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ISSN 2196-8942
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E D I T O R I A L
Dr. Thomas Horst Klaus Prof. Dr. Ludolf Dr. Hartmut Dr. Angela Dr. Eva
Ritter Creutz Suckow Pelizaeus Häger Onasch Eggebrecht †
I N H A L T S V E R Z E I C H N I S
Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 03
Caris-Beatrice Arnst / Ulrike Dubiel / Jérôme Gyss / Christian E. Loeben / Pavel Onderka 04
„Jedem ein geeignetes Andenken“
Souvenirgeschenke für Mitglieder der Ägypten-Expedition von Carl Richard Lepsius und für Neue
Wege zu Alter Weisheit
Frank Förster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Mitten in die City:
Das Ägyptische Museum der Universität Bonn zieht um!
Jennifer Moldenhauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
Beinahe: „Aus den Augen – aus dem Sinn“
Spätantike und frühislamische Textilien im Museum August Kestner, Hannover
Veranstaltungskalender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Rebekka Pabst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Corinthium Aes – Das Geheimnis des schwarzen Kupfers
Eine Kabinettausstellung im Neuen Museum Berlin
Verena M. Lepper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
Black Land: Performing Memory
Performances und Installationen in der James-Simon-Galerie und dem Neuem Museum
Peter Uhrbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
Georg Ebers
ein Lebensbild des Auf und Ab
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
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Mitten in die City:
Das Ägyptische Museum der
Universität Bonn zieht um!
Frank Förster
Abb. 1: Das zukünftige Domizil des Ägyptischen Museums an der Ecke Poststraße / In der Sürst mit dem Bonner
Münster im Hintergrund. Oben links der (noch) aktuelle Standort im barocken Koblenzer Tor der ehemaligen
kurfürstlichen Residenz.
© Fotos: Gregor Hübl, Universität Bonn; Ägyptisches Museum Bonn.
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Der Auszug der Abteilung für Ägyptologie so manche shoppende Bonner, denen die
aus dem unmittelbar angrenzenden Gebäude- Existenz unseres kleinen Universitätsmuse-
trakt mit gleichem Zugang Regina-Pacis-Weg ums noch völlig unbekannt ist). Verstärkt
7 hatte schon 2018 dazu geführt, dass die für werden dürfte dieser Effekt noch dadurch,
Lehre wie Forschung so fruchtbare Kombina- dass, ganz im Sinne eines public outreach in
tion von reicher Objekt- und Studiensamm- Zeiten stark verminderter Sichtbarkeit der
lung einerseits und Bibliothek, Lehr- und Exzellenzuniversität Bonn, an diesem neuen
Arbeitsräumen andererseits in einem ersten prominenten Vorzeigeort freier Eintritt vor-
Schritt entkoppelt werden musste. Seitdem gesehen ist.
befindet sich die Abteilung einige Straßen-
bzw. U-Bahn-Stationen entfernt im Norden Denn in dieses Gebäude werden zeitgleich
Bonns (Brühler Straße 7) und die vormals auch das Paul-Clemen-Museum des Kunst-
so unkomplizierten, weil buchstäblich nahe- historischen Instituts sowie – zukunftswei-
liegenden Besuche gerade auch der jüngeren send – ein im Rahmen des Transdisziplinären
Studierenden sowie deren Einbindung und Forschungsbereichs „Present Pasts“ neu ein-
Ausbildung im praktischen Museumsalltag gerichtetes „Global Heritage Lab“ einziehen.
(Führungen, Workshops, Konzeption neu- Gemeinsam sollen diese drei Institutionen
er Sonderausstellungen etc.) haben seitdem das „museale Schaufenster der Universität“
spürbar nachgelassen – eine Entwicklung, während der langen Schließung und Grund-
die durch die Corona-Auswirkungen in den sanierung des Hauptgebäudes bilden, für die
letzten drei Jahren nochmals massiv verstärkt ein Zeitraum von (mindestens) 10–12 Jahren
wurde (vgl. 62, 2021, S. 16–25). An- veranschlagt ist. Das „Global Heritage Lab“
gesichts kompletter Einrüstungen und der unter der Leitung von Paul Basu wird sich
Errichtung von Bauzäunen und Baustellen mit zeitgemäßen „dekolonialen Ansätzen“
zwecks äußerer Dach- und Fassadenrenovie- der allgemeinen Kulturerbeforschung wid-
rung stellte sich in den vergangenen Jahren men und nach den Worten des amtierenden
im Museum nicht selten das Gefühl ein, hier Rektors Michael Hoch „einen experimentel-
gleichsam „auf verlorenem Posten“ und mit len Raum an der Universität Bonn bilden, in
einer gewissen Hilflosigkeit der Dinge har- dem innovative Forschung und Lehre an der
ren zu müssen, die da noch kommen würden Schnittstelle zwischen Anthropologie, Muse-
(vgl. 58, 2019, S. 4–7). um Studies und Design unter Einbeziehung
der universitären Museen und Sammlungen
Der neue Interimsstandort verspricht da- zusammenfließen und in die Gesellschaft
gegen einen sehr viel regeren allgemeinen transferiert werden“. Diese Konstellation,
Publikumsverkehr. Zentral zwischen Haupt- allgemeine Zielsetzung und Offenheit, die
bahnhof und Bonner Münster gelegen, wird hervorragend zum Selbstverständnis unseres
das im Eckgebäude eines ehemaligen Mo- Museums als ein „Laboratorium der Aneig-
denhauses an der Poststraße 26 / In der Sürst nung“ passen (siehe 46, 2013, S. 12–
8–10 (Abb. 1) unterzubringende Museum 18), sollen auch zu konkreten Kooperatio-
sicherlich viel „Laufkundschaft“ in diesem nen und gemeinsamen Sonderausstellungen
sehr belebten Innenstadtbereich anlocken führen, für die eigene Ausstellungsflächen im
(darunter neben Touristen vermutlich auch Erdgeschoss vorgesehen sind.
