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Die vorgegebene Szene aus dem Epilog „Die letzte Nacht“ aus „Die letzten Tage der Menschheit“

von Karl Kraus


wurde erstmals 1918 als Sonderheft in der Zeitschrift „Die Fackel“ veröffentlicht. Dabei handelt es sich um zwei
Journalisten, die das Kriegsfeld erreichen, auf der Suche nach einem Kriegsbericht um ein Kriegsbericht zu
erstatten.Wortwahl: Sie „erstatten nicht Bericht“. Sie sind auf der Suche nach einem packenden Bericht. Als sie einen
verblutenden Soldaten sehen, wollen sie ihn nur interviewen und helfen ihm nicht, trotz dessen Flehen. Ihr einziges
Anliegen, ist effektreiche Notizen zu sammeln berichten.Wortwahl: Notizen kann man „sich machen“, aber nicht
„berichten“ Nachdem der Soldat unter ihren Augen ausgestorben ist, ohne dass ein Priester ihm die
Sterbesakramente erteilt hat, fahren sie zum Pressequartier zurück. Wortwahl: aussterben = Dinosaurier. Der Soldat
stirbt.

Ganz auffällig ist der Verhalten der beiden Journalisten gegenüber dem sterbenden Soldaten: Ssie sind dermaßen
übertrieben zynisch, dass sie dem Leser den Eindruck geben, sie würden die extrem tragische Situation überhaupt
nicht bemerken mitbekommen.Ausdruck: „mitbekommen“ = umgangssprachlich, nicht verwenden

Der Anblick Die Sicht eines verblutenden Soldaten versetzt sie nicht in Panik erregt in sie keine Panik, Trauer oder
andere Gefühle, die man sich an einem Kriegsort erwarten würde., Aus ihrem Munde hört man sondern nur ein
recht trauriges und groteskes „c’est la guerre“ (Vers 67). Ausdruck: etwas versetzt einen in Panik, Aufmerksamkeit +
erregen

Die Vorfreude Der Vorgenuss auf einen erfolgreichen Artikel eines erfolgreichen Artikels ‚erblindet‘ sie dermaßen,
dass sie alle tragische Elemente, wonach sie selbst fragen, nicht als solche erkennen, sondern nur als für das ‚Blatt‘
reizende Details.Gut ausgedrückt

Der Soldat ist natürlich hilflos uns kann nur bitten, dass sie ihm die Wunden verbinden. Sie weigern sich beide, das zu
machen: „Denn Wunden verbinden, / das hab’ich nicht Sstudiert, / aber für Eindrücke finden / wer’n wir honoriert.“
(Vers 68-71).GK, natürlich = Füllwort, weglassen

Den Verletzten zum nächsten Spital zu fahren: dDavon ist auch keine Rede. Für einen „Gemeinen“ (Vers 85), einen
Soldat untersten Rangs, soll es sogar eine Ehre sein, dass sein Bild auf die Zeitung erscheint. Zivilcourage ist für sie
keineswegs ein Begriff.GR

Der ständige Kontrast zwischen der Stumpfsinnigkeit der Journalisten und dem den Ernst der Lage, in der sie sich
befinden, ist natürlich gewollt.GR Oft werden gewisse Elemente der Szene so beschrieben, als ob sie das genaue
Gegenteil sein würden: der ‚Mut‘ der zwei Kriegsberichterstatter, ist, zum Beispiel, bestimmt nicht als solches zu
verstehen, sondern als pathologische Gleichgültigkeit und Empathie-Mangel. Die Journalisten verhalten sich so, als
ob sie nicht in einem mit Toten bestreutens Kriegsfeld wären sein würden, sondern an einem öffentlichen Empfang
von Schauspielern, welche an denen man fragen darf, was sie empfunden und gedacht haben, während sie ihre Rolle
auf der Bühne spielten.Guter Vergleich! GR, GR Die dauerhafte Antinomie dieser Szene kann anfangs ‚lustig‘
vorkommen. Wenn Als man aber zusieht, wie zwei Menschen dem grausamen Tod eines Landsmanns stoisch
zuschauen, taucht der satirische und engagierte Aspekt Karl Kraus‘ auf.

Hier wird nicht nur die Gesellschaft kritisiert, sondern auch, wenn nicht vor allem, die Kraft der Medien. Damals, wie
noch heute, auch wenn in einer weniger auffälligen Form, hatten sie eine unglaublich wichtige Rolle. Die Medien
präsentierten sich zu an Kraus’ Zeiten stark demagogisch und konnten das Volk leicht mitreißen. Wenn der Krieg,
den Medien nach, für das Gute und Beste Österreichs geschah, musste es auch so sein. Wenn eine Zeitung einen
Skandal über Fremdwörtern oder fremden Elementen auslöste, dann musste das Kaffeehaus ‚Zur englischen Flotte‘
eben ‚Zur österreichischen Flotte‘ umbenannt werden. GR Anstatt Croissants gab es nur Kipferl, Wein nur aus
Österreich und ‚adieu‘ durfte man nicht mehr sagen, weil vielleicht ein unbekannter Journalist gegen die
ausländische Kultur und Wirtschaft einen Artikel schrieb.GR Schlussendlich wurde es nur ein wirtschaftliches und hat formatiert: Unterstrichen, Hervorheben
demografisches Massaker.“nur“? Und woran denkst du mit „es“? Der grau unterlegte Satz ist unklar

Das ist eben, was, meiner Meinung nach, Karl Kraus sagen will: dDie Gesellschaft seiner Zeit (durch die Journalisten
in der Szene rRepräsentiert) hatte total die Bedeutung eines Weltkrieges, vor allem wegen den Medien, komplett
missverstanden. Verstehen konnte sie es nur, als sie sich zu Ende des Krieges sterbend wiederfand, wie eben der
Soldat. Nur es war schon zu spät, da die ‚Verblutung‘ von Kindern, Geld und Vätern, die im Krieg ‚investiert‘ wurden,
schon geschehen war. Nicht nur in Österreich wurde, durch Karl Kraus, dieser Aspekt kritisiert, sondern auch von A.
J. Cronin in England mit seinem Buch „Die Sterne blicken herab“ und von Giuseppe Borgese in Italien mit dem Buch
„Rubè“. Diese und andere Schriftsteller kritisierten diese Oberflächlichkeit der Gesellschaft der ‚Belle Époque‘, die
zum Ersten Weltkrieg führte.
Sehr guter Inhalt! Sehr gute Interpretation!

Grammatik- und Ausdrucksfehler drücken auf die Note.

Befriedigend 3+

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