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Verfasst von
Seyyid Ali Hosafci
ASTEC GMBH
Die Leuche in der Finsternis
Verfasst von: Seyyid Ali Hosafci
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Die Leuchte in der Finsternis
– Sunnitische Widerlegungen salafitischer Auffassungen –
Verfasst von
Seyyid Ali Hosafci
ASTEC GMBH
INHALTSVERZEICHNIS
d
VORWORT DES ÜBERSETZERS........................................................................................................................ 13
Takfīr .......................................................................................................................................................... 21
Qurʾānverse über das Thema Takfīr............................................................................................... 22
Aḥādīth über das Thema Takfīr........................................................................................................ 24
Die Ansichten der Gelehrten über Takfīr..................................................................................... 26
Können die Toten hören?.................................................................................................................................... 30
Die Hinweise (dalāʾil) derer, die behaupten, dass die Toten nicht hören können...... 30
Die Hinweise derer, die behaupten, dass die Toten hören können................................... 34
Wie die Lebenden von den Toten profitieren können........................................................................... 44
Die Ansicht der Rechtsgelehrten der vier Rechtsschulen .................................................... 51
Die Propheten leben in ihren Gräbern.......................................................................................... 58
Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm –ist ein Märtyrer...................................... 64
Tawassul – Die Nutzung der Vermittlung.................................................................................................... 68
Die Ansicht jener, die den Tawassul mit einer Person ablehnen........................................ 69
Die Hinweise jener, die den Tawassul mit Personen erlauben........................................... 74
Die Ansicht der Gelehrten über Tawassul.................................................................................... 75
Die Ansicht Ibn Taymiyyahs............................................................................................................... 75
Die Ansicht Muḥammad b. ‘Abdulwahhabs................................................................................. 76
Die Ansicht ʿAbdullāh ʿAzzāms......................................................................................................... 77
Die Ansicht Imām Abū Ḥanīfahs...................................................................................................... 78
Die Ansicht Imām Abū Yūsufs........................................................................................................... 80
Die Ansicht Imām Abū al-Faraj Ibn al-Jawzīs............................................................................. 80
Die Ansicht des Sultans der Gelehrten al-ʿIzz b. Abdussalām............................................. 80
Die Ansicht Imām al-Schawkānīs..................................................................................................... 81
Die Ansicht Imām Ālūsīs...................................................................................................................... 81
Die Ansicht Imām Aḥmad b. Ḥanbals............................................................................................. 82
Die Ansicht Imām Schāfiʿīs................................................................................................................. 83
Die Ansicht Imām Maliks..................................................................................................................... 84
5
Die Ansicht Imām Ibn ʿĀbidīns über Tawassul.......................................................................... 85
Die Ansicht Imām Subkīs über Tawassul..................................................................................... 85
Die Ansicht Ibn Mufliḥs........................................................................................................................ 85
Die Ansicht Scheich al-Islām Ibn Qudāmah al-Maqdisīs....................................................... 85
Die Ansicht Imām Ibn ʿUqayls........................................................................................................... 85
Die Ansicht Imām al-Bayhūtīs........................................................................................................... 86
Die Ansicht Imām al-Nawawīs.......................................................................................................... 86
Die Ansicht Ibn Ḥajar al-ʿAsqalānīs................................................................................................ 86
Die Ansicht Imām Ibn Kathīrs........................................................................................................... 88
Die Ansicht des Imām al-Dhahabī................................................................................................... 89
Fazit .......................................................................................................................................................... 90
Die falsche Interpretation der Qurʾānverse................................................................................................ 91
Was bedeutet Duʿāʾ und ist jede Duʿāʾ eine ʿIbādah?................................................................. 92
Die Ansicht des Imām Schawkānīs, einem der geachteten Gelehrten:............................ 95
Was ist eine Metapher und was ist die Hilfeersuchung (istiʿāna)?................................... 104
Wird die Duʿāʾ eines jeden Betenden akzeptiert?..................................................................... 106
Benötigen wir Personen, deren Duʿāʾ akzeptiert wird?......................................................... 107
Qurʾānverse in Bezug auf Tawassul................................................................................................................ 109
1. Qurʾānvers: Sūra Māʾidah (5), Vers 35.................................................................................. 110
2. Qurʾānvers: Sūra Nisā (4), Vers 64.......................................................................................... 116
Die Aḥādīth über Tawassul und ihre Einstufungen................................................................................. 122
1. Ḥadīth: Der blinde Mann und ʿUthmān b. Ḥunayf............................................................ 122
2. Ḥadīth: Der bedürftige Mann und ʿUthmān b. ʿAffān und ʿUthmān b. Ḥunayf..... 127
3. Ḥadīth: Sayyidunā ʿUmar und Sayyidunā ʿAbbās................................................................. 135
4. Ḥadīth: Der Gesandte Allāhs und die Bestattung Sayyida Fāṭimah b. Asads........... 143
Argumente derer, die sagen, der Ḥadīth sei schwach................................................................ 143
Die Antwort auf diese Argumente..................................................................................................... 144
5. Ḥadīth: Mālik al-Dār und Sayyidunā ʿUmar............................................................................ 148
Einwände gegen den Ḥadīth................................................................................................................ 156
6. Ḥadīth: Die Vergebung Ādams - Friede auf ihm – durch Tawassul........................... 179
Die Ansicht jener, die diesen Ḥadīth als erfunden erklären................................................... 179
Die Ansicht jener, die diesen Ḥadīth als ṣaḥīḥ einstufen.......................................................... 180
7. Ḥadīth: Sayyida ʿĀʾischah und das Grab des Propheten................................................ 187
8. Ḥadīth: Oh ihr Diener Allāhs! Helft mir!............................................................................... 192
Tabarruk – Das Ersuchen des Segens............................................................................................................ 198
Die Ansicht derer, die Tabarruk ablehnen................................................................................... 198
Die Ansichten derer, die Tabarruk akzeptieren......................................................................... 199
6
Tabarruk mit dem Becher und dem Gebetsort des Propheten........................................... 199
Tabarruk mit dem Gebetsort des Propheten.............................................................................. 200
Tabarruk mit dem Grab des Propheten........................................................................................ 201
Tabarruk mit dem bei der Waschung benutzten Wassers des Propheten..................... 203
Tabarruk mit dem Schweiß des Propheten................................................................................. 204
Tabarruk mit dem Hemd Sayyidunā Yūsufs – Friede sei auf ihm...................................... 205
Tabarruk mit dem Mantel des Propheten.................................................................................... 206
Tabarruk mit dem Blut des Propheten.......................................................................................... 206
Tabarruk mit dem Speichel des Propheten................................................................................. 207
Tabarruk mit den geehrten Haaren des Propheten................................................................. 209
Tabarruk mit dem Küssen der Hand, die den Gesandten Allāhs berührte.................... 210
Tabarruk mit dem Öl im Sarg des Propheten Danyal – Friede sei auf ihm!................... 212
Die Ansicht Imām Aḥmad b. Ḥanbals über Tabarruk............................................................. 212
Die Ansicht Imām Dhahabīs über Tabarruk................................................................................ 213
Die Ansicht Ibn al-Jawzīs über Tabarruk...................................................................................... 214
Die Ansicht Imām al-Schāfiʿīs über Tabarruk............................................................................. 215
Istighātha – Das Hilfeersuchen........................................................................................................................ 216
Die Ansicht derer, die Istighātha ablehnen.................................................................................. 216
Wann ist es gestattet die Schöpfung um Hilfe zu bitten?......................................................... 217
Die Ansicht derer, die Istighātha akzeptieren............................................................................ 218
Was ist ein Gott (Ilāh)?........................................................................................................................... 221
Die richtigen Bedeutungen und Definitionen von Gottheit (al-Ilāh), Monotheismus
(Tawḥīd), Götzendienst (Schirk) und Anbetung (ʿIbādah)...................................................... 229
Die Behauptung Götzendiener würden das gleiche glauben................................................. 238
Die Antwort auf diese Behauptung................................................................................................. 239
Aḥādīth und Überlieferungen über dieses Thema................................................................... 247
Istighātha und Tawassul in der Schlacht von Yamāma........................................................... 252
Die Ṣaḥāba bitten den Propheten um Fürsprache...................................................................... 255
Karāmāt – Wundertaten der Awliyāʾ............................................................................................................. 258
Die Ansichten der ʿUlamāʾ und Überlieferungen zu Istighātha.......................................... 272
Himmah/Madad - Spirituelle Zuwendung................................................................................... 284
Kann der Scheich Himmah für seinen Schüler machen und wie sieht dies aus?........... 284
Die Himmah ist durchs Schicksal eingeschränkt......................................................................... 285
Bestimmte Praktiken............................................................................................................................................ 287
Das Rezitieren des Qurʾāns an einem Grab................................................................................................. 287
Die Ansicht jener, die das Rezitieren an einem Grab ablehnen.......................................... 287
Die Ansicht jener, die das Rezitieren an einem Grab erlauben........................................... 289
7
Die Ansichten der Gelehrten über das Rezitieren des Qurʾāns an einem Grab........... 290
Schwache (ḍa’īf ) Aḥādīth und ihre Bedingungen zur Anwendung................................................. 302
Mursal Ḥadīth.......................................................................................................................................... 305
Aḥādīth über das Thema und ihre Einstufungen...................................................................... 307
1. Ḥadīth:................................................................................................................................................ 307
2. Ḥadīth:................................................................................................................................................ 310
Antworten auf die Einsprüche gegen diesen Ḥadīth................................................................. 314
In der Kaʿba wird an den Gräbern der Propheten Qurʾān rezitiert................................... 327
Das Wiederholen von Lā ilāha ill Allāh (Kalimah) für den Toten...................................... 328
Das Gedenken der Geburt des Propheten (Mawlid al-Nabī)............................................................... 331
Respekt und Verehrung....................................................................................................................................... 346
Das rechtliche Urteil über das Küssen der Hände.................................................................... 353
Das rechtliche Urteil über das Aufstehen für die Gelehrten,
Rechtschaffenen und für die eigenen Eltern............................................................................... 358
Die Grenzen des Respekts und des Gehorsams gegenüber dem Scheich....................... 358
Das rechtliche Urteil über das Gedenken des einen Namens (Allāh).............................................. 362
Die Tugenden des lauten Gedenkens............................................................................................................ 366
Bewegung und Ekstase während dem Gedenken.................................................................................... 368
Das Tanzen einiger Ṣūfīs..................................................................................................................................... 374
Der Beweis für die Gebetskette....................................................................................................................... 378
Rābīṭa – Tasawwur al-Scheich – Die Vorstellung des Scheichs.......................................................... 380
Was bedeutet Rābīṭa?........................................................................................................................... 380
Die Untersuchung der Thematik aus Perspektive der Rechtsgrundlagen..................... 382
Erster Punkt: Was sagt das Unterlassen des Gesetzgebers (Schārʿi) aus?....................... 382
Zweiter Punkt: Was ist die Grundannahme bei Angelegenheiten?..................................... 385
Dritte Punkt: Kann im Moment der Notwendigkeit die
Aufklärung aufgeschoben werden?................................................................................................... 388
Vierter Punkt: Ist istiṣlāḥ oder maṣāliḥ al-mursalah ein Beweis?........................................ 389
Fünfter Punkt: Was ist eine Erneuerung, Bidʿa, und was ihr Urteil?.................................. 391
Sechster Punkt: Was ist die notwendige Basis im Takfīr?....................................................... 398
Siebter Punkt: Muss ein jeder Beweis die Angelegenheit erwähnen?............................... 399
Achter Punkt: Wieviel Formen des klaren und verdeckten Wortes gibt es?................... 400
Neunter Punkt: Stellt das Schweigen der Ijmāʿ ein Urteil dar?............................................. 401
Zehnter Punkt: Stellt der Brauch und die Tradition der Ṣāliḥun eine Erlaubnis dar?... 402
Resultat......................................................................................................................................................... 402
Hinweise für Rābīṭa aus den vier Rechtsquellen...................................................................... 403
Erster Punkt................................................................................................................................................ 404
8
Die Beweise für Rābīṭa aus dem Qurʾān.......................................................................................... 404
Zweiter Punkt: Einige Beweise für die Rābīṭa aus der Sunnah............................................. 408
Dritter Punkt: Der Beweis aus dem Konsens für Rābīṭa.......................................................... 419
Vierter Punkt: Der Beweis aus dem Vergleich/Qiyās für Rābīṭa.......................................... 421
Befürwortende Gelehrte und ihre Aussagen................................................................................. 422
Einwände gegen die Rābīṭa und Antworten darauf................................................................. 430
Das Bebauen der Gräber..................................................................................................................................... 434
ANHANG I .......................................................................................................................................................... 440
Warnung vor unbedachten Vorwürfen des Unglaubens (Takfīr)...................................................... 440
ANHANG II .......................................................................................................................................................... 454
Wer nicht mit dem Gesetz Gottes herrscht…............................................................................................. 454
Anhang III .......................................................................................................................................................... 459
Takfīr auf Salafis..................................................................................................................................................... 459
ANHANG IV .......................................................................................................................................................... 463
Die ʿAqīdah des Qāḍī ʿIyāḍ................................................................................................................................. 463
ANHANG V .......................................................................................................................................................... 466
Die Fundamente des Glaubens......................................................................................................................... 466
ANHANG VI .......................................................................................................................................................... 462
Muḥammad b. ʿAbdulwahhāb und die Bewegung der Muwaḥiddūn............................................... 474
ANHANG VII .......................................................................................................................................................... 510
Der salafitische Glaube war der Glaube einer durch die
Geschichte hindurch versteckten Randgruppe......................................................................................... 510
ANHANG VIII .......................................................................................................................................................... 517
Über die vier Rechtsschulen und die Notwendigkeit einer von ihnen zu folgen..................... 517
ANHANG IX .......................................................................................................................................................... 534
Die Ḥadīthwissenschaft ist dem Fiqh – der Rechtswissenschaft – untergeordnet.................. 534
ANHANG X .......................................................................................................................................................... 542
Selbststudium der Aḥādīth................................................................................................................................ 542
ANHANG XI .......................................................................................................................................................... 548
Einwände gegen das Befolgen einer Rechtschule.................................................................................... 548
ANHANG XII .......................................................................................................................................................... 559
Das Folgen einer Rechtschule ist Wājib!...................................................................................................... 559
ANHANG XIII .......................................................................................................................................................... 563
Die Stellung der Rechtsschulen zu den Aschʿarīs.................................................................................... 563
ANHANG XIV .......................................................................................................................................................... 573
Das Urteil über jenen, der die Führer der sunnitischen
Gemeinschaft, die Aschʿarīs, herabwürdigt................................................................................................ 573
9
ANHANG XV .......................................................................................................................................................... 578
Die Gelehrten der sunnitischen Gemeinschaft, die zur Schule der
Aschʿarīs und Māturīdīs gehören.................................................................................................................... 578
ANHANG XVI .......................................................................................................................................................... 587
Definition des Ṣūfīsmus – Taṣawwuf............................................................................................................. 587
ANHANG XVII .......................................................................................................................................................... 589
Ist Ṣūfīsmus eine Bidʿa?....................................................................................................................................... 589
ANHANG XVIII......................................................................................................................................................... 592
Brief an einen Pseudo-Mujāhid........................................................................................................................ 592
ANHANG XIX .......................................................................................................................................................... 608
Der Begriff von Bidʿa im Islām......................................................................................................................... 608
ANHANG XX .......................................................................................................................................................... 613
„Welch vorzügliche Erneuerung dies ist!“................................................................................................... 613
Bibliografie .......................................................................................................................................................... 620
10
TABELLE FÜR DIE UMSCHRIFT
ا/آ/ى ā ظ ẓ
ب b ع ʿ
ت t غ Gh
ث Th ف f
ج J ق q
ح ḥ ك k
خ Kh ل l
د D م m
ذ Dh ن n
ر R ه h
ص ṣ ء ʾ
ض ḍ أ a
ط ṭ إ i
11
VORWORT DES ÜBERSETZERS
d
13
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
nur einige Bücher, die dieses Problem behandeln und Antworten auf die theolo-
gischen Zweifel der Salafis bieten, veröffentlicht. Eines dieser Bücher ist „Ein gu-
ter Rat an die Brüder von Najd“, erschienen beim Spohr Verlag, und ein anderes
ist das „al-Fiqh al-Akbar“, übersetzt von Ali Ghandour. Das erste Buch behandelt
kaum theologische Inhalte der Salafisten und das zweite Buch ist ein eigenstän-
diges Buch über die ʿAqīdah, verfasst von Imām Abū Ḥanīfah und kommentiert
von ʿAlī Ghandour mit Bezug auf aktuelle ʿAqīdah Themen, anhand derer die Sala-
fis viele Muslime verwirren. Der Mangel an Büchern in allen Bereichen der tra-
ditionellen islamischen Wissenschaften muss sehr schnell wettgemacht werden,
denn die Zeit läuft davon und Unwissenheit und der damit einhergehende Ver-
lust von Charakter, Moral und Religion verbreitet sich überall. Dem deutschen
Sprachraum fehlt es an kompetenten Fachleuten, der Förderung dieser Perso-
nen sowie der Fachliteratur und einer offenen Darlegung der Glaubensinhalte
und Praktiken der Salafisten.
Die muslimischen Gemeinden sind sich unbewusst über die wahren Aus-
maße der Gefahr des Salafismus, trotz der Ausschreitungen in Solingen und an-
derswo. Die muslimischen Gemeinden fürchten einen Radikalismus, der zum
Terrorismus verleitet, vergessen aber dabei, dass der Salafismus in einigen sei-
ner Ausprägungen nicht allein die ‚innere Sicherheit Deutschlands‘, das Wohlbe-
finden der ‚Mehrheitsgesellschaft‘ und des ‚Mehrheitsislams‘ in Deutschland auf
einer physischen Ebene gefährdet, sondern auch Dynamit für den Islām, die Ge-
lehrsamkeit, die Spiritualität und die Wahrheit selbst darstellt. Der Salafismus
spaltet seine Anhänger von der Kultur des Islāms, der Gelehrten, der Spirituali-
tät, der Diversität und der Mehrdeutigkeit sowie von der muslimischen Mehrheit,
indem er ihnen indoktriniert, wie es aus diesem Buch noch hervorgehen wird,
dass sich die Muslime jahrhundertelang in einem Irrtum befanden, die Tradition
der sunnitischen Gelehrten verworfen werden muss, und die Masse an Gelehr-
ten durch bestimmte Individuen ersetzt werden müsse. Der Gründer des Wah-
habismus/Salafismus ist Muḥammad b. ʿAbd al-Wahhāb, der seine Ansichten auf
Ibn Taymiyyah stützt. Doch weder wird Muḥammad b. ʿAbd al-Wahhāb in seiner
Brutalität und Radikalität befolgt, noch wird Ibn Taymiyyah in seiner Gesamt-
heit verstanden und vertreten. Während Muḥammad b. ʿAbd al-Wahhāb alle mo-
mentan lebenden Muslime für Freiwild erklären würde, förderte und glaubte Ibn
Taymiyyah an den Sufismus und seine Praktiken, auch wenn er, wie sehr viele
Gelehrte vor und nach ihm, einige Praktiken kritisierte. Er fühlte sich auch ei-
ner Rechtsschule angehörig.
Heutzutage folgt der durchschnittliche Salafist dem Autodidakten und ver-
meintlichen ‚Ḥadīthgelehrten‘ al-Albānī, der nach eigenen Angaben wenige Ḥadīthe
mit ihren Überlieferungsketten auswendig kannte und dessen Name in diesem
14
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Buch noch oft vorkommen wird, und natürlich den Großgelehrten wie z. B. Ibn
Bāz, Ibn ʿUthaymīn, Ibn Jibrīn und andere. Dies kann man auch als die saudische
Neuinterpretation des Wahhābismus/Salafismus bezeichnen.
Die Salafisten füllten und füllen in Deutschland und auch in den anderen west-
lichen Ländern die unglaublich große Lücke, an der die Jugend in diesen Ländern
leidet: es dürstet sie nach einem Islām, der in ihrer Sprache gesprochen wird, sei
es nun Deutsch oder Englisch und, der einen Bezug zu ihrem Alltag und zu ihrer
Realität hat. Diese Lücke füllte man mit einer pseudo-traditionellen Logik: man
würde ausschließlich dem Propheten und dem Qurʾān folgen - was der Wunsch
eines jeden Muslims ist – und nicht den Meinungen von Gelehrten; und diese Be-
hauptung wurde auf deutscher Sprache in Moscheen, auf den Straßen und haupt-
sächlich im Internet gepredigt. Unschuldige Jugendliche, die nach Wissen über
den Islam streben und sich eine authentische Auslebung seiner Regeln wünschen,
das heißt ein Islam und eine Gemeinschaft, der seine Regeln nicht aufgrund des
Drucks der Moderne und der Mehrheitsgesellschaft aufgibt, der „Sunna-orien-
tiert“ auftritt und sich nicht der Kultur der Gesellschaft unterwirft, der nicht die
Kultur des Herkunftslandes oder einer bestimmten ethnischen Gruppe, sondern
einzig und allein nur den Islām selbst propagiert, verfielen diesem Glanz, doch
wie es das deutsche Sprichwort sagt: „Nicht alles was glänzt, ist Gold.“
Das Problem der muslimischen Verbände und Gemeinden war und ist, dass
sie leider mehr auf die Bewahrung ihrer Kultur, ihres ‚Vereines‘ und natürlich auch
ihres ‚Images‘ bei der Gemeinde und dem Staat bedacht sind, als sich auf die Be-
wahrung der traditionellen sunnitischen Gelehrsamkeit und der einhergehenden
Präventivarbeit zu konzentrieren. Man vergaß, dass die sunnitische Gelehrsam-
keit eine Integrationsförderung und eine Kulturbindung mit sich bringt, und man
versuchte mit kulturellen Mitteln die Jugend an die der Jugend islamisch nicht er-
klärbaren Werten, Ansichten und Glaubensvorstellungen festzuhalten. „Wir sind
Türken/Araber/Pakistaner, und bei uns ist das nun mal so“, durften schon viele
der Jugendlichen hören, ohne dafür eine islamisch legitime Erklärung erhalten
zu haben. Als Beispiel wäre hier das Handküssen der Älteren und andere For-
men des Respekts, der traditionellen Werte und Verhaltensweisen zu nennen.
Die wenigsten sind sich bewusst, dass der Salafismus der Nährboden und
die Wurzel des Übels für viele verschiedene Sekten ist. Angefangen vom Nur-
Qurʾānismus bis hin zum Modernismus – sie alle argumentieren mit den gleichen
Argumenten wie die Salafisten. Scheich Saʿīd Foudah hat dies in einem Schreiben
sehr detailliert dargelegt. Wer Genaueres wissen will, soll dies lesen.
Dieses Buch, dessen Originaltitel: „Selefilere ve Vehabilere Reddiye“ lautet
und das bei Yasin Yayinevi erschienen ist, bot sich trotz vieler anderer Bücher,
15
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
die ich zur Auswahl hatte, aufgrund des Verlages, der Kapazitäten und der Fä-
higkeiten am allerbesten an. Doch ich bemerkte sehr schnell, dass das türkische
Buch viele Mängel aufwies. Die Themen waren sehr durcheinander und es be-
fand sich im Buch kein logischer Aufbau und auf allen drei Seiten wiederholte
sich eine Seite aus dem Anfang oder dem Ende des Buches. Diese Mängel könnte
man vielleicht auf dem türkischen Buchmarkt tolerieren, was stark zu bezwei-
feln ist, doch gewiss nicht auf dem deutschen Buchmarkt. Der Autor des Buches,
Seyyid ʿAlī Hosafci, dem Allah ein langes und gutes Leben gewähren soll, inve-
stierte viel Arbeit in dieses Buch und brachte es mit eigenen finanziellen Mittel
zum Druck. Möge Allah ihn dafür belohnen! Er verfasste und sammelte dieses
Werk mit Hilfe der ansässigen Gelehrten. Ich habe mit seiner Erlaubnis einige
Themen, die ich im Rahmen des Themas nicht als angemessen erachtet habe,
herausgenommen und habe viele Details hinzugefügt und einige Stellen gekürzt
und ergänzt. Im Großen und Ganzen habe ich das Buch um viele Zitate, detail-
liertere Erklärungen und Widerlegungen bereichert. Das Buch hat nun, so hoffe
ich, einen logischen Aufbau und alle Themen werden ohne Wiederholungen und
unnötige Ausschweifungen erklärt.
Ist dieses Buch die Antwort auf alle Zweifel, Einwände und Probleme der
Wahhabiten mit den genannten Themen? Sicher nicht. Nicht umsonst werden
im arabischen Sprachraum weiterhin etliche Bücher über dieses Thema verfasst
und die Diskussionen mit den Wahhabiten halten an. Die Kernaussage dieses Bu-
ches jedoch, auch wenn man alle Qurʾānverse und Aḥadīth ignorieren oder sie
anders deuten würde ist, dass die Gelehrten des Islams niemals diese Taten aus
der Perspektive des Wahhabismus betrachtet haben, sondern ganz im Gegenteil,
sie selbst haben diese Taten befürwortet und praktiziert. Erst der Wahhabismus,
bzw. Muḥammad b. ʿAbd al-Wahhab bezeichnete gewisse Praktiken als Schirk.
Der bewanderte Leser wird sich fragen, wieso die Themen der Glaubensin-
halte (ʿAqidah), die Themen der Gottesdienste und des Rechts (Fiqh) und die The-
men des Taṣawwuf nicht behandelt werden. Das Thema „wahhabitische ʿAqīdah“,
oder anders ausgedrückt, der Glaube der Gott vermenschlicht und ihm die Ma-
kel der Schöpfung anhand der Fehlinterpretation mehrdeutiger Verse zuschreibt,
wird in diesem Buch nicht behandelt, da dieses Thema mehrere eigenständige Bü-
cher füllen würde. Dies betrifft auch die Themen des Befolgens der Rechtsschu-
len, des Vertrauens in die Gelehrten, des Sufismus, des Ursprungs des Sufismus
usw. Einige Bücher über diese Themen wurden schon veröffentlicht, darunter
das schon erwähnte „al-Fiqh al-Akbar“ des Imam Abu Hanifa, übersetzt von Ali
Ghandour, und das Buch „Das Ṣūfītum“ von Scheich Nūḥ Ha Mim Keller, übersetzt
von Abdullah Frank Bubenheim. Diese Bücher sind hinsichtlich der Problematik
jedoch seicht und gehen nicht zu sehr ins Detail und stellen keine Widerlegung
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
dar. Die Studie von Mohammad Gharaibeh: „Zur Attributenlehre der Wahhābīya
unter besonderer Berücksichtigung der Schriften Ibn ʿUṯaimīns (1929 – 2001)“,
erschienen in der Reihe der „Bonner Islamstudien“, beim EB-Verlag, geht intensiv
auf die Vermenschlichung Gottes von Seiten der Wahhabiten ein und ist ein sehr
empfehlenswertes Buch, welches man zum Thema ʿAqīdah heranziehen sollte.
Diese Themen wurden in den Anhängen des Buches kurz aber für den verstän-
digen ausreichend behandelt.
Dieses Buch konzentriert sich voll und ganz auf das Hauptproblem und den
Entstehungsgrund der wahhabitischen Spaltung. Die Probleme mit den Rechts-
schulen gehen vielmehr auf Raschid Rida und Muḥammad ʿAbduh zurück als auf
Muḥammad b. ʿAbdulwahhab, über den es verschiedene Ansichten diesbezüglich
gibt und die ʿAqīdah der Vermenschlicher ist ein Problem, das schon seit der Ent-
stehung der Karamīyyah durch Muḥammad b. al-Karam besteht und von großen
Gelehrten wie Imam al-Ghazzālī ausführlich behandelt und widerlegt wurde. Ibn
Taymiyyah hat das Problem neu belebt und die Vermenschlichung geschickt ver-
schleiert und viel undeutlicher ausgedrückt. Man sieht, dass all dies viel tiefere
Themen sind, als dass man sie hier behandeln könnte.
Muhammad b. ʿAbdulwahhābs Bewegung bestand daraus, die Muslime zu
Kuffār zu erklären, wegen eben jenen Themen, die in dem Buch behandelt wer-
den. Aus dem Takfīr der sunnitisch-islāmischen Gemeinschaft resultierte kon-
sequenterweise auch das Bedürfnis einer Neuinterpretation, da ja die vorheri-
gen Gelehrten alle in der Irre waren. Daraus entstand dann die heutige Form des
Wahhābismus, welche ich oft als eine Ansammlung aller jemals in der islamischen
Geschichte hervorgekommenen falschen Meinungen und Ansichten bezeichne. Als
falsch sind alle Ansichten zu erachten, die nicht von den sunnitischen Gelehrten
stammen und die nicht mindestens in einer der vier Rechtsschulen zu finden sind.
Ist das Buch ‚unwiderlegbar‘? In seiner Gesamtheit sicherlich nicht, denn die
Botschaft, die dieses Buch vermittelt, ist, dass die sunnitische Gemeinschaft (Ahl
as-Sunna) seit jeher diese Taten akzeptiert hat und sie auf der Stufe der gottes-
dienstlichen Handlungen und des Rechts betrachtete und sie nicht zu Glaubensthe-
men erhöhte. Dass alleine schon Ahadith in die große Hadithliteratur ohne sie
als Fälschung zu klassifizieren aufgenommen wurden, von Menschen, die wir als
Genies bezeichnen können und die in ihrer Frömmigkeit und ihrem Wissen uns
Muslimen heute meilenweit voraus waren, sollte Grund zum Nachdenken sein,
denn ein angeblicher Ausspruch des Propheten, der den klaren Glaubensinhal-
ten des Islams, dem Monotheismus, widerspricht, würde nie und nimmer von ei-
nem Gelehrten anders als „gefälscht“ eingestuft werden.
17
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Natürlich wird man in diesem Buch auch einige inhaltliche Fehler finden, doch
man soll sich bewusst sein, dass keiner dieser Fehler auch nur im Geringsten die
Hauptbotschaft dieses Buches schmälert. Der Autor und ich sind nur Menschen
und wir machen Fehler, und auch in der Erörterung der Überlieferungsketten
des Ḥadīth können Fehler aufgetreten sein. Kein Buch dieser Welt, augenommen
der Qurʾān, ist unantastbar.
Wird es Widerlegungen zu diesem Buch geben? Bestimmt - doch die Men-
schen haben auch versucht den Qurʾān zu widerlegen und gegen ihn geschrieben.
Hat das dem Qurʾān in irgendeiner Weise geschadet oder auch nur ansatzweise
seine Glaubhaftigkeit angetastet? Nein, hat es nicht, und dies wird auch niemals
geschehen. Wir wollen damit nicht sagen, dass dieses Buch dem Quran gleiche,
sondern wollen darauf hinweisen, dass eine versuchte Widerlegung eines Buches
nicht auch immer sofort überzeugend und gelungen sein muss. Bücher, die versu-
chen andere zu widerlegen, sind in der islamischen, ja gar in der Menschheitsge-
schichte etwas vollkommen Normales und es wird sie geben - doch der einsichtige
Leser soll sich bewusst machen, dass die Ketzer (Ahl al-Bidʿa) immer und immer
wieder ihr falsches Verständnis des Qurʾāns, der Aḥadīth und der Gelehrtenaus-
sagen benutzen, um Zweifel im Menschen zu wecken. So hat schon Muḥammad
b. ʿAbdulwahhab, der Gründer des Wahhābismus, Aussagen der ʿUlama falsch
verstanden und manche sogar absichtlich verfälscht. Sein Bruder Sulaymān b.
ʿAbdulwahhab, der im bewaffneten Kampf gegen seinen kleinen Bruder gefan-
gen genommen wurde und der unmenschlichen Folter seines Bruders erlag, hat
in seiner Widerlegung seines Bruders darauf hingewiesen.
Die Fälschung der islamischen Literatur und der Werke der Gelehrten ist
unter den Sekten eine verbreitete Herangehensweise. So sehen wir, dass Bücher
von wahhabitischen Verlägen verfälscht und gekürzt werden - dies betrifft so-
wohl Originale, als auch Übersetzungen. So ist es bekannt, dass einige, den wah-
habitischen Glaubensinhalten widersprechenden Inhalte, Schriften und Bücher
verfälscht wurden. Berühmte Beispiele hierfür sind Ibn Kathīrs Tafsīr, Imām al-
Nawawīs Bücher, Ibn Hajar al-ʿAsqalānīs Bücher, sogar Ibn Taymiyyahs Bücher
– zwei Bände seines Majmūʿ al-Fatāwā wurden einfach unterschlagen. Nämlich
die Bücher über den authentischen Taṣawwuf/Sufismus.
Deswegen sollte man auch auf dem deutschen Buchmarkt sehr vorsichtig
sein, welche Bücher man liest und von welchen Verlagen man die Bücher be-
zieht. Leider ist die deutsche Jugend so arm an Büchern, die Wissen vermitteln
und motivieren, dass es außer den schwer zugänglichen Übersetzungen der Ori-
entalisten kaum nennenswerte Alternativen gibt. Einige wenige Verlage veröf-
fentlichen sunnitische Bücher, doch leider sind oftmals die Qualität der Überset-
zung und des Buchdrucks stark zu bemängeln.
18
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Mein Vorgehen bei der Übersetzung sah so aus, dass ich versucht habe so
wörtlich wie möglich und so sinngemäß wie nötig zu übersetzen. Ich habe ver-
sucht im Buch so wenig arabische Fachbegriffe wie möglich zu benutzen, auch
wenn es mir oft schwerfiel ein in der deutschen Sprache mögliches Synonym zu
finden. Manchmal war es jedoch unausweichlich. Eulogien wie s.w.t. oder s.a.w.
habe ich des Leseflusses wegen ins Deutsche übersetzt, habe aber das Sayyiduna
(Unser Hochgeehrter, Verehrter, etc…) beibehalten.
Bei der Umschrift richtete ich mich nicht nach der DMG, sondern nach der
englischen Umschrift, da ich der Überzeugung war, dass diese dem Leser ange-
nehmer ist als die der DMG. Ich habe versucht alle arabischen Namen, Buchtitel
usw. mit ihrer Umschrift zu schreiben, doch sicherlich habe ich hier und da Eini-
ges vergessen oder falsch geschrieben.
Bei den Anhängen, wenn ich sie Webseiten entnommen habe, ließ ich die
Umschrift so, wie vorgefunden. Mein Dank gebührt an dieser Stelle H. Citlak,
Ali Ghandour und allen anderen Übersetzern, die für www.ahlu-sunnah.de und
www.sunnanet.de tätig waren und sind. Sie waren so freundlich, mir Bestand-
teile ihrer Übersetzungen zu überlassen und haben mir somit viel Arbeit erspart.
Nach Vollendung meines Werkes sandte mir der Autor die neueste Edition
des Buches zu – leider um viele Wochen zu spät. Einige Ahadith wurden dort noch
detaillierter behandelt als in dieser Edition und zwei oder drei Ahadith ausge-
tauscht und hinzugefügt. Leider war es mir zeitlich und finanziell nicht möglich
diese Änderungen noch vorzunehmen.
Gewidmet ist dieses Buch den Gelehrten der Ahl us-Sunna, im Glauben daran,
ihre Botschaft und ihre Methodologie hier wiederzugeben, und insbesondere
widme ich es allen Gelehrten, die im Kampf gegen die wahhabitische Sekte das
höchste Opfer, nämlich ihr eigenes Leben, gaben und hoffe, dass dieses Buch nicht
das letzte seiner Art sein wird, sondern nur einen Anfang darstellt und schon bald
detailliertere Bücher folgen werden und die Umma aus ihrer Passivität erwacht.
Meine einzige Bitte an den Leser ist es, dass er meine Familie, mich und je-
den, der an diesem Werk beteiligt war, in seine Bittgebete einschließt und eine
Fatiha für ihre Seelen liest. Möge Allah all jene, die dieser Bitte nachgehen, mit
dem höchsten Belohnen. Amin.
As-Salāmu ʿalaykum,
Muhammed F. Bayraktar
14. August 2012
Nürnberg
26. Ramaḍān, im Iʿtikāf nach dem ʿAsr.
19
Takfīr
d
Kufr wird von der Wortwurzel (K-F-R / ) abgeleitet und bedeutet lexika-
lisch ‚das Verdecken einer Sache‘, weswegen derjenige, der den Glauben in sei-
nem Herzen verdeckt und keinen Īmān hat als Kāfir bezeichnet wird. So bezeich-
net man auch den Bauern, weil er den Samen mit Erde ‚verdeckt‘ und die Nacht,
weil sie alles in Finsternis hüllt, als Kāfir.1
Takfīr ist ein Prädikat und bedeutet, einer Person den Kufr zuzuschreiben,
sie als Kāfir zu erachten oder zu bezeichnen.2
Takfīr wurde seit Anbeginn der islamischen Geschichte von einigen Gruppie-
rungen als Waffe missbraucht. Seit dem Anfang des ersten Jahrhunderts wird bis
heute darüber diskutiert, welcher Glaube und welche Aussagen, welche Handlun-
gen und welches Benehmen einen aus dem Rahmen des Īmān werfen.3
Einige Muslime beschuldigten andere Muslime als Kuffār und legten Qurʾānverse
sowie Aussagen des Propheten - Segen und Friede seien auf ihm - vor, um ihre
Behauptungen zu beweisen. So spalteten sich die Muslime in verschiedene Grup-
pen auf, mit dem Resultat, dass die für den Islām dargebrachten Leistungen von-
einander getrennt und die Muslime schwächer wurden. Dies führte dazu, dass
die Gegner des Islām stärker wurden, was wiederum die Muslime schwächte und
Grund für ihre Ausbeutung wurde.
Das Schlimme ist, das eine jede Seite der Annahme verfiel, sie wäre im Recht
und würde nur versuchen, die Muslime auf der anderen Seite zu retten, wodurch
sie mit einer intensiveren Leidenschaft und Motivation die anderen mit Unglaube
beschuldigten und gegen sie kämpften, doch Allah - Erhaben und Makellos ist Er
– verbietet uns eine solche Art des Kampfes.
21
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
اهلل َم َع َِ
َ اصب ُِروا إ َِّن
ْ رِيح ُك ْم َو
ُ اهلل َو َر ُسو َل ُه َوال َت َن َاز ُعوا َف َت ْف َش ُلوا َو َت ْذ َه َب
َ يعوا ُ َوأط
ِرِين
َ الصاب
َّ
„Und gehorcht Allah und Seinem Gesandten und hadert nicht miteinander, da-
mit ihr nicht versaget und euch die Kampfkraft nicht verlässt. Seid geduldig; wahr-
lich, Allah ist mit den Geduldigen.“4
ِ ِ ِ ِ ِ
ً َو ْاع َتص ُموا ب َِح ْب ِل اهلل َجميع ًا َوالَ َت َف َّر ُقوا َوا ْذ ُك ُروا ن ْع َم َة اهلل َع َل ْي ُك ْم ِإ ْذ ُك ُنت ْم أَ ْع َد
آء
النارِ َفأَ ْن َق َذ ُكم ِ ٍ ِِ ِ
ْ َّ ِك ْم َفأَ ْص َب ْح ُت ْم بِن ْع َمته إ ِْخ َوا ًنا َو ُك ُنت ْم َع َلى َش َفا ُح ْف َرة م َن ُ َفأَ َّل َف َب ْي َن ُق ُلوب
َ ذال َك يُ َب ّي ُِن اهللُ َل ُك ْم َآي ِات ِه َل َع َّل ُك ْم َت ْه َت ُد
.ون ِ ِم ْنها َك
َ
„Und haltet insgesamt an Allahs Seil fest, und zerfallet nicht, und gedenket der
Gnade Allahs gegen euch, da ihr Feinde wart, und Er eure Herzen so zusammen-
schloss, dass ihr durch Seine Gnade Brüder wurdet; und da ihr am Rande einer Feu-
ergrube wart, und Er euch ihr entriss. So macht Allah euch Seine Zeichen klar, auf
dass ihr euch rechtleiten lassen möget.“5
اهلل َف َتبينُوا َوال َت ُقولُوا ِل َم ْن أَ ْل َقى ِإ َلي ُكم ِ ِيل ِ ين َآمنُوا ِإ َذا َض َر ْب ُت ْم ِفي َسب ِ
ُ ْ َّ َ َ َيا أَ ُّي َها ا َّلذ
ِ الد ْنيا َف ِعند
اهلل َم َغ ِانم َك ِثيرةٌ َك َذ ِل َك ُك ْن ُتم َ الم َل ْس َت ُم ْؤ ِم ًنا َت ْب َت ُغ
ْ َ ُ َ ْ َ ُّ ون َع َر َض ا ْل َح َي ِاة َ الس َّ
ِ
.ون َخبِيرا
ً َ ان ب َِما َت ْع َم ُل َ م ْن َق ْب ُل َف َم َّن اهللُ َع َل ْي ُك ْم َف َت َب َّينُوا ِإ َّن
َ اهلل َك
4 8/46: In diesem Vers wird erklärt, dass Spaltung und Streit unter Muslimen ein großer Scha-
den ist und der Zusammenschluss derer, die sich auf der Wahrheit befinden, der Hauptgrund
für den von Gott gewährten Erfolg ist. (Prof. Dr. Suat Yıldırım Meâli)
5 3/103: Vor dem Islām besaß das Leben eines Menschen keinen Wert mehr und so wurden
Menschen wegen Kleinigkeiten mitleidlos getötet und Kriege zwischen Stämmen sowie Blut-
fehden fanden kein Ende. So befanden sich die von Aws und Khazraj seit 120 Jahren im Krieg,
doch durch den Islām wurden sie Brüder. (Prof. Dr. Suat Yıldırım Meâli)
22
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„O ihr, die ihr glaubt, wenn ihr auszieht auf dem Weg Allahs, so stellt erst gehö-
rig Nachforschungen an und sagt zu keinem, der euch den Friedensgruß bietet: „Du
bist kein Gläubiger.“ Ihr trachtet nach den Gütern des irdischen Lebens, doch bei Al-
lah ist des Guten Fülle.“6
6 4/94
23
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Jarīr - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – überlieferte: „Der Gesandte Allāhs
- Segen und Friede seien auf ihm – sandte mich nach Jemen, damit ich dort die
Menschen zum Islām einlade. Er befahl mir, gegen sie Krieg zu führen, wenn sie
den Islām nicht annehmen würden und sagte: „Wenn sie Lā ilāha ill Allāh spre-
chen, wird ihr Hab und Blut für mich Ḥarām.““7
Jābir - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – überlieferte, dass der Gesandte
Allahs - Segen und Friede seien auf ihm – sagte: „Wer Lā ilāha ill Allāh spricht,
dessen Gut und Blut wird für mich Ḥarām, außer bei dreien: bei dem, der die Reli-
gion verlässt, bei dem Verheirateten, der Unzucht begeht, und dem, der zu Unrecht
jemanden tötet.“8
Jābir - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – überlieferte: Zum Gesandten Al-
lahs - Segen und Friede seien auf ihm – kam ein Mann und sprach: „Ich habe ei-
nen Nachbarn, der ein Heuchler ist, und er tut dies und jenes.“ Der Gesandte Al-
lahs - Segen und Friede seien auf ihm – fragte: „Sagt er Lā ilāha ill Allāh?“, was
der Mann bejahte. Daraufhin sprach er - Segen und Friede seien auf ihm - : „Diese
darf ich nicht töten.“9
„Jene, die wie wir beten, die sich zu unserer Gebetsrichtung wenden und, die un-
ser Geschlachtetes verspeisen, stehen unter dem Schutz Allahs und seines Gesandten.
So brecht das Versprechen und den Schutz Allahs nicht, indem ihr solche tötet!“10
„Wenn zwei Muslime mit Schwertern aufeinander losgehen, werden beide im
Feuer sein – Der Tötende und der Getötete!“ Die Gefährten fragten: „O Gesandter
Allahs! Weshalb der Tötende [im Feuer sein wird] haben wir begriffen, doch wieso
auch der Getötete?“, woraufhin der Gesandte Allahs antwortete: „Denn auch er
trug den Wunsch in sich seinen Bruder zu töten!“11
24
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„Wenn jemand zu seinem muslimischen Bruder: ‚Kāfir!‘ sagt, dann wird wahr-
haftig dieses Wort zu Einem der Beiden gelangen. Wenn derjenige, der damit be-
schuldigt wurde, wirklich ein Kāfir ist, dann gelangt dieses Wort zu ihm. Doch sollte
dies nicht zutreffen, dann kehrt der Kufur auf denjenigen zurück, der dieses Wort
gesprochen hat.“12
„Einen Muslim zu kritisieren und zu beleidigen ist offenkundige Sünde (fisq)
und gegen ihn zu kämpfen ist Kufr.“13
„Das Blut, Gut und die Ehre eines jeden Muslims ist dem anderen Ḥarām.“14
25
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Imām al-Ghazālī (gest. 505/1111) - möge Allah barmherzig mit ihm sein - sagte:
„Gemäß uns (den Sunniten) gibt es keinen einzigen eindeutigen Beweis aus Qurʾān
und Sunnah (naṣṣ), dass Deutungsfehler (Taʾwīl) Takfīr erfordern. Somit müssen all
jene, die eine solche Behauptung vorlegen, ihre Beweise darlegen. Es gibt eindeutige
Beweise, dass Blut und Gut desjenigen, der Lā ilāha ill Allāh spricht, geschützt sind.“
Imām Abū Ḥanīfah (gest. 150/767) - möge Allah barmherzig mit ihm sein
– sagte:
„Einer der Fehler der Erneuerer ist, dass sie sich gegenseitig mit Unglauben be-
zichtigen. Einer der Vorzüge der Sunniten, dass sie sich gegenseitig bei Fehlern nicht
mit Unglaube bezichtigen.“15
Imām al-Schāfiʿī (gest. 204/819) - möge Allah barmherzig mit ihm sein – sagte:
„Ich lehne das Glaubensbekenntnis von keinem der Erneuerer und derer, die ih-
ren Gelüsten folgen, ab.“
Ibn Taymiyyah (gest. 728/1328) - möge Allah barmherzig mit ihm sein – ist
jemand, der einige muslimische Gelehrte wegen bestimmten Ansichten mit Un-
glauben bezichtigte und der aufgrund seiner Meinungen, die den Auffassungen
der Mehrheit der Gelehrten entgegenstehen, in den Kerker geworfen wurde. Den-
noch spricht er über Takfīr folgendes:
„Es ist nicht gestattet irgendeinen Muslim wegen seiner Taten oder wegen eini-
ger Fehler in irgendeinem Thema, über das diejenigen diskutieren, die sich Richtung
Qibla wenden, des Unglaubens zu bezichtigen. Obwohl die Altvorderen über viele The-
men diskutierten, sieht man dennoch nicht, dass sie irgendeine bestimmte Person mit
Unglaube oder offenkundiger Sünde, ja nicht einmal mit Auflehnung beschuldigten.“16
Eine Person kann für eine Tat, die sie begeht und von der man annimmt, dass
sie falsch ist, einen gegenteiligen Hinweis (dalīl) in der Hand haben. Es kann sein,
dass die Person es anders gedeutet hat. Sogar wenn seine Deutung fehlerhaft ist,
15 Fiqh al-Akbar, Scharh des ʿAlī al-Qārī, S. 429; Baghdādī, al-Farq, S. 119
16 Majmūʿu al-Fatāwā, 12/180
26
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
kann diese Person nicht des Unglaubens bezichtigt werden. Die Deutung verhin-
dert sogar die offenkundige Sünde (fisq). ‚Ein Fehler des Ijtihād17 wird nicht als
Ungehorsam verstanden.‘
Die Sekte der Khawārij, die sich unbeirrbar an die äußeren Bedeutungen der
Texte klammerte und die tieferen Bedeutungen der Qurʾānverse und Worte des
Propheten nicht auffassen konnte, stützte sich auf den Qurʾānvers: „
/ Das Richten gehört nur Allāh.“18, und sprachen zu Sayyidunā ʿAlī (gest. 40/661) -
möge Allāh mit ihm zufrieden sein -, der in der Schlacht von Ṣiffīn sich als Richter
einsetzen ließ: „Oh ʿAlī! Wenn du, während das Buch Gottes unter uns ist, dir an-
maßt der Richter der Menschen zu werden und Urteil über sie zu sprechen, dann
werden wir dich töten und somit das Wohlgefallen Gottes erreichen!“ Wenn Sie
Acht geben, werden Sie sehen, dass sie damit das Wohlgefallen Allāhs anstrebten.
Auch heute bereuen jene, welche die Muslime des Unglaubens bezichtigen,
ihre Taten nicht, denn ihre Bezichtigungen stützen sie auf Qurʾānverse und be-
haupten, damit das Wohlgefallen Allāhs zu erlangen.
Die Sekte der Khawārij behauptete, dass Sayyidunā ʿUthmān (gest, 35/656),
Sayyidunā ʿAlī, Sayyidunā Ṭalḥa (gest. 36/656), Sayyidunā Zubayr (gest. 36/656),
Sayyida ʿĀʾischa (gest. 58/678) und Sayyidunā Ibn ʿAbbās (gest. 68/687)– möge
Allāh mit ihnen allen zufrieden sein! – und alle Muslime, die ihre Ansichten tei-
len, dem Unglauben verfallen seien, auf ewig im Feuer verweilen werden, dass
ihre Ermordung gestattet und ihre Besitztümer Kriegsbeute seien. Auch heute
gibt es Menschen, die mit dem Gedankengut der Khawārij die Muslime mit Un-
glauben bezichtigen.
ʿAbdullah b. ʿUmar - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – sprach über die
Khawārij: „Sie wenden die Qurʾānverse über die Götzendiener bei Muslimen an.“ 19
Die Khawārij und die Mu’tazila urteilten nach dem äußeren des Qurʾānverses:
„Wer nicht mit dem urteilt, was Allāh offenbarte, ist wahrhaftig ein Kāfir.“, und be-
haupteten, dass derjenige, der diese Urteile zwar mit seinem Herzen akzeptiert,
aber nicht gemäß dieser Urteile handelt, ein Kāfir ist.
17 Ein Fachbegriff des islamischen Rechts und umfasst das Verfahren zur Rechtsfindung durch
eine unabhängige Interpretation der beiden Rechtsquellen, des Qurʾān und der Sunnah. Das
Gegenteil von Ijtihād ist Taqlīd, „Imitation“/„Nachahmung“. Jeder Anwender des Ijtihād muss
ein Gelehrter des islamischen Rechts mit tiefgehendem Wissen sein.
18 12/40
19 Bukhārī, Istitaba, 6
27
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
So haben jedoch die Theologen der Sunniten diesen Qurʾānvers wie folgt in-
terpretiert: „Wer es als Ḥalāl sieht mit einem anderen Gesetz als dem Gesetz Allahs
zu urteilen.“20, also, wer die Gesetze Allahs als falsch anerkennt, ist ein Kāfir.21
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – gebietet:
ِ ِِ
ون
َ ين َما َل ُك ْم َك ْي َف َت ْح ُك ُم َ أَ َف َن ْج َع ُل ا ْل ُم ْسلم
َ ين َكا ْل ُم ْجرِم
„(Oder) sollen wir (etwa) diejenigen, die (Allah) ergeben sind, den Sündern gleich-
setzen? Was ist denn mit euch? Wie urteilt ihr (so verkehrt)?“22
Wenn wir auf die heutigen muslimischen Gruppen sehen, die sich gegenseitig
des Unglaubens bezichtigen, dann können wir die oben von den Gelehrten ange-
führten Bedingungen nicht in ihrer Vollkommenheit vorfinden, denn:
1. Beide Gruppen finden ständig in ihren Hinweisen Argumente für sich
selbst und ergeben sich nicht dem Anderen.
2. Beide Gruppen pflegten die Qurʾānverse und Aussprüche des Prophe-
ten nach ihrem eigenen Verständnis zu interpretieren und zu deuten.
2. Beide Gruppen bevorzugen den Kufr nicht und beabsichtigen ihn auch
nicht.
4. Beide Gruppen haben gute Absichten und zu welcher Gruppe man auch
geht, beide antworten verständlich.
So bedeutet für einige Muslime, die der Krankheit des Takfīr verfallen sind,
die Stärkung und die Einheit im Islām nicht so viel wie ihr eigener Gewinn in Dis-
kussionen, die sie mit anderen Muslimen führen. Diese Leidenschaft, die von gu-
ter Absicht zeugt, führt sogar soweit, dass bei der Übersetzung der Bücher der
eigenen Gelehrten Ansichten und Meinungen, die der eigenen widersprechen,
herausgenommen oder verändert werden. Wenn der Mukaffir (Takfir-Ausspre-
cher) bei der Durchforstung anderer Bücher auf Hinweise stößt, die ihm in der
Diskussion Probleme bereiten könnten, versteckt er diese vor Gleichdenkenden
und Andersdenkenden, und übertreibt im Takfīr zu weit. Wenn diesem kranken
Muslim Hinweise aus den Büchern seiner eigenen Gelehrten dargelegt werden,
spricht er: „Mein Gelehrter ist auch nur ein Mensch und kann Fehler begehen.
Mein eigentlicher Maßstab ist Qurʾān und Sunnah.“, und versucht dann seine ei-
genen Meinungen als die richtigen darzustellen. Wenn zu ihm gesagt wird, dass
sein Gelehrter Aussprüche des Propheten als Hinweis anführt für seine Ansicht,
wird er nur zornig und wiederholt seine Worte.
20 Al-Maturidī, Al-Tawḥīd, S. 348
21 Dieser Abschnitt ist aus dem Buch: İman Küfür Sınırı von Dr. Ahmet Saim Kılavuz
22 68/35, 36
28
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Muslime dieser Art gibt es nur wenig. Sie sind Menschen, die von den Fein-
den des Islām benutzt werden, um Zwietracht unter den Muslimen zu säen, oder
solche, die gute Absichten hatten, aber ihre Grenzen vergessen haben. Dies gilt
für beide Gruppen.
Die Heilung dieser Krankheit ist schwer, denn ebenso wenig wie wir ihre
Absichten kennen, haben wir die Kraft unter ihnen zu schlichten. In beiden Fällen
müssen diese Geschwister gewarnt, ihre Taten kritisiert und, wenn nicht anders
möglich, von der Gemeinschaft ausgeschlossen werden, da sie nämlich Einfluss
auf aufrichtige und reife Muslime innerhalb der Gemeinschaft haben und Jugend-
liche, welche neu in die Gemeinschaft finden mit ihrem Gedankengut des Takfīrs
vergiften können. Dies ist Dynamit für die Einheit und den Zusammenhalt, den
sich alle Muslime wünschen und, den alle anzustreben versuchen.
Wir bitten die Gelehrten auf beiden Seiten, dass sie ihre Gemeinden auf diese
Sachlage aufmerksam machen und dies besprechen. Allāh soll mit allen zufrie-
den sein. Amin.
Wie wir im nächsten Kapitel schreiben werden, sind die Bedingungen für
die Bezichtigung des Unglaubens der Muslime nicht gegeben und wir werden in
den zu erörternden Themen, so hoffen wir, alles versuchen, einen Mittelweg zu
finden. Beginnen wir nun mit einem der Themen, in denen es Meinungsverschie-
denheit gibt: Können Tote hören oder nicht?
[Siehe Anhang I für mehr!]
29
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Dieses Thema, ob die Toten nun hören können oder nicht, interessiert uns
aufgrund der hieraus folgenden Themen, die damit verbunden sind wie z. B. das
Anwenden der Vermittlung (Tawassul), das Ersuchen der Hilfe (Istighātha), das
Vorstellen eines spirituellen Lehrmeisters (Rābīṭa) und das Thema der Fürspra-
che (Schafāʿa) sowie andere Themen. So muss man die Ansichten der Befürwor-
ter und der Gegner darlegen und erörtern.
Die Hinweise (dalāʾil) derer, die behaupten, dass die Toten nicht hö-
ren können
Ein Salafī schreibt:
„Einige Menschen, weil sie denken, die Toten könnten uns hören und se-
hen, beten neben dem Grab des Toten, Umrunden und Küssen es, nehmen von
seiner Erde, flehen den Toten um Hilfe an, erbitten Versorgung, Gesundheit und
gar Kinder und wünschen sich von ihm, dass er sich um ihre Sorgen kümmere.
Ein solcher Grabesbesuch, welcher der Anbetung der Götzendiener ihrer Götzen
gleicht, ist durch einhellige Meinung der Imame keineswegs gestattet. Dies hat
weder der Gesandte Allahs, noch seine Gefährten, noch diejenigen, die diese sa-
hen (Tābiʿūn), noch irgendein Imām getan.23
Gemäß mehr als zehn Gefährten, wie ʿUmar b. al-Khaṭṭāb, Ibn ʿUmar und
Abū Ṭalḥa – möge Allāh mit ihnen allen zufrieden sein! – sprach der Prophet -
Segen und Friede seien auf ihm – nach der Schlacht von Badr zu den Leichen der
gefallenen Götzendiener:
يا ابا جهل بن هشام: فجعل ينادى باسمائهم واسماء آبائهم وقد جيفوا...
ويا عتبة بن ربيعة ويا شيبة بن ربيعة ويا وليد بن عتبة! أيسركم انكم اطعتم اهلل
فهل وجدتم ما وعدكم ربكم حقا؟،ورسوله؟ فانا قد وجدنا ما وعدنا ربنا حقا
23 Bid’at ve Müstehâb Kabir Ziyaretleri Bölümü, s. 49-51, Guraba Yayınları
30
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
يا رسول اهلل! ما تكلم من: فسمع عمر قول النبى صلى اهلل عليه وسلم فقال:قال
اجساد ال ارواح لها؟ وهل يسمعون يقول اهلل عز وجل (انك ال تسمع الموتى)؟
والذى نفس محمد بيده ما انتم باسمع:فقال رسول اهلل صلى اهلل عليه وسلم
وفى، واهلل انهم االن ليعلمون ان الذى كنت اقول لهم الحق،لما اقول منهم
غير انهم ال يستطيعون ان يردوا على شيئا، انهم ليسمعون:رواية
„Der Gesandte Allahs - Segen und Friede seien auf ihm – befahl nach der
Schlacht von Badr, dass die Leichen der 24 gefallenen Anführer der Quraisch ge-
meinsam begraben werden. Die Leichen wurden in eine Grube geworfen. Am
dritten Tag des Sieges kam der Prophet an diese Grube und rief: „Oh Abū Jahl b.
Hischām! Oh ʿUtba b. Rabīʿa! Oh Schayba b. Rabīʿa! Oh Walīd b. ʿUtba! Hättet ihr euch
dem Gesandten Gottes gebeugt, hätte dann dieser Glaube euch glücklich gemacht?
Wir haben bekommen, was unser Herr uns versprochen hat, habt ihr nun gesehen,
dass das Versprechen Gottes wahr ist?“
Die Gefährten des Propheten hörten diese Worte und Sayyidunā ʿUmar -
möge Allāh mit ihm zufrieden sein – sprach: „Oh Gesandter Allahs! Was sprichst
du zu diesen Leichen, die kein Leben mehr in sich tragen! Sie können doch nicht
hören. Gebietet Allāh denn nicht: „Du kannst die Toten nicht hörend machen?“24
Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – erwiderte: „Ich schwöre bei Allāh,
der Muḥammads Leben in seiner Hand hält, ihr hört meine Worte nicht besser als sie!
Sie haben jetzt im Augenblick verstanden, dass das, was ich sprach, die Wahrheit ist.
Sie können mich gerade hören, doch sie haben nicht die Kraft mir zu antworten.“25
Als dies Sayyida ʿĀʾischa - möge Allāh mit ihr zufrieden sein - berichtet
wurde, sagte sie, der Gesandte Allahs - Segen und Friede seien auf ihm - habe
folgendes gemeint: „Wahrlich, jetzt wissen sie (realisieren sie), dass das, was ich ih-
nen sagte, die Wahrheit ist.“, und rezitierte dann den Qurʾānvers: „Du kannst die
Toten nicht hörend machen.“26
Qatada - möge Allāh mit ihm zufrieden sein - , der diesen Ḥadīth überliefert,
sagte: „Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – flößte ihnen so viel Leben ein, so dass sie
dann erst fähig waren die kritisierenden, erniedrigenden, beschämenden, Sehnsucht
weckenden und Reue in die Herzen füllenden Worte des Gesandten Allahs zu hören.“
24 27/80
25 Muslim, al-Jannah, 76, 77, 78; Bukhārī, Maghāzī, 8; Nasāʾī, Janāiz, 117; Aḥmad b. Ḥanbal, Mus-
nad, I/26, 27
26 27/80
31
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Anas b. Mālik (g. 93/711) - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – überliefert,
dass der Gesandte Allahs - Segen und Friede seien auf ihm – sprach:
إ َِّن ا ْل َعب َد ِإ َذا ُو ِض َع ِفي َقبرِ ِه َو َت َو َّلى َع ْن ُه أَ ْص َح ُاب ُه إ َِّن ُه َلي ْس َم ُع َقر َع ِن َع ِالهِ م
ْ ْ َ ْ ْ
„Nachdem der Diener in sein Grab gelegt wird, während sich seine Freunde von
seinem Grab entfernen, hört er ihre Fußschritte.“27
Es gibt eine Übereinstimmung, dass dieser Ḥadīth, der auch von Abū Hu-
rayra - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – überliefert wurde, eine Ṣaḥīḥ (ge-
sunde) Überlieferungskette hat.28
In diesen Aḥādīth gilt das Gleiche: Sie hören nur für diesen kurzen Moment.
Diese und ähnliche klare Hinweise zeigen uns, dass eine tote Person keine
Wahrnehmung und keine Bewegung mehr besitzt, dass all dies bei einem Toten
nicht mehr vorhanden ist. Ihre Seelen sind gefangen, ihre Taten beendet und sie
können keine weiteren mehr vollbringen. Dies zeigt uns auch, dass eine verstor-
bene Person nicht einmal über sich selbst Verfügungsgewalt hat. Wenn eine tote
Person sich nicht einmal in ihrem eigenen Namen bewegen kann, wie soll sie es
dann im Namen einer anderen vermögen?!
ِ ِ
َ ِالد َع َاء ِإ َذا َو َّل ْوا ُم ْدبِر
ين ُّ الص َّم
ُّ َفإ َِّن َك ال ُت ْسم ُع ا ْل َم ْو َتى َوال ُت ْسم ُع
„Weder kannst du die Toten hörend machen, noch kannst du die Tauben den Ruf
hören lassen, wenn sie (Allah) den Rücken kehren…“29
32
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„…noch sind die Lebenden den Toten gleich. Wahrlich, Allah macht hörend, wen
Er will; und du kannst diejenigen nicht hörend machen, die in den Gräbern sind.“31
ِ ِ
َ ِالد َع َاء ِإ َذا َو َّل ْوا ُم ْدبِر
ين ُّ الص َّم
ُّ إ َِّن َك ال ُت ْسم ُع ا ْل َم ْو َتى َوال ُت ْسم ُع
„Du kannst die Toten weder hörend machen, noch kannst du bewirken, dass die
Tauben den Anruf hören, wenn sie (dir) den Rücken kehren…“32
31 35/22
32 27/80
33
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Hinweise derer, die behaupten, dass die Toten hören können
d
Hier die Ansichten Ibn Taymiyyahs über dieses Thema, der von Salafis oft
als Quelle für ihre Ansichten genannt wird:
Ibn Taymiyyah - möge Allah barmherzig mit ihm sein – antwortet auf eine
Frage: „Es ist wahr, dass der Tote Qurʾān, Dhikr und die Stimmen der Duʿāʾ, (die nach
seinem Dahinscheiden für ihn gelesen werden), vernehmen kann.“33
Ibn Taymiyyah antwortet in seinen Fatāwā auf die Frage: „Erkennen die Toten
ihre Besucher und begreifen sie, dass einer ihrer Bekannten gekommen ist?“: „Ja,
sie erkennen jene und begreifen es.“ Daraufhin führt er Berichte an, dass die Toten
sich treffen und, dass die Handlungen der Lebenden den Toten gezeigt werden.34
Ibn Taymiyyah - möge Allah barmherzig mit ihm sein – sagt, dass die Toten
im Grab reden und sie die Rede, die an sie gerichtet wird, vernehmen.35
Wenn jene, die sagen, die Toten können nicht hören, sagen, wir halten uns
an die äußere Bedeutung des Qurʾānverses: Du kannst die To-
ten nicht hörend machen.“36, erwidern wir:
Im nächsten Vers gebietet Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - :
َ نت ب َِه ِاد ا ْل ُع ْم ِى َع ْن َضالَ َل ِتهِ ْم إ ِْن ُت ْس ِم ُع ِإال َّ َم ْن يُ ْؤ ِم ُن ب َِآي ِات َنا َف ُه ْم ُم ْس ِل ُم
ون َ ََو َمآ أ
„Nur die wirst du hörend machen, die an Unsere Zeichen glauben und sich (Uns)
ergeben.“37
So müsste dann eurem Verständnis nach gemäß der äußeren Bedeutung
dieser Vers uns mitteilen, dass die Gläubigen hören können. Wenn wir es aus ei-
ner anderen Perspektive betrachten, stellen wir fest, dass hier mit ‚Hören‘ ‚ak-
zeptieren‘ gemeint ist.
33 Iqtiḍā al-Ṣirāṭ al-Mustaqīm, S. 378 – 379, Dār al-Maʿārifa, Beirut, 2004
34 Fatāwā al-Kubra, S. 207
35 Ibn Taymiyyah, Külliyâtı, IV, 240, (I-VIII c.), Tevhid Yayınları. (1998)
36 30/52
37 30/53
34
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ِ ِ
َ ِالد َع َاء ِإ َذا َو َّل ْوا ُم ْدبِر
ين ُّ الص َّم
ُّ َفإ َِّن َكال ُت ْسم ُع ا ْل َم ْو َتى َوال ُت ْسم ُع
„Weder kannst du die Toten (Kuffār, die aus deinen Worten keinen Nutzen
ziehen) hörend machen (ihnen die Wahrheit und Realität zeigen), noch kannst du
die Tauben (deren Herzen taub sind) den Ruf hören lassen, wenn sie (Allah) den
Rücken kehren…“38
َ نت ب َِه ِاد ا ْل ُع ْم ِى َع ْن َضالَ َل ِتهِ ْم إ ِْن ُت ْس ِم ُع ِإال َّ َم ْن يُ ْؤ ِم ُن ب َِآي ِات َنا َف ُه ْم ُم ْس ِل ُم
ون َ ََو َمآ أ
„…noch wirst du die Blinden (die wir so machten, weil sie die schlechte Wahl
trafen) aus ihrem Irrweg leiten können. Nur die wirst du hörend (für die Wahrhei-
ten) machen, die an Unsere Zeichen glauben und sich (Uns) ergeben (denn sie sind
die aufrichtigen Gläubigen).“39
„Du kannst die Toten nicht hörend machen“, bedeutet, du kannst die Kuffār
nicht zum Īmān leiten. Mit den Lebendigen sind jene gemeint, die Īmān haben. Es
gibt viele Qurʾānverse, die Metaphern folgender Art beinhalten:
اب اهللُ َع َليهِ م ثُم َع ُموا َو َص ُّموا َك ِثير ِ َ وح ِسبوا أَال َت ُك
ٌ َّ ْ ْ َ ون ف ْت َن ٌة َف َع ُموا َو َص ُّموا ثُ َّم َت ُ َ َ
َ ِم ْن ُه ْم َواهللُ َب ِص ٌير ب َِما َي ْع َم ُل
.ون
„Und sie dachten, dies würde keine Verwirrung zur Folge haben; so wurden sie
blind und taub. Dann wandte Sich Allah ihnen gnädig wieder zu; trotzdem wurden
38 30/52
39 30/53
40 36/70
41 7/57
35
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
viele von ihnen abermals blind und taub; und Allah sieht wohl, was sie tun.“42 Mit
‚blind und taub‘ ist hier der Unglaube der Kuffār gemeint.
ِين
ٍ الل ُمب َ الص َّم أَ ْو َت ْه ِدي ا ْل ُع ْم َي َو َم ْن َك
ٍ ان ِفي َض ِ
ُّ أَ َفأَ ْن َت ُت ْسم ُع
„Kannst du etwa die Tauben hörend machen oder die Blinden rechtleiten oder
den, der sich in einem offenkundigen Irrtum befindet?“43 Uns allen ist klar, dass die
Kuffār eigentlich nicht blind oder taub sind.
Von Abū Mūsā al-Aschʿarī - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – wird über-
liefert, dass der Gesandte Allahs - Segen und Friede seien auf ihm – sprach: „Der
Unterschied zwischen dem, der Allahs gedenkt und dem, der dies nicht tut, ist
wie der Unterschied zwischen dem Lebendigen und dem Toten.“44
Wie wir nun aus den bisher zitierten Versen und Aussprüchen des Propheten
sehen können, sind mit dem Vers: „ / Du kannst die Toten nicht
hörend machen.“ nicht wirklich die Toten gemeint, sondern die Kuffār selbst, de-
45
36
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Denn es wurde gesagt, dass, wenn sogar die Körperteile sich an verschiedene
Orte verteilen, er (der Tote) fähig ist das Gesagte zu vernehmen. Mit der Anrede
der Toten ist hier die Anrede der Seelen gemeint, die an den Körper gebunden sind.
37
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
und vom Aufruf zur Wahrheit, nachdem sie als Kuffār gestorben sind und in ih-
ren Gräbern liegen, kannst du diesen Götzendienern, die für die Verdammnis be-
stimmt sind, nicht helfen und kannst sie nicht leiten.“48
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – hat nicht gesagt, dass die Toten abso-
lut nichts vernehmen können. Ein vergleichbarer Vers ist folgender:
ِ ِ
َ ِالد َع َاء ِإ َذا َو َّل ْوا ُم ْدبِر
ين ُّ الص َّم
ُّ إ َِّن َك ال ُت ْسم ُع ا ْل َم ْو َتى َو ال ُت ْسم ُع
„Du kannst die Toten weder hörend machen, noch kannst du bewirken, dass die
Tauben den Anruf hören, wenn sie (dir) den Rücken kehren…“49 Dass die Toten und
die Tauben gleichermaßen die Einladung nicht vernehmen können, ist ein Hin-
weis dafür, dass beide nicht die richtigen Personen zur Einladung sind. Das heißt,
es ist sinnlos diesen beiden Sorten von Menschen, wenn sie tot und taub sind, et-
was zu erklären oder zu versuchen, dass sie etwas hören. Diese Ansicht ist kor-
rekt, doch dies schließt nicht aus, dass die Seelen, die nach ihrem Tod noch eine
Verbindung mit ihrem Körper haben, unfähig sind die Bekanntmachung ihres er-
niedrigenden Zustandes zu vernehmen.
Sie behaupteten:
„Anas b. Mālik (g. 93/711) - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – überliefert,
dass der Gesandte Allahs - Segen und Friede seien auf ihm – sprach:
إ َِّن ا ْل َعب َد ِإ َذا ُو ِض َع ِفي َقبرِ ِه َو َت َو َّلى َع ْن ُه أَ ْص َح ُاب ُه إ َِّن ُه َلي ْس َم ُع َقر َع ِن َع ِالهِ م
ْ ْ َ ْ ْ
„Nachdem der Diener in sein Grab gelegt wird, während sich seine Freunde von
seinem Grab entfernen, hört er ihre Fußschritte.“50
Es gibt eine Übereinstimmung, dass dieser Ḥadīth, der auch von Abū Hu-
rayra - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – überliefert wurde, eine Ṣaḥīḥ Über-
lieferungskette hat.51“
Sie interpretieren die Aussage im Ḥadīth: „er hört ihre Fußschritte…“ als ‚für
eine kurze Zeit‘. Gibt es im äußeren Wortlaut des Ḥadīth irgendetwas, was diese
Interpretation zulässt? Nein!
Imām Bukhārī überliefert von Abū Saʿīd al-Khudrī - möge Allāh mit ihm zu-
frieden sein -: Der Gesandte Allahs - Segen und Friede seien auf ihm - sprach:
„Wenn der Leichnam in den Sarg gelegt wird und die Männer ihn auf ihre Schultern
heben, dann sagt der Leichnam, wenn er denn ein Frommer war: „Beeilt euch und
48 Tafsīr Ibn Kathīr, Sūra 35/22
49 27/80
50 Muslim, Bukhārī, Janāiz, 67, Abū Dāwūd, Sunan, 27
51 Al-Baghawī, Scharḥ al-Sunna, III/279 (Ḥadīthnr. 1515)
38
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
bringt mich schnell an meinen Platz!“, wenn er jedoch kein Frommer war, ruft er:
„Schande auf euch! Wohin bringt ihr ihn (meinen Leichnam)?“ Alle außer den Men-
schen vernehmen diesen Ruf. Hätte der Mensch ihn vernommen, wäre er in Ohn-
macht gefallen.“52
Dieser Ḥadīth ist erstens ein Hinweis dafür, dass der Leichnam die Träger
wahrnimmt, zweitens, wahrnimmt, wie er selbst getragen und gehoben wird,
und drittens, vollkommen versteht und begreift, dass sein Ende entweder gut
oder schlecht ist.
So benutzt Ibn Taymiyyah - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – diesen
Ḥadīth als Hinweis dafür, dass die Toten allgemein hören:
„Es gibt keinen Zweifel darüber, dass die Toten Bescheid wissen über ihre
Besucher. Der Hinweis hierfür ist in den zwei Ṣaḥīḥ Büchern, Bukhārī und Mus-
lim, in denen der Gesandte Allahs - Segen und Friede seien auf ihm - sagt, dass
sobald die Menschen den Toten verlassen, ihre Fußschritte vom Toten wahrge-
nommen werden.“53
Sie sagen:
„Der Gesandte Allahs - Segen und Friede seien auf ihm – befahl nach der
Schlacht von Badr, dass die Leichen der 24 gefallenen Anführer der Quraisch ge-
meinsam begraben werden. Die Leichen wurden in eine Grube geworfen. Am
dritten Tag des Sieges kam der Prophet an diese Grube und rief: „Oh Abū Jahl b.
Hischām! Oh ʿUtba b. Rabīʿa! Oh Schayba b. Rabīʿa! Oh Walīd b. ʿUtba! Hättet ihr euch
dem Gesandten Gottes gebeugt, hätte dann dieser Glaube euch glücklich gemacht?
Wir haben bekommen, was unser Herr uns versprochen hat, und habt ihr nun gese-
hen, dass das Versprechen Gottes wahr ist?“
Die Gefährten des Propheten hörten diese Worte und Sayyidunā ʿUmar - möge
Allāh mit ihm zufrieden sein – sprach: „Oh Gesandter Allahs! Was sprichst du zu
diesen Leichen, die kein Leben mehr in sich tragen! Sie können doch nicht hören.
Gebietet Allāh denn nicht: „Du kannst die Toten nicht hörend machen?“54?“ Der
Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – erwiderte: „Ich schwöre bei Allāh, der
Muḥammads Leben in seiner Hand hält, ihr hört meine Worte nicht besser als sie!
Sie haben jetzt im Augenblick verstanden, dass das, was ich sprach, die Wahrheit ist.
Sie können mich gerade hören, doch sie haben nicht die Kraft mir zu antworten.“55
Zu diesem Hinweis, der eigentlich für unsere Ansicht spricht, sagten jene,
welche gegen das Hören der Toten sind:
52 Bukhārī, Janāiz, 108; Aḥmad b. Ḥanbal, 3/5804
53 Majmūʿu al-Fatāwā, 24/362
54 27/80
55 Muslim, al-Jannah, 76, 77, 78; Bukhārī, Maghāzī, 8; Nasāʾī, Janāiz, 117; Aḥmad b. Ḥanbal, Mus-
nad, I/26, 27
39
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Als dies Sayyida ʿĀʾischa - möge Allāh mit ihr zufrieden sein - berichtet
wurde, sagte sie, der Gesandte Allahs - Segen und Friede seien auf ihm - habe
folgendes gemeint: „Wahrlich, jetzt wissen sie (realisieren sie), dass das, was ich ih-
nen sagte, die Wahrheit ist.“, und rezitierte dann den Qurʾānvers: „Du kannst die
Toten nicht hörend machen.“56
40
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Sayyida ʿĀʾischa - möge Allāh mit ihr zufrieden sein – änderte ihre Ansicht
darüber. Der Hinweis hierfür sind die Worte des Imām al-Qasṭallānī in seinem
Buch al-Mawāhib al-Ladunniya:
„Es ist bemerkenswert, dass ein ähnlicher Ḥadīth wie der von Abū Ṭalḥa in
Ibn Isḥāqs al-Maghāzī zu finden ist, und zwar in der Überlieferung von Yūnus b.
Bukayr, die mit einer Ḥasan Überlieferungskette von Sayyida ʿĀʾischa kommt. In
diesem Ḥadīth heißt es: „ihr hört mich nicht besser als sie…“ Imām Aḥmad über-
lieferte diesen Ḥadīth mit einer Ḥasan Überlieferungskette.58
Vielleicht hat Sayyida ʿĀʾischa ihre Ansicht geändert, als die Überlieferung
vieler Gefährten sie erreichte und überlieferte dann später das Geschehen ge-
nauso wie die anderen. Der wesentliche Punkt ihrer Ablehnung war ihre Abwe-
senheit bei der Schlacht von Badr.
Eine der Überlieferungen, die bestärkt, dass sie ihre Meinung geändert hat,
ist die des Imām al-Tirmidhī:
„Als Sayyida ʿĀʾischa das Grab ihres Bruders ‘Abdurraḥmān b. Abī Bakr -
möge Allāh mit ihm zufrieden sein – besuchte, sprach sie ihn an und sagte: „Bei
Allāh! Wäre ich bei deinem Tod bei dir gewesen, dann hätte ich dich wahrlich
dort begraben, wo du gestorben warst! Wäre ich Zeuge deines Todes gewesen,
hätte ich dich nicht besucht.“59
Und was auch bestärkt, dass sie ihre Ansicht geändert hat, ist die Überliefe-
rung Imām Aḥmads von Sayyida ʿĀʾischa: „Nachdem der Gesandte Allahs - Segen
und Friede seien auf ihm – und Abū Bakr - möge Allāh mit ihm zufrieden sein
– in ihre Gräber gelegt wurden, entschleierte ich mich dort(da dies ihr Zimmer
war), denn der eine war mein Ehemann und der andere mein Vater. Als jedoch
Sayyidunā ʿUmar - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – dort begraben wurde,
schämte ich mich vor ihm und bedeckte mich.“60 (Ende des Auszuges)61
In dieser letzten Überlieferung von Sayyida ʿĀʾischa - möge Allāh mit ihr zu-
frieden sein – liegt ein Hinweis dafür, dass der Tote die Formen der Person am
Grab wahrnehmen kann.
Der große Imām jener, die das Hören der Toten ablehnen, Ibn Taymiyyah
- möge Allāh barmherzig mit ihm sein -, sagt in seinem Buch Kitāb al-Intiṣār fī
58 Aḥmad b. Ḥanbal, Musnad (25372); Haythamī, Majmāʿ al-Zawāʾid, 10023; Haythamī sagte:
„Dies überlieferte Imām Aḥmad und seine Überlieferer sind vertrauenswürdig.“
59 Tirmidhī, Janāiz, 60
60 Ähnliches von Imām Aḥmad (25560), berichtet von Haythamī in seinem Majmāʿ (14274), in
dem er sagt, dass die Überlieferer authentische Überlieferer sind und es Ibn Saʿd (3/364) und
Ḥākim (3/61) überlieferten.
61 Qasṭallānī, al-Mawāhib, 1/189; Er war der Imām, ʿAllāma, Faqīh, Muḥaddith, Aḥmad b. Ḥanbal
b. Muḥammad b. Abī Bakr Abū al-ʿAbbās Schihab al-Dīn al-Schāfiʿī, gest. 923 n.H..
41
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
al-Imām al-Aḥmad, dass es für Sayyida ʿĀʾischa keine Schuld darstellt, dass sie
nicht an das Hören der Toten in der Grube von Badr glaubte, denn sie hatte die-
sen Ḥadīth nicht vom Gesandten Allahs - Segen und Friede seien auf ihm – selbst
vernommen. Doch es sei eine Schuld, so Ibn Taymiyyah, wenn andere nicht daran
glauben.62
Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – tat uns kund, dass der Mensch,
wenn er seine Seele übergibt, nicht komplett die Verbindung mit dieser Welt ver-
liert und über einige Handlungen der Lebenden informiert ist.
„Anas b. Mālik (g. 93/711) - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – überliefert,
dass der Gesandte Allahs - Segen und Friede seien auf ihm – sprach:
إ َِّن ا ْل َعب َد ِإ َذا ُو ِض َع ِفي َقبرِ ِه َو َت َو َّلى َع ْن ُه أَ ْص َح ُاب ُه إ َِّن ُه َلي ْس َم ُع َقر َع ِن َع ِالهِ م
ْ ْ َ ْ ْ
„Nachdem der Diener in sein Grab gelegt wird, während sich seine Freunde von
seinem Grab entfernen, hört er ihre Fußschritte.“63
Es gibt eine Übereinstimmung, dass dieser Ḥadīth, der auch von Abū Hu-
rayra - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – überliefert wurde, eine Ṣaḥīḥ Über-
lieferungskette hat.64“
Um wieder hierauf zurück zu kommen, behaupteten die Leugner des Hörens,
dass dies sich auf den Beginn der Grabeszeit bezieht, bevor die Frageengel ihre
Fragen stellen. So bestehen sie darauf, dass der Tote nur für diesen einen kur-
zen Moment hören kann.
Doch diese Behauptung widerspricht der offensichtlichen Bedeutung des
Ḥadīth, denn es gibt darin wie erwähnt keine einzige Stelle, die eine solche In-
terpretation erlaubt. Im Gegenteil, aufgrund der Hinweise, die wir aufgelistet ha-
ben, dass der Tote ständig vernehmen kann, kann er auch im Grab noch hören.
Während es keine Überlieferung von unserem Propheten gibt, dass das Hö-
ren für einen kurzen Moment sei, stellt sich die Frage, auf was sich jene in ihrer
Interpretation stützen, die ein solches Urteil fällen?
Ibn Taymiyyah sagt in seinem Majmūʿu al-Fatāwā:
„Von Sayyida ʿĀʾischa und vielen anderen Prophetengefährten gibt es viele
Überlieferungen, dass die Toten sehen können. Der Moment, in dem Allāh wünscht,
dass die Seele wieder in den Körper hineinfährt ist so, wie das Herabsteigen ei-
nes Engels auf die Erde, das plötzliche Aufflackern eines Lichtes oder das abrupte
Erwachen eines Schlafenden; eine Angelegenheit von wenigen Sekunden. Diese
62 Minḥat al-Wahbiyya fī Radd ʿalā al-Wahhābiyya, S.15
63 Muslim, Bukhārī, Janāiz, 67, Abū Dāwūd, Sunan, 27
64 Al-Baghawī, Scharḥ al-Sunna, 3/279, Ḥadīthnr. 1515
42
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
قال رسول اهلل صلى اهلل:عن عبد اهلل بن عمرو بن العاص رضى اهلل عنه قال
إن أرواح المؤمنين لتلتقيان على مسيرة يوم وليلة وما رأى واحد:عليه وسلم
.منهما صاحبه
‘Abdullah b. ‘Amr b. al-ʿĀṣ - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – überliefert,
dass der Gesandte Allahs - Segen und Friede seien auf ihm – sagte: „Wahrlich, die
Seelen der Gläubigen, bevor sich ihre Besitzer noch sehen, begegnen sich schon
auf einer Entfernung von einem Tag und einer Nacht.“67
43
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Möglichkeit dessen wird durch viele Aḥādīth bestätigt. Der offensicht-
lichste Hinweis hierfür ist die Aussage des Propheten - Segen und Friede seien
auf ihm -:
: قال رسول اهلل صلى اهلل عليه وسلم:عن بكر بن عبد اهلل رضى اهلل عنه قال
تعرض، فإذا أنا مت كانت وفاتي خيرا لكم،حياتي خير لكم تحدثون ويحدث لكم
.على أعمالكم فإذا رأيت خيرا حمدت اهلل وإن رأيت شرا استغفرت اهلل لكم
Bakr b. ‘Abdullah - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – überliefert, dass der
Gesandte Allahs sagte: „Mein Leben ist ein Segen für euch: ihr legt neue Angele-
genheiten vor und neue Angelegenheiten werden für euch hervorgebracht. Mein Tod
ist ebenfalls ein Segen für euch: Eure Taten werden mir gezeigt und sehe ich Gutes,
preise ich Allah und sehe ich Schlechtes, dann ersuche ich um Vergebung für euch.“68
Dieser Ḥadīth wurde durch Ibn Masʿūd - möge Allāh mit ihm zufrieden sein
– in al-Bazzārs - möge Allāh barmherzig mit ihm sein –Musnad überliefert.
Der Sohn des Ḥāfiẓ al-ʿIrāqī sagte: „Die Überlieferungskette dieses Ḥadīth
ist sehr gut.“
Al-ʿIrāqī selbst sagte in seinem Ṭarḥ al-Tathrīb – seinem letzten Buch – dass
dieser Ḥadīth Ṣaḥīḥ ist, im Gegensatz zu seinem al-Mughnī ʿan Ḥaml al-Asfār, ei-
nem früheren Buch, in welchem er die Vertrauenswürdigkeit eines Überlieferers
der Kette al-Bazzars anzweifelt.
Ibn Ḥajar al-Haythamī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – sagte in sei-
nem Majmāʿ al-Zawāʾid: „Al-Bazzār hat diesen Ḥadīth überliefert und seine Über-
lieferer sind jene, die als Ṣaḥīḥ bekannt sind.“
68 Ibn Saʿd, al-Ṭabaqāt al-Kubra, 2/194; Ibn Ḥajar, al-Maṭālib al-ʿAliyya, 4/22; Haythamī, Majmāʿ
al-Zawāʾid, 8/594, Nr. 14250
44
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Imām al-Suyūṭī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – sagt über diesen
Ḥadīth in al-Khaṣāʾiṣ al-Kubrā und Manāḥil al-Ṣafā: „Er ist Ṣaḥīḥ.“, und al-Qasṭallānī
- möge Allāh barmherzig mit ihm sein – sagt dies ebenfalls in seiner Erläuterung
des Bukhārī, wie auch ʿAlī al-Qārī in seiner Erläuterung des al-Schifaʾ. Al-Zarqanī
bestätigt dies in seinem Scharḥ al-Muwaṭṭaʿ und seinem Scharḥ des Mawāhib al-
Laduniyya.
Schihāb al-Dīn al-Khafājī bestätigte dies in seiner Erläuterung des al-Schifaʾ.
So sagt der Scheich ‘Abdullah al-Talīdī in seinem Tahdhīb al-Khaṣāʾiṣ al-Kubrā, dass
die Überlieferungskette gemäß den Kriterien des Imām Bukhārī und Imām Mus-
lims gesund ist. Scheich Maḥmūd Mamdūḥ erörtert ihn lange in seinem Rafʿ al-
Manārah und erklärt ihn als gesund. Der Scheich der beiden Letzteren, Sayyid
‘Abdullah b. Ṣiddīq al-Ghumārī (gest. 1993), erklärt sie als gesund (sahih) in sei-
nem Schreiben Nihāyat al-āmāl biṣiḥḥat ḥadīth ʻArḍ al-aʻmāl.
Im Gegensatz zu all diesen Urteilen erklärt al-Albānī den Ḥadīth als schwach in
seinen Bemerkungen zu al-Qāḍī Ismāʿīls Faḍl al-Ṣalāt und in seinem Silsila al-Ḍaʿīfa.
Er wurde mit einer schwachen Kette durch Anas ebenfalls überliefert und
mit zwei gesunden unverbundenen (mursal) Ketten, in denen die Verbindung
zum Prophetengefährten fehlt, vom Tābiʿī Bakr ibn ‘Abdullah durch Ibn Saʿd und
Ismāʿīl al-Qāḍī (gest. 282) in seinem Faḍl al-Ṣalāt.
Die Überlieferung durch den Tābiʿī wurde als gesund erklärt von ʿAlī al-Qārī
in seinem Scharḥ al-Schifaʾ, von Scheich al-Islām al-Taqī al-Subkī in Schifaʾ al-Siqām
und in der Kritik Subkīs Buches, geschrieben von Muḥammad b. ‘Abd al-Hādī, al-
Ṣārim al-Munkī , trotz der übertriebenen Strenge und Rauheit, die der Autor zu
Tage legte, möge Allah ihm vergeben!
Doch was soll man nun tun mit jenen, die nicht ihren Glauben gemäß der
Aḥādīth revidieren, sondern die Aḥādīth gemäß ihrem Glauben wie al-Albānī de-
gradieren? Es ist ein Fehler diesen Ḥadīth als schwach herabzustufen. Doch wie
es im Ḥadīth heißt: „Verständnis in der Religion ist nur für Jene, für die Allāh Gu-
tes will.“, so kann man hiernach jenen, die sagen: „Ich erhoffe mir nach dem Tode
des Gesandten Allahs nichts von seiner Bitte um Vergebung.“, nur noch erwidern:
„Dem Verleugner wird nur Benachteiligung zuteil.“ So sehen wir doch, dass wir
nach dem Tod des Gesandten genauso wie in seiner Lebenszeit von seinen Bitt-
gebeten und seinen Bitten um Vergebung profitieren.
Wie wir später noch sehen werden beim 5. Ḥadīth des Mālik al-Dār, kamen
die Gefährten des Propheten zu seinem Grab und baten ihn, damit er zu Allāh -
Erhaben und Makellos ist Er – bete, damit es endlich regne, woraufhin es regnete.
Der Besitzer einer Wundertat (Karāmāt) kann, ebenso wie ein Prophet mit
seinen Wundern (Muʿjiza), mit der Erlaubnis, Erschaffung und dem Hervorbringen
45
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Allāhs ein Grund werden um demjenigen, der ihn um Hilfe bittet, zu helfen. Das
heißt in diesem Fall ist Allāh der Schöpfer, aber der Besitzer der Wundertat nur
ein Mittel. Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – erschuf durch ihn, was Er zu er-
schaffen wünschte.
Dafür gibt es für jenen, der ein wenig Verstand besitzt, Einsicht sowie etwas
Wissen, Erkenntnis, und ein Mindestmaß an sunnitischem Glauben und Verständ-
nis hat, viele Hinweise im Qurʾān sowie in der Sunna.
Der Qurʾānerläuterer Imām Ālūsī sagt in seinem Rūḥ al-Maʿānī zu der Erklä-
rung des Verses: „bei denen, die jegliche Angelegenheit lenken!“69 nachdem er auf
einige Ansichten, die seiner Meinung nach falsch waren, antwortete:
„Ja! Allāh gibt manchem Seiner ausgesuchten Freunde, nach deren Tod, be-
stimmte Wundertaten, so wie Er es schon vor ihrem Ableben tat, und es ist Al-
lah, der den Kranken heilt, den Ertrinkenden rettet und gegen Feinde hilft und
Er lässt es Regnen und kann all dies (seinen Freunden) als Wundertaten geben.
Manchmal bringt Er auch eine Gestalt hervor, die dieser Person gleicht, und er-
füllt damit, wegen der Achtung des Ranges dieser Person, die Wünsche des Bit-
tenden, wenn diese keine Sünden darstellen…“70
So sagt Imām Fakhr al-Dīn al-Rāzī71 in seinem al-Maṭālib al-ʿĀliyyah folgendes:
„Demnach müssen wir definitiv daraus schließen, dass nach dem Verlassen
des Körpers die Seelen eine detaillierte Wahrnehmung von Ereignissen besitzen…“
Später erklärt Imām al-Rāzī wie die Menschen vom Besuch der Toten und
ihrer Gräber profitieren. Nachdem er das Leben der Seelen nach dem Tode des
Körpers beweist, sagt er, dass zwei Voraussetzungen nötig seien, um den Nutzen
durch die Seelen zu verstehen:
„Erstens: Diese Seelen, die ihren Körper verließen, sind auf bestimmte Art
mächtiger als die Seelen, die noch im Körper sind und anders herum. Dass die
Seelen, die den Körper verlassen haben, in bestimmten Aspekten mächtiger sind,
kommt daher, dass die Schleier verschwinden, wenn die Seele den Körper verlässt.
So werden die unsichtbare Welt und die Wohnorte des Jenseits sichtbar. Das Wis-
sen, welches zuvor auf Hinweisen fußte, wird nach dem Verlassen des Körpers un-
mittelbare Realität. Somit erreichen sie einen bestimmten Grad der Perfektion.“
69 79:5
70 Ālūsī, Rūḥ al-Maʿānī, 30/25
71 Imām Fakhr al-Dīn al-Rāzī (gest. 606/1209) Abū ‘Abdullah Muḥammad b. ʿUmar b. al-Ḥusayn
al-Taymī al-Bakrī. Einer der wohl bekanntesten und größten Gelehrten der Theologie, ein
meisterhafter Exeget des Qurʾāns und ein bewanderter Rechtsgelehrter in der Schule des
Imām al-Schāfiʿī.
46
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Er führt weiter aus, dass die Seelen im Körper auf diese Weise mächtiger
sind und sie über die Werkzeuge für das Suchen und Erwerben verfügen und je-
den Tag neues Wissen aufnehmen.
Dann sagt er: „Zweitens: Seelen, die ihre Körper verließen, vermissen ihre
Bindung zum Körper. Dies wird bestärkt durch die Tatsache, dass alle weltlichen
Handlungen, die ein Mensch macht, sich darauf beziehen dem Körper Gemütlich-
keit zu ermöglichen und ihm Gutes zu tun.“
Diese starke Bindung, wie es Imām al-Rāzī sagt, schwindet nicht durch die
Trennung vom Körper, da die Seele selbst noch Wahrnehmungskraft und Rede-
kraft nach dem Tod besitzt.
Basierend auf diesen zwei Voraussetzungen sagt al-Rāzī:
„Wenn nun ein Mensch an das Grab einer Person mit einer starken Seele
geht, die in ihrer Essenz komplett und in ihrem Einfluss stark ist, und dort für
eine Weile steht und durch die dortige Erde – die Erde, mit der die Seele verbun-
den ist – beeinflusst wird, entsteht eine wechselseitige Verbindung zwischen
diesen zwei Seelen, da sie sich bei diesem Stück Erde versammelten. Sie wer-
den wie zwei gereinigte Spiegel, die ihre gegenseitigen Lichter reflektieren. Al-
les, was in der Seele des Besuchers an Wissen, das auf Hinweise basiert, ange-
sammelt ist, und Wissen, welches durch Anstrengung erworben wurde, sowie
hohe Eigenschaften wie die Ergebung an Allah und die Zufriedenheit mit dem,
was Allah vorherbestimmte, werden durch ein Licht auf die Seele des Toten re-
flektiert. Das leuchtende und vollkommene Wissen, das in der toten Person vor-
handen ist, reflektiert Licht, das auf die Seele des Besuchers fällt. Dadurch wird
dieser Besuch ein Grund für das Erscheinen großen Nutzens sowie beidseitiger
Glückseligkeit (für den Besucher und den Besuchten). Dies ist der grundlegende
Grund für die religiöse Vorschrift, die Gräber zu besuchen. Ebenfalls ist es nicht
unangemessen, dass es noch andere geheime Ereignisse gibt, die weitaus feiner
und tiefgründiger sind als jene, die hier erwähnt wurden. Vollkommenes Wissen
über die wahre Natur der Dinge besitzt Allāh allein.“72
Imām al-Rāzī sagt in seinem Tafsīr al-Kabīr zu Sūra 79, Vers 5:
„Bei denen, die jegliche Angelegenheit lenken…“ Ist es nicht wahr, dass der
Mensch seinen Lehrmeister im Traum sehen kann, ihn über Probleme befragen
und dann von ihm eine Leitung zur Lösung bekommen kann? Ist es nicht wahr,
dass ein Sohn seinen Vater im Traum sehen kann, der ihn dann zu einem gehei-
men Schatz führt? Ist es nicht wahr, dass Galen sagte: „Ich erkrankte und war un-
fähig, mich selbst zu behandeln. Da sah ich in meinem Traum jemanden, der mir
den Weg zur Behandlung wies“? Ist es nicht wahr, dass Imām al-Ghazālī - möge
72 7/228, 261, 262
47
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Allāh barmherzig mit ihm sein - sagte: „Wenn geehrte Seelen den Körper verlassen
und dann Lebende treffen, die ihren Seelen und ihren Körpern ähnlich sind, ist es
nicht merkwürdig, dass sie sich mit diesen Körpern verbunden fühlen. Diese Ver-
bundenheit reicht zu solch einem Maße, dass die Seele des Toten eine Hilfe wird
für die Seele des Lebenden, damit er gute Taten verrichten kann und diese Hilfe
wird ‚Intuition‘ genannt. Dies ist gleichgestellt zu den schlechten Seelen (d.h. den
Schayātin und Jinn, nicht den Seelen schlechter toter Menschen, denn diese sind
an die Grabesstrafe gebunden), die Schlechtes in die Gedanken einflüstern.“?73
Zur Bestätigung der Worte Imām al-Rāzīs wollen wir die Worte Imām al-
Taftāzānīs74 in seinem Buch al-Maqāṣid anführen75:
„Aus den Prinzipien des Islams geht offensichtlich hervor, dass es für be-
stimmte Teile der Seelen, die ihren Körper verließen, eine erneute Wahrneh-
mung gibt, wie das Schauen auf bestimmte Teile der Lebenden, insbesondere auf
jene, die mit dem Toten auf der Welt in einer Beziehung waren. Deswegen liegt
auch Nutzen im Besuch der Gräber und dem Ersuchen der Hilfe von den Seelen
der Frommen, die gestorben sind, um von ihnen Erfahrung zu ersuchen oder um
Schwierigkeiten abzuwehren. Dies ist so, weil die Seele zwar den Körper verlässt,
sie dennoch an diesen Körper und an die Erde, in der sie begraben ist, gebunden
ist. Wenn also der Lebende neben diesem Körper sitzt und sich der Seele des To-
ten gegenüberstellt, dann kommt es zu einer Verbindung zwischen ihnen und es
gibt zwischen beiden Strahlen des Lichtes.“
Bedeutsam sind auch die Worte des großen Imām al-ʿAllāma al-Sayyid al-
Scharīf al-Jurjānī76, der in seinem Scharḥ al-Maṭāliʻ77 sagt: „Manch einer mag sa-
gen, dass die Anwendung der Vermittlung (Tawassul) nur annehmbar sei, wenn
der Tote auch mit seinem Körper verbunden nicht getrennt ist, denn es gäbe in
diesem Fall sonst keinen Aspekt, der zu einer Verbindung führen würde. (Sie mei-
nen, dass es keinen Grund zur Verbindung zwischen der Seele des Toten und des
Besuchers gibt, denn er ist nicht mehr an seinem Ort und es gibt keine anderen
Gründe für eine Verbindung als Freundschaft auf dieser Welt oder dergleichen.)
Die Antwort auf diesen Widerspruch ist die Tatsache, dass sie mit diesen Kör-
pern verbunden waren, mit der sie die Perfektion der mangelhaften Seele vol-
ler Entschlossenheit anstrebten, die sich selbst genüge ist. Dies ist so, weil der
Einfluss in ihnen verbleibt. Deswegen sind die Besuche ihrer Ruheplätze nur so
73 11/31
74 Er ist Saʻd al-Dīn al- Taftāzānī, Masʿūd b. ʿUmar b. ‘Abdullah (gest. 793) Er war ein Imām des
Arabischen und der Rhetorik, ein Meister der Theologie, des Uṣūl al-Fiqh und der Logik.
75 2/43
76 Al-Scharīf al-Jurjānī (gest. 816) ʿAlī b. Muḥammad b. ʿAlī. Unvergleichlicher Imām des Arabi-
schen, Meister der Theologie, des Uṣūl al-Fiqh und der Logik.
77 Von Edition zu Edition unterschiedlich: Einmal auf Seite 5, 6-7, 17, 19.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
präpariert für das Fließen von viel Licht auf ihre Besucher. (Er will hier sagen,
und Allāh weiß es am besten, dass die Seele einer großen frommen Person viel
Kraft und Licht besitzt, die ausreichend für eine Verbindung an diesem Ort ist.
Anders ausgedrückt, der Grund für die Verbindung ist die Macht und der Über-
fluss des Lichtes, den die große muslimische Seele besitzt.) Dies ist sichtbar für
jene, die Augen zum Sehen haben.“
Auch Scheich Ibn al-Qayyim, der Schüler des Ibn Taymiyyah, schreibt in sei-
nem Buch al-Rūḥ, dass die Seelen nach dem Tod des Körpers über Verfügungs-
gewalt besitzen und die Lebenden von ihnen profitieren können. So sagt er, dass
man sich vor den Toten schämen soll, wenn man ein Friedhof besucht, da die To-
ten den Besucher wahrnehmen: „Vielmehr: Die Toten wissen über die Taten der
lebenden Verwandten und Brüder Bescheid.“ Daraufhin schreibt er: „Darüber gibt
es viele Überlieferungen von den Gefährten des Propheten. Einige der Verwand-
ten des ‘Abdullah b. Rawāḥa - möge Allāh mit ihm zufrieden sein - waren gewohnt
zu sagen: „Oh Allāh! Ich suche wahrhaftig Zuflucht bei Dir vor irgendwelchen
Taten, vor denen ich mich in den Blicken ‘Abdullah ibn Rawāḥas schämen müs-
ste.“ Sie waren es gewohnt dies nach dem Märtyrertum ‘Abdullahs zu sagen. […]
Wenn ein Mensch neben einem Grab betet, sehen es die Toten und sind sich über
dieses Gebet bewusst und wünschen sich, dass sie das Gleiche tun könnten. […]“
An einer anderen Stelle des Buches sagt Ibn al-Qayyim:
„Dieser Ḥadīth drückt die Geschwindigkeit der Seele der Toten aus, wenn sie
sich vom Thron zur Erde und von der Erde zurück zu ihrem Platz bewegen, wes-
wegen Imām Mālik und andere Imame sagten: „Die Seele ist freigestellt und geht
wohin immer sie auch will.“ Darüber hinaus: Was die Leute von den Seelen to-
ter Menschen sehen, sodass diese für sie von weiten Plätzen kommen, ist etwas,
was die Allgemeinheit der Menschen weiß und sie bezweifeln dies nicht… und
Allah weiß es am besten. […] Dein Verstand sollte nicht so begrenzt sein, dass
du nicht akzeptieren kannst, dass die Seele im Paradies ist und hingeht, wohin
auch immer sie will, und gleichzeitig den Gruß des Muslims an seinem Grab hört
und sofort dorthin eilt und ihm antwortet. Die Seele ist anders als der Körper.“
Dann sagt er: „Unter den Dingen, die jemand wissen sollte, ist, dass das Er-
wähnte in Relation zu der Stärke oder Schwäche, Größe oder Kleinheit der Seele
steht. Die stärkere und größere Seele hat von den Dingen, die wir erwähnten, Sa-
chen, welche die niedrigere Seele nicht hat und du kannst sehen, wie sich die Re-
geln der Seelen großartig in dieser Welt gemäß der Differenz der Seelen in ihrer
Form, Kraft, Langsamkeit, Geschwindigkeit oder in ihrem Beistand unterschei-
den. Dies galt, als sie noch im Körper waren. Wie also wird es dann sein, wenn
sie frei und getrennt sind vom Körper und ihre Macht gesammelt haben und sie
49
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
beim Austritt eine leichte, reine und große Seele mit hoher Gesinnung für [gute]
Absichten waren? Eine solche Seele hat nach dem Verlassen ihres Körpers eine
vollkommen andere Bedeutung und andere Taten. In Anbetracht dessen wurden
massenweise Träume unter den Menschen überliefert, die über die Handlungen
der Seelen nach dem Tod handeln, über Taten, die zu tun sie nicht fähig waren,
als sie sich noch in ihrer lebenden Hülle befanden wie z.B., dass eine, zwei oder
mehrere Seelen gesamte Armeen vernichteten oder dergleichen. Sehr viele Men-
schen sahen den Propheten mit Abū Bakr und ʿUmar in ihrem Traum, wie diese
drei die Heerscharen des Kufr und der Tyrannen besiegten und ihre Heerscha-
ren überrannten und wie sie trotz ihrer Größe vernichtet wurden. All dies trotz
der Schwäche und der geringen Anzahl der Muslime.“78
Von einem Menschen Wundertaten zu erwarten, von dem man überzeugt
ist, dass er in engerem und weiterem Sinne ein Freund Gottes ist, ist nichts, was
dem Qurʾān, der Sunnah und dem Konsens der Gelehrten widerspricht. Ja, es
ist gemäß dem Analogieschluss sogar angemessen. So lässt Allāh in dieser Welt
seinen Dienern die Versorgung und ähnliche Hilfeleistungen über verschiedene
Wege zukommen.
Wenn wir diese Wohltaten und die Versorgung als etwas erachten, was von
diesen Mitteln selbst kommt, dann widersprechen wir dem Vers, dass Allāh der
einzige Versorger ist79 und würden somit in eine Form des Schirk fallen. Deswe-
gen ist es richtig, die Schöpfung als Mittel sowie Grund zu erachten, und Allāh -
Erhaben und Makellos ist Er – als den Erschaffer und Hervorbringer.
Ibn Taymiyyah - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – sagte: „Einige Men-
schen erbitten von Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – durch die Anwendung
der Vermittlung durch den Gesandten Allahs - Segen und Friede seien auf ihm
– oder einer frommen Person in dieser Gemeinde bestimmte Sachen und diese
Wünsche werden von Seiten Allāhs durch die Hand des Propheten oder dieses
Dieners erfüllt. Dies ist etwas, was sehr oft beobachtet wurde.“80
Er sagt weiterhin: „Die Erfüllung eines solchen Wunsches kann man als eine
Wundertat des Verstorbenen im Grab bezeichnen, neben dessen Grab dieses Bitt-
gebet gemacht wurde.“81
Ibn Taymiyyah, obwohl er es nicht als richtig erachtet einen solchen Wunsch
darzulegen, bestätigt, dass mit der Erlaubnis Allāhs solche Wünsche in Erfül-
lung gehen.
50
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Ḥanafīs: Aussagen von einigen Ḥanafī Gelehrten, dass die Toten nicht hö-
ren können, sind nicht so zu verstehen wie es manche Menschen, die kein Ein-
blick in dieses Thema haben, auffassen.
Diese Ansicht wurde deshalb erwähnt, da der Schwur darauf, der Tote im
Grab könne vernehmen, ungültig sei. Wenn man diesem entsprechend auf die
Nikāḥ schwören würde, wäre die Frau geschieden. Die Wahrheit der Angelegen-
heit ist folgendermaßen:
In der Rechtswissenschaft basieren Schwüre auf Bräuchen (ʿUrf). Dem Brauch
nach bedeutet ‚Hören‘, dass der Vernehmende auch gemäß dem Gehörten reagie-
ren und darauf antworten kann. So können jedoch die im Grab hörenden Toten
nicht antworten und nicht gemäß dem Gehörten handeln. Aus diesen Worten
der Gelehrten darf man nicht verstehen, dass sie in einem absoluten Sinne unfä-
hig seien zu hören. Dies erklärte einer der Großgelehrten (Mujtahid) der Ḥanafīs
und ein wahrhaftiger Imām, Kamāluddin Ibn Humām in seinem Fatḥ al-Qādir.82
Von den Ḥanafī Gelehrten sagen ‘Abdullah al-Dihlawī (gest. 1176/1762) und
Qāḍī Muḥammad Thanāullah al-Mazharī, dass die Toten hören können.83
Die Schāfiʿīs: Imām Subkī (gest. 771/1370) sagt, dass es in ihrer Rechtsschule
einen Konsens gibt, dass die Toten hören können.84
Die Ḥanbalīs: Ibn Rajab al-Ḥanbalī sagt, dass die Toten hören können.85
Die Mālikīs: Imām al-Qurtubī (gest. 671/1272) sagt, dass die Toten hören
können und es einen Konsens darüber in ihrer Rechtsschule gibt.86
Was ist, wenn nach den Worten des Ibn Taymiyyah und des Ibn al-Qayyim die-
jenigen, die das Hören ablehnen, in die Enge geraten und versuchen auszuweichen,
82 Zitiert aus Kamāl al-Dīn Ibn Humām, Fatḥ al-Qādir, von Ḥamdullāh al-Dajwī, al-Basāʾir, S. 25.
83 Tafsīr al-Mazharī, 2/489.
84 Schifāʾ al-siqām, 162-172.
85 Aḥwāl al-Qubūr, Dār al-Kitāb al-ʿArabī, 2001.
86 Al-Tawkira, S. 144 – 145; Dār al-Fikr.
51
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
indem sie sagen: „Sie waren ebenfalls Menschen und haben Fehler gemacht! Für
uns spielt nur die offenkundige Bedeutung des Verses eine Rolle!“?
Dann antworten wir ihnen:
Mit diesen Worten akzeptiert ihr, dass die Quellen eures Wissens, Ibn Tay-
miyyah und Ibn al-Qayyim nicht fähig waren einen Qurʾānvers, der eurer An-
sicht nach so einfach zu verstehen ist, zu begreifen und somit einen Fehler mach-
ten. Das bedeutet, dass diese Gelehrten in noch schwereren Themen sicherlich
viel mehr Probleme haben werden ein richtiges Urteil abzugeben und sich mehr
Fehler einschleichen werden. So gibt ihr also zu, da ihr die Anhänger dieser seid,
dass ihr auch in vielen anderen Themen Fehler haben könnt.
ما من: قال رسول اهلل صلى اهلل عليه وسلم:عن عائشة رضى اهلل عنها قالت
.رجل يزور قبر اخيه ويجلس عنده اال استأنس به ورد عليه حتى يقوم
Sayyida ʿĀʾischa - möge Allāh mit ihr zufrieden sein – überliefert vom Gesand-
ten Allahs - Segen und Friede seien auf ihm –: „Wenn eine Person das Grab seines
Bruders besucht und sich neben das Grab setzt, erkennt der im Grab diese Person
und freut sich und erwidert den Gruß des Lebenden und dies geht solange weiter,
bis der Besucher aufsteht.“87
Ibn ‘Abd al-Barr (gest. 463/1071) sagt in seinem al-Tamhīd und al-Istadhkār,
dass Ibn ʿAbbās - möge Allāh mit ihnen zufrieden sein – folgendes sagte: „Wer an
das Grab seines Bruders kommt, den er in dieser Welt kannte und ihm den Salām
entrichtet, wird sicherlich vom Toten erkannt, der dann spricht: „Wa ʿalaykum
salām!““
‘Abd al-Ḥaqq al-Ischbīlī (gest. 852/1185) sagt, dass die Kette dieser Über-
lieferung Ṣaḥīḥ ist.88 Ḥāfiẓ Ibn Rajab al-Ḥanbalī (gest. 795/1393) - möge Allāh
barmherzig mit ihm sein – sagte: „Das diese Überlieferungskette Ṣaḥīḥ ist, be-
deutet, dass alle Überlieferer in dieser Kette vertrauenswürdig sind, doch der
Ḥadīth ist Gharīb89, sogar munkar90 .“91 Gemäß Ibn Rajab ist die Überlieferung des
Imām al-Bayhaqī und al-Ḥākims, die der letztere als Ṣaḥīḥ bezeichnete, und die
keine Einschränkung beinhaltet, in einem stärkeren Zustand des Ṣaḥīḥ. (In dieser
Überlieferung gibt es die Einschränkung: „den er in dieser Welt kannte…“ nicht).
87 Zabīdī, Ithaf al-Saʿādā, XIV/275.Al-Tawkira, S. 144 – 145; Dār al-Fikr.
88 Tadhkirat al-Qurtubī, 145.
89 Gharīb ist ein Ḥadīth mit einer einzigen Kette.
90 Ein jeder Ḥadīth, der einer authentischen Überlieferung widerspricht, wird gemäß Ibn Ḥajar
als bezeichnet.
91 Ibn Rajab, Aḥwāl al-Qubūr.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
السالم عليكم دار قوم مؤمنين وأتاكم ما توعدون غدا مؤجلون وإنا إن شاء اهلل
.بكم الحقون اللهم اغفر ألهل بقيع الغرغد
„Der Friede sei auf euch oh muslimisches Volk dieser Wohnstätte! Was euch
versprochen wurde, hat euch gefunden und wahrlich, beim Willen Allahs, wir
werden euch folgen! Oh Allāh! Verzeih dem Volk von al-Baqīʿ Garghad.“
Muḥammad b. Himyar erzählt: „Sayyidunā ʿUmar - möge Allāh mit ihm zu-
frieden sein – besuchte den Friedhof von Garghad und rief: „Oh ihr Grabesbe-
wohner! Unsere Nachricht an euch lautet: Eure Frauen haben andere Männer ge-
heiratet, eure Häuser werden von anderen bewohnt und euer Reichtum wurde
verteilt!“, und eine Stimme aus dem Verborgenen antwortete ihm: „Unsere Nach-
richten lauten: Das Gute, welches wir in der Welt voraussandten, fanden wir hier
wieder, und wir erhielten den Gewinn von allem, was wir auf dem Weg Allāhs
ausgaben, und der Schaden von allem, was wir abseits seines Weges ausgaben,
hat uns hier getroffen.“93
Seht was Ibn al-Qayyim, der von den Salafis sehr geachtet und verehrt wird,
weiter sagt: „Der Prophet lehrte seiner Gemeinde beim Besuch eines Friedhofes
92 Muslim, Janāiz, 35, Kapitel: Was man beim Betreten des Friedhofes sagt und welches Bittgebet
man für die Bewohner spricht; Nasāʾī, Janāiz, 103
93 Ibn Abī Dunya al-Samʿanī, Kanz, Ḥayāt al-Ṣaḥāba, IV/290
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
zu sagen: „Oh muslimisches Volk der Wohnstätte, Friede sei auf euch! Wahrlich,
beim Willen Allahs werden wir euch folgen. Möge Allah barmherzig sein mit de-
nen unter uns und denen, die von uns gingen und, die uns folgen werden. Wir
bitten Allah um Sicherheit für uns und euch.“ Hierin ist das Grüßen, Anspre-
chen und Rufen einer Existenz, die hört und, die angesprochen werden kann,
welche versteht und gar antwortet, auch wenn der Muslim diese Antwort nicht
vernimmt. Könnte der Tote diesen Gruß nicht hören, wäre dieser Gruß sinnlos.
Es ist Mutawātir, dass der Tote den Besucher wahrnimmt und die Gelehrten der
Salaf sind sich darin einig.“94
Wir fragen nun jene, welche die Ansichten Ibn Taymiyyahs und seines Schü-
lers Ibn al-Qayyims vertreten, verteidigen und behaupten, sie seien ihre Anhän-
ger: Ibn Taymiyyah sagt, dass es eine Schuld ist abzulehnen, dass die Toten hö-
ren können. Sein Schüler Ibn al-Qayyim hat gar ein ganzes Buch geschrieben um
das Hören dieser Toten detailliert zu beweisen und behauptet, dass es darüber
einen Konsens unter den Gelehrten der vier Rechtsschulen gibt. Ist euer Wissen
mehr als das Wissen Ibn Taymiyyahs, Ibn al-Qayyims und das der Gelehrten der
vier Rechtsschulen? Begingen all diese Gelehrten etwa Fehler? Oder seid doch ihr
es, die Fehler begehen?
Keinesfalls soll irgendeiner sich erheben und behaupten, dass eine solche Hil-
feleistung von Seiten der Toten nur auf den Propheten - Segen und Friede seien
auf ihm – alleine beschränkt ist, denn dies ist eine Behauptung ohne Hinweis!
Im Gegenteil, es gibt sogar viele Hinweise, die dagegen sprechen, wie wir es wei-
ter oben schon sahen. Wenn die Widersacher ihre Vorurteile beim Lesen meiner
Worte für einen Moment ablegen und die Möglichkeit in sich tragen, das Thema
einsichtig zu betrachten, werden sie die Wahrheiten offenkundig erkennen.
Der große Gelehrte des Ḥadīth, Abū Dāwūd al-Ṭayālisī (gest. 204/819) über-
liefert in seinem Musnad von Jābir, dass der Prophet - Segen und Friede seien auf
ihm – sagte: „Eure Taten werden euren Bekannten und Nahestehenden im Grab
gezeigt. Wenn eure Taten gut sind, freuen sie sich, und wenn eure Taten nicht gut
sind, sagen sie: „Oh Herr! Gebe in ihre Herzen ein, dass sie Gutes tun!“95
Allāh gebietet, man solle über die Märtyrer nicht sagen, dass sie ‚tot‘ seien.
Das Leben der Propheten in ihren Gräbern ist durch Ṣaḥīḥ Aḥādīth bewiesen. Es
ist nicht die Sache der Intelligenten über die Propheten und die Menschen, für die
wir an ihren Gräbern beten und, die mit Allahs Willen und Erlaubnis uns sehen,
hören und gar für uns beten können, zu behaupten: „Sie können uns nicht hören!“
94 Ibn al-Qayyim al-Jawziyya, Kitāb al-Rūḥ, S. 11
95 Minha, 1/156, von Ḥamza Aḥmad al-Zayn in seinem Taʿliq des Musnad Aḥmad, 10/532; al-
Zayn sagt, dass der Ḥadīth ist.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Einer der Hinweise, dass die Toten den Lebenden Nutzen können, ist das Ge-
schehen, welches der Imām al-Bukhārī96 kurz und Imām al-Tabarānī97 lange über-
liefern98: Anas - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – sagte:
„Am Tag von der Schlacht von Yamāma, als die Schlacht endete und die Men-
schen auseinandergingen, sagte ich zu Thābit b. Qays: „Siehe doch Onkel!“ Er
sprach durcheinander, doch er hatte gesagt: „Wir führten mit dem Gesandten Al-
lahs gemeinsam nicht solche Kriege! Wie schlecht habt ihr eure Gefährten erzo-
gen! Oh Allāh! Ich suche Zuflucht bei dir vor dem was diese gebracht und getan
haben!“ Da stürzte er sich wieder in den Kampf und fiel als Märtyrer. Er hatte
eine wertvolle Rüstung an. Ein Muslim nahm ihm die Rüstung ab.
Als einer der Muslime schlief, kam plötzlich Thābit in sein Traum und sagte
ihm: „Ich werde dich um einen Gefallen bitten, und wehe! Sage nicht, dies sei ein
komischer Traum und vergesse ihn dann! Als ich fiel, nahm mir folgende Person
meine Rüstung ab. Sein Haus ist an der äußersten Stelle des Lagers! Neben dem
Zelt steht ein Pferd! Dieses Pferd ist an die Rüstung mit einem alten Seil gebun-
den! Auf diesem Pferd befindet sich ein Sack. Geh zu Khālid - möge Allāh mit ihm
zufrieden sein – und befiehl ihm, diese Rüstung an sich zu nehmen und geh zu
Abū Bakr - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – und sage ihm, dass ich diesem
und jenem so viel Schulde und ich diesen (er erwähnte einen Sklaven) freilasse!“
Da erwachte der Mann, ging zu Khālid und berichtete ihm den Traum. Darauf-
hin sandte Khālid einen Mann, damit er die Rüstung hole und der Mann brachte
die Rüstung. Später berichtete dieser Mann seinen Traum Abū Bakr - möge Allāh
mit ihm zufrieden sein -, und er erfüllte die Bitte des Toten.“99 Dies überlieferte
auch al-Baghawī100mit einer anderen Überlieferungskette durch ʿAtā al-Khorasānī
von Thābit b. Qays in einer längeren Form.101
Ibn al-Qayyim schreibt auf Seite 25 seines Buches al-Rūḥ, was er übrigens
schrieb, als Ibn Taymiyyah schon gestorben war, folgendes:
„Wir erzählten all dies mit folgender Absicht: Wenn der Tote über einen sol-
chen Vorfall informiert ist und solche Details kennt, ist es keine Schwierigkeit,
dass er seinen Besucher erkennt und seinen Gruß hört.“
Auf Seite 44 schreibt er: „Wie von den Gelehrten der Salaf überliefert wurde,
begegnen sich die Seelen in der Luft, lernen sich kennen und sprechen miteinander.
96 Bukhārī, Jihād, 39
97 Er ist der Imām, Ḥāfiẓ, ʿAllāma, Abū al-Qāsim Sulaymān b. Aḥmad b. Ayyūb al-Tabarānī, gest.
98 Tabarānī, Muʿjam al-Kabīr, 1320
99 Dies überlieferte Ibn Kathīr und schrieb es Tirmidhī zu.
100 Er ist der Imām, der Ḥāfiẓ, Abū Muḥammad al-Ḥusaynī b. Masʿūd al-Farrā al-Baghawī, gest.
516 n.H.
101 Tafsīr al-Baghawī, 4/254; Ibn Ḥajar, al-Iṣābah.
55
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
In diesem Moment ist der Traumengel anwesend, der schlechte und gute Träume
bringt. Allāh hat einen Engel eingeteilt, der für den wahren Traum dem Menschen
exakt eingibt, welche Veränderungen in seinem Dīn und seinen weltlichen Ange-
legenheiten und seinem Wesen geschehen werden, ohne dass darin die Möglich-
keiten für Fehler und Zweifel enthalten sind. All dieses Wissen wird ihm beige-
bracht und Allāh teilte dafür einen Engel ein.
Er legt dem Menschen eine Abschrift vor, die eine Verbindung mit dem Qurʾān
hat und Allāhs - Erhaben und Makellos ist Er – verborgenes Wissen enthält und
dem Menschen verrät, was in seinem Leben und seinem Dīn ihn an Segen und
Übel treffen wird. So bringt er dann für ihn im Traum Formen und Erscheinun-
gen hervor gemäß ihres Brauchtums.
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – machte den Traum zu einer Wohltat,
Barmherzigkeit, Erinnerung und einer Möglichkeit des Lernens. Durch die er-
wähnten Wege erreichen sich Seelen, lernen sich kennen und können sich mit-
einander unterhalten. Es gibt etliche Menschen, deren aufrichtige Reue und Zu-
neigung zum Jenseits von einem Traum zeugt, und wie viele verlorene Schätze
wurden durch Träume gefunden. […]
Es gibt auch wahrhaftig viele Menschen, denen im Traum ein Heilmittel ge-
raten wurde, welches sie dann anwandten und Heilung fanden. Gemäß dem, was
viele Menschen mir erzählten, sahen viele Widersacher Ibn Taymiyyahs ihn nach
seinem Tod in ihrem Traum und befragten ihn nach Farāiḍ und anderen Themen.
Ibn Taymiyyah beantwortete ihre Fragen richtig. Diese Realitäten werden nur
von jenen nicht akzeptiert, welche die Zustände und Umstände der Seelen nicht
kennen. Erfolg ist von Allāh allein.“ (Endes des Auszuges)102
Hieraus verstehen wir auch, dass Ibn al-Qayyim al-Jawziyyah Kitāb al-Rūḥ
nach dem Ableben seines Lehrers Ibn Taymiyyah schrieb.
„Wir erzählen all dies, weil wir aufzeigen wollen, dass die Seelen der Toten
mit den Seelen der Lebenden eine Verbindung aufbauen können wie auch die
Seelen der lebenden Menschen miteinander eine Verbindung eingehen können.“
Diese Aussagen erklären auch wunderschön die Vorstellung des Scheichs
(Rābīṭa) und wie die ʿUlamāʾ von verstorbenen ʿUlamāʾ spirituelles Wissen be-
kommen können. Die Salafis, die dies hören und Ibn al-Qayyim als ihren Imām
bezeichnen und ihn immer wieder zitieren, um ihre Aussagen zu untermauern,
werden sich nun also entweder ihrem Imām beugen, oder mit der Ausflucht kom-
men, mit der sie immer kommen, nämlich, dass er letztlich nur ein Mensch war
und auch fehlerhaft ist und dies muss einer seiner Fehler sein.
102 Ibn al-Qayyim, al-Rūḥ, S. 25
56
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die oben erwähnten Zitate sagen aus, dass der Tote wahrnimmt, was die Le-
benden mit ihm tun, er ebenso gut Einfluss in das Leben der Menschen nehmen
kann und es einen Austausch geben kann. So wurden gar Sklaven durch eine sol-
che Einmischung freigelassen, Schulden getilgt und viele andere Dinge, deren Er-
wähnung hier es unnötig in die Länge ziehen würde.
Einspruch:
„Diese Geschichte mit Thābit b. Qiyas widerspricht folgendem Vers:
103 36/50
104 Imām, Mufassir, al-Muqrī ʿAlā al-Dīn ʿAlī b. Muḥammad b. Ibrāhīm al-Schāfiʿī al-Baghdadī, be-
kannt als Khāzin, gest. 741 n.H.
105 Tafsīr Khāzin, 4-9
57
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
58
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Überliefert von Abū Dāwūd, Nasāʾī, Ibn Mājah, Dārimī und anderen, und von
vielen als authentisch gesehen, wie von Ibn al-Qayyim.
Abū Hurayra - möge Allāh mit ihm zufrieden sein - überliefert, dass der Ge-
sandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm - gesagt hat:
„Keiner von euch grüßt mich, ohne dass Allāh meine Seele zurückführt, bis
ich den Gruß erwidere.“ (Musnad Aḥmad, 2/527 und Abū Dāwūd, 1/279)
Imam al-Suyūṭī sagt zu dem „zurückführen“: „„radda“ bedeutet „ʿala al-
dawām“, das heißt permanent und nicht für eine bestimmte Zeit, in anderen Wor-
ten: Allāh schickt die Seele nicht zurück und nimmt sie wieder, dann schickt er
sie wieder zurück und nimmt sie wieder. Er lässt sie permanent zurück und der
Prophet lebt permanent.“
Sakhāwī, Ibn Ḥajar al-ʿAsqalānīs Schüler, sagte: „Wir (Muslime) glauben daran
und bestätigen, dass er - Segen und Friede seien auf ihm - in seinem Grab lebt.“
(al-Qawl al-Badīʿ, S. 161).
Anas b. Mālik überliefert, dass der Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien
auf ihm - gesagt hat: „Die Propheten werden in ihren Gräbern nicht länger als
40 Tage gehalten, dann verbleiben sie Allah anbetend bis die Trompete geblasen
wird.“ (Sunan al-Bayhaqī)
Aufgrund der Tatsache, dass es viele Überlieferungen über diese Thematik gibt (von
denen wir nur ein paar als Beispiel erwähnt haben), war Imam Suyūṭī der Ansicht, dass die
Überlieferungen den Grad der Gewissheit erreicht hat, also Tawātur, der höher ist als Ṣaḥīḥ.
Der große Ḥadīthgelehrte Imām Ibn Ḥajar al-ʿAsqalānī sagt:
„Der Tod wird über den gesegneten Gesandten Allāhs niemals kommen in
seinem Grab, im Gegenteil, er überlebt es aufgrund der Tatsachen, dass die Pro-
pheten in ihren Gräbern leben.“ (Fatḥ al-Bārī, 17/22).
Ibn Ḥajar al-Haytamī schreibt in seinem al-Jawhar al-Munazzam:
„Die Überlieferungen und Hinweise darüber, dass der Prophet am Leben und
empfindsam ist, haben den höchsten Grad der Authentizität erreicht...das er fa-
stet und jedes Jahr die Pilgerreise durchführt und sich mit dem Regenwasser, das
über sein Grab regnet, reinigt.“
Imām al-Subkī sagt:
„Es gehört zu unserem Glauben, dass die Propheten in ihren Gräbern leben“.
(Ṭabaqāt al-Schāfiʿīyya al-Kubra, 6/266)
Der große Ḥanafī Rechtsgelehrte ʿAllāma Ibn ʿĀbidīn sagt:
„Die Propheten leben in ihren Gräbern, wie es bewiesen in den Aḥādīth be-
wiesen ist.“ (Rasāʾil von Ibn ʿĀbidīn, 2/203).
60
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
61
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Auch überliefert dies Ibn Abū Schayba in seinem Muṣannaf mit einem Ṣaḥīḥ
Isnad.
Tabarānī überliefert von Ibn ʿUmar, dass der Gesandte Allāhs - Segen und
Friede seien auf ihm – sagte: „Der Muezzin für Allāh gleicht einem Märtyrer, der
in seinem Blut strampelt. Wenn er stirbt, dann zerfressen die Würmer seinen
Leichnam nicht.“
Ibn Manda überliefert von Jābir b. ʿAbdullāh dass der Gesandte Allāhs - Se-
gen und Friede seien auf ihm – gesagt hat:
„Wenn der Bewahrer des Qurʾān stirbt, dann gibt Allah der Erde eine Einge-
bung, dass er seinen Körper nicht verzehren soll. Die Erde sagt dann: „Ya Rabbi!
Wie könnte ich jemanden verspeisen ,in dessen Brust deine Worte sind?“
Ibn Manda sagt weiter: Über diese Thematik gibt es auch eine Überlieferung
von Abū Hurayra und ʿAbdullāh b. Masʿūd.
Marwazi überliefert von Qatada: „Ich hörte, dass die Erde denjenigen nicht
verspeist, der keine Fehler tut.“
(Ende des Auszugs aus dem Buch des Imam Suyūṭī)
Der Imām al-Ghazālī überliefert in seinem Buch Iḥyāʾ im Kapitel über den
Tod des Sayyidunā ʿUthmān folgendes:
„Folgender Ḥadīth ist ein sehr berühmter und bekannter Ḥadīth: „ʿAbdullāh
b. Salām - möge Allāh mit ihm zufrieden sein - sagt: „Ich habe den Gesandten
Allāhs in der Nacht am Fenster von Sayyidunā ʿUthmān gesehen.
Ich bin am nächsten Tag gegangen um meinem Bruder ʿUthmān einen Gruß
zu geben. Er war eingesperrt. Ich bin zu ihm rein und er sagte zu mir: „Oh mein
Bruder! Willkommen bist du! Ich habe heute den Gesandten Allāhs an diesem Fen-
ster gesehen! Er sagte zu mir: „Oh ʿUthmān! Haben sie dich eingesperrt?“ und ich
sagte: „Ja!“ als er fragte: „Haben sie dich durstig gelassen?“ sagte ich: „Ja!“ Darauf-
hin reichte er mir eine Schüssel mit Wasser. Ich trank daraus bis mein Durst ge-
stillt war. Ich spüre seine Kühle und den Geschmack immer noch in meiner Brust
und am ganzen Körper. Dann sagte er zu mir: „Wenn du willst, dann wirst du ge-
gen deine Gegner siegen. Aber wenn du willst, kannst du auch dein Fasten mit
mir brechen.“ Ich wählte das Fasten brechen beim Gesandten Allāhs.“ ʿAbdullāh
b. Salām sagt weiter: „An diesem Tag starb Sayyidunā ʿUthmān.“
Sayf b. ‘Amr al-Tamimi und Ibn ʿAzīz überliefern dies und dies ist ṣaḥīḥ und
sehr weit verbreitet und auch in sehr vielen Geschichtsbüchern enthalten.
Der Imām Ghazālī sagt:
„Die vierte Art sind als Besondere die Propheten und die Günstlinge; ihnen
steht es zu, sich etwas auszuwählen. Und so wählt sich der oder jener von ihnen
62
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
die Erde aus, damit er auf ihr umhergehe, bis die „Stunde“ ersteht. Man sieht sie
auch oft in Träumen und ich glaube, Al-Ṣiddīq und Al-Farūq gehören zu ihnen.
Dem Gesandten - Segen und Friede seien auf ihm -, steht es frei, in allen drei Wel-
ten umzugehen. In diesem Sinne sagte er, indem er hierauf aufmerksam machte
und hinwies: „Wahrlich, ich bin zu geehrt bei Allah, als dass er mich auf der Erde
mehr als drei zurückließe.“. Es waren auch „drei“ Jahrzehnte, dass Al-Ḥusayn -
möge Allāh mit ihm zufrieden sein - zu Anfang der dreißig Jahre getötet wurde.
Da ergrimmte Er - Segen und Friede seien auf ihm - über die Bewohner der Erde
und stieg zum Himmel auf. Einer der Frommen sah ihn im Traum und sagte: „Oh
Gesandter Allāhs! Du bist mir wie Vater und Mutter, was denkst du über die Un-
ruhen in deinem Volke?“ Er erwiderte: „Allāh vermehre die Unruhen bei ihnen;
sie haben Al-Ḥusayn getötet und dabei keine Rücksicht auf mich genommen…
….“(Die Kostbare Perle im Wissen des Jenseits; Abu Hamid al Ghazali; S. 44)
Imam Taqi al-Dīn al-Subkī beantwortet die Zweifel über das Leben des Pro-
pheten in seinem Schifāʾ al-siqām wie folgt:
„Der Qurʾān spricht über seinen Tod: „Du wirst sterben und sie werden sterben.“
Und der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm - sagte: „Ich werde zu-
rückgezogen.“
Und al-Ṣiddīq - möge Allāh mit ihm zufrieden sein - sagte: „...wahrlich
Muḥammad ist gestorben.“
Und alle Muslime stimmen zu, dass der Gesandte Allāhs - Segen und Friede
seien auf ihm - gestorben ist.“
Dann beantwortet er die Zweifel über das weitere Leben wie folgt:
Es soll gesagt werden: „Sein Tod war ein temporärer Tod und er lebt nach
seinem Tod weiter.“
Die oben erwähnten Beweise aus dem Qurʾān und den Aḥādīth und den Vorgängern
sind genug, um zu beweisen, dass die Propheten in ihren Gräbern leben, nachdem sie diese
Welt verlassen haben. Es gibt noch viele weitere Beweise, die wir nicht erwähnt haben.
Das ist der Grund warum dies die ʿAqīdah der Hauptströmung der Sunniten seit
Jahrhunderten war und ist. Es ist erst kürzlich aufgetreten, dass dies von man-
chen geleugnet wird.
Für mehr Details über dieses Thema leiten wir euch weiter zu Imām al-
Bayhaqīs Ḥayāt al-Anbīyāʾ weiter.107
63
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm –ist ein Märtyrer
d
1. Hinweis:
Abū Hurayra - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – überliefert, dass der Ge-
sandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – fragte: „Wen erachtet ihr als
Märtyrer?“ Die Gefährten antworteten: „Oh Gesandter Allahs! All jene, die auf
dem Weg Allahs gestorben sind.“ Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm
– erwiderte: „Dann gibt es wahrlich wenig Märtyrer in meiner Gemeinde.“, und
die Gefährten fragten: „Wer sind dann die Märtyrer?“, und der Gesandte Allahs
sprach: „Jene, die auf dem Weg Allahs getötet werden und jene, die auf seinem Weg
sterben, die an einer Seuche sterben, die durch Durchfall sterben und die durch Er-
trinken sterben.“108
Abū Hurayra - möge Allāh mit ihm zufrieden sein –überlieferte vom Ge-
sandten Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm -: „Fünf Menschen sind Märty-
rer: Jemand, der ein muslimisches Leben wie Allāh es wünscht lebt, und dann an ei-
ner Seuche erkrankt, in der Magengegend sich eine tödliche Krankheit einschnappt,
im Wasser ertrinkt, unter Trümmer kommt und als Muslim stirbt, und derjenige,
der für die Herrschaft des Dīn Allahs auf seinem Wege stirbt und getötet wird.“109
Wie wir aus diesen zwei Aussprüchen des Propheten sehen können, werden
jene als Märtyrer gezählt, die auf dem Weg Allahs getötet werden sowie jene, die
beim Versuch die Religion zu erheben sterben. Es gibt einen Unterschied zwischen
dem, der auf dem Weg Allahs getötet wird, und dem, der auf diesem Weg stirbt.
Das heißt, er muss nicht wirklich in einen Kampf verwickelt gewesen sein, und
dann sterben, sondern er kann sein Leben mit dem Leben des Islām verbringen,
mit seiner Verbreitung und seiner Belebung und auf diesem Weg sterben – auch
dieser ist ein Märtyrer heißt es hier. Wenn es nicht gestattet ist zu diesen Mär-
tyrern ‚tot‘ zu sagen gemäß dem Qurʾānvers, wie dann kann man zum Prophe-
ten - Segen und Friede seien auf ihm -, der sein gesamtes Leben auf Seinem Weg
verbrachte, als tot bezeichnen?
108 Muslim, Imāra, 165; Ibn Mājah, Jihād, 17
109 Bukhārī, Jihād, 30; Muslim, Imāra, 51
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Sahl b. Ḥanīf - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – überliefert vom Gesand-
ten Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm -: „Jemand, der aufrichtig von Allāh
das Märtyrertum erbittet, wird von Allāh diese Stufe bekommen, auch wenn er in
seinem Bett stirbt.“110
Ob der Gesandte wohl nicht diesen Wunsch hatte? Gemäß den Aḥādīth ist
auch der Gesandte Allāhs ein Märtyrer, denn er hat sein Leben für die Verbrei-
tung, Belebung und Stärkung des Islāms benutzt.
2. Hinweis
Er - Segen und Friede seien auf ihm - antwortete, als er gefragt wurde, wie
sein Fieber ist: „Die schlimmsten Heimsuchungen treffen die Propheten.“ Die
Krankheit unseres Geliebten Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – wurde
als humma bezeichnet, da er ein schlimmes Fieber hatte, also eine Art Malaria.
Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – sagte in seiner letzten Krank-
heit: „Ich verspüre noch immer den Schmerz des giftigen Fleisches, welches ich in
Khaybar zu mir nahm. Es fühlt sich durch das Gift so an, als würden Messer durch
meine Pulsadern schneiden.“111
‘Abdullah b. Masʿūd und die großen Prophetengefährten sagten:
„Durch dieses Gift ist der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – ein Mär-
tyrer geworden.“ Prophetentum ist höher als das Märtyrertum, doch damit Sein
Geliebter auch diese Wohltat noch bekommt, ließ Allāh - Erhaben und Makellos
ist Er – das Gift in seiner letzten Krankheit wirken.112
Im Tibyān des Scheich Muḥammad Aymtābī (gest. 1110/1698) steht:
„Als gesagt wurde, das in der Schlacht von Badr so-und-so gestorben sei, of-
fenbarte Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - den Vers, der verbietet, dass man
die Märtyrer als tot bezeichnet:
65
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
von Allāh bekommen: „Und betrachte nicht diejenigen, die auf Allahs Weg gefal-
len sind, als tot. Nein! Sie leben bei ihrem Herrn, und sie werden dort versorgt.“
Jetzt fragen wir die Salafis: Ist der Märtyrer höher oder der Prophet? Zwei
Verse des Qurʾāns besagen:
ِ
ً ِين ُك ِّل ِه َو َك َفى بِاللهَّ َشه
يدا ِّ ِل ُي ْظهِ َر ُه َع َلى
ِ الد
„Er ist es, Der Seinen Gesandten mit der Führung und der wahren Religion ge-
schickt hat, auf dass Er sie über jede andere Religion siegen lasse. Und Allah genügt
als Zeuge.“115
Wie wir aus diesen zwei Versen verstehen können, ist die Religion unseres
Propheten höher als andere Religionen und daraus ergibt sich, dass auch er hö-
her als alle anderen ist. In einem seiner Aussprüche heißt es: „Ich bin der Meister
aller Menschen am Tage des Gerichts.“116
Die Märtyrer also leben, und der Gesandte Allāhs, der eine Barmherzigkeit
für alle Welten ist, lebt nicht? Die Seele stirbt sowieso nicht, nicht einmal die Seele
der Kuffār. Hat der Gesandte Allāhs bei Seinem Herrn nicht einmal den Wert eines
Märtyers? Der Märtyrer ernährt sich im Paradies, wieso dann nicht der Prophet?
Wenn der Gesandte Allāhs nicht auf dem Weg Allahs ist – Allāh bewahre! -
, wie kann es dann der Märtyrer sein? Wenn der Prophet nicht hören kann, wie
kann es dann der Märtyrer? So ist doch der Īmān des Märtyrers an den Prophe-
ten gebunden. Sind also nur die Märtyrer auf dem Weg Allahs und die Propheten,
die Ṣiddīqīn, die ʿUlamāʾ al-Rāsikhūn und jene, die zum Guten aufrufen, auf dem
Weg des Satans? Allāh bewahre! Was sind das für abscheuliche Beschuldigungen?
So wie der Gesandte Allāhs eine große Barmherzigkeit in seiner Lebenszeit
für die Gefährten war, ist er auch in seinem Tod eine große Wohltat und Barm-
herzigkeit für seine Gemeinde. Er ist Grund für viel Gutes. Wie sieht es mit den
anderen Propheten aus? Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – traf auf
seiner Himmelsreise der Reihe nach die Propheten Sayyidunā Ādam, Sayyidunā
Yaḥyā, ʿĪsā, Yūsuf, Idrīs, Hārūn, Mūsā und Ibrāhīm – möge der Friede Allāhs auf
allen sein! Sie grüßten und gratulierten ihm.117
114 33/6
115 48/28
116 Bayhaqī, Sīyar, 1; Nr. 18168
117 Ibn Abī Schayba, Muṣannaf, XIV, 303; Aḥmad b. Ḥanbal, Musnad, 3/148; Muslim, ṣaḥīḥ, 1/146;
66
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Aus diesem verstehen wir, dass die Propheten am Leben sind und sogar mit-
einander reden. Einige sagen, der Prophet sei gestorben und könne nichts mehr
hören. Wenn die vorherigen Propheten reisen und reden können, wieso sollte es
unser Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – nicht können?
Niemand widerspricht dem Ṣaḥīḥ Ḥadīth, dass bei der Himmelreise durch
Sayyidunā Mūsās – möge der Friede Allāhs auf ihm sein – Fürsprache die fünf-
zigmaligen Gebete auf fünfmal reduziert wurden.118 Wie kann man das Gute für
diese Gemeinde, dass durch diesen Propheten, der tausende Jahre vorher gestor-
ben ist und in seinem Grab ist, gekommen ist, einfach ignorieren?
Wir haben nun das Hören der Propheten, das Leben der Propheten in ihren
Gräbern und das Märtyrertum und das Leben des Propheten bewiesen. Diejeni-
gen, die als Muslime starben und dabei auf dem Weg Allāhs waren, um seine Re-
ligion zu erhöhen, werden als Märtyrer bezeichnet, also all jene, die ihr Leben für
den Islām gaben. Somit sind auch die Freunde Allāhs Märtyrer.119
Ibn Taymiyyah sagt: „[…] Die Wundertaten und übernatürlichen Geschehen,
die an den Gräbern der Propheten und der Frommen, die dem Vorbild der Pro-
pheten folgten und als solche bekannt sind, von Zeit zu Zeit gesehen werden, ge-
hören zu dieser Kategorie.
Manchmal steigt ein Licht oder Engel auf diese Gräber herab, Satane und
Tiere nähern sich diesem Grab nicht, steigt von diesem Grab oder von den Grä-
bern in seiner Umgebung plötzlich Feuer auf, legen die Grabesinsassen Fürspra-
che für die benachbarten Gräber ein, wünschen sich Sterbende neben jemandem
begraben zu werden, verspürt man an einigen Gräbern Frieden und Ruhe, trifft
eine Strafe jene, welche die Toten beleidigen, und andere ähnliche Erscheinun-
gen. All diese Erscheinungen sind Tatsachen, die sich nicht im Rahmen unserer
Erörterung befinden.
Andersgesagt: Die Wunder Allāhs, die an den Gräbern der Propheten und
der Frommen, die dem Vorbild der Propheten folgten und als solche bekannt
sind, erscheinen können und der Wert und die Achtung dieser Gräber bei Allāh
übersteigt die Vorstellungskraft vieler Menschen. Doch wir sagen mit Bestimmt-
heit, dass diese Gräber deswegen nicht als Orte genommen werden dürfen, auf
denen man betet oder, dass man sie als besondere Plätze für Bittgebete und Be-
suche erachtet.“120
al-Bayhaqī, Dalāʾil al-Nubuwwa, 3/383; al-Baghawī, Maṣābīḥ al-Sunnah, 2/179; Qāḍī ʿIyāḍ, al-
Schifāʾ, 1/137; Ibn Athīr, Jāmīʿ al-Uṣūl, XII/53; Ibn Sayyid, ʿUyūn al-Athār, 1/144
118 Bukhārī, Balʿ al-Khalq, 6
119 Bukhārī, Jihād, 30; Muslim, Imāra, 51.
120 Ibn Taymiyyah, Iqtiḍā al-Ṣirāṭ al-Mustaqīm, S. 378 - 379
67
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
68
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Ansicht jener, die den Tawassul mit einer Person ablehnen123
d
Es gibt zwei Arten des Tawassul: eine erlaubte Art und eine Art, welche eine
Erneuerung darstellt.
Wenn wir uns dem Qurʾān und der Sunnah zuwenden, sehen wir, dass es
drei Arten des erlaubten Tawassul gibt:
1. Tawassul zu Allāh mit seinen Namen und Eigenschaften,
2. Tawassul zu Allāh mit frommen Taten und
3. Tawassul zu Allāh mit dem Bittgebet eines frommen Muslims.
Wir werden diese drei jetzt näher erläutern:
1. Tawassul zu Allāh mit seinen Namen und Eigenschaften
Dies geschieht, indem der Muslim in seiner Duʿāʾ sagt: „Oh Allāh! Ich wünsche
mir von dir, dass du mir Gesundheit gibst, da du der Allbarmherzige und Allgü-
tige bist!“, und ähnliche der schönen Namen und Eigenschaften Allāhs benutzt.
Beweis für diese Art des Tawassul ist:
69
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Beispiel hierfür ist eine Duʿāʾ dieser Art: „Oh Allāh! Vergebe mir wegen mei-
nem Īmān, meiner Liebe zu dir und meiner Gefolgschaft zum Propheten!“
Jetzt wollen wir auf einige Arten des Tawassul eingehen, die eine Erneuerung
sind. Dies tun wir, um den Muslimen einen guten Ratschlag zu geben, die Bot-
schaft des Islāms zu verkünden und zu lehren. Wie bei allen falschen und unzu-
lässigen Taten ist auch die erneuerte Form des Tawassul ein sehr weitgefächertes
Thema und so ist die einzelne Aufzählung einer jeden Sache schwer, weswegen
wir versuchten das Thema in drei Kategorien einzuteilen. Alle anderen zeugen
aus diesen drei. Dies sind nun die verbotenen und falschen Formen:
4. Tawassul zu Allāh durch das Recht oder den Rang einer Person bei Allāh
Mit dem Rang einer Person oder den Rang des Propheten, für seine Achtung
oder seine Stufe bei Allāh etwas zu erbitten, oder zu sagen, mit jener Person er-
wünsche man etwas von Allāh, ist eine erneuerte Form des Bittgebets.
Abū Ḥanīfa sagte darüber: „Das der Betende beim Recht der Propheten und
Gesandten, oder beim Recht der Kaʿba, der Moschee in Makka wünscht, ist ver-
pönt/makrūh.“125
Ālūsī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – sagt, dass ein solches Bittge-
bet verboten ist, wenn die Person nicht anwesend ist oder gestorben ist, und dass
keiner der Altvorderen eine solche Sache tat.“126
70
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ist? Gepriesen sei Er, und hoch Erhaben ist Er über das, was sie (Ihm) zur Seite
stellen.““127
ين ِ
ُ اك َن ْس َتع
َ اك َن ْع ُب ُد َوإ َِّي
َ إ َِّي
„Nur dir dienen wir und nur von dir erbitten wir Hilfe.“128
Unser Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – gab ʿAbdullah b. ʿAbbās -
möge Allāh mit ihnen zufrieden sein – folgenden Ratschlag:
„Wo auch immer du bist, fürchte Allāh und diene ihm! Dann wirst du Allāh
vor dir in jeder Angelegenheit finden! Wenn du etwas willst, dann erbitte es von
Allāh! Wenn du Hilfe ersuchst, so ersuche sie von Allāh!“129
Daraus verstehen wir, dass, wenn der Mensch zwischen sich und Allāh eine
andere Person als Mittel nimmt und denkt oder glaubt, dass diese ihn näher zu
Allāh bringen können, dies ein großer Schirk ist. Tawḥīd al-Uluhiyya nicht mit
Tawḥīd al-Rububiyya zu verwechseln ist eine Pflicht für jeden Muslim.
ون ِه أَ ْو ِلي َاء َما َن ْعب ُد ُهم إِال ِلي َق ِر ُبو َنا إلى
ِ الدين ا ْل َخ ِالص وا َّل ِذين َّات َخ ُذوا ِمن د ِ ِ
ّ ُ ْ ُ َ ُ ْ َ َ ُ ُ ّ َّأَال للِه
اهلل لاَ َي ْه ِدي َم ْن ُه َو َ اهلل َي ْح ُك ُم َب ْي َن ُه ْم ِفي َما ُه ْم ِف ِيه َي ْخ َت ِل ُف ِ
َ ون ِإ َّن َ اللهَّ ُز ْل َفى إ َِّن
ار ِ
ٌ ب َك َّفٌ َكاذ
127 10/18.
128 1/4.
129 Tirmidhī, Qiyāma, 59.
130 17/56.
71
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„Wahrlich, Allah (allein) gebührt lauterer Gehorsam. Und diejenigen, die sich
andere zu Beschützern nehmen statt Ihn (sagen): „Wir dienen ihnen nur, damit
sie uns Allah nahebringen.“ Wahrlich, Allah wird zwischen ihnen über das, wor-
über sie uneins sind, richten. Wahrlich, Allah weist nicht dem den Weg, der ein
Lügner, ein Undankbarer ist.“131
Wie man sehen kann, glaubten auch die Götzendiener, dass Allāh der Er-
schaffer und Versorger ist, doch dieser Glaube nützte ihnen nichts, denn sie be-
teten die Götzen an, damit diese sie näher zu Allāh bringen und erwarteten von
ihnen Fürsprache. Während sie diese Götzen anbeteten, glaubten sie nicht, dass
sie Schöpfer und Versorger sind und ihre Angelegenheiten richten. Dies ist be-
kannt für jene, die den Qurʾān lesen und über ihn nachdenken.
Allāh der Erhabene gebietet:
ِ ِ ِ ِ َ
الدا ِع ُ يب أُ ِج
َّ يب َد ْع َو َة ٌ َِو ِإ َذا َسأ َل َك ع َبادي َعنّي َف ِإنّي َقر
„Und wenn dich Meine Diener über Mich befragen, so bin Ich nahe; Ich höre
den Ruf des Rufenden, wenn er Mich ruft. Deshalb sollen sie auf Mich hören und
an Mich glauben. Vielleicht werden sie den rechten Weg einschlagen.“132
Allāh gebietet hier nicht, man solle seine Freunde oder Propheten rufen, zu
ihnen Duʿāʾ machen, oder von seinen frommen und geliebten Dienern Hilfe er-
suchen. Er sagt:
ِ ادع
وني أَ ْس َت ِج ْب َل ُكم
ْ ُ ْ
„Bittet Mich; Ich will eure Bitte erhören.“133
Wer von den Frommen, Propheten oder von anderen als diesen von irgend-
welchen Toten oder Abwesenden, ob nun fern oder nah, die seine Stimme nicht
wahrnehmen können, Hilfe erbittet, Duʿāʾ zu ihnen macht und zu den Engeln
Duʿāʾ in diesem Sinne macht, hat eine Fähigkeit und Besonderheit, die Allāh zu-
steht jemand anderem zugeschrieben, und er hat in einer Angelegenheit andere
um Hilfe gebeten, wobei er nur Allāh um Hilfe bitten durfte, und somit ist er dem
Schirk verfallen.
Dieser Qurʾānvers trägt die Besonderheit eine offensichtliche Widerlegung
jener zu sein, die behaupten, dass sie bei ihrer Duʿāʾ und Anflehnung anderer
131 39/3.
132 2/186.
133 40/60.
72
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
keinen Schirk machen, da sie meinen, Schirk sei das Anbeten von Götzen und
nur auf diese beschränkt.
134 27/62.
73
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Wir akzeptieren die Worte der Wahhabiten ohne Tawḥīd al-Uluhiyya und
Tawḥīd al-Rububiyya zu verwechseln.
Großer Schirk, seine Kategorien und kleiner Schirk sowie seine Kategorien
sind Tatsachen, die bekannt sind, und es ist unnötig, diese Dinge lange und aus-
führlich darzulegen.
Der Punkt, in dem die Meinungsverschiedenheit liegt, ist, dass die Wahha-
biten von diesen Tatsachen ausgehend die Qurʾānverse, welche über die Ungläu-
bigen offenbart wurden, nehmen und sie dann nach ihrem Gutdünken interpre-
tieren und mit den vorherigen Tatsachen verbinden und somit als eine Waffe
benutzen, um auf die Muslime takfīr zu machen. Mit dieser Methode und Logik,
so werden wir noch sehen, bezichtigen diese Menschen Sayyidunā Sulaymān –
Friede auf ihm -, den Gesandten Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm -, die Ge-
fährten des Propheten - möge Allāh mit ihnen zufrieden sein – und die Imame
der Rechtsschulen mit Schirk, ohne es zu bemerken.
Es gibt vier Arten des erlaubten Tawassuls:
1. Tawassul zu Allāh mit seinen Namen und Eigenschaften,
2. Tawassul zu Allāh mit frommen Taten,
3. Tawassul zu Allāh mit dem Bittgebet eines frommen Muslims.
4. Tawassul zu Allāh mit Personen.
Es gibt eine Einigkeit über die ersten drei, und die vierte Art ist ebenfalls er-
laubt. Einige Wahhabiten sehen dies als makrūh an, während einige es als Schirk
bezeichnen. Wir werden die Hinweise für die Gültigkeit und Erlaubnis dieser Sa-
che erwähnen, zuerst jedoch werden wir die Ansichten der Gelehrten der Wah-
habiten selbst erwähnen und die Ansichten der Gelehrten der Rechtsschulen. Die
Quelle der Wahhabiten, die den Tawassul mit Menschen ablehnt, ist Ibn Taymiyyah.
74
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ال يستغاث با النبي استغاثة بمعني االبارة ولكن,لكنه قال ال يستغاث إال با اهلل
.يتوسل به ويتشفع به إلي اهلل
In dieser Quelle wird erwähnt, dass es eine Beschwerde an die Regierung
gab und die Regierung die Angelegenheit dem Qāḍī der Schāfiʿīs überließ, eine
Versammlung einberufen wurde und gegen Ibn Taymiyyah einige Anklagepunkte
erhoben wurde, doch die Beschuldigungen sich nicht als wahr erwiesen. Darauf-
hin sagte Ibn Taymiyyah: „Man darf bei Allāh - Erhaben und Makellos ist Er –
Hilfe ersuchen (istighātha), doch mit dem Gesandten Allāhs - Segen und Friede
seien auf ihm – darf man keine istighātha in seinem wörtlichen Sinne machen,
sondern mit dem Gesandten Allāhs darf man tawassul und taschaffuʿ machen.“
Was bedeutet ‚taschaffuʿ‘ hier?
Sehen wir im Munjīd genannten Wörterbuch nach, heißt es:
135 Ibn Kathīr, al-Bidāya wa al-Nihaya, Das Jahr 707, Dār al-Kutub al-ʿIlmiyya, 3. Edition , Beirut,
1987.
75
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
76
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
wir auch der Ansicht der Mehrheit folgen, dass dies verpönt sei, ist es falsch zu
sagen, eine andere Meinung der Rechtssprechung sei falsch. Daher lehnen wir
diejenigen nicht ab, die den Tawassul erlauben.
Was wir ablehnen ist, dass man sich einem Geschöpf zuwendet und zu ihm
gar mehr Duʿāʾ macht als zu Allāh, das heißt, man sich dem Grab ‘Abdulqādirs
oder das Grab eines anderen zuwendet, von ihm erfleht, dass die Schwierigkei-
ten aufgehoben werden und die Wünsche erfüllt werden. Wo ist hier die einzige
Anbetung Allāhs, wo die alleinige Anrufung Allāhs!
Wenn jedoch jemand kommt und Duʿāʾ macht wie: „Oh Allāh! Ich wünsche mir
von dir aufgrund deines Propheten oder den frommen Menschen dies und jenes…“,
macht er nur zu Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - alleine Duʿāʾ und sogar
wenn er neben einem Grab Duʿāʾ macht, ist dies nicht etwas, was wir ablehnen.“137
Muḥammad b. ‘Abdulwahhabs Worte zeigen uns, dass der Tawassul seiner-
seits nicht abzulehnen ist. Seiner Ansicht nach ist es etwas, was die Mehrheit der
Gelehrten als verpönt erachtete, doch ist es nicht Ḥarām. Wie dann soll es Schirk
oder Bidʿa sein?!
77
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Was ist mit euch, das ihr aus euren Gutdünken heraus irgendetwas als Schirk
bezeichnet? Diejenigen, die sagen, dass es eine solche Art der Duʿāʾ zu Lebzeiten
des Propheten gab und nach seinem Ableben nicht mehr, haben nicht einen ein-
zigen Beweis in ihrer Hand.
Imām Abū Ḥanīfa sagte, es sei makrūh aufgrund des ‚Rechts‘ zu verlangen.
Wir ziehen hier die Ansicht des Imām Abū Ḥanīfa vor und sagen, eine solche Duʿāʾ
sei makrūh, doch niemals würden wir so etwas als kleinen oder großen Schirk
bezeichnen.“138
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ِ ِ ِ ِ ِ ِ
ين
َ انت َق ْم َنا م َن ا َّلذ ُ َو َل َق ْد أَ ْر َس ْل َنا من َق ْبل َك ُر ُسالً إلى َق ْومهِ ْم َف َج ُآء
َ وهم بِا ْل َب ّي َِنات َف
.نين ِ َ أَ ْج َر ُمو ْا َو َك
َ ان َح ّق ًا َع َل ْي َنا َن ْص ُر ا ْل ُم ْؤم
„Wir haben entschieden, den Gläubigen das Recht auf Sieg zu gewähren.“142
Dies zeigt uns, dass Allāh durch seine Güte und Barmherzigkeit seinen Ge-
liebten Rechte zuspricht.
Ibn ʿĀbidīn, einer der Ḥanafī Gelehrten, überliefert dies von ihm zustimmend.143
Vor diesen sagte schon Imām Subkī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein -,
dass mit dem ‚Recht‘, um welches man verlangt, die Ehre und die Achtung gemeint
seien und nicht die Rede davon sei, dass Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – zu
irgendetwas verpflichtet sei. Die Gelehrten, die eine solche Aussage verbaten, ver-
standen unter dem ‚Recht‘ eine Verpflichtung, aber dies sei hier nicht gemeint.144
Die Salafis verleumden dem Imām, indem sie sagen, dass er mit dem ‚Recht‘
allgemein jede Art des Tawassul gemeint habe. Imām Abū Ḥanīfa sprach davon,
dass er eine Duʿāʾ der Form: „aufgrund des Rechts…“ als makrūh sieht, und nicht,
dass er eine Form der Duʿāʾ aufgrund der Ehre und Wertschätzung als verpönt sieht.
Wir stellen den Salafis die Frage: „Folgt ihr allen Ansichten der Ḥanafī Rechts-
schule, seid ihr nur an die Rechtsschule der Ḥanafīs gebunden?“, was sie defini-
tiv verneinen werden. Sie werden behaupten von jeder Rechtsschule zu nehmen
und einige lehnen die Rechtsschulen ohnehin allgemein ab. Nehmen wir jetzt
an, dass Imām Abū Ḥanīfa wirklich einen Wunsch aufgrund des Ranges als ver-
pönt sieht, das heißt, nicht als Schirk oder Bidʿa, sondern als verpönt, dann fol-
gen wir eben in diesem Punkt – so wie ihr auch euch beliebige Meinungen aus-
sucht – der Meinung der Ḥanbalī Rechtsschule, denn Imām Aḥmad akzeptierte
den Tawassul mit Personen.
Wenn ihr es als richtig erachtet, aus den verschiedenen Ansichten der Rechts-
schulen nach Belieben zu wählen, so ist eine solche Tat auch für uns ebenfalls er-
laubt. So angemessen wie eure Tat ist, ist es unsere Tat ebenso. Die Ḥanafī Rechts-
schule ist eine Rechtsschule, die aus einem Komitee besteht, das heißt, wenn
man in einem Thema Imām Abū Yūsuf folgt, darf man in einem anderen Thema
Imām Abū Ḥanīfa folgen. Wir folgen in diesem Punkt Imām Abū Yūsuf. Sogar
wenn ihr sagt, seine Beweise seien schwach, so stützen wir uns auf das, auf was
sich Abū Yūsuf auch stützte, - möge Allāh barmherzig mit ihm sein. Wir werden
142 30/47.
