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Montags-Story 103-Vollschiff „Fritz Reuter“

[1] Ulriksen A. P., Mandal „Fritz Reuter“


„FRITZ REUTER“, ein interessantes
1897 ~ 1898 (letzter Eigner)
Segelschiff
[2] Sloman, Rob. M. & Co., Hamburg
Baujahr: 1857 Smith & Rodger, Govan, UK
„Fritz Reuter“, 1874 ~ 1897
Bau-Nr.: 48
Eiserner Rumpf, 78 m x 11 m x 6,71 m [3] Leyland Frederick & Co. Ltd., Liverpool
1 515 BRT, 1 475 NRT SS „Crimean“, 1873 ~ 1874
Takelung: Vollschiff (gebaut als Schrauben-
[4] Bibby Line Ltd., Liverpool
Dampfer, Umbau zum Segelschiff 1874)
SS „Crimean“, 1859 ~ 1873
Rufzeichen: RDWQ (unter deutscher Flagge)
Verbleib: am 18.09.1898 nach Wasser- [5] Levant & Eastern Steam Navigation Co.
einbruch im Nord Atlantik aufgegeben. Ltd., London SS „Crimean“, 1857 ~ 1859

Die spätere „FRITZ REUTER“ wurde als Die „FRITZ REUTER“ brachte ebenso wie
Dampfer “CRIMEAN” 1857 als Kombi-Schiff andere Sloman-Segler Auswanderer nach
für Ladung und Passagiere gebaut. Ihre 2- Australien und Neuseeland. Das war als
Zylinder-Dampfmaschine mit 252 PS verlieh Dampfer wegen des begrenzten Kohlen-
ihr eine Dienstgeschwindigkeit von 8 kn. vorrats nicht möglich und nicht wirt-
1874 wurde das Schiff von der Hamburger schaftlich. Deswegen der Umbau zum
Segelschiff. Über diese Reisen kann man
Reederei Robert M. Sloman angekauft und
interessante Einzelheiten lesen in einem
zum Segelschiff mit Vollschiff-Takelung*)
Artikel von Heinz Burmester „Das Vollschiff
umgebaut. Es gab ein Schwesterschiff, die „Fritz Reuter“ und andere Slomansegler
„DANUBE“, welche später auch an Sloman in brachten Auswanderer nach Neuseeland
Hamburg verkauft wurde und dann „CHARLES und Australien“. In: Beiträge zur deutschen
DICKENS“ hieß.
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Volks- und Altertumskunde 22, 1983, S. 75- können. Die ganze Rettungsaktion hatte ca.
122. Diese Arbeit befaßt sich mit den 8 Stunden gedauert.
Auswandererreisen von Segelschiffen 1897 wurde das Schiff nach Norwegen
Slomans in den Jahren 1870 - 79, insbeson-

dere denen der „Fritz Reuter“. verkauft. Auf einer Reise von Mobile
(Alabama) mit einer Ladung Pitch Pine nach
1891 stand die “FRITZ REUTER” in der Kap Greenock ging das Schiff wegen Wasser-
Horn Region (südlich von Staaten Island) einbruch am 18.09.1898 auf dem Nord-
unter dem Kommando von Kapt Langeise atlantik verloren.
von Cardiff nach Pisagua in Chile. Eines
Morgens wurde das Notsignal der brand- Es wird immer wieder behauptet, dass das
neuen englischen Viermastbark “WAM- bekannte plattdeutsche Shanty "Ick heff
PHRAY“ gesichtet (Wamphray ist eine Orts- mol een Hamborger Veermaster seen" sich
bezeichnung in Schottland). Das Schiff lag platt auf die „FRITZ REUTER“ bezieht. Dagegen
auf der Seite. Die Kohlenladung war spricht aber, dass die „FRITZ REUTER“ nur 3
verrutscht, und es gab keine Rettung mehr Masten besaß (siehe Bild ganz vorn!).
für dieses schöne Schiff, dass seine erste
Reise machte. Weiterhin kann man gelegentlich lesen,
dass die gerettete englische Besatzung der
In dem herrschenden Sturm brauchte die „Wamphray“ wenig Dankbarkeit zeigte,
„FRITZ REUTER“ Stunden bis sie überhaupt sondern sich vielmehr wegen knapper
mal ihr Boot zu Wasser hatte. Der Erste Essens-Rationen beklagte. Vielleicht waren
Steuermann und vier Matrosen ruderten die Rationen wirklich knapp. Aber das war
zum Havaristen und schafften es in zwei nicht anders möglich, weil das Schiff ja nicht
Fahrten 27 Mann der englischen Besatzung für eine so große Anzahl von Menschen
abzubergen. Der Kapitän, der zweite Steuer- verproviantiert war! Und die deutsche
mann und 5 Matrosen hatten sich mit der Besatzung hatte ja auch keine besseren
Gig selbst bis zum deutschen Schiff retten Rationen als die Geretteten. Es kam schließ-
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lich bis zu einer regelrechten Meuterei! *) ein Vollschiff hat an ALLEN Masten Rah-Segel.
Einige der Engländer wurden in Ketten Eine Bark besitzt an den vorderen Masten Rah-
gelegt und in Chile der Polizei übergeben. Segel, am achtersten Mast aber nicht!
(Quelle: Siert Ingo 29/03/2013)
Ob diese Geschichte der Wahrheit ent-
spricht, konnte ich nicht feststellen. Sie wird
aber an mehreren Stellen überliefert, und
absolut ausgeschlossen waren solche Vor-
fälle damals nicht.

Und wer war nun Fritz Reuter, der Namenspatron des Schiffes?
Fritz Reuter, (* 7. November 1810 in Stavenhagen; † 12. Juli 1874 in Eisenach) war ein
deutscher Dichter und Schriftsteller der niederdeutschen Sprache (Plattdeutsch). Er gilt ge-
meinsam mit Klaus Groth als einer der Begründer der neueren niederdeutschen Literatur.
Als Student hatte er sich der Freiheits-
bewegung der Deutschen Burschenschaft
angeschlossen und wurde deswegen am
31. Oktober 1833 in Berlin festge-
nommen. Er wurde im August 1836
wegen „Teilnahme an hochverräterischen
burschenschaftlichen Verbindungen und
wegen Majestätsbeleidigung“ zum Tode
verurteilt. Erst im Januar 1837 erfolgte die
Begnadigung zu 30 Jahren Festungshaft.
Abgemildert wurde die Strafe später auf
Betreiben des Großherzogs von
Mecklenburg auf 8 Jahre. Die Festungs-
haft verbrachte Reuter in verschiedenen
preußischen Festungen und wurde im
August 1840 in Dömitz entlassen.
Reuter wurde zu einem Wegbereiter der
Wiederbelebung der niederdeutschen
Sprache als Literatursprache. Seine Werke
wurden ins Dänische, Englische, Finnische,
Französische, Italienische, Japanische,
Niederländische, Norwegische, Polnische,
Rumänische, Russische und Schwedische
übersetzt, zwei seiner Werke auch ins
Friesische.

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