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Ausgabe 1 / 2021 | 3,50 €

23. Jahrgang / Heft Nr. 62

Magazin für die Freunde


Ägyptischer Museen und Sammlungen

ISSN 2196-8942
62
E D I T O R I A L

Dr. Thomas Horst Klaus Prof. Dr. Ludolf Dr. Hartmut Dr. Angela Dr. Andreas Dr. Eva
Ritter Creutz Suckow Pelizaeus Häger Onasch Brandstetter Eggebrecht †

Verehrte Freunde und Förderer der Ägyptischen Museen und Sammlungen,

seit mehr als einem Jahr hält uns nun die Krise rund um das Coronavirus SARS-CoV-2
in Atem. Unsere Museen waren lange und wiederholt geschlossen und sind es teilweise
noch immer. Ausstellungen, Veranstaltungen und Vorträge mussten bzw. müssen großteils
digital und online stattfinden.

Ich danke unseren Autorinnen und Autoren für die trotz der schwierigen Zeiten einge-
reichten Berichte und die Veranstaltungshinweise, deren Anzahl freilich kleiner ist als sonst.
Neue kommunikative Wege und Ansätze sind in dieser Situation besonders gefragt. In die-
sem Heft lesen Sie unter anderem, auf welche kreative Idee das Roemer- und Pelizaeus-Mu-
seum (RPM) in Hildesheim mit „seinem“ berühmten Wesir Hem-iunu gekommen ist.

Reisen Sie mit uns ins ferne Tokio und erfahren Sie mehr über das Sonderausstellungspro-
jekt „Ancient Egypt – The Creation of the World“. Zwei Berichte widmen sich künftigen
Veranstaltungen: Wir laden Sie ein, an den „Tagen der Ägyptologie“ im koptischen Klos-
ter Brenkhausen und an der internationalen Konferenz „Hermopolis Magna – Preserving
and Transforming Traditions“ am RPM teilzunehmen – je nach pandemischer Entwick-
lung physisch vor Ort oder digital.

Auch wenn unsere Museen für den Publikumsverkehr geschlossen sind oder wieder ge-
schlossen werden müssen, heißt dies nicht, dass hinter ihren Türen nicht fleißig gearbeitet
wird. Frank Förster zeigt Ihnen, was sich in den letzten Monaten im Ägyptischen Museum
in Bonn getan hat. In dieser Ausgabe einmalig: ein Bericht ohne Worte über eine Ausstel-
lung im Museum August Kestner, die niemand sehen durfte. Nehmen Sie sich Zeit und
tauchen Sie mit den Bildern und Impressionen in die Welt des guten Dämons Bes ein.

Ihnen wünsche ich nun viel Vergnügen mit der neuen -Ausgabe – bleiben Sie gesund!

Ihr Horst Creutz


Unsere Museen im Internet:
http://www.smb.museum
http://www.aegyptisches-museum.uni-bonn.de
http://www.museum-august-kestner.de
http://www.rpmuseum.de
http://www.gko.uni-leipzig.de/aegyptisches-museum
http://www.khm.at

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Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 02

I N H A L T S V E R Z E I C H N I S
Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 03
Christian E. Loeben / Christian Rose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 04
„Guter Dämon Bes – Schutzgott der Ägypter“
Impressionen einer Familien-Ausstellung, die niemand sehen durfte
Daniela Rutica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Helden, Heilige und Hieroglyphen
Die Tage der Ägyptologie im digitalen Format
Frank Förster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Powernapping oder Dornröschenschlaf?
Corona-News aus dem Ägyptischen Museum der Universität Bonn
Veranstaltungskalender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Olivia Zorn / I-Ting Liao . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Ancient Egypt – The Creation of the World
Ein Sonderausstellungsprojekt des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung Berlin
Margrid Schiewek / Nira Kleinke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Hem-iunu kommt in die Stadt!
Regine Schulz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
Nachruf auf Dr. Eva Eggebrecht
Sven Kielau / Regine Schulz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
»Hermopolis Magna – Preserving and Transforming Traditions«
Internationale Konferenz am Roemer- und Pelizaeus-Museum, 12.–14. August 2021
Marius Gerhardt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
Nachruf auf Prof. Dr. Günter Poethke
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