143 Ibn ʿĀbidīn, Radd al-Mukhtar, 5/540.
144 Imām al-Subkī, Schifāʾ al-siqām, S. 138.
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sehen, dass auch ihr und Ibn Taymiyya in der Verteidigung eurer Ansichten ei-
nige schwache Aḥādīth benutzt.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Propheten Muḥammad - Segen und Friede seien auf ihm -, dem Propheten der
Barmherzigkeit.“
Wenn dieser Ḥadīth ṣaḥīḥ ist, dann sollte dies nur auf den Gesandten Allāhs
- Segen und Friede seien auf ihm - beschränkt sein, denn er ist der Meister der
Kinder Adams… und dies steht einzig und allein unserem Propheten - Segen und
Friede seien auf ihm - aufgrund seines Ranges und seiner hohen Stufe zu.“
Imām al-Ghumārī sagt weiter: „Dies sind die exakten Worte des al-ʿIzz, die
wir aus seinen Fatāwā al-Mawṣulīyya zitiert haben. So wurde es auch von den
Autoren über die prophetischen Besonderheiten zitiert und übernommen, wie
von Ḥāfiẓ al-Suyūṭī, al-Qasṭallānī und anderen, welche sagten, dass das Schwö-
ren auf Allah durch den Propheten - Segen und Friede seien auf ihm - eine sei-
ner einzigartigen Qualitäten ist. Und das ist etwas anderes als das, was wir erör-
tern, nämlich das Fragen Allahs aufgrund des Ranges einer solchen und solchen
Person, ohne dass man durch diese schwört. Zwischen diesen zwei Themen ist
ein großer Unterschied, der offensichtlich ist, doch dies war für Ibn Taymiyya,
der diese beiden Themen miteinander durcheinanderbrachte, unklar, und Per-
fektion gebührt nur Allah.“148
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Wir sagen hierzu, dass in diesem Thema das Wohldenken über die Muslime
das Fundament ist, wie es beim Totengebet und in der Bezeugung seines Islāms
ist. Das Schlimmste, das passieren kann ist, dass man sich geirrt hat, und Zwei-
fel sind unnötig.
Ālūsī sagt auch: „Man macht tawassul zu Allāh - Erhaben und Makellos ist Er
- aufgrund der Liebe Allāhs zu seinem Propheten und dies muss die versteckte
Weisheit in Tawassul sein.“150
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Sie denken, sie tun etwas Gutes, zeigen die Qurʾānverse als Beweise und be-
zeichnen dann Milliarden Muslime als Götzendiener und Kuffār. Somit ergibt sich
die Möglichkeit, dass sich dieses Wort gegen sie selbst wandte. Sie befinden sich
in einem großen Irrtum und möge unser Herr ihnen gewähren, dass sie von die-
sem Fehler abkommen… Āmin…
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seiner Kraft und Macht vor und mein Erfolg ist nur von Allāh. Ihm vertraue ich,
Ihm wende ich mich zu.“156
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1. Man darf mit gesegneten und frommen Personen und der geehrten Fami-
lie des Propheten - Segen und Friede seien auf ihm - Tawassul machen und Al-
lah anflehen.
2. ʿAbbās b. ʿAbdulmuṭṭalib und Sayyidunā ʿUmar sind führende Ṣaḥābīs und
tugendhafte Menschen. Diese Demut des Sayyidunā ʿUmar und das Anerkennen
des Wertes des ʿAbbās, zeigt, welch hoch angesehener Mensch er ist.“ [Fatḥ al-
Bārī, Kapitel bzgl. der Duʿāʾ um Regen]
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ihm um die Vergebung Allāhs flehen und vom Gesandten erbitten, dass er für sie
ebenfalls um Vergebung flehe. Wenn sie dies machen, dann wird Allāh - Erhaben
und Makellos ist Er - ihre Reue akzeptieren. Deswegen gebietet Allāh - Erhaben
und Makellos ist Er -: „hätten sie gewiss Allah Allvergebend, Barmherzig gefunden.“
Eine Gruppe von Gelehrten, in der sich auch der Schreiber des al-Schāmil,
Scheich Abū Nasr ibn al-Sabbagh, befindet, überliefern von ʿUtbī folgende be-
rühmte [maschḥūr] Geschichte: „ʿUtbī erzählte: Ich saß am Grabe des Gesandten
Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm - während ein Beduine kam und folgen-
des sprach: „Friede sei auf dir oh Gesandter Allāhs! Ich hörte Allāh gebieten: „Und
wären sie zu dir gekommen, nachdem sie sich gegen sich selber vergangen hatten,
und hätten sie zu Allah um Verzeihung gefleht, und hätte der Gesandte für sie um
Verzeihung gebeten, hätten sie gewiss Allah Allvergebend, Barmherzig gefunden“,
so kam ich nun, von dir erbittend dass du um meiner Fehler wegen bei Allah um
Verzeihung für mich flehst und bei meinem Herrn die Fürsprache für mich ein-
legst!“, worauf er folgendes Gedicht rezitierte:
„O Bester all jener, deren Knochen tief in der Erde liegen,
Von dessen Geruch die Tiefen und Höhen süß werden!
Möge ich das Lösegeld für das Grab sein, welches dich beinhaltet,
In dem Reinheit, Lohn und Freigebigkeit zu finden ist!“
Der Beduine ging dann und mich überkam der Schlaf. In meinem Traum sah
ich den Gesandten Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm -, indem er sagte: „Oh
ʿUtbī! Gehe zu diesem Beduinen und teile ihm die frohe Botschaft mit, dass Allāh
- Erhaben und Makellos ist Er - ihm verziehen hat.“
Dies wurde in einigen Editionen leider aus dem Tafsīr des Ibn Kathīr entfernt.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Er sagte auch über das Grab des Maʿrūf al-Karkhī: „Es ist bekannt und eine
Heilung.“
Imām Dhahabī erwähnt die Aussage: „Sein Grab wird besucht“, mehr als 30x
in seinem Werk Sīyar, geschweige denn in seinem Tarikh al-Islām.
Fazit
Einige der Wahhabiten, die den Tawassul mit einer Person nicht akzeptie-
ren, beschuldigen jene, die es tun mit Schirk.
Wir sagen zu ihnen: Schawkānī, den ihr achtet, akzeptiert den Tawassul mit
dem Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – und anderen frommen Men-
schen. Ibn al-Jawzī, den ihr ebenfalls achtet, erzählt er sei an ein Grab gegangen
und habe dort Tawassul gemacht. Wir erfuhren auch, dass Ibn Taymiyya seine
Ansicht in Bezug auf den Tawassul mit dem Propheten änderte und erlaubte und
alle anderen Gelehrten, die wir auflisteten, befürworten dies.
Was sagt ihr dazu, dass eine Tat, die ihr als Schirk bezeichnet und, die einen
zum Kāfir macht, von euren geachteten Gelehrten und anderen hochgeschätzten
Gelehrten akzeptiert wird? Wollt ihr nun sagen, die Gelehrten kannten den Schirk
nicht, sie sahen nicht, welch unglaubliche Dinge sie da erlaubten?!
Ihr sagt sicherlich: Sie sind Menschen, sie machen auch nur Fehler!
Dann sagen wir euch: Ihr versteht die Qurʾānverse, in denen es heißt die Be-
wohner der Gräber würden nicht hören können, nach ihrer äußeren Bedeutung
und meint, die Toten würden wirklich nicht hören können.
Das heißt, jemand der Lesen und Schreiben kann, muss diese offensichtli-
che Bedeutung der Qurʾānverse verstehen, doch die Quelle eurer Ansichten, Ibn
Taymiyya und Ibn al-Qayyim, waren der Ansicht, dass die Toten hören können.
Und haben diese Gelehrten, die ihr achtet, etwa die offensichtliche Bedeu-
tung von „wir dienen nur Dir und wir erbitten nur von Dir Hilfe“, nicht verstan-
den, dass sie den Tawassul mit Menschen akzeptieren? Wie kann ein Fehler in
einer solch fundamentalen Angelegenheit geschehen, einer Angelegenheit, in der
es um Īmān geht?
Wenn ihr sagt, eure Gelehrten haben in solchen leichten und verständlichen
Angelegenheiten Fehler gemacht, dann heißt es, in Themen die weitaus schwerer
sind, werden sie weitaus mehr Fehler gemacht haben!
Somit gibt ihr gleichzeitig zu, dass ihr dann wahrscheinlich auch in anderen
Themen, in denen sie fehlerhaft sein könnten, ihnen folgt und euch vielleicht un-
wissend im Irrtum befindet.
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Behauptung:
Antwort:
In der Übersetzung dieses Verses gibt es wichtige Fehler oder gar Verfäl-
schungen. Um einige zu nennen:
1. So wie hier vielleicht eine unwissende Deutung gemacht wurde, kann es
auch eine Verwechslung oder Verwirrung gewesen sein, und Allāh weiß
es am besten. Die Bedeutung des Wortes yadʿūna, das heißt Daʿwā, meint
hier eine ʿIbāda, denn den Wissenden ist klar, dass Worte wie Daʿwā,
Duʿāʾ, Qawl, Wort, Ruf, Hilfe ersuchen, Suāl-istifham, Wunsch, Benennung
ʿIbāda zu einer Sache bedeuten können. Somit wäre hier die Überset-
zung als ‚Bittgebete‘ anstelle von ‚Ruf‘ korrekt. Wir werden darauf im
Folgenden genauer eingehen.158
2. Was ist mit ‚jeder will näher sein‘ überhaupt hier gemeint? Wenn das ir-
gendeiner versteht, dann soll er bitte vortreten! Die Bedeutung dieser
157 17/56
158 Rāghib, Mufradāt, S. 169. Samīn, Umdat al-Huffaz, 175. Suyūṭī, Mutarak al-Akran, 2/175 und
Muqatil b. Sulaymān, al-Wujūh wa al-Nazāir, 149.
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Stelle lautet, dass diejenigen, an die sie ihre Bittgebete richten und, die
sie anbeten, die näher zu ihrem Herrn sind, selbst Wege zu ihrem Herrn
suchen.
3. „Ruft die Dinge nur an…“, der Vers bezieht sich auf Sayyidunā ʿĪsā und
Sayyidunā ʿUzayr – Friede sei auf ihnen. Im Deutschen ist es unange-
bracht diese als ‚Dinge‘ zu bezeichnen. Passender wäre: „Ruft jene…“
Wenn ihr aber meint, mit dem Vers seien Götzen gemeint, dann fragt
man sich, wie diese Wege zu ihrem Herrn suchen? Was für eine Nach-
lässigkeit ist das?
92
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Kein Kāfir oder Götzendiener, kein Nicht-Muslim lehnt die Existenz Allāhs
ab, denkt jedoch, dass zwischen ihm und Allāh Vermittler sind, die von Seiten
Allāhs Erlaubnis bekommen haben und so wie sie vor Allāh sich verbeugen, ver-
beugen sie sich auch vor diesen.
Antwort:
Diese Verse denen anzumaßen, die gemäß dem Qurʾān und der Sunna le-
ben, ist eine große Verleumdung Allāh gegenüber und ein großer Interpretati-
onsfehler, weswegen wir dies trotz aller Anzeichen als einen ungewollten Feh-
ler akzeptieren.
Aus euren Worten geht hervor, dass ihr versucht abzulehnen, dass verschie-
dene Worte die gleiche Bedeutung tragen können, wodurch ihr dann unwissend
und unbewusst die Deutung des Qurʾān mit seiner eigenen Sprache und die Über-
setzung des Qurʾān in eine andere Sprache ablehnt und nicht akzeptiert. Und wie
könnt ihr so etwas sagen, während ihr die Verse doch absichtlich so übersetzt,
dass sie eurem Gedankengut entsprechen?!
Tarāduf und mutaradif, d. h., dass zwei Worte in einem Kontext die gleiche
Bedeutung tragen, ist eine in der Sprache vorhandene Angelegenheit. Wer nur
ein wenig die Sprache beherrscht, wird diesem zustimmen. Ja, wie diese Worte
grundlegend gleiche Bedeutungen tragen können, können sie auch verschiedene
Bedeutungen und Feinheiten beinhalten.
Es kann auch sein, dass eine Bedeutung manchmal mit Worten ausgedrückt
wird, die diese Bedeutung sowie andere Bedeutungen trägt. Wie ein Wort die glei-
che Bedeutung wie andere Wörter tragen kann, können zwischen ihnen auch all-
gemeine spezifische Verbindungen, allgemeine spezifische Bedeutungen aus dem
Kontext etc. auftreten.159 Dies sind sprachliche Feinheiten die denen nicht fremd
sind, die in der Sprache bewandert sind.
(Yaʿbudu) und (Yadʿū) haben verschiedene Seiten und Feinheiten,
welche die Bedeutungen der ʿIbāda tragen. So kann gesagt werden, dass mit
yaʿbudu jede Form der ʿIbāda gemeint ist, und mit yadʿū die Form der ʿIbāda ge-
meint ist, die mit Rufen und Flehen verbunden ist. Zwischen ihnen ist eine allge-
mein spezifische Verbindung durch den Kontext vorhanden.
Das heißt yaʿbudu beinhaltet ʿIbāda, welche das Rufen sowie andere ʿIbāda
auch beinhaltet und somit allgemeiner als yadʿū ist. Yadʿū ist spezifischer und
159 Wenn die Bedeutung eines Wortes die Bedeutung eines anderen Wortes einschließt, aber das
zweite Wort nicht die vollständige Bedeutung des ersten Wortes trägt, nennt man diese Ver-
bindung allgemeine und spezifische Verbindung.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
beinhaltet Rufe, die eine ʿIbāda darstellen und Rufe, die keine ʿIbāda darstellen.
Somit spezifiziert yadʿū die Bedeutung von yaʿbudu.
Kurzgefasst wissen die Gelehrten und jene, welche yadʿū mit yaʿbudu über-
setzen und, die Wissen haben über die vier möglichen Verbindungen der Wör-
ter, dass hier nicht eine vollkommene Gleichstellung vorhanden ist. Sie wissen,
dass aus vielen Gründen und Feinheiten hier anstelle yaʿbudu das Wort yadʿū be-
nutzt wurde.160
Während ihr also behauptet, dass hier nicht die Übersetzung mit ʿIbāda er-
laubt sei, behauptet ihr andererseits, dass die Duʿāʾ die Essenz der ʿIbāda darstellt
und überliefert dafür sogar Aḥādīth. Ihr seid wie Blätter im Wind und gleitet mal
hierhin, mal da hin. Wir glauben, dass nur einige bestimmte Arten der Duʿāʾ eine
ʿIbāda darstellen und einige keine ʿIbāda darstellen. 161
Um zum eigentlichen Thema zurückzukehren:
Für jede Form der ʿIbāda vor dem Götzen wird das Wort yaʿbudu benutzt,
wenn dies jedoch durch Rufen und Flehen geschieht, dann ist es eine ʿibāda, die
sich durch diese Tat manifestiert und wird als yadʿū bezeichnet und beschreibt
eine bestimmte Form der ʿIbāda. Das heißt, zur eigentlichen Bedeutung kamen
noch andere Bedeutungen und hierin ist kein Widerspruch.
In den arabischen Erläuterungen wird nicht jede Duʿāʾ als ʿIbāda verstanden,
sondern nur einige Duʿāʾ tragen die Bedeutung der ʿIbāda. Aus der Aussage: „Die
Duʿāʾ stellt die Essenz der ʿIbāda dar“, versteht man nicht, dass jede Duʿāʾ auch
gleichzeitig eine ʿIbāda ist.
Es gibt keinen Unterschied zwischen Arabern und Nicht-Arabern, wenn
es um das Verstehen von Worten und ihren korrekten Bedeutungen geht. Was
falsch ist, ist falsch. Dies kann dazu führen, dass nicht nur der Vers min dūnillah
/statt Allāh… falsch verstanden wird, sondern auch andere Verse falsch verstan-
den werden können, denn es ist unmöglich alle Feinheiten der Sprache und ihre
verschiedenen Bedeutungstiefen in einer Übersetzung wiederzugeben.162 Daher
sind einige erläuternde Worte nötig und diese benötigen wiederum Erläuterun-
gen in Klammern. Ansonsten verfällt man einem Fehler und dies führt zu noch
größeren Fehlern. Ja, einige Götzendiener und Kuffār glauben nicht an die Exi-
160 Die 99 Namen weisen alle auf den einzigen Namen hin, und zwar auf Allāh, doch ein jeder
Name beschreibt eine bestimmte Eigenschaft Allāhs. So ist es hier auch. Duʿāʾ, welche die Be-
deutung der ʿIbādah trägt, ist nur eine Eigenschaft der ʿIbādah.
161 Das Kapitel über Duʿāʾ wird folgen.
162 Deswegen sind wir auch der Ansicht, dass es nicht möglich ist mit der reinen Übersetzung
die Bestimmungen Gottes zu erfahren, sondern es unabdingbar auch die Lektüre eines Tafsīrs
benötigt und somit diese ungefähren Übersetzungen mehr Schaden als Nutzen verursachen.
Und Sie?
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
stenz Allāhs, doch zu behaupten, gar kein Kāfir glaube an die Existenz Allāhs,
ist schlichtweg falsch.
Denn einige der Kuffār lehnen offensichtlich die Existenz Allāhs als den
Schöpfer des Kosmos ab. Diejenigen, welche die Urewigkeit des Kosmos behaup-
ten und jene, welche die Eigenschaften Gottes vollständig ablehnen, gehören zu
dieser Kategorie. Diese sind gar philosophische Schulen.
Wenn man hier sagen will, dass diese Verse Muslime und Götzendiener glei-
chermaßen ansprechen und die Toten nicht hören können, dann ist dies ein Fehler.
Am Anfang des Buches behandelten wir das Hören der Toten mit Qurʾānversen,
Aḥādīth und Aussagen der Gelehrten.
Wie wir im 5. Ḥadīth noch sehen werden, kamen Prophetengefährten an das
Grab des Propheten und baten ihn um Duʿāʾ für seine Gemeinde.
Die Interpretation nach Gutdünken seitens der Wahhabis führt dazu, dass
zwischen Götzendienern und Muslimen kein Unterschied gemacht wird und so-
mit ein großer Schlag gegen die Einheit der Muslime geschieht und diese Mus-
lime gespaltet und geschwächt werden.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
anderen Person zu Allāh (Oh Allāh! Oh Irgendwer!). So ist jedoch jemand, der ei-
nen Gelehrten ruft nur dabei, Allāh anzurufen und bittet niemanden neben Allāh
oder gemeinsam mit Allāh.“
Schawkānī sagt weiter: „Wer mit den Propheten oder Gelehrten Tawassul
macht und glaubt, dass diese Teilhaber Allāhs sind, befindet sich wahrlich in ei-
nem großen Irrtum.“165
„Wisset, die reine Religion gebührt nur Allāh! Wer anstelle Ihn die Götzen
als seine Beschützer nimmt, sagen: „Wir dienen ihnen nur, damit sie uns Allāh
näherbringen.“166
Die erwähnte Übersetzung ist die, die mit fast allen Qurʾānerläuterungen
übereinstimmt. Dies ist auch die Übersetzung des offiziellen Religionsamtes,
doch die Wahhabis versuchen das äußerste damit das Wort Walī in diesem Vers
als die Freunde Allāhs aufgefasst wird, und übersetzen dies als:
„Wisset, die reine Religion gebührt nur Allāh! Und diejenigen, die andere als
ihn als Walī erachten, sagen: „Wir beten diesen nur an, damit sie uns Allāh nä-
herbringen!““
Danach gehen sie gar weiter und versuchen jene, welche die Freunde Allāhs
lieben und mit ihnen zu Allāh Tawassul machen als Menschen darzustellen, die
diese spirituellen Anleiter anbeten und vergleichen sie mit den Götzendienern in
diesen Versen. So halten sie jene, die sich nur vor Allāh niederwerfen, gleich mit
jenen, die sich vor leblosen Steinen und Götzen niederwarfen!
So sind also für euch die Götzen, die sagten: „ /Wir
beten die Götzen nur an, damit sie uns zu Allāh näherbringen.“ , gleich den Mus-
167
Beide ähneln sich also? Ein solcher Vergleich ist nicht möglich, denn der Ver-
gleich hat Grenzen und Maßstäbe. Wenn der Maßstab/Grund (manāt) in eurem
Vergleich das Ersuchen eines Mittels ist, so gibt es farḍ, wājib, sunna, mustaḥab,
mandūb, mubāḥ, makrūh und ḥarām Mittel.
Wenn ihr dann keine schlechten Absichten habt und sagt, das eurer manāt
die Anbetung der Götzendiener ist, so gibt es niemanden der so etwas tut und
behauptet, doch die Götzendiener sagten, dass sie diese Götzen anbeten und die
Anbetung der Götzen kann kein manāt sein, sondern nur ein Resultat.
165 ʿAllāma Dijwī, Maqālat al-ʿAllāma fī Radd ʿāla al-Taymiyyīn, S. 11-12.
166 39/3.
167 39/3.
168 5/35
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Wenn ihr aber Urteile fällt, ohne euch auf ein Vergleich zu stützen und die
Tat derer, die ihr ansprecht, bei den Taten der Götzendiener einordnet, dann hört
damit auf. Eine wissenschaftliche Diskussion und Erörterung ist etwas anderes,
und ein Streit ebenso.
Wenn ihr sagt: „Wir akzeptieren, dass nicht jedes Mittel gleich Schirk sein
muss, aber mit dem Vers „Sucht ein Mittel“, ist dieses und jenes gemeint“, dann
fragen wir euch, woher ihr euch das Recht nimmt ohne eine definitive Einschrän-
kung durch einen Qurʾānvers oder Ḥadīth die Bedeutung zu spezifizieren und
einzuschränken?
Der Vergleich der Götzen, die von Allāh nicht einmal eine sprachlich metapho-
rische Zuschreibung oder der Realität des Brauches gemäß Kraft und Macht be-
kommen haben, mit denen zu vergleichen, die dies bekommen haben, ist keine Sa-
che die von intelligenten Personen gemacht wird, geschweige denn von Gelehrten!
Die Muslime, die sagen, dass Menschen und Geisterwesen von Allāh eine be-
stimmte Befähigung der Kraft und Macht bekommen haben, die Er in ihnen er-
schafft und, die dies nur mit Seiner Erlaubnis, Seinem Willen, Seiner Macht und
Seiner Erschaffung benutzen können, gleichzusetzen mit Götzendienern, die be-
haupteten, dass die kraftlosen Götzen eben doch Kraft habe und diese Kraft von
Gott ihnen ‚überlassen‘ wurde, ist für jemanden mit Verstand und Īmān nicht ver-
ständlich und stellt ein Spielen mit Qurʾānversen und Aḥādīth dar.
Ihr falsches Verständnis wird von vielen Qurʾānversen und Aḥādīth abge-
lehnt. Einige der Qurʾānverse, die uns befehlen dem Weg der Freunde Allāhs zu
folgen und sie als Freunde zu haben, sind:
169 8/34.
170 31/15.
171 5/55.
97
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ِِ ِ
ين
َ الصادق
َّ اهلل َو ُكونُوا َم َع َ َيا أَ ُّي َها ا َّلذ
َ ين َآمنُوا َّات ُقوا
„O ihr, die ihr glaubt, fürchtet Allah und seid mit den Wahrhaftigen.“172
Allāh befiehlt uns mit seinen Freunden und allgemein mit den vollkommenen
Muslimen Freundschaft zu pflegen. Sagt aber Allāh, dass er diesen Götzen den
gleichen Rang und das gleiche Wissen gab? Nein! Doch er sagt zu seinen Dienern:
ِ ِ ِ ٍ ِ ِ
ين َ ِإ َّن في َذل َك
َ آليات ل ْل ُم َت َو ّسم
„Wahrlich, hierin liegen Zeichen für die Einsichtigen.“176
Der Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – sagte:
: قال رسول اهلل صلى اهلل عليه وسلم:عن أبى سعيد الخدري رضى اهلل عنه قال
.اتقوا فراسة المؤمن فإنه ينظر بنور اهلل
„Schützt euch vor der Einsicht (farāsah) des Gläubigen, denn er sieht mit
dem Licht Allāhs.“177
172 9/119.
173 8/29.
174 Bukhārī, Faḍāil al-Ṣaḥāba, 6.
175 Al-Bayhaqī, La’laqaida, Scharḥ al-Sunna, 2/3; Ibn Kathīr, al-Bidāya, 7/131.
176 15/75.
177 Tirmidhī, Tafsīr, 16, Nr. 3127. Bukhārī, Tārīkh, Nr. 1529.
98
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Ein Mann, der auf dem Weg eine Frau ansah, kam zu Sayyidunā ʿUthmān -
möge Allāh mit ihm zufrieden sein – und Sayyidunā ʿUthmān sagte zu ihm: „Ei-
ner von euch betrat den Raum und in seinen beiden Augen sind die Spuren der
Unzucht“, worauf der Mann erwiderte: „Kommt etwa nach dem Gesandten Allāhs
noch Offenbarung?“, und Sayyidunā ʿUthmān - möge Allāh mit ihm zufrieden sein
– sagte: „Nein, doch der wahre Gläubige hat Einsicht (farāsa).“178
Sagt Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - irgendwo, er habe den Götzen
Furqān, Farāsa, Weitsicht und Licht gegeben?! Wie also könnt ihr die Götzen mit
solchen Menschen vergleichen?!
Der Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – wurde gefragt: „Wer
sind diese Walī, über die hier gesprochen wird?“, und er - Segen und Friede seien
auf ihm - antwortete: „Die Freunde Allāhs sind jene, bei deren Anblick man an
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - ist, denkt.“179
Wenn man einen Götzen sieht, denkt man Schirk. Wie könnt ihr dann Men-
schen, deren Anblick an Allāh erinnert, mit den Götzen vergleichen?
Die Wahhabis wenden Interpretationen an, um die Freunde Allāhs mit den
Götzen zu vergleichen und die Ṣūfīs schlimmer als Götzendiener darzustellen, wel-
che der Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – selbst nicht tat und
ein Mensch, der kein Wissen hat und keine tiefgehende Einsicht in dieses Thema
glaubt ihnen sehr leicht, doch wenn man in das Thema eintaucht sieht man, dass
es gar nicht so ist wie sie behaupten, denn ihre Deutungen geschehen abseits von
Qurʾānversen und Aḥādīth.
Das heißt also, dass mit ‚Walī‘ in dem Vers nicht die Gläubigen gemeint sind,
sondern Götzen und andere Wesen des Schirk. So wurden diese Verse ja auch über
die Götzendiener offenbart.
Die Götzendiener Mekkas beteten die Götzen an, die sie mit ihren eigenen
Händen hergestellt hatten, und sie formten sogar Götzen aus Käse und Süßspeise,
welche sie dann verzehrten, wenn sie Hunger hatten. Sie glaubten an einen Gott,
der die Himmel, die Welten, sie selbst erschuf und sie versorgte, doch sie schrie-
ben dem Erhabenen dennoch andere Wesen zu und behaupteten, diese hätten
Verfügungsgewalt über Allāh:
„Und sie haben für Allāh einen Anteil an den Feldfrüchten und dem Vieh, das
Er wachsen ließ, ausgesetzt, und sie sagen: „Das ist für Allāh“, wie sie meinen,
„und das ist für unsere Teilhaber (Götzen).““180
178 Nabhani, Hujjatullah, S. 862.
179 Ḥākim, Tirmidhī, von Ibn ʿAbbās. Kanz al-Ummar, Nr. 1783.
180 6/136.
99
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„Und wenn sie etwas Abscheuliches begehen, sagen sie: „Wir haben es als
Brauch unserer Väter vorgefunden, und Allah hat es uns befohlen.“ Sag: „Allah
befiehlt nichts Abscheuliches. Wollt ihr (denn) gegen Allah etwas aussagen, wo-
von ihr kein Wissen habt?““181
„Und wenn ihnen gesagt wird: „Folgt dem, was Allāh herabgesandt hat“, so
sagen sie: „Nein! Wir folgen dem, bei dem wir unsere Väter vorgefunden haben“,
auch, wenn ihre Väter nichts begriffen hätten und nicht recht geleitet gewesen
wären?“182
„Will er denn aus den (verschiedenen) Göttern einen einzigen Gott machen?
Das ist doch merkwürdig.“183
Der Verstand der Epoche der Unwissenheit, welche seit jeher dem Schirk sei-
ner Vorfahren gewohnt war, dieser Mensch verstand nicht, dass all diese Gefühle
und Wünsche nur von einem einzigen Gott befriedigt werden können und die-
ser einzige Gott die Macht über alles hat und beherrscht. Sie waren verwundert
über den Tawḥīd, doch wenn man sie fragte, sagten sie, dass sie ihre Götzen nur
anbeten, um Allāh näher zu kommen, was mehr eine Ausrede als Realität war.
In diesen Qurʾānversen teilt uns Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – mit,
dass er ihre närrischen Ausreden in ihr Gesicht werfen wird und am Tag des Ge-
richts sie verurteilen wird. Hier sind ebenfalls die Christen, die Jesus Gott beige-
sellen und die Juden, die ʿUzayr Gott beigesellen, gemeint. Diese sind Götzendie-
ner geworden, weil sie neben Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - noch anderen
Wesen Macht und Kraft zuschrieben, das heißt, sie dachten, ʿĪsā und ʿUzayr hät-
ten eigenständige Macht und Kraft. Die Ṣūfīs sind auf dem Glauben der Sunniten
und die Ṣūfīs sehen auf den Stufen des Fanā fī al-afʿāl, Fanā fī al-Ṣifat und Fanā
fī al-Dhāt keinen anderen mehr Handeln außer Allāh, sehen keine Eigenschaften
und niemanden außer Allāh mehr und sie sind stark dagegen, dass man anderen
Wesen neben Allāh irgendwelche Mächte oder Fähigkeiten zuschreibt.
Aussagen wie: „Ich habe geholfen, ich habe zu Trinken gegeben, ich habe mich
hingesetzt, ich bin aufgestanden.“, sind alles metaphorische Aussagen, denn wahr-
lich helfen, speisen, sättigen, sitzen lassen und aufstehen, lässt einzig und allein
nur Allāh - Erhaben und Makellos ist Er . Weder ein Prophet noch ein Walī kann
ohne die Erlaubnis und die Kraft Allāhs auch nur ein Haar bewegen.
181 7/28.
182 2/170.
183 38/5.
100
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„Sag: „Allāh ist der Schöpfer allen Seins, und Er ist Der Einzigartige, Der
Allbezwingende.““184
Somit gehören auch die Taten der frommen Person, durch die man Tawas-
sul macht, Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - , doch wenn Allāh erlaubt, gibt
es für sie nichts, was schwer ist. So wie der Prophet - Segen und Friede seien auf
ihm – als Wunder den Mond in zwei spaltete und wie ein vertrockneter Baum
Sayyida Maryam als eine Wundertat Datteln gab.185
Darüber sagt der Qāḍī ʿIyāḍ - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – folgendes:
„Das der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – Sayyidunā Muʿādh - möge
Allāh mit ihm zufrieden sein – nach Jemen mit dem Auftrag sandte, den Jeme-
niten erst einmal Tawḥīd beizubringen und danach sie zu der Prophetenschaft
Muhammads aufzurufen ist ein Beweis dafür, dass sie Allāh - Erhaben und Ma-
kellos ist Er - vorher nicht kannten. Die Aussage über die Juden und Christen ist
gemäß der Mehrheit der Gelehrten die gleiche Aussage.
So sehr auch auch die Juden und Christen behaupten Allāh anzubeten und
mit ihren himmlischen Beweisen versuchen zu sagen, dass sie Allāh - Erhaben
und Makellos ist Er – kennen, so kennen sie doch in Wahrheit Allāh nicht, und
die Vernunft akzeptiert nicht, dass ein Mensch Allāh erkennt, ohne dass ein Pro-
phet zu ihm gesandt wird.“186
al-Qāḍī ʿIyāḍ sagt weiter:
„Die Juden, die Allāh mit seiner Schöpfung vergleichen und die Christen, die
ihm ein Kind, eine Frau oder ihm das Eindringen in die Schöpfung zuschreiben
und eine Vermischung zwischen Gott und Schöpfung als möglich sehen, sowie
die Feueranbeter, die Allāh mit Eigenschaften beschreiben, die Ihm nicht gebüh-
ren und ihm bestimmte Dinge beigesellen und andere solche Gruppen haben in
Wahrheit Allāh nicht erkannt.
Daher, auch wenn sie den Gott, den sie anbeten als ‚Allāh‘ bezeichnen, so ist
dieser Gott doch nicht Allāh, denn er hat die Eigenschaften Gottes, dessen Exi-
stenz eine logische Notwendigkeit ist, nicht. Das heißt, die Christen und Juden
kennen Allāh nicht wirklich.“187
Der Ḥāfiẓ Ibn Ḥajar al-ʿAsqalānī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – sagt
in seinem Meisterwerk Fatḥ al-Bārī:
„Die führenden Gelehrten der Theologie sprachen: Die angebetete Gottheit
derer, die Allāh mit der Schöpfung vergleichen oder ihm eine Hand (als Organ
184 36/83.
185 13/16.
186 19/24 -25.
187 Ahmed Davudoğlu, Sahih-i Müslim Tercüme ve Şerhi, Sönmez Yayınevi, İst. 1977, I, 175.
101
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
oder Körperteil etc.) zuschreiben, oder ihm ein Kind zuschreiben, ist nicht Allāh,
so sehr sie diese Gottheit auch als Allāh bezeichnen.“188
Fazit
„Und diejenigen, die statt Ihm sich die Götzen als Freunde nehmen: „Wir die-
nen ihnen nicht, außer damit sie uns zu Allāh eine nähere Stellung verschaffen.“189
Sie führen auch folgenden Vers an:
„Sag: Ich vermag mir weder Schaden (zuzufügen) noch Nutzen (zu verschaffen),
soweit es Allah nicht anders will.“190
Imām Schawkānī sagte: „Die Beweisführung mit diesem Vers ist genauso,
denn der Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – sagt, dass er nicht
einmal fähig ist sich selbst Nutzen zu bringen oder Schaden zuzufügen. In die-
sem Vers geht es jedoch nicht darum, dass man mit dem Gesandten Allāhs, den
Awliyāʾ, den Gelehrten und den Frommen kein Tawassul machen darf. Allāh - Er-
haben und Makellos ist Er - gab seinem Gesandten al-Maqām al-Maḥmūd (die
Stufe der großen Fürsprache) und Er gab die frohe Botschaft für diejenigen, die
seine Fürsprache ersuchen: „Erhebe dein Haupt oh Muḥammad! Sprich was du
willst, Wir werden es dir gewähren.“191
Die Aussage: „So ruft niemanden neben Allāh an!“192, bezieht sich auf Aussa-
gen wie „Oh Allāh! Oh Soundso!“ und verbietet das Anrufen anderer neben Allāh.
Eine Person jedoch, die Tawassul mit einem Propheten oder Freund Allāhs
macht, macht nur zu Allāh Duʿāʾ, aber bittet um die Akzeptanz seiner Bitte auf-
grund der guten Taten anderer Menschen.
So befreiten sich die drei Menschen, vor deren Höhleneingang ein großer
Stein gerollt war, mit der Duʿāʾ und der Bitte um ihrer guten Taten Willen.193
Der Vers: „Jene, die zu anderen als Ihn Duʿāʾ machen, diese (zu denen sie Duʿāʾ
machen) können ihrem Ruf nicht antworten“194, behandelt das Thema des Anru-
fens anderer als Allāh, indem man seinen Herrn vollständig verlässt und ande-
ren schwachen Wesen vertraut und sich ihnen vollkommen überlässt. Derjenige
jedoch, der mit den Awliyāʾ Tawassul macht, macht nur zu Allāh Duʿāʾ und weder
verlässt er Allāh, noch ruft er neben Allāh einen anderen an.
188 Ibn Ḥajar, Fatḥ al-Bārī, 3/359; Dār al-Maʿrifah, Beirut.
189 39/3.
190 10/49.
191 Nasāʾī, al-Sunan al-Kubrā, Tafsīr, 185. Ibn Mājah, Zuhd, 37.
192 73/18.
193 Bukhārī, Muzāraa, 31; Muslim, Dhikr, 100.
194 13/14.
102
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Wenn du dies verstehst, begreifst du, dass diese Verse nichts mit dem zu tun
haben, worüber hier gesprochen wird.“
Imām Schawkānī besiegelt seine Worte: „Eine Person die Tawassul macht mit
einem der Propheten oder einem der Gelehrten oder einem der Awliyāʾ glaubt
nicht, dass diese Person deren Vermittlung er ersucht, irgendeine Teilhaberschaft
neben Allāh besitzt. Wer einen solchen Glauben hat, ist irregeleitet.“195
So sagt Imām Schawkānī auch:
„Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - gebietet: „Warne deine nächsten
Verwandten“196, und der Gesandten Allāhs sprach nach der Offenbarung dieses
Verses:
„Oh Banī Kāʿb b. Luay! Bewahrt euch vor dem Feuer! Oh Banī Murrat b. Kāʿb!
Schützt euch vor dem Höllenfeuer! Oh Banī ‘Abd al-Schams! Bewahrt euch vor
dem Feuer! Oh Banī ‘Abd al-Mannāf, bewahrt euch vor dem Feuer! Oh Söhne Ha-
schims! Bewahrt euch vor dem Feuer! Oh Banī ‘Abd al-Muṭṭallib! Bewahrt euch
vor dem Feuer! Oh Fāṭimah! Bewahre dich vor dem Feuer! Denn ich Besitze bei
Allāh nichts für euch!“197
Dieser Ḥadīth ist kein Hinweis gegen Tawassul.
In diesem Ḥadīth teilt uns der Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien auf
ihm – mit, dass niemand außer Allāh Schaden zufügen kann und, wem Allāh Scha-
den zufügen kann, von dem kann es niemand abwehren. Dies ist jedem Muslim
bekannt, und aus diesem versteht man nichts anderes als, dass man bei Allāh
um die Erfüllung seiner Wünsche bitten soll, und Tawassul bedeutet die Sache
von dem zu wünschen, der der Besitzer dieser Sache ist. Wenn man ein Bedürf-
nis hat, so legt die Person vor die Person, die im Besitz der Fähigkeit ist die Sa-
che abzuwehren oder nicht, einen vermittelnden Grund, und dieser vermittelnde
Grund ist Tawassul.198
Diejenigen, die den Tawassul mit Personen nicht akzeptieren, akzeptieren
jedoch, dass man eine andere Person um Duʿāʾ für sich selbst bitten darf, doch
auch dies ist das Ersuchen einer Vermittlung zu Allāh.
Beim Tawassul mit Personen sagt man in der Duʿāʾ: „Oh Allāh! Für die Liebe,
die Achtung und den Rang, den diese Person bei dir hat, helfe uns!“, und bittet
somit direkt von Allāh. Doch in beiden Arten der Duʿāʾ wird ein Mensch als Ver-
mittler genommen.
103
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Was ist eine Metapher und was ist die Hilfeersuchung (istiʿāna)?
Wenn die Wahhabis sagen, dass man auf die äußere Bedeutung der Worte
achtet und diese verwertet, dann heißt es in der Widerlegung dieser Worte im
Werk Al-Uṣūl al-Arbaʿa fī Tardid al-Wahhābiyya:
„Sie sagen sofort Schirk und Kufur, sogar wenn die Aussage, dass ein Mensch
eine Sache vollbracht hat als Metapher verwendet wird. So ist es doch aber Allāh
selbst, der im Qurʾān an vielen Stellen oft erwähnt, dass in Wirklichkeit er es ist,
der diese Dinge tut, und metaphorisch seinen Dienern zuschreibt.
So heißt es in einem Vers: „Die Entscheidung (hukm) steht Allah allein zu.“199,
also dass Allāh der alleinige Richter ist, doch in einem anderen Vers heißt es:
„Doch nein, bei deinem Herrn; sie sind nicht eher Gläubige, bis sie dich zum Rich-
ter über alles machen…“200
Im ersten Vers heißt es, dass Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – der ein-
zige, wahre Richter ist und nur Ihm das Urteil zusteht. Im zweiten Vers jedoch
erfahren wir, dass wir einen Menschen als Richter bezeichnen können, wenn
auch nur metaphorisch. Jeder Muslim weiß, dass nur Allāh - Erhaben und Makel-
los ist Er – derjenige ist, der sterben und wiederauferstehen lässt. So heißt es im
Qurʾān: „Allāh zieht die Seelen (der Menschen) bei ihrem Tod ein, sowie von de-
nen, die noch nicht den Tod erfuhren, während ihres Schlafes.“201, und in einem
anderen Vers heißt es metaphorisch: „Sag: Der Engel des Todes, der für euch zu-
ständig gemacht wurde, wird eure (Seelen) vollständig einziehen, dann werdet
ihr zu eurem Herrn zurückgebracht.“202
Allāh alleine ist es, der Gesundheit gibt, denn Er sagt: „Und wenn ich krank
bin, ist Er es, Der mich heilt …“203, doch er schreibt dies woanders Sayyidunā ʿĪsā
zu: „ Und ich werde mit Allahs Erlaubnis Blinde und Aussätzige heilen und Tote
(wieder) lebendig machen.“204
Im Qurʾān heißt es auch, dass Sayyidunā Jibrīl metaphorisch sagte: „Ich gebe
dir ein reines Kind.“205
Der wahre Besitzer des Menschen ist Allāh und der Vers im Qurʾān: „Allāh
ist der Behüter der Gläubigen…“206 wird dies offensichtlich erwähnt.
199 6/57.
200 4/65.
201 39/42.
202 32/11.
203 26/80.
204 3/49.
205 19/19.
206 5/56.
104
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
In einem anderen Vers heißt es: „Und wer Allah und Seinen Gesandten zu
Behütern nimmt…“, und woanders: „Der Prophet steht den Gläubigen näher als
sie sich selber…“207, und Allāh teilt uns in diesen Versen mit, dass auch Menschen
die Behüter und Schützer anderer Menschen sein können, wenn auch nur meta-
phorisch. Somit ist auch Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - der einzige, wahre
Helfer, doch auch die Gläubigen werden Helfer genannt.
Der wahre und einzige Rabb (Herr) der Menschen ist Allāh, doch metapho-
risch darf man auch andere als Rabb bezeichnen: „Erwähne mich bei deinem
Herrn (Rabb)!“208
Was bedeutet es, dass ein Gläubiger den Qurʾān versteht? Beispielsweise le-
sen wir einen Vers und urteilen dann sofort nach diesem Vers. Ist diese Tat rich-
tig, selbst wenn unsere Absicht korrekt ist?
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - gebietet: „Gläubig sind wahrlich dieje-
nigen, deren Herzen erbeben, wenn Allah genannt wird, und die in ihrem Glau-
ben gestärkt sind, wenn ihnen Seine Verse verlesen werden, und die auf ihren
Herrn vertrauen.“209
Wenn man diesen Vers alleinestehend hernimmt und nach seinem äußeren
Wortlaut geht, muss man dann nicht urteilen, dass all jene, deren Herzen nicht er-
beben und deren Glauben nicht gestärkt wird, keine Muslime sind? Solche Verse
und Aḥādīth gibt es zuhauf!
In Ṣaḥīḥ Bukhārī heißt es, dass ‘Abdullah b. ʿUmar - möge Allāh mit ihm zu-
frieden sein – über die Khawārij, die den Vers: „Die Entscheidung steht Allāh
zu“210, als Beweis brachten um Sayyidunā ʿUthmān, ʿAlī, Ṭalḥa, Zubayr, ʿĀʾischa,
Abbās - möge Allāh mit ihnen zufrieden sein – als Kuffār zu bezeichnen: „Wahr-
lich, sie haben die Verse, die über die Götzendiener offenbart wurden, gegen die
Muslime benutzt.“211
Unser Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – sagte über die Khawārij:
„Sie werden die Gläubigen töten und die Götzendiener und die Kuffār in Ruhe
lassen.“212
Auch in unserer heutigen Zeit gibt es die Khawārij, nur ihr Name hat sich
verändert. Die Feinde des Tawassul und des Taṣawwuf erachten wir nicht auf
der gleichen Stufe wie die Khawārij, doch ihre Methoden und ihre Haltung uns
gegenüber ist die Methodik und Haltung der Khawārij.
207 33/6.
208 12/42.
209 8/2.
210 12/40.
211 Bukhārī, Istitāba, 6.
212 Bukhārī, Tawḥīd, 23; Muslim, Zakāt, 143; Abū Dāwūd, Sunna, 31.
105
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Wahhabiten nehmen die Qurʾānverse, welche über die Götzendiener mit
einem anderen Glauben offenbart wurden und verwenden sie gegen die Muslime
und ziehen daraus Schlüsse, die von Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - nicht
gemeint waren. Das heißt, sie interpretieren die Qurʾānverse ihren Neigungen
nach und erachten Muslime und Götzendiener vor Allāh gleich. Fürchten sie denn
nicht, dass sie Allāh mit solchen Worten verleumden?
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - gebietet: „Sollten Wir etwa die Gotter-
gebenen wie die Schuldigen behandeln. Was ist (los mit) euch? Wie urteilt ihr?“213
106
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Wenn die Muslime dem Übel und den Sünden gegenüber schweigen und sich
nicht dagegen erheben und die Menschen nicht versuchen davon abzubringen,
werden ihre Bittgebete nicht anerkannt. Die Worte des Propheten - Segen und
Friede seien auf ihm – sind hier eindeutig:
„Ich schwöre auf Allāh, in dessen Hand meine Seele liegt, entweder werdet
ihr das Gute gebieten und das Schlechte verbieten, oder Allāh wird in naher Zeit
seine Strafe auf euch herabsenden und dann werdet ihr Duʿāʾ machen, aber eure
Duʿāʾ wird nicht erhört werden.“218
„Entweder verbietet ihr das Schlechte und gebietet das Gute, oder Allāh wird
die Schlechten über eure Guten bringen und dann werden eure Guten Duʿāʾ ma-
chen, aber ihre Duʿāʾ wird nicht akzeptiert.“219
„Bevor ihr zu Allāh Duʿāʾ macht und sie nicht mehr angenommen wird und
bevor ihr Reue ersucht, sie aber nicht mehr akzeptiert wird und eure Schuld nicht
mehr vergeben wird, sollt ihr das Gute gebieten und das Schlechte verbieten.“220
107
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
wenn sie in einer Sache auf Allāh schwören, lässt Allāh ihren Schwur nicht zur Lüge
werden. (All ihre Bittgebete werden akzeptiert.) Barā b. Mālik zählt zu diesen.“222
Die Ṣaḥāba waren so oft Zeuge von der schnellen Akzeptanz der Duʿāʾ von
Barā b. Mālik gewesen, dass sie auf dem Schlachtfeld in sehr heiklen Situationen
zu Barā eilten und ihn baten: „Schwöre dass wir die Schlacht gewinnen werden!
Allāh wird deinen Schwur erfüllen!“223
ʿUmar - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – bat den Gesandten Allāhs - Se-
gen und Friede seien auf ihm – um die Erlaubnis für die Umra. Der Gesandte
Allāhs erlaubte ihm die Umra und sprach: „Mein Bruder! Vergiss uns nicht in
deinen Duʿāʾs!“224
Der Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – betete: „Oh Allāh!
Akzeptiere die Bittgebete Saʿds, wann auch immer er zu dir betet!“, und darauf-
hin wurden alle Duʿāʾs von Saʿd akzeptiert.225
Werden unsere Bittgebete nicht akzeptiert? Benötigen wir Tawassul? Es kann
sein, dass ihr und wir Fehler begehen. Der Gesandte Allāhs ist es, der am aller-
besten den Qurʾān verstand, und die Ṣaḥāba waren es, die den Gesandten Allāhs
am besten verstanden. Der Gesandte Allāhs hat die vorherigen Propheten in sei-
nen Bittgebeten als Vermittler genommen, wie wir es noch sehen werden. Nach
dem Tod des Propheten nahmen die Ṣaḥāba den Propheten als Vermittler in ih-
ren Duʿāʾs, wieso also sollten wir dies nicht tun?
Jetzt werden wir auf die Qurʾānverse und Aḥādīth in Bezug auf Tawassul
eingehen und sie nach beiden Gruppen erörtern.
108
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ين َآمنُوا َّات ُقوا اللهَّ َ َو ْاب َت ُغوا ِإ َلي ِه ا ْل َو ِسي َل َة ِ
َ َيا أَ ُّي َها ا َّلذ
ْ
„O ihr Gläubigen! Fürchtet Allāh und bemüht euch um Mittel und Wege, die
euch Ihm näherbringen…“226
109
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
den Propheten mit frommen Taten! „Und bemüht euch um Mittel und Wege…“,
versucht Ihm durch Taten, mit denen Er wohlgefällig ist, nahe zu kommen!“
Die wahre Bedeutung des Wortes Wasila ist die Bedeutung, welche die Allge-
meinheit der ʿUlamāʾ bestätigt, nämlich, sich Allāh - Erhaben und Makellos ist Er
- zu nähern gemäß dem Vorbild des Propheten und mit Ikhlāṣ. Im Tafsīr des Ibn
ʿAbbās ist diese Bedeutung ebenfalls zu finden. Das größte Mittel und der beste
Weg um Allāhs Wohlgefallen und Barmherzigkeit zu erreichen ist das Flehen und
Bitten Allāhs um die Erfüllung der Bedüfnisse, welches die größte ʿIbāda darstellt.
Wer diese Analyse gelernt hat, wird verstehen, dass die Deutung derer, die
den Taṣawwuf behaupten, dass Wasila ein Scheich sei, der als Vermittler zwi-
schen Allāh und dem Menschen fungiert, nichts anderes als ein Irrweg und eine
Blindheit ist.
Dies ist unsere Deutung der Wasila und kann auch aus dem folgenden Vers
verstanden werden:
110
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Mandūb und Mubā bezeichnen lassen. Auch wenn es Makrūh und Ḥarām230 Wa-
sila gibt, kann man mit Ḥarām und Makrūh Wasilas, die durch Qurʾān, Sunna, den
Konsens der Gelehrten und Analogieschluss bestätigt sind, Allāh - Erhaben und
Makellos ist Er – nicht erreichen.
Wasilas die durch Qurʾān, Sunna, Ijmāʿ und Qiyās als Farḍ, Wājib, Sunna,
Mustaḥab, Mandūb und teilweise gar als Mubāḥ bezeichnet werden sind in
diesen Vers eingeschlossen. Dinge, für die es und gegen die es keine Hinweise
gibt, die also von der Scharīʿa nicht eingeordnet wurden, können gemäß dem
Ḥadīth: „Eine jede Tat ist gemäß ihrer Absicht“, manchmal gar mandūb und
mustaḥab sein.
Das heißt all diese Dinge können wir als Wasila zu Allāh - Erhaben und Ma-
kellos ist Er – nehmen. Diese haben keine bestimmte Anzahl und keine Grenzen.
Sich von der Menge zurückzuziehen und alleine zu leben, wenn es angemessen
ist… eine Zurückgezogenheit, die gemäß ihren Regeln ist… das Umherreisen in
den Ländern innerhalb des Scharīʿa Rahmens… das wenige Essen, ohne dass es
einem schadet… das Essen von mubāḥ, um Dankbarkeit zu zeigen, oder das Ver-
meiden des Essens aus Angst vor Rechenschaft… Zu schweigen, um Erleuchtung
und Weisheit zu erlangen, ohne das Riyāʾ und Hochmut darin ist… etc. Kurzge-
fasst eine jede Sache, die der ʿIbāda behilflich ist oder sie unterstützt und mit der
richtigen Absicht gemacht wird, ist eine akzeptierte Wasila.
ِ ِ ِ
ين
َ ِالصابِر َ الصالَة ِإ َّن
َّ اهلل َم َع َّ ِالص ْبرِ َو َ َيآأَ ُّي َها ا َّلذ
َّ ين َآمنُوا ْاس َتعينُوا ب
„O ihr, die ihr glaubt, sucht Hilfe in der Geduld und im Gebet; wahrlich Al-
lah ist mit den Geduldigen.“231
آد َم بِا ْل َح ِّق ِإ ْذ َقر َبا ُقر َبا ًنا َف ُت ُقب َِل ِم ْن أَ َح ِد ِه َما َو َلم يُ َت َقب ْل ِم َن
َ َو ْات ُل َع َل ْيهِ ْم َن َبأَ ْاب َن ْي
َّ ْ ّ ْ َّ
ِاآلخر
َ
„Und verlies ihnen in Wahrheit die Geschichte von den zwei Söhnen Adams, als
sie beide ein Opfer darbrachten, und es von dem einen angenommen und von dem
anderen nicht angenommen wurde. Da sagte dieser: „Wahrhaftig, ich schlage dich
tot.“ Jener erwiderte: „Allah nimmt nur von den Gottesfürchtigen (Opfer) an.“232
230 Kufr und Schirk gehören zu Ḥarām.
231 Bukhārī, Baʿd al-Waḥy, 1; Muslim, Imārah, 45; Abū Dāwūd, Talāq, 11; Tirmidhī, Faḍāil al-Jihād,
16; Nasāʾī, Ṭahāra, 60.
232 2/153.
111
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die zwei Söhne Sayyidunā Ādams hatten für Allāh Opfertiere dargebracht,
um Ihm näher zu kommen. Das Wort ‚Qurbān‘ bedeutet Allāh - Erhaben und Ma-
kellos ist Er - nah zu sein.
: قال رسول اهلل صلى اهلل عليه وسلم:عن ابن عباس رضى اهلل عنهما قال
112
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – wird am Tage des Gerichts sagen: „Wo
sind jene, die sich für mich liebten? An diesem Tag, an dem es keinen Schatten au-
ßer Meinem gibt, sollen sie beschattet sein unter dem Schatten des Thrones.“236
Wenn man wahrhaftig nachdenkt, wird man begreifen, dass die Liebe und
das Vertrauen zu der Person, die man als Wasila nimmt, aus seinen guten Taten
zeugt, und derjenige, der Tawassul macht, scheint zu sagen:
„Oh Allāh! Ich glaube und bin überzeugt, dass du diese Person liebst und sie
sich für dich anstrengt und ihr Äußerstes gibt und du bist zufrieden mit ihm. Des-
wegen liebe ich ihn auch und ich wünsche mir, dass du dies und jenes aufgrund
meiner Liebe zu ihm machst.“237
Derjenige, der Tawassul macht, will damit dies sagen und jemand, der eine
Wasila nimmt, spricht nicht offen über diese Absicht. Da Allāh Wissen hat über
alles was sich auf der Erde und im Himmel befindet und sich nichts vor Seinem
Wissen verstecken kann, sieht man solche langen Formulierungen als unnötig
und sagt einfach: „Ich habe Soundso als Wasila genommen.“
Es gibt keinen Unterschied zwischen den Aussagen: „Oh Allāh! Ich nehme
deinen Propheten als Wasila!“, und: „Oh Allāh! Ich mache meine Liebe zu dei-
nem Propheten als Wasila!“ Die erste Aussage zeugt nämlich ebenfalls aus sei-
ner Liebe und Überzeugung an den Propheten. Wäre diese Liebe nicht gewesen,
hätte er ihn sowieso nicht als Wasila genommen. Das Benutzen der Awliyāʾ und
Frommen als Wasila ist genauso wie das Benutzen des Propheten als Wasila. Dies
zeigt uns, dass die Meinungsverschiedenheit nur äußerlich und nicht wirklich ist.
Somit gibt es keine Notwendigkeiten mehr für Spaltungen und gespielte Feind-
schaften und es gibt keinen Grund mehr für das Bezichtigen des Kufr derer, die
Tawassul mit dem Propheten und den Frommen machen.
Derjenige, der einerseits behauptet, man dürfe zwischen Allāh und seinem
Diener keinen Vermittler nehmen, aber andererseits behauptet, man dürfe einen
anderen Muslim um Bittgebete fragen, damit dieser bei Allāh in unserem Na-
men fragt und eine solche Form des Tawassul akzeptiert, hat diese Person, die
er um Duʿāʾ fragt als Wasila genommen. Wissen sie etwa nicht, dass Allāh gebie-
tet: „Allāh ist es, der euch und eure Taten erschafft“, und ihre Taten somit auch
nur Geschöpfe sind?
„Bemüht euch um Mittel und Wege…“
Dieser Vers beweist, dass die Wasila und der Tawassul, den wir hier defi-
niert haben, erlaubt sind und dieser Vers den Īmān, die Taten und den Tawassul
mit Personen beinhalten. Wenn man Tawassul sagt, fallen gleich beide Dinge ein.
236 5/54.
237 Muslim, al-Birr wa al-Sila, 12; Ibn Hibbān, Ṣaḥīḥ, al-Birr wa al-Iḥsān, 574.
113
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Aussage, dass dieser Vers den Tawassul mit Personen einschließt, lässt
sich nicht nur mit einer einfachen Meinungsäußerung und aufgrund der allge-
meinen Bedeutung des Wortes beweisen.
Im Gegenteil: Dies ist gar in einer Überlieferung zu finden! So wird von Ibn
‘Abd al-Barr in seinem al-Istīʿāb überliefert: Sayyidunā ʿUmar - möge Allāh mit
ihm zufrieden sein – bat durch ʿAbbās Regen und sagte dann: „Bei Allāh! Dies ist
eine Wasila zu Allāh und eine Ehre bei Ihm!“238
Die Aussage Sayyidunā ʿUmars: „Benutzt ʿAbbās als eine Wasila zu Allāh we-
gen der Dürre, die über euch gekommen ist!“, bedeutet nicht, dass man Sayyidunā
ʿAbbās um Duʿāʾ fragen soll, denn Sayyidunā ʿUmar - möge Allāh mit ihm zufrie-
den sein – sagte diesen Satz zum Volk, nachdem er Sayyidunā ʿAbbās um Duʿāʾ
gefragt hatte.239
Ibn Ḥajar und Ibn Ruschayd sagten, dass die Aussage „macht ihn zur Wa-
sila“ nicht bedeutet, das man von ihm Duʿāʾ bitten soll. 240 Hier kann nur fol-
gender Einspruch kommen: Damit ist gemeint das in den folgenden Heimsu-
chungen nach der Dürre Sayyidunā ʿAbbās Duʿāʾ eingeholt werden soll und
man ihn dadurch zur Wasila machen soll. Doch hier heißt es: „fī mā nazala
ʿalaykum“, was über die Vergangenheit spricht und nicht über die Zukunft.
Daraus verstehen wir, dass Sayyidunā ʿUmar zu den dortigen Ṣaḥāba sagte:
„Macht auch ihr Duʿāʾ und nimmt Sayyidunā ʿAbbās als Wasila in eurer Duʿāʾ
(auf).“ Wenn er über spätere Heimsuchungen spräche, dann sagte er: „fī mā
yanzilū ʿalaykum“. Somit wurde mit Sayyidunā ʿAbbās Person Tawassul ge-
macht und auch mit seiner Duʿāʾ.
َف َل َّما أَ ْن َج َاء ا ْلب ِشير أَ ْل َق ُاه َع َلى َو ْجهِ ِه َف ْار َت َّد َب ِصيرا
ً ُ َ
„Als nun aber der Bote mit der guten Nachricht kam, legte er es ihm auf das
Gesicht, und da konnte er (tatsächlich) wieder sehen.“242
238 Bukhārī, Istisqā, 3; Muslim, Istisqā, 3.
239 Al-ʿAynī, Umdat al-Qārī, 6/13.
240 Ibn Ḥajar, Fatḥ al-Bārī, 2/337.
241 12/93.
242 12/96.
114
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Wie geht das? Wie können das Hemd Yūsufs, der Mantel Muḥammads und
andere Gegenstände, die keine Lebewesen sind, Mittel und Gründe für Dinge wer-
den, die nur Allāh alleine bewirken kann? Was sagt ihr hierzu? Sicherlich gesche-
hen diese Dinge wie die Heilung des Blinden durch ein Stück Stoff einzig und al-
lein nur durch die Erlaubnis und die Macht Allāhs. Wenn aber Allāh zulässt, dass
ein Stück Stoff seiner Geliebten Grund und Mittel für solche Dinge sein kann, für
was können die Geliebten selbst ein Mittel sein?!
115
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
116
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Person alle Handlungen beendet – wie es der Gesandte Allāhs - Segen und Friede
seien auf ihm - sagte – außer drei: fortwährende Almosen, Wissen, durch welches
man Nutzen zieht, oder rechtschaffene Kinder, die für einen beten. Somit ist es
für einen Menschen nicht möglich, nach seinem Tod für irgendeinen oder für sich
selbst um Verzeihung zu bitten, denn seine Taten sind beendet.“ [Ende des Zitats]
Ich (Maḥmūd Saʿīd Mamdūḥ) sage:
Dies ist ein kühner Versuch Al-ʿUthaymīns und wir ersuchen den Schutz
Allāhs davor.
Der Gegenbeweis lautet wie folgt:
Seine Beschränkung des ‚idh‘ auf die Gegenwart wollen wir untersuchen.
‚Idh‘ wird in der Vergangenheit sowie in der Zukunft benutzt, und hat ver-
schiedene andere Bedeutungen, welche von Ibn Hischām in seinem Mughnī Al-
Labīb243 aufgezählt wurden. Al-Azharī schrieb [ebenfalls], dass ‚idh‘ für die Zu-
kunft benutzt werden kann. Er sagt in Tahzīb Al-Lugha244, dass die Araber ‚idh‘
für die Zukunft benutzen, und ‚idha‘ für die Vergangenheit. Allāh - Erhaben und
Makellos ist Er - gebietet: „Und könntest du sie (nur) sehen, wenn (idh) sie wahn-
sinnige Angst haben werden.“245
Ich sage, dass wir ebenfalls noch andere Beispiele für die Anwendung des
idh für die Zukunft auflisten können. Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - ge-
bietet: „Wenn du (sie doch) sehen würdest, wenn (idh) sie vor dem Höllenfeuer
stehen…“246; „Wenn du (sie doch) sehen würdest, wenn (idh) sie vor ihrem Herrn
stehen!...“247; „Wenn du (doch) sehen würdest, wenn (idh) die Frevler in den Ab-
gründen des Todes schweben…“248; „Wenn du (doch) die Sünder sehen würdest,
wenn (idh) sie (kleinlaut) vor ihrem Herrn den Kopf hängen lassen…“249
Seine Aussage, dass das Fragen des Gesandten Allāhs - Segen und Friede
seien auf ihm - um Vergebung eine Unmöglichkeit ist, aufgrund der Tatsache,
dass beim Tode einer Person seine Taten beendet werden, außer drei Dingen, ist
falsch. [Im Gegenteil,] das Fragen unseres großen ehrenwerten Propheten - Se-
gen und Friede seien auf ihm - um Vergebung ist keine Unmöglichkeit und zwar
aus verschiedenen Gründen nicht.
Der erste Grund ist, dass es authentisch überliefert wurde vom Propheten
- Segen und Friede seien auf ihm -, dass er sagte: „Die Propheten leben in ihren
243 1/80 - 83
244 15/47
245 Saba‘, 51
246 6:27
247 6:30
248 6:93
249 32:12
117
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Gräber und beten.“, überliefert von Al-Bayhaqī in Ḥayāt Al-Anbiyā’250, von Abu
Yaʿlā in seinem Musnad251, Abu Nuʿaym in Akhbār Aṣbahān252, und Ibn ‘Adī in Al-
Kāmil253. Al-Haythamī sagt in seinem al-Majmāʿ, dass: „die Überlieferer (rijāl) von
Abu Yaʿlā vertrauenswürdig sind.“, und es gibt noch andere Überlieferungsket-
ten für diesen Ḥadīth.
Darüber hinaus sagte der Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm
-: „Ich kam am Grabe Moses vorbei, als er in seinem Grab im Gebet stand“, er-
wähnt von Muslim254, Aḥmad255, Al-Baghawī in Scharḥ Al-Sunna256, und anderswo.
Hinzu kommt, dass Ibn al-Qayyim in seinem Gedicht namens ‚Nūniyya‘ über
das Leben der Propheten nach ihrem Ableben folgendes schrieb:257
Die Propheten haben einen exzellenteren Status als Märtyrer, dies ist klar.
Sogar in ihrem Leben waren sie vollkommener in Weisheit und Beweiskraft
als Märtyrer,
Weil die Ehen der Propheten nach ihrem Tode nicht ungültig sind, ihre Frauen
keusch und sicher,
Ist dies somit nicht Beweis genug, dass er lebendig ist, für den, der Ohren
zum Hören hat?
Der zweite Grund ist, dass es bewiesen wurde, dass der Prophet - Segen und
Friede seien auf ihm - das Gebet als ein Imām vor allen Propheten während seiner
Nachtreise geführt hat – dies ist ein sehr häufig überlieferter Ḥadīth (mutawātir)
– und alle waren verstorben, und Mūsā - Friede auf ihm - fragte den Propheten
darum, das mit dem Gebet zu überdenken, und er - Segen und Friede seien auf
ihm - sah andere Propheten im Himmel. Wie kann es für eine solche Person, die
sich in einem solchen Zustand befindet, unmöglich sein um Vergebung zu fragen
(, wenn doch das Gebet eine Anbetung, eine Frage um Vergebung ist)?
Der dritte Grund ist, dass es authentisch überliefert wurde, dass der Pro-
phet - Segen und Friede seien auf ihm - sagte: „In meinem Leben ist viel Gutes für
euch; ihr überliefert von mir, und es wird euch überliefert, und in meinem Tod ist
viel Gutes für euch; eure Handlungen werden mir dargelegt, und wenn ich darin
Gutes sehe, so preise ich Allah, und wenn ich Schlechtes sehe, so frage ich Allah
um Vergebung für euch.“ Dies ist eine authentische Überlieferung. Hāfiẓ al-ʿIrāqī
250 S.15
251 147/6
252 44/2
253 2/739
254 4/1845
255 3/120
256 13/351
257 Al-Nūniyya mit Scharḥ ibn ‘Īsa, 2/160
118
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
sagt darüber in seinem Ṭarh al-Tathrīb258: „gute Kette.“ Al-Haythamī sagt in Al-
Majmāʿ259: es wurde überliefert von Al-Bazzār und seine Überlieferer sind authen-
tisch. Al-Suyūṭī erklärte dies ebenfalls als authentisch in seinem al-Khaṣāʾiṣ260.
Die Aussagen des al-ʿIrāqī und al-Haythamī beziehen sich nur auf die Überliefe-
rungskette (Isnād) von al-Bazzār. Andererseits ist diese Überlieferung authen-
tisch, wie es Al-Ḥāfiẓ Al-Suyūṭī sowie andere sagten. Auf diese Überlieferung wird
später genauer eingegangen, so Allah es erlaubt. [Wir gingen in unserem Buch
auf diese Überlieferung schon genau im Kapitel über den Nutzen von Toten ein].
Der vierte Grund ist, dass das Fragen um Vergebung durch den Propheten
für alle Gläubigen geschehen kann, ob sie nun in seiner Lebenszeit anwesend wa-
ren oder nicht, so wie Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - gebietet: „und bitte
(ihn) um Vergebung für deine (eigene) Schuld und für die gläubigen Männer und
Frauen!“261, und dies ist eine Gnade Allāhs - Erhaben und Makellos ist Er - und
eines der einzigartigen Eigenschaften unseres geehrten Propheten - Segen und
Friede seien auf ihm.
Von den vorherigen [Argumenten], haben wir nun verstanden, dass in die-
sem Vers drei Angelegenheiten angesprochen werden: 1. Ihn zu besuchen, 2. Ihn
um Vergebung zu fragen und 3. Den Propheten um Vergebung für die Gläubigen
zu fragen. Diese drei Angelegenheiten können während seiner Lebenszeit und
nach seinem Ableben geschehen. Die Leute sollten nicht sagen, dass dieser Vers
für eine bestimmte Gruppe von Menschen bestimmt ist. Sie sollten dies nicht sa-
gen, denn es ist wohlbekanntes Prinzip: „Die Schlussfolgerung wird von der All-
gemeinheit der Worte gezogen, und nicht von den spezifischen Bedingungen (,
die während der Offenbarung existierten).“ Deswegen verstanden jene, die den
Qur’an erläuterten und auch andere, von diesem Vers die allgemeine Aussage, und
sie rieten all jenen, die zu seinem - Segen und Friede seien auf ihm - Grab kamen,
diesen Vers zu rezitieren: „Und wären sie doch, als sie Unrecht begangen hatten,
zu dir gekommen und hätten Allah um Vergebung gebeten und hätte dann der
Gesandte für sie um Vergebung gebeten, würden sie Allah Allvergebend, Allgnä-
dig finden.“262, und Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - um Vergebung zu bitten.
Beide Bucharten, nämlich die Erläuterungen des Qur’ān (tafasīr) und die
Bücher über die Riten des Ḥajj, welche von den Gelehrten der Rechtsschulen
(Madhāhib) verfasst wurden, haben alle gleichermaßen aufrichtig diese Hand-
lung aus diesen Versen entnommen. Warum sollen wir weit gehen: Hier ist der
258 297/3
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Exeget, Abū Muḥammad Ibn Qudāma al-Ḥanbalī, der Autor des al-Mughnī, über
den Ibn Taymiyya sagte: „Niemand betrat nach Al-ʿAwzaʾī Syrien, der mehr Ver-
ständnis hatte als Ibn Qudāma.“ Er [Ibn Qudāma] erwähnt diesen Vers des Qur’ān
in al-Mughnī263, bezüglich des Besuches des Al-Muṣṭafā, und er überlieferte et-
was Ähnliches auf Seite 65. Er sagte bezüglich dem Anstand des Besuches der
Gräber folgendes:
„Dann besuchst du das Grab, drehst deinen Rücken, stellst dich dem Zentrum
gegenüber und sagst: „Möge der Frieden, die Barmherzigkeit und der Segen Al-
lahs auf dir sein, oh Prophet! Möge der Frieden Allahs auf dir sein, oh Prophet Al-
lahs und bester der Schöpfung!“ Daraufhin sagt er Lobpreisungen und Friedens-
grüße auf den Propheten - Segen und Friede seien auf ihm -, und dann spricht er:
„Oh Allāh! Du sagtest: „Und wären sie doch, als sie Unrecht begangen hatten, zu
dir gekommen und hätten Allah um Vergebung gebeten und hätte dann der Ge-
sandte für sie um Vergebung gebeten, würden sie Allah Allvergebend, Allgnädig
finden.“264, und ich kam um deine Vergebung für meine Sünden zu ersuchen, su-
che die Fürsprache bei meinem Herrn durch dich, somit frage ich dich, oh Herr,
die Vergebung für mich notwendig zu machen, so wie du es notwendig machtest
für jene, die in seiner Lebenszeit kamen. Oh Allāh, mache ihn als den ersten der
Fürsprecher, den erfolgreichsten der Sucher und den gnädigsten der letzten und
ersten Propheten, mit deiner Barmherzigkeit, oh Allerbarmherzigster.“ Dann
betet er Allah für seine Eltern und muslimischen Brüder an.“ [Endes des Zitats]
Was verbleibt ist die Kommentierung der Aussage Ibn ʿUthaymīns: „weil so-
bald ein Mensch stirbt, werden seine Taten enden, außer dreien…“ Ich sage, dass
unser erhabener Prophet - Segen und Friede seien auf ihm -, alle perfekten und
ausgezeichneten Eigenschaften in sich sammelte, die andere nicht teilen. Dies
wurde bestätigt von Ibn Taymiyya in seinem Buch Al-Ṣārim al-Maslūl ‘Alā Schātim
Al-Rasūl, welches eines seiner besten Bücher ist. Er - Segen und Friede seien auf
ihm - schreitet fort und erhöht sich bis zum Jüngsten Tag. Solche Themen sind be-
kannt als notwendige Bestandteile der Religion und sind bestätigt in Büchern wie
Al-Khaṣā’iṣ, Dalā’il al-Nubūwwah, Al-Schifā und deren Kommentierungen. Wie er -
Segen und Friede seien auf ihm - sagte, dass: „Wer auch immer zur Rechtleitung
ruft, wird den gleichen Lohn bekommen, ohne dass ihr Lohn auch nur im klein-
sten verringert wird.“265 Alle Taten, welche von der Gemeinschaft Muḥammads -
Segen und Friede seien auf ihm - verrichtet werden, kommen von der Einladung
des Propheten - Segen und Friede seien auf ihm - (daʿwa), und der Lohn für diese
guten Taten kehren zu ihm zurück. Und er bekommt sicherlich viel Lohn von ih-
263 3:590
264 4:64
265 Berichtet von Muslim und anderen..
120
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
nen (die guten Taten seiner Umma), ohne dass der Lohn der Umma dadurch auch
nur im Geringsten verringert wird. Und diesbezüglich sagt Ibn Taymiyya in sei-
nem Rechtsgutachten266:
„Es ist bewiesen über den Propheten - Segen und Friede seien auf ihm - in
seinem Saḥīḥ, dass dieser sagte: „Wer auch immer zur Rechtleitung ruft, wird den
gleichen Lohn bekommen, ohne dass ihr Lohn auch nur im kleinsten verringert
wird.“ Und Muḥammad - Segen und Friede seien auf ihm - ist der Einlader (daʿī)
seiner Gemeinschaft zu den guten Taten (d.h. er ist der eigentliche Rufer zu gu-
ten Taten), somit hat er Anteil an ihrem Lohn, ohne dass ihr eigener Lohn im ge-
ringsten verringert wird.“ [Ende des Zitates]
Und es geschah, dass Ibn ʿUthaymīn sich geirrt hat in seiner Aussage. Wir su-
chen Allāhs Schutz vor dem Reden über das Buch Allāhs ohne Wissen, und vor dem
Hintergehen des hohen Ranges des Propheten - Segen und Friede seien auf ihm.
121
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
أن رجال ضرير البصر أتى النبي صلى: عن عثمان بن حنيف رضى اهلل عنه
إن شئت أخرت لك وهو: ادع اهلل لي أن يعافيني فقال:اهلل عليه و سلم فقال
فأمره أن يتوضأ فيحسن وضوءه ويصلى. ادعه: فقال. وإن شئت دعوت،خير
وأتوجه إليك بنبيك محمد، „اللهم إني أسألك: ويدعو بهذا الدعاء،ركعتين
نبي الرحمة يا محمد! إني قد توجهت بك إلى ربي فى حاجتي هذه لتقضى
.اللهم فشفعه في
ʿUthmān b. Ḥunayf sagt: „Ich sah einen blinden Mann zum Gesandten Allāhs
- Segen und Friede seien auf ihm - kommen und er beschwerte sich darüber, dass
er sein Augenlicht verloren hatte. Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm -
sagte zu ihm: ‚Möchtest du nicht lieber geduldig sein?‘ Er antwortete: ‚Oh Gesand-
ter Allahs, ich habe niemanden, der mich führt und es ist mir zu einer Qual gewor-
den.‘ Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm - sagte ihm: ‚Geh und vollziehe
die Waschung (Wuḍūʾ), dann bete zwei Gebetseinheiten (rakaʿātayn) und mache
diese Duʿāʾ (Bittgebet): ‚Oh Allāh, ich bitte Dich und ersuche Dich durch deinen
Propheten Muḥammad, dem Propheten der Barmherzigkeit. Oh Muḥammad, ich
ersuche meinen Herrn durch dich und wende mich mit dir zu ihm, auf das meine
Bitte erfüllt werde.267 Oh Herr! Akzeptiere seine Fürsprache!‘ Ich schwöre bei Al-
lah, wir waren noch nicht weggegangen und wir hatten noch nicht lange geredet,
bis der Mann zurückkehrte, als wäre er niemals krank gewesen.“268
267 Was wir hier als „zuwenden“ übersetzten, nämlich Tawajjuh, versteht man als die Zuwendung
zur Mittelschaft und der Fürsprache des Propheten (istischfā), damit die Duʿāʾ akzeptiert wird.
Siehe: Mubārakfūrī, Tuhfa, 10/32.
268 Ibn Mājah, Iqama, 189; Aḥmad b. Ḥanbal, 4/138. Tirmidhī, 4/281-282; Ibn Mājah, 1/313.
122
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Tirmidhī sagt über den Wert der Überlieferungskette des Ḥadīth: „Dies ist
ein ḥasān-ṣaḥīḥ-gharīb Ḥadīth und er wurde uns nur von Abū Jaʿfar al-Khatmī
(al-Madanī) überliefert.“
Ibn Mājah sagt: „Abū Isḥāq hat diesen Ḥadīth für Ṣaḥīḥ befunden.“, und fügt
hinzu, dass ihm nach dem Wuḍūʾ noch zwei Einheiten vom Gesandten befohlen
wurden. In der Überlieferung des Imām Aḥmad b. Ḥanbal heißt es: „Der Mann
tat wie geheißen und fand Heilung.“ Ḥākim sagt, die Überlieferung sei ṣaḥīḥ und
Dhahabī stimmt ihm zu.
Bukhārī überliefert es in seinem al-Tarīkh al-Kabīr269, Tirmidhī in seinem al-
Jāmiʿ270. Ibn Mājah in seinem Sunan271, und sagt, dass die Überlieferung ṣaḥīḥ ist.
Nasāʾī in seinem ʿAmal al-Yawm wa al-Layl.272
Von den Ḥadīth Gelehrten derer, die den Tawassul nicht akzeptieren, sagt al-
Albānī, dass dieser Ḥadīth zwar ṣaḥīḥ sei, aber hier kein Tawassul mit der Person
des Propheten geschehe, sondern mit der Duʿāʾ des Propheten.
Der blinde Ṣaḥābī kam zum Gesandten nur, damit dieser für ihn Duʿāʾ ma-
che und die Duʿāʾ: „Mache zu Allāh Duʿāʾ, damit deine Krankheit geheilt wird!“,
weist darauf hin, das heißt, er machte Tawassul zu Allāh durch die Duʿāʾ des Pro-
pheten, denn diese Person wusste, dass die Duʿāʾ des Propheten viel akzeptier-
ter war als die Duʿāʾ anderer Personen.
Die Bedeutung der Worte: „Oh Allāh! Mach ihn zu einem Fürsprecher für
mich!“ ist: „Oh Allāh! Akzeptiere seine Fürsprache für mich!“, das heißt, akzep-
tiere seine Duʿāʾ, dass ich mein Augenlicht wieder bekomme! Und: „Lass ihn Für-
sprache für mich einlegen!“, bedeutet: „Akzeptiere meine Duʿāʾ, damit du die Für-
sprache des Propheten für mich akzeptierst!“, das heißt, akzeptiere seine Duʿāʾ,
damit ich mein Augenlicht wiederbekomme.
Wäre die Absicht dieser Person gewesen mit dem Rang des Gesandten Allāhs
- Segen und Friede seien auf ihm – Tawassul zu machen, dann wäre er nicht auf-
gestanden und zum Gesandten gekommen und hätte ihn um Duʿāʾ gebeten, son-
dern er wäre gleich daheim geblieben und hätte folgende Duʿāʾ gemacht: „Oh Allāh!
Wegen des Ranges und der hohen Stufe deines Propheten wende ich mich zu Dir!
Ich flehe dich an mir mein Augenlicht wiederzugeben!“ Doch er tat dies nicht.
Warum? Weil er ein Araber war und genau wusste, was Tawassul auf Ara-
bisch bedeutet. Er wusste, dass eine solche Duʿāʾ jemand nur in sehr schwierigen
269 Imām Bukhārī, al-Tārīkh al-Kabīr, 6/209
270 Tirmidhī, Sunan, Nr. 3578.
271 Ibn Mājah, Sunan, 1/157, Nr. 1385.
272 Nasāʾī, ʿAmal al-Yawm wa al-Layl, Nr. 660.
123
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Situationen sprach und dann erst den Namen der Person, durch die er Tawassul
macht, erwähnt.“ 273
124
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Albānī in seinem Buch Tawassul auf Seite 62 unserer Edition, dass Aḥmad b.
Ḥanbal Tawassul erlaubte. Imām Ahmads Sohn, ‘Abdullah, überliefert von sei-
nem Vater, dass dieser mit einem Haar des Propheten Tawassul machte, dieses
Haar küsste und das Wasser trank mit der Absicht für Heilung.274
Hätte der blinde Ṣaḥābī nicht die Worte benutzt, die ihm gelehrt wurden,
sondern hätte nur der Prophet für ihn Duʿāʾ gemacht, dann wäre es ein Tawas-
sul mit Duʿāʾ geworden. Albānī interpretiert die Worte ‚mit deinem Propheten
Muḥammad wende ich mich zu Dir‘, in seinem Buch Tawassul auf Seite 108: „mit
der Duʿāʾ deines Propheten Muḥammad wende ich mich zu Dir und mache damit
Tawassul“, doch da nach uns der offensichtliche Wortlaut eine Rolle spielt und
es keine Regel hier gibt, die zulassen würde, dass die Aussage metaphorisch ver-
standen wird, sagen wir, dass eine solche Deutung nicht zulässig ist.
So sagt Albānī gar selber in seinem Buch auf Seite 106, Fußnote 45, dass die
Deutung des Ḥadīth falsch ist, und auf Seite 110 sagt er: „Wenn der Ḥadīth mit
dem blinden Ṣaḥābī gemäß seinem offensichtlichen Wortlaut verstanden wird,
dann ist dies ein Tawassul zur Person des Propheten.“, doch dies würde den dar-
auffolgenden Satz sinnlos machen: „Oh Allāh! Lass ihn Fürsprache für mich ein-
legen und mache mich zu einem Fürsprecher für ihn!“
So muss man gemäß Albānī also eine Lösung für diesen Widerspruch fin-
den. Albānī sagt aber, dass dieser Ḥadīth den Tawassul mit einer Person bestätigt,
wenn er nicht gedeutet wird, lehnt dies jedoch ab, weil er eben den Ḥadīth deutet.
Dann sagt er: „Wenn der blinde Mann wirklich mit der Person des Prophe-
ten - Segen und Friede seien auf ihm – Tawassul gemacht hat, dann ist dies eine
Form des Tawassul und muss auf den Propheten selbst beschränkt werden. An-
dere Propheten oder fromme Personen sind nicht eingeschlossen. Dies ist eine
der Besonderheiten, die Allāh dem Propheten Muḥammad gab. So wurde diese
Ansicht von Aḥmad b. Ḥanbal und al-ʿIzz b. ‘‘Abd al-Salām überliefert – dass also
diese beiden den Tawassul auf den Propheten beschränken.“
Das Al-ʿIzz dergleichen nie gesagt hat, erwähnten wir schon, doch sogar wenn
Aḥmad b. Ḥanbal und al-ʿIzz dieser Ansicht sind, haben sie diesen Ḥadīth nicht
uminterpretiert und nahmen ihn so wie er ist und urteilten, dass der Tawassul
mit dem Propheten gestattet ist. Somit sind die Deutungsversuche al-Albānīs, es
gehe hier um den Tawassul mit Duʿāʾ, vergebens und sinnlos, denn wir benutzen
als Beweis gegen ihn zwei, die definitiv höher sind im Wissen als er: Al-ʿIzz und
Aḥmad b. Ḥanbal. Sie sind der Beweis für unsere Deutung.
Ja, dieser blinde Mann war ein Araber, aber er kannte die Bedeutung des
Tawassul und er kannte auch den Rang des Propheten. Indem er zum Propheten
274 Al-Dhahabī, Sīyar al-ʿAlam, 11/212.
125
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ging und ihn um Duʿāʾ fragte, ersuchte er nur eine legitime Art des Tawassul und
der Prophete lehrte ihm eine Duʿāʾ und somit auch eine Art des Tawassul, die
ebenfalls gestattet ist. Das heißt, er hat Duʿāʾ gemacht, indem er den Ort verließ,
an dem der Prophet war, zurück in sein Haus ging, dort den Namen des Prophe-
ten erwähnte und ihn in seiner Abwesenheit rief, und dann Duʿāʾ machte.
Scheich al-Ghumārī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – sagte in seiner Wi-
derlegung Albānīs: „Nehmen wir an, jemand würde sagen, dass der Grund für die
Einschränkung der Anwendung dieses Ḥadīthes auf die Lebenszeit des Propheten -
Segen und Friede seien auf ihm - der ist, dass es das „Rufen“ (nidāʾ) des Propheten
- Segen und Friede seien auf ihm - erfordert [was ja nach seinem Tode nach ihnen
nicht möglich ist]. Wir antworten, dass dieser Einspruch zurückgewiesen werden
muss, denn es gibt viele Berichte (mutawātir) vom Propheten - Segen und Friede
seien auf ihm - bezüglich seiner Anweisungen, was man während des Taschahhud
im Gebet rezitieren sollte und dies beinhaltet den Gruß des Friedens (salām) für
ihn mit der Erwähnung seiner in der Anredeform: „Friede sei auf dir, oh Prophet!“
(assalāmū ʿalaīka ayyuhan nabiyyu) Dies ist die Form, welche Abū Bakr, ʿUmar, Ibn
Zubayr und Muʿāwiya - möge Allāh mit ihnen zufrieden sein - den Menschen vom
Minbar aus gelehrt haben. Danach wurde es zu einer Angelegenheit, über die es
Konsens (Ijmāʿ) gab, wie es Ibn Ḥazm und Ibn Taymīyya bestätigen.
Al-Albānī, der der Spaltung (ibtidāʾ) zugeneigt ist, brach den Konsens und be-
stand darauf, dass man der Meinung folgt, die von Ibn Masʿūd überliefert wurde:
„Dann, als er starb, sagten wir: ‚Friede sei auf dem Propheten (Al-Salāmu ʿalāl
nabiyu).‘‛ Wahrlich, den Ḥadīth und den Konsens zu brechen, ist die Essenz der
Ketzerei und Spaltung (ibtidāʾ).
Weiterhin gibt es authentische Überlieferungen vom Propheten - Segen
und Friede seien auf ihm -, welche uns darüber informieren, dass unsere Taten
dem Propheten [in seinem gesegneten Grab] präsentiert werden, so wie auch un-
sere Gebete für seinen Frieden (Al-Salām) und seine Ehre (Al-Salāh). Auch gibt es
authentische Berichte über Engel, die die Erde durchreisen, um dem Propheten
Segensgrüße zu übermitteln, die irgendeiner seiner Gemeinde für ihn gemacht
haben könnte. Auch legen definitive Texte (tawātur) und der Konsens (Ijmāʿ) es
fest, dass der Prophet in seinem Grab am Leben ist, und dass sein geseg-
neter Körper nicht verwest. Nach all dem, wie kann es irgendjemand wa-
gen, zu behaupten, dass es nicht zulässig wäre, den Propheten - Segen und
Friede seien auf ihm - anzurufen, um seine Fürsprache zu ersuchen? Ist es denn
letztlich überhaupt anders, als ihn im Taschahhud anzurufen?
Leider ist Al-Albānī unglaublich stur und eigensinnig, so wie es auch die
„Albānīten [damit sind seine blinden, fanatischen Anhänger gemeint] sind.
126
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
عن أبي أمامة بن سهل بن حنيف عن عمه عثمان بن حنيف رضى اهلل عنهم أن
رجال كان يختلف إلى عثمان بن عفان رضى اهلل عنه فى حاجة له فكان عثمان
ال يلتفت إليه وال ينظر فى حاجته فلقى ابن حنيف فشكى ذلك إليه فقال له
عثمان بن حنيف :ائت الميضأة فتوضأ ثم ائت المسجد فصل فيه ركعتين ثم قل:
اللهم إني أسألك وأتوجه إليك بنبيك محمد صلى اهلل عليه وسلم نبي الرحمة
يا محمد إنى أتوجه بك إلى ربي فتقضى لى حاجتي وتذكر حاجتك ورح حتى
أروح معك فانطلق الرجل فصنع ما قال له ثم أتى باب عثمان بن عفان رضى
اهلل عنه فجاء البواب حتى أخذ بيده فأدخله على عثمان بن عفان رضى اهلل عنه
فأجلسه معه على الطنفسة فقال :حاجتك فذكر حاجته وقضاها له ثم قال له :ما
ذكرت حاجتك حتى كان الساعة وقال :ما كانت لك من حاجة فاذكرها ثم إن
الرجل خرج من عنده فلقى عثمان بن حنيف فقال له :جزاك اهلل خيرا ما كان
ينظر فى حاجتي وال يلتفت إلى حتى كلمته فى فقال عثمان بن حنيف :واهلل ما
ّ
كلمته ولكنى شهدت رسول اهلل صلى اهلل عليه وسلم وأتاه ضرير فشكى إليه
ذهاب بصره فقال له النبي صلى اهلل عليه وسلم“ :فتصبر” فقال :يا رسول اهلل
ليس لي قائد وقد شق على فقال النبي صلى اهلل عليه وسلم“ :ائت الميضأة
127
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Tabarānī überliefert in einem Ḥadīth von ʿUthmān b. Ḥunayf, dass ein Mann
wiederholt ʿUthmān b. ʿAffān -möge Allah mit ihm zufrieden sein - bezüglich ei-
ner Sache, der er bedurfte aufsuchte und ʿUthmān nahm sich seiner Sache nicht
an. Der Mann begegnete ʿUthmān b. Ḥunayf und beschwerte sich bei ihm darüber.
Dies trug sich nach dem Tode des Propheten - Friede und Segen Allahs seien auf
ihm - und nach den Kalifaten Abū Bakrs und ʿUmars zu.
So sagte ʿUthmān b. Ḥunayf: „Geh zum Platz, wo die Gebetswaschung ver-
richtet wird und vollführe die Waschung, dann komm zur Moschee und bete
dort zwei Raka‘at und sprich: ‚Oh Allah, ich bitte Dich und wende mich an Dich
durch unseren Propheten Muḥammad, den Propheten der Barmherzigkeit. Oh
Muḥammad! Ich wende mich durch dich an meinen Herrn, daß Er mein Bedürf-
nis erfülle‘, und erwähne deine Angelegenheit. Dann komm, damit ich mit dir
(zum Khalifen ʿUthmān) gehen kann.“
Der Mann ging also fort und tat wie ihm aufgetragen war und ging dann zur
Tür ʿUthmān ibn ʿAffāns - möge Allah mit ihm zufrieden sein. Und der Pförtner
kam, nahm ihn bei der Hand, brachte ihn zu ʿUthmān b. ʿAffān und ließ ihn ne-
ben diesem auf einem Kissen sitzen. ʿUthmān fragte: „Was brauchst du?“ und der
Mann erklärte seine Angelegenheit, und Uthman erledigte sie für ihn und sagte:
„Ich hatte nicht an deine Sache gedacht, bis gerade eben“ und fügte hinzu: „Und
wenn du etwas brauchst, so lass‘ es mich wissen.“
Der Mann ging fort und traf ʿUthmān b. Ḥunayf und sagte zu ihm: „Möge Al-
lah dich belohnen! Er wollte sich nicht um meine Angelegenheit kümmern oder
mich beachten, bis du mit ihm sprachst.“
ʿUthmān b. Ḥunayf antwortete: „Bei Allah, ich habe nicht mit ihm gespro-
chen, aber ich habe gesehen, wie ein blinder Mann zum Gesandten Allahs kam,
möge Allah ihn segnen und ihm Frieden gab, und ihm den Verlust seines Augen-
lichts klagte. Der Prophet, Allahs Frieden und Segen sei über ihm, sagte: „Kannst
du es nicht ertragen?“ und der Mann antwortete: „Oh Gesandter Allahs, ich habe
niemanden, der mich führt, und es ist eine große Bedrängnis für mich. Der Pro-
phet - Allahs Segen und Friede seien über ihm - sagte: „Geh zum Platz, wo die
Gebetswaschung verrichtet wird, und vollführe die Waschung, dann bete zwei
Einheiten, dann bitte mit diesem Bittgebet.“ Ibn Ḥunayf fuhr fort: „Bei Allah, wir
128
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
waren noch nicht auseinandergegangen oder hatten nicht lange miteinander ge-
sprochen, als der Mann zu uns wiederkam als wäre er niemals krank gewesen.“275
Tabarānī überliefert dies in seinem al-Saghir und sagt, es sei ṣaḥīḥ.276 Dies ist
auch das Urteil Ibn Taymiyyas (Qāʿidatun al-Jalila, S. 96-99)
Doch Ibn Taymiyya erachtet hier das Verständnis und die Auffassung des
Gefährten als fehlerhaft. Wir werden die Zweifel in Bezug auf den Isnād weiter
unten beantworten.
Bayhaqī überlieferte den Ḥadīth in seinem Dalāʾil al-Nubuwwa mit zwei ṣaḥīḥ
Isnād.277
Al-Haythamī überliefert, dass der Isnād bei Tabarānī als ṣaḥīḥ befunden
wurde und schweigt darüber, was seine Zustimmung ausdrückt.278
Al-Mundhirī bestätigt das Urteil in seinem al-Targhīb wa al-Tarhīb279, indem
er darüber schweigt und Tabarānīs Urteil überliefert.
Al-Maqdisī sagt ebenfalls, dass diese Überlieferung ṣaḥīḥ ist.280
129
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Albānī tut so, als hätte er diesen Wortlaut nie gesehen, obwohl diese Überlie-
ferung, wie es Ibn Taymiyya zugibt, durch Ḥākim, Ibn Abī Haysama und Bayhaqī
ṣaḥīḥ überliefert wurde.282
2. „Oh Allāh! Mache mich zu einem Fürsprecher für ihn!“
Ja, auch die Überlieferung mit diesem Zusatz erreichte uns ṣaḥīḥ, wie die
Überlieferung durch Aḥmad b. Ḥanbal, Ḥākim und andere…283
Albānī sagt, dass diejenigen, die den Tawassul mit Personen erlauben, diese
Überlieferung nie erwähnen und erwähnt haben, doch er selbst schweigt still über
die Überlieferung mit dem ersten Wortlaut, obwohl Ibn Taymiyya beide aufnimmt!
Ibn Taymiyya versucht jedoch zu erklären, dass die Überlieferung: „Mache mich
zu einem Fürsprecher für ihn!“, stärker ist als die Überlieferung: „Mache mich zu
einem Fürsprecher für mich selbst!“, welche er als schwache Überlieferung wertet.
Die Aussage: „Mache mich zu einem Fürsprecher für ihn!“, bedeutet: „bei sei-
ner Duʿāʾ und bei dem, was er für mich will…“, und dies ist dann auch passend zu
der Aussage: „Mache ihn zu einem Fürsprecher für mich!“284
Wir sagen: Der Umgang mit Überlieferungen, deren Isnād ṣaḥīḥ ist und,
die einen scheinbaren Widerspruch enthalten, ist so, dass man versucht die Wi-
dersprüche aufzuheben und aufzuweisen, dass der Widerspruch in Einklang zu
bringen sei. Wenn dies unmöglich ist, nimmt man die Überlieferung, deren ṣaḥīḥ
Status stärker ist, und bewertet die schwächere Überlieferung als ‚ungewöhn-
lich‘/schādh. Doch hier ist das Zusammenbringen der Überlieferungen möglich.
Die Aussage: „Mache mich zu einem Fürsprecher für mich!“, bedeutet: „Ma-
che mich selbst zu einem Fürsprecher (in Bezug auf dem Tawassul mit ihm) und
akzeptiere meinen Tawassul!“. „Mache mich zu einem Fürsprecher für ihn!“, be-
deutet: „Mache mich zu einem Fürsprecher für ihn, in Bezug darauf, dass er für
mich eine Wasila ist. Akzeptiere ihn als Wasila!“, und somit sind diese zwei Aus-
sagen passend zu: „Mache ihn zu einem Fürsprecher für mich!“, und somit ist die
Abwertung und Missachtung einer solchen ṣaḥīḥ Überlieferung nur Fanatismus
und ein Versuch, die Wahrheit zu verbergen und nichts anderes. Bei uns herrscht
jedoch nicht die Notwendigkeit, irgendetwas zu verbergen.
3. „Wenn du einen Wunsch hast, tue dies erneut!“
Ibn Taymiyya und Albānī, der seiner Madhhab blind folgt, sind äußerst unzu-
frieden mit diesem ṣaḥīḥ Zusatz, denn dies bedeutet, dass der Tawassul nicht be-
deutet, ständig Duʿāʾ zu erbitten und er nicht unbedingt mit einer Duʿāʾ sein muss.
Dieser Zusatz wurde von Ibn Abī Haysama in seinem Tarikh ṣaḥīḥ überliefert.
282 Ibn Taymiyyah, Qāʿida al-Jalīla, S. 96.
283 Ibid.
284 Ibid.
130
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die schwachen und leeren Behauptungen des Ibn Taymiyya über die-
sen Zusatz und die Antworten darauf
Ḥāfiẓ al-Ghumārī, nachdem er in seinem al-Radd al-Muḥkam285 erwähnte,
dass Ibn Taymiyya diesen Zusatz mit unhaltbaren Gründen versuchte zu schwä-
chen, die niemals von jemandem kommen würden, der Wissen über die Wissen-
schaften des Ḥadīth hat, beantwortet Stück für Stück die Behauptungen. Daraus
Nutzen ziehend sagen wir:
Einwand: Schuʿba und Rawh b. Qāsim sind größere Ḥuffāẓ als Ḥammād.
Antwort: Und was sagt uns das jetzt? Ḥammād ist thiqa, vertrauenswürdig.
Der Zusatz eines vertrauenswürdigen Überlieferers ist ebenfalls vertrauenswür-
dig, wenn er nicht der Überlieferung einer noch vertrauenswürdigeren Person wi-
derspricht. Hier gibt es jedoch keinen Widerspruch und somit auch kein Problem.
Einwand: Aufgrund des unterschiedlichen Wortlautes kann es sein, dass es
nur eine sinngemäße Überlieferung war.
Antwort: Das heißt also, du bist dir nicht sicher, es könnte nämlich auch nicht
sein. Auch wenn die sinngemäße Überlieferung gestattet ist oder nicht, ist eine
Zufügung dem eigentlichen Wortlaut im normalem Fall nicht gestattet.
Einwand: Diese Hinzufügung kann auch der Zusatz von ʿUthmān sein, der
dies in die Überlieferung mischte.
Antwort: Auch in diesem Einwand bist du dir nicht sicher, sondern hast Zwei-
fel. So ist doch die Grundannahme, dass es eine solche Hinzufügung nicht gibt,
und eine Behauptung, dass es sie doch gibt, benötigt einen Beweis, doch den habt
ihr nicht. Somit ist auch dieser Einwand ungültig.
Einwand: Sogar wenn diese Hinzufügung etabliert ist, gibt es hierin keinen
Hinweis für die Gegenseite. So dachte ʿUthmān b. Ḥunayf, dass man mit einem
Teil der Duʿāʾ, duʿāʾ machen darf, und mit einem Teil nicht.
285 Al-Radd al-Muḥkam, S. 155.
131
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Antwort: Diese Hinzufügung ist eine dich und deine Freunde zerlegende klare
Aussage. Das, womit du ʿUthmān verleumdest und ihm angemessen siehst, baut
auf deiner Vermutung, dass der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – für
den Blinden Duʿāʾ machte, doch deine Vermutung ist hinfällig. Hätte der Prophet
für ihn Duʿāʾ gemacht, hätte dies ʿUthmān b. Ḥunayf, der anwesend war, überlie-
fert…286 Deswegen betitelte Bayhaqī den Ḥadīth als: „Das Kapitel über die Überlie-
ferungen, was dem Blinden gelehrt werden soll, damit er Heilung findet, wenn er
keine Geduld mit seiner Krankheit hat“. Sogar wenn man annimmt, dass er Duʿāʾ
gemacht hat, gibt es keinen Halt diese Duʿāʾ auf seine Lebenszeit zu beschränken,
denn der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – macht nach seinem Ableben
für die im Diesseits Duʿāʾ, und dies wurde ṣaḥīḥ überliefert.
Einwand: Dieser Zusatz widerspricht dem Ḥadīth.
Antwort: Ja, nach eurer Ansicht, doch für die Gelehrten, die nicht ihre Ge-
lüste und ihre Neigungen anbeten, gibt es keinen Widerspruch. Deiner Behaup-
tung nach, ist dieser Zusatz eine Hinzufügung von ʿUthmān b. Ḥunayf, da er im
Ḥadīth selbst nicht enthalten ist. Willst du also damit sagen, ʿUthmān b. Ḥunayf
war so unwissend, dass er einen Zusatz hinzufügte, der dem gesamten Ḥadīth
widerspricht?!
Einwand: Die Autoren der Sunan haben diesen Zusatz nicht überliefert.
Antwort: Es ist denen bewusst, die nicht zu den Unwissenden gehören, dass
die Autoren der Sunan Werke nicht alle Ṣaḥīḥ Überlieferungen niedergeschrie-
ben haben… Dies ist nicht schlimm. Doch ward nicht ihr es, die vorher sagten:
„Tirmidhī und jene mit ihm sind es, welche den Wortlaut des Ḥadīth nicht voll-
ständig überlieferten…“287, also wie schnell ihr euch doch selbst widersprecht!
Seit wann ist es ein Grund für Schwäche, dass der Überlieferer alleine ist?
Wo ist der Widerspruch im Zusatz? Wir sehen keinen, zeigt ihn doch auf. Wo
widerspricht dieser Zusatz dem Ḥadīth? Dieser Zusatz widerspricht nicht dem
Ḥadīth, sondern demjenigen, der den Ḥadīth falsch versteht!
Wir wollen nicht lange über die Zweifel in Bezug auf die Überlieferer spre-
chen, sondern geben uns damit zufrieden, dass etliche Ḥadīthgelehrte diesen
Ḥadīth als ṣaḥīḥ befunden haben:
Ibn Abī Dunyā überliefert in seinem Buch Mujābī al-Duʿāʾ, dass eine Person
kam, um ʿAbdulmālik b. Saʿīd b. Abjar zu sehen. ʿAbdulmālik drückte dessen Bauch
und sagte ihm dann, dass er an einer unheilbaren Krankheit litt. Der Mann fragte
ihn: „Was ist es?“, und ʿAbdulmālik erklärte ihm, dass es etwas wie ein Geschwür
ist, der in seinem Inneren wächst und letztlich den Menschen tötet. Dann heißt
286 Eine Duʿāʾ dieser Art verhindert Tawassul auf der anderen Seite sowieso nicht…
287 Ibn Taymiyyah, Qāʿida al-Jalīla, S. 93.
132
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
es, dass der Patient sich umdrehte und sagte: „Allāh! Allāh! Allāh ist mein Herr!
Ich betrachte niemanden als seinen Rivalen oder Partner. O Allāh! Ich ersuche
Dich und füge mich Dir durch die Vermittlung deines Propheten Muḥammad, dem
barmherzigen Propheten! O Muḥammad! Durch deine Vermittlung füge ich mich
dir und meinem Herren, damit er Barmherzigkeit für mich hege während mei-
ner Krankheit.“ Es heißt, dass ʿAbdulmālik dann sein Bauch erneut drückte und
sagte: „Du bist geheilt, du leidest unter keiner Krankheit mehr.“
Ibn Taymiyya sagt dazu in seinem Kommentar: „Ich sage, dass dies und an-
dere Formen des Bittgesuches von unseren Vorfahren übernommen wurden.“
(Qā‘idah Jalīlah fī al-Tawassul wa al-Wasīlah, S.91)
So wie es schon der geehrte Sayyid Muḥammad al-ʿAlawī al-Mālikī sagte, ist
für uns hier nicht von Bedeutung, wie Ibn Taymiyya diese Überlieferung versteht
und welch weit hergeholten Aussagen er darüber trifft, sondern dass er zugibt,
dass diese Art der Bittgebete von den Salaf sind. Ich vermute, ihr werdet nicht
sagen, dass die Salaf sich in Bidʿa und Schirk befanden.
Einwand: Hier ist eine Kritik an einem Kalifen wie Sayyidunā ʿUthmān, und
zwar, dass er einem Menschen in Not keine Beachtung schenkte. Diese Aussage
gleicht nicht einer Person, über die der Prophet sagte, dass sich sogar die Engel
vor ihm schämen und der barmherzig und gütig ist. Dies ist einer der Gründe,
wieso wir diese Geschichte als abwegig erachten.
Antwort:
Sayyidunā ʿUthmān - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – ist nicht bewahrt
vor Sünden (maʿsūm) und er kann Fehler begehen, und er hat seinen Fehler nicht
fortgeführt, sondern ihn aufgrund des Tawassuls korrigiert. So heißt es in der
Überlieferung des Imām al-Tabarānī: „Der Mann ging also fort und tat wie ihm
aufgetragen war und ging dann zur Tür ʿUthmān ibn ʿAffāns - möge Allah mit
ihm zufrieden sein. Und der Pförtner kam, nahm ihn bei der Hand, brachte ihn
zu ʿUthmān b. ʿAffān und ließ ihn neben diesem auf einem Kissen sitzen. ʿUthmān
fragte: „Was brauchst du?“ und der Mann erklärte seine Angelegenheit, und Uth-
man erledigte sie für ihn und sagte: „Ich hatte nicht an deine Sache gedacht, bis ge-
rade eben“ und fügte hinzu: „Und wenn du etwas brauchst, so lass es mich wissen.“
Wie man erkennen kann, heißt es im Ḥadīth, dass Sayyidunā ʿUthmān es
vergessen hat und deswegen dies geschah. Dies wirft kein schlechtes Bild auf
Sayyidunā ʿUthmān und degradiert auch nicht seinen Charakter. Hierin ist kein
Übel. Dies geschah auch einmal in der Zeit unseres Propheten - Segen und Friede
seien auf ihm.
133
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„Er zog die Stirne kraus und wandte sich ab, (darüber unwillig) daß der
Blinde zu ihm kam.“288
Mit dem Blinden ist hier Ibn Umm Maktum gemeint, der ʿAbdullah b. Schurayḥ
heißt und blind war. Er gehörte zu den Gefährten, die an der ersten Auswande-
rung teilgenommen hatten. Einmal befanden sich beim Propheten die großen
der Quraysch wie ʿUtba, Abū Jahl und andere. Der Prophet lud sie zum Islām ein.
Er erzählte ihnen von der Einheit, Macht und Größe Allāhs und er trug die Hoff-
nung, dass sobald die Oberhäupter der Quraysch Muslime werden, viele Leute ih-
nen folgen und die Wohltat des Islāms annehmen würden. In dem Moment kam
dieser blinde Mann zum Gesandten Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm –
und stellte ihm wiederholt eine Frage, aber störte dabei die Rede des Propheten
- Segen und Friede seien auf ihm – zu den Kuffār. Deswegen zog der Prophet die
Stirne kraus und wollte nicht auf die Worte des Blinden achten, worauf dieser Vers
offenbart wurde, dass es angemessener sei, dass er sich dem Blinden zuwendet.
Bei beiden Geschehen gibt es nichts, welches den Charakter des Sayyidunā
ʿUthmān oder des Gesandten Allāhs schlecht darstellt, denn es gab Entschuldi-
gungsgründe, doch Albānī muss ja den Ḥadīth irgendwie schwach kriegen, des-
wegen spricht er solche Worte und versucht Zweifel zu säen, obwohl es doch im
Ḥadīth klar heißt, dass Sayyidunā ʿUthmān mit den Angelegenheiten der Regie-
rung beschäftigt war.
288 80:1-2
134
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
كان إذا قحطوا:عن أنس رضى اهلل عنه أن عمر بن الخطاب رضى اهلل عنه
اللهم إنا كنا نتوسل اليك بنبينا فتسقينا:استسقى بالعباس بن عبد المطلب فقال
.وإنا نتوسل إليك بعم نبينا فاسقنا قال فيسقون
Anas b. Mālik - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – seiner Überlieferung
zufolge, als die Muslime in der Zeit des zweiten Kalifen einer Dürrezeit gegen-
über standen, benutzte Sayyidunā ʿUmar den Onkel des Propheten, Sayyidunā
ʿAbbās b. ʿAbdulmuṭṭalib als Wasila und bat um Regen, und sagte: „Oh Allāh! Wir
baten dich vorher, indem wir den Propheten - Segen und Friede seien auf ihm
– als Wasila nahmen und dich anbeteten und du gabst uns Regen. Jetzt nehmen
wir den Onkel deines Propheten als Wasila und bitten dich, dass du uns Regen
gibst. Anas b. Mālik sagt, dass nach dieser Duʿāʾ ihnen Regen geschenkt wurde.289
In dieser Überlieferung, die von beiden Seiten als ṣaḥīḥ anerkannt wird, wird
nicht beschrieben, wie Sayyidunā ʿUmar und Sayyidunā ʿAbbās Duʿāʾ machten.
Dies erfahren wir durch die Beschreibung des Zubayr b. Bakkar.
Ibn Ḥajar sagt:
Zubayr b. Bakkār erklärt in seinem Al-Ansāb wann und wie Sayyidunā ʿAbbās
Duʿāʾ machte. Nachdem er den Isnād des Ḥadīth darlegte, sagt er, dass Sayyidunā
ʿAbbās folgende Duʿāʾ machte, als Sayyidunā ʿUmar mit ihm Tawassul gemacht hatte:
„Oh Allāh! Es soll keine Heimsuchung aufgrund der Sünde sein, und diese Heim-
suchungen verschwinden nur durch die Reue. Diese Menschen machen Tawassul
mit mir, aufgrund meiner Nähe zum Propheten - Segen und Friede seien auf ihm!
Wir heben unsere sündigen Hände zu dir und legen unsere Stirn in die Niederwer-
fung, bitte sende uns Regen!“, und dann heißt es: „habe es in Fluten geregnet.“290
289 Bukhārī, Istisqa, 3, Nr. 964, 1/342.
290 Ibn Ḥajar, Fatḥ al-Bārī, 3/150.
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„Es gab eine schwere Dürrezeit im 17. Jahr der Hijra zur Zeit des Kalifen
ʿUmar. Deswegen sagte Kaʿb: „Oh Fürst der Gläubigen! Wenn die Kinder Israels
eine solche Heimsuchung erlebten, gingen sie mit den Verwandten (väterlicher-
seits) ihrer Propheten zum Regengebet hinaus“, worauf Sayyidunā ʿUmar sagte:
„Hier ist doch der Onkel des Propheten, der seinem Vater ähnelt/sein Bruder
ist293und der geehrteste der Söhne Haschims!“ Sie gingen zu ihm und Sayyidunā
ʿUmar beklagte sich dort bei ihm über die Dürre.“294
Dies erklärt uns ganz klar, dass das Regengebet Sayyidunā ʿUmars mit
Sayyidunā ʿAbbās nicht daher korrekt ist, weil er den Propheten als einen tauben
Leichnam erachtete und er keinen Wert, keinen Rang und keine Stellung mehr
bei Allāh hat. Allāh bewahre! Ein solches Verständnis wäre eine Verleumdung!295
Kawtharī, der sagt, dass der Tawassul des Sayyidunā ʿUmar ein Tawassul
mit einer Person war, bewertet die Ansicht derer, die es als eine weitere Form
des Tawassul mit Duʿāʾ sehen, weil sie angeblich eine Weglassung im Text erken-
nen, wie folgt:
„Zu behaupten, in der Aussage: „wir machen Tawassul mit dem Onkel des Pro-
pheten“/ gäbe es eine Weglassung, und es sei: „wir machen Tawassul mit
der Duʿāʾ des Onkels des Propheten“, weist auf eine beweisfreie Rede hin und be-
steht aus nichts anderem als dem Versuch, die Wahrheit zu verbergen. Der Tawas-
sul mit „dem Onkel des Propheten“, bedeutet, dass hier ein Tawassul mit ʿAbbās
gemacht wurde, aufgrund seiner Nähe zum Propheten und es stellt ein Tawas-
sul mit der Achtung, die er beim Propheten genießt, dar. Somit ist der Tawassul
hier gleichzeitig auch ein Tawassul mit dem Propheten, (da seine Hochachtung
ʿAbbās beachtet wird.)“296
Ibn ʿUmar - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – wiederholte das Gedicht
des Abū Ṭālib, welches er für seinen Neffen, den Propheten - Segen und Friede
seien auf ihm – gedichtet hatte:
„Und kein Volk hinterließ einen weißen Menschen, aufgrund dessen Ange-
sicht (Person) die Menschen von Allāh Regen erbitten.“297
293 Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm –zollte seinem Onkel, der nur zwei oder drei
Jahre älter war als er, einen großen Respekt und sagte, dass der Onkel eines Menschen gleich
seinem Vater ist, und beklagte sich bei ihm über die Sachen, die ihn traurig stimmten. Siehe Ibn
Abī Schayba, al-Muṣannaf, 5/518; Muslim, Zakāt, 11; Tirmidhī, Manāqib, 28.
294 Ibn ʿAbd al-Barr, al-Istīʿāb, 3/97.
295 Kawtharī, Maqālāt, S. 451.
296 Ibid., siehe auch: Izzet ʿAlī Atiyya, Bidʿa, S. 386.
297 Diese Bedeutung ist Ibn Ḥajars Bevorzugung. Aḥmad b. Ḥanbal, Musnad, 2/93; Bukhārī, 1009;
Ibn Mājah, 1272. Ṣaḥīḥ.
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Tawassul mit Personen akzeptieren und gemäß Ibn ʿAbd al-Barr ist diese Über-
lieferung, die auf verschiedenen Wegen kam, eine erläuternde Überlieferung.
Sayyidunā ʿUmar nahm Sayyidunā ʿAbbās für das Regengebet zu sich und
stieg auf den Minbar und sagte: „Oh Allāh! Wir nähern uns dir mit dem Onkel des
Propheten und wir wünschen uns, dass er ein Fürsprecher für uns ist! Achte für
deinen Propheten auf ihn, denn du hattest ja auch auf zwei Waisenkinder Acht
gegeben aufgrund ihrer frommen Eltern!“302
Jābir b. ʿAbdullah überliefert, dass der Gesandte Allāhs - Segen und Friede
seien auf ihm – sagte: „Wahrlich, Allāh sendet wegen der Frömmigkeit eines
frommen Mannes seinen Kindern, seinen Kindeskindern, seinem Land und sei-
ner Umgebung Gutes und Er beschützt sie, solange dieser Mann sich unter ih-
nen befindet.“303
Ibn ʿUmar überliefert vom Gesandten Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm:
إن اهلل ليدفع بالمسلم الصالح عن مائة أهل بيت من جيرانه البالء
„Wahrlich, Allāh wehrt aufgrund eines frommen Dieners Heimsuchungen
und Unglück von 100 Nachbarhäusern ab.“304
Nach diesen Worten wandte sich Sayyidunā ʿUmar den Menschen zu und sagte:
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Letztlich versteht man aus den Worten des Sayyidunā ʿUmar: „Für den On-
kel unseres Propheten…“, dass hier ein Tawassul mit der Person des Sayyidunā
ʿAbbās gemacht wird, und dann auch ein Tawassul mit seiner Stellung zum Pro-
pheten und der daraus resultierenden Stellung bei Allāh.“307
Von diesem Geschehen, dass mehr als nur einmal passiert sein soll308, erfah-
ren wir den Wert des Sayyidunā ʿAbbās, die Demut des Sayyidunā ʿUmar, den
Wert des Regengebetes mit der Familie des Propheten und den frommen Perso-
nen309 sowie andere Urteile.310
In einer anderen Überlieferung heißt es, dass der Prophet - Segen und Friede
seien auf ihm – Sayyidunā ʿAbbās wie einen Vater liebte und ihm Respekt zollte
und seinen Schwur als seinen eigenen Schwur erachtete.
Sayyidunā ʿUmar sagte auch: „Oh ihr Menschen! Diesen Respekt, den der Pro-
phet Sayyidunā ʿAbbās zollte, sollt ihr nachahmen! Ihr solltet ihn zu einer Wasila
in all eueren Bittgebeten zu Allāh machen!“311
Scheich Muḥammad Zāhid al-Kawtharī, der den Tawassul mit Personen ver-
teidigt, sagt, dass dieser Ḥadīth ihre Haltung stützt und führt dafür folgendes an:
„Diese Praxis des Sayyidunā ʿUmar weist darauf hin, dass es gestattet ist
Tawassul mit den lebenden Verwandten und Bekannten des Propheten - Se-
gen und Friede seien auf ihm – zu tun. Sayyidunā ʿUmars Worte über Sayyidunā
ʿAbbās: „Wegen dieser Dürre sollt ihr Sayyidunā ʿAbbās als Wasila zu Allāh - Er-
haben und Makellos ist Er – benutzen!“, bedeuten nicht, „ihr sollt von ihm Duʿāʾ
wünschen“, denn Sayyidunā ʿUmar hat dies gesagt, nachdem er von Sayyidunā
ʿAbbās Duʿāʾ erbeten hat.“312
Ibn Ḥajar und Ibn Ruschayd sagten klar aus, dass die Worte des Sayyidunā
ʿAbbās „macht ihn zur Wasila“ nicht die Bedeutung: „nimmt seine Duʿāʾ“ tra-
gen.313 Hier kann nur folgender Widerspruch kommen: Hier heißt es: „fī mā nad-
hala ʿalaykum“, welches die Vergangenheitsform ist und nicht die Zukunft meint.
Daraus verstehen wir, dass Sayyidunā ʿUmar zu den dortigen Prophetengefähr-
ten sagte: „Macht auch ihr Duʿāʾ und erwähnt Sayyidunā Abbas als Wasila in eu-
rer Duʿāʾ“. Wäre hier gemeint, dass man Duʿāʾ machen soll, wenn Heimsuchungen
einen treffen, hätte er gesagt: „fī mā yandhilu ʿalaykum“. Hier ist ein Tawassul
mit der Person Sayyidunā ʿAbbās und seiner Duʿāʾ.
307 Ibn Ḥajar, ibid., 2/495.
308 Schawkānī, Nayl al-Awṭār, 4/315.
309 Ibn Ḥajar, Fatḥ al-Bārī, 2/497; al-Ghumārī, Ithaf, S. 36. Ibn Taymiyyah, Qāʿida, S. 126.
310 Von Zekeriya Güler.
311 Ḥākim, al-Mustadrak, 3/377.
312 Al-ʿAynī, Umdat al-Qārī, 6/13.
313 Ibn Ḥajar, Fatḥ al-Bārī, 2/337.
140
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Aus diesem und anderem versteht man, dass Sayyidunā ʿUmar hier einen
Tawassul mit der Person des ʿAbbās machte und nicht mit der Duʿāʾ des ʿAbbās,
wie es Albānī behauptet. „Achte auf ihn wegen der Achtung deines Propheten!“,
und die Aussage des ʿAbbās: „Diese Menschen machen Tawassul mit mir wegen
meiner Nähe zum Propheten“, und die Worte des Sayyidunā ʿUmar zum Volk:
„Benutzt Sayyidunā ʿAbbās als Wasila zu Allāh - Erhaben und Makellos ist Er!“,
sind allesamt Beweise dafür.
Kawtharī sagt, dass die Handlung des Sayyidunā ʿUmar, nämlich den Tawas-
sul mit dem Propheten nicht anzuwenden, sondern den Tawassul mit Sayyidunā
ʿAbbās zu machen, ein Zeichen und Hinweis dafür ist, dass es gestattet ist, mit
jemand anderem Tawassul zu machen, wenn auch ein anderer, besserer vorhan-
den ist.
Einer der Gründe für diese Handlung ist auch, dass Sayyidunā ʿUmar den Re-
spekt gegenüber Sayyidunā ʿAbbās aufrecht erhalten wollte, den er vom Prophe-
ten - Segen und Friede seien auf ihm – selbst sah.
2. Diese Überlieferung wurde durch Zubayr b. Bakkār in Ḥākims al-Mu-
stadrak überliefert.
Ḥākim – Abū Zakariyya Yaḥyā b. Muḥammad al-Anbarī – Ḥasān b. ʿAlī b. Nasr
– Zubayr b. Bakkār – Saʿīd b. ʿUbaydullah al-Muzanī – Dāwūd b. ʿAṭā al-Madanī –
Zayd b. Aslam – Ibn ʿUmar. Ḥākim überliefert dies und schweigt. Zubayr b. Bakkār
hat die Art und Weise der Duʿāʾ des ʿAbbās beschrieben. Zubayr b. Bakkār über-
liefert durch Dāwūd b. ʿAṭā – Zayd b. Aslam – Ibn ʿUmar, dass Sayyidunā ʿUmar
sagte: „Benutzt ihn als Wasila zu Allāh!“
At-Taqrīb sagt, dass der Überlieferer Dāwūd ‚schwach‘ ist. Das stimmt, aber
ʿAlā al-Dīn Mughlatay sagt in „Ikmal al-Tahzib al-Kamal“, dass Ḥākim diese Über-
lieferung als eine ‚bezeugende‘ Überlieferung benutzte, und d. h., dass Ḥākim dies
nicht unbewusst gegen seine Regeln des Ṣaḥīḥ aufnahm, sondern es aufnahm,
um die anderen Ṣaḥīḥ Überlieferungen zusammenzuführen. In den „Bezeugen-
den“ wird nicht immer die Bedingung der Authentizität verlangt. So gibt es in
Bukhārī und Muslim viele „bezeugende“ Überlieferungen, die in ihren Überlie-
ferungsketten „schwache“ (nicht sehr schwache) Überlieferer haben, aber auch
nicht jeder schwache Überlieferer ist für die Bezeugung herzunehmen.314 Doch
auch nicht jeder schwache Überlieferer schwächt den Ḥadīth.
Auch wenn Dhahabī neben seinen Worten: „Dāwūd wird nicht beachtet“,
noch viele andere Dinge sagte, scheint Albānī gedacht zu haben, dass dies seine
Argumentation ungültig bzw. schwächen würde, weswegen er nur diesen winzi-
gen Satz von Dhahabī zitiert. Er zitiert nicht einmal den gesamten Satz, sondern
314 Ibn Kathīr, al-Bāis al-Khasīs, 57; Laknawī, Zafar al-Amāni, S. 319.
141
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
nur das Ende des Satzes, womit er die Worte des Dhahabī gekürzt hat. Dhahabī
sagt: „Diese Überlieferung ist in Banyasīs Juzʿu mit einer kürzeren, gleichwerti-
gen oder besseren Überlieferungskette enthalten. Eine ähnliche Überlieferung
kam von Sayyidunā Ibn ʿAbbās. Dāwūd jedoch ist zu verwerfen (seine Überlie-
ferungen werden verworfen.“315 Wieso erwähnt Albānī diese Worte wohl nicht?
Albānī tut so, als hätte er die Unterschiede zwischen den Überlieferungsket-
ten des Zubayr b. Bakkār und des Balādhūrī selbst entdeckt, führt keine Quellen-
angabe an und zitiert dreist aus Fatḥ al-Bārī und erkennt darin sofort einen ‚Wi-
derspruch‘, vergisst aber zu erwähnen, dass Ibn Ḥajar sagte: „Zayd könnte zwei
Scheichs gehabt haben…“
Balādhūrī überliefert dies von Hischām b. Saʿd – Zayd b. Aslam – und die-
ser anstelle von Ibn ʿUmar, von seinem Vater (Aslam). Es kann sein, dass Zayd b.
Aslam zwei Scheichs hatte: seinen Vater und Ibn ʿUmar. Ja, es kann sein, dass er
die Überlieferung erst von seinem Vater nahm und dann die Ehre hatte, mit Ibn
ʿUmar zu sitzen, oder er hat seinem Vater und Ibn ʿUmar zugehört, welche das
gleiche Ereignis erlebt haben.
Was hindert einen, dies zu akzeptieren? Etwa die Herrschaft der Gelüste und
Neigungen? Da die Überlieferungskette und der Überlieferer nur nach dem eige-
nen Rechtsschluss (Ijtihād) eines fähigen Gelehrten als ‚schwach‘ oder ‚stark‘ ein-
gestuft wird, und die Einstufung ‚schwach‘ keine Offenbarung ist, kann es doch
sehr gut sein, dass Ḥākim den Dāwūd als ‚stark‘ erachtete? Woher wollt ihr wis-
sen, dass es nicht so ist?
Hinzu kommt, dass es die Regel gibt, dass eine schwache Überlieferung mit
verschiedenen Überlieferungsketten auf die Stufe des ḥasan steigt. Das heißt,
eine Überlieferung, die über das gleiche Thema handelt, die keine starke Schwä-
che in sich hat und die verschiedene schwache Überlieferungsketten vorzuwei-
sen hat, steigt auf die Stufe des ḥasan. Es heißt: ḥasān lī ghayrihi. Wenn wir also
sogar davon ausgehen, dass diese Überlieferung des Ḥākim keine Bestätigung für
eine andere Überlieferung ist, kann sie dennoch ein eigenständiger Beweis sein.
142
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Anas b. Mālik überliefert: „Sayyidunā ʿAlīs Mutter, Fāṭima bint Asad, war ge-
storben und als sie bestattet wurde, kam der Gesandte Allāhs und sprach:
اهلل الذى يحيى ويميت وهو حى ال يموت اغفر ألمي فاطمة بنت أسد ولقنها
حجتها ووسع عليها مدخلها بحق نبيك واألنبياء الذين من قبلى فإنك أرحم
”.الراحمين
„Allāh ist es, der Leben gibt und, der den Tod kosten lässt. Er selbst ist leben-
dig ohne zu sterben. Verzeih meiner Mutter Fāṭima b. Asad und eröffne ihren Ho-
rizont! Weite ihr Grab für die Achtung deines Propheten und der Propheten, die
vor mir kamen, denn wahrlich, du bist der Barmherzigste aller Barmherzigen.“316
143
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Grund und es herrscht ein Widerspruch und eine solche Kritik wird nicht akzep-
tiert. Auch wenn eine solche Kritik großer und bekannter Ḥadīthgelehrter aner-
kannt ist, ist sie das nur, wenn hierin kein Ikhtilaf herrscht.323
So ist die Einstufung dieses Überliefers umstritten und diskutabel. Wenn die
Schwäche nicht aufgrund der „ʿadala/Wahrhaftigkeit“, sondern aufgrund des Ge-
dächtnisses ist und dazu noch leicht ist, dann wird der Ḥadīth als ḥasan gewertet.
Somit ist die Überlieferung dieses Überlieferers ḥasan für die Mehrheit, und für
Ibn Hibbān und Ḥākim ṣaḥīḥ und kann somit überall als Beweis benutzt werden.
Somit ist die Kritik der Kritiker nach dieser Erörterung nur noch eine lang-
gezogene Rede und besteht nur aus leerem Geschrei. Es ist den Fachmännern be-
kannt, dass die früheren Muḥaddith mit der Aussage: „Er ist abzulehnen/munkar“
meinten, dass der Überlieferer: „einsam und einzig“ ist.324
So ist Rawh der einzige, der dies überliefert, und dies bestätigt unsere Worte.
Die späteren Ḥadīthgelehrten verwendeten munkar als einen Grund für Schwäche,
doch ‚Einsamkeit‘ ist kein Grund für eine absolute Schwäche. Das heißt, dass die
munkar Überlieferungen des Rawh einzigartige bzw. einseitige Überlieferungen
sind, und dies erfordert keinesfalls, dass die Überlieferung schwach ist.
Wäre die erwähnte Nachsicht des Ibn Hibbān und Ḥākim im absoluten Sinne,
würde man den Namen ṣaḥīḥ für ihre Werke nicht als angemessen erachten. Die
Wahrheit ist, dass sie den ḥasan Ḥadīth auf den Stufen des ṣaḥīḥ erachteten und
dies ist ihre eigene Fachsprache.
Deswegen kann man ihnen in dieser Hinsicht nicht widersprechen. Ob man
ḥasan nun als eine Kategorie des ṣaḥīḥ erachtet, oder als eine dem ṣaḥīḥ wider-
sprechende Einstufung, so ist ḥasan dennoch ein für viele Ḥadīthgelehrte ver-
wendbarer Beweis.
Ibn ʿAdī und Dāraquṭnī sind Imame der Überliefererkritik, doch sind Ibn
Hibbān und Ḥākim es etwa nicht? Natürlich sind auch sie Imame, deren Urteile
in der Kritik eingeholt werden können und das ist jenen bewusst, die sich mit
den Büchern dieser Wissenschaft auskennen. Wieso also verwirft ihr einen Teil
der Imame in dieser Wissenschaft, wenn es euch passt, und nimmt nur einen be-
stimmten Teil, den ihr später auch verwirft wenn es euch passt? Was hat das mit
Objektivität oder mit Wissen zu tun?
Dass es kein klarer eindeutiger Beweis ist, bedeutet nicht, dass es vollkom-
men wertlos ist. Es kann herangeführt werden, um andere Beweise und Ange-
legenheiten zu bekräftigen und zu bestätigen. Dazu kommt, dass die Einstufung
323 Für mehr Informationen siehe Tadrīb al-Rāwī, 1/308 und andere Uṣūl Bücher.
324 Für genaueres siehe Imām al-Laknawī, al-Rafʿ wa al-Takmil, S. 143.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Letztlich ist dieser Ḥadīth ṣaḥīḥ oder mindestens ḥasan, nicht weniger. Dies
sagte ʿAllāma Ḥāfiẓ ʿAbdullah al-Ghumārī.326
Hier sollte man noch auf eine Sache Acht geben: Der Prophet - Segen und
Friede seien auf ihm – macht hier Tawassul mit Propheten, die schon lange ge-
storben sind. Gemäß diesem Ḥadīth ist es erlaubt mit Worten wie: „Für das Recht
deines Propheten“, oder „für die Achtung derer, die Rechte haben…“ Duʿāʾ zu ma-
chen. Der Tod dieser Menschen ist kein Hindernis für den Tawassul.
147
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Dieser Ḥadīth zeigt uns, wer wirklich zu den Leuten des Ḥadīth gehört und,
wer zu denen gehört, die Aḥādīth missachten. Neben den anderen Aḥādīth (näm-
lich dem Ersten und Zweiten) ist dieser Ḥadīth ein Beweis dafür, dass wir am
Grab des Propheten seine Duʿāʾ erbitten dürfen oder von der Seele eines Awliyāʾ
Duʿāʾ erbitten dürfen.
Mālik al-Dār erzählt: „In der Zeit des Sayyidunā ʿUmar gab es eine schlimme
Dürre. Ein Mann kam zu der Zeit zum Grab des Propheten - Segen und Friede seien
auf ihm – und sagte: „Oh Gesandter Allāhs! Bitte um Regen für deine Gemeinde,
denn sie sind zerstört!“ Im Traum sah er den Propheten - Segen und Friede seien
auf ihm – und dieser sagte zu ihm: „Gehe zu ʿUmar, grüße ihn und sagte ihm,
dass das Volk schon bald Regen erhalten wird und seine Aufgabe es ist, seine
Pflicht zu erfüllen, guten Umgang zu pflegen und eine ausgewogene und schöne
Haltung inne zu haben.“ Der Mann ging sofort zu Sayyidunā ʿUmar - möge Allāh
mit ihm zufrieden sein – und berichtete ihm das Geschehen. Daraufhin weinte
(!) Sayyidunā ʿUmar und sagte: „Oh Herr! Ich tue alles, was ich kann und strenge
mich auf das äußerste, außer in den Dingen, über die ich keine Macht habe.“327
Die Imame, die diesen Ḥadīth überlieferten
Dies wurde überliefert von:
1. Bukhārī, in seinem Tārīkh in einer längeren Fassung,328
2. Imām al-Bayhaqī durch eine eigene Überlieferungskette,329
3. Imām al-Subkī in einer abgekürzten Form,330
4. Ibn Abī Khaytama, der ein vertrauenswürdiger Ḥāfiẓ war,
5. Ibn Abī Schayba in seinem al-Muṣannaf von Abū Ṣāliḥ Zaqwān,331
327 Ibn Abī Schayba, al-Muṣannaf, 7/482; Ibn ʿAbd al-Barr, al-Istīʿāb, 3/464; Khalīlī, al-Irschād,
1/313; al-Bayhaqī, Dalāʾil, 7/47.
328 Imām Bukhārī, al-Tārīkh al-Kabīr, 7/304.
329 Ibn al-Kathīr, al-Bidāya, 8/93. Ibn Kathīr sagt, dass die Überlieferungskette ist.
330 Imām Subkī, Schifāʾ al-siqām, 144.
331 Ibn Abī Schayba, al-Muṣannaf, Ḥadīthnr. 32002
148
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
6. Ibn ʿAsākir,332
7. Ḥāfiẓ al-Khalīlī,333
8. Ibn Ḥajar al-ʿAsqalānī in mehreren Büchern,334
9. Imām Ibn ʿAbd al-Barr in seinem Al-Istīʿāb,335
10. Ibn Kathīr.336
Die Argumente derer, die den Ḥadīth als schwach erklären
Albānī behauptet, dass der Ḥadīth hinsichtlich seines Wortlautes und sei-
ner Überlieferungskette nicht ṣaḥīḥ ist. Wir werden seine drei Hauptgründe in
Kurzform anführen:
1. Das Gedächtnis und die Aufrichtigkeit des Überlieferers Mālik al-Dār ist
unbekannt und er ist ein unbekannter Überlieferer. Ibn Abī Hātim337 hat nicht ei-
nen einzigen Überlieferer erwähnt, der von ihm überliefert hat, außer den Abū
Ṣāliḥ, der in dieser Überlieferungskette angeführt wird. Dies zeigt uns, dass er
unbekannt ist. Das Ibn Abī Hātim, der eine Autorität im Wissen des Ḥadīth ist,
kein Urteil über ihn gesprochen hat, stützt dies. Somit ist Mālik al-Dār unbekannt.
Die Aussage des Ibn Ḥajar al-ʿAsqalānī: „Abū Ṣāliḥ al-Sammān von Mālik al-Dār
mit einer ṣaḥīḥ Überlieferungskette…“, widerspricht unserer Feststellung nicht,
denn Ibn Ḥajars Worte sagen uns, dass nicht die gesamte Überlieferungskette
ṣaḥīḥ ist, sondern nur der Teil bis Abū Ṣāliḥ. Er hätte sonst nämlich nicht ange-
fangen mit: „Abū Ṣāliḥ…“, sondern mit „Mālik al-Dār…“, und gesagt: „Der Isnād
ist ṣaḥīḥ“. Dies ist von Ibn Ḥajar ein Hinweis, dass man hinsichtlich des Überlie-
ferers Mālik vorsichtig sein muss oder er unbekannt ist.
2. Der Wortlaut des Ḥadīth widerspricht dem Regengebet, der in der Scharīʿa
mustaḥab ist, und widerspricht sogar der Duʿāʾ und dem Istighfār in den folgen-
den Versen:
الس َم َاء َع َلي ُكم ِم ْد َر ًارا ِ َ ت ْاس َت ْغ ِف ُروا َر َّب ُك ْم إ َِّن ُه َك
َّ ان َغ َّف ًارا يُ ْرس ِل ُ َف ُق ْل
ْ ْ
„Und ich sagte: Bittet euren Herrn um Vergebung (für eure Sünden) - er ist
(immer) bereit zu vergeben-, dann wird er den Himmel ergiebig über euch reg-
nen lassen…“338
332 Ibn ʿAsākir, Tārīkh al-Madina, 53/294.
333 Al-Irschad fī Maʿrifah ʿUlamāʾ al-Ḥadīth, 1/313-314.
334 Fatḥ al-Bārī, 2/495, wo er diesen Ḥadīth als Grund aufführt, wieso Imām Bukhārī das Kapitel
„Das Erwünschen des Regens bei den Oberen während einer Dürre“ nannte. Ebenfalls in al-
Iṣābah, 3/484.
335 2/464.
336 Al-Bidayah wa al-Nihāyah, 7/106.
337 Ibn Abī Hātim, al-Jarḥ, 7/213.
338 71/10.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Deswegen hat Sayyidunā ʿUmar - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – mit der
Duʿāʾ des Sayyidunā Abbas Tawassul gemacht und um Regen gebeten. Die Salaf
haben dies ebenfalls nur so gemacht und keiner von ihnen ging an das Grab des
Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – und bat ihn um Duʿāʾ für Regen oder
dergleichen. Wir haben darüber keine Überlieferung. Wäre so etwas erlaubt ge-
wesen, dann hätten sie dies wenigstens einmal gemacht. Dass sie dies nicht ge-
tan haben, bedeutet, dass dies nicht erlaubt ist.
3. Sogar wenn wir annehmen, dass die Überlieferung ṣaḥīḥ ist, ist sie kein
Beweis in diesem Thema, denn die Überlieferung stützt sich auf jemanden, des-
sen Name nicht erwähnt wird, und somit ist er auch unbekannt.
Auf die Überlieferung des Sayf bauend zu behaupten, er heiße Bilal, sagt
nichts aus, denn es herrscht Konsens, dass Sayf b. ʿUmar al-Tamimī schwach ist.
So sagte Ibn Hibbān über ihn sogar: „Er überliefert von bestimmten Überliefe-
rern erfundene Aḥādīth und das waren sogar solche, die sagten, dass sie Ḥadīth
erfinden und daraus kein Geheimnis machten.“ Somit ist die Überlieferung einer
solchen Person, insbesondere in einem Streitthema, nichtig.339
150
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Ibn Saʿd erwähnt ihn in der ersten Generation der Tābiʿūn. Sayyidunā ʿUmar
und Sayyidunā ʿUthmān hatten ihn als Schatzmeister beauftragt und deswegen
wurde er auch als Mālik al-Dār bezeichnet. Gemäß ʿAlī b. al-Madinī war er der
Schatzmeister des Sayyidunā ʿUmar.“342
Abū Yaʿlā al-Khalīlī al-Qazwīnī schreibt in seinem al-Irschād, dass Mālik al-
Dār vertrauenswürdig ist und es darüber Einigkeit gibt, und er zu den alten Tābiʿī
gehört und die Tābiʿūn ihn nur gelobt haben.
Albānī sagte über diese Überlieferung, dass Ibn Ḥajars Aussage: „Abū Ṣāliḥ
al-Sammān von Mālik al-Dār mit einem ṣaḥīḥ Isnād…“ darauf hinweist, dass Mālik
al-Dār ein unbekannter Übelieferer ist. Doch wir haben gerade gesehen, dass Ibn
Ḥajar al-ʿAsqalānī uns ausreichende Informationen über Mālik al-Dār gibt und es
somit nicht angemessen ist, diese Worte des Ibn Ḥajar so zu verstehen, denn Ibn
Ḥajar kannte Mālik al-Dār. Dies zeigt uns, dass die Worte Albānīs nur Luft sind.
Dass eine Person wie Sayyidunā ʿUmar, der in seinen Überlieferungen stark
und vorsichtig ist, eine Person für seine Staatsangelegenheiten einsetzt und sogar
für die Verwaltung des Staatsschatzes, ist ein klarer Beweis für das Gedächtnis
und für die Vertrauenswürdigkeit Mālik al-Dārs. Dies führt uns zu dem Schluss,
dass Albānī den Bericht über die Biografie des Mālik al-Dār von Ibn Ḥajar nicht
gesehen hat, oder so tut, als hätte er ihn nicht gesehen.
Nach diesen detaillierten Informationen verstehen wir, dass die Zitate, die
Albānī von Mundhirī und Haythamī über Mālik al-Dār bringt, dass sie ihn nicht
kennen, keinen Wert haben.
Eines der Dinge, die Albānī an dieser Überlieferung kritisiert, ist, dass das
Geschehen auf einen unbekannten Mann zurückgeht. Über die Identifizierung des
Ibn Ḥajar al-ʿAsqalānī, welches er von Sayf b. ʿUmars Buch al-Futūḥ hat,343 als Bilal
b. al-Harith, sagt Albānī, dass es nichtig ist, da es von Sayf b. ʿUmar al-Tamimī
al-Asadī al-Kūfī (gest. 180/796) ist, über dessen Schwäche es Einigkeit gibt.344
Die positivste Einschätzung, die wir über Sayf finden können, ist: „Einige
Aḥādīth des Sayf sind bekannt und berühmt, doch die meisten sind abzulehnen.
Er ist der Schwäche näher als der Vertrauenswürdigkeit.“345
Die Identifizierung der Person, die an das Grab des Gesandten Allāhs - Se-
gen und Friede seien auf ihm – durch Ibn Ḥajar, indem er Sayf als Quelle an-
führt, ist nach unserer Ansicht nicht etwas Kritisierbares, denn grundlegend ist
der Ḥadīth nach Ibn Ḥajar ṣaḥīḥ und das vollkommen unabhängig von Sayf. Sayf
342 Ibn Ḥajar, al-Iṣābah, 3/484.
343 Ibn Ḥajar, al-Fatḥ al-Bārī, 2/496. Albānī, Tawassul, S. 131.
344 Ibn Abī Hātim, al-Jarḥ, 4/278; Ibn ʿAdī, al-Kamil, 3/435; Sāfadī, al-Wafi, 16/66; Dhahabī, Ka-
schif, 1/476; Ibn Ḥajar, Tazhib, 2/470.
345 Ibn ʿAdī, al-Kamil, 3/436.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
spielt nur eine Rolle darin, uns zu informieren, wer die Person ist, die da an das
Grab kommt. Das Sayfs Information hier benutzt wird, ist kein Grund für Kritik.
Ibn Ḥajar, der ein Meister seines Faches ist, ist sich voll und ganz bewusst über
die Schwäche des Sayf und hat detailliertes Wissen über ihn.346
Ibn Ḥajar sagte, dass Ibn Hibbān sagte, dass Sayf hinsichtlich Ḥadīth schwach
ist, aber hinsichtlich Tārīkh/Historik vertrauenswürdig ist.347Da die Informa-
tion über die Person, die an das Grab kommt, eine historische Information ist,
die nichts mit dem Ḥadīth selbst zu tun hat, hat sich Ibn Ḥajar bei der Identifi-
zierung dieser Person auf Sayf gestützt und ihn als Bilal b. Harith al-Mudhanī
(gest. 60/680) identifiziert.
Hinzukommt, dass die Information, die Sayf uns gibt, hinsichtlich des Da-
tums und des Ortes keinen Widerspruch aufweist, denn der Bilal b. Harith al-
Mudhanī war ein Medinenser und ist ein Gefährte des Propheten, der vor der Er-
oberung Mekkas vom Propheten an den Stamm der Mudhayna gesandt wurde,
damit diese zur Hilfe kommen. Sie sandten 1000 Männer unter drei Bannern und
Bilal war einer der Bannerträger.348
Sogar wenn wir nicht wissen, wer diese Person am Grab ist, macht es nichts
aus. Wichtig ist die Reaktion Sayyidunā ʿUmars und die der Gefährten des Pro-
pheten. Als Sayyidunā ʿUmar darüber informiert wird, sagt er nichts dagegen,
sondern weint und sagt: „Oh Herr! Ich tue nur, was in meiner Macht steht!“ Kann
man sich vorstellen, dass die Gefährten des Propheten über eine Sache schwei-
gen würden, die zu Schirk führen kann oder gar Schirk ist?!
Einwand:
Auch wenn es ṣaḥīḥ sein sollte, gibt es hierin keinen Beweis für diese Sache,
denn die Gefährten des Propheten haben nicht so gehandelt. Sie kannten den Pro-
pheten - Segen und Friede seien auf ihm – am allerbesten. Allāh weiß es am besten.
Antwort:
Dies ist eine haltlose Beschuldigung der Prophetengefährten mit Schirk, ob-
wohl sie den Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – am allerbesten kannte.
Obwohl man diese Tatsache zugibt, sagt man, dass man selbst dennoch den Pro-
pheten besser kennt. Bilal b. Harith und Sayyidunā ʿUmar haben nicht begrif-
fen, dass ihre Handlung den Handlungen der Gefährten widersprechen und sind
346 Ibn Ḥajar, Tazhib, 2/470.
347 Taqrīb, 262.
348 Ibn Saʿd, al-Ṭabaqāt, 1/291; Ḥākim, al-Mustadrak, 3/592; Ibn ʿAsākir, Tārīkh al-Madina,
37/216; Ibn Ḥajar, al-Iṣābah, 1/164.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
– Allāh bewahre – in den Schirk geraten. Sayf und Ibn Ḥajar und alle anderen, die
den Ḥadīth überlieferten, haben dies nicht begriffen, aber ihr schon?!
Die Handlung des Prophetengefährten widerspricht nicht der Tat eines ande-
ren Ṣaḥābī sondern ist eine andere Form der Tat. Der offenkundige Beweis hier-
für ist, dass Sayyidunā ʿUmar dies nicht kritisierte.
Dass sie vor einer gefährlichen und vernichtenden Falschheit wie diesem
Schirk gegenüber schweigen, ist unvorstellbar. Das Schweigen drückt ein schwei-
gendes Ijmāʿ aus. Solange man nicht beweisen kann, dass die Gefährten des Pro-
pheten dies ablehnten, ist das Schweigen ein Beweis für uns.
Ibn Kathīr - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – hat an mehreren Stellen
die Überlieferungskette als ṣaḥīḥ bezeichnet. Auch Ibn Ḥajar al-ʿAsqalānī. Keiner
dieser Gelehrten hat diese Überlieferung als Schirk verstanden, und wäre in ihr
klarer Schirk, dann hätte keiner eine Überlieferung wie diese aufgenommen, son-
dern sie sofort, unabhängig von ihrem Isnād, als mawḍū‘ identifiziert.
153
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
passt, sagt er, der Überlieferer sei schwach und anderswo sagt er, der Überliefe-
rer sei vertrauenswürdig.
Diese Widersprüche Albānīs hat Ḥasān b. ʿAlī al-Saqqāf in seinem Tanākudhāt
al-Albānī aufgelistet und es entstanden mehrere Bänder. Scheich Maḥmūd Saʿīd
Mamdūḥ hat ebenfalls viele Beispiele in seiner Erläuterung des Naqd al-Ṣaḥīḥ
angeführt.
Was sagt man also zu einer solchen Tat des Albānī? An einer Stelle versucht
er Saʿīd b. Zayd als schwach darzustellen und lehnt ihn ab, um selbst Recht zu
behalten, und anderswo akzeptiert er den gleichen Überlieferer und erkennt ihn
als stark an. Wie sehr kann man einem solchen ‚Ḥadīthgelehrten‘ vertrauen?
Mit der falschen Einstufung dieses Ḥadīth zeigt uns Albānī, dass er noch nicht
fähig ist und er nicht wirklich auf der Ebene des Wissens handelt, wenn er damit
versucht, die Handlung mit diesem Ḥadīth einzuschränken. Albānī, der ernsthaft
sich mit Ḥadīth beschäftigt hat, hat Gold für Frauen als Ḥarām erklärt und eine
Ansicht außerhalb der vier Rechtsschulen gebracht. Das zeigt uns, dass er auch
definitiv in anderen Bereichen Fehler machen kann.
Letztlich müssen die Überlieferungen, die den Tawassul und das Regengebet
mit dem Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – nach seinem Tod aufzei-
gen, wie es auch Ibn Ḥajar sagte, ṣaḥīḥ sein. Man sollte sich nicht auf den Traum
konzentrieren, denn es ist bekannt, dass anhand von Träumen keine Urteile ge-
fällt werden.
Der Punkt, der hier wichtig ist, ist, dass Bilal b. Harith im Wachzustand zum
Grab geht und dort den Gesandten Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – bit-
tet, dass er Duʿāʾ macht, damit Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – Regen her-
absendet.
Einige lehnten ab, dass Ibn Ḥajar den Ḥadīth als ṣaḥīḥ erachtete. Diese Leute
behaupten dann auch noch, dass sie sich auf der Wahrheit befinden. Dass sie wa-
gen, eine solche Behauptung aufzustellen, nachdem Ibn Ḥajar es eindeutig in sei-
nem Fatḥ al-Bārī erwähnt, ist eine Frechheit.
Ibn Ḥajar überlieferte von Sayfs al-Futūḥ, dass der Gefährte, der den Pro-
pheten im Traum sah und an das Grab kam, Bilal b. Hartih war. Ibn Abī Schay-
bas Überlieferung ist in Überlieferungskette und Geschehen gleich, und somit
ist das Urteil: „Der Isnād ist ṣaḥīḥ“, für Bayhaqīs und Ibn Abī Schaybas Überlie-
ferung gültig. Die Einsichtigen werden jetzt langsam begreifen, wie unsinnig es
ist, dass man sagt, dass Ibn Ḥajar diese Überlieferung nicht als ṣaḥīḥ erachtete,
wenn er „der Isnād ist ṣaḥīḥ“ sagt.
Das Traurige ist, dass diese Leute gerne Ibn Ḥajar benutzen, um eine Über-
lieferung als ṣaḥīḥ zu bezeichnen. Wie schön wäre es, wenn diejenigen, die seine
154
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Werke und Worte benutzen, auch in allen anderen Bereichen wie Ibn Ḥajar den-
ken würden. Ibn Ḥajar erlaubte das Reisen mit der Absicht das Grab des Prophe-
ten zu besuchen.
Diese Männer, die behaupten, Ibn Ḥajar hätte diese Überlieferung nicht als
ṣaḥīḥ eingestuft, tun so, als hätten sie die Überlieferung wirklich akzeptiert, wenn
Ibn Ḥajar die Überlieferung als ṣaḥīḥ eingestuft hätte.
Trotz dieser Behauptungen stehen sie auf und versuchen den Ḥadīth selber
zu bewerten und sagen, dass in der Überlieferungskette jemand ist, der ʿĀmasch
genannt wird und weil dieser unterbrochene Überlieferungen überliefert habe,
diese Überlieferung als schwach zu werten ist. Schaut euch dies mal an! Wenn
wir sie fragen, woher sie denn wissen, das ʿĀmasch dies tat, sagen sie, dass sie
dies in Ibn Ḥajars al-Taqrīb wa al-Tahzib gelesen haben.
Einerseits sagt ihr, dass ihr Ibn Ḥajar vertraut und seine Einstufung über
ʿĀmasch benutzt, aber andererseits sagt ihr, dass der Ḥadīth nicht ṣaḥīḥ ist, ob-
wohl Ibn Ḥajar dazu ṣaḥīḥ sagt, und ihr benutzt seine Einstufung gegen seine
Einstufung! Dies ist ein offensichtlicher Widerspruch! Sie machen einen Fehler,
den die Anfänger dieses Wissens nicht einmal machen würden! Wie kann man
einen solchen Fehler von einem Mann erwarten, der fähig ist die Aḥādīth einzu-
stufen? Sie sagen folgendes:
„In der Überlieferungskette gibt es die Überlieferung von ʿĀmasch durch
Abū Ṣāliḥ al-Sammān, und es ist einstimmig bekannt, dass ʿĀmasch unverbun-
dene (mudallas) Überlieferungen überlieferte. Sogar wenn der Überlieferer von
mudallas als vertrauenswürdig und thiqa eingestuft wird, sind seine Überliefe-
rungen selbst nicht anerkannt. Damit sie anerkannt werden, muss er klar sagen,
von wem er die Überlieferung hat.“
Diejenigen, die diese Regeln uns berichten, haben leider einen Fehler be-
gangen. Aus dieser Regel wurden Überlieferer wie Ibn Musayyab und ʿĀmasch
von den ʿUlamāʾ ausgeschlossen. So sagt Dhahabī in seinem al-Mīzān al-ʿItidāl:
„ʿĀmasch überlieferte manchmal unverbundene Berichte von einem ihm unbe-
kannten schwachen Überlieferer. Wenn er sagt: „Uns wurde berichtet…“, was aus-
drückt, dass er es um Überlieferer selbst vernahm, so gibt es an der Überlieferung
nichts auszusetzen. Wenn er jedoch sagt: „Von ihm kam zu mir…“, und ähnliche
Aussagen, dann gibt es bei diesen Überlieferungen die Wahrscheinlichkeit der Un-
verbundenheit. Wenn diese Art der Überlieferung wie so oft bei ihm jedoch von
seinen Lehrern ist, wie von Ibrāhīm, Abū Wāʾīl und Abū Ṣāliḥ as-Sammān, dann
urteilt man, dass die Überlieferung nicht unverbunden, sondern verbunden ist.“
Diejenigen, die den Tawassul mit Personen nicht erlauben, sagten, dass we-
der der Prophet, noch die Gefährten eine solche Duʿāʾ gemacht haben und es keine
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
einzige Überlieferung darüber gibt. Hier aber ist die Überlieferung und hier ist
der Ṣaḥābī! Wir diskutieren die Einstufung der Überlieferung und eure mangel-
haften Behauptungen sind für jeden ersichtlich, doch ihr folgt euren vorherigen
Gelehrten so blind und bedingungslos, dass ihr eure Augen vor der hellen Sonne
verschließt. Machen eure Gelehrten denn nie Fehler?
Albānī sagt: „Sogar wenn wir akzeptieren, dass der Ḥadīth ṣaḥīḥ ist, ist es
kein Tawassul mit der Person, sondern mit der Duʿāʾ, wie es bei Sayyidunā ʿAbbās
der Fall ist.“
Albānī versucht mit dieser Aussage zu kaschieren, dass er unfähig ist, die
Überlieferung zu schwächen und, dass seine Bemühungen fruchtlos sind.
Ibn Taymiyya sagte: „Wenn es Dürre war, kam einer zum Grab des Propheten
und beschwerte sich dort über die Dürre. Daraufhin sah er unseren Propheten.
Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – sagte ihm: „Gehe zu ʿUmar und
sage ihm, er solle das Regengebet verrichten.“ Überlieferungen dieser Art sind
zahlreich. Einige Menschen kamen an das Grab des Propheten und baten unseren
Propheten um Dinge, welche sie dann auch bekamen. So können auch die From-
men den Menschen helfen. Wir lehnen diese Tatsache nicht ab.“
Das sagt Ibn Taymiyya, der die Quelle all eurer Ansichten ist! 349
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Antwort:
1. Es wird kein einziger Name genannt, wer die ‚Einigen‘ sind, die das
Schweigen als Kritik verstehen. Sie können auch keine Namen nennen, denn es
gibt niemanden. Es ist eine Verleumdung. Sie nehmen die Kritik nicht von Tārīkh
al-Kabīr, sondern von anderen Quellen.
2. Die Aussage, dass das Schweigen Imām Bukhārīs darauf hinweise, dass
der Überlieferer unbekannt ist, zeigt uns, dass diese Person das Buch niemals
gesehen oder gelesen hat oder, dass er offenkundig lügt, denn Imām Bukhārī
schweigt über viele vertrauenswürdige Überlieferer in seinem Buch und spricht
nicht über ihre Einstufung.
Wenn der Kläger das Buch nur einmal gesehen hätte, geschweige denn gele-
sen, hätte er gesehen, dass Imām Bukhārī über andere vorkommende Personen
neben Mālik b. ʿIyāḍ, welche sich auch im Ṣaḥīḥ des Imām al-Bukhārī befinden
und vertrauenswürdig sind, schweigt.
Sehen wir uns nur mal einige der anderen Māliks an:
Mālik b. al-Aws al-Hadathān
Diese Person ist nach Ibn Ḥajar jemand, der den Propheten - Segen und Friede
seien auf ihm – gesehen hat und deswegen ein Ṣaḥābī ist,351 doch nach Bukhārī ist
er kein Ṣaḥābī und Bukhārī erwähnte keine Einstufung seiner Person.352 Dhahabī
sagt in seinem al-Kāschif, dass er in den sechs Büchern als Überlieferer vorkommt
und geht nicht auf das Thema ein, ob er ein Ṣaḥābī ist oder nicht.353
Mālik b. al-Suyār b. al-Hims Abū Muḥammad
Imām Bukhārī sagte über diese Person, welche ein Überlieferer in Bukhārī,
Muslim, Tirmidhī, Nasāʾī und Ibn Mājah ist, nur: „Er hörte von ʿĀmasch Aḥādīth.“,
und erwähnt keine Einstufung (und wie erwähnt, überlieferte er von ihm in in
seinem Ṣaḥīḥ.)354
Mālik b. Ismāʿīl Abū Gassān al-Naḥdī
Imām Bukhārī sagt über diesen Überlieferer, der in allen sechs Büchern vor-
kommt: „Er hörte Ḥadīth von Zuhayr b. Muʿāwiya und starb 219.“ Dhahabī sagt: „Er
ist ein klarer Beweis.“, und Ibn Ḥajar sagt: „Er ist vertrauenswürdig und sicher.“355
Mālik b. Āmir Abū Atiyya al-Hamadānī
351 Ibn Ḥajar, Taqrīb al-Tahzib, S. 516, 6426.
352 Bukhārī, al-Tārīkh al-Kabīr, 7/305.
353 Dhahabī, al-Kāschif, 3/109.
354 Bukhārī, al-Tārīkh al-Kabīr, 7/315; Dhahabī, al-Kāschif, 3/111; Ibn Ḥajar, al-Taqrīb, 517; Ibn
Ḥajar sagt, dass dies auch der Überlieferer Muslims ist.
355 Bukhārī, ibid., 7/315; Dhahabī, al-Kāschif, 3/108; Ibn Ḥajar, al-Taqrīb, S. 516.
157
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Außer Ibn Mājah kommt dieser Überlieferer in den anderen Büchern des Ḥadīth
vor und Imām Bukhārī erwähnt keine Einstufung in seinem Werk Tārīkh.356 Wir
können noch unzählig andere aufzählen im Werk des Imām Bukhārī. Wie kann
man jetzt sagen, dass dies ein Hinweis darauf sei, dass das Schweigen al-Bukhārīs
ein Zeichen für Unbekanntheit ist?
3. Wie ein Trunkener sagt der Kläger: „Dass er nichts sagte ,ist ein Zeichen
dafür, dass die Person für ihn unbekannt ist…“, und spricht danach Worte und
führt ein Beispiel auf, was vollkommen gegen ihn selbst gerichtet ist und merkt
es nicht einmal. Wie will man mit jemandem vernünftig reden, der denkt, ‚ein
Hinweis für Unbekanntheit‘ sei das Gleiche wie die Aussagen: „In ihm ist Unwis-
senheit?“?
4. Wo war Albānī vorsichtig? So etwas stimmt nicht! Was auch immer Albānī
sagte, degradierte, die seit langem bestehenden Traditionen und Maßstäbe des
Wissens. Seht was ʿAllāma Muḥaddith Maḥmūd Saʿīd Mamdūḥ sagte: „So ist es,
dass Albānī die Sache von der Wahrheit entfernte, die Regeln des Ḥadīth igno-
rierte und behauptete in seinem at-Tawassul, dass Mālik al-Dār ein unbekannter
Überlieferer ist.“
So sagt Albānī:
„Ibn Abī Hātim erwähnte keinen anderen Überlieferer als Mālik von Abū Ṣāliḥ.
Dies ist ein Zeichen, dass dieser unbekannt ist. Und dies bestätigt, dass Abū Hātim
trotz seines starken Gedächtnisses und Intellekts nichts über ihn sagt. Somit ist
Mālik unbekannt.“ Danach führt Albānī folgendes auf: „Ḥāfiẓ Mundhirī brachte
eine Überlieferung von Mālik al-Dār und sagte: „Ich kenne Mālik al-Dār nicht…“,
und Haythamī sagte in seinem Majmāʿ al-Zawāʾid das Gleiche.“
Dass man den Einstufungen des Vaters des Ibn Abū Hātim, Abū Hātim, die
sein Sohn überliefert nicht gänzlich vertrauen kann bei sicheren Aussagen, ge-
schweige denn bei vorsichtigen Aussagen, wenn er über jemanden urteilt, dass
er Unbekannt ist, und man anderswo nachschlagen muss, wurde von den gro-
ßen Gelehrten erwähnt.
Beispielsweise:
Ibn Ḥajar sagt im Vorwort seines Fatḥ al-Bārī über al-Ḥakam b. ʿAbdullah
al-Basrī:
„Ibn Abū Hātim überlieferte von seinem Vater, dass dieser unbekannt ist. Ich
(Ibn Ḥajar) sage dazu: Jemand, von dem vier vertrauenswürdige Personen über-
liefert haben und, den al-Zuhlī als vertrauenswürdig eingestuft hat, kann nicht
unbekannt sein.“
356 Bukhārī, ibid., 7/305; Ibn Ḥajar, al-Tahzib, 12/1187.
158
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Ibn Ḥajar sagt über ʿAbbās al-Qanṭarī: „Ibn Abū Hātim überliefert von sei-
nem Vater, dass dieser unbekannt ist. Ich (Ibn Ḥajar) sage: Wenn er meint, dass
die Person unbekannt ist, so hat Bukhārī, Mūsā b. Khilāl und Ḥasān b. ʿAlī al-
Maʿmarī von ihm überliefert. (Somit ist das Urteil nicht korrekt). Wenn er meint,
man kenne seinen Zustand nicht, dann erachtete der Sohn des Aḥmad b. Ḥanbal,
ʿAbdullah, ihn als sicher und sagte: „Ich fragte meinen Vater und er erwähnte ihn
nur mit Gutem.“
Imām Suyūṭī erwähnt in seinem Tadrīb al-Rāwī einige, die sich in den
zwei Ṣaḥīḥ Werken befinden und die Abū Hātim als ‚unbekannt‘ einstuften.
Beispielweise: Aḥmad b. ʿĀsim al-Balkhī. Abū Hātim sagt, er sei unbekannt,
doch Ibn Hibbān sagt, er sei vertrauenswürdig, oder Asbat Abū al-Yasa, über
den Abū Hātim sagt, er sei unbekannt, aber den al-Bukhārī kennt, oder Bayān
b. ‘Amr, über den Abū Hātim sagt, er sei unbekannt, aber den Ibn al-Madīnī,
Ibn Hibbān, Ibn ʿAdī und ʿUbaydullāh b. Wāsil als vertrauenswürdig einstufen,
oder al-Ḥusayn b. al-Ḥasān b. Yasār, den Abū Hātim als unbekannt einstuft,
den aber Aḥmad und andere als vertrauenswürdig einstufen, oder Muḥammad
b. al-Ḥakam al-Marwāzī, den Abū Hātim als unbekannt einstuft, aber den Ibn
Hibbān als thiqa einstuft.357
Zweifellos bedeutet das Schweigen Ibn Abū Hātims nicht, wie Albānī behaup-
tet, dass er den Überlieferer nicht kannte. Ibn Abū Hātim schwieg über ihn, weil
er weder Lob, noch Kritik finden konnte. Ibn Abū Hātim sagte am Ende vom Ka-
pitel über al-Jarḥ wa Taʿdīl (1/37): „Wir haben in diesem Buch viele Namen ohne
Einstufungen erwähnt in Hoffnung, dass man ihre Einstufungen finden wird und,
dass es alle beinhaltet, von denen Wissen überliefert wurde. Wir werden so Gott
will diese auch zu den anderen hinzufügen.“
Dass es keine Einstufung gibt, bedeutet nicht, dass diese Person unbekannt
ist, denn ‚Unbekanntheit‘ ist eine Einstufung, doch dies sagte er weder auf et-
was hinweisend, noch offensichtlich. Im Gegenteil, die Tatsachen weisen auf et-
was anderes hin. Es gibt viele Überlieferer, über die Ibn Abū Hātim schwieg und
die andere Ḥadīthgelehrte dann einstuften. Die Bücher der Biografien sind gefüllt
mit Beispielen. Hinzu kommt, dass Abū Hātim, dem Ibn Abū Hātim großes Ver-
trauen schenkt, über viele Gefährten des Propheten sagte, sie seien unbekannt.
