht zur kathodischen Stromabführung aus
1999: 220 kW-Druckhybridanla- Lanthan-Strontium-Chromat wird als schmaler Streifen durch
ge aus SOFC und Gasturbine. Plasmaspritzen aus chloridischen Vorstufen in Längsrichtung
2001: Druckhybridanlage für auf das Trägerrohr aufgebracht. Nickelschichten und -filze die-
RWE; 1152 Zellen, >3700 h.
nen dem äußeren Stromabgriff.
2002: 1 MW-Druckhybridanlage
für E N BW und E LECTRICITE DE Die gasdichte, ca. 40 µm dicke YSZ-Elektrolytschicht entsteht
F RANCE. durch chemische und elektrochemische Dampfabscheidung9 aus
2003: Prototyp e|cell CHP 250“ ZrCl4 , YCl3 , H2 , Wasserdampf und O2 bei 1150 ◦C.
”
(250 kW). Feldtest bei E.ON und Luftelektrode (innen). Die kathodische Beschichtung von ZrO2 -
Stadtwerke Hannover.
Trägerröhrchen erfolgt aus einer Suspension10 von La(Sr)MnO3;
das Lösungsmittel wird verdampft und die Schicht in oxidieren-
der Atmosphäre gesintert (100 µm dick, 30 % porös).
✄8.23 Tubuläres Design: 3 × 8 S IEMENS -W ESTINGHOUSE (US 6,492,051) empfiehlt als Zwischen-
Röhren. Quelle: S IEMENS AG. schicht zur Kontaktierung von Elektrolyt und Luftelektrode eine
Zweiphasenmischung von Scandium- oder yttriumstabilisiertem ZrO2 ,
dotiertem Lanthanmanganat, Chrom- oder Platinpartikeln.
Vorteilhaft ist die Selbstabdichtung ohne hitzebeständige Dich-
tungstechnik. Nachteilig ist der ohmsche Widerstand, wenn die
Elektrolytschicht bei der EVD-Beschichtung in die Poren der
Kathodenschicht eindringt. Bei 834 cm2 aktiver Elektrodenober-
fläche liefert eine Einzelzelle ca. 150 W Leistung (950 ◦C). Über
Nickelfilze sind die Röhrchen miteinander elektrisch verbunden.
3 × 8 in Reihe geschaltete Rohrzellen (1,5 m) bilden ein Bündel,
das an der Ober- und Unterseite zur Stromabnahme ein Kontakt-
blech trägt.
9 Chemical Vapor Deposition, CVD; Electrochemical Vapor Deposition, EVD
10 Aufschlämmung, engl. slurry
207
8.5.2 Flachzellenkonzept
1. Das häufige Flachzellenkonzept (S IEMENS [29], D ORNIER [27] ✄8.25 Flachzellenkonzept.
u.a.) besteht aus einem ebenen Stapel von bipolaren Einzelzellen. Interconnect Anode
Die wiederholbare Einheit umfasst:
Die Bipolarplatte (Interconnector) besteht aus Hochtemperatur- H2
Superlegierungen11 wie zum Beispiel CrY2 O31 , CrLa2 O31 und
CrFe5 Y2 O31 (Plansee AG).
O2
Gasverteilerplatte. Luft- und Brenngaskanäle sind 90◦ versetzt.
Reaktions- und Abgase werden mit keramischen Anschluss- Elektrolyt Kathode
glocken seitlich am Stack ein- und abgeführt.
Anode aus Nickelcermet. Anode: Ni-ZrO2
Kathode: (Sr)LaMnO2
Elektrolyt aus YSZ, im Foliengießverfahren hergestellt. Elektrolyt: YSZ
Kathode aus LaSrMnO3. Die Elektroden werden im Siebdruck Interconnector: (Mg)LaCrO2
aufgebracht und thermisch eingesintert.
✄8.26 Flachzellenkonzept
Kontaktierung. Als Stromableiter und Nickelreservoir dient ein
Nickelnetz auf der Anode. Auf die kathodische Seite der Bi- 1988 S IEMENS : Einzelzellen mit
polarplatte wird eine keramische Zwischenschicht durch ein 20 % H2 in N2 bei 950 ◦ C: 0,6 V
bei 100 mA/cm2 (1990); 0,8 V
Nasssprühverfahren aufgebracht, um den Übergangswiderstand zu bei 500 mA/cm2 (1993).
senken.12 Vorteilhaft ist der selbsttragende Aufbau: gestützt durch 1988–1997 D ORNIER GmbH;
Kathode, Anode, Elektrolyt oder einen porösen Träger. Kurze später: FZ Jülich.
1990 F UJI Electric Corp. R&D:
Stromwege garantieren hohe Leitfähigkeit, Energie- und Leistungs-
0,22 W/cm2 ; 1.07 V.
dichte im Vergleich zu Röhrenzellen. Problematisch ist die Abdich- Um 1994 Z TEK: Scheibenkonzept
tung der Einzelzellen. 2000 S ULZER -H EXIS : BHKW
für Hausversorgung.
11 temperaturstabil durch Aluminium- und Chromoxid-Deckschichten; angepasster 2000/2 D ELPHI AUTOMOTIVE
Ausdehnungskoeffizient notwendig, um mechanische Spannungen zum Keramik- S YSTEMS und BMW: SOFC für
elektrolyt auszuschließen. Kfz-Bordnetz mit Ce0.9 Gd0.1 O2 -
12 Einzelzellen werden einfacher in einem inerten Gehäuse mit Platinnetzen als Elektroden
Stromabgriff gemessen.
208
H2 8.5.3 Monolithkonzept
O2 Das Monolithkonzept (MSOFC) von A RGONNE NATIONAL L AB .
kommt ohne Stützstruktur aus, verspricht Leistungsdichten von
Interconnect Kathode 8000 W/kg (gegenüber 100 W/kg des Röhrenkonzepts). Der wel-
1983 A RGONNE N ATIONAL L AB .:
lenförmige Schichtverbund von Kathode, Festelektrolyt und Anode
0,3 W/cm2 , 100 h ist selbsttragend. Brennstoff und Luft fließen im Gleich- oder Ge-
1992 A LLIED S IGNAL C ORP.: 1,0 genstrom. Die Herstellung erfolgt in folgenden Schritten:
V bei 0,1 A/cm2 (1050 ◦ C)
Suspensionen für Elektroden, Elektrolyt und Interconnector,
Siebdruck der Keramikschichten aufeinander,
✄8.28 Historie
Wellen des Laminats durch Einpressen in eine Wabenstruktur,
1997/98 S ULZER H EXIS (CH-
Winterthur). Feldversuch: Stadtwer- Schichten der Einzelzellen mit Interconnector dazwischen,
ke Winterthur und Dortmund. Sintern des Zellstacks.
