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Künstliche Intelligenz gilt als große Hoffnung in der Medizin.

Sie könnte in Zukunft dabei helfen,


Krankheiten effizienter zu diagnostizieren, Patienten individueller zu behandeln, neue
Medikamente schneller zu entwickeln und den Bezug von Genen und Krankheiten herzustellen.
„Es gibt wohl keinen Bereich in der Medizin, der von der KI nicht wesentlich beeinflusst werden
wird“, schätzt Daniel Sonntag vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI)
in Saarbrücken. „Gerade in den vergangenen drei, vier Jahren hat die Technik enorme Fortschritte
gemacht.“

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Werden also schon bald Patienten lieber selbstlernende Systeme um Rat fragen, als ihren
Hausarzt? Ist Dr Data der Doktor der Zukunft?

Daniel Sonntag lacht. „Sicher nicht. Wir stecken erst in den Anfängen“, sagt der DFKI-Experte.
„Von Trefferquoten darf man sich nicht täuschen lassen.“ Denn sie sage wenig aus. Erstens ließen
sich die Ergebnisse aus Forschungsmodellen mit einzelnen klinischen Studien nicht auf die
breite Versorgung der Bevölkerung übertragen, zu unterschiedlich seien die
Patientenpopulationen in verschiedenen Ländern und Milieus. 1

Zweitens erkenne auch ein Deep Learning-KI-System nur das, was ihm beigebracht werde. So
findet das Stanford-KI-System für Dermatologie eben nur 14 Erkrankungen, nicht aber 30
andere, ebenso verbreitete, schlicht weil [] dazu kein Bildmaterial gefüttert wurde. Sonntag: „Ein
Hautarzt kann leicht eine Vielzahl unterschiedlicher Erkrankungen erkennen, ein KI-System das
auf maschinellem Lernen beruht nur wenige klar definierte Typen“. Das hat einen Grund:
Diagnose ist ein hochkomplexer Prozess, hinter dem jahrelange Ausbildung, ein Wissen aus
unterschiedlichen Fachbereichen und jahrelange Erfahrungen stehen. „Wenn ein Arzt ein Bild
beurteilt, bezieht er auch andere Informationen über den Patienten mit ein, von
Begleiterkrankungen bis zum Lebenstil.“ Und er verfügt über Transferfähigkeit. Wenn Ärzte Bilder
eines seltenen Typus drei-, viel mal gesehen haben, können sie ihn in der Regel wiedererkennen.
„Eine Maschine braucht dafür 5000 Bilder. Bei einer unbekannten Aufnahme kann sie nicht
einordnen.“ Fehlermeldung.

Die Schlussfolgerung: Es braucht noch viel mehr Datenmengen als bisher, um KI-Modelle für
bestimmte medizinische Anwendungen zu trainieren, damit sie auch im klinischen Alltag
eingesetzt werden können. „Wir müssen daran arbeiten systematisch und in großem Umfang
aussagekräftige, standardisierte Datensätze mit festgelegten Terminologien zu akquirieren und
durchdacht aufzubereiten, damit wir in den kommenden fünf Jahren die KI tatsächlich in der
Patientenversorgung einsetzen können“. Diese „qualifizierte Datenakquise“ sei der eigentliche
Treiber für Fortschritt in der medizinischen KI, wichtiger als neue Methoden im Deep Learning
selbst.

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KI-Experte Sonntag vom DFKI sieht noch eine weitere Schwierigkeit: „Deep Learning-Systeme
arbeiten subsymbolisch. Wie genau die KI zu einer Entscheidung gekommen ist - eine Diagnose
etwa-, liegt irgendwo tief in reinen Zahlentabellen verborgen - eine Blackbox für den Menschen“,
erläutert Sonntag. „Doch nur wenn der Arzt versteht, wie sie zustande gekommen ist, kann
er die Entscheidung der KI einordnen.“ Forscher tüfteln daher an Regelsystemen, die die Deep
Learning-Systeme ausrichtet, Hinweise auf den Grund ihrer Entscheidung zu geben. Was genau
auf dem Bild und an welcher Stelle erscheint dem KI-System verdächtig? Ein dunkler Fleck, ein
Hubbel, eine Struktur?

Doktor Data bleibt auf absehbare Zeit eine Illusion. (das kann man so nicht sagen) „Den Arzt
ersetzen wird KI noch in 30 Jahren nicht.“, schätzt Experte Sonntag. „Die Zukunft liegt in der
Kooperation von Mensch und Maschine, die tatsächlich zu einem enormen Vorteil in der
medizinischen Versorgung führen kann.“ Die Arbeitsteilung heißt: die KI wertet quantitativ aus,
schlägt vor, der Mensch interpretiert, ordnet ein und entscheidet.
Damit diese Zusammenarbeit gelingt, brauche es eine Platform, in der alles Wissen über den
Patienten, seine Erkrankung und mögliche Behandlungswege zusammengeführt wird. „Klinische
Datenintelligenz“ nennen das die Forscher, die im DFKI gerade an Prototypen arbeiten und
Anwendungsbeispiele entwickelt haben. So könnte ein Arzt bei der Untersuchung Befunde mit
einem Stift auf dem Tablett dokumentieren, in Echtzeit vergleicht das KI-System die Daten mit
Therapieverläufen ähnlicher Fälle aus anderen Kliniken, berechnet individuelle Vorhersagen über
den Krankheitsverlauf bei Therapie X und Therapie Y und entwickelt verschiedene
Therapieempfehlungen in Virtual-Realiy-Szenarien. Sonntag: „Aus ihnen kann sich der Arzt die
seiner Einschätzung nach beste aussuchen.“

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