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Montags-Story 111-Untergang HANS HEDTOFT

Untergang M.S. „HANS HEDTOFT“ am 30. JANUAR 1959


MS „HANS HEDTOFT“ war ein dänisches dem Stand der Technik entsprochen
Frachtschiff, das auf seiner Jungfernreise am hätte.
30.01.1959 mit einem Eisberg kollidierte und vor
Grönland unterging. Es wurde niemand gerettet. Am 07.Jan 1959 verließ die „HANS
Die „HANS HEDTOFT“ war 82.65 m HEDTOFT“ Kopenhagen zu ihrer ersten
lang, und war mit 2 875 BRT vermessen. Reise nach Grönland. Es wurden die
Gebaut bei der Frederikshavns Værft in Häfen Goodthab (Nuuk), Holsteinsborg
Dänemark. Das Schiff hatte einen (Sisimiut), Sukkertoppen (Maniitsoq)
Doppelboden, sieben wasserdichte Ab- und Julianehaab (Qaqortoq) ange-
teilungen, eisverstärkte Bug- und laufen.
Heckpartien und galt als „unsinkbar“. Am 29. Januar wurde die Heimreise
Das Schiff war für den ganzjährigen angetreten. An Bord waren 40 Besat-
Liniendienst nach Grönland ausgelegt. zungsmitglieder und 55 Passagiere. Die
Es wurde am 17. Dez 1958 in Dienst Ladung bestand aus Salzfisch und
gestellt.

An Bord befanden sich vier Gummi- gefrorenem Fisch und Archivmaterial


rettungsboote, drei Rettungsboote aus über die Geschichte Grönlands mit
Leichtmetall sowie eine Motor-Jolle. Es einem Gewicht von mehr als 3 t!
war in dänischen Schiffahrtskreisen Am nächsten Tage kollidierte die „HANS
aber auch das meistdiskutierte und HEDTOFT“ 35 sm südlich von Kap
meistkritisierte Frachtschiff. Zahlreiche Farewell mit einem Eisberg. Ihr Not-
Schiffbauexperten sagten bei den signal wurde von mehreren Schiffen em-
Probefahrten der „Hans Hedtoft“, sie sei pfangen u.a. dem Coast Guard Kutter
falsch konstruiert worden, rolle zu sehr, „Campbell“, dem Fischereischutzboot
und es sei gefährlich, sich mit dem Schiff POSEIDON und dem deutschen Fisch-
in die Gewässer Grönlands zu begeben. dampfer „Johannes Krüss“. Alle drei
Der bekannte Reeder Lauritzen kriti- beantworteten die Notmeldung auch. Im
sierte, dass der Rumpf genietet und Notverkehr wurde von der Kollision mit
nicht geschweißt war, wie es eigentlich einem Eisberg und dem Volllaufen des

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Maschinenraumes berichtet. Der Not- hagen einen Gedenkstein für die 95


verkehr zog sich über mehrere Stunden Todesopfer dieser Schiffs-Katastrophe.
hin.
Die Air Force in Neufundland konnte
wegen sehr schlechten Wetters keine
Suchflüge unternehmen. Am 31. Januar
meldete USCGC „Campbell“ die Wetter-
bedingungen an der Unfallstelle seien
ganz ausnehmend schlecht und man
habe keine Spur der „HANS HEDTOFT“
finden können.
„Johannes Krüss“ sank nach Jahren
glücklicher Fahrt 1967 im Rahmen einer
ganz anderen Schiffs-Katastrophe (siehe
http://www.seefunk netz.de/kruess.htm).