1998–2001 1 kW-SOFC für EWE,
T HYSSENGAS , T OKYO G AS ,
G AS DE E UKADI , G ASUNIE 8.5.4 Integrierte Konzepte
2002 SOFC für BASF/W INGAS .
2003 42 HXS1000: T HYSSENGAS , 1. Röhren-Stack-Modul. Die S ULZER H EXIS-Flachzelle13 ist
Stadtwerke, Hotels und Gewerbe; kreisförmig planar (Ø 12 cm; 0,1–0,2 mm dick) mit einem 2 cm
Lebensdauer: <6 Monate
großen Innenloch. Der selbsttragende YSZ-Elektrolyt ist mit Anode
2015V IESSMANN kauft H EXIS
und Kathode beschichtet. Der metallische Interconnector14 (Chrom-
2013-16 Feldtest: Galileo 1000 N
legierung) zwischen den Einzelzellen mit Strömungskanälen dient
als Wärmetauscher und Stromableiter. Die Zelle wird mit Erd-
✄8.29 H EXIS Galileo 1000 N gas (innen) aus dem Niederdrucknetz und luftseitig (außen) ei-
Elektr. Nennleistung: 1053 W nem schwachen Gebläse betrieben. Für die Energie- und Wärme-
Therm. Nennleistung: 2500 W versorgung im häuslichen Bereich besticht die SOFC durch hohes
Nennspannung: 39 V
Nutzwärmeniveau, einfache Brennstoffaufbereitung, breite Brenn-
Nennstrom: 27 A
Zellen: 70 stoffwahl, effizienten Teillastbetrieb und dynamisches Regelverhal-
Betriebstemperatur: 950 ◦ C ten. Stickoxide wie bei der klassischen Verbrennungstechnik entste-
Durchmesser: 120 mm hen nicht. Das erdgasbetriebene 1 kW-System für ein Einfamilien-
Höhe: 518 mm
haus umfasst in einem Gehäuse:
SOFC mit Peripherie und elektrischer Netzankopplung,
200 Liter-Brauchwasserspeicher,
✄8.30 Honigwabenkonzept
Zusatzbrenner für Spitzenwärmebedarf (über 3 kW).
2. Das Honigwabenkonzept (honeycomb, ABB 1992: condensed
”
tube“) ist mechanisch stabil und liefert hohe Leistungsdichte (bis 2
−2
W cm ). Oxidans und Brenngas strömen abwechselnd wie in ei-
nem Schachbrett durch Mikrokanäle. Die Kontaktierung ist kompli-
ziert.
13 HEXIS = Heat Exchanger Integrated Stack.
14 Fa. P LANSEE, A-Reutte.
209
8.6 SOFC-Kraftwerke
1. Interne Reformierung. Die Schwefeltoleranz prädestiniert die
SOFC für die Stromerzeugung aus Erd-, Bio- und Kohlegas.
Indirekte Reformierung (IIR): in einer Kammer vor der Anode
Direkte Reformierung (DIR): auf der Anode. Das Cracken
höherer Kohlenwasserstoffe erledigt ein Vorreformer.
Schrittweise direkte Reformierung (GIR, gradual): auf einer
zusätzlichen Elektrodenbeschichtung
Kohlenwasserstoffe werden oberhalb 800 ◦C durch Wasserdampf
gespalten. H2 O-Dampf liefert das Anodenabgas oder ein externer
Dampferhitzer. Um das Gleichgewicht zu verschieben und Rußbil-
dung15 zu vermeiden, wird Wasserdampf überstöchiometrisch zu-
gesetzt (Dampf/Kohlenstoff ≥ 3). Die Energie zur endothermen
Dampfreformierung (1) stammt aus der exothermen CO-Oxidation
an der Kathode (2) und der gleichzeitigen Konvertierung (3). Paral-
lel läuft die elektrochemische Oxidation des Brennstoffs ab.16
1r H 0 (kJ/mol)
(1) Dampfreformierung CH4 + H2 O + Wärme → CO + 3 H2 +206
Trockene Reformierung CH4 + CO2 + Wärme → 2 CO + H2 +247
Cracken CH4 + Wärme → C + 2 H2
(2) CO-Oxidation CO + 3 H2 + 2 O2 → CO2 + 3 H2 O + Wärme
(3) Konvertierung CO + H2 O → CO2 + H2 + Wärme –41
(4) Elektrochem. Oxidation CH4 + 2 O2 → CO2 + 2 H2 O + Wärme –802
Partielle Oxidation CH4 + 12 O2 → CO + 2 H2 O + Wärme –36
B OUDOUARD-Gleichgewicht CO2 + C + Wärme → 2 CO +171
✻ ✻
❄
Luftversorgung Anlagen-
Gasversorgung
Wärmehaushalt steuerung
✻ ✻
✄8.34 Komponenten eines
Brenngas Luft
SOFC-Kraftwerks
Materialien
[9] R. B ÜRGEL , H.J. M AIER , T. N IENDORF , Handbuch Hochtemperatur-
Werkstofftechnik. Wiesbaden: Vieweg+Teubner, 3 2011.
[10] The CRC Materials Science and Engineering Handbook, Hrsg.: J. F.
S HACKELFORD , W. A LEXANDER. Boca Raton: CRC Press, 3 1999.
[11] Encyclopedia of Materials Science and Engineering, M. B. B EVER (Ed.), Ox-
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catalysis. Weinheim: Wiley-VCH, 1997.
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trochemical aggregates by impedance spectroscopy, J. Power Sources 127
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München: Kyrill & Method, 1991.
[14] (a) J. R. M ACDONALD , Impedance Spectroscopy, Emphasising Solid Materials
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C. D ÉPORTES , J. Chim. Phys. 70 (1973) 923-935.