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Unser Ägyptisches Museum selbst wird schen Kultur weiterhin einen angemessenen
unabhängig davon und mit eigenem Profil Raum erhalten, was nicht zuletzt auch durch
im neuen Gebäude die komplette dritte Eta- eine verstärkte Einbeziehung ihrer antiken
ge belegen, wo zwar im Vergleich zur aktuel- Nachbarn und der wechselseitigen Bezie-
len Situation im Koblenzer Tor weniger Ge- hungen und Einflüsse untereinander unter-
samtfläche zur Verfügung steht, dafür aber strichen werden soll. Selbstverständlich wer-
in Gestalt von Aufzügen ein barrierefreier den aber auch traditionelle Themenbereiche
Zugang, den es bislang nicht gab. Ein weite- wie Königtum und Gesellschaft, Götterwelt,
res Plus ist ein erheblich größerer Lager- und Totenkult und Alltag im Alten Ägypten wei-
Magazinbereich im Kellergeschoss, der nicht terhin eine wesentliche Rolle im Bereich der
zuletzt wegen der recht zahlreichen Neuzu- Dauerausstellung spielen.
gänge der letzten Jahre (s.u.) auch dringend
benötigt wird. Für Museumsleitung und Neben dem geplanten Einsatz neuer me-
Mitarbeiter sind ferner zwei Büroräume auf dialer Präsentationstechniken für fixe In-
einer im Laufe dieses Jahres noch anzubau- stallationen soll es auch in Zukunft einen
enden fünften Etage vorgesehen, die das flexiblen Bereich für Sonderausstellungen
neue Dachgeschoss bilden wird. geben, in dem spannende Themen oder As-
pekte, aber auch einzelne Neuzugänge oder
Wie jeder Museumsumzug stellt auch die- ganze Konvolute, die in letzter Zeit unseren
ser eine große Herausforderung dar, sowohl Sammlungsbestand als Schenkung, Zustif-
in organisatorisch-logistischer als auch in
konzeptioneller Hinsicht. Schon allein we-
gen der reduzierten Fläche und andersarti-
gen Raumstruktur wird unser Museum ein
anderes Gesicht bekommen, was zugleich
aber auch die Chance für ein neues, frisches
Ausstellungskonzept mit sich bringt, auf das
man sich freuen darf. Neue Schwerpunk-
te werden etwa die traditionellen Bonner
Forschungsarbeiten in der Elitenekropole
auf der Qubbet el-Hawa bei Assuan stärker
in den Fokus rücken, das komplexe Thema
Schriftentstehung und -entwicklung (inklu-
sive der Anfänge „unserer“ Alphabetschrift)
beleuchten, ganz praktisch die diversen wis-
senschaftlichen Dokumentationstechniken
bis hin zu Auswertung und Interpretation
der Quellen erlebbar machen sowie die an
der Uni Bonn personell wie institutionell Abb. 2: Oberer Teil einer dekorierten und beschrifteten
mittlerweile gut verankerte Provenienz- und Scheintür aus dem Neuen Reich, Kalkstein mit Resten
Kulturerbeforschung einbinden. Dabei soll von Bemalung (ca. 39 x 39,5 x 6,5 cm). Zustiftung aus
der Sammlung Ursula und Karl-Heinz Preuß, Brühl.
die Vielfalt möglicher Zugänge zur altägypti- © Foto: Frank Förster.