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Powernapping oder
Dornröschenschlaf?
Corona-News aus dem
Ägyptischen Museum der Universität Bonn
Frank Förster

D ie anhaltende pandemische Situation


im Schatten des Corona-Virus und sei-
ner Mutationen stellt uns alle vor besondere
Museen und öffentliche Sammlungen in
Deutschland tatsächlich wieder für das allge-
meine Publikum geöffnet werden können.
Herausforderungen, auch im Museumsbe- Die Entwicklung von Impfstoffen und die
trieb. Mehrere staatlich verordnete Lock- stufenweise geplante Durchimpfung der Ge-
downs haben nicht nur hier zum Erliegen sellschaft lassen aber darauf hoffen, dass bald
vieler normaler Abläufe geführt, und es ist wieder vertraute Verhältnisse einkehren. Die
derzeit noch nicht sicher abzusehen, wann derzeitige Schwebephase zwischen erzwungen-

Abb. 1: Südansicht der aktuell komplett eingerüsteten Fassade des Koblenzer Tores, in dem sich das Ägyptische
Museum der Bonner Universität befindet. Oben rechts ein Anblick aus besseren Tagen. © Foto: Frank Förster.

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besinnlichem Powernapping und drohendem „Konservierung von gefassten altägyptischen
Dornröschenschlaf in der öffentlichen Wahr- Objekten“ (7.–11.9.2020), das von Diplom-
nehmung gibt Gelegenheit, kurz über die Restaurator Oliver Tietze aus Leipzig gelei-
eingeschränkten, aber unverdrossen weiter- tet wurde, hatte eine kleine Gruppe Studie-
geführten Aktivitäten an unserem kleinen render sowohl der Ägyptologie als auch der
Universitätsmuseum zu berichten. Restaurierungs- und Konservierungswissen-
schaft Gelegenheit, anhand ausgewählter
Das äußere Erscheinungsbild des Muse- Museumsobjekte praktische Kenntnisse auf
ums erinnert zurzeit tatsächlich ein wenig diesem Gebiet zu erwerben und diese auch
an ein verwunschenes Dornröschenschloss gleich selbst unter Anleitung anzuwenden
(Abb. 1): Seit einigen Wochen ist das Kob- (Abb. 2). Aufgrund der Schutzmaßnahmen
lenzer Tor, in dem es sich befindet, an bei- war die Anzahl der Teilnehmenden zwangs-
den Seiten vollständig eingerüstet und mit läufig sehr beschränkt, doch hoffen wir, sol-
Planen abgedeckt, um an den barocken che interdisziplinären und für beide Seiten
Fassaden konservatorische Arbeiten sowie bereichernden Übungen in Zukunft einem
einen Neuanstrich vornehmen zu können. größeren Kreis anbieten zu können.
Konservatorische Arbeiten fanden noch im
September auch im Inneren statt: In einem Zu den ausgewählten Objekten zählten
mehrtägigen Praxisseminar zum Thema vor allem Bestandteile bemalter Holzsärge

Abb. 2: Dipl.-Rest. Oliver Tietze (links) mit TeilnehmerInnen am Praxisseminar „Konservierung von gefassten
altägyptischen Objekten“. Auf dem Behandlungstisch eine hölzerne Sargwanne aus der Sammlung Grevenbroich,
unten links ein bemaltes Sargdeckelgesicht. © Foto: Oliver Tietze.