[15] Matrixmaterialien:
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State Ionics 144 (2002) 241.
(b) A. M ATRASZEK et.al. Materialwiss. Werkst. 33 (2002) 355.
[16] C. J. L U , S. S ENZ , D. H ESSE, Formation and structure of misfit dislocations at
the La2 Zr2 O7 -Y2 O3 -stabilized ZrO2 (001) reaction front during vapour-solid
reaction, Phil. Mag. Lett. 82 (2002) 167.
[17] H. R ICKERT, Electrochemistry of Solids. Berlin: Springer, 1982.
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214
[20] B. C. H. S TEELE (Ed.), Ceramic oxygen ion conductors and their technological
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[21] B. T IMURKUTLUK , C. T IMURKUTLUK , M.D. M AT, Y. K APLAN, A review-
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Sustainable Energy Reviews 56 (2016 )1101-1121.
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schungsschwerpunkte bei Daimler-Benz, Proc. 1. Ulmer Elektrochem. Tage,
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cells: Prospects for efficient electricity generation from natural gas, Progress in
Energy and Combustion Science 54 (2016) 1-64.
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[30] M. S CHMID, Das Projekt Sulzer Hexis: SOFC-Technologie für kleine Leistun-
gen, in [15], Kap. 11, S. 203-209.
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www.dcht.com, www.mhi.co.jp/power (Mitsubishi), www.ztekcorp.com.
215
9 Redoxbrennstoffzellen und
Hybridsysteme
Nicht nur Gase und Flüssigkeiten, auch Feststoffe können verstromt ✄9.1 Leistungsdaten von Energie-
speichern
werden. Zink-Luft- und Aluminium-Luft-Batterien verbinden die
Eigenschaften von geschlossenen Batterien und kontinuierlich ver-
sorgten Brennstoffzellen. In diesen Hybridzellen ist der Brennstoff Theoretische spezifische
Kapazität (FARADAY-Gesetz)
fest und das Oxidans gasförmig.
Cth = zMF (Ah/kg)
Eine Batterie (Primärelement) wandelt chemische Energie irre-
versibel in elektrische Energie und Wärme um und ist nicht wie- Theoretische Energiedichte
deraufladbar. Wth = Cth · E 0 (Wh/kg)
Stromausbeute,
Ladungsnutzungsgrad
Q
α = QE < 1
9.1 Metall-Luft-Elemente L
Energieausbeute, -nutzungsgrad
ZtE
Metall-Luft-Batterien nutzen die Oxidation unedler Metalle an Luft. UE (t) IE (t) dt
Das Lithium/Luft-System erreicht die größte praktische Zellspan-
W
nung, gefolgt von Erdalkalimetallen und anderen: Li (2,4 V) > Ca η = WE = 0t
L ZL
(2,0 V) > Al (1,6 V) > Mg (1,4 V) > Zn (1,2 V) > Fe (1,0 V). Die UL (t) IL (t) dt
Zellspannungen bei Sauerstoffkathoden liegen ca. 50 % höher, weil 0
die Überspannung geringer als an Luftelektroden ist.
Ladefaktor
Ladekapazität Q L
a = entnommene Kapazität QE
9.1.1 Zink-Luft-Batterie
1 Ah = 3600 A s = 3600 C
Ähnlich der L ECLANCH É-Taschenlampenbatterie besteht das alka-
1 Wh = 2300 W s = 3600 J
lische Zink-Luft-Element ursprünglich aus: äußerem Zinkbecher,
Ammoniumchlorid- oder Kalilauge-Elektrolyt, hydrophob-porösem
Aktivkohlezylinder (stirnseitig tritt Außenluft ein).2 E0 Ruheklemmenspannung
F Faraday-Konstante
1 engl. secondary battery M Molekülmasse (aktive Spezies)
2 Konventionell nur 1 W/kg; 2 mA/cm2 wegen Sauerstofftransporthemmung. z Elektrodenreaktionswertigkeit
✄9.2 Meilensteine der Der Zink-Luft-Akkumulator umfasst eine zentrale pastöse Zink-
Zink-Luft-Batterie.
Masseanode, die taschenförmig von einer Gasdiffusions-Folienelek-
1971 S ONY: Elektrofahrzeug trode (bifunktionale Sauerstoffelektrode) umschlossen ist.
1994 D EUTSCHE P OST und pastöse Metallanode (z. B. ZnO + PTFE + PbO + Cellulose)
E LECTRIC F UEL C ORP. (EFL,
Israel): Zink-Luft-Fahrzeuge: 320 Alkalischer Elektrolyt: Kalilauge in einem Separator.
V, 492 Ah, 157 kWh; 208 Wh/kg, Platin-Aktivkohle-Kathode (Sauerstoffreduktion beim Entla-
243 Wh/ℓ; 101 W/kg, 118 W/ℓ.
den); elektrolytseitig mit Nickel überzogen (für die Sauerstoff-
abscheidung beim Laden).
Entladevorgang:
⊖ Anode Zn + 2 OH⊖ ⇋ Zn(OH)2 + 2e⊖
1
⊕ Kathode 2 O2 + H2 O + 2 e⊖ ⇋ 2 OH⊖
Zn + 12 O2 + H2 O ⇋ Zn(OH)2
bzw. Zn + 1
2 O2+ H2 O + 2OH⊖ ⇋ Zn(OH)2⊖ 4
Nenndaten: 1,45–1,5 V; theoretisch 960 Wh/kg; praktisch 650–800
Wh/ℓ, 300–380 Wh/kg; <80 W/kg.
Anwendung: Warnlichter, Hörgeräte, Uhren, Notstrom.
Problematisch sind (1) Volumenänderungen beim Laden und Entla-
den, (2) die Bildung von Dendriten, die den Separator kurzschlie-
ßen, (3) Passivierung der Anode beim Entladen, (4) Verunreinigun-
gen an der Luftelektrode. Lebensdauer und Zyklenstabilität sind ge-
ring. Beim Laden gebildeter Sauerstoff oxidiert die Aktivkohle zu
CO2 , das sich als Carbonat im Elektrolyten löst und die Zelle physi-
kalisch schädigt. Abhilfe schafft eine dritte Elektrode (Nickelblech)
zur Sauerstoffabscheidung, die nur beim Laden elektrisch kontak-
tiert wird.