Ḥāfiẓ hat dies klar in seinem al-Tahzīb erwähnt (3/357).
5. Diese Person, die sich als wissend darstellen wollte und meinte, sie kenne
al-Jarḥ wa Taʿdīl des Ibn Abū Hātim, hat hiermit nur seine Unwissenheit bewie-
sen.
357 Laknawī, al-Rafʿ wa al-Takmil, 166.
159
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Einwand:
Imām Mundhirī und Haythamī sagen, er sei unbekannt. Das heißt, sie kennen
seine Einstufung, sein Gedächtnis, seine Vertrauenswürdigkeit und seine Über-
lieferungen nicht. Das Mālik al-Dār zu den Tābiʿūn gehört, ist bekannt und er ist
hinsichtlich seiner Gerechtigkeit/Aufrichtigkeit vertrauenswürdig, doch sein Ge-
dächtnis ist unbekannt und kein Imām hat darüber gesprochen.
Antwort:
1. Doch, haben sie, aber ihr verschließt eure Augen. Aus vielen Uṣūl al-Ḥadīth
Regeln verstehen wir, dass er vertrauenswürdig ist. Ibn Saʿd, Khalīlī, Ibn Kathīr,
Ibn Ḥajar und andere haben klare Aussagen getroffen und er wurde somit ge-
lobt. Dann zu sagen, es gäbe keinen Imām, ist ein Zeichen für Unwissenheit.
2. Wenn Imām Mundhirī und Haythamī sagen, dass sie ihn nicht kennen,
und nicht sagen, dass er ‚unbekannt‘ ist, dann gibt es dazwischen einen großen
Unterschied und entweder versteht man dies, oder nicht.
3. Es ist verwunderlich, wie ihr es geschafft habt, die Einstufung: ‚bekannt‘
nur auf seine Aufrichtigkeit/Gerechtigkeit zu beschränken! So sagt doch aber
Ḥāfiẓ Abū Yaʿlā al-Khalīlī al-Irschād (1/313):
„Mālik al-Dār ist der freigelassene Sklave des ʿUmar - möge Allāh mit ihm
zufrieden sein -, ein alter Tābiʿī, über den es Einstimmigkeit gibt und, den die
Tābiʿūn gelobt haben.“
4. Sogar wenn das Gedächtnis einer der großen Tābiʿūn unbekannt ist, scha-
det dies nach der Mehrheit, zu der auch Imām Bukhārī gehört, nicht seiner Ver-
trauenswürdigkeit.
So erwähnte Ibn Saʿd ihn in seinem Ṭabaqāt und sagte, dass er ‚gut bekannt‘
ist. (6/5)
5. Wären wir äußerst streng und würden Ibn Hibbāns Aussage ignorieren,
uns von ihm abwenden und Khalīlīs Worte ignorieren, welche die Diskussion ei-
gentlich beenden, dann kann man über diese Person mindestens sagen, dass vier
vertrauenswürdige Imāme von ihm überliefert haben und die Imāme der Ṣaḥāba
ihm vertraut haben und er somit vertrauenswürdig wirkt. Auch wenn wir so
streng sind wie möglich und ihn so weit wie möglich schwächen wollen, können
wir nicht ablehnen, dass er zu den bekannten Tābiʿūn gehört und die Gelehrten
haben die Überlieferungen der Tābiʿūn akzeptiert.
Ibn Salāh schreibt in seiner Muqaddima (S. 145):
In vielen bekannten Ḥadīthbüchern gibt es sehr alte Überlieferer, deren Zu-
stand verborgen ist und, über die es unmöglich ist, Informationen zu bekommen.
Die Haltung zu solchen Überlieferern sollte der Haltung gleichen, die besagt, dass
160
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
man die Überlieferungen der Bekannten akzeptiert. Und Allāh weiß es am be-
sten. Der größte Beweis hierfür ist, dass Bukhārī und Muslim ihre Aḥādīth ak-
zeptierten.“
Dhahabī sagt in al-Mīzān (1/556) bei der Biografie des Hafs b. Bughayl:
„In Bukhārī und Muslims Ṣaḥīḥ gibt es viele solche Überlieferer und nie-
mand hat sie als schwach erachtet und sie gehören nicht zu den Unbekannten.“
Dhahabī sagt in seinem al-Mīzān (3/426) folgendes über Mālik b. al-Khayr
al-Ziyādī:
„Es gibt in den Ṣaḥīḥ des Bukhārī und des Muslim Überlieferer, über die sie
keine klaren Aussagen getroffen haben, ob sie vertrauenswürdig sind. Gemäß
der Mehrheit ist es so, dass sobald jemand zu den Scheichs gehört, von denen die
ʿUlamāʾ überliefert haben und er nicht eine Überlieferung darlegte, welche die
ʿUlamāʾ ablehnten, dann sind seine Aḥādīth ṣaḥīḥ.“
Ich sage: Mālik b. al-Khayr al-Ziyādī gehört zu den Taba Tābiʿūn und Hafs
b. Bughayl gehört zu den Jüngeren. Wo sind diese, und wo ist derjenige, der von
Sayyidunā ʿUmar und ʿUthmān bestätigt wurde und, den sie als fähig sahen für
Angelegenheiten der Regierung, Mālik al-Dār?
Wenn demnach die Imame die Aḥādīth derer, die vorher erwähnt wurden,
als ṣaḥīḥ erachten, dann muss der Ḥadīth des Mālik b. ʿIyāḍ bei ihnen definitiv
als ṣaḥīḥ gelten.
Darüber hinaus gibt es noch die Worte des Dhahabī in seinem al-Mīzān (2/40)
über Rabīʿ b. Ziyad al-Hamadānī:
„Ich habe nicht gesehen, dass ihn irgendeiner als schwach einstufte. Er ist je-
mand, dessen Ḥadīth zulässig sind.“
Dhahabī sagt in seinem al-Mīzān (2/93) über Ziyād b. Mālik (oder Malīk) fol-
gendes: „Er ist ein bekannter Scheich und es wurde weder gesagt, er sei schwach,
noch, dass er vertrauenswürdig sei. Somit ist er jemand, dessen Aḥādīth zuläs-
sig sind.“
Hinzu kommt, dass spätere Generationen, wie die von ʿĀmasch, viele Überlie-
ferungen von Mālik al-Dār machten. Es ist unmöglich geworden, dass der Zustand
des Mālik al-Dār die Ḥadīthanalytiker erreicht, wie der vieler anderer Überlie-
ferer, die in der Vergangenheit verloren gingen. Wenn die Nachrichten und Be-
richte über ihn ein gutes Denken erlauben, dann haben die Ḥadīthgelehrten wie
Mālik und seinesgleichen sein Ḥadīth akzeptiert.
Sakhāwī hat etwas Ähnliches in seinem Scharḥ des Al-Alfiyya (1/299) ge-
sagt. Sieht nun was der Fürst der Gläubigen in der Wissenschaft des Ḥadīth, Abū
al-Ḥasān Al-Dāraquṭnī, gemäß Fatḥ Al-Mughīs (1/298) sagte:
161
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
162
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ʿĀʾischata qālat…“ (ʿUrwa, ʿĀʾischa sagte…) und „ʿAn ʿUrwa ʿan ʿĀʾischata…“?“, und
Aḥmad b. Ḥanbal antwortete: „Wie sollen sie gleich sein? Sie sind nicht gleich.“,
und Ibn Salāh verstand dies falsch. Aḥmad b. Ḥanbal sah aus zwei Gründen ei-
nen Unterschied:
So wie im ersten Wortlaut ʿUrwa die Überlieferung nicht auf ʿĀʾischa zu-
rückführte, erreichte die Überlieferung ihn selbst auch nicht, und somit war die
Überlieferungskette unterbrochen. Beim zweiten Wortlaut wird jedoch die Über-
lieferung durch ‚ʿanʿana‘ auf Sayyida ʿĀʾischa zurückgeführt und somit ist die Über-
lieferungskette verbunden.358 Somit wurden diese Worte des Aḥmad b. Ḥanbal
falsch verstanden, wie es al-ʿIrāqī zufriedenstellend darlegt.
Sah man dies nicht in den Büchern und hat dies einfach kopiert und sich wis-
send gegeben, dann wurden die Muslime getäuscht und man muss sich vor der
Warnung im Ḥadīth: „Wer uns täuscht gehört nicht zu uns.“359, in Acht nehmen.
Dies ist sehr ernst. Hat man dies jedoch in den Büchern gesehen, dann hat man
das Wissen hintergangen und dies ist noch viel schlimmer…
4. Imām Bukhārī wurde verleumdet.
Einwand:
Ibn Kathīr sagte vorher, dass die Überlieferungskette ṣaḥīḥ ist. Nasib al-Rifāʿī
dachte in seinem Buch Tawassul ilā Ḥaqīqa al-Tawassul, dass Ibn Ḥajar den Ḥadīth
als ṣaḥīḥ einstufte. Und ihr folgt diesem blind.
Antwort:
Ja, eine Überlieferung, die eine ṣaḥīḥ Überlieferungskette hat, muss nicht
gleich ṣaḥīḥ sein, doch die Wahrscheinlichkeit dafür ist gering. Dass eine Überlie-
ferung mit ṣaḥīḥ Überlieferungskette schwach ist, wird sowieso nie gesagt, denn
grundlegend ist diese Überlieferung ṣaḥīḥ. Wenn es jedoch merkwürdig ist oder
versteckte Fehler aufweist, ist es etwas anderes, doch diese Dinge müssen erst
vorgelegt und bewiesen werden. Solange dies aber nicht beweisbar ist, erachten
wir Überlieferungen mit ṣaḥīḥ Überlieferungsketten als ṣaḥīḥ. Das ist es auch,
was die ʿUlamāʾ des Ḥadīth meinen, wenn sie danach nicht etwas Anderes sagen.
Einwand:
Ibn Kathīr überliefert den Ḥadīth des Mālik al-Dār mit der Überlieferungs-
kette des Al-Bayhaqī, wobei es doch in der Überlieferungskette des al-Bayhaqī
noch einen unbekannten Überlieferer gibt. Ibrāhīm b. ʿAlī al-Zuhalī. Es gibt keine
Biografie von ihm. Das heißt, die Überlieferung, die Ibn Kathīr als ṣaḥīḥ bezeich-
net, ist noch problematischer!
358 Al-Alfiyya wa Scharḥ, al-ʿIrāqī und Sakhāwī, Suyūṭī und andere.
359 Muslim, Īmān, 45; Abū Dāwūd, Ijāra, 16; Tirmidhī, Buyuʿ, 74; Ibn Mājah, Tijārāh, 36.
163
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Antwort:
1. Māschāʾallāh! Da ihr den Schüler eures ‚Imams des Tawḥīds‘ Ibn Taymi-
yya, Ibn Kathīr, der ein Imām des Tafsīr und des Ḥadīth ist, und zu den Großen
darin gezählt wird, einfach so ignorieren und abstreichen könnt, erschreckt ei-
nen und uns bleiben hierfür keine Worte!
2. Indem man sagt, die Biografie dieser Person sei unbekannt, zeigt man nur
wie (un-)bewandert man in der Wissenschaft der Ḥadīthüberlieferer ist! Davon
ausgehend behauptet man, dass die Überlieferung des al-Bayhaqī noch proble-
matischer sei. Gehen wir einmal davon aus, dass al-Bayhaqī dies übersehen hat,
weil er nicht dem Gedanken des Ibn Taymiyya folgt. Doch hat etwa Ibn Kathīr,
der Schüler des Ibn Taymiyya, dies ebenfalls übersehen?!
3. Imām al-Dhahabī führt in seinem Tārīkh al-Islām, im Jahr 291 – 300, un-
ter den Biografien der Überlieferer dieser Generation als 101. Überlieferer den
Überlieferer an, den dieser Unwissende als ‚unbekannt‘ bezeichnete:
„Ibrāhīm b. ʿAlī b. Muḥammad b. Ādam, Abū Isḥāq al-Zuhlī360 al-Nisābūrī:
Er nahm Ḥadīth von Yaḥyā b. Yaḥyā, Yazīd b. Ṣāliḥ, Isḥāq b. Rāhūya und
eine Gruppe. Auf seinen Wissensreisen hörte er ʿAlī b. Jaʿd, Yaḥyā al-Khimmānī
und Abū Musʿab al-Zuhrī. Von ihm überlieferten Abū ʿAlī Muḥammad b. ʿAbd al-
Wahhāb al-Thaqafī, Muḥammad b. Ṣāliḥ b. Hāni, ʿAlī b. Jumschād, Abū al-Fadl
Muḥammad b. Ibrāhīm, Bisch b. Aḥmad al-Isfarāyīnī und andere.“ Das heißt, er
ist nicht ‚unbekannt‘.
„Ḥākim sagte: Als ich Abū Zakariyyā al-Anbarī und ʿAlī b. Jumschād über ihn
befragte, sagten sie, er sei thiqa/vertrauenswürdig.“ Das heißt, er ist nicht nur
nicht unbekannt, sondern auch noch vertrauenswürdig.
„Er starb 293.“361
Der von diesem Unwissendem als ‚unbekannte‘ Person bezeichnete Ibrāhīm
b. ʿAlī wird als vertrauenswürdig bezeichnet von Abū Zakariyya al-Anbarī und
ʿAlī b. Jumschād. Ḥākim, der dies von ihnen überliefert, widerspricht nicht und
Dhahabī überliefert dies von Ḥākim und widerspricht diesem nicht. Das heißt,
auch sie akzeptieren dies!
Einwand:
Ibn Ḥajar war vorsichtiger als Ibn Kathīr. Er bezeichnet den Teil von Ibn Abī
Schayba bis Abū Ṣāliḥ als ṣaḥīḥ. Er spricht aber nicht über den Teil, der Abū Ṣāliḥ
thematisiert, da er problematisch ist.
360 Dhahabī, Tārīkh al-Islām.
361 Dhahabī, Tārīkh al-Islām, Jahr 291 – 300, 22/99, Dār al-Kitāb al-ʿArabī, 3. Ausgabe, 1419.
164
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Antwort:
Ihr habt für diese Behauptung nicht einen einzigen Beweis! Wenn doch, dann
zeigt ihn uns! Ihr versucht nur die Muslime zu täuschen, denn Ibn Ḥajar sagt in
seinem Fatḥ al-Bārī:
وروى بن أبي شيبة بإسناد صحيح من رواية أبي صالح السمان عن مالك الدار
„ Ibn Abī Schayba überlieferte mit einer ṣaḥīḥ Überlieferungskette durch Abū
Ṣāliḥ al-Sammān von Mālik al-Dār…“362, und wie wir sehen können, gibt es keine
Schwierigkeiten. Diejenigen, die Verstand, Intellekt und Einsicht besitzen, sollen
uns für Allāhs Wohlgefallen verraten, ob man aus diesen Worten verstehen kann,
was al-Albānī versteht?! Dies kann bei Allāh nicht sein!
Einwand:
Von Abū Ṣāliḥ überlieferte eine große Anzahl Ḥadīth. Ist dies nicht merk-
würdig? Wieso gibt es niemand anderen, der diesen Ḥadīth überliefert? Ist das
nicht befremdlich? Eigentlich müsste es neben ʿĀmasch viele andere geben, die
diesen Ḥadīth überlieferten. Dies ist ein wichtiger Zweifel! Hinzu kommt, dass
ʿĀmasch Überlieferungen schwach sind und er auch Überlieferungen von schwa-
chen Überlieferern überlieferte.
Antwort:
1. Dann müsst ihr alle Überlieferungen verwerfen, die zwar eine ṣaḥīḥ Über-
lieferungskette haben, aber nur einzeln überliefert wurden. Wie Schade nur, dass
ihr dann nämlich auch Bukhārī verbrennen müsst!
2. ʿĀmasch wurde vorher schon behandelt, man siehe bitte weiter oben
nach.
Einwand:
Wo sind die Berichte über Mālik al-Dārs Gedächtnis, Aufnahmefähigkeit und
Intellekt? Wir finden keine Berichte darüber! Seine Aufrichtigkeit wird erwähnt,
aber nicht seine Aufnahmefähigkeit!
Antwort:
Maḥmūd Saʿīd Mamdūḥ sagt:
„Mālik al-Dār ist thiqa und sogar höher als thiqa und es gibt eine Überein-
stimmung über seine Einstufung. Eine Gruppe der Tābiʿūn hat ihn gelobt. Wir
werden dies auf verschiedene Wege beweisen. Einige dieser Wege wurden schon
in den vorherigen Antworten erwähnt nämlich, dass Mālik al-Dār bekannt und
thiqa ist und, dass er zu den Tābiʿūn gehört.
362 Ibn Ḥajar, Fatḥ al-Bārī, 183.
165
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
1. Mālik al-Dār gehörte zu den Dienern. Er wuchs in der Zeit des Prophe-
ten - Segen und Friede seien auf ihm – auf, und wer in seiner Zeit aufwuchs, wird
nach einigen Gelehrten als Ṣaḥābī erachtet.
Ḥāfiẓ (Ibn Ḥajar) sagt in seinem al-Tahzīb (1/135) über Ibrāhīm b. Abī Mūsā
al-Aschʿarī folgendes: „Einige erwähnten ihn, weil er die ‚Epoche des Sehens‘ er-
reichte/in der Zeit des Propheten aufwuchs, gemäß ihren Gewohnheiten, als Ṣaḥābī.“
Ḥāfiẓ sagt über Aswad b. Masʿūd al-Anbarī:
„Bāwardi und andere, die über die Ṣaḥāba Bücher schrieben, zählten ihn un-
ter den Ṣaḥāba auf.“
Ḥāfiẓ Suyūṭī sagt in seinem Ḥuṣn al-Mukhādara (1/103) bei der Biografie
des al-Aqdar b. Hammām:
„Ḥāfiẓ Ibn Ḥajar führte ihn in al-Iṣāba unter den Mukhaḍramūn auf. Die
Mukhaḍramūn sind jene, die in der Zeit des Propheten aufgewachsen sind und,
die nach seinem Tod Muslime wurden und diese sind nach Ibn ʿAbd al-Barr und
gemäß einer Gruppe Ṣaḥāba.“
Deswegen erwähnte Suyūṭī ihn in seinem Werk Durr al-Ṣaḥāba fī man dak-
hala Miṣr min al-Ṣaḥāba unter den Ṣaḥāba.
Ich (Maḥmūd Saʿīd Mamdūḥ) sage: Andere sagten, dass diese nicht zu den
Ṣaḥāba gehören. Wenn er die Zeit des Propheten erreichte, gibt es also einige, die
ihn als Ṣaḥābī sehen, und andere, die ihn nicht als Ṣaḥābī erachten.
So kannst du dann sagen:
Es ist diskutabel, ob jemand ein Ṣaḥābī ist, der die Zeit des Propheten er-
lebte, aber erst nach seinem Tod in den Islām kam. Nachdem du dies weißt, wisse:
Ḥāfiẓ Ibn Ḥajar schreibt über den Ḥadīth:
166
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Mālik b. ʿIyāḍ al-Dār ist ein Überlieferer, der die Zeit des Propheten erlebte,
aber erst nach seinem Ableben Muslim wurde. Über solche Personen gibt es Mei-
nungsverschiedenheit, ob sie zu den Ṣaḥāba gezählt werden oder nicht. Jeder
Überlieferer aber, über dessen Status als Ṣaḥābī es Meinungsverschiedenheit gibt,
wird als vertrauenswürdig eingestuft und er wird nicht hinterfragt.
Daraus verstehen wir: Mālik al-Dār ist definitiv thiqa und er wird nicht hin-
terfragt und Allāh weiß es am besten.
2. Dieser Ḥadīth ist definitiv ṣaḥīḥ gemäß derer, die ihn ablehnen, und zwar
nach den ihren eigenen Maßstäben in der Akzeptanz von Aḥadīth. Albānī, der die-
sen Ḥadīth mit der Behauptung, Mālik al-Dār sei unbekannt, ablehnt, obwohl er
bekannt ist und, dem die Imame der Ṣaḥāba trauten, akzeptiert andere Aḥādīth,
in denen es Überlieferer von geringerem Rang als Mālik al-Dār gibt.
Hierfür gibt es unzählige Beispiele. Dies zeigt seine Widersprüchlichkeit auf
und zeigt uns, dass man ihm nicht vertrauen kann. Wir sprechen mit der laute-
sten Stimme und dem stärksten Beweis zu ihm: „Du hast in Bezug auf die Über-
lieferer, die wir erwähnen werden und die alle schwächer sind als Mālik al-Dār
so gehandelt. Das heißt, du musst den Ḥadīth des Mālik al-Dār akzeptieren. An-
sonsten gehörst du zu jenen, die mit zweierlei Maß messen!“
Wir werden zehn Überlieferer erwähnen und somit unsere Worte in Bezug
auf Albānī beweisen:
1. Muhājir Ibn Abī Muslim
Albānī stuft den Ḥadīth dieses Überlieferers als gut/jayyid ein in seinem al-
Ṣaḥīḥa (2/487), weil eine Gruppe von vertrauenswürdigen Personen von ihm
überliefert und, weil Ibn Hibbān einen seiner Aḥādīth als gut erachtet.
Ich sage: Ibn Ḥajar hat in seinem al-Taqrīb (548) über diesen Überlieferer
gesagt, dass er ‚akzeptiert‘363 ist.
2. Yaḥyā b. Uryān al-Harawī
Albānī erachtete die Überlieferungen dieses Überlieferers in seinem al-Ṣaḥīḥa
als ṣaḥīḥ. Sein Beweis ist, dass al-Khaṭīb al-Baghdādī ihn in seinem al-Tārīkh als
Muḥaddith/Ḥadīthgelehrter vorstellte!!!
Ich sage: Ich war schon immer über seine Methoden und Wege höchst ver-
wundert, denn die Aussage, dass er zu den Ḥadīthgelehrten gehört, ist keine Aus-
sage der Einstufung. Nur weil jemand ein Ḥāfiẓ oder Muḥaddith ist, bedeutet es
363 Ein Überlieferer, über den man maqbūl sagt, ist gemäß Ibn Ḥajar ein Überlieferer auf der
sechsten Stufe. Er ist jemand, dessen Aḥādīth wenige sind und bei dem sich nichts befindet,
weshalb man seine Aḥādīth aufgeen sollte. Das heißt, manchmal ist er maqbūl und manchmal
layyin al-hadith. Zwischen einem thiqa und diesem sind zwei Stufen! (siehe Taqrīb, S. 74).
167
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
nicht, dass seine Überlieferungen ṣaḥīḥ oder ḥasan sind! Dies ist eigentlich eine
unnötige Erklärung.
3. Mūsā b. ʿAbdullah b. Isḥāq b. Ṭalḥa al-Kuraschī
Albānī sagt in seinem al-Ṣaḥīḥa (1/295), dass die Aḥādīth dieses Überlie-
ferers als ṣaḥīḥ gelten, obwohl es in al-Taqrīb heißt, er sei ‚akzeptabel‘. (S. 552)
4. Mālik b. al-Khayr al-Ziyādī
Albānī hat die Aḥādīth dieses Überlieferers als ṣaḥīḥ befunden, weil eine
vertrauenswürdige Gruppe von ihm überliefert hat und Ibn Hibbān einen seiner
Aḥādīth als ṣaḥīḥ befunden hat. (al-Ṣaḥīḥa, 2/517)
5. ʿAwn b. Muḥammad b. al-Ḥanafīyya
Albānī erachtete einen Ḥadīth dieses Überliefers als ḥasan (al-Ṣaḥīḥa, 2/274),
obwohl er dem vor ihm gleicht.
6. ʿAbdullah b. Yasār al-ʿAraj al-Makkī, der freigelassene Sklave des Ibn
ʿUmar.
Albānī erachtete seine Aḥādīth in seinem al-Ṣaḥīḥa (2/290) als gut/jayyid.
Doch er ist wie der vorherige und zwar wurde über ihn in al-Taqrīb ‚akzeptabel‘
gesagt. (S. 330)
7. Muḥammad b. al-Aschʿas
Albānī erachtete die Aḥādīth dieses Überlieferers in seinem al-Ṣaḥīḥa als gut/
jayyid, weil Ibn Hibbān ihn als vertrauenswürdig einstuft, eine Gruppe von ihm
überlieferte und er einer der großen Tābiʿūn war. Dabei sagt jedoch al-Taqrīb (S.
469) über ihn, dass er akzeptabel ist.
8. Abū Saʿīd al-Ghifārī
Albānī erachtete einen seiner Aḥādīth in seinem al-Ṣaḥīḥa (2/297) als ṣaḥīḥ.
Nachdem er den ‚unbekannten‘ Zustand aufhob, sprach er: „Er ist einer der gro-
ßen Tābiʿūn. Die Aḥādīth einer solchen Person werden von einer Gruppe der
Ḥadīthgelehrten als ḥasan anerkannt. Deswegen musste Ḥāfiẓ al-ʿIrāqī seine
Überlieferungskette als jayyid/gut/stark erachten. Dies ist auch das Urteil, zu
dem mein Herz geneigt ist und mit dem es zufrieden ist.“
Ich stelle nun eine Frage: Was ist der Unterschied zwischen Ghifārī und
Mālik al-Dār?!
9. Bischr b. ʿAbdullah b. ʿUmar b. ʿAbd al-ʿAzīz
Albānī erachtete einen seiner Aḥādīth als ḥasan in seinem al-Ṣaḥīḥa (2/392),
weil Ibn Abī Hātim über ihn schwieg (!), einige vertrauenswürdigen Personen von
ihm überlieferten und er sich in Ibn Hibbāns al-Thiqāt befindet.
Ich (Maḥmūd Saʿīd Mamdūḥ) sage:
168
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Ibn Hibbān erwähnte ihn unter den Nachfolgern der Tābiʿūn (8/138). Das
heißt, seine Generation ist unter der Stufe der Mukhaḍram, denen die Ṣaḥāba ver-
trauten und zu denen der vertrauenswürdige Überlieferer Mālik al-Dār gehörte.
Doch die Liebe zu einer Sache macht einen blind und taub. Wir suchen Zuflucht
bei Allāh vor dem Befolgen unserer Gelüste.
10. Ṣāliḥ b. Khawwāt
Albānī erachtete seinen Ḥadīth als ḥasan in seinem al-Ṣaḥīḥa (2/436), weil
eine vertrauenswürdige Gruppe von ihm überlieferte und Ibn Hibbān ihn als ver-
trauenswürdig einstufte.
Ich sage, dass in al-Taqrīb gesagt wird, er gehöre zu der achten Generation
und sei ein akzeptabler Überlieferer.
Wo steht er im Vergleich zur zweiten Generation?
Jetzt müssen noch einige Erklärungen auf die Aussagen Albānīs gegeben
werden, über die zu schweigen ich nicht als angemessen erachte. Hier nun die
Erklärungen:
Albānī sagt, Mālik al-Dārs Aufrichtigkeit und Gedächtnis sei nicht bekannt.
Ich sage: Hier ist die äußere Aufrichtigkeit gemeint. Er ist dadurch, dass vier
vertrauenswürdige Personen von ihm überliefern, zweifellos aufrichtig. Fügt noch
hinzu, dass der Imām der Ḥadīthüberliefererkritik Ibn Saʿd ihn als bekannt ein-
stuft und die Imame der Ṣaḥāba ihn in Angelegenheiten brauchen, in denen man
nur vertrauenswürdigen, tugendhaften und guten Menschen vertrauen kann!
Albānī sagt: „Ibn Abī Hātim erwähnte ihn in seinem Buch „al-Jarḥ“, doch
stellte ihn nicht vor und sagte nicht, dass er vertrauenswürdig ist. Dies bedeu-
tet, dass er unbekannt ist. Das Ibn Abū Hātim trotz seines starken Gedächtnisses
und Wissens ihn nicht lobt, bestätigt dies. Deswegen verbleibt er als ‚unbekannt‘.“
Ich sage: „Diese Analyse ist so fehlerhaft, dass jemand, der einen solchen
Fehler macht, nicht über die Einstufung der Überlieferer sprechen darf und es
für ihn nicht gestattet ist, Aḥādīth einzustufen. Das alleinige Vertrauen auf das
Buch Ibn Abū Hātims ließ ihn diesen vehementen Fehler begehen. Diese Person
wurde, wie vorher schon erwähnt, von Ibn Saʿd in seinem at-Ṭabaqāt, Ibn Hibbān
in seinem al-Thiqāt, Ibn Kathīr in seinem al-Bidāya, Dhahabī in seinem Tārīkh
al-Islām, Ḥāfiẓ in seinem al-Iṣāba, Sakhāwī in seinem al-Tuḥfat erwähnt. Er wird
auch in Tahzīb al-Tahzīb erwähnt. Aus all diesen Werken verstehen und begrei-
fen wir, dass Mālik al-Dār aufrichtig war und außer Abū Ṣāliḥ noch eine andere
Gruppe von ihm überlieferte. Das ist der erste Kommentar.
Zweitens: Das Ibn Abū Hātim über jemanden schweigt, drückt nicht aus, dass
Mālik al-Dār unbekannt ist, wie Albānī denkt. Scheich Ḥammād b. Muḥammad
169
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
al-Anṣārīs Aussage: „Jede Person, über die Ibn Abū Hātim in seinem Buch al-Jarḥ
schweigt, ist unbekannt.“, ist eine haltlose und übertriebene Aussage.
Ich sage hierzu: Ibn Abū Hātim schwieg über diesen Überlieferer, denn er
fand über Mālik al-Dār weder eine Kritik, noch einen Lob. Er erwähnte in seinem
Vorwort schon folgendes: „Wir haben in diesem Buch viele Namen ohne Einstu-
fungen erwähnt in Hoffnung, dass man ihre Einstufungen finden wird und, dass
es alle beinhaltet, von denen Wissen überliefert wurde. Wir werden so Gott will
diese auch zu den anderen hinzufügen.“
Weil kein al-Jarḥ wa Taʿdīl über Personen auffindbar ist, bedeutet es nicht,
dass sie unbekannt sind, denn Unbekanntheit ist schon eine Einstufung, doch er
hat darauf weder hingewiesen noch es offenkundig gesagt.
Im Gegenteil, wir erwähnten schon, dass es viele Überlieferer gibt, über die
Ibn Abū Hātim schwieg und, welche die anderen Imame lobten.
Wenn du nun sagst: „Wir akzeptieren, was ihr sagt, doch was ist dann mit
den Aussagen des Mundhirī und des Haythamī, dass sie ihn nicht kennen?“
Dann sage ich darauf: „Diese zwei Personen kannten ihn nicht, doch andere
Ḥadīthgelehrte kannten ihn. Und jetzt? Die Gelehrten sagten: „Der Kennenden ist
ein Beweis gegen denjenigen, der nicht kennt.“, doch sie sagten nicht: „Der Nicht-
Kennende ist ein Beweis gegen den Kennenden.“
Hier gibt es noch eine Feinheit, deren Erwähnung nicht nutzlos ist:
Während Albānī willkürliche Einstufungen von sich gibt und Worte spricht,
die unangemessen sind, nämlich, dass Mālik al-Dār unbekannt ist, sagte Ḥāfiẓ
al-Mundhirī und Haythamī, dass sie selbst ihn nicht kennen. Sie urteilten nicht,
dass er unbekannt ist. Das zeigt uns, dass sie die Wissenschaft des Ḥadīth wahr-
haftig beherrschten.
Ḥāfiẓ sagt in seinem al-Lisān, bei der Biografie des Ismāʿīl b. Muḥammad al-
Saffār (1/432):
„Ihn kannte Ibn Ḥazm nicht und er sagte in seinem al-Muḥallā: „Er ist unbe-
kannt…“ Einer der Bräuche der Imame ist, dass sie über solche Personen sagen,
dass sie ihn nicht kennen oder seinen Zustand nicht kennen. Mehr als das zu sa-
gen und ihn als unbekannt einzustufen, kann nur durch jene geschehen, die ihn
kennen oder die unangemessen Reden.“
So bedenke den Unterschied zwischen dem Verhalten dessen, der diese Wis-
senschaft beherrscht und dem, der dies nicht tut! Es ist bekannt, dass Albānī oft
von seiner Unkenntnis ausgehend sagte, dass eine Person unbekannt sei. Dies ist
ein verbreiteter Fehler in seinen Büchern. Ich warnte davor schon in meinem
170
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Vorwort zum Buch al-Naqd al-Ṣaḥīḥ des Ḥāfiẓ ʿAlāī. Und bei Allāh suchen wir Zu-
flucht.“ (Ende der Worte Scheich Maḥmūd Saʿīd Mamdūḥs)
Einwand:
Imām Bukhārī sah dies, Ibn Abī Hātim sah dies, Imām Mundhirī sah dies,
Haythamī sah dies und Albānī sah dies. Ihr seht nicht, dass Albānī ihnen in der
Einstufung Mālik al-Dārs folgte. Ihr sagt, Albānī habe die Einstufung Mālik al-
Dārs verheimlicht! Wie kann es eine solche Unwissenheit geben!
Antwort:
1. Was soll Imām Bukhārī gesehen haben? Schämt ihr euch nicht, ihm zu
verleumden?
2. Was soll Ibn Abī Hātim gesagt haben? Fürchtet ihr etwa nicht Allāh we-
gen euren Lügen?
3. Imām Mundhirī und Haythamī sagten, dass SIE Mālik al-Dār nicht ken-
nen. Andere Ḥadīthgelehrte kannten Mālik al-Dār aber, wie vorher schon erwähnt.
Einwand:
Sogar wenn Ibn Hibbān ihn in seinem al-Thiqāt erwähnte, drückt dies nichts
aus, denn Ibn Hibbān war nachlässig und die meisten der Tābiʿūn sind unbe-
kannt. Er erwähnte sie in seinem al-Thiqāt nur aufgrund der Tatsache, dass sie
Muslime sind. Dies ist jedoch ein Fehler, der allen Ḥadīthgelehrten widerspricht.
Antwort:
1. Ibn Hibbāns Nachlässigkeit wird unter den Gelehrten diskutiert: Für
manche war er zu streng, für manche nachlässig, für manche war er in der Kri-
tik streng und im Lob nachlässig. Wer das Buch des Imām al-Laknawī, al-Rafʿ wa
al-Takmīl liest, wird dies sehen.
Für uns jedoch ist er ein eigenständiger Gelehrter (mujtahid) und deswegen
darf man ihm in der Wahl eigener Fachbegriffe nicht widersprechen. Seiner An-
sicht nach sind ḥasan im Bereich des ṣaḥīḥ. Wenn er dann jemanden sieht, der in
seine weite Definition des ṣaḥīḥ passt, ist er bei ihm als vertrauenswürdig ein-
gestuft. Das heißt, wenn die anderen Bedingungen des ṣaḥīḥ erfüllt sind und der
Überlieferer wegen seiner Gedächtnisschwäche auf ḥasan fällt, was gemäß der
Mehrheit noch ein Beweis ist, dann gibt es hier keinen Widerspruch in der Be-
deutung, sondern nur die Verwendung anderer Worte. Deswegen macht es kei-
nen Sinn ihn als ‚nachlässig‘ zu bezeichnen.
2. Ibn Hibbān ist nicht ein einfacher Ḥadīthgelehrter, sondern der Autor des
al-Iḥsān, ein berühmtes ṣaḥīḥ Werk und Autor vieler anderer Werke, und er gilt als
einer der Imame des Ḥadīth und war ein großer Gelehrter. Alle Bücher des al-Jarḥ
wa al-Taʿdīl nach ihm, sind gefüllt mit seinen Einstufungen und Beurteilungen.
171
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
3. Wie kann dann eine Aussage wie: „Es drückt nichts aus, dass Ibn Hibbān
ihn erwähnt…“, nicht fehlerhaft sein?! Wobei dies doch, wie Scheich Maḥmūd Saʿīd
Mamdūḥ schon sagte, dies für euren Scheich Albānī viel ausdrückt. Er stützt sich
auf die Urteile, die ihr als nichtig erklärt!
4. Dr. Muḥammad Ṭāhir Nūrwalī, der Ḥadīthgelehrte der Umm al-Qurrā,
sagt über die korrekte Nutzung des Buches des Ibn Hibbān folgendes:
„Die Regeln lauten:
a. Wen Ibn Hibbān in seinem al-Thiqāt als vertrauenswürdig einstufte, ist
vertrauenswürdig, wenn nach ihm jemand diese Person ebenfalls als vertrau-
enswürdig einstufte.
b. Wer in al-Thiqāt und in al-Majrūḥīn erwähnt wird, ohne dass ein ande-
rer seine Einstufung anderswo erwähnt, schaut man nach: Wenn der Überliefe-
rer einer der großen Tābiʿūn ist (wie Mālik al-Dār!), dann akzeptiert man dieses
Urteil aufgrund der Tugend in dieser Zeit.
c. Wenn der Überlieferer nicht zu diesen gehört, dann schaut man: Wenn
er eine Bestätigung oder Bezeugung hat, dann wird diese Einstufung akzeptiert.
Ansonsten, auch wenn seiner Ansicht nach dieser Überlieferer vertrauenswür-
dig ist, ist er nach der Mehrheit schwach.“364
1. Kurz gefasst: Wenn er dabei alleine ist jemanden als vertrauenswür-
dig einzustufen, dann ist dies die schwächste Form des Lobes. So war aber Ibn
Hibbān in der Einstufung des Mālik al-Dār nicht alleine!
Einwand:
Sayf, der uns darüber informiert, dass der Mann, der ans Grab kam, Bilal b.
Harith al-Muzanī (gest. 60/680) ist, wurde als Lügner bezeichnet.
Ibn Ḥajar wusste besser als ihr, dass die Berichte des Sayfs nicht vertrau-
enswürdig sind und die Person, die an das Grab geht ist unbekannt, und zwar
majhul al-ʿayn.
Antwort:
1. Eine Verleumdung gegenüber Imām Bukhārī und Imām Aḥmad.
2. Die Wahrheit ist, dass Sayf in der Historik als Beweis erachtet wird, aber
in der Ḥadīthüberlieferung nicht als Lügner bezeichnet wird, sondern als schwa-
cher Überlieferer. Wenn für Ibn Ḥajar die Worte einer Person, die in Geschichte
vertrauenswürdig ist, ausreicht, dann fällt den Unwissenden kein Rederecht zu.
In solch detaillierten Themen werden nicht die Bedingungen der Authentizität
aufgestellt. Ibn Ḥajar zufolge ist der Ḥadīth ṣaḥīḥ, und zwar so, dass Sayf gar keine
Rolle in dieser Einstufung spielt. Sayf spielt nur in der Identität der Person, die
364 Dr. Muḥammad Ṭāhir Nūrwalī, al-Khulāsa fī Kutubi Rijal al-Ḥadīth, S. 44.
172
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
an das Grab kommt, eine Rolle. Das Sayfs Aussage hier herangezogen wird, darf
nicht zu einer Kritik führen. Darüber hinaus weiß Ibn Ḥajar sehr gut über Sayfs
Zustand Bescheid.365 Ibn Ḥajar sagte selbst, dass Ibn Hibbān über Sayf sprach und
ihn als schwach bezeichnete im Ḥadīth und ihn in Geschichtssachen als vertrau-
enswürdig bezeichnete.366
3. Ja, Sayf ist sehr schwach, doch dass die Person, die an das Grab kommt,
unbekannt ist, schadet der Angelegenheit nicht, da es ein Tābiʿī ist und der Be-
weis liegt darin, dass ʿUmar b. al-Khaṭṭāb diese Handlung nicht als falsch erach-
tete und nicht als Schirk bezeichnete.
Einwand:
ʿUmar wusste nicht, dass er an das Grab ging und den Propheten - Segen und
Friede seien auf ihm - ansprach und etwas von ihm wollte.
Antwort:
Diejenigen, die so etwas sagen, verfälschen bewusst die Überlieferung und
führen sie von ihrem Wortlaut weg, denn in der Überlieferung heißt es: „Er be-
richtete ihm…“, und dies schließt das Geschehene in seinem Wortlaut mit ein. Wer
etwas anderes behauptet, muss sein Beweis darlegen.
Einwand:
In diesem Thema muss man Uṣūl beherrschen. Wenn ein Überlieferer ge-
lobt oder kritisiert wurde, was ist dann das Urteil über diesen Überlieferer? Hier
schaut man auf die Mehrheit und nicht auf die Minderheit. Die Mehrheit sagte,
dass in einem solchen Fall die Kritik vorgezogen wird. Wenn wir dann also auf
die dargelegten Überlieferungen sehen, dann sehen wir keinen Überlieferer, der
nicht kritisiert wurde und gemäß diesem Uṣūl sind deine Überlieferungen ent-
weder schwach oder erfunden. Doch hier achtet man natürlich auch darauf, wer
kritisierte. War die Person der Kritik locker oder nicht, streng oder nicht? Ist es
also jemand, der ihn nur wegen einem kleinen Fehler abstuft?
Antwort:
1. Wer sagt, dass man bei der Einstufung auf die Mehrheit achten muss? In
welchem Buch soll das stehen? Wer hat eine solche Maxime erfunden? So etwas
gibt es nicht! Manchmal ist die Kritik eines großen Gelehrten mehr wert als die
Einstufung drei anderer, die unter seinem Rang sind.
2. Ob die Kritik immer dem Lob vorgezogen wird, ist ein strittiges Thema
und bringt viele Regeln und Bedingungen mit sich und die Fachmänner kennen
diese. Andererseits wurden nicht nur die oben genannten Überlieferer kritisiert,
365 Ibn Ḥajar, al-Tahzib, 2/470.
366 Ibn Saʿd, Ṭabaqāt, 1/291 – 292; Ḥākim, al-Mustadrak, 3/592; Ibn ʿAsākir, Tārīkh al-Madinah,
37/216; Ibn Ḥajar, al-Iṣābah, 1/164.
173
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
sondern es gibt weder bei Ibn Hibbān, noch bei Bukhārī oder Schāfiʿī Überliefe-
rer, die nicht kritisiert wurden.
Um das gesamte lange und schwere Thema kurz zu fassen, nennen wir hier
die Regeln:
a) Wenn es Kritik und Lob gibt und für beides keine Gründe vorgelegt wur-
den, dann wird dem Lob Vorzug gegeben.
b) Wenn der Grund für die Kritik nicht erwähnt wurde, aber der Grund für
den Lob, dann wird der Lob vorgezogen.
c) Wenn der Grund für die Kritik erwähnt wurde, aber der Grund für den
Lob nicht, wird die Kritik vorgezogen.
d) In einigen bestimmten Fällen wird dem Lob Vorzug gegeben, auch wenn
es Gründe für die Kritik gibt.
1. Dann: Wer von den wahren Gelehrten hat die Überlieferer in der Über-
lieferungskette des Mālik al-Dār Ḥadīth kritisiert? Das sind haltlose Behauptun-
gen!
2. Natürlich schaut man darauf, wer kritisiert und wer kritisiert wird. Des-
wegen hat unser Thema nichts mit diesem zutun.
Einwand:
Wäre er ein Überlieferer, über dessen Vertrauenswürdigkeit Übereinstim-
mung es gäbe, dann hätten die Ḥadīthgelehrten darüber etwas gesagt.
Antwort:
Auch dies ist eine große Unwissenheit, denn:
1. Dass der Überlieferer jemand ist, über dessen Vertrauenswürdigkeit es
eine Übereinstimmung gibt, ist die höchste Vollkommenheit, Stufe und wunder-
schön.
2. Es ist nicht nötig, dass es für die Vertrauenswürdigkeit eines Überliefe-
rers eine Übereinkunft gibt, damit er vertrauenswürdig ist. Dass die Ansicht de-
rer, die ihn als vertrauenswürdig erachten, schwerer wiegt, genügt.
3. Tatsache ist, dass die bekannten Ḥadīthgelehrten, wie schon erwähnt,
Berichte über ihn haben und diese werden vehement ignoriert und wir haben
darüber schon genug geschrieben!
Einwand:
Bukhārī überlieferte in seinem Tārīkh al-Kabīr, von Abū Ṣāliḥ al-Zaqwān von
Mālik al-Dār, dass Sayyidunā ʿUmar im Jahr der Dürre sagte: „Oh Herr! Ich tue
174
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
das Beste, was ich tun kann, und tue alles, was in meiner Macht steht.“, und er
überlieferte die Geschichte nicht.367
Antwort:
Und was ist jetzt? Die Fachmänner, ja sogar die Schüler dieses Wissens wis-
sen, dass die Vermeidung der Erwähnung nicht immer deswegen ist, weil es nicht
geschehen ist, sondern ganz im Gegenteil, weil diese Sache manchmal berühmt
ist und man die Sache kurz halten will. Dies wird bei den Leuten des Wissens als
ikhtiṣar al-ījāzi bezeichnet.
Da die Überlieferer des Geschehens die gleichen Überlieferer sind, wie die bei
Bukhārī, und weil Bukhārīs Lehrer Ibn Abī Schayba und andere die Geschichte
erwähnen, ist die zweite Möglichkeit, also die des ikhtiṣar al-ījāzi sichergestellt.
Dies ist es, und wer etwas anderes behauptet, soll seine Beweise vorlegen.
Einwand:
Es ist zweifelhaft, ob Abū Ṣāliḥ von Mālik al-Dār gehört hat.
Antwort:
Wie kann das sein? Ibn Abī Hātim sagt: „Abū Ṣāliḥ überlieferte von ihm und
ich hörte dies ihn selbst sagen.“368
Einwand:
Abū Yaʿlā al-Khalīlī sagte, Mālik al-Dār sei ein alter Tābiʿī und darüber gebe
es Übereinkunft, und dass die Tābiʿī ihn lobten. Dann überliefert er diese Ge-
schichte und sagt, dass die Überlieferung von Abū Ṣāliḥ von Mālik al-Dār unter-
brochen ist.369 Somit hat Abū Ṣāliḥ dies mit ʿanʿana überliefert, d. h., es ist zwei-
felhaft, ob dies Abū Ṣāliḥ von Mālik al-Dār hörte.
Antwort:
Man muss sehr gut begreifen, was ʿanʿana bedeutet, denn in Bukhārī und
Muslim kommt das Wort ʿan unzählige Male vor. Das ʿĀmasch und Abū Ṣāliḥ von
der ʿanʿana Regelung ausgenommen sind, haben wir schon erwähnt, und Dhahabīs
al-Mīzān zitiert. Hinzu kommt, dass dies Bukhārī nicht durch ʿĀmasch überliefert,
sondern ʿAlī (b. al-Madīnī), von Muḥammad b. Ḥazm und dieser von Abū Ṣāliḥ.
Hier wird al-Khalīlī verleumdet, denn er sagt:
175
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„Es heißt: Abū Ṣāliḥ hat diesen Ḥadīth von Mālik al-Dār gehört und die Üb-
rigen haben von ihm irsal gemacht.“
Hier wurden die Worte falsch verstanden und das zeigt uns die Unwissen-
heit. Hier bedeutet irsal/arsalūhu nicht das mursal der Fachsprache, dass es also
‚unterbrochen überliefert wurde‘, sondern ‚unterbrochen ist‘, d. h., ohne es von
ihm selbst gehört zu haben, durch andere Wege‘ überliefert. Dass nicht einmal
die einfachsten Worte verstanden werden, zeigt uns das Niveau des Klägers.
Ähnliches Geschehen
Imām Abū ʿAbdullah Muḥammad b. Mūsā b. Nuʿmān al-Madhālī al-Marrākuschī,
mit seiner eigenen Überlieferungskette, von Muḥammad b. Nuʿmān b. Schibl al-
Bākhilī, dass dieser überlieferte:
„Ich ging nach Madina und kam zum Grab des Propheten. Da sah ich, dass ein
Beduine sehr schnell mit seinem Kamel heran geritten kam. Er betrat die Grab-
kammer, gab einen schönen Gruß und machte eine schöne Duʿāʾ. Dann sagte er:
„Meine Eltern seien dir geopfert, oh Gesandter Allāhs! Wahrlich, Allāh hat dich
in seiner Offenbarung erwählt und gab dir ein Buch, indem sich das Wissen der
Vorherigen und Nachherigen befindet, und in diesem Buch sprach Er: „Wenn sie
176
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
sich gegen sich selbst vergangen haben und sie würden dann zu dir kommen und
bei dir um die Vergebung Allāhs fragen, und der Prophet würde für sie um Ver-
gebung bitten, dann hätten sie Allāh wahrhaftig als Vergebend und die Reue an-
erkennend gefunden.“, und seine Worte sind wahr! Ich komme zu dir, meine Sün-
den zugebend, und dich als meinen Fürsprecher bei meinem Herrn nehmend! Dies
ist, was er in diesem Vers versprach!“
Der geehrte Sayyid Muḥammad al-ʿAlawī al-Mālikī - möge Allāh barmher-
zig mit ihm sein – sagt:
„Diese Überlieferung erwähnt Imām al-Nawawī (al-Īzāh, 498), Ibn Kathīr (wie
vorher erwähnt und zitiert..), Abū Muḥammad b. Qudāma (al-Mughnī: 3/556), Abū
al-Faraj b. Qudāma (al-Scharḥ al-Kabīr: 3/495), Manṣūr b. Yūnus (Kaschschaf al-
Qinā: 5/30), Imām al-Qurtubī und andere große Tafsīr- und Ḥadīthgelehrte. Der
große Ḥadīthgelehrte und Rechtsgelehrte Imām Nawawī sagte sogar, dass das
rezitierte Gedicht des Beduinen am Grab (, welches wir zitierten bei Ibn Kathīr)
mustaḥab ist.“ (Mafāhīm: 157-158)
Wichtige Punkte:
1. So viele große Ḥadīthgelehrte und Tafsīrgelehrte haben diese Überlie-
ferung akzeptiert, aufgenommen, und sie nicht im Widerspruch zu den offen-
sichtlichen Qurʾānversen und dem Fundament des Glaubens gesehen, es nicht als
Götzendienst oder als eine Bidʿa verstanden, sondern es sogar als mustaḥab be-
zeichnet.
2. Seit tausend Jahren kam nicht ein Mujtahid, Ḥadīthgelehrter, Tafsīrgelehrter
oder Rechtsgelehrter, der dies als Schirk bezeichnete oder erachtete, und niemand
hat Imām Nawawī als Muschrik bezeichnet. Ibn Kathīr, der diese Überlieferung
als ‚berühmt‘ bezeichnet, wurde von keinen der Gelehrten deswegen kritisiert…
Ein schweigendes Ijmāʿ herrscht darüber, dass dies nicht falsch ist.
3. Die Authentizität dieser Überlieferung wird erst später behandelt.
4. Die Leute des Wissens wissen, wenn es auch keinen ṣaḥīḥ Isnād gibt, dass
eine Überlieferung, welche die Ḥadīthgelehrten und die Mujtahids benutzen, als
ṣaḥīḥ erachtet werden.370
Ja, für uns ist sogar ein Ḥadīth, der von der Umma akzeptiert wird, auf der
Stufe des mutawātir, denn einer unserer großen Imāme, Jassās, sagt in seinem
Aḥkām al-Qurʾān: „So sehr diese zwei Aḥādīth auch nicht mutawātir sind und
sie aḥad sind, wurden sie von der Umma akzeptiert und anerkannt. Deswegen
sind sie in der Kategorie des mutawātir, da für uns die aḥad Überlieferungen,
370 Ibn ʿAbd al-Barr, al-Istizkar, 1/203; Suyūṭī, Tadrīb, 25; Ibn Humām, Fatḥ al-Qādir, 1/217;
Dāraquṭnī, 4/40; Suyūṭī, Takkubat, 12; Thānawī, Qawāʿid fī ʿulūm al-Ḥadīth, 39.
177
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
wenn sie von den Menschen akzeptiert und anerkannt werden, aus vielen Grün-
den mutawātir sind.“371
5. Utbīs Geschichte wurde von unseren Gelehrten anerkannt und akzeptiert
und viele sahen eine solche Handlung als mustaḥab. Selbst wenn die Überliefe-
rungskette schwach sein sollte, wird sie als ṣaḥīḥ anerkannt, und seine Bedeu-
tung ist mutawātir. Diese Überlieferung von Utbī ist ein Tawassul eines Bedui-
nen und der wahre Tuer ist Allāh - Erhaben und Makellos ist Er.
371 Jassas, Aḥkām al-Qurʾān, 1/386; Thanawi, Ila, Qawāʿid fī ʿulūm al-Ḥadīth, S. 40.
178
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
يا رب اسئلك بحق محمد لما غفرت لي فقال:لما اقترف آدم الخطيئة قال
اهلل يا آدم وكيف عرفت محمدا ولم أخلقه قال يا رب النك لما خلقتني بيدك
ونفخ في من روحك رفعت رأسي فرأيت على قوائم العرش مكتوبا ال اله إال
اهلل محمد رسول اهلل فعلمت أنك لم تضف إلى أسمك إال أحب الحق اليك
صدقت يا آدم أنه أحب الخلق إلى أدعني بحقه فقد غفرت لك ولوال:فقال اهلل
.محمد ما خلقتك
„Als der Prophet Ādam einen Fehler beging, sprach er: „Oh Herr! Für das Recht
Muḥammads bitte ich dich um Vergebung!“ Allāh - Erhaben und Makellos ist Er -
fragte: „Woher kennst du Muḥammad, ohne dass Ich ihn erschaffen habe?“, wor-
auf Sayyidunā Ādam - Friede auf ihm – sagte: „Oh Herr! Als du mich mit deiner ei-
genen Hand erschufst und von deiner Seele in mich einhauchtest, erhob ich mein
Haupt und sah auf den Thronbeinen „La ilāha ill Allāh, Muḥammad al-Rasūlallāh“
stehen.“ Daraufhin sprach Allāh - Erhaben und Makellos ist Er: „Ich habe dir ver-
geben! Wenn Muḥammad nicht gewesen wäre, hätte ich dich nicht erschaffen!“
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
seien auf ihm – besuchte, er Imām Mālik fragte: „Oh Abū ʿAbdullah! Soll ich mich
in die Gebetsrichtung drehen für das Bittgebet?“, und Imām Mālik antwortete
Abū Jaʿfar: „Wieso solltest du dich vom Propheten abwenden?! So war er doch
auch der Grund /Wasila bei Allāh für deinen Vater Ādam. Deswegen drehe dich
zum Gesandten Allāhs und bitte ihn um Fürsprache, denn Allāh vergibt dir mit
seiner Fürsprache.“ Daraufhin rezitierte Imām Mālik den Vers:
ول َل َو َج ُدوا
ُ اهلل َو ْاس َت ْغ َف َر َل ُه ُم الر ُس
َّ َ ظ َل ُموا أَ ْن ُف َس ُه ْم َج ُاء
َ وك َف ْاس َت ْغ َف ُروا َ َو َل ْو أَ َّن ُه ْم ِإ ْذ
يما ِ
ً اهلل َت َّو ًابا َرحَ
„Wenn sie sich gegen sich selbst vergangen haben und sie würden dann zu
dir kommen und bei dir um die Vergebung Allāhs fragen, und der Prophet würde
für sie um Vergebung bitten, dann hätten sie Allāh wahrhaftig als Vergebend und
die Reue anerkennend gefunden.“ (4/64)
Daraus verstehen wir, dass Imām Mālik die Überlieferung des Ḥākim akzep-
tierte und es sogar in einer Fiqh Angelegenheit anführte und somit der zu kri-
tisierende Zustand des ʿAbd al-Raḥmān b. Zayd b. Aslam ‚verschwindet‘, da sich
nämlich die Kritik auf Imām Mālik stützt.
ʿAbd al-Raḥmān b. Zayd gehört also nicht zu jenen, deren jede Überlieferung
abgelehnt wird. So bringt Imām Schāfiʿī in seinem Buch al-ʾUmm und al-Musnad
von ihm überlieferte Aḥādīth als Beweis.381 Deswegen ist der Befund Ḥākims
nicht zu kritisieren. Das Urteil, dass der Isnād ṣaḥīḥ ist, ist korrekt.
Die Behauptung, er sei ein Fälscher, ist eine Sache, die Albānī erfunden hat
und, die keiner der anderen Imame vorher gesagt hat. ʿAbd al-Raḥmān b. Zayd
b. Aslam hat von seinem Vater Gefälschtes überliefert, bedeutet nicht, dass er
selbst Ḥadīth gefälscht hat. Es gibt einen großen Unterschied zwischen: „Wadaʿā
ʿalayhī/ Er verleumdete lügnerhaft jemanden“, und „rawā ʿanhu al-mawḍū’āt/
Er überlieferte von jenem Gefälschtes…“. Iin der ersten Aussage geht es um ab-
sichtliche Lüge und Verfälschung, iin der zweiten Aussage geht es um Achtlosig-
keit und Unbewusstheit. Albānī hat dies entweder nicht bemerkt oder absicht-
lich verdeckt. Ersteres wäre schon schlimm, aber Letzteres wäre katastrophal.
Inwieweit ist es richtig, die Worte vieler: „Es gibt ein wenig Schwäche“ zu
ignorieren und sich an den Worten mancher: „Er ist sehr schwach“ festzuhalten?
Die Schwäche im Gedächtnis lässt den Ḥadīth maximal auf die Stufe des Ḥasān
fallen, aber mehr nicht.
381 Musnad al-Schāfiʿī, 2/173, Nr. 607.
182
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Aḥmad b. Ḥanbal sah in ihm ein wenig Schwäche, hat aber dennoch einige
seiner Aḥādīth in seinem Musnad überliefert und nicht widersprochen.
Imām Schāfiʿī erwähnt seine Aḥādīth in Fiqh Themen als Beweis in seinem
al-Musnad. Ist dies nicht ein Befund des Vertrauens? Den Fachmännern ist es be-
kannt, dass wenn ein Mujtahid eine Überlieferung als Beweis bringt, die Leute
des Uṣūl diese Überlieferung als stark erachten.
Wenn Ḥākim sagt, dass Muslim und Bukhārī ʿAbd al-Raḥmān nicht als Be-
weis erachten, bedeutet es nicht, dass er ihn als schwach erachtet. Ḥākim hat nie
gesagt, dass seine in Mustadrak überlieferten Aḥādīth nach Muslim und Bukhārī
oder nur nach einen von beiden ṣaḥīḥ sein werden, womit er sich nicht widerspro-
chen hat, wenn er diesen Ḥadīth trotz dieser beiden als ṣaḥīḥ einstuft. Er nahm in
Mustadrak die Überlieferungen auf, die nach Bukhārī und Muslim als ṣaḥīḥ zu be-
werten sind und auch die Überlieferungen, welche nach anderen ṣaḥīḥ sind. Wenn
Ḥākim sagt, dass seine Scheichs diese Überlieferung nur mit jener Überlieferungs-
kette überlieferten, in der sich ʿAbd al-Raḥmān befindet, bedeutet nicht, dass er
die Überlieferung oder ʿAbd al-Raḥmān als schwach erachtet. Da die Stufe des
ṣaḥīḥ mehrere Unterstufen und Oberstufen hat, meint er vielleicht damit, dass so-
bald er eine stärkere Überlieferungskette gefunden hätte, er sie mit dieser über-
liefert hätte. Doch aus diesen Worten ist es sehr schwer eine Schwäche heraus-
zuhören, und es ist gar unmöglich. Wie sollte es auch möglich sein, wo er doch
selbst über diesen Ḥadīth des Tawassul sagt: „Die Überlieferungskette ist ṣaḥīḥ.“
Bedeutet dies nicht, dass er nach seinem eigenen Urteil ʿAbd al-Raḥmān als
vertrauenswürdig einstuft?
Bedeutet es nicht, dass wenn Imām Schāfiʿī ʿAbd al-Raḥmān als Scheich be-
zeichnet und von ihm Überlieferungen in Dingen bezüglich Ḥarām und Ḥalāl
nimmt, er diesen dann als vertrauenswürdig einstuft?
Ist die Aussage eines al-Subkīs, der ein Ḥadīthgelehrter und Mujtahid war
und, der den Ḥadīth als ṣaḥīḥ einstuft, schwächer als die Einstufung al-Dhahabīs,
der al-Subkī als Scheich al-Islām bezeichnet?
Diejenigen, die ihn als vertrauenswürdig bezeichnen, stützen sich auf ihr
eigenes Urteil und auf ihr Wissen, und die Einstufung derer, die ihn kritisieren,
stützt sich ja nicht auf Offenbarung, sondern auf die gleichen Sachen.
Dies alles ist, wenn man die äußeren Hinweise und Zeichen nicht mit dazu
zählt. Wenn wir diese auch noch dazu zählen, dann wiegt der ṣaḥīḥ Zustand die-
ses Ḥadīth sehr schwer. Diese Überlieferung hat auch noch bestärkende Über-
lieferungen.
Es muss nicht immer einen Widerspruch zwischen marfūʿ und mawqūf ge-
ben, denn es kann sein, dass ein Ṣaḥābī es manchmal als Wort des Propheten
183
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
überlieferte, und manchmal aus Vorsicht oder anderen Gründen als seine eigenen
Worte überlieferte. Dafür gibt es viele Beispiele in denen ṣaḥīḥ Aḥādīth.
Hinzu kommt, dass eine mawqūf Überlieferung, die mit so etwas Verbor-
genem zu tun hat, nach den Uṣūl al-Ḥadīth Gelehrten und anderen theoretisch
marfūʿ ist und somit gibt es keinen Widerspruch.
Dieser Ḥadīth widerspricht nicht dem Qurʾān, sondern jenen, die ihn nicht
verstehen, wobei doch ihr großer Imām Ibn Taymiyya sagte, dass die Aussage:
„Wäre Muḥammad - Segen und Friede seien auf ihm – nicht gewesen, dann hätte
ich dich nicht erschaffen“, gemäß einigen Qurʾānversen und dergleichen wahr sei.382
Ibn Taymiyya sagt nach einem Lob des Propheten: „Und wenn gesagt wird:
„Die gesamte Schöpfung wurde für seine Ehre erschaffen und wäre er nicht gewe-
sen, wäre nichts erschaffen worden“, dann ist eine solche Aussage nicht falsch.“383
Wir werden kurz auf die in al-Qāḍī ʿIyāḍs al-Schifāʾ Überlieferung von Imām
Mālik eingehen, in der er dem Kalifen Abū Manṣūr Jaʿfar antwortet.
Qāḍī ʿIyāḍ überliefert dies in seinem asch-Schifāʾ von Qāḍī ʿAbd al-Raḥmān
al-Aschʿarī – Abū al-Qāsim Aḥmad b. Baqiy al-Ḥākim – vielen anderen, darunter
- Dilkhas – Abū al-Ḥasān ʿAbdullah b. Fikhr – Abū Bakr Muḥammad b. Ḥamad
b. Faraj – Abū al-Ḥasān ʿAbdullah b. Muntab – Yaʿqūb b. Isḥāq b. Abī Isrāʾīl – Ibn
Ḥumayd – Imām Mālik.
Ibn Ḥumayd ist gemäß der schwerwiegenden Meinung, im Gegensatz zu Taqi
al-Subkīs Meinung, Muḥammad b. Ḥumayd al-Rāzī. Schams b. ʿAbd al-Hādī wollte
diesen al-Rāzī jedoch falsch darstellen, und hat nur die Worte über ihn gesam-
melt, welche ihn kritisierten und jene nicht erwähnt, die ihn lobten. Dies ist keine
schöne Handlung gewesen.
Abū Dāwūd, Tirmidhī, Ibn Mājah, Aḥmad b. Ḥanbal und Yaḥyā b. Maʿīn ha-
ben von Ibn Ḥumayd überliefert.
Aḥmad b. Ḥanbal sagte: „Solange es Muḥammad b. Ḥumayd gibt, wird sich
das Wissen im Bezirk des Ray fortsetzen.“
Bukhārī sagte: „Wir sollten gut über ihn denken.“
Saghanī und Zuhaylī lobten ihn.
Khalīlī sagte in seinem al-Irschād: „Er war ein Ḥāfiẓ und ein Fachmann die-
ser Wissenschaft. Aḥmad und Yaḥyā waren zufrieden mit ihm.“, und eine sol-
che Person wird nicht kritisiert bei einer solchen Überlieferung. Yaʿqūb b. Isḥāq
sagte, dass es kein Problem mit seiner Überlieferung gibt, und Khaṭīb sagte dies
in seinem al-Tārīkh.
382 Al-Fatāwā, 11/96.
383 Ibn Taymiyyah, Majmūʿ al-Fatāwā, 11/97.
184
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Abū al-Ḥasān ʿAbdullah b. Muntab war einer der großen Schüler des Qāḍī
Ismāʿīl. Al-Muqtadir hat diesen Ibn Muntab ungefähr im Jahr 300 der Hijra zum
Richter Madinas ernannt. Damals wurden nur die besten unter den Gelehrten zum
Richter Madinas erklärt. Ibn Muntab ist aber der Name seines Vaters und dies
verwirrte viele Zeitgenossen. Sein Schüler Muḥammad b. Aḥmad b. Faraj wurde
von Samʿanī in seinem al-Ansab als vertrauenswürdig erachtet. Dies erwähnt er,
als er über al-Jazairī spricht und Ibn Athīr bestätigte dies in seinem al-Lubāb.
Abū al-Ḥasān (b. ʿAlī) al-Fikhr (Kawtharī nannte ihn al-Fikhrī. Vielleicht ein
Druckfehler.) gehört zu den vertrauenswürdigen und sicheren Leuten. Dhahabī
schrieb über ihn in Ibar.
Ibn Dilkhas gehörte zu den vertrauenswürdigen Scheichs des Ibn ʿAbd al-
Barr und Ibn Baschkuwal schrieb über ihn in seinem Sila. Dieses Buch wurde
in Madrid gedruckt.
Ibn ʿAbd al-Hādī flieht davor, diese Überlieferung zu akzeptieren, denn diese
Überlieferung widerspricht seinem Scheich Ibn Taymiyya.
Ibn Muntab wollte mit der Überlieferung dieses Geschehens der Überliefe-
rung seines Scheichs Qāḍī Ismāʿīl in Mabsūt von Ibn Wahb von Imām Mālik wi-
dersprechen. Ismāʿīl gehörte zu den Gelehrten des Irak und die Gelehrten Madi-
nas und Ägyptens kannten die Aussagen des Māliks besser als diese.
Darüber hinaus hat Ismāʿīl das von Mālik überlieferte nicht Mālik zugeschrie-
ben und die Kette ist unterbrochen worden.
Weil dies aber Ibn ʿAbd al-Hādīs Gelüsten entsprach, nahm er diese anstelle
der Überlieferung des Ibn Muntab und akzeptierte diese Überlieferung ohne
seine Überlieferungskette zu analysieren. Er lobt Ismāʿīl unglaublich, weswegen
er nicht die Notwendigkeit sieht, die Überlieferungskette zu erwähnen. Als hätte
er nicht gesehen, was Dāwūd Iṣfahānī über ihn sagte.
Der Ḥāfiẓ und Ḥadīthgelehrte Khafajī sagte: „In dieser Überlieferung befindet
sich eine Antwort auf die Aussage des Ibn Taymiyya: „Sich während des Besuches
in Richtung des Grabes für ein Bittgebet zu wenden, ist eine von der Scharīʿa als
schlecht angesehene Tat. Kein Gelehrter hat dies jemals gesagt. Es wurde nur in
einer Verleumdung über Imām Mālik erwähnt.“ Er meint mit der Verleumdung
die Überlieferung des Qāḍī ʿIyāḍ. Allāh soll Qāḍī ʿIyāḍ belohnen und ihm viel Gu-
tes geben, denn er hat dies mit einer ṣaḥīḥ Überlieferungskette überliefert und er
sagte, dass er dies von vielen vertrauenswürdigen Gelehrten nahm. Die Aussage
Ibn Taymiyyas, dass dies eine Lüge sei, ist falsch. Auch seine Aussage, dass dies
nicht überliefert wurde, ist falsch, denn es ist die Madhhab Māliks, Schāfiʿīs und
Aḥmads, sich bei der Duʿāʾ am Grab zum Grab des Propheten zu drehen.
185
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Der Überlieferung des Imām al-Surūjī zufolge, ist Imām Abū Ḥanīfa der An-
sicht, dass man sich beim Besuch Richtung Grab dreht und danach Richtung Qibla
und dann Duʿāʾ macht.384 Doch gemäß Ibn Humām ist diese Ansicht, die Imām Abū
Ḥanīfa zugeschrieben wird, falsch. Er selbst hat nämlich in seinem Musnad von
Ibn ʿUmar überliefert: „Es ist Sunna, dass, wenn du an das Grab des Propheten
kommst, du dich mit dem Rücken Richtung Qibla drehst, auf das Grab schaust und
sagst: „As-salāmu ʿalayka ayyuhan nabiyyu wa raḥmatullāhi wa barakatuhu“.“385
Dies zeigt uns, dass Imām Abū Ḥanīfa dies selbst als Sunna sah. Er überliefert
dies von al-Nāfīʿ und dieser von Ibn ʿUmar.386
Der Isnād ist somit ṣaḥīḥ, denn Nāfīʿ war der Sklave des Ibn ʿUmar und er
hat von ihm und anderen Ṣaḥāba Ḥadīth überliefert und er ist ein sehr vertrau-
enswürdiger Überlieferer. Abū Ḥanīfa, Mālik und andere überlieferten von ihm.
Er starb im Jahr 117 der Hijra.
186
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Imām Ḥāfiẓ al-Dārimī (gest. 255/869) schreibt im Kapitel: „Die Gaben Allāhs
an den Propheten nach seinem Ableben“ folgendes: „Es überlieferte Abū Nuʿmān
– Saʿīd b. Zayd – ʿAmr b. Mālik al-Nakrī – Abū al-Jawza Aws b. ʿAbdullah:
انظروا:قحط أهل المدينة قحطا شديدا فشكوا إلى عائشة رضى اهلل عنها فقالت
إلى قبر رسول اهلل صلى اهلل عليه وسلم فاجعلوا منه كوة إلى السماء حتى ال
يكون بينه وبين السماء سقف ففعلوا فمطروا حتى نبت العشب وسمنت اإلبل
.حتى تفتقت من الشحم
Einmal gab es eine fürchterliche Dürre in Medina. Jeder beklagte sich bei
Sayyida ʿĀʾischa - möge Allāh mit ihr zufrieden sein. Daraufhin sprach Sayyida
ʿĀʾischa: „Geht zum Grab des Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – und
öffnet ein Fenster in der Decke, so dass keine Barriere zwischen seinem Grab und
dem Himmel ist.“ Die Leute gingen und taten wie ihnen geheißen wurde und dar-
aufhin regnete es so sehr, dass das Gras auf den Weiden hervor spross und die
Tiere wohlgenährt waren. Weil wir von den Tieren viel Fett bekamen, nannten
wir das Jahr „das Jahr des Fettes“.387
Albānī bringt drei Gründe, wieso diese Überlieferung schwach sein muss.
Mal sehen wie haltbar seine Gründe sind.
187
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
b. Saʿīd sagte über ihn, dass er schwach ist. Saʿd sagte: „Er ist kein Beweis, und
sein Ḥadīth ist schwach.“, und Nasāʾī: „Er ist nicht stark.“, und Aḥmad b. Ḥanbal:
„An ihm ist kein Problem.“ Yaḥyā b. Saʿīd akzeptierte ihn nicht.“
Antwort:
Albānī erwähnt jene, die seiner Ansicht sind über Saʿīd b. Zayd und igno-
riert die Ḥadīthgelehrten, welche eindeutig sagten, dass er vertrauenswürdig ist.
Saʿīd b. Zayd ist Ibn Ḥajars Ansicht nach ein vertrauenswürdiger, aufrichti-
ger Ḥāfiẓ. Die Imame, die das noch so sahen, waren Bukhārī (al-Tārīkh al-Kabīr,
3/472), Imām al-Ijlī (Tārīkh al-Thiqāt, S. 184), Abū Jaʿfar al-Dārimī, Aḥmad b.
Ḥanbal, Abū Zuʿra, Ibn Hibbān, Ibn Saʿd und andere, wie z.B. Yaḥyā b. Maʿīn, ob-
wohl die Salafis denken, er sei ihrer Ansicht, was aber nicht der Fall ist, da er
Saʿīd b. Zayd als thiqa bezeichnet.388
Nach einer solch klaren Aussage, muss es so sein, dass die Überlieferung des
Uqaylī (gest. 323/934) von Yaḥyā b. Maʿīn, dass dieser sagte, Saʿīd sei schwach,
falsch ist.389 Der Herausgeber des Buches, der ebenfalls die Kontrolle und das
Abgleichen mit dem Original vornahm, Kalʿajī, sagt in der Fußnote, dass Saʿīd b.
Zayd vertrauenswürdig ist und alle Autoren der sechs Ḥadīthbücher außer al-
Nasāʾī ihn akzeptiert haben.
Eines der Behauptungen Albānīs, um diese Überlieferung zu schwächen, ist
die Behauptung, Saʿīd b. Zayd sei schwach. Albānī sagt in diesem Ḥadīth, dass
Saʿīd b. Zayd schwach ist. Anderswo sagt er über Saʿīd b. Zayd:
„Die Überlieferungskette des Ḥadīth ist ḥasan. Alle Überlieferer sind ver-
trauenswürdig. Über Saʿīd b. Zayd wurde einiges gesagt, doch dies lässt seinen
Ḥadīth maximal auf ḥasan fallen. Ibn al-Qayyim sagte ebenfalls, dass die Über-
lieferungskette des Ḥadīth gut ist.“390
Das heißt, Albānī sagt bei diesem Ḥadīth, Saʿīd b. Zayd sei kein ausreichen-
der Beweis, aber bei einem anderen Ḥadīth widerspricht er sich selbst und so-
mit widerlegt er sich auch selbst und daraus verstehen wir, dass Saʿīd b. Zayd ein
ausreichender Überlieferer ist.
Albānī widerspricht sich bewusst oder unbewusst. Über einen Überlieferer
zu sagen, er sei bei diesem Ḥadīth vertrauenswürdig, und an anderer Stelle zu
behaupten, er sei es nicht, ist ein Verhalten, dass sich nicht mit Wissen und aka-
demischem Vorgehen vereinbaren lässt.
388 Ibn Maʿīn, Tārīkh, 2/199; Dhahabī, Qaif, 1/361.
389 Duʿāʾfā, 2/105.
390 Albānī, Irwa al-Galil, 5/338.
188
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Dies zeigt uns, dass die Einschätzungen und Wertungen Albānīs in Bezug
auf die Überlieferer sich mehr auf den Inhalt der Überlieferung bezieht, als sich
auf den Überlieferer zu beziehen. Widerspricht es seinen Gedanken, Ansichten,
seinem Weg und seinem Verständnis des Islāms, dann versucht er die Überliefe-
rungen zu schwächen und, wenn die Überlieferungen sein Verständnis bestäti-
gen oder stützen, dann versucht er vehement diese Überlieferungen trotz ihrer
Schwäche zu stärken. In diesem Spiel widerspricht sich Albānī oftmals und wie
gesagt, widerspricht er damit auch dem Wissen und dem akademischen Verhalten.
Abū al-Jawza, der in der Überlieferungskette vorkommt, heißt eigentlich Aws
b. ʿAbdullah al-Ribī und ist einer der vertrauenswürdigen Überlieferer in Bukhārī
und Muslim. Dies ist eine vertrauenswürdige, kritiklose Überlieferungskette (lā
baʿsa bih). Unserer Ansicht nach sogar gut/jayyid. Die ʿUlamāʾ haben Überliefe-
rungen schwächeren Grades sogar als Beweise für ihre Urteile angeführt.
Antwort:
Ja, Sayyida ʿĀʾischa, obwohl sie zu den Rechtsgelehrten und Wissenden un-
ter den Ṣaḥāba gehörte und, obwohl sie über vielen Ṣaḥāba steht, kann Fehler be-
gehen und dies ist möglich. Doch eins ist uns allen klar: Sie kannten den Tawḥīd
besser als ihr.
Sehen wir diese Angelegenheit aus der Perspektive derer, welche das Volk als
Kuffār und Irregeleitete bezeichnen, dann müssen wir sagen, dass diese Handlung
Sayyida ʿĀʾischas Bidʿa und Schirk ist, doch dies ist unmöglich! Weder Sayyida
ʿāʾischa, noch die Gefährten, die dies sahen, noch derjenige, der dies überlieferte
und auch nicht all jene Gelehrte, die diese Überlieferung in ihre Bücher aufnah-
men und den angeblichen Schirk darin nicht bemerkten, sind so wie ihr über sie
denkt! Sie sind fern davon und sie wussten sehr wohl, was Bidʿa und Schirk ist.
Diese Geschichte sollte jene zum Schweigen bringen, welche diese Handlung
als Schirk sehen und sie sollten verstehen, dass die Fürsorge des Propheten für
seine Umma auch noch nach seinem Ableben vorhanden ist. Diese Geschichte be-
weist es. Sayyida ʿĀʾischa hat diese Handlung nicht grundlos getan. Sie wusste
sehr wohl, dass der Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – und seine
189
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
zwei Freunde, die neben ihm liegen, sich bewusst waren und sind über jene, die
an ihr Grab kommen. Deswegen sagte Sayyida ʿĀʾischa:
„Wann immer ich in mein Haus einging, indem der Gesandte Allāhs und
mein Vater begraben waren, zog ich meinen Schleier aus, denn der eine war mein
Ehemann und der andere mein Vater. Doch als ʿUmar dort begraben wurde, ich
schwöre bei Allāh, habe ich meinen Schleier aus Scham nicht ausgezogen.“ 391
Antwort:
Der in der Überlieferungskette vorkommende Abū Nuʿmān ist Muḥammad
b. Faḍl, genannt Arim und ist einer der Lehrer Imām al-Bukhārīs. Ḥāfiẓ sagt in
seinem Taqrīb, dass er vertrauenswürdig ist, doch zum Ende seines Lebens sein
Zustand sich veränderte.
Die Worte des Ḥāfiẓ schaden seiner Vertrauenswürdigkeit nicht und stellen
kein Problem bei seinen Überlieferungen dar, denn Dāraquṭnī sagte über ihn:
„Bukhārī hat mehr als hundert Aḥādīth von ihm überliefert, doch nach seiner
Zustandsänderung wurde kein Ḥadīth mehr von ihm überliefert.“ Dāraquṭnī ist
hinsichtlich dieser Information die vertrauenswürdigste Person.
Ibn al-Ṣalāh hält fest, dass die Überlieferungen Bukhārīs und Zuhlīs von Arīm
vor seiner Krankheit geschehen sein müssen.393 Ḥāfiẓ ʿIrāqī sagt, dass die Über-
lieferungen Muslims von Dārimī von Arīm vor der Krankheit des Letzteren ge-
nommen wurden. Ibn Hibbān war derjenige, der am strengsten gegen Arīm war.
Dhahabī lehnt folgende Worte Ibn Hibbāns ab: „Arīm wurde in hohem Alter
dement und wurde so krank, dass er nicht mehr wusste, was er überlieferte. Des-
wegen sind unter seinen Überlieferungen viele Aḥādīth, die abzulehnen sind…“,
indem er kommentiert: „Ibn Hibbān konnte nicht einen einzigen abzulehnenden
Ḥadīth vorweisen. Wo ist dann die Stütze für seine Behauptung?!“394
Dhahabī sagt in seinem al-Rūwāh al-Thaqāt: „Arīm ist vertrauenswürdig und
ein Beweis. Später wurde er dement, doch darin liegt kein Schaden, denn es ist
391 Majmūʿ al-Zawāʾid, 8/26; Ḥākim, al-Mustadrak, 4/7; Bukhārī und Muslims Bedingungen nach .
392 Albānī, Tawassul, S. 140 – 141.
393 Ibn Salāh, ʿulūm al-Ḥadīth, s. 356.
394 Dhahabī, Mīzān, Vi/298; al-Laknawī, al-Rafʿ, S. 279.
190
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„Ibn ʿAbbās - möge Allāh mit ihnen zufrieden sein – überliefert, dass der Pro-
phet - Segen und Friede seien auf ihm – sagte:
„Wahrlich, Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – hat außer den Schreiberen-
geln solche Engel auf dieser Erde, welche die Anzahl der herabgefallenen Blät-
ter notieren.
Wenn einem von euch in der Wüste etwas geschieht/das Reittier flieht, dann
ruft aus: „Oh ihr Diener Allāhs! Helft mir!“399
Einspruch:
Al-Albānī, der Hadithgelehrte der Wahhabiten, schreibt in seinem Buch al-
Ḍaʿīfa, S. 656, folgendes:
„Bazzār überliefert dies von Ibn ʿAbbās mit folgendem Wortlaut:
„Wahrlich, Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – hat außer den Schreiberen-
geln solche Engel, die ein jedes Blatt notieren, das vom Baum herabfällt. Wenn
in einem verlassenen Ort ihr in Schwierigkeiten gerät, ruft aus: „Oh ihr Diener
Allāhs! Helft mir!““
Ibn ʿAllān sagt in seinem Scharḥ, dass Ḥāfiẓ Ibn Ḥajar sagte: „Die Überliefe-
rung dieses Ḥadīth ist ḥasan, und ernsthaft gharīb.“
Bazzār überlieferte dies so:
عن مجاهد عن ابن عباس رضي اهلل عنهما أن رسول اهلل صلى اهلل عليه...
... إن هلل: وسلم قال
192
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Und sagte:
وهذا الكالم ال نعلمه يروى عن النبي صلى اهلل عليه وسلم بهذا اللفظ إال من
.هذا الوجه بهذا اإلسناد
„Diese Überlieferung mit diesem Wortlaut vom Propheten - Segen und Friede
seien auf ihm – kennen wir nur durch diese Überlieferungskette.“400
Al-Sakhāwī sagte in seinem al-Ibtihāj, dass es ḥasan ist. Al-Haythamī sagte:
„Die Überlieferer sind vertrauenswürdig.“
Ich, Al-Albānī, sage:
„Bayhaqī überlieferte dies in al-Schuʿab als die Worte des Ibn ʿAbbās (mawqūf).
Wenn dieser Ḥadīth ṣaḥīḥ ist, müssen wir sagen, dass mit den Dienern Gottes hier
die vorher erwähnten Engel gemeint sind.
Es ist nicht gestattet die Frommen, die Geisterwesen oder die Freunde Got-
tes, welche auch als die Männer des Verborgenen bezeichnet werden (al-Rijāl al-
Ghayb), ob lebendig oder tot, als die hier gemeinten Diener Gottes zu verstehen.
Das Ersuchen der Hilfe und das Anrufen dieser ist nämlich großer Schirk, denn
sie hören die Rufe nicht und, sogar wenn sie sie hören könnten, so haben sie doch
nicht die Kraft diesen Rufen zu antworten und die Wünsche zu erfüllen. Dieses
Thema wurde in vielen Versen des Qurʾān behandelt: „Und jenen, die ihr statt Ihm
anruft, gehört nicht einmal Macht über das Häutchen eines Dattelkerns. Wenn ihr
sie bittet, hören sie eure Bitte nicht; und wenn sie diese auch hören würden, so wür-
den sie euch nichts in Erfüllung bringen.“401
Den Ḥadīth des Ibn ʿAbbās, den Ibn Ḥajar als ḥasan bezeichnete, sah Imām
Aḥmad als stark an und handelte auch damit.
Imām Aḥmads Sohn, ‘Abdullah überliefert in seinem al-Masāʾil, S. 217, folgendes:
„Ich hörte wie mein Vater sagte: „Ich habe zweimal auf einem Reittier und
dreimal zu Fuß, oder dreimal zu Fuß und zweimal auf einem Reittier die Pilger-
fahrt vollzogen. Bei einer Pilgerfahrt, die ich zu Fuß machte, verlor ich einmal
meinen Weg, und ich fing an zu rufen: „Oh ihr Diener Allāhs! Zeigt mir meinen
Weg!“, und ich rief so weiter und fand dann meinen Weg.“
Dies überlieferte Bayhaqī in seinem al-Schuʿab (II/455) und Ibn ʿAsākir (III/72)
durch ʿAbdullah b. Aḥmad mit einer ṣaḥīḥ Überlieferungskette.
400 Bazzār, Musnad, Musnad Ibn ʿAbbās, Ḥadīthnr. 4922.
401 35:13-14
193
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Nachdem ich das vorherige geschrieben habe, sah ich, dass die Überliefe-
rungskette von Bazzār in seinem Zawāʾid (S. 303) marfūʾ ist, das heißt, dass Ibn
ʿAbbās dies dem Propheten zuschreibt.
Doch meiner Ansicht nach weist der Ḥadīth versteckte Mängel auf wegen
seines Widerspruchs. Es ist viel eher anzunehmen, dass dieser Ḥadīth mawqūf
ist, also das Wort Ibn ʿAbbās. Dieser Ḥadīth gehört nicht zu den Aḥādīth, die man
gewiss als marfūʾ bezeichnen kann, denn es gibt auch die Möglichkeit, dass Ibn
ʿAbbās diese Worte von den Schriftbesitzern vernahm, die später Muslime wur-
den und dies von ihnen überlieferte. Und Allāh weiß es am besten.“ [Ende der
Worte al-Albānīs]
Antwort:
1. Albānī sah diesen Ḥadīth erst im al-Adhkār des Ibn ʿAllān mit der Über-
lieferung des al-Bazzār und überliefert die Beurteilung des Ibn Ḥajar, des al-
Sakhāwī und al-Haythamī und widerspricht diesen auch nicht.
2. Dann sagt er, er habe diesen Ḥadīth als marfūʾ bei al-Bazzār gesehen.
Albānī erklärte die Muslime, die Istighātha machen, als Kuffār. Wenn er die-
sen Ḥadīth akzeptiert, müsste er auch den Gesandten Gottes - Allāh bewahre
– mit dergleichen beschuldigen. Der einzige Weg dies nicht zutun, geschieht, in-
dem er Fehldeutungen und satanische Einflüsterungen über den Ḥadīth spricht
und versucht ihn ungültig zu machen.
So sagt al-Albānī nun folgendes darüber:
3. Er habe diesen Ḥadīth des Ibn ʿAbbās, der marfūʾ ist, erneut bei al-Bayhaqī
gesehen und zwar als mawqūf. So dann urteilt er:
4. Jaʿfar b. ʿAwn in der mawqūf Überlieferungskette ist stärker und vertrau-
enswürdiger als Khātim b. Ismāʿīl in der marfūʾ Überlieferungskette al-Bazzārs.
5. Dann spricht er: „Meiner Ansicht nach weist dieser Ḥadīth (der des al-
Bazzār) wegen des Widerspruchs (einem stärkeren Überlieferer in einer ande-
ren Kette) versteckte Mängel auf (trotz des Urteils der großen Ḥadīthgelehrten!)
Es ist eher so, dass dies mawqūf ist.“
6. Das heißt, er behauptet, dass die marfūʾ Überlieferung abzulehnen sei,
weil sie schadh oder munkar ist.
7. Dann versucht er noch den Ḥadīth anzuschwärzen und zu behaupten, es
gäbe die Möglichkeit, dass die mawqūf Überlieferung von den Überlieferungen
der Schriftbesitzer ist, und versucht sich mit dieser unbewiesenen Behauptung
und Vermutung vom Ḥadīth zu lösen.
So gibt es drei Beschuldigungen von Seiten al-Albānīs:
194
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Erstens: Wenn er das ‚Anrufen‘ in dem Vers: „Und jenen, die ihr statt Ihm an-
ruft, gehört nicht einmal Macht über das Häutchen eines Dattelkerns. Wenn ihr sie
bittet, hören sie eure Bitte nicht; und wenn sie diese auch hören würden, so würden
sie euch nichts in Erfüllung bringen.“, allgemein versteht und auf alle Anrufungen
bezieht, muss er auch sagen, dass er selbst und alle anderen Muslime auch sich
im Schirk befinden, denn in diesem Leben gibt es keinen Menschen, der noch
nie jemand anderen zur Hilfe aufgerufen hat, von jemanden etwas verlangt hat
oder um etwas gebeten hat. Von den vielen Bedeutungen des Wortes Duʿāʾ ist
nur eine Bedeutung eine ʿIbāda. Nicht jeder ‚Ruf‘ oder jede ‚Anrufung‘ ist auch
als eine ʿIbāda zu verstehen, nicht jedes Bitten ist gleich Schirk. Dass dies so ist,
wurde schon vorher ausführlich erklärt und einer der größten Beweise hierfür
sind die Aḥādīth und, dass die Gelehrten dieser Gemeinschaft den Vers nicht wie
al-Albānī verstanden.
Wenn es nun so ist, dass einige Anrufungen und Rufe nicht mit diesem Vers
gemeint sind, stellt sich unabdingbar die Frage, welche denn gemeint sind und
was die Grenzen dessen sind? Diese Menschen lehnen alle Aḥādīth, die ihren
Ansichten nicht passen und ihren Denkweisen widersprechen ab und es bleiben
nur noch ihre korrumpierten Vergleiche und Denkweisen, wonach sie die Mus-
lime als Kuffār beschuldigen. Somit benutzen sie die Verse Allāhs, erklären die
Gläubigen als Nichtmuslime und behaupten über Allāh etwas, was Er nicht ge-
meint und gesagt hat.
Zweitens: Sie behaupten, der Prophet habe gar nicht das gesagt, was er ge-
sagt hat, lehnen also die Aḥādīth ab.
Drittens: Sie schreiben Ibn ʿAbbās und auch den anderen Vorfahren große
Fehler zu.
Albānī erweckt Zweifel und satanische Einflüsterungen über den mawqūf
Ḥadīth des Ibn ʿAbbās, indem er sagt: ‚sollte er den ṣaḥīḥ sein‘. Und wenn wir
ihn als ṣaḥīḥ akzeptieren, dann sagt er, könne man auch sagen, dass er von den
Schriftbesitzern ist.
Das heißt, nach Al-Albānīs Deutung hat Ibn ʿAbbās eine Überlieferung von
den Schriftbesitzern übernommen, welche Schirk beinhaltet und fördert? Kann
dies etwa sein?! Dann sollen auch noch die restlichen Prophetengefährten die-
sem einfach zusehen, nichts dazu sagen, ja sogar noch mit diesem Ḥadīth handeln
und nicht bemerken, dass dies Schirk ist?! Allāh bewahre! So etwas kann nicht
sein! Die Versuche al-Albānīs Zweifel zu wecken, sind Ungerechtigkeiten gegen-
über den Gelehrten und auch gegenüber Ibn ʿAbbās.
195
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
196
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Siebtens: Mit dieser marfūʾ Überlieferung al-Bazzars handelte, wie Albānī selbst
bestätigt, Imām Aḥmad b. Ḥanbal403, Imām Nawawī und einige große Scheichs404
und Imām Tabarānī sagt darüber: „Dies ist etwas Erprobtes.“405
Das heißt, die erwähnten Gelehrten und viele andere Gelehrte haben dies
erprobt und ihre Wirkung gesehen.
Achtens: In Wirklichkeit wurde dieser Ḥadīth von Seiten Albānīs manchmal
als marfūʾ und manchmal als mawqūf überliefert.
Neuntens: Es kann sein, dass Ibn ʿAbbās dies manchmal marfūʾ überlieferte
und zu anderen Gegebenheiten mawqūf, und dafür gibt es kein Hindernis und es
bringt auch keinen Widerspruch hervor.
Zehntens: Das heißt, dass der Ḥadīth in al-Bazzār ḥasan li dhatihī ist und da-
her benutzt werden darf und die Ausflüchte al-Albānīs sinnlos sind.
197
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Taten, die aus Liebe zu einer Person zeugen, wie der Respekt zu dieser Per-
son, der Respekt für dessen Gegenstände, für sein Wohnort, die Orte, die er durch-
schritten hat und diese als besonders zu erachten und oftmals diese Orte aufzu-
suchen, werden mit dem Wort ‚Tabarruk‘ beschrieben, welches die Bedeutung
‚Vermehrung‘, ‚Zunahme‘ oder ‚Segen‘ hat und von der Wurzel baraka abgeleitet
wird. Das bedeutet, man erhofft dadurch Segen und Gutes.
Der Tabarruk mit dem Propheten - Segen und Friede seien auf ihm -, sei-
nen Gegenständen, seiner Familie, oder mit den Erben des Propheten, den Ge-
lehrten und den Freunden Allāhs wurde von einigen Menschen nicht richtig ver-
standen. Weil sie nicht wussten, wie sie die Angelegenheiten, die zu begreifen
sie zu schwach sind, bewerten sollen, legten sie auch hier ihre bekannte Haltung
dar und bezichtigten all jene, die einen solchen Tag als richtig erachten mit Un-
glaube und Irreleitung.
Bevor wir die Hinweise für die Zulässigkeit und Erlaubnis des Tabarruk dar-
legen, wollen wir noch einmal betonen, dass all diese Gegenstände, Orte und Per-
sonen nur Mittel und Zweck sind, um Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – nä-
her zu kommen.
Tabarruk geschieht durch eine Person, weil man an die Nähe dieser Per-
son zu Allāh und seiner Tugend glaubt. Die Person, die Tabarruk macht, weiß,
dass nur durch die Erlaubnis Allāhs sie Gutes zu tun (und Schlechtes abzuweh-
ren) vermögen.
198
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
des Propheten nach seinem Ableben sein Grab und sein Zimmer nicht für Tabar-
ruk aufsuchten. Sie gingen auch zu den Orten, an denen der Prophet gebetet hatte
oder, wo er sich hinsaß, nicht wegen des Tabarruks. Wenn dies schon beim Pro-
pheten der Fall ist, wie ist es dann mit jenen, welche die Orte der Awliyāʾ als Be-
suchstätten genommen haben und dadurch Segen erhoffen?
Andererseits hat der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – jedesmal
beim Gebet die Erde, auf die er betete, berührt und darauf gebetet. Diese Gebets-
orte aufzusuchen, diese Stellen zu berühren und zu küssen, sind keine vom ge-
ehrten Gesetz bestätigten Handlungen. So bedenke man dann wie es wohl der
Fall ist mit den Gebetsorten oder Schlafplätzen anderer Menschen. Somit gehört
das Vermeiden des Küssens und Berührens einer Stelle, an der sich der Prophet
befand, zu den besonderen Urteilen der islamischen Religion und solche Taten
haben keinen Platz in der Religion.“
قدمت المدينة فلقينى عبد اهلل بن سالم فقال: قال:عن أبي بردة رضى اهلل عنه
انطلق إلى المنزل فأسقيك فى قدح شرب فيه رسول اهلل صلى اهلل عليه:لي
وسلم وتصلى فى مسجد صلى فيه النبي صلى اهلل عليه وسلم فانطلقت معه
.فأسقاني سويقا واطعمني تمرا وصليت فى مسجده
Abū Burda - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – erzählt: Als ich einmal nach
Madina kam, kam mir ‘Abdullah b. Salāma entgegen und sprach: „Komm, lauf
mit mir zu meinem Haus damit ich dir etwas von dem Becher zu trinken gebe,
aus dem der Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – getrunken hat
und damit du an dem Ort, an dem der Prophet gebetet hat, betest.“ Ich ging mit
ihm und er gab mir Sawīqa (eine Suppe aus Weizen - und Gerstenmehl) zu trin-
ken und wir aßen Datteln. Dann verrichtete ich mein Gebet in der Moschee.“406
406 Bukhārī, Nr. 6910, 6/2673
199
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Was sagten jene, welche bestimmte Arten des Tabarruk nicht akzeptieren? Sie
sagten, dass die Ṣaḥāba die Orte des Propheten nicht aufsuchten, um von ihnen
Segen zu erlangen.
أن عتبان بن مالك وهو من:عن محمود بن الربيع األنصاري رضى اهلل عنه
أصحاب رسول اهلل صلى اهلل عليه وسلم ممن شهد بدرا من األنصار أنه أتى
وأنا، قد أنكرت بصري، يا رسول اهلل:رسول اهلل صلى اهلل عليه وسلم فقال
سال الوادي الذي بيني وبينهم لم أستطع إن، فإذا كانت األمطار،أصلى لقومي
،آتى مسجدهم فأصلى بهم ووددت يا رسول اهلل أنك تأتيني فتصلى فى بيتي
“سأفعل إن شاء: فقال له رسول اهلل صلى اهلل عليه وسلم: قال،فاتخذه مصلى
فغدا رسول اهلل صلى اهلل عليه وسلم وأبو بكر حين ارتفع: قال عتبان.”اهلل
فلم يجلس حتى، فاستأذن رسول اهلل صلى اهلل عليه وسلم فأذنت له،النهار
أشرت إلى ناحية: “أين تحب أن أصلى من بيتك” قال: ثم قال،دخل البيت
فصلى، فقمنا فصففنا، فقام رسول اهلل صلى اهلل عليه وسلم فكبر،من البيت
.ركعتين ثم سلم
Maḥmūd b. al-Rabīʿ al-Anṣārī - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – erzählt:
„Einmal kam ʿItbān b. Mālik, ein Gefährte des Propheten und einer der Anṣār,
der in der Schlacht von Badr anwesend war, zum Gesandten Allāhs - Segen und
Friede seien auf ihm – und sagte: „Oh Gesandter Allāhs! Ich habe keinen Gefal-
len mehr an meinen Augen (ich sehe nicht mehr gut oder bin blind). Ich bete für
mein Volk vor und, wenn es regnet, dann fließen große Wassermengen im Tal
das zwischen mir und ihnen liegt, und dann habe ich keine Möglichkeit in die
Moschee zu gehen und für sie das Gebet zu leiten. Oh Gesandter! Ich wünschte
mir, du würdest zu mir kommen und bei mir beten, damit ich diesen Gebetsort
als meinen eigenen Gebetsort machen kann.“ Der Prophet erwiderte: „So Allāh
will werde ich dies tun.“
(ʿItbān erzählt): Am nächsten Morgen kam der Gesandte Allāhs - Segen und
Friede seien auf ihm – mit Abū Bakr - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – als
200
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
die Sonne aufgegangen war. Der Gesandte Allāhs fragte um Erlaubnis eintreten
zu dürfen und ich ließ ihn herein. Er saß sich im Haus nicht hin und sagte: „Wo
wünschst du dir das ich mein Gebet verrichte?“, und ich zeigte ihm die gewünschte
Stelle. Der Prophet stellte sich zum Gebet, hob die Hände und wir bildeten hinter
ihm eine Reihe und verrichteten mit ihm zwei Einheiten.“407
Der Überlieferer des Ḥadīth, ʿItbān, ist einer von den Khazraj. Er war ein
Imām für die Söhne Salīms und, obwohl er schon alt war, lebte er bis zur Zeit des
Sayyidunā Muʿāwiya - möge Allāh mit ihm zufrieden sein. Der Gesandte Allāhs
- Segen und Friede seien auf ihm – hatte ihn am Anfang der Hijra mit Sayyidunā
ʿUmar b. al-Khaṭṭāb verbrüdert.
Imām ʿAynī, al-Qasṭallānī und Imām Nawawī zogen aus diesem Ḥadīth viele
Urteile:
1. Tabarruk mit den Gegenständen der Frommen,
2. Das Beten an ihren Gebetsstellen,
3. Sie zu bitten, eine bestimmte Sache zu segnen.
انظروا:قحط أهل المدينة قحطا شديدا فشكوا إلى عائشة رضى اهلل عنها فقالت
إلى قبر رسول اهلل صلى اهلل عليه وسلم فاجعلوا منه كوة إلى السماء حتى ال
يكون بينه وبين السماء سقف ففعلوا فمطروا حتى نبت العشب وسمنت اإلبل
.حتى تفتقت من الشحم
„Einmal traf Madina eine schwere Dürrezeit. Jeder beschwerte sich bei Sayyida
ʿĀʾischa darüber. So sprach dann Sayyida ʿĀʾischa: „Geht zum Grab des Prophe-
ten und öffnet ein Fenster auf seinem Dach, damit zwischen dem Grab und dem
Himmel kein Hindernis mehr bleibt.“ Die Leute gingen und taten wie anbefohlen.
Daraufhin regnete es, bis die Wiesen grünten und die Tiere sich weiden konn-
ten. Weil wir dadurch von den Tieren viel Fett bekamen, nannten wir dieses Jahr
„das Jahr des Fettes“.“408
407 Bukhārī, Masājid, 14, Nr. 415; Muslim, Īmān, 10, Nr. 33; Ibn Mājah, Masājid, 8, Nr. 754; Nasāʾī,
Iqamah, 46; Abū Dāwūd al-Tayālisī, Nr. 1241, S. 174.
408 Dārimī, Muqaddimah, 15; Nr. 92; Ibn al-Jawzi, al-Wafa, 1534; Dārimī, al-Sunan, 1/56; Suyūṭī,
Khaṣāʾiṣ, 2/280; Nabhanī, Hujjatullāh, S. 1090; Zurqānī, Scharḥ al-Mawāhib, 8/801; Zubaydī,
Tāj al-ʿarūs, 8/388; Ibn Athīr, al-Nihaya, 3/409; Bahjat al-Mahafil, 2/126; ʿAlī al-Qārī, Mirqat,
10/290; Mischkāt al-Maṣābīḥ, 5950; Mawāhib al-Laduniyya, 2/365; Jam al-Fawaid, 2086;
Schawahid al-Ḥaqq, S. 160; Ibn Taymiyyah, Ziyarat al-Kubur, S. 32; Ibn Marzuk, Baraat al-
201
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Dieser Ḥadīth wurde schon im Kapitel Tawassul als siebter Ḥadīth analy-
siert und dort wurde festgestellt und nachgewiesen, dass der Ḥadīth ṣaḥīḥ ist.
Ebenfalls sind im 5. Ḥadīth ähnliche Vorfälle vorzufinden.
Das heißt also, dass die Gefährten des Propheten nach seinem Ableben mit
dem Zimmer, in dem er wohnte und seinem Grab Segen suchten.
Ḥākim überliefert in al-Mustadrak vom Gefährten Abū Ṣāliḥ: „Marwān b.
al-Ḥakam kam eines Tages zum Grab des Propheten und sah, wie ein Mann sein
Gesicht auf das Grab gelegt hatte. „Weißt du, was du da tust?“, fragte er diesen
Mann, und da hob der Mann seinen Kopf und Marwān sah, dass es Abū Ayyūb al-
Anṣārī war. Abū Ayyūb al-Anṣārī antwortete: „Ich kam nicht zu einem Stein, son-
dern zum Gesandten Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm. Ich hörte den Ge-
sandten sagen: „Wenn der Kalif eine fähige Person ist, dann weine nicht für den
Dīn. Ist er es aber nicht, dann weine!““
Dieser Ḥadīth hat eine ṣaḥīḥ Überlieferungskette. Imām Aḥmad und Imām
Tabarānī überlieferten dies.409
Imām Ibn ʿAsākir sagt in seinem Tarikh ad-Dimaschq: „In der Zeit des
Sayyidunā Abū Bakr ließ sich Bilal al-Ḥabaschī in Damaskus nieder. Da sah er ei-
nes Tages in der Zeit des ʿUmar den Propheten im Traum. Der Prophet sagte zu
ihm: „Was ist diese Kälte, oh Bilāl? Wir haben dich vermisst.“, und als Bilal er-
wachte, machte er sich sofort auf den Weg nach Madina. Als er in Madina ankam,
ging er unverzüglich zum Grab des Propheten und legte sein Gesicht auf die Erde
des Grabes. Er weinte so sehr, dass die Erde an seinem Gesicht schlammig wurde.
Als Sayyidunā Ḥassān und Ḥusayn hörten, dass Bilal gekommen ist, gingen sie
sofort zu ihm und baten ihn darum den Gebetsruf zu rufen.“410
Der Befehlshaber der Gläubigen ʿUmar b. al-Khaṭṭāb sagte zu seinem Sohn
kurz vor seinem Tod, er solle zu Sayyida ʿĀʾischa gehen und sie um Erlaubnis bit-
ten. „Sage zu ihr, dass ʿUmar sie bittet neben seinen zwei Freunden begraben zu
werden.“, und als Sayyida ʿĀʾischa dies hörte, sagte sie: „Eigentlich erachtete ich
diesen Platz für mich selbst, doch ich ziehe ʿUmar gewiss mir selbst vor.“411
Aschʿarī, S. 357; Ghumārī, Irgam, S. 24; Ismāʿīl b. Maḥfūẓ, Masaf, S. 187; Albānī, Tawassul, S.
178.
409 Imām Aḥmad in seinem Musnad (5:422 #22482), Tabarānī in Muʿjam al-Kabīr und al-Awsat.
Haythamī in seinem al-Zawāʾid (4:2; 5:245), Ibn ʿAsākir in seinem Tarikh Dimaschq (57:249),
Ḥākim in seinem Mustadrak. Die letzten beiden sagten, es sei und Dhahabī stimmt diesem zu.
Auch Imām Suyūtī sagt, der Ḥadīth sei Ṣaḥīḥ (Jāmīʿ al-Saghir, #9728) Subkī zitiert es in Schifaʾ
al-Siqam (s. 126) und sagt, der Ḥadīth sei ḥasān.
410 Überliefert von Ibn ʿAsākir in seinem Tarikh mit einer starken Überlieferungskette (7/137);
Schawkānī in Nayl al-Awṭār, 5/180 und Ibn al-Athīr in seinem Usd al-Ghāba, 1/244.
411 Bukhārī überliefert dies in seinem Buch über Janaza sehr lange und wiederholte Male in sei-
nem Ṣaḥīḥ, unter dem Kapitel „Was am Grab des Propheten geschah“, „Tugenden der Ṣaḥāba“
und „Kapitel über den Treueeid“.
202
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Muʿādh b. Jabal kam zum Grab des Propheten, saß sich neben das Grab und
weinte davor.412
Muḥammad b. al-Munkadir – einer der Tābiʿūn – legte gewöhnlich seine Wange
auf das geehrte Grab des Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – und als
er darüber befragt wurde, sagte er: „Ich habe manche störende Gedanken und so
ersuche ich Hilfe vom Grab des Propheten - Segen und Friede seien auf ihm.“413
Tabarruk mit dem bei der Waschung benutzten Wassers des Propheten
Taʿlīq b. ʿAlī erzählt: „Wir gingen zum Propheten - Segen und Friede seien
auf ihm. Wir gaben ihm den Treueeid und verrichteten das Gebet mit ihm. Dann
sprachen wir über eine Kirche in unserer Gegend. Wir wollten das Überbleibsel
von dem Wasser, das er für die Waschung benutzt hatte. Er verlangte nach dem
Wasser und er hatte damit Wuḍūʾ gemacht, sein Mund ausgespült und es in den
Behälter gekippt. Er befahl uns:
اخرجوا فإذا أتيكم ارضكم فاكسروا بيعتكم وانضحوا مكانها بهذا الماء واتخذوها
مسجدا
„Geht und wenn ihr in eure Länder zurückkehrt zerstört eure Kirche und
wascht den Ort mit diesem Wasser und gründet dann dort eine Moschee.“ Wir
sagten: „Unser Land ist weit entfernt und bis dahin wird dieses Wasser verdampft
sein.“, und er - Segen und Friede seien auf ihm - sagte:
203
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
und erfüllt den Wunsch dieser Personen. Dass diese Menschen insbesondere von
unserem Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – Wasser wollen, weist dar-
auf hin, dass sie um ein besonderes Geheimnis dieses Wassers wussten.
Während in Madina und ihrer eigenen Heimat ausreichend Wasser vorhan-
den ist, nehmen sie die Schwierigkeit auf sich ein Wasser zu transportieren auf
eine lange und heiße Reise und es zu überstehen und sorgen sich, dass das Was-
ser vielleicht verdampfen könnte. Wieso tun sie das? Sie tun dies auf keinem an-
deren Grund als Tabarruk zu machen mit den Gegenständen und dem Wasser
des Propheten - Segen und Friede seien auf ihm. Deswegen waren sie bereit eine
jede Schwierigkeit auf sich zu nehmen. Auch wenn in ihrer Heimat alles vorhan-
den war, fehlte doch dieser Segen in ihrer Heimat – und diesen nahmen sie jetzt
mit. Der Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – sagte: „Ihr könnt
Wasser hinzufügen“, das heißt, er selbst war zufrieden mit dieser Tat und befür-
wortete sie und informierte uns, dass ein Segen im Wasser auf Wasser übergeht,
das hinzugegeben wird.415
كان النبي صلى اهلل عليه وسلم يدخل:عن أنس بن مالك رضى اهلل عنه قال
فجاء ذات يوم فنام على: قال. وليست فيه،بيت أم سليم فينام على فراشها
على، هذا النبي صلى اهلل عليه وسلم نام في بيتك: فاتيت فقيل لها.فراشها
. على الفراش، واستنقع عرقه على قطعة أديم، فجائت وقد عرق: قال.فراشك
ففزع النبي،ففتحت عتيدتها فجعلت تنشف ذلك العرق فتعصره في قواريها
يا رسول اهلل! نرجو: ما تصنعين يا أم سليم!؟ فقالت:صلى اهلل عليه وسلم فقال
. أصبت: قال.بركته لصبياننا
Anas b. Mālik - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – erzählt:
Der Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – betrat gewöhnlich
das Haus Umm Sulayms - möge Allāh mit ihr zufrieden sein – und wenn sie nicht
da war, lag er sich in ihr Bett und schlief dort. Eines Tages kam er wieder und
schlief in ihrem Bett. Als zu Umm Sulaym gesagt wurde: „Der Prophet ist in dei-
nem Haus und schläft in deinem Bett“, eilte sie nach Hause. Der Gesandte Allāhs
415 Mafāhim, S. 238.
204
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
- Segen und Friede seien auf ihm – hatte geschwitzt und sein Schweiß hatte sich
in einer Mulde im Leder auf dem Bett gesammelt. Sofort nahm Umm Sulaym ein
Tuch, wischte den Schweiß ab und drückte das Tuch in einem Behälter aus. Der
Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – erwachte und fragte: „Umm
Sulaym! Was machst du da?“, und sie antwortete: „Oh Gesandter Allāhs! Wir er-
hoffen Segen davon für unsere Kinder“, worauf der Gesandte sprach: „Du liegst
richtig!“416
In einer anderen Überlieferung antwortete Umm Sulaym:
Tabarruk mit dem Hemd Sayyidunā Yūsufs – Friede sei auf ihm
َف َل َّما أَ ْن َج َاء ا ْلب ِشير أَ ْل َق ُاه َع َلى َو ْجهِ ِه َف ْار َت َّد َب ِصيرا
ً ُ َ
„Als nun aber der Bote mit der guten Nachricht kam, legte er es ihm auf das
Gesicht, und da konnte er (tatsächlich) wieder sehen…“420
Wie geht das? Wie können das Hemd Yūsufs und der Mantel des Prophe-
ten Muḥammad - Segen und Friede seien auf ihm – (wie wir noch sehen werden)
416 Muslim, Faḍail, 22 (Nr. 2331)
417 Ibid.
418 Ibn Ḥajar, Fatḥ al-Bārī, 11/74.
419 12/93
420 12/93
205
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Sachen tun, die nur Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – tun kann, wie das Hei-
len der Blinden? Wie kann ein Stück Stoff dafür als Mittel genommen werden?
Was sagt ihr hierzu? Natürlich geschehen diese Art Dinge, wie die Heilung durch
dieses Stück Stoff, einzig und allein mit der Erlaubnis Allāhs, doch wenn Allāh ein
Stück Stoff zum Grund einer Heilung macht, wie sieht es dann mit den Freunden
Allāhs aus? Was für eine wasila stellen sie dar?!
Tabarruk mit dem Mantel des Propheten
أنها أخرجت جبة طيالسة كسروانية:عن أسماء بنت أبي بكر رضى اهلل عنهما
هذه جبة رسول اهلل صلى اهلل: وقالت،لها لبنة ديباج وفرجيها مكفوفين بالديباج
وكان النبي صلى اهلل عليه،عليه وسلم كانت عند عائشة فلما قبضت قبضتها
.وسلم يلبسها فنحن نغسلها للمرضى يستشفى بها
Abū Bakr al-Ṣiddīq - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – holte einen Mantel
des Khosrau (König Persiens) hervor, welcher mit Seidestücken geflickt war, und
am Rand war Dība (breiter, wertvoller Seidestoff) angenäht und die zwei lange
zwei Finger breite Bänder aus Seide hatte und sprach zu seiner Tochter Asmāʾ -
möge Allāh mit ihr zufrieden sein: „Dies ist der Mantel des Propheten und dieser
Mantel befand sich bis zu seinem Tod bei Sayyida ʿĀʾischa. Als er starb, nahm ich
den Mantel zu mir. Der Gesandte Allāhs trug diesen Mantel und wir waschen ihn
für die Kranken und trinken das Wasser und erwünschen uns dadurch Heilung.“421
Gemäß Imām Nawawī weist dieser Ḥadīth daraufhin, dass es mustaḥab ist
durch die Gegenstände der Frommen Segen zu ersuchen.422
206
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
In einer anderen Überlieferung: „Trinkst du etwa Blut?“, und er sagte: „Ja! Wahr-
lich, ich trinke das Blut des Gesandten Allāhs!“, worauf der Gesandte Allāhs sagte:
„Mein Blut mischte sich zu seinem und so wird ihn das Feuer nicht berühren.“423
Ibn Hibbān überliefert von Sayyidunā Ibn ʿAbbās: „Einer der Sklaven der
Quraisch schröpfte beim Propheten Blut. Nach dem Schröpfen ging er hinter
eine Mauer, sah sich links und rechts um und, als er sah, dass ihn niemand sieht,
trank er das Blut. Als er wieder zum Gesandten Allāhs kam, sah er ihm ins Ge-
sicht und fragte: „Was hast du bloß getan? Wo ist das Blut?“, und der Sklave sagte:
„Ich habe es hinter der Mauer versteckt“, und der Gesandte Allāhs - Segen und
Friede seien auf ihm – fragte: „Wo dort?“, und der Sklave erwiderte: „Oh Gesand-
ter Allāhs! Ich brachte es nicht übers Herz dein Blut in die Erde zu begraben! Es
befindet sich jetzt in meinem Magen.“
Der Prophet sprach darauf: „Geh, du hast dich vom Höllenfeuer befreit.“424
فواهلل: قال،ثم إن عروة جعل يرمق أصحاب النبي صلى اهلل عليه وسلم بعينيه
ما تنخم رسول اهلل صلى اهلل عليه وسلم نخامة اال وقعت فى كف رجل منهم
وإذا توضأ كادوا يقتتلون على،فدلك بها وجهه وجلده وإذا أمرهم ابتدروا أمره
،وضوئه وإذا تكلم خفضوا أصواتهم عنده وما يحدون اليه النظر تعظيما له
ووفدت، واهلل لقد وفدت على الملوك، أى قوم:فرجع عروة إلى اصحابه فقال
على قيصر وكسرى والنجاشي واهلل إن رأيت ملكا قط يعظمه اصحابه ما يعظم
أصحاب محمد صلى اهلل عليه وسلم محمدا واهلل إن تنخم نخامة إال وقعت
في كف رجل منهم فدلك بها وجهه وجلده وإذا أمرهم ابتدروا أمره وإذا توضأ
كادوا يقتتلون على وضوئه وإذا تكلم خفضوا أصواتهم عنده وما يحدون إليه
.النظر تعظيما له
ʿUrwa (der zum Gesandten Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm - geschickt
wurde, damit er die Friedensvereinbarung unterzeichne) fing an die Gefährten
423 Al-Bayhaqī, Dalāʾil al-Nubuwwa, 3/266; Tabarānī, al-Muʿjam al-Awsat, Nr. 9094; Ibn Ḥajar, al-
Iṣābah, Nr. 7629.
424 Ḥāfiẓ al-Qasṭallānī, Mawāhib, 1/284.
207
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
des Gesandten Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm - zu beobachten und sagte
daraufhin seinen Begleitern:
„Was ist dies für eine Ehrerbietung? Ich schwöre auf Allāh, wenn aus dem
Mund des Gesandten Gottes Speichel ausgeworfen wird, landet es unbedingt in
der Hand eines seiner Gefährten, mit dem dieser dann sein Gesicht oder seinen
Körper einreibt. Wenn er ihnen etwas befiehlt, rennen sie sofort los, um diesen
Befehl auszuführen.
Und wenn er die Gebetswaschung vollzieht, kämpfen sie beinahe miteinan-
der, um das Wasser von seinem Körper aufzufangen. Spricht er etwas, verringern
sie ihre Stimmen (antworten sie ihm mit einer leisen Stimme): Wegen der Ehr-
furcht ihm gegenüber, wagen sie es nicht, in sein Gesicht zu sehen.“
Als ʿUrwa später zu den Quraisch zurückkehrte, berichtete er von seinen Be-
obachtungen: „Oh mein Volk! Ich schwöre auf Allāh, dass ich Zeit meines Lebens
schon in der Gegenwart vieler Herrscher als Diplomat gestanden habe. Als De-
legation ging ich hinein zu den Gemächern des Kaisers (von Rom), des Khosrau
(dem Herrscher Persiens) und des Najaschī (dem König von Abbessinien). Allāh
ist mein Zeuge, dass ich von keinem der Untertanen dieser Könige die Ehrerbie-
tung und Ergebenheit ihren Herren gegenüber sah, wie ich es bei den Gefährten
von Muḥammad - Segen und Friede seien auf ihm - gesehen habe. Sollte er nur
einmal ausspucken, so fällt dieser Speichel unbedingt in die Hand eines seiner
Gefährten, der sein Gesicht und seine Haut damit einreibt. Sobald er etwas be-
fiehlt, rennen sie sofort los, um dies zu erfüllen. Wenn er etwas spricht, senken
sie ihre Stimmen und schaffen es nicht in sein Gesicht zu blicken, wegen des Re-
spekts ihm gegenüber.“425
ʿUrwa b. Masʿūd al-Thaqafī wurde Muslim und dann von seinem Volk um-
gebracht.426
Abū Mūsā al-Aschʿarī erzählt: „Rasūlallāh bat um ein Gefäß Wasser und es
wurde ihm eines gebracht. Der Gesandte Allāhs wusch sein Gesicht und seine
Hände in dem Gefäß und spülte sich damit den Mund aus und spie das Wasser
wieder ins Gefäß. Daraufhin sagte er: „Trinkt davon, wascht damit eure Gesich-
ter und eure Nase.“427
Mawsam b. Ḥakam überliefert: „Wenn der Gesandte Allāhs spie, fing es so-
fort einer seiner Gefährten in der Luft auf und strich es sich auf seinen Körper
und auf sein Gesicht. Wenn der Gesandte Allāhs seine Waschung vollzog, stritten
425 Bukhārī, Schurūt, Nr. 2581, 2/976; Aḥmad b. Ḥanbal, al-Musnad, Nr. 18950, 6/498; ʿAbd al-
Razzaq, al-Muṣannaf, Nr. 9720; al-Bayhaqī, al-Sunan al-Kubra, Nr. 18807.
426 Qasṭallānī, Irschād al-Sārī, 4/445.
427 Bukhārī, Wuḍūʾ, 40-45
208
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
sich die Gefährten um dieses Wasser, damit sie es sich in ihre Gesichter und auf
ihren Körper streichen konnten.“428
عن جعفر بن عبد اهلل عن ابيه رضى اهلل عنه ان خالد بن الوليد فقد قلنسوة له
اطلبوها فلم يجدوها فقال اطلبوها فوجدوها فاذا هى قلنسوة:يوم اليرموك فقال
اعتمر رسول اهلل صلى اهلل عليه وسلم فحلق رأسه فابتدر:خلقة فقال خالد
الناس جوانب شعره فسبقتهم إلى ناصيته فجعلتها فى هذه القلنسوة فلم اشهد
.قتاال وهى معى اال رزقت النصر
Gemäß Jaʿfar b. ‘Abdullahs Überlieferung von seinem Vater hat am Tag von
Yarmuk Khālid b. Walīd, als er seine Mütze (qalansuwa) verlor, befohlen: „Sucht
sie!“ Die Menschen suchten nach der Mütze und konnten sie nicht finden. Er wie-
derholte sein Befehl und sie suchten erneut danach. Als sie es dann fanden, sa-
hen sie, dass es eine alte Mütze war, sprach Khālid (, um ihnen zu erklären, wieso
er nach einer solchen alten Mütze suchen ließ): „Eines Tages bei der Umra, als
der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – seine Haare schneiden ließ, be-
eilten die Menschen sich seine Haare aufzusammeln. Ich habe sie alle eingeholt
und habe von seinem Vorderkopf ein Haar bekommen und es in diese Mütze ge-
legt und wann auch immer ich mit dieser Mütze in die Schlacht zog, wurde mir
Hilfe gewährt.“429
لما رمى رسول اهلل صلى اهلل عليه وسلم:عن أنس بن مالك رضى اهلل قال
الجمرة ونحر نسكه وحلق نوال الحالق شقه األيمن فحلقه ثم دعا أبا طلحة
احلق فحلقه فأعطاه أبا طلحة:األنصاري فأعطاه إياه ثم ناوله الشق األيسر فقال
. أقسمه بين الناس:فقال
Anas b. Mālik erzählt: Der Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm
-, nachdem er die Stelle von Jamra steinigte, das Opfertier darbrachte und sich
die Haare schneiden ließ, streckte er die rechte Seite seines Kopfes dem Barbier
428 Bukhārī, Wuḍūʾ, 70; Aḥmad b. Ḥanbal, Musnad, 4/329.
429 Tabarānī, al-Muʿjam al-Kabīr, Nr. 3804; al-Mustadrak, Nr. 5299; Ibn Ḥajar, al-Maṭālib al-ʿĀliyya,
Nr. 4044; Abū Yaʿlā, Nr. 7183.
209
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
zu und dieser rasierte ihm das Haar. Dann rief er Abū Ṭalḥa von den Anṣār und
gab ihm diese Haare. Dann streckte er seine linke Seite des Kopfes zum Barbier
und dieser rasierte seine linke Seite. Diese Haare übergab er ebenfalls Abū Talha
und sagte ihm: „Verteil die Haare unter den Menschen.“430
أرسلني أهلي إلى أم سلمة:عن عثمان بن عبد بن موهب رضى اهلل عنه قال
بقدح من ماء من فضة فيه شعر من عشر النبي صلى اهلل عليه وسلم وكان إذا
أصاب اإلنسان عين أو شيء بعث إليها مخضبه فاطعلت في الجلجل فرأيت
.شعرات حمرا
ʿUthmān b. ‘Abdullah b. Mawhab - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – er-
zählt: „Meine Familie (entweder die Familie Ṭalḥas oder seine Frau) sandte mich
zur Familie des Gesandten Allāhs Umm Salama - möge Allāh mit ihr zufrieden
sein – wegen eines Wassers in einem Silbergefäß. In diesem Wasser befanden
sich Haare vom Gesandten Allāhs. Wenn der böse Blick oder irgendeine Krank-
heit jemanden traf, dann sandte unsere Mutter Umm Salama dieser Person die-
ses Silbergefäß. Bei meinem Besuch bei Umm Salama sah ich bei ihr ein kleines
Gefäß, in dem sich kleine rote Härchen des Propheten befanden.“431
Imām al-ʿAynī erläutert den Ḥadīth wie folgt:
„Bei Umm Salama befanden sich in einem kleinen Gefäß rote Härchen des
Gesandten Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm. Wenn die Menschen krank
wurden, nutzten die Menschen diese um Segen zu erlangen, legten diese Haare
in ein Wassergefäß, tranken dieses Wasser und fanden dadurch Heilung. Die Fa-
milie des Überlieferers ʿUthmān nahm ebenfalls einige dieser Haare zu sich und
legte sie in ein Silbergefäß, trank das Wasser und fand Heilung.“432
Tabarruk mit dem Küssen der Hand, die den Gesandten Allāhs berührte
Imām Bukhārī erwähnt viele Aḥādīth darüber in seinem Buch über Anstand
und Benehmen, genannt al-Ādāb al-Mufrad. Er listet die Aḥādīth und Überliefe-
rungen von den Prophetengefährten unter dem Kapitel: „Das Küssen der Hände“
auf und dies zeigt uns, dass Imām Bukhārī das Küssen der Hände als einen Teil
des Anstandes sah.
430 Muslim, Ḥajj, Nr. 1305; Tirmidhī, Ḥajj, 73; Abū Dāwūd, Manāsik, 78; Humaydī, Musnad, Nr.
1220.
431 Bukhārī, Libas, 64, Nr. 5557.
432 Al-ʿAynī, Umdat al-Qārī, 22/49; Qasṭallānī, Irschād al-Sārī, 8/465.
210
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
. رأيت عليا يقبل يد العباس ورجليه: قال:عن صهيب رضى اهلل عنه
Ṣuhayb - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – sagte: „Ich sah wie Sayyidunā
ʿAlī - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – die Hände und Füße des Sayyidunā
ʿAbbās küsste.“434
Bukhārī überliefert in seinem Werk al-Ādāb al-Mufrad von ‘Abd al-Raḥmān
b. Razin: „Wir kamen bei Rabdha an und uns wurde gesagt, dass Salama b. al-
Aqwā hier ist. Wir gingen zu ihm und grüßten ihn. Er zeigte uns seine Hände und
sprach: „Mit diesen beiden Händen habe ich dem Propheten den Treueeid gelei-
stet.“ Seine Hände waren so groß wie die Hufen eines Kamels. Wir gingen zu ihm
und küssten seine Hände.“435
Ibn ʿUmar sagte: „[…] Der Prophet kam zum Frühgebet hinaus und wir sag-
ten: „Wir sind diejenigen, die geflohen sind“ und küssten seine Hand. Er sagte:
„Ich bin euer Anführer, dem ihr euch angeschlossen habt.“436
Al-Wazi b. ‘Amr sagt: „Wir kamen und man sagte zu uns: „Dieser dort ist der
Gesandte Allāhs“, worauf wir zu ihm gingen und seine Hände und Füße küssten.“437
Immer wenn der Kalif ʿUmar nach Syrien kam, empfing ihn Ubayda b. Al-
Jarra und küsste ihm die Hand.438
In einem langen Ḥadīth sagte der Prophet zu den Juden: „Und für euch spe-
ziell gilt, dass ihr samstags kein Unrecht tun dürft“, worauf die Juden seine Hand
küssten und sagten: „Wir bezeugen, dass du ein Prophet bist“, und er - Segen und
Friede seien auf ihm – fragte: „Wieso dann wollt ihr keine Muslime werden?“ […]439
Ibn ʿĀbidīn - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – sagte: „Es liegt kein Scha-
den im Küssen der Hände der Gelehrten und Freunde Allāhs, um dadurch Segen
433 Bukhārī, Ādāb al-Mufrad, Nr. 1003
434 Ibid., Nr. 1005.
435 Ibid., S. 144
436 Bukhārī, al-Ādāb, #972
437 Bukhārī, al-Ādāb, #975
438 Bayhaqī, Schuʿab al-Īmān
439 Imām Aḥmad, al-Ḥākim.
211
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
zu erlangen, und dies ist eine Sunna. Den Kopf der Gelehrten und Freunde Allāhs
zu küssen ist besser. Die Hand eines Freundes beim Treffen als Begrüßung zu
küssen ist gemäß des Konsens makrūh. Das Küssen des Bodens vor den Gelehr-
ten und Würdenträgern ist Ḥarām, und beide, der, der dies tut und der, der es zu-
lässt, begehen eine Sünde, da es den Taten der Götzendiener ähnelt.“440
Ibn Ḥajar al-ʿAsqalānī sagt in seinem Fatḥ al-Bārī: „Imām al-Nawawī sagte:
„Es wird über das Küssen der Hand eines Mannes, der ein Asket, Frommer, Ge-
lehrter oder Nachkomme des Propheten ist, nicht gesagt, dass es unbeliebt ist.
Im Gegenteil, es ist empfehlenswert.“441
Tabarruk mit dem Öl im Sarg des Propheten Danyal – Friede sei auf ihm!
Ibn Abī Dunya überliefert in seinem Aḥkām al-Qubūr von Abū Bilal Muḥammad
b. Harith b. ‘Abdullah b. Burda b. Abū Mūsā al-Aschʿarī von Abū Muḥammad al-
Qāsim b. ‘Abdullah von Anbasa b. Saʿīd: Abū Mūsā al-Aschʿarī - möge Allāh mit
ihm zufrieden sein – fand bei der Eroberung Ṭustars Danyal in einem Sarg. Bei
Danyal befanden sich ein Buch und ein Gefäß indem ein Behälter mit Öl, Gold
und ein Ring waren. Abū Mūsā berichtete dies dem Kalifen ʿUmar - möge Allāh
mit ihm zufrieden sein – in einem Brief. Sayyidunā ʿUmar - möge Allāh mit ihm
zufrieden sein – schrieb ihm zurück: „Das Buch sollst du uns zusenden. Ein Teil
des Öls sollst du uns auch zusenden, und befehle den Muslimen mit dem Rest da-
von Heilung zu erbitten. Verteile das Gold unter ihnen und den Ring geben wir
dir als Beute.“442
ʿUmar - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – fand neben dem Grab Inschrif-
ten auf der Mauer, welche über die Zukunft berichteten und über die Dinge der
verborgenen Welt, und er befürchtete, dass die Menschen dadurch in Zwietracht
fallen könnten und befahl das Gebäude über seinem Grab zu zerstören, denn die
Inschriften konnten nicht anders entfernt werden.
Die Gräber der anderen Propheten jedoch, ließ Sayyidunā ʿUmar nicht zer-
stören, sondern ließ sie renovieren, denn auf ihnen befanden sich nicht die Schrif-
ten wie auf dem Grab Sayyidunā Danyals – Friede sei auf ihm! Über das Bebauen
der Gräber, siehe das dazugehörige Kapitel.
212
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ich sah auch, wie er dieses Haar auf seine Augen strich, es in Wasser legte, davon
trank und dadurch Heilung erflehte. Er wusch einen Behälter, welcher dem Pro-
pheten - Segen und Friede seien auf ihm – gehört hatte, und trank dann dieses
Wasser, weil er der Ansicht war, dass dies ein besseres Wasser ist. Ich sah auch
wie er vom Zamzam Wasser Heilung erhoffte und es in sein Gesicht strich.“443
213
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Siehst du denn nicht wie die Gefährten aus ihrer intensiven Liebe den Pro-
pheten fragten: „Dürfen wir uns denn nicht vor dir niederwerfen?“ Wenn er es ih-
nen erlaubt hätte, dann hätten sie dies sicherlich nicht mit der Absicht der ʿibāda
getan, sondern mit der Absicht der Ehrerbietung und des Respekts. Eine solche
Art der Niederwerfung wird von den Brüdern Yūsufs berichtet in der Sūra Yūsuf.
Deswegen darf man einem Muslim, der sich vor dem Grab des Propheten nie-
derwirft, keineswegs als Kāfir erklären, sondern muss ihn über das Verbot seiner
Handlung aufklären. In Richtung des Grabes zu beten trägt das gleiche Urteil.“445
Ibn Taymiyya überliefert von Imām Aḥmad, dass dieser es erlaubte die Kanzel
des Propheten zu berühren und mit der Hand daran zu streichen. Ibn ʿUmar, Saʿīd
b. Al-Musayyab und Yaḥyā b. Saʿīd, die Fuqahāʾ von Madina, taten dies ebenfalls.446
Die Tat des Thābit al-Bannanī war aufgrund seiner intensiven Liebe. Wie
wir sehen können, erachteten sie jedes Atom, das vom Propheten - Segen und
Friede seien auf ihm – kam, sogar wenn es für andere abartig und hässlich er-
scheint als sehr wertvoll.
Dieser Respekt und diese Ehrerbietung, diese Liebe und das Ersuchen die-
ser Dinge, geschah es etwa, weil dann der Prophet für sie Duʿāʾ machte oder, weil
diese Dinge sich von seinem geehrten Körper trennten und mit ihm einmal in Be-
rührung standen und sie daher davon Segen erhofften? Natürlich erhofften sie
sich Segen davon.
Humaydī sagt in seinem Buch, in dem er von Bukhārī und Muslims Ṣaḥīḥ ge-
sammelt hat, von Sahl b. Saʿd:
„Der Gesandte Allāhs hatte mir sein Hemd geschenkt und meine Mutter wollte
es mir abnehmen. Ich sagte ihr, dass ich dies aufbewahren will und als mein To-
tentuch benutzen will und Segen erhalten will durch das Hemd des Propheten.“
Das heißt, dass die Gefährten des Propheten das geehrte Hemd des Prophe-
ten - Segen und Friede seien auf ihm – als ein Mittel und Grund sahen, um von
der Strafe geschützt zu sein.447
Imām Muslim überliefert in seinem Ṣaḥīḥ: „Nachdem der Prophet - Segen
und Friede seien auf ihm – das Frühgebet verrichtete, kam das Volk Madinas
zu ihm mit Gefäßen gefüllt mit Wasser. Er tauchte seine Hände in jedes Gefäß.“
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„So ersuchte das Volk Madinas Segen durch den Propheten. Wenn Personen
zu einem Gelehrten kommen und eine solche Segnung ersuchen, sollten von dem
Gelehrten nicht abgewiesen werden.“
Aus den Worten des Ibn al-Jawzī, des Imām Nawawī in seinem Scharḥ Ṣaḥīḥ
Muslim, des al-Qāḍī ʿIyāḍ in seinem Scharḥ, und des Ḥanafī Gelehrten ʿAbdullaṭīf
b. Malak verstehen wir, dass eine solche Segensersuchung nicht nur dem Prophe-
ten alleine gebührt, wie es die Khawārij meinen. Die Gefährten des Propheten
und die frommen Vorfahren, möge Allāh mit ihnen zufrieden sein, haben diese
Art der Segensersuchung fortgesetzt.
215
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
216
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Dinge ersucht, die nur Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – tun kann, begeht er
großen Schirk.
Beispielsweise das Bitten eines Geschöpfes darum, dass er die Dürre ver-
schwinden lässt.
Die Gelehrten sind sich einstimmig einig, dass jemand, der Hilfe bei ande-
ren als Allāh ersucht, damit Dinge geschehen, die nur Allāh tun kann, und mit
seinem Herzen oder mit seiner Zunge zu jemanden Duʿāʾ macht, sogar wenn er
La ilāha ill Allāh sagt, betet, fastet, die Pilgerfahrt vollzieht, ein Götzendiener ist.
Denn derjenige, der das Glaubensbekenntnis spricht aber jemand anderen
als Allāh anbetet, hat das Glaubensbekenntnis nicht erfüllt, denn das Beten zu
anderen als Allāh widerspricht dem Fundament des Tawḥīd und steht im Gegen-
satz zum Tawḥīd.
Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – sprach zu Ibn ʿAbbās - möge
Allāh mit ihm zufrieden sein: „Wenn du etwas wünschst, dann wünsche es dir
von Allāh und, wenn du um Hilfe fragst, frage Allāh.“450
„Ein jeder von euch soll seine gesamten Bedürfnisse von Allāh erbitten, so-
gar wenn das Band seiner Sandale reißt, denn wenn Allāh die Reparatur nicht
zulässt, geschieht sie nicht.“451
Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – sagte zu ʿAdī b. Mālik und je-
nen, die mit ihm den Treueeid gaben: „Bittet die Menschen um nichts.“452
„Nur dich beten wir an und nur von dir erbitten wir Hilfe.“453
In Dingen, zu die nur Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – fähig ist, andere
anzurufen, Duʿāʾ zu machen und von ihnen darin Hilfe zu erbitten, ist eine ʿIbāda
an andere. Sei dies nun die Bitte um Fürsprache oder das Erhoffen von Nutzen
oder die Abwendung von Schaden. Bei all diesem ist es gleich.
217
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Worte Allāhs sind hierfür ein Beweis. Das Ersuchen der Hilfe, das Rufen
um Hilfe und das Anrufen sind alle diesen Bedingungen unterworfen.“454
218
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Lebenden zu begehen. Wenn jedoch Allāh wollen würde, könnten die Toten aus
ihren Gräbern sich erheben und sich fortbewegen.
Wir werden weiter unten viele Qurʾānverse, Aḥādīth, Überlieferungen von
Ṣaḥāba, Tābiʿūn und Gelehrten bringen, die uns zeigen, dass man Dinge, die nur
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – tun kann, von Menschen erfragen darf, und
zwar so, dass es uns zufriedenstellen wird. Wenn wir dann begreifen, was mit
diesen Qurʾānversen eigentlich gemeint ist, werden wir begreifen, in welch gro-
ßem Irrtum sich die Wahhabiten befinden.
Die Wahhabiten verstehen die oben zitierten Aḥādīth und Qurʾānverse ge-
mäß ihrem äußeren Wortlaut und geben dann diesem weitere Bedeutungen hinzu,
wodurch sie dann eine Waffe in ihrer Hand haben, um die Muslime als Ungläu-
bige zu bezeichnen.
Diesem Verständnis nach sind Sayyidunā Sulaymān, der Prophet - Segen und
Friede seien auf ihm -, die Gefährten, die Tābiʿūn, die Gelehrten, ja sogar ihre ei-
genen Gelehrten und Milliarden Muslime ohne es zu merken in den Götzendienst
gefallen, wie wir es weiter unten sehen werden.
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – kann eine übernatürliche Sache, die
nur Er machen kann, einem Menschen, Engel oder Geisterwesen ermöglichen und
dieses Wesen dazu befähigen. Ab diesem Moment der Erlaubnis, ist diese Sache
nicht mehr eine Sache, die nur Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – macht, son-
dern eine Sache, zu der auch andere Wesen durch Allāh fähig sind. Somit können
Menschen von diesen anderen Wesen, denen Allāh - Erhaben und Makellos ist Er
– die Erlaubnis gab, damit sie anderen Menschen helfen, Hilfe erwünschen und
von diesen Wesen diese Dinge erfragen. Dies ist kein Götzendienst.
Von den Menschen, Engeln und Geistern zu bitten, die Allāh - Erhaben und
Makellos ist Er – die Fähigkeit gewährte, dienstbar in der Hinsicht zu sein, wie
es im Fall des Sayyidunā Sulaymān, Rasūlallāh - Segen und Friede seien auf ihm
– und den Ṣaḥāba war, ist vollkommen unterschiedlich als das Fragen der Göt-
zen, denen Allāh diese Möglichkeit nicht gab. Das Fragen der Muslime und das
Fragen der Götzendiener sind grundlegend anders.
Diejenigen, die beides als gleich erachten, und die Verse und Aḥādīth den
Muslimen zuschreiben und, die einen Menschen dessentwegen mit dem Unglau-
ben bezichtigen, befinden sich in einem großen Irrtum. Die Ersuche, welche die
Wahhabiten als Schirk bezeichnen, wurden von den Führenden der Religion vor-
genommen, gar von Propheten.
Wenn also die Wahhabiten weiterhin die Aḥādīth und Verse, die sie voran-
bringen als Beweise nutzen, und behaupten, man dürfe nur von Allāh Sachen
verlangen, die nur Er fähig zu tun ist, und dass istighātha, istiʿāna und istiʿādha
219
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
großen Schirk darstellen, beschuldigen sie den Propheten Sulaymān, den Gesand-
ten Allāhs, die Gefährten und die Gelehrten mit Schirk.
Das, was in den Versen und Aḥādīth gemeint ist mit dem Fragen und Bit-
ten, ist das Fragen und Bitten der Götzen und Wesen, die von Allāh - Erhaben
und Makellos ist Er – keien Befugnis und Erlaubnis für die Dinge dieser Art be-
kommen haben.
Damit sind nicht die Menschen, Engel und Geister gemeint, denen Allāh - Er-
haben und Makellos ist Er – die Fähigkeiten gab und, um die man diese dann bit-
tet, wie es Sayyidunā Sulaymān, der Gesandte Allāhs, die Ṣaḥāba und andere ta-
ten. Wenn jemand diesen Unterschied nicht begreift und dann auf die Verse und
Aḥādīth sieht, welche die Wahhabiten vorlegen, wird er denken, dass sie mit ih-
ren Aussagen richtig liegen.
Doch wer die Unterschiede begreift und versteht, wird bemerken in welch
großem Irrtum sich die Wahhabiten befinden. Diejenigen, welche die Ansicht der
Wahhabiten bestätigen, tun dies nur, weil sie nicht ausreichend Wissen über die
Thematik besitzen. Doch taucht man tiefer in das Thema ein, dann wird man be-
merken, dass die erst oberflächlich richtig erscheinende Ansicht der Wahhabi-
ten grundlegend falsch ist, wie man es in diesem Buch nun öfters gesehen hat.
Jetzt werden wir die von uns erwähnten Punkte ausführlich erläutern.
220
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Dies ist eigentlich ein grundlegendes Thema und leider haben sich heute ei-
nige Missverständnisse bei den Muslimen eingeschlichen. Bevor wir mit irgend-
wem irgendein Thema diskutieren, müssen wir erst einmal die Begrifflichkeiten
definieren und sie erörtern. Muḥammad b. ‘Abdulwahhab definierte die Begriff-
lichkeiten neu und anhand dieser Definitionen erklärte er die Menschen als Kuffār,
wenn sie Hilfe beim Propheten oder den Freunden Gottes ersuchten.
So sehen wir, dass heute La ilāha ill Allāh als: „Es gibt keinen Anbetungs-
würdigen außer Allāh“, übersetzt wird, wobei diese Übersetzung des Glaubens-
bekenntnis viele Probleme mit sich bringt. Im Glaubensbekenntnis wird ilāh
abgelehnt, was wir als ‚Gott‘ übersetzen können. Wenn wir das Wort ilāh aus-
wechseln, bzw. die ausschließliche Bedeutung maʿbūd (der Angebetete) geben,
kommt es zu folgenden:
1. Mit der Aussage: ‚es gibt keinen Anbetungswürdigen‘ wird nicht per se die
Existenz anderer Gottheiten ausgeschlossen, sondern nur ausgeschlossen, dass
diese anderen Gottheiten anbetungswürdig seien. Dies ist jedoch ein fataler Feh-
ler, der dazu führt, dass man sagen kann, es gäbe andere Gottheiten, doch so-
lange man diese nicht anbete oder als anbetungswürdig erachte, das Glaubens-
bekenntnis noch gesund ist.
2. Durch die Veränderung des Verständnisses von La ilāha argumentiert
man, dass einzig und allein Allāh angebetet werden darf, und da das Rufen des
Propheten und der Awliyāʾ von Seiten der Wahhabiten als Anbetung verstanden
wird, wird behauptet, dass die Sunniten andere als Gott anbeten, und somit eine
Anbetungswürdigkeit anderer akzeptieren. Das führe dazu, dass sie das Glaubens-
bekenntnis nicht verstanden und akzeptiert haben und somit nie Muslime wa-
ren.
Doch das Glaubensbekenntnis spricht davon, dass es keine andere Gottheiten
gibt und da einzig und allein der einzige ilāh anbetungswürdig ist, schließt diese
Ablehnung anderer Gottheiten gleichermaßen auch ihre Anbetung aus.
221
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Doch was ist ein Ilāh? Heute wird ein Gott als jemand verstanden, der das
Wissen des Unsichtbaren und Verborgenen kennt, der Allgegenwärtig ist, der Kin-
der gibt, der Heilung gewährt, Hilfe gibt, von Weitem hört und sieht, und derglei-
chen. Diese Definition wird absichtlich gegeben, um all jene, welche die Prophe-
ten und Awliyāʾ rufen und von ihnen etwas erbitten, was nur ein Ilāh tun könne,
als Kāfir zu bezeichnen. Die Wahhabiten sagen, dass ein solcher Glaube definitiv
Schirk ist und die Schöpfung mit Allāh gleichsetze.
Die vorislamischen arabischen Götzendiener sollen ebenfalls einen solchen
Glauben gehegt und ihren Götzen diese Eigenschaften zugeschrieben haben. Da
die Sunniten dem Propheten und den Freunden Gottes solche Eigenschaften zu-
schreiben, sind sie nicht besser als die Götzendiener und folglich befinden sie
sich im klaren Schirk.
Kurzgefasst will ich klarstellen, dass eine solche Annahme vollkommen halt-
los ist und ein Resultat ihres falschen Glaubens und ihrer Unwissenheit ist. Die
Bedeutung von ilāh ist definitiv nicht die Bedeutung, welche die Wahhabiten vor-
legen und das Konzept der Göttlichkeit basiert auch nicht auf den erwähnten Ei-
genschaften, denn ansonsten müssten wir anhand des Qurʾān tausende verschie-
dene Ilāh akzeptieren, und möge Allāh uns davor bewahren! Allāh hat nämlich,
wie wir schon vorher erwähnten, seinen Dienern bestimmte Fähigkeiten erlaubt
und gegeben.
Was ist mit Sayyidunā ʿĪsā, wenn das Konzept von Ilāh darauf baut, dass man
das Wissen über das Verborgene hat (ghayb)?
Der Qurʾān informiert uns, dass Sayyidunā ʿĪsā sagte: „und ich verkünde euch,
was ihr esset und was ihr in eueren Häusern speichert.“455 Hier kommen die Worte
taʾkulūn und tadkharūn vor, und im Arabischen sind beide Verben, welche sowohl
die Vergangenheit, als auch die Zukunft einschließen. Das heißt, der Vers lautet:
„und ich verkünde euch, was ihr esst und essen werdet, und was ihr in euren Häusern
speichert und speichern werdet.“ Sayyidunā ʿĪsā sagt ihnen, dass er ihnen all dies
beschreiben kann. Das heißt, der Prophet ʿĪsā hatte Wissen über die Früchte und
Nahrungsmittel, und wer von ihnen welche Nahrung aufnehmen wird und wer
sie zuhause lagern wird. Man stelle sich dieses große Wissen vor, welches Allāh
seinem Propheten ʿĪsā gab. Wenn Göttlichkeit darauf basiert, dass man Wissen
über das Verborgene hat, schreibt dann der Qurʾān etwa Sayyidunā ʿĪsā Göttlich-
keit zu? Allāh bewahre!
Wenn Göttlichkeit darauf basiert, dass man Kontrolle ausübt über die Ele-
mente dieser Welt, das heißt also über Luft, Wasser, Sonne und Mond, dann heißt
es, dass gemäß dem Qurʾān Sayyidunā Sulaymān – Friede sei auf ihm! – als Gott
455 3:49
222
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
bezeichnet werden muss, Allāh bewahre, denn der Qurʾān sagt über ihn: „Und wir
machten ihm den Wind dienstbar, daß er auf seinen Befehl sanft dahineilte, wo er es
haben wollte.“456, und: „Und dem Sulaymān (machten wir) den Wind (dienstbar), daß
er dahinbrause und auf seinen Befehl in das Land eile, das wir gesegnet haben. Wir
wußten über alles Bescheid.“457 Daraus verstehen wir, dass, sei es eine Brise oder
ein Sturm, alle Winde, ob aus dem Osten, dem Süden, dem Westen oder dem Nor-
den, unter der Befehlsgewalt des Sulaymān standen. Wir wissen auch, dass die
Winde die Wolken bewegen und Wolken Regen bringen. Dieser Regen nährt den
Erdboden und lässt die Vegetation gedeihen und versorgt die Lebewesen. Allāh
- Erhaben und Makellos ist Er – hat diese Kraft dem Propheten Sulaymān gege-
ben. Im Lichte dieser Tatsache und dem falschen Verständnis von Ilāh, müsste
man Sayyidunā Sulaymān als ilāh anerkennen! Allāh bewahre!
Im Qurʾān heißt es, dass Sayyidunā Yūsuf sich um das Wohlergehen seines
Vaters sorgte und seine Brüder fragte, wie es ihrem Vater gehe. Sayyidunā Yaʿqūb,
ebenfalls ein Prophet, hatte so sehr geweint nach dem Verlust Yūsufs, dass er
blind geworden war. Sayyidunā Yūsuf – Friede sei auf ihm! – sprach zu seinen
Brüdern: „Nehmt dieses mein Hemd mit und legt es meinem Vater auf das Gesicht,
dann kann er (wieder) sehen!“458 Über den Propheten Ayyūb heißt es: „Stampfe
mit deinem Fuß (auf die Erde)! Das (was du dann vor dir siehst) ist ein kühles
Bad (, das dir Heilung bringen wird) und ein (labender) Trunk.“459, und der Pro-
phet ʿĪsā sagte: „Und ich werde mit Allahs Erlaubnis Blinde und Aussätzige hei-
len und Tote (wieder) lebendig machen.“460 Der Prophet ʿĪsā schreibt sich selbst
die Heilung und das Wiederbeleben der Toten zu. Sind dies nicht die Eigenschaf-
ten des Allmächtigen Gottes, wie es uns der Qurʾān erklärt?
„Und wenn ich krank bin, ist Er es, Der mich heilt…“461, und: „Er hat die Herr-
schaft über Himmel und Erde. Er macht lebendig und läßt sterben und hat zu al-
lem die Macht.“462
Dennoch verstehen wir aus den obigen Qurʾānversen, dass Allāh - Erhaben
und Makellos ist Er – besondere Diener erwählte und segnete, sodass sie mit ih-
rer Kraft und Macht die Kranken heilen und die Toten beleben können.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Vergiss nicht, dass Sayyidunā Ibrāhīm gemäß des Qurʾān mit einem Ruf die
vier toten Vögel belebte wie es uns Allāh im Qurʾān berichtet: „Dann ruf sie, wor-
auf sie (eilends) zu dir gelaufen kommen!“463
Trotz all dieser Fähigkeiten und Segnungen, bleiben die Diener Allāhs die Die-
ner Allāhs und Allāh bleibt Allāh. Ein Diener kann niemals auch nur einen Fun-
ken Anteil an Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – haben und auch ihm nicht
gleichgestellt werden. Seine göttliche Macht wird sich immer durch die Körper
seiner geliebten Diener manifestieren. Aus der obigen Erläuterung können wir
verstehen, dass Sayyidunā ʿĪsā, Yūsuf, Ayyub und Sulaymān keine Götter sind
oder wurden. Sie sind und bleiben für immer die geliebten Diener Allāhs - Erha-
ben und Makellos ist Er.
Der Qurʾān teilt uns auch mit, dass Sayyidunā Jibrīl – Friede auf ihm! – zu
Sayyida Maryam kam, als sie sich für ein Bad an einem versteckten Ort vorbe-
reitete. Als er in menschlicher Form vor ihr erschien, erschrak sie. Der Engel
kam zu ihr und sagte: „Ich bin doch der Gesandte deines Herrn um dir einen laute-
ren Jungen zu schenken.“464 Doch wie ist das möglich, wenn doch nur Allāh der-
jenige ist, der Kinder gewährt und gibt? Begeht der Engel Schirk, wenn er sagt,
er ist gekommen um ihr ein Kind zu geben? Widerspricht sich der Qurʾān etwa?
Sicherlich nicht! Allāh gebietet im Qurʾān: „Er schafft, was er will, indem er nach
Belieben dem einen weibliche und dem andern männliche (Nachkommen) schenkt,
oder Er gibt beide, Knaben und Mädchen, und Er macht unfruchtbar, wen Er will; Er
ist Allwissend, Allmächtig.“465 Der Qurʾān benutzt hier das gleiche Wort für Allāh
‚yahabu‘, wie vorher bei Sayyidunā Jibrīl. Auch dort heißt es yahabu, was bedeu-
tet: geben. Die Bedeutung ist die gleiche, doch Allāh wird nicht Jibrīl, und Jibrīl
ist nicht Allāh. Wenn wir also annehmen, dass das Geben eines Kindes Göttlich-
keit erfordert, müssen wir annehmen, dass Jibrīl ein ilāh ist, Allāh bewahre!
Der Qurʾān teilt uns mit, dass Sayyidunā Sulaymān einmal mit seiner Ar-
mee marschierte, und sein Weg einen Ameisenbau kreuzte. Eine Ameise rief zu
den anderen: „Ihr Ameisen! Geht in eure Wohnungen hinein, damit Salomo und seine
Truppen euch nicht zermalmen, ohne es zu merken!“466 Sayyidunā Sulaymān nahm
diese Worte wahr und lächelte. Der Qurʾān sagt: „Da lächelte er (Sulaymān) hei-
ter über ihre Worte.“467
Die Gelehrten der Qurʾānerläuterung sagen, dass Sayyidunā Sulaymān die
Worte der Ameise aus drei Meilen Entfernung wahrnahm. Stellen wir uns einmal
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vor, wie laut die Rede einer Ameise ist, wenn wir sie an unser Ohr bringen. Nicht
einmal dann könnten wir dies hören, doch der Prophet Allāhs hörte diese Worte
aus einer Entfernung von drei Meilen! In dieser Epoche der Wissenschaften und
Technik, gibt es kein Instrument, dass uns die Fähigkeit gibt die Stimme oder Spra-
che der Ameisen wahrzunehmen. Wenn also Göttlichkeit darauf basiert, ohne ir-
gendein Instrument von weitem zu hören, dann müssen wir Sulaymān, Allāh be-
wahre, als Gott erachten!
An anderer Stelle im Qurʾān berichtet uns Allāh, dass Sayyidunā Yūsuf von
Zulaikhā in einen geheimen Raum geführt wurde, welcher durch sieben Tore ging
und ineinander lag. Sie schloss alle Türen ab und versuchte den Propheten zu ver-
führen. Dies geschah in Ägypten, doch sein Vater Sayyidunā Yaʿqūb erschien vor
ihm und half ihm aus dieser Situation. Der Qurʾān sagt darüber: „Und sie begehrte
ihn, (und) auch er hätte sie begehrt, wenn er nicht ein deutliches Zeichen von seinem
Herrn gesehen hätte.“468 Was war dieses deutliche Zeichen, welches ihn davor be-
wahrte? Das Zeichen war sein Vater, der vor ihm erschien und ihn von Zulaikhā
abbrachte. Achte auf das Wort im Qurʾān: ‚rāyaʾ‘, welches sehen bedeutet. Es be-
zieht sich nicht auf ein Zeichen, das er vernahm oder spürte, sondern das er sah.
Dieses Zeichen war sein Vater, den er plötzlich sah. Welche Kraft hatte entwe-
der Sayyidunā Yaʿqūb, dass er seinem Sohn zur Hilfe eilen konnte in einer solch
schwierigen Situation in einem fernen Land, in einem besonders geheimen ab-
gesperrten Ort hinter dicken Mauern in der Finsternis der Nacht, oder welche
Kraft hatte Sayyidunā Yūsuf, dass er von einem solchen Ort seinen Vater erblic-
ken konnte?469 Der Qurʾān berichtet uns auch: „Als die Karawane (von Ägypten) auf-
brach, sagte ihr Vater: „Ich nahm wahrhaftig den Geruch von Yūsuf wahr! Wenn ihr
nur nicht behaupten würdet, ich rede dummes Zeug!““470 Wenn wir die Entfernung
zwischen ihnen berechnen und dann bedenken, welchen Geruchssinn Sayyidunā
Yaʿqūb hatte, dass er das Hemd seines Sohnes riechen konnte, und den Rest be-
denken, müssen wir sagen, dass, wenn Göttlichkeit darauf beruht, weite Entfer-
nungen zu hören und zu sehen, wir dem Propheten Yaʿqūb Göttlichkeit zuschrei-
ben müssen, Allāh bewahre!
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darstellt [Quelle des Lebens etc.]. Wir erwähnten dies schon in der Erläuterung
eines anderen Verses. Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – sprach: „Ich
übernachte bei meinem Herrn. Er ist es, der mich nährt und tränkt“, deswegen
sehen wir, dass derjenige, der über die Zustände der unsichtbaren Welt Wissen
trägt, jemand ist, dessen Herzenskraft stark ist, und der darin keinerlei Schwä-
che hat. Deswegen sagt ʿAlī b. Abī Ṭālib: „Ich schwöre bei Allah, ich habe die Tore
Khaibars nicht mit körperlicher, sondern mit einer Kraft durch meinen Herrn aus-
gerissen“. Dies ist so, weil Sayyiduna ʿAlī - möge Allāh mit ihm zufrieden sein -
seine Blicke in dem Moment von dieser weltlichen Sphäre trennte, und die Engel
ihn mit dem Licht der Welt der Größe bestrahlten. So stärkte sich seine Seele und
glich dem Wesen der engelsgleichen Seelen. In ihm reflektierten sich die Lichter
der Heiligkeit und Ehrfurcht. So vollbrachte er etwas, was andere nicht vollbrin-
gen konnten. Ähnlich ist es auch mit anderen Dienern, denn solange diese in ih-
rem Dienst an Allah fortfahren, wird Allah sie auf die Stufe des ‚Ich werde sein
Ohr, sein Auge‘ erheben. Wenn das Licht Allahs sein Ohr wird, hört er das Ferne
und das Nahe. Wenn er sein Auge wird, dann sieht er das Nahe und das Ferne.
Wenn dieses Licht seine Hand wird, wird das Schwere leicht, das Ferne nah, und
er wird die Wirkungskraft/Einfluss [al-tasarruf] in allen Bereichen besitzen.“
Wenn Göttlichkeit darauf beruht, dass man an mehreren Orten gleichzeitig
ist, dann müssten wir nicht einen, sondern mehrere tausend Götter akzeptieren,
Allāh bewahre! Als der Prophet Sulaymān über den Thron der Königin Balqīs er-
fuhr, fragte er, wer ihm den Thron bringen könne. Den Berichten nach, befand
sich König Sulaymān in Palästina und Königin Balqīs in Jemen. Der Qurʾān berich-
tet uns: „Er (Sulaymān) sagte: „Ihr Vornehmen! Wer von euch bringt mir den Thron
der Königin, noch ehe sie als Muslime zu mir kommen? Einer von den Dschinn, ein
ʿIfrīt, sagte: „Ich werde ihn dir bringen, noch ehe du dich von deinem Platz erhebst.
Ich habe die Macht dazu und bin zuverlässig.“ Derjenige, der Wissen aus der Schrift
(gemäß Ibn ʿAbbās der Wazir des Sulaymān, ʿAsāf b. Barkhiyya) besaß, sagte: „Ich
werde ihn dir in einem Augenblick bringen.“471
Bedenke, dass ʿAsāf weder zu der Stadt ging, noch sie gesehen hatte, und auch
den Thron von Balqīs nie gesehen hatte. Dennoch befand er sich in Palästina und
im Augenblick brachte er einen schweren und großen Thron aus Jemen nach Palä-
stina. Dies ist die Kraft eines Walī der Kinder Isrāʾīls. Der Qurʾān sagt: „Der Engel
des Todes, der über euch eingesetzt ist, wird euch (, wenn eure Frist abgelaufen
ist) abberufen.“472, und: „Diejenigen, die von den Engeln abberufen werden…“473
Mit den Engeln hier sind die Helfer des Todesengels gemeint. Stell dir vor wie be-
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schäftigt diese Engel sind, die Millionen Seelen von den Geschöpfen nehmen und
ihnen den Tod bringen zu verschiedenen Zeiten. Sie vollziehen ihre Aufgabe mit
unglaublicher Genauigkeit und ohne darin Fehler zu machen. Sie beobachten die
Menschen und folgen ihnen und nehmen ihnen ihre Seelen, wenn die Zeit gekom-
men ist. „Satan und seine Sippschaft sehen euch, wobei ihr sie nicht seht.“474 Satan
ist fähig uns zu sehen, während wir diese Fähigkeit nicht haben. Der Teufel hat
sogar eine solche Kraft, dass er zur gleichen Zeit an verschiedenen Orten und
bei verschiedenen Menschen ist. Sie kennen sogar die Absichten der Menschen.
Seh auf den Mond, auf die Sonne und die Sterne. Sie sehen die gesamte Welt
und ihre Strahlen reichen überall hin. Bedenke den Sauerstoff, der sich überall
zur gleichen Zeit befindet. Wenn Göttlichkeit also Allgegenwärtigkeit wäre oder
an verschiedenen Orten gleichzeitig zu sein, dann müssten wir all diesen Dingen
Göttlichkeit zuschreiben, Allāh bewahre!
Göttlichkeit basiert auch nicht darauf, dass man die Bedürfnisse erfüllt und
Hilfe leistet, wenn man gerufen wird. Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – seg-
nete seine geliebten Diener mit diesen Eigenschaften. Als Sayyida Maryam große
Qualen litt, war sie alleine. Sie hatte niemanden bei sich, der ihr helfen konnte,
und diese Qualen waren etwas ganz Neues für sie. Sie hatte große Angst und
rief: „O wäre ich doch zuvor gestorben und wäre ganz und gar vergessen!“ Ihr
Schmerzensruf zog die Barmherzigkeit Allāhs auf sie und der Erhabene sprach:
„Sei nicht traurig! Dein Herr hat unter dir ein Rinnsal (voll Wasser) gemacht.“475
Aus diesen Worten verstehen wir, dass unter ihren Füßen Wasser herausschoss.