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aus verschiedenen Epochen, über die unser den menschlichen Mumienteilen (Abb. 4) in
Museum in relativ großer Anzahl verfügt. unserer Sammlung auseinandergesetzt, bei
Insbesondere die meist separat gefertigten, denen es sich weit überwiegend um (Dau-
vergleichsweise kleinen und für Händler wie er-)Leihgaben verschiedener Institutionen
Käufer besonders attraktiven Gesichtsparti- oder Privatleute handelt. Die meisten da-
en von Sargdeckeln sind oft vertreten, da sie von schlummerten seit Jahren gut verpackt
leicht aus dem Holzverbund gelöst und als im Magazin, denn neben dem hohen kon-
ausdruckstarkes „Antlitz des alten Ägypten“ servatorischen Anspruch, den fragile orga-
verkauft und transportiert werden konnten. nische Materialien im Allgemeinen stellen,
Die Masterarbeit von Isabelle Lange, die sind auch die speziell mit solch sensiblen
sich schon seit längerem eingehend mit 16 „Objekten“ verbundenen ethischen Ausstel-
ausgewählten Sargdeckelgesichtern aus unse- lungsproblematiken evident und hinlänglich
rer Sammlung beschäftigt und ebenfalls am bekannt, was natürlich insbesondere für die
Praxisseminar teilgenommen hat, ist kürzlich menschlichen Mumienteile gilt. Genau dies
abgeschlossen und am Institut für Restauri- war dann auch neben der dokumentarischen
erungs- und Konservierungswissenschaft der Erfassung und Analyse ein wesentlicher
Technischen Hochschule Köln eingereicht Aspekt in beiden Abschlussarbeiten.
worden (vgl. 56, 2018, S. 26–29).
Zwei weitere objektbezogene Abschlussarbei- Die generelle Haltung und „Philosophie“
ten, die im vergangenen Corona-Jahr unter unseres Museums in dieser speziellen Frage
erschwerten Bedingungen abgefasst wurden, wird seit Martin Fitzenreiters nachhaltiger
waren zwei anderen Objektgruppen gewid- Wirkungszeit als Kurator recht deutlich in
met: In ihren archäologisch-ägyptologischen Gestalt einer Einzelvitrine mit Mumienkopf
Bachelor-Arbeiten haben sich Joshua Bilstein und diesen verdeckender „Mumienmaske“ –
und Hannah Meistrowitz einerseits mit den eigentlich wiederum das Gesichtsteil eines
Tiermumien (Abb. 3) und andererseits mit Sargdeckels – nach außen kommuniziert

Abb. 3: Ibis-Mumie mit teilweise bemalter Leinenumwicklung, ursprünglich aus der Sammlung von Dr. Rudolf
Otto Neumann (1868–1952). Leihgabe der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Köln. © Foto: Estella
Friedlin.

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Abb. 4: Hannah Meistrowitz bei der
Aufnahme menschlicher Mumien-
teile im Museumsmagazin, die
Thema ihrer Bachelor-Arbeit waren.
© Foto: Frank Förster.

Abb. 5: Screenshot der Station mit Mumienkopf-Vitrine in der interaktiven Virtual Reality-Tour durch das Mu-
seum (https://vr-easy.com/tour/4750). Neben Video- und PDF-Datei ist dort nun auch eine längere Audio-Datei
zum Thema „Mumien ausstellen?” abrufbar.

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(siehe 51, 2015, S. 19–23). Diese (ein Ausstellungskatalog und die umfangrei-
Installation konnte nun dank des freundli- che Abschlusspublikation „Materialien einer
chen Entgegenkommens des Westdeutschen Gusswerkstatt von der Qubbet el-Hawa“),
Rundfunks in unserer Virtual Reality-Tour die auch alle auf den heimischen Computer
um die damalige Podiumsdiskussion zum heruntergeladen werden können. Ein länge-
Thema „Mumien ausstellen?“ erweitert wer- res Video mit erklärenden Episoden zu ver-
den, die als Abendveranstaltung im Museum schiedenen kunst- und kulturgeschichtlichen
stattgefunden hatte und am 28.3.2014 als Aspekten des großen Gipsabgusses eines
Aufzeichnung in der Reihe „Das philosophi- Wandreliefs Sethos’ I. im Karnak-Tempel,
sche Radio“ mit Jürgen Wiebicke als Mo- der seit der Museumsgründung die dem Ein-
derator gesendet wurde (WDR 5) (Abb. 5). gang gegenüberliegende Stirnwand ziert, ist
Trotz der knapp 50 Minuten Laufzeit ist ein in Vorbereitung (Abb. 6). Das Drehbuch mit
Abruf der integrierten Audio-Datei wärms- dem Arbeitstitel „Pharao erzählt vom Krieg.
tens zu empfehlen! Und anderem“ wurde mit Studierenden im
Rahmen einer digitalen Lehrveranstaltung
Überhaupt ist unser virtueller 360°-Rund- im vergangenen Wintersemester erarbeitet,
gang seit dem Start im vergangenen Sommer und für die filmische Umsetzung ist erneut
mit diversen digitalen Elementen kontinu- der freiberufliche Videojournalist Horst Go-
ierlich erweitert worden (https://vr-easy. etze vom Künstlerkanal (www.künstlerkanal.
com/tour/4750; siehe 61, 2020, S. de) gewonnen worden, dem schon die Rea-
53–57). Zu nennen sind hier etwa neue Ob- lisierung der VR-Tour und ihrer Einspieler
jektfotos, zahlreiche PDFs von einschlägigen zu verdanken ist. Die inhaltlich somit stetig
Bonner -Artikeln sowie zwei eBooks wachsende und auch auf Wachstum angeleg-