9.1.2 Aluminium-Luft-Batterie
Theoretisch 3000 Ah/kg Aluminium und Betrieb mit neutralen Elek-
trolyten (Meerwasser) sind möglich. Zulegieren von In, Ga, Tl, Cd,
Zn oder Amalgamierung durchbrechen die Oxidschicht und verbes-
sern die Zellspannung. Verbrauchtes Aluminium ist mechanisch er-
setzbar.
9.1.3 Eisen-Luft-Batterie
Die Verfügbarkeit, Ungiftigkeit und mechanische Stabilität von Ei-
sen, dazu eine theoretische Energiedichte von 764 Wh/kg machen
diese Batterie interessant.
217
9.2 Metalloxid-Wasserstoff-Batterien
9.2.1 Nickel-Wasserstoff-Akku
Einer hohen spezifischen Energie, inhärentem Überladungsschutz ✄9.3
Aufbau des NiH-Akkus
und dem Zelldruck als Ladezustandsanzeige stehen ungünstige
Selbstentladung und hohe Kosten gegenüber. Wasserstoff-Druckbehälter:
30–40 bar
Zellreaktionen im Normalbetrieb
Anode: Wasserstoffelektrode
⊖ Anode NiOOH + H2 O + e⊖ ⇋ Ni(OH)2 + OH⊖ (Pt/Ni, PFTE/Pt)
⊕ Kathode 1/ H + OH⊖ ⇋ H O + e⊖
2 2 2 Kathode: NiO + 5 % Co(OH)2 ;
1/ H beim Vorladen: β-Ni(OH)2 .
2 2+ NiO(OH) ⇋ Ni(OH)2
1/ H Elektrolyt: 30 % KOH
bzw. 2 2 + NiO(OH) + H2 O ⇋ Ni(OH)2 · H2 O Zellspannung: 1,32 V.
Überladung Selbstentladung: 6–12 %/Tag.
Entladevorgang (1,3 V)
⊖ Anode MH + OH⊖ ⇋ H2 O + M + e⊖
⊕ Kathode NiOOH + H2 O + e⊖ ⇋ Ni(OH)2 + OH⊖
NiOOH + MH ⇋ Ni(OH)2 + M
✄9.4 Zellvorgänge im
NiMH-Akku.
9.3 Redoxbrennstoffzellen
Redoxzellen sind galvanische Speicher mit löslichen Reagentien.
1. Klassische Redoxzelle. An bipolaren, inerten Elektroden – z. B.
polymergebundener Grafit in einer salzsaure Lösung von Metall-
chloriden – laufen Redoxvorgänge ab. Katholyt und Anolyt, die
durch eine chloriddurchlässige Membran getrennt sind, werden in
separate Speicher gepumpt und den Elektroden beim Entladevor-
gang wieder zugeführt.
a) Chrom-Eisen-Redoxspeicher. Wie bei Sekundärbatterien erfolgt
die Aufladung durch elektrischen Strom, wobei sich Cr(II) am Mi-
nuspol und Fe(III) am Pluspol bilden.
⊖ Anode Fe2⊕ ⇋ Fe3⊕ + e⊖ +0,77 V
⊕ Kathode Cr3⊕ + e⊖ ⇋ Cr2⊕ —0,41 V
Fe2⊕ + Cr3⊕ ⇋ Fe3⊕ + Cr2⊕
Beim Laden tritt neben der Cr(III)-Reduktion Wasserstoffentwick-
lung auf, dadurch entsteht weniger Cr(II) als Fe(III), das in einer
Ausgleichszelle kathodisch vernichtet“ werden muss (wobei an-
”
odisch Chlor entsteht).
b) Der All-Vanadium-Speicher (DE 914264) besteht aus Anoden-
und Kathodenraum, durch eine selektive Ionentauschermembran ge-
trennt, die Vanadiumionen sperrt (Entwicklungsziel). Anolyt und
Katholyt werden in getrennten Elektrolytkreisen kontinuierlich über
die Elektroden zurück in die Vorratsbehälter gepumpt. Die Lade-
vorgänge (z. B. durch fotovoltaische Energie) lauten:
⊖ Anode V4⊕ ⇋ V5⊕ + e⊖
⊕ Kathode V3⊕ + e⊖ ⇋ V2⊕
V3⊕ + V4⊕ ⇋ V2⊕ + V5⊕
Die Entladevorgänge laufen genau umgekehrt und liefern Strom.
c) M ILENNIUM C ELL (US 6,497,973) erzeugt in einer Zelle Borhy-
dridionen, die in einer zweiten konsumiert werden.
219
Literatur zu Hybridsystemen
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221
10 Gaserzeugung und
Brennstoffaufbereitung
10.2.1 Entschwefelung
a) Dampfreformierung
Kohlenwasserstoffe: Cn H2n+2 + n H2 O → n CO + (2n+1) H2
Methan: CH4 + H2 O → CO + 3 H2 1R H = +206 kJ/mol
CH4 + 2 H2 O → CO + 4 H2 1R H = +165 kJ/mol
Butan (LPG): C4 H10 + 4 H2 O → 4 CO + 9 H2
Rohbenzin (Naphtha): CH “ + H2 O → CO + 2.1 H2
” 2.2
C6 H14 + 6 H2 O → 6 CO + 13 H2
Biogas: CH4 + CO2 → 2 CO + 2 H2
CH4 + 3 CO2 → 4 CO + 2 H2 O
Methanol: CH3 OH + H2 O → CO2 + 3 H2
Kohle: C + H2 O → CO + H2 1R H = +131 kJ/mol
b) Wassergasshiftreaktion
(Konvertierung) CO + H2 O → CO2 + H2 1R H = – 41 kJ/mol
+2H2
d) Verkokung 2 CO ✲ CO2 ✲ 2 H2 O
−C −C
CO + H2 ✲ C + H2 O
CH4 ✲ C + 2 H2
CH4 + 2 CO ✲ 3 C + 2 H2 O
CH4 + CO2 ✲ 3 C + 2 H2 O
Die Wasserstofferzeugung für die Ammoniaksynthese (H ABER - ✄10.12 Theoretische Ausbeute der
Dampfreformierung.