Dies gleicht dem Vorfall des Zamzam, der unter den Füßen des Sayyidunā Ismāʿīl
hervorströmte.
Der Qurʾān teilt uns weiterhin mit: „Und schüttle den Stamm der Palme (,
indem du ihn) an dich (ziehst)! Dann lässt sie saftige, frische Datteln auf dich
herunterfallen.“476
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – sorgte für Sayyida Maryam, indem er
ihr befahl, die Datteln zu essen und das Wasser zu trinken, sodass ihr Kummer
und ihre Sorge von ihr wichen. Es ist offensichtlich, dass ihr Schmerz, ihre Qual
und ihre Angst durch ein paar Datteln und Wasser verschwanden, die durch ih-
ren gesegneten Fuß und ihre gesegnete Hand hervorgekommen waren, da Allāh
ihr befohlen hat, mit ihren Händen die Palme zu schütteln und unter ihren Fü-
ßen dies hervorbrachte.
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Allāh der Allerhabene informiert uns hier, dass er durch die Hände und Füße
seiner Freunde Unglaubliches bewirkt. Diese Kräfte sind solche, dass eine ausge-
dürrte Dattelpalme wieder sprießt und Datteln abwirft, welche Schmerzen lin-
dern und Angst nehmen. Wenn dies so ist, wieso sollten dann die Freunde Got-
tes nicht Visionen in die vertrockneten und gestorbenen Herzen werfen können,
damit sie gefüllt werden mit Īmān und direkter Erkenntnis Gottes (maʿrifa)? Wa-
rum können die geliebten Diener Allāhs nicht in Zeiten der Not helfen und Pro-
bleme lösen? Nur die Unwissenden sind es, welche die göttlichen Gnadengaben
für die Freunde Gottes ablehnen.
Der Qurʾān teilt uns das Geschehen mit dem Pharao mit. Als der Tag der Ver-
nichtung des Pharaos kam, erschien Gabriel auf einem Pferd. Wo die Hufen des
Pferdes des Engels Gabriel liefen, spross grünes Gras hervor – und dies in einer
ausgedürrten Wüste. Sāmirī sah dieses unglaubliche Wunder und hob Einiges
von dem Sand auf, welches die Hufen des Pferdes berührt hatten. Er bewahrte
diesen Sand auf und wartete auf die rechte Zeit. Als dann der Prophet Moses auf
den Berg stieg, um die Thora zu erhalten, verzögerte sich seine Rückkehr. Sāmirī
goss ein goldenes Kalb und er legte den Sand in den Mund des Kalbes. Das gol-
dene Kalb kam zum Leben und fing das Blöken an. Die Israeliten sahen dies und
beteten das Kalb an. Dies ist, was der Qurʾān uns über die Worte Sāmiris berich-
tet: „Er sagte: „Ich habe (etwas) bemerkt, was die anderen nicht bemerkt haben.
Und da faßte ich eine Handvoll (Erde) von der Spur des Gesandten und warf sie
hin. So habe ich selber es mir eingeredet.“477 Dieser Vers lehrt uns, dass die Re-
likte seiner geliebten Diener toten Dingen Leben verleihen können. Dieser Sand
gab einem goldenen Kalb Leben, obwohl er nicht einmal den Körper Gabriels be-
rührt hatte, sondern nur die Hufen des Pferdes. Wie sieht es dann mit dem Sand
Madinas aus, der die Ehre hatte von den Füßen Muḥammads berührt zu werden?
Wenn Göttlichkeit also an Heilung oder das Aufheben von Missständen ist,
müssen wir Sayyida Maryam und Gabriel als Götter bezeichnen, ja, wir müssen
sogar die Medikamente der Ärzte als Götter bezeichnen. Möge Allāh uns vor sol-
chem bewahren!
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Vers heißt es: „Allah ist auf niemanden in der Welten Schöpfung angewiesen.“480
„Ihr Menschen! Ihr seid es, die arm und auf Allah angewiesen sind. Allah aber ist
es, der auf keinen angewiesen und des Lobes würdig ist.“481 „Alles Lob gebührt
Allah, Der Sich keinen Sohn genommen hat und niemanden in der Herrschaft ne-
ben Sich noch sonst einen Gehilfen aus Ohnmacht hat.“482 „Haben sie denn nicht
gesehen, daß Allah, der Himmel und Erde geschaffen hat, ohne daß es ihm zu-
viel geworden wäre, (auch) fähig ist, die Toten (wieder) lebendig zu machen?“483
Dies sind die Faktoren, die den Diener vom Gott trennen und unterscheiden. So-
mit bleibt ein Diener immer ein Diener, und Gott bleibt immer Gott.
Der Qurʾān teilt uns mit, dass Allāh der Sehende und Hörende ist, und Allāh
sagt auch über den Menschen, dass dieser sehend und hörend ist. Allāh ist leben-
dig, und die Menschen sind es auch. Diese scheinbaren Ähnlichkeiten zu Gott än-
dern nichts daran, dass Gott Er bleibt, und der Diener der Diener ist, denn Gott
hat diese Eigenschaften vollkommen, unabhängig und durch sich selbst, wäh-
rend der Mensch vollkommen Seiner bedarf und von Ihm vollständig abhängig
ist. Allāh gab das Sehen, Hören und das Leben dem Menschen, doch nur weil Er
es beim Menschen hält und ihm nicht entreißt, ist der Mensch fähig dies zu tun
– und diese Eigenschaften des Menschen sind abhängig von Organen und äuße-
ren Faktoren, doch Gott ist erhaben über all dies.
Zweifellos ist Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - derjenige, der die Ei-
genschaft besitzt den Rufenden zu Helfen, Hilfe zu leisten, Wünsche zu erfül-
len, Kinder zu geben, Kranke zu heilen und viele andere Dinge dieser Art zu tun,
und seine Taten sind endlos. Er - Erhaben und Makellos ist Er – hat seinen ge-
liebten Dienern einige dieser Sachen erlaubt, und die Beweise wurden im vor-
herigen Kapitel erbracht. Trotz all dieser Segnungen und Ehrungen, bleibt Allāh
der vollkommen Erhabene und einzige, unabhängige Schöpfer während seine er-
wählten Diener vollkommen Seiner bedürfen und von Ihm abhängig sind. Diese
Eigenschaften zeigen sich in Seinen geehrten Dienern, doch sind dies nicht die
Kräfte Seiner Diener, sondern die Kraft Allāhs wirkt durch diese Menschen. Sie
werden die Spiegel, in denen sich die Eigenschaften Allāhs zeigen. Die Eigenschaf-
ten Allāhs sind seine wesenhaften Kräfte und sie sind ewig, existierten seit je-
her und werden auch auf ewig existieren. Die Eigenschaften Seiner Diener jedoch
sind keine wesenhaften Eigenschaften, sondern sind Segnungen und Ehrungen
von Seiten Allāhs. Wie kann es einen Vergleich zwischen dem Unabhängigem und
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dem Abhängigen geben? Diese Eigenschaft ist der fundamentale Unterschied zwi-
schen Dienerschaft und Gottheit.
Sehen wir uns nun die Definition von Muḥammad b. ‘Abdulwahhab an: „So
gesagt ist der Ausdruck: „Es gibt keinen Gott“, die Ablehnung von allem, was
man neben Allah anbetet, während die Aussage: „außer Allah“ die Bestätigung
ist, dass man Allah alleine ohne Teilhaber anbetet, genauso wie Er keinen Teil-
haber in der Herrschaft hat.“484
Auf die Probleme dieser Definition sollte der Leser nun selbst kommen, und
wir erwähnten einige schon im vorherigen Kapitel.
Am Anfang definierte Muḥammad b. ‘Abdulwahhab den Tawḥīd, oder das
Glaubensbekenntnis neu, sodass er auf diesem Weg die Beschuldigung von Un-
glauben und Götzenkult anwenden konnte. Als dies geschehen war, konnte er
den Rest seines Glaubens darauf aufbauen. Ohne diese anfängliche Hypothese
der Bedeutungen, die er anwandte, wären die Argumente, der Glaube und die
Schlussfolgerungen Muḥammads und seiner Sekte unverständlich. Deshalb ist es
so, dass bei einer Diskussion mit dieser oder jeder anderen Sekte die Definitio-
nen der Fachwörter essentiell wichtig sind, damit man nicht aneinander vorbei-
redet, während man denkt, dass man eigentlich mit dem einen Wort das Gleiche
meint. Es muss erst geklärt werden, damit beide Gruppen über ein- und dasselbe
Thema reden. Was die Sunniten unter Gott/Ilāh verstehen, wurde nun erklärt.
Auf Argumente dagegen gehen wir im nächsten Kapitel weiter ein.
Wichtig ist auch die Definition von Tawḥīd, denn auch hier wurden neue De-
finitionen, den Altvorderen unbekannt, eingeführt:
Imām Abū Ḥanīfa - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – und seine Studen-
ten, die seine Worte aufzeichneten, sagten:
„Die Grundlage des Tawḥīd und, woran man glauben muss:
Man muss sagen: „Ich verinnerliche Īmān an Allāh, seinen Engeln und seinen
Büchern, an die Gesandten und die Auferstehung nach dem Tode. Die Bestimmung
(Qadr), sei sie gut oder schlecht, ist von Allāh - Erhaben und Makellos ist Er. Die
Abrechnung, die Waage (Al-Mīzān), das Paradies und die Hölle, all das ist wahr.
Allāh ist Eins, (aber) nicht in einem numerischen Sinne, sondern in dem Sinne,
dass Er keinen Teilhaber hat. Sprich: «Er ist Allāh, der Einzige; (1) Allāh, der Un-
abhängige und von allen Angeflehte. (2) Er zeugt nicht und ward nicht gezeugt;
(3) Und keiner ist Ihm gleich. (4)»
Er ähnelt nichts von Seiner Schöpfung und keines Seiner Geschöpfe ähnelt
Ihm. Er war und ist Urewig samt seiner Namen und Attribute des Wesens und
484 Al-Usul al-Thalathah wa Adillatuha, S. 13-14.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
seines Tuns. Die Attribute des Wesens sind: Das Leben, die Macht, das Wissen,
die Rede, das Gehör, das Sehen und der Wille. Die Attribute des Tuns sind: Das
Erschaffen, das Verteilen der Versorgung, die Erschaffung aus dem Nichts, die
Gestaltung und das Kreieren sowie andere Attribute des Tuns.
Er war und ist (ewig) mit Seinen Namen und Attributen. Er hat für SICH
SELBST keinen Namen und kein Attribut geschaffen. Er war seit der Urewigkeit
wissend durch sein Wissen und sein Wissen ist ein urewiges Attribut. Er war seit
der Urewigkeit mächtig durch Seine Macht und Seine Macht ist ein urewiges At-
tribut. Er war redend mit Seiner Rede und das Reden ist ein urewiges Attribut.
Er war Schöpfer durch Seine Schöpfungsfähigkeit und die Schöpfungsfähigkeit
ist ein urewiges Attribut. Er war handelnd durch Sein Handeln und Sein Handeln
ist ein urewiges Attribut. Der Handelnde ist Allāh, erhaben ist Er und das Han-
deln ist ein urewiges Attribut.
Das Ergebnis der Handlung ist geschaffen, der Akt des Handelns aber ist un-
erschaffen. Seine Attribute in der Urewigkeit sind keine Akzidenzen und nicht ge-
schaffen. Wer sagt, dass Seine Attribute Akzidenzen sind oder, dass sie geschaf-
fen sind oder, wer keine Stellung dazu einnimmt oder Zweifel hat, der ist ein Kafir
an Allāh - Erhaben und Makellos ist Er.“485
Imām Ibn Manẓūr sagt in seinem verlässlichen Buch über die arabische Spra-
che: „Tawḥīd ist der Glaube an Allah, allein und einzig nur an Ihn, ohne Ihm Part-
ner zuzuschreiben. Er ist der Besitzer der Einzigartigkeit und Einheit. Ibn Sayyidu
sagte, dass Allāh einer und einzigartig ist, der Besitzer der Einheit. Einige sei-
ner Eigenschaften schließen Einheit und das Eins-Sein mit ein. Abū Manṣūr und
andere erwähnten, Sein Name al-Aḥad, der Eine, baut auf dem Prinzip auf, dass
Er frei ist von einer Anzahl, genauso als würde jemand sagen: „Niemand kam zu
mir.“ Al-Wāḥid, der Einzige, baut auf der Einheit mit Ihm auf, so als würde man
sagen: „Keiner von den Menschen kam zu mir.“ Al-Wāḥid ist einzigartig in Sei-
ner Essenz, ohne Gleichnis oder Gleichwertiges, doch Al-Aḥad ist es in Bezug auf
die Bedeutung.“486
Muḥammad b. ‘Abdulwahhab sagte: „Tawḥīd besitzt drei Kategorien: Tawḥīd
al-Rububiyya, Tawḥīd al-ʿIbāda und Tawḥīd al-Asma wa al-Ṣifat.“487
Von Anfang an erwähnte er den Tawḥīd des Herrseins (Rububiyya), der Anbe-
tung und Göttlichkeit (ʿIbāda/Uluhiyya) und der Namen und Attribute (Asma wa
al-Ṣifat), doch was ist der Unterschied zwischen den ersten beiden? Muhammad
wurde diese Frage gestellt und er antwortete: „Der Tawḥīd al-Rububiyya ist die
485 Al-Fiqh al-Akbar
486 Lisan ul-‘Arab, Band 3, S. 551 – 552
487 Kaschf asch-Schuhubat fit Tawhid war-Risalat ul-Mufidah, S. 33-34
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Handlung des Herrn, dass er die Macht hat über die Schöpfung, über Leben und
Tod bestimmt, den Regen sendet, die Pflanzen wachsen lässt und alle Dinge fest-
legt. Der Tawḥīd der Göttlichkeit ist das, was du tust, oh Sklave. Diese Dinge be-
inhalten Anbetung, Furcht, Hoffnung, Vertrauen, Ergebenheit, Reue, Ehrfurcht,
Angst, Schwur, Fürsprache und andere dieser Dinge, welche von der Anbetung
kommen.“488
Dem Leser wird klar, dass dies eine absolut neue Definition von Tawḥīd ist,
welche man bei keinem der früheren Gelehrten vorfinden kann, außer bei Ibn
Taymiyya und späteren Gelehrten, welche aber diese Definition des Tawḥīd nicht
benutzten, um die Behauptungen Muḥammads aufzustellen – nämlich, dass der
Glaube an einen Teil möglich sei, ohne den Glauben in die anderen beiden in sich
zu tragen.
Die nächste Definition betrifft das Glaubensbekenntnis selbst: „Lā ilāha illa
Allāh“, dessen Übersetzung: „Kein Gott außer Allāh“ ist. Wie verstand Muḥammad
b. ‘Abdulwahhab und seine Organisation dieses Bekenntnis? In seiner Definition
dieses Bekenntnisses sagt er: „Wenn man dich fragt, was der feste Griff ist, dann
sollst du sagen, dass es Lā ilāha ill Allāh ist. Die Bedeutung von Lā ilāha ill Allāh
ist zweierlei. Eines ist die Aussage: „Lā ilāha“, es gibt keinen Gott, welches die Ab-
lehnung ist und das andere ist „ill Allāh“, nur Allah, welches die Bestätigung ist.
Wenn du gefragt wirst, was du denn ablehnst und, was du bestätigst, dann sollst
du sagen, dass du alles ablehnst, was man neben Allah anbetet, und du nur die
Anbetung Allahs bestätigst, ohne ihm in der Anbetung Teilhaber beizugesellen.“489
Dies ist aber nicht das Verständnis der ersten drei Generationen, die uns
den Ausdruck ‚Tawḥīd‘ erklärten, welches ein Synonym für „Lā ilāha ill Allāh“
ist. Als die Worte des Tawḥīd erwähnt wurden, wurde es als eine einzige Sache
erklärt, aber viele Dinge wurden unter diesem Punkt zusammengefasst. Imām
Abū Ḥanīfa (gest. 150), Abū Yūsuf (gest. 182), und Muḥammad b. ʿAlī Ḥassān al-
Schaybānī (gest. 189), möge Allah mit ihnen wohlgefällig sein, sagten alle in Be-
zug auf Allāh in der zweiten Generation:
„Wir sagen bezüglich der Einheit Allahs –, wobei wir aufgrund der Gnade Al-
lahs fester Glaubensüberzeugung sind: ‚Wahrlich, Allah ist Einer, Er hat keinen
Partner, es gibt nichts, das mit Ihm vergleichbar wäre, nichts, das Ihn überwäl-
tigen kann und es gibt keine Gottheit außer Ihm.‘“490
Der Meister des dritten Jahrhunderts, Imām Aḥmad b. Ḥanbal (gest. 241),
möge Allah seiner wohlgefällig sein, sagte: „Wahrlich, Allah ist Einer, einzigartig,
488 Majmu’at ut-Tawhid: Al-Adillatu ‘an it-Tawhid, S.55 – 56
489 Ibid.
490 Aqidah al-Tahawiyya
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ohne eine Anzahl für Ihn (nicht im nummerischen Sinne). Es ist weder möglich,
anzunehmen, dass Er aufgeteilt werden könnte, noch daran zu glauben, dass Er
aus Teilen besteht. Er ist Einer und einzigartig in jeder erdenklichen Hinsicht und,
was auch immer neben Ihm existiert, ist nicht vergleichbar mit Ihm außer in Be-
zeichnungen. Er wird mit dem beschrieben, was im offenbarten Gesetz kam und,
was mit Konsens beschlossen wurde.“491
Ebenfalls wissen wir, was mit der Aussage Lā ilāha ill Allāh gemeint ist, wenn
wir uns ansehen, was Ibn ʿAbbās - möge Allāh mit ihm zufrieden sein - (gest. 68)
diesbezüglich sagte: „Es gibt keinen, der einem Schaden zufügt, Nutzen gibt, ver-
hindert, segnet oder die Quelle von Macht oder Erniedrigung ist, außer Allah. Es
wird auch gesagt: „Du sollst wissen, dass es nichts in seiner Achtung und Wert-
schätzung gibt, wie die Achtung und Wertschätzung des Lā ilāha ill Allāh.“492
Imām al-Baghawī (gest. 516), möge sich Allāh seiner erbarmen, schreibt:
„Abū al-ʿĀliyya und Sufyān b. ‘Uyaina sagten: ‚Diese Aussage ist verbunden mit
der Aussage vorher, was bedeutet, dass, wenn die Stunde kommt, du dann wis-
sen sollst, dass es keine Zuflucht oder keinen Schutz oder keine Furcht gibt, außer
bei und vor Allah in dem Moment, in dem die Stunde schlägt.‘ Es wird auch ge-
sagt: ‚Du sollst wissen, dass es keinen Gott außer Allāh gibt‘, was bedeutet, dass
das Königreich und die Ordnung vernichtet wird beim Eintreffen der Stunde, so-
dass es keine Herrschaft und kein Königreich mehr außer jenes von Allāh gibt.‘493
Imam Ibn ʿAṭiyya (gest. 541) sagte: „Es ist vorgeschrieben, dass es keinen
Gott außer Allāh gibt, was bedeutet, dass es keinen Gott gibt, der außer Ihm exi-
stiert und angebetet wird.“494
Das Wort ʿIbāda wird als ‚Anbetung‘ übersetzt und bedeutet: „Gehorsam mit
Demut“, wie es in den Wörterbüchern al-Miṣbāḥ al-Munīr, al-Nihāya fī Gharīb al-
Ḥadīth und al-Qāmūs al-Muḥīṭ heißt. Doch natürlich bedeutet demütiger Gehor-
sam nicht gleich Anbetung. Um die Bedeutung wirklicher Anbetung zu erreichen,
müssen wir sagen: „die extremste Form der Demut, die nur jemand von höhe-
rem Status verdient“, welches die Definition von al-Iṣbahānī in seinem Mufradāt
al-Qurʾān ist.
Was ist die extreme Form der Demut, die eine Anbetung darstellt? Es ist nicht
einfach nur die extreme physikalische Tat der Demut, welches die Niederwerfung
ist. Dies muss so sein, denn ansonsten würden wir sagen müssen, dass die Engel
Adam anbeteten und die Brüder Yūsufs den Propheten Yūsuf anbeteten, als sie
491 ʿItiqad, S. 101 – 102
492 Tafsīr Ibn ʿAbbās, S. 538 – 539
493 Lubab, S. 1196
494 Al-Muharrir ul-Wajiz fi Tafsir il-Qur’an il-‘Aziz, S. 228 – 229
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
sich vor ihm niederwarfen. Das heißt also, diese extreme Form der Demütigung
wird eine Anbetung, wenn etwas im Herzen enthalten ist.
Was ist diese Handlung des Herzens? Es kann nur der Glaube sein, dass der-
jenige, vor dem man sich demütigt, die Eigenschaft einer Gottheit besitzt, wie
z.B. die Macht unabhängig Einfluss zu nehmen. Dies ist das demütigste Gefühl,
welches ein Herz haben kann und wahrhaftige Demut kann ohne dies nicht zu-
stande kommen.
Darauf basierend können wir ʿIbāda als folgendes definieren: Die extremste
Form der Demut mit dem glauben, dass derjenige, vor dem man sich demütigt,
eine Eigenschaft der Gottheit hat.
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – gebietet im Qurʾān: „Und unter den
Menschen sind solche, die sich anstelle von Allāh etwas als Ebenbürtiges neh-
men. Sie empfinden für sie Liebe wie die Liebe zu Allāh. Die aber, die glauben,
lieben Allāh noch mehr.“495
Dieser Vers erklärt uns, was die Anbetung anderer als Allāh ist. Es bedeutet,
etwas Ihm ein wenig ebenbürtig anzusehen, wie die Götzendiener es taten, denn
sie erachteten ihre Götzen nicht als Allāh vollkommen ebenbürtig. Und zweitens
bedeutet es auch, dem Herz zu erlauben, dass Liebe zu anderen Dingen gleich der
Liebe zu Allāh wird. Wir sagen hier ‚erlauben‘, denn ein Mensch ist nur verant-
wortlich für das, was er kontrollieren kann.
Die al-Fātiḥa erklärend, sagt Ibn Jarīr al-Ṭabarī:
„Nur dich beten wir an, bedeutet: Dir, oh Allāh, ergeben wir uns vollkommen
demütig, für Dich akzeptieren wir Demütigung und Dir unterwerfen wir uns in
Gehorsam, indem wir bestätigen, dass Du allein der Erschaffer und Du allein der
Besitzer einer jeden Sache bist, und niemand anderes.“
Wie du sehen kannst, erachtet al-Ṭabarī die ʿibāda als einen Zusammen-
schluss des Glaubens und der Demut. Den Teil des Glaubens erklärt er als: „in-
dem wir bestätigen, dass Du allein der Erschaffer und Du allein der Besitzer ei-
ner jeden Sache bist, und niemand anderes“.
Der Prophetengefährte Ibn ʿAbbās - möge Allāh mit ihm zufrieden sein -
sagte, als er den Vers: „Und er gesellt Allah bei seiner Anbetung niemanden bei.“,
kommentierte: „So versucht der Anbeter nicht gesehen zu werden oder mischt
seine Anbetung des Herrn nicht mit der Anbetung anderer und es wird ebenfalls
gesagt, dass er seinen Gehorsam dem Herrn gegenüber nicht mit dem Gehorsam
anderen gegenüber vermischt.“496
495 2:165
496 Tafsīr Ibn ʿAbbās, S. 318
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Imam Ibn Manzur definiert ‘Ibada als: „ʿIbāda bedeutet sprachlich Gehor-
sam, zusammen mit vollkommener Ergebung und vollkommener Erniedrigung
seiner selbst.“497
Die Definition des Schirk:
Imām al-Sanūsī (gest. 895) sagt in Scharḥ al-Muqaddimāt, Seite 46:
„Es gibt sechs Arten des Schirk:
1. Schirk der Unabhängigkeit: Das bedeutet zu glauben, es gäbe zwei von-
einander unabhängige Götter, wie der Schirk der Feueranbeter (Persiens).
2. Schirk der Teilung: Das bedeutet, eine Gottheit aus mehreren Gottheiten
zusammenzustellen, wie der Schirk der Christen.
3. Schirk der ‚Annäherung‘: Das heißt, jemand anderen als Allāh anzubeten,
um (nach ihrer Ansicht) der Akzeptanz Allāhs näher zu kommen, wie der Schirk
der früheren Araber in der Zeit der Unwissenheit.
4. Schirk der Imitation: Das heißt, jemand anderen als Allāh anzubeten,
weil es andere tun wie es die spätere Generation der Araber in der Zeit der Un-
wissenheit tat.
5. Schirk der Kausalität: Das heißt zu glauben, dass normale Ursachen wahr-
haftige Wirkungen haben wie der Schirk der Philosophen und Naturwissenschaft-
ler und jenen, die ihnen folgen.
6. Schirk der Gründe: Das heißt, etwas (von Allāh Vorgeschriebenes) zu tun,
für das Wohlwollen eines anderen als Allāh (d.h. nur mit dem Ziel belohnt oder
gelobt zu werden von anderen als Allāh).“
Hier konzentriert sich Imām al-Sanūsī auf den Schirk zu glauben, dass ir-
gendjemand oder irgendetwas Anderes als Allāh wahrhaftige und wirkliche
Kraft hat, irgendwelche Geschehen zu beeinflussen, oder auf den Schirk jemand
anderen als Allāh anzubeten, weswegen auch immer. Genauso wie es Schirk ist
zu glauben, dass jemand eine Kraft wie die Kraft Allāhs hat, ist es auch Schirk zu
glauben, dass die Schöpfung eine Eigenschaft hat, die den Eigenschaften Allāhs
gleicht. Ein anderes Beispiel für Schirk ist der Schirk des Unglaubens in die Ge-
setze Allāhs (wie die Pflicht fünfmal zu beten, oder das Verbot des Weines), weil
man der Ansicht einer Person folgt wie bei den Priestern und Mönchen. Al-ʿIzz
b. ‘Abd al-Salām erwähnt dies in seinem al-Maqāṣid al-Scharīʿa. Man könnte all
dies in die Kategorien des as-Sanūsī unterordnen.
Letztlich geht alles auf ein Konzept zurück, nämlich zu glauben, irgendetwas
würde Allāh in irgendeiner Weise ähneln. So glauben jene, die glauben, dass Ursa-
chen im Alltag irgendwelche Wirkungen haben, dass jemand neben Allāh Macht
besitzt, während andere, die jemand anderen als Ihn anbeten, glauben, dass Er
Teilhaber in seiner Göttlichkeit hat.
497 Lisān, 3/334
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
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rufen sind deren Diener (der Propheten und Awliya) und somit Kāfir, nicht, weil
sie glauben, dass diese Götzen, Engel oder auch Jesus Herren (arbab) wären, son-
dern weil sie den Tawḥīd der Uluhiyya verließen, indem sie diese Götzen anbe-
teten. Das trifft auf diejenigen zu, die die Gräber aufsuchen, um Tawassul und
Istighātha durch die Awliyāʾ zu machen, d.h. Dinge von den Awliyāʾ zu verlangen,
die nur Allah, der Erhabene erschaffen kann.
Muḥammad b. ‘Abdulwahhāb sagte: „Ihr Kufr ist schlimmer als der Kufr der
Götzenanbeter”.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Götzendiener waren wegen dieses Glaubens Götzendiener und der Qurʾān hat
diesen Glauben in vielen Versen kritisiert. Gemäß des Qurʾān heißt es:
„Nie zeugte Er und nie wurde Er gezeugt, und nie ist Ihm jemand ebenbürtig.“502
„Lob sei Allah, der sich kein Kind zugelegt hat, und der keinen Teilhaber
an der Herrschaft hat, und keinen Freund (der ihn) vor Erniedrigung (schützen
müßte)!“503
„Und sie haben zwischen ihm und den Jinn eine verwandtschaftliche Bezie-
hung (nasab) hergestellt.“504
Es war der allgemeine Glaube der heidnischen Araber, dass ihre Götzen die
Diener Allāhs waren und, dass Allāh sie bräuchte. Sie dachten, nach der Schöp-
fung dieser Welt, wäre Allāh schwach und müde geworden und er habe keine
Kraft und Macht mehr, seine Angelegenheiten selbst zu lenken. Sie sagten, dass
alle Götzen und Gottheiten nun die Kontrolle übernommen haben und die An-
gelegenheiten der Welt lenken. Dieser Glaube ist Schirk, denn er stellt den Die-
ner mit Gott gleich und andersherum. Es gibt unzählige Verse, die diesen Glau-
ben widerlegen:
„Sahen sie etwa nicht, dass Allāh, Der die Himmel und die Erde erschuf und
wegen ihrer Schöpfung nicht müde wurde…“505
Ein solcher Glaube ist definitiv Schirk. Einige der Kuffār glaubten auch an
zwei Götter, den Gott des Guten und den Gott des Bösen. Sie nannten den einen
‚Yazdā‘ und den schlechten ‚Akhirmān‘. Sie erhoben einige der Anbeter dieser Göt-
zen auf solch hohe Stufen, dass auch sie als Götter erachtet wurden.
Oft behaupten die Wahhabiten auch, dass die Araber schon die Rufe des
‚Labbayk‘ während der Pilgerfahrt kannten und dort sagten, dass Allāh einer ist.
Diese Behauptung kommt von Muḥammad b. ʿAbd al-Wahhāb. Doch siehe was die
Muschrikūn sagten: „Gebiete oh Allāh, gebiete! Gebiete, du hast keinen Teilha-
ber außer einem einzigen Teilhaber! Er steht in deiner Gewalt! Du herrschst über
ihn und seinen Besitz!“506 Doch er war dennoch ein zweiter Gott nach Ansicht der
Götzendiener! Gepriesen sei Allāh! Kein Muslim glaubt so etwas! Die Götzendie-
ner wurden nicht nur wegen den behaupteten Dingen als Götzendiener bezeich-
net, sondern der fundamentale Grund war, dass sie aufgrund solcher Glaubens-
vorstellungen Kuffār waren.
502 112
503 17:111
504 37:158
505 46:33
506 Kitāb al-Asnām, Ibn al-Kalbī
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„Doch sie glauben nicht an den Gnädigen. Sprich: ‚Er ist mein Herr.‘ Sie (die Poly-
theisten) aber betrachten ihn nicht als ihren Herrn.…“511
Das Gleiche finden wir im Qurʾān an anderer Stelle, in der es heißt: „Was je-
doch mich betrifft – Allah ist mein Herr (Rabbī) allein, und nie will ich meinem
Herrn (Rabbī) etwas Anderes zur Seite stellen.“512 Allah spricht hier die Verleug-
ner seiner Göttlichkeit an. Und siehe, was die Polytheisten am Tage der Auferste-
hung sagen werden: „Bei Allah, wir waren in offenkundigem Irrtum, als wir euch
dem Herrn der Welten gleichsetzten.“513 Das heißt, wir (die Polytheisten) mach-
ten euch zu Herren, wie es klar aus dem Wortlaut hervorgeht und Allah sagt dar-
auf: „Und wenn zu ihnen (den Polytheisten) gesprochen wird: «Fallet nieder vor
dem Gnadenreichen», sagen sie: «Und was ist der Gnadenreiche?>>“514 Würde ein
Monotheist oder Bekenner der Göttlichkeit so etwas sagen?!
Zu betrachten ist hierzu auch die Aussage Allahs: „doch streiten sie über
Allāh“,515 sowie viele andere Stellen im Qurʾān, auf die wir hier nicht weiter ein-
gehen wollen, damit die Darlegung nicht zu lang wird.
Hier wird klar, dass diese Kuffar keinen Tawḥīd der Rububiyya hatten, wie
Ibn Taymiyya behauptete. Der Prophet Yūsuf hat die Polytheisten nicht zum
Tawḥīd von Rububiyya gerufen, denn es gibt bei dem Prophet Yūsuf nichts, das
Tawḥīd Al-Rububiyya bzw. Tawḥīd Al-Uluhiyya heißt. Wissen sie (Ibn Taymiyya
und die Anhänger Muḥammad b. ‘Abdulwahhābs) also mehr über den Tawḥīd als
Yūsuf – Friede sei auf ihm? Sollten sie ihm jetzt den Fehler vorwerfen, dass er
das Wort ‚Herr’ bzw. ‚Herren’ benutzte anstelle des Wortes ‚Gott’ bzw. ‚Götter’?!
Allah sagt auch im Urvertrag: „Und als dein Herr aus den Kindern Adams –
aus ihren Lenden – ihre Nachkommenschaft hervorbrachte und sie zu Zeugen
wider sich selbst machte (, indem Er sprach): «Bin Ich nicht euer Herr?», sagten
sie: «Doch, wir bezeugen es.» (Dies,) damit ihr nicht am Tage der Auferstehung
sprechet: Siehe, wir waren dessen unkundig.“516
Wäre das Bekenntnis der Rububiyya nicht ausreichend und hätten die Poly-
theisten tatsächlich den Tawḥīd der Rububiyya bestätigt, was ihnen laut Defini-
tion Ibn Taymiyyas dennoch nichts nützte, dann wäre es sinnlos (Allāh bewahre!),
dass Allah uns seine Rububiyya bezeugen ließe, und es wäre somit auch sinnlos,
dass die Kuffār sagen werden: „Siehe, wir waren dessen unkundig.“
511 13:30
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Laut ihrer (der Wahhabiten) Behauptung, hätte Allah den Wortlaut dieses Ver-
trages ändern sollen, sodass klar feststeht, dass die Kinder Adams den Tawḥīd von
Uluhiyya bezeugen sollten, da der Tawḥīd von Rububiyya nicht ausreichend ist.
Man könnte dies noch weiter ausführen. Es genügt jedoch, festzustellen, dass sie
Allahs Rububiyya bezeugten. Würden Rububiyya und Uluhiyya nicht zusammen-
gehören, so hätte Allah sie den Tawḥīd der Uluhiyya zusätzlich bezeugen lassen.
Allah sagt auch: „Er ist Gott im Himmel und Gott auf Erden, und Er ist der
Allweise, der Allwissende“,517 Er ist Gott auf Erden, auch wenn es in der Endzeit
niemanden geben wird, der Ihm dient. Wenn sie sagen, damit ist gemeint „Er ist
auf Erden angebetet“, d.h. die Anbetung gebührt ihm, dann sagen wir zu ihnen,
es gibt keinen Unterschied zwischen Herr (rabb) und Gott (ilāh), denn der Anbe-
tungswürdige ist der Herr und keiner außer Ihm. Und das Gespräch zwischen Mo-
ses und Pharao betraf nur die Rububiyya. Der Pharao sagte: „Ich bin euer höch-
ster Herr.“518 dann sagte er (Pharao): „Wenn du einen anderen Gott (ilāh) als mich
annimmst, so werde ich dich ganz gewiss ins Gefängnis werfen.“519 und wir brau-
chen nicht länger darüber zu diskutieren.
Was die Sunna betrifft, so wissen wir, dass uns die zwei Engel im Grab be-
fragen werden. Sie werden den Verstorbenen nach seinem Herrn (rabb) und nicht
nach seinem Gott (ilāh) befragen, denn sie unterscheiden nicht zwischen Rabb
(Herr) und Ilāh (Gott), denn sie sind keine Anhänger Ibn Taymiyyas und auch
keine Verwirrten. Aber nach den Vorstellungen der Wahhabiten sollten die zwei
Engel sagen: „Wer ist dein Gott?“ und nicht: „Wer ist dein Herr?“ oder sie hätten
ihn nach beiden gefragt.
Was den Vers: „Und wenn du sie fragst: „Wer schuf die Himmel und die Erde?“
– dann werden sie gewiss antworten: „Allāh“.“520 betrifft, so ist darauf zu ant-
worten: Diese Polytheisten sagen mit ihren Zungen Dinge, die nicht mit ihren
Herzen übereinstimmen, denn sie müssen diese Antwort geben, da die klaren
Beweise und Zeichen Allāhs vor ihnen lagen. Sie sagten, was nicht in ihren Her-
zen befestigt war und, was ihre Seelen nicht erreicht hatte. Der Beweis dafür ist,
dass sie ihre Aussage mit Dingen in Verbindung bringen, die ihre Lüge beweisen.
Sie schreiben den Nutzen und Schaden anderen außer Allah zu. Ein weiterer Be-
weis ist, dass sie Allah vernachlässigen und sie geben ihre Götzen sogar in Klei-
nigkeiten Vorrang. Falls du mehr dazu erfahren möchtest, dann lies, was sie zu
Prophet Hud sagten: „Wir können nur sagen, dass einige unserer Götter dich mit
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einem Übel heimgesucht haben…“521Wie kann Ibn Taymiyya behaupten, dass die
Polytheisten nicht glauben, dass die Götzen schaden oder Nutzen bringen kön-
nen. Und lies, was sie über Vieh und Getreide sagen: „Sie haben für Allah einen
Anteil ausgesetzt an den Feldfrüchten und dem Vieh, das Er wachsen ließ, und
sie sagen: «Das ist für Allah», wie sie meinen, «und das ist für unsere Teilhaber».
Aber was für ihre Teilhaber ist, das erreicht Allah nicht, während das, was für
Allah ist, ihre Teilhaber erreicht. Übel ist wie sie urteilen.“522
Sie haben ihren Götzen den Vorrang sogar in den kleinsten und minderwer-
tigsten Dingen gegeben.
Allah zeigte uns klar, was ihr Glaube bezüglich ihrer Götzen war, als Er sagt:
„… und Wir sehen nicht bei euch eure Fürsprecher, die ihr wähntet, sie seien
(Gottes) Gegensatz in euren Sachen.“523 Allah erwähnt, dass die Polytheisten glaub-
ten, ihre Götzen wären Allahs Gegenpart. Zu erwähnen ist die Geschichte mit Abū
Sufyān bei der Schlacht von ʿUḥud als er sagte: „ʿUlū Hubal!” (Erhöht bzw. Erhebt
Hubal) Der Prophet antwortete ihm: „Allah ist höher und erhabener!“ Betrachte
diese Aussage, dann sag mir, was für einen Tawḥīd von Rububiyya du erkennen
kannst?! Ibn Taymiyya sagt: „Ihr Tawhid von Rububiyya war der gleiche wie der
der Muslime, sie hatten aber keinen Tawhid von Uluhiyya!“
Ein noch klarerer Beweis ist die Aussage Allahs:
„Und schmähet nicht die, welche sie statt Allahs anrufen, sonst würden sie
aus Groll Allah schmähen ohne Wissen.“524, sowie andere Aussagen, deren Er-
wähnung diese Abhandlung sehr in die Länge ziehen würde. Ist bei diesen Poly-
theisten ein Tawhid erkennbar, aus dem man eine ʿAqīda ableiten könnte?“ (Ende
des Zitates von Scheich Yūsuf al-Dijwī)
„Und wenn du sie fragst: „Wer schuf die Himmel und die Erde?“ – dann wer-
den sie gewiss antworten: „Allāh“.“525, hierzu kann auch gesagt werden: Würde
man die Götzendiener fragen, wer dies getan hat, so würden sie aufgrund der Na-
tur des Menschen und seines Wesens die Erschaffung Allāh zuschreiben. Doch
dieser Vers ist nur eine beispielhafte Annahme, denn weder hat der Prophet dies
gefragt, noch haben die Götzendiener jemals eine solche Antwort gegeben. Wenn
die Wahhabiten alle Menschen und Geister zusammenbringen, können sie nicht
beweisen, dass der Prophet jemals die Götzendiener danach fragte und sie ihm
eine solche Antwort gaben.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Scheich Jamal al-ʿIrāqī az-Zahawi (gest. 1936) schreibt als Antwort auf diese
Behauptungen in seinem al-Fajr al-Ṣādiq fī al-Radd al-Munkīrī al-Tawassul wa al-
Khawariq:
„Die Antwort darauf besteht aus mehreren Punkten:
1. Die Götzendiener der Araber erklärten ihre Götzen als Götter; während
die Muslime nur an Allāh als Gott glauben. In ihrer Sicht sind die Propheten Pro-
pheten, und die Freunde Gottes nur Freunde Gottes. Sie nehmen und erachten
sie nicht als Götter wie es die Götzendiener taten.
2. Die Götzendiener glaubten, ihre Götter würden die ʿIbāda verdienen an-
ders als die Muslime dies glauben. Muslime glauben nicht, dass irgendjemand,
von dem sie etwas erfragen, damit diese es von Allāh für sie fragen, auch nur die
kleinste Spur an Anbetung verdient. Der einzige, der der Anbetung würdig ist,
ist in ihrer Sicht nur Allāh, der Allerhabene.
3. Die Götzendiener beteten diese Götter an wie Allāh es sagte: „Wir beten
sie nur an…“, doch die Muslime beten die Propheten und Frommen nicht an, wenn
sie diese als Vermittler zwischen sich und Allāh nehmen.
4. Die Götzendiener beabsichtigten, mit ihrer Anbetung der Götzen Allāh
näher zu kommen, genauso wie es Allāh uns über sie berichtete. Doch die Mus-
lime beabsichtigten nicht Allāh näher zu kommen, indem sie die Propheten und
Awliyāʾ danach fragen bei Allāh etwas zu fragen letztlich Allāh damit näher zu
kommen, denn dies geschieht nur mit ʿIbāda. Deswegen sagt Allāh über die Göt-
zendiener: „…damit sie uns Näher zu Allāh bringen.“, doch die Muslime erbitten
nur Fürsprache und Segen von ihnen. Durch eine Sache gesegnet zu werden oder
Fürsprache zu erhalten ist offensichtlich etwas ganz Anderes als dadurch Allāh
näher zu kommen.
5. Da die Götzendiener glaubten, dass Allāh ein Körper im Himmel ist, mein-
ten sie mit dem ‚Näherbringen‘ eine wortwörtliche Nähe. Dies wird betont durch
die Benutzung des Wortes zulfa – Nähe zur Macht – genauso wie ein Wort bei
zweifacher Benutzung mit gleicher Bedeutung betont, dass damit die wortwörtli-
che Bedeutung und nicht eine metaphorische Bedeutung gemeint ist. Denn, wenn
wir sagen: „Er tötete ihn bestialisch“ (qatalahu qatlan), verstehen wir sofort ei-
nen wahren Tod und nicht die metaphorische Bedeutung „einen harten Schlag“,
was man ansonsten verstehen könnte, wenn das Wort nur alleine benutzt wird.
Die Muslime glauben aber nicht, dass Allāh ein Körper im Himmel ist, der so weit
entfernt von ihnen ist, dass sie eine wörtliche Nähe zu ihm erstreben, indem sie
Allāh durch die Propheten bitten. Die Urteile der Scharīʿa aus diesem Vers sind
somit nicht auf die Muslime anwendbar, wobei die Wahhabiten jene sind, die glau-
ben, Allāh sei ein Körper, der auf dem Thron weile. Daher verstehen sie nicht, dass
245
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
hier nur Segen und Fürsprache durch die Propheten und Awliyāʾ ersucht wird,
sondern verstehen nur eine Nähe wie es zu Körpern ist. Aus diesem Grund kann
man diesen Vers gegen sie benutzen und nicht gegen die Sunniten.“
So sollst du wissen, dass die Ṣaḥāba glaubten, dass der Prophet - Segen und
Friede seien auf ihm – von Allāh besondere Ehrung und Segnugen erhalten hat
und gar die Ṣaḥāba selbst diese Ehrungen und Segnungen erhalten haben, und
wisse, dass Schirk immer Schirk ist – egal ob diese Sache tot, lebendig, entfernt
oder nah, sichtbar oder unsichtbar, fühlbar oder nicht wahrnehmbar ist.
246
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Als der Prophet Sulaymān über den Thron der Königin Balqīs erfuhr, fragte
er, wer ihm den Thron bringen können. Den Berichten nach, befand sich König
Sulaymān in Palästina und Königin Balqīs in Jemen. Der Qurʾān berichtet uns: „Er
(Sulaymān) sagte: „Ihr Vornehmen! Wer von euch bringt mir den Thron der Königin,
noch ehe sie als Muslime zu mir kommen? Einer von den Dschinn, ein ʿIfrīt, sagte:
„Ich werde ihn dir bringen, noch ehe du dich von deinem Platz erhebst. Ich habe die
Macht dazu und bin zuverlässig.“ Derjenige, der Wissen aus der Schrift (gemäß Ibn
ʿAbbās der Wazir des Sulaymān, ʿAsāf b. Barkhiyya) besaß, sagte: „Ich werde ihn
dir in einem Augenblick bringen.“
Kein Mensch kann den Ort eines drei Monate entfernten Thrones kennen,
sehen, dann diesen Thron, der aus Metall und Edelsteinen besteht, durch Mau-
ern gehen lassen und in einem Augenzwinkern herbringen. Dies kann nur Allāh
- Erhaben und Makellos ist Er – tun und kein einziger Mensch. Was für ein Wis-
sen also war dies, welches Allāh diesem Menschen gab und, was hätte er wohl
noch mit diesem Wissen tun können?
Sulaymān erfragt dies nicht von Allāh, sondern er bittet die Menschen und
die Geisterweisen um ihn herum. Allāh kritisiert ihn deswegen nicht, sondern legt
dies im Qurʾān sogar noch dar. Da im Qurʾān niemals ein Wunsch stehen kann,
der Schirk ist, und da niemals die Propheten, ihre Gefährten einen solchen Schirk
ausdrücken würden, müssen wir die Verse ‚Nur dich beten wir an und nur dich
erbitten wir um Hilfe‘, und Aussagen des Propheten: ‚Wenn du etwas erbittest,
dann bitte Allāh darum und, wenn du Hilfe ersuchst, frage nur Ihn um Hilfe!“,
im rechten Licht verstehen.
Dieser Wunsch des Sulaymān – Friede auf ihm! – ist kein Schirk. Die Wahha-
biten sagen auch nicht, er habe Schirk begangen. Indem sie die Verse und Aḥādīth
falsch verstehen und als Waffe gegen die Muslime benutzen und sie als Kuffār
erklären, jedoch bemerken sie nicht, dass sie Sayyidunā Sulaymān, und wie wir
weiter unten noch sehen werden auch den Propheten und seine Gefährten, mit
Schirk beschuldigen.
247
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Oh unsere Brüder! Seht ihr denn nicht, wie falsch euer Denken ist?! Ihr be-
hauptet einen Widerspruch im Qurʾān, indem es in einem Vers heißt: „Bittet mich!“,
und in einem anderen: ‚Ihr könnt auch die Menschen bitten!‘ Da es jedoch keine
Fehler im Qurʾān geben kann, ist es offensichtlich, dass die Salafiten einen Feh-
ler im Verständnis dieser Verse haben.
Einspruch:
„Sulaymān - Friede auf ihm – bat nicht darum, sondern befahl es.“
Antwort:
„In dem Vers heißt es, dass er sagt: „Wer bringt es mir?“, und nicht: „Bringt
es mir!“, und dies ist eine Bitte und ein Fragen.“
Die Aḥādīth, die wir im Kapitel at-Tawassul angeführt haben, insbesondere
Ḥadīth 1, 2, 5, 7 und 8, sind alle Anrufungen der Seelen der Verstorbenen, Abwe-
senden etc. oder direkte Anrede. Man siehe dort nach!
Dies alles ist nach den Wahhabis Schirk. Wir fragen: Wenn diese Aḥādīth
offener und klarer Schirk sind, wieso haben dann die ʿUlamāʾ nicht sofort diese
Aḥādīth als mawḍū‘ identifiziert?!
Ein anderes Beispiel:
Ibn Taymiyya überliefert in seinem Werk al-Kalimā al-Ṭayyiba, S. 109, in dem
er uns lehrt, welche Duʿāʾ wir wann und wo benutzen sollen, die gemäß der Sunna
überliefert sind, folgendes:
Von ʿAbdullah b. Masʿūd wird überliefert: „Wenn das Reittier von einem un-
ter euch sich loslöst und verloren geht in der Wüste, dann ruft zweimal: „Oh ihr
Diener Allāhs! Fangt es! Fangt es!“, denn Allāh hat auf dem Angesicht der Erde
Diener, die bereit sind diese zu fangen.“
Dieser Ḥadīth, der von den Gegnern des Tawassul und des Istighātha als
ḍaʿīf bezeichnet wird, wird von Ibn Taymiyya als angemessen für Duʿāʾ er-
achtet und gar als eine Sunna gesehen und er widerspricht dieser Überliefe-
rung nicht.
Hier sind eine Handlung mit einem schwachen Ḥadīth und eine Erbittung um
Hilfe von einem anderen als von Allāh! Ibn Taymiyya akzeptiert die Istighātha
nicht, sieht es aber als angemessen und gemäß der Sunna.
ʿUtba b. Ghazwān überliefert folgenden Ḥadīth vom Propheten - Segen und
Friede seien auf ihm:
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
إذا أضل:عن عتبة بن غزوان رضى اهلل عنه عن النبى صلى اهلل عليه وسلم قال
يا عباد اهلل:أحدكم شيئا أو أراد أحدكم عونا وهو بارض ليس بها أنيس فليقل
. يا عباد اهلل اغيثونى فإن هلل عبادا ال نراهم،أغيثوني
„Wenn jemand von euch etwas verliert oder er fragt an einem Ort um Hilfe, an
dem sich kein Freund bei ihm befindet, soll er rufen: „Oh ihr Diener Allāhs! Helft mir!
Oh ihr Diener Allāhs! Hilfe!“, denn Allāh hat Diener, die wir nicht sehen.“
Dies wird von Tabarānī überliefert und die Überlieferer werden als vertrau-
enswürdig eingestuft, doch einige haben gewisse Schwächen.
Und zwar hat Yazīd niemals ʿUtba erreicht. Das heißt, die Überlieferer sind
vertrauenswürdig, aber unter einem von ihnen wird eine Schwäche gefunden und
deswegen ist dieser Überlieferer ein ḥasan al-ḥadīth. Andererseits ist er mursal.
Dies stellt für die Ḥanafī Uṣūl Gelehrten jedoch kein Problem dar.
ʿAllāma Muḥammad b. ʿAllān schreibt in seiner Erläuterung des al-Adhkār:
„Mit den ‚Dienern Allāhs‘ in diesem Ḥadīth sind entweder die Engel oder die mus-
limischen Geisterwesen oder die erwählten Freunde Gottes, welche auch al-Rijāl
al-Ghayb oder Abdāl bezeichnet werden.“
Imām Nawawī schreibt: „In einer Gemeinschaft, in der ich mich ebenfalls be-
fand, rannte ein Renntier davon. Ich rief gemäß diesen Worten um Hilfe. Darauf-
hin hielten die Tiere sofort an.“
Was sollen wir jetzt sagen? Haben der Gesandte Allāhs, Ibn Taymiyya, Imām
Nawawī, die gesamten Überlieferer etc. hier etwa Schirk angeraten und als gut
erachtet?
Dies kann nie und nimmer sein! Sie raten keinen Schirk an, sondern raten die
Wahrheit an. Doch die Wahhabiten verstehen dieses Thema nicht und beschuldi-
gen die Muslime als Kuffār und Götzendiener.
So sehr ein ḥasan Ḥadīth auch unter einem ṣaḥīḥ Ḥadīth liegt, darf man den-
noch mit einem solchen Ḥadīth handeln. Somit ist ein ḥasan Ḥadīth gemäß den
Gelehrten in allen Bereichen außer im Bereich der ʿAqīda ein Beweis.
Einspruch:
„Aus dem Ḥadīth verstehen wir einen Wunsch von den Engeln!“
Antwort:
„Solche Aussagen zeigen uns, dass ihr Fortschritte in diesem Thema macht,
denn in den vorherigen Aussagen sagtet ihr, dass man von niemand wollen darf
und brachtet Beweise hervor, um uns zu zeigen, dass man nur von Allāh fragen
249
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
darf. In den Aḥādīth und den Versen, die ihr dargelegt habt, um eure These zu
beweisen, wurde keine Ausnahme für die Engel genannt.
So hoffen wir, dass ihr nach unseren späteren Beweisen ebenfalls einsehen
werdet, dass man die Menschen um Hilfe fragen darf.
Albānī sagt über diesen Ḥadīth folgendes:
1. Wir müssen die ‚Diener Allāhs‘ im Ḥadīth auf die Engel beschränken.
2. Dies sind nicht die Awliyāʾ oder andere Menschen, ob lebendig oder tot,
da dies sonst Schirk wäre.
Darauf antworten wir wie folgt:
Wenn Albānī mit diesen Worten meinte, man dürfe die Engel um Hilfe an-
rufen und von ihnen Beistand erbitten, dann soll man wissen, dass die Wahha-
biten dies nicht akzeptieren, denn sie sagen, dass die Götzendiener Makkas als
allererstes die Engel zu Göttern erhoben und sie anbeteten.
Wenn man aber nun sagt, man dürfe doch von Engeln bitten, widersprechen
sie sich! Denn im Vers heißt es doch: „NUR DICH beten wir an und NUR DICH bit-
ten wir um Hilfe.“ , und die Wahhabiten führten diesen Vers als Beweis dafür an,
dass man von niemanden außer von Allāh Hilfe erbitten darf.
Für sie bleibt nur noch die komplette Ablehnung des Ḥadīth, und dies ist
nicht möglich. Der Prophet Sulaymān - Friede auf ihm – fragte die Geisterwesen
und die Menschen, ob sie den Thron bringen können. Die Gefährten des Prophe-
ten riefen am Tag der Schlacht von Yamāma unter dem Befehl des Khālid b. Wa-
lid, gemäß Ibn Kathīrs Überlieferung: „Ya Muḥammad!“ Abū Hurayra ersuchte
beim Propheten Hilfe wegen seines Gedächtnisses. Im 5. Ḥadīth des Buches kam
vor, dass die Gefährten vom Grab des Propheten Hilfe ersuchten.
Nach all diesen Geschehnissen stellt sich die Frage, ob all diese Menschen ge-
mäß al-Albānīs Beschuldigung Schirk befürwortet haben? Natürlich nicht! Doch
mit falschen Definitionen und falschem Verständnis würden wir auf eine solche
Schlussfolgerung kommen.
Einspruch:
Ibn Taymiyya gehört zu den Gelehrten, die nicht mit schwachen Aḥādīth ar-
beiten. Dass er diesen erwähnten Ḥadīth als Beweis darlegte, zeigt uns, dass er
diesen Ḥadīth wohl als ṣaḥīḥ anerkannte, doch auch er ist nur ein Mensch und
somit nicht fehlerfrei.
Antwort:
Wir zeigten einige Kapitel vorher schon, dass Ibn Taymiyya daran glaubte,
dass die Toten hören können. Ihr jedoch behauptet das Gegenteil und sagt, Ibn
Taymiyya begang einen Fehler. Ibn Taymiyya sagt, dass mit dem schwachen
250
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Ḥadīth über die Wiederholung des Lā ilāha ill Allāh für den Toten gehandelt wer-
den darf und auch andere damit gehandelt haben. Auch hier sagt ihr, dass er ei-
nen Fehler begangen haben könnte.
Er sagt, vom Propheten oder von einem frommen Menschen, der zu seiner
Umma gehört, etwas zu erbitten und, dass dann diese Bitte danach erfüllt wird,
führt nicht dazu, dass das Erbitten mustaḥab ist. Die Erfüllung dieses Wunsches
könne man als eine Wundertat der verstorbenen Person im Grab erachten.526 Er
sagt nicht, es sei von Satan, sondern er sagt, es könne als eine karama des Walī
erachtet werden.
Ibn al-Qayyim al-Jawziyya berichtet, dass sein Lehrer Ibn Taymiyya sehr
scharfsinnig war. Ibn Taymiyya sagte einmal, dass die Tataren gewiss besiegt
werden und die Muslime siegreich sein werden. Und er schwor mehr als 70 Male
darauf. Die Leute sagten zu ihm: „Sag inschaAllāh – so Gott will!“, und der sagte:
„Ich sage inschaAllāh, um es zu verbessern, sehe es aber nicht daran gebunden.“,
d. h., er meinte, er wisse definitiv, dass es so sein werde. Daraufhin habe er ge-
sagt: „Als sie mich zwangen, sagte ich: „Redet nicht soviel! Allāh hat in der aufbe-
wahrten Tafel geschrieben, dass sie besiegt werden!“, und was er sagte, geschah.527
Behauptet ihr auch, dass Ibn Taymiyya einen Fehler in seiner Behauptung,
es stünde in der aufbewahrten Tafel, gemacht hat?
Wir überlieferten schon im Kapitel Tawassul von Ibn Kathīr, dass Ibn Tay-
miyya seine Ansicht bezüglich des Nutznießens durch den Propheten änderte
und die Istighātha aber weiterhin als Ḥarām erachtete. Bemerke: Ḥarām, nicht
Schirk. Dies ist demnach ein Fiqh-Thema nach ihm, das dennoch bei falschem
Glauben in den Schirk führen kann. Doch die Wahhabiten kehren immer noch
nicht ab von ihrer Meinung ab! Wollt ihr nun behaupten, Ibn Taymiyya habe auch
hier Fehler gemacht?!
Wenn dem so sei, dann hat Ibn Taymiyya ja wahrlich viele gewaltige Fehler,
und das gibt ihr auch noch zu. Wenn die Quelle eurer Ansichten, Ibn Taymiyya, so
viele Fehler gemacht hat, können doch sicherlich auch die Themen, in denen ihr ihm
folgt, fehlerhaft sein. Letztlich sprechen wir hier nicht über detaillierte, schwie-
rige Themen, sondern euren Ansichten nach über die Fundamente des Tawḥīd!
Ibn Taymiyya hat in seinen Büchern viele solcher Ansichten, doch die Sala-
fis bezeichnen dies als einen Fehler und versuchen somit der Diskussion zu ent-
kommen. Manchmal nehmen sie von den vier Rechtsschulen, manchmal lehnen
sie die vier Rechtsschulen ab und bevorzugen die Ansicht Ibn Taymiyyas oder
ihrer Gelehrten. Manchmal akzeptieren sie nichts Anderes als ṣaḥīḥ Aḥādīth und
526 Iqtiḍā al-Ṣirāṭ al-Mustaqīm, S. 373 – 374.
527 Ibn Qayyim, Madarij al-Salikin, 2/489.
251
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
manchmal klammern sie sich an schwache Aḥādīth. Wie wir in der Erklärung des
fünften Ḥadīthes sehen werden, beschuldigt Al-Albānī einen Überlieferer manch-
mal mit Schwäche, und behauptet, er sei kein ausreichender Hinweis. Manchmal
jedoch benutzt er ihn als Hinweis!
Alles, was wir in diesem Buch schreiben, schreiben wir aus den Quellen und
geben diese auch an. Weil die Wahhabiten/Salafiten keinen festen Stand haben,
versuchen sie in Diskussionen viele verschiedene Ausreden und Auswege, nur
damit sie doch noch Recht behalten. Daher ist eine Diskussion mit ihnen sehr
schwer und ermüdend.
Einspruch:
‚Oh Muḥammad‘ wurde von den Gefährten als eine Parole benutzt, als ein
Schlachtruf und nicht als ein Hilferuf!
Antwort:
Ihr behauptet also, dass die Gefährten des Propheten einen Schlachtruf spra-
chen, der klarer Götzendienst ist. Doch wir sagen, die Gefährten würden niemals
einen Schlachtruf wählen, der Schirk ähnelt oder ist!
Dann: Im Arabischen wird das Wort schiar benutzt, und dies bedeutet nicht
Parole oder Schlachtruf, sondern wörtlich übersetzt ‚Slogan‘, ein Satz, den eine
große Gruppe mit gemeinsamer lauter Stimme ruft. Was hat das mit einer Parole
zu tun? Parole bedeutet, dass der eine Sonne sagt, der andere Mond und dann er-
kennen sie sich. Wie wollt ihr Rufe wie: „Komm oh Khālid! Ya Muḥammad! (auf
Deutsch: Eile herbei oh Muḥammad!)“ als Parole werten? Eine solche Behaup-
tung ist lächerlich, zeigt die Schwäche des Verstandes und des Vergleiches und
528 Al-Bidāya wa al-Nihaya, 6/324.
252
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
die Schwäche des Wissensstandes. Was hier jeder versteht, ist, dass sie den Pro-
pheten rufen und ihn um Fürsprache und Unterstützung bitten!
Scheich al-Islām al-Subkī sagte, dass dies ein Tawassul ist und bedeutet:
„Oh Herr! Helfe uns aufgrund der Achtung deines Dieners!“ und nicht, dass da-
mit ein Wunsch vom Propheten direkt selbst gemeint ist. Was den Hinweis be-
stärkt, dass die Gefährten dies riefen um Hilfe zu erbitten, ist ihre ständige Re-
zitation des Verses:
ين ِِ
َ ان َح ًّقا َع َل ْي َنا َن ْص ُر ا ْل ُم ْؤمن
َ َو َك
„und es oblag Uns, den Gläubigen zu helfen.“529
Hinzu kommt, dass in der Schlacht überall auch die Rufe: „Rette uns oh
Khālid!“, aufstiegen. Eine Gruppe der Auswanderer (Muhājirūn) und der Helfer
(Anṣār) wurden gerettet. Dies ist ebenfalls ein Hinweis dafür, dass mit dem Ruf:
‚Oh Muḥammad‘ Hilfe ersucht wurde.
Einspruch:
Es gibt einen Unterschied zwischen: „Eile herbei oh Muḥammad“ und „Oh
Muḥammad!“
Antwort:
‚Ya Muḥammadahu!‘, wer Arabisch kann, weiß, dass das Ya ein Ruf ist, gleich
dem ‚Oh‘ und Muḥammad ist derjenige, nach dem gerufen wird. Das Alif, welches
danach folgt, wird als Alif al-istighātha bezeichnet, also das Alif zur Ersuchung der
Hilfe. Daher verstehen wir, dass damit ‚Helfe uns oh Muḥammad!‘ gemeint ist.
Es wird von Haytham überliefert: „Wir waren bei ʿAbdullah b. ʿUmar und
sein Fuß war eingeschlafen. Da sagte einer zu ihm: „Erwähne den Namen der
Person, die du am allermeisten liebst.“, und er rief: „Oh Muḥammad!“, und sein
Fuß war wieder heil.530
Dies wird überliefert bei Imām Bukhārī in Ādāb al-Mufrad durch Abū Nuʿaym,
Sufyān, Abū Isḥāq und ʿAbdurraḥmān b. Saʿd. Wichtig ist, dass dies von Imām
Bukhārī und Ibn as-Sunnī, der dies ebenfalls überliefert als islamischer Anstand
erachtet wird und sie es in ihre Bücher nahmen. Ja, nicht einmal Ibn Taymiyya
erachtet dies als Götzendienst und nimmt es in sein Buch ‚Die schönen Worte/
al-Kalimāh al-Ṭayyiba‘ auf, in dem er uns erklärt, in welchen Situationen welche
Duʿāʾ am angemessendsten ist und der Sunna entspricht.
Welchen dieser Gelehrten wollt ihr nun mit Schirk beschuldigen, weil sie zu
Tawassul Zwecken einen nicht anwesenden Menschen riefen? Er rief nicht nach
529 30/47
530 Ibn Sunni, ʿAmal al-Yawm wa al-Layl, S. 55; Ibn Taymiyyah, al-Kalima al-Tayyib, 131.
253
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - , sondern er rief nach den Gesandten Allāhs
- Segen und Friede seien auf ihm. Hat ʿAbdullah b. ʿUmar nun Schirk begangen?
Gemäß salafitischer Logik beging er Schirk. Doch nach uns ist es klar, dass dies
kein Schirk ist.
Einwand:
Tabarānī überliefert in seinem Muʿjam al-Kabīr, dass in der Zeit des Prophe-
ten ein Heuchler den Muslimen viele Probleme machte. Sayyidunā Abū Bakr sagte:
„Erhebt euch! Wir werden zum Gesandten Allāhs gehen und von ihm gegen die-
sen Heuchler Hilfe erbitten!“, und als sie zum Gesandten Allāhs gingen, sagte er
zu ihnen: „Nicht von mir, sondern von Allāh sollt ihr Hilfe bitten.“ Hier sagt der
Gesandte selbst, man dürfe nicht ihn um Hilfe fragen!
Antwort:
Vom Gesandten Allāhs wurden in unterschiedlichen Situationen zu ver-
schiedenen Zeiten Hilfe erwünscht, und er selbst hat oftmals geholfen und ging
auch den Wünschen nach. In einer anderen Überlieferung sagte er: „Wer auch
immer einem Gläubigen eine Sorge nimmt…“, und wo anders sagt er: „Nein, nur
von Allāh kommt dies.“ Wir haben unsere ʿAqīda schon klar und offen dargelegt.
Kein Mensch, egal welche Stufe er bei Allāh hat, sogar das allerbeste Geschöpf
Sayyidunā Muḥammad - Segen und Friede seien auf ihm – kann etwas ohne die
Erlaubnis Allāhs nicht tun, kann weder Schaden noch Nutzen hervorbringen,
ohne dass Allāh dies erschafft.
Die Ṣaḥāba fragten den Propheten um Fürsprache und in Situationen, in de-
nen es ihnen schlecht ging, in Krankheiten, Heimsuchungen und Verschuldungen
gingen sie zu ihm und berichteten ihm ihre Situation und erwünschten seine Hilfe
und seinen Beistand. Doch als sie dies taten, wussten sie zweifellos, dass der Ge-
sandte Allāhs nur ein Mittel und ein Weg ist, um Nutzen zu bekommen und, dass
letztlich Allāh der wahre Erschaffer und Ausführer ist.
Abū Hurayra - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – beklagt seine Verges-
slichkeit beim Gesandten Allāhs:
Bukhārī und andere überliefern, dass sich Abū Hurayra beim Propheten
über seine Vergesslichkeit beklagte: „Oh Gesandter Allāhs, ich höre viele Aḥādīth
von dir aber vergesse sie. Ich will sie aber nicht vergessen!“ Der Gesandte Allāhs
sprach zu Abū Hurayra: „Strecke dein Mantel auf dem Boden aus!“, und als Abū
Hurayra dies tat, griff der Prophet nach etwas in der Luft und warf es auf seinen
Mantel und sprach: „Jetzt zieh den Mantel an!“, worauf Abū Hurayra den Mantel
anzog. Danach, so Abū Hurayra, vergaß er nie mehr etwas.531
531 Bukhārī, ʿIlm.
254
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Ein jeder weiß, dass wen man von einem Menschen etwas erbittet, man nicht
von ihm wünscht, dass er etwas erschafft. Von einem Menschen etwas zu bitten
bedeutet, die Wege und Möglichkeiten der Duʿāʾ zu nutzen, die Allāh - Erhaben
und Makellos ist Er – den Menschen gewährt hat, damit etwas geschieht. Doch
hier sehen wir, dass der Gesandte Allāhs nicht einmal die Notwendigkeit sah zu
beten, sondern selber das Problem Abū Hurayras löste.
Abū Hurayra hat sich beim Propheten über sein Gedächtnis beklagt und bei
ihm nach einer Lösung gesucht. Ist ein starkes Gedächtnis nicht etwas, was nur
Allāh dem Menschen beschert? Der Gesandte Allāhs beschuldigte ihn aber nicht
mit Schirk.
255
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Außer Sayyidunā Anas baten auch andere Gefährten um die Fürsprache des
Propheten. Zu einem sagt der Prophet gleich: „Du gehörst zu ihnen“, und zu ei-
nem anderen sagt er: „Wenn Allāh es mir erlaubt, werde ich es tun“. Wir gren-
zen den Propheten nicht nach unseren Gedanken ein, sondern akzeptieren al-
les, was er sagt.
Sayyidunā ʿĪsā sagte: „Ich bin mit einem Zeichen von eurem Herrn zu euch ge-
kommen (das darin besteht), daß ich euch aus Lehm etwas schaffe, was so aussieht,
wie Vögel. Dann werde ich hineinblasen, und es werden mit Allahs Erlaubnis (wirk-
liche) Vögel sein. Und ich werde mit Allahs Erlaubnis Blinde und Aussätzige heilen
und Tote (wieder) lebendig machen. Und ich werde euch Kunde geben von dem, was
ihr in euren Häusern esst und aufspeichert (ohne es gesehen zu haben). Darin liegt
für euch ein Zeichen, wenn ihr gläubig seid.“534
All dies geschah mit der Erlaubnis Allāhs. Allāh berichtet uns, dass Sayyidunā
ʿĪsā diese Wunder mit seiner Erlaubnis vollbrachte: „und (damals), als du mit mei-
ner Erlaubnis aus Lehm etwas schufst, was so aussah wie Vögel, und in sie hinein-
bliesest, so daß sie mit meiner Erlaubnis (schließlich wirkliche) Vögel waren, und (als
du) mit meiner Erlaubnis Blinde und Aussätzige heiltest, und als du mit meiner Er-
laubnis Tote (aus dem Grab wieder) herauskommen ließest…“535
Diese Menschen fragten Sayyidunā ʿĪsā nach Dingen, die nur Allāh - Er-
haben und Makellos ist Er – tun kann. Haben diese Menschen in dem Moment
Schirk begangen? Was war mit Sayyidunā ʿĪsā, als er sagte, er könne die Toten
wieder zum Leben erwecken? Wir fragen die Salafiten: Ist es etwa Schirk, dass
Sayyidunā Sulaymān etwas von den Geistern und Menschen fragte, was nur Allāh
tun kann? Haben die Gefährten Schirk begangen, als sie den Propheten um Hilfe
riefen? Haben sie Schirk begangen, als sie Oh Muḥammad riefen? Ist der Rat des
Propheten, dass wir in einer einsamen Wüste nicht zu Allāh rufen, sondern ein-
fach in die Leere hineinrufen, dass die Diener Allāhs uns helfen sollen, etwa ein
Rat des Schirks? Wenn es kein Schirk ist, fragen wir euch, wieso es kein Schirk ist?
Ist Sayyidunā Sulaymān, sind die Gefährten und sind der Prophet nicht auch nur
Menschen? Kann es bei ihnen etwa Schirk Taten geben, die erlaubt sind und, die
uns verwehrt bleiben? Gibt es einen Vers oder einen Ḥadīth der uns sagt, dass es
für sie nicht Schirk ist, aber für andere Menschen schon? Natürlich nicht!
Haben die Gefährten des Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – und
alle anderen nicht den wahren Tawḥīd verstanden, den die Wahhabiten predigen
und haben sie Schirk begangen?
534 3:49
535 5:110
256
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Da dies nicht sein kann, verstehen wir nur noch besser, dass die von den Wah-
habiten angeführten Verse nicht die Bedeutung tragen können, die sie ihnen geben.
Allāh, der zu allem die Macht hat, gab seinen Propheten, Engeln und auch
seinen Freunden Wirkungsgewalt, übernatürliche Fähigkeiten und Kräfte. Diese
Wirkungsgewalt bedeutet nicht, wie es die Wahhabis verstehen, Allāh bewahre,
dass Allāh seine Taten, Fähigkeiten oder Ränge komplett oder teilweise anderen
übergibt. Ein solcher Gedanke ist klarer Unglaube. Doch Allāh - Erhaben und Ma-
kellos ist Er – lässt viele seiner Handlungen gemäß seiner Weisheit und seiner
Herrschaft von Engeln erledigen und dies sind so viele Handlungen, dass wir sie
hier nicht aufzählen können. Genauso gibt Allāh - Erhaben und Makellos ist Er
– seinen erwählten Personen die Fähigkeiten, die Er wünscht. Er gewährt ihnen
übernatürliche Kräfte.
Eigentlich ist der Vergleich zwischen Wesen, denen Allāh - Erhaben und
Makellos ist Er – gemäß metaphorischer Zuschreibung und bedingt durch die
Sprache Fähigkeiten gab oder gemäß der Bräuche und Gesetze dieser Welt Fä-
higkeiten gab und Götzen, die keines von diesen Dingen haben, ein vollkommen
unpassender Vergleich und nicht mit dem Verstand begründbar. Wie also sollten
dann die Gelehrten so etwas tun? Ein intelligenter und gläubiger Mensch wird
nicht die Verse und Aḥādīth des Propheten beleidigen, indem er Menschen, die
daran glauben, dass Engel, Geister und andere Menschen besondere Fähigkeiten
von Allāh bekommen haben, aber nicht ‚überlassen‘ bekommen haben sondern
nur von Allāh bekamen und nur darüber verfügen wie es Allāh will, erschafft
und erlaubt, mit Götzendienern vergleicht, die Steine und Bäume anbeten, de-
nen Allāh offensichtlich nicht solche Fähigkeiten gab und, von denen die Götzen-
diener auch wussten, dass diese nicht solche Fähigkeiten haben und, die direkt
ihre Götzen danach baten und nur von ihnen verlangten und diese anbeteten in
ihrem Glauben an ihre Göttlichkeit.
Das sie von den Götzen etwas verlangten, wofür Allāh den Götzen nicht die
Erlaubnis gab, ist schon ausreichender Schirk, denn sie glaubten, dass diese Göt-
zen die Erlaubnis nicht brauchen und aus eigener Kraft dies geschehen lassen kön-
nen. Als sie dann sagten, dass dies von Allāh letztlich käme, ändert nichts daran.
Aus den Beweisen, die wir angeführt haben und noch anführen werden,
verstehen wir, dass der Vergleich der Engel und Awliyāʾ mit den Götzen und so-
mit das Hilfeersuchen von den Engeln und Awliyāʾ gleich dem Hilfeersuchen von
Götzen ist, ein falscher Vergleich ist, der aber gemacht wird, um die Verse des
Qurʾān gegen die Muslime zu verwenden, obwohl sie über die Götzendiener of-
fenbart wurden.
257
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Wenn wir nun den äußeren Wortlaut dieser Aḥādīth und Qurʾānverse neh-
men, dann bezichtigen wir die Gefährten des Propheten und viele Gelehrte und
fromme Menschen des Schirk.
Doch es ist eine Tatsache, dass diese keinen Schirk begingen. Somit ist es
falsch, dass die Salafiten diese Verse benutzen, um die Muslime mit Schirk zu be-
schuldigen.
Einerseits sagt der Prophet: „Ein jeder von euch soll seine Bedürfnisse von
Allāh erbitten, sogar wenn seine Sandalen reißen, denn, wenn Allāh die Repa-
ratur nicht erlaubt, dann kann es nicht repariert werden.“536, und andererseits:
„Wenn ihr euer Reittier in der Wüste verliert, dann ruft nach den Dienern Allāhs,
damit sie es festhalten: „Oh ihr Diener Allāhs! Haltet es fest!“, denn Allāh hat Die-
ner auf Erden, die es feshalten.“537
Der Gesandte Allāhs sagt hier nicht, bittet Allāh und ruft Oh Allāh, sondern
er sagt, ruft nach den Dienern Gottes. Verstand der Prophet – Allāh bewahre! –
etwa nicht, was der Vers: „Wir beten nur dich an und fragen nur dich um Hilfe“
bedeutet?
258
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
إن هلل عز وجل خلقا خلقهم لحوائج الناس يفزع اليهم الناس فى حوائجهم
اولئك اآلمنون من عذاب اهلل تعالى
„Wahrlich, Allāh hat Menschen erschaffen, welche die Menschen hinsicht-
lich ihrer Bedürfnisse fragen können. Sie sind es, die vor der Strafe Allāhs si-
cher sind.“538
538 Tabarānī, al-Kabīr, Abū Nuʿaym und Qāḍī. Der Ḥadīth ist auf der Stufe des ḥasan.
259
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Allāh sagt im Qurʾān, dass er einem Menschen dieses Wissen gegeben hat.539
Dass Sayyidunā Mūsā dieses Wissen nicht hatte, verhindert nicht, dass Allāh es
einem anderen lehrt und kann es auch nicht verhindern.
َف َو َج َدا َعب ًدا ِم ْن ِعب ِاد َنا َآتي َن ُاه َر ْح َم ًة ِم ْن ِع ْن ِد َنا َو َع َّل ْم َن ُاه ِم ْن َل ُد َّنا ِع ْل ًما
ْ َ ْ
„Da fanden sie einen von unseren Dienern, dem wir Barmherzigkeit von uns
hatten zukommen lassen, und den wir Wissen von uns gelehrt hatten.“540
„Oh Mūsā! Ich besitze ein solches Wissen, welches Allāh mich lehrte, dass
du nicht besitzt. Auch du hast ein Wissen, welches Allāh dich lehrte und, das ich
nicht besitze.“541
Die Verse und Aḥādīth sind klar. Hier sagt Sayyidunā Khidr, was ich gelehrt
bekommen habe, hast du nicht gelehrt bekommen und andersherum. Allāh lehrt
wem Er will welches Wissen Er auch will.
وسى أَ ْن أَ ْر ِض ِع ِيه َف ِإ َذا ِخ ْف ِت َع َلي ِه َفأَ ْل ِق ِيه ِفي ا ْلي ِم َوال َت َخ ِافي ُِ َ
َ َوأ ْو َح ْي َنا إلى أ ّم ُم
َّ ْ
ين ِ ِ اع ُل ِ ولاَ َتحز ِني إ َِّنا ر ُّادوه ِإ َلي ِك وج
َ وه م َن ا ْل ُم ْر َسل
ُ َ َ ْ ُ َ َ ْ َ
„Und wir gaben der Mutter Moses (die Weisung) ein: „Stille ihn! Und wenn du
für ihn fürchtest (, daß er umgebracht werden könnte), dann setze ihn im Meer
aus und hab keine Angst (für sein Leben) und sei nicht traurig (darüber, daß du
539 27:40
540 18:65
541 Bukhārī, ʿIlm, 44.
542 2:269
543 72/26
260
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ihn nicht mehr bei dir hast)! Wir werden ihn dir zurückgeben und (später) zu ei-
nem Gesandten machen.““544
Da ein Vers dem anderen Vers nicht widerspricht, muss man sehr gut verste-
hen, was mit dem Verborgenen hier gemeint ist und, dass das Verborgene, wel-
ches Sayyidunā Mūsās Mutter gegeben wurde, nicht das Verborgene ist, welches
hier gemeint ist.
Sayyidunā Mūsās - Friede auf ihm – Mutter weiß über die Zukunft Bescheid.
Die Salafiten sagen, dass solche Sachen vom Satan sind und Schirk sind. Was sol-
len wir jetzt tun? Eingebungen durch Engel (ilḥām) sind gemäß des Islāms wahr.
Die Einflüsterungen des Satan (Waswasa) führen vom Dīn weg.
Es gibt einen Unterschied zwischen dem Wissen des Inhaltes der aufbewahr-
ten Tafel, in die Allāh alles niederschrieb, was war, ist und sein wird, genannt
Lawḥ al-Maḥfūẓ, und dem Wissen des Verborgenen. Das Wissen im Lawḥ ist nicht
das komplette verborgene Wissen, denn Lawḥ ist auch nur eine Schöpfung. Mit
der Aussage Allāhs: „…er klärt niemand darüber auf“, ist das vollständige kom-
plette Wissen gemeint und nicht, dass man nicht Anteile vom verborgenen Wis-
sen haben kann. Dies sagt auch Scheich Saʿd al-Dīn al-Taftāzānī in seinem Scharḥ
al-Maqāṣid. Hinzu kommt, dass dadurch, dass Allāh das Wissen gibt, es nicht be-
deutet man habe das Wissen des Verborgenen durch sich selbst bekommen.
Was nun verstehen wir darunter, dass die gleichen Handlungen, die Allāh
zugeschrieben werden, auch den Geschöpfen zugeschrieben werden? Die Fähig-
keit und die Kraft zu haben, eine bestimmte Sache vollbringen zu können gleicht
nicht dem Erschaffen und Hervorbringen einer Sache aus dem Nichts. Allāh - Erha-
ben und Makellos ist Er – gab Sayyidunā Khidr, dem Mann, der den Thron Balqīs
brachte, den Geisterwesen, Sayyidunā ʿīsā, der die Toten erweckte und vielen an-
deren Fähigkeiten zu Dingen, die nur Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – ma-
chen kann. Die Menschen haben allgemein Fähigkeiten und Kräfte bestimmte
Dinge zu tun, doch dies nennt man nicht ‚Erschaffen‘, sondern Erwerb (kasb).
Eine Sache kann nur Allāh erschaffen und nur Er ist es, der eine Sache ge-
schehen lässt und hervorbringt.
Habt ihr ein Beweis dafür, dass die Fähigkeiten, die Allāh seinen vorherigen
Freunden gab, wie Sayyidunā Khidr, dem Mann bei Sayyidunā Sulaymān und den
anderen vorher erwähnten, nicht seinen heutigen Freunden gibt?
Nein, habt ihr nicht, doch wir haben schon ausreichende Beweise vorgelegt
und werden noch weitere Beweise vorlegen.
544 28/7
261
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
َف َو َج َدا َعب ًدا ِم ْن ِعب ِاد َنا َآتي َن ُاه َر ْح َم ًة ِم ْن ِع ْن ِد َنا َو َع َّل ْم َن ُاه ِم ْن َل ُد َّنا ِع ْل ًما
ْ َ ْ
„Da fanden sie einen von unseren Dienern, dem wir Barmherzigkeit von uns
hatten zukommen lassen, und den wir Wissen von uns gelehrt hatten.“545
Wie man sieht, kann Allāh, wenn Er will, wem Er will übernatürliches Wis-
sen und übernatürliche Fähigkeiten geben. Diese können Propheten sein, aber
auch einfache Menschen. Beispiele hierfür gibt es bei den Prophetengefährten
und auch den späteren Awliyāʾ.
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – sagt in den Versen, ich gebe Wissen,
habe Wissen gegeben. Wollt ihr nun Allāh dafür kritisieren? Was ist mit euch, dass
ihr euch in Sein tun einmischt? Wieso ergibt ihr euch nicht? Wieso diese Sturheit?
Sagt Er, dass Er den Götzen der Götzendiener, die kein Leben in sich haben,
dieses Wissen gab? Wie könnt ihr die Awliyāʾ mit den Götzen vergleichen und wie
die Taten der Muslime mit den Taten der Götzendiener?
So sagt doch Allāh - Erhaben und Makellos ist Er:
ِ ِ ِ ٍ ِ ِ
ين َ ِإ َّن في َذل َك
َ آليات ل ْل ُم َت َو ّسم
„Wahrlich, hierin liegen Zeichen für die Einsichtigen.“549
Der Gesandte Allāhs sprach:
545 18:65
546 8:29
547 Bukhārī, Faḍāil, 16.
548 Al-Bayhaqī, Scharḥ al-Sunnah Ibn Marda, 2/3; Ibn Kathīr, 8/354.
549 15/75.
262
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
: قال رسول اهلل صلى اهلل عليه وسلم:عن أبي سعيد الخدري رضى اهلل عنه قال
.اتقوا فراسة المؤمن فانه ينظر بنور اهلل
„Fürchtet euch vor den Blicken des Gläubigen, denn er sieht mit dem Licht
Allāhs.“550
Als ein Mann auf dem Weg zu Sayyidunā ʿUthmān seine Blicke auf einer Frau
ruhen ließ und sie leidenschaftlich ansah, sprach Sayyidunā ʿUthmān, als der
Mann seinen Raum betrat: „Jemand betritt den Raum und auf seinen beiden Au-
gen sind die Spuren der Unzucht.“, worauf der Mann fragte: „Gibt es etwa nach
dem Propheten Offenbarung?“, und Sayyidunā ʿUthmān sprach: „Nein, doch der
Gläubige hat Einsicht (farasa).“551
Ibn Taymiyya erzählt: „Aswad al-Ansī rief zu der Zeit, als er Prophetie be-
hauptete, Abū Muslim zu sich und fragte: „Bestätigst du, das ich ein Prophet bin?“,
und er sagte: „Nein, das tue ich gewiss nicht“, und daraufhin wurde Abū Muslim
in ein brennendes Feuer geworfen. Die Männer sahen aber, wie Abū Muslim im
Feuer sein Gebet verrichtete und ihm nichts geschah. Als Abū Muslim nach dem
Tod des Propheten nach Madina kam, ließ ihn Sayyidunā ʿUmar zwischen sich
und Abū Bakr setzen und sagte zu den Anwesenden: „Allāh soll gepriesen sein!
Bevor ich das Ende meines Lebens erreichte, durfte ich miterleben, wie Allāh -
Erhaben und Makellos ist Er - in der Gemeinde Muḥammads - Segen und Friede
seien auf ihm – jemanden hervorbrachte, der wie der Freund Gottes Ibrāhīm ins
Feuer geworfen wurde und nicht verbrannte.“552
ʿAbdullah b. Masʿūd - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – sagt:
„Wahrlich, wir Gefährten des Propheten vernahmen die Lobpreisungen des
Essens, auch wenn dieses Essen gerade verzehrt wurde.“553
Usayd b. Khudair und ʿAbbād b. Bischr befanden sich bei einer Sitzung des
Propheten in der Nacht. In der Finsternis der Nacht verließen sie die Sitzung und,
weil es so dunkel war, konnten sie ihren Weg nach Hause nicht finden, doch da
fing plötzlich der Stab von einem der beiden zu leuchten an. Beide gingen dann
ihren Weg mit diesem Licht und, als sie sich trennen mussten, da fingen beide
Wanderstäbe an zu leuchten.554
Abū Hurayra - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – überliefert:
550 Tirmidhī, Tafsīr, 16, Nr. 3127, 5/298. Bukhārī, al-Tārīkh al-Kabīr, Nr. 1529, 7/354.
551 Nabhani, Hujjatullah, S. 862.
552 Ibn Taymiyyah, al-Furqan, S. 162.
553 Bukhārī Ḥadīth Nr. 3805, Mirqat al-Mafātiḥ, Ḥadīth Nr. 5944, Fatḥ al-Bārī VII, 125; Al-Musann-
af, XI, 280; al-Musnad, III, 137; Scharḥ al-Sunna, XIV, 187
554 Bukhārī, Ḥadīthnr. 1351; Maṣābīḥ, Ḥadīthnr. 4652.
263
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Als der Gesandte Allāhs ʿAlā b. Ḥadramī nach Bahrain sandte, war ich mit
ihm und habe drei merkwürdige Wunder erlebt: „Wir kamen an das Meeresufer,
und er sprach die Basmala und befahl: „Läuft darüber“, und wir liefen darüber
und die Fersen der Kamele wurden nicht einmal nass. Als wir durch die Wüste
zogen, endete unser Wasservorrat. Wir gaben ihm Bescheid und er hielt an, be-
tete zwei Einheiten, sprach ein Bittgebet und es fing an zu regnen. Als er starb,
verschwand sein Grab.“555
Der Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – handelte und lebte
allgemein wie ein ganz normaler Mensch, damit er für seine Gemeinde ein voll-
kommenes und perfektes Vorbild sein konnte und er zeigte nur dann Wunder,
wenn es nötig war. Die Freunde Allāhs trennen sich nicht einmal eine Haares-
breite vom Weg des Propheten. Dies allein genügt schon, um zwischen wahren
Wundertaten (karamāt) und Scharlatanerie und Täuschung (istidrāj) zu unter-
scheiden.
Auch der Pharao besaß Täuschungen und Scharlatanerie. In seinem vierhun-
dertjährigen Leben hatte er nicht einmal Kopfschmerzen und seine Zähne strahl-
ten rein und weiss. Wenn er mit seinem Pferd einen Abhang hinunter ritt, dann
verlängerten sich die Vorderbeine seines Pferdes.
Einige Widersprechen dem Beistand und der Wirkungsgewalt der Freunde
Allāhs durch die Ferne. Das Problem liegt darin, dass dies in der spirituellen Welt
durch die Seele geschieht und der Verstand, der an die materielle Welt gebun-
den ist, kann sich solche Dinge schwer vorstellen. Diese Hilfeleistungen und die-
ser Beistand geschieht in verschiedenen Formen, zu verschiedenen Zeiten und
in verschiedenen Entfernungen. Deswegen wollen jene, die es nicht selbst erlebt
haben, Beweise dafür, damit sie die Angelegenheit verstehen und begreifen. Sie
haben in dieser Hinsicht auch Recht. Wenn wir eine Sache nicht verstehen, fra-
gen wir diejenigen, die Wissen und Erfahrung darüber haben. Wir werden wei-
tere Beweise noch anführen und weiterhin falsche Vorstellungen und Ansichten
offen darlegen. Lasst uns nun folgenden Ḥadīth betrachten:
: قال رسول اهلل صلى اهلل عليه وسلم:عن أبي هريرة رضى اهلل عنه قال
وما يزال عبدى يتقرب إلي بالنوافل حتى أحبه فإذا أحببته كنت سمعه الذي
ّ
. وجله التي يمشي بها، ويده التي يبطش بها، وبصره الذى يبصر به،يسمع به
„Abū Hurayra überliefert vom Propheten - Segen und Friede seien auf ihm
-, dass Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – gebietet:
555 Abū Nuʿaym, Haythamī, 9/376; Dalāʾil, S. 208; Bukhārī, Tārīkh al-Bidāya, 6/155.
264
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„Mein Diener nähert sich mir mit nichts mehr als mit den Taten, die ich ihm
als Pflicht erklärt habe. Wenn mein Diener mit freiwilligen Taten sich mir noch
mehr annähert, liebe Ich ihn und, wenn Ich ihn liebe, dann werde Ich sein hören-
des Ohr, sein sehendes Auge, seine greifende Hand und sein wandelnder Fuß. So
hört er mit Mir, sieht mit Mir, greift mit Mir und läuft mit Mir.“556
Alle Wundergaben, alle Fähigkeiten und auch alle Themen des Istighātha
werden in diesem Ḥadīth auf den Kern gebracht und erläutert. In diesem Ḥadīth
wird uns berichtet, welche Formen und welche Fähigkeiten die Freunde Allāhs
haben. Der große Gelehrte und Qurʾānerläuterer, Imām Fakhr al-Dīn al-Rāzī, den
wir schon vorher zitierten, es aber noch einmal tun wollen, sagt hierzu: „[…]Das
Gleiche ist auch mit anderen Dienern, denn solange diese in ihrem Dienst an Allāh
fortfahren, wird Allāh ihnen auf die Stufe des ‚Ich werde sein Ohr, sein Auge‘ erhe-
ben. Wenn das Licht Allāhs sein Ohr wird, hört er das Ferne und das Nahe. Wenn
er sein Auge wird, dann sieht er das Nahe und das Ferne. Wenn dieses Licht seine
Hand wird, wird das Schwere leicht, das Ferne nah, und er wird die Wirkungs-
kraft/Einfluss [at-tasarruf] in allen Bereichen besitzen.“557
Ein vollkommener Walī hilft mit der Erlaubnis Allāhs und seiner Erschaffung
einem Gläubigen, der ihn in seiner Not um Hilfe ruft. Ein Freund Allāhs, dessen
Herz mit dem Licht Gottes gereinigt ist, kann mit der Erlaubnis Allāhs unabhän-
gig von der Entfernung einen jeden Ort dieser Welt sehen, hören, und auch dort-
hin gehen und in das dortige Geschehen eingreifen. Dies ist ein Leichtes für die
Diener, für die Allāh es bestimmt, gewollt und erschaffen hat. Doch nur Allāh
weiß, wem Er wann diese Fähigkeiten gibt.
Ibn Taymiyya sagt, dieser Ḥadīth sei einer der wahrhaftigsten Aḥādīth über
die Freunde Allāhs. Der Gesandte Allāhs sagt uns auch, dass die Feindschaft ge-
genüber den Freunden Allāhs oder auch nur eine Beleidigung ihrer Person zu ei-
nem Krieg gegen Allāh führt, denn Allāh erklärt solchen Menschen den Krieg.
Das heißt, dies ist eine sehr schwerwiegende Sünde. „Ich räche meine Freunde
selbst, genauso wie ein zorniger Löwe seine Rache nimmt.“558
Während Ibn Taymiyya und Ibn al-Qayyim diesen Ḥadīth als ṣaḥīḥ erachten,
gibt es einige Menschen, die diesen Ḥadīth anzweifeln. Doch Imām Bukhārī und
viele andere Gelehrte haben diesen Ḥadīth akzeptiert und die angeblichen Män-
gel in der Überlieferungskette nicht beachtet. So gibt es im Uṣūl al-Ḥadīth eine
Regel die lautet, dass, wenn die Gelehrten einen Ḥadīth akzeptiert haben und
ihn praktizieren, er mit Übereinstimmung aller akzeptabel ist, auch wenn er in
seiner Überlieferungskette Mängel aufweist. Selbst wenn wir die Schwäche der
556 Bukhārī, Riqāq, 38; Ibn Mājah, Fitan, 16.
557 Mafātiḥ al-Ghayb
558 Ibn Taymiyyah, Furqan, S. 14.
265
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
266
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
in Erfüllung gehen. Dies wurde oft gesehen.“560, und: „Ein solches Wunder kann
als das Wunder des Grabbewohners erachtet werden.“561
Ibn Taymiyya selbst erachtet solche Wünsche und Bitten nicht für korrekt,
aber er gibt zu, dass diese mit der Erlaubnis Allāhs erfüllt werden.
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – gebietet:
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Gebet verrichtete, sah er genauso diejenigen, die hinter ihm beteten, wie er jene
sah, die vor ihm beteten.
Anas b. Mālik überliefert vom Gesandten Allāhs - Segen und Friede seien auf
ihm -: „Vollzieht eure Verbeugungen und Niederwerfungen vollständig und kor-
rekt. Bei Allāh, ich sehe euch, wenn ihr in die Verbeugung und Niederwerfung
geht, auch wenn ihr hinter mir steht.“564
Von Makka aus sah er mit seinen bloßen Augen die Moschee in Jerusalem.
Er sah die Paläste der Levante, die Tore Sanaas und die Städte des Khosrau, als
er um Madina herum einen Graben hob. Dies ist bei Imām Nawawī überliefert.
Er sah von Madina aus die verletzten Soldaten in Mūta, sah seine Komman-
danten. Er sah von Madina aus den Tod des Najaschi und verrichtete in seiner
Abwesenheit für ihn das Totengebet in seiner Gebetsnische.
Für das Sehen mit dem Licht Allāhs dienen auch Sayyidunā ʿUmar und
ʿUthmān als Beispiel.“ […]
Beispiel dafür, dass mit Allāh gegriffen wird, ist Sayyidunā ʿAlī. „Ich werde
die Fahne in dieser Schlacht einer solchen Person geben, die Allāh und seinen Ge-
sandten liebt.“, und daraufhin rief der Gesandte Allāhs Sayyidunā ʿAlī, der eine
Entzündung an seinen Augen hatte. Ich hielt ʿAlī an der Hand und führte ihn zum
Propheten. Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – nahm von seinem ge-
ehrten Speichel und bestrich damit die Augen Sayyidunā ʿAlīs, worauf seine Au-
gen geheilt waren. Dann gab der Prophet ihm die Fahne.
Am Tag der Eroberung Khaibars hob Sayyidunā ʿAlī die Tore der Festung mit
bloßen Händen in die Luft. Die Muslime stiegen auf diese Tore und eroberten so
die Festung. Nach der Eroberung versuchten vierzig Männer das Tor zu heben,
doch sie schafften es nicht.565
Ein Beispiel für denjenigen, der mit Allāh läuft, ist der Wesir des Sayyidunā
Sulaymān - Friede auf ihm -, der sagte: „Ich bringe es dir in einem Augenschlag.“,
und Sulaymān sagte: „Dies ist ein Geschenk meines Herrn.“566
Aus dem Ḥadīth und den dargelegten Beispielen verstehen wir nun, dass
Übernatürliches möglich ist, schon geschehen ist und weiterhin geschehen wird.
Jetzt ist nur noch die Frage zu klären, ob die Freunde Allāhs auch von einer wei-
ten Entfernung helfen können.
Wenn ein Freund Allāhs, wie ein jeder Prophet auch, eine Duʿāʾ macht, dass
Allāh ihm erlaubt den Menschen in Notsituationen oder Heimsuchungen zu helfen,
wie z.B.: „Oh Allāh! Gib mir die Kraft und Fähigkeit, den Muslimen in schweren
564 Bukhārī, Riqāq, 38; Ibn Mājah, Fitan, 16.
565 Bukhārī, Adhan, 71, Īmān, 3; Nasāʾī, Tatbik, 60; Aḥmad b. Ḥanbal, al-Musnad, 312.
566 Bukhārī und Muslim.
268
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Situationen zu helfen!“, dann kann Allāh diese Duʿāʾ entweder annehmen oder
nicht. Dies ist allein Seine Entscheidung.
Doch Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – sagt im Ḥadīth: „Wenn er etwas
von mir will…“, was darauf hinweist, dass Allāh diese Duʿāʾ annimmt.
Den Ḥadīth des Ibn ʿAbbās, mit den Worten des Imām Nawawī, des Imām
Ālūsī und anderen erwähnten wir schon.
Auch den Tafsīr des Imām al-Rāzī erwähnten wir, worin er sagte, dass die
Seelen Kräfte haben und Wirkungsgewalt beherrschen. Ob seine Auslegung nun
korrekt ist oder nicht, darauf kommt es nicht an, sondern darauf, dass er daran
glaubte, dass bestimmte Seelen in dieser Welt Wirkungsgewalt haben nach ihrem
Ableben. Imām Ālūsī stimmte dieser Auslegung zu, warnt aber vor Missverständ-
nissen. Dass diese zwei großen Qurʾānerläuterer akzeptieren, dass die Seelen der
Awliyāʾ nach ihrem Tod noch Verfügungsgewalt in dieser Welt haben und nicht
ausrufen, dass dies ein Glaube des Schirk sei, ist der hier zu betonende Punkt.
Während in unserer heutigen Zeit in Indien und anderen Orten dieser Welt
verschiedenen Nichtmuslimen übernatürliche Geschehen wirken, kann Allāh -
Erhaben und Makellos ist Er – auch seinen Freunden die Fähigkeit geben solche
Wunder zu wirken. Die übernatürlichen Geschehen der Kuffār werden als istidrāj
bezeichnet, und die der Muslime als Karāmāt. Die Überlieferungen bezeugen dies,
auch wenn die Wahhabiten dies akzeptieren oder nicht.
Sich auf diese Hinweise berufend kann ein Muslim, der die Wundertaten der
Awliyāʾ, die nach Qurʾān und Sunna leben, sieht oder liest, mit der richtigen Ab-
sicht wie beim Einnehmen eines Medikamentes auch, von den Awliyāʾ Hilfe er-
bitten, damit sie Übernatürliches vollbringen oder für ihn Duʿāʾ machen. Jemand,
der ein Medikament einnimmt, glaubt in Wirklichkeit nicht, dass dieses Medika-
ment ihn heilt, sondern er weiß, dass der wahre Heilende einzig und allein Allāh
ist, aber Allāh diesem Medikament die Erlaubnis gab und dieses Medikament als
Mittel benutzt, um seinen Geschöpfen Heilung zu bringen. So wie ein Gemisch
aus verschiedenen Substanzen durch die Erlaubnis Allāhs den Menschen heilen
kann und es kein Schirk ist, wenn man die Heilung durch tote, leblose Medika-
mente sucht, weil der Brauch Allāhs dies erfordert, ist es auch kein Schirk Hilfe
durch und von den Freunden Gottes zu ersuchen, die sehr wohl lebendig sind
und von Allāh beehrt wurden.
Dieses Hilfeersuchen von den Awliyāʾ unterscheidet sich überhaupt nicht von
dem Fragen eines Arztes oder eines Polizisten um Hilfe.
Wie wir in den obigen Hinweisen schon aufzeigten, kann Allāh - Erhaben
und Makellos ist Er – den Awliyāʾ verschiedene übernatürliche und unglaubliche
Dinge ermöglichen, darunter das Bringen des Thrones von Balqīs. Wenn Allāh
269
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
jemandem ein solches Wissen und eine solche Fähigkeit geben kann, dann haben
diese Awliyāʾ eine viel größere Gabe und Gnade bekommen als Ärzte sie haben.
So wie das Ersuchen der Hilfe vom Arzt kein Schirk ist, ist auch das Ersuchen der
Hilfe von den Awliyāʾ kein Schirk.
Wenn Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – nicht erlaubt, dass ein Diener
eine Nadel aufhebt, dann kann dieser Diener all seine Kraft aufwenden und den-
noch wird er nicht fähig sein diese Nadel aufzuheben. Doch wenn Allāh ihm er-
laubt zu tun, was er tun will, dann kann er all dies auch tun. Wenn jemand aber
denkt, der Diener habe eine Macht, Kraft und Fähigkeit in sich selbst, bedingt
durch sein Leben und seine Existenz, dann ist dies der eigentliche Schirk.
So sagt Imām Subkī (gest. 771/1369) über Istighātha, dass dies in der Sprach-
wissenschaft als majāz al-ʿaqlī bezeichnet wird. Majāz al-ʿaqlī bedeutet, dass eine
Handlung nicht dem wahren Täter und Hervorbringer (mā hiya lah) zugeschrie-
ben wird, sondern dem Ort, der Zeit und dem Gegenstand, bei dem sich diese
Tat manifestiert.
So heißt es im Qurʾānvers: „Wenn die Erde ihre Lasten auswirft…“, und dies
ist eine sprachliche Redewendung. Obwohl Allāh - Erhaben und Makellos ist Er
– derjenige ist, der in Wirklichkeit diese Lasten auswirft und dies geschehen
lässt, wird die Handlung nicht dem wahren Täter, sondern dem Ort, dem Gege-
stand und der Zeit der Manifestation der Tat zugeschrieben. Doch in Wirklich-
keit ist Allāh gemeint.
So sagen jene, die istighātha machen, insbesondere die Ṣūfīs, dass die Per-
son bei der sie Hilfe ersuchen nicht der wahre Täter ist, sondern in Wirklichkeit
nur Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – der Helfer ist und sie eigentlich von
Ihm dies wünschen. Einen anderen Glauben bezeichnen auch sie selbst als Schirk.
Was verstehen wir daraus, dass die gleiche Handlung Allāh, dem Schöpfer
zugeschrieben wird? Aus dem, was wir nun bis jetzt geschrieben haben, geht her-
vor, dass die Fähigkeit und Kraft, eine Sache tun zu können, nicht gleich bedeu-
tet, diese auch zu erschaffen.
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – gab den erwähnten Menschen, wie
Sayyidunā Khidr und dem Mann, der den Thron von Balqīs brachte und ande-
ren, bestimmte Fähigkeiten und Kräfte, damit sie Dinge tun, die nur Allāh tut
und, wenn Allāh es erlaubt, dann können die Menschen eben auch Handlungen
ausführen, die Allah - Erhaben und Makellos ist Er – sich selbst zuschrieb. Doch
diese Menschen sind nur die Erwerber dieser Handlung (kasb), nicht die Erschaf-
fer (khalq). Eine Sache erschafft allein nur Allāh und nur Allāh ist in Wirklich-
keit fähig zu irgendetwas Macht und Kraft hervorzubringen.
Imām Nawawī (gest. 676/1277) sagt folgendes:
270
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„Wenn jemand eine Handlung einer Sache zuschreibt, aus oder an der die
Handlung geschah, mit dem Wissen und Glauben, dass diese Sache nicht der Schöp-
fer und Verwalter des Universums ist, sondern, dass diese Existenz nur ein Mit-
tel ist, das gemäß des Willens Allāhs handelt und ein Anzeichen für das ist, was
später sein wird, dann wird eine solche Person gemäß der Übereinkunft der Ge-
lehrten nicht als Kāfir bezeichnet.“
Ansonsten wird ein jeder Mensch, sei er auch ein Prophet zum Götzendiener,
wenn er Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – etwas beigesellt. Doch wenn man
aber bewusst ist und glaubt, dass Allāh der wahre Handelnde ist und er alles er-
schafft, aber die Tat dem Objekt zuschreibt, an dem diese Handlung geschieht,
dann ist diese Person kein Kāfir.
Nachdem wir dies nun wissen, können die verstorbenen Menschen genauso
wie die Lebenden für ihre Nachkommen und auch für andere Muslime Duʿāʾ ma-
chen und können mit der Erschaffung und Erlaubnis Allāhs helfen. Wie wir wis-
sen, machen die Verstorbenen Duʿāʾ für ihre lebenden Verwandten. Siehe hierzu
das Kapitel: „Wie die Lebenden von den Toten profitieren können“, in dem wir
viele Berichte und Überlieferungen erwähnten, wie die Toten den Lebenden hel-
fen können. Wie kann man z.B. leugnen, dass uns Sayyidunā Mūsā - Friede auf
ihm – aus seinem Grab heraus geholfen hat, als er unserem Propheten - Segen
und Friede seien auf ihm – riet, noch einmal zu Allāh - Erhaben und Makellos ist
Er – zurückzukehren, damit Er die Anzahl der Gebete für diese Gemeinde herun-
tersetze? Welch großer Nutzen kam zu uns durch Sayyidunā Mūsā!
271
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Es wird überliefert, dass Mālik al-Dār, der Schatzmeister des Kalifen ʿUmar
sagte: „Viele Menschen wurden wegen einer Dürreperiode zur Zeit des Sayyidunā
ʿUmar zerstört. Letztlich ist dann eine Person zum Grab des Gesandten Allāhs ge-
gangen und rief dort: „Oh Gesandter Allāhs! Verlange für deine Gemeinde Regen,
denn sie sind wahrlich zerstört!“ Daraufhin erschien ihm der Gesandte Allāhs im
Traum und sagte: „Geh und bring ʿUmar von mir einen Gruß und sie werden in
sehr kurzer Zeit Wasser kriegen. Sag ihm, er solle wachsam und schlau sein [und
so nicht die Duʿāʾ für Regen verspäten].‘
Dieser Mann ging und gab Sayyidunā ʿUmar Bescheid und dieser weinte: „Oh
Herr! Ich tue alles, nur nicht, was nicht in meiner Macht liegt.“
Die Analyse und Einstufung dieses Ḥadīth findet man im Kapitel: „Tawassul“.
ʿUthmān b. Ḥunayf sagt: „Ich sah einen blinden Mann zum Gesandten Allāhs
- Segen und Friede seien auf ihm -kommen und er beschwerte sich darüber, dass
er sein Augenlicht verloren hatte. Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm -
sagte zu ihm: ‚Möchtest du nicht lieber geduldig sein?‘ Er antwortete: ‚Oh Gesand-
ter Allahs, ich habe niemanden, der mich führt und es ist mir zu einer Qual gewor-
den.‘ Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm - sagte ihm: ‚Geh und vollziehe
die Waschung (Wuḍūʾ), dann bete zwei Gebetseinheiten (rakaʿātayn) und mache
diese Duʿāʾ (Bittgebet): ‚Oh Allāh, ich bitte Dich und ersuche Dich durch deinen
Propheten Muḥammad, dem Propheten der Barmherzigkeit. Oh Muḥammad, ich
ersuche meinen Herrn durch dich und wende mich mit dir zu ihm, auf das meine
Bitte erfüllt werde. Oh Herr! Akzeptiere seine Fürsprache!‘ Ich schwöre bei Al-
lah, wir waren noch nicht weggegangen und wir hatten noch nicht lange geredet,
bis der Mann zurückkehrte, als wäre er niemals krank gewesen.“
Die Analyse und Einstufung dieses Ḥadīth findet man im Kapitel: „Tawassul“.
Als der Gesandte Allāhs gestorben war, ging Sayyidunā Abū Bakr sofort in
sein Haus, betrat den Raum, in dem der Prophet lag, hob den Schleier vom Ange-
sicht des Propheten und sagte: „Mein Vater und meine Mutter seien dir geopfert,
dein Leben war schön und so auch dein Tod. Erinnere dich bei deinem Herrn an
272
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
uns, damit wir von deinem Herzen Licht bekommen“, und in der Überlieferung
des Aḥmad b. Ḥanbal heißt es, dass Abū Bakr - möge Allāh mit ihm zufrieden sein
– den Propheten auf die Stirn küsste und: „Wā nabiyyā!“ sagte, dann seine Stirn
dreimal erneut küsste und sagte: „Wā safiyya“, dann wieder ihn dreimal küsste
und sagte: „Wā Khalīlā!“. In dieser Überlieferung ist eine Anrede des Propheten
und ein Ruf nach ihm, und zwar nach seinem Tod.
Sayyidunā ʿUmar, als Abū Bakr ihn vom Tode des Propheten überzeugte, sprach:
„Meine Eltern seien dir geopfert, oh Gesandter Allāhs! In deiner Moschee
war ein Dattelpalmenstumpf, an dem du dich bei der Kanzel abstütztest. Als das
Volk sich vermehrte, hast du eine Kanzel errichten lassen, damit die Menschen
dich besser hören können. Der Dattelpalmenstumpf weinte, als du dich von ihm
trenntest. Du hast deine Hand auf ihn gelegt und er beruhigte sich. Deine Umma
hat noch viel mehr Wert nach dir zu trauern!“, und die Worte Sayyidunā ʿUmars
sind noch länger, mit vielen Anrufungen. Dies ist überliefert in al-Schifaʾ des Qāḍī
ʿIyāḍ, im Iḥyāʾ des al-Ghazālī, in Mawāhib al-Ladunniya des Imām al-Qasṭallānī
und im al-Madhkal des Ibn al-Ḥajj.
Bukhārī überliefert durch Anas - möge Allāh mit ihm zufrieden sein -, dass
Sayyida Fatima beim Tod des Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – sagte:
„Oh mein Vater, der dem Ruf seines Herrn folgte, der ihn zu sich rief! Oh mein Va-
ter, dessen Wohnstätte das Paradies Firdaws ist! Oh mein Vater, dessen Todes-
nachricht wir Jibrīl - Friede auf ihm -übergeben müssen!“ Hier wird der Prophet
nach seinem Tode angesprochen.
Die Tante des Propheten, Safiyya - möge Allāh mit ihr zufrieden sein –, sprach
folgendes Gedicht nach dem Tod des Propheten:
„Oh Gesandter Allāhs! Du warst unsere Hoffnung
Du warst für uns ein gutes Vorbild, warst nicht grob!“
Imām Abū ʿAbdullah Muḥammad b. Mūsā b. Nuʿmān al-Mazālī al-Marrākuschī
überliefert mit seiner eigenen Überlieferungskette von Muḥammad b. Nuʿmān b.
Schibl al-Bākhilī folgendes: „Ich betrat Madina und ging an das Grab des Prophe-
ten Muḥammad. Da sah ich, wie ein Beduine mit seinem Kamel schnell heran ge-
ritten kam. Er stieg herab, band sein Kamel an und kam zum Grab des Prophe-
ten. Er grüßte den Propheten und machte eine schöne Duʿāʾ. Danach sprach er:
„Für meine Eltern oh Gesandter Allāhs! Wahrlich, Allāh hat dich mit seiner Of-
fenbarung erwählt und Er offenbarte dir ein Buch, welches das Wissen derer vor
und nach dir beinhaltet, und in seinem Buch gebietet Er: „Wenn sie (nun), wo sie
(durch ihre Sündhaftigkeit) gegen sich selber gefrevelt haben, zu dir kämen und
Allah um Vergebung bitten würden, und (wenn) der Gesandte (daraufhin seiner-
seits Allah) für sie um Vergebung bitten würde, dann würden sie finden, daß Allah
273
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
gnädig und barmherzig ist.“ Ich komme nun zu dir, meine Sünden zugebend, da-
mit du Fürsprache für mich einlegst!“567
Imām Dhahabī, einer der Schüler des Ibn Taymiyya, überliefert:
Imām al-Tabarānī und zwei Ḥadīthgelehrte wie er, Abū Bakr b. Muqrī und
Abū al-Scheich befanden sich in Madina und verbrachten einige Tage in Hunger,
ohne Essen zu finden. Da ging Abū Bakr b. Muqrī zum Grab des Gesandten Allāhs
und sagte: „Oh Gesandter Allāhs! Der Hunger hat uns vernichtet!“, und beklagte
sich dort. Am gleichen Abend kam ein Mann aus Madina, klopfte an ihre Tür und
sagte: „Ihr habt euch über uns beim Propheten beklagt. Er kam in meinen Traum
und befahl mir euch zu helfen.“, und übergab ihnen ein Korb voller Nahrung.568
Ibn al-Jala - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – erzählt:
„Ich betrat die Stadt des Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – und
war hungrig. Da ging ich zu seinem Grab und sagte: „Heute bin ich dein Gast!“, und
schlief dort ein. Da sah ich in meinem Traum den Propheten - Segen und Friede
seien auf ihm – und er gab mir ein Brot, von dem ich die Hälfte aß und, als ich
erwachte, befand sich die andere Hälfte in meiner Hand.“ (Imām Muḥammad b.
Mūsā b. Nuʿmān, Misbāḥ al-Zalām)
Abū al-Khayr al-Aqtaʿ - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – erzählt:
„Ich betrat die Stadt des Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – und
war hungrig. Ich verblieb dort ganze fünf Tage lang, ohne etwas gegessen zu
haben. Ich ging zum Grab des Propheten, grüßte ihn, Abū Bakr und ʿUmar, und
sagte dann: „Oh Gesandter Allāhs! Ich bin dein Gast!“, worauf ich mich dann zu-
rückzog und hinter dem Grab einschlief. Im Traum sah ich den Propheten und
an seiner Rechten befand sich Abū Bakr und an seiner linken ʿUmar und vor ihm
ʿAlī. ʿAlī stupste mich an und sagte: „Steh auf, der Gesandte Allāhs ist gekom-
men!“, und ich stand sofort auf. Ich ging zum Gesandten Allāhs und küsste seine
beiden Hände und er gab mir ein Brot, von dem ich die Hälfte aß. Und was sah
ich da, als ich erwachte! Die andere Hälfte befand sich in meiner Hand!“ (Sulamī,
Ṭabaqāt al-Ṣūfīyya)
Der Ṣūfī Abū ʿAbdullāh Muḥammad b. Zurʿā erzählt:
567 Der geehrte Sayyid Muḥammad ʿAlawī al-Mālikī sagte: „Dies wurde überliefert von Imām
Nawawī in verschiedenen Werken, von Ibn Kathīr in seinem Tafsīr zu diesem Vers, von Abū
Muḥammad b. Qudāma in seinem al-Mughnī, Abū al-Faraj b. Qudāma in seinem Scharḥ al-Kabīr,
Manṣūr b. Yūnus in seinem Kaschschāf, von Imām Qurtubi in seinem Tafsīr und noch viele
andere Ḥadīthgelehrten und Qurʾānerläuterer. Der große Rechtsgelehrte und Ḥadīthmeister
Imām Nawawī sagte sogar, dass die Rezitation des Gedichts des Utbi am Grabe des Propheten
mustaḥab ist.“ (Mafāhīm, S. 157)
568 Al-Dhahabī, Sīyar al-ʿAlam, 16/400.
274
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„Mein Vater und ʿAbd al-Raḥmān b. al-Khafīf begaben sich gemeinsam nach
Makka. Uns traf eine Hungersnot und wir begaben uns in die Stadt des Prophe-
ten. Wir übernachteten hungrig. Ich war noch ein Kind, welches die Pubertät nicht
erreicht hatte. Ich kam ständig zu meinem Vater und sagte: „Ich bin hungrig!“,
und mein Vater ging zum Grab des Gesandten Allāhs und sagte: „Oh Gesandter
Allāhs! Heute Abend sind wir deine Gäste!“, worauf er sich dann zum Gedenken
Allāhs hinsetzte. Als einige Zeit verging, erhob er sein Haupt und da weinte er
plötzlich, und plötzlich lachte er. Als man ihn fragte, was denn sei, sprach er: „Ich
sah den Gesandten Allāhs in meinem Traum und er legte Goldmünzen in meine
Hand“, und als er seine Hand öffnete, sahen wir die Goldmünzen. Allāh legte uns
Segen in diese Goldmünzen, die uns ausreichten, bis wir Schiraz erreichten.“ (ʿAlī
al-Sindī, Tawassul)
Ḥāfiẓ Abū al-Qāsim Ibn al-ʿAsākir überliefert in seinem Tārīkh mit einer Über-
lieferungskette bis Abū al-Qāsim Thābit b. Aḥmad b. al-Ḥusayn al-Baghdādī: „Er
(Thābit) sah einen Mann, der neben dem Grab des Propheten - Segen und Friede
seien auf ihm – den Gebetsruf für das Morgengebet rief. Als er sagte: „Das Gebet
ist besser als der Schlaf“, vernahm einer der Moscheediener dies, kam zu ihm und
schlug ihn. Der Mann begann zu weinen und sagte: „Oh Gesandter Allāhs! Sehe
was mir in deiner Gegenwart angetan wird!“, und sofort fiel der Diener gelähmt
um, wurde nach Hause getragen und starb nach drei Tagen.“ (11/104)
Ibn al-Jawzi und andere haben dies überliefert, wie z.B. Muḥammad b. Mūsā
b. al-Nuʿmān. Er hat ein Buch über diese Dinge geschrieben.
Er Ibn an-Nuʿmān berichtete etwas, was jemandem oder einem seiner Be-
kannten geschah,:
„Ich hörte Abū Isḥāq Ibrāhīm b. Saʿd sagen: „Ich befand mich in der Prophe-
tenstadt und bei mir waren drei Ṣūfīs. Wir bekamen Hunger und gingen zum Ge-
sandten Allāhs und sagten: „Oh Gesandter Allāhs! Wir besitzen überhaupt nichts.
Was auch immer es ist, uns würden davon drei Hände voll langen.“ Später trafen
wir einen Mann, der uns dann drei Handvoll Datteln gab.“ (Samhūdī, Wafā al-Wafā)
Es gibt unglaublich viele solcher Überlieferungen von den Gelehrten und in
vielen verschiedenen Büchern.
Ibn Abī Dunyā überliefert in seinem Buch Mujābī al-Duʿāʾ, dass eine Person
kam, um ʿAbdulmālik b. Saʿīd b. Said bin Abjar zu sehen. ʿAbdulmālik drückte
dessen Bauch und sagte ihm dann, dass er an einer unheilbaren Krankheit litt.
Der Mann fragte ihn: „Was ist es?“, und ʿAbdulmālik erklärte ihm, dass es etwas
wie ein Geschwür ist, das in seinem Inneren wächst und letztlich den Menschen
tötet. Dann heißt es, dass der Patient sich umdrehte und sagte: „Allāh! Allāh!
Allāh ist mein Herr! Ich betrachte niemanden als seinen Rivalen oder Partner. O
275
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Allāh! Ich ersuche Dich und füge mich Dir durch die Vermittlung deines Prophe-
ten Muḥammad, dem barmherzigen Propheten! O Muḥammad! Durch deine Ver-
mittlung füge ich mich dir und meinem Herren, damit er Barmherzigkeit auf mir
habe während meiner Krankheit.“ Es heißt, dass ʿAbdulmālik dann sein Bauch er-
neut drückte und sagte: „Du bist geheilt, du leidest unter keiner Krankheit mehr.“
Ibn Taymiyya sagt dazu in seinem Kommentar: „Ich sage, dass dies und an-
dere Formen des Bittgesuches von unseren Vorfahren übernommen wurden.“
(Qā‘ida Jalīla fī al-Tawassul wa al-Wasīla, S.91)
Imām al-Qasṭallānī erzählt in seinem Buch al-Mawāhib: „Ich litt unter einer
Krankheit, welcher die Ärzte nicht behandeln konnten. Ich litt jahrelang unter die-
ser Krankheit. In der 27. Nacht des Monats Jumādā al-Ūlā im Jahre 893 befand ich
mich in Makka und ersuchte Istighātha beim Propheten - Segen und Friede seien
auf ihm. In der Nacht sah ich in meinem Traum, wie ein Mann zu mir kam und
sagte: „Dies ist ein Rezept für ein Medikament gegen die Krankheit des Aḥmad b.
al-Qasṭallānī, welches mit der Erlaubnis des geehrten Meisters (gemeint ist der
Prophet) ausgestellt wurde.“ Ich bin aufgewacht und schwöre bei Allāh, dass ich
danach keine Schmerzen mehr hatte und von der Krankheit geheilt war. Durch
den Segen des Gesandten Allāhs wurde ich gesund.“
Scheich Muwaffaq al-Dīn Ibn Qudāma al-Maqdisī569 schrieb in seinem letzten
Werk al-Waṣiya: „Wenn du Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - um etwas bitten
möchtest, dann sollst du deine Waschung nehmen, zwei Einheiten beten, auf Allāh
- Erhaben und Makellos ist Er - vertrauen und dem Propheten - Segen und Friede
seien auf ihm - Friedensgrüße (ṣalawāt) schicken. Daraufhin sollst du sprechen:
„Es gibt keine Gottheit außer Allāh, dem Nachsichtigen, dem Großzügigen.
Preis sei Allāh, dem Herrn des überwältigenden Thrones! Gepriesen sei Allāh,
der Herr über jegliche Schöpfung! Oh Allāh! Ich erbitte von Dir bei der notwen-
digen Wahrheit deiner Barmherzigkeit, bei der Größe deiner Vergebung und dei-
nes Reichtums, jegliche Rechtschaffenheit und den Schutz vor jeglicher Sünde! Oh
Allāh! Weder lasse mich in Sünde schwellen, ohne dass du sie mir vergibst, noch
lasse mich in hohen Erwartungen liegen, ohne dass du sie mir gewährst. Gebe
569 Er ist der Imām Muwaffaq al-Dīn Ibn Qudamah. Sein Name ist ʿAbdullah b. Aḥmad b.
Muḥammad. Ibn Kathīr sagt über ihn: „Er war der Scheichulislam, ein Imām, ein Gelehrter von
außergewöhnlichem Geschick. Weder vor noch in seiner Zeit fand man jemanden, der so viel
Wissen in Fiqh besaß wie er.“ Er ist einer der vertrauenswürdigsten Ḥanbalī-Rechtsgelehrten,
dessen Bücher von allen echten Ḥanbalīs studiert und analysiert wurden, darunter al-Mughnī
(das Buch, welches als letztes von seinen Fiqh-Büchern studiert wird). Sein Klassenkamerad
war Abū al-Wafa ibn al-Jawzī. Beide studierten sie unter Scheich ʿAbd al-Qādir al-Jīlānī (Gey-
lani/Gilani). Scheich Ibn Qudama lernte unter großen Gelehrten und beendete seine Studien
mit 24 Jahren und erhielt seine Lehrerlaubnis. Er rahimahullah kämpfte mit Salāh al-Dīn al-
Ayyubī gegen die Kreuzritter. Er starb im Jahre 620.
276
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
mir keinen Wunsch, den ich habe, außer es macht dich zufrieden. Oh Barmher-
zigster aller Barmherzigen! Mache dies so!“
Sage ebenfalls:
„Oh Allah! Ich frage dich und wende mich Dir zu durch deinen Propheten
Muḥammad - Segen und Friede seien auf ihm -, dem Propheten der Barmherzig-
keit! Oh Muḥammad! Ich wende mich durch dich zu meinem Herrn, dem Mäch-
tigen und Majestätischen, sodass mein Bedürfnis gestillt werde! Oh Allah! Ich
ersuche eine Fürsprache durch ihn, so lasse es so werden!“ Daraufhin erwähne
dein Bedürfnis.“
Zayn al-Dīn al-Kirmānī al-Ḥanafī schreibt in al-Masālik fī al-Manasik, S. 1073,
über den Besuch des Prophetengrabes:
„Oh Geliebter Allāhs! Wir kamen zu dir, uns selbst Unrecht antuend, Verge-
bung für unsere Sünden erfragend! Du bist unser Prophet! Deswegen lege für
uns Fürsprache ein bei unserem und deinem Herrn, und bitte Allāh darum, uns
auf deiner Sunna zu töten und uns unter deiner Gemeinde zu erwecken und uns
an deinen Teich zu bringen und uns aus deiner Hand von deiner Tasse zu trinken
ohne uns zu schämen und zu bereuen! Oh Gesandter Allāhs! Schafāʿa! Schafāʿa!
Schafāʿa! (Fürsprache!)“ – das sollte er dreimal sagen: „Allāh bezeichnete dich
als Raʾūf und Raḥīm, deswegen lege Fürsprache für den ein, der zu dir kam und
sich selbst Unrecht tat, der seine Sünden zugibt und zu seinem Herrn reuig zu-
rückkehrt…“
Der bekannte Ḥanafī Rechtsgelehrte ʿAbdullāh b. Maḥmūd al-Mawsilī schreibt
in seinem berühmten Werk al-Ikhtiyār, 1/176, über den Besuch des Grabes: „Oh
Gesandter Allāhs! Diese und jene Person hat Salām an dich, und er ersucht deine
Fürsprache bei Allāh, deswegen lege Fürsprache für ihn und für alle Muslime ein!“
Kamāl al-Dīn Ibn al-Humām schreibt in seinem Fatḥ al-Qādir, 3/169: „Oh Ge-
sandter Allāhs! Ich frage dich um deine Fürsprache!“
Der große Imām, der Faqīh, einer der größten letzten ḥanafītischen Gelehr-
ten, Ibn ʿĀbidīn al-Schāmī, dessen Gelehrsamkeit keinem Studenten des Wissens
verborgen ist, schreibt in seiner Abhandlung: al-Fawāʼid al-mukhaṣṣaṣa: „…Ich sah
darin zwei Notizen: die Erste von ʿUmdat al-Muḥaqqiqīn, Faqīh al-Nafs, Abū al-
Ikhlāṣ al-Scheich Ḥasān al-Schurunbulālī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein -
und die zweite von Hadrat al-Ustadh, der beides ergriffen hatte, das äußere und
das innere Wissen, der die Führung der Suchenden ist und der Ausbilder der As-
keten, Sayyidī ʿAbd al-Ghanī al-Nablusī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein,
sein Geheimnis ehren, und uns mit seinem Segen wiederholen! Amin! So entschei-
dete ich den Inhalt dieser zwei Notizen zu erwähnen, indem ich die Hilfe Allahs
277
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
subhanahu wa ta‘ala ersuche und den Beistand und Hilfe dieser zwei Imāme er-
suche (mustamida min madad hadhayn al-imamayn)...“
Imām Schams al-Dīn al-Ramlī570 wurde in seinem Fatāwā al-Ramlī gefragt:
„Bezüglich dem, was man bei den Laien beobachten kann nämlich, dass sie
in Not rufen: „Oh Scheich so-und-so!“ und „Oh Gesandter Allāhs!“, sowie ähnli-
chen Formen, mit denen sie die Propheten, Awliyāʾ, ʿUlamāʾ und die Frommen um
Hilfe bitten (Istighātha); Ist dies erlaubt oder nicht? Und die Gesandten, Prophe-
ten, Awliyāʾ, Frommen und die Scheichs – besitzen sie diese Fähigkeit zu helfen
nach ihrem Tod und was bestärkt diese Ansicht?“
Er - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – antwortete:
„Istighātha beim Propheten und bei den Gesandten, den Awliyāʾ, ʿUlamāʾ und
Frommen ist erlaubt. Die Propheten, Gesandten und die Awliyāʾ haben (die Fä-
higkeit) nach ihrem Tod zu helfen, denn die Wunder der Propheten und Awliyāʾ
hören nach ihrem Tode nicht auf. Bezüglich des Propheten (wissen wir, dass) sie
in ihren Gräbern leben und sie die Pilgerfahrt vollziehen, wie es im Ḥadīth be-
richtet wurde. Deswegen wird Hilfe ihrerseits als ein Wunder erachtet; und die
Märtyrer sind ebenfalls lebendig und sie wurden offensichtlich gesehen, wie sie
auf dem Schlachtfeld die Kuffār töteten. In Bezug zu den Awliyāʾ gilt dies als eine
Karāmāt für sie. Die Sunniten, das Volk der Wahrheit, glaubt, dass dies von den
Awliyāʾ mit Absicht oder auch ohne Absicht geschehen kann (d.h. dass der Awliyāʾ
darüber Bescheid wissen kann oder nicht)– also solche Dinge, die den natürli-
chen Brauch der wahrnehmbaren Realität durchbrechen und, die Allah der Er-
habene durch sie zum Vorschein bringt.“
Imām Ibn Ḥajar al-Haythamī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – schreibt
in seinem Buch al-Jawhar al-Munaẓẓam: „Unter den Unwahrheiten des Ibn Tay-
miyya, die kein Gelehrter vor ihm sprach und womit er Meinungsverschiedenheit
unter den Menschen des Islāms hervorrief, ist, dass er Tawassul und Istighātha
durch ihn - Segen und Friede seien auf ihm - kritisierte; aber dies ist nicht wie er
es behauptete [d.h. es ist nicht verboten].“, und erläutert dies dann ausführlich.
Imām Zāhid al-Kawtharī571 schreibt in seinem Maqalat, dass die Istighātha
erlaubt ist.
570 Er ist Schams al-Dīn b. Aḥmad b. Muḥammad, geboren in Ramla, ein Dorf in der Nähe von Ma-
nufiyyah, Ägypten, im Jahre 919 n.H. Er war der Sohn des berühmten Schāfiʿī Faqīh und Muftis
Schiḥab al-Dīn al-Ramlī. Unter seinen Lehrern war auch sein Vater, Scheich al-Islām Zakariyya
al-Anṣārī und al-Khaṭīb al-Schirbīnī. Nach dem Tod seines Vaters wurde er Großmufti Ägyp-
tens. Er hatte ein solch hohes Ansehen, dass ihn viele Leute als den Mujaddid seines Jahrhun-
derts bezeichneten.
571 Muḥammad Zāhid b. Ḥasān al-Kawtharī al-Ḥanafī (gest. 1296 – 1371 n.H.), ein Geschenk des
letzten Scheichulislams des Osmanischen Kalifats, der Ḥanafī Faqīh, der von Imām Muḥammad
Abū Zahra als ‚Mujaddid des 14. Jahrhunderts‘ bezeichnet wurde.
278
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Imām Taqī al-Dīn al-Subkī schreibt in seinem Schifaʾ al-Siqam fī zayarat khayr
al-Anam: „Wisse, dass es erlaubt und lobenswert ist, Tawassul, Istighātha und die
Fürsprache des Propheten - Segen und Friede seien auf ihm - bei seinem Herrn
- Erhaben und Makellos ist Er - zu ersuchen. Die Erlaubnis und Wünschenswer-
tigkeit dessen ist sehr bekannt unter jenen, die Dīn (Religion) haben und es ist
uns auch bekannt von den Propheten und Gesandten sowie von den rechtschaf-
fenen Altvorderen (Salaf), Gelehrten und den Laien der Muslime.“
Der große Imām und Muḥaddith Muḥammad b. Aḥmad b. ʿAlī al-Sindī al-Anṣārī
al-Ḥanafī, der Meister aller Gelehrten in Madina, der zur Zeit des Muḥammad b. ʿAbd
al-Wahhāb lebte, schrieb ein gesamtes Schreiben über Tawassul und Istighātha,
in dem er die Erlaubnis für Istighātha erklärt und die Überlieferungen und An-
sichten vieler ʿUlamāʾ bringt. Dort sagt er: „Es ist offensichtlich, dass nach uns
an dem Ausruf: „Eile mir zur Hilfe, oh Gesandter Allāhs!“, nichts auszusetzen ist.“
Dieser Imām hat eine Erläuterung des Durr al-Mukhtar geschrieben, welches
60 Bänder umfasst. Er zählt zu einen der großen ʿUlamāʾ.
Imām Ibn al-Ḥājj572schreibt in seinem Buch al-Madhkal: „Unsere Gelehrten
sagten: „Er - Segen und Friede seien auf ihm – sah das Antlitz seines Herrn, denn
er ist das Kronjuwel Seines Königreichs. Wer immer auch tawassul durch ihn er-
sucht, Beistand durch ihn erhofft (istighātha bihi) oder sein Bedürfnis durch ihn
ersucht, wird nicht abgewiesen oder enttäuscht.“573, und der Imām erwähnte noch
viele solcher Dinge in seinem Buch.
ʿAllāma Yūsuf b. Aḥmad al-Dijwī, gest. 1946 in Ägypten, war ein Lehrer auf
der al-ʾAzhar Universität und ein Rechtsgelehrter der mālikītischen Schule und ein
bekannter Muḥaddith. Er hat viele wichtige Schreiben verfasst über Istighātha,
von dem wir eines hier zitieren wollen:
„Wenn sie (die Salafis) es verbieten, das Wohlwollen Allahs zu ersuchen, in-
dem man die Dinge erwähnt, die er liebt (al-Tawassul) und das Ersuchen von Hilfe
(al-Istighātha) [bei seiner Schöpfung] als Schirk ansehen, einfach weil es Tawas-
sul und Istighātha ist, so ist es auch Schirk, wenn jemand sich beschwert, weil
ihm Ungerechtigkeit angetan wurde und er jemanden sucht, der ihm Gerechtig-
keit erweist, und wenn jemand Hilfe von jemand anderem erbittet in einer seiner
Angelegenheiten und persönlichen Dinge, ist es auch Schirk. Auch wenn der König
572 Abū ʿAbdullah Muḥammad b. Muḥammad al-ʿAbdarī al-Fāsī al-Mālikī, besser bekannt als Ibn
al-Ḥājj. Der Autor vieler nützlicher Bücher, unter denen das bekannteste Al-Madhkal ilā al-
Scharaʾ al-Scharīf ist. Ibn Ḥajar al-ʿAsqalānī sagt über dieses Buch: „Es hat unglaublichen Nut-
zen. In diesem Buch deckte er die Erneuerungen und Fehler der Menschen auf und erörterte
sie. Viele dieser erwähnten Dinge sind von den verbotenen, und einige von denen, die viel-
leicht doch erlaubt sind.“ Er starb im Jahr 737 n.H. in Kairo..
573 1/258
279
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
in Kriegen die Hilfe seiner Armee ersucht, ist es Schirk. Auch wenn die Armee
Hilfe vom König ersucht, um das zu bekommen, was sie benötigt, ist es Schirk.
Tatsächlich können wir sagen, dass nach ihrer Annahme [dass das Hilfe Ersuchen
bei Geschöpfen Schirk ist] das Ersuchen von Hilfe eines Lehrlings bei Händlern
und Künstlern, ohne die man nicht auskommt und auch das Ersuchen um Hilfe
eines Patienten bei einem Arzt Schirk ist. Nach ihrem Prinzip wäre auch der Is-
raelite, welcher die Hilfe Mūsās - Friede auf ihm - ersuchte, wie Allah - Erhaben
und Makellos ist Er - berichtet, in den Schirk gefallen. „Derjenige, der von seiner
Gemeinschaft war, flehte ihn um Hilfe an gegen den, der vom feindlichen Lager
war. Moses versetzte diesem einen Faustschlag, sodass er tot niederfiel.“ (28:15)
Viele andere Absurditäten folgen aus diesem Prinzip, welches keine vernünf-
tige Person beibehalten würde und erst recht nicht ein ehrenhafter gelehrter Mann.
Dies alles ist so, wenn sie darauf bestehen, dass das Ersuchen um Hilfe bei
anderen als Allah lediglich deswegen verboten ist, weil es Hilfe ist, wie wir wei-
ter oben annahmen. Wenn sie jedoch sagen, dass Tawassul und Istighātha Schirk
sind in Bezug auf Verstorbene, aber nicht in Bezug auf Lebende, so ist unsere
Antwort, dass es keine Grundlage für diese Meinung gibt, wenn man erst ein-
mal eingestanden hat, dass das Ersuchen um Hilfe bei anderen als Allah erlaubt
und kein Schirk ist, wenn diese am Leben sind, insbesondere wenn man be-
denkt, was diesbezüglich im Qurʾān erwähnt wird und dem Konsens der Leute
aller Orte und Zeiten entspricht. Weiterhin gibt es keine Grundlage für die Mei-
nung, dass das Ersuchen einer Wirkung bei anderen als Allah manchmal Schirk
ist und andere Male wiederum nicht, denn in jedem Fall gibt es eine Zuschrei-
bung der Wirkung zu jemand anderem als Allah [, was zumindest äußerlich ge-
sehen die Essenz von Schirk ist].
Wenn sie aber sagen, dass sie nicht glauben, dass die wirkende Ursache (das,
was direkt wirkt, um eine Wirkung hervorzurufen) tatsächlich unabhängig in den
lebenden Geschöpfen, deren Hilfe wir ersuchen, existiert, so antworten wir, dass
sie in diesem Fall gezwungen sind, das Verbot mit dem Glauben, dass die leben-
den Geschöpfe die wirkende Ursache unabhängig von Allah sind, zu verbinden
– ohne einen Unterschied zwischen den Lebenden und den Toten zu machen. In
diesem Fall, wo solch ein Glaube existiert, findet man Schirk, ansonsten nicht,
unabhängig davon, ob man die Hilfe bei Lebenden oder Toten ersucht. Anderer-
seits, wenn der für das Verbot ausreichende Grund der ist, dass die scheinbare
Zuschreibung eines wirkenden Grundes (zu anderen außer Allah) durch den äu-
ßerlichen Ausdruck eines Satzes entsteht, so muss alles (gemeint ist, das Ersu-
chen um Hilfe bei den Lebenden und bei den Toten) Schirk sein, sodass die Per-
son, welche ihren Bruder um Hilfe beim Packen seines Pferdes bittet oder sein
280
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Haus zu bauen oder ein Loch zu graben usw. in den Schirk fällt, wie wir es be-
reits am Anfang erklärten.
Wenn sie aber sagen, dass sie diese Handlungen und Ursachen anderen als
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - zuschreiben, im Falle der Lebenden, im Glau-
ben, dass die Erschaffung (dieser Handlungen) und ihre Herkunft nur durch Al-
lah - Erhaben und Makellos ist Er – ist und, dass die Lebenden lediglich die Tat
erhalten (, was der Aschʿarī Glaube des „Verdienens“ ist) und nicht mehr, so ant-
worten wir, dass dies auch der Fall mit den Toten und dem Ersuchen ihrer Hilfe
ist oder dem Erwähnen derer, um Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - Wohlge-
fallen zu erreichen. In beiden Fällen ist es das Gleiche, nämlich der Glaube (des
Sprechenden/Hilfe Ersuchenden), dass Allah allein die Macht in den Himmeln
und der Erde hat und, dass alle Dinge von Ihm abhängen und, dass das, was Er
will auch wird und, was Er nicht will, niemals sein wird und, dass Er allein der
Erschaffer ist und, dass es keinen Urheber gibt außer Ihm.
Andererseits, wenn sie sagen, dass das Geheimnis des Verbotes das ist, dass
die Toten nicht tun können, um was man sie bittet (nämlich für sie zu Allah zu
beten), so sagen wir, dass dies sowieso (nur weil man sie um etwas bittet, was
sie nicht tun können) kein Schirk wäre, sondern vielmehr wäre es einfach eine
Absurdität. Genau genommen ist das Ersuchen um Hilfe bei den Lebenden nä-
her zum Schirk als das Ersuchen um Hilfe bei den Toten, da man im Fall der Le-
benden eher dazu neigt, zu glauben, dass sie direkte Macht haben, zu geben und
zu nehmen, so wie es die Sinne wahrnehmen und die Erfahrung glauben ma-
chen kann, wären da nicht das Licht des Glaubens und klare rationale Beweise.
Weiterhin fragen wir euch, was die Aussage bedeutet, dass die Toten nichts
tun können? Was ist eurer Meinung nach das Geheimnis und die wahre Bedeu-
tung? Falls es deswegen ist, weil ihr glaubt, dass die Toten zu Staub zerfallen sind,
dann sagen wir euch, wie weit ihr euch doch verirrt habt in eurer Religion und
wie unwissend ihr doch seid bezüglich dessen, was euch vom Propheten überlie-
fert wurde, ja sogar von eurem Herrn bezüglich der Bestätigung des Lebens der
Seelen und deren Beständigkeit, nachdem sie die Körper verlassen haben. [Un-
ter den Dingen, die überliefert sind und, die ihr ignoriert, ist] das Sprechen des
Propheten zu den Seelen der Toten am Tag (der Schlacht) von Badr, als er sagte:
„Oh Abū Jahl b. Hischām, Oh Umayya ibn Khalf, Oh ‘Utbah ibn Rabi, habt ihr nicht
gesehen, dass das, was euer Herr euch versprach (furchtbare Strafe), wahr ist?
Denn ich habe gesehen, dass das Versprechen meines Herren wahr ist.“ ʿUmar
hörte die Aussage des Propheten und sagte: „Wie können sie hören und wie kön-
nen sie jemals antworten, wo sie doch augenscheinlich verrottende Leichen sind?“
Er antwortete: „Bei Dem, Der meine Seele besitzt, du hörst nicht besser, was ich
sage als sie es tun, nur können sie nicht antworten.“
281
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Darunter ist auch das Grüßen der Toten mit Salam auf dem Friedhof und was
Er (sallallahu ‘alayhi wa sallam) zu ihnen sagte: „Friede sei auf euch, oh Leute des
Grabes.“ Darunter sind auch die Ahadith, die sich mit der Bestrafung und dem
Glück im Grab beschäftigen und die das Kommen und Gehen der Seele bestäti-
gen usw., unter den vielen Beweisen, mit denen der Islam gekommen ist und wel-
che auch die Philosophen von Alt und Neu bestätigen. Wir werden uns mit einer
Frage zufrieden geben: Glauben sie (die Salafis), dass die Märtyrer lebendig sind
in Gewahrsam ihres Herrn, wie es der Qur’an kundtut oder nicht? Wenn sie es
nicht glauben, so besteht keine Notwendigkeit, irgendeine Diskussion mit ihnen
weiterzuführen, da sie den Qur’an leugnen, welcher besagt: „Und sagt nicht über
diejenigen, die fi-sabilillah getötet werden: „Sie seien Verstorbene.“ Nein, sondern
sie sind Lebendige. Doch ihr merkt es nicht.“ (2:154)
Und auch: Und denkt nicht, dass diejenigen, die fi-sabilillah getötet wurden,
Tote seien. Nein, sondern Lebendige sind sie! Bei ihrem HERRN wird ihnen Ver-
sorgung gewährt. (3:169)
Wenn sie es aber glauben, dann sagen wir ihnen: Die Propheten und viele
der Gefährten sind besser als die Märtyrer, ohne jeden Zweifel. Wenn etabliert
ist, dass die Märtyrer am Leben sind, so ist es noch mehr etabliert, dass diejeni-
gen, die besser sind als sie, auch am Leben sind.
Tatsächlich wird ausdrücklich in einigen Ahadith erwähnt, dass die Propheten
in ihren Gräbern lebendig sind (und ich werde einige davon als Nächstes erwäh-
nen) und wahrlich, der Prophet (sallallahu ‘alayhi wa sallam) sah Musa (alayhi
salam) wie er auf dem roten Sandhügel betete und er beriet ihn mehrmals, als
50 tägliche Gebete eingeführt werden sollten, bis sie auf fünf reduziert wurden.
Genauso traf er Adam und Ibrahim und andere Propheten, Friede auf ihnen al-
len, was alles zeigt, dass die Seelen der Propheten lebendig sind, ohne jeglichen
Zweifel.“ (Ende der Worte al-Dijwīs)
Imām Suyūṭī schreibt: „Dass die Seele sich mit dem Körper verbinden kann,
während sie sich in der hohen Welt befindet und Wirkungskraft besitzt, wird uns
durch den Ḥadīth von Ibn ʿAsākir klar. ʿAbdullah Ibn ʿAbbās überliefert: „Nach-
dem Jaʿfar al-Tayyār zum Märtyrer wurde, sprach der Gesandte Allāhs: „Eines
Nachts kam Jaʿfar zu mir. Bei ihm befand sich ein Engel mit zwei Flügeln. Die
Spitzen seiner Flügel waren mit Blut befleckt. Sie waren auf dem Weg zu einem
Tag in Jemen namens Bīscha.“
Ibn ʿAdī überliefert von Sayyidunā ʿAlī b. Abī Ṭālib, dass der Gesandte Allāhs
sagte: „Ich habe Jaʿfar b. Abī Ṭālib unter den Engeln gesehen. Er ging zum Volk
Bīschas, um ihnen frohe Botschaft kundzutun, dass Regen kommt.“
282
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Ḥākim überliefert von ʿAbdullah Ibn ʿAbbās: Ich saß beim Gesandten Allāhs.
Asmāʾ bint Umays war bei uns und, als der Gesandte Allāhs - Segen und Friede
seien auf ihm – sagte: „wa ʿalaykum salām – und auch auf dir soll der Friede sein“,
sprach er: „Oh Asmāʾ! Gerade war dein Gatte Jaʿfar gemeinsam mit Jibrīl und Mi-
kail bei mir. Sie grüßten mich und ich habe ihrem Gruß geantwortet. Er teilte mir
mit, dass er in der Schlacht von Mūta gegen die Kuffār einige Tage gekämpft hat.
Er wurde an 73 Stellen seines Körpers verwundet. Er sagte, dass er die Fahne
in seine Rechte nahm und, als sie ihm den Arm abschlugen, er sie in seine Linke
nahm. Allāh habe ihm für seine beiden Arme nun zwei Flüge gegeben, mit denen
er nun gemeinsam mit Jibrīl und Mikail fliegt. Er verlasse das Paradies wann er
will, und er betrete und speise von seinen Früchten wann er will.“
Als Asmāʾ dies hörte, dankte sie Allāh für die Gaben die Er Jaʿfar gab. Der
Gesandte Allāhs sagte: „Ich fürchte, dass, wenn ich dies erzähle, nicht alle Men-
schen mir glauben werden.“, worauf Asmāʾ sagte: „Steige auf die Kanzel und er-
zähle es! Sie werden dir glauben!“, und der Gesandte Allāhs - Segen und Friede
seien auf ihm – tat dies.“
283
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Bedeutung des Wortes Himma ist das Herz, den Willen, die Gefühle und
Gedanken an einem Punkt zu sammeln und in eine Richtung zu lenken.
In Bezug auf das viel diskutierte Himma der Awliyāʾ und der vollkommenen
spirituellen Anleiter, wird es auch als die Zuwendung des Scheichs, als spiritu-
elle Wirkungsgewalt, spiritueller Blick, Licht oder Duʿāʾ des Scheichs verstanden.
Himma trägt auch die Bedeutungen: Gnade erweisen, helfen, zur Hilfe eilen
oder die Hand zur Hilfe reichen und kann auch als Madad verstanden werden.
„Oh so-und-so! Mache mir Himma“, bedeutet: „Mit deiner Nähe und deiner
Achtung bei Allāh mache Duʿāʾ für mich!“, das heißt: „Oh Herr! Erfülle meine Wün-
sche aufgrund der Taten dieses Menschen und seiner Himma für mich!“
Kann der Scheich Himma für seinen Schüler machen und wie sieht dies
aus?
Sayyid Scharīf Jurjānī beschreibt Himma wie folgt: „Himma: damit etwas für
einen selbst oder einen anderen geschieht, mit seiner gesamten Seele und seinem
Herzen zu Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – zu wenden.“, das heißt, Himma
ist eine Art Duʿāʾ.
Doch auch hier müssen wir den Intellekt der Person berücksichtigen, die
wir ansprechen: Wenn Allāh nicht erschafft und erlaubt, kann ein Diener nicht
einmal eine Nadel vom Boden aufheben. Wenn Allāh aber erlaubt, gibt es keine
Einschränkungen. Einen Teil der wahren Macht beim Diener zu sehen und einen
anderen bei Allāh, bedeutet in Wirklichkeit den Diener Allāh beizugesellen. Dies
ist der wahre Schirk.
Es wird behauptet, dass die Anwerber bei einem Erfolg sagen würden, dass
nicht Allāh ihnen geholfen habe, sondern es die Himma ihres Scheichs war. Wo-
her habt ihr so etwas? So etwas kann nicht sein. Wenn, dann heißt es, dieser Er-
folg war mit der Erlaubnis Allāhs und das Resultat der Hilfe.
284
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Wenn der Reisende auf dem Weg Allāhs sagt, dieser mein Erfolg oder diese
meine Wohltat und göttliche Gnade ist aufgrund der hohen Anleitung und An-
strengung meines Lehrers, seiner Duʿāʾ und seiner Bitten und seines Segens und
nicht von mir selbst, dann hat er einen guten Gedanken über seinen Scheich. Er
erachtet in der Welt der Gründe seinen Scheich als den ersten Grund und was
ist dabei, wenn er solch gute Gedanken über seinen Scheich hegt? Ist dies nicht
eine Form der Dankbarkeit?
Der Schüler erklärt nicht in langer Form seinen Glauben, sondern sagt ganz
kurz: „Mit der Himma meines Scheichs ist dies geschehen.“ Er weiß, dass Allāh es
ist, der ihm den Erfolg gab und Allah diese Hilfe für ihn erschuf und hervorbrachte.
285
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
286
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Bestimmte Praktiken
d
287
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ein Nutzen im Lesen des Qurʾāns für die Toten, dann hätte der Prophet - Segen
und Friede seien auf ihm – dies sicherlich gesagt, denn er wurde darüber befragt,
was eine Person beim Besuch eines Grabes tun soll.
Würde man nur ein wenig vom Qurʾān und der Sunna beherrschen, würde
man sich nicht mit solchen Erneuerungen beschäftigen. So wie es keinen Beweis
für das Rezitieren des Qurʾāns für die Toten gibt, gibt es im Gegensatz dazu gar
viele Beweise die uns das Gegenteil sagen.
Die Sūra Yāsīn für die Toten zu rezitieren ist eine der abscheulichen Erneue-
rungen, die dem Qurʾān und der auf die Qurʾān konzentrierten Sunna wider-
sprechen. Diese Erneuerung gab es in der Zeit des Propheten und der vier Kali-
fen noch nicht und kam erst später hervor. In der Sūra Yāsīn gibt es nicht einen
Vers, der die Toten anspricht und es gibt nicht einen einzigen Ṣaḥīḥ Ḥadīth über
das Lesen der Sūra Yāsīn.
Die Schāfiʿīs, anders als die Ḥanafīs, erläuterten den Ḥadīth über das Lesen
der Sūra Yāsīn, indem es heißt: „über eure Toten“, als: „über jene, die gerade am
Sterben sind.“
Sieht man auf die drei Rechtsschulen abseits der Ḥanafīs, findet man offen-
sichtlich, dass der Qurʾān nicht über die Toten gelesen werden darf. Obwohl die
Gelehrten der Salaf sehr eifrig im Verrichten guter Taten waren, wurde von kei-
nem überliefert, dass er den Qurʾān über die Toten rezitierte.
Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – lehrte dies auch nicht. Er
lehrte Duʿāʾ, das Bitten um Vergebung für sie (istighfār), das Geben von Almosen,
das Verrichten der Pilgerfahrt und das Fasten in ihrem Namen. Würde der Lohn
des Rezitierens die Toten erreichen, dann hätte der Prophet - Segen und Friede
seien auf ihm – dies sicherlich auch gelehrt und sie hätten dies auch getan.
Der Qurʾān ist ein Gesetz für die Lebenden und nicht für die Toten. Über wie
viele Tote hat unser Prophet den Qurʾān gelesen und in wie vielen Versen heißt
es: „Lest über eure Toten“?!
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
582 Dieses Kapitel ist ein Auszug aus dem Buch des Yūsuf Acar, , Temkin Yayınları, Istanbul, 2004.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Zuerst führten die Gelehrten der vier Rechtsschulen sowie die Fuqahāʾ ver-
schiedene Ansichten über das Thema auf. Wir hoffen, dass durch das Wissen die-
ser Ansichten das Thema besser verstanden und beleuchtet wird.
Die Ḥanafīs:
Die Ḥanafīs sagten, dass das Rezitieren des Qurʾāns an einem Grab oder an
einem anderen Ort gestattet ist und, dass bei der Bitte, diesen Lohn dem Toten
gut zu schreiben, der Lohn dem Toten zu Gute kommt.583
In fast allen Ḥanafī Rechtsbüchern befindet sich folgender Text: „Wenn je-
mand betet, fastet, die Pilgerfahrt vollzieht und den Qurʾān rezitiert und den
Lohn dann einem anderen gut schreibt – egal welche Absicht er dabei hat – er-
reicht dieser Lohn diese Person und diese Person profitiert davon. Es macht kei-
nen Unterschied, ob diese Person noch lebt oder gestorben ist.“584
Als Hinweis hierfür nahmen sie die Handlungen des Propheten, wie z.B. das
Schächten von Opfertieren für seine Umma und Aḥādīth, die das Rezitieren von
Yāsīn, das Vollziehen der Pilgerfahrt im Namen des Toten, das Nutzen des Gebens
von Almosen für den Toten sowie das Rezitieren der Sūra Yāsīn und Ikhlāṣ an Grä-
bern beinhalten.585 Vom Muḥaddith und Faqīh al-ʿAynī (gest. 855/1451) bis zum
Faqīh Ibn ʿĀbidīn (gest. 1252/1836) akzeptieren alle Ḥanafī Rechtsgelehrten dies.
Diese Aussage ist auch von den Ḥanafīs: „Gemäß der Schule der Sunniten
kann ein Mensch den Lohn seiner Gebete, seines Fastens, seiner Pilgerfahrt, sei-
ner Rezitation des Qurʾāns, seines Gedenkens (Dhikr) und schöner Taten ande-
ren Menschen schenken.“586
583 Ibn Nujaym, Baḥr al-Rāiq, 3/63; Maydānī, al-Lubāb, 1/138; Ibn ʿĀbidīn, Radd al-Muḥtar, 1/844.
584 Al-ʿAynī, al-Bināya, 3/844-845.
585 Ibid.
586 Fatḥ al-Qādir, 6/132; al-baḥr al-rāʾiq, 7/379; al-Radd al-Muḥtar, 2/263
290
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Ḥanbalīs:
Die Ḥanbalīs denken wie die Ḥanafīs und sehen das Rezitieren des Qurʾān
als gut. Aḥmad b. Ḥanbal erachtete das Rezitieren des Qurʾāns an Gräbern als
eine Erneuerung, revidierte jedoch seine Fatwā später.588
Aḥmad b. Ḥanbal nahm gemeinsam mit Muḥammad b. Qudāma al-Jawharī
an einem Totengebet teil und gerade als sie den Friedhof verlassen wollten, fing
ein blinder Mann an den Qurʾān an einem Grab zu rezitieren. Aḥmad verhinderte
dies indem er sagte: „Oh So-und-So! Es ist eine Erneuerung an den Gräbern den
Qurʾān zu rezitieren!“. Daraufhin befragte Muḥammad b. Qudāma Aḥmad über
Mubaschschir b. Ismāʿīl al-Ḥalabī und, ob er von ihm Ḥadīth nimmt oder nicht.
Aḥmad antwortete, dass diese Person vertrauenswürdig sei und er selbst von
ihm überliefert. Dann sagte Muḥammad b. Qudāma, dass Mubaschschir b. Ismāʿīl
ihm den Ḥadīth von Lajlāj (gest. 120/738) - möge Allāh mit ihm zufrieden sein –
überlieferte. Der Ṣaḥābī Lajlaj sprach, als er seinem Sohn sein Vermächtnis mit-
teilte, folgendes:
291
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
إذا دخلتم المقابر اقرؤا آية الكرسي ثالث مرار (قل هو اهلل أحد) ثم قل اللهم
ان فضله ألهل المقابر
„Rezitiert die Āyat al-Kursī und dreimal die Sūra Ikhlāṣ wenn ihr ein Fried-
hof betretet und spricht folgendes Bittgebet: „Oh Allāh! Übergebe den Lohn die-
ser Rezitation den Bewohnern dieser Gräber!“591
In einer anderen Überlieferung von ihm heißt es: „Rezitiert die Sūra al-Fātiḥa,
die al-Muʿawwidhitayn (al-Falaq und al-Nās) und Ikhlāṣ! Daraufhin schenkt den
Lohn dieser Rezitation den Bewohnern der Gräber!“592
Die führenden Rechtsgelehrten der Ḥanbalīs, Ibn Qudāma (est. 630/1223),
Ibn Qudāma al-Maqdisī (gest. 682/1283) und Ibn Taymiyya (gest. 728/1327) -
möge Allāh barmherzig mit ihnen sein -, sagten, dass dies die bekannte Ansicht
des Aḥmad b. Ḥanbal ist und bevorzugten diese Ansicht.593
In diesem Thema bewahrten die Ḥanafīs und die Ḥanbalīs einen weiten Rah-
men und sprachen, dass der Lohn einer jeden ʿIbāda bei Schenkung den Toten
erreicht und ihm nützt.594
Ibn Taymiyya sagt, dass in Bezug auf materielle Gottesdienste (wie Almo-
sen etc.) es unter den Sunniten keine Meinungsverschiedenheit gibt, es jedoch
hinsichtlich des Lohnes von Gebeten, Fasten, Pilgerfahrten und Rezitationen des
Qurʾāns Diskussionen gibt, ob diese nun den Toten erreichen oder nicht. Die rich-
tige Ansicht sei hier, dass auch dieser Lohn die Toten erreicht und er zeigte hier-
für die Aḥādīth als Hinweis, die wir weiter unten analysieren werden.595
/ und, dass dem Menschen nichts Anderes zuteil wird
als das, wonach er strebt…“596 Über diesen Vers sagt er, dass in der Mutawātir
Sunna und dem Konsens dieser Gemeinde vorkommt, dass Almosen, Freilassun-
gen von Sklaven, Bittgebete und Istighfār dem Toten Nutzen bringen, womit die-
ser Vers die Bedeutung trägt, dass jemand nur seine eigenen Taten besitzt. „Wie
Almosen und Duʿāʾ den Toten erreichen, ob dieser nun ein Verwandter sei oder
nicht, erreicht der Lohn einer jeden Tat den Toten und der Tote zieht Nutzen dar-
aus. Er bekommt sogar Lohn vom Totengebet, dass über ihn verrichtet wird.“597
591 Ibid.; Qurtubī, Tadhkira, 1/96
592 Kurtubi, 1/96
593 Ibn Qudāma, ibid., 2/424; Ibn Qudāma, al-Scharḥ al-Kabīr, 2/424; Ibn Taymiyyah, Majmūʿ al-
Fatāwā, XXIV, 366, 367.
594 Ibn Qudāma, al-Mughnī, 2/425.
595 Ibn Taymiyyah, ibid., XXIV, 367
596 53/39
597 Ibid.
292
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Mālikīs:
Die Mālikīs waren der Ansicht, dass der Lohn von körperlichen Gottesdien-
sten dem Toten nicht nützt, außer dem Lohn der Duʿāʾ. Gemäß ihrer Ansicht kann
man neben einem Sterbenden den Qurʾān rezitieren, doch bei der Bestattung und
danach darf man über den Toten kein Qurʾān lesen.
Doch ‘Abd al-Ḥaqq al-Ischbīlī (gest. 581/1185) und Imām al-Qurtubī (gest.
681/1282) sowie andere spätere Gelehrten der Mālikīs, insbesondere die Rechts-
gelehrten Andalusiens, waren der Ansicht, dass man über die Toten den Qurʾān
rezitieren darf und diese davon profitieren.598
Imām al-Qurtubī erörterte dieses Thema ausführlich in seinem Buch über
die Zustände der Toten und den Angelegenheiten des Jenseits und sagte am Ende:
„Der Lohn des Rezitierens des Qurʾāns erreicht die Toten und sie bekommen so-
gar Lohn dafür, dass sie der Rezitation zugehört haben. Der Lohn, den man nach
der Rezitation ihnen schenkt, erreicht sie auch, denn der Qurʾān ist eine Duʿāʾ, ein
Flehen nach Vergebung, ein inbrünstiges Gebet und eine Anbetung.“599
In der Mālikī Rechtsschule ist es bedingungslos gestattet, dass jemand in
sein Vermächtnis den Wunsch schreibt, dass über ihn Qurʾān gelesen wird.600
Qāḍī ʿIyāḍ sagt, dass das Rezitieren des Qurʾān über einen Toten bei Allāh
geliebt (Mustaḥab) ist.601
Die Schāfiʿīs:
Imām Nawawī schreibt in seinem al-Majmūʿ (15/521 – 522) folgendes:
Die bekannteste und verbreitetste Ansicht in der Rechtsschule Schāfiʿīs ist,
dass der Lohn der Rezitation des Qurʾān den Toten nicht erreicht. Doch die be-
vorzugte Ansicht ist, dass dieser Lohn - insbesondere wenn für den Toten Duʿāʾ
gemacht wird – den Toten erreicht.
Ab dem 6. Jahrhundert übernahmen die Schāfiʿī Fuqahāʾ außer Ibn ‘Abd as-
Salām (gest. 660/1261), die Ansicht der Ḥanafīs und sagten, dass die Toten den
Lohn der Rezitation bekommen.