Abb. 6: Standbild einer Filmsequenz zu einem in Arbeit befindlichen Video über den großen Gipsabguss einer
Kriegsdarstellung Sethos’ I. im Karnak-Tempel. © Bildvorlagen: Volker Lannert, Daniela Rutica, Joeline Damer.

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te 360°-Tour durch unser Museum ist als di- Tutanchamun in Originalgröße (aus der ars
gitale Alternative in Zeiten seiner Schließung mundi-Edition; Abb. 9). Sowohl die beiden
sehr gut aufgenommen worden: seit Juli Falkenfiguren als auch das Sargdeckelgesicht,
2020 gab es rund 2700 virtuelle Besuche. Als die uns als private Schenkungen zugetragen
nächster Schritt ist geplant, auch einmal eine wurden, sind dringend konservierungsbe-
virtuelle Sonderausstellung in den Rundgang dürftig und dürften schon allein daher für
einzubauen, wofür sich verschiedene For- das nächste Praxisseminar des Holzspezia-
mate anbieten (Video- und Audio-Dateien, listen Oliver Tietze in die nähere Auswahl
PDFs). kommen. Leider sind im vergangenen Jahr
in Karl-Heinz Preuß (*1941), Peter Weda
Aber auch ganz handfeste Neuzugänge hat (*1945) und Lisa Schwarz (*1925) auch drei
unser Museum für die vergangenen Monate unserer Mäzene verstorben, von denen ins-
zu verzeichnen, darunter zwei Falkenfiguren besondere der erstgenannte (im Verbund mit
aus bemaltem Holz (Abb. 7), ein weiteres seiner Frau Ursula) als langjähriger Begleiter
stuckiertes und bemaltes Sargdeckelgesicht und Förderer des Museums und seiner Akti-
(Abb. 8) sowie eine wertvolle Replik der vitäten hervorzuheben ist. Wir werden sie in
vergoldeten Selkis-Figur aus dem Grab des guter Erinnerung behalten.

Abb. 7: Zwei bemalte Falkenfiguren aus Holz, die dem Museum kürzlich gestiftet wurden und aus dem Besitz des
Bonner Professors Friedrich Oertel (1884–1975) stammen, welcher sie möglicherweise zuvor als Geschenk von
Alfred Wiedemann (1856–1936) bekommen hatte. © Foto: Frank Förster.

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Die beiden Falkenfiguren, die ursprünglich Seitz (geb. Wiedemann, 1889–1976), für die
Teil einer oder wohl eher zweier Grabausstat- Ausleihe eines Buches aus dessen Nachlass
tungen waren, sind nicht zuletzt auch we- für seinen akademischen Unterricht. Dabei
gen ihrer Sammlungsherkunft für uns von handelte es sich um Wiedemanns eigenes,
besonderem Interesse. Denn sie stammen vermutlich mit zahlreichen handschriftlichen
dem Schenker zufolge aus dem Nachlass der Zusätzen versehenes Exemplar seines Werkes
Ehefrau des Bonner Professors für Alte Ge- „Herodots zweites Buch“ (Leipzig 1890), für
schichte Friedrich Oertel (1884–1975), der das er auch heute noch bekannt ist. Oertel
nach seinem Ruf an die hiesige Universität schließt mit den Worten: „Ich denke bei
im Jahre 1929 nachweislich auch in enge- dieser Gelegenheit so gern an die Zeit, wo
rem Kontakt mit Alfred Wiedemann (1856– ich Ihren Herrn Vater oder Ihre Frau Mut-
1936), dem Begründer der Ägyptologie in ter [Hedwig Wiedemann, geb. Finkelnburg,
Bonn, gewesen ist, und zwar in dessen letzten 1863–1945] um ähnliche Freundlichkeiten
Lebensjahren. In einem auf den 17.11.1949 bitten konnte.“ Dies lässt den Gedanken auf-
datierten, also viereinhalb Jahre nach Kriegs- kommen, dass es sich bei den beiden Falken-
ende und 13 Jahre nach Wiedemanns Tod figuren um ein Geschenk Wiedemanns an
verfassten Schreiben (Abb. 10), das auf an- seinen Bonner Professorenkollegen gehandelt
derem Wege zu uns gelangt ist, bedankt sich haben könnte, diese also womöglich aus sei-
Oertel bei der Tochter Wiedemanns, Gudrun ner Privatsammlung stammen.