B OSCH-Verfahren: 3 H2 + N2 → 2 NH3 ) ist ein eingeführter Prozess
in vier Schritten, lässt sich allerdings nicht einfach auf Fahrzeugan- Stoff % H2 % CO2
wendungen übertragen. Methan (Erdgas): 80 20
Methanol: 75 25
Primär-Dampfreformierung von Erdgas oder Rohbenzin (Naph- Hexan (Naphtha): 76 24
tha) im Spaltrohrofen (700–830 ◦C, 40 bar, Ni-Katalysator). Das Butan (LPG): 76 24
Spaltgas enthält noch 8 Vol-% nicht umgesetztes Methan.
Sekundär-Dampfreformierung des Spaltgases im Schachtofen
(1050 ◦C, Ni-Katalysator) auf einen CH4 -Gehalt unter 0,5 Vol-
%. Ein Teil des Spaltgases dient als Heizgas, wobei die zudo-
sierte Luftmenge schon die für die NH3 -Synthese notwendige
N2 -Menge enthält.
CO-Konvertierung des Spaltgases.
a) Hochtemperaturkonvertierung: 350 ◦C; Fe2 O3 /Cr2 O3 ;
<3 % CO; CoO/MoO3 : <0,3 % CO).
b) Tieftemperaturkonvertierung: 225 ◦C, CuO/ZnO; <0,3 % CO.
10.2.6 Gasreinigung
✄10.13 CO2 -Emissionen bei Krux aller organischen Brennstoffe ist die Verunreinigung des
der Wasserstofferzeugung
Dampfreformats mit Kohlenstoffoxiden, die die Elektrokatalysato-
CO2 in g · kWh−1 ren der Brennstoffzelle vergiften. Hochtemperaturbrennstoffzellen
Kohlevergasung 636 tolerieren CO in Grenzen. Verträgt die PAFC bis 1 % CO im Brenn-
Erdgasreformierung 300 gas, ist bei der CO-empfindlichen PEM-Brennstoffzelle eine CO-
Solarelektrolyse 94 Feinreinigung notwendig (<10 ppmV). Für die Gasreinigung bei
Biomassevergasung 74
Niedertemperaturbrennstoffzellen bieten sich je nach Anlagengröße
CO2 -Emissionen durch: unterschiedliche Verfahren an.
Brennstoffverarbeitung,
Transport,
Anlagenbetrieb CO-Reinigung
Ausfrieren: Auswaschen mit flüssigem Stickstoff.
Gaswäsche: Druckwäsche mit ammonialkalischer Kupfer(I)-
chlorid- (für CO) oder -carbonatlösung (für CO2 ), Monoetha-
❡
nolamin, Sulfinol R .
Methanisierung: Hydrierung von Rest-CO/CO2 zu Methan am
Nickelkatalysator (30 bar, 300 ◦C):
CO + 3H2 → CH4 + H2 O 1R H = –206 kJ/mol
Im Gasstrom vorhandenes CO2 bildet in einer inversen Wasser-
gasshiftreaktion mit dem produzierten Wasser unerwünscht CO
zurück. Für Kleinanlagen aufwändig. Reinheit: 97–98 % H2 .
Selektive katalytische Oxidation (Preferential Oxidation, PROX)
von CO zu CO2 (<5 ppm) bei 100 ◦ C an Al2 O3 -geträgerten
Edelmetallkatalysatoren (Ru, Rh, Pt) oder zinkoxidgeträgerten
Kupferpartikeln (Cu/ZnO-Al2 O3 ). Selektiv“ deswegen, weil H2
”
nicht oxidiert wird. Thermische Reaktionsführung schwierig.
Wassergasshiftreaktion: Die Umsetzung von CO und Wasser-
dampf zu CO2 und H2 taugt zur Grobreinigung bis 0,5–1 % CO.
Gasfeinreinigung
Die Gewinnung von Reinwasserstoff aus dem Rohgas erfordert wei-
tere Reinigungsschritte.
Druckwechselabsorption (PSA): an Molekularsieben und Ak-
tivkohle, wobei Wasserstoff durchtritt und die Restgase adsor-
biert werden. Reinheit: >99 % H2 . Regenerierung durch adiaba-
tische Entspannung bei Umgebungstemperatur; das verunreinig-
te Spülgas eignet sich zur Beheizung eines Reformers.
Membrandiffusion: Wasserstoff tritt aus dem Gasgemisch nahe-
zu ungehindert durch eine Palladium-Silber-Membran (300 ◦C,
hoher Differenzdruck). Neuerdings werden auch Polymermem-
branen eingesetzt. Hohe Gasreinheit!
Umsetzung zu Hydriden:
Lanthanhydrid: LaNi5 + x H2 → LaNi5 Hx (x ≤6,5).
Uranhydrid: U + 3/2 H2 → UH3
Bildung bei 250 ◦C, Zersetzung bei 500 ◦C im Vakuum.
229
✄10.14 Methandampfreformie-
rungsanlage im englischen
Teesside.
MDEA-Wäscherkolonnen und
PSA-Wasserstoffreinigung.
Quelle: A IR P RODUCTS
MDEA = Methyldiethylamin
PSA Druckwechselabsorption
1. Erdgasoxidation
✄10.16
Wasserstoff aus Benzin
Das in der Dampfreformierung nicht umgesetzte Methan (Erdgas)
Benzintank bildet mit Luft weiteres Synthesegas — wobei für die partielle Oxi-
↓ dation (1) der Sauerstoffunterschuss entscheidend ist. Es entstehen
Verdampfer (Brenner)
↓ je nach Temperatur stets Gemische aus CO und CO2 . Rhodium und
POX-Reaktor ← Luft, Dampf Iridium sind katalytisch aktiver als Platin, Nickel, Palladium und
↓ Cobalt.
HT-Shift-Reaktor → Abwärme
Ni/Al2 O3 katalysiert CO2 -Bildung (2) selektiv bei 850 ◦C.
↓
LT-Shift-Reaktor Ni/La/Al2 O3 ist weniger aktiv und selektiv; Co/La/Al2 O3 ist bei
↓ 750 ◦C einsetzbar; Fe/La/Al2 O3 schon bei 600 ◦C.