Gemäß der Schāfiʿī und Ḥanbalī Rechtsschule ist es gestattet, dass jemand
in sein Vermächtnis schreibt, dass er die Rezitation des Qurʾān an seinem Grab
wünscht, denn der Lohn der Rezitation erreicht in drei Fällen den Toten:
598 ʿAbd al-Ḥaqq, al-ʿĀqiba, S. 254 – 255; Qurtubī, al-Tadhkira, 1/96-97
599 Qurtubī, al-Tadhkira, 1/103
600 W. Zuhayli, al-Fiqh al-Islām, VIII/51
601 Scharḥ des Muslim, 11/125
293
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
1. Wenn neben dem Grab rezitiert und nach der Rezitation eine Duʿāʾ gele-
sen wird und mit der Rezitation der Tote beabsichtigt war.602
2. Gemäß einigen Schāfiʿīs bekommt der Bewohner des Grabes den Lohn
des rezitierten Qurʾāns, ob danach eine Duʿāʾ folgt oder nicht, wenn mit der Re-
zitation beabsichtigt wird, dem Bewohner des Grabes gute Taten zukommen zu
lassen.603
3. Der Lohn einer Rezitation an einem Grab, dessen Lohn an alle Bewoh-
ner des Friedhofes geschenkt wird – erreicht nur ein Anteil des Lohnes die ein-
zelnen Seelen oder bekommen alle Seelen den gleichen gesamten Lohn? Einige
der Schāfiʿīs antworteten darauf wie folgt: Ibn Ḥajar: „Jeder Tote bekommt den
Lohn der Rezitation, ohne dass es aufgeteilt wird, und dies ist angemessen für
die große Barmherzigkeit Allāhs.“604
Imām al-Ghazālī listet neben den Aḥādīth, die wir in diesem Kapitel noch
auflisten werden, die Träume und Aussagen der Gelehrten des Islām auf und
legt dann dar, dass es nichts zu beanstanden gibt am Rezitieren des Qurʾāns für
die Toten und, dass der Lohn die Toten erreicht. Ghazālī, Ibn al-Salāh, Nawawī,
Muḥib al-Ṭabarī, Ibn al-Rifʿat, Ibn Ḥajar, Suyūṭī und al-Schirbīnī und fast alle an-
deren späteren Schāfiʿī Gelehrten waren dieser Ansicht, möge Allāh mit ihnen
allen zufrieden sein!605
Imām an-Nawawī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – sagt: „Es ist
Mustaḥab, dass der Besucher eines Friedhofes erst alle Bewohner grüßt, dann
Duʿāʾ macht für den Toten, den er besucht sowie für alle Muslime und dann vom
Qurʾān rezitiert, was ihm leicht fällt und danach für die Toten Duʿāʾ macht.“ Dar-
aufhin sagt Imām an-Nawawī, dass dies die Ansicht Imām al-Schāfiʿīs ist und ins-
gesamt die Ansicht der Schāfiʿī ʿUlamāʾ.606
Er überliefert in seinem al-Adkhār von Imām Schāfiʿī und dessen Gefährten:
„Es ist Mustaḥab, dass Besucher an den Gräbern Qurʾān rezitieren, und wenn sie
den Qurʾān komplett lesen, ist dies noch schöner.“, und dass die Ansicht entge-
gen der bekannten Ansicht ist und Imām al-Schāfiʿī eine solche Rezitation be-
fürwortete. 607
602 W. Zuhaylī, ibid.
603 Yūsuf al-Ardabilī, al-Anwar, 1/399
604 Bughyat al-Mustarschidīn, S. 97
605 Ghazālī, Iḥyāʾ, XV/178; Schirbīnī, Mughnī al-Muḥtāj, V/445; Nawawī, al-Adhkār, 137; al-
Majmūʿ, V/31.
606 Nawawī, al-Majmūʿ, V/311.
607 Nawawī, al-Adhkār, S. 137.
294
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
295
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
folgendes Gebet sprechen: „Oh Allāh! Lass den Lohn meiner Rezitation dieser Per-
son zukommen!“ Es ist nicht wichtig ob man von ihr entfernt ist oder nicht.“612
Ibn Ḥajar al-ʿAsqalānī antwortete auf eine ähnliche Frage:
„Dies ist etwas sehr Bekanntes und ich habe darüber ein kurzes Buch ge-
schrieben. Kurz gefasst, ist die Ansicht der Mehrheit der früheren Gelehrten, dass
der Lohn der Rezitation den Toten erreicht. Die bevorzugte Ansicht jedoch ist,
dass diese Tat mustaḥab ist und oft praktiziert - doch ohne bestimmendes Ur-
teil belassen - werden sollte.“613
Schawkānī (gest. 1250/1834) sagt wie alle späteren Gelehrten, dass über
den Toten der Qurʾān rezitiert werden darf und, dass der Lohn dieser Rezita-
tion ihn erreicht.614
Schawkānī erklärt den Ḥadīth: „Rezitiert die Sūra Yāsīn über eure Toten“, in
Bezug auf die schon Verstorbenen als eine Offensichtlichkeit und die Rezitation
über die Sterbenden als eine Metapher, und er sagt, dass für die Metapher ein
Hinweis nötig ist und man von dem Ḥadīth die Offensichtlichkeit verstehen muss.
Letztlich ist die Mehrheit der Rechtsgelehrten der Ansicht, dass der Qurʾān
über die Toten rezitiert werden darf und der Lohn dieser Rezitation bei der Be-
schenkung den Toten auch erreicht, und die Toten davon profitieren. Nur Imām
Mālik war nicht dieser Ansicht.
Imām al-Qurtubī und Imām ‘Abd al-Ḥaqq sowie andere Mālikī Rechtsgelehr-
ten und nach dem 5. Jahrhundert der Hijra die Mehrheit, sagten, dass man über
die Toten rezitieren darf und der Lohn diese erreicht und die Toten davon profi-
tieren, und es kam sogar zu einem Konsens darüber. Es gibt sogar einige Fuqahāʾ,
die darüber einen allgemeinen Konsens behaupten.615
Khaṭṭāb as-Subkī (gest. 1352/1933), einer der Scheichs von der al-ʾAzhar,
sagte, dass die Toten profitieren aus den Gottesdiensten, die in ihren Namen ge-
tätigt werden, und dass es hierin einen Konsens gibt.616 Sein Kollege Raschid Riḍā
(gest. 1354/1935) besprach diese Frage mit dem Qāḍī von Makka und, als dieser
ihm antwortete, dass die Rezitation gestattet sei, stimmte er ihm zu.617
612 Ibn al-Ṣalāḥ, Fatāwā, S. 59
613 Ibn Ḥajar, Fatāwā, S. 20
614 Schawkānī, Nayl al-Awṭār, IV, 52
615 Ibn Qudāma, Nayl al-Awṭār, IV/52.
616 Khaṭṭāb, al-Manhal, VIII, S. 259.
617 Hier sei bemerkt, dass Raschid Riḍā nicht zur sunnitischen Gemeinschaft gehört und der ‚Ur-
vater‘ des Salafīsmus hinsichtlich der Ablehnung der Rechtsschulen ist. (Anm. d. Ü.)
296
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Sayyid Sābiq Ḥassān Makhlūf, der ehemalige Mufti von Ägypten, Scharabāsī
von den ʾAzhar Gelehrten, ‘Abd al-Karīm Zaidān, Scheich ‘Abd al-Fattah Abū Ghudda
und Zuhaylī und viele Gelehrte der letzten Zeit sind ebenfalls dieser Ansicht.618
Ich will diesen Abschnitt mit einer Geschichte von al-ʿIzz b. ‘Abd al-Salām
beenden, die uns Imām al-Suyūṭī und Imām al-Qurtubī überlieferten. Al-ʿIzz, der
elf Jahre vor dem Imām al-Qurtubī im Jahre 660 n.H. starb, war der Ansicht dass
das Rezitieren des Qurʾān für die Toten keinen Nutzen hat und führte dafür den
Qurʾānvers: „ / und dass dem Menschen nichts Anderes
zuteil wird als das, wonach er strebt…“619 als Hinweis an.620
Nachdem al-ʿIzz gestorben war, sah einer seiner Freunde, die sich ständig in
seiner Gegenwart befunden hatten, al-ʿIzz im Traum. Der Freund fragte ihn: „Als
du am Leben warst sagtest du, dass der Lohn der Qurʾānrezitation und anderer
den Toten nicht erreicht. Bist du immer noch der gleichen Ansicht?“ Al-ʿIzz - möge
Allāh barmherzig mit ihm sein – antwortete: „Dies waren wahrlich meine Worte,
als ich noch lebte, doch als ich die Gnade und Güte meines Herrn sah, änderte ich
meine Ansicht. Der Lohn der Rezitation erreicht den Toten.“621
Einspruch:
Der Qurʾān wurde nicht für die Toten, sondern für die Lebenden offenbart!622
Wie wir aus diesem Vers klar verstehen können, wurde der Qurʾān offenbart,
um die toten Herzen in den lebenden Körpern zu beleben. Somit ist die Rezitation
des Qurʾān für die Toten eine Bidʿa, die kein Fundament im Dīn hat!
Antwort:
Dies ist ein klarer Fehler und auch eine Fehlinformation, denn es gibt ṣaḥīḥ
und ḍa’īf Aḥādīth vom Gesandten Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm -, die
uns die Rezitation an einem Grab raten. Diejenigen jedoch, die dies ablehnen,
haben in ihren Händen nicht einen einzigen Qurʾānvers, ṣaḥīḥ oder ḍa’īf Ḥadīth
oder Ausspruch eines Prophetengefährten, der dies eindeutig und klarverbietet.
Nicht einen einzigen Hadith!
Deswegen interpretieren sie solche Qurʾānverse ihrem Verständnis gemäß
und versuchen Hinweise zu finden, dass man den Qurʾān für die Toten nicht le-
sen darf und degradieren Aḥādīth so wie es ihnen passt.
618 Sābiq, Fiqh al-Sunnah, 1/480 (der Autor ist ein Salafi); Makhlūf, al-Fatāwā al-Scharʿīyya, S.
50-51; Scharabāsī, Yasʾalūnak, 1/442; Zaydan, al-Mufassal, XI, 186; Zuhaylī, al-Fiqh al-Islāmī,
2/550
619 53/39
620 Fatāwā Ibn ʿAbd al-Salām, S. 96
621 Qurtubī, al-Tadhkira, 1/105; Suyūṭī, Scharḥ al-Ṣudūr, S. 403
622 36/70
297
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Wahrlich, der Tote kann durch das Hören des Rezitierten nicht den gleichen
Lohn erlangen wie zu seinen Lebzeiten und er wird auch keine Rechtleitung er-
fahren. In dieser Hinsicht wurde der Qurʾān für die Lebenden erschaffen und
nicht für die Toten!623 Das stimmt! Doch das Sprechen von Bittgeben für unsere
verstorbenen Brüder wurde von Allāh uns selbst angeraten und der Prophet -
Segen und Friede seien auf ihm – war uns darin ein Vorbild.
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – gebietet:
„Und diejenigen, die nach ihnen kamen, sagen: „Unser Herr, vergib uns und un-
seren Brüdern, die uns im Glauben vorangingen, und lass in unsere Herzen keinen
Groll gegen die Gläubigen. Unser Herr! Du bist wahrlich Gütig, Barmherzig.““624
Das Lesen folgender Duʿāʾ am Ende eines jeden Gebetes wurde uns empfohlen:
„Unser Herr! Verzeih mir, meinen Eltern und allen Muslimen am Tag der
Abrechnung!“625
Diese Duʿāʾs sind aus dem Qurʾān.
Abū Usayd Mālik b. Rabīʿa al-Saʿīdī - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – sagte:
Eines Tages, als wir beim Gesandten Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm
– saßen, kam ein Mann vom Stamm der Söhne Salāms und fragte: „Oh Gesandter!
Gibt es Gutes, das ich für meine Eltern nach ihrem Tod verrichten kann?“, und der
Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – sprach: „Ja! Du kannst für sie
beten, um die Verzeihung ihrer Sünden bitten, ihr Vermächtnis erfüllen, ihre Ver-
wandtschaftsbande pflegen und ihren Freunden Gutes tun.“626
Wenn wir mit der Rezitation des Qurʾān ein Bittgebet sprechen, dann - wenn
Allāh will – akzeptiert Er dies aufgrund seiner Barmherzigkeit, oder auch nicht.
Wir können den Lohn unserer Rezitation durch eine Duʿāʾ unseren Toten zu Gute
kommen lassen.
Der Lohn des Qurʾān kommt nur dem zu, der ihn rezitiert, versucht zu ver-
stehen und zu leben, wenn jedoch jemand in seinem Leben einem anderen das
Lesen des Qurʾān lehrte oder Grund dafür wurde, dann wird er ein jedes Mal,
wenn rezitiert wird, ob er nun lebt oder nicht, Lohn dafür bekommen.
Es wird von Ṭalḥa - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – in Bezug auf das
Rezitieren der Sūra Fātiḥa beim Totengebet folgender Ḥadīth überliefert:
623 36/70.
624 59/10.
625 14/41.
626 Abū Dāwūd, Ādāb, 120; Ibn Mājah, Ādāb, 2.
298
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
قال، صليت خلف ابن عباس على جنازة فقرأ بفاتحة الكتاب:عن طلحة قال
. لتعلموا انها سنة:
Von Ṭalḥa - möge Allāh mit ihm zufrieden sein -: „Ich verrichtete hinter ‘Ab-
dullah Ibn ʿAbbās ein Totengebet und er las die Sūra al-Fātiḥa. Daraufhin sagte
er: „Ich las dies, damit ihr erfahrt, dass dies Sunna ist.“627
Das Totengebet wird als eine Lobpreisung Allāhs, Gedenken des Propheten
und eine Möglichkeit für den Toten zu beten erachtet.628
Die bestimmte Art des Totengebets, dass sie nämlich ohne Verbeugung und
Niederwerfung ist, zeigt ihre besondere Stellung. Das Totengebet wird für den
Verstorbenen verrichtet und es ist eine Bedingung, dass der Leichnam anwe-
send ist. Es ist bedeutend, dass in einem Gebet für den Toten nur Qurʾān gelesen
wird. Ob es nun als eine Duʿāʾ gelesen wird oder um Segen durch den Qurʾān zu
erlangen, ist diese Handlung an sich ein ausreichender Hinweis für das Rezitie-
ren des Qurʾāns für einen Toten.
Diejenigen, die dieser Praxis widersprechen, sagen, der Qurʾān sei nur für die
Lebenden offenbart worden. So sehen wir aber in den oben angeführten Athār,
dass die Gefährten des Propheten den Qurʾān rezitiert haben und das Totenge-
bet verrichteten. Diese Überlieferungen sind Ṣaḥīḥ und in der Überlieferung des
Ṭalḥa sehen wir sogar, dass es dort als Sunna bezeichnet wird, was andeutet,
dass es der Prophet selbst tat.
Somit sagen wir: Gibt es einen Unterschied zwischen einem Toten, der noch
nicht begraben wurde und einem, der schon im Grab liegt, sodass man behaup-
ten kann, die Rezitation dürfe nur über den noch nicht Bestatteten geschehen?
Es ist nicht korrekt über die Tat des Propheten zu sagen: „Er tat dies, bevor der
Leichnam verrottete und er noch frisch war.“ Dies wird noch in den unten ange-
führten Aḥādīth klar werden.
Imām al-Taḥāwī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – schreibt in seinem
Scharḥ Maʿāni al-Athār, dass der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – sie-
ben Jahre nach der Schlacht von Uhud für die Gefallenen das Totengebet verrich-
tete. Ist die Fātiḥa, die der Prophet für sie rezitierte, etwa kein Qurʾān?!
627 Bukhārī, Janāiz, 65; Abū Dāwūd, Janāiz, 59; Tirmidhī, Janāiz, 39; Nasāʾī, Janāiz, 77; Ibn Abī
Schaybah, 11/492;
628 Baghawī, Scharḥ al-Sunnah, III/247, Ḥanafī, Schāfiʿī, Isḥāq, Nakhaʾī und Thawrī waren dieser
Ansicht.
299
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Wusste der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – etwa nicht, dass der
Qurʾān nur für die Lebenden offenbart wurde – Allāh bewahre! -, oder habt viel-
leicht ihr die Verse falsch verstanden und gedeutet?!
Hätte die Rezitation und dieser Qurʾān für den Toten keinen Nutzen, dann
hätte dies weder der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – getan, noch an-
deren anbefohlen.
Doch er selbst betete bei der Verrichtung eines Totengebets:
„Oh Allāh! So-und-so befindet sich nun in deinem Schutz und unter deiner
Wache. Bewahre ihn vor den Versuchungen und Prüfungen des Grabes und der
Strafe des Feuers! Du bist derjenige, der des Lobes würdig ist und, der Treue hält.
Oh Allāh! Verzeih ihm und vergebe ihm! Wahrlich, du bist der Allverzeihende,
Allbarmherzige.“629
So ist das Gebet selbst wie schon erwähnt ein Bittgebet für den Toten. Des-
wegen sagt man in der Absicht: „Ich beabsichtige das Gebet zu Allāh und das
Bittgebet für den Toten…“ Hätte dies keinen Nutzen für die Seele des Verstorbe-
nen, dann wäre dies sinnlos. Der Gesandte - Segen und Friede seien auf ihm –
sagt hier: „Bewahre ihn vor den Versuchungen und Prüfungen des Grabes!“, und
würde der Prophet ein solches Gebet sprechen, wenn es keinen Nutzen hätte?
Manchmal besuchte er selbst den Friedhof al-Baqīʿ und grüßte die Bewohner der
Gräber und betete für sie. Wenn sein Gruß sie nicht erreichen würde und ihnen
keinen Nutzen geben würde, wäre dies eine sinnlose Tat, und der Prophet ist Er-
haben über Sinnloses.
Ibn ʿAbbās - möge Allāh mit ihnen zufrieden sein – erzählte:
Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – kam an zwei Gräbern vor-
bei und sagte: „Wahrlich, diese werden bestraft, doch nicht wegen großer Sün-
den. Der eine trug Wörter herum (und machte Freunde zu Feinde) und der an-
dere schützte sich nicht vor Urin.“ Daraufhin verlangte der Prophet - Segen und
Friede seien auf ihm – ein frisches Blatt einer Dattelpalme. Er brach das Blatt in
zwei und stellte das eine Stück auf dem einen Grab auf und das andere auf dem
anderen Grab und sagte: „Bis diese verwelken wird ihre Grabesstrafe erleichtert.“630
Das heißt, ein frisches Blatt einer Dattelpalme kann sogar mit der Erlaubnis
Allāhs einem Toten Nutzen bringen. Wie soll dann das Wort Allāhs, des Herrn
der Welten, der das Blatt der Dattelpalme erschuf, dem Toten nicht nutzen?! Kann
dergleichen gesagt werden?!
629 Abū Dāwūd, Janāiz, 56
630 Bukhārī, Wuḍūʾ, 55; Muslim, Ṭahāra, 34; Abū Dāwūd, Ṭahāra, 11; Tirmidhī, Ṭahāra, 53; Nasāʾī
Ṭahāra, 27
300
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Widersacher behaupten, der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm –
habe oftmals Friedhöfe in seinem Leben besucht, aber für die Toten nicht ein ein-
ziges Mal den Qurʾān rezitiert und auch seiner Gemeinde dies nicht anbefohlen.
Jetzt werde ich die Aḥādīth anführen, in denen der Prophet - Segen und Friede
seien auf ihm – uns lehrte, den Qurʾān für die Toten zu rezitieren und sie werden
behaupten, diese Aḥādīth seien ḍa’īf – schwach. Doch sogar wenn sie schwache
Aḥādīth wären, sind sie in der Religion anerkannte Quellen von Praktiken. Man
darf gemäß schwachen Aḥādīth handeln, und die Imame der Rechtsschulen ta-
ten dies auch. Daher werden wir erst auf die Anwendung von schwachen (ḍa’īf)
Aḥādīth eingehen, und danach die Aḥādīth auflisten.
301
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Es gibt zwei Bedingungen dafür, dass ein schwacher Ḥadīth benutzt werden
darf: Er darf nicht ḍa’īf jiddān sein, das heißt ernsthaft oder sehr schwach, und in
der Thematik darf es keine anderen Aḥādīth als diesen geben.
Der Sohn Imām Aḥmad b. Ḥanbals, ‘Abdullah, sagte: Ich fragte meinen Vater:
„Wenn sich jemand in einer Gegend befindet und er findet niemanden außer ei-
nen von den Leuten des Ḥadīth und den Leuten der freien Meinung (raʾy), und er
hat eine zu lösende Angelegenheit, wen sollte er dann fragen?“, worauf mein Va-
ter antwortete: „Er fragt die Person des Ḥadīth und nicht die des Raʾy, denn ein
schwacher Ḥadīth ist stärker als Raʾy.“631
Imām Schāfiʿī handelte mit einem mursal Ḥadīth in der Zeit, in der er über-
zeugt war, mursal sei ein schwacher Ḥadīth, wenn er keinen anderen Ḥadīth fand.
Al-Sakhāwī überliefert dies in Fatḥ al-Mughīs, I/20, 142 und 268, von al-Mawārdī
(gest. 450), einem der Imame der Schāfiʿīs.
Wenn ein Ḥadīth mit einem zweideutigen Wortlaut kommt, bei dem es nicht
möglich ist, eine der Bedeutungen auszuschließen, und es ist ein Ḥadīth auffind-
bar, der eine der Bedeutungen stärkt, dann akzeptieren wir die Bedeutung, die
durch den ḍa’īf Ḥadīth gestärkt wird – auch wenn der Ḥadīth ḍa’īf ist.632 Daher
wollen wir darauf aufmerksam machen, dass trotz der heutigen Haltung, die von
einigen Menschen versucht wird unter die Menschen zu streuen, für unsere vor-
herigen Imame die schwachen Aḥādīth von Wert und Bedeutung waren, denn sie
sahen die schwachen Aḥādīth nicht als vollkommen ungültig an und trennten sie
von den erfundenen (mawḍū‘) Aḥādīth und sahen sie nicht als gleich. Doch heute
kann man beobachten, dass, wenn ein Ḥadīth als ‚schwach‘ bezeichnet wird, die
Menschen sofort ihn wie einen ‚erfundenen‘ Ḥadīth behandeln – was jedoch voll-
kommen falsch ist!
Schwache Aḥādīth, die nicht Ḥassān oder ṣaḥīḥ sind, oder anders ausgedrückt,
die einen oder mehrere Mängel aufweisen, sodass sie nicht als ṣaḥīḥ gewertet
631 Ibn Ḥazm, al-Muḥallā, 1/68; Sakhāwī, al-Fatḥ al-Mughīs, 1/80, .
632 Mawdūd bi Aḥkām al-Mawlūd, S. 29
302
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
werden können, weisen verschiedene Mängel auf, die ihre Zulässigkeit zur Hand-
lung damit abwerten und Zweifel hervorrufen. Dies führt zu verschiedenen Stu-
fen der Schwäche, und daher gibt es unter den Gelehrten unterschiedliche Hal-
tungen zu diesen Aḥādīth.
Die Gelehrten waren sich fast alle insgesamt einig in der Rolle des schwa-
chen Ḥadīth in Themen der Rechtssprechung (aḥkām), waren jedoch hinsicht-
lich der Themen der Moral, des Charakters und der Motivation – kurz Tugenden
- anderer Ansicht.
Wir können sehen, dass die Gelehrten drei verschiedene Haltungen inneha-
ben bezüglich schwacher Aḥādīth:
Einige waren der Ansicht, dass man mit schwachen Aḥādīth nicht handeln
kann – egal was ihr Inhalt sei, ob nun ein Thema der Rechtssprechung oder ein
Thema der Tugend. Muslim, Abū Bakr b. al-ʿArabī, Ibn Ḥazm und viele andere
waren dieser Ansicht. Einige jedoch vertraten genau die Gegenansicht, nämlich,
dass der schwache Ḥadīth in absolutem Sinne benutzt werden dürfe, ob nun im
Thema der Rechtssprechung oder der Tugenden. Es wird von Imām Abū Dāwūd
und Aḥmad b. Ḥanbal überliefert, dass sie dieser Ansicht waren und den schwa-
chen Ḥadīth der freien Meinungsfindung bevorzugten. Einige vertraten die An-
sicht, dass in Sachen Rechtssprechung schwache Aḥādīth nicht anwendbar seien,
aber in Themen der Tugenden seien sie sehr wohl anwendbar und man könne
mit ihnen handeln.633
Die letzte Ansicht ist die Ansicht der drei Gründerväter der Rechtsschulen
Imām Abū Ḥanīfa, Imām Mālik und Imām Aḥmad, sowohl die des Abū Dāwūd,
Imām Nasāʾī, Ibn Abī Hātim und einer anderen Gruppe von Ḥadīthgelehrten,
wie Ibn al-Sayyid al-Nās, Imām al-Nawawī, ʿIrāqī, Imām Sakhāwī, Ibn Ḥajar al-
ʿAsqalānī, Imām Suyūṭī, ʿAlī al-Qārī und andere.634
Diese Haltung wirkte sich auch auf die Werke dieser Ḥadīth-Gelehrten aus.
Ibn Ḥajar erwähnte die Bedingungen für die Anwendung schwacher Aḥādīth
seinem Schüler Imām al-Sakhāwī gegenüber:
„Die Bedingungen für die religiöse Praxis, die auf schwachen Aḥādīth baut,
sind drei:
633 Jalāl al-Dīn al-Suyūṭī, Tadrīb al-Rāwi, th. ʿAbd al-Wahhāb ʿAbd al-Laṭīf, Beirut, 1404/1988,
1/299; Muḥammad Jamal al-Dīn al-Qāsimī, S. 116;
634 Al-Sakhāwī, Fatḥ al-Mughīs, 1/80, 267 und in seinen anderen Werken über Ḥadīth. Ibn Abī
Hātim, al-Jarḥ wa al-Taʿdīl. Al-Nawawī überliefert seine Worte in Taḥzīb al-Asmāʾ, 1/86; Suyūṭī,
Tadrīb, 1/299.
303
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
1. Die Schwäche darf nicht sehr stark sein (ghayr schadīd). Dies schließt
Aḥādīth aus, die alleine von Lügnern überliefert wurden oder von jenen, die mit
der Lüge beschuldigt wurden sowie von denen, die erhebliche Fehler begingen.
2. Dass es eine allgemeine rechtliche Basis dafür gibt. Dies schließt die Er-
neuerung aus und das, was keine rechtliche Basis hat.
3. Dass jemand nicht denkt, während er dies praktiziert, dass dies eine fun-
dierte Wahrheit sei. Dies ist so, damit dem Propheten - Segen und Friede seien
auf ihm – keine Worte unterstellt werden, die nicht gewissenhaft auf ihn zurück
zu weisen sind.
Diese letzten zwei Bedingungen sind von Ibn ‘Abdussalām und seinem Ge-
fährten Ibn Daqīq al-ʿĪd, und Abū Saʿīd al-Alāʿī (Spezialist in Fälschungen) über-
lieferte Einstimmigkeit über die erste Regel.“635
Imām an-Nawawī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – sagt: „Die
Ḥadīthgelehrten, Rechtsgelehrten und Gelehrten der anderen Wissenschaften
sagten: Es ist mustaḥab und gestattet in Angelegenheiten der Tugenden und Mo-
tivation mit schwachen Aḥādīth zu handeln, solange der Ḥadīth nicht erfunden
ist. In Themen des Aḥkām, wie Ḥalāl, Ḥarām, Ehe und Scheidung etc., darf man
mit keinem anderen Ḥadīth als mit einem ṣaḥīḥ oder ḥasān Ḥadīth handeln, au-
ßer es sind solche schwache Aḥādīth, die uns in diesem Thema zu Vorsicht ermah-
nen hinsichtlich bestimmten Details. Wie beispielsweise schwache Aḥādīth, in de-
nen die Verpöntheit (karahāt) von bestimmten Verkäufen oder Eheschließungen
erwähnt ist. So ist es mustaḥab sich fernzuhalten von Handlungen, die in diesen
Aḥādīth erwähnt sind, doch dieses Urteil kann nicht bis hin zur Pflicht gehen…“636
Imām Zarkaschī ist der Ansicht, dass schwache Überlieferungen außerhalb
von Motivationen und Warnungen (targhīb wa tarhīb), wenn sie nicht von mehr
als einem Weg überliefert sind und keine sie bestätigenden Überlieferungen vor-
handen sind, abzulehnen sind. Suyūṭī jedoch ist der Ansicht, dass mit schwachen
Aḥādīth gehandelt werden kann im Bereich des Aḥkām, wenn man Vorsicht wal-
ten lässt.637
Imām Sakhāwī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – sagte:
„Aus all diesem können wir sehen, dass es drei unterschiedliche Ansichten gibt:
1. Keine Praxis darf auf schwachen Aḥādīth aufbauen (mutlaqan),
2. Die Praxis wird damit begründet (mutlaqan), wenn kein anderer Ḥadīth
zum gleichen Thema zu finden ist,
635 Suyūṭī, Tadrīb, 1/298 – 299.
636 Al-Nawawī, al-Adhkār, 47.
637 Suyūṭī, Tadrīb, 1/299; Qāsimī, Qawāʿid, S. 119.
304
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
3. Die Ansicht der Mehrheit (jumhūr), dass es als eine Basis benutzt wer-
den kann für die Ausübung guter Taten und dem Streben nach gutem Charakter,
aber nicht für rechtliche Bestimmungen. Und Allāh allein gibt Erfolg.“
Um die Gelehrten zu erwähnen, die der letzten Meinung waren: Imām Nawawī,
Ibn al-Salāh, Sufyān al-Thawrī, Aḥmad b. Ḥanbal, Sufyān b. ʿUyayna, ‘Abdullah b.
al-Mubārak, Ibn Mahdi, Ibn Maʿīn, al-Khatib al-Baghdādī in al-Kifāya, Bukhārī wie
nachgewiesen in seinem Ādāb al-Mufrad, ʿAlī al-Qārī, Ibn Ḥajar al-ʿAsqalānī, Ibn
‘Abd al-Barr, Ibn al-Qayyim in seinem Iʿlām al-Muwaqqiʿīn, Imām Sakhāwī, Abū
Saʿīd al-Alaʿī, Abū Dāwūd, Nasāʾī, Imām Abū Ḥanīfa, Imām Mālik und viele andere.
Mursal Ḥadīth
Die mursal-Ḥadīthe sind eine Form des schwachen Ḥadīth. Die Gelehrten
der Rechtsmethodologie (uṣūl) und die Ḥadīthgelehrten haben ihn unterschied-
lich definiert.
Gemäß der allgemeinen Definition der Ḥadīthgelehrten ist ein mursal Ḥadīth
ein Ḥadīth, in dem der Ṣaḥābī wegfällt. Ein Ḥadīth der in der Generation der
Tābiʿūn überliefert wurde und, der ohne den Ṣaḥābī zu erwähnen auf den Ge-
sandten Allāhs springt und sagt: „Der Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien
auf ihm – sagte:…“, wird als mursal bezeichnet.
In Abū Dāwūd ist folgende Aussage zu finden: „Die Menschen haben diesen
Ḥadīth als mursal, aber als maʿrūf (anerkannt/bekannt) überliefert.“638 Das heißt,
dieser Ḥadīth ist mursal, aber ist ein bekannter Ḥadīth und die Gelehrten haben
mit ihm gehandelt. Abū Dāwūd sagt, dass die Gelehrten mit Mursal handelten
und, dass man mit ihnen handeln kann, wenn es nicht eine Überlieferung gibt,
die ‚verbunden‘ ist, auch wenn es nicht so stark ist wie ein verbundener Ḥadīth.639
Imām Mālik, Abū Ḥanīfa und andere Imame waren der Ansicht, dass ein
Ḥadīth ṣaḥīḥ sein kann, wenn sein Ursprung bekannt ist, egal ob mursal oder
nicht, und wenn es andere bestärkende Faktoren gibt.
Gleichermaßen nahm Imām Schāfiʿī, der die mursal Aḥādīth als schwach sieht,
unter diesen Bedingungen die mursal von Saʿīd b. Musayyib und zwar ohne Zwei-
fel und sagte: „Unserer Ansicht nach sind die Mursal des Ibn Musayyib schön.“640
Imām Schāfiʿī handelte sogar mit mursal in der Zeit, in der er mursal als
schwachen Ḥadīth ansah, wenn er keinen anderen Ḥadīth zu dem Thema fand. 641
638 Abū Dāwūd, Nikāḥ, 23, Nr. 2097.
639 Abū Dāwūd, Risāla, S. 24-25.
640 Al-Suyūṭī, Tadrīb al-Rāwi, S. 198V
641 on al-Schāfiʿī, al-Sakhāwī, Fatḥ al-Mughīs, 1/20, 142 und 268. Er überliefert dies durch al-
Māwardī, einem der großen Schāfiʿī Imame, gest. 450 n.H.
305
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Folgender Punkt, der ein allgemeines Prinzip ist, ob bei den Ḥadīthgelehrten
oder den Rechtsgelehrten, muss unterstrichen werden: Wenn diese Imame in einer
Thematik keinen ṣaḥīḥ Ḥadīth finden konnten, zogen sie den schwachen Ḥadīth
dem Analogieschluss und der eigenen Meinungsfindung vor.
Beispielsweise die Praxis des Imām Abū Ḥanīfa anhand des Ḥadīth über das
laute Lachen, welches dem Analogieschluss widerspricht, und Imām Māliks Be-
vorzugung des mursal und der Aussagen der Ṣaḥāba gegenüber dem Analogie-
schluss, und Imām Schāfiʿīs Bevorzugung der Ansicht, dass das Gebet in der ver-
pönten Zeit erlaubt sei, da er den Ḥadīth, dass diese Zeiten auf Makka beschränkt
seien, hernehme, und die Vermeidung des Analogieschlusses seitens Imām Aḥmad
b. Ḥanbal, außer wenn er keinen Ḥadīth , keine Aussage eines Ṣaḥābī oder kei-
nen schwachen Ḥadīth fand.642
Abgesehen von der Haltung unserer Rechtsgelehrten bestätigt auch die
Haltung der Ḥadīthgelehrten unsere obige Aussage. So sagten Imām Nawawī,
Imām Suyūṭī, Imām Sakhāwī, Imām Ibn Ḥajar al-ʿAsqalānī und Imām Ibn Ḥajar
al-Haythamī, dass die Gelehrten einhellig der Ansicht sind, dass mit schwachen
Aḥādīth gehandelt werden kann in Themen der Motivation und Tugenden, wenn
es keine ṣaḥīḥ Überlieferungen diesbezüglich gibt.643
Imām Sakhāwīs Überlieferung von seinem Scheich Ibn Ḥajar al-ʿAsqalānī er-
wähnten wir ja schon oben.
Daher sollte man die Aḥādīth, die ein Gelehrter als ḍa’īf bezeichnet, nicht
einfach direkt verwerfen, sondern gemäß den erwähnten Bedingungen benut-
zen und mit ihnen handeln.
306
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Vom Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – und auch von den Ṣaḥāba
- möge Allāh mit ihnen zufrieden sein - gibt es viele Überlieferungen über das
Rezitieren des Qurʾāns für die Toten. Die Analyse der Überlieferungsketten und
ihrer Wortlaute sowie die Bewertung ihrer Quellen sind von Nöten:
1. Ḥadīth:
اقرؤا (يس) على: قال رسول اهلل صلى اهلل عليه وسلم:عن معقل ابن يسار قال
موتاكم
Maʿqil b. Yasār - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – überlieferte vom Prophe-
ten - Segen und Friede seien auf ihm -: „Rezitiert die Sūra Yāsīn über eure Toten.“644
Dieser Ḥadīth, der in den Werken vor den sechs Ṣaḥīḥ Werken zu finden ist,
wie bei al-Ṭayālisī, Abū ʿUbayd (gest. 224/839), Ibn Abī Schayba (gest. 235/849)
und Aḥmad b. Ḥanbal (gest. 241/855), wurde auch von den Autoren der Sunan
überliefert.
Der Ḥadīth hat acht verschiedene Ketten, doch weil der Ḥadīth nur von ei-
nem einzigen Gefährten, Mʿaqil b. Yasār überliefert wurde und dieser Zustand
bis in die fünfte Gruppe so weitergeht, muss diese Überlieferung als eine voll-
kommen eigenständige (al-gharīb al-mutlaq) Überlieferung bewertet werden. In
der fünften Stufe gibt es zwei Überlieferer: ‘Abdullah b. Mubārak (gest. 181/797)
und Yaḥyā al-Kattān (gest. 198/813). Außer Ibn Hibbān (gest. 354/965) überlie-
ferten alle den Ḥadīth durch ‘Abdullah b. Mubārak.
Haythamī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – sagte, dass die Überlie-
ferer in der Kette alle zu den ṣaḥīḥ eingestuften Männern gehören und somit die
Kette ṣaḥīḥ ist.645 Er wies ebenfalls daraufhin, dass der Ḥadīth in den Sunan nicht
644 Abū Dāwūd, Janāiz, 24; Ibn Mājah, Janāiz, 4; Nasāʾī, ʿAmal al-Yawm wa al-Layl, S. 58, Ḥadīthnr.
1074
645 Haythamī, Majmāʿ al-Zawāʾid, VI/314; Ibn Ḥanbal überlieferte den gleichen Ḥadīth von drei
307
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
der gesamte Ḥadīth ist, sondern nur ein Teil vom Ḥadīth.646 Abū Dāwūd, der den
Ḥadīth überlieferte, schwieg über seine Einstufung. Weil er jedoch sagte, dass
die Aḥādīth, über die er schweigt, gut sind, kann dieser Ḥadīth gemäß ihm wahr-
scheinlich ein Hinweis sein.647
Ḥākim (gest. 405/1014) schwieg ebenfalls darüber und Dhahabī (gest.
748/1347) tat dies ebenfalls. Andererseits sagte Ibn Kattān (gest. 628/1230),
dass der Ḥadīth drei Mängel (muallal) aufweise und somit der Ḥadīth zwar ṣaḥīḥ
scheine, aber eigentlich ḍa’īf sei.648 Seiner Ansicht nach sind diese Mängel, dass
der Ḥadīth bei einigen Ketten mawqūf649 und bei einigen marfūʿ650 ist und der Zu-
stand des Abū ʿUthmān und seines Vaters unbekannt ist und somit in der Kette
Probleme vorhanden sind.
Dāraquṭnī (gest. 385/995) ist der Ansicht von Ibn Kattān und Abū Bakr b.
al-ʿArabī (gest. 543/1148) überlieferte dies.651
Ḥākim sagt, dass Yaḥyā b. Saʿīd al-Kattān und andere den Ḥadīth als mawqūf
überlieferten, doch ‘Abdullah b. Mubarāk ihn als marfūʿ überlieferte und akzep-
tierte und, dass dies das richtige sei.652
Imām al-ʿAjlūnī (gest. 1162/1749) bemerkt, dass der Ḥadīth marfūʿ ist, und
sagt auch, dass Ibn Hibbān den Ḥadīth als ṣaḥīḥ befunden hat. All diese Bewer-
tungen gemeinsam mit den Aḥādīth, welche wir noch überliefern werden, wei-
sen sehr stark darauf hin, dass der Ḥadīth als ḥasān zu bewerten ist. Dies ist auch
das Urteil des Imām al-Schawkānī.
Gemäß der Bedeutung des Ḥadīth haben die Rechtsgelehrten unterschied-
liche Ansichten gehabt. Ibn Hibbān sagt nach der Analyse des Ḥadīth: „Der Pro-
phet - Segen und Friede seien auf ihm – meint in diesem Ḥadīth jenen, der sich
im Sterbebett befindet. Er meinte damit nicht die Rezitation über den Toten.“653
Wegen, und in einem der Überlieferungsketten befindet sich ein unbekannter Überlieferer.
Diese Überlieferungskette bezeichnete Haythamī als .
646 Haythamī, ibid., VI/314; Tabarānī und Ibn Ḥanbal haben diesen Ḥadīth in einem anderen
Ḥadīth überliefert, ohne ihn zu analysieren.
647 Abū Dāwūd, Risālah Abī Dāwūd, S. 38
648 Ibn Ḥajar, Talkhīṣ al-Khabar, 2/650; von Ibn Kattān.
649 Mawqūf: In der Ḥadīth Wissenschaft wird gemäß Ibn Salāh eine Überlieferung so bezeichnet,
wenn die Überlieferung auf einen Prophetengefährten zurückgeht, sei es nun auf seine Aussa-
ge oder auf seine Handlung.
650 Marfūʿ: Gemäß Ibn Salāh ein Ḥadīth, der spezifisch dem Propheten zugeschrieben wird. Damit
ist gemeint, dass es dem Propheten zugeschrieben wird, aber entweder eine unverbundene
Kette oder andere solche Mängel vorweist.
651 Ibn Ḥajar, ibid., 2/650.
652 Ḥākim, 1/753.
653 Ibn Hibbān, 5/3 (Nr. 2991).
308
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
309
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Sanʿānī ist der Ansicht, dass bei der Betrachtung und Auswertung aller
Aḥādīth die Bedeutung, dass über den Sterbenden zu rezitieren sei, die richti-
gere von allen sei.
Schawkānī sah es wie Muḥib al-Ṭabarī und Ibn Rifʿat und sagte, dass der
Ḥadīth ein Hinweis für das Rezitieren des Qurʾāns über die Toten sei und die In-
terpretierung des Wortlautes als ‚über den Sterbenden‘ eine Metapher sei und
es hier jedoch keine Notwendigkeit für das Ausweichen auf die Metapher gäbe,
was normalerweise nötig ist, um auf die Metapher auszuweichen, und somit der
Ḥadīth wortwörtlich verstanden werden müsse.659
So wäre die andere Bedeutung eine Metapher und für das Ausweichen auf
die Metapher muss es Gründe geben und ein solcher Grund ist im Ḥadīth von
Abū Dharr vorhanden.
Abū Dharr al-Ghifārī - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – und Abū Darda
- möge Allāh mit ihm zufrieden sein – überliefern vom Gesandten Allāhs - Segen
und Friede seien auf ihm – folgendes: „Wenn neben dem Sterbenden die Sūra
Yāsīn rezitiert wird, erleichtert Allāh seinen Zustand.“660
Somit trägt der Ḥadīth: „Rezitier Yāsīn über eure Toten“, beide Bedeutungen
und anstelle ihn auf eine einzige Bedeutung zu beschränken, sollte man beide Be-
deutungen zulassen.
Schawkānī sagte: „Es gibt keinen Unterschied zwischen der Rezitation der Sūra
Yāsīn in einer Gemeinschaft neben einem Toten oder über seinem Grab und dem Rezi-
tieren der Sūra oder des gesamten Qurʾāns in seinem eigenen Haus für den Toten.“661
2. Ḥadīth:
‘Abdullah b. ʿUmar - möge Allāh mit ihnen zufrieden sein – überlieferte, dass
der Gesandte - Segen und Friede seien auf ihm – sagte:
وليقرأ عند رأسه بفاتحة، إذا مات أحدكم قال تحبسوه وأسرعوا به إلى قبره
.الكتاب وعند رجليه بخاتمة البقرة في قبره
„Wenn einer unter euch gestorben ist, so wartet nicht und beeilt euch darin ihn
in sein Grab zu legen und einer von euch soll auf der Kopfseite die Sūra Fātiḥa und
einer bei den Füßen die Sūra Baqarā lesen.“662
659 Schawkānī, Nayl al-Awṭār, 4/22.
660 Schawkānī, Nayl al-Awṭār, 4/52.
661 Schawkānī, Irschād al-Sāil, S. 46
662 Tabarānī, al-Muʿjam al-Kabīr, 12/340, Ḥadīthnr. 13613; al-Bayhaqī, Schuab al-Īmān, 7/16, Nr.
9294
310
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
لم يكتب إال بهذا اإلسناد فيما أعلم وقد روينا القراءة الممكورة فيه عن ابن
.عمر موقوفا عليه
„Soweit ich weiß wurde dieser Ḥadīth nur mit dieser Überlieferungskette
niedergeschrieben. Die Rezitation, die in der Überlieferung erwähnt wird, wurde
uns mawqūf von Ibn ʿUmar überliefert.“666, und dies ist eine schwache Ansicht und
wurde der starken vorgezogen, denn die Überlieferung, die er als mawqūf bezeich-
net, wurde nur erwähnt und nicht mit seiner Überlieferungskette dargelegt. Die
Bedeutung aus dieser Aussage muss sein, dass dieser Ḥadīth nicht mawqūf ist,
sondern, dass dieser Ḥadīth zu uns mawqūf kam, denn Ibn ʿUmar kann mit dem
gleichen Wortlaut auch eine Fatwā gegeben haben, denn es gibt einige Aḥādīth,
die uns dergleichen verstehen lassen.
663 Haythamī, Majmāʿ al-Zawāʾid, 3/47; Yaḥyā b. Bābūlattī (gest. 218/833), der Enkel des Al-
Awzāʿī (gest. 158/775). Er wurde kritisiert, weil er von al-Awzāʿī überlieferte, ohne ihn ge-
sehen zu haben. Das ist der einzige Grund, wieso Ibn Ḥajar ihn als schwach bezeichnet. Sehe:
Bukhārī, Tārīkh al-Kabīr, 8/288; Mizzi, Tahzib al-Kamāl, 31/411; Ibn Ḥajar, Taqrīb al-Tahzīb, S.
593; Deswegen nahm auch Ibn Hibbān diesen Überlieferer zu den . Doch er sagte an gleicher
Stelle: „Dieser Überlieferer überliefert alleine Ḥadīth und wenn diese Überlieferungen nicht
den vertrauenswürdigen Überlieferern widersprechen oder mit ihnen im Einklang sind, wer-
den seine Überlieferungen angenommen.“, und hat die Art seiner Schwäche näher erläutert.
Sehe Ibn Hibbān, al-Majrūhīn, 3/127.
664 Bukhārī nahm Ayyūb b. Naḥīq in sein Tārīkh auf, aber beurteilte ihn nicht. Ibn Abī Hātim über-
liefert von Abū Zuʿra, dass dieser diesen Überlieferer als bezeichnet und er dieser Ansicht ist.
Ibn al-Jawzi ist der gleichen Ansicht, doch Ibn Hibbān hat ihn in seinem Thiqāt aufgenommen
und ihn gelobt. Bukhārī, Tārīkh al-Kabīr, 1/425; Ibn Abī Hātim, al-Jarḥ wa al-Taʿdīl, 2/259; Ibn
al-Jawzi, al-Duʿāʾfā, 1/132; Ibn Hibbān, al-Thiqāt, 1/213; Ibn Ḥajar, Lisān al-Mīzān, 1/490.
665 Tabrīzī, Mischkāt al-Maṣābīḥ, 3/388, Nr. 1717.
666 Al-Bayhaqī, Schuab al-Īmān, 8/16, Nr. 9294.
311
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Der Ṣaḥābī Lajlāj sprach, als er seinem Sohn sein Vermächtnis mitteilte, fol-
gendes:
Haythamī (gest. 807/1405) stufte alle Überlieferer in der Kette als vertrau-
enswürdig ein.668 Nur ‘Abdurraḥmān b. ʿAtā wurde als Überlieferer angezweifelt,
doch Ibn Hibbān stuft ihn als vertrauenswürdig ein.
Während Ibn Ḥajar diesen Überlieferer, von dem auch al-Tirmidhī nahm, als
akzeptiert einstuft,669 gaben Gelehrte wie Ibn Abī Hātim und al-Dhahabī nur seine
Biografie an und sprachen kein Urteil.670 Ein anderer Mangel ist in der Überlie-
ferungskette nicht zu finden.
Somit ist die Überlieferungskette dieses Ḥadīth ḥasān. Yaḥyā b. Maʿīn (gest.
233/847) akzeptierte diesen Ḥadīth als Hinweis.671
Doch das Ende von diesem Ḥadīth wird bei Tabarānī als:
angegeben, während es jedoch in anderen Werken als
oder 672 überliefert wird.
Somit ist der Zustand des Ḥadīth, während er für Tabarānī marfūʿ ist, in
Wirklichkeit nur theoretisch marfūʿ673, denn ‘Abdullah b. ʿUmar, der bekannt
war für seine starke Bindung an die Sunna und der alles, was der Prophet getan
und gesagt hatte Wort für Wort befolgte, würde niemals ohne ein Zeichen oder
einen Hinweis vom Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – ein Urteil fäl-
667 Tabarānī, 19/220 – 221; Ibn ʿAsākir, Tārīkh Dimaschq, 50/292; al-Bayhaqī, 4/56.
668 Haythamī, Majmāʿ al-Zawāʾid, 3/47
669 Ibn Ḥajar, Taqrīb al-Tahzib, S. 348
670 Ibn Abī Hātim, al-Jarḥ, 5/272; Dhahabī, al-Kaschif, 1/639.
671 Al-Bayhaqī, 4/56.
672 Ibn ʿAsākir, Tārīkh al-Dimaschq, 50/292.
673 Mehmet Görmez, , I. Baskı, s. 46 Ankara, 1997.
312
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
len und somit geht man davon aus, dass die zweite Überlieferung ebenfalls nur
theoretisch marfūʿ ist.
Denn gemäß den Wissenschaften des Ḥadīth sind mawqūf Überlieferungen,
die ein Thema behandeln, das sich nicht im Bereich des Ijtihād und Qiyās befindet
und nur durch Überlieferung verstanden werden kann, als marfūʿ zu bewerten.
Daher gibt es keinen Widerspruch zwischen diesen Überlieferungen, im Ge-
genteil, beide tragen die gleiche Bedeutung und sind ḥasān674, unterstützen und
bestärken sich gar gegenseitig.
313
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Einspruch:
„Die Überlieferung ist ḍa’īf und abzulehnen: Auch wenn al-Lajlāj (oder al-
Jallāj) ein Ṣaḥābī ist, ist es al-ʿAlā b. al-Lajlāj nicht und somit ist die Überlieferung
hier unverbunden (mursal).“
Antwort:
„Wenn es heißt: „Ibn Lajlāj von seinem Vater“, ist der Ḥadīth nicht mehr un-
verbunden (mursal), sondern sehr wohl verbunden und hinzukommt, dass mur-
sal gemäß der Mehrheit nicht gleich bedeutet, dass er schwach ist. Niemand ist
gezwungen eurer eigenen ‚Rechtsschule‘ zu folgen.“
Einspruch:
„In einigen Überlieferungen heißt es: ‚Ich vernahm dies von Ibn ʿUmar - möge
Allāh mit ihm zufrieden sein -.“, und somit ist es korrekt, und Allāh weiß es am
besten, dass es mawqūf ist.“
Antwort:
„Die Gebildeten wissen, dass eine Überlieferung, die auf einem Weg mawqūf
ist nicht verhindert, dass es auf andere Wege marfūʿ sein kann. Dies gilt hier auch.“
Einspruch:
„Sogar wenn es mawqūf ist, ist die Überlieferungskette aus folgenden Grün-
den schwach:
Von Al-ʿAla b. al-Lajlāj überlieferten nur sein Sohn ‘Abdurraḥmān und Hafs b.
ʿUmar b. Thābit. Hafs b. ʿUmars Überlieferungen sind abzulehnen. Da Ibn Hibbān
und al-Ijlī in ihrem al-Jarḥ wa al-Taʿdīl (Kritik und Einstufung der Überlieferer)
unbefangen waren, werden ihre Einstufungen nicht akzeptiert. Deswegen ver-
traute al-Dhahabī ihnen nicht und sagte: „Er wurde positiv bewertet, doch die
Wahrheit ist, dass ʿAlā b. al-Lajlāj an sich unbekannt ist.“
Haythamī und Tabarānī sagen über diese Überlieferung: „Die Überlieferer
wurden verifiziert.“, und dieser Satz wird unter den Gelehrten benutzt, um dar-
auf zu deuten, dass sich unter den Überlieferern Unbekannte befinden. Haythamī
314
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
قال، صليت خلف ابن عباس على جنازة فقرأ بفاتحة الكتاب:عن طلحة قال
. لتعلموا أنها سنة:
Von Ṭalḥa - möge Allāh mit ihm zufrieden sein -: „Ich verrichtete hinter ‘Ab-
dullah Ibn ʿAbbās - möge Allāh mit ihnen zufrieden sein – das Totengebet und
315
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
er las die Sūra Fātiḥa und er sagte daraufhin: „Ich rezitierte sie, damit ihr lernt,
dass es Sunna ist.“675
Der Name des Kapitels, unter dem die Ḥadīthgelehrten diesen Ḥadīth überlieferten,
entspricht dem Kapitelnamen, den al-Bukhārī wählte: „
/ Das Rezitieren der Sūra Fātiḥa beim Totengebet“.
Imām Tirmidhī beurteilt den Ḥadīth als Ṣaḥīḥ und sagt uns, dass viele Ṣaḥāba
und deren Nachfolger dies so taten und Gelehrte wie Imām Schāfiʿī, Aḥmad und
Isḥāq mit diesem Ḥadīth gehandelt, doch Thawrī und, die aus Kūfa stammenden
Gelehrten den Ḥadīth nicht angenommen haben.
‘Abdurrazzāq überliefert wie Tirmidhī, dass viele Ṣaḥāba, an der Spitze Ibn
Masʿūd - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – und ihre Nachfolger so handelten.676
Diese Überlieferung, die von fünf verschiedenen Ṣaḥābī kommt, ist hinsichtlich
ihrer Überlieferungskette mangellos.
Das Totengebet wird als eine Lobpreisung Allāhs, eine Entsendung der Frie-
densgrüße an den Propheten Muḥammad - Segen und Friede seien auf ihm –
und eine Möglichkeit für den Toten ein Bittgebet zu sprechen wahrgenommen.677
Wie schon erwähnt ist das Fehlen von Rukūʿ und Sajda ein Hinweis dafür,
dass das Totengebet sich von anderen Gebeten unterscheidet. Das Totengebet
wird in erster Linie für den Toten verrichtet. Die Bedingung für dieses Gebet ist,
dass ein Todesfall eingetreten ist. Es ist bedeutungsvoll, dass in einem Gebet, das
nur für einen Toten verrichtet wird, Qurʾān rezitiert wird.
Ob nun im Sinne einer Duʿāʾ oder um Segen vom Qurʾān zu erhalten – dies ist
ein Hinweis dafür, dass auf den Toten Qurʾān rezitiert werden darf.
Von Abū Khālid - möge Allāh mit ihm zufrieden sein -: „Oh mein Kind! Wenn
ich gestorben bin, so begrabe mich und forme die Erde über mir zu einem klei-
nen Hügel. Dann rezitiere den Anfang der Baqara und das Ende von ihr, denn ich
vernahm vom Gesandten Allāhs, wie er dies sagte.“
Dies überliefert Tabarānī in seinem al-Muʿjam al-Kabīr mit einer ṣaḥīḥ Über-
lieferungskette. Ḥāfiẓ Haythamī sagt in Majmāʿ al-Zawāʾid, dass die Überlieferer
dieser Kette als vertrauenswürdig gelten. Der Ḥadīth hat auch andere Zeugnisse.678
Al-Suyūṭī überliefert in seinem Jāmī von Khallāl folgendes:
675 Bukhārī, Janāiz, 65, Nr. 1335; Abū Dāwūd, Janāiz, 59; Tirmidhī, Janāiz, 39; Nasāʾī, Janāiz, 77; Ibn
Abī Schayba, 11/492 – 493, Nr. 11393.
676 ʿAbd al-Razzaq, Muṣannaf, 3/489.
677 Al-Baghawī, Scharḥ al-Sunnah, 3/247; Ḥanafī, Schāfiʿī, Isḥāq, Nakhaʾī und Thawrī sind dieser
Ansicht.
678 ʿAllāma Muḥaddith Muḥammad b. ʿAlī al-Nimawī, Athār Sunan, S. 338
316
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
كانت األنصار إذا مات لهم الميت اختلفوا إلى قبره فيقرؤن:عن الشعبي قال
.له القرآن
Imām al-Schaʿbī von den Nachfolgern (gest. 109/727): „Wenn einer von den
Madinensern starb, besuchten sie sein Grab ständig und lasen für ihn aus dem
Qurʾān vor.“679 Suyūṭī hat für diese Überlieferung keinen Isnād angegeben. Der
Ḥanbalī Gelehrte Abū Bakr al-Khallāl, dessen Werk al-Jāmī li ʿulūm al-Musnad
min masāili Aḥmad b. Ḥanbal, oder al-Sunan, zwanzig Bänder haben soll, und
in denen er so weit wie es ihm möglich war alle Fatāwā des Imām Aḥmad sam-
melte und, welches ein Ḥadīth Fatwā Buch darstellt, soll in diesem Werk gemäß
al-Suyūṭī diese Überlieferung erwähnen.
Diejenigen, die Schaʿbī kannten, sagten über ihn: „Er ist der vertrauenswür-
digste der Zeit, der Faqīh, der Ḥadīth Gelehrte. Was Ibn ʿAbbās in seiner Zeit
war, ist Schaʿbī in seiner eigenen.“ So wurde Schaʿbī, der 500 Ṣaḥāba traf, gelobt.
Doch da zwischen Schaʿbī und al-Khallāl vier Ḥadīth-Generationen liegen und die
Überlieferer nicht genannt sind in den Werken, in denen diese Überlieferung vor-
kommt, kann man keinen abschließenden Entschluss fassen. Andererseits über-
lieferte Ibn Abī Schayba von al-Schaʿbī einen ähnlichen Wortlaut:
317
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ein Gefährte des Propheten die Worte des Propheten und ein anderes Mal kann
es sein, dass die Fatwā gemäß den Worten des Propheten gegeben wurde.
Andererseits befinden sich die Themen des Ḥadīth außerhalb der Meinungs-
aussage (ray)und Ijtihād und gehören zu einem Bereich, der vollständig durch
Überlieferung erkannt werden kann. So können wir nicht annehmen, dass ein Ge-
fährte des Propheten eine solche Fatwā gab, indem er sich auf seine eigene Mei-
nung stützte. Somit ist der mawqūf Ḥadīth ebenfalls als marfūʿ zu bezeichnen.
Dass Ibn ʿUmar und Lajlāj, als sie den Leichnam ins Grab legten, sprachen,
dass das Rezitieren des Qurʾān mustaḥab ist und dies sogar als ihren letzten Wil-
len gaben, ist sehr wichtig und zeigt uns, dass ein Gefährte des Propheten so han-
delte. So bestärkt die Überlieferung Imām al-Schaʿbīs: „Die Medinenser rezitier-
ten die Sūra Baqara neben ihren Toten.“, wobei ‚die Toten‘ näher definiert werden
durch eine andere ihm zugeschriebene Überlieferung: „Wenn jemand starb, be-
suchten die Medinenser sein Grab ständig und rezitierten den Qurʾān für ihn.“,
dass es in der Epoche der Glückseligkeit (ʿasr al-saʿādāt) eine solche Handlung gab.
Letztlich haben wir von den vielen marfūʿ Aḥādīth zwei Stück, die sich für
eine Beweisführung eignen, erläutert. Es gibt außerhalb dessen auch Überlie-
ferungen von Ṣaḥāba, die uns zeigen, dass es ihre Praxis war für die Toten den
Qurʾān zu rezitieren.
Die Fatāwā der Ṣaḥāba und der Nachfolger, die wir analysierten, zeigten uns
dies. Somit ist dies aus Sicht des Ḥadīth kein neues Thema, d. h., wir denken, dass
es nicht als eine Erneuerung gewertet werden kann, die irgendwann später im
Islām hervorgebracht wurde, da es nämlich einige Fundamente im Dīn hat. Der
Gesandte Allāhs hat befohlen: „Rezitiert!“
Eine Sache, die gewiss Ḥarām ist oder bei der die Möglichkeit besteht, dass
sie Ḥarām sein könnte, behandelt man nicht mit schwachen Aḥādīth, um zu be-
haupten, dass sie Ḥalāl sei. Doch diejenigen, die gegen das Rezitieren des Qurʾāns
an Gräbern sind, haben weder einen schwachen Ḥadīth noch eine Überlieferung
bei sich. Das Einzige, was sie sagen können, ist, dass es von den Ṣaḥāba nicht
überliefert wurde.
Und wir widersprechen diesem! Wir zeigten die Überlieferungen von den
Gefährten des Propheten und die Überlieferungen vom Propheten. Sogar wenn
es diese Berichte nicht gegeben hätte, dann muss man wissen, dass, wenn der
Prophet über eine Sache weder befürwortend, noch kritisierend gesprochen hat,
diese Sache, solange sie Qurʾān und Sunnah nicht widerspricht, eine neutrale Sa-
che ist, bei deren Ausübung es keinen Schaden gibt.
Der Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – sagte: „Was Allāh in
seinem Buch als Ḥalāl erklärte, ist Ḥalāl. Was er als Ḥarām erklärte, ist Ḥarām.
318
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
319
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
>>Wenn gesagt wird: „Was ihr hier erzählt, kann man bei den Gelehrten der
Altvorderen nicht finden! Obwohl sie dem Guten sehr geneigt waren, hat keiner
von ihnen etwas über das Rezitieren des Qurʾān überliefert. Der Gesandte Allāhs
hat ihnen nichts davon erzählt. Er hat sie zu Bittgebeten, Almosen, Pilgerfahrt
und Istighfār aufgerufen. Würde der Lohn des Qurʾān den Toten erreichen, dann
hätte uns der Prophet dies berichtet und sie hätten dies getan.<<
Wir (Ibn al-Qayyim) antworten darauf wie folgt:
>>Wenn diese Widersacher anerkennen, dass der Lohn des Fastens, der Al-
mosen, der Bittgebete und des Istighfār den Toten erreicht, sagen wir zu ihnen:
Mit welchem Grund dann lehnt ihr es ab, dass der Lohn des Qurʾān den Toten er-
reichen kann, während ihr akzeptiert, dass der Lohn der erwähnten ihn erreicht?
Ist das denn nichts Anderes als eine Unterscheidung zwischen Gleichartigem?
Wenn sie jedoch ablehnen, dass der Lohn dieser Erwähnten den Toten er-
reicht, sollen sie wissen, dass dies nicht geht, denn dies ist durch Qurʾān, Sunna,
Ijmāʿ und den Prinzipien der Scharīʿa gefestigt.
Der Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – teilte uns mit, dass
der Lohn des Fastens, von dem niemand außer Allāh weiß und, welcher aus der
Absicht im Herzen und der Vermeidung des Essens und Trinkens besteht, den
Toten erreicht. So kommt der Lohn des Qurʾān gleichermaßen dem Toten nicht
zu Gute, weil er es mit seiner Zunge rezitiert, seinen Ohren hört und mit seinen
Augen sieht.
Wenn wir detaillierter darauf eingehen: Das Fasten besteht aus der Absicht
im Herzen und der Vermeidung des Essens und Trinkens. Wenn Allāh - Erha-
ben und Makellos ist Er – den Lohn einer solchen Tat dem Toten zu Gute kom-
men lässt, wieso sollte er dann nicht den Lohn des Qurʾān, der aus einer Absicht
und Handlung besteht, zu Gute kommen lassen? Darüber hinaus braucht man für
die Rezitation des Qurʾān nicht einmal eine Absicht. Somit ist das Zugutekom-
men des Fastenlohnes ein Hinweis darauf, dass der Lohn anderer Taten den To-
ten erreichen kann.
Was für einen Unterschied gibt es zwischen dem Erhalten des Fastenlohnes,
welches aus einer Absicht und dem Fernhalten von Essen und Trinken besteht,
und dem Erhalten des Lohns der Qurʾānrezitation und des Gedenkens Allāhs?
Wenn jemand sagt, die Salaf hätten dies nicht getan, dann redet er aus Unwis-
senheit und weist daraufhin, dass er Dinge ablehnt, über die er kein Wissen hat.
Das Geheimnis der Angelegenheit lautet: Lohn ist der Besitz des Handelnden
und, wenn es mit Zufriedenheit im Herzen einem muslimischen Bruder überge-
ben wird, sendet Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – den Lohn dieser Person.
320
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Was sollte also die Behauptung gültig machen, dass der Lohn des Qurʾān
nicht den Toten erreiche, aber der Lohn anderer?! So ist es doch, dass in vielen
Jahrhunderten an verschiedenen Orten die Menschen so gehandelt haben und
keiner der ʿUlamāʾ diesem widersprach. << (Ende der Worte Ibn al-Qayyims)685
ʿĀʾischa - möge Allāh mit ihr zufrieden sein – überliefert, dass der Gesandte
Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – zu einem Mann sagte: „Meine Mutter
ist plötzlich gestorben. Ich glaube, wenn sie noch die Möglichkeit zu sprechen
gehabt hätte, wäre ihr letzter Wille gewesen, dass ich in ihrem Namen Almosen
gebe. Wenn ich die Almosen jetzt gebe, würde der Lohn sie erreichen?“, und der
Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – antwortete: „Ja.“686
Von Ibn ʿAbbās - möge Allāh mit ihnen zufrieden sein – wird überliefert:
Eine Frau kam zum Gesandten Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – und
sagte: „Meine Schwester starb, obwohl sie noch zwei Monate nacheinander hätte
fasten müssen.“, worauf der Gesandte - Segen und Friede seien auf ihm – fragte:
„Wenn deine Schwester Schulden hätte, hättest du sie dann zurückgezahlt?“, und
die Frau bejahte dies, worauf der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – ihr
mitteilte: „Die Schuld gegenüber Allāh verdient dies mehr.“687
Ibn ʿAbbās erzählt: „Oh Gesandter Allāhs! Die von Allāh vorgeschriebene
Pflicht der Pilgerfahrt ist nun für meinen alten und gebrechlichen Vater eingetrof-
fen, doch er ist nicht einmal mehr fähig auf einem Reittier zu sitzen. Darf ich für
ihn die Pilgerfahrt vollziehen?“, worauf der Gesandte Allāhs - Segen und Friede
seien auf ihm - dies bejahte.688
/ „Wer Anlass zum Guten wird, hat daran
Anteil.“689
Jarīr b. ʿAbdullah - möge Allāh mit ihm zufrieden sein - überliefert vom Ge-
sandten Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm -:
من سن سنة حسنة فيعمل بها كان له أجرها ومثل أجر من عمل بها ال ينقص
.من أجورهم شيئا
685 Ibn al-Qayyim. Al-Rūḥ, S. 190.
686 Bukhārī, Janāiz, 95; Muslim, Zakāt, 51; Abū Dāwūd, Wasāyā, 15; Nasāʾī, Wasāyā, 7; Ibn Mājah,
Wāsāyā, 8.
687 Muslim, Siyām, 27.
688 Bukhārī, Ḥajj, 1; Muslim, Ḥajj, 407; Muwaṭṭaʿ, Ḥajj, 97; Tirmidhī, Ḥajj, 85; Abū Dāwūd, Manāsik,
1809; Nasāʾī, Ḥajj, 9.
689 4/58
321
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„Wer auch immer einen guten Brauch hervorbringt und diesem wird gefolgt,
dann bekommt er den Lohn derer, die diesem Guten folgen, ohne dass es den Lohn
derer verringert, die dem Guten folgen.“690
Abū Hurayra - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – überlieferte, dass der Ge-
sandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – sagte:
ِ
ثالثة إال من صدقة جارية أو علم إذا مات اإلنسان انقطع عنه عمله إال من
.ينتفع به أو ولد صالح يدعو له
„Wenn der Mensch stirbt, enden alle seine Taten außer diesen dreien: ein
weitergehendes Almosen, nützliches Wissen und ein gesegnetes Kind, welches
für einen Duʿāʾ macht.“691
Ibn Hibbān (gest. 354/965), Ibn Khuzayma (gest. 311/923) und Ibn Mājah
(gest. 273/886) überliefern von Abū Qatāda - möge Allāh mit ihm zufrieden sein
– vom Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – folgendes:
أو صدقة، ولد صالح يدعو له فيبلغه دعاؤه:خير ما يخلف المرء بعده ثالث
.تجري فيبلغه أجرها أو علم يعمل به بعده
Die segensreichsten Sachen, die ein Mensch nach seinem Ableben hinterlas-
sen kann, sind drei: Ein für ihn Bittgebete sprechendes Kind, denn das Bittgebet
des Kindes für die Eltern erreicht die Eltern. Ein weitergehendes Almosen, des-
sen Lohn dem Besitzer zu Gute kommt, solange sie weitergeht. Dann ein Wissen,
das nach ihm ausgelebt wird.“692
Abū Hurayra - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – überliefert einen Ḥadīth,
indem der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – diese segensreichen Ta-
ten vermehrt aufzählte, die man auch Ṣadaqa al-Jariya nennt: „Lohn und Taten,
die den Gläubigen nach seinem Tod erreichen werden, sind: Wissen, das er lehrte
und verbreitete, ein frommes Kind, ein Qurʾānexemplar, das er hinterlässt, eine
Moschee, die er gebaut hat, ein Rasthaus für Reisende, das er baute, ein angeleg-
ter Fluss, den er anlegte, und ein Almosen, das er in seiner Gesundheit gab.“693
Hinsichtlich der Dinge, die nicht an die eigenen Taten des Menschen gebun-
den sind und, die ihm nutzen, wie die Fürsprache der Propheten, das Erbitten
690 Muslim, Nr. 1017; Ibn Mājah, Nr. 203
691 Muslim, Wasāyā, 14; Bukhārī, al-Ādāb al-Mufrad, 1/113; Abū Dāwūd, Wasāyā, 14; Tirmidhī,
Aḥkām, 36.
692 Ibn Khuzayma, Zakāt, 450; Ibn Hibbān, Muqaddimah, 93; Ibn Mājah, Muqaddimah, 20.
693 Ibn Mājah, Muqaddimah, 20.
322
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
um Vergebung durch die Engel und die Duʿāʾ des Lebenden für den Toten, so sind
diese Angelegenheiten, damit sie einen Nutzen bringen können, an seinen Īmān
und sein Festhalten am Dīn gebunden. Wenn kein Īmān vorhanden ist, kann
nichts Nutzen bringen, und somit sind diese Sachen wiederum an seinen Īmān
und seine Taten gebunden.
Ein von der Person erzogenes Kind, welches segensreich ist und den Qurʾān
auswendig kann, ist sein Verdienst. Wenn dieses Kind den Qurʾān rezitiert und
den gesamten Lohn oder einen Teil seinen Eltern schenkt, dann bekommen sie
eine Gegenleistung für das, was sie im Leben getan haben.
Diejenigen, die gegen das Rezitieren des Qurʾān für den Toten sind, behaup-
ten, es gäbe nicht einen einzigen Vers, der dies befürworte.
323
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
a) In dem obigen schon zitierten Vers erwähnt Allāh - Erhaben und Makel-
los ist Er - die Menschen, die ein solches Bittgebet sprechen, in lobenden Tönen.
a) Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – gebietet über die Engel:
اب ِ ِِ ِ ِ ِ ِ ِ
ُ وم ا ْلح َس
ُ ين َي ْو َم َي ُق
َ َر َّب َنا ا ْغف ْر لي َول َوال َد َّي َول ْل ُم ْؤمن
>>Oh Herr! Verzeih mir, meinen Eltern und allen Menschen an dem Tag, an
dem das Gericht aufbereitet wird!<<698
Die gleiche Duʿāʾ sprach auch Sayyidunā Nūḥ - Friede sei auf ihm -,699 und als
dem Propheten geboten wurde:
324
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
So sprach der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm -: „Wenn du für den
Toten betest, so spreche für ihn ein Bittgebet aus deinem Herzen.“701, und er selbst
sprach ein Bittgebet für den Toten, dessen Totengebet er verrichtete. Hätte dieses
Gebet und Bittgebet für den Toten keinen Nutzen, dann hätte dies weder der Ge-
sandte selbst verrichtet, noch hätte er es anderen anbefohlen. Er selbst hat ein-
mal, als er das Totengebet einer Person verrichtete, folgendes Bittgebet gespro-
chen: „Oh Allāh! Der Sohn von So-und-So ist in deinem Gewahrsam und deinem
Schutz! Bewahre ihn vor der Prüfung des Grabes und der Strafe des Feuers! Du
bist es, dem jeglicher Preis und Lob gebührt! Oh Allāh! Verzeih ihm und habe
Gnade mit ihm! Wahrlich, du bist der Allverzeihende, der Allgnädige!“702
Das Totengebet selbst ist auch eine Duʿāʾ für den Toten. Dies wurde vorher
schon detailliert erörtert.
Der Prophet grüßte die Toten auf dem Friedhof und sprach für sie Bittgebete
und er ist fern davon, dass er etwas macht, was sinnlos ist.
1. Klare Textstellen in der Sunna zeigen uns ebenfalls, dass es notwendig
ist für die verstorbenen Muslime Duʿāʾ zu machen und sie einen Nutzen davon
haben. Da es sehr viel zu diesem Thema gibt, werden wir uns damit begnügen
nur einige zu erwähnen:
a) Dass nach jedem verstorbenen Muslim es für die Muslime eine religiöse
Pflicht ist das Totengebet zu verrichten, genügt schon, um die Wichtigkeit der
Duʿāʾ für verstorbene Muslime aufzuzeigen. Die Muslime stellen sich dem Toten
gegenüber und sagen: „Oh Allāh! Verzeihe diesem Toten und vergebe ihm seine
Sünden! Weite sein Grab und erleuchte es! Wasche ihn mit Regen – und Schnee-
wasser! Reinige ihn von spirituellen Unreinheiten und wie du ihn mit seiner rein-
weißen Kleidung aufgenommen hast, nehme ihn ohne Sünden auf! Ändere sein
Grab in einen besseren Ort! Gebe ihm gesegnete Freunde und Partner! Lass ihn
in dein Paradies eingehen, und bewahre ihn vor den Prüfungen des Grabes und
der Strafe des Feuers!“703 Diese Duʿāʾ ist von tiefer Bedeutung.
b) Als den Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – die Nachricht er-
reichte, dass Abū Salama - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – gestorben sei, er-
bat der Prophet Vergebung für ihn, indem er sagte:
325
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„Oh Allāh! Verzeih mir und ihm und gebe mir nach ihm einen guten Ersatz!“704
Somit lehrte uns der Prophet nach einer Todesnachricht für den Toten zu beten.
c) Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – betete für die Toten, als
er den Friedhof von al-Baqīʿ besuchte – und dies wurde schon vorher zitiert und
erwähnt.
Einspruch:
Der Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – sagte: „Verwandelt
eure Häuser nicht in Gräber! Wahrlich, der Satan flieht vor Häusern, in denen die
Sūra Baqara rezitiert wird!“705
Antwort:
Was ist das für ein Beweis? Drückt: „Verwandelt eure Häuser nicht in Gräber“,
etwa ein Verbot aus oder bedeutet es eher, dass der Qurʾān nicht so selten rezi-
tiert werden sollte wie auf den Friedhöfen?! In welchen Büchern des Uṣūl findet
man eine solche Bedeutungsableitung von einer Metapher?! Dieses Urteil kann
man weder aus dem äußeren Wortlaut des Ḥadīth, seiner Eindeutigkeit, einem
Hinweis, noch dem Kontext entnehmen. Wenn die Gegenseite einfach nach ih-
rem Gutdünken diesen Ḥadīth interpretieren kann, dann könnten wir ihn auch
so interpretieren: Diejenigen, die sich in den Gräbern befinden, sind nicht ange-
sprochen von dem Befehl: „Betet! Rezitier den Qurʾān!“, und daher beten die To-
ten in ihren Gräbern auf den Friedhöfen nicht und rezitieren auch keinen Qurʾān.
Darauf achtend sollte das Haus eines Muslims nicht einem solchen Grab gleichen
und es zu einem Hotel verwandeln, in dem er nur schläft und verweilt, sondern
sollte dort seine ʿibāda verrichten und den Qurʾān rezitieren.
Zu den Gräbern geht man von Freitag zu Freitag, einmal im Monat, von ʿĪd
zu ʿĪd und rezitiert dann den Qurʾān. So sollt ihr eure Häuser nicht so gestalten
wie die Gräber, an denen nur ab und an der Qurʾān rezitiert wird! Ihr sollt den
Qurʾān ständig rezitieren! Wie man nun sehen kann, ist eine andere Interpreta-
tion auch möglich. Aus den gleichen Gründen, die eure Interpretation gültig ma-
chen, ist auch unsere Interpretation gültig.
Gibt es nun in dem Ḥadīth eine eindeutige Stelle, die uns sagt, wir sollen den
Qurʾān nicht für die Toten auf dem Friedhof rezitieren? Gewiss nicht. Wie wir aus
den oben zitieren Aḥādīth sehen können, gibt es viele Ṣaḥīḥ und Ḍa’īf Aḥādīth
in Bezug auf das Rezitieren des Qurʾān und die Ansicht der Gelehrten der vier
Rechtsschulen ist ebenfalls vorhanden und dies ist für den Verständigen ausrei-
chend, um aufzuzeigen, dass eure Interpretation falsch ist.
704 Muslim, Janāiz, 5, 6; Abū Dāwūd, Janāiz, 19; Tirmidhī, Janāiz, 7; Nasāʾī, Janāiz, 3; Ibn Mājah,
Janāiz, 4; Aḥmad b. Ḥanbal, Musnad, 6/291.
705 Muslim, Muṣāfirīn, 212; Tirmidhī, Faḍāil al-Qurʾān, 2.
326
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Ḥijr: Gegenüber der nordwestlichen Mauer der Kaʿba gibt es eine halbe Mauer,
die ein Meter breit und anderthalb Meter hoch ist. Diese Mauer wird auch Ḥaṭīm
genannt. Die freie Fläche zwischen der Kaʿba und dieser Mauer nennt man Ḥijr.
Es wird auch Ḥijr al-Ismāʿīl, Ḥijr al-Kaʿba oder Khaṭīra genannt. Dies gehört
zu der Kaʿba, die Sayyidunā Ibrāhīm gebaut hatte.706
Ibn ʿAbbās - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – sagte: „Nennt dies nicht
Ḥaṭīm!“ In der Epoche der Unwissenheit, wenn Personen einen Schwur gegenein-
ander auf sich nahmen, warfen sie in diese Fläche ein Stock, Speer oder Schuh,
um ihren Schwur zu besiegeln. Deswegen wurde dies auch Ḥaṭīm genannt.707
Die Gräber von Sayyida Hājar und Sayyidunā Ismāʿīl werden auch Ḥijr ge-
nannt. 708 Es wird überliefert dass 99 Propheten, die zur Hajj kamen und dort
starben, zwischen dem Maqām al-Ibrāhīm und dem Zamzam-Brunnen begra-
ben liegen.709
Von Ḥassān al-Basrī wird überliefert: „Um die Kaʿba herum sind 300 Pro-
pheten begraben. 70 davon befinden sich zwischen Ḥajar al-Aswad und Rukn
al-Yamānī. Die Gräber von Sayyidunā Nūḥ, Sayyidunā Hūd, Sayyidunā Ṣāliḥ und
Sayyidunā Schuʿayb, deren Völker vernichtet wurden, liegen zwischen Zam-
zam und Ḥijr.“710
Der Ort, den wir Ṭawāf machen und, an dem wir Qurʾān rezitieren ist auch
ein Ort, an dem sich die Gräber von vielen Propheten befinden. Es gibt nicht ei-
nen naṣṣ (= Text), der das Rezitieren des Qurʾāns verbietet. Wäre das Lesen des
Qurʾān an Gräbern verboten, dann müsste das Rezitieren des Qurʾān bei der
Kaʿba verboten sein.
327
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Das Wiederholen von Lā ilāha ill Allāh (Kalima) für den Toten
Die Salafi lehnen das Wiederholen der Kalima für den Toten ab. Doch Ibn
Taymiyya - möge Allāh barmherzig mit ihm sein -, den sie als Scheich al-Islām
und großen Imām bezeichnen, akzeptiert dies. Nachdem Ibn Taymiyya gesagt
hat, dass die Aḥādīth zu diesem Thema schwach sind, sagt er: >>Zu dem über-
lieferten (Hadith), handelten einige der alten Gelehrten der Levante (al-Schām)
damit. Daher ist die Mehrheit unserer Freunde der Ansicht, dass es mustaḥab ist
für den Toten die Kalima zu wiederholen. << Ibn Taymiyya sagt, dass sie gemäß
einem schwachen Ḥadīth gehandelt haben und es andere auch taten.711 Was soll
man nun zu jenen sagen, die diese offenkundige Ansicht Ibn Taymiyyas nicht ver-
kraften können und übergehen?!
Ibn al-Qayyim, der Schüler des Ibn Taymiyya, schreibt in seinem Kitāb al-
Rūḥ, S.60:
>>Das Wiederholen der Kalima am Grab des Toten, welches seit jeher prakti-
ziert wird und bis heute kam, weist ebenfalls daraufhin. Würden die Toten diese
Wiederholung nicht vernehmen können und keinen Nutzen daraus ziehen, wäre
darin kein Sinn. Als Imām Aḥmad über diese Wiederholung gefragt wurde, fand
er dies schön und führte als Hinweis dafür an, dass die Menschen dies tun. <<
Gemäß Sayyida ʿĀʾischa, Abū Hurayra und Abū Saʿīd al-Khudrī - möge Allāh
mit ihnen zufrieden sein -, sagte der Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien
auf ihm -: „Wiederholt die Kalima für eure Toten!“712
Yaḥyā b. Umāra sagte: „Ich hörte Abū Saʿīd al-Khudrī sagen: „Ich hörte den
Gesandten Allāhs sagen: „Wiederholt die Kalima für eure Toten!“713
Die Gelehrten waren unterschiedlicher Ansicht, ob man für den Toten die Ka-
lima wiederholen sollte oder nicht, nachdem er schon begraben wurde:
Die Rechtsgelehrten der Ḥanafīs befehlen die Wiederholung der Kalima nicht
und verbieten sie auch nicht. Sie sagten, dass die Menschen freigestellt sind dar-
in.714 Gemäß den Ḥanafīs wird die Wiederholung, die in dem Text erwähnt wird,
nicht für denjenigen, der sich im Todesbett befindet, gemacht, sondern für den
Toten, der ins Grab gelegt wird. Es gibt keinen Grund und keinen Hinweis das
Wort ‚mawtakum/eure Toten‘ als ‚eure Totkranken‘ zu deuten. Die Sunniten deu-
ten diesen Wortlaut nicht und akzeptieren ihn so wie er ist. Die Mu’tazila jedoch
deutet diesen Wortlaut.
711 İbn Teymiyye, Kabir Ziyaretleri, Sayfa: 11, Tevhid Yayınları.
712 Muslim, Janāiz, 1-2; Tirmidhī, Janāiz, 7; Abū Dāwūd, Janāiz, 15; Nasāʾī, Janāiz, 4; Aḥmad b.
Ḥanbal, al-Musnad, 3/3; Ibn Mājah, Janāiz, 3; Ibn Jārūd, al-Muntakā, 1/136, Nr. 513.
713 Muslim, Janāiz, 1, 2; Tirmidhī, Janāiz, 7; Nasāʾī, Janāiz, 4; Ibn Mājah, Janāiz, 3; Aḥmad b. Ḥanbal,
Musnad, 111; Sunan Abī Dāwūd, 11/489.
714 Al-Jazirī, al-Fiqh ʿalā al-Madhāhib al-Arbaʿ, 1/501; Beirut, 1972.
328
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Ibn ʿĀbidīn - möge Allāh barmherzig mit ihm sein - sagt hierüber:
„Gemäß den Sunniten wurde die Aussage: „Wiederholt die Kalima für eure
Toten“, nach ihrem wahren Wortlaut verstanden. Einige sagten, dass diese Wie-
derholung getan werden kann. Ihr Hinweis dafür ist der Ḥadīth, den wir überlie-
ferten. Einige sagten, dass dies nicht gestattet sei und einige standen dem neu-
tral gegenüber, d.h. weder verbaten sie es noch befahlen sie es. Wenn wir darauf
achten, dass der Hinweis die erste Meinung bekräftigt, ist diese vorzuziehen.“715
Imām Schāfiʿī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – sagt, dass die ‚Toten‘
im Ḥadīth als wahrhaftige Tote zu verstehen seien und die Wiederholung nach
der Begrabung mustaḥab sei. In den Büchern der Schāfiʿīs wie Tanwīr al-Qulūb,
Mughnī al-Muḥtāj, Iʿānat al-Ṭālibīn, Tuḥfat al-Ḥabīb und Tuḥfat al-Muḥtāj heißt es,
dass diese Wiederholung sunna ist.
Imām Aḥmad b. Ḥanbal vertritt die gleiche Ansicht wie Imām Schāfiʿī. Als
Aḥmad b. Ḥanbal gefragt wurde über die Wiederholung, sagte er: „Als Abū al-
Mughira starb, wiederholten die von der Levante die Kalima für ihn.“716
Imām Mālik urteilte, dass mit den Toten im Ḥadīth, die im Sterbebett liegenden
Menschen gemeint seien, und es nicht einen einzigen ṣaḥīḥ Bericht über die Wie-
derholung der Kalima am Grab gäbe, und somit diese Wiederholung makrūh sei.717
In Ibn Mājahs Sunan heißt es, dass mit den ‚Toten‘ jene gemeint seien, die
dem Tod nahe sind.718
Al-Qurtubī erklärte den Ḥadīth wie folgt: „Sprecht Lā ilāha ill Allāh und wie-
derholt dies für sie im Todesmoment! Weil der Tod sich ihnen genähert hat, wur-
den diese Personen als ‚eure Toten‘ bezeichnet.“
Imām al-Nawawī verstand unter ‚eure Toten‘ die Menschen, die dem Tod nahe
sind. Das Ziel der Wiederholung der Kalima sei, die Person zur Aussprache der
Worte zu bringen, da es im Ḥadīth heißt: „Wessen letztes Wort Lā ilāha ill Allāh
ist, wird in das Paradies eingehen.“719
Es gibt einen ṣaḥīḥ Ḥadīth über die Wiederholung der Kalima für den Toten
und das ist der, der von Sayyida ʿāʾischa, Abū Hurayra und Abū Saʿīd al-Khudrī -
möge Allāh mit ihnen zufrieden sein - überliefert wurde.720
Imām Ālūsī schreibt in seinem Buch Galiyya al-Mawāiz, dass der Prophet
selbst dies tat und dies auch anbefahl.
715 Ahmed Davudoğlu, İbn Abidin Tercüme ve Şerhi, III, 398.
716 Schawkānī, Nayl al-Awṭār, 4/102.
717 Al-Jaziri, ibid., 3/464, Nr. 1444.
718 Ibn Mājah, Sunan, Janāiz, 3, 1, 464, Nr. 1444.
719 Nasāʾī, Sunan, Janāiz, 4.
720 Muslim, Janāiz, 1-2; Tirmidhī, Janāiz, 7; Abū Dāwūd, Janāiz, 15-16; Nasāʾī, Janāiz, 4; Aḥmad b.
Ḥanbal, al-Musnad, 3/3; Ibn Mājah, Janāiz, 3; Ibn Jārūd, al-Muntaqa, 1/136; Nr. 513.
329
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Salafis haben die Worte ‚eure Toten‘ zwanghaft als ‚die kurz vor dem
Tod stehen‘ gedeutet.
Ibn Rifʿat und Muḥibb al-Ṭabarī, die zu den Rechtsgelehrten der Schāfiʿīs ge-
hören, sagten, dass der Ḥadīth nach dem äußeren Wortlaut zu verstehen sei und
ein Toter jemand sei, dessen Seele den Körper verlassen hat, und es auch keiner-
lei Gründe gebe, diesen Ḥadīth so zu deuten, dass damit jemand gemeint sei, der
kurz vor dem Tod steht.721
Schawkānīs ähnlichen Worte wurden schon unter dem Ḥadīth über die Re-
zitation des Qurʾān zitiert und sie gelten ebenso für diese Überlieferung.
Der Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – wartete nach der Be-
stattung des Toten am Grab und betete dafür, dass der Tote in der Beantwortung
seiner Fragen erfolgreich ist und sprach zu seinen Gefährten: „Wünscht für eu-
ren Bruder um Vergebung bei Allāh und darum, dass er standhaft ist in der Be-
antwortung der Fragen im Grab, denn im Moment wird er befragt.“722
Ḥākim sagt über den Ḥadīth, dass die Überlieferungskette ṣaḥīḥ sei, und
Dhahabī stimmt ihm zu. Nawawī sagte, die Kette sei jayyīd (gut). Sogar al-Albānī
bestätigt dies in seinem Ṣaḥīḥ Sunan Abū Dāwūd (II/305).
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Dieses Schreiben ist ein Schreiben des Imām al-Suyūṭī, in dem er die Zuläs-
sigkeit des Mawlid erklärt. Es ist entnommen aus dem al-Ḥāwī lil-fatāwī.
„Gepriesen sei Allāh und Segen sei auf Seinen erwählten Dienern!
Die Frage lautet, was das Urteil der Scharīʿa ist über das Feiern des geehr-
ten Geburtstages des geehrten Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – im
Monat des Rabīʿ al-Awwal. Ist dies aus Sicht der Scharīʿa eine lobenswerte oder
tadelnswerte Handlung und erreicht jene, die eine solche Versammlung organi-
sieren, Segen oder nicht?
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ehrenhafte Werke und eines der Bauten, die er errichten ließ, ist die Moschee
Muzaffarī, die er in der Nähe des Berges Tasiyun bauen ließ.
Ibn Kathīr - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – schreibt über den Sul-
tan Muzaffar folgendes: „Sultan Muzaffar organisierte die Versammlungen der
Feier des Geburtstages des Propheten mit gebührender Ehre, Pracht, Würde
und Größe. Diesbezüglich veranstaltete er ein prachtvolles Fest. Er war ein be-
herzter, mutiger und weiser Gelehrter und ein gerechter Herrscher. Möge Allāh
ihn mit Barmherzigkeit überschütten und ihm einen hohen Rang gewähren.
Scheich Abū al-Khaṭṭāb b. Diḥyā schrieb ebenfalls ein Buch für ihn über das
Feiern des Geburtstages, genannt „al-Tanwīr fī Mawlid al-Baschīr al-Nadhīr“.
Für dieses Buch beschenkte ihn der Sultan mit tausend Dinar. Sultan Muzaffar
blieb der Herrscher bis zu seinem Tode im Jahr 630 n.H. in der Stadt Akkon, als
er die Europäer belagerte. Kurz gesagt war er ein Mann der Frömmigkeit und
von adliger Gesinnung.“
Sibt Ibn al-Jawzī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – schreibt in seinem
‚Mirʿat al-Zaman‘, dass während eines Mawlids, welcher der Sultan Muzaffar ein-
mal veranstaltet hatte, auf dem königlichen Tablett 500 Ziegen, 10.000 Hühner,
100.000 Tonbecher und 300.000 Früchtekörbe servierte. Er schreibt ebenfalls,
dass viele ältere gottesfürchtige Gelehrte und berühmte Ṣūfīs zu den Feiern des
Sultans kamen, die der Sultan mit wundervollen Roben und königlichen Geschen-
ken beschenkte. Die Ṣūfīs hielten dort von Ẓuhr bis Fajr Gesänge und Tänze ab,
an denen der Sultan selbst teilnahm und in denen er mit den Ṣūfīs gemeinsam
Zustände der Ekstase erfuhr. Jedes Jahr gab er 300.000 Dinar für die Geburts-
tagsfeier des Propheten aus. Für jene von außerhalb, hatte er ein spezielles Gä-
stehaus vorbereitet, in denen sich Menschen aus allen Schichten befanden, ohne
dass sie wegen ihres Ranges diskriminiert wurden. Die Ausgaben des Gasthau-
ses betrugen jährlich 100.000 Dinar.
Er gab jährlich auch 200.000 Dinar aus, um Muslime aus der Gefangen-
schaft der Europäer freizukaufen. Für die Bewahrung der zwei heiligen Stätten
und für das Tränken der Pilger auf dem Weg zum Hijaz, gab er jährlich 300.000
Dinar aus. Dies kommt alles zu den Almosen und Spenden, die er im Geheimen
gab, hinzu. Seine Frau, Rābiʿa Khatūn bint Ayyūb, die Schwester des Sultan Naṣīr
Sālāḥ al-Dīn, überliefert, dass ihr Ehemann eine Robe aus grober Wolle trug, wel-
che nicht mehr als 5 Dirham wert war. Sie sagt, dass sie dies einmal an ihm kri-
tisierte, worauf er antwortete, dass es besser ist, dass er eine fünf Dirham Robe
trägt und sein gesamtes Geld für Spenden ausgibt, als dass er eine teure Robe
trägt und die Armen hungern lässt.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
gut fanden, die ihn unterstützen und ihn bestätigen und ihn weder kritisierten,
noch widerlegten. (Dies ist in sich selbst ein ausreichender Beweis, um die Be-
hauptungen al-Fakihānīs zu widerlegen).
Dann gibt es da noch die Aussage, dass der Mawlid nicht mandūb ist, da es
die Scharīʿa nicht verlangt. Diesbezüglich antworten wir, dass die Forderung der
Scharīʿa manchmal erkannt wird durch Naṣṣ (eine explizite Aussage im Qurʾān
oder im Ḥadīth) und manchmal durch Qiyās (Analogieschluss). Obwohl es für den
Mawlid keinen Naṣṣ gibt, gibt es doch einen Qiyās aufgrund der zwei Grundlagen
in der Sunna, die wir noch erwähnen werden.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
die Bidʿa der Irreleitung. Die zweite Art ist das, was von dem Guten hervorge-
bracht wird, aber sich nicht im Konflikt mit dem anderen befindet.“
Sayyidunā ʿUmar - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – sagte über das Ge-
bet im Monat des Ramaḍān: „Welch gute Bidʿa dies doch ist!“, und er meinte da-
mit, dass diese Sache vorher nicht war und es eine neue Angelegenheit ist, was
aber dem vorherigen nicht widerspricht.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Wenn diese Handlungen anderswo geschehen würden, sagen wir in der Ver-
sammlung für das Freitagsgebet, dann ist es offensichtlich, dass dies eine tadelns-
werte Handlung und ein Übel wäre. Jedoch bezieht sich dieser Tadel nicht direkt
auf die Versammlung für das Freitagsgebet. Es ist so, dass einige dieser erwähn-
ten Handlungen auch in den Nächten des Ramaḍān geschehen, wenn sich die Men-
schen zum Tarāwīḥ Gebet versammeln. Darf man auf Basis dieser Handlungen
nun die Versammlung für das Tarāwīḥ Gebet kritisieren? Definitiv nicht! So ist
doch die eigentliche Versammlung für das Tarāwīḥ eine Sunna und eine tugend-
hafte Tat und ein Gottesdienst, doch diese erwähnten Handlungen, die hinzuge-
mischt wurden, sind übel und tadelnswert.
Gleichermaßen sagen wir, dass die Versammlung des Mawlid, mandūb und
eine tugendhafte Handlung ist, doch die anderen hinzu gemischten und oben er-
wähnten Handlungen sind tadelnswert und verboten.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Tugenden des Tages der Geburt und des geehrten Propheten - Segen
und Friede seien auf ihm
„Dennoch hat der geehrte Prophet auf die Exzellenz dieses Monates als Ant-
wort auf einen Fragenden hingewiesen. Als der Fragende herausfinden wollte,
was es mit dem Fasten am Montag zu tun hat, antwortete der geehrte Prophet -
Segen und Friede seien auf ihm -: „Dies ist der Tag, an dem ich geboren wurde.“
„Da die Exzellenz dieses Tages auf die Exzellenz dieses Monates hinweist (d.h.
Rabīʿ al-Awwal), in der der Prophet diese Welt beehrte, ist es unsere Pflicht die-
sem Monat einen angemessenen Respekt zu erweisen und ihn zu ehren, und wir
sollten es als etwas besonders Exzellentes verstehen, genauso, wie Allāh - Erha-
ben und Makellos ist Er - andere Monate als sehr exzellent bezeichnete. Dies-
bezüglich sprach der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – folgendes: „Ich
bin der Anführer der Kinder Adams und darin liegt kein Stolz.“, und: „Adam und
alle anderen Propheten werden am Tag des Gerichts unter meinem Banner sein.“
„Die Tugenden und die Exzellenz einer bestimmten Zeit und eines bestimm-
ten Ortes sind das Resultat einer ʿIbāda, die darin ausgeübt wird und, durch die
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – diese geehrt hat. Wenn es nun bekannt ist,
dass Orte und bestimmte Zeiten in sich selbst keine Ehre und Größe beinhalten,
außer durch bestimmte Eigenheiten und Eigenschaften, dann bedenke die große
Gnade, die Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – dem Monat Rabīʿ al-Awwal und
dem Tag Montag bescherte. Siehst du denn nicht, dass das Fasten am Montag ei-
nen besonderen Lohn hat, weil der Prophet am Montag geboren wurde?“
„Deshalb ist es äußerst wichtig und angemessen für uns, dass, wenn die-
ser heilige Monat kommt, wir ihn mit Erhebung, Ehrung, Respekt und Achtung,
die ihm zustehen, empfangen sollten. Dem Beispiel des geehrten Propheten -
Segen und Friede seien auf ihm – sollte darin Folge geleistet werden, dass er in
bestimmten Zeiten, die bestimmte besondere Eigenheiten aufweisen, er selbst
die höchstmögliche Form der tugendhaften Taten verrichtete und Almosen gab,
und er selbst spezielle Vorbereitungen traf. Siehst du denn nicht die Aussage des
Sayyidunā Ibn ʿAbbās? „Der Gesandte Allāhs war der großzügigste Mensch und
seine Großzügigkeit war am größten im Ramaḍān.“
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
und Friede seien auf ihm – die wohlbekannte Eigenschaft in sich trug, seiner Ge-
meinschaft nur Leichtes und Einfaches wollte, insbesondere in Angelegenheiten,
die ihn selbst betrafen. Hast du denn nicht gesehen, dass der Prophet, der Anfüh-
rer dieser Welt, die Umgebung Mekkas als ḥarām erklärt hat, aber er keine Strafe
ausgesprochen hat für das Jagen, Abschlagen eines Baumes etc. in Medina? Siehst
du denn nicht, dass er dies nicht tat, weil er für seine Gemeinschaft Leichtigkeit
und Einfachheit wünschte – aus seiner Barmherzigkeit heraus?
So beachtete der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – die Dinge, die
ihn selbst betrafen und, obwohl diese Dinge in sich selbst eine große Tugend tru-
gen, hielt er sich aus Wunsch für Leichtigkeit und Einfachheit für seine Gemein-
schaft von diesen Sachen fern. Die Ehrung des Monats Rabīʿ al-Awwal gehört zu
diesem, und man sollte in diesem Monat das Maximum an guten Taten verrichten
und Almosen geben und wer dies nicht kann, sollte sich wenigstens von Ḥarām
und Makrūh in diesem Monat fernhalten. Auch wenn die Vermeidung von Ḥarām
und Makrūh in allen Monaten nötig ist, so verdienen diese Monate doch einen
besonderen Respekt. Er sollte dies tun, so wie er es im Ramaḍān und in anderen
gesegneten Monaten tut, und sich höchst vorsichtig verhalten, sich von Misseta-
ten fernhalten und sich von Unangemessenem distanzieren.“
Die Kritik des Ibn al-Ḥajj:
„Doch in unserer heutigen Zeit beschäftigen sich die Menschen mit Ander-
weitigem. Wenn dieser gesegnete Monat kommt, beschäftigen sie sich mit Unter-
haltungen und Sport und benutzen Musikinstrumente. Wie schade ist es, dass
sie Musik und Unterhaltung veranstalten und dann die Ansicht tragen, dass sie
diesem geehrten Monat Respekt zollten! Beachte nicht, dass sie solche Sitzun-
gen mit der Rezitation des Qurʾān beginnen, denn danach stellen sie die Exper-
ten in der Kunst der Unruhe und der Begeisterung der Emotionen für die sinnli-
chen Gelüste ihres Egos ein –, welches in sich selbst viele Gründe der Korruption
und Vernichtung trägt.
Doch sie begnügen sich nicht nur damit. Einige von ihnen lassen sogar noch
Gefährlicheres geschehen, sodass sie schöne, wohlklingende, hübsch gekleidete
junge Knaben singen lassen. Er singt Liebeslieder, mit Crescendo und Decrescendo
in seiner Stimme und mit vielen Bewegungen. Somit verführt er die Männer und
Frauen in der Versammlung und das Ergebnis ist, dass beide Opfer von Verfüh-
rung werden und viele andere üblen Sachen nisten sich bei ihnen ein. In einigen
Extremfällen wird die Ehebeziehung zerstört und es geht sogar soweit, dass da-
durch Scheidungen geschehen. Daher fängt die Zeit der Vernichtung und Ruins
an, in der eine angesiedelte und komplette Familie zerstört wird und der Friede
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
im Verstand und im Herzen wird gestört. Dieses Übel ist das Ergebnis von sol-
chen Mawlid-Veranstaltungen, in denen es auch diesen Gesang gibt.
Wenn der Mawlid solches Übel nicht beinhaltet und nur Essen vorbereitet
wird und es die Absicht ist, die Geburt zu feiern und die muslimischen Brüder
werden eingeladen und in der Sitzung geschieht nichts, was gegen die Scharīʿa
ist oder, was tadelnswert ist, dann ist es eine Erneuerung, die rein von der Ab-
sicht abhängt, denn diese Versammlung ist eine Erhöhung der Religion. Die from-
men Vorfahren haben dies nicht getan und es ist offensichtlich, dass es besser
und angemessener ist den Vorfahren zu folgen, von denen so etwas nicht über-
liefert wurde, noch wurde von ihnen die Absicht überliefert, den Tag der Geburt
des Propheten zu feiern.“
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
höchstmögliche ʿIbāda verrichten sollte, da der Prophet - Segen und Friede seien
auf ihm – in diesem Monat geboren ist. Die Absicht von Mawlid ist es, wegen der
Geburt des Propheten, eine solche Versammlung zu veranstalten. Wie kann dann
also eine Sache kritisiert werden, die vorher besonders betont wurde? Tugen-
den, Handlungen der ʿIbāda, Almosen usw. und alle anderen guten Taten können
nicht ohne eine Absicht geschehen und, sogar wenn es möglich wäre, so würde
man es nicht als ʿIbāda werten und es würde keinen Lohn einbringen. Denn eine
Handlung ohne Absicht trägt keinen Wert. Die Absicht, den Mawlid zu feiern, be-
deutet nicht, Dankbarkeit und Freude für die besondere Geburt des Propheten
im Monat des Rabīʿ al-Awwal zu zeigen. Die Absicht hinter der Feier des Mawlid
ist nur dies und es gibt keinen Zweifel daran, dass diese Absicht lobenswert ist.
Denke sehr gut darüber nach!
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
eine Erneuerung ist, welche nicht von den frommen Altvorderen der ersten drei
Generationen überliefert wurde. Dennoch befinden sich darin gute und tugend-
hafte Handlungen sowie üble und tadelnswerte Handlungen. Wenn im Mawlid
nur die guten und lobenswerten Taten verrichtet werden, dann ist der Mawlid
eine gute Bidʿa, anderweitig nicht.
Es ist besser sich fernzuhalten von dem, was nicht höchst vorzüglich ist
Bezüglich dem, was im Mawlid getan wird, so sollte man sich nur an solche
Handlungen halten, welche Allāh gegenüber Dankbarkeit in einer angemesse-
nen Weise zeigen. Als Beispiel hierfür dient die schon oben erwähnte Rezitation
des Qurʾān, die Einladung zur Speise, die Almosen, das Rezitieren von Lobprei-
sungen des Propheten, dem Anführer der zwei Welten - Segen und Friede seien
auf ihm – und andere solche Verse, welche das Herz zu Taten der ʿIbāda und der
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Frömmigkeit anregen und durch welche man Motivation für die Handlungen des
Jenseits kriegt.
Jene Sachen wie das Singen von Liedern, die Unterhaltung und das Samāʿ…
so sind diese Dinge gestattet, wenn sie sich im Bereich des Erlaubten befinden
und sie dazu dienen, Freude für diesen Tag auszudrücken und wenn solches ge-
tan wird, ist darin kein Übel und man sollte sich fernhalten vor den Angelegenhei-
ten, welche man als Ḥarām und Makrūh einstuft. Ebenfalls sollten die bevorzug-
ten Handlungen geschehen und jene, welche eine schwächere Ansicht darstellen,
nicht befolgt werden.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Propheten erhielt. Bedenke dies! Wenn dieser Abū Lahab, ein Kāfir, der sogar im
Qurʾān getadelt und verdammt wird, für seine Freude am Tag der Geburt des Pro-
pheten belohnt wird, wie schaut es dann aus mit dem Muslim, der ein aufrich-
tiger Anhänger des Tawḥīd ist und der zu seiner Gemeinschaft gehört, wenn er
am Tag der Geburt des Propheten Freude zeigt? Bei meinem Leben! Sein Lohn
wird sein, dass Allāh, der Allerhabene und Allgütige, aus seiner uneingeschränk-
ten Gnade heraus diesem einen Platz im gesegneten Paradies gewähren wird.
Schlussfolgerung
Ibn al-Ḥajj schreibt, dass, wenn gefragt wird, was die Weisheit dessen ist, dass
die Geburt des geehrten Propheten im Rabīʿ al-Awwal und an einem Montag war
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
und nicht im Ramaḍān, in der der Qurʾān herabgesandt wurde und sich die Nacht
von Qadr befindet, oder nicht am 15. Schaʿbān, oder am Freitag oder in der Don-
nerstagnacht – dann kann man darauf aus verschiedenen Aspekten antworten:
1. Es wurde in der Ḥadīthliteratur überliefert, dass Allāh - Erhaben und
Makellos ist Er – die Bäume an einem Montag erschuf. Darin liegt eine große Er-
mahnung, denn es heißt, dass Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - Nahrung,
Versorgung, Früchte usw. an einem Montag erschuf, sowie andere Dinge, die als
Almosen gegeben werden. Die Entwicklung und das Leben der Menschheit ist
sehr stark gebunden an diese und die Menschen vergnügen sich damit.
2. In dem Wort Rabīʿ, aus Sicht der Etymologie, befindet sich ein guter Hin-
weis und ein tugendhaftes Zeichen. ʿAbd al-Raḥmān al-Saqlī sagt, dass der Name
eines jeden Menschen auch Einfluss auf den Körper des Menschen hat.
3. Der Grund für Rabīʿ (d.h. Frühling) ist die schönste und angenehmste
Zeit, und die Scharīʿa des geehrten Propheten ist die einfachste und gemäßigt-
ste Scharīʿa.
4. Allāh, der Allwissende und Allweise, wollte die Zeit ehren, in der der Pro-
phet - Segen und Friede seien auf ihm – auf die Welt kam. Wäre er an einem der
oben erwähnten Tage geboren wurden, dann wäre die Illusion entstanden, dass
die Ehre und die Würde des Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – we-
gen dieser Tage sei.“
[Ende des Schreibens des Imām al-Suyūṭī]
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Verehrung ist keine ʿIbāda. Da die Bedeutungen von Ehrerbietung und
ʿIbāda nicht gekannt werden, werden diese zwei Begriffe ständig miteinander
verwechselt. Diejenigen, die diesem Fehler verfallen sind, begreifen jede Art der
Ehrerbietung, Verherrlichung und des Respekts als eine ʿIbāda.
An seinem Gehstock lehnend, ging der Gesandte Allahs - Segen und Friede
seien auf ihm - einmal zu einer Gruppe seiner Gefährten hinein, worauf sie auf-
standen. Daraufhin gebot der Prophet: „Steht nicht wie die Nicht-Araber auf, die
sich dabei gegenseitig verherrlichen.“723
Ein andermal sagte er: „Wer auch immer daran Gefallen findet, dass sich die
Menschen für ihn in Bereitschaft stellen, soll seinen Platz im Feuer vorbereiten.“724
Als Saʿd b. Muʿādh - möge Allāh mit ihm zufrieden sein -, der ihr Führer war,
einmal zu dem Platz kam, an dem sich die Anṣār versammelt hatten, ordnete ih-
nen der Gesandte Allāhs an, für ihren Gebieter aufzustehen.725
Dieser Befehl war gegeben, um Saʿd zu ehren. Die Aussage, Saʿd wäre krank
gewesen und, damit ihm beim Absteigen von seinem Reittier geholfen werde, sei
dieser Befehl erfolgt, ist falsch. Denn die Anweisung erging an alle. Wäre es we-
gen der Hilfe dafür gewesen, so wäre auch die Anordnung nur an eine Person er-
gangen. Zudem wäre nur sein Name Saʿd genannt worden und es hätte keinen
Anlass gegeben, ihn als ihren Führer zu titulieren. Abū al-Walid b. Ruschd er-
klärte wegen dem Aufstehen für andere folgendes:
• Jenes, das Ḥarām ist: Sich für jemanden aufzurichten, der Hochmut und
Herrlichkeit vorgibt und für den, der sich selbst als verherrlicht ansieht,
wenn die Menschen für ihn aufstehen.
• Das gestattete Aufstehen: Als ein Zeichen der Anerkennung und der Ge-
wogenheit für jene aufzustehen, die dies nicht verlangen und bei denen
der Anschein eines Despoten nicht vorhanden ist.
723 Abū Dāwūd, Ādāb, 153; al-Musnad, V, 253-256.
724 Al-Bayan wa al-Taʿrif, Nr. 205.
725 Bukhari, al-Istʿdhan, 26; Abu Dawud, Adab, 144.
346
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
• Das Erlaubte: als Zeichen der Freude und der Absicht zur Begrüßung darf
für jemanden aufgestanden werden, der von einer Reise zurückkehrt,
oder als Form der Gratulation für denjenigen, dem eine neue Wohltat
zuteil wurde, wie auch zur Trostspende demjenigen, dem ein Unglück
widerfahren ist.
In einigen Büchern des Fiqh wird erklärt, dass es für jemanden, der dieser
Geste würdig ist, nicht Makrūh ist aufzustehen, wenn dieser zu jemandem hin-
eingeht, der in der Moschee sitzt oder zu einem, der den Qurʾān rezitiert.726
Taḥāwī: „Das Aufstehen an sich ist nicht makrūh. Vielmehr ist jenes makrūh
(ḥarām), das für jemanden getan wird, dem es gefällt und für jene, die dieses
nicht verdienen.“
Ibn Wahbānī: „Mir zufolge sollte in unseren heutigen Tagen das Aufstehen
für jemanden etwas Schönes sein, denn das Nicht-Aufstehen, insbesondere da,
wo es ein Brauch ist, kann Grund für Hass, Abscheu und Feindschaft werden.
(al-Namankānī, S. 257)
Azra hingegen äußert folgende Meinung: “Al-ʿIzz b. ʿAbd al-Salām zufolge ist
das Aufstehen heutzutage sogar verpflichtend, um der Feindschaft und dem Ab-
bruch der Beziehungen vorzubeugen.”727
Imam al-Quschayri sagt im Kapitel Ādāb seines Werkes „al-Risāla“ folgendes:
Als Ibn ʿAbbās sich dazu bewegte, die Hand des Zayd b. Thābit zu küssen, der ein
Gelehrter war, wünschte Zayd b. Thābit ihm die Hand nicht zu geben und sagte:
„Was machst Du, Ibn ʿAbbās?”
Ibn ʿAbbās küsste seine Hand und sagte: „Wir sind vom Gesandten Allahs -
Segen und Friede seien auf ihm - anbefohlen worden, den Leuten des Wissens
Ehrerbietung zu erweisen.”
Als Ibn ʿAbbās seinen Fuß in den Steigbügel legte, um das Pferd zu besteigen,
machte sich Zayd bin Thābit plötzlich daran, den Fuß von Ibn ʿAbbās zu küssen,
woraufhin dieser abwehrend meinte: „Was machst Du?“
Daraufhin erwiderte Zayd b. Thābit: „Und wir haben vom Gesandten Allahs
den Auftrag erhalten, in dieser Weise unsere Ehrerbietung den Leuten des Wis-
sens darzulegen.“
Beide waren miteinander zufrieden und keiner von ihnen reagierte auf den
anderen ablehnend oder beleidigend. Diese und ähnliche Beispiele verdeutlichen
die Erlaubnis im Dīn, Menschen, wegen der Reife im Wissen oder der Spirituali-
tät, Ehrerbietung zu erweisen.
726 Al-Namankanī, al-Fatḥ al-Raḥmānī, S. 256.
727 Ibn Ḥajar al-Makkī, al-Zawājir, Nr. 171.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Anas - möge Allāh mit ihm zufrieden sein - erzählt: „Der Gesandte Allāhs
ging hinaus zu seinen sitzenden Freunden von den Muhajir und Anṣār. Abū Bakr
und ʿUmar waren anwesend. Von ihnen hob keiner außer Abū Bakr und ʿUmar
seine Augen, um ihn anzusehen.
Wenn der Gesandte Allahs - Segen und Friede seien auf ihm - sprach, senk-
ten all jene die mit ihm saßen ihre Häupter so, als würden Vögel darauf nisten.728
Der Respekt, den die geehrten Gefährten unserem Meister - Segen und Friede
seien auf ihm - seinem gesegneten Speichel oder dem Wasser seiner Gebetswa-
schung zollten:
فواهلل: قال،ثم إن عروة جعل يرمق أصحاب النبي صلى اهلل عليه وسلم بعينيه
ما تنخم رسول اهلل صلى اهلل عليه وسلم نخامة اال وقعت فى كف رجل منهم
وإذا توضأ كادوا يقتتلون على،فدلك بها وجهه وجلده وإذا أمرهم ابتدروا أمره
،وضوئه وإذا تكلم خفضوا أصواتهم عنده وما يحدون اليه النظر تعظيما له
ووفدت، واهلل لقد وفدت على الملوك، أى قوم:فرجع عروة إلى اصحابه فقال
على قيصر وكسرى والنجاشي واهلل إن رأيت ملكا قط يعظمه اصحابه ما يعظم
أصحاب محمد صلى اهلل عليه وسلم محمدا واهلل إن تنخم نخامة إال وقعت
في كف رجل منهم فدلك بها وجهه وجلده وإذا أمرهم ابتدروا أمره وإذا توضأ
كادوا يقتتلون على وضوئه وإذا تكلم خفضوا أصواتهم عنده وما يحدون إليه
.النظر تعظيما له
ʿUrwa (der zum Gesandten Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm - ge-
schickt wurde, damit er die Friedensvereinbarung unterzeichne) fing an die Ge-
fährten des Gesandten Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm - zu beobachten
und sagte darauf zu seinen Begleitern:
„Was ist dies für eine Ehrerbietung? Ich schwöre auf Allāh, wenn aus dem
Mund des Gesandten Gottes Speichel ausgeworfen wird, landet es unbedingt in
der Hand eines seiner Gefährten, mit dem dieser dann sein Gesicht oder seinen
Körper einreibt. Wenn er ihnen etwas befiehlt, rennen sie sofort los, um diesen
Befehl auszuführen.
728 Tirmidhī, Schamail, Hind b. Abī Hala; ʿAlī al-Qārī, Scharḥ al-Schifāʾ, 2/67.
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ʿAbdullah b. ʿUmar - möge Allāh mit ihm zufrieden sein - erzählt: „Wir waren
in einer der Abteilungen der Kavallerie des Gesandten Allāhs - Segen und Friede
seien auf ihm. Wir gingen zu ihm und küssten seine Hand.“734
ʿUmar stand auf und küsste den Fuß des Gesandten Allahs - Segen und Friede
seien auf ihm.735
In solch einem Fall muss man sich doch sehr über die Motive jener wundern,
die eine Ehrerbietung, welche innerhalb des Rahmens des Qurʾāns und der Sunna
stattfindet, mit der vermischen, die den Götzen entgegengebracht wird. Solche
Verwechslungen werden von ihnen ständig gemacht.
Sie vermischen ständig die Spreu mit dem Weizen. Ähnliche Überlieferun-
gen sind in großen Mengen auch von den edlen Gefährten und ihren Nachfolgern
(Tābiʿūn) zu uns gelangt. Dies bedeutet, der Respekt, der dem Gesandten Allahs
- Segen und Friede seien auf ihm - gezollt wurde, wurde genauso auch seinen
Nachfolgern und Erben erwiesen. Die gleiche Ehrerbietung wurde den Ṣaḥāba,
den Tābiʿūn und deren Nachfolgern entgegengebracht.
Die Überlieferungen darüber, wie den Gelehrten Ādāb und Ehrerbietung er-
wiesen wurde, sind vielfach in den Werken Al-Jāmiʿ von Khaṭīb al-Baghdādī736 und
in Jāmiʿ al-Bayan al-ʿIlm wa Fadlihi des Ḥāfiẓ Ibn ʿAbd al-Barr zu finden.
Der sehr geehrte Ādam - Friede auf ihm - ist die erste Person der Mensch-
heit und der erste rechtschaffene Diener Allāhs. Aufgrund des Wissens und der
Auserwählung von inmitten der gesamten Schöpfung, die Allāh ihm zuteil wer-
den lassen hat, befehligte Er alle Engel mit der Niederwerfung zu Ādam, als ein
Zeichen ihrer hohen Ehrerbietung.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Wahrlich, Wir haben dich als Zeugen und als Bringer froher Botschaft und als
Warner gesandt, auf dass ihr an Allah und Seinen Gesandten glauben und ihm hel-
fen und ihn ehren ..... möget.740
Wäre die Ehrerbietung anderen gegenüber Schirk und Kufr gewesen, so hätte
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - seine geliebten Diener nicht in einer solchen
Weise gelobt. Den Sunniten zufolge ist es verboten, die Niederwerfung zu jeman-
dem außer Allāh zu vollziehen, da sie der Niederwerfung der Anbetung ähnelt
und nicht, weil sie Ehrerbietung zeigt.
Zu den Dingen, denen gegenüber Allāh Respekt und Ehrerbietung befohlen
hat und, dass obwohl diese nur Steine sind, zählen die Kaʿba, der schwarze Stein
(al-Ḥajar al-Aswad), der Standort Abrahams (al-Maqām al-Ibrāhīm) und Allah -
Erhaben und Makellos ist Er - ordnete uns an, die Kaʿba zu umlaufen, die Ruqn
al-Yamanī zu berühren, den Ḥajar al-Aswad zu küssen und hinter dem Maqām
al-Ibrāhīm zu beten.
740 48/8 - 9
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Viele Leute fragen über das rechtliche Urteil über das Küssen der Hände, ins-
besondere in diesen Tagen, in denen die Menschen den Gelüsten und Meinungen
in großer Anzahl folgen und, in denen die wahrhaftigen Untersuchungen schwach
geworden sind. Die Personen, die fähig sind zwischen den Realitäten zu unter-
scheiden und, die zurückgehen auf die authentischen Aḥādīth, die Berichte der
Gefährten und die Ansichten der nachforschenden Imāme, werden sehen, dass
das Küssen der Hände der Gelehrten, der Rechtschaffenen und der Eltern in der
Scharīʿa erlaubt ist. Wahrlich, es gehört und ist eine der vielen Manifestationen
der islamischen Etikette gegenüber den Leuten, denen Respekt zu zollen ist und
die tugendhaft sind. Siehe diese klaren Texte bezüglich dieser Angelegenheit:
Aḥādīth
Von Ṣafwān b. ʿAssāl: „Ein Jude sagte einmal zu seinem Gefährten: „Komm,
lass uns zu diesem Propheten gehen.“, und beide gingen zu dem Gesandten Allāhs
- Segen und Friede seien auf ihm – und sie befragten ihn über die neun klaren
Zeichen (die Moses gegeben wurden)… (bis es im Ḥadīth heißt): „…beide küssten
seine Hände und Füße und sagten: „Wir bezeugen, dass du ein Prophet Allāhs
bist.““ (überliefert von Aḥmad, al-Tirmidhī, der es als ṣaḥīḥ erklärt, und al-Nasāʾī
und andere)
Abū Dāwūd überliefert von Umm Abān b. al-Wāzi‘ b. Zāri‘, von ihrem Großva-
ter Zāriʿ, der anwesend war während der Delegation von ʿAbd al-Qays. Er sagte:
„Wir beeilten uns, um von unseren Reittieren abzusteigen, und küssten die Hände
und Füße des Gesandten Allāhs.“ Al-Bayhaqī überlieferte dies in seinem al-Sīra
al-Schāmiyya und dort gibt es den Zusatz: „… dann kam Mundhir al-Aschʿajj, der
Führer der Delegation, nahm die Hand des Gesandten Allāhs und küsste sie…“
741 Dieser Abschnitt ist aus dem Buch Ḥaqāʾiq al-Taṣawwuf des Scheich ʿAbd al-Qāḍī ʿĪsā - möge
Allāh barmherzig mit ihm sein.
353
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Im Kommentar des al-Ḥāfiẓ Ibn Ḥajar al-‘Asqalānī zu al-Bukhārī heißt es: „Abū
Lubāba, Kaʿb b. Mālik und seine zwei Gefährten küssten alle die Hand des Pro-
pheten - Segen und Friede seien auf ihm -, als Allāh ihre Reue annahm.“ (11/48)
Berichte
Al-Ṭabarānī, al-Bayhaqī, und al-Ḥākim überliefern von al-Scha‘bī: „Einmal
betete Zayd b. Thābit das Totengebet, wonach sein Maultier gebracht wurde. In
dem Moment kam ʿAbdullāh b. ʿAbbās - möge Allāh mit ihm zufrieden sein – zu
ihm und ergriff die Steigbügel des Maultiers. Zayd b. Thābit sagte: ‚Lasse dies, oh
Cousin des Gesandten Allāhs!‘ Ibn ʿAbbās sagte: ‚Dies ist der Umgang mit den Ge-
lehrten und den Älteren, der uns anbefohlen wurde.‘, woraufhin Zayd, Ibn ʿAbbās
Hand küsste und sagte: „Und dies ist der uns anbefohlene Umgang mit der Fami-
lie des Gesandten Allāhs.‘“
Al-Bukhārī überliefert in al-Ādāb al-Mufrad von ʿAbd al-Raḥmān b. Razīn, der
sagte: „Salama b. al-Akwaʿ streckte seine Hände zu uns und er hatte eine große
Hand wie die Hand eines Kamels und wir küssten sie.“ (Fatḥ al-Bārī: 11/48)
Es wurde von Thābit berichtet, dass er die Hand Anas küsste. Er berichtete
ebenfalls, dass ʿAlī die Hände und Füße des al-ʿAbbās küsste. Durch Abū Mālik
al-Aschjaʿī: „Ich sagte zu Ibn Abī Awfā: ‚Gebe mir deine Hand, mit der du dem Ge-
sandten Allāhs Treue geschworen hast.‘, worauf er mir seine Hand gab und ich
küsste sie.“ (Fatḥ al-Bārī)
Ibn Kathīr sagt in seinem Geschichtsbuch al-Bidāya wal-Nihāya (7/55) be-
züglich der Eroberung Jerusalems durch ʿUmar b. al-Khaṭṭāb: „…Als ʿUmar b. al-
Khaṭṭāb die Levante erreichte, wurde er von Abū ʿUbayda empfangen und von an-
deren Führern wie Khālid b. al-Walīd und Yazīd b. Abī Sufyān. Beide, ‘Umar und
Abū ‘Ubayda, stiegen von ihren Reittieren ab und Abū ʿUbayda wollte die Hände
von ʿUmar küssen, und ʿUmar wollte die Füße des Abū ʿUbayda küssen und so
hielten sich beide davon ab.“
In ‘Ghidhā’ al-Albāb Scharḥ Manẓūmat al-Ᾱdāb’ des ‘Allāma Muḥammad al-
Safārīnī al-Ḥanbalī heißt es: „Und in al-Ᾱdāb al-Kubrā heißt es, dass es rechtlich
erlaubt ist aus Religiosität, Ehre und Respekt jemanden zu umarmen und die
Hand zu küssen, solange er frei ist von Gelüsten. Der Ḥāfiẓ Ibn al-Jawzī sagte in
seinem ‚Manāqib Aṣḥāb al-Ḥadīth‘: „Der Schüler muss darauf achten, dass er ex-
trem demütig und dienstbereit gegenüber dem Gelehrten ist… zu dieser Demut
gehört, dass er die Hand küsst. Sufyān b. ʿUyayna und al-Fuḍayl b. ʿIyād küssten
die Hand und die Füße des al-Ḥusayn b. ʿAlī al-Jaʿfī aus Respekt.”
In Scharḥ al-Hidāya sagt Abū al-Maʿālī: „Und das Küssen der Hände eines Ge-
lehrten oder einer geehrten Person ist erlaubt. Das Küssen der Hand aufgrund
354
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
des Reichtums, so wurde überliefert: „Derjenige, der sich selbst erniedrigt vor ei-
ner reichen Person wegen seines Reichtums hat zwei Drittel seiner Religion ver-
loren.“ Du weißt, dass die Gefährten des al-Muṣṭafā seine Hand küssten, wie es
im Ḥadīth von Ibn ʿUmar erwähnt ist, als sie von der Schlacht von al-Muʾta zu-
rückkamen.“ (Ghidhā al-Albāb: 1/287)
355
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Ḥanafīs
Der ‘Allāma Ibn ‘Ᾱbidīn sagt in seinem Ḥāschiya, die Worte des Autors des
al-Durr al-Mukhtār kommentierend: „Es gibt kein Problem mit dem Küssen der
Hand eines Gelehrten oder einer gewissenhaften Person, um Segen zu erlangen. Es
wurde gesagt, dass dies eine Sunna ist. Al-Schurunbālī sagte: ‚Du solltest wissen,
dass alle Aḥādīth über diese Angelegenheit darauf hinweisen, dass es entweder
eine Sunna ist oder empfehlenswert ist, wie es al-ʿAynī sagte.“ (Ḥāschiya: 5/254)
In the Ḥāschiya des al-Ṭaḥṭāwī über Marāqī al-Falāḥ sagte er: „In Ghāya al-
Bayān fī al-Wāqiʿāt heißt es: „Das Küssen der Hand eines Gelehrten oder gerech-
ten Herrschers ist gestattet.“ Es gibt Aḥādīth darüber, die von al-Badr al-ʿAynī
erwähnt wurden… und aus allem, was wir erwähnten, geht klar hervor, dass es
erlaubt ist die Hand zu küssen…“ (Ḥāschiya al-Ṭaḥṭāwī: S. 209)
Die Mālikīs
Imām Mālik sagte: „Wenn das Küssen der Hand eines Mannes aus Stolz und
Erhebung geschieht, ist es verabscheuenswert. Wenn es jedoch aufgrund seiner
Nähe zu Allāh oder der Religion, des Wissens oder reinen Herkunft (des Mannes)
wegen getan wird, ist es erlaubt.“ (Fatḥ al-Bārī: 11/48)
Die Schāfiʿīs
Imām al-Nawawī sagte: „Das Küssen der Hand eines Mannes aufgrund seiner
Askese, seiner Frömmigkeit, seines Wissens, seiner reinen Herkunft oder wegen
irgendeines anderen religiösen Grundes ist nicht verabscheuenswert, sondern
empfehlenswert. Wenn es jedoch aufgrund seines Reichtums, seiner Autorität
oder seines Ansehens bei den Leuten der materiellen Welt wegen ist, ist es streng-
stens verpönt.“ (Fatḥ al-Bārī: 11/48)
356
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Ḥanbalīs
In Ghidhā al-Albāb, Scharḥ Manẓūmat al-Ᾱdāb des ʿAllāma al-Safārīnī al-Ḥanbalī
heißt es: „al-Marrūdhī sagte: „Ich fragte Abū ʿAbdullāh (d.h. Imām Aḥmad) über
das Küssen der Hände. Er sagte: „Wenn es wegen der Religiösität eines Menschen
ist, dann gibt es kein Problem damit. Abū ʿUbayda küsste die Hand des ʿUmar
b. al-Khaṭṭāb. Geschieht es jedoch wegen dieser Welt, dann sollte es nicht getan
werden.““
Das allerbeste, was über das Küssen der Hände gesagt wurde, sind die Worte
des Ibn Scharaf al-Ḥakīm:
Wenn ich mich drehe, um seine Hand zu küssen
Ist es, als wäre ich unfähig ihm zu danken, bis ich meine Lippen schließe
Ein anderer Dichter sagte:
Küsse die Hände der erwählten Leute der Frömmigkeit
Fürchte nicht die Beleidigung ihrer Feinde
Das aromatische süße Basilikum des Allbarmherzigen ist bei Seinen Dienern
zu finden
Und um daran zu riechen, muss man ihre Hände küssen
357
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Das Aufstehen für die Tugendhaften ist erlaubt und es gehört zum verlang-
ten islamischen Benehmen. Alle Bücher des Rechts der vier Rechtsschulen er-
wähnen die Erlaubnis:
Die Schāfiʿīs
Der erwählte Rechtsgelehrte ‘Allāma Muḥammad al-Schirbīnī sagte in sei-
nem Werk al-Muḥtāj (3/135): „Es ist eine Sunna für die Tugendhaften, welche Wis-
sen, Frömmigkeit, reine Herkunft und dergleichen besitzen, aufzustehen. Nicht
aus Angeberei oder prahlerischem Stolz. In al-Rawḍa heißt es: „Es gibt viele au-
thentische Aḥādīth, die dies bestätigen.““
Imām al-Nawawī hat sogar ein eigenständiges Werk über dieses Thema, wel-
ches heißt: „Sendschreiben über die Erlaubnis für das Aufstehen für die Tugend-
haften.“ Darin erklärt er, dass es erlaubt ist für jemanden aufzustehen, der den
Raum betritt, und er beweist dies mit vielen Aḥādīth:
„Im Sunan des Abū Dāwūd: „Eines Tages saß der Prophet - Segen und Friede
seien auf ihm – als sein Milchvater kam. Er streckte seine Kleidung aus, damit
dieser sich hinsetzen könne. Dann kam seine Milchmutter und er streckte einen
anderen Teil seiner Kleidung aus, damit sie sich hinsetzen konnte. Danach kam
sein Milchbruder, worauf der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – aufstand
und ihn vor sich hinsetzen ließ.“
In der Muwaṭṭa’ des Imām Mālik überliefert er die Geschichte des ʿIkrima b.
Abī Jahl als er nach der Eroberung Mekkas nach Jemen floh. Seine Frau sandte
nach ihm und brachte ihn nach Mekka als Muslim zurück. In der Überlieferung
heißt es: „…als der Prophet ihn sah, sprang er vor Freude auf und warf ihm sein
Obergewand zu.“
Die Grenzen des Respekts und des Gehorsams gegenüber dem Scheich
Einwand:
Ihren Vorstellungen entsprechend, sei es eine Anbetung anderer neben Allāh,
wenn für jemanden aufgestanden oder seine Hand geküsst wird, wenn Aus-
drücke wie: „unser Meister, unser Herr, unser Besitzer“ und ähnliches für unseren
358
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Propheten verwendet wird, und wenn während des Besuches an seinem Grab in
Andacht und Herzensfrieden respektvoll gestanden wird. Zudem sei der Punkt, an
dem die Anhänger des Taṣawwuf (Sufismus) am meisten in die Irre gehen, jener,
ihren Scheich als einen anderen Gott neben Allāh zu sehen oder zu präsentieren.
Die Ṣūfīs würden befehlen, der Murīd (Schüler) dürfe keinem der Wünsche,
der Befehle oder Verbote seines spirituellen Meisters widersprechen. Noch nicht
einmal dann, wenn dieser offensichtlich der Sunna des Propheten - Segen und
Friede seien auf ihm – zuwider handelt. Es würde vom Murīd die Bedingung ver-
langt werden, vor seinem Meister wie ein Unterworfener zu sein, wie einer, der
keine Zunge hat, keines Willens fähig und ohne Verstand ist, so wie der Tote in
der Hand des Totenwäschers.
Antwort:
Unserer Meinung nach sind diese Beschuldigungen etwas, womit der Ge-
sandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm - nicht zufrieden ist und sie sind
eine der Scharīʿa widerstreitende Vermutung und Dickköpfigkeit, die auf Unwis-
senheit basiert.
Die Leute des Taṣawwuf akzeptieren es nicht, jene ʿIbāda und Ehrerbietung,
die nur Allah gilt, auch ihrem Scheich gegenüber zu zeigen. Sie lehnen jedes seiner
Worte ab, die der Scharīʿa widersprechen. Aber sie ergeben sich und gehorchen
ihrem Lehrmeister, dem Erzieher, in dem Punkt der Erziehung und Ausbildung
zur taṣawwufischen Ṭarīqa, da er diesen Weg kennt. Ihre Ehrerbietung und den
Respekt vernachlässigen sie nicht. Sie zeigen keine Anstandslosigkeit und keinen
Widerspruch ihm gegenüber. Dies ist richtig.
Achtung: Die Hingabe, Ehrerbietung, der Gehorsam wie auch der Respekt,
werden nicht nur auf dem Weg der Ṭarīqa dargebracht. Jeder Schüler sollte sei-
nem Lehrer dieses erweisen und tut es auch.
Wenn es Scheichs mit einer schlechten Gesinnung geben sollte, oder Schüler,
die das Maß nicht halten können, und natürlich gibt es diese, so darf das aber nicht
mit dem wahren Taṣawwuf, den Scheichs und den Schülern gleichgesetzt werden.
In der Vergangenheit wie auch in unserer heutigen Zeit gab und gibt es
Feinde des Islām, deren Absicht immer die gleiche war, nämlich Zwiespalt un-
ter den Muslimen zu säen und sie dadurch zu spalten. Daher gab es früher Spi-
one, die als Scheichulislams getarnt waren und heutzutage haben wir falsche
Scheichs, Professoren, Imame, Schüler in den islamischen Hochschulen und Füh-
rer von Gemeinschaften, die sich zu uns, unter Verwendung dieser Maskerade,
einschleichen und uns, mithilfe von Gedanken, Werken und Medien gegeneinan-
der ausspielen wollen.
Als würde das nicht schon reichen, fangen sie nach kurzer Zeit der Wissensa-
neignung damit an, sich als Großgelehrte auszugeben und unter ihnen gibt es so-
gar welche, die von sich behaupten der prophezeite Mahdi zu sein.
359
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Natürlich sind da auch noch die, die sich nur deshalb zu Gelehrten ausbilden
lassen, um die Menschen materiell und spirituell ausbeuten zu können.
Es gibt aber auch jene mit guter Absicht und Gottesfurcht, die sich die Liebe
der Menschen angeeignet haben und dadurch zu ihrem Scheich wurden, jedoch auf-
grund des Mangels an Wissen, falsche und missfallende Entscheidungen treffen.
In unserer Gegenwart gibt es sehr viele, die bewusst oder unbewusst dem Islām
Schaden zufügen.
Wegen all den vorgeführten Gründen ist es besonders wichtig, folgende Kri-
terien zu beachten, bevor man sich einem geehrten Scheich ergibt und Gehorsam-
keit schenkt. Wir können diese wie folgt auflisten:
1. Es ist inakzeptabel, die ʿIbāda und Ehrerbietung für Allāh, in der gleichen
Weise auch dem Scheich darzubieten.
2. Wir fürchen einen Scheich nicht wie wir Allāh fürchten.
3. Wir lieben einen Scheich nicht in der Art wie wir Allāh lieben.
4. Wir bitten nur von Allāh und schreiben einem Scheich nicht die Attribute
Allāhs zu wie zum Beispiel etwas zu erschaffen oder eine Wirkungskraft auf et-
was auszuüben, wie es in den vorherigen Kapiteln behandelt wurde.
5. Sollte ein Scheich etwas für erlaubt erklären, das Allāh verboten hat oder
etwas verbieten, was Allāh erlaubt hat, so folgen wir diesen seiner Ansichten, die
außerhalb der Scharīʿa liegen, nicht und lehnen sie ab.
6. Ein Scheich wird von uns in keiner Weise zu einem Teilhaber Allāhs erho-
ben.
7. Kein System des Taghut wird von uns anerkannt. Jede Art des Taghut leh-
nen wir ab.
8. Handelt oder spricht der Scheich etwas, das der Scharīʿa widerspricht, so
folgen wir ihm darin nicht, sondern ermahnen ihn.
Mein eigener Scheich, Erzieher und Lehrmeister, Maḥmūd Ustaosmanoğlu, emp-
fahl uns folgendes: „Auch ich bin nur ein Mensch und kann Fehler begehen. Sollte
ich jemals etwas tun oder sagen, was der Scharīʿa widerstrebt, so folgt mir darin
nicht, sondern ermahnt mich für Allāhs Wohlgefallen!”
Dies ist unser Maßstab. Jene, die sich nicht daran halten, binden uns auch nicht.
Jemand könnte diesen Einwand vorbringen:
Es gibt die Regel im Taṣawwuf in der Hand des Scheichs so zu sein, wie der
Tote in der Hand des Totenwäschers. Wie wollen Sie das erklären?
Antwort:
Die Aussage, sei in der Gegenwart des Scheichs so, wie der Tote in der Hand
des Totenwäschers ist, bedeutet folgendes:
Der Tote bewegt sich entsprechend des Willens seines Wäschers. Er dreht ihn
in jede, ihm beliebige Richtung. Wenn gesagt wird, sei ergeben wie der Tote, so be-
deutet dies nicht auch die Scharīʿa widersprechenden Handlungen und Worte des
360
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
361
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Es ist gestattet, sich mit dem Gedenken des einen Namens zu beschäftigen.
Dies ist bewiesen durch die Worte Allāhs: „Gedenke den Namen deines Herrn
und wende dich Ihm vollkommen zu.“ [al-Muzammil: 8] and: „Und gedenke den
Namen deines Herrn des Morgens und des Abends.“ [al-Dahr: 25] Im geehrten
Ḥadīth, überliefert von Anas b. Mālik, sagte der Prophet - Segen und Friede seien
auf ihm - : „Die letzte Stunde wird nicht kommen, solange es auf dieser Welt je-
manden gibt, der „Allāh Allāh“ sagt.“ Hier sehen wir den einen Namen in wieder-
holter Weise erwähnt. In einer anderen Überlieferung von Anas heißt es: „Der Ge-
sandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – sagte: „Die letzte Stunde wird
nicht über jemanden hereinbrechen, der sagt: „Allāh, Allāh“.“744
‘Allāma ‘Alī al-Qārī sagte in seiner Erklärung zu diesem Ḥadīth:
„Das heißt (die letzte Stunde wird nicht hereinbrechen) bis Allāhs nicht mehr
gedenkt wird – denn danach gibt es keine Weisheit mehr darin, dass die verblei-
benden Menschen noch bleiben. Daraus verstehen wir, dass diese Welt noch be-
steht aufgrund des Segens der praktizierenden Gelehrten, den rechtschaffenen
Dienern und der Allgemeinheit der Gläubigen. Dies ist die Absicht der Worte al-
Ṭībīs, als er sagte: „Die Bedeutung der Worte: „bis niemand mehr: „Allāh Allāh“,
sagt“, ist, bis der Name Allāhs nicht mehr gedenkt wird und Er nicht mehr an-
gebetet wird.“745
Die geehrten Verse des Qurʾān und die prophetischen Aḥādīth, welche zu dem
Gedenken anspornen, kamen in einer allgemeinen und unbeschränkten Form und
es wurde keine bestimmte Formel festgelegt und darüber hinaus gibt es nicht
einen einzigen rechtlichen Text, der das Gedenken des einen Namens verbietet.
Daraus sehen wir ganz klar, in welchen Fehler die Menschen fallen, die sich darin
beeilen gegen das Gedenken des einen Namens zu sein. Sie taten dies, weil sie
743 Aus: „al-Ḥaqāiq al-Taṣawwuf“ von Scheich ʿAbd al-Qādir ʿĪsā - möge Allāh barmherzig mit ihm
sein.
744 Muslim und al-Tirmidhī
745 Scharḥ Mischkāt al-Maṣābīḥ: 5/226
362
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
dachten, dass eine solche Form des Gedenkens nicht im Qurʾān und in der Sunna
erwähnt wird, obwohl die von uns zitierten Texte klar und offensichtlich sind.
Gleichermaßen haben einige dem Gedenken des einen Namens wider-
sprochen, weil sie sagten, dass es eine unvollkommene Rede ist, im Gegensatz zu:
„Allāh ist geehrt.“ Darauf antworten wir wie folgt: Derjenige, der den einen Na-
men gedenkt, spricht nicht zu einem erschaffenen Wesen und somit ist die Bedin-
gung, dass die Rede ‚vollständig‘ und ‚sinnvoll‘ ist (gemäß den Reglen der Gram-
matiker) nicht gegeben, denn er gedenkt Allāh, der ihn kennt und der weiß, was
in seinem Herzen ist. Die Mehrheit der Gelehrten hat in ihren Schriften klar dar-
gelegt, dass das Gedenken Allāhs mit dem einen Namen erlaubt ist. Der ‘Allāma
Ibn ‘Ᾱbidīn sagt in seinem berühmten Ḥāschiya, in seiner Erklärung der Formel:
„Im Namen Allāhs, des Allbarmherzigen, des Allgütigen“, bei der Erklärung der
göttlichen Aussprache: „Allāh“:
„Hischām überlieferte von Muḥammad [al-Schaybānī], der von Abū Ḥanīfa
überlieferte, dass dieser sagte, dass der Name ‚Allāh‘ der höchste Name ist. Dies
ist auch die Ansicht, die al-Ṭaḥāwī erwähnt und die viele Gelehrte und viele der
Gnostiker erwähnen – so sehr, dass ihrer Ansicht nach der Besitzer eines spiritu-
ellen Ranges kein anderes Gedenken Seiner mehr hat außer durch den einen Na-
men (Allāh) selbst. So ist es erwähnt in Scharḥ al-Taḥrīr des Ibn Amīr al-Ḥājj.“746
Der ‘Allāma al-Khādimī sagte:
„Wisse, dass der erwählte und geehrte Name: „Allāh“ der allerhöchste Name
ist gemäß Abū Ḥanīfa, al-Kasā’ī, al-Scha‘bī, Ismā‘īl b. Isḥāq, Abū Ḥafṣ und der an-
deren verbleibenden Mehrheit der Gelehrten. Es ist die feste Überzeugung der
meisten der Ṣūfīscheichs und der verwirklichten Gnostiker. Ihnen nach gibt es für
den Besitzer spirituellen Ranges kein Gedenken Allāhs mehr außer durch den ei-
nen Namen „Allāh“. Allāh sagte zu seinem Propheten: „Sprich: „Allāh!“, und ver-
lasse sie…“[al-An‘ām: 91]
Der ‘Allāma und Gelehrte des Ḥadīth, al-Munāwī sagt in seiner Erklärung des
Ḥadīth des Gesandten Allāhs: „Wahrlich, Allāh sagt: „Ich bin mit Meinem Diener,
wenn er Meiner gedenkt und sich seine Lippen in Meinem Gedenken bewegen.“:
„Es ist mit demjenigen, der Seiner mit seinem Herzen gedenkt und der Seiner
mit seiner Zunge gedenkt, doch seine Nähe zu demjenigen, der Seiner mit seinem
Herzen gedenkt, ist stärker. Die Zunge wurde insbesondere aus diesem Grund er-
wähnt, um klar zu machen, welche Form höher steht (nämlich das Gedenken mit
dem Herzen). Wahrlich, die Liebe des Dieners für Ihn überkommt Herz und Seele,
was dem Diener dann ermöglicht mit Ihm und in Seiner Gesellschaft zu sein. Ge-
mäß den Leuten des spirituellen Pfades ist die Standhaftigkeit im Gedenken des
746 Ḥāschiya: 1/5
363
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Göttlichen eines der festen Säulen, welches einen Menschen Allāh erreichen lässt
und es besteht aus drei Dingen: Das Gedenken des gewöhnlichen Volkes, welches
mit der Zunge getan wird; das Gedenken der Elite, welches mit dem Herzen ge-
tan wird und das Gedenken der Elite der Elite, welches dadurch geschieht, dass
die eigene Tat des Gedenkens erlöscht, während sie Zeuge des Einen sind, so sehr,
dass sie den Wahren (Allāh) in allen Momenten und Zuständen sehen.
Sie sagten: „Für den spirituellen Reisenden auf dem Weg zu Allāh gibt es
nichts Nützlicheres als das Gedenken des einen Namens, während man beraubt
und abgeschnitten ist von der Schöpfung. Das Gedenken des einen Namens ist
das Gedenken des Namens: „Allāh“. Berichte bezüglich der Realität dieses Geden-
kens und der göttlichen Erscheinungen wurden zitiert, welche niemand versteht
außer den Leuten, die den Geschmack der Erfahrung haben.“747
Imām Junayd - möge Allāh barmherzig mit ihm sein - sagte: „Derjenige, der
dieses Namens gedenkt (Allāh), hat sich von sich selbst losgelöst und ist ver-
bunden mit seinem Herrn, erfüllt seine Rechte, schaut auf Ihn mit seinem Her-
zen und die Lichter der Schau Allāhs brennen seine menschlichen Eigenschaf-
ten weg.“748
Sayyidī Abū al-‘Abbās al-Mursī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein - sagte:
„Lass dein Gedenken „Allāh Allāh“ sein, denn dieser Name ist der höchste
Name unter allen Namen. Er besitzt einen Kern und eine Frucht. Sein Kern ist
Wissen und seine Frucht ist Licht. Sein Licht sucht man nicht in und durch ihn
selbst, sondern durch die aus ihm entstehenden Entschleierungen und der aus
ihm resultierenden Schau. Man muss dieses Namens ständig gedenken und ihn
unter allen Formeln des Gedenkens erwählen, denn er hat alle Glaubenspunkte,
Wissenschaften, Anstandsrelgen und Realitäten in sich gesammelt, die in der
Aussage: „Es gibt keine Gottheiten außer Allāh“, liegen.“749
Der Gnostiker Ibn ‘Ajība sagte:
„Der eine Name: „Allāh“ ist der Führer aller anderen Namen und es ist der
größte Name Allāhs. Der spirituelle Anwerber lässt nicht ab den Namen mit sei-
ner Zunge zu gedenken und seine Zunge dabei zu bewegen, bis es sich mit seinem
Fleisch und Blut mischt und seine Lichter dazu führen, dass er zu seinen Umfas-
senden und seinen Details reist… Danach bewegt sich das Gedenken zum Herz,
747 Fayḍ al-Qadīr: 2/309
748 Nūr al-Taḥqīq: p. 184
749 Ibid
364
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
dann zur Seele, dann zum Geheimnis750, wonach die Zunge schweigt und er er-
reicht die Schau des Göttlichen und eine direkte Sicht.“751
So haltet fest, ihr wahrhaftigen spirituellen Reisenden, an dem Gedenken des
einen Namens, wenn ihr dafür von einem vollkommenen spirituellen Anleiter die
Erlaubnis bekommen habt, denn es ist schneller im Entwurzeln des Grases des
Egos als ein scharfes Messer. Bezüglich der Intensität und der Zusammenziehung,
die der spirituelle Anwerber erfährt am Anfang seiner Reise, wenn er sich mit
dem Namen Allāhs beschäftigt, so ist dies deswegen, weil das Selbst keinen An-
teil am Gedenken hat, denn das Gedenken dieses Namens entfernt vollkommen
die Welt der Schöpfung aus dem Herzen und befreit es vom erschaffenen Univer-
sum. Deswegen sehen wir oftmals, wie die vollkommenen spirituellen Anleiter
ihren Schüler am Anfang ihrer Reise das Wiederholen von: „Lā ilāha ill Allāh“ ra-
ten. Nach dem die Ablehnung und Bestätigung (durch das Glaubensbekenntnis)
sich im Herzen festsetzt, sagen die spirituellen Anleiter, dass man den einen Na-
men gedenken soll und raten ihren Schülern, sich daran festzuhalten und gegen
ihr Selbst zu kämpfen und seine Bitterkeit zu ertragen.
Wenn sie ungeduldig sind und die Bitterkeit nicht ertragen am Anfang ihrer
Reise, und sie das Gedenken des einen Namens unterlassen, werden sie auf ihrer
Reise angehalten und wegen ihrer korrupten Entscheidung und ihrem schwachen
Willen vieles verlieren. Wenn sie jedoch am Gedenken des Namens festhalten, ge-
duldig bleiben und aufrichtig darin sind, wird der Name sich in ihre Herzen ein-
gravieren und die Achtlosigkeit wird von ihnen entfernt bis der Name durch ihr
Lebensblut fließt und mit ihrer Seele eins wird. Der Gedachte wird dann vor ih-
nen sein und sie werden nicht achtlos, wenn andere achtlos werden. Dadurch rea-
lisieren sie die Stufe des Iḥsān, von der der Prophet - Segen und Friede seien auf
ihm – sagte: „Iḥsān ist, dass du Allāh dienst, als würdest ihn sehen…“
750 In der Fachsprache der Ṣūfīs ist das Herz die Feinheit welches mit dem Verbunden ist, was
sich hinter der materiellen Welt befindet. Die Seele (Rūḥ) ist die Feinheit, welche mit dem Ver-
bunden ist, was sich hinter der materiellen und der spirituellen Welt befindet. Das Geheimnis
(sirr) ist die Feinheit eines Menschen, der verschwindet und von allem anderen außer Allāh
ausgelöscht ist und die Selbstwahrnehmung verlässt und der vollkommen in der absoluten
Gegenwart vergeht. (al-Ḥaḍra al-Kulliyya)
751 Scharḥ al-Ajrūmiyya: Ibn ‘Ajība, pg; 15
365
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
366
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ihnen Schande zuteil. Und im Jenseits haben sie eine gewaltige Strafe zu erwar-
ten.” [al-Baqara: 114]
Al-Schaʿrānī schreibt in seinem Buch: „Dhikr al-Dhākir lil-Madhkūr wal-Schākir
lil-Maschkūr“: „Die Gelehrten unter den Salaf und jene nach ihnen, sind sich alle
einstimmig einig, dass es ratsam ist Allāh in der Moschee, in der Gemeinschaft
und alleine zu gedenken – ohne irgendein Verbot, außer ihr lautes Gedenken ir-
ritiert andere, die gerade im Gebet stehen, oder jemanden der Qurʾān liest oder
jemanden der schläft – wie es in den Büchern des Rechts erwähnt wurde.“
367
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Bewegung während des Gedenkens ist eine gute Sache, da sie dem Kör-
per für das Gedenken Energie gibt. Es ist in der Scharīʿa erlaubt wie es bewie-
sen ist durch die Überlieferung in Aḥmads Musnad und bei al-Maqdisī, durch au-
thentische Überlieferer von Anas, der sagte: „Es tanzten einmal die Abessinier
vor dem Gesandten Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – und sie sangen da-
bei in ihrer Sprache: „Muḥammad ist ein rechtschaffener Diener.“ Der Gesandte
Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – fragte: „Was sagen sie?“, worauf ihm
gesagt wurde: „Sie sagen: „Muḥammad ist ein rechtschaffener Diener.“ Als der
Prophet sie bei dieser Handlung sah, verbat er es ihnen nicht, sondern er hieß
ihre Tat gut. Es ist bekannt, dass die Regelungen der Scharīʿa von seinen Aussa-
gen, Handlungen, Bestätigungen und Schweigen genommen werden. Da er ihre
Handlung akzeptierte und sie nicht verbat, ist es klar, dass es erlaubt ist.
Dieser Ḥadīth beinhaltet Beweise, dass es erlaubt ist erlaubte Bewegungen
und das Preisen des Gesandten Allāhs zu vereinen. Es beweist ebenfalls, dass
die Bewegung während des Gedenkens nicht als eine verbotene Art des Tanzens
gesehen wird, sondern es erlaubt ist, da es den Körper für das Gedenken belebt
und dabei hilft, das Bewusstsein über Allāh im Herzen zu halten –, wenn die Ab-
sichten rein sind. Jede Handlung wird nach ihrem Ende beurteilt und die Hand-
lungen basieren nur auf ihren Absichten und ein jeder wird nur das haben, was
er beabsichtigt.
Lasst uns Acht geben auf Imām ʿAlī - möge Allāh mit ihm zufrieden sein –
und wie er die Gefährten des Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – be-
schrieb. Abū Arāka sagt: „Einmal betete ich das Morgengebet mit ʿAlī. Als er seine
Stelle verließ, blieb er sitzen als wäre er bekümmert. Als die Strahlen der Sonne
auf die Wand der Moschee fielen und die Sonne höher als ein Speer stand, erhob
er sich und betete zwei Einheiten. Danach faltete er seine Hände ineinander und
sagte: „Ich habe die Gefährten des Gesandten Allāhs - Segen und Friede seien auf
ihm – erlebt. Ich sehe niemanden mehr, der ihnen gleicht. Bei Allāh! Sie standen
des Morgens zersaust auf, bleich und bedeckt von Staub, mit etwas zwischen ih-
ren Augen, das den Knien der Ziegen glich [Zeichen der Niederwerfung], da sie
368
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
nachts nämlich das Buch Allāhs rezitierten und sich in ständiger Niederwerfung
befanden. Wenn Allāh erwähnt wurde, schwangen sie umher wie Bäume an ei-
nem windigen Tag umher schwingen und ihre Augen vergossen Tränen, bis – bei
Allāh! – ihre Kleidung durchnässt war.““755
Die Aussage des Imām ʿAlī: „sie schwangen wie Bäume an einem windigen
Tag umher…“, interessiert uns in diesem Kontext. Diese Aussage spricht ganz klar
von einer Bewegung und es widerlegt die Ansicht jener, die der Meinung sind,
dass es eine verbotene Erneuerung sei. Diese Aussage bestätigt ebenfalls die un-
eingeschränkte Erlaubnis für die Bewegung beim Gedenken.
Dieser Ḥadīth wurde von Scheich ʿAbd al-Ghanī an-Nablūsī in einem sei-
ner Schreiben als Beweis für die Bewegung beim Gedenken Allāhs benutzt. Er
sagte: „Dies ist ausdrücklich klar in seiner Aussage, dass die Gefährten sich stark
bewegten, wenn sie Allāhs gedachten, und dies basiert auf der Tatsache, dass je-
mand nicht zur Rechenschaft gezogen wird, wenn er sich bewegt, wenn er steht
oder, wenn er sitzt, denn er hat mit dieser Haltung keine Handlung des Ungehor-
sams verübt und auch keine beabsichtigt.“
Dies gesagt, gibt es dennoch eine Gruppe von betrügerischen Halunken, wel-
che sich unter die Ränge der Ṣūfīs mischten und sich ihnen zuschrieben, wäh-
rend die Ṣūfīs von ihren Taten frei gesprochen sind. Sie haben die Schönheiten
der Versammlungen des Gedenkens geschwärzt mit ihren Zusätzen, welche irre-
geleitete Erneuerungen und schlechte, verbotene Handlungen sind, die von der
reinen Scharīʿa verboten wurden. Dazu gehören das Benutzen von verbotenen
Musikinstrumenten, das Versammeln mit vorpubertären Jungen und der Gesang
von unmoralischen Texten. Deswegen waren diese Versammlungen keine Ver-
sammlungen mehr, welche die Herzen reinigten und eine Verbindung mit Allāh
aufbauten, sondern es wurde eine Falle für die unachtsamen Seelen und ein Weg,
um die niedrigen Gelüste zu befriedigen.
Es ist unglücklich, dass einige, die sich zu den Leuten des Wissens zählen,
die Versammlungen des Gedenkens angegriffen haben. Sie haben keinen Unter-
schied gemacht zwischen den verbotenen und in die Irre gegangenen Bestand-
teilen und den Leuten des Gedenkens, den spirituellen Reisenden zu Allāh und
den Aufrichtigen, welche durch das Gedenken Allāhs in ihrem Glauben gefestigt
werden, Aufrichtigkeit in ihren Taten erreichen, sich einen hohen Charakter an-
eignen und Ruhe im Herzen finden.
755 al-Bidāya wal-Nihāya fī al-Tārīkh des Imām, des Ḥāfiẓ, des Qurʾānerläuterers, des Historikers
Ismā‘il ibn Kathīr al-Quraschī al-Hāschimī (gest. 744 Hijrī): 8/6. Diese Überlieferung wurde
ebenfalls von Abū Nuʿaym in al-Ḥilyah: 1/76 erwähnt.
369
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Es gibt aber auch Gelehrte mit Gerechtigkeitssinn, die zwischen den wahren
Ṣūfīs, welche auf dem Weg des größten Propheten - Segen und Friede seien auf
ihm – wandeln, und den Irregeleiteten und Betrügern unterschieden. Diese Ge-
lehrten stellten die Regelung über das Gedenken Allāhs klar, und an der Spitze
dieser Gelehrten ist der große ʿAllāma Ibn ʿĀbidīn, der das Werk: Schifā’ al-ʿAlīl
(Heilung des Kranken) schrieb. Er kritisierte in diesem Buch die irregeleiteten
Bestandteile unter den Ṣūfīs an, deckte ihre schlechten Erneuerungen und ihre
schlechten Handlungen während des Gedenkens auf und warnte vor ihnen und
vor ihren Versammlungen. Er sagte:
„Wir haben nichts Negatives zu sagen über die wahrhaftigen unserer Meister
unter den Ṣūfīs, welche unschuldig sind von jeglicher niedrigen Eigenschaft. Dem
Imām der zwei Gruppen756, unserem Meister al-Junayd wurde berichtet: „Einige
Leute verfallen in Ekstase und schwingen mit ihren Körpern.“, worauf er antwor-
tete: „Lass sie in ihrem Glück mit Allāh. Sie sind jene, deren Verbindungen durch
den Pfad zerschmettert wurden, deren Brüste durch Anstrengung aufgebro-
chen und, die dies zu tragen unfähig sind. Es gibt nichts zu kritisieren an ihnen,
wenn sie für eine Weile zur Beruhigung von ihrem intensiven Zustand durchat-
men. Wenn du geschmeckt hättest, was sie geschmeckt haben, würdest du ge-
wiss ihre Überschwenglichkeit entschuldigen.“
…Der Meister ʿAllāma Ibn Kamāl Pāschā757 antwortete, so wie auch al-Junayd,
als er über eine Fatwā diesbezüglich gefragt wurde. Er schrieb in Gedichtform::
Wenn du nachforschst, wirst du keinen Schaden finden
In äußerlichem Zeigen von ekstatischem Verhalten
Oder schwingen, wenn du aufrichtig wärst in Enthaltung von dem, was kritik-
würdig ist
So mögest du nun stehen und dich antreiben auf deinen Füßen,
und es ist vollkommen angebracht
Für denjenigen, dessen Meister ihn ruft, sich anzutreiben und zu beeilen
Somit ist die Erlaubnis, die hier erwähnt wird in diesen Situationen, wäh-
rend des Gedenkens und des Gesangs (samā‘), ausschließlich für die Gnostiker,
welche ihre gesamte Zeit hergeben für die beste Handlung, für jene, welche den
spirituellen Pfad bereisen und die über ihr niedriges Selbst Kontrolle haben und
756 Die Leute der Scharīʿah und der Ḥaqīqah.
757 Ibn Kamāl Pāschā (gest. 940 ) war einer der großen Gelehrten und einer der Universalgebil-
deten des Osmanischen Reiches. Er lebte zur gleichen Zeit wie al-Ḥāfiẓ Jalāl al-Dīn al-Suyūṭī
und beide Gelehrten wurden bekannt für ihr großes Wissen. Es wurden vergleiche gemacht
zwischen dem Wissen der beiden, und die meisten Gelehrten sind der Ansicht, dass sie fast
gleich sind, nur dass al-Suyūṭī die Ḥadīthwissenschaft besser beherrschte, wofür aber Pāschā
die rationellen Wissenschaften besser beherrschte.
370
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
die sich von abscheulichen Zuständen fernhalten. Diese Individuen hören auf nie-
mand anderen als auf Gott. Sie verlangen nach niemand anderem als Ihn. Wenn
sie Seiner Gedenken, schaukeln sie; wenn sie Ihm dankbar sind, verbergen sie es;
wenn sie in einen ekstatischen Zustand geraten, drücken sie es laut aus; wenn sie
Seiner schauen, beruhigen sie sich und entspannen sich; wenn sie frei in der gött-
lichen Anwesenheit umherreisen, verbringen sie ihre Nächte wach; und wenn die
Ekstase sie überkommt, trinken sie von der Quelle Seines göttlichen Willens. Un-
ter ihnen gibt es welche, die zerbrochen sind von der göttlichen Pracht und des-
wegen fallen sie in Gehorsam und schmelzen hinweg. Unter ihnen gibt es wel-
che, die getroffen sind von dem Licht der göttlichen Gnade und daher bewegen
sie sich im Genuss. Unter ihnen gibt es solche, deren Liebe sie in Richtung der
göttlichen Nähe über sie selbst hinaus hebt, und so erstarren sie und sind abwe-
send. Dies ist die Antwort, die für mich offensichtlich ist.
…Wir sagen nichts gegen jene, die ihnen folgen, die von ihrer Quelle trinken
und, die in sich das Verlangen und das Streben nach dem Allwissenden suchen.
Deswegen sind unsere Worte (des Verbots) an jene gerichtet, die zu den korrup-
ten und kritikwürdigen Laien gehören.“758
Aus dieser Erläuterung entnehmen wir, dass Ibn ʿĀbidīn - möge Allāh barm-
herzig mit ihm sein – das Zeigen der Ekstase und die Bewegung während des
Gedenkens als erlaubt erachtete und wir sehen seine Fatwā, welche eine Erlaub-
nis ausspricht.
Ebenfalls sehen wir, dass die Texte, die er über das Verbot (der Bewegung
während des Gedenkens) innerhalb seiner bekannten Ḥāschiya in Band drei zi-
tiert, so zu verstehen sind, dass damit die Versammlungen gemeint sind, in de-
nen üble Praktiken verübt werden, wie das Hören von Musikinstrumenten, die
Kasteiung, das Versammeln mit Knaben, das Beabsichtigen der Knaben mit den
Worten in den Gedichten und das Verführen dieser und andere üble Dinge.
Diejenigen, welche die Bewegung verbieten und an den Worten Ibn ʿĀbidīns
festhalten, tun dies nur deswegen, weil sie seine Worte in seinem Majmūʿat al-
Rasāʾil nicht kennen, in denen er einen Unterschied gemacht hat zwischen den
irregeleiteten Betrügern und den Aufrichtigen, wie vorher auch schon erwähnt.