Abb. 8: Ein weiterer Neuzugang aus privatem Besitz: Abb. 9: Originalgetreue Replik der vergoldeten Selkis-
ein stuckiertes und bemaltes Sargdeckelgesicht, Figur aus dem Grab des Tutanchamun, eine weitere
offenbar in moderner Zeit großflächig mit gelber Farbe Schenkung der letzten Monate (Höhe inkl. Sockel
übermalt. © Foto: Frank Förster. ca. 1 m). © Foto: Frank Förster.

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Definitiv aus Wiedemanns Privatsamm- demann – Die Anfänge der Ägyptologie in
lung stammen hingegen drei weitere kleine Bonn“ (16.7.–19.9.2010) gewidmet war, sei
Glaszylinder-Konstruktionen mit insge- noch auf einen interessanten Lesefund hin-
samt sieben Amuletten darin (Abb. 11), gewiesen: Im Thomas-Mann-Archiv an der
die erst kürzlich bekannt wurden und quasi ETH Zürich befindet sich ein Exemplar
baugleich mit den im vorletzten - von Wiedemanns rund 450 Seiten star-
Heft vorgestellten Exemplaren sind (siehe kem Werk „Das Alte Ägypten“ (Heidelberg
60, 2020, S. 28–35). Nach freund- 1920), das mit zahlreichen Anstreichungen
licher Auskunft von Kirsten Konrad, die ih- und Randnotizen Manns versehen ist und
re Publikation vorbereitet und der wir auch ihm neben anderen Überblicksdarstellungen
das hier abgebildete Foto verdanken, wurden zum pharaonischen Ägypten (etwa von Ge-
die Objekte im Jahre 2010 bei einer Auktion org Steindorff, Adolf Erman und Hermann
versteigert. Im Zusammenhang mit dem Ranke, James Henry Breasted und Heinrich
wiederbelebten wissenschaftshistorischen Schäfer) als wissenschaftliche Grundlage für
Interesse an unserem Gründervater, dem im seinen Joseph-Roman diente. Ein genaues
selben Jahr eine von Michael Höveler-Müller Studium dieser Lesespuren im Abgleich mit
kuratierte Sonderausstellung „Alfred Wie- entsprechenden Formulierungen im Roman

Abb. 10: Dankschreiben (17.11.1949) des Bonner Professors für Alte Geschichte Friedrich Oertel an Gudrun
Seitz, die Tochter Alfred Wiedemanns, bezüglich der Ausleihe eines Buches aus dem Nachlass ihres Vaters.
© Foto: Frank Förster.