PROX-Reaktor ← Luft
↓ (1) CH4 + 1/2 O2 −→ CO + 2 H2 1R H 0 = –36 kJ/mol
Brennstoffzelle (2) CH4 + O2 −→ CO2 + 2 H2
↓
Abgas: Turbine Im Molverhältnis 1 : 2 verbrennt Methan mit schwach leuchtender
Flamme stöchiometrisch zu CO2 .
POX partielle Oxidation (3) CH4 + 2 O2 −→ CO2 + 2 H2 O 1R H 0 = –803 kJ/mol
HT Hochtemperatur
LT Niedertemperatur Verbrennt Methan unvollständig, entsteht Ruß. Bei der Brenngasge-
(Rest: 0,5 % CO) winnung unerwünscht, dient der in feinster Verteilung anfallende,
PROX selektive katalytische
Oxidation (ppm CO) amorphe Gasruß als Füllstoff für Autoreifen, Pigment für Drucker-
schwärze und Rohstoff für Elektrodenmaterialien.
(4) CH4 + O2 −→ C + 2 H2 O
CH4 −→ C + 2 H2
2. Benzinoxidation
✄10.23 Siedegrenzen von Benzin 1. Thermisches Cracken (veraltet). Thermische Spaltung von
(DIN 51630 bis 51636).
Erdöl-Mitteldestillaten und Destillationsrückständen in niedrig
Petrolether 25–80 ◦ C siedende Kohlenwasserstoffe bei 400 bis 500 ◦C mit steigen-
( Gasoline“) dem Druck von 1 bar (Dampfphase) bis 85 bar (Flüssigphase).
”
Benzin 60–180 ◦ C Gleichzeitig tritt Dehydrierung zu Alkenen auf. Die olefinhal-
Siedegrenzenbenzin
–I 60–95 ◦ C
tigen Crackgase sind wertvolle Rohstoffe für Polymerbenzine.
– II, Waschbenzin 80–110 ◦ C Aus Erdöldestillaten kleiner Siedeintervalle entstehen klopffe-
– III 100–140 ◦ C ste Benzine.13 Die Produkte gehen wiederum in den Fraktionier-
Wundbenzin 40–70 ◦ C turm; Koks verbleibt als Rückstand in der Reaktionskammer.
FAM-Normalbenzin 65–95 ◦ C
Wetterlampenbenzin 60–160 ◦ C R-CH2 -CH2 -R’ −→ R-H + CH2 =CH-R’
Testbenzin 130–220 ◦ C 2. Katalytisches Cracken (H OUDRY-Verfahren): in der Dampf-
Aliphatin 100–160 ◦ C
Ligroin (Lackbenzin) 150–180 ◦ C phase bei 550 ◦C und 2 bar mit Zeolithkatalysatoren14 in der
Kerosin 180–270 ◦ C
Wirbelschicht gehen Vakuum- und Mitteldestillate in klopffe-
Leuchtpetroleum 130–280 ◦ C ste, isoalkan-, olefin- und aromatenreiche Crackbenzine über.
Heißes Einsatzöl und Wasserdampf werden durch ein Steigrohr
Ottokraftstoff: ins Fließbett eingeblasen. Die Produkte treten am Reaktorkopf
<70 ◦ C-Fraktion:
zum Motorstart im Winter
aus; über Zyklone werden mitgeführte Katalysatorteilchen ab-
>150 ◦ C: Rußbildung getrennt. Der Katalysator muss wegen Abscheidung von Petrol-
koks15 kontinuierlich regeneriert werden: Einblasen von Was-
serdampf zum Abstrippen des Öles vom Katalysator, Förderung
in den benachbarten Regenerator und Abbrand von Kohlenstoff.
Durch Short-Contact-Cracking bei kurzer Verweilzeit entsteht
mehr hochwertiges Benzin statt Gas und Koks.
Hydrocracking. Die hydrierende Spaltung liefert hohe Ausbeu-
ten an gesättigten Kohlenwasserstoffen, u. a. hochwertige Otto-
kraftstoffe. Aus Schwefelverbindungen entsteht Schwefelwasser-
stoff.
13 Octanzahl: Maß für die Klopffestigkeit von Benzin, d. h. Sicherheit vor vorzei-
tiger Zündung des Benzin-Luft-Gemisches bei der Kompression. n-Heptan neigt
zum Klopfen (Octanzahl 0), i-Octan ist klopffest (Oktanzahl 100).
Cetanzahl: Maß für die Zündwilligkeit und Emissionsarmut von Dieselkraft-
stoff. n-Hexadecan (Cetan) zündet willig (Cetanzahl 100), α-Methylnaphthalin
ist zündträge (Cetanzahl 0). In Europa: 51. . . 55; in USA >40.
14 Zeolithe begünstigen Carboniumionen-Zwischenstufen und Isomerisierung, Zy-
klisierung, Spaltung, Alkylierung, Desalkylierung, Hydrierung, Aromatisierung.
15 Bei der Spaltung von Kohlenwasserstoffketten in Alkane fehlt Wasserstoff, so dass
(a) Alkane + Kohlenstoff und (b) Alkene entstehen. Verminderung der Verkokung
in Gegenwart von Wasserstoff.
235
17 In der DDR: 600 kg Benzin aus 1 t Braun- und Steinkohle (480 ◦ C, 200–400
bar, 100 m3 H2 ). 1 t Benzin aus 4 t Kohle einschließlich H2 -Erzeugung durch
Dampfreformierung.
18 Kohleverflüssigung“, Syncrude-Prozess
19 ”
Destillation: 60 % Kogasin I (Benzin); 22 % Kogasin II (Dieselöl), 10 % Weich-
paraffin ( Paraffingatsch“), 3 % Hartparaffin ( Kontaktceresin“).