Er erlaubte die äußerliche Darstellung der Ekstase für die Gnostiker und jene,
die den Pfad erreichen sowie noch Anfänger auf dem Pfad sind und diesen Gro-
ßen folgen. Wenn du diese zwei Werke des Ibn ʿĀbidīn durchsiehst, wird dir die
Wahrheit klar werden. Es gibt keinen Zweifel, dass die äußerliche Darstellung der
Ekstase die Anstrengung beinhaltet, diese hervorzurufen, auch wenn sie nicht in
758 Majmū‘a Rasā’il Ibn ‘Ᾱbidīn, sechstes Essay genannt: Schifā’ al-‘Alīl wa Wabl al-Ghalīl fī Ḥukm
al-Waṣiyya bil Khatamāt wal-Taḥālīl: S. 172-173
371
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
der Realität existiert. Es liegt kein Schaden darin, wenn die Absicht korrekt ist,
wie es Ibn ʿĀbidīn in seinem Schreiben sagte.
Wenn äußerliche Darstellung der Ekstase rechtlich erlaubt ist und keinen
Schaden hat – wie es die Rechtsgelehrten sagen – dann ist die Darstellung wah-
rer Ekstase insbesondere erlaubt. Die Ekstase und die äußere Erscheinung der
Ekstase unter den Ṣūfīs ist nicht mehr als ein Anteil von dem, worauf sich die Ge-
fährten des Gesandten Allāhs befanden.
Der Mufti der erwählten Schāfiʿī-Gelehrten in Mekka – möge Allāh sie reini-
gen – der große ʿAllāma Aḥmad Zaynī Daḥlān - möge Allāh barmherzig mit ihm
sein – zitierte eine Szene vom Zustand der Gefährten in seinem berühmten Buch
über die prophetische Biografie. In seinem Kommentar schreibt er:
„Nach der Eroberung von Khaybar kam Jaʿfar b. Abī Ṭālib von Abessinien
mit einigen Muslimen zurück. Sie waren ungefähr 16 Personen. Jaʿfar traf sich
mit dem Propheten, küsste seine Stirn und umarmte ihn. Er stand für ihn, ge-
nauso wie er schon für Ṣafwan b. Umayya und ‘Adī b. Ḥātim stand, als sie von
einer langen Reise zurückkamen. Danach sagte er: „Ich weiß nicht, über wel-
che der beiden Dinge ich mehr erfreut bin: die Eroberung Khaybars oder die
Rückkehr Jaʿfars.“ Dann sagte er - Segen und Friede seien auf ihm – zu Jaʿfar:
„Du gleichst mir in deinem Benehmen und deinen körperlichen Eigenschaften.“,
worauf Jaʿfar aufgrund der Süße der Worte zu tanzen anfing und der Prophet
kritisierte sein Tanzen nicht. Dies ist die Grundlage für das Tanzen der Ṣūfīs
wenn sie in den Versammlungen des Gedenkens und des Gesangs in Ekstase
geraten.“759
Der ‘Allāma al-Alūsī sagt in seiner Qurʾānerläuterung zum Vers: „Diejeni-
gen, die Allāhs gedenken, während sie stehen, sitzen und auf ihren Seiten lie-
gen…“ [Ᾱl ‘Imrān: 191]:
„Im Lichte dessen verstehen wir die Überlieferung von Ibn ʿUmar, ʿUrwa b.
al-Zubayr und einer Gruppe der Gefährten, in der es heißt, dass sie den Gebets-
ort am Tag des ʿĪd verließen und das Gedenken Allāhs anfingen. Einige von ihnen
sagten: „Sagte Allāh nicht: „Diejenigen, die Allāhs gedenken, während sie stehen,
sitzen….“? Daraufhin standen sie und gedenkten Allāhs auf ihren Füßen. Diese
Überlieferung weist darauf hin, dass durch diese Tat sie Segen ersuchten, indem
sie die im Vers beschriebene Handlung vollzogen.“760
759 al-Sīra al-Nabawiyyah wal-Ᾱthar al-Muḥammadiyya des Zaynī Daḥlān, zu finden in seinem
Sīra al-Ḥalabiyya: 2/ 252. Der Ḥadīth ist in al-Bukhārī in seinem Ṣaḥīḥ im Buch Ṣulḥ.
760 Rūḥ al-Ma’ānī: 4/140
372
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Fazit
Aus all diesem, was wir geschrieben haben, verstehen wir, dass die Bewe-
gung beim Gedenken erlaubt ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn man be-
denkt, dass der Befehl Allāhs zu gedenken uneingeschränkt und undefiniert ist
und einen jeden Zustand einschließt. Wer auch immer Allāhs gedenkt, während
er sitzt, steht oder liegt, während er ruht oder läuft, tut das, was von ihm ver-
langt wird und er befindet sich im Einklang mit dem göttlichen Befehl.
Derjenige, der behauptet, dass die Bewegung während des Gedenkens ver-
boten oder verpönt ist, muss seine Beweise vorlegen, denn er beschränkt etwas
Unbeschränktes. Das Ziel des Muslims, wenn er die Sitzung des Gedenkens auf-
sucht, ist es durch die Handlung des Gedenkens Allāh anzubeten. Bewegung wäh-
renddessen ist keine Bedingung für die Gültigkeit, jedoch ist es ein Weg, um En-
ergie für die Handlung des Gottesdienstes zu gewinnen und ein Weg die Leute
der Ekstase nachzuahmen, wenn die Absicht korrekt ist.
373
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
1. Die verbotene Art ist das Tanzen des gemeinen Volkes in Anwesenheit
von Frauen und Jugendlichen. Dies kann zu Verderben und unkontrollierten nie-
deren Trieben sowie zu satanischen Manieren führen. Sein Sinn ist es, anzugeben
und einen Zustand zur Schau zu stellen, der nicht real ist. Dies ist verboten und
der Grund, warum gewisse Leute gesagt haben, dass das Tanzen verboten ist.762
2. Die erlaubte Art des Tanzens ist das Tanzen der Rechthandelnden und
der Fuqara ohne Wajd763 und Tawajud764. Sie tun das als Erleichterung für ihre
Seelen und damit sie ihre Herzen aufmuntern, aber dafür braucht man die pas-
sende Zeit, den passenden Ort sowie die passenden Brüder. Es nehmen weder
761 Der Autor dieses Schreibens ist Scheich Sidi Aḥmad b. Muḥammad b. ʿAjībah al-Ḥasānī (gest.
1224 n.H.) Er war ein großer Gelehrter des mālikītischen Fiqhs, ein Meister des Ḥadīth und
des Taṣawwuf. Auszug aus al-Futūḥāt al-Ilāhiyya.
762 Imām Nawawī sagte: „Tanzen ist nicht verboten, solange es nicht apathisch ist, wie bei den fe-
mininen/verweichlichten Männern. Und es ist erlaubt Poesie zu zitieren oder zu singen, solan-
ge es nicht verspottend, obszön, oder einer bestimmten Frau gewidmet ist.“ [Minhāj al-Ṭālibīn]
763 Das ist das Gefühl was im Herzen vorkommt und es heftig schüttelt ohne voriges Nachden-
ken und ohne dass es von der jeweiligen Person gewollt ist. Dieses Gefühl, kann zum Weinen,
Schweigen, Ohnmacht, Hüpfen usw. führen. Die Gelehrten sind der Meinung die unkontrol-
lierte Reaktion auf den Wadschd ist ein Merkmal der Anfänger. Ibn Taymiyyah sagte dazu in
seinem Fatāwā, 1/221 und Ibn Qayyim in seinem Madārij al-Sālikīn: „Was in den Sitzungen
des Dhikr oder Samāʾ geschieht, wie das Beben des Herzen, das Weinen, das Zittern und das
Schaukeln des Körpers - dies sind die besten Zustände, die im Qurʾān [39:23] erwähnt wurden.
Das heftige Schütteln, das Fallen in Ohnmacht, Tod, Schreien und dergleichen - wenn dies je-
mand tut, während es ihn überkommt, dann wird er nicht getadelt, denn dies geschah bei den
Befolgern [tābiʿūn] und jenen nach ihnen... denn bei ihnen war die Vorraussetzung, dass die
spirituellen Zustände (wariḍ) auf schwache Herzen treffen ... wobei Stabilität und Stärke unter
dem Wariḍ beim Propheten sallallahu ‘alayhi wa sallam und den Gefährten üblich war.“
764 Wajd mit Absicht und Anstrengung erregen.
374
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Frauen, noch Jugendliche teil. Dies ist erlaubt und verlangt kein Verbot, denn die
Gründe für das Verbot des Tanzens wurden bereits genannt und der letztere Fall
ist frei von diesen Gründen. Falls dieses Tanzen verglichen wird mit dem, was
die Samiris765 taten, als sie das Kalb anbeteten, so sieht man, dass ihr Tanz ver-
boten wurde, weil er verdorben war. Ihre Absicht war es das Kalb zu vergöttern
und zufrieden mit ihm zu sein. Dies ist Kufr [Unglaube]. Wenn ihr Tanz davon
frei gewesen wäre, so wäre es ihnen nicht verboten worden.
Es ist bestätigt, dass Jaʿfar b. Abū Ṭālib in Anwesenheit des Propheten - Se-
gen und Friede seien auf ihm - tanzte, als dieser zu ihm sagte: „Du ähnelst mir
in meiner Gestalt und meinem Verhalten.“766
Dies wurde von Scheich Sanūsī in seinem Nuṣrat al-Faqir erwähnt.
Ibn Layun at-Tujibī sagte: „Was das Tanzen in der Moschee angeht, so steht
in Ṣaḥīḥ Muslim von ʿĀʾischa - möge Allāh mit ihr zufrieden sein -, dass sie sagte:
„Eine Armee kam von Äthiopien, Trommel spielend am Tag des Festes in die Mo-
schee. Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm - lud mich ein und ich legte
meine Hände auf seine Schultern und schaute ihnen beim Spiel zu.“767
Ibn ʿUyayna sagte, dass „zafāf“ – tanzen bedeutet. So ist es bestätigt, dass
das Tanzen erlaubt ist. Wenn es in sich verboten gewesen wäre, dann wäre es
nicht in der Anwesenheit des Gesandten Allahs - Segen und Friede seien auf ihm
- gemacht worden.
3. Die Art des Tanzes, der empfohlen ist, ist der Tanz der Ṣūfīs, die Leute
des Dhawq768 und Ḥal769, ob sie nun im Wajd- oder Tawajud-Zustand sind, ob es
765 Hier sind die Juden gemeint die das Kalb anbeteten haben, nach dem Moses für eine gewisse
Zeit nicht unter ihnen war.
766 ʿAlī sagte: „Ich besuchte den Propheten mit Jaʿfar b. Abī Ṭālib und Zayd b. Harith. Der Prophet -
Segen und Friede seien auf ihm - sagte zu Zayd: „Du bist mein Freigelassener“ [anta mawlāy],
woraufhin Zayd anfing auf einem Bein um den Propheten herum zu hüpfen. Der Prophet sagte
dann zu Jaʿfar: „Du ähnelst mir in meiner Gestalt und meinem Verhalten“, woraufhin Jaʿfar an-
fing hinter Zayd herzuhüpfen. Der Prophet sagte dann zu mir: „Du bist ein Teil von mir und
ich bin ein Teil von dir.“ Woraufhin ich hinter Jaʿfar herhüpfte.“ Imam Aḥmad überliefert es in
seinem Musnad [1:108] und Aḥmad Muḥammad Schakir stufte es als authentisch [ṣaḥīḥ] ein
in seinem Riyā. Es wird auch von ʿUqaylī, Abu Nuʿaym von Jaʿfar und Ibn Saʿd in seinem Ṭabaqāt
mit einer authentischen Kette zu Muḥammad al-Baqir überliefert. Scheich Gibril Fuad Haddad
sagt es ist eine gesunde Überlieferung von ʿAlī durch Imām Aḥmad in seinem kürzlich erschie-
nenen Buch
767 Sahih Muslim, Hadith 1483 Kapitel über das Festgebet. Der Ḥadīth wurde auch von Imam
Aḥmad überliefert mit dem folgenden Wortlaut: „Die Abessinier spielten vor dem Propheten
und sie tanzten und sagten: „Muḥammad ist ein Guter Diener.“ Der Gesandte Allahs fragte nach
was sie sagten. Man antwortete ihm, sie sagen: „Muḥammad ist ein guter Diener.“
768 Dhawq ist die innere Wahrnehmung einer Wahrheit. Dhawq wird oft mit „Geschmack“ über-
setzt, damit ist aber ein spiritueller Geschmack gemeint. Man kann einen Dhawq gegenüber
den Wahrheiten die im Qurʾān sind entwickeln, sodass man diese Wahrheiten genießen kann.
Ahlu Dhawq sind die Leute die diese Wahrnehmungsstufe erreicht haben.
769 Ḥal ist ein Gefühl was im Herzen ungewollt vorkommt. Der Ḥal kann ein Glücksgefühl als auch
375
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
während des Dhikr gemacht wird, oder während des Samāʾ770. Es gibt keinen
Zweifel, dass die Heilung des Herzens von der Unachtsamkeit durch jedes mögli-
che Mittel gesucht wird, solange diese nicht verboten sind und zwar durch klare
und eindeutige Aussagen über das Verbot. Wir kennen die Rede von al-Junayd
als er über Samāʾ gefragt wurde: „Alles, was den Diener mit seinem Herren zu-
sammenbringt, ist erlaubt.“
Al-Fāsī sagt in seinem Scharḥ al-Hissn, dass Scheich al-Islām al-Suyūṭī sagte:
„Wie kann man verurteilen, dass man Dhikr macht während man steht oder,
dass man steht während man Dhikr macht, wenn doch Allāh - Erhaben und Ma-
kellos ist Er - gebietet: „die Allāhs gedenken im Stehen und im Sitzen und (Lie-
gen) auf ihren Seiten“ [3:191].
Und ʿĀʾischa sagte: „Der Prophet [sallAllahu alayhi wa sallam] flehte Allah
in all seiner Zeit an.”771
Und wenn zum Stehen das Tanzen hinzu käme, dann sollte es nicht verurteilt
werden, denn es kommt von der Freude der spirituellen Wahrnehmung und des
Wajd, und der Ḥadīth existiert, dass Jaʿfar b. Abī Ṭālib vor dem Propheten - Segen
und Friede seien auf ihm - tanzte, als der Prophet - Segen und Friede seien auf
ihm – zu ihm sagte: „Du ähnelst mir im Aussehen und im Charakter.“ Er tanzte
aus Freude, dass er so bezeichnet wurde vom Propheten - Segen und Friede seien
auf ihm - und der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm - verbot nicht, dass
er so reagierte. Und das ist der Beweis für die rechtmäßige Erlaubnis, dass die
Ṣūfīs aus Freude, die sie durch die Extase erfahren, tanzen.“772
Unter diesen Leuten waren große Imame und einer von ihnen war der Scheich
al-Islam Al-ʿIzz b. ʿAbd al-Salām773.
ein Trauergefühl sein, Sehensucht, Kummer sowie andere Gefühle, derer Gründe man nicht
kennt, sie kommen plötzlich vor. Ahl Al-Aḥwal sind die Kenner von diesen Gefühlen und die
Kenner von der Ethik, die man haben soll bei jedem Gefühl. Ahl Al-Aḥwal ist auch eine Bezeich-
nung für die Ahlu Taṣawwuf.
770 Samāʾ wird bei den Ṣūfīs so verstanden als „das Gute zuhören“. Wenn man die Sinne der Worte
versteht dann ist man in Samāʾ Zustand. Die Ṣūfīs pflegen Ermahnungen und Gedichte über
Allah, seinen Gesandten oder Gedichte über das Verpönen der Dunya zu hören. Das Zuhören
dieser Gedichte, die oft mit melodisch vorgetragen werden nennt man Samāʾ. Beim Zuhören
und wenn die Sinne die Herzen treffen so kann es passieren, dass manche in Wajd geraten.
771 Sahih Muslim, 1.282:373
772 Al-Hawi lil Fatawi 2.234
773 Es ist authentisch überliefert, dass al-ʿIzz b. ʿAbd al-Salām: „der Samāʾ beigewohnt hat und
teilgenommen hat in Zuständen der Verzückung.“ Überliefert von Ibn al-ʿImād, Schadharat al-
Dhahab 5:302; Ibn Schakir al-Kutabī, Fawat al-Wafayat 1:595; al-Yāfīʿ, Mirʿāt al-Jinān 4:154; al-
Nabḥanī, Jāmīʿ Karāmāt al-Awliyāʾ 2:71; Abu al-Saʿādāt, Taj al-Maʿārif S. 250.Imam Ibn Ḥajar al-
376
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Und wie es in der Iḥyāʾ erwähnt wird, wird dies auch bestätigt von dem
Ḥadīth, überliefert von ʿĀʾischa, mit den tanzenden Leuten aus Äthiopien. Der
Prophet - Segen und Friede seien auf ihm - sagte zu ihr: „Würdest du gerne dem
Tanz der Äthiopier zuschauen?“
Ibn Zakir erwähnt es in dem Kommentar der Naṣiḥa.
Es ist aus früheren Zeiten überliefert, aus dem Osten und dem Westen, dass
die Ṣūfīs es pflegten sich zu treffen, um Allah zu gedenken und dabei standen
und tanzten. Es ist nicht überliefert, dass einer der würdigen Gelehrten sie ab-
lehnte. Ich habe in Fez, in der Zawiyya von as-Siqilliyyin, eine Gruppe gesehen,
die Dhikr machte und dabei vom ʿAsr am Tag des Jumʿa, bis zum ʿIschā mit vielen
Gelehrten um sich herum tanzte. Keiner von ihnen lehnte ab, was sie dort taten.
Mir wurde gesagt, dass unser Scheich, der Scheich der Gruppe von Sidi al-Tawdi
b. Suda es pflegte, manchmal mit ihnen zusammen zu sein.
Haytamī erwähnt auch: „Es ist erlaubt zu Stehen und zu Tanzen in Versammlungen des Dhikr
und Anhörungen, nach einer Gruppe von grossen Gelehrten, unter ihnen Scheich al-Islam Ibn
ʿAbd al-Salām.”, Fatāwā Ḥadīthiyya, S. 298.
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viel ist und das Zählen das Herz von dem eigentlichen Gedenken fernhält, es bes-
ser ist die Gebetskette zu benutzen als mit den Fingern zu zählen…“ (al-Futuḥāt
al-Rabbāniyya: 1/251-252)
Ibn Saʿd sagt in seinem Ṭabaqāt: Von Jābir dem eine Frau Bescheid gab,
von Fāṭima, die Tochter des al-Ḥusayn b. ‘Alī b. Abī Ṭālib, dass: “…sie ein Band
mit Knoten benutzte, um Allāh zu preisen.“
ʿAbdullāh, der Sohn des Imām Aḥmad b. Ḥanbal überliefert in Zawā’id al-Zuhd
durch Nu‘aym b. Miḥriz b. Abī Hurayra von seinem Großvater Abū Hurayra: „…
Er hatte einen Faden mit 1000 Knoten darin und er schlief nicht, bevor er nicht
Allāh in dieser Anzahl damit preiste.“
Wenn du mehr Details darüber erfahren willst, dann siehe im al-Ḥāwī lī al-
Fatāwī des wohlbekannten ‘Allāma Jalāl al-Dīn al-Suyūṭī (911 Hijrī) nach. In die-
ser Sammlung findest du ein Traktat namens: „al-Minḥa fī al-Subḥa“, in welchem
er die Berichte und Überlieferungen bezüglich der Gebetskette festgehalten hat.774
774 Übersetzt von ʿAlī Ghandour als ‚Ist die Gebetskette erlaubt?‘, veröffentlich auf www.sunnanet.
de
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
In der islamischen Umma gibt es fast unter allen Laien und Gelehrten der
geehrten Ṣūfīs und unter den Gelehrten der Qurʾānerläuterung (Tafsīr), der
Ḥadīthwissenschaften, der Rechtswissenschaften (Fiqh) und der Glaubenswis-
senschaften (ʿAqīda) eine Tat, die sich Rābīṭa nennt. Wir lesen und vernehmen in
unserer heutigen Zeit, wie einige Leute in ihrem Gehabe Gelehrte zu sein, diese
Tat anstandslos und unwissend als Schirk bezeichnen, und wie ihnen ihre An-
hänger dabei folgen.
380
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Rābīṭa gab es mit ihrer Bedeutung und ihrem Inhalt, mit ihrer Art und Weise
in der Epoche der Saʿādāt (Zeit des Propheten) - oder sie gab es nicht. Wenn es
sie gab – und wie einige unwissende und irregeleitete es behaupten – sie kufr
war, dann wäre es notwendig, dass es hierfür einen offensichtlichen Qurʾānvers
oder Ḥadīth gibt. Wir kennen weder in unserem Buch, dem Qurʾān, noch in der
Sunna, welche ihre erste und fundamentale Erläuterung ist, einen solchen Vers
noch einen schwachen Ḥadīth. Derjenige, der behauptet, dass es dies gäbe, der
verleumdet entweder Allah - Erhaben und Makellos ist Er - oder seinen Gesand-
ten - Segen und Friede seien auf ihm.
Wenn sie weder mit ihrer Bedeutung und ihrem Inhalt, noch mit ihrer Art
und Weise in der Epoche der Glückseligkeit zu finden ist, dann gab es sie entwe-
der mit ihrer Bedeutung und ihrem Inhalt, aber nicht mit ihrer Art und Weise,
oder es gab beides nicht.
Wenn es sie weder mit ihrer Bedeutung und ihrem Inhalt, noch ihrer Art
und Weise gab, dann, weil es eine Angelegenheit ist, über welche die Scharīʿa in
allen Aspekten geschwiegen hat, dann ist die Bezeichnung dieser Angelegenheit
als Kufr und Schirk entweder selbst Kufr oder Schirk, oder offenkundige Sünde
( fisq) und Bidʿa. Denn eine solche Behauptung bedeutet, ein neues Gesetz zu er-
finden oder unwissend zu reden oder zu beleidigen. Dies ist entweder kufr oder
fisq. Doch wenn es sie mit ihrer Art und Weise nicht gab, aber hinsichtlich ih-
rer Bedeutung und ihrem Inhalt, und man sie als Schirk; oder genau das Gegen-
teil, als eine von Allah - Erhaben und Makellos ist Er - geachtete Tat bezeichnet,
dann tauchen hier zwei unterschiedliche Gedanken auf: Der erste Gedanke und
Glaube, die Rābīṭa sei eine Bidʿa, welche Schirk, oder Ḥarām oder Makrūh ist, und
der zweite Gedanke und Glaube, die Rābīṭa sei bei Allah geliebt oder stelle eine
Sunna dar. In beiden Angelegenheiten gibt es eine Art des Ijtihād oder enger ge-
fasst, eine Form des Qiyās, des Analogieschlusses. Somit treten zwei ernsthafte
Probleme auf:
Erstens: Wer hat diesen Ijtihād und Qiyās ausgeübt, oder wer soll ihn ausüben?
Zweitens: Was ist das islamische Urteil über diesen Ijtihād und was sein Wert?
Es ist kein einziger Mujtahid bekannt, der diesen Ijtihād ausgeübt hat. Wenn
doch, so soll man uns darüber informieren. Wenn es heute solche Leute sein sol-
len, die den Ijtihād ausüben, wie jene, welche die Rābīṭa ablehnen und dabei so
trunken und billig sind, dass sie weder Himmel noch Erde auseinander halten
können, die so verwahrlost und verwirrt sind, dass sie getrockneten Kuhmist von
einem Gebäck nicht unterscheiden können, dann ist die Situation wirklich kata-
strophal; denn es heißt, hier wird mit Āya und Ḥadīth gespielt. Wenn sie zu die-
sem Spiel nicht sagen können, es sei kufr, so müssen sie doch mindestens sagen,
381
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
dass dies ein Verbrechen ist, welches Ḥarām ist. Die intelligenten Gebildeten und
Wachsamen dürfen ein solches Verbrechen nicht zulassen. Wenn jene, die diesen
Ijtihād ausüben, vollkommen oder nur teilweise fähig sind diesen Ijtihād oder
Qiyās auszuüben, dann ist dieser Ijtihād und Qiyās, weil das Urteil mit Dhann
– Vermutung – gefällt wurde, nicht ein absolut eindeutiges Ḥarām, sondern ein
Ḥarām durch Ijtihād. Diejenigen, die ein solches Ḥarām ablehnen, dürfen nicht
mit kufr bezichtigt werden. Wenn es zu diesem Ijtihād keinen Gegenijtihād von
Personen gibt, die zum Ijtihād fähig waren, dann darf man diese Person mit fisq¸
Irreleitung und Bidʿa bezichtigen. Gibt es jedoch Ijtihād, die das Gegenteil besa-
gen, dann kann man diese Gegenseite nicht mit fisq, Irreleitung und Bidʿa be-
zichtigen. Obwohl die Situation so aussieht, wagen diese Ignoranten und Irrege-
leiteten, welche die Rābīṭa ablehnen, jedes Wort in ihren Mund zu nehmen. Sie
sind ‚kulturell‘ aber unwissend, wissen wo Amerika auf der Landkarte ist, aber
nicht wo sie selbst und das Paradies und die Hölle sind und, auf welchen Wegen
sie sich befinden. Sie greifen niveaulos jene Personen an, mit denen sie nicht ein-
mal verglichen werden können und, die wahrhaftig fähig sind zum Ijtihād… Sie
bezichtigen diese fähigen Personen, die mit ihrem Ijtihād ihren unerklärlichen
Blödsinn widersprechen, aufgrund dessen als Götzendiener…
Erster Punkt: Was sagt das Unterlassen des Gesetzgebers (Schārʿi) aus?
Was ist das Urteil darüber, etwas zu tun, was der Gesandte Allahs - Segen und
Friede seien auf ihm - oder seine Gefährten nicht getan haben? Ist das Unterlas-
sen, dass der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm - und seine Gefährten eine
Sache nicht getan haben, ein Beweis dafür, dass dies Ḥarām oder nicht gestattet
781 Oder für die kulturellen und ‚intellektuellen‘: methodische oder methodologische.
382
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ist? Wenn, wie behauptet, die Rābīṭa nicht von ihnen ausgeübt wurde, welches
Urteil muss über sie gegeben werden? Das Unterlassen bedeutet eine Sache nicht
zu tun. Deswegen bezieht sich dieses Thema auf das Kapitel über die Taten des
Propheten - Segen und Friede seien auf ihm - im Uṣūl al-Fiqh.
Der Ḥāfiẓ, Muḥaddith, ʿAllāma ‘Abdullah Muḥammad Ṣiddīq al-Ghumārī er-
klärt in seinem Buch ‚Husn al-Tafahhum wal-Dark li-Mas‘alati al-Tark‘ ausführlich,
dass das Unterlassen kein Beweis für Ḥarām oder Makrūh ist. Wir sehen es als
ausreichend von diesem Werk einen kleinen Auszug zu zitieren:
Ḥāfiẓ al-Ghumārī sagt:
„Die Unterlassung alleine, solange mit der unterlassenen Sache nicht ein
Naṣṣ vorhanden ist, welches diese Sache verbietet, ist noch kein Hinweis für das
Ḥarām-sein dieser (unterlassenen) Sache. Im Gegenteil, es zeigt, dass diese Sa-
che allerhöchstens gestattet ist. Es kann jedoch aus der alleinigen Unterlassung
nicht verstanden werden, dass das Unterlassene kritisiert ist.
Imām Abū Saʿīd b. Lubb (701 – 782 n.H.) antwortete jenen, welche der Mei-
nung waren, dass die Duʿāʾ nach dem Gebet Makrūh ist, weil die Salaf es nicht auf
diese Art und Weise taten, folgendes: „Wenn diese Überlieferung (, dass die Salaf
diese Duʿāʾ nicht in dieser Art und Weise machten) korrekt ist782, dann führt diese
Unterlassung nur zu dem Urteil, dass die Unterlassung dessen gestattet, sie (aus-
zuüben) nicht zwingend und eingeengt ist. Insbesondere in einer Angelegenheit
wie der Duʿāʾ, welche sich auf eine allgemeine Basis in der Scharīʿa stützt, führt
die Unterlassung keineswegs (zum Urteil), dass dies Ḥarām oder Makrūh ist.
Abū Dāwūd und Nasāʾī überliefern von Jābir b. ‘Abdullah raḍīyallāhu ʿanh:
„Von den zwei Tätigkeiten des Rasūlallāh - Segen und Friede seien auf ihm -
war die zweite Tätigkeit das Unterlassen der Gebetswaschung nach dem Verzehr
einer Speise, die mit Feuer vorbereitet wurde...“783
Dies als ein Beweis für unsere Angelegenheit zu bringen ist offensichtlich,
denn wäre es eine Pflicht gewesen nach einem Essen, welches mit Feuer vorbe-
reitet wurde, seine Gebetswaschung zu nehmen, dann hätte der Prophet - Segen
und Friede seien auf ihm - dies nicht unterlassen. Dass er dies unterließ, zeigt uns,
dass die Unterlassung hier nicht auf ein Verbot hinweist, sondern darauf, dass es
keine Pflicht darstellt.
Imām Abū ‘Abdullah at-Tilimsānī (g. 771) sprach:
„Zu der Bekanntmachung eines Urteils kommt zu den Handlungen ( fīʿil) die
Unterlassung hinzu. Wenn die Handlung des Propheten - Segen und Friede seien
782 Sie ist nicht korrekt, doch von der Annahme ausgehend wird gesprochen.
783 Das heißt, er vollzog seine Waschung vorher nachdem er Nahrung zu sich nahm, die durch
Feuer vorbereitet wurde. Später jedoch nahm er kein Wuḍūʾ mehr.
383
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
auf ihm - als Beweis angeführt wird, dass diese Sache nicht Ḥarām ist, dann wird
seine Unterlassung als Beweis angeführt, dass diese Handlung keine Pflicht ist.
Dies ist wie bei der Beweisführung unserer Gefährten (die Imame der Mālikīs),
dass die Waschung nicht notwendig (wājib) ist nach dem Verzehr einer durch
Feuer vorbereiteten Speise…“784
Denn vielleicht gab es in dem Moment ein Hindernis dies zu tun. Oder es
gab etwas Besseres oder, weil das Wissen darüber nicht jeden erreichte, unter-
ließen sie es.
Imām Bukhārī überliefert in seinem Ṣaḥīḥ im Kapitel ‚Das Nachahmen
des Propheten - Segen und Friede seien auf ihm - in seinen Taten‘ von Ibn ʿUmar
raḍīyallāhu ʿanhuma folgendes:
„Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm - kaufte sich einen Goldring.
Die Menschen kauften sich ebenfalls sofort Goldringe. Er sprach: „Ich habe mir
einen Goldring gekauft.“, und warf ihn direkt danach weg und sagte: „Ich werde
ihn auf ewig nicht mehr anziehen.“, und die Menschen warfen ebenfalls ihre Gold-
ringe weg.“785
Ibn Ḥajar al-ʿAsqalānī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein - sagte: „Imām
Bukhārī gab sich in seinem Ṣaḥīḥ mit diesem einen Beispiel zufrieden, denn die-
ses Beispiel beinhaltet die Nachahmung des Propheten - Segen und Friede seien
auf ihm - in seinen Taten und in seinen Unterlassungen.“
Ich (al-Ghumārī) sage:
In der Anwendung des Wortes ‚Unterlassung‘ (tark) ist bei Ibn Ḥajar eine
Metapher zu finden786, denn das Verwerfen (des Ringes) selbst ist eine Handlung
(fīʿil) und die Menschen ahmten ihn in seiner Handlung nach. Das Unterlassen
des Tragens ist die daraus resultierende Handlung…787 Wir lehnen nicht ab, dass
dem Propheten - Segen und Friede seien auf ihm - in allem, was er tat, Gefolge
geleistet werden muss. Im Gegenteil, wir sehen in dieser Befolgung Glückselig-
keit und Licht. Doch wir sagen auch nicht, dass wie im Falle des Gedenkens seiner
Geburt (Mawlid an-Nabi) oder der Nacht des Miʿrāj, seine Unterlassung (ein Zei-
chen für) Ḥarām (oder Makrūh) ist, denn diese Behauptung des Ḥarāms ist eine
Verleumdung Allahs - Erhaben und Makellos ist Er. So zeigt uns auch die Unter-
lassung der Salaf nicht, dass diese Sache schlecht ist.
784 Jedoch ist es besser wenn er Wuḍūʾ macht.
785 Bukhārī, Ṣaḥīḥ, ʿItisām, 4; Maghāzī, 74; Muslim, Libās, 52; Aḥmad b. Ḥanbal, 4/165
786 Etwas zu erwähnen doch ihr Resultat nicht zu meinen ist ebenfalls eine Metapher.
787 Dass die Gefährten den Goldring nicht mehr benutzte, war nicht, weil der Prophet - Segen und
Friede seien auf ihm - die Benutzung des Ringes unterließ, sondern weil er sagte: „Ich werde
es nicht mehr benutzen!“, und weil es andere Nuṣūṣ für das Verbot gibt.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Imām Schāfiʿī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein - sagte: „Keine Sache, die
sich auf der Scharīʿa stützt, ist eine Erneuerung, auch wenn es die Salaf nicht taten.“
[Ende des Zitates von al-Ghumārī]788
Wenn in dieser Thematik angenommen und bewiesen wird, dass die Rechts-
schulen verschiedene Ansichten haben, können aufgrund der weiten Spanne des
Ijtihād jene, welche Rābīṭa befürworten, nicht mit Kufr bezichtigt werden. Wenn
dies doch getan wird, dann nur aus Bigotterie.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
welche nicht stich– und hiebfest sind, sollte man ihnen überhaupt nicht nähern.
Andererseits erfinden viele Unwissende irgendwelche Auflehungen (Allah gegen-
über) und behaupten, sie würden der ‚Seele des Islām‘, der ‚Seele des Qurʾān‘ oder
der ‚Seele der Sunna‘ entsprechen. Manchmal jedoch werden viele Erlaubnisse
und gar Pflichten, weil sie angeblich diesen ‚Seelen‘ widersprechen, als Ḥarām
und Kufr bezeichnet.
Wenn wir nun zu dem Punkt kommen, was die Grundannahme bei Rābīṭa ist…
Wenn es sogar nicht einen einzigen Beweis geben würde, dass es erlaubt ist,
wird es – solange nicht ein ausreichender Beweis vorgelegt wird, dass es verbo-
ten ist – mindestens aufgrund der Grundannahme, dass alle Angelegenheiten von
vorneherein als Mubāḥ angesehen werden, als Mubāḥ beurteilt. Wenn es mit gu-
ten Absichten und Zielen gemacht wird und auch dorthin führt, dann kann es zu
einer ʿIbāda werden.799
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
keine Verleumdung über Allah - Erhaben und Makellos ist Er - und seinen Gesand-
ten - Segen und Friede seien auf ihm - geschehen.
389
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Mafsada als Maṣlaḥa und Maṣlaḥa als Mafsada darstellen und, somit die Scharīʿa
und den Palast des Dīn zerstören. Das Öffnen dieser Tür würde zur vollkomme-
nen Veränderung der Grenzen und Nuṣuṣ der Scharīʿa führen.804
Maṣāliḥ (pl. von Maṣlaḥa) sind dreierlei:
Erstens: Maṣlaḥa welche anerkannt ist und dies in der Scharīʿa fest steht.
Zweitens: Maṣlaḥa welche abgelehnt ist/ungültig ist und dies in der Scharīʿah
fest steht.
Drittens: Maṣlaḥa deren Anerkennung oder Ablehnung in der Scharīʿa nicht
zu finden ist.
Von diesen drei Maṣāliḥ ist die erste Form die gültige (muʿtabar) Maṣlaḥa,
die zweite die abgelehnte (mulghāt) Maṣlaḥa und die dritte die offengelassene
Maṣlaḥa. Die Maṣāliḥ al-Mursala sind jene, für die es vom Besitzer der Scharīʿa
keine Beweise gibt, dass er sie weder anerkennt, noch sie ablehnt. Der Grund
wieso sie Mursala genannt werden, ist, weil es weder ein Beweis für ihre Akzep-
tanz, noch für ihre Ablehnung gibt.
Imām asch-Schāṭibī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein - sagt: „Istiṣlāḥ
bedeutet, in Fällen, in denen es weder Nuṣuṣ noch Ijmāʿ gibt, Maṣlaḥa al-Mursala
zu beachten und ein Urteil zu fällen.805 Einige schrieben Imām Mālik zu, dass er
bei der Hervorbringung von Urteilen vollkommen auf Maṣāliḥ al-Mursala achtete
und nicht festlegte, dass es nicht nur ein Spezialfall sein kann, sondern die All-
gemeinheit einschließen muss. Doch Amidi hat diese Zuschreibung abgelehnt.806
Abū Bakr al-Bāqillānī, die Mehrheit der Schāfiʿīs und die späteren Gelehrten
der Ḥanbalīs und ein Teil der Ḥanafīs807 lehnen Istiṣlāḥ (Maṣāliḥ al-Mursala) als
einen sicheren Beweis ab.808
[Ende des Zitates von al-Qāsimī]
Auch wenn Qāsimī mit einigen Beispielen aussagt, dass die Zuschreibung
dieser Meinung an die Ḥanafīs durch einige Gelehrte falsch ist, sagt er nicht, wer
diese sind. Kurz gefasst: So wie es einige Fuqahāʾ gibt, welche Maṣāliḥ al-Mur-
sala nicht als Beweis akzeptieren, gibt es auch Fuqahāʾ, welche es tun. Somit ist
für den Uṣūl jener, welche dies akzeptieren, die Rābīṭa, für die wir annehmen,
dass es keine Beweise für und gegen sie gibt –, wenn es eine Maṣlaḥa und ei-
nen Nutzen für die Scharīʿa aufweisen kann –, ist diese Handlung auf keinen Fall
804 Ghazālī, al-Mustasfa, 1/139, Qāsimī, S. 38
805 Schāṭibī, al-ʿItisām, 1/111,Qāsimī, S. 38
806 ʿAmīdī, al-Iḥkām, 4/160
807 Die Aussage Tahrīrs ist: „Die Ḥanafīs und andere…“ und nicht wie Qāsimī zitiert: „einige…“
808 Al-Taysir ʿala al-Tahrīr, 4/171; al-ʿItisām, 2/111; al-Ihkām, 4/169; Qāsimī, Fiqh al-Muschqilāt,
S. 45
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ablehnbar. Doch gemäß dem Sprichwort der Araber: „Sogar wenn es fliegt, ist es
eine Ziege.“, werden jene, welche die Sturheit der Götzendiener haben trotzdem
auf ihre Ablehnung beharren.
Fünfter Punkt: Was ist eine Erneuerung, Bidʿa, und was ihr Urteil?
Rāghib al-Iṣfahānī schreibt in seinem Mufradāt al-Qurʾān:
„Ibdʿā ist die Erschaffung eines Werkes (einer Sache) aus dem Nichts heraus,
für das es nichts Gleiches gibt und, die keiner Sache angepasst ist. (Wenn die-
ses Ibdʿā) benutzt wird für Allah - Erhaben und Makellos ist Er - , dann heißt es,
dass Er eine Sache ohne Werkzeuge, Materie, Zeit und Ort (zu bedürfen) erschuf.
Und dies gebührt nur Allah - Erhaben und Makellos ist Er - . Badʿī und Mubdʿi
wird für denjenigen benutzt, der ohne ein Modell etwas aus dem Nichts hervor-
bringt. Auch dies gebührt nur Allah - Erhaben und Makellos ist Er. Wie in der
Aussage, dass Allah - Erhaben und Makellos ist Er - der badīʿi der Himmel und
Erden ist.809 Das Wort Badʿī wird für den benutzt, der ohne Beispiel oder Mo-
dell (mubdʿa) aus dem Nichts erschafft. So wird auch gleichermaßen das Word
al-bidʿu benutzt für jemanden, der ohne Beispiel oder Modell aus dem Nichts er-
schuf. So wie es in dem neunten Vers der Sūra al-Aḥqāf (46): „Ich bin kein neuer
Erfinder (mubdʿa) unter den Gesandten…“, was bedeutet: „…ich bin kein mubdʿi
in den Dingen, die ich sage…
In der Madhhab ist Bidʿa eine Meinung bekannt zu geben, deren Sprecher
und Macher in diesem Fall nicht dem Weg des Besitzers der Scharīʿa gefolgt ist
und die vorherigen Beispiele und festen Grundlagen missachtet hat. Alles, was
später erfunden wurde, ist eine Bidʿa und eine jede Bidʿa ist eine Irreleitung und
jeder, der Irreleitung hat, ist im Feuer.“810
Ibn al-Athīr sagt in seinem al-Nihāyah:
„Bidʽa besteht aus zwei Kategorien, und zwar Bidʽa von Rechtleitung und Bidʽa
von Irreleitung. All das, was den Befehlen von Allah und seinem Gesandten wi-
derspricht, ist abzulehnen, und all das, was sich im allgemeinen Bereich dessen
befindet, wozu Allah und sein Gesandter aufgerufen haben, ist als lobenswert zu
betrachten. Dies, dem noch kein Beispiel vorangegangen ist, so wie bestimmte
Formen von Großzügigkeit und Freigiebigkeit und guten Taten, gehört zu den lo-
benswerten Handlungen, wenn es nicht dem heiligen Gesetz widerspricht, denn
809 2:117 u. 6:101
810 Isnād ist Ṣaḥīḥ. Abū Dāwūd, Sunnah (4607); Tirmidhī, ʿIlm (2676). Tirmidhī sagt: „Dieser
Ḥadīth ist Ḥasan und Ṣaḥīḥ.“ Ibn Mājah in seinem Muqaddimah, S. 42 – 43. Aḥmad b. Ḥanbal,
4/126 – 127; Ḥākim, 1/95 – 96; Ḥākim sagte: „Dies ist ein Ṣaḥīḥ Ḥadīth ohne Mängel.“ Dhahabī
stimmt diesem zu.
391
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
der Gesandte Allahs hat dafür Belohnung versprochen, als er gesagt hat: „Wer im
Islam eine gute Gewohnheit begründet,…“811
Und in diesem Sinn hat Sayyiduna ʿUmar gesagt: „Welch gute Bidʽa das ist.“812
Weil diese Handlung (das Tarāwīḥ-Gebet in der Moschee) zu den guten Taten ge-
hört und in den Bereich der lobenswerten Dinge gehört, hat er sie Bidʽa genannt
und sie gelobt. Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm - hat diese Sunna
nicht eingeführt, sondern er hat sie bestimmte Nächte gebetet und dann gelas-
sen, ohne sie kontinuierlich weiterzuführen, und er hat die Menschen nicht zu
diesem Anlass versammelt. Und ebenso gab es diese Gewohnheit in der Zeit von
Abu Bakr raḍīyallāhu ʿanhu nicht, sondern erst ʿUmar raḍīyallāhu ʿanhu hat die
Menschen dazu versammelt und sie dazu aufgerufen, und dies auch Bidʽa genannt.
In Wirklichkeit handelt es sich dabei auch um eine Sunna, entsprechend der Aus-
sage des Propheten - Segen und Friede seien auf ihm -: „Haltet euch fest an meine
Sunna und die Sunna der rechtgeleiteten Kalifen nach mir.“813 und „Folgt nach mir
Abu Bakr und ʿUmar.“814
Und dieser Erklärung zufolge ist unter dem Ḥadīth: „Jede Neuerung ist Bidʽa“
zu verstehen, dass damit jede Neuerung gemeint ist, die den Grundlagen der
Scharīʿa widerspricht und, die durch keine Sunna gestützt ist.“815
Fayyūmī sagt in seinem al-Misbāḥ:
„Allah - Erhaben und Makellos ist Er - hat die Schöpfung durch ibdʿā, ibdʿā ge-
macht, das heißt, hat sie ohne ein Model erschaffen. Abdʿatu und Abdʿatuhū, be-
deutet, ich habe es hervorgebracht und erfunden. Deswegen wurde der gegen-
sätzliche Zustand als Bidʿa bezeichnet. Bidʿa ist ein Nomen von ibtidʿa, sowie rifʿat
(Höhe) das Nomen von irtifʿa ist. Alsdann wurde es geläufig, dass dies (Bidʿa) be-
nutzt wurde für Mangel oder Zusatz des Dīns. Manchmal jedoch wird sie nicht
als Makrūh bezeichnet, sondern als eine Bidʿa, welche Mubāḥ ist. Damit ist eine
Bidʿa gemeint, welche ein Zeugnis in den Grundlagen der Scharīʿa hat oder mit
der man einen Schaden abwendet und, die durch eine Maṣlaḥa zustande kommt.
Dazu gehört z.B., dass der Kalif sich vor dem Volk versteckt und sich nicht zwi-
schen ihnen befindet.“ 816
Im Qāmūs und seiner Erläuterung heißt es:
811 Muslim, Zakāh, 69/1017
812 Bukhārī, Salāh al-Tarāwīḥ, 2010
813 Teil des vorherigen Ḥadīth (Abū Dāwūd und Tirmidhī).
814 Aḥmad b. Hanbal, 5/382; Tirmidhī, Manāqib, (3662, 3805); Ibn Mājah, (97), Tabarānī, al-Kabīr
(8426), Ibn Hibbān, Iḥsān (6863)
815 Al-Nihāyah fī Gharīb al-Ḥadīth, 1/160; 1/107
816 Al-Misbāḥ al-Munīr, S. 38, Al-Maktabah al-ʿIlmiyya, Beirut
392
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„Bidʿa bedeutet, nachdem der Dīn vervollständigt wurde, eine neue Sache zu
erfinden.817 „Ich warne euch vor den Erneuerungen, denn alles, was eneuert wird,
ist eine Bidʿa und jede Bidʿa ist eine ḍalāla (Irreführung).“ Dieser Ḥadīth spricht
darüber. Oder es sind die Worte von Layth. Ibn as-Siqqīt sagte: „Bidʿa bedeutet
alles, was später erneuert wurde.“ [Daraufhin zitiert der Erläuterer Zabīdī die
Worte von Ibn al-Athīr aus al-Nihāya]
Aus den vorherigen Informationen ist zu verstehen, dass alle Erneuerun-
gen sprachlich und gemäß Scharīʿa eine Bidʿa sind und im Brauch der Scharīʿa
die Bidʿa in zwei Teile geteilt wird: eine lobenswerte Bidʿa und eine verachtens-
werte Bidʿa. Es gehört zum nötigen Wissen, dass der Prophet - Segen und Friede
seien auf ihm - nicht alle Mubāḥ vollkommen ausgelebt habt, denn sie sind sehr
zahlreich. Kein Mensch kann sie aufzählen, geschweige denn sie benutzen und
anwenden. Er benutzt Mubāḥ soviel er braucht und bis sein Bedürfnis danach
gestillt ist und danach lässt er es. Denn der Prophet - Segen und Friede seien auf
ihm - war ein Zāhid und jemand, der die Mubāḥ wenig benutzte. Wenn jemand
mit der Behauptung, dass der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm - eine Sa-
che nicht gemacht hat, meint, damit das Urteil geben zu können, dass diese Sa-
che Ḥarām sei, dann behauptet er etwas ohne ein Beweis hierfür zu haben. Seine
Behauptung ist somit zu verwerfen. Wiederum gehört es zum notwendigen Wis-
sen, dass der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm - nicht alles, was mandūb
ist, ausgeführt hat, denn er hat seine meiste Zeit mit der Verkündung der Daʿwa,
dem Kampf gegen die Muschrikun und Ahl al-Kitāb, dem Krieg gegen die Kuffār,
dem Schutz des Islām und dem Einhalten des Friedens und anderen wichtigen
Aufgaben verbracht. Ja, er unterließ sogar einen Mandūb, weil er fürchtete, dass
diese für seine Umma später Farḍ werden könnten.
Im Ṣaḥīḥ von Muslim wird durch Jābir raḍīyallāhu ʿanhu überliefert, dass
der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm - während seiner Khutba gesagt
hat: „Ihr sollt keinen Zweifel haben, dass die allerbesten Worte die Worte Allahs
- Erhaben und Makellos ist Er - sind, der beste Weg der Weg Muḥammads - Se-
gen und Friede seien auf ihm - ist, und die schlimmste Sache die Erneuerung ist
und jede Bidʿa ist Irreführung.“818
Imām al-Nawawī sagt:
„Die Worte des Propheten - Segen und Friede seien auf ihm -: „Jede Bidʿa
ist eine Irreführung.“, ist ein eingeschränktes allgemeines Urteil. Hiermit ist die
Mehrheit der Bidʿa gemeint. Die Sprachgelehrten sagen: „Eine Bidʿa ist etwas, was
817 Fayrūzābādī, Qāmūs, Punkt b,d,a (907)
818 Muslim, Jumʿa, 43/867
393
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ohne vorheriges Beispiel gemacht wurde.“ Die Gelehrten haben die Bidʿa in fünf
Kategorien aufgeteilt: Wājib, Mandūb, Ḥarām, Makrūh und Mubāḥ.
Eine Wājib Bidʿa ist das Anführen von Beweisen der Kalam-Gelehrten, um
die Erneuerer und die Gottlosen zu widerlegen und ähnliches.
Eine Mandūb-Bidʿa ist das Niederschreiben des Wissens in Büchern, das Auf-
bauen islamischer Schulen, der Zāwiya (Treffpunkte der Ṣūfīs) und anderer Dinge.
Eine Mubāḥ-Bidʿa ist der Verzehr verschiedener Speisen und die Vermeh-
rung in diesen Dingen.
Die Ḥarām- und Makrūh-Bidʿa ist klar.
Wenn man weiß, was ich erzählt habe, dann wird man wissen, dass der
Ḥadīth in seiner Bedeutung zwar allgemein, aber (aufgrund anderer Beweise)
eingeschränkt ist. Die anderen Aḥādīth, die diesem gleichen, sind ebenfalls so.
Die Aussage Sayyidunā ʿUmar raḍīyallāhu ʿanhu: „Welch schöne Bidʿa ist dies!“
bestätigt dies. Dass der Ḥadīth allgemein beschränkt ist, widerspricht nicht dem
Wortlaut ‚eine jede…‘. Im Gegenteil, trotz diesem kommt eine Beschränkung die-
ses Ḥadīths vor. Dies ist wie die Aussage Allah - Erhaben und Makellos ist Er - :
„…du vernichtest und zerstörst eine jede Sache…“819.“820
Ḥāfiẓ Ibn Rajab schreibt in seinem Jāmʿi al-ʿUlūm:
„Mit Bidʿa sind die Erneuerungen gemeint, die in der Scharīʿa kein Funda-
ment haben, das auf sie hinweist. Die Dinge jedoch, die in der Scharīʿa auf sie wei-
sende Fundamente haben, so sehr diese auch sprachlich eine Bidʿa sind, so sind
sie dennoch nach Scharīʿa keine Bidʿa.“821
Ibn Ḥajar sagt: „Mukhdasāt ist der Plural von Mukhdasa. Damit sind die Dinge
gemeint, die in der Scharīʿa keine Grundlage haben und erfunden wurden. Dies
wird im Sprachgebrauch der Scharīʿa mit Bidʿa gemeint. Eine Sache jedoch, die in
der Scharīʿa ihre Grundlagen hat, wird nicht als Bidʿa bezeichnet. Deswegen ist
in dem Sprachgebrauch der Scharīʿa eine jede Bidʿa kritisiert, aber nicht die Bidʿa
im sprachlichen Sinne, denn eine jede Sache, welche kein vorheriges Beispiel hat,
ob sie nun lobenswert ist oder nicht, wird als Bidʿa bezeichnet.“822
Ich (Ghumārī) sage: „Eine jede Sache, welche die Scharīʿa bezeugt und, die ein
Fundament in ihr hat und später erfunden wird, ist eine Sunna al-Ḥasana (eine
schöne Sunna). Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm - hat dies so be-
zeichnet. Was er - Segen und Friede seien auf ihm - als Sunna al-Sayyia bezeich-
nete, bezeichnete er auch als Bidʿa und wird auch so genannt.
819 Ahqāf, 25
820 Ṣaḥīḥ al-Muslim, Scharḥ von Imām Nawawī , 6/154 - 155
821 Jamiʿ al-ʿulūm, S. 397, Dār al-Furqān, Jordanien
822 Fatḥ al-Bārī, 13/266
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war und, als sie zustande kam, in ihrem Ablauf nichts hatte, was man ablehnen
könnte.‘ Dies sind die Worte al-Schāfiʿīs gewesen.“826
Aus den obigen Zitaten verstehen wir, dass die ʿUlamāʾ die Bidʿa in zwei ein-
geteilt haben, und zwar in lobenswert (maḥmūda) und kritisierte (madhmūm), und
sie sind sich einig, dass Sayyidunā ʿUmar raḍīyallāhu ʿanhu der erste war, der
darüber sprach, und die ʿUlamāʾ sind sich ebenfalls einig, dass die Aussage des
Propheten - Segen und Friede seien auf ihm : „Eine jede Bidʿa ist Irreführung.“,
ein allgemein beschränktes Urteil ist.
Imām al-Schāfiʿī sagte:
„Etwas, was eine Stütze in der Scharīʿa hat, auch wenn es die Salaf nicht ge-
tan haben, ist keine Bidʿa. Denn, dass die Salaf die Handlung unterließen, kann
deswegen sein, weil es in dem Moment für sie eine Entschuldigung gab oder, weil
es etwas Höheres als das gab oder, weil das Wissen darüber noch nicht vollstän-
dig war.“
Ibn al-ʿArabī sagte:
„Bidʿa und muḥdath sind keine zwei Wörter, die wegen ihrer Bedeutung oder
des Wortlautes kritisiert sind. Nur jene Bidʿa, welche gegen die Sunna ist, wird
kritisiert. Wer zur Irreführung der Erneuerung aufruft, ist kritisiert.“
Es gibt viele Beweise aus den Aḥādīth für die Aussage der Gelehrten, dass
der Ḥadīth: „Eine jede Bidʿa ist Irreführung.“, eingeschränkt ist. Einer von die-
sen ist folgender:
„Wer etwas Gutes im Islam beginnt, bekommt seinen Lohn und den Lohn de-
rer, die bis zum Tag des Gerichts danach handeln ohne, dass auch nur das Minde-
ste vom Lohn derer, die ihm darin folgen, verringert wird. Wer etwas Schlechtes
im Islam beginnt, wird seine Strafe dafür bekommen und die Strafe all jener, die
ihm bis zum Tag des Gerichts darin folgen werden ohne, dass auch nur das Min-
deste von der Strafe derer, die danach handelten, verringert wird.“827
Imām al-Nawawī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein - sagte:
„Im Ḥadīth gibt es Ansporn dazu, der erste im Handeln mit Gesegnetem zu
sein und gute Traditionen (Sunan) zu erfinden und sich vor falschem und ab-
scheulichem fernzuhalten und zu bewahren. In diesem Ḥadīth gibt es die Be-
schränkung der Worte des Propheten - Segen und Friede seien auf ihm: „Alles,
was erneuert wurde, ist eine Bidʿa und eine jede Bidʿa ist eine Irreführung.“, und wir
verstehen daraus, dass mit dem ‚erneuerten‘ die ‚kritisierte Bidʿa‘ gemeint ist.“828
Sindī schreibt in seiner Erläuterung von Ibn Mājah:
826 Imām al-Nawawī, Tahzib al-Asma wa al-Lugha, 3/22-23
827 Muslim, Zakāh, 1/1017; Nasāʾī, Zakāh, 5/75 – 77; Ibn Mājah, Muqaddimah, S.203
828 Ṣaḥīḥ Muslim, Scharḥ von Nawawī, 1/226 - 227
396
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„Eine ‚schöne Sunna‘ bedeutet ‚ein schöner Weg, dem man folgen und, den
man gehen kann“. Schön und schlecht wird eingeteilt durch das Einhalten der
Maßstäbe der Scharīʿa…“
Dieser Ḥadīth (und andere) drücken klar aus, dass die Bidʿa in gute Bidʿa
und schlechte Bidʿa aufgeteilt wird. Meiner persönlichen Meinung nach ist die
gute, auch wenn sie eine Art der Bidʿa ist, erlaubt aufgrund einer Maxime in der
Scharīʿa, einer generellen Anwendung eines Qurʾānverses oder Ḥadīthes. Deswe-
gen wurde sie als gut bezeichnet. Der Lohn hierfür bekommt derjenige, der sie
eingeführt hat. Die schlechte jedoch widerspricht den Regeln der Scharīʿa. Dies
ist die kritisierte Sunna und Bidʿa.“829
[Ende der Worte al-Ghumārīs]
Bezüglich dieses Themas kann man viele Überlieferungen von den ʿUlamāʾ
bringen, doch wir sehen hierfür keine Notwendigkeit.
Eine wichtige Frage:
Wenn uns die Leugner der Rābīṭa fragen: „Oh ihr Angehörigen der Naq-
schibandi Ṭarīqa, welche die Rābīṭa akzeptieren! Von euren Zitaten oben kann man
verstehen, dass die Bidʿa in gute und schlechte getrennt wird. Doch einer eurer
größten Imame, der die Rābīṭa akzeptierte und praktizierte, Imām Aḥmad Farūq
al-Sirhindī Imām al-Rabbānī, akzeptiert eine solche Einteilung nicht! Er sagt: „Jeg-
liche Art von Bidʿa ist schlecht und es gibt keine gute Bidʿa.“830 Was sagt ihr dazu?“
Antwort:
Der große Muḥaddith und Faqīh ‘Abd al-Ghanī al-Mujaddidī - möge Allāh
barmherzig mit ihm sein - schreibt in seiner Erläuterung des Ibn Mājah, Injāh al-
Hāja, bei der Erläuterung des Ḥadīth: „Wer in unserer Sache etwas erneuert, was
nicht von ihr ist, so ist diese Sache abgelehnt.“, folgendes:
„Mit ‚was nicht von ihr (der Dīn) ist‘, ist gemeint: ‚solange sie nicht von den
Gründen des Dīns ist‘. Denn die Gründe gehören zum Dīn. Deswegen hat der Mu-
jaddid (Imām al-Rabbānī) – Allah - Erhaben und Makellos ist Er - sei mit ihm
zufrieden – gesagt, dass die Gründe für den Dīn wie die Wissenschaft der Gram-
matik und Syntax (Sarf und Nahw) und auch andere, nicht als Bidʿa zu bezeich-
nen sind, da sie in der Sunna enthalten sind. Seiner Ansicht nach – möge Allah
- Erhaben und Makellos ist Er - mit ihm zufrieden sein – gibt es in der Bidʿa ab-
solut nichts Gutes. Deswegen sagt er: „Sogar wenn das Licht der guten Bidʿa831
829 Von Ghumārī erwähntes Buch.
830 Imām Rabbānī, Brief 186, Band 1
831 Allahu ʿAlam, er meint die Dinge, welche nicht wirklich Gründe sind, aber als solche erachtet
werden und als ‚gut‘ bezeichnet werden. Das Aussprechen der Niyyah mit der Zunge und der
Zusatz zum Leichentuch sind offensichtlich keine Gründe für das Leichentuch oder die Niyyah,
sondern sind Sachen, welche die Sunnah ersetzen. Er kann aber – zu Recht – trotz der Bezeich-
397
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
wie der Morgenschein wäre, muss es unterlassen werden, denn jede Bidʿa ist ka-
tegorisch etwas, was die Sunna aufhebt. Wenn eine Person etwas tut, was der
Prophet - Segen und Friede seien auf ihm - nicht getan hat, dann widerspricht
er dem Propheten. Unterlässt er eine Tat des Propheten, so widerspricht er ihm
erneut.“ Deswegen hat er es verboten am Anfang des Gebets die Absicht mit der
Zunge zu fassen, denn dies ist weder vom Propheten - Segen und Friede seien auf
ihm -, noch von den Gefährten oder den Mujtahidūn überliefert worden. Es gibt
unter den Gelehrten auch welche, die zwischen guter und schlechter Bidʿa tren-
nen. Unsere Gelehrten sagten hierbei: „Die Toillette erst mit dem linken Fuß zu
betreten, auch wenn es eine kleine Sache ist, ist eine Sunna und eine Madrasa
zu bauen, so groß sie auch ist, ist eine Bidʿa; und die kleine Sunna ist besser als
diese Bidʿa.“832 (Ende der Worte al-Mujaddidīs)
Kurz gefasst: Mit der Aussage, eine jede Bidʿa sei schlecht und es gäbe keine
gute Bidʿa, meinen jene, die diese Ansicht vertreten, dass in der Scharīʿa benutzte
Fachwort Bidʿa und nicht die allgemeine sprachliche Bedeutung von Bidʿa. Die-
jenigen, die sagen, dass es eine gute Bidʿa gibt, meinen nicht die Bidʿa im Sinne
der Scharīʿa, sondern sie meinen die Bidʿa im Sinne der Sprache. Das heißt, für
beide Gruppen ist die gute Bidʿa nicht die Bidʿa der Scharīʿa (also ist damit nicht
das Fachwort gemeint). Imām Rabbānī ging vom Fachwort aus und bezeichnete
eine Sache, welche der Scharīʿa und der Sunna nicht widersprach, aber in ihrer
Form später erschien, nicht als Bidʿa. Die anderen, weil diese Form erst später
hervorkam, bezeichneten es sprachlich als eine Bidʿa und, weil es sich auf Fun-
damente in der Scharīʿa stützt, bezeichneten sie es als gut. Kurz gefasst liegt die
Meinungsverschiedenheit hier im Wortlaut nicht in ihrer Bedeutung. Beide füh-
ren letztlich zum gleichen Ergebnis.833
In unseren nächsten Erscheinungen, wenn die Beweise dargelegt werden,
wird man sehen und verstehen, dass die Rābīṭa nicht als eine Bidʿa gemäß der
Bedeutung in der Scharīʿa bezeichnet werden kann, denn so wie es keinen Aspekt
an ihr gibt, der nicht dem Qurʾān und der Sunna entspricht, ist sie ein Grund für
Dhikr, welches uns anbefohlen wurde und kann von vielen Scharʿī Beweisen allge-
mein und umfassend beinhaltet sein und stützt sich auf klare und wahre Säulen.
398
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Vers geben, der nicht anders interpretierbar ist, eine Mutawātir-Sunna oder ein
Ijmāʿ. Anderweitig, mit Qiyās und Ijtihād, oder mit Sachen, die nicht einmal Qiyās
oder Ijtihād sind, eine Sache als Kufr oder Schirk zu bezeichnen und denjenigen
als Muschrik und Kāfir zu bezeichen, an welchem sie diese Sache sehen, ist eine
Sache der unwissenden Idioten oder verräterischen Gottlosen. Mit nicht anders
interpretierbaren Ṣaḥīḥ Aḥādīth, die nicht Mutawātir sind, ist gemäß der Ahlu
Sunna nicht einmal ein eindeutiges Ḥarām zu bestimmen, sondern nur Makrūh
und wenn es um den Glauben daran geht, dann wirft der Unglaube an diese Sache
nicht in den Kufr, sondern in die Bidʿa. Wie sieht es dann mit diesen verquerten
Darstellungen und komischen Ansichten über Rābīṭa aus, welche die Irregegan-
genen und Unwissenden vornehmen? Das ist eine Beleidigung Allahs und seines
Gesandten. Ihr Zustand ist katastrophal. Wenn Unwissenheit nicht als Entschul-
digung akzeptiert wird, ist ihr Zustand noch schlimmer.
399
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ihre vollständige Bedeutung trägt. Diese Bedeutung ist die ‚notwendige‘ Bedeu-
tung. (iqtida)834
Daher, um für die Erlaubnis der Rābīṭa unbedingt eine für sie spezielle Ibara
zu suchen und, wenn es sie nicht gibt, auf die anderen drei Arten nicht zu achten,
ist entweder Unwissenheit oder Hinterlistigkeit. Die Unwissenden sehen außer
der Ibara keine andere Bedeutung und sagen dann: „Was ist das denn für ein Be-
weis für Rābīṭa?“ Dies aufgrund ihrer Unwissenheit und dem dazu parallel ver-
laufenden Unverständnis. Solchen Lächerlichkeiten begegnen wir ständig. Wenn
sie nach einem Beweis schreien, dann wollen sie immer unbedingt einen Beweis,
der eine Ibara ist. Doch wenn sie selbst irgendwelche Beweise bringen, dann ver-
lassen sie sogar diese vier Arten und mit ihren Vermutungen und Analogien, die
nichts aussagen (und die sogar Lügen sind), beschuldigen sie in ihrer Falschheit
die Menschen mit Schirk und Kufr.
Achter Punkt: Wie viele Formen des klaren und verdeckten Wortes
gibt es?
Wenn die Bedeutung eines Wortes/einer Aussage offensichtlich ist, dann er-
laubt sie entweder eine Einschränkung (takhṣiṣ) oder nicht. Wenn sie es zulässt,
dann ist die Offenkundigkeit ihrer Bedeutung entweder aufgrund ihrer Äußer-
lichkeit, wonach sie dann als ẓāhir bezeichnet wird, oder sie ist nicht nur wegen
ihrer Äußerlichkeit, wonach sie dann als naṣṣ bezeichnet wird. Wenn in dem
Wort oder der Aussage Taʾwīl oder Takhṣiṣ nicht möglich ist, dann gestattet sie
die Aufhebung (nāskh) oder nicht. Wenn sie die Aufhebung gestattet, dann wird
sie als mufassar bezeichnet, also das, was erklärt wird. Wenn sie dies nicht zu-
lässt, wird sie als muḥkam bezeichnet.
Wenn die Bedeutung verborgen ist, dann ist die Verborgenheit entweder auf-
grund einer anderen Sache als die Äußerlichkeit, dann wird es als khāfi bezeich-
net, oder sie ist aufgrund der Äußerlichkeit. Wenn diese dann mit dem Nachden-
ken begriffen werden kann und ihre Auflösung ist nicht problematisch und man
erhofft ihre Aufdeckung durch andere Beweise, dann wird dies als mujmal be-
zeichnet, ansonsten als mutaschabih.
Ebenfalls geschieht das Benutzen eines Wortes/einer Aussage für die Bedeu-
tung wahrhaftig (ḥaqīqa) oder metaphorisch (majāz). Wenn die Absicht hinter bei-
dem klar ist, dann ist es sarīh, wenn nicht, dann ist es qināya.835
834 Dies wurde stark vom Originaltext abgeändert, damit es leichter verständlich wird. Die Begrif-
fe wurde aus einem Uṣūl al-Fiqh Buch heraus erklärt. (Anm. d. Ü.)
835 Ein Uṣūl al-Fiqh Buch der Wahl unter dem Kapitel Ḥaqīqah, Majāz, und Qināya.
400
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Neunter Punkt: Stellt das Schweigen der Ijmāʿ ein Urteil dar?
Ja, das Schweigen der Ijmāʿ, so sehr dies auch nicht auf der Stufe wie die Aus-
sage der Ijmāʿ ist, stellt gemäß vielen ʿUlamāʾ ein Urteil dar.
ʿAlāuddīn al-Bukhārī sagt: „Dass die Ijmāʿ der Erlaubnis diesen Namen be-
kommt, ist notwendig, damit die gesamten ʿUlamāʾ geschützt werden vor der Be-
schuldigung mit offenkundiger Sünde (fisq) und Mangel in den Angelegenheiten
des Dīn, und somit wird dies notwendigerweise als Ijmāʿ akzeptiert.836 Die Sa-
che sieht so aus: Wenn in einer Zeit einer von Ahl al-Ḥāl wa al-ʿAqd837in einer An-
gelegenheit zu einem Urteil kommt, bevor das Urteil der Rechtsschulen diesbe-
züglich klar wurde und dieses Urteil sich unter dem Volk dieser Zeit verbreitet
und ausreichend Zeit verstreicht, um darüber nachzudenken und keiner kommt
hervor, um diesem Urteil zu widersprechen, kommt gemäß der Mehrheit unse-
rer Gefährten (den Ḥanafīs) ein Ijmāʿ zustande. Dies gilt auch für eine Handlung.
Wenn einer von den Leuten des Ijmāʿ eine Handlung vollzieht und die Gelehrten
in dieser Zeit Wissen darüber Bescheid und ausreichend Zeit zum Nachdenken
ist darüber verstrichen und es tritt nicht einer auf, der dagegen ist, dann bedeu-
836 Das heißt, wenn wir akzeptieren dass das Schweigen der ʿUlamāʾ und die nicht abgelehnte
Sache falsch waren, dann müssen wir all diese schweigenden ʿUlamāʾ als offenkundige Sün-
der beschuldigen und ihnen Mängel in ihren religiösen Angelegenheiten zuschreiben. Dies
ist jedoch vollkommen falsch. Deswegen, um uns selbst hiervor zu schützen, müssen wir ihr
schweigen als ein Ijmāʿ akzeptieren.
837 Die Rabbānī Gelehrten, welche die Probleme der Muslime lösen und sie gemäß der Scharīʿah
Maßstäbe behandeln und beurteilen, und die man als Autorität in der Religion erachtet.
401
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
tet es, dass diese Sache ihrerseits als Mubāḥ erachtet wurde. Dies wird von Sei-
ten jener, die es akzeptieren, als ‚schweigender Ijmāʿ‘ bezeichnet.“838
Die Handlung der Rābīṭa wurde nicht von einem getan oder anbefohlen, son-
dern von einer unzählbaren Menge von Gelehrten, ʿArifīn und Ṣāliḥin. Die Rābīṭa
wurde in Zeiten vollzogen, als es Fuqahāʾ, Muḥaddithun, Mufassirūn und ʿUlamāʾ
der ʿAqīda zahlreich gab und ein jeder darüber Bescheid wusste und Zeuge dessen
war. Dennoch kennt man keinen Gelehrten, der die Rābīṭa als Schirk oder Bidʿa
bezeichnete. Dies ist ebenfalls ein ‚schweigender Ijmāʿ‘. Was nun diese Leute von
sich geben, die bankrot sind hinsichtlich ihres Verstandes, Wissens, ihrer Recht-
leitung und ihres Anstandes, so tragen ihre Worte nicht einmal den Wert von ei-
nigen Cent.
Zehnter Punkt: Stellt der Brauch und die Tradition der Ṣāliḥun eine
Erlaubnis dar?
Ja, tun sie. So wird dieses Thema in den Büchern des Uṣūl al-Fiqh839, in ei-
nigen eigenständigen Schriften840, in Aschba und Majalla und anderen Werken
die über die gesamten oder restlichen Maxime841 handeln, detailliert behandelt:
„Was die Gläubigen als schön erachten, wird bei Allah - Erhaben und Ma-
kellos ist Er - ebenfalls als schön erachtet.“842 Was durch Brauch fundiert ist, ist
durch einen Beweis in der Scharīʿa fundiert.843 Was durch Brauch sich durchge-
setzt hat, ist als hätte es sich durch einen Naṣṣ durchgesetzt.844 Sicherlich gibt es
auch Regeln, damit der Brauch akzeptiert ist: Ein den Nuṣūṣ widersprechender
Brauch wird nicht anerkannt.845
Resultat
Hier nun volle zehn Uṣūl Regeln für euch und im Rahmen dieser eine er-
laubte Tat: Rābīṭa. Solange nicht bewiesen werden kann, dass diese Fiqh-Re-
geln durch die erwähnten Āyat und Aḥādīth falsch sind oder die Rābīṭa, die sich
in ihrem Rahmen befindet, ist ihre Ablehnung die Handlung mindestens gemäß
den eigenen Gelüsten. Man kann es auch die Anbetung des Nafs und des Gelüstes
838 ʿAlauddin al-Bukhārī, Kaschf al-Asrār, 3/228
839 ʿibid., 2/95
840 Ibn ʿĀbidīn, Naschr al-ʿArf fī Bināi, 2/114
841 Ibn Nujaym, Al-Aschbāh, sechster Punkt, S. 126 – 139; Majalla, Punkt 36., 37., und 38.
842 Aḥmad b. Hanbal, Musnad, durch ‘Abdullah b. Masʿūd raḍīyallāhu ʿanhu. Eine genaue Analyse
folgt im nächsten Artikel.
843 Scharḥ al-Aschbāh, Ibn ʿĀbidīn, ibid., 2/115
844 Von Mabsūt, Ibn ʿĀbidīn, ibid., 2/115
845 Von Ibn Humām, ibid., 2/115
402
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
bezeichnen. Die Rābīṭa, welche der Brauch von den ʿĀbids, ʿĀrifs und Zāhids die-
ser geehrten Gruppe der Ṣūfīs ist, die in ihrem Benehmen und ihrer Taqwā leuch-
tende Vorbilder für die Gläubigen sind, ist natürlich bei Allāh - Erhaben und Ma-
kellos ist Er - ebenfalls als gut gesehen, da sie der Brauch dieser Menschen ist.
403
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
werden die Beweise, die wir hier erbringen, vielmehr die Beweise für den Tawas-
sul durch Rābīṭa sein.
Wenn einige wissende und tugendhafte Brüder mit guten Absichten sagen,
dass es ‚sinnlos sei, aus Qurʾān und Sunna Beweise für die Rābīṭa zu ersuchen‘,
und sie damit Beweise meinen, die direkt in ihrem Wortlaut und in ihrer Erwäh-
nung die Rābīṭa haben; dann kann ihre Behauptung wahr sein. Niemand hat be-
hauptet, dass es Beweise durch ibara und Erwähnung gibt. Wenn sie aber damit
meinen, dass es keine Beweise aus Qurʾān und Aḥādīth gibt, welche durch is-
chara, dalala oder iqtida sind, dann ist diese Behauptung eindeutig falsch. Diese
offenkundig falsche Ansicht wird nach unseren dargelegten Beweisen noch viel
offenkundiger werden. Die zehn Uṣūl al-Fiqh Regeln, die wir in unserem letzten
Schreiben bewiesen und für die Rābīṭa darlegten und sie darauf stützen, sind
im Allgemeinen schon die Beweise für die Erlaubnis der Rābīṭa. Denn viele der
himmlischen Beweise, welche unsere Mujtahidūn für die Fiqh-Angelegenheiten
darlegten, sind von der Besonderheit, dass sie allgemein sind.
Da wir nun sagen, dass wir für die Rābīṭa vier Scharʿī Beweise haben, wer-
den wir unser Thema in vier Punkten behandeln:
Erster Punkt, die Beweise für die Rābīṭa aus dem Qurʾān.
Zweiter Punkt: die Beweise für die Rābīṭa aus der Sunna.
Dritter Punkt: Beweise für die Rābīṭa aus dem Ijmāʿ.
Vierter Punkt: Die Beweise für die Rābīṭa aus dem Qiyās.
Erster Punkt
Die Beweise für Rābīṭa aus dem Qurʾān
Wir werden hier nun, so Allāh will, drei Qurʾānverse bringen, die in ihrer
weiten Bedeutungsspanne die Rābīṭa mit einschließen:
Der erste Vers: „bemüht euch um Mittel und Wege (Wasila), die euch Ihm
näherbringen.“846
In dem Qurʾānvers gibt es keine bestimmte Einschränkung. Deswegen können
die Wasila, um die man sich bemüht, Farḍ847, Wājib, Sunnah, Mustaḥab, Mandūb
oder Mubāḥ sein. Auch wenn es Makrūh- und Ḥarām-Wasilas gibt, kann man mit
den Makrūh- und Ḥarām-Wasilas848, welche durch Qurʾān, Sunna, Ijmāʿ und Qiyās
festgelegt sind, nicht Allah subḥānahu wa taʿālā erreichen.
846 5:35
847 Īmān ist die erste Farḍ
848 Kufur und Schirk gehören zu Ḥarām und sind die schlimmsten Ḥarām
404
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Das Ersuchen der Wasila, welche durch Qurʾān, Sunna, Ijmāʿ und Qiyās gefe-
stigt ist, die Farḍ, Wājib, Sunna, Mustaḥab, Mandūb und einige der Mubāḥ-Wasila,
sind mit einbezogen in diesen Vers. Die Mubāḥs, für die es keine Beweise und Ge-
genbeweise gibt, sind gemäß den Aḥādīth: „Die Handlungen sind nur gemäß ih-
ren Absichten.“, und: „Die Person bekommt nur, was sie beabsichtigt.“ manchmal
Mustaḥab und Mandūb. Das heißt, neben den Farḍ, Wājib, Sunna, Mustaḥab und
Mandūb-Wasilas können wir die Mubāḥ-Wasilas mit unseren Absichten auch zu
Wegen und Mitteln machen, mit denen wir Allāh - Erhaben und Makellos ist Er -
näher kommen können. Diese haben keine Grenzen und keine Anzahl:
Manchmal alleine zu leben; eine Zurückgezogenheit, welche den Regeln ent-
spricht; innerhalb der Rahmen der Scharīʿa in den Ländern umherwandern; we-
nig zu essen, ohne dass man seine Kraft verliert; das Essen um Dankbarkeit für
die Mubāḥ-Wohltaten zu verzehren; sich von den Mubāḥ-Wohltaten fernzuhal-
ten wegen Furcht vor der Rechenschaft, ohne Riyāʾ und Hochmut, damit man
an Licht zunimmt und Weisheit bekommt, sich selbst das Sprechen von Mubāḥ-
Worten zu verbieten… usw.
Kurz gefasst, ein jedes Mittel oder ein jeder Weg, der euren ʿIbādat direkt
oder indirekt hilft und mubāḥ ist, ist eine zulässige Wasila. Wenn somit also die
Leute fragen: „Was hieran ist ein Beweis für die Rābīṭa?“, so haben diese Men-
schen damit nur ihre eigene Unwissenheit und Idiotie zu Tage gelegt.
Zweiter Vers: „Seid mit den Aufrichtigen.“849
Wo sollen wir mit ihnen sein? Hier gibt es keine Einschränkungen. Daher ist
die Bestimmung ‚zusammensein‘ allgemein. Ausgenommen hiervon sind das Bei-
sammensein in Makrūh und Ḥarām. Im Glauben, im Denken, in der Handlung, im
Ikhlāṣ, in der Freude, in der Trauer, am gleichen Ort, mit den Gefühlen, mit der
Vorstellung, Farḍ, Wājib, Sunna, Mustaḥab, Mandūb und Mubāḥ-Arten des Bei-
sammenseins. Die Mubāḥ-Arten, welche einen unendlichen Bereich darstellen,
können aufgrund der Ähnlichkeit ihrer ʿilla durch den Qiyās unter Farḍ, Wājib,
Sunna, Mustaḥab, Mandūb untergeordnet werden und nehmen dann das Urteil
dieser Kategorien auf. Fürchten Sie dann bei der Einschränkung dieser fast end-
losen Angelegenheiten nicht, indem man Allah subḥānahu wa taʿālā verleumdet
und seine Befugnis unterschlägt, somit das Urteil dessen zu bekommen, der nicht
mit dem richtet, was Allāh offenbarte?
Gemäß dem Urteil, dass die Grundannahme in allen Angelegenheiten das
Mubāḥ-sein ist, solange es keinen Beweis für sein Ḥarām-sein gibt, wenn dar-
über geschwiegen wurde oder, dass über die Grundannahme kein Urteil getrof-
fen wird, wenn es weder befürwortende, noch ablehnende Beweise gibt, oder
849 9:119
405
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
das die Grundannahme einer Angelegenheit sein Ḥarām-sein ist, wenn es keinen
Beweis gibt, der die Angelegenheit als mubāḥ erklärt, sollte euch in eurem Ge-
tue einschränken. Doch es ist eine offensichtliche Wahrheit, dass ihr nicht einen
einzigen wissenschaftlichen Hinweis habt! Das ihr euch mit dem Wortlaut des
Verses zufrieden gibt, und dem ischara, dalala und iqtiḍā widersprecht, den man
aus dem Wortlaut: „mit ihnen zusammen sein…“ versteht, ist nur ein Zeichen für
eure Idiotie oder für euren Verrat. Es tritt daraus hervor, dass ihr weder die Spra-
che, noch die Religion kennt oder ihr die Sprache und die Religion verraten habt.
Ja, wenn man den Befehl: „seid mit ihnen“ herabstuft auf die schwächste
Form des Befehls, der mubāḥ behandelt, dann sogar sind alle Möglichkeiten des
mubāḥ-Beisammenseins miteingeschlossen. Es ist so, dass der Mensch nur nach
seinen Absichten beurteilt wird und die Handlungen gemäß den Absichten be-
wertet werden, wie es im Ḥadīth heißt;850 somit kann dies mit einer guten und
schönen Absicht getan werden. Hinzu kommt, dass die aus diesem Befehl abge-
leiteten Urteile in vielen Punkten – von der Grundlage betrachtet – Wājib sind
und einige Urteile mubāḥ sind –, wenn weitere Beweise hinzugenommen werden
-, doch die Rābīṭa ist weder das eine, noch das andere, sondern befindet sich in
der Mitte dieser zwei Urteile.
Dritter Vers: „Diejenigen, die Allah und dem Gesandten gehorchen, sind zu-
sammen mit den Propheten, den Wahrhaftigen, den Märtyrern und den From-
men, denen (allen) Allāh (höchste) Gnade erwiesen hat. Welch gute Gefährten!“851
Tabarānī überliefert mit einer fehlerlosen Kette von Sayyida ʿĀʾischa - möge
Allāh mit ihr zufrieden sein: „Einer von den Gefährten kam zum Propheten - Se-
gen und Friede seien auf ihm – und sagte: „Oh Gesandter Allāhs! Zweifellos liebe
ich dich mehr als mein eigenes Leben, und ich liebe dich mehr als meine Kinder!
Zweifellos sitze ich zuhause, denke an dich und erinnere mich an dich, ertrage
es nicht mehr und komme hierher, um dich anzuschauen. Als ich mich an mei-
nen und deinen Tod erinnerte, wurde mir bewusst, dass, wenn du das Paradies
betrittst, du mit den Propheten auf den hohen Stufen des Paradieses sein wirst
und ich fürchte, dass, wenn ich das Paradies betrete, ich dich dort nicht sehen
werde.“ Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – antwortete darauf nicht.
Da kam Gabriel - Friede auf ihm – und offenbarte diesen Vers.852
Wir erinnern uns an eine Maxime:
Der spezielle Offenbarungsgrund eines Verses beschränkt die Bedeutung
des Verses nicht auf diesen speziellen Moment und verhindert nicht, dass die
850 Bukhārī, Ṣaḥīḥ, 1. Ḥadīth
851 4:69
852 Tabarānī; Ibn al-Mardūya; Abū Nuʿaym, Hilya; Ziya al-Maqdisī; Al-Durr al-Manṣūr, 2/588
406
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Bedeutung allgemeingültig ist.853 Dies ist eines der fundamentalen Regeln der
wahrhaftigen Gruppe, der Sunniten, in ihrem Qurʾānverständnis. Ja, der Offenba-
rungsgrund ist sehr wichtig, um den Kontext und den Zustand zu erkennen und
ist sehr hilfreich im Verstehen des Qurʾānverses, doch die Bedeutung des Verses
ist nicht auf diesen Moment beschränkt.
Daher kann dieser Qurʾānvers auch meinen, dass diejenigen die Allāh und
seinem Gesandten gehorchen, genauso wie sie im Jenseits mit dem Propheten zu-
sammen sein werden, auch im Diesseits mit ihm zusammen sein werden.854 Das
kann mit dem Vers genauso gut gemeint sein. Je nach ihrem Gehorsam werden
sie eine bestimmte Verbindung, ein bestimmtes Beisammensein mit ihm erfah-
ren. Kurzum kann mit dem informierenden Wortlaut (ikhbārī) auch ein Befehl
(maʿnā inschāʾĪ) gemeint sein, das heißt, es kann heißen: sie sollen mit ihnen zu-
sammen sein.
Der Ḥadīth: „Der Mensch ist mit dem, den er liebt“855, gleicht diesem. Genauso
wie er im Jenseits zusammen mit ihm sein wird, wird er auch im Diesseits mit
ihm sein… oder soll mit ihm zusammen sein… doch was für ein Zusammensein?
Ein Zusammensein des Īmān… der Gedanken und Einstellungen… der Taten… der
Gefühle und auch der materiellen Standorte.
Wieso ist der Lohn derer, die das Gebet in der Gemeinschaft beten um das
Vielfache größer? Wieso wird denen eine Strafe angedroht, die nicht auswan-
dern? Örtlich soll man auch zusammen sein, doch dies genügt nicht. Örtlich sich
bei Frommen zu befinden, aber dort Sünden zu begehen und somit spirituell von
ihnen entfernt zu sein, ist ebenfalls nicht korrekt.
„…Derjenige, der die (wahrhaftige) Auswanderung macht (hijra), ist derje-
nige, der sich von den Verboten Allāhs entfernt.“856
Ist all dies nicht aus der Perfektion dessen, dass man mit seinen Vorstellun-
gen und Gedanken, seinem Bewusstsein sich bei den Propheten, den Aufrichtigen,
den Märtyrern und Frommen befindet und befinden will? Wenn ihr es verneint,
wieso nicht? Was ist euer Beweis, dass ihr diese allgemeingültige Bedeutung des
Verses einschränkt? Wir sagen, dass diese Form des Beisammenseins sich durch
viele andere Nuṣuṣ und dem Verstand innerhalb der Bedeutung dieses Verses be-
findet. Was ist euer Beweis, dass dieser Vers mit seiner Ischara oder mit seiner da-
lala oder mit seinem iqtiḍā dies nicht beinhaltet? Oder bekommt ihr Offenbarung?
407
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Zweiter Punkt: Einige Beweise für die Rābīṭa aus der Sunna
Hier werden wir, so Allāh will, 23 Aḥādīth vorlegen, die auf die eine oder an-
dere Art und Weise mit diesem Thema zu tun haben. Sie schließen in ihrer All-
gemeinheit die Rābīṭa mit ein.
1. Ḥadīth: „Wer aus einer Sache Nutzen zieht, soll sich daran festhalten und
sich nicht davon trennen.“857
2. Ḥadīth: „Wer von einer Stelle versorgt wird, soll sich von dort nicht tren-
nen und sich daran festhalten.“858
Wenn wir sogar annehmen würden, dass Rābīṭa mubāḥ ist, so ist es etwas
mit der Millionen Muslime eine gute und segensvolle Erfahrung gemacht haben,
und die dadurch ihre spirituelle Versorgung bekamen und gemäß diesen beiden
Worten des Propheten ist das Festhalten an der Rābīṭa somit erforderlich und
sein Befehl.
3. Ḥadīth: „Wer im Islām eine schöne Sunna einführt/einen Weg öffnet, für
ihn gibt es den Lohn für diesen Weg und den Lohn derer, die ihm auf diesem Weg
folgen…“859
Eine schöne Sunna einführen, das heißt, einen schönen Weg öffnen, kann
man sich im Rahmen des Mubāḥ sicherlich vorstellen, denn der Weg des Prophe-
ten und der Gefährten ist sowieso schon vorhanden. Es kann nicht sein, dass die-
ser Weg neu eingeführt oder geöffnet wird und im Ḥarām- oder Makrūh-Bereich
kann kein neuer Weg geöffnet werden. Somit kann dies nur im Bereich des Mubāḥ
und des Erlaubten geschehen.
Wenn die Rābīṭa auch gar keinen Beweis hat, müssen all jene, welche die
Rābīṭa ablehnen und sie als ‚Schirk‘ bezeichnen, ausreichende Beweise für ihr
Verbot bringen. Solange sie dies nicht tun, müssen wir aufgrund ihres Nutzens
für so viele Menschen und ihrer positiven Auswirkungen aus dem allgemeinen
Wortlaut der Aḥādīth schließen, dass sie eine schöne Tat ist. Dies geht natür-
lich nur, wenn wir die Sunna nicht ablehnen. Somit zeigt uns dieser Ḥadīth, dass
857 Ibn Mājah, von Anas - möge Allāh mit ihm zufrieden sein. 3/10-11, #2147. Der Erläuterer des
Jāmiʿ al-Saghir, ʿAzīzī sagt: „Das heißt, wer von einem Gutes bekommt, darf sich nicht davon
trennen.“ (ʿAzīzī, 3/330)Al-Būsīrī sagte: „Im Isnād des Ḥadīth befindet sich Farwa Abū Yūnus.
Über ihn gibt es Meinungsverschiedenheit. Dies sagt al-Dhahabī in al-Kāschif. Azdī sagte: „Er
ist schwach.“, und Ibn Hibbān bezeichnete ihn als Thiqa, sicher. Hilāl b. Jubayr al-Basrī wurde
von Ibn Hibbān in seinem al-Thiqa erwähnt und sagte, dass dieser, wenn er es denn gehört hat,
von Anas überliefert hat.Ibn Ḥajar sagt in seinem al-Takrīb, dass er anerkannt ist. (Im Taḥqīq
des Zawāʾid, 299) Somit ist der Ḥadīth nach Ibn Hibbān und nach anderen ist er .
858 Bayhaqī, von Anas. ʿAzīzī sagt, der Isnād sei . 3/360
859 Abū Dāwūd al-Ṭayālisī, 670; Aḥmad b. Ḥanbal, 4/357; Ibn Abī Schayba, 3/109; Muslim, Zakāh,
1/1017; Tirmidhī, 2675; Taḥāwī, Muschkil, 243; Ibn Hibbān, 3308; Nach den Regeln Muslims ,
erwähnt bei Schuʿayb al-ʿArnawūt, Taḥqīq des al-Iḥsān .
408
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
der neu eröffnete Weg eine Tat sein kann, die guten Lohn bringt, und somit eine
ʿIbāda darstellt.
4. Ḥadīth: „Zweifellos hat Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – einige Pflich-
ten bestimmt und ihr sollt sie nicht vernachlässigen. Einige Dinge hat er als ver-
boten erklärt und ihr sollt diese meiden. Über einige Dinge hat er aus Barmher-
zigkeit für euch und nicht aus Vergesslichkeit geschwiegen, nicht erwähnt und
ihr sollt darüber nicht forschen.“860
5. Ḥadīth: „Was Allāh in seinem Buch als Ḥalāl erklärte, ist Ḥalāl. Was er
darin als Ḥarām erklärte ist Ḥarām. Worüber er schwieg, ist verziehen (mubāḥ).
Daher akzeptiert die Gnade Allāhs, denn Allāh vergisst nichts.“ Daraufhin re-
zitierte der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm: „Und dein Herr ist nicht
vergessend.“861 862
Diese beiden Aḥādīth genügen, um zu zeigen, dass die Rābīṭa, die im Qurʾān
und der Sunna des Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – weder direkt,
noch indirekt verboten wurde, gestattet ist. Diejenigen, die etwas Anderes be-
haupten, müssen, wenn sie nicht stur, irregeleitet oder unwissend sind, sich die-
sem beugen, solange sie keinen anderen ausreichenden Beweis vorlegen.
6. Ḥadīth: „Die Handlungen sind gemäß ihrer Absichten und der Mensch
bekommt nur, was er beabsichtigt…“863
Wenn es für die Erlaubnis der Rābīṭa nicht andere Hinweise geben würde,
wäre der allgemeine Wortlaut dieses Ḥadīthes mehr als ausreichend.
ʿAllāma Akkirmānī sagt: „Bräuche können durch Absichten zur ʿIbāda werden.“864
Ḥāfiẓ Badr al-Dīn al-ʿAynī überliefert von seinem Scheich Ḥāfiẓ al-ʿIrāqī: „Be-
züglich des Küssens geehrter Orte sowie der Hände und Füße der Frommen mit
der Absicht Segen zu erhalten, ist zu sagen, dass diese gemäß ihrer Absicht und
ihrem Zweck schöne und lobenswerte Handlungen sind.“865
Imām al-Birghiwī schreibt in seinem Ṭarīqa al-Muḥammadiyya und Ḥamawī
in seinem Scharḥ des Aschbāh folgendes: „Wenn mit dem Mubāḥ beabsichtigt wird
860 Ibn Rajab, Nawawī und vor ihm Abū Bakr al-Samʾānī, alle sagen . Siehe Jāmiʿ al-ʿulūm wa al-
ḥikam, 2/150Jāmiʿ al-ʿulūm wa al-ḥikams Kontrolleur sagte: „Dāraquṭnī, 4/183; Tabarānī, al-
Kabīr, 22/589; Khaṭīb, al-Faqīh wa al-Mutafaqqih, 2/9; Bayhaqī, Sunan al-Kubra, 10/12-13;
Abū Nuʿaym, al-Hilya, 9/17; Ḥākim sagte, es sei .
861 19:64
862 Bazzār und Ḥākim, von Abū Darda und zwar als Ḥākim sagte ist ṣaḥīḥ und Bazzār sagte, der sei
gesund. Ähnliches bei Abū Dāwūd, 3800; Tirmidhī, 1726; Ibn Mājah, 3367; Tabarānī, as-Saghir,
1111; al-Kabīr, 6124; Dāraquṭnī, 4/298; Bayhaqī, 10/12; und viele andere. Siehe Ibn Rajab al-
Ḥanbalī für eine genauere Untersuchung, Jāmiʿ al-ʿulūm, 2/150 – 173.
863 Bukhārī, Ṣaḥīḥ, 1
864 Akkirmānī, Scharḥ al-Ḥadīth al-Arbaīn, 14; Thanawī, Kaschschāf al-Istilahat al-Funūn, 1/113
865 ʿUmdat al-Qārī, 9/241
409
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
sich für den Gehorsam zu Allāh zu stärken oder damit den Gehorsam zu errei-
chen, werden diese Mubāḥ zur ʿIbāda. Dazu gehört Essen, Schlafen, Geld verdie-
nen und (Ḥalāl) Geschlechtsverkehr sowie anderes.“866
Ja, die Mubāḥ werden durch korrekte Absicht zur ʿIbāda.
Oh ihr, die ihr die Rābīṭa ablehnt und es gar wagt, ihre Befürworter als Mu-
schrik zu bezeichnen!
7. Ḥadīth: Ibn Masʿūd sagte: „Was die Muslime als schön erachten, wird bei
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – ebenfalls als schön erachtet.“867
Wenn eine Mubāḥ Handlung, gegen die es keine Beweise gibt, bei den Mus-
limen als schön erachtet wird, so wird dies auch bei Allāh - Erhaben und Makel-
los ist Er – als schön erachtet. Wie ist es dann wohl, wenn die vollkommendsten,
frommsten, scharfsinnigsten, besten, angesehensten und klügsten Muslime eine
Sache als schön erachten? In diesem Ḥadīth und seinen weitreichenden Bedeu-
tungen gibt es im Fiqh die Beachtung des ‚Brauches‘, und es gibt viele Urteile,
die darauf bauen. Wenn es keinen Beweis für Rābīṭa geben würde, würde dieser
Ḥadīth mehr als ausreichend sein.
Alle Handlungen sind in unserem Dīn entweder gut, schlecht oder mubāḥ.
Gute Handlungen werden durch gute Absichten gültig, bringen Lohn, sind
fortwährend in ihrem Gutsein oder sind noch besser. Durch schlechte Absichten
kommen entweder nur wenig Lohn oder gar kein Lohn, oder sie sind ungültig
oder schlecht. Gar keine Absicht zu haben macht die Handlung insgesamt ungül-
tig. Wie es beim Gebet, beim Fasten und dergleichen ist. Eine Handlung, die eine
Bedingung für eine andere Handlung ist, wird ohne Absicht nicht entlohnt – wie
es beim Wuḍūʾ und Ghusl der Fall ist.
866 Nablūsī, al-Ḥadīqa, 2/366; Sayyid Aḥmad al-Ḥamawī, Ghamzu ʿUyūn al-Basāʾir Scharḥ al-Kitāb
al-Aschbāh wa al-Naẓāir, 1/78
867 Aḥmad b. Ḥanbal, Musnad, 1/379, von ʿAbdullah b. Masʿūd, mit einem isnād, der mawqūf ist.
Wie von Sakhāwī in al-Maqāṣid (581) und ʿAjlūnī, der ihn nachahmte, in Kaschf al-Hafa be-
hauptet, irrten sich jene nicht, die sagten, es stehe im Musnad. Der Ḥadīth wurde von Ṭayālisī,
Bazzār, Tabarānī, Abū Nuʿaym und Bayhaqī überliefert. Ḥāfiẓ al-ʿAynī schreibt in seinem al-
Bināya, dass der Ḥāfiẓ Ibn ʿAbd al-Hadi sagte: „Dieser Ḥadīth wurde mit einer starkten (thiqa)
Kette überliefert von Anas. Mawqūf ist noch mehr als .“ (ʿAjlūnī, Kaschf, 2/245)Doch Ibn
Masʿūds Überlieferung ist hier nur theoretisch . Denn in Angelegenheiten, die nicht durch
Ijtihād herausfindbar sind, sind die Aussagen der Ṣaḥāba, das heißt Überlieferungen, mit der
Übereinkunft der Ḥadīthgelehrten und anderer als zu werten. (Laknawī, Zafar al-Amānī, 321)
Der Anfang des Ḥadīth lautet: „Allāh sah in die Herzen der Diener und erwählte Muḥammad
- Segen und Friede seien auf ihm – und sandte ihn als Prophet…“, und in Bezug auf Allāh gibt
es keinen Ijtihād. Das was bei den Überlieferungen die Grundannahme ist, dass sie nicht sind.
Das heißt, solange nicht dieser Anteil: „was die Muslime als gut sehen..“, als bewiesen ist, ist
sein sein sicher. Sogar wenn es durch einen schwachen Weg kam, ist der Ḥadīth mit dem
Ḥadīth von Anas, der ist, fast gesichert.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
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nicht unter den Mubāḥ-Taten. Wenn somit die Rābīṭa eine Erleichterung darstel-
len würde, um sich von satanischen Einflüsterungen zu schützen und zum Ge-
denken Allāhs sich zu sammeln, wäre es eine Tat die nicht unter mandūb ist, das
heißt, bei Allāh geliebt. Diese Erleichterungen dürfen nur nicht dazu führen, dass
man Allāh vergisst, doch lässt die Rābīṭa uns Allāh vergessen? Im Gegenteil! Die
Rābīṭa ist eine Form des Dhikr, des Gedenkens Allāhs. Wir verstehen dies aus
den Worten Allāhs und den Worten des Propheten.
Wenn man fragt: „Kann sich nicht der Satan vor demjenigen stellen, der
Rābīṭa macht?“
Dann sagen wir: „Wenn diese Person, die man sich vorstellt, wirklich ein Walī
ist, dann kommt dieser Satan nicht. Wieso? Denn die Handlung ist das Gedenken
Allāhs und der Satan flieht von Orten, in denen Allāh gedenkt wird. Der Gesandte
Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – sagte: „Wahrlich, der Satan setzt sei-
nen Schnabel auf das Herz des Sohnes Adams. Wenn er Allāhs gedenkt, flieht er.
Wenn der Sohn Adams Allāh vergisst, nimmt Satan sein Herz in seinen Mund.“869
Rābīṭa ist eine Art des Dhikr. Wenn Rābīṭa Dhikr ist, dann kann gemäß die-
sem Ḥadīth Schaytan dort nicht verweilen, solange es wirklich ein wahrhaftiger
Walī ist und dort Dhikr gemacht wird.
Jeder einzelne dieser acht Aḥādīth reicht eigentlich vollkommen aus, die Er-
laubnis für die Rābīṭa zu begründen, sogar wenn es keinen einzigen Hinweis für
und gegen sie gibt. Diese acht reichen gänzlich aus und sind sogar mehr als genug.
Einige Menschen sind in einer bestimmten Art und Weise Schlüssel und Gründe
für das Gedenken Allāhs. Diese Schlüssel zu suchen und zu finden ist etwas, was
die intelligenten Menschen sich wünschen. Der Gesandte Allāhs sprach nämlich:
9. Ḥadīth: „Die besten Diener Gottes sind jene, bei deren Anblick Allāhs ge-
denkt wird.“870
10. Ḥadīth: „Soll ich euch Bescheid geben über eure Gesegnetsten? Eure Ge-
segnetsten sind jene, bei deren Anblick Allāhs gedenkt wird.“871
11. Ḥadīth: „Eure besten sind jene, bei deren Anblick Allāhs gedenkt wird.“872
869 Abū Yaʿlā, Bayhaqī, Schuab, Ibn Abī al-Dunya, von Anas. K. Ummal, 1/418, Ḥadīth 1782; Ähnli-
ches bei al-Ḥākim al-Tirmidhī, von Anas - möge Allāh mit ihm zufrieden sein. Auch bei Ibn Abī
Schayba, ohne das es ist. Silāḥ al-Muʾmin, 60
870 Aḥmad b. Ḥanbal, Musnad, #17921, von ʿAbd al-Raḥmān b. Ghanam. Der Isnād ist gemäß
Haythamī (6/93) und Mundhirī (3/499).
871 Aḥmad b. Ḥanbal, Ibn Mājah, #4119; von Asma bint Yazīd. Musnad, #27471, Isnād ist Musnad
Aḥmad, 18/598
872 Bayhaqī, von Ibn ʿUmar. K. Ummal, 1/149, #1786
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
12. Ḥadīth: „Eure gesegnetsten sind jene, deren Anblick an das Gedenken
Allāhs erinnert.“873
13. Ḥadīth: „Wahrlich, einige Menschen sind Schlüssel für das Gedenken
Allāhs. Wenn sie gesehen werden, wird Allāh dhikr gemacht.“874
14. Ḥadīth: „Meine Freunde sind jene, bei deren Anblick Allāh dhikr gemacht
wird.“875
15. Ḥadīth: „Eure tugendhaftesten unter euch sind jene, durch deren An-
blick Allāh dhikr gemacht wird.“876
Für jeden Einsichtigen ist klar, dass, wenn der Anblick eines Walī mit den Au-
gen zum Gedenken Allāhs führt, der Anblick des Walī in der Vorstellung ebenfalls
zum Gedenken Allāhs führt. Seine Vorstellung ist sogar ein Ersatz für das Sehen
mit den Augen. Somit zeigen diese sieben Aḥādīth, dass dadurch, dass Rābīṭa ein
Mittel und Grund zum Dhikr ist, es selbst ein Dhikr darstellt.
16. Ḥadīth: „Der Anblick Sayyidunā ʿAlīs ist ʿIbāda.“877
Dieser Ḥadīth ist ṣaḥīḥ und passt sogar in die Definition einiger ʿUlamāʾ von
Mutawātir und ist somit nach ihrer Ansicht mutawātir. Nachdem Ḥākim diesen
Ḥadīth von Imrān b. Ḥusayn überliefert hat, sagt er: „Dieser Ḥadīth ist nach den
Regeln des Bukhārī und Muslim ein Ḥadīth mit einer ṣaḥīḥ-Überlieferungskette.
Die weiteren Überlieferungen von Abdullah b. Masʿūd, die diese bestärken, sind
auch ṣaḥīḥ.
Ḥākim meint mit der bestärkenden Überlieferung: „In das Gesicht ʿAlīs zu
blicken ist ʿIbāda.“878
Dhahabī sagt ohne irgendein Grund anzuführen: „Diese Überlieferung ist
mawḍū‘, seine Bestärkung jedoch ṣaḥīḥ.“879, und dies ist ein unverzeihlicher Feh-
ler und eine unwiderrufliche Sünde. Er hätte einen wissenschaftlichen akzeptab-
len Beweis dafür vorlegen müssen.
Der Ḥāfiẓ Muḥaddith Aḥmad al-Ghumārī sagt über diese Überlieferung fol-
gendes:
„Dieser Ḥadīth von ʿImrān wurde auch anderwegs überliefert:
873 Ḥākim al-Tirmidhī, von Ibn ‘‘Amr. K. Ummal, #1787
874 Tabarānī, al-Kabīr, von Ibn Masʿūd. Ibid, #1789
875 Ḥākim al-Tirmidhī, von Ibn ʿAbbās, ibid., #1783.Auch wenn sich schwäche in dem Isnād dieser
vier Aḥādīth befindet, sind sie gesammelt mindestens . So waren sogar die ersten zwei Ḥadīth
welche die gleiche Bedeutung tragen.
876 Ḥākim al-Tirmidhī, von Anas. Ibid., #1784
877 Ḥākim, al-Mustadrak, ṣaḥīḥ, 3/141
878 Ḥākim, Mustadrak, Abdullah b. Masʿūd, 3/141 - 142
879 So sehr al-Dhahabī also auch behauptet, dass der Ḥadīth: „Das Ansehen ʿAlīs ist ʿIbādah“ eine
Erfindung ist, akzeptiert er dennoch dass die Überlieferung, welche diese falsche Überliefe-
rung bestärkt, ist.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Nachdem Ghumārī erklärt, wie das Anschauen der Frommen Grund werden
kann, dass man Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – dhikr macht und nachdem
er die Worte von Ḥadīthgelehrten wie Ibn Allān al-Ṣiddīqī und anderen Gelehr-
ten zitiert, überliefert er von Ibn Kathīr folgende Geschichte über Ḥasān al-Basrī:
„Yūnus b. ʿUbayd sagte: „Wenn jemand Ḥasān al-Basrī ansah, dann zog er
Nutzen von ihm, ohne von ihm zu hören oder seine Taten zu sehen.“882
Doch wie?
Ghumārī zitiert den Muḥaddith Ibn ʿAllān wie folgt:
„Dies ist ein schöner Weg, den die Scheichs als Rābīṭa bezeichnet haben und
es bedeutet, das Angesicht des Scheichs zu sehen. Zweifellos gibt sie den Nutzen,
den der Dhikr einem gibt und ist für jene, die ihre Regeln und Bedingungen ken-
nen sogar noch wirkungsvoller. Sie kann nur an einen vollkommenen, dahin ge-
wordenen (fānī) und mit den Entschleierungen der Lichter des Wesens Gottes
erleuchteten Scheich gemacht werden. Die Erziehung der Gefährten durch den
Propheten geschah auf diese Weise. Durch das Sehen seiner erleuchteten Person
alleine war für sie Askese und Anstrengung unnötig. Sie zogen mehr Nutzen aus
dem Sehen seiner Person als aus dem vielen Dhikr und daher gleicht keine Stufe
einer Gruppe der Stufe der Prophetengefährten…“883
Der Imām der Ḥadīthgelehrten, Ḥāfiẓ Abū al-Faraj Ibn al-Jawzī überliefert
von Sayyidunā ʿAbdullah Ibn ʿAbbās mit einer von sich selbst ausgehenden Über-
lieferungskette, dass dieser sagte: „Einen Mann anzusehen, der zu den Leuten
der Sunna gehört (Ahl al-Sunna), der zur Sunna ruft und von der Bidʿa fernhält,
ist ʿIbāda.“884
1. Ḥadīth: „Fünf Sachen sind ʿIbāda: …und das Schauen in das Gesicht eines
Gelehrten.“
( ) Wa an-naẓaru fī wajhil ʿālimi – diesen Ausdruck wollen
wir uns genau ansehen. Naẓar bedeutet, nachdenkend, überlegend, lernend zu
schauen.885
Ist es etwa schlimm, wenn derjenige, der es verpasst hat mit seinen leibli-
chen Augen zu blicken, mit seinen Herzensaugen schaut?
2. Ḥadīth: „Ich schwöre auf Allāh, in dessen Macht sich meine Seele befin-
det, dass, wenn ihr fortwährend im Gedenken und im Zustand wäret, in dem ihr
882 Ibid., 220
883 Ibid., 220
884 Ibn al-Jawzi, Talbīs al-Iblis, 16
885 Naẓar bedeutet, etwas anzusehen und nachzudenken. – Übersetzung des Sihah von Wankulī,
Eintrag NZR
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
seid, dann würden euch die Engel in euren Betten und auf der Straße die Hand
reichen und drücken…“886
Sich ständig in dem Zustand zu befinden, in dem man sich in der Gegenwart
des Gesandten Allāhs befindet und im ständigen Gedenken Allāhs zu sein… Die
Leute des Wissens und jeder einsichtige Mensch wird akzeptieren, dass die Rābīṭa
nichts Anderes verfolgt als diesen Zustand und diese Wohltat zu erreichen. Im
Ḥadīth heißt es wa dhikrī, und die Konjunktion, das Bindewort wa in diesem Fall
ist ein atf al-tafsīr887, das heißt, ein erklärender Zusatz. Das heißt, der Prophet
sagt hier: „Wenn ihr euch in dem Zustand befinden würdet, den ihr in meiner Ge-
genwart habt, nämlich der Zustand des Andauernden Dhikrs…“, das heißt, beim
Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – zu sein, führt zu einem Zustand
des andauernden Gedenkens.
Wenn man also mit einem vollkommenen Awliyāʾ mit Gedanken, Gefühlen
und Seele ist, dann ist dies ebenfalls ein Gedenken, und eine Rābīṭa, die ein sol-
ches Dhikr fördert, ist der Grund, der Anfang, die Einführung zum Dhikr und ist
somit ebenfalls metaphorisch auch als Dhikr zu bezeichnen.
3. Ḥadīth: „ʿAbdullah Ibn ʿAbbās sagt in der Erläuterung des Qurʾānverses:
„…hätte Yūsuf nicht ein Zeichen von seinem Herrn gesehen…“888: „Yaʿqūb - Friede
auf ihm – zeigte sich ihm und schlug ihm auf die Brust, und die Leidenschaft floss
aus seinen Fingern (aus seinem Körper) heraus.“889
Dass Yaʿqūb - Friede auf ihm – sich Yūsuf - Friede auf ihm – von einer weiten
Entfernung zeigt und sich dort manifestiert, ist gemäß Ḥākim, Dhahabī, Suyūṭī
und anderen großen Ḥadīthgelehrten ṣaḥīḥ und so bleibt den Unwissenden hierin
kein Sprachrecht.890
Was sagt wohl der Gründer eines Madhhab und der Imām der Qurʾānerläuterer,
Imām Ibn Jarīr al-Ṭabarī dazu? Das ist doch hier wichtig oder nicht? Ja, er hat in
seinem Tafsīr für die Erläuterung dieses Verses auf diese Art eine Überlieferung
mit seinem eigenen Isnād, dann die von Ḥākim und dann weitere vierzig mit an-
deren Überlieferungsketten aufgenommen. Nachdem Ṭabarī die anderen Bedeu-
tungen des Verses auflistet, sagt er:
886 Muslim, von Hanzala b. Rubayy al-Usaydiy, Mischkāt und seine Erläuterung
887 Ibid.
888 12:24
889 Ḥākim, al-Mustadrak. Ḥākim sagt, diese Überlieferung sei nach Bukhārī und Muslim , und
Dhahabī bestätigt ihn. 2/346
890 Nicht alle Wege dieser Überlieferung sind ṣaḥīḥ, sondern nur einige. Daher sollen die Unwis-
senden nicht versuchen, die Menschen zu verwirren.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Dieser Ḥadīth zeigt uns, dass die Seelen, auch wenn es außerhalb der eige-
nen Willenskraft ist, sich in einer Art des Rābīṭa befinden. Allāh - Erhaben und
Makellos ist Er – weiß es am allerbesten, doch diese Rābīṭa zwischen den zwei
Augenbrauen und auf der Stirn haben etwas damit zu tun, dass die Seele sich der
Stirn geneigt fühlt und das erste Organ ist, mit dem es eine Verbindung aufbaut...
5. Ḥadīth: „Soll ich euch über eure Gesegnetsten Bescheid geben? Sie sind
jene, die, wenn sie gesehen werden, Allāh dhikr gemacht wird.“894
6. Ḥadīth: (Dies ist ein Ḥadīth Qudsī): „Allāh - Erhaben und Makellos ist
Er – sagt: „…denn von meinen Dienern sind die Awliyāʾ, meine erwählten Diener
jene, an die während des Gedenkens Meiner gedacht wird (, wenn mir dhikr ge-
macht wird, wird ihnen dhikr gemacht) und mit dem Gedenken ihrer wird mei-
ner gedacht.“895
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einstufen. Aḥmad b. Ḥanbals Haltung ihm gegenüber bestärkt dies. Wir werden
dies im vierten Punkt weiter erläutern. Die Aussagen aller Menschen außer de-
nen des Propheten sind nur dann als eindeutige Beweise anzuerkennen, wenn
keine Meinungsverschiedenheit über den Inhalt der Aussage bekannt ist.
4. Gemäß der korrekten Ansicht bedeutet die Aufnahme eines Ḥadīth durch
Aḥmad b. Ḥanbal in sein Musnad, dass dieser Ḥadīth für ihn ein Beweis ist. Denn
Ibn Taymiyya sagt folgendes: „Welche Überlieferung Imām Aḥmad b. Ḥanbal in
seinem Sunan oder seinen Werken brachte, welche er als ṣaḥīḥ oder ḥasan be-
zeichnete oder von deren Überlieferungskette er zufrieden war oder, über die
er schwieg oder, die er in sein Buch aufnahm und nicht eine Fatwā gegen diese
Überlieferung sprach, wird als der Madhhab des Imām Aḥmad erachtet. Es wurde
auch gesagt, dies sei nicht sein Madhhab.“898 Das ‚es wurde auch gesagt‘ weist auf
ein schwaches Urteil hin.
Der Ḥadīth wurde von Aḥmad b. Ḥanbal überliefert. Er sagte nicht, ob es
ṣaḥīḥ oder ḥasan ist und, ob er mit der Überlieferungskette zufrieden ist, doch
er lehnte den Ḥadīth nicht ab, nahm ihn in seine Bücher auf und gab auch keine
Fatwā, die dagegen spricht. Somit ist dieser Ḥadīth also sein Madhhab und, dass
er einen Ḥadīth nimmt und ihn in ein Werk des Ḥadīth einfügt und dann diesem
nicht widerspricht, ist ein offensichtliches Zeichen dafür.
Somit ist dieser Ḥadīth ḥasān li dhatihi, also ḥasan durch sich selbst, oder im
schlechtesten Fall ḥasan li ghayrihi, ḥasan aufgrund äußerer Einwirkungen. Somit
ist dies für die Mehrheit ein Beweis. Und Allāh weiß es am besten.
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Ijmāʿ darüber haben und, dass dies ausreicht für jene, die an sie glauben und ih-
ren Weg gehen.
Hinzu kommt noch, dass es einen schweigenden Konsens von Seiten der Ge-
lehrten über die Erlaubnis der Rābīṭa gibt. Denn keiner hat gegen diese Hand-
lung, welche in ihrer Zeit verbreitet und bekannt war, etwas gesagt. Wer etwas
Anderes behauptet, muss die Beweise vorlegen. Es gibt im Gegenteil sogar klare
Aussagen von Gelehrten, dass die Rābīṭa erlaubt ist. Wir haben schon etliche Be-
weise aufgezählt, während für die einsichtigen und jene, die Respekt vor dem
Wissen haben, nur ein einziger genügen würde.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
4. Qiyās: Da in den Büchern über die Beschreibung des Propheten die Über-
lieferungen festgehalten wurden, damit eine Vorstellung möglich ist, und dadurch
Liebe und Gefolgschaft zustande kommt und dies als schön erachtet wurde und
gepflegt wurde, ist auch die Rābīṭa in Ordnung, welche die gleichen Ziele hat. So-
mit ist die Rābīṭa auch schön und gut.
5. Qiyās: Wie man aus vielen Aḥādīth verstehen kann, sind die Dinge, für de-
ren Verbot und Erlaubnis es keine Beweise gibt und die mehrheitlich Gutes brin-
gen, gemäß der Ansicht der Gelehrten erlaubt und gut. Die Rābīṭa, wenn wir an-
nehmen, es gäbe keine Gegenbeweise oder befürwortende Aussagen, hat durch
die Erfahrung vieler frommer Menschen für viele Menschen einen großen Nut-
zen hervorgebracht. Somit ist die Rābīṭa aufgrund dieser Regel für viele Gelehrte
erlaubt.
6. Qiyās: Was die große Anzahl der Mujtahidūn aus dem Qurʾān und den
Aḥādīth verstanden haben, ist, dass die Angelegenheiten, bei denen es keine Be-
weise für ihr Verbot oder ihren Schaden gibt, mubāḥ sind. Da niemand einen ein-
zigen Hinweis für das Verbot der Rābīṭa bringen kann, außer den Einflüsterungen
seines Nafs und seine eigenen Gedanken und Neigungen, welche keine Beweise
darstellen, ist die Rābīṭa mindestens mubāḥ. Und die Mubāḥ-Tat wird mit richti-
ger Absicht eine ʿIbāda. Somit ist die Rābīṭa mit guten Absichten, Zielen und da-
durch, dass sie zu Gutem führt, eine ʿIbāda. Wir könnten noch über dreißig wei-
tere Qiyās erwähnen. Doch wir sehen keine Notwendigkeit das Thema in der
Hinsicht zu verlängern. Somit ist die Rābīṭa mit Ijmāʿ und Qiyās erlaubt und es
ist eine Handlung die sogar in der Sunna fußt. Etwas Anderes zu behaupten ist
entweder Unwissenheit, Unachtsamkeit, Irreführung, mangelnde Rechtleitung
oder Hinterhältigkeit. Und von Allāh wünschen wir uns den Erfolg.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Einwand: ʿAbd al-Qādir Jīlānī ist sowieso ein Mann des Taṣawwuf und seine
Worte sind in diesem Bezug nicht akzeptabel, wenn sie die Scharīʿa überschrei-
ten und missachten.
Antwort: Muss man wirklich daran erinnern, dass Scheich ʿAbd al-Qādir al-
Jīlānī auch ein Meister der Scharīʿa war? Wie Ibn al-ʿImād, Ibn Samʿānī und Ibn
Rajab sagen, gehörte er zu den führenden Ḥanbalī Gelehrten. Ibn Samʿānī sagte
über ihn, dass er der Imām und Scheich der Hanbalis in seiner Zeit ist, ein from-
mer Faqīh, religiös, gesegnet, mit viel Dhikr und ständig feuchten Augen. Er habe
Ḥadīth von ihm überliefert bekommen.908 Ibn al-Qayyim überliefert von ihm in
Al-Qasida al-Nūniyya.909 Er nimmt seine Worte als Beweis für sich in ʿAqīda.910
Imām Suhrawardī sagte: „Derjenige, der betet und sich im Taschahhud be-
findet, grüßt den Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – und stellt ihn
sich dabei vor.“
Imām Suhrawardi - möge Allāh barmherzig mit ihm sein - war einer der Füh-
renden der Schāfiʿī-Gelehrten. Ḥāfiẓ ʿIrāqīs Aussage nach war er einzigartig un-
ter den Gelehrten seiner Zeit. Der Imām der Schāfiʿīs in seiner Zeit, Isnawī (gest.
772) sagte über ihn: „Er ist der Scheich der Ṭarīqa und die Hefe der Ḥaqīqa. Hin-
sichtlich seiner Rede, seines Wissens, Zustandes und seiner Handlungen ist er
der Imām der Zeit.“911
Imām Ghazālī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein - sagte: „Stelle dir im
Herzen die geehrte Person des Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – vor
und sage: „assalamu ʿalayka ayyuhan nabiyyu…“, und sei dir bewusst, dass die-
ser salām ihn erreichen wird und er dir mit einen vollkommenen salām antwor-
ten wird.“912
Im Gebet gebührt dies nur dem Propheten - Segen und Friede seien auf ihm.
Für die Wissenden ist der Rang des Imām al-Ghazālī nicht fremd. Er war ein Muj-
tahid.
Ibn Ḥajar al-Haytamī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – sagte: „Im Ta-
schahhud wird der Prophet direkt angesprochen. Es ist, als wäre hier ein Zeichen
dafür, dass die Schleier sich heben und ihm jene seiner Umma gezeigt werden,
die ihr Gebet verrichten, damit er Zeuge sei über ihre Verrichtung der tugend-
haftesten Tat.“913
908 Ibn al-ʿImād, Schadharat al-Dhahab, 6/231.
909 Ibn al-Qayyim, Qāsida al-Nūniyya, Subkī, al-Sayf al-Saqīl, 100.
910 Eine andere Form des Missbrauches, ohne ihn zu verstehen…
911 Isnawī, Ṭabaqāt al-Schāfiʿīyya, 1/342.
912 Ghazālī, Iḥyāʾ al-ʿulūm, 1/175.
913 Ibn Ḥajar, Scharḥ al-Ibāb.
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Ibn Ḥajar sagt in seinem Scharḥ al-Schamāil: „Ibn ʿAbbās sah im Traum den
Gesandten Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – und begab sich danach zu
einer der Mütter der Gläubigen. Sie brachte für ihn den Spiegel des Gesandten
Allāhs und in diesem Spiegel heißt es, habe er nicht sich selbst, sondern den Ge-
sandten Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – gesehen. Dies beschreibt die
in der Fachsprache der Ṣūfīs kommende „Auflösung in der Rābīṭa.“914
Bei dem Vers: „Fülle deine Ohren mit den schönen Worten und dem Inschād
(der gesungenen Lobpreisung)“, sagt er: „Denn sie (die Schönheiten) bringen im
Menschen etwas hervor wie eine Ohnmacht und eine Euphorie. Es bewegt den
Nafs in Richtung des Geliebten. Diese Leidenschaft und Bewegung in diese Rich-
tung geschieht durch die Vorstellung, durch die Präsenz des Bildes in den Gedan-
ken und das Platzieren dieser Vorstellung im Herzen und, dass diese Gedanken
den Menschen einnehmen.“915
Ibn Ḥajar ist derjenige, von dem bei den Schāfiʿīs die Fatwā genommen wird
und er war ein großer Ḥadīthgelehrter und der Faqīh seiner Zeit. Wenn die heuti-
gen Unwissenden nur 1/40 seines Wissens gehabt hätten, hätten sie gedacht sie
seien absolute Rechtsgelehrte gewesen und wären wie die vier Imame gewor-
den. Manche von ihnen denken es ja sogar ohne dieses 1/40.
ʿAllāma und Mufassir Sulaymān Jamal - möge Allāh barmherzig mit ihm sein
– sagte das Gleiche in seiner Erläuterung der Hamziyya genannt al-Futūḥāt al-
Aḥmad b. Ḥanbalīyya.916
Der Mufti Muḥammad al-Ḥadimī sagt: „Wenn während des Dhikr Ablenkun-
gen zustande kommen oder gar satanische Einflüsterungen, soll er sich das An-
gesicht des Gesandten Allāhs vorstellen oder das Angesicht seines Scheichs.“917
Der Imām und Mufassir al-Ālūsī sagte: „Für die Verscheuchung der sata-
nischen Einflüsterungen ins Herz gibt es viele Wege. Eines davon ist die so ge-
nannte Rābīṭa, die Vorstellung des Scheichs…“918 Muss man denn Imām Ālūsī
überhaupt vorstellen?
Schah Waliyullāh ad-Dahlawī sagte: „Das Dritte ist die Rābīṭa an den Scheich.
Die Bedingung der Rābīṭa ist, dass der Scheich eine starke spirituelle Zuneigungs-
kraft hat und ständig mit Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – zusammen ist.
Wenn der Murīd mit ihm ist, leert er sich vollkommen von allem Anderen als vom
Beisammensein mit ihm und erwartet das, was von seinem Scheich zu ihm kommt,
schließt seine Augen und öffnet seine spirituellen Augen und blickt zwischen die
914 Nur al-Hidāya, 54.
915 Nur al-Hidāya, 54.
916 Nur al-Hidāya, 48.
917 Al-Risāla al-ʿAlīyya.
918 Al-Fayz al-Warid.
424
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
zwei Augen seines Scheichs. Wenn ihm etwas zufließt, soll er sich mit seinem ge-
samten Herzen diesem ergeben und dies bewahren. Wenn der Scheich von ihm
fern ist, und er sich mit Liebe und Respekt dem Angesicht zuwendet, kriegt er
den Nutzen als wäre er bei seiner Sitzung.“919
Muss man den großen Schah Waliyullāh ad-Dahlawī beschreiben? Diesen
Ḥadīthgelehrten, Faqīh? Es gibt sogar welche, die ihn als Mujtahid bezeichnen.
Schah ʿAbd al-ʿAzīz ad-Dahlawī ist ein großer Ḥadīthgelehrter und Mufassir.
Er war der Sohn des Waliyullah ad-Dahlawī und der Meister der Ḥadīthgelehrten
Indiens. Er sagt: „Die Wahrheit ist, dass die Naqschibandi Ṭarīqa eine Ṭarīqa ist,
welche die Menschen am ehesten zu Allāh bringt. Auch wenn der Murīd kein Wis-
sen und Verständnis besitzt, wirkt der Scheich auf seinen Schüler aufgrund sei-
ner starken Liebe zu seinem Scheich und der Rābīṭa zu ihm. Denn die Großen
sagten schon: „Sei mit Allāh und, wenn du es nicht sein kannst, sei mit denen, die
mit Allāh sind, wie es Allāh im Qurʾān schon sagte.“ Wenn sein Scheich jemand
ist, der die menschliche Vollkommenheit erreicht hat, gibt es in diesem Vers ein
Zeichen für die Rābīṭa.“920
Der Ḥadīthgelehrte und Faqīh ʿAbd al-Ḥaqq ad-Dahlawī sagte: „Die vierte
Ādāb des Dhikr: Wenn du mit dem Dhikr beginnst, soll dein Herz von deinem
Scheich Beistand erbitten. Wenn er dabei mit der Zunge seinen Scheich ruft, ist
dies gestattet.“921
Scheich ʿAbd al-Ḥaqq ad-Dahlawī lebte zwischen dem 9. und 10. Jahrhun-
dert der Hijra und gehört zu den führenden Ḥadīthgelehrten Indiens. Sein Scharḥ
des Mischkāt al-Maṣābīḥ, Lamaʿāt al-Tanqīḥ, wurde für die späteren Gelehr-
ten ein Beispiel und wurde in nahezu allen nachfolgenden Erläuterungen von
Ḥadīthbüchern als Referenz benutzt. Er gehört zu denen, die in Indien den Fiqh
und die Ḥadīthwissenschaft wiederbelebten und ist einer von denen, durch den die
Ketten der Ijāza gehen.922 Am Anfang war er gegen Imām al-Rabbānī Aḥmad Farūq
al-Sirhindī, zeigte jedoch Reue, als er die Wunder und Größe des Imāms sah.923
ʿAllāma Taj al-Dīn al-Hindī sagte: „Am Anfang der Sitzung muss der Murīd
sich seinen Scheich vorstellen…“924
ʿAllāma ʿAbd al-Ghanī an-Nablūsī stimmt diesen Worten in seiner Erläute-
rung des Tājiyya zu.925
919 Al-Qawl al-Jamil.
920 Er hat ihn nicht gesehen. Das ist auch ein Herzenszustand.
921 Risāla al-Dihlawī, Nur al-Hidāya, 42.
922 Kannūjī, al-Hitta, 7; Mubārakfūrī, Tuḥfat, Muqaddima, 1/41.
923 Risāla al-Dihlawi, Nur al-Hidāya, 42
924 Risāla al-Tājiyya, Nur al-Hidāya 40
925 Ibid.
425
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
426
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Imām Schaʿrānī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – zählte die Ādāb des
Dhikr auf und sagte: „Siebtens: Sich den Scheich vorzustellen und sein Aussehen
vor Augen zu führen… dies ist die stärkste Ādāb.“
Wer ihn kennt, kennt ihn. Der große Ḥadīthgelehrte und Faqīh Imām asch-
Schaʿrānī… ein Autor von so vielen besonderen und wichtigen Werken; der Brun-
nen des Wissens und der Gotteserkenntnis in seiner Zeit.
Dann der Imām Schah al-Naqschiband Muḥammad al-Bukhārī - möge Allāh
barmherzig mit ihm sein.
ʿUbaydullāh al-Ahrar, Muḥammad al-Parisa, Imām Rabbānī, Imām Maʿsūm,
Mawlana Khālid al-Baghdādī. Diese waren hochangesehene und hochrangige Ge-
lehrte in ihrer Zeit.
Dann:
Imām al-Subkī al-Schāfiʿī928,
Imām al-Suyūṭī929,
Imām Khalil al-Mālikī930,
Imām Abū al-ʿAbbās al-Mursī931,
Ibn ʻAṭāʼullāh932,
ʿAllāma Akmal al-Dīn933,
Ḥamawī, der Erläuter des Al-Aschbāh934,
Diese und andere große Gelehrten sagten, dass die Awliyāʾ in verschiedene
Formen wechseln können und, dass dies ein Wunder für sie ist.
Dann der Sayyid Scharīf al-Jurjānī: Er sagte am Ende seines Scharḥ al-Mawāqif
und am Anfang des Scharḥ al-Matali,935 dass die Awliyāʾ nach ihrem Tod ihren Schü-
lern erscheinen können und sie von ihrem Angesicht Nutzen ziehen können.“936
Der Hadithgelehrte Khalil Aḥmad b. Ḥanbal al-Sahranfūrī. Er sagt in seiner
Erläuterung des Abū Dāwūd, dass der schon oben erwähnte Ḥadīth ein Zeichen
für Rābīṭa ist.937
928 Suyūṭī, al-Munjalī, Mawlana Khālid, Risāla al-Rābīṭa.
929 Mawlana Khālid, Risāla al-Rābīṭa, Suyūṭī, al-Munjalī.
930 Ibid.
931 Ibid.
932 Ibid.
933 Scharḥ al-Maschāriq, Tanwīr al-Khalaq, Mawlana Khālid, Risāla al-Rābīṭa.
934 Nafahat al-Qurb, M. Khālid, Nur al-Hidāya, 53
935 Scharḥ al-Matāli, 5.
936 Nur al-Hidāya, 55.
937 Bazl al-Majhūd, 17/115
427
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Ibn al-Qayyim sagte, dass die Seele sich in den höchsten Höhen befindet,
wenn sie noch mit dem Körper verbunden ist, und zwar so sehr, dass, wenn der
Besitzer dem Körper salām gibt, die Seele dies vernimmt.938
Ibn Taymiyya sagt in seinem Majmūʿ al-Fatāwā:
„Was das Besagte939 stärker verdeutlicht, ist die Tatsache, dass der Liebende
angezogen wird und der Geliebte es ist, der anzieht. Wer etwas liebt, wird von
dieser Sache - je nach ihrer Anziehungskraft – angezogen. Wenn jemand ein Bild
liebt, so zieht ihn dieses Bild - je nach der Anziehungskraft (des Geliebten) - zu
dem Geliebten, den das Bild darstellt und der tatsächlich existiert. Der Liebende
ist der Handelnde und der Geliebte ist der Bezweckte und beide haben einen Ein-
fluss auf die Existenz des Anderen. Der Geliebte zieht den Liebenden aufgrund
der Vorstellung des Bildes, welches der Liebende über den Geliebten in seinem
Herzen hat, zu sich. Dieses Bild zieht ihn (zum Geliebten), weil er sich zu diesem
Bild hingezogen fühlt. Genauso wie der Mensch zu dem Essen gezogen wird, da-
mit er es isst, zu einer Frau, damit er mit ihr verkehrt oder zu einem Freund, da-
mit er ihm Gesellschaft leistet. Und auch genauso werden die Herzen derer, die
Allāh und sein Prophet lieben, zu Allāh und seinem Propheten und den From-
men unter den Dienern Allāhs gezogen, da Allāh Attribute besitzt, wegen denen
ihm die Liebe und die Anbetung gebührt.
Ja, man darf sogar keine einzige Existenz wegen ihrer selbst lieben, außer
[und nur] für Allāh - Erhaben und Makellos ist Er. Alle geliebten Dinge in dieser
Welt darf man nur für etwas Anderes lieben, aber nicht ihretwegen. Der Herr -
Erhaben und Makellos ist Er - ist der Einzige, den man für ihn selbst lieben soll
und das ist eine Eigenschaft der Göttlichkeit.
„Gäbe es in beiden (Himmel und Erde) Gottheiten außer Allāh, gewiss wä-
ren beide verdorben.“ (21:22) Die Liebe zu einer Sache für sie selbst ist Beigesel-
lung (Schirk). Nur Allāh wird um seines Selbst willen geliebt, weil diese Art der
Liebe eine Besonderheit der Göttlichkeit ist. Nur Allāh allein gebührt diese Art
der Liebe. Alle anderen geliebten Sachen, wenn man sie nicht für Allāh oder we-
gen einer Sache, die man hinter dieser Liebe bezweckt, liebt, dann ist diese Liebe
verdorben (falsch).
Man liebt die Propheten und die Rechtschaffenen wegen der Liebe zu Allāh.
Es gehört zu der Perfektion der Liebe zu Allah, das zu lieben, was Er liebt. Und
Allah liebt die Propheten und die Rechtschaffenen und Er liebt die guten Taten.
Dass man sie für Allāh liebt, ist eine Perfektion der Liebe zu Ihm. Was die Liebe
938 Ibn Qayyim, al-Ruḥ.
939 Im vorigen Kapitel hat der Scheich u.A. über die Liebe für Allāh und die Verabscheuung für
Allāh erzählt und in dem vorliegenden Abschnitt erklärt er die Liebe für Allāh ausführlicher.
428
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
neben Ihm betrifft, so ist es die Liebe der Polytheisten (Muschrikin), welche ihre
Götter wie Allāh lieben.
Wenn das Geschöpf für Allāh liebt, dann ist diese Liebe eine Anziehungskraft
zu der Liebe zu Allah. Wenn zwei Männer sich für Allah lieben und nur dafür zu-
sammen kommen und nur dafür sich verabschieden, so wird jeder von den bei-
den den anderen zu der Liebe Allāhs ziehen. Wie Allāh (in dem Ḥadīth al-Qudsi)
sagt: „Meine Liebe steht denjenigen zu, welche sich um meiner Willen gegenseitig
lieben. Meine Liebe steht denjenigen zu, die sich wegen meiner Liebe zusammen-
treffen und meine Liebe steht denjenigen zu, die sich wegen mir gegenseitig helfen.
Allāh hat wahrlich Diener, welche weder Propheten noch Märtyrer sind, welche von
den Propheten und Märtyrer beneidet werden, da sie nah zu Allāh sind. Es sind die
Leute, die wegen Allāhs Gnade sich geliebt haben, ohne Interesse an Geld oder, dass
sie Verwandte wären. Ihre Gesichter leuchten und sie sind auf Lichtstühle. Sie be-
kommen keine Angst, wenn die Leute Angst haben werden und werden nicht trau-
rig, wenn die Menschen traurig werden.“940
Wenn man eine Person für Allāh liebt, so ist der tatsächliche Geliebte Allāh
selbst. So immer wenn du sein Bild [dieser Person] in deinem Herzen dir vor-
stellst, so stellst du dir den Geliebten Allāhs vor und so liebst du ihn und dadurch
steigert sich deine Liebe zu Allāh. Genauso wenn du den Gesandten oder die frü-
heren Propheten und Gesandten und ihre rechtschaffenen Gefährten erwähnst
und sie in deinem Herzen dir vorstellst, so zieht so etwas dein Herz zu der Liebe
Allāhs, welcher ihnen diese Gaben schenkte und welcher durch sie Seine Gaben
gibt, wenn du sie für Allāh liebst.“
Der ʿAllāma al-Ḥalabī al-Schāfiʿī sagt in seiner Erläuterung des Bukhārī: „So
wie Schaytan nicht die Form des Propheten annehmen kann, kann er auch die
Form eines vollkommenen Walīs nicht annehmen.“
Ibrāhīm al-Dusūqī,
ʿAzīz Maḥmūd al-Uskudarī al-Hudāī,
ʿArīf Muṣṭafā al-Bakrī,
ʿAllāma Aḥmad Saʿīd Sahibzādā sagte: „Das Zeichnen ist verboten und die
Vorstellung (, wenn es nichts Verbotenes enthält wie fremde Frauen/Männer) ist
eine lobenswerte Sache. Wir haben in keinem Buch das Verbot für die Vorstel-
lung gefunden. Im Gegenteil: Jedes Wissen ist an die Vorstellung gebunden. Dies
ist den Verständigen nicht verborgen. Im Moment des Dhikr das Angesicht sei-
nes Scheichs sich vorzustellen, beinhaltet die Weisheit des Dhikrs selbst, denn
940 Imām Aḥmad und Imām Tirmidhī. Ṣaḥīḥ gemäß Tirmidhī.
429
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
derjenige, der ihm Dhikr macht, ist bei ihm und lässt ihn nicht einen Moment von
Allāh unbewusst sein.941
Imām Taj ad-Dīn al-Schadhilī,
der Autor des Nur al-Hidāya, ʿAllāma Muḥammad Asʾad Ṣāḥibzādā,
Sayyid Muḥammad Effendi,942
Sayyid Muḥammad ʿAlā al-Dīn,943
Scheich Yūsuf Muḥammad al-Jazmāwī al-Ḥanafī,944
Scheich Muḥammad Najdī al-Azharī al-Schāfiʿī,
ʿAllāma Scheich Aḥmad b. Ḥanbal al-Rifāʿī al-Mālikī al-Azharī945,
Scheich Muḥammad al-Mālikī,
und Imām ʿAllāma Dawsarī.
Diese letzten sechs erwähnten Gelehrten lebten mit dem Gelehrten, der Nur
al-Hidāya schrieb und sie schrieben Empfehlungen für sein Buch, in dem er die
Rābīṭa beschreibt und verteidigt. Und noch viele mehr. Wer sind diejenigen, wel-
che die Rābīṭa ablehnen im Vergleich zu diesen?
Antwort:
Auch die Bittgebete und die Niederwerfung der Buddhisten und anderer Re-
ligionen ähnelt den Praktiken des Islāms. Wollt ihr Unwissenden nun etwa be-
haupten, der Islām habe diese von dort übernommen?! Gebet, Fasten, die Um-
rundung der Kaʿba, das Ausschenken von Wasser für das Wohlgefallen Allāhs,
die Beschneidung, die Heirat und viele andere Taten gleichen mit Ausnahmen
und kleinen Abweichungen den Taten der Juden, Christen und sogar der Götzen-
diener! Wollt ihr nun etwa behaupten, dass diese Taten von denen übernommen
wurden?! Was für ein Irrtum, welch Idiotie! Die Götzendiener der heutigen Zeit
umrunden ihre Götzenstatuen. Sollen wir deswegen aufhören die Kaʿba zu um-
runden? Weil der Glaube an Allāh, die Engel, die Bücher, die Propheten und den
941 Fawaid al-Zabita.
942 War der Großmufti in Damaskus.
943 Der Sohn des großen Ibn ʿĀbidīn, der vervollständiger des Radd al-Muḥtar.
944 Einer von den Gelehrten al-Azhars.
945 Nicht der große Walī Aḥmad al-Rufāʿī.
430
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Jüngsten Tag dem Glauben der Juden und Christen ähnelt, sollen wir nun wohl
auch sagen, dass der Islām dies von ihnen übernommen hat?! Allāh bewahre!
Einwand:
Einen Vermittler zwischen sich und Allāh zu haben, ist Schirk. Mit der Rābīṭa
setzt man zwischen sich und Allāh einen Vermittler und somit ist Rābīṭa Schirk.
Antwort:
Nicht nur die Gelehrten, sondern die intelligenten Kinder wissen, dass nicht
jede Vermittlung oder jedes Mittel Schirk darstellt. Der Imām im Gebet, die po-
litischen Führer im Sinne des Islāms und die Regenten, die Schuyukh, die Kaʿba
selbst, diejenigen die für jemanden Duʿāʾ machen, das Bitten um Duʿāʾ, das Beten
des Totengebetes über die Verstorbenen, die Fürsprache am Tag des Gerichts und
sogar die eigenen Taten der Muslime sind alles nur Vermittler und Mittel zwi-
schen dem Diener und Allāh. Diese wurden von Allāh - Erhaben und Makellos ist
Er - und vom Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – festgelegt. Wer will
jetzt sagen, dass diese Schirk sind? Wenn er das sagen kann, kann er auch sagen,
Rābīṭa sei Schirk!
Einwand:
Der Prophet fungierte unter seinen Gefährten wie ein Scheich, denn die Ge-
fährten des Propheten bekamen ihre Dhikr-Einheiten und dergleichen direkt von
ihm. Uns erreichte aber nicht, dass der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm
– den Gefährten befahl, das vollkommenste Angesicht unter den Menschen sich
während ihres Dhikrs vorzustellen. Hätte er ihnen dies befohlen, dann hätte man
dies auch überliefert, insbesondere wenn dies eine Pflicht wäre.
Antwort:
Mit der Aussage: „dies erreichte UNS nicht“ solltet ihr nicht meinen, nur weil
es EUCH nicht erreicht hat und, weil ihr kein Wissen darüber habt, dass andere
ebenfalls kein Wissen darüber haben. Um den Rang eines Prophetengefährten
zu erreichen, ist es notwendig, dass das Angesicht des Gesandten Allāhs mit den
Augen eines Muslims gesehen wird und sich im Herzen des Muslims somit ein-
brennt oder, dass sich das Aussehen und Wesen des Propheten in die Gedanken
einbrennt. Oder bedeutet es etwa etwas Anderes? Wenn dies nicht so wäre, dann
könnten wir nicht jene, die den Propheten sahen, als Ṣaḥābī bezeichnen. Gibt es
noch Offensichtlicheres als den vom Propheten gemachten Aufruf zum Treueeid,
431
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
um zu kommen und ihn zu sehen? Wenn sich das Aussehen des Propheten ins Ge-
dächtnis brennt, wird sich derjenige, der ihn gesehen hat, ob er will oder nicht,
immer an ihn denken und ihn vor Augen halten, auch wenn er der Feind des Pro-
pheten ist. Deswegen können nur die schlimmsten Unwissenden verbieten, sich
den Propheten vorzustellen und an ihn zu denken. Eine Sache zu befehlen, wel-
che eine andere Sache zwangsläufig mit sich zieht, bedeutet, diese andere Sache
zu befehlen.
„Wenn dies eine Pflicht wäre…“, niemand behauptet, dass die Rābīṭa eine
Pflicht ist. Um der Diskussionswillen nehmen wir einmal an, dass wir keine Be-
weise für die Rābīṭa haben und keiner vor uns hat diese Rābīṭa praktiziert und
nur wir haben dies getan, weil wir darin immensen Nutzen fanden. Gibt es im
Qurʾān, der Sunna, dem Ijmāʿ und dem Qiyās ein Verbot für das Vorstellen des
Geliebten, für das Küssen seiner Hände und seiner Füße, für das Hochhalten sei-
ner Person, für das Umarmen des Geliebten, für das Denken an ihn und für die
Liebe im Herzen? Nein. Also?946
Einwand:
Ich mache meine Rābīṭa nicht an die Diener Allāhs, sondern direkt an Allāh.
Antwort:
Hinter dieser Aussage befindet sich eine Mehrzahl an Unwissenheit, Lüge
und Falschheit. Die Rābīṭa an Allāh - Erhaben und Makellos ist Er -, über die hier
geredet wird, bedeutet entweder das, was die Ṣūfīs mit Rābīṭa meinen, nämlich
sich vorzustellen und vor Augen zu bringen, oder bedeutet etwas Anderes.
1. Wenn es etwas Anderes bedeutet, dann darf man mit dieser Aussage nicht
den Leuten des Taṣawwuf widersprechen, da man von etwas anderem spricht,
andererseits würde man nur unsinniges Reden. Über Fachtermini wird nicht dis-
kutiert. Wenn dies gemeint ist, dann ist hier Unwissenheit auf der eine Falsch-
heit aufgebaut ist.
2. Wenn es aber in dem Sinne der Leute des Taṣawwuf gemeint ist, dann
kann dies in Bezug auf Allāh nicht angewandt werden, denn es heißt: „Denkt über
die Wohltaten Gottes nach, nicht über die Person Gottes.“947
3. Ansonsten spricht diese Person die Wahrheit oder er lügt. Wenn er die
Wahrheit sagt, heißt es, dass er für Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – auf-
grund der Texte einen Körper zuschreibt, womit er mit der Übereinstimmung
946 Dawsarī, Al-Raḥmā al-Hābita, Rand des Maktubāt, 1/220 - 226
947 Abu al-Scheich, Tabarānī, al-Awsat, Ibn al-ʿAdī, Bayhaqī, Schuʿab al-Īmān, von Ibn ʿUmar. Al-
Fatḥ al-Kabīr, 1/507
432
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
aller sunnitischen Gelehrten den Islām verlässt. Wenn er nicht von den Texten
ausgeht, sondern von seinem Verstand und deswegen Allāh einen Körper zu-
schreibt, ist er mit der Übereinstimmung aller sunnitischen Gelehrten ein Kāfir.
Wenn er nicht die Wahrheit spricht, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Er spricht
etwas Falsches oder er lügt absichtlich. Wenn das erste zutrifft, ist das schlecht.
Dann ist er ein zu bemitleidender unwissender Mensch und weiß nicht, was er
da gerade redet, doch es liegt ein unverzeihlicher Fehler vor. Lügt er jedoch, ist
es noch schlimmer, denn dann ist er ein Scharlatan und hat eine abscheuliche
Lüge vorgeworfen.
Kurz gesagt, man kann zu Allāh keine Rābīṭa im Sinne der Ṣūfīs machen, denn
Allāh ist kein Körper, kein Licht und gleicht seiner Schöpfung im absoluten Sinne
nicht. Man kann über Ihn auf verschiedene Arten ‚meditieren‘, doch die Rābīṭa
ist eine Hinführung und eine Vorbereitung zu dieser Art der Meditation. Diese
‚Meditation‘ geschieht nicht mit der Vorstellung Allāhs, sondern mit dem Beach-
ten und Überlegen über seine Eigenschaften, Namen, Taten und über das Licht,
die Barmherzigkeit und göttlichen Gaben, die von ihm kommen. Der Gesandte
Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – sprach: „Oh Kind! Bewahre Allāh, da-
mit Er dich bewahrt. Bewahre Allāh, damit du Ihn vor dir findest.“948
Der ʿAllāma, der Faqīh, der Muḥaddith Zafar Aḥmad al-ʿUthmānī al-Tānāwī
sagt über diesen Ḥadīth: „Dieser Ḥadīth bestätigt die Leute des Taṣawwuf und
der Ṭarīqa, welche über die Größe Allāhs ‚meditieren‘ und Allāh in ihren Herzen
bewahren.“949
Der Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – sprach auch: „Iḥsān
ist, dass du Allāh anbetest als würdest du Ihn sehen.“950
Die Rābīṭa und die ‚Meditation‘ führen den Menschen auf die Stufe des Iḥsān.
433
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Gelehrten sind unterschiedlicher Ansicht über das Bebauen der Gräber,
das Errichten von Kuppeln, Mausoleen und dergleichen.
Ḥanafī, Mālikī und Schāfiʿī sind der Ansicht, dass das Bebauen der Gräber
mit Kuppeln usw. auf Privatgrundstücken Ḥarām ist, wenn es mit der Absicht ge-
schieht damit anzugeben und zu prahlen. Wenn solche Absichten nicht vorhan-
den sind, dann ist es makrūh. Auf Grundstücken, die kein Privatbesitz sind und,
die als Friedhöfe gestiftet wurden, ist das Bebauen in beiden Fällen vollkom-
men ḥarām. Die Ḥanābila machten keinen solchen Unterschied und sehen es als
makrūh nahezu Ḥarām an.
Das Bauen einer Moschee auf einem Friedhof oder das Verrichten des Ge-
bets auf einem Friedhof ist gemäß den drei Imamen makrūh, während es für
die Ḥanbalīs Ḥarām ist.
Imām al-Schāfiʿī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – sagte in seinem
Buch al-Umm: „Ich erachte es als makrūh, dass auf einem Grab eine Moschee er-
richtet wird und, obwohl das Grab nicht geebnet ist, es geebnet wird und dar-
auf das Gebet verrichtet wird oder, dass in seine Richtung das Gebet verrichtet
wird. Wenn das Gebet verrichtet wird, dann ist es gültig, aber es wurde eine An-
standslosigkeit verrichtet.“
Imām Nawawī sagt, dass ein solcher Bau auf eigenem Grundstück makrūh
und auf Friedhöfen für die Allgemeinheit ḥarām ist.
Einige ʿUlamāʾ waren der Ansicht, dass auf die Gräber der islamischen Ge-
lehrten, Freunde Allāhs und Herrscher solche Bauten erlaubt seien.
ʿAlī al-Qārī hält fest, dass die Gelehrten der Salaf der Ansicht waren, dass es
erlaubt sei Kuppeln und Grabkammern über die Gräber der Frommen und Ge-
lehrten zu bauen für den Besuch und das Ausruhen der Menschen.951
951 Mirqāt al-Mafatih, 2/372; Ibn ʿĀbidīn, 1/237
434
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Von den Ḥanafī Fuqahāʾ sagte Ibn al-Humām, dass die bevorzugte Ansicht ist,
dass das Erbauen solcher Orte für das Hinsetzen der Menschen beim Qurʾānlesen
erlaubt und nicht makrūh ist.952
Abū al-Qāsim as-Samarkandī von den Ḥanafī Fuqahāʾ in seinem Jāmīʿ al-
Fatāwā und Imām Suyūṭī in seinem Tanwīr sagen, dass das Bebauen der Gräber
der Frommen nicht makrūh ist.
Der Faqīh Ibrāhīm al-Ḥalabī sagt am Ende seines al-Ḥalabī al-Kabīrs, dass
das Bebauen der Gräber der ʿUlamāʾ, um ihre Gräber zu bewahren, erlaubt ist.
Imām al-Schaʿrānī in seinem Mīzān al-Kubra und Ibn ʿĀbidīn am Ende seines al-
ʻUqūd al-durrīya sagen, dass das Bebauen der Gräber der Frommen für ihre Be-
wahrung erlaubt ist.953
Einige der Fuqahāʾ sahen es als Makrūh aufgrund der Aḥādīth954, die das
Schreiben auf die Gräber verbieten, auf Gräber zu schreiben. Für die Ḥanafī- und
andere Gelehrte ist es nicht kritisierbar, dass die Gräber beschriftet werden, da-
mit sie nicht verloren gehen, damit ihnen Respekt erwiesen wird, indem nicht
darüber gelaufen wird, denn trotz des Verbots im Ḥadīth ist es durch den Kon-
sens der Muslime bis heute so gekommen, dass die Gräber beschriftet werden.
Al-Ḥākim sagt, dass obwohl diese Aḥādīth ṣaḥīḥ sind, mit ihnen nicht gehandelt
wird, denn alle führenden Muslime haben auf ihren Gräbern etwas stehen und,
dass diese Sache von den vorherigen zu den nachherigen übergeben wurde und
darin ein Konsens herrscht.955
Ibn ʿĀbidīn sagt, dass diese Analyse al-Ḥākims noch fester wird, wenn man
den Ḥadīth von ʿUthmān b. Maʿdhūn bedenkt, über dessen Grab der Prophet ei-
nen großen Stein rollte. Ibn ʿĀbidīn sagt, dass gemäß dieser Tatsachen auf Grä-
ber geschrieben werden darf und, dass das Schreiben von Qurʾānversen, Gedich-
ten und Schriften, welche die Toten loben, makrūh sind.
In ad-Durr al-Mukhtār heißt es: „Weil es verboten wurde, wird die Ober-
fläche des Grabes nicht viereckig angebracht. Auf dem Grab eine Erhebung aus
Erde gleich einem Kamelhöcker anzufertigen, ist mandūb. In Az-Ẓāhīriyya heißt
es, dies sei Wājib. Ein Grab wird nicht mit Kalk bestrichen, denn dies wurde ver-
boten. Ein Grab darf nicht mit Lehm verputzt werden und auf einem Grab darf
auch kein Gebäude aufgestellt werden. Es wurde auch gesagt, dass es darin kein
Übel gibt und dies ist auch das Anerkannte, wie es in al-Sirājiyya im Kapitel der
Verbote erwähnt wird. Im erwähnten Werk heißt es im Kapitel Janāiz: „Wenn
es notwendig ist, gibt es keinen Schaden darin auf das Grab des Verstorbenen
952 Fatḥ al-Qādir, 1/473
953 Scheich al-Ghumārī, weiter unten.
954 Muslim, Janāiz, 94; Abū Dāwūd, Janāiz, 76; Tirmidhī, Janāiz, 58.
955 Al-Ḥākim, Mustadak, 1/370;
435
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
dessen Namen zu schreiben, damit die Spur des Grabes nicht verschwindet und
das Grab nicht vernichtet wird.“
Ibn ʿĀbidīn schreibt darunter in seinem Radd al-Muḥtar: „Mit ‚weil es ver-
boten wurde‘ ist die folgende Überlieferung im Buch Kitāb al-Athār des Imām
Muḥammad b. al-Ḥassān al-Schaybānī gemeint: „Uns überlieferte Abū Ḥanīfa:
„Einer unserer Lehrer überlieferte uns, dass der Prophet das Kalken der Gräber
und das viereckige Anbringen verbat.“ (Imdād) (…)
„Das heißt, wenn das Bauen eines Gebäudes auf dem Grab mit der Absicht
der Schmückung geschieht, ist es Ḥarām. Wenn es nach dem Begräbnis geschieht,
um das Grab zu festigen, ist es Makrūh. Vor dem Begräbnis ist dies sowieso kein
Grab. (Imdād) In al-Iḥkām wird von Jāmiʿ al-Fatāwā überliefert: „Es wurde gesagt,
wenn der Verstorbene von den Scheichs, Gelehrten oder Meistern ist, ist es nicht
Makrūh.“, doch dieses Urteil ist nur dann gültig, wenn der Verstorbene an einem
Ort begraben wird, der kein gestifteter Friedhof ist. Dies ist offensichtlich.“956
Was wir aus den Worten Ibn ʿĀbidīns verstehen ist, dass es nicht Makrūh ist
auf die Gräber der ʿUlamāʾ, Scheichs und Meister Gebäude zu bauen, wenn diese
an Orten begraben sind, die keine gestifteten Friedhöfe sind. Es gibt an dem Ur-
teil aus dem Jāmiʿ al-Fatāwā, welches mit ‚es wurde gesagt‘ (ein Anzeichen für
Schwäche) überliefert wurde, nichts auszusetzen von Seiten Ibn ʿĀbidīns, im Ge-
genteil, er bestätigt das Urteil und erwähnt dazu, dass dies nur auf einem Grab
auf einem nicht-gestifteten Friedhof möglich sei. Er hätte auch dem Urteil gänz-
lich widersprechen können.
Scheich ‘Abdullah al-Ṣiddīq al-Ghumārī hat ein Buch über dieses Thema ge-
schrieben, aus dem wir kleine Teile zitieren wollen:
„Das Bebauen nach der Bestattung… wenn dieses Gebäude auf eigenem Grund-
stück gebaut wurde und es keine Gefährdung durch Grabräuber, wilde Tiere und
Überflutung gibt und die Absicht das Festigen des Gebäudes ist, sowie das Sorgen
dafür, dass es lange Zeit erhalten bleibt und als Schmuck dient, dann ist dies ge-
mäß der Mehrheit der ʿUlamāʾ makrūh tanzihan. Die Mālikīs erachten dies als ein
offenkundiges Ḥarām, wenn es mit der Absicht zu prahlen geschieht. Eine andere
Gruppe der Gelehrten – wie es in Durr al-Mukhtār heißt – erachten es als vollstän-
dig erlaubt, auch wenn es mit der Absicht zu prahlen geschieht. Die Mehrheit der
Gelehrten sah die Erlaubnis daran gebunden, dass damit eine Erkennung und Ab-
sonderung dieses Grabes von anderen Gräbern geschieht. Viele waren aber auch
der Ansicht, dass das Bebauen auf gestifteten Grundstücken Ḥarām ist und, dass
die Vernichtung solcher Bauten wājib ist. Einige begrenzten die Vernichtung auf
956 Radd al-Muḥtar, 11/237ff.
436
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Bauten, die größer als die Gräber sind, doch dies ist ein Thema außerhalb des
Themas der Bebauung. Es gab auch Gelehrte, die zwischen dem Bebauen des Gra-
bes selbst und dem Bebauen des Platzes vor dem Grab unterschieden, also des
‚Hofes‘. Einige Gelehrte aus dieser Gruppe sahen jedoch dieses Bebauen als zu-
lässig, wenn dieser Bau so klein ist, dass er die notwendigsten Bedürfnisse er-
füllt, sodass er ohne eine Decke ist und seine Mauern nicht hoch sind. Die verifi-
zierenden Gelehrten der vier Rechtsschulen und andere sagten, dass es gestattet
ist, auch wenn es ein Haus ist.
Ibn Ḥazm al-Ẓāhirī sagt in seinem al-Muḥallā: „Wenn auf das Grab ein Haus
errichtet wird oder eine Säule, dann ist dies nicht Makrūh.“
Ibn Mufliḥ sagt in seinem Buch über Ḥanbalī Fiqh, al-Furū‘: „Abū ‘Abdullah
Muḥammad b. Abdullah b. Muḥammad al-Sāmarrī, der Autor des al-Mustawʾab
wa al-Muḥarrar sagte: „Es ist kein Schaden darin, dass jemand auf seinem eige-
nen Grundstück eine Kuppel, ein Haus oder einen Vorhof baut, denn in solchen
Zuständen ist dort eine Bestattung gestattet.“
Al-Khaṭṭāb sagt in seinem Mukhtaṣar, dass Ibn al-Qaṣṣār und eine Gruppe
von den Mālikī Gelehrten dieser Ansicht ist.“
„All dies gilt für die gewöhnlichen Menschen. In Bezug auf die Freunde Allāhs
und die Frommen erachtete dies eine Gruppe als erlaubt, ja sie sagte sogar, dass
dies in Bezug auf die Awliyāʾ und Frommen schön sei. Dies ist notwendig, da-
mit ihren Gräbern gegenüber Respekt erbracht wird und ihre Gräber geschützt
sind vor Erniedrigung, Ruinierung und dem Verschwinden sowie, dass der Segen
durch das Besuchen dieser Gräber nicht verloren geht. Al-ʿIzz b. ‘Abd al-Salām er-
ließ ein Rechtsgutachten, dass viele Kuppeln, Bauten und andere Dinge auf ge-
stifteten Friedhöfen Ägyptens vernichtet werden sollten. Doch er ließ Imām al-
Schāfiʿīs Grab nicht zerstören und sagte: „Dies ist, weil es auf dem Haus des ‘Abd
al-Ḥakam errichtet wurde.“ Aus diesen Worten und aus dieser Handlung verste-
hen wir, dass er es als erlaubt erachtete auf die Gräber der Personen wie Imām
Schāfiʿī Kuppeln und dergleichen zu bauen, doch sie dürfen nicht auf gestifteten
Grundstücken oder besonderem Besitz sein.
Ḥāfiẓ al-Suyūṭī jedoch erachtete die Gräber der Awliyāʾ und Frommen als
gesondert, sogar wenn sie sich auf gestifteten Grundstücken befinden und spä-
tere Schāfiʿī Gelehrte stimmten ihm hierbei zu. Er berichtete dies in seinem Buch
Badhl al-Majhūd. […Scheich al-Ghumārī zitiert Imām al-Suyūṭīs Worte, in denen
Imām al-Suyūṭī sagt, dass er früher der Ansicht war, dass die Bauten zerstört wer-
den müssen, er aber seine Ansicht geändert hat und beruft sich dabei auf Imām
Māwardī und Imām Qudūrī].
437
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„All dies gilt nur, wenn das Grab sich auf gestifteten Grundstücken befindet.
Wenn es sich aber nicht dort befindet, ist es absolut erlaubt. […] In der Erläute-
rung der Erläuterung des Qāḍī Abū Schujaʿ, Scharḥ al-Khaṭīb, von Bujayrimī heißt
es: […] „Die Gräber der Propheten, Märtyrer, Frommen und dergleichen sind eine
Ausnahme.“ […] al-Burmāwī ist gleicher Ansicht und in der Aussage ar-Raḥmānīs
heißt es: „Es ist gestattet sogar eine Kuppel auf das Grab eines Walī zu bauen, um
das Besuchen dieser Gräber zu beleben und daraus Segen zu schöpfen.“ Al-Ḥalabī
ist gleicher Ansicht und sagt: „Sogar wenn es sich auf den Straßen befindet“, und
sagt: „Scheich Ziyādī hat dies befohlen, obwohl er ein Walī ist.“
In der Erläuterung des Buches des al-Fāsī, Scharḥ al-ʿUmayr, heißt es, dass
das Bebauen der Gräber gestattet ist. […]
In Nawādir al-Uṣūl wird von Sayyida Fāṭima überliefert: Sie besuchte jedes
Jahr das Grab des Sayyidunā Ḥamza, ließ es restaurieren und reinigte es, damit
es für die Besucher nicht verloren ging.“
In den Fatāwā des Ibn al-Qaddāḥ […], im Scharḥ des al-ʿAmal al-Fāsī, Scharḥ
al-Sijilmāsī […] von Ibn al-Qaṣṣār […] heißt es, dass es gestattet ist auf den Grä-
bern der Awliyāʾ und frommen Kuppeln und Gebäude zu errichten.