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tung oder Dauerleihgabe bereichert haben, portfähigkeit zu nennen, ferner die Durch-
der Öffentlichkeit vorgestellt werden kön- führung notwendiger Konservierungs- und
nen. Stellvertretend für letztere sei hier zum Restaurierungsmaßnahmen, eine Werter-
einen ein Scheintürfragment aus dem Neuen mittlung für die Versicherung der Objekte so-
Reich als eines von mehr als 80 neu zuge- wie schließlich ihre Verpackung und Zusam-
stifteten Objekten aus der Sammlung von menstellung für den Abtransport. Zeitweise
Ursula und Karl-Heinz Preuß aus Brühl ge- parallel dazu werden am neuen Standort die
nannt (Abb. 2; zum Stifterpaar und seinen räumlich-bauliche Umsetzung des neuen
bisherigen Gaben siehe 47, 2013, Ausstellungskonzepts vorbereitet, Vitrinen
S. 38–44; 49, 2014, S. 20–23) und aufgestellt, Wandtafeln und -beschriftungen
zum anderen eine bemerkenswert reich und angebracht sowie die Depot- und Lagerräu-
aufwändig bemalte Totenmaske aus dem 2. me sukzessive befüllt, auch mit den zahlrei-
oder 1. Jahrhundert v. Chr., die uns eben- chen Gipsabgüssen, über die unsere Samm-
so großzügig von Hannelore Norbisrath aus lung verfügt. Eine größere Herausforderung
Köln übereignet wurde (Abb. 3). Auch Vor- werden Abbau und Neuinstallation des aus
träge, Lehrveranstaltungen, Workshops für 30 Einzelplatten bestehenden alten Gipsab-
Kinder, Führungen und andere Aktivitäten gusses eines Wandreliefs im Karnak-Tempel
sollen in den neuen Räumlichkeiten wie ge- sein, dem als attraktiver Blickfänger und
wohnt weiter stattfinden. erstem Ausstellungsobjekt des Museums seit
jeher ein besonderer Stellenwert zukommt
Zur Vorbereitung des Umzugs stehen nun (Größe ca. 2,7 x 6,2 m; Abb. 4). Für all die-
einige größere und langwierige Arbeitsschrit- se Arbeiten hat die Universitätsleitung dan-
te an. Hier sind vor allem die systematische kenswerterweise eine angemessene Finanzie-
Sichtung und digitale Erfassung des Samm- rung bereitgestellt, so dass bereits ein größe-
lungsbestands und die Überprüfung aller res „Spezial-Team“ zusammengestellt werden
Objekte auf etwaige Schäden und ihre Trans- konnte, das jeweils mehrere studentische
Abb. 3: Stülpmaske aus bemalter Leinwandkartonage, 2.–1. Jh. v. Chr., Höhe ca. 50 cm. Schenkung von Hanne-
lore Norbisrath, Köln. © Fotos: Oliver Tietze.
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Hilfskräfte, wissenschaftliche MitarbeiterIn- ter unseres Museums annähernd entspricht.
nen und Diplom-RestauratorInnen umfasst. Wie wird es danach weitergehen? Zurück ins
Koblenzer Tor? Wohl eher nicht. Aktuell wird
Wann genau unser Museum zur Durch- diskutiert, nach Abschluss der Sanierungsar-
führung dieser vorbereitenden Maßnah- beiten eine größere Anzahl diverser Univer-
men am aktuellen Standort im Koblenzer sitätsmuseen als Aushängeschild der Uni an
Tor schließen muss, ist derzeit (März 2023) zentraler Stelle des ehemaligen Kurfürstli-
noch nicht sicher abzusehen. Es ist daher chen Schlosses zusammenzuführen – also
bei geplanten Besuchen in den kommenden ohne Anbindung an die jeweiligen Fachinsti-
Wochen und Monaten dringend zu empfeh- tute oder -abteilungen, dafür aber mit wohl
len, die aktuellen Informationen auf unse- zu erwartenden Rationalisierungsmaßnah-
rer Homepage zu beachten, die kürzlich im men, sprich Stellen- und Budgetkürzungen.
Zuge eines technischen Systemwechsels neu Als Testfall für dieses übergeordnete museale
gestaltet wurde: www.iak.uni-bonn.de/de/ Zentralisierungskonzept der Zukunft kann
museen/aegyptisches-museum (weiterhin und soll nun eben unser „Pilotprojekt“ in der
auch zugänglich über die alte Adresse www. Bonner City dienen. Auch in dieser Hinsicht
aegyptisches-museum.uni-bonn.de). kann man also auf die weitere Entwicklung
gespannt sein. Doch bis zu einer endgültigen
Zehn bis zwölf Jahre sind eine sehr lange Entscheidung in Sachen Rückzug/Wieder-
Zeit für eine „Interimslösung“, und nach umzug wird noch viel Wasser den Rhein hi-
den bisherigen Erfahrungen sind diese Zah- nunterfließen. Bis dahin bleibt weiter zu hof-
len wohl auch eher als (sehr) optimistische fen, dass es in Bonn letztlich vielleicht doch
Schätzungen anzusehen. Einmal eingelebt, noch zu einer – zumindest aus akademischer
werden wir uns in diesem Ausweichquartier und studentischer Sicht – wünschenswerten
womöglich sogar mit einem Zeitraum ver- Wiedervereinigung von Abteilung und Mu-
traut machen müssen, der dem jetzigen Al- seum kommt.
Abb. 4: Bewährter Blickfänger am alten wie hoffentlich auch am neuen Standort in der Bonner City: Gipsabguss
(um 1880) einer Schlachtszene Sethos’ I. im Amun-Tempel von Karnak (BoSAe G 26). © Foto: Volker Lannert.
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Ausgabe April 2023
I M P R E S S U M
Heft-Nr. 66 / 25. Jahrgang
ISSN: 2196-8942 (Print)
Magazin für die Freunde
Ägyptischer Museen und Sammlungen ISSN: 2513-0161 (eBook)
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