” ”
237
10.4.1 Kohlevergasung
Dampfreformierung CH4 + H2 O → CO + 3 H2
Methanolsynthese CO + 2 H2 → CH3 OH
✄10.30 Komponenten eines Metha- Die autotherme Methanolreformierung kombiniert die endother-
nolreformers
me Dampfreformierung mit der partiellen Oxidation unter adiaba-
Methanol/Wasser-Mischkammer tischen Bedingungen an Edelmetall-Kupfer-Katalysatoren in Rohr-
Vorwärmer reaktoren bei 500 ◦C (Eingang) bis 250 ◦C (Ausgang). Autotherme
Reformer
Kühlung, Kondensatabscheider Reaktoren sind kompakt und starten schnell. Der 245 cm3 große
Gasreinigung: HotSpot“-Reaktor von J OHNSON M ATTHEY (1998) wandelt Me-
– Druckwechseladsorber
”
thanol, Wasser und Luft in einem einzigen kompakten Katalysator-
– Pd/Ag-Membran
bett zu CO2 und 750 ℓ/h H2 (<10 ppm CO) um.
– Gaswäsche
10.8.1 Wasserelektrolyse
Versiegende fossile Reserven fordern regenerative Wege der Was- ✄10.37 Klein-Elektrolyeur
serstofftechnik mit Strom aus Windparks, Wasserkraft, Solarener-
gie und Geothermie.34 Die Wasserelektrolyse besticht durch Um-
weltverträglichkeit, Gasreinheit und Flexibilität bei wechselndem
Wasserstoffbedarf; hingegen sind Erdgasreformierung und Metha-
nolspaltung kostengünstiger. 1 m3 H2 erfordert 5 kWh elektrische
Energie. Für die Dampfelektrolyse genügen 241,98 kJ/mol.
286,02 kJ/mol + H2 O −→ H2 + 1/2 O2
Die Elektrolyseanlage umfasst: Wasseraufbereitung, Gleichstrom-
versorgung, Elektrolyseur, Wasserabscheider, Gasflussregler.
✄10.38 Separatoren Stand der Elektrolysetechnik siehe Literatur [1]. Bei der alkalischen
NiO/TiO2 auf Nickelnetz Elektrolyse wird Kalilauge an Nickelelektroden35 bei Umgebungs-
Polyethersulfon (PES) oder leicht erhöhtem Druck zersetzt. Als Kathode kann Eisen ein-
glasfaserverstärktes gesetzt werden. Platinmetalloxide wie Ruthenium- und Iridiumoxid
Polyphenylensulfid (PPS) haben sich als langzeitstabile Elektrokatalysatoren bewährt [26]. Bei
Kaliumtitanat SPE-Elektrolyseure mit Zero Gap“-Geometrie wird die ionenlei-
”
tende Membran direkt mit Platin beschichtet; der ohmsche Span-
nungsabfall im Elektrolyten ist klein. Alternative Separatoren ✄Tab.
10.38
✄10.39 Technologien Für die Druckelektrolyse bei 30 bar setzt MTU ein selektiv
Alkalische Wasserelektrolyse: durchlässiges Diaphragma ein, das den Produktgasen die Diffusi-
um 80 ◦ C, 1–120 bar, Klein- bis on und die Rekombination von Knallgas zu Wasser versperrt. Die
Megawattanlagen. Elektroden befinden sich direkt auf der Diaphragmaschicht, was ei-
PEM-Elektrolyse: um 80 ◦ C, ne hohe Leistungsdichte erlaubt.
1–30 bar, Kleinanlagen bis 20
m3 /h H2 (0 ◦ C).
10.10 Wasserstoffspeicherung
✄10.42 Energiedichte von Brennstof- Die theoretische Speicherdichte für Wasserstoff nimmt ab in der
fen und Speichern: 1 kWh = 3,6 MJ
Reihe: Metallhydride (150 kg/m3 ) > Hydrolyse von Alkalimetal-
Brennstoff kWh/kg (kWh/ℓ) len > flüssiger Wasserstoff > Druckgasflaschen > Physisorption. In
Brennstoffzellenfahrzeugen haben sich 700-bar-Drucktanks durch-
Wasserstoff
– flüssig,26 K,4 bar 33,3 ( 2,1 ) gesetzt. Die mit der heutigen Tankstelleninfrastruktur vereinbare
– Gas, 300 bar ( 0,7 ) Benzin- und Methanolreformierung an Bord eines Fahrzeuges ist
– Gas, 700 bar ( 1,3) nicht weit fortgeschritten. Chemische Speicher arbeiten ungenügend
Propan 12,9 ( 0,03)
reversibel.
Erdgas 12,2 ( 0,01)
Benzin 12,1 ( 8,8 )
Diesel 11,8 ( 9,8 )
1. Wasserstoffspeicher. Wasserstoff kondensiert bei 20 K = –253 ◦C.
Kohle 7,8 (11,7 ) Flüssiger Wasserstoff wird in vakuumisolierten Tanks gespei-
Ethanol 7,5 ( 5,9 )
Methanol 5,6 ( 4,4 )
chert (Kryospeicher). Das langsame Ausdampfen ist tech-
Metallhydrid 0,28 ( 1,05) nisch weitgehend gelöst. ✄Abb. 10.46
Lithiumbatterie 0,13 ( 0,35) Druckgastanks (400 bar) haben eine geringere Speicherdichte
Bleibatterie 0,04 ( 0,1 )
als Flüssig-H2 und müssen Sicherheitsstandards entsprechen.
Bei 700 bar nähert sich die Speicherdichte der von Flüssig-
wasserstoff.36 ✄Tab. 10.43
✄10.43 Dichte von Wasserstoff
2. Hydridspeicher: Metallhydride, komplexe Hydride (z. B.
350 bar (300 K) 23 kg/m3
NaBH4 ), Speicherlegierungen. ✄Tab. 10.44
700 bar (300 K) 39 kg/m3
Ideales Gas, 700 bar 57 kg/m3 3. Adsorption an Zeolithen, Kohlenstoffnanoröhrchen und Fa-
sern, Glasmikroperlen, metallorganischen Netzwerken wie
[Zn4 O(CO2 )6 ]x bei 77 K. Wenig reversibel! Geringe Speicher-
dichte!
4. Wasserstoffvorstufen: Methanol, Kohlenwasserstoffe, Ammoni-
ak, Hydrazin, Dimethylether, Cyclohexan, Wasser.