Die Vorgeschichte
Als die Modernisierung Grönlands in
den 1950er Jahren einsetzte, galt die
Winterfahrt mit Gütern und Passagieren
zwischen Dänemark und Grönland als
unumgänglich notwendig. Besonders
der Politiker Johannes Kjærbøl, der
1955 Grönland-Minister wurde, vertrat
dieser Meinung.
Der Bau der „HANS HEDTOFT“ war ein
letzter wichtiger Meilenstein in der
Der FD „Johannes Krüss“ stand den Karriere von Johannes Kjærbøl, der
ganzen Nachmittag über mit dem dazu beitragen sollte, sein Erbe nach
Havaristen in Funkkontakt und kämpfte einem langen politischen Wirken zu
sich trotz höchster Gefahr für das eigene sichern.
Schiff durch Eis und Orkan bis an die Im Januar 1957 war das dänische
angegebene Unfallstelle vor, fand aber Grönland-Schiff „UMANAK“ in den Ge-
ebenfalls keine Spur. Am 07. Februar, wässern südlich von Grönland in einen
also nach mehr als einer Woche, wurde Hurrikan geraten. Riesige Wellen
die Suche schließlich eingestellt. schlugen die Fenster des Schiffes ein
Als einziger Überrest von Schiff und und rissen Rettungsboote über Bord.
Besatzung wurde 9 Monate später an Das Schiff hatte sich nur mit Not
der Küste von Island ein angespülter gerettet.
Rettungsring gefunden.
Mit dem Schiff ging eine große Zahl
grönländischer Akten und Kirchen-
bücher verloren, was ein großer Verlust
für die Grönländische Geschichtsschrei-
bung und Genealogie war.
Am 30. Januar 2005 enthüllte Königin
Margarethe von Dänemark in Kopen-
„UMANAK“, Vorgänger der „HANS HEDTOFT“

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Johannes Kjærbøl weigerte sich, die


Grönland-Fahrt einzuschränken und
verlas dann eine Erklärung aller sieben
Kapitäne der „Den Kongelige Grøn-
landske Handel“ (KGH):
"Wir glauben, dass es richtig ist, die
Winterfahrt nach Grönland über mehr
als 10 Jahre fortzusetzen, wenn maß-
geschneiderte Grönland-Schiffe ein-
gesetzt werden."
Damit hatte Johannes Kjærbøl den Weg
für den Neubau „HANS HEDTOFT“ frei-
gemacht.
Das Schiff brach am 7. Januar 1959 zu
seiner Jungfernfahrt von Kopenhagen
auf. Südlich von Grönland geriet das
Schiff in einen gewaltigen Sturm, in dem
u.a. die Sessel in der Raucherlounge
losgerissen wurden.

Abschied zur Jungfernfahrt (es gibt nur wenige


Fotos von dem Schiff, das nicht einmal eine Reise
vollendete)
Das Schiff überstand aber den Sturm
An Bord der „UMANAK“ befand sich und kam am 14. Januar in Rekordzeit in
unter anderem der grönländische Abge- Julianehaab an. Nachdem das Schiff die
ordnete Augo Lynge. Er hatte daraufhin Häfen an der grönländischen Westküste
den Grönland-Minister Johannes Kjær- bedient hatte, konnte es am Abend des
bøl zu einer Debatte im Folketing über 29. Januar nach Dänemark zurück-
die Winterfahrt nach Grönland heraus- kehren.
gefordert. Augo Lynge war der Ansicht, Das Wetter sah gut aus. Aber dann
dass das Risiko der Winterfahrt nach passierte am Nachmittag des 30. Januar
Grönland zu groß war. (Lynge war das Undenkbare. Das „unsinkbare“
später unter den Opfern des Unter- Schiff rammte einen Eisberg, und hatte
ganges!) schweren Wassereinbruch.

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Der deutsche Fischdampfer „JOHAN- war ja auch schlecht. „HANS HEDTOFT“


NES KRÜSS“ war das am günstigsten schoß eine weitere Rakete hoch, aber
stehende Schiff und machte sofort kehrt, vergebens.
um „HANS HEDTOFT“ zu helfen. Der Um 17.41 Uhr kommt die letzte Nach-
Trawler stand nur einige Stunden ent- richt von „HANS HEDTOFT“: "Wir
fernt. Die Funker der beiden Schiffe sinken langsam."
standen den ganzen Nachmittag über in
Funk-Kontakt.
Nach drei bis vier Stunden hätte man Die politische Aufarbeitung
den Havaristen erreicht haben müssen.
Aber mit der Unfall-Position stimmte Ganz Dänemark stand nach dem
etwas nicht. Die wiederholten Peilungen Untergang der „HANS HEDTOFT“ unter
der beiden Schiffe und der Küstenfunk- Schock. Eine Woche lang suchten
stelle von Prinz Christian Sund zeigten, dänische und internationale Schiffe und
dass sich „HANS HEDTOFT“ etwa 40 Flugzeuge nach Überlebenden, aber es
Kilometer südlich der Position befinden wurden keine Spuren gefunden.
musste, die in der Notmeldung ange-
geben war: 59° 30′ 0″ N, 43° 0′ 0″ W.