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dürfte erkennen lassen, inwieweit Wiede- ses Jahres, den 216 zugeschaltete Teilnehmer
manns Ansichten und Darstellungen einen verfolgten, darunter viele aus dem Ausland.
Niederschlag in Thomas Manns berühmtem Aus dieser Erfahrung, gerade auch im Hin-
Werk gefunden haben. blick auf Aspekte wie Reichweite/Outreach,
Budgetgrenzen, eingeschränkte Mobilität
Als weitere Aktivitäten unter veränderten von Interessierten usw., können durchaus
Vorzeichen sind noch unsere traditionellen sehr positive Lehren gezogen werden: Für
Mittwochsvorträge zu nennen, die – ebenso die hoffentlich bald coronafreie Zukunft ist
wie auch einige Workshops der Abteilung für nun eine Mischung aus Präsenz- und digi-
Ägyptologie und das gesamte Lehrangebot – talen Vorträgen geplant, was in mehrfacher
natürlich schon seit längerem nicht mehr Hinsicht das Angebotsspektrum erheblich
in Präsenz, sondern per Videokonferenz erweitern dürfte.
(Zoom) stattfinden. Besonders erfolgreich
war dabei der Vortrag „Exploring the City of Ebenfalls einem verstärkten Public Out-
the Falcon: Egypt’s first capital at Hierakon- reach verpflichtet, jedoch nicht der aktuel-
polis“ von Renée Friedman im Februar die- len Situation geschuldet ist eine im Aufbau
befindliche online-Objektdatenbank, de-
ren technische Grundlagen und Struktur
im Rahmen eines Verbundprojektes meh-
rerer Bonner Universitätssammlungen ge-
legt wurden (https://kosmos.uni-bonn.de/
wisski_am). In den vergangenen Monaten
wurde zudem ein Konzept für einen neuen,
umfangreichen Museumskatalog ausgearbei-
tet, der – wenn wohl auch nicht mehr recht-
zeitig zum 20jährigen Jubiläum des Hauses
in diesem Jahr – den fast ausverkauften alten
aus dem Jahre 2004 ablösen soll. Auch dies
soll ganz im Sinne eines Universitätsmuse-
ums als Gemeinschaftsprojekt unter Mitwir-
kung sowohl aktueller wie ehemaliger Mit-
arbeiterInnen und Studierender der Bonner
Ägyptologie realisiert werden und zu einer
repräsentativen, aber auch von persönlichen
Vorlieben und spannenden Narrativen gelei-
teten Vorlage ausgewählter Objekte aus un-
serer Sammlung führen, von bislang unpu-
blizierten Kleinoden oder Neuzugängen bis
hin zu altbekannten Highlights.
Abb. 11: Eine von drei neu aufgetauchten Glaszylin-
der-Konstruktionen mit altägyptischen Amuletten aus
der ehemaligen Privatsammlung Alfred Wiedemanns.
© Foto: Kirsten Konrad.

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Schließlich ist noch auf mehrere geplan- Sonderausstellung zum Thema „Schlaf und
te Sonderausstellungen, teils auch in Zu- Traum im alten Ägypten“ (Abb. 12) genannt
sammenarbeit mit anderen Museen oder – womit sich hier in gewisser Weise der Kreis
Sammlungen, hinzuweisen, deren Realisie- schließt.
rungsformate freilich aus besagten Gründen
noch nicht feststehen. Neben einer schon Trotz Corona sind also die Aktivitäten im
seit längerem geplanten Ausstellung über bzw. für das Museum keineswegs eingeschla-
die prähistorischen Felsmalereien des Wadi fen – im Gegenteil: Das erzwungene Inne-
Sura, zu deren Konzeption als integraler Be- halten gab trotz aller damit einhergehenden
standteil die Verwendung von 3D-Brillen Widrigkeiten und Einschränkungen auch
zur virtuellen Begehung der sog. „Cave of kreativen Raum für neue, zukunftsweisende
Beasts“ (Wadi Sura II) zählt, seien an dieser Ideen sowie Gelegenheit, bislang Zurück-
Stelle nur noch eine Kabinettausstellung zu gestelltes (wieder) in Angriff zu nehmen.
einer außergewöhnlichen Schlachtungsszene Also eher eine Zeit des Powernapping als des
aus dem Mittleren Reich sowie eine größere Dornröschenschlafes.

Abb. 12: Zwei für die geplante Sonderausstellung „Schlaf und Traum im alten Ägypten“ ausgewählte Sammlungs-
objekte: Vorne ein Bett mit darauf liegender Frau aus bemaltem Ton (Altbestand, BoSAe 422, Maße: 16,6 x 8,5
x 8,1 cm), im Hintergrund eine kleine Kalkstein-„Stele“ ebenfalls mit Darstellung einer liegenden/schlafenden
Frau, zu deren Füßen sich noch zwei Begleitpersonen befinden (Sammlung Gahl-Schoeller, BoSAe GS 1, Maße:
11,8 x 6,2 x 2,9 cm). © Foto: Frank Förster.

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Ausgabe April 2021

I M P R E S S U M
Heft-Nr. 62 / 23. Jahrgang
ISSN: 2196-8942 (Print)
Magazin für die Freunde
Ägyptischer Museen und Sammlungen ISSN: 2513-0161 (eBook)

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