In der Erläuterung der Werke des al-Jasūs heißt es: „Es ist makrūh auf die
Gräber zu bauen und manchmal ist es Ḥarām und manchmal ist es gestattet, wenn
es zur Absonderung geschieht. Eine Ausnahme sind die Gräber der Gelehrten und
Frommen. Es ist mandūb, dass auf ihre Gräber gebaut wird, damit die Menschen
Nutzen finden durch den Besuch ihrer Gräber. Dies ist der Brauch der Menschen
in Ost und West und ist bis heute zu uns gekommen.“
Imām al-Tūrbuschtī al-Ḥanafī schreibt in seiner Erläuterung des al-Maṣābīḥ:
„Die Salaf waren der Ansicht, dass das Bebauen der Gräber der berühmten Scheichs
und Gelehrten, damit die Menschen sie besuchen und sich dort ausruhen kön-
nen, mubāḥ ist.“
Das Gleiche wird auch im Scharḥ des Maṣābīḥ des Zain al-ʿArabs gesagt. […]
ʿAllāma ʿAlī b. Aḥmad al-Ḥaddād sagt in seinem Buch Misbāḥ al-Anām: „Wer
urteilt, dass die Bewohner eines Landes, in denen sich Kuppeln und Mausoleen be-
finden, kuffār sind und diese Bauten Götzen sind, erklärt die Muslime seit Urzeiten
als Kuffār und auch ihre großen Gelehrten und Frommen und widerspricht dem
schweigenden Ijmāʿ der Frommen und der Propheten, der seit langer Zeit besteht.“
Imām Ibn Mufliḥ, der Schüler des Ibn Taymiyya, schreibt in seinem Buch al-
Fusul: „Auf die Erde, das heißt auf das Grab, eine Kuppel oder ein Hof zu bauen
ist jemandem freigestellt, wenn es sein Besitz ist. Ist es jedoch unnütz auf der
438
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Straße zu bauen, wird es als makrūh erachtet, weil es die Straße beengt und es
dem eigentlichen Gebrauchsgrund widerspricht.“ […]
Ibn Mufliḥs Worte: „es unnütz zu bauen“, ist ein Zeichen dafür, dass der Be-
wohner des Grabes kein Gelehrter oder Walī ist, denn die Gräber dieser beiden
dürfen besucht werden wie die Gräber der Propheten, möge der Frieden Allāhs
auf allen sein.“
[Ende der Worte des Scheich ‘Abdullah al-Ghumārī, für mehr siehe: Iḥyāʾ al-
Maqbūr min adillat Jawāz binā’ al-masājid ‘alā al-Qubūr]
439
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ANHANG I
d
440
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Ich erinnere mich daran, wie ich, als ich in Syrien studierte, Scheich [Sa‘īd]
Ramaḍān al-Būṭī während einer seiner Vorträge959 über Riyāḍ al-ṣālīhīn [Gärten
der Tugendhaften] sagen hörte, dass im Jahre 1972 in den USA eine Konferenz
abgehalten wurde, die sich Strategie des Kampfes gegen den Islam nannte, des-
sen Ergebnis in sieben Beschlüssen resultierte. Eines davon besagte:
Heutzutage müssen wir den Islam eher verdeckt bekämpfen als öffentlich.
Die Geschichte lehrte den Feinden des Islam, dass offene Konflikte nutzlos
sind, da alle offenen Angriffe auf die Muslime abgewehrt wurden. Die Ereignisse
zu Zeiten Salāḥ al-Dīn al-Ayyūbīs960 (raḥimahullāh) und anderer großer Muslime
zeigt dies deutlich. Ein Beispiel aus unserer Zeit ist der Kampf des irakischen Vol-
kes, das diejenigen bekämpft, die durch einen offenen Krieg in ihr Land einmar-
schiert sind und damit einen großen Fehler begingen.
Die Feinde dachten, es wäre der rechte Zeitpunkt gewesen, in das Land ein-
zumarschieren, aber es stellte sich heraus, dass die Muslime ihre Religion kann-
ten und verstanden. Deswegen erkennt jetzt die Supermacht, die überall auf
der Welt gefürchtet ist, ihren Fehler.
Und wir sollen mit unseren Gesichtern verdeckt kämpfen.
Es geht darum, zu verheimlichen, wer gegen den Islam kämpft.
Und unsere Pläne müssen verdeckt bleiben.
In anderen Worten: Wir müssen unsere Pläne unter dem Deckmantel Tole-
ranz, Demokratie, Islamfreundlichkeit und Respekt verbergen. Währenddessen
werden wir ihn im Geheimen von innen heraus bekämpfen.
Und diejenigen, die gegen den Islam kämpfen, müssen sich integrieren.
Das bedeutet, dass diese Leute vorgeben werden, Muslime zu sein, dem Ed-
len Qur’an, der Sunna des Propheten - Segen und Friede seien auf ihm - und ei-
nigen Gelehrten unseres islamischen Erbes zu folgen.
Wenn dies das Tragen eines dicken Bartes, eines Turbans und islamischer Klei-
dung erfordert, dann tut es.
959 Part 510 der Tonband-Vorträge
960 Der König von Syrien und Ägypten Salāḥ al-Dīn al-Ayyūbī, der im 12ten Jahrhundert lebte,
war einer der Helden des Islams, der die muslimische Umma vereinigte, welche von da an
begann, ihre Würde und Ehre wiederzuerlangen. Die Muslime verdanken ihm den Sieg in der
Schlacht bei Hattin, was zur Wiedereroberung von al-Quds (Jerusalem) aus den Händen der
Kreuzritter führte. Geplagt von Schmerzen, führte er seine Truppen dennoch zum linken und
rechten Flügel und in die Mitte, von früh am Morgen bis hin zum Mittagsgebet und wieder von
Nachmittag bis Sonnenuntergang, stets zu Ross. Er war ein großer Sultan, jedoch hinterließ er
weder Paläste noch Schätze, weder Gärten noch Pferde - all sein Vermögen wurde für wohltä-
tige Zwecke gespendet. (Möge Allah zufrieden mit ihm sein.)
441
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Wir sollten beachten, dass diejenigen, die sich gegen den Islām gestellt haben,
an dem Teile- und-Herrsche Prinzip festhalten. Den Großteil der islamischen Ge-
schichte hindurch findet man kaum ernsthafte Spaltung. Wir hatten unsere
‘Aqīda (Glauben), unser islamisches Recht (Scharī‘a) und Iḥsān (oder Ṭarīqa961,
oder Tazkiyyat al-Nafs962 - wie auch immer man es nennt, ihr Wesen ist dasselbe).
Die Mujtahid-Imāme (Juristen) liebten einander genauso wie die Imāme in der
‘Aqīda und anderen islamischen Wissenschaften einander liebten. Sie waren wie
eine große Familie, die sich gegenseitig respektierte. Wie kann man solch eine
Familie erobern? Nur, indem man sie spaltet.
Jene, die die Muslime spalten wollen, haben ein nützliches Hilfsmittel ge-
funden - muslimische Geschwister des Unglaubens zu beschuldigen. Mit nichts
lässt sich so gut Spaltung erzeugen wie durch das Für-Rechtmäßig-Erklären des
Vergießens muslimischen Blutes. Die, die diese Praktik einführten, stellten sich
zwischen die Offenbarung und die Muslime und rissen sie von den islamischen
Gelehrten fort, die die Religion schützten, indem sie sich an die ersten Genera-
tionen klammerten. Wie dies zur Spaltung beiträgt?
Ganz einfach - mit einer des Schäfers beraubten Schafsherde kann man ma-
chen, was man will.
Geführt von der Furcht, dafür zu sorgen, dass ein Gläubiger sein Vermögen
und Leben verliert, haben die Gelehrten es stets vermieden, einem Muslim Un-
glaube vorzuwerfen. Wir lernen vom Ḥadīth unseres geliebten Propheten - Se-
gen und Friede seien auf ihm -, dass wir Dinge, die dem Leben und der Gesund-
heit eines Muslims schaden können, meiden sollten.
Am Jüngsten Tag wird man uns nicht fragen, wieso wir es unterlassen ha-
ben, jemanden als Ungläubigen bezeichnet zu haben. Außerdem gibt es keinen
vorgeschriebenen Aufruf, der wiederholt werden soll: Du bist ein Ungläubiger, du
bist ein Ungläubiger. Eher sollte man Allah, Allah sagen- so sagte es Scheich Sa‘īd
Ramaḍān al-Būṭī, als er diesen Vortrag hielt.
In seinem Tabaqāt schreibt Imām al-Scha’rānī - möge Allāh barmherzig mit
ihm sein - (S.13):
„Einmal fragte man Scheich al-Islām Taqī al-Dīn al-Subkī: „Ist es notwen-
dig, jene zu Kuffar zu erklären, die Erneuerungen befürworten und, die einige
(mutaschabbiḥ - mehrdeutige) Verse des Qur’an falsch interpretieren?“
Er antwortete: „Ihr sollt wissen, dass es für diejenigen, die Allāh fürchten,
sehr schwierig sein wird, irgendjemanden des Unglaubens zu bezichtigen, der
sagt: ‚Es gibt keinen Gott außer Allah und Muhammad ist sein Gesandter.“
961 Ṭarīqa bedeutet hier Tasawwuf
962 Reinigung der Seele
442
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Einen Muslim des Unglaubens zu bezichtigen ist eine gefährliche Sache. Es ist
so, als würde man sagen: „Du wirst für immer im Höllenfeuer bleiben; Man darf
dein Blut vergießen und dich deines Vermögens berauben und du darfst keinen
Muslim heiraten und die Grundsätze des heiligen Gesetzes bezüglich dieser und
der nächsten Welt gelten nicht für dich.“
Tausende nicht als Ungläubige zu bezeichnen und falsch zu liegen, ist bes-
ser, als fälschlicherweise einen einzigen Tropfen muslimischen Blutes zu vergie-
ßen. Es gibt einen Hadīth: „Ich mag es eher, wenn ein Imām jemanden irrtümlich
entschuldigt, als wenn er ihn irrtümlich beschuldigt.“
Zum Beispiel spricht ein Richter (Qāḍī) einen schuldigen Mann fälschlicher-
weise frei. Das ist viel besser, als einen Unschuldigen zu verurteilen, sein Blut zu
vergießen und andere Regelungen der Scharī‘a auf ihn anzuwenden.
Weiterhin sagt Imām al-Subkī:
„Die Regeln des Takfīr sind eine sehr komplexe Angelegenheit - eine Ange-
legenheit von wenig Klarheit und viel Zweifel. Dafür gibt es viele Richtli-
nien und Bedingungen. An erster Stelle benötigt man eine gute Beherrschung der
arabischen Sprache, einschließlich der Dialekte und dessen Ausdrucksformen in
wörtlicher und metaphorischer Form und man muss die Feinheiten in der Wis-
senschaft des Tawḥīd und seine komplexen Gesichtspunkte kennen. Obendrein
muss man sich auf vielen anderen Gebieten zurechtfinden können. All dies ist für
die heutigen großen Gelehrten kaum zu erreichen, geschweige denn für das ge-
wöhnliche Volk. Wie wollen diese Leute die Religion vor gefährlichen Worten an-
derer schützen, wenn sie ihre eigene Zunge nicht vor Worten bewahren können,
die ihren eigenen Glauben gefährden? Uns bleibt nichts weiter übrig als das Ur-
teil des Takfīr für diejenigen aufzuheben, die beide Zeugnisse des Glaubens ab-
gelehnt haben - beide Teile der Schahāda - und letztlich den Islam verlassen ha-
ben. Jedoch ist dies unüblich.“
Die Worte Imām al-Subkīs zeigen, dass nur ignorante Menschen und solche, die
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - nicht fürchten, bedenkenlos andere Muslime
zu Ungläubigen und das Vergießen ihres Blutes für rechtmäßig erklären würden.
Wir sollten wissen, dass, wenn Takfīr zu etwas Alltäglichem wird, es zu Kon-
flikten, Morden, Chaos und Verderben führen wird. Dann gibt es keinen Platz
mehr für den Islam. Dies ist genau das, was unser geliebter Prophet - Segen und
Friede seien auf ihm - sagte, als er die Zeit nahe des Jüngsten Tages beschrieb.
In diesem Zusammenhang gibt es eine berühmte Geschichte von Usāma b.
Zayd. Während einer der Schlachten war er dabei, einen Mann zu erstechen, der
blindlings Muslime tötete und er ließ nicht davon ab, nachdem dieser Mann ge-
sagt hatte „es gibt keinen Gott außer Allah.“
443
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Nach der Schlacht fragte ihn der Gesandte Allāhs - Segen und Friede seien
auf ihm -: „Oh Usāma! Hast du ihn getötet, nachdem er gesagt hat ‚es gibt kei-
nen Gott außer Allah’?“. Er antwortete: „Aber er sagte das nur, um sich vor dem
Schwert zu retten.“
Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm - sagte: „Hast du sein Herz
geöffnet (und nachgeschaut)?“ Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm -
fuhr fort, diesen Satz zu Usāma zu wiederholen: „Hast du ihn getötet, nachdem
er gesagt hat ‚es gibt keinen Gott außer Allah’?“ und zwar so lange, bis Usāma
sagte: „Ich wünschte, ich hätte erst nach diesem Tag den Islam angenommen.“963
Yūṣuf al-Nabhānī schrieb als jemand, der hart gegen die Erneuerer kämpfte,
als sie versuchten, die Religion und die Sunna unseres geliebten Propheten - Se-
gen und Friede seien auf ihm - zu ändern, in seinem Al-qasīdat al-ra’iyya al-ṣughra
fi dhamm al-bidati wa-ahliha wa-madhi al-unnati al gharra:964
„Wenn es diesen Ḥadīth nicht gegeben hätte, in dem Allahs Gesandter
- Segen und Friede seien auf ihm - zu Usāma sagte: „Hast du sein Herz geöffnet
(und nachgeschaut)?“, würde ich mich nicht davor scheuen, diese Erneuerer
zu Kuffar zu erklären. Nichts als dieser Ḥadīth hält mich davon ab.“
Als Allahs Gesandter - Segen und Friede seien auf ihm - loszog, um Mekka
zu erobern, hielt er dies geheim, um Unordnung und Unruhen zu vermeiden. Je-
doch hatte einer seiner Gefährten, Ḥāṭib bin Abī Baltaʿa - möge Allāh mit ihm
zufrieden sein - einen geheimen Brief an seine Verwandten in Mekka bezüg-
lich dieser Vorbereitungen des Gesandten Allahs - Segen und Friede seien auf
ihm - geschickt. Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm - bekam dies mit
und befahl ʿAlī, Zubayr und Miqdād - möge Allāh mit ihnen zufrieden sein - los-
zugehen und den Brief von der Frau an einem bestimmten Ort zu holen. Als sie
die Frau einholten und von ihr verlangten, den Brief herzugeben, lehnte sie dies
ab und gab an, keinen Brief zu haben. Doch als sie ihr drohten, sie zu durchsu-
chen, gab sie nach und holte den Brief aus ihrem Haar.
Es stellte sich heraus, dass Ḥāṭib bin Abī Baltaʿa - möge Allāh mit ihm zu-
frieden sein - den Brief an seine Verwandten geschickt hatte, um sie vorzuwar-
nen, damit sie bereit und in Sicherheit sind und nicht aus Feindschaft gegenüber
dem Propheten - Segen und Friede seien auf ihm. Der Prophet verzieh ihm. Kann
man sich vorstellen, was solch einer Person heutzutage passieren würde? Man
963 Diesen Ḥadīth finden wir in Muslims Saḥīḥ, Musnad Aḥmad b. Ḥanbal, Sunan Abū Dawūd, Su-
nan Ibn Māja’ und Ḥākims Mustadrak.
964 Das kleine Ra’ - Reimgedicht über die Schande der Erneuerung und die Lobpreisung der glän-
zenden Sunnah. Dieses Werk richtet sich auf die drei Erz-Erneuerer der Zeit: Jamāl al-Dīn
al-Afghānī, Muḥammad ‘Abdū al-Miṣrī, und Rashīd Riḍā, Chefredakteur der Zeitung al-Manār.
(S.373)
444
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
würde es für rechtmäßig erklären, sein Blut zu vergießen und sein Leben und
Vermögen würde man ihm bedenkenlos entreißen. Es gibt einen Vers aus dem
Qurʾān: „Ihr, die den Īmān verinnerlicht habt! Nehmt euch Meinen Feind und eu-
ren Feind nicht als Walī.“ (60:1) Und dieser Vers wurde in Bezug auf Ḥāṭib bin
Abī Baltaʿa offenbart.
Ein Mensch kann viele Dinge tun, mit denen er eigentlich nicht einverstanden
ist. Dies konnten wir in der UdSSR sehen, wo viele Menschen so waren, aber so
waren nun mal die Umstände. Wäre es sinnvoll, alle Leute, die gegen ihren Wil-
len etwas getan haben, auf die Liste der Ungläubigen zu setzen?
Allahs Gesandter - Segen und Friede seien auf ihm - sagte: „Mir wurde (von
Allāh) auferlegt, die zu bekämpfen, die mich bekämpfen, bis sie bezeugen, dass
nichts ein Recht auf Anbetung hat außer Allah und, dass Muḥammad sein Ge-
sandter ist.“
Damit ist nicht gemeint, dass dem Propheten - Segen und Friede seien auf
ihm - befohlen wurde, alle Menschen überall zu bekämpfen, selbst jene, die ihm
nichts taten. Wenn dies so wäre, hätte Allahs Gesandter - Segen und Friede seien
auf ihm - keinen Vertrag mit den Juden geschlossen, als er in Medina ankam,
sondern hätte sie einfach ausgeschlossen. Der Prophet - Segen und Friede seien
auf ihm - vertrieb keinen Stamm, der sich an den Vertrag hielt. Bānū Qaynūqa
und Bānū Kurayza wurden nur deshalb aus Medina vertrieben, weil sie
die Muslime verrieten.
Was ist hier besonders wichtig? Wenn zum Beispiel jemand als Ungläubi-
ger abgestempelt und dann zum Islam gerufen wird, wofür er die Schahāda er-
neut bezeugen muss, wird er folglich sagen: Oh so-und-so, ich lehne die Schahāda
nicht ab, wieso lässt du mich meinen Glauben neu bezeugen? Siehe - wir können
eine offene Tür nicht öffnen oder eine geschlossene Tür schließen. Ist es sinn-
voll, das zu verlangen?
Als Imām Aḥmad - möge Allāh barmherzig mit ihm sein - sagte, dass das
Salāh (Pflichtgebet) einen Menschen vom Unglauben trennt und, dass jemand, der
das Gebet verlassen hat, zu einem Ungläubigen wird, fragte ihn Imām Schāfi’ī -
möge Allāh barmherzig mit ihm sein:
„Wenn ein Mann das Gebet verlässt und zu einem Ungläubigen wird, was
muss er dann tun, um wieder in den Islam einzutreten?“
„Er muss die Schahāda sprechen.“
„Aber wenn er weiterhin die Schahāda spricht (, wenn er nie aufgehört
hat, selbige zu bezeugen), macht es dann irgendeinen Sinn, ihn weiterhin dazu
zu bringen, es zu tun?“
445
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Jemand, der des Unglaubens beschuldigt wird, wird sagen: „Ich spreche wei-
terhin beide Bekenntnisse und ich bezeuge, dass der Prophet ein Prophet ist, was
wollt ihr also von mir?“
Es gibt Menschen, die die Verse nur teilweise zitieren. Man sollte realisie-
ren, dass man, um das ganze Bild zu sehen, mit beiden Augen hinsehen sollte
und nicht nur mit einem.
Als wir in Syrien studierten, gab ein Student Scheich [Sa‘īd] Ramaḍān al-Būṭī
während einer seiner Vorlesungen eine Notiz. Dort stand drin: „Sie sagen,
dass die Geschehnisse in Algerien nicht als Jihād gelten. Jedoch ist Jihād … [dies
und das], gemäß Imām Ramlī und Imām Ibn Ḥajar (raḥimahumullāh) definiert
es als … [dies und das] …“ und er fuhr fort, die Worte dieser Gelehrten zu zitie-
ren. Auf eine Antwort von Scheich [Sa‘īd] Ramaḍān al-Būṭī wartete er nicht lange:
„Erst einmal gehört dieser Brief einem Studenten und seine Einleitung enthält
einige Fehler. Wenn Sie in das Land al-Schām als Gelehrter kommen, dann kom-
men wir, die Gelehrten, kriechend zu Ihnen, ohne eine Spur von Hochmut. Wenn
sie jedoch als Schüler hierher kommen, dann beachten sie Ihre Grenzen als Schüler.
Zweitens, solche Themen, die Blutvergießen und Drangsal einschließen, rich-
ten sich nicht nach dem, was Ramlī oder Ibn Ḥajar oder sonst wer gesagt hat. Sol-
che Themen benötigen einen Ijmāʿ965. Außerdem unterscheiden sich die Rechts-
schulen nicht in der Definition der Bedeutung des Jihāds: Was Jihād für die eine
Schule ist, ist Jihād ebenso für die andere. Wenn es um das Blut der Muslime geht,
ist das keine Frage des Madhhab (Rechtsschule).
Aus diesem Grund sagte Imām an-Nawawī - möge Allāh barmherzig mit ihm
sein: „Wir schlagen keine Herrscher nieder (wir lehnen uns nicht gegen die Herr-
scher auf), weil sie schlecht (Fāsiqūn) sind. Denn ein schlechter Herrscher ist bes-
ser als Chaos in der Gesellschaft.“
Sie stützen ihr Argument auf den Vers: „Und wer nicht nach dem richtet, was
Allah herabgesandt hat - das sind die Ungläubigen.“ (5:44)
Jedoch wird dieser Vers gefolgt von einem anderen: „Und wer nicht danach
richtet, was Allah herabgesandt hat, diese sind die wirklichen Unrecht-Bege-
henden.“ (5:45)
Und noch einem: „Und die sich nicht nach dem richten, was Allah herabge-
sandt hat - das sind die (wahren) Frevler (Fāsiqūn).“ (5:47)
Wie viele Familien kennen Sie, in denen die Menschen sich an die Scharī‘a
halten, und die Väter es schaffen, alles gemäß des heiligen Gesetzes zu regeln?
Wenn ein Land ein Oberhaupt hat, so hat auch die Familie eines. Angesichts der
965 Konsens der Gelehrten
446
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Tatsache, dass das Urteil des Takfīr nicht nur für das Oberhaupt, sondern auch
für dessen Angehörige gilt, beabsichtigen Sie es dann, alle Muslime als Ungläu-
bige zu bezeichnen?“
Dann sagte al-Būṭī:
„Ihr hattet in Algerien einen guten Herrscher … [und er nannte ihn]. Als Frank-
reich seine finanzielle Hilfe von der Schließung der Moscheen abhängig machte
(und drohte, die Zahlungen einzustellen, falls die Moscheen nicht geschlossen
würden), antwortete er: ‚Tut, was ihr wollt, Allah ist der Versorger (al-Razzāq).‘
Geschah es nicht durch eure Hand, dass solch ein Herrscher ermordet wurde?“
Viele Leute waren während der Vorlesung anwesend, als Scheich al-Būṭī das
sagte. Dann sprach ich nach der Vorlesung mit einem Studenten, welcher mir er-
zählte, dass, obwohl es in der Hauptstadt viel Getöse gab, es 50 km entfernte Orte
gäbe, wo die Menschen nur dem Namen nach Muslime waren. Jedoch war al-
les, was sie vom Islam wussten, die Beschneidung, falls sie einen Jungen
bekamen und Aqīqa (Das Schlachten eines Opfertieres im Falle einer Geburt) -
nicht mehr als das.
Die zunehmende Unwissenheit ist eine schwere Krankheit unserer Zeit. Dies
ist etwas, was die Feinde des Islam ausnutzen, während die Muslime es nicht be-
merken. Wir arbeiten hart für diese Welt, aber wir arbeiten nicht dafür, uns isla-
misches Wissen anzueignen.
Dies ist ein Ausspruch unseres geliebten Propheten - Segen und Friede seien
auf ihm: „Immer, wenn zwei Muslime sich mit ihren Schwertern bekämpfen, wer-
den beide, der Mörder und der Ermordete, ins Höllenfeuer eingehen.“ Da fragte
man den Propheten: „Oh Allahs Gesandter, wieso sollte der Ermordete in die Hölle
gehen?“, „Wenn er nicht getötet worden wäre, wäre er der Mörder gewesen, denn
er hatte die Absicht, zu töten“ antwortete der Prophet.
Ein Mensch mit Verstand würde niemals sagen, dass die Leute des Taṣawwuf
so etwas (Warnung vor dem Takfīr) aus Furcht sagen. Die Geschichte zeigt, wer
sich fürchtete und wer nicht - wer aus Furcht handelte und wer nicht. Die Ge-
schichte Dagestans zeigt, dass, wenn diese Leute sich gefürchtet hätten, wir dann
die drei Imāme966 nicht kennen würden. Sie wussten, was getan werden musste
und wann. Für alles gibt es den richtigen Zeitpunkt.
966 ‛Die drei Imāme“ - Die Imāme des Kaukasuskrieges (1824 - 1864) zwischen dem Imāmat (Dem
islamischen Staat, der aus Teilen Dagestans und Tschetscheniens bestand) Und dem Rus-
sischen Kaiserreich. Der erste Imām Ghāzī Muḥammad (rahimahullah) (1824 - 1832), der
zweite - Imām Gamzat-Begh (rahimahullah) (1832-1834), der dritte - Imām Schāmil (rahima-
hullah) (1834-1859). Das waren die Imāme der Ghazawat (Kriege) für die Scharī‘a und gegen
die russische Invasion.
447
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Bäume im Garten tragen nicht über das ganze Jahr hinweg Früchte. Wenn
jemand möchte, dass sie im Winter Früchte tragen und versucht, etwas dafür zu
unternehmen, wird er unvermeidlich Dummes tun.
Heute gibt es kein Verbot gegen das Einladen zum Islam (Daʿwa). Vergli-
chen mit den Schwierigkeiten, die unserem Propheten - Segen und Friede seien
auf ihm - und seinen Gefährten - möge Allāh mit ihnen zufrieden sein - entge-
gentraten, sind die Hürden, denen wir begegnen, klein. Werden wir gefoltert, so
wie Bilāl gefoltert wurde oder getötet, so wie Sumāya getötet wurde, weil wir
die Schahāda bezeugen? Nein, werden wir nicht.
Wenn ich zum Beispiel die Dinge, die ich hier seit 8 Jahren in Dagestan sage,
in einem arabischen Land sagen würde, würde ich mich schon bald hinter Gittern
wiederfinden. Wir haben bessere Möglichkeiten, Daʿwa zu machen und Wissen
zu verbreiten als sie sie haben. Jedoch haben wir einige Leute, die hierher kom-
men und Unruhe stiften. Diese Leute wissen nichts über den Islam außer ein paar
Überlieferungen -, als ob das heilige Gesetz nur allein auf diesen drei oder vier
Überlieferungen basieren würde! Sie haben die anderen Qurʾān-Verse, zahlrei-
che, von den Imāmen übermittelte, Überlieferungen, samt der Deutungen dieser
Verse und der Überlieferungen durch die Imāme abgelegt. Was würde gesche-
hen, wenn die Leute ihre Religion auf zwei Überlieferungen nach ihrem eigenen
Verständnis aufbauen würden? Sind sie wirklich in der Lage, jene Ahadith von
vor 14 Jahrhunderten richtig zu interpretieren?
Denken wir daran, wer die Muslime über die Geschichte hinweg ermordete.
Wer ermordete den dritten rechtgeleiteten Kalifen ‘Uthmān - möge Allāh mit ihm
zufrieden sein? Und als was hatten sie sich bezeichnet: Muslime oder Ungläubige?
Sie sagten, sie seien Muslime, die sich um einen guten Herrscher bemühten. Je-
doch dachte keiner von ihnen daran, dass ‘Uthmāns - möge Allāh mit ihm zu-
frieden sein - zweiter Name Dhul-nurain war - der Hüter zweier Lichter -, denn
der Prophet verheiratete zwei seiner Töchter mit ihm: Zuerst Ruqayya - möge
Allāh mit ihr zufrieden sein - und dann nach ihrem Tode - Umm Kulthūm
(raḍīyallāhuʿanha). Hätte der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – seine
beiden Töchter einem Feind verheiratet?
Dachte keiner der Attentäter daran, dass ‘Uthmān b. ‘Affān - möge Allāh mit
ihm zufrieden sein - zu jenen Gefährten gehörte, denen Allāh das Paradies ver-
sprach? Ihr Widerwillen gegen die Wahrheit hat sie verblendet, was zu Blutver-
gießen und der Ermordung des Kalifen ‘Uthmān - möge Allāh mit ihm zufrie-
den sein - führte, welcher sein Leben somit opferte, obwohl er sie alle hätte
vernichten können.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Der Kalif ‘Uthmān hatte immense Macht, jedoch hatte er Angst davor das Blut
eines Gläubigen zu vergießen. Man sollte nicht denken, dass es den Muslimen an
Stärke mangelte, um die Aufsässigen zu zerschlagen. Vielmehr waren sie so stark
wie noch nie. Der Kalif hätte nur den Befehl geben müssen und die Truppen wä-
ren in Mekka einmarschiert, doch er verzichtete darauf das Blut von Muslimen
zu vergießen und befahl ihnen, sich von Gewalt fernzuhalten.
Als die Aufständischen kurz davor waren, in das Haus ‘Uthmāns hinein-
zustürmen, sagte seine Frau Nayliya - möge Allāh mit ihr zufrieden sein: „Lass
mich mein Haar zeigen, damit die Rebellen sich bei dem Anblick der Nacktheit
einer Frau abwenden.“ Er antwortete: „Ich würde mich eher in Stücke schneiden
lassen, als dass man auch nur ein Haar von dir sieht.“ Man denke daran, dass die
Mörder ‘Uthmāns sich selbst Muslime nannten und, dass sie behaupteten, für das
Gute und für Gerechtigkeit zu kämpfen.
Kommen wir nun zu der Geschichte des vierten rechtgeleiteten Kalifen ‘Alī
- möge Allāh mit ihm zufrieden sein. Warum spalteten sich die Khawārij von
‘Alīs Armee ab? Mu’āwiya - möge Allāh mit ihm zufrieden sein - und seine An-
hänger gerieten in Streit mit ‘Alī (bezüglich des Falles, die Mörder ‘Uthmāns zur
Rechenschaft zu ziehen). Nach monatelangem Konfrontationskurs schlugen sie
vor, dem edlen Qurʾān zu folgen (und dem, was der Qurʾān über solch eine Sache
sagt) und den Streit durch einen Schiedsspruch zu schlichten. ‘Alī - möge Allāh
mit ihm zufrieden sein - war einverstanden. Er berief zur Lösung dieses Konflik-
tes Schiedsrichter ein und sie entschieden zu Gunsten seiner. Das hatte zur
Folge, dass eine Gruppe von Leuten (Khawārij) sich von ihm trennten. Wieso?
Sie beschlossen, dass das, was ‘Alī tat, nicht das Befolgen von Allāhs (subḥānahu
wa ta ʿālā) Urteil war und , dass er dem edlen Qur’an widersprach, indem er
einen Schiedsspruch akzeptierte.
Ibn ‘Abbās sagte ihnen diesbezüglich, dass der edle Qurʾān nicht von alleine
sprechen kann, wir bräuchten Leute, die gemäß des Qurʾān urteilen konnten. Je-
doch hörten sie nicht und entfernten sich von der Wahrheit, indem sie es selbst
für rechtmäßig erklärten, das Blut ‘Alīs zu vergießen. Der Kalif jedoch erklärte es
nicht für rechtmäßig, sie zu töten, denn er war nicht so wahnsinnig wie sie. Dies
schreibt Scheich [Ibn] ‘Alawī al-Mālikī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein - in
seinem Mafāhim yajīb an tusaḥḥaḥ (Ideen, die korrigiert werden müssen) und al-
Taḥzīr min al-Takfīr. Er schreibt:
„Als man den Kalifen ‘Alī - möge Allāh mit ihm zufrieden sein - fragte, ob
die Khawārij von Naḥrawān Götzenanbeter waren oder nicht, antwortete er:
„Sie entkamen dem Schirk.“ Dann fragte man ihn: „Sind sie Heuchler?“ Er sagte:
„Heuchler rufen Allah selten an.“ Und dann fragte man ihn: „Was sind sie denn
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
dann, oh Befehlshaber der Gläubigen?“ Und er sagte: „Es sind Brüder, die gegen
uns Krieg führen. Das ist der Grund, warum wir gegen sie Krieg führen.“
Als die Khawārij sagten, dass der Kalif ein Ungläubiger sei, wie es Abul Ḥasan
al-Aschʿarī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein - in seinem Maqalāt al-Islami-
yya überliefert, erklärte der Kalif sie nicht zu Ungläubigen, wegen seiner Taqwā
(Gottesfurcht). Er wusste vom Propheten - Segen und Friede seien auf ihm -,
dass er von einem armseligen Mann getötet werden würde. Und so geschah es.
30 Tage lang beschmierte ‘Abd al-Raḥmān b. Muljim sein Schwert mit Gift und
30 Nächte lang betete er. Welch eine Verirrung. Wenn Allah (subḥānahu wa ta
ʿālā) einen blind macht, weiß diese Person nicht mehr, wer ‘Uthmān ist, wer ‘Alī
ist und wer Ḥasan ist - möge Allāh mit ihnen zufrieden sein! Das Schwert, das
man für Ḥasans Ermordung vorbereitete, war ebenfalls vergiftet. Als der Mör-
der Ḥasans Pferd einen Hieb mit dem Schwert versetzte, zerteilte es das Pferd.
Später begab sich Ḥasan zu Mu’āwiya und sagte: „Jetzt bist du der Herrscher der
Muslime.“ Somit bestätigte er das, was der Prophet - Segen und Friede seien auf
ihm - lange vor diesem Tag gesagt hatte. Er sagte, dass Ḥasan - möge Allāh mit
ihm zufrieden sein - zwei sich bekriegende Gruppen (von Muslimen) wieder zu-
sammenführen würde.
In seinem Lawāmi al-Uqūl schreibt Aḥmad Ziyāuddīn al-Qumuschkhanawī -
möge Allāh barmherzig mit ihm sein -, dass Imām Mahdī - Friede auf ihm - von
Ḥasans - möge Allāh mit ihm zufrieden sein - Blutlinie stammen wird, da Ḥasan
- möge Allāh mit ihm zufrieden sein - auf sein Recht auf das Kalifat zum Wohle
der muslimischen Einheit verzichtet hat.
Aus den Büchern der islamischen Geschichte wissen wir, dass es immer we-
gen Leuten schwachen Imāns, falschen Verständnisses der Religion und Engstir-
nigkeit ist, dass Beschwernisse aufkommen.
In seiner Kommentierung von al-Bukhārīs - möge Allāh barmherzig mit
ihm sein - Ṣaḥīḥ erklärt Ibn Baṭṭāl - möge Allāh barmherzig mit ihm sein - fol-
genden Ḥadīth: „Wenn es dazu kommt, dass ihr mit einem Pfeil über einen Markt-
platz oder durch eine Moschee gehen müsst, dann haltet den Pfeil an seiner Spitze
fest.“ Das soll deswegen so gemacht werden, um nicht aus Versehen einen Muslim
zu verletzen. Was hätte der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm - dann
über die heutige Situation gesagt?!
In seiner Sammlung berichtet Imām Muslim - möge Allāh barmherzig mit
ihm sein - von einem Ḥadīth, in welchem der Prophet - Segen und Friede seien
auf ihm - durch Jibrīl - Friede auf ihm – Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - bit-
tet, seine Umma vor der Vernichtung zu verschonen, der dem Volk Nūḥs ausge-
setzt war. Jibrīl kommt zurück und sagt, dass Allāh versprochen hat, seine Umma
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
nicht zu vernichten. Dann bittet der Prophet durch Jibrīl Allāh, seine Umma vor
dem Verhungern zu bewahren und Jibrīl sagt, dass Allāh ihm das gewährt hat.
Zuletzt bittet der Prophet Allāh, seine Umma vor verschiedenen Unglücken und
Katastrophen zu bewahren und Allāh verspricht dies. Jedoch erzählt ihm Jibrīl,
dass die Muslime sich mit vorgehaltener Klinge gegenüberstehen werden. Seht
uns an - wir bekriegen uns ohne äußerlichen Einfluss.
In Al-Taḥzīn min mujazafāt bil-takfīr schreibt Scheich [Ibn] ‘Alawī al-Mālikī
(raḥimahullāh), dass große Gelehrte das Praktizieren des Takfīr vermieden und
unter diesen Gelehrten befand sich Imām as-Sayyid Aḥmad Maschhūr al-Haddād
(raḥimahullāh).
Was die Menschen heute brauchen, ist Bildung. Ziehen wir wirklich einen
Nutzen aus der Fitna? Wir sollten den Menschen beibringen, wie man das Gebet
verrichtet und wie man fastet. Wir sollten ihnen beibringen wie man den Pro-
pheten - Segen und Friede seien auf ihm -, seine Gefährten, die Imāme und die
Rechtgeleiteten liebt. Stattdessen wird der Jugend gezeigt, wie man Fitna stif-
tet. Wäre es nicht besser für diejenigen, die dem Islam helfen wollen, den Leu-
ten beizubringen, wie man die Schahāda ausspricht, wie man das Gebet verrich-
tet und wie man auf die richtige Art und Weise fastet? Nur die Feinde profitieren
von den Unruhen.
Scheich Sa‘īd Ramaḍān al-Būṭī sagte: „Wenn die Muslime Probleme haben, zei-
gen die Feinde ihnen Mitgefühl, wobei sie in Wirklichkeit von Freude erfüllt sind.“
Aus diesem Grund müssen wir aufpassen, nicht denen in die Hände zu spielen,
die gegen uns sind. In seinem Vortrag über Takfīr sagte Scheich Sa‘īd Ramaḍān
al-Būṭī auch: „Wenn ein gottesfürchtiger Muslim eine Katze überfährt, wird er
eine Woche lang weder essen noch schlafen. Wie können wir dann das Blut ei-
nes Muslims vergießen?“
Das Blut eines Muslims, der die Schahāda ausspricht, im Fastenmonat Ramaḍān
fastet, das Salāh verrichtet und das Leben des Propheten - Segen und Friede seien
auf ihm - studiert? Kann es denn rechtmäßig sein, das Blut eines Muslims zu ver-
gießen, der die Ṣaḥāba (Gefährten) liebt und dessen Liebe wächst, wenn er et-
was Neues über sie lernt? Welches Gesetz erlaubt dies?
Um die Verse des Qurʾāns und Aḥādīth zu verstehen, müssen wir äu-
ßert tiefgehend Arabisch lernen, mit all den Wissenschaften dieser Sprache. Un-
wissenheit hat sich unter den Muslimen verbreitet und die Feinde ziehen ihren
Nutzen daraus. Sie agieren verdeckt wie Ratten.
Man schaue sich Afrika an - es ist reich an Mineralen, Diamanten, Erdöl und
verschiedenen natürlichen Rohstoffen, aber die Bevölkerung dort hungert. Wa-
rum passiert das? Einige Menschen profitieren davon, sie entnehmen Afrika die
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
heilige Gesetz, dass wir uns von ihnen fernhalten. Und sich fernzuhalten bedeu-
tet nicht, ihnen dasselbe anzutun, was sie uns antun.
Dies ist das Ende unseres Unterrichtes und wir hoffen, dass jene, die
fähig sind, zu verstehen einen Nutzen daraus ziehen werden. Wie der Ustadh969
von Batlukh (möge Allah sein Geheimnis segnen) sagte: „Jener, der nichts von
der Angelegenheit verstand, als sie erklärt wurde, wird sie verstehen, wenn er
es mit eigenen Augen sieht.“ Abū Jahl, der die Wahrheit nicht akzeptierte, als
sie ihm erklärt wurde, hat sie mit eigenen Augen im Höllenfeuer gesehen.
Wal-ḥamdu li-llāhi rabbī l-‘alamīn.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ANHANG II
d
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die große Mehrheit ist dieser Ansicht. Der Muslim wird jedoch, sogar wenn
er große Sünden begeht, kein Kāfir.
Es wird auch gesagt, dass sich in dem Vers eine Ellipse (Auslassung eines
Wortes) befindet. Das heißt: Wer nicht mit dem richtet, was Allāh - Erhaben und
Makellos ist Er - herabgesandt hat, mit der Absicht den Quran abzulehnen und die
Worte des Gesandten abzulehnen, DIESE Person ist wahrhaftig ein Kafir. Dies sagten
Ibn ʿAbbās - möge Allāh mit ihnen zufrieden sein - und Mujāhid - möge Allāh mit
ihm zufrieden sein. Dieser Erläuterung nach ist der Vers allgemein zu verstehen.
ʿAbdullah b. Masʿūd und Ḥasān al-Basrī sagen: „Dieser Vers ist allgemein auf
jeden bezogen – Muslim, Jude oder Maultier –, der nicht mit dem richtet, was
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – herabgesandt hat.“ Dies bedeutet, wenn
sie nicht mit der Offenbarung Allāhs richten, indem sie an die Richtigkeit dieses
Urteils Glauben und auf diese Art ein anderes Urteil geben und denken, dies sei
Ḥalāl [, dann sind sie Kuffār].
Jener jedoch, der dies tut und daran glaubt, dass er eine Ḥarām Tat begeht,
gehört zu den Fāsiqūn innerhalb der Reihen der Muslime. Seine Situation ist
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - überlassen. Wenn Er - Erhaben und Makel-
los ist Er - will, straft Er ihn und wenn Er - Erhaben und Makellos ist Er - will,
verzeiht Er ihm.
In einer Überlieferung über Ibn ʿAbbās heißt es, er habe gesagt: „Wer nicht
mit dem richtet, was Allah herabsandte, dieser verübt eine Tat ähnlich den Hand-
lungen der Kuffār.“
Es wurde auch gesagt: Wer alles, was Allāh herabsandte, bei der Gesetz-
gebung ignoriert, diese sind die Kuffār. Wer jedoch mit dem Tawḥīd richtet und
nur einige Gesetze der Scharīʿa auslässt, ist nicht in diesem Vers eingeschlossen.
Die erste Ansicht jedoch ist die richtige Ansicht.
So ist es auch, dass Schaʿbi sagte: „Dieser Vers wurde speziell über die Ju-
den offenbart.“
An-Naḥḥās bevorzugte diese Ansicht und sagte: „Es gibt drei Besonderhei-
ten, die dies beweisen. Die erste ist, dass zuvor die Juden erwähnt wurden: „…
sie richteten damit zwischen den Juden…“. Deswegen bezieht sich auch das Pro-
nomen auf sie. Die nächste Besonderheit, die dies beweist, ist der Verlauf [des
kommenden Verses], denn danach heißt es: „Wir hatten ihnen darin vorgeschrie-
ben...“ [46] Auch hier bezieht sich das Pronomen [ihnen] auf die Juden im Allge-
meinen. So sind auch die Juden jene, welche die Steinigung und die Vergeltung
[Qiṣāṣ] ablehnen.“
Wenn jetzt jemand widerspricht, indem er sagt: „Die Präposition weist auf
eine Bedingung hin und solange sie nicht einer bestimmten Gruppe mit einem
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Beweis zugeordnet wird, ist sie für die Allgemeinheit gültig.“, diesem antworten
wir dann wie folgt: „Die Präposition hier ist, betrachtet mit den von uns aufgeli-
steten Beweisen zusammen, „Derjenige, der…“ Das heißt, die Bedeutung des Ver-
ses lautet demnach: „Die Juden, welche nicht mit dem Gesetz Allāhs - Erhaben
und Makellos ist Er - richten, das Er herabsandte, dies sind wahrhaftig die Kuffār.“
Dies ist auch die allerschönste Erläuterung die in diesem Thema gegeben wurde.
Überlieferungen zufolge wurde Ḥudhayfa - möge Allāh mit ihm zufrieden
sein - gefragt: „Sind diese Verse über die Kinder Isrāʾīls?“, und er antwortete: „Ja,
sie sind über die Kinder Isrāʾīls. Doch ich schwöre, ihr werdet ihren Weg genauso
verfolgen, wie ein Paar Schuhe nebeneinander Spuren hinterlassen.“
„Dies sind wahrlich die Kuffār“, dass damit die Muslime gemeint, „dies sind
wahrlich die Ungerechten“, damit die Juden gemeint und mit: „dies sind wahrlich
die offenkundigen Sünder [Frevler]“, die Christen gemeint sind, wurde auch als
Ansicht gebracht. Abū Bakr ibn al-ʿArabī bevorzugt diese Ansicht. Er sagt: „Dies
ist, was man aus der äußeren Bedeutung des Verses versteht.“ Dies ist auch die An-
sicht, die Ibn ʿAbbās, Jābir b. Zayd, Ibn Abī Zaida, Ibn Schubrurnā und Schaʿbi
bevorzugten.
[Jedoch beachte:] So sagten Ṭāwūs und andere: „Dies ist kein Kufr, der die
Menschen aus dem Dīn bringt, sondern es ist eine Art des Kufr, die unter dem Kufr
bleibt.“ [Kufr dūnā Kufr] Jedoch gibt es hier verschiedene Situationen. Wenn man
mit einem eigenen Gesetz richtet und glaubt, dieses sei von Allāh - Erhaben und
Makellos ist Er - gekommen, dann ist dies etwas, was den Kufr notwendig macht,
da es die Veränderung der Gesetze Allāhs - Erhaben und Makellos ist Er - beinhal-
tet. Wenn er jedoch aus seiner Lust heraus und indem er sündigend andere Urteile
für das Herrschen gibt, dann ist dies gemäß den Beweisen der wahren sunniti-
schen Gemeinschaft, welche das Fundament für die Vergebung der Sünder darstel-
len, eine Sünde, die vergeben werden kann. Al-Quschayrī sagt: „Der Ansicht der
Khawārij nach, ist jemand ein Kafir, wenn er Bestechungsgelder nimmt und ein
anderes Urteil als das Urteil Allāhs gibt. Diese Ansicht wurde ebenfalls al-Ḥasān
und al-Suddī zugeschrieben.972“ So sagt al-Ḥasān auch: „Allāh, der Allerhabene,
hat von den Richtern drei Versprechen genommen, nämlich, dass sie nicht ihrem
Gelüste folgen, die Menschen nicht fürchten, sondern nur Ihn fürchten und die
Verse Allāhs - Erhaben und Makellos ist Er – nicht für ein wenig Geld verkaufen.“
[Ende der Worte al-Qurtubīs]
Auszug aus dem Madārij al-Salikīn des Ibn al-Qayyim al-Jawzīyyah:
972 von den Khawārij und jenen, die ihrer Ansicht sind. Bemerke: „zugeschrieben“ ist eine Entkräf-
tigung und keine Bekräftigung und spricht von einer Vermutung.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Interpretation des Ibn ʿAbbās und den meisten Gefährten bezüglich des
Verses lautet:
Ibn ʿAbbās sagte: „Dies ist kein Kufr, der einen aus der Religion wirft. Viel-
mehr ist es für denjenigen Kufr, der es tut. Er ist aber nicht gleich denen, die Kufr
gegenüber Allah und dem letzten Tag betreiben.”
Ṭāwūs sagte dasselbe. ʿAṭā sagte: „Es ist Kufr anders als (großer) Kufr, Ẓulm
anders als Ẓulm und Fisq anders als Fisq.“
Manche haben den Vers so interpretiert, dass er diejenigen meint, welche die
Gesetze Allāhs - Erhaben und Makellos ist Er - verlassen haben, sie leugnen und
ablehnen und dies ist die Meinung von ʿIkrima - möge Allāh mit ihm zufrieden
sein. Diese Meinung wird nicht bevorzugt, da schon das Ablehnen allein Kufr ist,
unabhängig davon, ob man damit geherrscht hat oder nicht.
Manche haben es so erklärt, dass gemeint ist, dass man bei der Herrschaft
alle von Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - offenbarten Gesetze verlässt. Dazu
gehört, dass man nicht mit Tawḥīd und Islām herrscht. Dies ist die Meinung ʿAbd
al-ʿAzīz al-Qinānīs. Auch dies ist eine weit hergeholte Interpretation. Die Drohung
ist wegen des Nicht-Richtens nach den offenbarten Gesetzen und dies kann so-
wohl alle Gesetze, als auch nur einige davon meinen.
Manche sagten, dass es bedeutet, dass man absichtlich entgegen der Schrift
richtet, ohne dabei unwissend oder mit fehlerhaftem Verständnis zu sein. Baghawī -
möge Allāh barmherzig mit ihm sein - berichtete dies allgemein von den Gelehrten.
Manche sagen, dass es sich auf die Ahl al-Kitab bezieht. Dies ist die Meinung
von Qatada, Ḍaḥḥāk und anderen. Auch dies ist eine entfernte Interpretation und
[unserer Ansicht nach] entgegen dem äußeren Wortlaut. Also wird auch dem kein
Vorzug gegeben.
Andere sagten, dass es der Kufr ist, der einen aus der Religion bringt.
Die richtige Meinung aber ist:
Mit etwas anderem zu richten als das, was Allāh - Erhaben und Makellos ist
Er - herabgesandt hat, kann sowohl kleiner Kufr (Kufr asghār), als auch großer
Kuft (Kufr akbar) sein, je nach dem Zustand desjenigen, der richtet. Wenn er an
die Pflicht glaubt, mit dem richten zu müssen, was Allāh offenbart hat, er sich
aber aus Ungehorsam davon abwendet, aber anerkennt, dass er dafür Bestrafung
verdient, dann ist es Kufr asghār.
Wenn er glaubt, dass es nicht Pflicht ist und er in dieser Sache eine Wahl hat,
wohl wissend, dass es sich um das Urteil Allāhs handelt, dann ist es Kufr akbar.
Wenn er in dieser Sache unwissend war oder einen Fehler beging, dann gehört
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
er zu denen mit Fehlern und das Urteil über ihn ist das gleiche Urteil wie über
diejenigen, die Fehler begehen.
Unsere Absicht hier ist folgende:
Alle Sünden sind die kleine Form des Kufrs (Kufr asghar), denn sie sind das
Gegenteil von Dankbarkeit, was eine Tat von Gehorsam gegenüber Allāh - Erha-
ben und Makellos ist Er - darstellt. Die Taten drücken entweder Dankbarkeit
(Schukr), Unglaube (Kufr) oder etwas aus, das nichts von beidem ist. Und Allāh -
Erhaben und Makellos ist Er - weiß es am besten. [Ende des Zitates von Ibn al-
Qayyim al-Jawziyya]
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Anhang III
d
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
zu den Fundamenten der Religion, das heißt: Bewusstsein über die Beschuldi-
gung mit Kufr.
Dass so-und-so Kufr gemacht hat oder so-und-so sich dem Islam hingewen-
det hat – dies sind Themen der Rechtssprechung und nicht des Glaubensinhaltes.
Deswegen gab uns der Gesandte Allahs - Segen und Friede seien auf ihm - einen
klaren Befehl, dass wir den Islam dessen bestätigen – äußerlich und innerlich –
der die Moschee und das Gemeinschaftsgebet häufig besuchen und beten und fa-
sten. Wir müssen seinen Islam innerlich und äußerlich bezeugen, sogar wenn er
innerlich ein Ungläubiger ist, so ist es dann immer noch Pflicht für uns, dass wir
glauben, dass er ein Gläubiger ist, innerlich und äußerlich.
Dies ist ein praktisches Thema der Rechtssprechung und kein Inhalt des
Glaubens. Das Wissen über den Unterschied zwischen den Fundamenten des
Glaubens und dem Unglauben, das ist Inhalt des Glaubens. So gibt es aber einen
Unterschied zwischen Unglauben und der Beschuldigung einer Person mit Un-
glauben, was der Grund ist, wieso die Gelehrten der Sunniten das Konzept des
Unglaubens und Glaubens klärten und in ihren Büchern über die Fundamente der
Religion beschrieben. Ihre Gelehrten und Juristen erklärten ebenfalls die Dinge,
die Unglauben enthalten und Grund für den Abfall von der Religion des Islams
sind; dies wurde in den Büchern des Fiqh erwähnt und nicht in den Büchern der
göttlichen Einheit.
Es ist sehr wichtig für uns dieses Thema zu verstehen und es ist sehr wich-
tig, dass wir folgendes im Kopf behalten: dies ist der Grund, wieso die sunniti-
schen Gelehrten unstimmig waren: ist die Beschuldigung des Kufr – d.h. das Ur-
teilen über eine bestimmte Person als Kafir – abhänging davon, dass es auf einer
eindeutigen Sache basiert und welches seinen Unglauben ganz eindeutig zeigt –
oder ist es genug, dass es – die Beschuldigung mit Kufr – auf dem basiert, was äu-
ßerlich sichtbar ist und was auf Spekulation beruht [ẓann]? Ist etwas, das reine
Spekulation ist, im Wesentlichen ausreichend dafür [für die Beschuldigung mit
Unglauben] oder ist es nötig über etwas, dass eindeutig ist? Sie waren unstimmig
darüber und nahmen zwei Haltungen ein, welche beide wohl durchdacht sind. Ei-
nige von ihnen – zwischen den verifizierten Gelehrten [muḥaqqiqūn] der Sunniten
– sagten, dass wir niemanden mit Kufr beschuldigen, außer jene, die etwas Ein-
deutiges sagen. Andere sagten, dass es für uns gestattet ist, jemanden mit Kufr
zu beschuldigen, sogar wenn es nur auf reiner Spekulation beruht – eine Speku-
lation, die im heiligen Gesetz gut durchdacht wurde und nicht eine reine Vermu-
tung ist. Was hier gemeint ist, ist eine wohldurchdachte Spekulation im heiligen
Gesetz, die richtige Beweise hat.
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engstirnig und er übertrieb darin, die Muʿtazila mit Kufr zu beschuldigen.“ Die
vertrauenswürdige Ansicht ist die des Imām al-Rāzī und der anderen unter den
Aimma. Ich hoffe, dass diese Worte klar sind.
…diese extremen Methodologien, welche die Ansicht anderer nicht würdig se-
hen oder sie nicht umarmen und die anderen nicht verstehen wollen; was ist das
Resultat dessen zwischen den Menschen – zwischen den Muslimen? Wir sagten
vorher schon, dass die Resultate dessen: „die Trennung und Unverbundenheit der
momentanen Generation mit mehr als zehn Jahrhunderten der Gelehrtenschaft…“
ist. Dies ist deshalb so, weil die Anhänger dieses Standpunktes sie mit Erneuerung
beschuldigen. Hinzu kommt, dass es ebenfalls in: „der Schwächung der Haltung der
momentanen Generation in ihrer Konfrontation mit verschiedenen und mehrfachen
Angriffen gegen die Religion des Islams“ resultiert. Dies wird durch die Trennung
der momentanen Generation mit den früheren Gelehrten des Islams, mit dem Ab-
halten derer in diese zu vertrauen oder von ihnen Nutzen zu ziehen, erreicht. Dies
resultiert dann in unseren verschiedenen Schwächen der modernen Wissenschaft
– wie wir es mit unseren Augen in vielen Bereichen sehen.
Weiterhin resultiert es in „einer hergestellten Trennung zwischen der Gegen-
wart und der Vergangenheit“ und resultiert in manchen Neigungen zur Beschul-
digung anderer mit Kufr und Erneuerung für den kleinsten Gedanken und bei der
kleinsten Möglichkeit – und all dies ist verboten gemäß den Gelehrten der Sun-
niten und den Prüfern unter ihnen. Und ich frage Allah, den Erhabenen, darum,
uns Erfolg, Rechtleitung und Führung zu geben. Und jeglicher Preis gebührt Al-
lah, dem Herrn der Welten, und möge Frieden und Segen auf unserem geehrten
Propheten Muhammad, dem geehrtesten Propheten aller Propheten und Gesand-
ten, sein. Al-Salam ‘Alaykum wa Raḥmatullāhi wa Barakātuhu.
[Ende der Worte Scheich Saʿīd Fawdas]
Der Sultan der Gelehrten al-ʿIzz b. ʿAbd al-Salām wurde über jene, die Allāh
eine Richtung zuschreiben, gefragt und er antwortete: „Was diese Frage an-
geht, so ist die korrektere Ansicht, dass derjenige, der Allāh eine Richtung zu-
schreibt, nicht als Ungläubiger angesehen wird, denn die Gelehrten des Islāms
sagten nicht, dass solche aus dem Islām ausgetreten sind, sondern vielmehr ur-
teilten sie, dass sie von Muslimen erben können, dass sie auf muslimischem Bo-
den begraben werden und sie urteilten für die Unantastbarkeit ihres Blutes und
ihres Eigentums und die Pflicht über ihre sterblichen Überreste zu beten. Das-
selbe für alle Neuerungsträger: Die Leute ließen nie davon ab, sie wie Muslime
zu beurteilen. Schenke den einfachen Leuten, welche sie als Ungläubige bezeich-
nen, keine Aufmerksamkeit.“974
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ANHANG IV
d
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9. Er ist Allhörend und Allsehend, ohne ein Körperteil oder ein Mittel,
10. Vielmehr sind Sein Sehen, Sein Gehör Eigenschaften von Ihm, welche nicht
den Eigenschaften der Geschöpfe ähneln, genau so wie sein Wesen dem Wesen
der Geschöpfe nicht ähnelt: „Nichts ist Ihm gleich. Er ist der, der alles hört und
sieht.“ (42:11)
Die zehn Punkte, die unmöglich mit Allāh vereinbar sind (Mustaĥīlāt)
1. Die Veränderung.
2. Die Nichtexistenz. Vielmehr ist Er mit seinen Eigenschaften und Namen
Urewig, Fortexistierend mit einer unendlichen Existenz: „Wachend über jede
Seele und das, was sie erwirbt.“ (13:33) Er hat keinen Anfang und kein Ende. „Er
ist der Erste und der Letzte.“ (57:3)
3. Es ist unmöglich, dass eine andere Gottheit außer Ihm existiert. „Gäbe
es in beiden (Himmel und Erde) Gottheiten außer Allāh, gewiss wären beide ver-
dorben.“ (21:22)
4. Er braucht keinen aus der gesamten Schöpfung und Er braucht keinen
Helfer in seiner Herrschaft.
5. Keine Angelegenheit hindert Ihn daran, eine andere Angelegenheit (gleich-
zeitig) zu tun, sei es in Seiner Verwaltung oder in Befehlen.
6. Kein Ort, sei es im Himmel oder auf der Erde, kann Ihn umfassen. Viel-
mehr existierte Er vor der Schöpfung des Ortes.
7. Er ist weder eine Substanz, noch ein Körper. Er hat keine Gestalt oder
Form. Nichts ist Ihm gleich oder ähnlich. Vielmehr ist Er Allah, der Einzige, der
Unabhängige und von allen Angeflehte. Nie zeugte Er und nie wurde Er gezeugt.
Niemand ist Ihm ebenbürtig.
8. Es ist unmöglich, dass Ihn Geschehnisse und Änderungen oder Defekte
und Beschädigungen betreffen.
9. Ihm gebührt nicht die Ungerechtigkeit. Vielmehr ist seine Verordnung
Weisheit und Gerechtigkeit.
10. Es ist unmöglich, dass irgendwelche Taten Seiner Schöpfung ohne Seine
Bestimmung, Sein Schöpfen und Seinen Willen geschehen. „Und das Wort deines
Herrn ist in Wahrheit und Gerechtigkeit vollendet worden. Keiner vermag Seine
Worte zu ändern.“ (6:115) „Er lässt den irregehen, der es will, und führt den Recht,
der es will.“ (16:93) „Er wird nicht für das, was Er tut, zur Rechenschaft gezogen,
jedoch sie werden zur Rechenschaft gezogen.“ (21:23)
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
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ANHANG V
d
976 Qawāʿid al-ʿAqāʾid von Imām Abū Ḥāmid al-Ghazālī, veröffentlich auf www.ahlu-sunnah.de.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
[Die Erhabenheit]
Er ist kein zusammengesetzter Körper materieller Form und kein unteilba-
rer Körper bestimmter Größe und Grenzen. Er ist nicht wie physische Körper,
weder im Umfang noch in der Empfänglichkeit für Teilung. Er ist kein unteilbarer
Körper und unteilbare Körper nehmen keinen Platz in Ihm ein. Er ist keine Akzi-
denz977, noch befinden sich Akzidenzen in Ihm. Vielmehr ähnelt Er keiner einzi-
gen Existenz und keine Existenz ähnelt Ihm. Es gibt nichts, dass Ihm gleich oder
ähnlich wäre und Er ähnelt nichts.
Messungen definieren Ihn nicht. Orte umfassen Ihn nicht. Die Richtungen
umgeben Ihn nicht und weder die Erde, noch die Himmel umfassen Ihn.
Er kontrolliert den Thron in der Art, wie Er es sagte und mit der Bedeutung,
welche Er beabsichtigte, in einer transzendenten Art, die frei ist von physischem
Kontakt, Niederlassung, Bindung des Ortes, Inkarnation und Bewegung.
Der Thron trägt Ihn nicht, vielmehr werden der Thron und seine Träger von
Seiner Macht getragen und von Seiner Bestimmtheit gebunden. Er ist über dem
Thron und dem Himmel und über allem, bis zu den weitesten Entfernungen der
Erde, eine Art von „über“, welche Ihn nicht näher zum Thron oder Himmel macht,
so wie es Ihn auch nicht entfernter von der Erde und dem Boden macht.
Vielmehr ist Er hoch erhaben über den Thron und die Himmel, so wie Er
auch hoch erhaben ist über die Erde. Trotz dessen ist Er nah zu allem in der Exi-
stenz. Er ist dem Diener näher als dessen Halsschlagader und Er ist Zeuge von
allem, da Seine Art der Nähe nicht wie die Nähe von physischen Objekten ist, so
wie Seine Essenz nicht wie die Essenz von physischen Objekten ist.
Er nimmt in nichts Platz ein und keine Sache nimmt Platz in Ihm ein. Hoch
erhaben ist Er darüber, dass ein Ort Ihn umfasst, so wie Er auch zu heilig ist, als
dass die Zeit Ihm Grenzen setzen könnte. Vielmehr war Er, bevor er die Zeit und
den Ort erschuf. Und Er ist jetzt noch so, wie Er es da schon war.
Er ist grundlegend anders als Seine Schöpfung durch Seine Attribute. Nichts
außer Ihm ist in Seiner Essenz und Seine Essenz ist in nichts anderem außer Ihm.
Erhaben ist Er über Veränderungen und Bewegung. Keine Substanzen befin-
den sich in Ihm, noch befallen Ihn ihre Eigenschaften (Akzidenzen). Vielmehr ist
Er in den Attributen Seiner Majestät jenseits von Stillstand. Seine Eigenschaften
der Perfektion bedürfen keiner Steigerung.
In seiner Essenz ist seine Existenz bekannt durch Vernunft (in diesem Le-
ben). Im Jenseits wird seine Essenz gesehen von den Augen der Aufrichtigen, als
977 Eine Akzidenz (ʿaraḍ) ist eine Eigenschaft, die nicht direkten Einfluss auf die Existenz oder De-
finition eines materiellen Objektes hat: Dinge wie Farbe, Geschmack, Bewegung und Stillstand
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ein Gefallen von Ihm und als vollständige Erfüllung des Segens werden sie Sein
nobles Angesicht erblicken.
[Wissen]
Er ist Allwissend. Das Gewicht eines Atoms auf der Erde oder im Himmel
entgeht Seinem Wissen nicht. Vielmehr weiß Er von den Schritten einer schwar-
zen Ameise auf einem Felsen in der dunkelsten Nacht. Er nimmt die Bewegun-
gen eines Staubpartikels in der Luft wahr. Er kennt die Geheimnisse und auch,
was noch tiefer versteckt ist.
Er kennt das Innere der Herzen und den Fluss der Gedanken und die tiefsten
Geheimnisse mit einem Wissen, welches urewig ist, mit welchem Er seit Ewig-
keit gekennzeichnet ist und nicht durch Wissen, welches der Erneuerung durch
Auftauchen in seiner Essenz unterliegt.
[Wille]
Er will alle Dinge, die geschehen und Er verwaltet alle auftretenden Dinge.
Es gibt nichts, das in Seiner sichtbaren oder unsichtbaren Welt geschieht, außer,
dass Er es vorher weiß und bestimmt, sei es klein oder groß, wenig oder viel,
gut oder schlecht, nützlich oder schädlich, Glaube oder Unglaube, Dankbarkeit
oder Undankbarkeit, Wohlstand oder Verlust, Mehrung oder Minderung, Gehor-
sam oder Ungehorsam, alles ist entsprechend Seiner Weisheit und Seinem Wil-
len. Was Er will, geschieht und was Er nicht will, geschieht nicht. Es gibt keinen
Blick eines Schaulustigen oder einen vereinzelten Gedanken, der nicht Seinem
Willen unterliegt.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Er ist der Anfang und der Wiederhersteller, der, welcher tut, was Er will. Es
gibt keinen, der Seinen Befehl zurücksetzen kann und keinen, der Seine Anord-
nungen ergänzen kann und es gibt kein Entkommen für den Diener vom Unge-
horsam, außer durch Seine Hilfe und Barmherzigkeit und keiner kann Ihm ge-
horchen, außer Er will es. Selbst wenn die Menschheit, die Dschin, die Engel und
die Teufel sich vereinen würden, um das Gewicht eines Atoms zu bewegen oder
zu stoppen, so würden sie scheitern, wäre es ohne Seinen Willen.
Sein Wille existiert in Seiner Essenz unter seinen Attributen. Immer schon
wird Er damit beschrieben, seit der Urewigkeit, als der, welcher schon in der Ur-
ewigkeit will, dass die Dinge zu ihrer Zeit geschehen, die Er bestimmt hat. So kom-
men sie also in die Existenz zu ihrer bestimmten Zeit, wie Er es in der Urewigkeit
will ohne, dass etwas (für Ihn) vorher oder nachher geschieht. Vielmehr gesche-
hen sie entsprechend Seinem Wissen und Willen, ohne irgendeinen Ersatz oder
Veränderung (des Plans). Er verwaltet die Angelegenheiten nicht durch eine Reihe
von aufeinanderfolgenden Gedanken und nicht durch das Vergehen von Zeit. Aus
diesem Grund hält Ihn keine Angelegenheit von einer anderen ab.
[Rede]
Er, der Erhabene, spricht, gebietet, verbietet, verspricht und droht mit einer
anfangslosen Rede, urewig in Seiner Essenz.
Ungleich der Rede der Schöpfung besteht Seine Rede nicht aus einer Stimme,
die durch das Entweichen von Luft oder der Reibung von Körpern zustande
kommt. Auch ist sie kein Buchstabe, welcher durch die Bewegungen der Lippen
und der Bewegung der Zunge zustande kommt.
Der Qurʾān, die Tora, das Evangelium und die Psalme sind Seine Bücher, of-
fenbart an Seine Gesandten, Friede sei mit ihnen. Der Qurʾān wird mit den Zun-
gen rezitiert, auf Seiten geschrieben und in den Herzen aufbewahrt und dennoch
ist er anfangslos, existierend im Wesen Allāhs. Er unterliegt nicht der Teilung
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
und Trennung durch die Übermittlung in das Herz oder durch das Schreiben auf
Papier. Moses, Friede sei mit ihm, hörte die Rede Allāhs ohne Stimme und ohne
Buchstaben, so wie die Aufrichtigen das Wesen Allahs, dem Erhabenen, im Jen-
seits sehen werden, ohne dass Er ein Körper oder eine Eigenschaft von Körpern
wäre. Und da Er diese Eigenschaften hat, ist Er Lebendig, Wissend, Wollend, Hö-
rend, Sehend, Redend mit Leben, Macht, Wissen, Willen, Hören, Sehen und Rede
und nicht einfach durch Seine Essenz.
[Die Handlungen]
Es gibt keine Existenz außer der Seinigen, außer, dass sie aus der Nichtexi-
stenz auftaucht durch Sein Tun und durch den Überfluss seiner Gerechtigkeit,
auf die beste, perfekte, vollkommenste und gerechteste Art.
Er ist der Allweise in seinen Urteilen. Seine Gerechtigkeit kann nicht mit je-
ner der Diener verglichen werden, denn der Diener kann ungerecht sein durch
die Art, wie er mit den Eigentümern anderer verfährt, wohingegen Ungerechtig-
keit von Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – unmöglich ist, denn wahrlich, er
begegnet keinem Eigentum außer, dass es Sein eigenes wäre, sodass Seine Einmi-
schung darin als eine Handlung der Ungerechtigkeit beschrieben werden könnte.
Alles außer Ihm – die Kinder Adams, die Jinn, die Engel, die Teufel, der Him-
mel und die Erde, die Tiere, die Pflanzen, die leblosen Dinge, materielle Objekte
und ihre Akzidenzen und Dinge, welche man durch den Verstand und die Sinne
erfährt, sind Dinge, die aus der Nichtexistenz kommen. Er erschuf sie mit Seiner
Macht aus der Nichtexistenz und brachte sie in die Existenz, wo sie doch zuvor
nichts waren, wohingegen Er in der Urewigkeit allein existierte und nichts exi-
stierte mit Ihm. So brachte Er die Schöpfung hervor als ein Zeichen Seiner Macht,
als Realisierung Seines vorrangehenden Willens und der Wahrheit Seines urewi-
gen Wortes und nicht aus Bedürfnis oder Notwendigkeit.
Er ist großzügig im Erschaffen und Erfinden und dem Auferlegen von Pflich-
ten, obgleich es keine Notwendigkeit für Ihn ist. Er ist gnadenreich in Freigebig-
keit und Verbesserung ohne, dass dies notwendig wäre (für Ihn). Großzügigkeit
und Güte, Milde und Gnade sind Sein, da Er fähig wäre, über Seine Schöpfung alle
Arten von Qualen zu bringen und sie mit allen Arten von Schmerz und Leid zu
prüfen. Selbst wenn Er dies tun würde, so wäre es Gerechtigkeit von Ihm und
nicht abscheulich oder tyrannisch.
Er, der Mächtige und Herrliche, belohnt Seine gläubigen Diener für ihre Ta-
ten des Gehorsams entsprechend Seiner Großzügigkeit und der Ermutigung und
nicht nach ihrem Wert oder aus Verpflichtung. Denn es besteht keine Pflicht für
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Bedeutung des zweiten Satzes der Bezeugung, welches die Bezeu-
gung der Gesandten und ihrer Botschaft ist: „…und ich bezeuge, dass Muḥammad
der Gesandte Allahs ist“.
Allah sandte den des Schreibens und Lesens unkundigen der Quraysch978,
den Propheten Muḥammad - Segen und Friede seien auf ihm - mit Seiner Bot-
schaft für die Araber und Nichtaraber, zu den Jinn und der Menschheit. Mit die-
sem offenbarten Gesetz (Scharīʿa) ersetzte er alle anderen offenbarten Gesetze,
außer dem, was er davon bestätigte. Und Allāh machte ihn allen anderen Pro-
pheten überlegen und zum Herrn aller sterblichen Wesen und Er verweigerte
den perfekten Zustand des Glaubens durch die Bezeugung der Einheit Gottes - Es
gibt keinen Gott außer Allah - solange darauf nicht die Bezeugung des Gesand-
ten – Muḥammad ist der Gesandte Allahs – erfolgt. Er verpflichtete alle Natio-
nen dazu, an alles zu glauben, worüber er uns informierte, sei es über das Dies-
seits oder das Jenseits.
Allāh wird den Glauben keines Dieners akzeptieren, bis er daran glaubt, wor-
über uns der Prophet bezüglich der Angelegenheiten nach dem Tode informiert
hat, wovon das Erste die Frage der Engel Munkar und Nakīr ist. Diese zwei sind
furchteinflößende und erschreckende Wesen, welche den Verstorbenen aufrecht
hinsetzen werden in seinem Grab, sowohl Seele als auch Körper; Sie werden ihn
bezüglich der Einheit Allahs befragen und über die Botschaft: „Wer ist dein Herr
und was ist deine Religion und wer ist dein Prophet?“ Sie sind auch bekannt als
die zwei Störenfriede des Grabes (Fattana al-Qabr) und ihre Fragen werden als
erste Prüfung nach dem Tod erachtet.
Man muss an die Strafe im Grab glauben und, dass sie real ist und, dass Sein
Urteil gerecht ist, sowohl über den Körper als auch über die Seele, getreu Sei-
nes Willens.
978 Ein Stamm der Araber, aus welchem der Prophet Muhammad - Allahs Segen und Heil auf ihm
– stammt.
471
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Man muss an die Waage glauben mit den zwei Schalen und dem Zünglein,
deren Größe den Ebenen der Himmel und der Erde entspricht. In ihr werden
die Taten gewogen, durch die Macht Allahs. Die Gewichte (, um zu messen) wer-
den Senfkörner und Atome sein, um die genaue Gerechtigkeit zu etablieren. Die
Aufzeichnungsbücher für die guten Taten werden auf wunderschöne Art auf die
Waagschale des Lichtes gelegt und ihr Gewicht wird gewogen entsprechend ih-
res Ranges bei Allah durch Seine Gnade.
Die Aufzeichnungsbücher der schlechten Taten werden auf hässliche Art und
Weise auf die Waagschale der Dunkelheit gelegt und sie werden leicht im Gleich-
gewicht sein durch die Gerechtigkeit Allahs.
Man muss daran glauben, dass die Brücke (Sirat) real ist. Es ist eine Brücke,
welche sich über die Hölle erstreckt, schärfer als ein Schwert und dünner als ein
Haar. Die Füße der Ungläubigen rutschen darauf aus, entsprechend der Verfü-
gung Allahs des Erhabenen, und sie fallen in das Feuer; aber die Füße der Gläu-
bigen stehen fest darauf, durch die Gnade Allahs und so werden sie in die ewige
Behausung geführt.
Man muss an das Becken glauben, welches zum Trinken besucht wird, das
Wasserbecken des Propheten Muḥammad - Segen und Friede seien auf ihm. Aus
diesem werden die Gläubigen trinken, nachdem sie die Brücke überquert haben
und bevor sie das Paradies betreten. Wer auch immer davon trinkt, wird nie wie-
der Durst leiden. Seine Breite beträgt eine Monatsreise und sein Wasser ist wei-
ßer als Milch und süßer als Honig. Um ihn herum sind Krüge, in Anzahl so viele,
wie es Sterne am Himmel gibt. In ihm fließen zwei Quellen von Al-Kawthar (ein
Fluss im Paradies).
Man muss an die Abrechnung glauben und an die Unterschiede diesbezüg-
lich zwischen den Leuten. Einige werden genau befragt, andere werden mit Ver-
gebung behandelt und andere betreten das Paradies ohne Befragung – dies sind
die, welche nah herangezogen werden (al-Muqarrabun). Allah wird, wen auch im-
mer Er will, von den Propheten befragen bezüglich der Überbringung der Bot-
schaft und wen auch immer Er will von Ungläubigen bezüglich der Ablehnung
der Gesandten und Er wird die Ketzer bezüglich der Sunna befragen und Er wird
die Muslime bezüglich ihrer Taten befragen.
Man muss daran glauben, dass diejenigen, welche an die Einheit Allahs glau-
ben (al-Muwaḥḥidūn) aus dem Feuer entlassen werden, nachdem sie bestraft
wurden, sodass durch die Gnade Allahs in der Hölle keiner verbleibt, der Allah
allein angebetet hat. So wird also keiner, der Allah nichts beigesellt hat, ewig im
Feuer verbleiben.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Man muss an die Fürsprache der Propheten, der Gelehrten, der Märtyrer und
der restlichen Gläubigen glauben, entsprechend ihres Ranges bei Allah. Die Gläubi-
gen, welche übrig bleiben und keine Fürsprecher haben, werden durch die Gnade
Allahs, dem Allmächtigen und Erhabenen, entlassen. Deswegen wird kein einziger
Gläubiger ewig in der Hölle verweilen, vielmehr wird jeder, der in seinem Herzen
auch nur das Gewicht eines Atoms an Glauben hatte, daraus entlassen werden.
Man muss an die Tugendhaftigkeit der Gefährten (des Propheten) – möge Al-
lah mit ihnen allen zufrieden sein – glauben und ihre Rangfolge.
Man muss daran glauben, dass der beste der Menschen nach dem Prophe-
ten - Allahs Segen und Heil auf ihm – Abū Bakr ist und dann ʿUmar und dann
ʿUthmān und dann ʿAlī – möge Allah mit ihnen zufrieden sein.
Man muss von allen Gefährten gut denken und sie loben, so wie Allāh der
Erhabene und sein Prophet sie alle gelobt haben.
Dies alles ist, was die Berichte erwähnen und was die Überlieferungen be-
zeugt haben. Wer also an all dies glaubt und sich dessen sicher ist, dieser ist von
den Leuten der Wahrheit und der Gemeinschaft der Sunna und er hat sich von
den Gefolgsleuten der Falschheit und der Gemeinde der Erneuerer getrennt.
So bitten wir also Allāh darum, unseren Glauben zu vervollkommnen und
uns in der Religion standhaft zu machen – für uns und für alle Muslime durch
Seine Barmherzigkeit. Wahrlich, Er ist der Barmherzigste von allen, die Gnade
zeigen. Möge Allah unseren ehrenwerten Propheten Muḥammad und jeden aus-
erwählten Diener segnen.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ANHANG VI
d
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
den Anteil an Almosen, den er bekommen hatte und er sagte zu dem Prophe-
ten sallallahu ‚alayhi wa sallam: „Muhammad! Fürchte Allah und sei gerecht!“981
Diese schamlose Respektlosigkeit und die Auflehnung gegen den Propheten
und den Führer des traditionellen Islam982 wurde strengstens getadelt und zog
den Zorn der Prophetengefährten nach sich. Einige fragten nach der Erlaubnis
seiner Exekution, doch ihnen wurde vom Propheten sallallahu ‚alayhi wa sallam
aufgetragen, dies nicht zu tun. Dann sprach der Prophet sallallahu ‚alayhi wa sal-
lam eine bedrohliche Prophezeiung aus:
„Lasst sie, denn sie haben ihre eigenen Leute. Wenn ihr eure Gebete
mit ihren und ihr Fasten mit eurem vergleichen würdet, würdet ihr eure
Taten als niedriger sehen. Dennoch werden sie die Religion verlassen wie
der Pfeil des Jägers, der auf das Wild geschossen wird. Untersucht der Jä-
ger einen Teil seines Pfeiles, findet er nichts vor. Das Gleiche gilt für die an-
dere Seite und für den anderen Teil.“983
Als der Prophet über sie sprach, sagte er: „Von den Nachkommen dieses
Mannes werden solche kommen, die den Qur’an rezitierten, aber es wird
nicht den Bereich unter ihrem Hals erreichen. Sie werden den Islam ver-
lassen, wie der Pfeil des Jägers den Bogen verlässt. Sie werden Muslime tö-
ten und die Götzendiener in Ruhe lassen.“984
Der Weg war nun geebnet, sodass diese Bewegung nach dem Tod des Pro-
pheten Muhammad sallallahu ‚alayhi wa sallam an Kraft gewann, ihre Feinde be-
strafte und, wenn nötig, jene verhörte, die ihr verdächtig erschien. Sie tauchten
gleichzeitig und alle 100 Jahre auf und hinterließen Verwüstung und Chaos. Eine
solche Erscheinung geschah im Jahre 1111 nach der Hijra (1699) mit einem jun-
gen Mann, geboren in Arabien, in der Stadt al-‘Uyaina, in der Provinz Najds. Sein
Name war Muhammad ibn ‘Abdulwahhab. Als Jugendlicher studierte er unter sei-
nem Vater, Imam ‘Abdulwahhab, gemeinsam mit seinem älteren Bruder Sulaiman
ibn ‘Abdulwahhab, doch auf seinem Weg nach Scham, auf einem Umweg durch
Irak, machte er eine Veränderung durch. Er kam an die Bücher von Muhammad
al-Amir San’ani985 und an einzelne Zitate aus Imam Ibn Taymiyyas Majmu’a al-Fa-
981 Siehe Imam Bukhari, Dscham’ius Sahih, Buch des Maghazi, Militärexpeditionen, unter dem Ka-
pitel „.
982 Der Autor hat den Wortlaut „Orthodoxer Islam“ benutzt. [Anm. d. Ü.]
983 Imam Bukhari, Sahih. [Detaillierte Quellenangaben wurden unterlassen, Anm. d. Ü.]
984 Sahih Bukhari.
985 1099-1182 (1688-1768)er wurde in eine Familie von Schafi’is und Zaydi Fiqh hineingeboren,
aber mit einem Mu’tazila-Glauben. Er studierte erst unter seinem Vater und anderen Persön-
lichkeiten seiner Stadt und setzte seine Studien in der Stadt Sana’a, der Hauptstadt des damals
vereinten Jemens, fort. In seinen frühen Jahren fing er an, vom Weg des traditionellen Islam
abzuweichen. Es begann damit, dass er sagte, dass die meisten Muslime nicht nur vom rechten
475
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
tawa, die er alle mit großer Vorliebe las. Obwohl er kein Gelehrter war986, begann
er kurz nach seiner Rückkehr im Jahre 1150 nach Hijra Bücher zu schreiben und
Rechtsgutachten zu erlassen. Viele dieser Schriften wurden nicht veröffentlicht
oder gelehrt, da sie nicht als angemessen erachtet wurden987, doch nach dem Tod
seine Vaters in Huraimila988 und seiner eigenen Auswanderung nach al-‘Uyaina
und von dort nach ad-Dar’iyya, kam er unter den Schutz des örtlichen Gouver-
neurs namens Muhammad ibn Sa’ud.989 Muhammad ibn Sa’ud stimmte zu, der mo-
mentane Anführer zu werden, während Muhammad ibn ‘Abdulwahhab der geist-
liche Führer wurde und zusammen wollten sie Arabien von dem reinigen, was
sie als Götzenkult erachteten.990 Der Pakt wurde durch die Verheiratung seiner
Tochter an den religiösen Eiferer geschlossen.
Nachdem er nun unter der Beobachtung und dem Schutz des neuen Herr-
schers der Bewegung stand, schrieb Muhammad ibn ‘Abdulwahhab um die 22
Broschüren und Büchlein991, welche die bedingungslose Ergebung aller, ob Ge-
lehrte oder Laien, verlangten. Einige der Hauptpunkte seiner Doktrin, die nicht
im Einklang mit dem traditionellen Islam stehen, sind:
1. Man kann die Bedeutungen aller Namen und Eigenschaften Allahs in
diesem Leben kennen, sogar, wenn man Ihn nicht gesehen hat. Die Namen und
Eigenschaften Allahs haben eine weltliche Bedeutung, die wir verstehen.992
2. Erlösung durch Glauben und Taten sind Gründe für den Eintritt in das
Paradies.993
Weg abgekommen, sondern auch noch der Götzendienerei verfallen seien und lehnte ihren
Glauben ab. Er gründete daraufhin seinen eigenen Fiqh, Glauben usw. Die Kurzfassung stammt
aus seinem eigenem Buch (Die Reinigung des Glaubens vom Schmutz der Abirrung), S. 36-38,
worin er seine Methodik in einfachen und erschreckenden Worten ausdrückt.
986 Von den Gelehrten, die ihn unterrichteten, wie von ‘Abdulwahhab an-Nadschdi, Muhammad
Hayat as-Sindi, Muhammad ibn Sulaiman al-Kurdi und Muhammad al-‘Afaliqi, gibt es keinen
einzigen Bericht, dass sie ihn in der Position sahen, oder ihn dazu autorisiert hatten, irgend-
welche gesetzlichen Bestimmungen oder Erlässe zu geben, weder als ein Ausleger, Jurist oder
Richter. Es gibt tatsächlich keinen einzigen in seiner Zeit, außer seiner eigenen Söhne und
Anhänger, die ihn auf der Stufe eines Gelehrten sahen.
987 Siehe hierzu von Salih ibn ‘Abdullah ibn ‘Abdurrahman, S. 112-113 und 484-489. Dies ist eine
Salafi Biografie ihres Lehrers.
988 Dies war um das Jahr 1740 herum.
989 Gestorben 1765
990 ‘Aqidat asch-scheich Muhammad ibn ‘Abdulwahhab as-Salafiyyah, S. 503-507
991 Ibid., S. 118-138
992 Sieh hierzu: , S. 42-45; 47-49, von Hammad ibn ‘Uthman Mu’ammar, Student von Muhammad
ibn ‘Abdulwahhab. [Die Ansicht der Ahl al-Sunnah ist, dass die wahren Bedeutungen der mehr-
deutigen Verse bei Allah subhanahu wa ta’ala sind. Siehe hierzu die Schriften über auf dem
Blog und der Webseite von www.ahlu-sunnah.de, Anm. d. Ü.]
993 Für Ahl al-Sunnah ist die Erlösung allein durch den Glauben, der aus der Bestätigung mit Herz
und Zunge besteht. Die Taten sind aber ebenfalls eine Notwendigkeit für den Diener, doch kein
Grund für die Erlösung; sie spiegeln die Kraft des Glaubens wider. [Anm. d. Ü.]
476
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
3. Der Zustand des Toten ist beinahe mit der absoluten Vernichtung gleich-
zusetzen und somit können sie jene nicht hören, die an ihre Gräber kommen und
sie besuchen. Dies schließt ferner ein, dass ihre Wunder und ihr Leben mit dem
Tod vernichtet sind und diese dann darum zu bitten, für jemanden zu beten, ist
Götzenkult.994
4. Das Besuchen der Grabstätten oder das Senden von Friedensgrüßen an
die Grabbewohner ist Götzenkult. Das Gleiche gilt auch für das Sprechen über
das Unsichtbare oder Abwesende, wie z.B. das Sprechen über Engel.995
5. Die große Mehrheit der Muslime, bis hin zu den ersten drei Generatio-
nen, war dem Götzenkult verfallen.996 Da dies geschehen war, mussten die Mus-
lime also direkt neue Schlussfolgerungen aus den Texten ziehen und sie so an-
wenden, wie sie es für angemessen hielten. Dies sollte natürlich erst einmal von
jenen kontrolliert werden, die in der neuen Bewegung Autorität besaßen. Fer-
ner wurden die Muslime wie die Götzendiener, welche zwar an Allah als ihren
Schöpfer glaubten, aber Ihn nicht anbeteten.997 998
994 Der Hauptpunkt hierbei ist, dass eine Person, sei sie ein Prophet, ein Gelehrter oder ein Freund
Allahs, obwohl sie diese Fähigkeit und Kraft im Leben hatte, nach ihrem Tod nicht mehr be-
sitzt. Sie sind ebenfalls nicht mehr fähig irgendeinen Friedens-, Segens – oder normalen Gruß
zu vernehmen, den ein Lebender ihnen schickt. Wenn man sie also fragt, während sie noch am
Leben sind, so ist dies in Ordnung. Doch nach ihrem Tod ist dies Götzenkult. Der Grund hierfür
ist, dass diese nicht hören können und dem Zustand der absoluten Vernichtung nahe sind.
Siehe hierzu Muhammad ibn ‘Abdulwahhabs Kaschf asch-Schuhubat, S.29-30. [Anm. d. Ü. siehe
hierzu ‚Imam al-Razi und das Besuchen der Gräber‘ auf www.ahlu-sunnah.de sowie andere
Schriften]
995 Siehe ‘Abdurrahman ibn Hasan (gestorben 1868), Enkel und zweiter Nachfolger Muhammad
ibn ‘Abdulwahhabs, S. 84 – 85.
996 Muhammad ibn ‘Abdulwahhab sagte: „Das beste gesprochene Wort, das man je sprechen konn-
te, war das eines Beduinen, der eines Tages zu uns kam und sagte, er habe etwas über den
Islam vernommen. Er sagte: „Ich bezeuge, dass wir Kuffar waren (er meint alle Beduinen), und
ich bezeuge, dass der Wächter, der zu uns kam, um uns einiges zu erzählen, von den Leuten
des Islam ist.“ Dieser Mann bezeugte somit, dass er ein Ungläubiger gewesen war.“ – Scharch
Sittah Mawadi‘ min as-Sirah, S. 25-26. Dies zeigt wahrlich, dass dieser Glaube den Menschen
gelehrt wurde. Mehr kann gesagt werden über seinen Sohn und ersten Nachfolger, ‘Abdullah
ala Scheich, der sagte: „Wahrlich, großer Schirk ist die Norm geworden für die Menschen auf-
grund der Unwissenheit und dem Verschwinden wahren Wissens.“ – S. 15-16.
997 Siehe hierzu bitte , S. 3-4: „Diese Götzendiener wussten schon, dass Allah ihr einziger Schöp-
fer ist, ohne Partner. Niemand bewahrt außer Allah und niemand außer Ihm schenkt Leben
und niemand außer Ihm nimmt Leben, niemand außer Ihm hat Sachen vorherbestimmt und
die Götzendiener, welche der Gesandte Allahs sallallahu ‚alayhi wa sallam bekämpfte, wussten
über diese Tatsachen Bescheid.“
998 Dies führt uns zu einer wichtigen Definition. Um die wahre Natur des Götzenkultes zu verste-
hen, müssen wir erst einmal begreifen, was ein Gott ist und wie jemand etwas oder jemanden
als einen Gott neben Allah ansehen kann. Lasst uns erst einmal darauf schauen, was die tradi-
tionellen Sunniten sagten, und danach werfen wir einen Blick auf das, was Muhammad ibn
‘Abdulwahhab sagte.Imam Ibn Manzur definierte einen Gott und die Anbetung dessen wie
folgt: „Ein Gott ist das, was vergöttert und angebetet wird, und was man als den Erschaffer,
477
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Bewahrer und Bestimmer der Anbetung sieht und was Macht über den Anbeter besitzt. Was
auch immer man nicht in diesem Bereich erachtet, kann nicht als Gott bezeichnet werden, so-
gar wenn jemand dazu gezwungen wird, eine Sache „anzubeten“, denn dies wäre eine Schöp-
fung, welche die Anbetung ersucht [und kann nicht als „Gott“ bezeichnet werden].“ – Lisan ul-
‘Arab, Band 13, S. 466 – 467.Deswegen ist das Wort (deutsch: Gott) etwas, was von dem Anbe-
ter als ein Erschaffer, Bewahrer und Former erachtet wird. Ohne diesen Glauben verfällt die
Person nicht in den Götzenkult.Sehen wir uns nun die Definition von Muhammad ibn ‘Abdul-
wahhab an: „So gesagt ist der Ausdruck: „Es gibt keinen Gott“, die Ablehnung von allem, was
man neben Allah anbetet, während die Aussage: „außer Allah“ die Bestätigung ist, dass man
Allah alleine ohne Teilhaber anbetet, genauso wie Er keinen Teilhaber in der Herrschaft hat.“
– Al-Usul al-Thalathah wa Adillatuha, S. 13-14.Dies ist das eigentliche Problem der Wahhabi-
ten. Am Anfang definierte Muhammad ibn ‘Abdulwahhab den Tawhid, oder das Glaubensbe-
kenntnis neu, so dass er auf diesem Weg die Beschuldigung von Unglauben und Götzenkult
anwenden konnte. Als dies geschehen war, konnte er den Rest seines Glaubens darauf aufbau-
en. Ohne diese anfängliche Hypothese der Bedeutungen, die er anwandte, wären die Argumen-
te, der Glaube und die Schlussfolgerungen Muhammad ibn ‘Abdulwahhabs und seiner Sekte
unverständlich. Deshalb ist es so, dass bei einer Diskussion mit dieser oder jeder anderen Sek-
te die Definitionen der Fachwörter wichtig ist, damit man nicht aneinander vorbeiredet, wäh-
rend man denkt, dass man eigentlich mit dem einen Wort das Gleiche meint. Es muss erst ge-
klärt werden, damit beide Gruppen über ein- und dasselbe reden. Die ersten drei Termini in
Bezug auf diese Sekte, die definiert werden müssen, sind Tawhid, La ilaha ill Allah und ‘Ibadah.
Wir werden mit Tawhid beginnen.Imam Abu Hanifa rahimahullah und seine Studenten, die
seine Worte aufzeichneten, sagten: „Die Grundlage des Tawhid und woran man glauben soll,
ist: Man muss sagen: „Ich verinnerliche Iman an Allah, seine Engel und seine Bücher, an die
Gesandten und die Auferstehung nach dem Tode. Die Bestimmung (Qadar), sei sie gut oder
böse, ist von ALLAH, erhaben ist Er. Die Abrechnung, die Waage (Al-Mizan), das Paradies und
die Hölle, all das ist wahr. ALLAH ist Eins, (aber) nicht in einem numerischen Sinne, sondern in
dem Sinne, dass Er keinen Teilhaber hat. Sprich: «Er ist ALLAH, der Einzige; (1) ALLAH, der
Unabhängige und von allen Angeflehte. (2) Er zeugt nicht und ward nicht gezeugt; (3) Und
keiner ist Ihm gleich. (4)» Er ähnelt nichts von Seiner Schöpfung und keines Seiner Geschöpfe
ähnelt Ihm. Er war und ist Urewig samt seiner Namen und Attribute des Wesens und seines
Tuns. Die Attribute des Wesens sind: Das Leben, die Macht, das Wissen, die Rede, das Gehör,
das Sehen und der Wille. Die Attribute des Tuns sind: Das Schöpfen, das Verteilen der Versor-
gung, die Erschaffung aus dem Nichts, die Gestaltung und das Kreieren, sowie andere Attribu-
te des Tuns. Er war und ist (ewig) mit Seinen Namen und Attributen. Er hat für SICH SELBST
keinen Namen und kein Attribut geschaffen. ER war seit der Urewigkeit wissend durch sein
Wissen und sein Wissen ist ein urewiges Attribut. ER war seit der Urewigkeit mächtig durch
Seine Macht und seine Macht ist ein urewiges Attribut. Er war redend mit Seiner Rede und das
Reden ist ein urewiges Attribut. ER war Schöpfer durch Seine Schöpfungsfähigkeit und die
Schöpfungsfähigkeit ist ein urewiges Attribut. ER war handelnd durch Sein Handeln und Sein
Handeln ist ein urewiges Attribut. Der Handelnde ist ALLAH, erhaben ist Er und das Handeln
ist ein urewiges Attribut. Das Ergebnis der Handlung ist geschaffen, der Akt des Handelns aber
ist unerschaffen. Seine Attribute in der Urewigkeit sind keine Akzidenzen und nicht geschaf-
fen. Wer sagt, dass Seine Attribute Akzidenzen sind oder dass sie geschaffen sind oder wer
keine Stellung dazu einnimmt oder Zweifel hat, der ist ein Kafir an ALLAH, erhaben ist Er.“ - Al-
Fiqh al-AkbarImam Ibn Manzur sagt in seinem verlässlichen Buch über die arabische Sprache:
„Tawhid ist der Glaube an Allah, allein und einzig nur an Ihn, ohne Ihm Partner zuzuschreiben.
Er ist der Besitzer der Einzigartigkeit und Einheit. Ibn Sayyiduh sagte, dass Allahs einer und
einzigartig ist, der Besitzer der Einheit. Einige seiner Eigenschaften schließen Einheit und das
Eins-Sein mit ein. Abu Mansur und andere erwähnten, Sein Name al-Ahad, der Eine, baut auf
478
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
dem Prinzip auf, dass Er frei ist von einer Anzahl, genauso als würde jemand sagen: „Niemand
kam zu mir.“ Al-Wahid, der Einzige, baut auf der Einheit mit Ihm auf, so als würde man sagen:
„Keiner von den Menschen kam zu mir.“ Al-Wahid ist einzigartig in Seiner Essenz, ohne Gleich-
nis oder Gleichwertiges, doch Al-Ahad ist Bezug auf die Bedeutung.“ – Lisan ul-‘Arab, Band 3, S.
551 – 552.Muhammad ibn ‘Abdulwahhab sagte: „Tawhid besitzt drei Kategorien: Tawhid ar-
Rububiyyah, Tawhid al-‘Ibadah und Tawhid al-Asma was-Sifat.“ – Kaschf asch-Schuhubat fit
Tawhid war-Risalat ul-Mufidah, S. 33-34Von Anfang an erwähnte er den Tawhid des Herr-
seins (Rububiyyah), der Anbetung und Göttlichkeit (‘Ibadah/Uluhiyyah) und der Namen und
Attribute (Asma was-Sifat), doch was ist der Unterschied zwischen den ersten beiden? Mu-
hammad ibn ‘Abdulwahhab wurde diese Frage gestellt und er antwortete: „Der Tawhid ar-Ru-
bubiyyah ist die Handlung des Herrn, dass er die Macht hat über die Schöpfung, über Leben
und Tod bestimmt, den Regen sendet, die Pflanzen wachsen lässt und alle Dinge festlegt. Der
Tawhid der Göttlichkeit ist das, was du tust, oh Sklave. Diese Dinge beinhalten Anbetung,
Furcht, Hoffnung, Vertrauen, Ergebenheit, Reue, Ehrfurcht, Angst, Schwur, Fürsprache und an-
dere dieser Dinge, welche von der Anbetung kommen.“ – Majmu’at ut-Tawhid: Al-Adillatu ‘an
it-Tawhid, S.55 – 56.[Dem Leser wird klar, dass dies eine absolut neue Definition von Tawhid
ist, welche man bei keinem der früheren Gelehrten vorfinden kann, außer bei Ibn Taymiyyah
und späteren Gelehrten, welche aber diese Definition des Tawhid nicht benutzten, um die Be-
hauptungen von Muhammad ibn Abdulwahhab aufzustellen – dass der Glaube an einen Teil
möglich sei, ohne den Glauben in die anderen beiden in sich zu tragen. – Anm. d. Ü.]Die nächste
Definition betrifft das Glaubensbekenntnis selbst: „La ilaha ill Allah“, dessen Übersetzung:
„Kein Gott außer Allah“ bedeutet. Wie verstand Muhammad ibn ‘Abdulwahhab und seine Orga-
nisation dieses Bekenntnis? In seiner Definition dieses Bekenntnisses sagt Muhammad ibn
‘Abdulwahhab: „Wenn man dich fragt, was der feste Griff ist, dann sollst du sagen, dass es La
ilaha ill Allah ist. Die Bedeutung von La ilaha ill Allah ist zweierlei. Eines ist die Aussage: „La
ilaha“, es gibt keinen Gott, welches die Ablehnung ist und das andere ist „ill Allah“, nur Allah,
welches die Bestätigung ist. Wenn du gefragt wirst, was du denn ablehnst und was du bestä-
tigst, dann sollst du sagen, dass du alles ablehnst, was man neben Allah anbetet, und du nur die
Anbetung Allahs bestätigst, ohne ihm in der Anbetung Teilhaber zu beizugesellen.“ – Ebenda.
Dies ist aber nicht das Verständnis der ersten drei Generationen, welche uns den Ausdruck
„Tawhid“ erklärten, welcher ein Synonym für „La ilaha ill Allah“ ist. Als die Worte des Tawhid
erwähnt wurden, wurde es als eine einzige Sache erklärt, aber viele Dinge wurden unter die-
sem Punkt zusammengefasst. Imam Abu Hanifa (g. 150), Abu Yusuf (g. 182), und Muhammad
ibn Ali al-Hasan asch-Schaybani (g. 189), möge Allah mit ihnen wohlgefällig sein, sagten alle in
Bezug auf Allah in der zweiten Generation: „Wir sagen bezüglich der Einheit Allahs – wobei wir
aufgrund der Gnade Allahs fester Glaubensüberzeugung sind: ‚Wahrlich, Allah ist Einer, Er hat
keinen Partner, es gibt nichts, das mit Ihm vergleichbar wäre, nichts, das Ihn überwältigen
kann und es gibt keine Gottheit außer Ihm.‘“ – ‘Aqida al-Tahawiyya, S. 1-2Der Meister des drit-
ten Jahrhunderts, Imam Ahmad ibn Hanbal (g. 241), möge Allah seiner wohlgefällig sein, sagte:
„Wahrlich, Allah ist Einer, einzigartig, ohne eine Anzahl für Ihn (nicht im nummerischen Sin-
ne). Es ist weder möglich, anzunehmen, dass Er aufgeteilt werden könnte, noch daran zu glau-
ben, dass Er aus Teilen besteht. Er ist Einer und einzigartig in jeder erdenklichen Hinsicht und
was auch immer neben Ihm existiert, ist nicht vergleichbar mit Ihm außer in Bezeichnungen.
Er wird mit dem beschrieben, was im offenbarten Gesetz kam und was mit Konsens beschlos-
sen wurde.“ – I’tiqad, S. 101 – 102.Ebenfalls wissen wir, was mit der Aussage von La ilaha ill
Allah gemeint ist, wenn wir uns ansehen, was Ibn ‘Abbas radiyallahu ‚anh (g. 68) diesbezüglich
sagte: „Es gibt keinen, der einem Schaden zufügt, Nutzen gibt, verhindert, segnet oder die
Quelle von Macht oder Erniedrigung ist, außer Allah. Es wird auch gesagt: „Du sollst wissen,
dass es nichts in seiner Achtung und Wertschätzung gibt, wie die Achtung und Wertschätzung
des La ilaha ill Allah.“ – Tanwir ul-Maqbas min Tafsir Ibn ‘Abbas, S. 538 – 539.Imam al-Hussain
479
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Dies sind nicht alle Glaubenspunkte dieser Organisation999, die sich al-Mu-
wahhidun1000 oder auch „Die Bruderschaft“ (al-Ikhwan) bezeichnete, sondern nur
Glaubenspunkte, welche einen großen Bruch mit der Theologie des traditionel-
len Islam und der Gemeinschaft der Muslime hervorriefen. Die Botschaft der Bru-
derschaft war einfach, starr und unmissverständlich. Sie behaupteten weder, ei-
ner Rechtsschule anzugehören, noch behaupteten sie, in irgendeiner Weise die
Erben der Theologen der Vergangenheit zu sein, wie von Imam Ahmad ibn Han-
bal1001, Imam Abul Hasan al-Asch’ari1002 und Imam Abu Mansur al-Maturidi1003,
al-Baghawi (g. 516), möge sich Allah seiner erbarmen, schreibt: „Abul ‘Aliyah und Sufyan ibn
‘Uyainah sagten: ‚Diese Aussage ist verbunden mit der Aussage vorher, was bedeutet, dass
wenn die Stunde kommt, dann sollst du wissen, dass es keine Zuflucht oder keinen Schutz oder
keine Furcht gibt, außer bei und vor Allah in dem Moment, in dem die Stunde schlägt.‘ Es wird
auch gesagt: ‚Du sollst wissen, dass es keinen Gott außer Allah gibt‘, was bedeutet, dass das
Königreich und die Ordnung vernichtet wird beim Eintreffen der Stunde, so dass es keine
Herrschaft und kein Königreich mehr außer jenes von Allah gibt.‘ – Lubab ut-Ta’will fi Ma’alam
it-Tanzil, S. 1196 – 1197.Imam Ibn ‘Atiyyah (g. 541) sagte: „Es ist vorgeschrieben, dass es kei-
nen Gott außer Allah gibt, was bedeutet, dass es keinen Gott gibt, der außer Ihm existiert und
angebetet wird.“ – Al-Muharrir ul-Wajiz fi Tafsir il-Qur’an il-‘Aziz, S. 228 – 229.Letztlich bleibt
nur noch die Definition des Wortes ‘Ibadah –Anbetung. Der Prophetengefährte Ibn ‘Abbas ra-
diyallahu ‚anh sagte, als er den Vers: „Und er gesellt Allah bei seiner Anbetung niemanden bei.“,
kommentierte: „So versucht der Anbeter nicht gesehen zu werden oder mischt seine Anbetung
des Herrn nicht mit der Anbetung anderer und es wird ebenfalls gesagt, dass er seinen Gehor-
sam dem Herrn gegenüber nicht mit dem Gehorsam anderen gegenüber vermischt. Diese Ayah
wurde offenbart in Bezug auf Jundub ibn Zuhari al-‘Amiri.“ – Tanwir ul-Maqbas min Tafsir Ibn
‘Abbas, S. 318 – 319.Imam Ibn Manzur definiert ‘Ibadah als: „‘Ibadah bedeutet sprachlich Ge-
horsam, zusammen mit Ergebung und der Erniedrigung seiner selbst.“ – Lisan ul-‘Arab, Band
3, S. 334 – 335.[Es gibt noch viel mehr über diese Punkte zu sagen, doch man muss sich ganz
bewusst sein, dass es zwischen der Ahlu Sunnah und der Bewegung der Wahhabiten klare
Unterschiede innerhalb der Definitionen des Schirk, Tawhid etc. gibt. (Anm. d. Ü.)]
999 Es gibt noch andere Glaubenspunkte, wie die Ablehnung der Unfehlbarkeit der Propheten, die
Ablehnung des übernatürlichen Wesens des Propheten sallallahu ‘alayhi wa sallam und mehr,
doch dies muss in größeren Büchern behandelt werden und wird auch im Buch des Autors
behandelt. Dieses kurze Vorwort ist nur dazu da, auf den Ursprung dieser Bewegung aufmerk-
sam zu machen.
1000 Das Wort al-Muwahhidun bezeichnet jemanden, der Allah in seiner Einheit und Ungleichheit
als einzigartig erklärt und darauf beharrt. Es ist der Name, der für alle Muslime benutzt wird,
doch die Khawaridsch nahmen dies als ihren Namen, um sich von den traditionellen Musli-
men abzuspalten. Exklusive Namen und Bezeichnungen zu wählen, um die anderen zu degra-
dieren, ist eines der großen Erkennungsmerkmale dieser Bewegung, welche sich selbst zur
Schande ihrer Angreifer und Widersacher mit großen Namen schmückt [ála ].
1001 Imam der Hanbali Schule, 164-241/780-855.
1002 Gründer der theologischen Schule der Maturidis, ein Nachkomme des Abu Ayyub al-Ansari
radiyallahu ‘anh. Er kämpfte gegen die Sekte der Mu’tazilah in Zentralasien. (238 – 333/852
- 944)
1003 Gründer der theologischen Schule der Asch’aris, ein Nachkomme des Abu Musa al-Asch’ari,
radiyallahu ‘anh. Er kämpfte gegen die Sekte der Mu’tazilah in Basra und Bagdad. (260 –
330/874 – 942)
480
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
möge Allah mit ihnen allen wohlgefällig sein.1004 Die Bruderschaft behauptete kei-
nes dieser Dinge, sondern sie behauptete, die Wiederherstellung des reinen und
ursprünglichen Islams zu sein, welcher für Jahrhunderte verloren gegangen war.
Islam musste neu gepredigt werden.1005
Die nächste ehrgeizige Bemühung, die Muhammad ibn ‘Abdulwahhab auf
sich nahm, war „das Zurückrufen der Gelehrten zum Tawhid, weg vom Götzen-
kult und den Götzen.“ Jedem größeren Bezirk mit einem Qadi wurde ein Brief
mit Broschüren und Büchlein geschickt, alle geschrieben und unterschrieben von
Muhammad ibn ‘Abdulwahhab. Historisch gesehen ist es schwer nachzuvollzie-
hen, wie viele dieser kleinen Nachrichten herausgeschickt wurden, doch die Ant-
wortschriften der Gelehrten füllen mehr als 60 Bücher. Dies zeigt die Größe und
1004 Dies wird absolut klar, als Muhammad ibn ‘Abdulwahhab seinen zwei stärksten Kritikern,
Imam ‘Abdullah ibn Dawud al-Basri und ‘Alawi al-Haddad sagte: „Die Schari’a ist eine einzige.
Was ist nur los mit diesen Menschen, welche die Schari’a in vier Rechtsschulen aufteilen?
Hier haben wir das Buch Allahs und die Sunnah des Gesandten Allahs. Wir akzeptieren außer
diesen beiden Dingen nichts. Wir gehorchen nicht den Anordnungen der Leute aus Scham,
Ägypten, Indien oder sonst wo in diesem Falle.“ Imam ‘Abdullah ibn Dawud al-Basri sagte: „Er
bezieht sich auf die Gelehrten der Hanbali-Schule, aber auch auf die Gelehrten der anderen
Schulen.“ Siehe hierzu die beiden Werke dieser Gelehrten, . Die gleiche Behauptung wurde
auch gegenüber Imam Zayni Dahlan (1232 – 1308/1816 - 1890) von einem der Nachfolger
dieser Bewegung wiederholt. Siehe hierzu Imam ad-Dahlans .
1005 Muhammad ibn ‘Abdulwahhab sagte: „Es wurde ganz klar erwähnt, dass diese Gemeinschaft
in großen Mengen in den Götzenkult fallen wird. Gute Neuigkeiten sind, dass die Wahrheit
immer präsent sein wird, genauso wie es in der Vergangenheit war. Es wird immer eine kleine
Gruppe geben, die sich in der Wahrheit befindet. Deutliche Zeichen hierfür sind, dass trotz
des Widerstandes der Menschen, trotz ihrer Ermordung und Vertreibung, dies dieser Grup-
pe nicht schadet – und dieser Zustand wird bis zum Tag des Gerichts bestehen bleiben. Es
wurde prophezeit, dass es eine siegreiche und unterstützte Gruppe geben wird, die sich in
der Wahrheit befindet und dies ist schon geschehen, genau so, wie es vorhergesagt wurde.“
‘Abdurrahman ibn Hasan, der Nachfolger der Bruderschaftsbewegung, machte dies ganz klar,
nachdem er die Aussagen seines Opas und seiner Onkel gesammelt und gesagt hatte: „Diese
Versuchung des Götzenkultes wurde hervorgebracht, bis zu dem Punkt, dass es in diesen spä-
teren Zeitaltern niemanden mehr gab, der dem widersprach. Dies war der Fall, bis Scheich al-
Islam Muhammad ibn ‘Abdulwahhab, möge sich Allah seiner erbarmen, den Leuten zeigte und
bewies, dass die Anbetung der Götzen abzulehnen und verboten sei. Er verbat die Anbetung
der Götzen. Er rief die Menschen dazu auf, diese zu verlassen und Allah alleine in seiner Herr-
schaft, seinen Namen und Eigenschaften zu dienen und an Ihnzu glauben.“ – Qurrat ‘Uyun
il-Muwahhidun, S. 125-126. [Bemerke hier, dass diese Autoren so tun, als wäre die gesamte
islamische Gemeinde ganz klar keine islamische Gemeinde mehr gewesen, sondern ein Volk
der Götzendiener, zu dem Muhammad ibn ‘Abdulwahhab kam und denen er das simpelste und
einfachste im Islam beibrachte, was diese Menschen seiner Ansicht nach Jahrhundertelang
vergessen hatten: Dass es keine Götter außer Allah gibt (La ilaha ill Allah) – exakt genauso,
wie ein Prophet kommt, nachdem die Botschaft des vorherigen Propheten verändert, verlo-
ren oder manipuliert wurde und die Gemeinschaft den Glauben verloren hatte. Wie fern ist
diese Aussage von der Wahrheit und welche Beleidigung des Propheten Muhammad sallalla-
hu ‘alayhi wa sallam ist dies, der die absolute Wahrheit brachte und dessen Religion Allah zu
schützen auf Sich genommen hat. (Anm. d. Ü.)]
481
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
das Ausmaß des Kultes und wie ernst die Gelehrten die Gefahr nahmen, die von
diesem Kult ausging. Antworten kamen schon bald von den größten Stimmen in
der muslimischen Welt und alle Antworten fielen negativ aus. Diese großen Ge-
lehrten sandten ihre Briefe nicht nur zurück, sondern warnten daraufhin auch
alle Gelehrte in anderen Städten und predigten in ihrem Einflussbereich gegen
ihn. Irak, Scham, Ägypten und Nordafrika folgten dem gleichen Schema, um das
Krebsgeschwür einzudämmen. Deswegen wollen wir einige Beispiele von den
Gelehrten geben, die dieses Übel ablehnten. Vielleicht kann es ja sein, dass der
Gläubige den grässlichen Zustand dieser Angelegenheit begreift.
Imam Muhammad Haya as-Sindi1006, möge Allah wohlgefällig mit ihm sein,
sah die Anzeichen der Gefahr schon vor ihrem und begann, die Leute vor ihnen
zu warnen. Als früherer Lehrer Muhammad ibn ‘Abdulwahhabs wusste er, dass
dieser nicht qualifiziert war und er berichtete dies auch den Menschen.1007
Imam Muhammad ibn ‘Abdurrahman al-‘Afaliqi1008, möge Allah sich seiner
erbarmen, Großrichter und Mufti, schrieb ein Buch gegen Muhammad ibn ‘Ab-
1006 Gestorben 1163 nach der Hijra (1750). Er ist Muhammad Hayah ibn Ibrahim as-Sindi, gebo-
ren in einem Dorf von Sindh, Jajar, im ungeteilten Indien der damaligen Zeit. Dort wurde er
groß, bis er in seinem Erwachsenenalter nach Sindh ging und dort unter den größten Gelehr-
ten studierte, darunter auch Imam Waliyullah ad-Dahlawi. Imam Muhammad saß ebenfalls
mit großen Gelehrten wie Imam Muhammad Mu’in ibn Muhammad Amin at-Tatwi as-Sindi.
Nachdem er seine Studien in Indien vollendet hatte, reiste er auf die Arabische Halbinsel und
wohnte dort in Madinah und lernte von den dortigen Gelehrten, darunter Imam Abul Hasan
ibn ‘Abd al-Hadi al-Sindi, ‘Abdullah ibn Salim al-Basri, Abu Tahir Muhammad ibn Ibrahim al-
Kurdi, Abul Asrar Hasan ibn ‘Ali al-‘Ujaiumi und andereh. Seine Studenten waren Imam Su-
laiman ibn ‘Abdulwahhab (wenn auch nur kurz), Abul Hasan ibn Muhammad Sadiq as Sindi
und viele andere. Tatsächlich war der Wiederbeleber der Khawarij dieser Zeit, Muhammad
ibn Isma’il as-San’ani und dessen Nachfolger, Muhammad ibn ‘Abdulwahhab, seine Studenten,
die in jungen Jahren vor der Gestaltung ihrer Bewegungen von ihm lernten. Bücher, die Imam
Muhammad Hayah as-Sindi schrieb, sind : Ghayat ut-Tahqiq wa Nihayat ut-Tadqiq, Mukhta-
sar uz-Zawajir, Scharhut Targhib wat Tarhib, Al-Jannah fi ‘Aqaidi Ahl is-Sunnah, Al-Hikam ul
Haddadiyyah, Fath al-Wadud fit Takallumi fi Mas’alat il ‘Ainiyyah wa Wahdat il-Wujud, Risalah
fi Hukmi I’fa il-Lihya und zehn andere, die in den Bibliotheken Indiens und des Hijaz liegen. Er
war einer der ersten Gelehrten, die das Übel von Muhammad ibn ‘Abdulwahhab verspürten,
als er im Jahre 1150 (drei Jahre vor der ersten öffentlichen Deklaration seiner Bewegung) sah,
wie dieser den Kufr über jene sprach, die das Grab des Propheten sallallahu ‘alayhi wa sallam
besuchten. Er warnte den Vater des Jungen, der dies zwar bemerkte, aber die Entwicklung
dessen nicht mehr sah, da er vorher starb. Siehe hierzu bitte die Augenzeugenberichte und
Werke dieser Zeit.
1007 Misbah al-Anam, S. 18-19.
1008 Gestorben 1164 n. H. (1751). Es ist Muhammad ibn ‘Abdurrahman ibn Husain ibn Muhammad
ibn ‘Afaliq. Imam al-‘Afaliqi wurde in al-Ahsa‘ geboren, dort aufgezogen und von den dortigen
Gelehrten unterrichtet. Als junger Mann lernte er Ghayat ul-Muntaha, al-Iqna‘ und er lern-
te von den besten Gelehrten dieser Zeit, darunter der ehemalige Richter Basras, Imam Mu-
hammad ibn Fairuz al-Hanbali. Imam al-‘Afaliqi spezialisierte sich in Arabisch, Usul ul-Fiqh
und anderen Wissenschaften, bis er im Alter von dreißig als Autorität anerkanntt wurde. Als
er einen Brief von Muhammad ibn ‘Abdulwahhab bekam, schrieb er einen zurück mit Fragen
482
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
dulwahhab, als dieser von sich behauptete, sich auf dem gleichen Rang wie die
vier Imame der Rechtsschulen zu befinden. Das Buch ist bekannt als Tahakkum
al-Muqallidin bi Mud’ai Tajdid ad-Din [Die Kritik des Spottes von jenem, der die
Befolgung der Mujtahids ablehnt]. Er riet in diesem Buch, dass man Muhammad
ibn ‘Abdulwahhab nicht folgen sollte, da dieser kein Gelehrter und somit unqua-
lifiziert sei.1009 Imam al-‘Afalqi setzte sein Leben aufs Spiel, als er es wagte, ge-
gen diese Organisation zu sprechen.
Imam Sulaiman ibn Suhaim az-Zubairi1010, möge Allah sich seiner erbarmen,
antwortete Muhammad ibn ‘Abdulwahhab, als er dessen Brief bekam und sen-
dete Kopien des Briefes an die Richter seiner Umgebung:
„Im Namen Allah, des Allbarmherzigen, des Allgütigen,
dies ist von dem bedürftigen Sklaven Allahs, des Erhabenen. Mein Name ist
Sulaiman ibn Muhammad ibn Suhaim und ich habe dies an jeden Gelehrten der
Muslime gesandt, den Dienern des offenbarten Gesetzes des Meisters der Kinder
Adams, des ersten und letzten.
As-salamu ‘alaykum warrahmatullahi wa barakatuhu,
Daraufhin:
Es ist euch sicherlich aufgefallen und ihr habt bemerkt, dass in unserem Land
ein Mann erschienen ist, der ein Erneuerer, Ignorant, Irregeleiteter und Irrelei-
tender ist. Dies ist Grund für das Verschwinden des Wissens und das Verschwin-
den der Frömmigkeit aus den Herzen der Menschen. Dies führte zu schreckli-
chen Angelegenheiten, zu hasserfüllten Schlachten unter den Menschen. Einige
der Dinge, die geschehen sind, führten zu Hass, Feindschaft und das Hören die-
ser ist kaum erträglich. Dies kam noch nie vorher in unser Land, deswegen ha-
ben wir den Wunsch verspürt, dieses Wort an die Gelehrten der Muslime zu sen-
den, den Erben des Meisters der Gesandten, damit sie diesen Erneuerer aufhalten.
Die Absicht dieses Briefes ist das Erheben für Allah und seinen Gesandten,
um seine Religion mit Aufrichtigkeit zu unterstützen. Möge Allah uns und sie von
über die Sprache, Rechtsurteile, Glaubenspunkte und den Fiqh Urteilen diesbezüglich. Dies
waren alles nur Themen, welche hochrangige Gelehrte beantworten konnten. Muhammad ibn
‘Abdulwahhabs Versagen, auf diese Fragen zu antworten, wurde von den Richtern und Ge-
lehrten als ein weiteres Zeichen für die Irreleitung Muhammad ibn Abdulwahhabs gesehen,
die er in diese Religion neu eingeführt hatte. Der Scheich hatte viele Schüler, darunter auch
Sulaiman ibn ‘Abdulwahhab.
1009 Misbah ul-Anam, S. 4-6
1010 Gestorben im Jahre 1187 n. H. (1773). Er ist Sulaiman ibn Muhammad ibn Suhaim. Richter
und Jurist der Region des Najd und später ein Lehrer in al-Basra, Irak, und ebenfalls ein Au-
genzeuge der schlimmen Geschehnisse dieser Zeit. Dieser Imam erhielt Todesdrohungen und
wurde als ein Ungläubiger betitelt. Allah beschützte diesen Diener und wir danken Allah da-
für.
483
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
484
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
wurde ebenfalls ein Buch von ihm gesandt, indem er schrieb: „Du solltest bestä-
tigen, dass du vor mir unwissend und irregeleitet warst.“
Wer auch immer nicht mit ihm übereinstimmt in allem, was er sagt oder nicht
sein Gebrachtes bezeugt, dann beschuldigt er diese Person, großen Kufr getan zu
haben. Wer ihm zustimmt und alles, was er sagt, bezeugt, zu diesem sagt er: „Du
bist ein Muwahhid.“ Dies sogar, wenn die Person ein absolut rebellischer Sünder
ist. Wenn also wirklich jemand dies sieht, wird er wissen, dass dieser Mann zu
seinem eigenen Tawhid aufruft anstatt zu dem Tawhid Allahs aufzurufen.
Dann sandte er ein Buch in unser Land, welches von seinen Missionaren ge-
bracht wurde und seine Handschrift trug. Einmal geöffnet, konntest du in die-
sem Buch sehen, dass er bei Allah schwor, ein Wissen zu besitzen, welches nicht
bei seinen Lehrern vorhanden ist, die behaupten, Wissen zu haben. Dies ist seine
Behauptung. Wenn dies der Fall ist, dann hat er keinen Lehrer und weder sein Va-
ter, noch das Volk vom Lande al-‘Arid war sich dessen bewusst. Woher hat dieser
Mann also sein Wissen? Von wem hat er diese Informationen bekommen? Wurde
es ihm als eine Offenbarung eingegeben? Sah er es in einem Traum? Oder lehrte es
ihm der Schaytan? Der Schwur, den er von sich gab, er befände sich in der Wahr-
heit, ist ihm achtenswerter als die Menschen von al-‘Arid.
Danach sprang er auf und bezichtigte Ibn al-Farid und Ibn al-‘Arabi des Un-
glaubens. Er sagte, dass die Familie des Gesandten Allahs heute Ungläubige sind,
da sie nämlich Schwüre abgaben, und wer auch immer deren Kufr nicht beschul-
digt, so ist er ebenfalls ein Kafir.
Es wurde vertrauenswürdig etabliert von ihm, dass, als ihm gesagt wurde,
die Meinungsverschiedenheiten der Gelehrten seien eine Barmherzigkeit, er ge-
antwortet habe: „Ihre Meinungsverschiedenheiten sind eine Versuchung.“ Dazu
kommt, dass er anfing, die Spendenstiftungen zu zerstören und zu plündern,
und er lehnte ab, was vom Gesandten Allahs sallallahu ‚alayhi wa sallam über-
liefert wurde und, dass seine Gefährten ebenfalls Spendenstiftungen gründeten.
Der gleiche Erneuerer entfernte den Lohn der Hadj Führer, das Gebet für
den Sultan in der Freitagskanzel und seine Begründung war: „Der Sultan ist ein
rebellischer Sünder und es ist nicht erlaubt, für ihn Gebete zu verrichten oder
ihn zu loben.“
Auch wurde uns gesagt, es sei eine Erneuerung und Irreleitung, Donners-
tag nachts (islamischer Zeitrechnung nach: Freitag nachts) Frieden und Segen
auf den Propheten sallallahu ‚alayhi wa sallam zu lesen und, dass diese Tat den
Menschen in das Höllenfeuer führen wird.
Die Behauptung wurde dann aufgestellt, der Lohn, den die Richter bekä-
men –, die der Vergangenheit und der Gegenwart –, wenn sie zwischen zwei
485
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Angeklagten urteilen und es gibt keinen Schatz für sie oder kein Einkommen,
dann sei dies Bestechungsgeld. Diese Aussage widerspricht komplett dem, was
uns von den ganzen Imamen schriftlich überliefert wurde, nämlich, dass Beste-
chungsgeld das ist, was genommen wird, um die Wahrheit abzulehnen oder, um
die Lüge als wahr darstellen zu lassen. Es ist ebenfalls Bestechungsgeld, wenn
der Richter zu den zwei Angeklagten sagt: „Ich werde zwischen euch nicht urtei-
len, außer ihr entlohnt mich dafür.“ Dies ist eigentlich Bestechungsgeld und nicht
das, was die Richter in der Gegenwart und seither getan haben.
Jemand, der im Namen eines anderen ein Opfertier schlachtet und dann den
Namen Allahs darüber ausruft und es Allah subhanahu wa ta‘ala gibt, diesen be-
zichtigt dieser Mann als Ungläubigen. Gleiches wird über den gesagt, der das Übel
der Dschiinn mit Opfergaben und Ähnlichem zu vertreiben. Der Erneuerer sagt
über eine solche Person: „Dies ist Unglaube und das Fleisch zu verzehren, ist ver-
boten.“ Die Gelehrten haben nur gesagt, dass derjenige, der eine solche Tat be-
geht, eine verbotene Tat begangen hat und dies wurde auch im Kommentar vom
Buch al-Muntaha al-Iradat erwähnt.
Ihr Gelehrte, möge Allahs Barmherzigkeit über euch sein, bitte macht dem
Laien klar, was der Standpunkt in diesen Angelegenheiten ist und schützt den
armen Gläubigen, der getäuscht und dessen Glaube korrumpiert wurde. Wenn
ihr dies als die beste aller Taten bestimmt, dann stellt dies ebenfalls klar und
wir werden seine Aussagen nehmen und ihm folgen. Wenn ihr dies jedoch als
einen Fehler erkennt, dann ruft uns weg von diesem, drückt uns weg von ihm
und macht den Fehler in diesen Angelegenheiten den Menschen klar. Viele Men-
schen in diesem Land wurden schon großen Prüfungen wegen diesem Mann
unterzogen. Möge Allah barmherzig mit euch sein! Wir ersuchen die Erklärung
dieser Themen, bevor falsche Gedanken den Weg in die Seelen der Menschen
finden. Die Antwort wird von euch ersucht und die Antwort wird bei jedem ge-
funden, der sie bewahrt. Diejenigen, die es bewahren, sind jene, die Wissen und
tiefe Einsicht über das Urteil Allahs und dessen Gesandten haben. So ist es, wie
sich die Wahrheit manifestiert, wenn sie bedroht wird, und so wird die Falsch-
heit zurückgeschlagen.“1014 1015
1014 Tarikh al-Najd, S. 270-273
1015 Deswegen schrieb ihm Muhammad ibn ‘Abdulwahhab und sagte:„Es ist klar, was Sulaiman ibn
Suhaim weiß und dass du diese Angelegenheiten und unglaublichen Aussagen, die dir zuge-
sandt wurden in dem Brief, angenommen hast. Diese Person hat sehr wenig Verständnis und
das ist klar und dies ist das schlimmste Verständnis. Dies wird verschlimmert dadurch, dass
du versuchst, die unwissenden Menschen zu täuschen, und somit seid ihr Irreleiter. Bevor wir
eine Antwort schreiben, sagen wir dir, dass ihr beiden und eure Väter den offenen Unglauben,
Götzenkult und Heuchelei aussprecht. Ihr tut dies in jedem Moment und auf jede erdenkliche
Weise. Die Leute denken aus irgendwelchen Gründen, ihr wärt Gelehrte und wir wünschen
uns und würden es lieben, wenn Allah euch und sie rechtleitet. Bis zu diesem Tage habt ihr
486
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Imam ‘Abdullah ibn Suhaim, möge Allah wohlgefällig mit ihm sein, wider-
setzte sich ebenfalls, als er zwei Missionare der Muwahhidun empfing, nämlich
Hasan ibn ‘Aidan und eine bewaffnete Wache, und in der Unterhaltung bemerkte
Imam ‘Abdullah, dass diese Menschen Allah mit der Schöpfung verglichen.1016
und eure Väter nicht das Glaubensbekenntnis „La ilaha ill Allah“ verstanden. Ich bezeuge –
und wegen dieser Bezeugung wird Allah mich am Tage des Gerichts fragen – dass ihr das
Glaubensbekenntnis nicht kennt, nicht einmal jetzt gerade. Wir werden euch diese Dinge nun
zweifellos erklären, damit ihr euch reumütig zu Allah zurückwenden könnt und den Glauben
des Islam betretet – wenn euch denn Allah rechtleitet. Wenn nicht, dann ist es nun klar gewor-
den für jeden Menschen, der an Allah und den Jüngsten Tag glaubt, dass man nicht hinter euch
beten darf, eure Zeugenaussagen und eure Almosen nicht akzeptiert werden dürfen und es
eine Pflicht ist, euch zu hassen. Genau wie Allah sagte: „Du wirst kein Volk finden, das an Allah
und an den Jüngsten Tag glaubt und dabei diejenigen liebt, die sich Allah und Seinem Gesand-
ten widersetzen…“ (58:22) – Tarikh al-Najd, S. 298 – 299. Wir lassen dieses Zitat unkommen-
tiert, da es von selbst dem Leser zeigt, wem die ehrwürdigen Gelehrten gegenüberstanden.
1016 In einem Versuch, die ganze Sache abzuschwächen, versuchte Muhammad ibn ‘Abdulwahhab
einen Versöhnungsversuch: „Die Leute von Waschm attackierten und widersetzten sich je-
dem, der nicht bezeugte, dass Allah keinen Körper, keine Substanzen oder Teile benötigt. Die-
se Ablehnung hat zwei Punkte: 1) diese Person hat die Worte Ibn ‘Aidans und dessen Kollegen
nicht verstanden, oder 2) diese Person versteht die Fragestellung nicht. Der Grund hierfür ist,
dass in der Rechtsschule Imam Ahmads und der restlichen frühen Generation nicht darüber
gesprochen wurde außer wenn Allah und sein Gesandter darüber sprachen. Was also Allah
für sich selbst gesagt und bestätigt hat oder was der Prophet bestätigte, das bestätigten auch
die ersten Generationen. Darunter sind die Dinge wie Hoheit, Istiwa, die Rede, das Kommen
und Gehen etc. Was Allah auch immer für sich selbst ablehnte und was der Gesandte auch
ablehnte, lehnte die erste Generation auch ab. Dies sind solche Dinge wie die Gleichheit zur
Schöpfung, Teilhaber, Ähnlichkeiten etc. Dinge jedoch, die weder abgelehnt noch bestätigt
wurden von Allah und seinem Gesandten, wie z.B., dass er eine Substanz ist, dass er aus Ele-
menten besteht oder sich in einer Richtung befindet, wurden von den ersten Generationen
weder abgelehnt noch bestätigt. So ist derjenige, der diese Dinge in Bezug auf Allah ablehnt
– nämlich genau die Dinge, welche Hasan ibn ‘Aidan und seine Kollegen nicht abgelehnt ha-
ben – in den Augen Imam Ahmads und der früheren Generation ein Erneurer.“ – Tarikh Najd,
S. 247-248.Diese Aussage zeigt uns, dass der Glaube von Muhammad ibn ‘Abdulwahhab und
seiner Bewegung von Anfang an nicht der Glaube der traditionellen Sunniten war. Lasst uns
die Worte der früheren Imame in Bezug darauf anschauen. Muhammad ibn ‘Abdulwahhab
behauptete, dass die früheren Generationen dergleichen weder bestätigten noch ablehnten.
Tatsächlich jedoch ist eine solche Behauptung offensichtlich falsch. Imam Ahmad ibn Hanbal
(g. 241 n. H.), möge Allah sich seiner erbarmen, sagt: „Die Namen der Dinge werden vom
offenbarten Gesetz und der arabischen Sprache genommen. Die Leute, welche diese Sprache
benutzt haben, benutzten das Wort „Körper“ als etwas, das Höhen, Breite, Dicke, Formen, Zu-
sammensetzungen und Bestandteile hat, während Allah, der Allerhabene, erhaben über die
Zuschreibung eines Körpers ist. Dies wurde nicht im offenbarten Gesetz erwähnt, weswegen
es abgelehnt wird.“ – al-I’tiqad, S. 22-23. Imam Abu Hanifa, (g.150 n. H.), möge Allah sich sei-
ner erbarmen, sagt: „Er benötigt keinen Körper, keine Substanzen und Elemente. Er hat keine
Grenzen, keine Gegensätze, Teilhaber oder Opponenten.“, Matn al-Fiqh al-Akbar, Paragraf 7.
[Imam Abu Ja’far al-Tahawi (gestorben 321 n. H.) schreibt in seinem ‘Aqidah al-Tahawiyyah:
„Er ist hocherhaben darüber, Grenzen, Bestandteile oder Gliedmaßen zu besitzen. Ebenso
wenig können Ihn die sechs Himmelsrichtungen umfassen, in denen alle erschaffenen Dinge
enthalten sind.“ Anm. d. Ü.] Dies zeigt, dass die Erklärung des Unterschiedes zwischen Allah
und seiner Schöpfung, und dass er diese Dinge nicht benötigt, ganz klar von der frühen Gene-
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
klarstellte und den Pfad der Gefährten des wahren Weges und der Gewissheit.
Es ist, als hätte er sagen wollen, dass der Weg, an den zu glauben man verpflich-
tet ist, klar gemacht wurde in Bezug auf jene, die sich von diesem trennen und
Erneuer sind, deswegen achte darauf, dass du nicht ihre Worte sprichst, wie sie
glaubst und, wenn du all dies begriffen hast, dann musst du dich an die Madhhab
der Leute der Wahrheit halten.
Du sollst nicht an das Bezichtigen des Kufr derer glauben, die beten oder eine
Säule des Islam und andere fundamentale Teile der Religion ausleben. Es ist ver-
boten, diese zu töten. Kufr ist das Gegenteil von Glauben und der Ungläubige, der
diese Tat verrichtet, ist entweder ein Undankbarer oder ein wahrer Ungläubiger.
Dies basiert auf der Aussprache des Wortes, seiner Wurzeln usw. Dann gibt es da
den Hadith: „Wer auch immer zu seinem Bruder sagt: ‚Ungläubiger!‘, dann ist er
einer von ihnen.“ Der Grund hierfür ist, dass er entweder die Wahrheit spricht
oder lügt. Wenn er die Wahrheit spricht, dann ist die Person, die angesprochen
wurde, ein Ungläubiger. Wenn er jedoch lügt, dann kehrt die Beschuldigung des
Kufr auf ihn zurück, weil er nämlich seinen muslimischen Bruder als Kafir be-
zeichnet hat.“1019
Imam Muhammad as-Saffarini schrieb ebenfalls einen Text1020 mit einem
seiner Lehrer, Schihabuddin al-Mannini1021, und zwar darüber, dass Muhammad
ibn ‘Abdulwahhab ein falscher Prophet sei1022 und über die Bedingungen des Ij-
1019 Lawa’ih ul-Anwar is-Sanniyyah wa Lawaqih ul-Afkar is-Sunniyyah, Band 2, S. 271 - 272
1020 Jawab ul-‘Allamat is Saffariniyya ‘ala man Za’ama Ann al-‘Amala Ghairu Ja’izin bi Kutub il-Fiqhi
li Annahaa Muhdathatun.
1021 Gestorben 1172 n. H. (1759) Er ist Ahmad ibn ‘Ali al-Mannini al-Hanafi at-Tarablusi. Ein gro-
ßer Hanafi-Gelehrter, der in Mannin geboren wurde, einer Stadt in der Umgebung von Damas-
kus, und dort intensiv studierte, von den großen Gelehrten seiner Zeit Wissen nahm. Seine
Meisterwerke sind Jam‘ ul-Jawami, Scharch ul-Kifayah, Scharch ul-Fitr und andere. Imam al-
Mannini war sehr erfahren in dem Text al-Khasa’is al-Sughra, von Imam Jalaluddin as-Suyuti.
1022 Siehe hierzu die Beschreibung des Salafi-Historikers Ahmad ibn Hajar ala Abu Butami, wie
er die Parallelen zwischen dem Propheten Muhammad sallallahu ‘alayhi wa sallam und Mu-
hammad ibn ‘Abdulwahhab zieht. Er vergleicht das Kommen Muhammad ibn ‘Abdulwahhabs
mit dem Kommen des letzten Propheten. Genauso wie der Prophet kam, um die Religion des
Monotheismus zu bringen, kam Muhammad ibn ‘Abdulwahhab, um die Lehre des Monotheis-
mus zu den Götzendienern zu bringen, „die zu der damaligen Zeit überall auf der Welt waren“.
Asch-Scheich Muhammad ibn ‘Abdulwahhab: ‘Aqidatuh us-Salafiyyahu wad-Da’watul Islahi-
yyatu wa Thana’ul ‘Ulama’ii ‘alaihi, S. 71-74. Nach dem Lesen dieser Seiten wird man sehen,
dass, obwohl Ala Abu Batumi nicht sagt, dass Muhammad ibn ‘Abdulwahhab ein anderer Pro-
phet ist, er in diesen Zeilen aber die Tendenzen zeigt, einen auf dem Platz des Propheten
Muhammad sallallahu ‚alayhi wa sallam zu sehen, doch dieser Muhammad war gewiss ein fal-
scher Muhammad. Spricht man mit Salafis, dann sehen wir, wie sie Bezeichnungen benutzen,
welche in den ersten drei Generationen unbekannt waren (Grabesanbeter/Quburi), oder sie
sagen: „Sie sind wie die Götzendiener in den alten Zeiten.“, und wenn sie mit der Tatsache kon-
frontiert werden, dass sich die Leute ihrer Religion widersetzen, werden sie Vergleiche ziehen
wie: „Die Propheten litten ebenfalls durch ihre Völker.“, etc., womit sie die Annahme aufstellen,
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
tihad. Dieser Text bildete ebenfalls einen versammelten Aufschrei der orthodo-
xen Muslime.
Imam ‘Isa al-Qaddumi, möge Allah sich seiner erbarmen, war ebenfalls eine
wichtige Persönlichkeit in seinen Predigten gegen die Bewegung. Er schrieb Briefe
und vieles mehr. Der Imam bezeichnete sie als Khawarij. Er war ein Kurier für
Imam Muhammad ibn al-Hadj Ahmad as-Saffarini, der „Antworten auf Najd be-
züglich Fragen über Najd.“ schrieb.1023
Imam Saif ibn Ahmad al-‘Atiqi1024, möge sich Allah seiner erbarmen, wider-
legte ebenfalls die Broschüren der Salafi-Organisation, die ihm zugesandt wurden.
Imam Ibn Sulaim1025, möge Allah sich seiner erbarmen, widerlegte ebenfalls
die falschen Ansichten Muhammad ibn ‘Abdulwahhabs.
Imam Muhammad Sulaiman al-Kurdi, möge sich Allah seiner erbarmen, wie-
derholte oftmals:
„Gepriesen sei Allah allein. Es gibt keinen Zweifel, dass das Wissen der Ent-
nahme von Gesetzen von Gelehrten genommen wird. Wer also auch immer sein
Buch als seinen Scheich hat, dessen Fehler sind mehr als seine korrekten An-
sichten. Die Behauptungen des absoluten Ijtihad kommen gewöhnlich von dem
Sklaven, der absolut fern davon ist. Imam ar-Rafi’i, an-Nawawi und jene vor ih-
nen, wie Fakhruddin ar-Razi, kamen zu der Schlussfolgerung, dass es heute kei-
nen absoluten Mujtahid mehr gibt. Imam Ibn Hajar al-Haitami erwähnte in sei-
nen Urteilen, dass es keinen absoluten Mujtahid nach Imam Schafi’i und dessen
Gefährten gab. Imam Ibn as-Salah sagte, dass drei Jahrhunderte vergangen seien,
seitdem ein absoluter Mujtahid gelebt habe.“1026
Der Imam sagt weiter:
ihre Gegner seien Kuffar und sie seien jene, die eine Botschaft wie die des Propheten tragen.
Viele junge Leute sind sich nicht bewusst über die Tragweite ihrer Worte. [hinzugefügte und
abgekürzte Fußnote vom Übersetzer, entnommen aus einem späteren Teil des Buches]
1023 Al-Ajwibat un-Najdiyyah ‘an il-As’ilat un Najdiyyah. Dieses Buch wurde auf den Ratschlag
Imam Sulaiman ibn ‘Abdulwahhabs und anderer Gelehrter hin in und um Najd geschrieben.
Gemeinsam mit diesem Text wurde auch Lawami‘ ul-Anwar ul-Bahiyyah geschrieben.
1024 Gestorben 1189 n. H. (1775). Er ist Saif ibn Ahmad al-‘Atiqi an-Najdi. Er war einer der bemer-
kenswertesten Zeitgenossen Imam Muhammad ibn Fairuz al-Hanbalis und der Großrichter
des heutigen Kuwaits. Imam Muhammad ibn Fairuz al-Hanbali sagte über ihn: „Er war ein
Faqih, fromm, jemand, der das Buch Allahs auswendig konnte und dessen Rezitation niemals
abriss, seit er damit angefangen hatte. Er floh vor weltlichen Angelegenheiten und hielt sich
fern von materiellem Besitz. Der Imam war eine demütige Seele und schrieb ein kleines Do-
kument gegen den tyrannischen Erneurer für die Wahrheit und dieses Dokument war ein
aussagekräftiges Schreiben.“ – as-Suhub ul-Wabilah, Band 2, S. 417-418
1025 Gestorben 1197 n. H. (1783)
1026 Misbahul Anam, S. 161 - 163
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„So ist es notwendig für jenen, der so etwas behauptet, zurück zu der Wahr-
heit zu kommen und falsche Hoffnungen aufzugeben. In Bezug darauf, dass er die
Gläubigen als Ungläubige betitelt, so wurde darüber explizit vom Gesandten Al-
lahs sallallahu ‚alayhi wa sallam eine Aussage getroffen: „Wenn ein Mensch zu
einem anderen „Ungläubiger“ sagt, dann ist einer von ihnen ein Ungläubiger.“ So-
mit ist jemand, der solche Behauptungen um sich schmeißt, der Ungläubige ge-
mäß asch-Scharch ul-Kabir von Imam Rafi’i.“1027
Der Imam fährt fort:
„Dies ist, weil er Islam als Kufr betitelt, und dies ist die Ansicht, der Imam
an-Nawawi folgt, und es ist die Ansicht, auf die vertraut wird unter den späte-
ren Gelehrten dieser Schule (Schafi’i).“1028
Imam Sulaiman ibn ‘Abdulwahhab, möge Allah barmherzig mit ihm sein, war
ein berühmter Lehrer seiner Zeit und er war einer der ersten fünf großen Gelehr-
ten, die ein Buch gegen die Bewegung verfassten und der erste, der systematisch
die schlimmsten Glaubenspunkte in Überschriften ordnete. Das erste Buch, Gött-
liche Blitze, wurde um das Jahr 1162 geschrieben. Das letzte und umfassendere
Buch „Göttliche Blitze: Entscheidende Rede“, , wurde aus seinen Studien in Sudair
verfasst, bevor er im Jahre 1190 gefangen, gefoltert und versklavt wurde. Das
Buch in ihren Händen ist dieses Buch.
Imam Muhammad ibn ‘Abdullah ibn Fairuz al-Hanbali, möge Allah sich sei-
ner erbarmen, schrieb in einem Antwortbrief herausrufend:
„Ich schwöre, dass ich mein gesamtes Leben widmen werde, um den Rang des
Ijtihad zu erreichen und dann werde ich gegen diese Erneuerung ankämpfen!“1029
Er sagte auch:
„Muhammad ibn ‘Abdulwahhab und seine Anhänger sind Erneuerer, denn
sie widersprechen allem, was uns überliefert wurde.“1030
Imam ‘Alawi al-Haddad1031, möge Allah wohlgefällig mit ihm sein, predigte in
seinem Buch ‚Die erleuchtete Lampe in der Klarstellung der Gefahren und der Dun-
kelheit dessen, der aus Najd kam und die Menschen in die Irre führte‘:
„Wie wir es schon erwähnt hatten vom Scheich, dem Gelehrten, dem Weisen,
Scheich ‘Afifuddin ‘Abdullah ibn Dawud al-Hanbali al-Basir, ist es der Fall, dass
1027 Misbahul Anam, S. 161 - 163
1028 Misbahul Anam, S. 161 - 163
1029 Misbahul Anam, S. 112 - 114
1030 Misbahul Anam
1031 Gestorben 1132 n. H. (1720). In der islamischen Geschichte wird er als einer der großen
Freunde Allahs erachtet. Er verbrachte sein gesamtes Leben in Tarim, im Tal Hadramawt in
Jemen. Er war ein großer Schafi’i-Gelehrter.
491
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ligente und geniale Köpfe der muslimischen Welt, die Angreifer einen Schritt zu-
rückgehen und ihre Sache überdenken würden. Doch wie es im Falle Schaytans
ist, zeigt er die Taten der falschen Lehrer und Propheten in ihren eigenen Augen
als die Wahrheit.
Die Schlachten zwischen dem traditionellen Islam und der Sekte setzten
sich fort und die Sekte, mit ihren Laien und Ungebildeten kämpfte gegen die Ge-
lehrten und Ehrenhaften, welche von Muhammad ibn ‘Abdulwahhab und seiner
Horde angegriffen wurden. Gelehrte, die seine Aussagen ablehnten, wurden ent-
weder brutal gefoltert nach ihrer Inhaftierung oder sofort getötet. In einem Fall
wird berichtet, dass ein junges Mädchen kam und zugab, ihrem Ehemann fremd
gegangen zu sein, woraufhin sie dann ermordet wurde. Anstatt sie den Richtern
zu übergeben, damit dieser Fall rechtmäßig untersucht und analysiert wird und
man das Urteil Allahs darüber herausfindet, machte Muhammad ibn ‘Abdulwah-
hab einige Kontrollen und steinigte sie dann selbst zu Tode. Die Gelehrten lehn-
ten diese hervorstechende Selbstjustiz ab und widersetzten sich weiteren Greu-
eltaten des „Najdi Scheichs“1043.
Ibn ‘Abdulwahhabs Antwort auf den Widerstand waren folgende Worte: „Die
Imame aller Rechtsschulen stimmten in der Tatsache überein, dass jemand, der
ein Land oder eine Gegend erobert, die Verfügungsgewalt eines Großimams1044
in allen Dingen besitzt.1045 Wenn dies nicht der Fall wäre, könnte man die Ord-
nung auf der ganzen Welt nicht aufrecht erhalten. Der Grund hierfür ist, dass
die Leute sich eine lange Zeit vor Imam Ahmad ibn Hanbal bis in unsere heu-
1043 Scheich al-Najd. Die Gegner Muhammad ibn ‘Abdulwahhas, die seine Zeitgenossen waren,
bezeichneten ihn so, wie es sogar heute seine Anhänger und Verehrer tun. Jedoch verstan-
den die traditionellen Sunniten unter dieser Bezeichnung etwas völlig anderes, als sie diese
Bezeichnung verwendeten. In der Prophetengeschichte Ibn Hischams erfahren wir von Ibn
‘Abbas radiyallahu ‘anh, dass bei der Beratung der Götzendiener Makkahs ein alter Mann
aus Najd anwesend war, der ihnen bei dem Ränkeschmieden gegen den Propheten sallallahu
‘alayhi wa sallam behilflich war. Als gefragt wurde, wer diese intelligente Person sei, sagten
sie: „Es ist der Scheich aus Najd –Scheich al-Najd.“ Diese Person wurde später als der Satan
höchstpersönlich in Menschenform identifiziert. (Ibn Hischam, Band 2, S. 88-90)
1044 Mit Imam ist hier der Kalif, der Führer des Landes, gemeint.
1045 Verwunderlich ist, dass an dieser Stelle Muhammad ibn ‘Abdulwahhab zufällig zugegeben hat,
ein Tyrann und falscher Imam zu sein. Es gibt nur drei Wege, durch die ein Mensch das Ka-
lifat bekommt. Scheich al-Buhuti definierte dies und sagte, der Kalif werde durch die Wahl
der ältesten Gelehrten bestimmt oder durch den lebenden Kalifen, der einen anderen als
Nachfolger bestimmt oder der Kalif nimmt sich die Macht, besitzt die meisten Eigenschaften,
aber durch die Schari’a ohne Konsens herrscht.“ Der Leser kann sehen, dass Muhammad ibn
‘Abdulwahhab zu keinem der drei Kategorien passt, da er weder die meisten Eigenschaften
besitzt noch durch die Schari’a herrscht noch gewählt wurde durch einen Konsens. Somit ist
die Tatsache, dass Muhammad ibn ‘Abdulwahhab selbst zugab, dass er ein Tyrann sei und die
Prinzipien des Kalifats veränderte eine klare Warnung an die Elite der traditionellen Muslime,
welch brutale Menschen diese Umma heimsuchen können. [Abgekürzte Fußnote]
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
tige Zeit nicht auf einen Imam geeinigt haben. Es ist nicht bekannt, dass irgend-
ein Gelehrter gesagt hat, die gesetzlichen Bestimmungen außer jene des großen
Imams seien ungültig. Doch die Gegner Allahs machen diese zweifelhafte Ange-
legenheit als einen Beweis in der Antwort auf eine Sache, die sie nicht ablehnen
können, weil ich eben dazu verpflichtet war, diese Frau, die Unzucht begangen
hat, zu steinigen.“ Die Gelehrten antworteten, dass die gesetzlichen Strafen nicht
ausgeführt werden, außer durch die Erlaubnis des Imams und denen, die dem
Imam gleich sind (von ihm Beauftragte).1046 Muhammad ibn ‘Abdulwahhab, in ei-
nem seltsamen Versuch der Widerlegung, antwortete: „Wenn diese Worte wahr
wären, dann wäre ihre Führung im Geben von Urteilen und ihre Autorität über
die anderen ebenfalls nicht gültig.“1047
Als Muhammad ibn ‘Abdulwahhabs Soldaten die Städte entvölkerten, Dörfer
vernichteten und Gelehrte ermordeten, sammelten sich Imam Sulaiman ibn ‘Ab-
dulwahhab und viele andere Gelehrte zusammen und begannen einen Verteidi-
gungskrieg, angefangen im Jahre 1165. Der Krieg war lang und hart und es fielen
so viele durch das Schwert, dass man allein darüber ein ganzes Buch schreiben
könnte. Huraimila war eine der großen Kriegsfronten. Muhammad ibn ‘Abdul-
wahhab schrieb das erste Mal seinem älteren Bruder in klaren Worten, als seine
Missionare ohne eine Antwort des Richters zurückkamen. Der Anfang dieses Brie-
fes war sogar ohne die Basmala, der Aussage: „Mit dem Namen Allahs, des All-
barmherzigen, Allgütigen.“ Es war eine offene Kriegserklärung. Der Anfang des
Briefes ist heute noch so bedrohlich, wie er damals auch war:
„Es wurden einige Zweifel aufgebracht von jemandem, der behauptet, Wis-
sen zu haben und von den Leuten al-‘Uyainas ist, in Bezug auf die Apostasie der
Leute Huraimilas.“ So wurde der Scheich gebeten, einige Worte zu schreiben,
auf dass Allah durch sie Nutzen bringt, und so begann er mit seiner Aussage.1048
Nachdem nun einmal die Bevölkerung in den zwei Städten al-Uyaina und
Huraimila zu Abtrünnigen erklärt worden waren, gab es keine weiteren Gründe
mehr, sie als Muslime zu respektieren (oder überhaupt als menschliche Wesen).
Huraimila war im Jahre 1168 die Szene einer blutigen Schlacht und die Stadt
wurde in dieser Schlacht zerstört. Daraufhin zog Imam Sulaiman, der Großrich-
ter in all den Ruinen, aus diesen Ruinen aus und ging nach Sudair, um diese Ge-
gend zu verteidigen, welche nun für die Muwahhdiun offen zugänglich war.
1046 [Ausgelassene Fußnote]
1047 Siehe bitte: ‘Aqidat usch-Scheich Muhammad ibn Abdulwahhab as-Salafiyyatu wa Atharuha fil
‘ala mil-Islami, S. 494 – 495, für die gesamte Unterhaltung zwischen den traditionellen Musli-
men und Muhammad ibn ‘Abdulwahhab, festgehalten von ihren eigenen Historikern.
1048 Mufid al-Mustafid fi Kufri Tarik it-Tawhid S. 2-3
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Mal die Autorität der Muwahhidun, wie sie sich nannten, akzeptiert und sie wa-
ren alle auf diesem Weg gestorben.
Sein Sohn, Imam ‘Abdul ‘Aziz ibn Sulaiman, führte den Widerstand und seine
Lehren fort. Er war der Lehrer vieler Männer und kopierte handschriftlich so
viele Bücher, dass es über hundert Manuskripte sind. Imam ‘Abdul ‘Aziz lernte
von seinem Vater, kopierte dessen Bücher und fügte noch andere Bücher zu die-
sen hinzu. Die älteste handschriftlich kopierte und heute vorhandene Version
des Al-Majmu‘ al-Fatawa des Imam Ibn Taymiyya, möge Allah sich seiner erbar-
men, auf der arabischen Halbinsel, ist in der Handschrift von keinem anderen als
Imam ‘Abdul ‘Aziz ibn Sulaiman (genommen durch eine Kette, die durch seinen
Vater geht). Imam ‘Uthman ibn Humaid, ein Student des Wissens in dieser Zeit,
erwähnte einen Traum über den Imam. Er sah den Gesandten Allahs sallallahu
‚alayhi wa sallam in der Moschee von al-Jawz Gharbi in ‘Unaiza. In dem Traum
betete der Imam vor den besten Menschen, die jemals gelebt hatten. Imam ‘Uth-
man ibn Humaid kam zum Propheten sallallahu ‚alayhi wa sallam, grüßte ihn,
setzte sich und sprach kein Wort.
Der Prophet sallallahu ‚alayhi wa sallam zeigte auf Imam ‘Abdul ‘Aziz und
sagte: „Diese Person ist die rechtschaffenste dieser Zeit.“ Imam ‘Uthman ibn Hu-
maid fragte: „Ist er so wie Ibn ‘Umar in seiner Zeit?“, und die Antwort war: „Ja!“
Imam ‘Abdul ‘Aziz erhob sich zur Position des Richters (Qadi) und sah, wie die
Länder der Muslime zurückerobert wurden von der Sekte und kündigte seinen
Posten. Er überließ seinen Posten seinem Sohn, Imam Muhammad ibn ‘Abdul ‘Aziz
al-Hanbali. Als Jugendlicher lernte Imam Muhammad jedes Buch, welches er an-
sah, auswendig, und wurde in seiner Zeit als das Zeichen für Wissen und Weis-
heit erklärt. Er starb im zierlichen Alter von 26 Jahren, im Land von al-Ahsa‘, im
Jahre 1263. Sein Vater folgte ihm kurze Zeit später.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Wahrlich, die Gelehrten des traditionellen Islams vergossen ihr Blut in wah-
rer Opferbreitschaft in diesen dunklen Tagen. Einige fühlten den Dolch des Atten-
täters und fielen als Märtyrer, andere wurden inhaftiert und gefoltert. Manche
waren noch frei und predigten weiterhin unaufhörlich, nahmen sogar manch-
mal Waffen in die Hand gegen ein theologisches System, welches die muslimi-
sche Regierung stürzen wollte. Das Jahr 1206 (1792) war Zeuge der schlimm-
sten Schlachten, die man sich vorstellen kann und es war auch das Jahr, in dem
der Gründer der Muwahhidun, Muhammad ibn ‘Abdulwahhab, starb und begra-
ben wurde, wonach von seiner Truppe ein Gebet gehalten wurde und er dann in
einem anonymen Grab zurückgelassen wurde. Die Bruderschaft hatte in 51 Jah-
ren viele verschiedene Städte und Dörfer vernichtet und die Bevölkerung mas-
sakriert, die Beduinenstämme zwangskonvertiert und ebenfalls Makka und Ma-
dina geplündert und die Pilgerfahrt für zwei Jahre gestoppt.
Nach dem Tod Muhammad ibn ‘Abdulwahhabs folgten ihm sein Sohn und
Enkel als die religiösen Führer der Muwahhidun. Die Nachfolger sind ‘Abdullah
ala Schaikh, ‘Abdurrahman ibn Hasan und andere. Sie sandten die gleichen Droh-
briefe aus und bekamen die gleichen Antworten. Wir haben einige davon unten
zitiert, damit der Leser sie für seine Aufzeichnungen benutzen kann.
Imam Ahmad as-Sawi1051, möge Allah sich seiner erbarmen, der große Ma-
liki-Richter und Jurist, sagte über diese Bewegung:
„Allah sprach: „O ihr Menschen, wahrlich, die Verheißung Allahs ist wahr,
darum lasset euch nicht vom diesseitigen Leben betören, und lasset euch nicht
vom Betörer über Allah betören.“ (35/5) Es heißt, dieser Vers sei aufgrund der
1051 Gestorben 1241. Er ist Ahmad ibn Muhammad as-Sawi al-Maliki al-Khalwati. Imam as-Sawi
war einer der großen Gelehrten der Maliki-Schule und lebte in Südägypten. Nachdem er in
seiner Jugend den Quran auswendig gelernt hatte, ging er in die al-Azhar Universität, um sei-
ne Studien in Glauben, Fiqh, Ihsan, Tafsir, Hadith und anderen Wissenschaften zu vertiefen.
Seine Lehrer waren so viele und solch geehrte Menschen, dass es schwer fällt, irgendeinen
von ihnen rauszusuchen und dessen Einfluss zu beschrieben. Wir werden uns mit Imam
Ahmad ibn Muhammad ad-Dardir (g. 1201) zufrieden geben, dem Großrichter der Maliki-
Gelehrten in Ägypten und einem anderen Feind der Sekte Muhammad ibn ‘Abdulwahhabs.
498
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Khawarij offenbart worden, welche die Bedeutungen des Qur’ans und der Sunna
korrumpiert haben. Sie taten dies, um das Blut und den Reichtum der Muslime
als erlaubt anzusehen und es vergießen und plündern zu können. Genau das Glei-
che kann man auch heute in ihren Gefährten sehen, welche auf der arabischen
Halbinsel (al-Hijaz) unter dem Namen Wahhabiten geführt werden. Sie denken,
sie befinden sich in der Wahrheit, doch sie sind Lügner. Schaytan hat sie für sich
eingenommen und ließ sie das Gedenken Allahs vergessen. Diese Leute sind die
Gruppe Schaytans und ist nicht die Gruppe Schaytans im Verlust? Wir bitten Al-
lah, den Gnädigen, darum, sie auszulöschen und all ihre Spuren in diesen Län-
dern zu beseitigen.“1052
Imam Muhammad ibn ‘Abidin1053, möge Allah sich seiner erbarmen, bemerkte
über die Bewegung Muhammad ibn ‘Abdulwahhabs:
„Die Situation ist genauso wie bei dem, was in unserer Zeit mit den Anhän-
gern Muhammad ibn ‘Abdulwahhabs geschehen ist. Sie kamen aus Najd, übernah-
men die zwei Heiligtümer und ab einem bestimmten Punkt versuchten sie sich
selbst der Rechtsschule Imam Ahmad ibn Hanbals zuzuordnen.1054 Sie glaubten je-
doch, sie seien Muslime und jeder, der sich ihnen widersetze, sei ein Götzendiener.
Durch diese Tat erachteten sie es als erlaubt, Gelehrte und Laien der traditio-
nellen Muslime zu töten. Dies ging so lange weiter, bis Allah, der Erhabene, ihre
Hauptmacht zerstörte und ihren Ort vernichtete und die Armee der Muslime im
Jahre 1233 einen Sieg davon trug.“1055
Imam Ahmad ad-Dayyaf1056, möge Allah sich seiner erbarmen, sagt:
„Im Jahre 1229 gab es bedeutende Neuigkeiten bezüglich der Rückerobe-
rung der zwei Heiligtümer durch das Osmanische Kalifat aus den Händen der
Sekte Muhammad ibn ‘Abdulwahhabs und dessen Anhänger. Als dies ausgerufen
wurde, war es eine gute Neuigkeit und eine Erleichterung für alle. Als eine Nach-
richt von diesen Leuten nach Tunesien gesandt wurde, gab Abu Muhammad Mah-
mud Pascha die Anweisung, dass dieses Schreiben beantwortet werden müsse.
Die Antwort kam von Imam Abul Fida‘ Isma’il at-Tamimi, der ein langes Buch
namens ‚Die göttlichen Vorzeichen in der Erklärung der Irreführung Muhammad
ibn ‘Abdulwahhabs‘ geschrieben hatte. Imam Abu Hafs ‘Umar al-Maliki schrieb
1052 Haschiyah al-‘Allamah as-Sawi ‘ala Tafsir al-Jalalayn, Band 3, S. 287 - 288
1053 Gestorben 1252. Ḥanafī-Richter und der Meister vieler Wissenschaften, dessen Ansichten in
der Rechtsschule der Hanafis als die Autorität schlechthin gelten. Er ist der Autor von mehr
als zehn Büchern in Fiqh, Logik, Glauben und Ihsan/Tasawwuf.
1054 Dies bezieht sich auf ein historisches Geschehen, als Muhammad ibn ‘Abdulwahhab und seine
Organisation an den Toren Makkahs standen und behaupteten, der Rechtsschule von Imam
Ahmad anzugehören. Als sie Einlass erhielten, richteten sie ihr Massaker an.