„Hans Hedtoft“ war rot gemalt, wie viele


dänische Schiffe. Nur wenige Tage nach dem Unfall
Die „Johannes Krüss“ richtete sich nur beginnt die politische Aufarbeitung. Der
nach der Peilung des Havaristen, so frühere Chef der Greenland Post und
dass die Positionsangabe keine Rolle des Greenland Radio, Palle Brandt,
mehr spielte. Als um 16:41 der Trawler schreibt am 4. Februar in der Zeitung
sich in der Nähe des sinkenden Schiffes West Coast, dass alle Kapitäne der
befinden sollte, bat er den Havaristen, Royal Greenland Trade (KGH) vor fast
eine Notrakete zu schießen. Aber es zwei Jahren im Winter nicht mit Passa-
wurde keine Rakete gesehen. Die Sicht gieren nach Grönland fahren wollten.

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Palle Brandt bezweifelt daher die Grund- gegen den inzwischen pensionierten
lagen, auf denen das Folketing be- Johannes Kjærbøl. Die Sozialistische
schlossen hat, die Winterfahrt in Grön- Volkspartei ebenso. Beide Vorschläge
land zuzulassen. wurden abgelehnt (natürlich von seinen
Parteifreunden).
Zwar hatte Johannes Kjærbøl 1957
während der Parlamentsdebatte mit Nach dem Schiffbruch der „HANS
Augo Lynge eine Erklärung der Kapitäne HEDTOFT“ wurde die Fahrt mit Pas-
vorgelesen. Es stellte sich aber heraus, sagieren nach Grönland im Winter auf
dass es zwei solche Erklärungen unter- ein Minimum reduziert. Innerhalb weni-
schiedlichen Inhalts gab! ger Jahre wurden alle Passagiere von

Das war ein entscheidendes Thema in und nach Grönland nur noch auf dem
der politischen Debatte. Johannes Luftweg befördert.
Kjærbøl stritt ab, von der ersten Kapi-
Heute sind Flugzeuge und Hubschrau-
tänserklärung, die vor der Winterfahrt
ber das übliche Transportmittel inner-
mit Passagieren warnte, zu wissen. Er
halb Grönlands und auch im inter-
habe nur die zweite Kapitänserklärung
nationalen Verkehr von und nach
von Greenland Trade erhalten. Der
Grönland.
Direktor von Greenland Trade, Hans C.
Christiansen, erklärte jedoch, er habe 2003 begann die Suche nach dem
Kjærbøl über den Inhalt der ersten Wrack der Hans Hedtoft. Eine kleine
Erklärung informiert. Gruppe, bestehend aus historisch Inter-
essierten und Tauchern, beschloss, ein
Es wurde mehrfach geprüft, ob Joh.
Projekt zu starten, um ausreichende
Kjærbøl von der ersten Aussage der
finanzielle Mittel für die Suche, Iden-
Kapitäne Kenntnis hatte, was bedeutet
tifizierung und endgültige Untersuchung
hätte, dass er das Parlament in die Irre
des Wracks der „HANS HEDTOFT“ zu
geführt hatte.
beschaffen. (Ergebnis ist nicht bekannt).
Schließlich stellte ein Untersuchungs- Quellen: "Das verschwundene Schiff" von Lars
ausschuss fest, dass es Anhaltspunkte Halskov und Morten Halskov,
dafür gab, dass Johannes Kjærbøl über • Parlamentsdebatten vom 14. März
den Inhalt der ersten Aussage Bescheid 1957, Seiten 3081-3087,
wusste, dies aber möglicherweise aus • Parlamentsdebatten vom 9. Dezember
seiner Erinnerung gerutscht war - und 1959, Seiten 1528-1658,
• Verhandlungen des Folketing vom 27.
dass er damit das Folketing nicht Januar 1960, Seite 2529 -2533.
absichtlich (!) in die Irre geführt hatte. • ABC Nyheter vom 30.Jan 2019
Die Linke und die konservative Volks- • Verschiedene Presse- und Internet-
Artikel
partei beantragte ein Gerichtsverfahren

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