✄10.44 Hydridspeicher
Grafitnanoröhrchen:
ca. 5–10 % kg H2 /kg C;
10.10.1 Wasserstoff aus Hydriden
Desorption: 2 % (25 ◦ C), 100 %
(>530 ◦ C). Die Speicherung und Wiederentnahme in Metallhydriden und Koh-
Kohlenstoffnanofasern: lenstoffnanostrukturen gelang bisher nicht befriedigend oder mit zu
ca. 14 % kg H2 /kg C (120 bar); geringer Speicherdichte. Metallhydride setzen bei der Reaktion mit
Desorption: <40 bar. Wasser oder beim Erhitzen Wasserstoff frei. Calciumhydrid diente
Mikroglasperlen (Microspheres): früher zur Füllung von Wetterballonen.
Ø <0,1 mm, Wanddicke 1 µm;
Sorption: 200–400 ◦ C, bis 10 000 CaH2 + 2 H2 O → Ca(OH)2 + 2 H2
bar; Desorption: Erwärmen.
36 825 bar-Druckgasbehälter für H und Erdgas aus Aluminiumkern und einem Man-
Leitfähige Polymere: 2
bis 8 % H2 in Polyanilin und tel aus C-Faser-verstärktem Epoxidharz präsentierte die kanadische Firma DYNE -
Polypyrrol. TEK (2002).
247
10.10.2 Sicherheitstechnik
Oberhalb des kritischen Punktes (–240 ◦C, 1,3 MPa) kann Wasser- ✄10.46 Aufbau eines Flüssigwas-
serstoffspeichers (nach L INDE).
stoff nicht mehr verflüssigt werden und wird in Druckgasflaschen
gespeichert. Tiefkalter“ Flüssigwasserstoff LH2 (–253 ◦C) wird als Inneres Metallgefäß mit LH2 .
” Isolationsschichten: Metallfolie,
kryogene Flüssigkeit in vakuumisolierten Gefäßen mit Flüssigstick-
Glaswolle, Vakuummantel.
stoffmantel transportiert und gelagert (✄Abb. 10.46).
Zusatzkühlung: ausdampfender,
Die spezifische Energie von Wasserstoff (120 MJ/kg) übertrifft alle H2 verflüssigt durchgepumpte,
fossilen Brennstoffe, im Gegensatz zur kleinen volumenbezogenen trockene Luft.
Energie. Ein Wasserstoffleck gleicher Größe ist weniger dramatisch Äußeres Metallgefäß
als ausströmendes Erdgas bei gleichem Druck; pro Zeiteinheit treten
mehr H2 -Moleküle aus, aber der Energieverlust ist insgesamt gerin-
ger. Wasserstoff entweicht blitzschnell durch kleinste Ritzen, so dass
ein zündfähiges Gemisch rasch verdünnt wird. Die untere und obere
Explosionsgrenze liegt bei 4,0 bzw. 75,6 Vol.-% H2 in Luft (20 ◦C,
Normaldruck). Oberhalb 40 % Feuchte detoniert, und oberhalb 60 %
Feuchte entflammt Wasserstoff nicht mehr.
Die Zündenergie von Wasserstoff-Luft-Mischungen liegt mit 0,02
mJ zehnfach unter Erd- und Flüssiggasmischungen. Die Zündtem-
peratur von 585 ◦C, jedoch auch Abbrand (3,5 m/s in Luft), Detona-
tionsgeschwindigkeit (1,5 – 2,2 km/s) und massenbezogene Explo-
sionsenergie (1 g H2 = ˆ 24 g TNT) übertreffen Erdgas und Benzin.
Die Flammentemperatur von 2045 ◦C entspricht grob dem Propan.
Wasserstoffgas brennt weniger spektakulär als der mit heftiger Ruß-
entwicklung einhergehende Benzinbrand, so dass die Entsorgung
von Wasserstoff im Ernstfall den kontrollierten Abbrand vorsieht.
248
Auszug aus dem EG-Sicherheitsdatenblatt gemäß TRGS 220 für Wasserstoff (067 A) und Wasser-
stoff, tiefkalt verflüssigt (067 B).37
1. Stoff/Zubereitungsbezeichnung
Wasserstoff, H2 Wasserstoff, tiefkalt verflüssigt; H2
2. Produktbezeichnung
Stoff. — Zusammensetzung. Enthält keine anderen Komponenten oder Verunreinigungen. —
CAS-Nr. 01333-74-0; EG-Nr. 2156057
3. Gefahren
Verdichtetes Gas. Hochentzündlich. Tiefkalt verflüssigtes Gas. Hochentzündlich.
Bei Kontakt: Kaltverbrennungen, Erfrierungen.
4. Erste Hilfe
Einatmen. In hohen Konzentrationen erstickend. Symptome: Bewegungsunfähigkeit, Bewusst-
seinsverlust. Das Opfer bemerkt das Ersticken nicht; mit umluftunabhängigem Atemgerät in frische
Luft bringen. Warm und ruhig halten. Arzt hinzuziehen. Bei Atemstillstand künstliche Beatmung.
Verschlucken. Exposition nicht möglich.
Haut- und Augenkontakt: Augen und Kaltver-
brennungen >15 min mit Wasser spülen. Steril
abdecken. Arzt hinzuziehen.
5. Brandbekämpfung
Spezielle Risiken: Bersten/Explodieren des Behälters. — Gefährliche Verbrennungsprodukte: kei-
ne. — Löschmittel: alle bekannten. — Spezielle Verfahren: Gasaustritt stoppen. Behälter entfernen
oder mit Wasser aus geschützter Position kühlen. Ausströmendes brennendes Gas möglichst nicht
löschen; spontane explosionsartige Wiederentzündung möglich. Jedes andere Feuer löschen. —
Schutzausrüstung für die Feuerwehr. In geschlossenen Räumen: umluftunabhängiges Atemgerät.
6. Unbeabsichtigte Freisetzung
Persönliche Schutzmaßnahmen: umluftunabhängiges Atemgerät; Ungefährlichkeit der Atmosphäre
prüfen. Gebiet räumen. Durchlüften. Zündquellen beseitigen. — Reinigungsmethoden: Belüften.
— Umweltschutzmaßnahmen: Gasaustritt stoppen.
Eindringen in Kanalisation, Keller, Arbeitsgru-
ben oder andere umschlossene Orte verhindern.
Wasserstoff
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Kraftstoffe
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