1055 Radd al-Mukhtar, Band 6, Babu Qital il Khawarij.123
1056 Gestorben 1250.
499
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ebenfalls ein Buch gegen sie, und dieser Mann ist die Pracht und der Fahnenträ-
ger dieser Rechtsschule in unserer heutigen Zeit.“1057
Der Imam schreibt weiter:
„Als diese Antwortschreiben die Nachfolger Muhammad ibn ‘Abdulwahh-
abs erreichten, antworteten diese nicht und führten ihren Krieg und ihre Morde
weiter.“1058
Imam Hasan asch-Schatti1059, möge sich Allah erbarmen, sagt:
„Ich habe diese allgemeine Nachricht in Bezug auf einige Themen des of-
fenbarten Gesetzes gelesen, und es handelt sich um die Zweifel einiger unwis-
sender Menschen. Zweifel, die den Kufr nicht notwendig machen, während die
Beachtung einiger dieser Zweifel nützlich sein könnte. Ibn ‘Abdulwahhab hat
sie zu Ungläubigen erklärt aufgrund der Taten, die in diesem Brief beschrie-
ben wurden, und er erlaubte ebenfalls das Vergießen ihres Blutes und das
Plündern ihrer Reichtümer. Dieser Glaube festigte sich in ihnen aufgrund des-
sen, was wortwörtlich in den offenkundigen Texten des offenbarten Gesetzes
steht und baut auf der Unwissenheit, dem Hass und dem schlechten Denken ih-
res Gründers über die Muslime auf. Möge Allah jeden, der seinen Glauben trägt,
1057 Ithafu Ahliz Zaman bi Akhbari Muluki Tunis wa ‘ahd il Aman, S. 2 und 5-6
1058 Ebenda, S. 16-17
1059 Gestorben 1274 n. H.. Er ist Hasan ibn ‘Umar ibn Ma’ruf asch-Schatti al-Hanbali. Der bald zum
Scheich werdende Hasan erwies sich als ein fähiger Student, als er den Qur’an und 18 Bücher,
eines in jeder Wissenschaft, auswendig lernte, bevor er seine zehn Jahre erreicht hatte. Er
lernte erst bei seinem Vater, dann von den großen Gelehrten seiner Zeit, Scheich Mustafa ibn
Sa’d ar-Ruhaibani. Er studierte die Wissenschaften des Hadith, die Kommentare dessen, den
Fiqh, die Prinzipien der Glaubenswissenschaften und des Fiqh, und ebenfalls Erbangelegen-
heiten. Scheich Hasan asch-Schatti zeigte eine große Fähigkeit im Lernen. Er meisterte die
meisten Wissenschaften bis zu einem hohen Grad. Er schrieb unzählige Bücher, mehr als 50,
über verschiedene Themen. Er schrieb ebenfalls eine Zusammenfassung zu Scheichulislam
Muhammad ibn Ahmad as-Saffarinis Buch über Glaubensthemen. Er studierte ebenfalls unter
großen ‘Ulama wie Scheich Muhammad al-Bukhari und Scheich Dawud ibn Sulaiman al-Kurdi.
Als der Ruf der Wahhabis erneut zum Leben auferstand und alles um sich herum massakrier-
te und vernichtete, kostete sein geliebter Meister, Scheich Dawud ibn Sulaiman al-Khalidi, den
Dolch eines wahhabitischen Meuchelmörders. Doch nicht nur er musste den Tod durch die
Hand dieser Leute kosten. Erneut wurden ‘Ulama im Land ermordet. Imam Hasan asch-Schat-
ti selbst traf nie den Gründer der Bewegung oder lernte ihn kennen, dennoch war es nicht we-
niger riskant in seiner Umgebung. Als er in seinem Bett lag und an einer schweren Krankheit
litt, erreichte ihn der Brief ‘Abdullah ala Scheichs, der ihn zu seinem Glauben aufrief. Obwohl
er starke Schmerzen litt, widerlegte er unter Schmerzen den Brief bis zum letzten Absatz, mit
dem Mut, der einem Gelehrten zusteht. Nach seinem Tod wurde er in seiner Stadt begraben,
doch wie jeder große Baum hinterließ er ebenfalls Sprösslinge. Seine Studenten waren die
Scheichs Sa’id Efendi al-Hanbali, ‘Abdullah al-Qaddumi, Muhammad Efendi asch-Schafi’i, und
natürlich seine zwei Söhne, Ahmad asch-Schatti und Muhammad asch-Schatti. Unter ihrer
Anstrengung wurden große Sachen vollbracht. [Abgekürzte Fußnote].
500
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
verfluchen, denn wahrlich, wer einen Gläubigen als Ungläubigen bezeichnet, hat
schon Unglaube verübt.“1060
Imam Muhammad ibn Humaid al-Hanbali1061, möge sich Allah seiner erbar-
men, schreibt in seinem as-Suhub ul-Wabila ‘ala Dara’ih il Hanabila:
„Dieser Mann, Muhammad ibn ‘Abdulwahhab, ist der Überbringer dieses Ru-
fes, ein Ruf, dessen Übel sich verbreitet und die Horizonte in Dunkelheit getaucht
hat. In der Geschichte wird klar erwähnt, dass er die Propagierung seiner Ideen
nicht öffentlich machte, während sein Vater noch am Leben war.“1062
Imam Dawud ibn Sulaiman al-Khalidi1063, möge sich Allah seiner erbarmen,
machte folgende Bemerkung:
1060 Siehe: Divine Texts: Answering Muhammad ibn ‘Abdul Wahhab’s Movement, S.37-38.
1061 Gestorben 1295 n. H.
1062 Siehe: Muhammad ibn ‘Abdulwahhab auf www.ahlu-sunnah.de
1063 Gestorben 1299 n.H.. Sein ganzer Name ist Dawud ibn Sulaiman ibn Jurjis al-Musawi al-‘Ani
al-Baghdadi an-Naqschibandi al-Hanbali. Er wurde in Bagdad im Jahre 1231 geboren, in eine
Familie von Gelehrten, welche die Großgelehrten und Richter dieser Umgebung und des 13.
Jahrhunderts waren. Imam Dawud begann seine frühen Studien unter seinem Vater Imam
Sulaiman al-Musawi al-Hanbali, der eine ruhige und fromme Person war. Der Junge Dawud
lernte mit seinem Vater, bis er seine Studien vollendet hatte. Er teilte seine Nacht von Son-
nenuntergang bis zum Frühgebet ein. In der Nacht vollzog er seinen meisten Gottesdienst,
wiederholte den Stoff, den er auswendig gelernt hatte, rezitierte den Qur’an, lobpreiste Allah
und machte die bekannten Du’as der ersten Generationen. Zwischen dem Mittags– und Nach-
mittagsgebet schlief er einige Stunden, damit er sich erholen konnte. In dieser Weise setzte
er seine Arbeit fort und wurde erst durch den schockierenden Tod seines Vaters unterbro-
chen, was großen Einfluss auf ihn hatte. Nachdem er den Verlust seines Vaters verarbeitet
hatte, verließ der Imam Bagdad, damit er andere Orte bereisen konnte. Er erstellte später
eine wertvolle Sammlung von 3000 Bändern wertvoller Bücher und Manuskripte, die er be-
nutzte. Er bewohnte die heiligen Städte Makkah und Madina für zehn Jahre. Als ein Student
dort nahm er Wissen von Leuten wie Muhammad ‘Abid al-Ansari, der ihm die Erlaubnis gab,
alle Wissenschaften des Islam zu lehren und bezeugte, dass er eine Autorität in diesen war.
Der Scheich unternahm viele Reisen, bewohnte viele verschiedene Orte, machte mehrmals
die Hajj etc. und hatte viele Lehrer und Schüler. Im Jahre 1299 nach der Hijra kehrte er nach
Bagdad zurück und diskutierte dort die Angelegenheit der Sekte namens „al-Muwahhidun“
mit den Gelehrten. Er hatte schon die durchsichtige und tote Theologie der zwei Missionare
dieser Organisation angeführt, ‘Abdurrahman ibn Hasan al-asch-Scheich, und ‘Abdullah ibn
Abi Butain. Letzterem wurde von ‘Abdurrahman ibn Hasan verboten, weiter mit dem Scheich
Dawud zu reden, da er nämlich anfing, Zweifel zu bekommen (dies kann man in der Einlei-
tung ‘Abdurrahman ibn Hasans Buches sehen, am Anfang des Kapitels: Tuhfat ul-Jalis fi Radd
‘ala Dawud ibn Jurjis). Die Schriften Imam Dawud al-‘Anis in diesem Bereich waren die zwei
wirkungsvollsten: 1) Al-Minhat ul-Wahabiyyah fi Radd il-Wahhabiyyah, ein Werk welches sei-
ne persönlichen Treffen mit ihren Dokumenten und Missionaren beschreibt und die Gefahr
derer für den Islam und die Muslime, und 2) Aschhadd ul-Jihad fi Ibtali Da’wal Ijtihad, welches
ein Text war für die Widerlegung der Behauptung, wir seien nicht verpflichtet, den interpre-
tativen Disziplinen der ersten drei Generationen zu folgen, welches wir als „Rechtsschulen“
kennen. Dieses Buch scheint zu seiner Ermordung geführt zu haben und sie schrieben vier
Bücher, nur um die Zweifel, die der Autor erweckt hatte, zu beseitigen. Der Tod des Imams
ereignete sich am 30. Ramadan 1299 n. H., während Taqi ud-Din Bascha der Gouverneur war.
501
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„Es gibt einige Leute, die in unserer Zeit erschienen sind, die sich dem tra-
ditionellen Islam und den Rechtsschulen widersetzen, während sie die Gemein-
schaft Muhammads irreführen und ihr Blut und Reichtum als legal erachten. Diese
Gruppe hatte schmutzige und dunkle Gedanken und benutzte sie, um die Leute
damit zu umzingeln. Ich ersuchte die Hilfe Allahs, um ihnen mit einigen Seiten,
die ich schrieb, zu antworten, sodass Allah sie rechtleitet und welch wundervolle
Fürsprache wäre dies für mich!“1064
Es ist wahrlich die Hoffnung des Autors dieser Worte, dass der Leser über
die Aufopferungen dieser Ehrenmänner nachdenkt. Wenn sie nicht gewesen wä-
ren, was wäre dann noch heute übrig von der Wahrheit des Islam? Heute werden
wir von der gleichen teuflischen Krankheit geplagt und wir müssen uns erheben,
um gegen die Herausforderungen Schaytans und seiner Verbündeten (wissend
oder unwissend) anzukommen.
Al-Hajj Abu Ja’far al-Hanbali,
Samstag, 12. Rabi’ul Awwal, 1431 nach Hijra
27. Februar 2010
Im 87. Jahr der Gefangenschaft des Heiligen Landes.
Er ist jetzt im Friedhof von Ma’ruf al-Karkhi begraben, in Irak. Einige Monate nach seinem
Begräbnis griffen die Horden der Muwahhidun den Irak an, welche ihn und viele andere Ge-
lehrte in der Umgebung ermordet hatten. Seine Studenten sind Imame und Richter von einem
solchen Kaliber wie seine Söhne, Muhammad Raschid, Ahmad ibn Dawud und seine nahen
Freunde, wie ‘Abdulwahhab ibn Na’ib, ‘Abdurrahman an-Naqib, Hasan asch-Schatti. Sein be-
rühmtester Schüler ist Hasan asch-Schatti. [Abgekürzte Fußnote].
1064 Al-Minhat il Wahbiyyah fi Radd il-Wahabiyyah, S. 2-3
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al-tawassul [„Die Barmherzigkeit Allahs in den Beweisen für die Ersuchung der
Fürsprache und die klaren Antworten auf jene, die dies ablehnen“].; Ilqam al ha-
jar li al-mutatawil `ala al-Ascha`ira min al-Baschar [„Die Steinigung all jener, die
die Asch’aris angreifen“]; Qamus schata‘im al-Albani wa al-alfaz al-munkara al-
lati yatluquha fi haqq ulama al-ummah wa fudalai‘ha wa ghayrihim... [„Enzyklo-
pädie der abscheulichen Aussagen al-Albanis, die er gegen die Gelehrten dieser
Gemeinschaft, gegen die erwählten Menschen und andere benutzt…]; Amman :
Dar al-Imam al-Nawawi, 1993.
Al-Sawi al-Misri: Haschiyat `ala al-Jalalayn [„Kommentar des Tafsirs von den
zwei Jalal al-Dins“.]
Sayf al-Din Ahmed ibn Muhammad: Al-Albani Unveiled: An Exposition of His
Errors and Other Important Issues, zweite Ausgabe (London: 1994). (Al-Albani un-
verschleiert: Eine Darlegung seiner Fehler und andere wichtige Themen).
Al-Schatti al-Athari al-Hanbali, al-Sayyid Mustafa ibn Ahmad ibn Hasan,
Mufti von Syrien: al-Nuqul al-schar‘iyyah fi al-radd ‚ala al-Wahhabiyya [„Die ge-
setzlichen Beweise in der Beantwortung der Wahhabis.“]
Al-Subki, al-Hafiz Taqi al-Din (g. 756/1355): Al-durra al-mudiyya fi al-radd
`ala Ibn Taymiyya, ed. Muhammad Zahid al-Kawthari [„Die leuchtenden Perlen:
Eine Widerlegung Ibn Taymiyyahs“]; Al-rasa‘il al-subkiyya fi al-radd `ala Ibn Tay-
miyya wa tilmidhihi Ibn Qayyim al-Jawziyya, ed. Kamal al-Hut [„Subkis Antwort-
schriften auf Ibn Taymiyyah und dessen Schüler Ibn Qayyim al-Jawziyya“] (Bei-
rut: `Alam al-Kutub, 1983); Al-sayf al-saqil fi al-radd `ala Ibn Zafil [„Das brennende
Schwert in der Widerlegung Ibn Zafil (Ibn Qayyim al-Jawziyyas)“] Kairo: Matba`at
al-Sa`ada, 1937; Schifa‘ al-siqam fi ziyarat khayr al-anam [„Die Heilung des Kran-
ken in Bezug auf das Besuchen des besten Geschöpfes“]. Auch wenn diese Bücher
nicht gegen die Wahhabiten selbst geschrieben wurden, so richteten sie sich doch
gegen Ibn Taymiyyah und Ibn Qayyim, von denen die Wahhabiten ihre grund-
legenden Ansichten hatten und auf denen sie ihre weiteren Theorien aufbauten.
Sunbul al-Hanafi al-Ta‘ifi, Allama Tahir: Sima al-Intisar lil awliya‘ al-abrar
[„Das Zeichen des Sieges gehört den reinen Freunden Allahs“].
Al-Tabataba‘i al-Basri, al-Sayyid: schrieb ebenfalls eine Widerlegung des Ge-
dichts von San`a’i. Findet man in Samnudis Sa`adat al-Darayn. Nach dem San`a‘i
das Gedicht gelesen hatte, überdachte er seine Ansichten und sagte: „Ich habe
Reue getan für das, was ich über den Najdi sagte.“
Al-Tamimi al-Maliki, `Allama Isma`il (g. 1248), Scheichulislam von Tunesien:
schrieb eine Widerlegung der Schriften Muhammad ibn ‘Abdulwahhabs.
Al-Wazzani, al-Scheich al-Mahdi, Mufti von Fes, Marokko: Schrieb eine Wi-
derlegung von Muhammad `Abduhs Verbot des Tawassul.
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ANHANG VII
d
Der salafitische Glaube war der Glaube einer durch die Geschichte hin-
durch versteckten Randgruppe1066
Ibn Jibrīn, ein bekannter ‚Salafi‘-Gelehrter, gestorben im Jahr 2009, gibt in
seinem Buch al-Irschād Scharḥ al-Lumʿa zu, dass der salafitische Glaube jahrhun-
dertelang versteckt war und sich nur im Untergrund verbreitete. Er sagt:
„Als das dritte Jahrhundert der Hijra zu Ende ging, das Letzte der drei be-
sten Jahrhunderte, wurden diese Bücher [also jene, die Ibn Jibrīn mag]1067 un-
glücklicherweise dem Tode überlassen und wurden zur Seite gelegt ohne, dass
sie jemand bemerkte, las oder studierte, außer wenigen und dies dann nur im
Geheimen. Die Schulen der Aschʿarīs und die Schulen der Muʿtazila1068 waren fest
etabliert und die Leute vertieften sich in deren Studien.“1069
1066 Geschrieben von Scheich Abū Ādam al-Najūrī.
1067 Einige dieser Bücher sind von Personen, die Allāh vermenschlichen, und einige werden Imam
Aḥmad zugeschrieben, sind aber Fälschungen, während einige einfach nur der Aschʿarī Me-
thode der Überlassung der Bedeutung folgen, was daraus besteht, die Texte zu überliefern,
welche durch ein Missverständnis dazu führen könnten Allāh - Erhaben und Makellos ist Er
- Eigenschaften der Schöpfung zuzuschreiben, über ihre Bedeutung zu schweigen und daran
zu glauben, dass solche unpassenden Bedeutungen nicht gemeint sind.
1068 Eigentlich war die Muʿtazilah Schule nie sehr groß, aber Ibn Jibrīn mag es beide nebenein-
ander zu stellen damit der Eindruck entsteht, dass beide gleich sind. Die Wahrheit ist, dass
nur wenige Muʿtazilah den Islamischen Wissenschaften etwas beigesteuert haben. Der be-
kannteste von ihnen ist al-Zamakhschaḥri, der berühmte Qurʾānerläuterer und Linguist. Sie
hatten nur bemerkenswerten Einfluss in der Zeit der Abbasiden Dynastie: Die aufeinander-
folgenden Herrscher Maʿmūn, al-Muʿtasim, al-Wāthiq und daraufhin endete ihre Herrschaft
mit der Herrschaft von al-Mutawakkil. Dies waren Hochzeiten dieser Sekte und sie bekamen
ihren Einfluss hauptsächlich durch ihre Nähe zu den Herrschern. Ab der Erscheinung Imām
al-Aschʿarīs ging es bergab mit ihnen und sie wurden praktisch ausgelöscht, auch wenn viele
ihrer ʿAqīdah Ansichten von den Schiiten übernommen wurden.
وأصبحت مخزونة ال يعترف بها،لما انقضى القرن الثالث آخر القرون المفضلة أميتت هذه الكتب مع األسف 1069
، وانتشر اإلكباب عليه، وتمكن مذهب األشاعرة ومذهب المعتزلة أيما تمكن،نادرا وبصفة خفية ً إال س در
َّ ُ ت وال ،قرأوال ُت
وكتبها أن ال
ُ السنة
ُّ وكادت،وكثرت الدروس والكتب التي تؤلف فيما يتعلق بهذه العقائد؛ عقيدة األشعرية وعقيدة المعتزلة
ولم يبق أحد عليه إال قلة، بل كاد مذهب اإلمام أحمد أن يضمحل،يكون لها ذكر
510
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Er gibt hier also zu, dass sein Glaubenssystem nur im Geheimen unterrich-
tet wurde! Mit anderen Worten war es eine bāṭinitische1070 Gruppe und nicht die
mehrheitlich sunnitische Gruppe, wie es die Anhänger dieser Lehre immer wie-
der behaupten! Dann spricht er weiter:
„Wenn du dann diese Jahrhunderte sorgfältig erforschst: das vierte, fünfte,
sechste und den Großteil des siebten Jahrhunderts, dann wirst du niemanden fin-
den, der sich auf dem Weg [der Schule/Madhhab] der Sunna befand!“1071
Was ist diese „Schule der Sunna“, die ganze vier Jahrhunderte (!!!) lang ver-
schwunden war? Wir ahnen nun, welche Schule er meint, wenn er über die in
diesen verlorenen Jahrhunderten geschriebenen Bücher redet, die seiner Ansicht
nach her so schrecklich sind. Er nimmt das Buch des Imam al-Taḥāwī, bekannt
als al-ʿAqīda al-Taḥāwīyya, als ein Beispiel für das kleinste schrecklichste unter
diesen Büchern (, obwohl Imam Taḥāwī selber zu den Salaf gehört, da er im 3.
Jahrhundert geboren wurde!). Er sagt darüber:
„Al-Taḥāwī erwähnt darin (in seinem Buch) einige schreckliche Aussagen,
die in seiner Zeit weit verbreitet waren durch die Gelehrten der scholastischen
Theologie (Kalām), wie die Aussage: „Wahrlich, Allāh - Erhaben und Makellos ist
Er – ist erhaben über Grenzen, Enden, Bestandteile, Körperteile oder Mittel. Es
umfassen Ihn nicht die sechs Richtungen (oben, unten, links, rechts, vorne und
hinten) wie die gesamte Schöpfung.“1072[6]
Was wir nun aus seiner Aussage verstehen können, ist, dass der vermensch-
lichende Glaube über Allāh, er sei ein Körper, auf den man deuten kann, da er sich
in einer Richtung befindet, bestehend aus Teilen, Organen, einer Tiefe und der-
gleichen; in diesen Jahrhunderten nur im Geheimen unterrichtet wurde.
Also was - dies magst du dich nun fragen - geschah im 7. Jahrhundert? Nun,
was sonst als Ibn Taymiyya? Ibn Jibrīn sagt über ihn:
„Er kümmerte sich nicht um die Leute in seiner Zeit oder um jene, die sich
gegen ihn stellten. Im Gegenteil, er sprach offen über alles, was er glaubte und
erneuerte [belebte] den Glauben der Salaf und schrieb Bücher, denen niemand
widersprechen konnte und kann und klärte sie über all das auf, was offensicht-
licher als die Sonne ist. Kein Zweifel, er sprach offensichtlich, denn Allāh gab ihm
1070 Bāṭini Sekten verdecken ihren wahren Glauben vor der Öffentlichkeit durch Lügen, Täuschung
und Heuchelei.
الرابع والخامس والسادس وأغلب السابع ال تجد فيها من هو على مذهب السنة:وبالتتبع لهذه القرون 1071
إن اهلل ُم َن َّزه عن الحدود: مثل قوله،وذكر فيها بعض العبارات المنكرة التي اشتهرت في زمانه عن المتكلمين 1072
ال تحويه الجهات الست كسائر المبتدعات، واألعراض، واألبعاض،والغايات
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Wissen und die Fähigkeit zu erklären, sodass ihm niemand in seiner Zeit widerste-
hen konnte. So ist er derjenige, der die sunnitische Schule erneuerte/belebte.“1073
Kurz gesagt erzählt er uns, dass jenes, was er als den „sunnitischen Glauben“
bezeichnet, fast vier Jahrhunderte ausgelöscht war und aus Angst vor Verfolgung
nur versteckt gelehrt wurde. Die Frage, die sich uns dann stellt, ist, wie diese
Gruppe im Vokabular irgendeines intelligenten Menschen als sunnitisch bezeich-
net werden kann? Doch noch viel mehr als das, muss man sich fragen, wie es zu
der Tatsache passt, dass die Mehrheit der Gelehrten Sunniten waren und sind?
Und noch viel wichtiger: Wie kann es möglich sein, dass der Glaube Ibn Tay-
miyyas mit verbundener Überlieferungskette von den Salaf massenüberliefert ist
ohne, dass es die Möglichkeit gab, dass er durch Fehler oder anderes verfälscht
wurde, wenn er doch für vier Jahrhunderte geheim und verborgen war?!
Das heißt, wie können sie Sicherheit garantieren, dass ein verborgenes, im Un-
tergrund gelehrtes Glaubenssystem, vollkommen verlässlich von den Salaf über-
liefert wurde? Es wurde nur von einer Handvoll angeblichen Ḥanbalīten überlie-
fert, und dies im Verborgenen. So gleicht es also dem Evangelium der Christen
während ihrer Verfolgung unter Juden und Römern und wir alle wissen, was mit
ihren Büchern geschah.
Natürlich, nach dem Ableben Ibn Taymiyyas im Gefängnis aufgrund von Ket-
zerei, wurde diese Schule erneut eine versteckte Gruppe. Soviel also zu „Büchern,
denen niemand widersprechen konnte/kann“ und „denen niemand widerstehen
konnte/kann.“ Tatsache ist, dass sogar Christen, welche den unlogischsten Glau-
ben auf dieser gesamten Welt haben, gemäß den Glaubensprinzipien Ibn Taymi-
yyas nicht abgewehrt werden können. Wieso? Denn seine Gottheit hat Größen,
eine Form mit Grenzen, die sich verändern kann - also wieso sollte diese Gott-
heit dann nicht auch Jesus oder irgendetwas Anderes werden? Das Fragen einige
Christen und sie haben wahrhaftig Recht. Es gibt keinen fundamentalen Unter-
schied zwischen ihnen und Ibn Taymiyya.
Ibn al-Qayyim bemerkte dies, was der Grund ist, wieso er einen Mantel über-
zog und sich als Aschʿarī ausgab, als er mit den Christen diskutierte in seinem
Buch: „Hidāyat al-Ḥayāra Fī ʿAjwibāt al-Yahūd wa Naṣāra“ - „Die Rechtleitung der
Verwirrten in Bezug auf den Antworten auf die Juden und Christen“:
„Viertens: Wahrlich, Allāh verändert sich nicht.“1074
وكتب فيها المؤلفات التي ال، وجدد عقيدة السلف،لم يبال بأهل زمانه وال بمن خالفه بل أفصح بما يعتقده 1073
وهبه- تعالى- ال شك أنه ما أفصح بذلك إال ألن اهلل.... وبين فيها ما هو أجلى من الشمس،يستطيع أحد أن يعارضه فيها
فهو الذي جدد مذهب أهل السنة، فلم يستطع أهل زمانه أن يقاوموه،علما وقدرة على البيان
ً
المثلثة خالفت أصول األنبياء في تقديس اهلل ووصفه بصفات الكمال أحدها إن اهلل سبحانه وتعالى قديم واحد ال 1074
الثالث أنه غنى بذاته فال يأكل.شريك له في ملكه وال ند وال ضد وال وزير وال مشير وال ظهير وال شافع إال من بعد إذنه
512
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Wie bekannt lehrten Ibn Taymiyya und Ibn al-Qayyim, dass Allāh dies in sich
selbst zur Existenz bringt, wie die Veränderung von Ort oder die Bewegung. Dies
ist eines ihrer Hauptargumente gegen die Aschʿarīs, welche ehrlich sind, wenn sie
sagen, dass sie glauben, dass sich Allāh nicht verändert.
Es ist auch Tatsache, dass Ibn Taymiyya seinen Glauben in vollem Umfang
geheim hielt und dies ist der Grund, wieso einige Gelehrten ihn lobten - sie wus-
sten nichts über seine entsetzlichen Glaubensinhalte. Beispielweise findest du ei-
nige Stellen, in denen er sagt, es sei Kufr [Blasphemie] zu sagen, Allāh sei ein Kör-
per. Dann liest du an anderer Stelle, dass es nicht verboten sei so etwas zu sagen
und wieder anderswo liest du, dass Allah sechs Grenzen und eine veränderbare
Größe habe und alle Existenzen einen Körper benötigen!
Der Glaube Ibn Taymiyyas verbarg sich nach seinem Ableben erneut. Seine
Bücher wurden verbrannt und das Lehren seiner Bücher wurde verboten und je-
der, der seine Lehren verbreitete, wurde bestraft. Ibn al-Qayyim wurde sogar fest-
genommen und an einem Punkt sogar fast exekutiert. Dies ist der Grund, wieso
es schwer ist, die Bücher von Gelehrten zu finden, welche den Glauben Ibn Tay-
miyyas unterstützen.
So haben wir also auch das 8., 9., 10., und 11. Jahrhundert, die frei waren
von dem, was Ibn Jibrīn ‚Sunnitentum‘ nennt, bis zu der Rebellion Muḥammad
ibn ʿAbd al-Wahhābs im 12. Jahrhundert der Hijra. Seitdem sind sie stärker ge-
worden durch die Unterstützung der imperialen Mächte. Es waren die Briten,
welche sie als erstes mit Waffen gegen das Osmanische Reich unterstützten und
somit dabei halfen, die sogenannte „Salafi“ Version der Religion wiederzuerwec-
ken. Danach wurden die Bücher Ibn Taymiyyas allmählich aus ihrem Versteck
gebracht und veröffentlicht.
Alles, was Ibn Jibrīn sagt, passt genau zu dem, was Tāj al-Dīn al-Subkī (gest.
771/1370)1075 vor 600 Jahren sagte:
„Wir haben schon erwähnt was Al-ʿIzz ibn ʿAbd al-Salām und andere vor und
nach ihm erwähnten, nämlich, dass die Schāfiʿīs, Mālikīs, Ḥanafīs und die ehr-
vollen zwischen den Ḥanbalīs alle Aschʿarīs waren. Dies ist das, was von Ibn ʿAbd
al-Salām, dem Führer der Schāfiʿīs seiner Zeit, von Ibn al-Ḥājib, dem Führer der
Mālikīs seiner Zeit, von al-Ḥaṣīrī, dem Führer der Ḥanafīs seiner Zeit, gesagt wurde.
الرابع إنه ال يتغير وال تعرض له اآلفات من الهرم.وال يشرب وال يحتاج إلى شيء مما يحتاج إليه خلقه بوجه من الوجوه
الخامس إنه ال يماثل شيئا من مخلوقاته بل ليس.والمرض والسنة والنوم والنسيان والندم والخوف والهم والحزن ونحو ذلك
)013 / 1( - (هداية الحيارى في أجوبة اليهود والنصارى.كمثله شيء ال في ذاته وال في صفاته وال في أفعاله
1075 Tāj al-Dīn al-Subkī, der große Richter, Jurist und Historiker. Autor von solch berühmten
Werken wie Jam al-Jawāmī im Fiqh und Ṭabaqāt, ein Buch mit Biografien der Gelehrten der
Schāfiʿī Madhab. Er ist der Sohn von ʿAlī b. ʿAbd al-Kafī al-Subkī, der in seiner Zeit der Führer
der Gelehrten war.
513
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Eine der Aussage darunter ist jenes, was Ibn ʿAsākir, der große Ḥadīthmeister der
islamischen Umma, der stabile und vertrauenswürdiger Mann sagte: „Gibt es ir-
gendeinen zwischen den Juristen bei den Ḥanafīs, Mālikīs und Schāfiʿīs, der nicht
mit ihm (al-Aschʿarī) übereinstimmt, der sich nicht ihm zuschreibt, der nicht zu-
frieden ist mit seinem Aufwand für diese Religion Allāhs und ihn nicht wegen
seines Wissens lobt? Außer jene kleine Gruppe, die ihre Vermenschlichung ver-
steckt und die Feinde derer sind, die an den Tawḥīd glauben und Allāh erhaben
erklären von der Ähnlichkeit zur Schöpfung. Eine andere Ausnahme sind jene,
welche die Aussagen der Muʿtazila über ihn nachahmen.“1076
Al-Subkī sagt bezüglich der Vermenschlichung:
„Der Status der Khaṭṭābiyya (eine schiitische Sekte), sie sind (d. h. ihre Rolle
wurde übernommen von) den Anthropomorphisten (Vermenschlichern) in un-
serer heutigen Zeit (und zwar in dem Sinne), dass sie soweit gingen Lügen über
ihre religiösen Opponenten zu erlauben. Insbesondere gegen jene, die ihnen in
ihrem Besitz schaden oder in ihrer Person Schaden zufügen. Mir wurde berich-
tet, dass ihr Führer über einen Schāfiʿī gefragt wurde:
„Soll ich im Gericht eine falsche Zeugenaussage gegen ihn vorlegen?“
Der Führer fragte: „Glaubst du denn nicht daran, dass sein Blut ḥalāl ist?“
Der Fragende antworte: „Ich glaube daran.“
Darauf sprach der Führer: „So ist alles, was weniger als dieses Blut ist, ge-
stattet, und so bezeuge und verteidige die Muslime gegen sein Übel.“
Dies ist also ihr Glaube und sie denken von sich selber Muslime zu sein und,
dass sie die Sunniten sind (d. h. also wie jene Vermenschlicher, die sich in unse-
rer heutigen Zeit ‚Salafis‘ nennen). Wenn wir jetzt ihre Gelehrten zählen würden,
welche in Wirklichkeit keine Gelehrte sind (, da sie Irregeleitet sind), dann wür-
den sie keine Anzahl von irgendeiner Bedeutung erreichen. Sie sehen die meisten
Gelehrten der islamischen Umma als Nichtmuslime und schreiben sich auch noch
Imam Aḥmad ibn Ḥanbal zu, möge Allah zufrieden sein mit ihm, jedoch hat er
nichts mit ihnen zu tun. Sein Status ist jener, wie es einer der Erleuchteten sagte,
wie ich es in der Handschrift von Scheich Taqī ad-Dīn ibn al-Ṣalāḥ1077 gelesen habe
(dem berühmten Autor des Muqaddima ibn al-Ṣalāḥ): „Zwei Imame wurden von
ihren Gefährten geplagt, welche sie umzingelten während sie frei von ihnen sind:
1076 Ṭabaqāt, 3/373 – 374.
1077 Ibn al-Ṣalāḥ (gest. 643) ist einer der wichtigsten Gelehrten bezüglich Tafsīr, Ḥadīth und . Er
ist bekannt für sein Muqaddima, die zur Standardliteratur der späteren Ḥadīthwissenschaft
wurde.
514
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Aḥmad b. Ḥanbal wurde geplagt von den Vermenschlichern und Jaʿfar al-Ṣādiq
wurde geplagt von den Schiiten.1078“1079
Bemerke, dass die Wahabiten so wie ihre Vorfahren - die Vermenschlicher -
es mögen, Dinge für ihren eigenen Nutzen zu verdrehen und es sogar wagen, Lü-
gen und Fälschungen offenkundig zu verbreiten. Al-Subkī sagt darüber:
„Der Status einiger Vermenschlicher erreichte in unserer Zeit solch einen
Zustand, dass sie beim Kopieren des Kommentars des Imām an-Nawawīs zum
Ṣaḥīḥ des Imām Muslims jene Teile herausgenommen haben, in der Imām an-
Nawawī über die Aḥādīth bezüglich der Eigenschaften Allāhs spricht. Denn Imam
an-Nawawī war ein Aschʿarī in seinem Glauben und so konnte der Schreiber es
nicht über sich bringen, das Buch so zu kopieren, wie es der Autor verfasste. Dies
ist eine enorme Sünde, denn es ist die Verfälschung der Religion und es öffnet
die Tür dazu, dass man Vertrauen in die Schriften und Bücher, die man besitzt,
verliert. So mache Allāh also jene, die so etwas tun, hässlich und erniedrigt.“1080
Die Vermenschlicher machen weiter auf diesem üblen Weg, um den richti-
gen Glauben an den Schöpfer zu vernichten. Sie lügen mit der Behauptung Sun-
niten zu sein, wie es Ibn Jibrīn unabsichtlich andeutete.
Kurz gesagt: Wenn du ein Anhänger von Ibn Jibrīn, Ibn Bāz, Ibn ʿUthaymīn
und Albānī oder den anderen sogenannten ‚Salafis‘ bist, dann wisse, dass du der
Anhänger einer Sekte bist, welche sich die gesamte Geschichte hindurch, seit der
Hijra versteckt. Sie behaupten zu wissen, was die Salaf glaubten und diesem zu
folgen, obwohl sie 95% der Gelehrten aller Hauptwissenschaften des Islāms wi-
dersprechen.
Teile dieses Glaubens sind:
1. Die Ablehnung rationaler Beweise für die Existenz eines Schöpfers,
وقد تزايد الحال بالخطابية:)71-61/ 2( – هـ3141 – طبقات الشافعية الكبرى ـ هجر للطباعة والنشر والتوزيع 1078
وهم المجسمة فى زماننا هذا فصاروا يرون الكذب على مخالفيهم فى العقيدة ال سيما القائم عليهم بكل ما يسوءه فى نفسه
وبلغنى أن كبيرهم استفتى فى شافعى أيشهد عليه بالكذب فقال ألست تعتقد أن دمه حالل قال نعم قال فما دون ذلك.وماله
فهذه عقيدتهم ويرون أنهم المسلمون وأنهم أهل السنة ولو عدوا عددا لما بلغ.دون دمه فاشهد وادفع فساده عن المسلمين
علماؤهم وال عالم فيهم على الحقيقة مبلغا يعتبر ويكفرون غالب علماء األمة ثم يعتزون إلى اإلمام أحمد بن حنبل رضى اهلل
عنه وهو منهم برئ ولكنه كما قال بعض العارفين ورأيته بخط الشيخ تقى الدين ابن الصالح إمامان ابتالهما اهلل بأصحابهما
وهما بريان منهم أحمد ابن حنبل ابتلى بالمجسمة وجعفر الصادق ابتلى بالرافضة
1079 Ibid., 2/16-17.
1080 Ibid., 2/16-17. Wisse, dass die Wahhabiten heute ebenfalls sehr viele Bücher fälschen, Zen-
sur vornehmen und ihre eigenen Gedanken hineinschreiben. So ist es bekannt, dass Imām
al-Nawawīs Bücher, Ibn Taymiyyahs Bücher und Ibn Kathīrs Bücher verfälscht, editiert und
gekürzt wurden aufgrund der Inhalte, die dem wahhabitischem Gedankengut widersprechen.
Deswegen sollte man aufpassen, von welchen Verlägen man seine Bücher bezieht!
515
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
2. Die Hinterfragung des Verstandes als ein Werkzeug für die Trennung von
Gut oder Schlecht,
3. Der Glauben daran, dass ein jahrhundertelanger versteckter Glaube be-
kannt ist mit der absoluten Sicherheit, dass er korrekt überliefert wurde, obwohl
man daran glaubt, dass der Verstand eigentlich unzuverlässig ist.
Wenn du denkst, dass dies eigentlich ganz in Ordnung ist und es sich nicht
nach einer Verschwörungstheorie anhört, die du blind akzeptieren sollst, dann
kann ich dir nicht mehr helfen.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ANHANG VIII
d
Über die vier Rechtsschulen und die Notwendigkeit einer von ihnen
zu folgen1081
Vorwort des Übersetzers
Dies ist der Befehl Allahs an seine Diener wie Er ihn uns in Seiner letzten Of-
fenbarung gegeben hat. In einer Zeit, in der an vielen Orten dieser Welt Muslime
gegen Muslime kämpfen, in der „muslimische Aktivisten“ von Moschee zu Moschee
ziehen, um Daʿwa (Einladung zum Islam) zu machen, in der Qurʾānkommentare
und persönliche Ansichten von Journalisten und pensionierten Diplomaten als
Rechtsquelle akzeptiert werden und, in der die an einer westliche Universität er-
worbene Doktorwürde (vorzugsweise in Kernphysik, Chemie, Medizin o. ä.) oder
gar eine Gefängnisstrafe wegen Agitation gegen das despotische Regime eines
muslimischen Landes als höchste Qualifikationsmerkmale islamischer Gelehr-
samkeit gelten, stellt sich dem besorgten Betrachter die Frage nach der Legiti-
mität oder Autorisierung in Fragen der Auslegung des göttlichen Gesetzes, von
der nicht zuletzt die Art und Weise des „am Seile Allāhs“ Festhaltens und damit
die Einheit der muslimischen Gemeinschaft als Ganzes abhängt. Auch wenn uns
manch eifriger, junger Muslim, mit Paretscher Qurʾānübersetzung und Reclam-
Ausgabe von Bukhārī winkend , strahlend verkündet: „Wozu denn einer Rechts-
schule folgen, ich habe doch Qurʾān und Sunna“, bleibt zumindest auf den zweiten
Blick das ungute Gefühl, dass die so entstehenden selbst fabrizierten Versionen
des göttlichen Gesetzes nicht immer in allen Punkten mit dem göttlichen Willen
konform gehen. Sei es der Bruder, der mit dem Schwert in der Innenstadt umher-
läuft, um - gemäß Sure 9:5 - die Götzenanbeter zu töten, wo immer er sie trifft und
in der Psychiatrie landet; sei es die Schwester, die belegen will, dass das Bedec-
ken der Haare für Frauen im Islam nicht Pflicht sei, weil „das so nicht im Qurʾān
steht“; sei es der „Gelehrte“, der die Ansicht vertritt, das Tragen von Mütze und
Turban sei eine verwerfliche Neuerung (Bidʿa) und behauptet, ein großer Teil der
1081 Aus dem Englischen übersetzt von ʿAbd al-Hafidh Wentzel, veröffentlicht mit seiner Erlaub-
nis, geschrieben von Scheich ʿAbd al-Ḥākim Murad, gebürtig Timothy Winter.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
von Imām Muslim als authentisch klassifizierten Ḥadīthe seien schwach, unzu-
verlässig oder gar gefälscht; sei es der neue Bruder, der nach seiner Beschneidung
kein Gebet verrichtet, weil „das Gebet während der Zeit der Blutung untersagt
ist“ oder ein anderer, der meint, man könne ruhig mal einen Joint rauchen, weil
im Qurʾān ja nur der Wein verboten sei – irgendwo, könnte man meinen, muss es
doch fundiertere und vielleicht sogar verbindlich gültige Ansichten, Auslegungen
oder Normen dafür geben, wie wir uns auch im Detail dem Willen des Allmächti-
gen gemäß verhalten können. Hilfreich könnte für den interessierten Leser, der
hier übersetzte Artikel aus der englischsprachigen Zeitschrift „An-Naseeha“ von
Scheich ʿAbd al-Ḥākim Murad (gebürtig Timothy Winter), einem Islamwissen-
schaftler, Historiker und Übersetzer klassischer Texte aus Großbritannien sein.
Einführung
Die größte Errungenschaft der Umma im Verlauf des vergangenen Jahrtau-
sends ist zweifelsohne ihr innerer geistiger Zusammenhalt gewesen. Vom fünften
Jahrhundert nach der Hijra fast bis in unsere Tage und trotz des äußerlichen Dra-
mas des Aufeinanderprallens von Dynastien haben die Muslime der Ahl al-Sunna
wa al-Jamāʿa untereinander beinahe ausnahmslos eine Haltung von religiösem
Respekt und Brüderlichkeit bewahrt. Es ist eine augenfällige Tatsache, dass sie
innerhalb dieser langen, in vielerlei Hinsicht äußerst schwierigen Periode so gut
wie nicht von religiösen Kriegen, Unruhen oder Verfolgungen gespalten wurden.
Die Geschichte religiöser Bewegungen legt nahe, dass dies ein außergewöhn-
liches Ergebnis ist. Die gängige soziologische Ansicht, wie sie von Max Weber und
seinen Schülern vertreten wird, ist, dass Religionen sich einer anfänglichen Phase
von Einheit erfreuen und dann in eine zunehmend heftigere Zersplitterung, an-
geführt von rivalisierenden Hierarchien stürzen. Das Christentum hat dafür si-
cher das deutlichste Beispiel abgegeben, doch könnte man viele andere aufzäh-
len, einschließlich säkularer „Glaubensbekenntnisse“ wie dem Marxismus. Auf
den ersten Blick ist die Fähigkeit des Islam dieses Schicksal zu vermeiden er-
staunlich und bedarf sorgfältiger Analyse.
Natürlich gibt es eine einfache und direkte religiöse Erklärung. Islam ist die
letzte Religion, sozusagen „der letzte Bus nach Hause“, und genießt als solche
göttlichen Schutz vor endgültigen Formen des Verfalls. Es trifft zu, dass das, was
ʿAbdul Wadud Schalabi als spirituelle Entropie (Nichtumkehrbarkeit) bezeichnet
hat, seit der Einführung des Islam am Werke ist, eine Tatsache, die durch eine
Reihe von Ḥadīthen gut belegt ist. Nichtsdestotrotz hat die Vorsehung die Umma
nicht vernachlässigt. Frühere Religionen rutschen langsam oder von Schmerzen
begleitet ab in Zersplitterung und Bedeutungslosigkeit; während die islamische
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
und Lösungsmethoden. Das von den frühen ʿUlamāʾ entwickelte System besteht
darin, dass der Gelehrte, wenn sich zwei Qurʾān - oder Ḥadīthtexte zu widerspre-
chen scheinen, zuerst eine sprachliche Analyse der Texte vornimmt, um festzu-
stellen, ob der Widerspruch einem Fehler in der Interpretation des Arabischen
entspringt. Wenn der Widerspruch dadurch nicht gelöst werden kann, muss er
versuchen, anhand einer Reihe von text-, rechts- und geschichtsspezifischen Tech-
niken festzustellen, ob einer der beiden Texte Gegenstand von takhsis, das heißt:
nur bestimmte Umstände betreffend, ist und deshalb eine spezielle Ausnahme
von dem - in dem anderen Text zum Ausdruck gebrachten - allgemeineren Prin-
zip darstellt. Darüber hinaus muss der Jurist den textspezifischen Status des Be-
richts in Betracht ziehen, indem er sich das Prinzip ins Gedächtnis ruft, dass ein
Qurʾānvers einen Ḥadīth aufhebt, der nur mit einem Isnād (die Art von Ḥadīth,
die als Aḥad bekannt ist) überliefert ist, genau wie dies ein Ḥadīth ist, der von
vielen Isnād (mutawātir oder maschhur) überliefert ist, tut. Sieht der Jurist, nach
Anwendung all dieser Mechanismen, dass der Widerspruch immer noch weiter
besteht, muss er untersuchen, ob einer der beiden Texte Gegenstand einer förm-
lichen Aufhebung (Abrogation, arab.: Naskh ) durch den anderen ist.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Es existieren zwei Formen von Naskh: explizit (sarih) oder implizit (dimni).
Die erste ist leicht zu erkennen, weil sie Texte betrifft, die selbst zum Ausdruck
bringen, dass eine frühere Regelung geändert wird. Zum Beispiel gibt es im Qurʾān
einen Vers (2:142) der den Muslimen befiehlt sich beim Gebet der Kaʿba zuzu-
wenden statt nach Jerusalem. In der Ḥadīthliteratur findet man diesen Fall noch
viel häufiger. Zum Beispiel lesen wir in einem von Imam Muslim überlieferten
Hadith: „Ich hatte euch verboten, Gräber zu besuchen; doch nun sollt ihr sie besu-
chen.“ Als Kommentar hierzu erklären die ʿUlamāʾ den Ḥadīth, dass in der Früh-
zeit des Islam, als die Praktiken der Götzenanbetung noch frisch im Gedächt-
nis der Menschen waren, das Besuchen von Gräbern verboten worden war, in
der Befürchtung, dass einige neue Muslime dort Schirk begehen könnten. Nach-
dem aber die Muslime in ihrem Verständnis von Tawḥīd gestärkt und dieser in
ihrem Bewusstsein und ihren Herzen fest verwurzelt war, wurde dieses Verbot
als nicht länger notwendig aufgegeben, sodass es heute empfohlene Praxis für
die Muslime ist, Gräber zu besuchen, um für die Verstorbenen zu beten und ans
Jenseits erinnert zu werden.
Die andere Form des Naskh ist subtiler und forderte den Scharfsinn der frü-
hen ʿUlamāʾ oft bis an ihre Grenzen heraus. Dabei handelt es sich um Texte, die
frühere aufheben oder modifizieren, ohne im Text selbst darzulegen, dass dies
der Fall ist. Die ʿUlamāʾ haben dafür eine Vielzahl von Beispielen gegeben, ein-
schließlich der zwei Verse in Sūra al-Baqara die unterschiedliche Anweisungen
bezüglich der Zeitspanne angeben, während derer Witwen (nach dem Tode ihres
Mannes) aus dem Nachlass unterhaltsberechtigt sind (2:240 und 234).
Und in der Ḥadīthliteratur gibt es das Fallbeispiel, in dem der Prophet - Al-
lahs Segen und Friede sei über ihm - als er von Krankheit gezwungen im Sitzen
betete, die Gefährten aufforderte, ebenfalls im Sitzen hinter ihm zu beten. Die-
ser Ḥadīth wird von Imam Muslim überliefert. Und doch finden wir einen ande-
ren Ḥadīth, ebenfalls bei Imam Muslim, welcher einen Fall belegt, in dem die Ge-
fährten stehend hinter dem Propheten – der Segen Allahs und Sein Friede seien
auf ihm – beteten, während dieser das Gebet sitzend verrichtete. Der offenbare
Widerspruch wurde durch eine sorgfältige Analyse der Chronologie gelöst, wel-
che zeigte, dass der zuletzt genannte Fall nach dem erstgenannten stattfand und
deshalb darüber Vorrang genießt. Solches wird im Fiqh der großen Gelehrten in
passender Weise gewürdigt.
Die Techniken zur Identifizierung von Naskh haben die ʿUlamāʾ in die Lage
versetzt, den größten Teil der erkannten Fälle von taʿarrūd al-adilla zu lösen. Sie
verlangen nicht nur umfassende und detaillierte Kenntnisse der verschiedenen
Ḥadīth-Wissenschaften sondern ebenso viel Wissen in den Bereichen Geschichte,
Sira , bezüglich der von den Gefährten und anderen Gelehrten vertretenen Ansichten
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
und der Umstände bei der Entstehung und Exegese der betreffenden Ḥadīthe. In
manchen Fällen sahen sich Ḥadīth-Gelehrte veranlasst, von einem Ende der isla-
mischen Welt zum anderen zu reisen, um in den Besitz der notwendigen Infor-
mationen einen einzigen Hadith betreffend zu gelangen.
In Fällen, in denen trotz all dieser Bemühungen eine Abrogation nicht nach-
zuweisen ist, sahen die ʿUlamāʾ der Salaf weitere Untersuchungen als nötig an.
Von Bedeutung ist dabei besonders die Analyse des Matn (der überlieferte Text
im Gegensatz zum Isnād des Ḥadīth). „Klare“ (sarih) Feststellungen genießen Vor-
rang gegenüber „indirekten“ (kinaya) und „definitive“ (muḥkam) Aussagen wird
der Vorrang vor zweifelhafteren Kategorien wie „interpretiert“ (mufassar), „ob-
skur“ (khafi) und „problematisch“ (muschkil) gegeben. Es kann sich auch als not-
wendig erweisen, die Position der Überlieferer voneinander widersprechenden
Ḥadīthen genauer zu betrachten, um dem Bericht desjenigen den Vorzug zu ge-
ben, der direkter beteiligt war.
Ein berühmtes Beispiel dafür ist der Ḥadīth, überliefert von Maymuna –
möge Allah mit ihr zufrieden sein – der besagt, dass der Prophet – Allahs Segen
und Friede sei über ihm – sich nicht im Weihezustand (Ihram) für die Pilgerfahrt
befand, als er sie heiratete. Weil ihr Bericht der einer Augenzeugin war, wurde
ihrem Ḥadīth Vorrang vor dem dazu im Widerspruch stehenden des Ibn ʿAbbās
– möge Allah mit ihm zufrieden sein - gegeben, welches mit einem ähnlich zuver-
lässigen Isnād besagt, der Prophet – der Segen Allahs und Sein Friede sei auf ihm
– sei zu jenem Zeitpunkt tatsächlich im Zustand des Ihram gewesen.
Es gibt noch eine Vielzahl weiterer Regeln, wie beispielsweise die Aussage:
„Verbot geht vor Erlaubnis“. Ebenso können Widersprüche zwischen Ḥadīthen
gelöst werden, indem man auf die Fatwā eines der Gefährten – möge Allah mit
ihnen zufrieden sein – zurückgreift, nachdem man sich vergewissert hat, dass
alle relevanten Fatwās verglichen und berücksichtigt wurden. Schließlich mag
man Qiyās (Analogie) anwenden. Ein Beispiel dafür sind die vielfältigen Berichte
über das Gebet bei Sonnenfinsternis (Ṣalāh ul-khusuf), die verschiedene Anzahl
der Beugungen und Niederwerfungen spezifizieren. Nach genauester Untersu-
chung der Berichte haben die ʿUlamāʾ, nachdem alle oben erwähnten Mechanis-
men keine Lösung der Widersprüche gebracht hatten, den Analogieschluss an-
gewandt, indem sie schlossen, dass, da das fragliche Gebet immer noch als Ṣalāh
bezeichnet wird, die übliche Form von Ṣalāh eingehalten werden solle, nämlich
eine Beugung und zwei Niederwerfungen. Die übrigen Ḥadīthe sollen nicht mehr
in Betracht gezogen werden.
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offenbarten Quellen ableiten. Eine solche Person bezeichnet man als Mujtahid, ein
Begriff der auf einen bekannten Ḥadīth von Muʿādh ibn Jabal zurückgeführt wird.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Ein Gelehrter, der diese Bedingungen erfüllt, kann als Mujtahid fi sch- Scharʿ
bezeichnet werden und er ist nicht verpflichtet – es ist ihm sogar nicht einmal
gestattet – einem der bestehenden autorisierten Madhhabs zu folgen. Dies ist,
was einige der Imame sagten, als sie ihren Meisterschülern untersagten, sie un-
kritisch zu imitieren.
Für die viel größere Anzahl der Gelehrten jedoch, deren Expertentum nicht
solch schwindelerregende Höhen erreicht, ist es möglich, ein Mujtahid fi‘l Mad-
hhab zu werden, das heißt, ein Gelehrter, der im Großen und Ganzen an den Leh-
ren seiner Rechtsschule festhält, jedoch qualifiziert ist, innerhalb dieser von über-
kommenen Ansichten abzuweichen. Es gibt eine große Anzahl von Beispielen
solcher Männer, wie zum Beispiel Imam an-Nawawī unter den Schāfiʿīten, Qāḍī
Ibn ʿAbd al-Barr unter den Mālikīten, Ibn ʿĀbidīn unter den Ḥanafīten oder Ibn
Qudāma unter den Ḥanbalīten. All diese Gelehrten betrachteten sich selbst als
Anhänger der fundamentalen Interpretationsgrundsätze ihres jeweiligen Mad-
hhabs , jedoch wird von einer Vielzahl von Fällen berichtet, in denen sie ihre Fä-
higkeiten als Gelehrte und ihr Urteilsvermögen nutzten und so zu neuen Verdik-
ten innerhalb ihrer Rechtsschule kamen. An diese Experten war auch der Rat der
Mujtahid-Imame wie Imam Schāfiʿīs Anweisung „wenn Du ein Ḥadīth findest, das
meinem Urteil widerspricht, so folge dem Ḥadīth“ bezüglich Ijtihad gerichtet. Es
ist offensichtlich – was auch immer einige Autoren heutzutage glauben machen
möchten – , dass solche Ratschläge niemals für den Gebrauch der islamisch-un-
gebildeten Massen bestimmt waren.
Weitere Kategorien von Mujtahids werden von den Gelehrten der Uṣūl auf-
geführt, doch sind die Unterscheidungsmerkmale zwischen ihnen feiner und für
unser Thema eher unbedeutend. Sie lassen sich in der Praxis auf zwei Katego-
rien reduzieren: Den Muttabi´ („Nachfolger“), der seinem Madhhab folgt und sich
dabei der qurʾānischen Quellen und Ḥadīth-Texte sowie der den jeweiligen Posi-
tionen zu Grunde liegenden Erklärungen bewusst ist; und zweitens den Muqallid
(„Nachahmer“), der dem Madhhab einfach aufgrund seines Vertrauens in seine
Gelehrten folgt ohne unbedingt die detaillierten Erklärungen für all seine tau-
senden von Regeln zu kennen.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Menschen einer anderen Beschäftigung wie z.B. Buchhalter, Militär, Metzger etc.
nachgehen. Als solchen kann man von ihnen vernünftigerweise nicht erwarten,
dass sie allesamt große ʿUlamāʾ werden, selbst wenn wir davon ausgingen, dass
sie alle über die erforderliche Intelligenz verfügen. Im heiligen Qurʾān selbst wird
festgelegt, dass weniger gut informierte Gläubige sich an qualifizierte Fachleute
wenden sollen: „So fragt die Leute der Erinnerung, wenn ihr nicht wisst“ (16:43).
Den Tafsir-Experten zufolge sind mit „Leute der Erinnerung“ die ʿUlamāʾ ge-
meint. Und in einem anderen Vers wird es den Muslimen zur Pflicht gemacht, eine
Gruppe von Spezialisten zu schaffen und aufrecht zu erhalten, die für die autori-
sierte Führung der Nicht-Spezialisten sorgen sollen: „Warum bricht nicht aus jeder
Gemeinde eine Gruppe auf, auf dass sie Wissen in der Religion erlangen und es ihren
Leuten verkünden, wenn sie zu ihnen zurückkehren, auf dass sie sich in Acht nehmen.“
In Anbetracht des hohen Grades an Kenntnissen, die zum exakten Verständ-
nis der offenbarten Texte notwendig sind und der eindringlichen Warnungen,
die uns vor Verzerrungen der Offenbarung gegeben wurden, ist es offensicht-
lich, dass einfache Muslime verpflichtet sind, der Meinung von Fachleuten zu fol-
gen statt sich auf ihre eigenen Deutungen und ihr eigenes begrenztes Wissen zu
verlassen. Diese offenkundige Verpflichtung war den frühen Muslimen bestens
vertraut: Der Kalif ʿUmar - möge Allah mit ihm zufrieden sein – folgte bestimm-
ten Regelungen Abū Bakrs – möge Allah mit ihm zufrieden sein - indem er sagte
„Ich würde mich vor Allāh schämen von der Ansicht Abū Bakrs abzuweichen.“ Und
Ibn Masʿūd - möge Allah mit ihm zufrieden sein –, obwohl er ein Mujtahid im vol-
len Sinne des Wortes war, folgte in bestimmten Angelegenheiten ʿUmar - möge
Allah mit ihm zufrieden sein. Al-Schaʿbī berichtet: „Sechs der Prophetengefähr-
ten - möge Allah mit ihnen zufrieden sein – pflegten den Leuten Fatwās zu ge-
ben: Ibn Masʿūd, ʿUmar ibn al-Khaṭṭāb, ʿAlī b. Abī Ṭālib, Zayd ibn Thābit, ʿUbayy
ibn Kaʿb und Abū Mūsā al-Aschʿarī. Unter diesen waren drei, die ihr eigenes Urteil
zugunsten des Urteils eines anderen aufzugeben pflegten: ʿAbdullah ibn Masʿūd
gab sein Urteil zugunsten des Urteils von ʿUmar auf, Abū Mūsā gab sein Urteil
zugunsten des Urteils ʿAlīs auf und Zayd gab sein Urteil zugunsten des Urteils
ʿUbayy ibn Kaʿbs auf - möge Allah mit ihnen allen zufrieden sein.
Diese Aussage nämlich, dass man gut beraten ist, einem der großen Imame
als Führer in Sachen der Sunna zu folgen statt sich auf sich selbst zu verlassen,
gilt umso mehr für Muslime in Ländern wie Großbritannien, unter denen nur ein
kleiner Prozentsatz für sich das Recht beanspruchen kann, in dieser Angelegen-
heit eine Wahl zu treffen. Der einfache Grund ist, dass, wenn man nicht Arabisch
kann, man nicht in der Lage ist, alle eine bestimmte Angelegenheit betreffen-
den Ḥadīthe zu lesen, selbst wenn man es möchte. Aus verschiedenen Gründen,
darunter ihrem großen Umfang, liegen nicht mehr als zehn der bedeutenden
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Prozent – loyal an einem Madhhab festgehalten. Es ist wahr, dass im von Wirren
geplagten vierzehnten Jahrhundert eine Handvoll von Abweichlern auftauchte,
wie Ibn Taymiyya und Ibn al-Qayyim; doch selbst diese Personen empfahlen nie-
mals, dass halb-gebildete Muslime versuchen sollten, Ijtihād zu unternehmen. Selbst
wenn diese Autoren in letzter Zeit „wieder erweckt“ und zu Berühmtheiten ge-
macht worden sind, ist ihr Einfluss auf das traditionelle Gelehrtentum des klas-
sischen Islam zu vernachlässigen, wie schon die geringe Anzahl von Manuskrip-
ten ihrer Werke in den großen Bibliotheken der islamischen Welt verrät.
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werden. Zweifelsohne hat der Islam intelligente Gegner, denen diese Tatsache nur
allzu gut bekannt ist. Das Schauspiel der Uneinigkeit und Fitna, welche die frü-
hen Muslime trotz ihrer weit größeren Frömmigkeit spalteten, und die Bestän-
digkeit und der Zusammenhalt des Sunnitentums nach der Kodifizierung der
Scharīʿa in Form der vier Rechtsschulen der großen Imame haben sicherlich eine
Menge böswilliger Köpfe auf eine Idee gebracht. Dies soll in keiner Weise unter-
stellen, dass diejenigen, die die großen Madhhabs bewusst Werkzeuge der Feinde
des Islam seien. Aber es könnte teilweise erklären, weshalb ihre Schriften stän-
dig in riesigen Auflagen publiziert und sie finanziell mehr als ausreichend ver-
sorgt werden, während der traditionellen Alternative die Mittel fehlen. Wenn je-
der Muslim ein stolzer Mujtahid ist und Taqlid eher als Sünde abgelehnt denn als
bescheidene und notwendige Tugend betrachtet wird, werden die divergieren-
den Ansichten, die in unserer frühen Geschichte so viel Leid verursacht haben,
mit Sicherheit wieder zu Tage treten. Statt vier Madhhabs in Harmonie mitein-
ander wird es eine Milliarde Madhhabs in erbittertem und selbstherrlichem Kon-
flikt gegeneinander geben. Eine intelligente, ausgeklügelte Strategie zur Vernich-
tung des Islam könnte es nicht geben.
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ANHANG IX
d
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„Ich traf 360 Gelehrte, aber ohne Mālik und Al-Layth ibn Saʿd wäre ich irre-
geleitet gewesen.“1088
Eine andere Version lautet:
„Wäre Mālik und Al-Layth nicht gewesen, dann wäre ich vernichtet; ich
dachte, alles was authentisch vom Propheten überliefert sei, müsse auch so in
die Praxis umgesetzt werden.“1089
In einer anderen Version heißt es:
„Ich sammelte eine Menge Aḥādīth und sie verwirrten mich. Ich befragte
Mālik und al-Layth und sie sagten mir: „N im m dies und la ss dies.“1090
Ibn Wahb hatte 120.000 Überlieferungen gemäß Aḥmad ibn Ṣāliḥ gesam-
melt.1091
Daher antwortete Ibn ʿUqda einem Mann, der ihn über eine bestimmte Über-
lieferung fragte:
„Behalte solche Sachen zu einem Minimum, denn sie sind ungeeignet für die-
jenigen, die ihre Interpretation nicht kennen.“
Yaḥyā ibn Sulaymān überliefert von Ibn Wahb, dass Imām Mālik sagte:
„Viele dieser Aḥādīth sind Grund für Irreführung; einige Aḥādīth wurden
von mir überliefert und ich wünschte, man hätte mich zwei Mal mit einem Stock
dafür geschlagen. Ich werde sie nimmermehr überliefern!“1092
Mit seiner Aussage „Viele dieser Ahadith sind Irreführung“, meint Malik, sie
als ein Beweis anzuführen an falschen Stellen und mit falschen Bedeutungen,
denn die Sunna ist Weisheit und Weisheit ist jedes Ding in seinem richtigen Kon-
text zu verstehen.“1093
ʿAbdullāh ibn Mubārak sagte: „Wenn Allah mich nicht mit Abū Ḥanīfa und
Sufyān al- Thawrī gerettet hätte, wäre ich wie der Rest der üblichen Menschen
gewesen.“
Adh-Dhahabī überliefert dies als: „Wäre ich ein Erneuerer gewesen.“1094
1088 Überliefert von Ibn Hibbān in seiner Einleitung zu Al-Majruhin (1;42) Er überliefert dort eine
gleiche Aussage, wo die Namen von ‘Amr ibn Al-Harith und Ibn Majischun mit erwähnt sind.
1089 Überliefert von Ibn ʿAsākir und Bayhaqī, Ibn Rajab, Scharḥ al-Ilal (1;413) und Awwama (s.76).
1090 Überliefert von Qāḍī ʿIyāḍ in Tartīb al-Madārik (2;427).
1091 In Ibn al-Subkī, Ṭabaqāt al-Schāfiʿīyya al-Kubra (2;128).
1092 Überliefert von Al-Khaṭīb, al-Faqīh wal Mutafaqqih (2;80).
1093 Scheich Ismāʿīl al-Anṣārī zitiert in Awwama, Athār (s.77).
1094 Ibn Ḥajar, Tahdhib al-Tahdhib (10;449-452 #817) und Dhahabī , Manaqib Abū Ḥanīfah.
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Die Imāme der Aḥādīth weisen auf die Imame des Fiqh
Imam Aḥmads Lehrer, Yaḥyā ibn Saʿīd al-Qattan, wagte es nicht Gesetze
aus den Beweisen zu entnehmen, trotz seines hohen Ranges als Meister aller
Ḥadīthmeister und Experte in der Beurteilung der Aḥādīth, sondern folgte dem
Fiqh des Imām Abū Ḥanīfa, wie er es selbst erklärt:
„Wir belügen Allāh nicht. Wir hörten nie etwas Besseres als die juristische
Meinung Abū Ḥanīfas und wir folgen den meisten seiner Ansichten.“1095
Auch sagte Muḥammad ibn ʿAbdullāh ibn ʿAbdulḥakam:
„Wäre Schāfiʿī nicht gewesen, wüsste ich nicht, was ich den Leuten antwor-
ten soll. Denn wegen ihm weiß ich, was ich weiß.“1096
Muḥammad ibn Yaḥyā adh-Dhuhlī [g. 258 n.H.] aus Khorasan, der von Abu
Zuʿra höher eingestuft wird als Imam Muslim, und der als Amir al-Muʾminīn fīl
Ḥadīth angesehen wird, sagte niemals kein Muqallid zu sein, sondern sagte:
„Ich habe Imam Aḥmad ibn Ḥanbal als einen Imām in allem gemacht, was
zwischen mir und meinem Herren steht.“1097
Misʾar ibn Kidām sagte das Gleiche in Bezug auf Abū Ḥanīfa.1098
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Der Ḥadīth des Juristen ist dem Ḥadīth des Laien in der Thematik vor-
zuziehen
Waqīʿ b. al-Jarrā bevorzugte langkettige Überlieferungen der Fuqahāʾ gegen-
über kürzeren von den Nicht- Fuqahāʾ und sagte:
„Der aktuelle Ḥadīth zwischen den Juristen ist besser als der Ḥadīth, der ak-
tuell zwischen den Ḥadīthgelehrten ist.“1103
Dies ist eine fundamentale Regel in der Schule Imām Abū Ḥanīfas. Wie Yaḥyā
al-Qattan machte auch Waqīʿ keinen eigenen Ijtihād, sondern folgte den Ansich-
ten Abū Ḥanīfas.1104
Al-Aʿmasch [Abū Muḥammad Sulaymān ibn Mahrān al-Asadī, der Tābiʿī
(61/148)] sagt ebenfalls:
„Der Ḥadīth, den die Juristen untereinander herumgeben, ist besser als der
Ḥadīth, den die Hadithüberlieferer untereinander herumgeben.“1105
Ibn Rajab sagte, dass Abū Dāwūd in seinem Sunan sich mehr auf die Juris-
prudenz des Ḥadīth als auf seine Kette und Überlieferung bezog.1106
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ANHANG X
d
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nicht, dass Ihm etwas (in Anbetung) beigesellt wird, doch Er vergibt Anderes als
dies, wem Er will.“1128
Die zweite bezeichnet die ,,geringere“ Götzenanbetung in Form von Sünden,
die Unzulänglichkeiten im Tauĥīd oder im Wissen über die göttliche Einheit be-
inhalten, ohne jedoch gleich das Verlassen des Islam mit sich zu bringen. Zu den
Beispielen dafür gehören: sich zu jemandem schlechter Taten wegen hingezogen
zu fühlen (deshalb als Schirk bezeichnet, weil man hofft, etwas, worin Allah kei-
nen Nutzen gelegt hat, könne einem Nutzen bringen) oder jemanden nicht zu mö-
gen wegen etwas, das gut ist (deshalb als Schirk bezeichnet, weil man etwas als
schlecht betrachtet, in das Allah Nutzen gelegt hat) oder die Sünde der Augen-
dienerei bei gottesdienstlichen Handlungen, wie es in dem Sahih, d.h. zweifels-
frei authentischen, Ĥadīth erwähnt wird, in dem der Prophet, sagte: „Das klein-
ste bisschen Augendienerei bei der Verrichtung guter Taten ist Schirk.“1129 Derartige
Sünden werfen jemanden nicht aus dem Islam, obwohl sie Ungehorsam darstel-
len und einen Mangel an Glauben (imān) verraten. Gelehrte sagen, dass in dem
Ĥadīth der geringere Schirk dieser Sünden gemeint ist, denn wäre der größere
Schirk gemeint, hätte der Prophet, solche Individuen nicht als zu seiner Gemeinde
gehörend bezeichnet, da Unglaube (kufr) vom Islam getrennt und unterscheid-
bar ist und zwingend außerhalb desselben liegt. Dies wird auch in einer ande-
ren Version des Ĥadīth, überliefert von Abū Bakr, deutlich, bei der an Stelle von
,,in meiner Umma“ das Wort ,,fīkum“, d.h. ,,unter euch“, steht,1130 ein direkter Be-
zug auf die Sahāba, die Prophetengefährten, von denen laut übereinstimmender
Ansicht (iğmā‘) aller muslimischer Gelehrter keiner ein Muschrik, d.h. Götzenan-
beter, war. Was die Sünden des geringeren Schirk angeht, kann es wohl keinem
entgehen, warum ihre Verborgenheit in dem Ĥadīth mit dem nicht wahrnehm-
baren Krabbeln der Ameise über einen großen schwarzen Stein in einer dunk-
len Nacht verglichen wird, nämlich wegen der Subtilität menschlicher Motive und
der Leichtigkeit, mit der Menschen sich selbst betrügen können.
Ebenso überliefert al-Bukhārī, dass der Prophet, sagte: „Wahrlich, ihr werdet
dem Weg derer, die vor euch waren, folgen, Handbreit um Handbreit und Elle um Elle,
bis ihr, wenn sie in ein Eidechsenloch kröchen, ihnen folgen würdet.“ Wir fragten:
„O Gesandter Allahs, den Juden und den Christen?“, und er sagte: „Wem sonst?“1131
1128 4:48.
1129 Al-mustadrak ‘alā as-saĥiĥayn, in 4 Bänden, Hyderabad 1334/1916, wiederaufgelegt mit 5.
Band Indices von Dār al-Ma‘rifa, Beirut, n.d. , 1.4)
1130 Nawādir al-uśūl, 397
1131 Śaĥīĥ al-Bukhārī, 9 Bände, Kairo 1313/1895, wiederaufgelegt (9 Bände in 3) von Dār al-Ğīl,
Beirut, n.d. , 9.126:7320
544
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Auch dieser Ĥadīth wird gern von modernen Bewegungen, die behaupten,
sie stellten eine Rückkehr zu Qur’ān und Sunna dar, benutzt, um die Suggestion
zu erzeugen, die Mehrheit der gewöhnlichen sunnitischen Muslime, welche der
‘Aqīda (Glaubenslehre) oder dem Fiqh (Rechtslehre) des Hauptstromes orthodo-
xer Sunni-Imāme folgen (deren klassische Werke nur selten völlig mit ihren An-
sichten übereinstimmen), seien mit diesem Ĥadīth gemeint, wo doch eine Viel-
zahl von Beweisen dafür sprechen, dass die orthodoxe Mehrheit der Umma durch
göttlichen Schutz vor Irrtum bewahrt ist. Dazu gehört der von al-Hākim überlie-
ferte, zweifelsfrei authentische (Śaĥīĥ) Ĥadīth, der besagt: „Allahs Yad (Schutz und
Unterstützung) ist über der Gemeinschaft, und wer sich von ihr abwendet, wendet
sich ab zur Hölle hin.“1132 Solche Ĥadīthe zeigen, dass Qur’ānverse wie: „Und wenn
du der Mehrheit derer folgtest, die auf Erden sind, würden sie dich irreleiten vom
Wege Allahs“1133 sich nicht auf diejenigen beziehen, die traditionellem islamischem
Gelehrsamkeit folgen (, die niemals die Mehrheit der auf der Erde Lebenden ge-
wesen sind), sondern eher auf die nicht-muslimische Mehrheit der Menschheit.
Es ist sicher passender, die Worte des oben genannten Ĥadīth, die Nach-
folge der Juden und Christen betreffend, in unserer Zeit auf diejenigen Muslime
zu beziehen, die in allen Aspekten ihres Lebens, sowohl rational als auch irra-
tional, den Westen nachahmen, wobei sie sogar so weit gehen, Banken in mus-
limischen Städten und an heiligen Stätten zu errichten, die nie zuvor, seit voris-
lamischer Zeit, vom Schmutze institutionalisierten Wuchers (ribā) verunreinigt
worden waren; oder auf diejenigen zu beziehen, die unter den Muslimen als Re-
formbewegungen verkleidete, Zwietracht säende, sektiererische Ideologien för-
dern, so wie es die Juden und Christen in ihrer jeweiligen Religion getan haben.
Traditionelles Gelehrtentum ist vor derartiger Irreleitung durch das authentische
Wissen geschützt, welches es in ununterbrochener Weitergabe von einem leben-
digen Lehrer zum nächsten bewahrt hat, zurückgehend bis auf den Propheten.
Nun zurück zu unserem Thema: Ohne eine solche Qualitätskontrolle kann
der auf sich allein gestellte Leser von Ĥadīthen nicht hoffen, eine Art selbstge-
machter ‘Alim (Gelehrter) zu werden, der Fatwas (Rechtsgutachten) nur auf der
Grundlage dessen gibt, was er in al-Bukhārī und Muslim findet, denn die im Zu-
sammenhang mit Fragen islamischen Rechts stehenden zweifelsfrei authenti-
schen Überlieferungen (Ĥadīth Śaĥīĥ) finden sich keineswegs ausschließlich in
diesen beiden Werken, sondern in einer Vielzahl von anderen, die diejenigen, die
Urteile in diesen Fragen fällen, kennen müssen.
1132 Al-mustadrak, 1.116
1133 Qur’ân, 6:116
545
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Schon an anderer Stelle habe ich auf die Wissenschaften hingewiesen, die
ein Gelehrter beherrschen muss, um all die Ĥadīthe zusammenzubringen, ebenso
darauf, dass manche Ĥadīthe einander bedingen oder von allgemeineren oder
spezifischeren Ĥadīthen oder Qur’ānversen bedingt oder eingeschränkt wer-
den, die sich auf die entsprechende Frage auswirken. Ohne dieses Wissen und
einen traditionellen Scheich, von dem man es erlernen kann, wird man zwangs-
läufig ins Stolpern geraten, eine Tatsache, die ich genauestens kenne, weil ich es
selbst probiert habe.
Als ich im Jahre 1980 nach Jordanien kam, hatte jemand mir die Idee in den
Kopf gesetzt, ein Muslim brauche nichts weiter als den Qur’ān und sahīh Ĥadīthe.
Nachdem ich den arabischen Qur’ān mit Hilfe von A. J. Arberry’s Koran Interpre-
ted durchgelesen und notiert hatte, was ich verstand, setzte ich mich mit Mu-
hammad Muhsin Khan’s Übersetzung von Sahīh al-Bukhārī hin und ging all die
Ĥadīthe durch, Band für Band, und schrieb alles auf, was sie darüber auszusa-
gen schienen, was ein Muslim tun solle.
Es war ein Versuch, die jahrhundertealten Ablagerungen, mit denen der Is-
lam gemäß dem, was mich Orientalisten an der Universität von Chicago gelehrt
hatten, verkrustet war, zu durchdringen: eine Anstrengung, den reinen Islam aus
den Originalquellen selbst zu gewinnen. An diesem Punkt liefen mein Salafismus
und mein Orientalismus zusammen.
Schließlich hatte ich nach einiger Zeit ein Manuskript ausgewählter Ĥadīthe
aus al-Bukhārī, eine Art selbstgebasteltes Handbuch der Scharī’a, produziert. Ich
benutze es noch heute als Index für die Ĥadīthe in al-Bukhārī, wenngleich mir die
Schlussfolgerungen im Bereich der Rechtswissenschaft (fiqh), zu denen ich mit
meinem Amateur-Iğtihād gelangte, heute eher peinlich sind. Wenn Ĥadīthe auf-
tauchten, die zueinander in Widerspruch zu stehen schienen, wählte ich einfach
die aus, die mir besser gefielen oder die eher meinen westlichen Gewohnheiten
entsprachen. Schließlich, so sagte ich mir, hatte der Prophet, niemals die Wahl
zwischen zwei Möglichkeiten gehabt, ohne die leichtere der beiden zu wählen.1134
Zum Beispiel hatte man mir gesagt, es widerspräche der Sunna, im Stehen zu
urinieren, und ich hatte den Ĥadīth von ‘Ā’ischa, möge Allah mit ihr zufrieden sein,
gehört, der besagt: “Wenn irgendjemand sagt, der Prophet, habe im Stehen Urin ge-
lassen, dem glaubt nicht.“1135 Doch in al-Bukhārī las ich dann den Ĥadīth, der be-
sagt, der Prophet, der Segen Allahs und Sein Friede seien auf ihm, habe einmal im
Stehen uriniert1136 und entschied, dass das, was man mich zuerst gelehrt hatte,
1134 Śaĥīĥ al-Bukhārī, 4.230: 3560
1135 Musnad al-Imām Asmad, in 6 Bänden, Kairo 1313/1895, wiederaufgelegt von Dār Śadir, Bei-
rut, n.d., 6.136
1136 Śaĥīĥ al-Bukhārī, 1.66: 224
546
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
falsch sei oder, dass es vielleicht nicht von großer Bedeutung sei. Erst später, als
ich anfing, das Handbuch schāfi‘ītischer Rechtslehre, Reliance of the Traveller, aus
dem Arabischen zu übersetzen, fand ich heraus, wie die Scharī‘a-Gelehrten die
Aussagen dieser Ĥadīthe in Einklang gebracht haben: Dass das Stehen des Pro-
pheten, beim Wasserlassen dazu diente, die Umma zu lehren, dass es nicht gänz-
lich verboten (harām), sondern nur ungehörig (makrūh) sei, wobei solche Hand-
lungen, wenn sie vom Propheten, ausgeführt werden, nicht ungehörig, sondern,
wenigstens einmal, notwendig sind, um der Umma zu zeigen, dass sie nicht gänz-
lich verboten sind. Oder, nach anderen Gelehrten, um zu zeigen, dass es in Situa-
tionen zulässig ist, in denen dadurch vermieden würde, dass die Kleider mit Urin
bespritzt werden.
Im Rückblick gesehen ermöglichten mir so meine frühen Fehler auf dem Ge-
biet der Ĥadīthe die Art und Weise zu würdigen, in der die Rechtswissenschaft,
die ich später studierte, alle Ĥadīthe zusammenbrachte, etwas, wozu ich selbst
niemals in der Lage gewesen war.
Und ich verstand, weshalb unter den hervorragendsten Imamen der Ĥadīth-
Wissenschaft Imām al-Bukhārī seine Rechtswissenschaft von dem Schüler Imām
Schāfi‘īs, ‘Abd Allāh ibn Zubayr al-Ĥumaydī, genommen hatte1137 und warum die
Imame Muslim, at-Tirmidhī, Abū Dāwūd und an-Nasā’ī der schāfi‘ītischen Rechts-
schule folgten1138, ebenso wie al-Bayhaqī, al-Hākim, Abū Nu‘aym, Ibn Hibbān, ad-
Daraqutnī, al-Baghawī, Ibn Khuzayma, as-Suyūtī, adh-Dhahabī, Ibn Kathīr, Nūr
ud-Dīn al-Haythamī, al-Mundhirī, an-Nawawī, Ibn Ĥağar al-‛Asqalanī, Taqiyu ad-
Dīn as-Subkī und andere; und warum Imame wie ‘Abd ar-Raĥmān ibn al-Ğawzī
der Madhhab von Ahmad ibn Ĥanbal folgten und warum Abū Ğa‘far at-Taĥāwī,
‘Alī al-Qārī, Ğamāl ud-Dīn al-Zaylai (der afrikanische Scheich des Ibn Hajar al-
Asqalanī, von dem manche sagen, er habe jenen noch an Gelehrsamkeit übertrof-
fen) und Badr ad-Dīn al-‘Aynī der hanafītischen Schule folgten.
Diese Tatsachen legen beredtes Zeugnis davon ab, welche Rolle Ĥadīthe in-
nerhalb der Scharī‘a in den Augen dieser Imame spielten. Für sie ging es nicht
darum, ob man entweder Fiqh (Rechtswissenschaft) oder Ĥadīth in die Tat um-
setzen solle, wie heutzutage manche Muslime ernsthaft suggerieren wollen, son-
dern um die Rechtswissenschaft der Ĥadīthe, verkörpert von den traditionellen
Rechtsschulen (madhhab), denen sie folgten. Es gäbe sicherlich für viele unter
uns Gelegenheit genug, von ihrem Vorbild zu profitieren!
547
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ANHANG XI
d
548
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Ibn ʿĀbidīn macht uns ganz klar, dass dies die Aufgabe der Gelehrten ist und
nicht die des normalen Volkes.
Scheich ʿAbd al-Ghaffār ʿUyūn al-Suʿd kopierte die Bedingungen die Ibn ʿĀbidīn
aufstellte, um einem Ḥadīth zu folgen und das Urteil der eigenen Rechtschule auf-
zugeben, in seinem Werk: „Daf al-Awham“, S.15 und sagte:
„Es ist eine gute Aufstellung, denn wir sehen heute in unserer Zeit jene, die
von sich selbst getäuscht sind und denken, sie hätten etwas mit Wissen zu tun
und sie wären über den Sternen, obwohl sie am niedrigsten Stand sind und diese
lesen vielleicht ein Buch von den sechs Büchern - nur als Beispiel - und dort se-
hen sie einen Ḥadīth, der der Rechtschule des Abū Ḥanīfa widerspricht. Darauf-
hin sagen sie: „Verlasst die Rechtschule von Abū Ḥanīfa... und nimmt den Ḥadīth
des Gesandten Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm“, obwohl dieser Ḥadīth
vielleicht aufgehoben wurde oder im Widerspruch zu einem stärkeren Ḥadīth
aus Perspektive der Sanad [Überlieferungskette] steht, oder es ist eine derer, die
keine Handlung erfordern und diese Person hat kein Wissen darüber. Wäre es
für diese Leute gestattet mit diesem Ḥadīth unbeschränkt zu handeln, wären sie
irregeleitet in vielen Gesetzen und würden jene irreleiten, welche kommen und
ihnen Fragen stellen.“
Wie der Scheich schon sagte, wie viele dieser getäuschten Menschen existie-
ren in unserer Zeit?! Jene, die behaupten, Ahnung über die Ḥanafī-Rechtschule
zu haben, während sie unbewusst sind über die meisten grundlegenden Quellen
dieser Schule, haben auch kaum eine Ahnung davon, wo sie für die Beweise ih-
rer Urteile nachsehen sollen. Und unsere Klage ist bei Allāh!
Imām Ibn al-Ṣalāḥ sagte in „Ādāb al-Mufti wal Muṣtaftī‘, S.118:
„Das Handeln mit der scheinbaren Bedeutung der Worte des Imām asch-
Schāfiʿī ist keine oberflächliche Angelegenheit. Daher ist es nicht jedem Faqīh
und erst Recht nicht für einen Laien (ammi) erlaubt, selbstständig mit dem, was
er als Beweis aus den Aḥādīth entnimmt, zu handeln...“
Und Imām Taqi al-Subkī hat eine Abhandlung genannt: „Maʿnā al-Qawl Imām
al-Muṭṭalibī“ über dieses ganze Thema geschrieben, in welchem er am Anfang
die Worte von Imam Ibn al-Ṣalāḥ und Imam an-Nawawī zitiert. Daraufhin sagt
er auf S.102:
„Dies ist eine Klarstellung der Schwierigkeit dieses Ranges und, dass nicht
ein jeder damit getäuscht werden solle.“
Bemerke wie Imam as-Subkī klar macht, wie schwer es ist den Rang und die
Position zu erreichen, in der du fähig wirst gemäß dieser Aussage der Gründer
der Rechtschulen zu handeln. Er sagt auch, dass jemand nicht getäuscht werden
549
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
sollte durch Arroganz und Gedanken, er sei qualifiziert für diese Ränge und könne
die Rechtschule lassen und dem Hadith folgen.
Imām an-Nawawī sagt: „Was Imam al-Schāfiʿī sagte, bedeutet nicht, dass je-
dermann, der einen Ṣaḥīḥ-Ḥadīth sieht: „Dies ist die Madhab von al-Schāfiʿī“, sa-
gen sollte, also das Anwenden der rein äußerlichen oder scheinbaren Bedeutung
seiner Aussage. Mit dem Gesagten wandte er sich ganz gewiss nur an solche Per-
sonen, die den Rang des Ijtihād in der Rechtschule innehaben. Es ist eine Voraus-
setzung für eine solche Person, dass er entschlossen überzeugt ist, dass entweder
Imam al-Schāfiʿī unwissend bezüglich dieser Aḥādīth oder unwissend bezüglich
derer Authentizität war. Und dies ist nur möglich, wenn man alle Bücher asch-
Schāfiʿī und die ähnlichen Bücher seiner Schüler - von jenen, die ihr Wissen und
Ähnliches von ihm angesammelt haben - erforscht hat. Dies ist tatsächlich eine
sehr schwierig realisierbare Bedingung. Wenige unserer Zeit sind diesem Richt-
maß gewachsen. Was wir erklärt haben, ist bedingt, weil Imam asch-Schāfiʿī das
Handeln rein auf die äußerliche Bedeutung von vielen Aḥādīth, die er erklärte
und kannte, unterlassen hat. Aber er bestand auf Beweise für die Beurteilung
der Aḥādīth in ihrer Außerkraftsetzung oder für bestimmte Umstände in ihren
Auslegungen.“
[Nawawī, al-Majm‘ Scharḥ al-Muhadhdhab (1:64)]
Dies steht ebenfalls in Ilʿā as-Sunan von Muḥaddith Ẓafar Aḥmad ʿUthmānī:
„Imam Schaʿrānī hat dies auch geschildert (s.o. die Äußerung „Wenn die Au-
thentizität eines Ḥadīthes Ṣaḥīḥ ist, dann ist dies meine Rechtschule), bezogen
auf die vier Imame. Es ist nicht fern (vom Verständnis), dass dies für diejenigen
gilt, welche die Fähigkeiten (das Verständnis und die Qualifikation) in den Nuṣuṣ
und die Kenntnis von den klaren Gesetzen und ihrer Außerkraftsetzung besit-
zen.“ (Band 2, Seite 226)
Scheich Yūsuf Ismāʿīl an-Nabhānī sagte in der Erörterung dieser Äußerung
in seiner Abhandlung:
„Wahrlich diese Aussage: „Wenn die Authentizität eines Ḥadīthes Ṣaḥīḥ ist,
dann ist dies meine Rechtschule“, wurde von jedem der vier Imame getroffen,
welche frei von ihren persönlichen Meinungen waren. Die Audienz, an die diese
Äußerung gerichtet war, bestand nur aus seinen Schülern (den Fuqahāʾ dieser
Rechtschule), welche führende und ausgezeichnete Imame waren, die vollständig
befähigt in den rationalen und tradierten Wissenschaften (des Dīn) waren. Diese
Äußerung ist an jene großen ʿUlamāʾ gerichtet, welche nach diesen ausgezeichne-
ten Imamen unter ihrer Rechtschule kamen, jene die Ahl al-Tarjīh (jene, welche
die Beweise untersuchen können) waren. Alle zusammen, welche die Ḥuffāẓ der
Aḥādīth des Gesandten Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm - waren, waren
550
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
sich über die Beweise der Rechtschulen vollständig bewusst.......Dies sind dieje-
nigen, an welche die Imame (der Rechtschulen) ihre Äußerungen gerichtet ha-
ben: „Wenn der Ḥadīth Ṣaḥīḥ ist, so ist es meine Rechtschule).“....Wahrlich, sie (die
großen Fuqahāʾ) sind imstande zwischen den Aḥādīth, von welchen der Imam
die Beweise abgeleitet hatte und der (neueste) Ḥadīth, welcher nach dem Imām
als authentisch anerkannt wurde, in Einklang zu bringen. Sie (die ausgezeichne-
ten Fuqahāʾ) können sehen, welches von den zwei Hadithen eher authentisch ist
und, welches von den beiden Aḥādīth der Neuere ist, sodass der Neuere den frü-
heren Ḥadīth aufhebt (Nasikh). (Ḥujja ʿalā al-ʿĀlamīn)
Zweifel: Allāh, der Allerhabene, befahl uns dem geehrten Propheten sallal-
lahu ‚alayhi wa sallam zu folgen - wenn also sein Ḥadīth Ṣaḥīḥ ist, dann sollten
wir danach handeln und Ihm sallallahu ‚alayhi wa sallam darin folgen. Es genügt,
dass ein Ḥadīth Ṣaḥīḥ ist, damit man nach ihm handeln kann.
Antwort: Die Antwort auf diese Zweifel besteht aus zwei Konzepten, nämlich:
1. Die Authentizität eines Ḥadīthes ist ausreichend dafür, dass man danach
handelt.
2. Uns wurde befohlen, dem Propheten sallallahu ‚alayhi wa sallam zu folgen
und nicht irgendeinem anderen zu folgen.
Ein Ḥadīth kann Ṣaḥīḥ sein, aber man handelt aufgrund verschiedener
Gründe nicht nach ihm:
Es gibt ein übliches Missverständnis, dass ein Ṣaḥīḥ-Ḥadīth genug sei, damit
man nach ihm handeln kann. Jedoch ist die Ansicht der Gelehrten, dass es Ṣaḥīḥ-
Aḥādīth gibt, nach denen man aus verschiedenen Gründen nicht handelt.
Ṣaḥīḥ aber aufgehoben/abrogiert:
Ḥāfiẓ Ibn Ḥajar sagte dies ganz klar in seinem ‚Fatḥ al-Bārī‘ (1/413):
„Und wie viele der Aḥādīth sind aufgehoben/abrogiert [mansukh], jedoch nach
den Kriterien der Hadithwissenschaft Ṣaḥīḥ.“
Ebenfalls überliefert Ibn Abī Khaytama in ‚Scharḥ ʿillal al-Tirmidhī‘ (1:413),
dass Ibrāhīm an-Nakhaʾī sagte: „Ich höre Ḥadīth und schaue, was genommen
wurde und dies nehme ich und den Rest lasse ich.“ Ḥadīth kann jene irrelei-
ten, die keine Fachmänner sind:
Imam Ḥāfiẓ Ibn ʿAbd al-Barr berichtet von Qāḍī al-Mujtahid Ibn Abī Layla,
dass er sagte:
„Wir folgen im Wissen vier Personen: zwei aus Ägypten und zwei aus Medina.
Layth bin Saʿd und ‘Amr bin al-Harith aus Ägypten, und Mālik sowie al-Majischun
in Medina, und wären sie nicht gewesen, dann wären wir irregeleitet gewesen.“
Khaṭīb al-Baghdādī berichtet in „al-Faqīh wal Mutafaqqih“ (2:80):
551
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„Ein Mann fragte Ibn ʿUqda über einen Ḥadīth, und dieser sagte ihm: „Ver-
wickle dich nicht in diesen Ḥadīth, da sie nicht gut sind, außer für jene, die ihre
Interpretation [taʾwīl] kennen und Yaḥyā ibn Sulaymān berichtet von Ibn Wahb,
dass er sagte: „Ich hörte Imām Mālik sagen: „Viele dieser Aḥādīth sind Irreleitung...“
All diese Zitate von unseren Gelehrten zeigen, dass das Ṣaḥīḥ-sein eines Ḥadīth
nicht ausreichend ist, damit man nach ihm handeln kann, wie es einige denken.
Vielmehr ist ein tiefes und umfassendes Wissen nötig, um alle Ḥadīth bezüg-
lich einem Fall zusammen zu bringen und daraus ein Gesetz zu entnehmen. Und
dies ist die Aufgabe der Juristen [Fuqahāʾ]. So kann das Hineintauchen in diesen
Ḥadīth die Leute ohne ausreichendes Wissen irreführen, wie es von Imamen der
Vergangenheit bestätigt wurde.
Die Juristen [Fuqahāʾ] sind jene, die man nach dem Verständnis eines
Ḥadīth fragt:
Al-Khaṭīb berichtet in „al-Faqīh wal Mutafaqih“ (2:15-19) in einer längeren
Aussage von Imām al-Muzani, einem der größten Studenten des asch-Schāfiʿī,: „So
sehe - möge Allāh barmherzig mit dir sein - auf den Ḥadīth, den du gesammelt hast
und suche Wissen mit den Leuten des Fiqh, damit du ein Jurist [Faqīh] werdest.“
Die Mālikīs und das Verlassen des Ḥadīth aufgrund der Taten von den
Bewohnern Medinas:
Imam Abī Zayd al-Qayrawanī al-Mālikī (g. 386) erklärte die Ansicht der
Salaf bezüglich dem Handeln nach einigen Aḥādīth und dem Verlassen anderer,
und dass nicht alles was Ṣaḥīḥ ist, die Handlung damit aus verschiedenen Grün-
den zulässt. Er sagt in „Kitāb al-Jāmiʿ“ (S.117) während er den Glauben der Ahl
al-Sunna darlegte, folgendes:
„Man muss sich der Sunna ergeben. Man darf ihr nicht widersprechen, we-
der wegen persönlicher Meinung noch wegen analogischer Begründung. Das,
was die rechtschaffene erste Generation interpretierte, nehmen wir als unsere
Interpretation an; das, wonach sie handelten, danach handeln wir auch und was
sie ablehnen, das lehnen wir auch ab. Uns ist gestattet, das festzuhalten, was sie
festgehalten haben; jenem zu folgen, was sie klargestellt haben; und ihnen nach-
zumachen in dem, was sie abgeleitet haben; jenem, was sie als richtig betrach-
teten bezüglich einiger Geschehnisse und, dass wir nicht ihre Gruppe verlassen
über jene Dinge, in denen sie nicht übereinstimmten oder in deren Interpreta-
tion sie nicht übereinstimmten.... Imam Mālik sagte: „Die Handlung [der Bewoh-
ner Medinas] ist noch stabiler/stärker etabliert als Aḥādīth. Einer, den ich nach-
ahme, sagte: „Es ist bekümmernd, dass über solche Dinge, welche dies betreffen,
gesagt wird: „So-und-So überlieferte mir von So-und-So.““
[Also man widerspricht diesem aufgrund einer Überlieferung]
552
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Einige Männer der Tābiʿūn bekamen Aḥādīth von anderen und sie sagten:
„Wir sind nicht unwissend darüber/unbewusst darüber, aber die Praktik ist an-
ders als dies.““
Muḥammad ibn Abī Bakr, Ibn Ḥazms Bruder, sagte zu ihm: „Wieso hast du
nicht gemäß diesem und jenem Ḥadīth ein Urteil gegeben?“ Er sagte: „Ich sah die
Leute nicht damit praktizieren.“
Die Salaf ahmten die Gefährten nach, sogar wenn es äußerlich so schien,
als würden sie den Aḥādīth widersprechen:
Ibrāhīm al-Nakhaʾī sagte:
„Hätte ich die Gefährten gesehen, wie sie Wuḍūʾ machen und sich bis zu den
Schultern waschen, dann hätte ich das Gleiche getan, obwohl ich gelesen habe,
dass es bis zu den Ellbogen sein soll.“
Und in „al-Ḥujja fi Bayan al-Mahajjah“ des Abū al-Qāsim al-Taymī al-Asbahānī
(2:401) wird von Ibrāhīm an-Nakhaʾī überliefert: „Wenn sie nur ihre Fingernägel
gewaschen hätten, dann hätten wir dies nicht überschritten...“
Adh-Dhuhris Student neigt zu einer anderen Ansicht, obwohl ihm ein
Ḥadīth gezeigt wird:
Ibn ʿAbd al-Barr erwähnt in seinem „al-Tamhīd“ (3:236,237), dass Imām Ibn
Schihab al-Dhuhri zu seinem Studenten, Yūnus bin Yazīd al-ʿAylī, sagte:
„Folge mir und mache Wuḍūʾ aufgrund allem, was das Feuer berührte [also
nach dem Verzehr von Gebratenem/Gekochten]!“ Er sagte zu ihm: „Ich werde
dir nicht folgen und Saʿīd bin al-Musayyib verlassen“, worauf al-Dhuhri schwieg.“
Imam Ahmad erwähnte Imam al-Schāfiʿī als ausreichenden Beweis:
Imām al-Bayhaqī berichtet in seinem „Manāqib al-Schāfiʿī“ (2:154) von Imām
Aḥmad:
„Ḥammād bin Aḥmad al-Basrī sagte: Ich war mit Aḥmad bin Ḥanbal und wir
diskutierten über einen Fall. Ein Mann sagte zu Aḥmad: „Oh Abū ʿAbdullāh! Es
gibt keinen authentischen Ḥadīth darüber!“ Er – Aḥmad - sagte: „Sogar wenn es
keinen authentischen Ḥadīth darüber gibt, gibt es die Meinung asch-Schāfiʿīs und
sein Beweis ist diesbezüglich das Beste.“
So ist dies erneut ein klarer Beweis von den Salaf, dass sie den Gelehrten folg-
ten, sogar wenn es äußerlich so schien, als würden die Beweise mit den Ansich-
ten der Gelehrten im Widerspruch stehen, denn sie wussten, dass die Gelehrten
für ihre Ansichten ein Fundament hatten und nicht unwissend über den Ḥadīth
waren. Ebenfalls ist es für den Gelehrten nicht notwendig gemäß all den Aḥādīth,
die er kennt zu urteilen, denn es gibt viele Ṣaḥīḥ Aḥādīth, mit denen man aus ver-
schiedenen Gründen nicht handelt. Deswegen ist es nicht möglich für jemanden,
553
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
dass er einen Ḥadīth findet, der von einem der Madhab-Imame überliefert wurde
und seinem Urteil widerspricht und so kann auch niemand sagen, dass die An-
hänger der Madhab diesem bestimmten Ḥadīth folgen müssen.
Das Handeln nach dem Ḥadīth, nachdem man die Gelehrten zu Rate
gezogen hat:
Imām Aḥmad sagte, wie es berichtet wird in „ʿIlām al-Muwaqqīn“ (1:44) des
Ibn al-Qayyim:
„Wenn ein Mann Werke geschrieben hat, welche die Worte des Propheten
sallallahu ‚alayhi wa sallam beinhalten und die Meinungsunterschiede der Ge-
fährten und Nachfolger [Tābiʿūn], dann ist es nicht gestattet nach dem zu han-
deln, was er sich wünscht und aussucht, bis er einen der Leute des Wissens dar-
über fragt, was man davon nehmen kann. Dann wird er richtig gehandelt haben.“
Imām Sufyān al-Thawrī sagte, wie es berichtet wird in ‚Scharḥ ʿillal at-
Tirmidhī‘ des Ibn Rajab (1:29):
„Aḥādīth, nach denen nicht gehandelt wird, wurden überliefert.“
All die obrigen Zitate unserer Imame zeigen uns, dass es nicht ausreichend
ist, dass ein Ḥadīth Ṣaḥīḥ ist, damit man nach ihm handelt. Es ist so, dass viele
Faktoren zusammenkommen müssen und die abgewägt werden müssen, bevor
man mit einem Ḥadīth handeln kann.
Zweifel: Es sind heutzutage sehr viele Bücher über die Aḥādīth verfügbar,
und es ist wesentlich einfacher nachzuforschen, da diese Quellen an unseren Fin-
gerspitzen liegen, wie niemals zuvor. Zum Beispiel können wir CDs kaufen, wel-
che Aḥādīth beinhalten, die wir suchen, was bedeutet, wir können durch mo-
derne Technologie genauso gut nachforschen wie die Imame der Rechtschulen.
Antwort: Die oben beschriebene falsche Vorstellung basiert auf einer An-
zahl von Missverständnissen. Die Möglichkeit zu haben, eine Ḥadīth-CD durch
verschiedene Wörter zu durchsuchen ist von geringem Nutzen für jemanden,
der nicht geübt ist in den vielen Islamischen Wissenschaften, welche nötig sind,
ein Gesetz herauszubringen. Insbesondere wenn viele Gesetze aus den Schriften
durch komplexe Schlussfolgerungen abgeleitet wurden, die zwar im Text enthal-
ten sind, aber äußerlich nicht dieses Thema zu behandeln scheinen. So werden
wir hier ein paar Punkte erläutern die gewinn- und lohnbringend sind und die
vorher bezüglich dieser Zweifel nicht erwähnt wurden.
Ibn Hazm stellt klar, dass sein Wissen sich nicht in den Büchern, sondern in
seinem Herzen befindet:
554
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Imām Ibn Ḥazm al-Ẓāhirī legte es wunderbar dar, indem er sein gesamtes
Wissen verinnerlicht hat, sodass selbst beim Verlust der Bücher er sein Wissen
behalten hätte. Er sagte:
Wenn du meine Dokumente verbrennst, verbrennst Du nicht
Was auf dem Papier geschrieben war, denn es ist nun in meinem Herzen
Es reist mit mir an dem Ort wohin mich mein Reittier trägt
und es sitzt ab wenn ich absitze und wird mit mir in mein Grab gelegt.
Ibn Taymiyya stellt klar, dass viele Bücher eine Person noch lange nicht
wissend und überlegen machen und stellt auch die Überlegenheit der früheren
Imame klar:
Imam Ibn Taymiyya sagte in seinem „Rafʿ al-Malam“ (s.18 ), dass das Erlan-
gen augenscheinlich großer Quellen, sodass sie direkt an jemandes Fingerspit-
zen sich befinden, eine Person noch lange nicht im Besitz von zusätzlichem Wis-
sen macht. Er sagte:
„Wenn man voraussetzt, dass die Aḥādīth des Gesandten Allahs sallallahu
‚alayhi wa sallam darin enthalten sind - damit sind Bücher gemeint: nicht alles
in den Büchern ist den Gelehrten bekannt. Es ist schwer/unwahrscheinlich, dass
das bei jemanden auftritt, eher hat ein Mensch viele Werke aber ist sich über de-
ren Inhalt unbewusst. Vielmehr jene, welche vor dem Zusammenstellen solcher
Werke lebten, waren weitaus mehr in der Sunna bewandert als die späteren Ge-
lehrten... denn ihre Werke waren ihre Herzen, welche weitaus mehr Wissen um-
fassten als Bücher es könnten.“
Unsere Imame haben - gemessen an der Fülle ihrer Schriften sowie der gro-
ßen Menge an Wissen, das uns erreicht hat - nicht alles aufgezeichnet was sie
wussten, sondern nur einen kleinen Teil ihres Wissens, was wir in einem späte-
ren Schreiben erwähnen werden.
Kanz al-Ummal ist eines der ausführlichsten Bücher des Ḥadīth, aber schwer
zu erforschen: Das umfassendste Buch über Aḥādīth heutzutage ist das Kanz al-
Ummal von al-Muttaqi al-Hindī, welches über 46.000 Aḥādīth beinhaltet. Wie
auch immer, Nutzen daraus zu ziehen, wie es uns einige glauben lassen wollen,
ist schwierig, da viele seiner Quellen nicht einfach zugänglich sind oder nur als
Verweis vorhanden sind. Deshalb macht es das Nachprüfen der Überlieferungs-
kette zu einer schwierigen Angelegenheit. Genauso wie die Tatsache, dass im Kanz
al-Ummal bedeutsam weniger Aḥādīth überliefert wurden, als das Wissen der
Mujtahid Imame bzgl. der Aḥādīth. Imam Abū Ḥanīfa wählte die Aḥādīth für sein
Werk „al-Athār“ aus über 40.000 Aḥādīth aus, und die Anzahl der Aḥādīth, wel-
che in seinen Werken insgesamt erwähnt wurden, betragen mehr als 70.000 und
hinzu kommen jene, die er nicht erwähnt hat. Ibn al-Hayyab berichtet, dass Imam
555
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Mālik über 100.000 Aḥādīth überlieferte, doch sind hier nicht jene mit inbegrif-
fen, welche er wusste, aber nicht überlieferte. Und es ist allgemein bekannt, dass
Imām Aḥmad für sein „Musnad“ aus ungefähr 750.000 Aḥādīth zusammenstellte.
Die Stufe an Hadithwissen, die für Fatāwā benötigt wird:
Al-Khaṭīb berichtet in „al-Jāmiʿ“ (2:174), dass Yaḥyā b. Maʿīn gefragt wurde:
„Kann eine Person aus über 100.000 Aḥādīth eine Fatwā geben?“ Er antwor-
tete: „Nein.“ Ich fragte: „Von 200,000?“ Er antwortete „Nein.“ Ich fragte: „300,000?“
Er antwortete: „Nein.“ Ich fragte: „500,000?“ Er sagte: „Ich hoffe es.“
Imam Ahmad rät den Spezialisten des Ḥadīth mit den Fuqahāʾ zu stu-
dieren:
Es ist wohl bekannt, dass Imām Aḥmad seine Zeitgenossen unter den Gelehr-
ten des Ḥadīth -, welche sich ausschließlich darauf konzentrierten - zu sich rief
und dazu, dass sie in den Sitzungen asch-Schāfiʿīs Platz nehmen und von seinem
Verständnis profitieren sollen. Darunter waren Giganten des Ḥadīth wie: Isḥāq
bin Rāhawayh, Yaḥyā bin Maʿīn, al-Humaidi und andere. (siehe Ādāb al-Manāqib
al-Schāfiʿī, 2:252).
Es sollte nicht vergessen werden, dass Imam Aḥmad sie dazu aufrief, da ihr
enormes Wissen des Ḥadīth nicht ausreichend ist um Urteile [Fatāwā] zu fällen.
Wenn Wissen von Ḥadīth allein dafür ausschlaggebend wäre, wie manche denken,
warum würde Imām Aḥmad die Meister des Ḥadīth rufen und ihnen sagen, sich
den Kreisen der Fuqahāʾ anzuschließen und Verständnis von Fiqh zu bekommen?
Qualifikationen, die nötig sind, um Urteile hervorzubringen - erklärt
von Imam al-Schāfiʿī:
Wir beenden nun diese Diskussion durch die Erwähnung der Qualifikation,
die notwendig ist für die Person, die um der Debatte willen eine CD mit allen
Ḥadīthsammlungen besitzt und denkt, sie wäre in der Position, daraus Urteile
zu geben. Imam asch-Schāfiʿī sagt:
„Es ist gesetzeswidrig für eine Person eine Fatwā zu geben in der Religion
Allāhs außer für jene Person, die Wissen vom Qurʾān besitzt [Buch Allahs]: von
seinem nasikh [aufhebenden] und mansukh [aufgehobenen], seinem muḥkam [ein-
deutigen] und mutaschabih [mehrdeutigem], seinem taʾwīl [Deutung] und tanzīl
[Offenbarung], seinem Makkī und Madanī, und was damit gemeint ist und was
offenbart wurde diesbezüglich. Dann nach diesen Kenntnissen über die Aḥādīth
unseres Propheten sallallahu ‚alayhi wa sallam: seine nasikh und mansukh ... und
das Gleiche über Ḥadīth, was er über Qurʾān wissen muss. Und dass er Wissen von
der Sprache, Wissen von Dichtung und, was davon gebraucht wird für das Wis-
sen und den Qurʾān hat. Dass er gerecht ist und wenig redet, gehört dazu. Nach
alledem muss er Wissen von der Andersartigkeit der Leute in den verschiedenen
Ländern haben. Auch muss er nach diesem Wissen Intelligenz besitzen [Qariha].
556
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Wenn er diesem entspricht, dann ist es ihm gestattet bezüglich des Verbotenen
und Erlaubten Gesetze zu erlassen und zu sprechen und, wenn er nicht so ist,
dann kann er nicht über Themen des Wissens reden, noch Urteile darin fällen.“
Ibn ʿAbd al-Barr fügt noch eine besondere Befähigung hinzu, die nötig ist:
Ibn ʿAbd al-Barr erwähnte die Worte asch-Schāfiʿīs in seinem ‚Jāmiʿ Bayan
al-ʿIlm‘ (2/166) und zitierte von den früheren Muslimen unterstützende Kom-
mentare. Denkend, dass das Obige nicht ausreichend ist, fügte er noch folgendes
hinzu: Das Wissen über die Sira, den Biografien der Gefährten, und den Zustand
jener, die von ihnen überlieferten, um zu wissen, ob sie vertrauenswürdig sind
oder nicht. Der letzte Punkt, der von Ibn ʿAbd al-Bar hinzugefügt wurde, wird
heutzutage die Wissenschaft von ‚al-Jarḥ wa at-Taʿdīl“ genannt, dessen Studium
in unserer heutigen Zeit das gesamte Leben einnimmt.
Zweifel: Du gibst zu, dass die Imame der Rechtschulen möglicherweise Feh-
ler gemacht haben und es möglich sei, dass sie einige der Aḥādīth verpasst ha-
ben. So ist dies ein Beweis dafür, dass wir den Rechtsschulen nicht folgen sollten.
Antwort: Was eine Person, welche diesen Einwand vorführt, nicht begreift,
ist, dass die Rechtschulen nicht das Werk eines einzelnen besonderen Gelehrten
sind, sondern, dass es das Werk von tausenden studierten Gelehrten aus jedem
Zeitalter sind, von denen viele die Bücher des Aḥādīth auswendig gelernt haben
und weitaus wissender waren als die heutigen Gelehrten. Deswegen haben wir
Gelehrte, die innerhalb der Rechtschule forschen und Meinungen korrigieren und
dabei aufklären, welche die solideste Position ist, was uns übermittelt wurde
und, wonach wir uns richten sollen.
Dies ist weitaus anders als das heutige Szenario, in dem die Studenten be-
haupten, einer Rechtschule zu folgen und dann dieser widersprechen, basierend
auf unzureichender Nachforschung, fälschlicherweise glaubend, dass ihre Annä-
herung so ähnlich ist wie die eines Gelehrten der Rechtsschule, welche die Schu-
len ihrer Imame verfeinert haben und die stärkste Ansicht für uns herausgear-
beitet haben.
Lasst uns ein paar Beispiele erwähnen von jeder dieser Schulen, um aufzu-
zeigen, dass das, was uns von den Rechtsschulen übermittelt wurde, ohne Zwei-
fel eine strikte und verfeinerte Sammlung von Regelungen ist.
Ḥanafī
Imām Abū Ḥanīfa war der Ansicht, dass eine Person, die sich entschieden
hat, eine Stiftung [waqf ] zu gründen, nicht notwendig diese Tat ausführen muss,
sondern ihm war es gestattet, seine Absicht diesbezüglich zu ändern. Einige be-
stimmte Szenarien wurden ausgeschlossen, aber im Allgemeinen war es gemäß
557
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Imām Abū Ḥanīfa so, dass es nichts Fundiertes gab, was die Gründung des Waqf
erforderlich machte.
Ihm wurde in diesem Punkt widersprochen von der Allgemeinheit seiner
Schüler und den anderen Imamen, welche der Meinung waren, dass die Grün-
dung eines ‚Waqf‘ notwendig ist, wenn sie einmal festgelegt wurde. So wurde
dies zum Urteil [Fatwā] in der Schule nach Auffassung seiner Studenten. Imam
al-Kawtharī erwähnt in seinem ‚an-Nuqat al-Tarifa‘ (S.40):
„ʿIsa bin Abān sagte: Als Abū Yūsuf nach Bagdad kam, war er der Ansicht
Abū Ḥanīfas bezüglich der Genehmigung des Verkaufs von wohltätigen Stiftun-
gen [awqaf ]. Dies war so, bis Ismāʿīl bin ʿAlīyya ihm von Ibn ʿAwn von Nāfīʿ von
Ibn ʿUmar überlieferte bezüglich der Spende [ṣadaqa] [, die er machte] von sei-
nem Anteil von Khaybar. Abū Yūsuf sagte: „Dies ist eine Sache, in der uns die Mei-
nungsverschiedenheit nicht erlaubt wurde. Hätte dies Abū Ḥanīfa erreicht, dann
wäre das seine Ansicht gewesen und er wäre davon nicht abgewichen.“
Mālikī
Im „Taqaddima al-Jarḥ wa at-Taʿdīl“ (s.31) des Ibn Abī Hātim ar-Rāzī, über-
lieferte er mit seiner Kette von Imam ʿAbdullāh bin Wahb, einer der ehrwürdi-
gen Schüler von Imam Mālik. Ibn Wahb sagte:
„Ich hörte wie Imam Mālik bezüglich des Reibens zwischen den Zehen im
Wuḍūʾ befragt wurde. Er antwortete: „Es ist nicht gedacht für die Leute, dass
sie damit praktizieren.“ Er - Ibn Wahb - sagte: Ich verblieb still bis die Leute ihn
verließen und sagte zu ihm: „Bei uns ist es eine Sunna.“ Er fragte: „Wie kommt
das?“ Ich sagte: „al-Layth bin Saʿd, Ibn Lahiya und ‘Amr bin al-Harith überlie-
ferte uns von Yazīd bin ‘Amr al-Maʿafirī von Abī ʿAbd al-Raḥmān al-Hubbālī von
al-Mutawrad Ibn Schaddād al-Quraschī, der sagte: „Ich sah den Propheten Allahs
sallallahu ‚alayhi wa sallam seinen kleinen Finger zwischen die Zehen reiben.“ Er
- al-Mālik - sagte: „Dieser Ḥadīth ist Ḥasān und bis gerade hatte ich ihn noch nie
gehört.“ Ich hörte danach, als Leute ihn noch einmal wegen dieser Sunna fragten,
dass er seitdem das Reiben zwischen den Zehen im Wuḍūʾ befahl.“
Ibn ʿAbd al-Barr fügt in „al-Istidhkar“ (1/18) hinzu:
„Malik begann dies im Wuḍūʾ auszuführen.“
Schāfiʿī
Im „al-Illal“ von Imam Aḥmad (1/155) und „Manāqib asch-Schāfiʿī“ von al-
Bayhaqī (1/527) sagte Imām Aḥmad bin Ḥanbal: Asch-Schāfiʿī sagte zu uns: „Du
bist Wissender über Ḥadīth und über die Überlieferungen als ich. Wenn es einen
Ḥadīth gibt, dann berichte ihn mir, selbst wenn er von Kufa, Basra oder von asch-
Schām ist, sodass ich in dessen Richtung gehen kann, wenn er Ṣaḥīḥ ist.“
558
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ANHANG XII
d
559
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„… Du (oh Schüler) hast keine Ausrede dafür, dass du keinen Taqlīd bei ir-
gendeiner von dir gewünschten Rechtsschule von den Schulen der vier Imame
machst, denn sie sind alle Wege zum Paradies…” [Band 1, Seite 55]
Scheich Ṣāliḥ as-Sanūsī schreibt in „Fatḥ al-ʿAlī al-Mālik fil-Fatwā ʿalā Mad-
hhab al-Imām Mālik“:
„Was den Gelehrten, der nicht die Stufe von Ijtihād erreicht hat, und den
Nicht-Gelehrten angeht, so müssen sie Taqlīd des Mujtahids machen… Und die
korrekteste Auffassung ist, dass es verpflichtend (wājib) ist an einer bestimmten
Schule der vier Schulen festzuhalten…” [Abschnitt über Uṣūl al-Fiqh, Seite 40-41]
In „al-Tuhfa al-Muḥtāj fi Scharḥ al-Minhaj” schreibt Scheich al-Islām Aḥmad
Ibn Ḥajar al-Haythamī:
„Die Behauptung, der Laie habe keinen Madhhab, ist verpönt, vielmehr ist es
für ihn notwendig (yalzamuhu) Taqlīd an einer der anerkannten Schule zu ma-
chen. (Was die Behauptung angeht, dass Gelehrte es nicht verpflichtet haben ei-
ner Schule zu folgen,) so war das vor der Aufzeichnung der Schulen und ihrer Eta-
blierung.“ [Band 12, Seite 491 – Kitāb al-Zakāh]
In den berühmten 12 Bänden von Fatawa-Sammlungen der Mālikīs, „Al-
Miʿyar al-Muʿrib ʿan Fatāwā ahl al-Ifriqiyya wa al-Andalus wa al-Maghrib” führt
Imam Aḥmad al-Wanschirisī die Fatwā über Taqlid auf:
„Es ist nicht erlaubt (la yajūzu) für den Befolger eines Gelehrten sich das Ange-
nehmste für sich in den Schulen und eins, was am meisten mit ihm übereinstimmt,
auszusuchen. Es ist seine Aufgabe Taqlīd des Imams zu machen, dessen Schule
er im Vergleich zu den anderen Schulen für richtig hält.” [Band 11, Seite 163-164]
Die große Autorität in Uṣūl, Imam ʿĀmidī, schreibt in „Al-Iḥkam fī Uṣūl al-
Aḥkām“:
„Der Laie und jeder, der nicht fähig ist Ijtihād zu machen, sogar wenn er sich
herausragendes Können einiger Disziplinen (ʿulūm) bezüglich Ijtihād angeeig-
net hat, ist verpflichtet (yalzimuh) den Stellungen der Mujtahid Imame zu fol-
gen und seine Rechtssprüche zu nehmen und dies ist die Auffassung der Exper-
ten von den Gelehrten der Prinzipien (Al-Muḥaqqiqīn min al-Uṣūlyyin). Es waren
die Muʿtazila von Bagdad, die das verboten haben, außer, wenn die Zuverlässig-
keit seines Ijtihāds zu ihm deutlich wurde.” [Band 4, Seite 278]
Imam Zāhid al-Kawtharī – Ḥanafī-Rechtsgelehrter und leitender Gesetzes-
ratgeber des letzten Scheich al-Islam des Osmanischen Reiches – schrieb in einem
leidenschaftlichem Artikel gegen den wachsenden modernen Trend von Anti-Mad-
habismus betitelt als „Al-Lā Madhabiyya Qantara al-Lā Dīniyya” („Rechtsschul-
losigkeit ist eine Brücke zu Religionslosigkeit“):
560
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
„Die, welche die breite Masse dazu aufrufen das Festhalten einer Rechts-
schule von den Rechtsschulen der gefolgten Imame, deren Leben wir im Vor-
herigen kurz erwähnt haben, wegzuwerfen sind zweierlei Gruppen: Diejenigen,
die alle abgeleiteten Meinungen des Mujtahids als richtig betrachten, sodass es
für den Laien erlaubt sei, jeglicher Meinung jeglichen Mujtahids zu folgen, ohne
sich selber dabei auf die Meinungen eines einzigen Mujtahids, den zu folgen aus-
wählt, zu beschränken. Solch eine Denkweise gehört zu der Muʿtazila. Die (zweite
Gruppe) sind die Ṣūfīs, die alle Mujtahids in dem Sinne als richtig betrachten,
dass sie sich die schwerste Meinungen von ihren Stellungen heraussuchen, ohne
sich darauf zu begrenzen, einem Mujtahid zu folgen.” [Veröffentlicht in „Maqalāt
al-Kawtharī“, Seiten 224-225]
Imam Al-Jalāl Schams ad-Dīn al-Mahallī schreibt in der Erläuterung des
Schāfiʿī-Textes “Jamʿ al-Jawamiʿ“:
„Und die stärkste Position (wal-aṣaḥḥ) ist die, dass das Festhalten einer be-
stimmten Schule von den Madhabs der Mujtahid Imame, die er für angemesse-
ner als eine andere Schule oder gleichwertig hält, für den Nicht-Gelehrten/Laien
und außer ihm für diejenigen, die die Stufe des Ijtihād nicht erreicht haben, ver-
pflichtend ist (yajibu).” [Kitab al-Ijtihād, Seite 93]
Imam ʿAbd al-Ḥay al-Laknawī schreibt in seinem „Majmūʿ al-Fatāwā“, nach-
dem Erwähnen von verschiedenen Meinungen der Gelehrten über Taqlīd:
„In dieser Sache ist die kräftigste Auffassung, dass die Laien am Auswählen
von verschiedenen Meinungen gehindert werden, insbesondere die Leute die-
ser Zeiten, für die es keine andere Heilung gibt als das Folgen einer bestimmten
Rechtsschule. Wenn es diesen Leuten erlaubt wäre, zwischen ihrer Rechtschule
und einer anderen zu wählen, würde es großartige Widerwärtigkeiten hervor-
rufen.” [Band 3, Seite 195]
Imām Rajab al-Ḥanbalī schreibt in seinem Buch „Widerlegung jener, die einer/m
außer den vier Schulen folgen“:
“…das ist der Mujtahid - sein Dasein angenommen. Seine Pflicht (Farḍuhu)
ist es zu folgen, was ihm als die Wahrheit erscheint. Was den Nicht-Mujtahid be-
trifft, so ist seine Pflicht Taqlīd.” [Seite 6]
In dem wohlbekannten Mālikī-Text „Maraqi al-Saʿūd“ ist geschrieben:
„(Taqlīd) ist notwendig (yalzimuhu) außer für den, der die Stufe des absolu-
ten Ijtihāds erreicht hat. Selbst wenn er ein begrenzter (Mujtahid) ist, der nicht
fähig ist (absoluten Ijtihād zu vollziehen).” [Punkt 957, Seite 39]
Er schreibt weiter: „Jede Schule von den Schulen der (vier) Mujtahids ist ein
Mittel, welches dich zum Paradies bringt.“
561
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
562
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ANHANG XIII
d
Antwort:
1. Die Aussagen über Kalam, welche die großen Imame, wie Imām Mālik
und die anderen drei Imame, aussprachen, diese zu nehmen und auf die Aschʿarīs
anzuwenden, ist ein Fehler. Imam Abū al-Ḥasān al-Aschʿarī wurde nach dem Tod
1141 Entnommen und übersetzt aus den Werken von Ustadh ‘Abdullah al-Ghāli und Ustadh Ṣalāḥ
al-Dīn al-Idlibī, welche als Antwort zu Safar al-Hawalis Manhāj al-Aschʿarīyya fī al-ʿAqīdah
geschrieben wurden.
1142 Als Ḥāfiẓ (des Ḥadīth) wird ein Gelehrter bezeichnet, der mehr als 100.000 Aussprüche des
Propheten - Segen und Friede seien auf ihm - auswendig kann und zwar mit ihren unter-
schiedlichen Einstufungen, der Bewertung der einzelnen Überlieferer in der Überlieferungs-
kette und somit auch natürlich die gesamte Überlieferungskette. [Anm.d.R.]
1143 Muḥammad b. Aḥmad b. ʿAbdullah (oder ibn ʿAlī), gestorben 390 n.H.
563
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
von Imam Aḥmad ibn Ḥanbal - möge Allāh barmherzig mit ihm sein - geboren,
welcher der letzte der vier Imame der Rechtsschulen war, geschweige denn Imām
Mālik. Die Leute der scholastischen Theologie waren in der Zeit Imām Māliks die
Jahmiyya1144 und die Muʿtazila1145, welche Falschheiten unterstützten. Ihre Absicht
war nicht die Verteidigung des Glaubens der Leute der Wahrheit (Ahl al-Ḥaqq)
und es war auch nicht im Sinne dieser Sekten, diesen (Ahl al-Ḥaqq) einen Erfolg
zu ermöglichen.
Imām al-Bayhaqī - möge Allāh barmherzig mit ihm sein -1146 antwortete auf
dieses Missverständnis, indem er sagte:
„Allah weiß es am besten, doch mit scholastischer Theologie (Kalam), mein-
ten sie nur jene der Erneuerer. Während ihrer Zeit waren nur die Erneuerer da-
mit bekannt, sich mit theologischer Rhetorik zu beschäftigen. Die Ahlu Sunna
jedoch beschäftigte sich nur sehr geringfügig damit, bis sie danach dazu ver-
pflichtet wurden.“
2. Der Angreifer benutzte die Worte Ibn Khuwayz Mindād al-Mālikīs gegen
die Schule der Aschʿarīs, doch die Wahrheit ist, dass diese Person in seinem Wis-
sen und seiner Zitierung nicht als vertrauenswürdig angesehen wird.
Ḥāfiẓ Ibn Ḥajar al-ʿAsqalānī1147 - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – sagt
in seinem Lisān al-Mīzān:
„Er (Ibn Khuwayz) besitzt merkwürdige (Überlieferungen) von Mālik und
persönliche Ansichten und Interpretationen, welche die Elite der Schule nicht er-
reichte, wie z.B. seine Ansicht, dass die Sklaven nicht von der göttlichen Offenba-
rung angesprochen werden, sondern nur freie Menschen und, dass eine einzige
Überlieferung (Khabar al-Wāḥid) dem Wissen nützt…
… Abū al-Walīd al-Bājī redete schlecht über ihn, indem er sagte, dass er we-
der in der Untersuchung ausgebildet war, noch stark in der Rechtswissenschaft.
Er behauptete gewöhnlich, dass es in der Rechtsschule Māliks nicht erlaubt sei,
das Totengebet für einen derer zu beten, die sich mit scholastischer Theologie
beschäftigen, dass deren Zeugenaussagen nicht akzeptiert ist, man sie nicht hei-
raten und ihnen auch nichts anvertrauen dürfe. Ibn ʿAbd al-Barr kritisierte ihn
ebenfalls sehr.“1148
1144 Eine Sekte, gegründet/fundiert von/auf Jahm ibn Ṣafwān; sie lehnten alle Eigenschaften
Allāhs ab.
1145 Muʿtazilah, eine Sekte die in der Zeit von Aḥmad b. Ḥanbal ihre Glanzzeit erlebte. Sie glauben
daran, dass alles am Qurʾān erschaffen ist, bzw. die Rede Allāhs erschaffen ist. Sie waren die
stärksten Feinde der Ahlu Sunnah.
1146 Abū Bakr Aḥmad b. Ḥusayn b. ʿAlī b. Mūsā al-Khusrawjirdī al-Bayhaqī, gestorben 384 n.H.
1147 Aḥmad b. ʿAlī b. Muḥammad Schihāb al-Dīn al-Kinānī al-ʿAsqalānī, gestorben 852 n.H.
1148 Lisān al-Mīzān, 5/329 Dar al-Fikr ed.
564
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Imam Abū al-Walīd al-Bājī1149 - möge Allāh barmherzig mit ihm sein - sagte
bezüglich ihm (Ibn Khuzaym):
„Ich habe keinen der Gelehrten von Irak ihn erwähnen gehört. Er lehnte ge-
wöhnlich die gesamte scholastische Theologie (Kalām) ab und hatte eine Abnei-
gung gegen die Personen, die sich damit beschäftigten, so sehr, dass es ihn dazu
führte, die Anhänger dieser Wissenschaft aus der sunnitischen Gemeinschaft
auszuschließen. Er urteilte, dass die Leute des Kalām die Leute der Gelüste wä-
ren, über die Mālik sagte, was er in Bezug auf die Heirat mit diesen und deren
Zeugenaussagen sagte.“
Al-Qāḍī ʿIyā - möge Allāh barmherzig mit ihm sein - sagte über ihn:
„Er besitzt Merkwürdiges von Mālik. Er hat ebenfalls persönliche Rechtsan-
sichten, welche die Gelehrten dieser Schule nicht erreichten. Er war nicht qua-
lifiziert in der Untersuchung, noch war er stark in der Rechtswissenschaft.“1150
Dies ist also die Ansicht einiger führender Mālikī-Gelehrten und Juristen, wie
Ibn ʿAbd al-Barr, al-Bājī und al-Qāḍī ʿIyā; die Ansicht des Führers in al-Jarḥ wa
al-Taʿdīl (Kritik und Bewertung der Ḥadīthüberlieferer), Ḥāfiẓ Ibn Ḥajar - möge
Allāh barmherzig mit ihnen sein -, mal außen vorgelassen. Gleichermaßen gibt
es keinen Zweifel darin, dass die meisten Maliki-Rechtsgelehrten Aschʿarīs wa-
ren (und sind).
1149 Sulaymān b. Khalaf b. Saʿd oder Saʿīd oder Saʿdun b. Ayyūb, al-Qāḍī Abū al-Walid al-Tujaybī
al-Andalusī al-Qurtubī al-Bājī al-Tamimī al-Dhahabī al-Mālikī (403-474 n.H.)
1150 Sehe: Tartīb al-Madārik des Qāḍī ʿIyāḍ, 4/606, al-Dibāj des Ibn Farḥūn, 2/229, Tārīkh al-Islām
des Imām al-Dhahabī, #39/40, S. 217 und al-Wāfī bi al-Wafayāt des al-Ṣafadī, 2/52
1151 Abū al-ʿAbbās Aḥmad b. ʿUmar b. Surayj (geboren 249 n.H.)
1152 Eine Sekte, die auf Abū ʿAbdullah Muḥammad b. Karam zurückgeht. Sie verglichen Allah mit
der Schöpfung.
565
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Antwort:
Der Angreifer – möge Allah ihn rechtleiten – benutzte die Worte Imam Ibn
Suraidschs, um die Verdammung der Schāfiʿīs der Asch’aris zu beweisen. Dies ist
aus zwei Gründen vollkommen falsch:
1. Diese Aussage ist nicht authentisch auf Imam Ibn Surayj zurückzuführen.
Die Aschʿarīs haben sich in der Zeit von Imam Ibn Surayj noch nicht als eine ei-
genständige Schule etabliert. Ibn Surayj starb im Jahr 306 der Hijra, während
al-Aschʿarī im Jahr 324 nach der Hijra starb. Al-Aschʿarī wurde im Jahr 260 der
Hidschra geboren. Wenn also al-Aschʿarī für vierzig Jahre ein Muʿtazili war, be-
vor er sich von al-Jubaʾi – seinem Muʿtazili Lehrer - trennte, und wir annehmen,
dass er erst bei Jubāʾi lernte, als er zehn Jahre alt war, dann bedeutet dies, dass
Ibn Suraidsch einige Jahre vor der Reue (Tawba) Imam al-Aschʿarīs starb. Sogar
wenn wir um des Arguments willen annehmen, dass Ibn Surayj einige Tage nach
al-Aschʿarīs Reue starb, wie kann er eine theologische Schule verdammen, wel-
che sich bis jetzt noch nicht einmal unter einem eigenen Namen etabliert hatte?
Zweifellos hat Ibn Surayj dies nicht gesagt, denn er besaß kein Wissen über das
Verborgene.
Etwas anderes, was die Schwäche dieser Überlieferung uns zeigt, ist der
Überlieferer Abū al-Qāsim Saʿd b. ʿAlī b. Muḥammad al-Zinjānī, der selber erst
nach dem Tod Ibn Surayj geboren ist, und zwar ca. 80 Jahre später! Er wurde im
Jahre 380 Hijra geboren und starb im Jahre 471. Ibn Surayj wurde im Jahr 279 Hi-
jra geboren und starb im Jahr 303/306 Hijra, deswegen ist diese Überlieferungs-
kette unterbrochen, ohne eine Verbindung.1153
2. Die Gelehrten der Aschʿarī Schule und die Führenden der sunnitischen Ge-
meinschaft unter den Aschʿarīs waren Anhänger der Rechtsschule Imam asch-
Schāfiʿīs, wie Imam al-Ghazālī, der Autor von al-Wadschiz, al-Basir und al-Wasit,
alles Bücher der schāfiʿītischen Rechtswissenschaft. Schāfiʿī-Gelehrte wie: Imam
al-Ḥarāmayn, an-Nawawī, Ibn Ḥajar, ar-Rāzī, as-Subkī und Ibn al-Ṣalāḥ waren alle
Aschʿarīs. Siehe hierzu das Buch: Ṭabaqāt asch-Schāfiʿīyya, und du wirst sehen,
dass sie alle Aschʿarīs waren. Wie hat der Angreifer all dies verpassen können?
566
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
den Dingen, auf die al-Aschʿarīs Schule baute. Sie haben es nicht unterlassen, ih-
ren Gefährten und Geliebten auch nur das Herabsinken auf die Grenzgebiete (die-
ser Wissenschaft) zu verbieten – gemäß dem, was ich von vielen Imamen und
Scheichs gehört habe.“
Dann gibt er (Abū al-Ḥasān) ein Beispiel vom Scheich der Schāfiʿīs in seiner
Zeit, Imām Abū Ḥāmid al-Isfarāyīnī, der ‚dritter Schāfiʿī‘ genannt wurde:
„Die Strenge des Scheichs bezüglich der Leute der scholastischen Theologie
ist bekannt und zwar so sehr, dass er die Schāfiʿī Fundamente der Rechtswis-
senschaft (Uṣūl al-Fiqh) von den Fundamenten al-Aschʿarīs trennte. Abū Bakr ar-
Rādhaqānī kommentierte dies und es befindet sich in meinem Besitz. Scheich
Abū Isḥāq al-Schīrāzī ging ebenfalls diesen Weg in seinen zwei Büchern: Al-Lumʿa
und al-Tabṣira. Sogar wenn eine Ansicht von al-Aschʿarī nur ein Grad mit der An-
sicht unserer Gefährten übereinstimmte, unterschied er zwischen den beiden
und sagte: „Es ist die Ansicht von einigen unserer Gefährten, und es war auch
die Ansicht der Aschʿarīs.“ Er erachtete sie nicht als die Gefährten der Schāfiʿī-
Rechtsschule. Sie tadelten sie und ihren Weg in der fundamentalen Rechtswis-
senschaft, wie auch ihre Glaubensfundamente.“
Antwort:
1. Die Ansicht eines Gelehrten, welche von der gesamten Schule abweicht, kann
nicht als die Ansicht angesehen werden, welche die gesamte Schule repräsentiert.
2. Imam as-Samʿānī, ein Gelehrter der ein Aschʿarī im Glauben war, lobte den
Glauben al-Karajīs. Hinzu kommt, dass es eigentlich gar keine Überlieferungskette
gibt für die Überlieferung, welche vom Angreifer angeführt wurde, sondern es
wurde von Ibn al-Qayyim ohne Überlieferungskette in seinem Ijtimāʿ al-Juyūsch
al-Islāmiyya erwähnt und auch von Ibn Taymiyya in seinem Tisʿīniyya.
3. Ibn Taymiyya zitiert die Worte al-Karajīs aus einem Buch, von dem vermu-
tet wird, dass es ihm selber gehört: al-Fuṣūl fi al-Uṣūl ʿan Aʾimma al-Fuḥū Il Zāman
lī Dhawī al-Bidʿi wa al-Fuḍūl. Al-Isnawī sagt in seinem Ṭabaqāt asch-Schāfiʿīyya
unter al-Karajīs Biografie: „Er hat viele Bücher über die Jurisprudenz und Erläu-
terung des Qurʾāns geschrieben und auch ein Werk namens: „adh-Dharāʿi fī ʿIlm
asch-Scharāʿi.““ Al-Isnawī erwähnte kein einziges Buch, das al-Karajī über Glau-
bensthemen geschrieben haben soll, was die Zweifel über die Authentizität die-
ses Zitates verstärkt.
Außerdem gibt es ein Gedicht, welches al-Karajī zugeschrieben wird, das
viele Elemente der Vermenschlichung Allāhs beinhaltet. Diese Teile des Gedich-
tes kann man ihm aus drei Gründen nicht wirklich zuschreiben:
567
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
1. Der Aschʿarī-Imām, as-Samʿānī, lobt dieses Gedicht und es ist nicht mög-
lich, dass er die Vermenschlichung lobt. Es beinhaltet ebenfalls viele Beleidigun-
gen al-Aschʿarīs und Worte, die ein Gelehrter nicht in den Mund nehmen würde.
Es ist nicht möglich, dass as-Samʿānī dies lobte.
2. Der Autor dieser verfälschten Strophen und Verse behauptet, dass al-
Aschʿarī in Ahsāʿ ermordert wurde. Dies ist falsch, denn al-Aschʿarī starb an ei-
nem natürlichen Tod in seinem Bett.
3. Al-Samʿānī sagt, dass das Gedicht wenig mehr als 200 Zeilen hat, während
das Gedicht mit der Vermenschlichung mehr als 240 Zeilen hat. Das bedeutet, dass
es hier eine klare Verfälschung gibt – ungeachtet dessen, das die gefälschten Zei-
len nicht zum restlichen Stil und Rhythmus passen und aus reiner Vermensch-
lichung bestehen. Imam as-Samʿānī sagte: „Er hat ein Gedicht, welches mit dem
Buchstaben ba über die Sunna aufhört. Dort erklärte er seinen Glauben und den
Glauben der Salaf. Es hat ein wenig mehr als 200 Zeilen und ich las es in seiner
Gegenwart in seinem Haus in Karj.“
Durch all dies ist es nun bekannt, dass dieses Gedicht nicht al-Karajī zuge-
schrieben werden kann. Wenn es möglich wäre, würde es ihn zu einem Lügner
machen, denn wie kann er behaupten, dass al-Aschʿarī in Ahsāʿ ermordet wurde?
Nein, wahrlich, dies sind zusätzliche Zeilen von Menschen, welche Allāh nicht fürch-
ten. Sie haben diese hinzugefügt, um ihre Falschheit zu unterstützen. Möge Allah
- Erhaben und Makellos ist Er – mit ihnen in Seiner Gerechtigkeit verfahren.1155
Antwort:
Zu behaupten, Imam asch-Schīrāzī sei kein Aschʿarī gewesen, ist ganz klar
falsch. Siehe die folgenden Beweise:
1. Imam asch-Schīrāzī war einer derer, die das Dokument des Imam al-
Quschayri während des Aufruhrs in Bagdad1156 unterschoben. Asch-Schīrāzī
sagt: „Es ist in diesem Dokument bezüglich des Status des Scheichs, des Imāms,
dem Einzigartigen Abū Nasr al-Quschayrī – möge Allah die Anzahl seinesglei-
chen vermehren und die Imame der Religion – ausgesagt wurden, dass er jemand
ist, der organisierte Sitzungen hat und Allāh so gedenkt, wie es Ihm gebührt be-
1155 Siehe: Ṭabaqāt al-Schāfiʿīyya, 3/384
1156 Ebenfalls Fitna al-Quschayriyya oder Fitna al-Ḥanābila genannt.
568
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
züglich Seiner Einheit, Seiner Attribute und der Ablehnung der Ähnlichkeit zur
Schöpfung. Ich habe nichts von ihm gehört als den Weg der Leute der Wahrheit,
welche die sunnitische Gemeinschaft ist. Dies ist, was ich als meine Religion vor
Allāh nehme. Dies ist, woran ich fest glaube und dies ist das, worauf ich meine
Imame und meine Gefährten gefunden habe. Viele Vermenschlicher Allahs wur-
den durch ihn rechtgeleitet. Sie alle wurden Anhänger des Weges der Leute der
Wahrheit und es verblieben nur noch wenige Anhänger der Erneuerung.“1157
2. Imam al-Schīrāzī sagt in einem seiner Bücher: „Wer auch immer auf dem
Weg der Rechtsschule asch-Schāfiʿīs in den zweitrangingen Bereichen, und auf
dem Glauben al-Aschʿarīs in den Fundamenten ist, dann ist er das Zeichen auf dem
Pfad und er befindet sich auf der klaren Wahrheit… und über die Aussage der
Ignoranten, dass wir Schāfiʿīs in den zweitrangigen Bereichen und Ḥanbalīten in
den Fundamenten sind, so darf man diesem nicht vertrauen, denn Imam Aḥmad
schrieb kein Buch über Glauben und nichts von dieser Art wurde ihm zugeschrie-
ben, außer seiner Geduld bei der Auspeitschung, als er in Gefangenschaft geriet,
nachdem die Muʿtazila versuchte ihm ihren Glauben aufzuzwingen bezüglich
der Erschaffung des Qurʾāns und seine vehemente Ablehnung dessen. Er wurde
zu einer Debatte eingeladen, aber er debattierte nicht. Sich dem Weg derer an-
zuschließen, welche ungebundene Bücher über den Glauben schrieben, die klar
darüber sprachen und die Erneuerer mit klaren und offensichtlichen Beweisen
zum Schweigen brachten, ist viel angemessener und besser.“1158
Niemand sollte annehmen, dass Imam asch-Schīrāzī den Leuten verbat einer
anderen Rechtsschule als die der von asch-Schāfiʿī zu folgen, oder einem sunniti-
schen Glauben, welcher nicht auf den gleichen methodologischen Fundamenten
al-Aschʿarīs baut. Eher stellt er hier klar, dass jemand, der auf diesem Weg ist, auf
dem Weg der Wahrheit ist – im Gegensatz zu dem, was die Erneuerer behaupten.
Er macht hier auch klar, dass al-Aschʿarī Bücher schrieb, eine methodologische
Basis formte und in Details der Glaubensthemen ging und zwar in einer Art und
Weise, wie es andere Gelehrten nicht taten.
Wer auch immer Zweifel über Imam asch-Schirazis Glauben hat, so lass ihn sei-
nen Glaubenstext liest, dass er als Vorwort seines Al-Lumʿa schrieb. Darin sagt er:
„…daher glauben sie, dass die erste Pflicht einer Person mit gesundem Men-
schenverstand und im Alter der Pubertät die Untersuchung und die Schlussfol-
gerung (aus der Schöpfung) ist, welche beide zum Wissen über Allāh - Erhaben
und Makellos ist Er - führen…
1157 Ṭabaqāt al-Schāfiʿīyya, 3/99
1158 Al-Ischara ila Madhhab Ahl al-Ḥaqq, S. 283
569
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
…sie glauben ebenfalls, dass die einfache Nachahmung (Taqlīd) in Bezug auf
das Wissen über Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - verboten ist, denn Nach-
ahmung bedeutet, die Aussagen anderer ohne Beweise zu akzeptieren…
… sie glauben ebenfalls, dass Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - kein Kör-
per (Jism) ist…1159
…gemäß den Leuten der Wahrheit ist der Verstand alleine nicht fähig selbst-
ständig Pflichten zu bestimmen und etwas als Gut oder Schlecht zu bezeichnen….
…Es wird nicht gesagt, dass Allāhs Rede aus mehreren Sprachen besteht.
Dies ist so, weil Sprachen Eigenschaften von Geschöpfen sind…1160
…so glauben sie auch, dass Allah ‚Mustawin ʿalā al-ʿarsh‘ ist und, dass Sein
Istiwā nicht Sitzen oder räumlicher Kontakt ist. Dies ist so, weil Sitzen, Fixierung
oder räumlicher Kontakt die Eigenschaften erschaffener Formen sind und der
Herr - Erhaben und Makellos ist Er - ist seit der Unendlichkeit urewig – was be-
weist, dass er ohne Ort ist und dann erst erschuf Er den Ort, und Er ist jetzt wie
Er schon immer war.“1161
Er sagte über die Gegner der Aschʿarīs:
„Ihre offene Darlegung dessen, worauf sie sich in der Vermenschlichung Allāhs
befinden, ihre Verfluchung der Muslime und ihre Beschuldigung dieser mit Un-
glauben beweist nicht, dass sie sich auf der Wahrheit befinden… und von ihrem
Übel ist ihre Verfluchung der Leute der Wahrheit und ihre Verleumdung und ihr
Lästern über sie, indem sie ihre Namen vor dem gewöhnlichen Volk schmähen
und ihnen den Spitznamen: „Al-Aschʿarīyya“ geben.1162
Antwort:
Al-Harawī ist: Abū Ismāʿīl ʿAbdullah b. Muḥammad al-Harawī al-Anṣārī, der
im Jahre 481 n.H. starb. Er war ein Ḥanbalī-Ṣūfī, der bekannt war für seinen Fa-
natismus. Er war fern von der Rechtsschule asch-Schāfiʿīs und den Gelehrten der
1159 Scharḥ al-Lumʿa mit der Einleitung von al-Schīrāzī, 1/91-95
1160 Ibid., 1/97, 100
1161 Ibid., 1/101
1162 Ibid., 1/113
570
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Schāfiʿīten. Es gibt keine biografische Notiz über ihn in Ṭabaqāt asch-Schāfiʿīyya von
Subkī und auch in sonst keinem anderen Buch über die Biografien der Schāfiʿīten,
wie die Bücher von Ibn Ṣalāḥ, Ibn Qāḍī Schuhba oder al-Isnawī. Die Aussage des
Angreifers, dass beide ihn für sich beanspruchen, die Schāfiʿīs und Ḥanbalīs, ist
eine unfundierte Behauptung.
Es gibt keinen Zweifel darüber, dass al-Harawī ein leidenschaftlicher Gegner
der Aschʿarīs im Allgemeinen und insbesondere Imam Abū al-Ḥasān al-Aschʿarī
im Speziellen war. Er sagte über al-Aschʿarī: „Es ist bekannt unter den Muslimen,
dass ihr Kopf (d.h. der Führer der Aschʿarīs), ʿAlī b. Ismāʿīl al-Aschʿarī sich nach
der Notdurft nicht reinigte, keine Waschung vollzog und auch nicht betete.“1163
Während also al-Harawīs Ansichten bekannt sind, repräsentieren sie in keiner
Weise die Ansichten der Schāfiʿī-Rechtsschule, insbesondere daher, weil er so-
wieso kein Schāfiʿī war, wie es einige behaupten.
Antwort:
1. Um zu behaupten, die Ḥanafīs würden den Aschʿarīs widersprechen, er-
wähnt der Angreifer Imam at-Taḥāwī. Fand er in dessen ʿAqīda irgendetwas, was
dem Glauben der Aschʿarīs widersprach? Die Wirklichkeit sieht so aus, dass der An-
greifer und seine Gruppe ein Problem mit einigen Teilen der ʿaqīda at-Taḥāwīyya
haben, wie z.B. mit diesen Aussagen:
571
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ANHANG XIV
d
Das Urteil über jenen, der die Führer der sunnitischen Gemeinschaft,
die Aschʿarīten, herabwürdigt1164
573
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Dies ist der Text der Fragestellung und die Antwort dazu1168:
Was sagt der wissende Gelehrte, der Richter, der Auserwählte, der Unvergleich-
liche, Abū al-Walīd – möge Allāh ihm Rechtleitung und Erfolg geben – über Scheich
Abū al-Ḥasān al-Aschʿarī, Abū Isḥāq al-Isfarāyīnī1169, Abū Bakr al-Bāqillānī1170, Abu
1167 Diese drei Imame sind die größten Gelehrten in ihrer Zeit. Der erste ist der auserwählte von
den Ḥanafīs. Die anderen beiden sind die Imāme der Schāfiʿīs. Der Ḥāfiẓ Ibn ʿAsākir schreibt
in seinem al-Tabyīn (S.332):„Dies sind also die Antworten der Imāme, welche während ih-
rer Zeit die Gelehrten der Islamischen Gemeinde waren. Der Hauptrichter, Abū Ḥanīfah Abū
ʿAbdullah al-Ḥanafī al-Damaghānī, wurde in seiner Zeit als der „zweite Abū Ḥanīfah“ bezeich-
net. Der Scheich, der Imām, Abū Isḥāq – der Ruf seiner Tugend durchdrang alle Horizonte. Der
Scheich, der Imām Abū Bakr al-Schāschī – seine Stärke im Wissen ist den Anfängern und den
vollendeten Meistern gleichermaßen bekannt. So wird derjenige, dem Allāh göttlichen Erfolg
gab in Klarheit und ihn von Streit und Sturheit bewahrte, die Schlussfolgerung erreichen aus
dem, was sie sagten, und wird es ihre Information als ausreichend empfinden. Möge Allāh
uns davor bewahren Lüge oder Verleumdung zu sprechen, und möge er unseren Brüdern im
Glauben, die vorher waren, und uns vergeben und möge Er uns ihre exzellenten Nachfolger
machen und uns mit ihnen in den Wohnstätten des Paradieses versammeln.“
1168 Von seinen gesetzlichen Urteilen (2/802), 1. Ed., Dar al-Gharb al-Islāmī, Beirut, 1407 N.H.
1169 Er ist der auserwählte Imām, der Unvergleichliche, der Lehrer, Abū Isḥāq Ibrāhīm b.
Muḥammad b. Ibrāhīm b. Mihran al-Isfarāyīnī. Er starb im Jahr 418 n.H.. Seine Biografie ist in
„Tabyīn Kadhib al-Muftarī“, S.243; Wafiyāt al-ʿAyān, 1/28; Ṭabaqāt al-Schāfiʿīyya, von al-Subkī,
4/256
1170 Er ist der Imām, der Auserwählte, der Unvergleichliche Abū Bakr Muḥammad b. al-Tayyib b.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Bakr ibn Fūrak1171, Abu al-Maʿālī1172 und Abu al-Walīd al-Bājī1173 und ihresgleichen,
welche der Wissenschaft der scholastischen Theologie (Kalām) nachgingen, über
die Grundsätze der Glaubensrichtungen sprachen und Werke als Antwort auf die
Sekten mit häretischen Neigungen verfassten? Sind sie die Imāme der Ehrlichkeit
und Rechtleitung oder sind sie die Führer in der Verwirrung und der Torheit? Und
was sagst du über eine Person, welche die Leute [des Kalāms] beleidigt und her-
abwürdigt und auch alle anderen, die sich der Disziplin al-Aschʿarīs zuschreiben,
indem sie diese mit Unglauben und Beschimpfungen bezichtigen; sich von diesen
trennt, indem sie sich von ihnen entfernt und, die davon überzeugt ist, dass diese
irregegangen und in Ignoranz getaucht sind? Was sollte man solchen sagen und
was sollte man mit diesen tun? Sollte man sie auf ihren Leidenschaften verwei-
len lassen oder nicht und sollten ihre Fanatiker zurückgehalten werden? Und ist
dies eine Herabsetzung in ihrer Religion, ihren Glauben eingeschlossen? Ist das
rituelle Gebet hinter ihnen erlaubt oder nicht? Kläre für uns den Status der vor-
her erwähnten Imame und deren Platz in unserer Religion und spreche deutlich
über den Status jener, die sie verunglimpfen, und auch über jene, die nah zu ih-
nen stehen und sie lieben; im Allgemeinen und auch im Spezifischen. Mögest du
belohnt werden, so Allāh es wünscht.
Ibn Ruschd - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – antwortete:
Ich habe deine Frage analysiert (Allāh bewahre dich und uns) und darüber
nachgedacht. Die Gelehrten, welche du erwähnt hast, sind Imame der Güte und
Rechtleitung und sie sind jene, denen man folgen muss. Denn sie haben es sich
vorgenommen dem Heiligen Gesetz Sieg zu schenken, indem sie die Zweifel der
Irregeleiteten und der Leute der Irreleitung widerlegten. Sie machten jenes, wel-
ches problematisch war, klar und auch klärten sie die Dinge, welche man als Teil
der Religion erachten muss. Somit sind sie, mit ihrem Verständnis der Prinzipien
des Glaubens, die wahren Gelehrten aufgrund ihres Wissens über Allāh - Erha-
ben und Makellos ist Er - und ihres Wissens darüber, was für Ihn Pflicht ist, was
Muḥammad b. Jaʿfar b. Qāsim al-Basrī al-Baghdādī al-Bāqillānī – der Scheich der Mālikīs, Au-
tor vieler Werke und Beispiel der Beispiele von Intelligenz und Verständnis. Er starb im Jahr
403 n.H. Seine Biografie findet man in Tabyīn, Tārīkh Baghdād, Al-Ansāb, Wafiyāt al-ʿAyān,
Tartīb al-Madārik und vielen anderen Büchern.
1171 Er ist der Imām, der große Diskutant, Muḥammad b. al-Ḥasān b. Fūrak, der im Jahr 406 n.H.
starb. Seine Biografie findet man in Ṭabaqāt al-Subkī, al-Tabyīn, Wafiyāt al-ʿAyān und anders-
wo.
1172 Er ist der große Imām, der Scheich der Schāfiʿīs, der Imām der zwei Heiligtümer, ʿAbd al-Mālik
b. ʿAbdullah b. Yūsuf al-Juwaynī, geboren im Jahre 419 n.H. und gestorben im Jahre 478 n.H.
Seine Biografie ist in Ṭabaqāt al-Subkī und anderswo.
1173 Der Imām, der Ḥāfiẓ, der Richter, der Unvergleichliche, Sulaymān b. Khalaf al-Bājī al-Andalusī
al-Mālikī, geboren im Jahr 403 n.H. und gestorben im Jahr 474 n.H. Seine Biografie findet man
in Tartīb al-Madārik, Wafiyāt al-ʿAyān und anderswo.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
für Ihn gestattet ist und was von Ihm abgelehnt werden muss. Die Zweige kön-
nen nicht erkannt werden, ohne erst die Grundsätze zu kennen. Somit ist es un-
ausweichlich ihre Tugenden anzuerkennen, sie in ihrer Vorgängerschaft zu be-
stätigen, denn sie sind jene, welche Allāhs Gesandter - Segen und Friede seien
auf ihm - meinte, als er - Segen und Friede seien auf ihm - sagte: „Der Gerechte
von jeder Nachfolgerschaft wird dieses Wissen tragen, indem er die Verirrun-
gen der Fanatiker, die Vermutungen der Schwätzer und die Interpretationen der
Ignoranten ablehnt.“
Somit sollte keiner die Überzeugung tragen, dass sich [die Leute des Kalām]
auf einem Weg der Irreführung und der Ignoranz befinden, außer den närrischen
Ignoranten oder abgespaltene Irregegangene, die von der Wahrheit abgewichen
sind. Niemand außer ein Sünder sollte sie beleidigen und ihnen etwas Anderes
zuschreiben als das, worauf sie sich befinden, und Allāh - Erhaben und Makellos
ist Er - gebietet: „Und diejenigen, die gläubigen Männer und Frauen Ungemach
zufügen (, indem sie sie) wegen etwas (in Verruf bringen), was sie (gar) nicht be-
gangen haben, laden damit (das Vergehen von) Verleumdung und offenkundige
Sünde auf sich.“ (33:58)
Es ist dringend notwendig, dass die Auffassungen der Ignoranten dieser Leute
korrigiert werden, dass die Sünder diszipliniert werden und der Erneuerer, der
sich von der Wahrheit abgewandt hat, zur Reue aufgerufen werden sollte, wenn
er in seiner Neuerung locker ist. Er wird Reue zeigen, ansonsten wird er unauf-
hörlich geschlagen, bis er Reue zeigt, wie es ʿUmar ibn al-Khaṭṭāb - möge Allāh
mit ihm zufrieden sein - mit Sabigh1174 tat, der in seinem Glauben beschuldigt
war, und er schlug ihn, bis dieser sagte: „O Befehlshaber der Gläubigen! Wenn du
meine Gesundheit erwünschst, so hat es die Krankheit schon eingeholt, und wenn
du mich töten willst, so beeile dich bitte darin!“ Letztendlich ließ er [ʿUmar ibn
al-Khaṭṭāb] ihn gehen. Ich frage Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - um Schutz
und Erfolg durch seine Barmherzigkeit.
Eine andere Frage - dem Imām, Faqīh, Scheich al-Islām Schihāb al-Dīn Aḥmad
b. Ḥajar al-Haytamī al-Makkī asch-Schāfiʿī1175 gestellt:
„Einige Leute haben Verleumdungen gegen Abū al-Ḥasān und Abū Isḥāq
die Aschʿarīten, gesprochen, und auch über al-Bāqillānī, Ibn Fūrak, Abu al-Maʿālī
– dem Imam der zwei Heiligtümer, al-Bājī, und anderen, welche über die Glau-
bensgrundsätze sprachen und die Sekten mit häretischen Tendenzen wider-
legten. Nein, vielmehr haben einige Häretiker darin übertrieben und diese mit
1174 Er ist Ṣabigh ibn ʿIsl, ein Nachfolger, der ʿUmar ibn al-Khaṭṭāb über die Mehrdeutigen befrag-
te, worauf ʿUmar ihn bestrafte. Siehe hierzu „al-Iṣābah“ des Ḥāfiẓ Ibn Ḥajar, Buchstabe Ṣad,
drittes Kapitel (3/258), veröffentlicht von al-Kutub al-‘Ilmiyya.
1175 Al-Fatāwā al-Ḥadīthiyya, 1. Ed., S. 272, Iḥyāʾ al-Turath, Beirut
576
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Blasphemie und Unglauben beschuldigt. Sind diese so, wie es diese Verleumder
behaupten, oder nicht?“
Er - möge Allāh barmherzig mit ihm sein - antwortete:
Sie sind nicht so wie es diese außergewöhnlichen, tollkühnen Abtrünnigen,
radikalen Irregeleiteten und der Ignoranz Zugeneigten behaupten. Nein, viel-
mehr sind diese die Imame der Religion und Leuchten unter den Gelehrten der
Muslime. Somit ist es eine Pflicht, diese als Führer anzuerkennen aufgrund ih-
rer Erhebung für die Unterstützung des Heiligen Gesetzes, ihrer Klärung der Pro-
bleme und der Widerlegung der Zweifel des Irregeleiteten Volkes und indem, was
Pflichtpunkte sind in den Glaubensthemen und Punkten, aufgrund ihres Wissens
über Allah und was Pflicht für Ihn ist, und was unmöglich für Ihn ist und in sei-
nem Falle möglich ist. Das Erreichen [dieses Wissens] kann nicht verwirklicht
werden, außer durch die Realisierung dieses Prinzips. Eine Pflicht ist es, die Tu-
genden der vorher erwähnten Imame sowie deren Nachfolgern zu erkennen und,
dass sie von der Allgemeinheit derer sind, die seinen Worten - Segen und Friede
seien auf ihm - gemeint waren: „Der Gerechte von jeder Nachfolgerschaft wird
dieses Wissen tragen, indem er die Verirrungen der Fanatiker, die Vermutungen
der Schwätzer und die Interpretationen der Ignoranten ablehnt.“
Somit sollte niemand außer dem ignoranten Narren die Überzeugung ihrer
Irreführung in sich tragen, oder außer einem Erneuerer, der die Wahrheit meidet,
und niemand wird diese beleidigen außer den Übertretern. Damit ist es unaus-
weichlich, dass die Ansichten des Ignoranten diesbezüglich korrigiert, die Über-
treter diszipliniert und die Erneuerer zur Reue aufgerufen werden. Andererseits
sagen einige Mālikī-Gelehrten, dass diese geschlagen werden, bis sie sterben, wie
es unser Meister ʿUmar ibn al-Khaṭṭāb mit dem berühmten verfluchten Sabigh. Es
wurde erwähnt, dass er, als die Schläge sich vermehrten, sagte: „Wenn du meine
Heilung wünschst, so hat sie meine Krankheit eingeholt! Wünschst du jedoch
meinen Tod, so beeile dich darin!“, worauf ʿUmar ibn al-Khaṭṭāb ihn gehen ließ.
577
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ANHANG XV
d
Die Gelehrten der sunnitischen Gemeinschaft, die zur Schule der Aschʿarīs
und Māturīdīs gehören1176
Wisse, möge Allāh mich und dich rechtleiten, dass die Gelehrten des Islām,
die diesen Dīn mit Aufrichtigkeit gedient haben, Anhänger der Ahlu Sunna wa-
l-Jamāʿa waren. Sie folgten einer der vier Rechtsschulen im Fiqh und der ʿAqīda
von al-Aschʿarī bzw. al-Māturīdī. Du fragst dich jetzt bestimmt nach den Namen,
die ich überhaupt bringen könnte. Eine Person, die die Gewissheit sucht, will mit
Sicherheit auf der Seite der Mehrheit der großen Gelehrten des Islāms sein und
nicht auf der Seite der Außenseiter und Sekten. So öffne deine Augen und dein
Herz Bruder und lies die Namen, die ich erwähnen werde.
1. Im Bereich des Tafsīr
Abū Mansūr al-Maturīdī (gest. 333. n. Hiğra) Ḥanafī
Abū al-Layth as-Samarqandī (gest. 373 n. Hiğra) Ḥanafī Matūrīdī
Aḥmad b. Fāris (gest. 395 n. Hiğra) Mālikī Aschʿarī
Abū ʿAbdraḥman as-Sullāmī (gest. 412 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʿarī
Ath-Thaʿlabī (gest. 427 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʿarī
ʿAbd al-Qāhir al-Baghdadī (gest 429. n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʿarī
Abū Dhar al-Harawī (gest. 434 n. Hiğra) Mālikī Aschʿarī
Abū ʿUthmān aṣ-Ṣābūnī (gest. 447 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʿarī
Al-Quschayrī (gest. 465 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʿarī
Al-Wāḥidī (gest. 468 n. Hiğra) Schafiʿī Aschʾarī
Abū al-Walīd al-Bāğī (gest. 474 n. Hiğra) Mālikī Aschʿarī
ʿAbd al-Qāhir al-Ğurğānī (gest. 474 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʿarī
Al-Baghawī (gest. 510 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʿarī
Ar-Rāghib al-Iṣfahānī (gest. 535 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʿarī
1176 Entnommen aus: „Die lobenswerten Vorzüge der Ahlu Sunna wa-l-Ğamāʿa“, verfasst von ʿAlī
Ghandour und veröffentlicht auf www.sunnanet.de
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Ḥanafī-Rechtsschule:
asch-Schāschī (gest. 344 n. Hiğra) Ḥanafī
al-Ğaṣāṣ (gest. 370 n. Hiğra) Ḥanafī
Al-Qudūrī (gest. 428 n. Hiğra) Ḥanafī Matūrīdī
ad-Dabūsī (gest. 430 n. Hiğra) Ḥanafī Matūrīdī
al-Bazdawī (gest. 482 n. Hiğra) Ḥanafī Matūrīdī
as-Sarakhsī (gest. 490 n. Hiğra) Ḥanafī Matūrīdī
aṣ-Ṣadr asch-Schahīd (gest. 536 n. Hiğra) Ḥanafī Matūrīdī
ʾAlāʾ ad-Dīn as-Samarqandī (gest. 539 n. Hiğra) Ḥanafī Matūrīdī
al-Kāsānī (gest. 578 n. Hiğra) Ḥanafī Matūrīdī
al-Qāḍī Khān (gest. 592 n. Hiğra) Ḥanafī Matūrīdī
al-Marghiyānī (gest. 593 n. Hiğra) Ḥanafī Matūrīdī
al-Mawṣilī (gest. 683 n. Hiğra) Ḥanafī Matūrīdī
581
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Mālikī-Rechtsschule
Ibn Abī Zayd al-Qayrawānī (gest. 386 n. Hiğra) Mālikī Aschʿarī
Ibn al-Qaṣṣār (gest. 398 n. Hiğra) Mālikī Aschʿarī
al-Qaḍī ʿAbd al-Wahhāb (gest. 422 n. Hiğra) Mālikī Aschʿarī
Ibn ʿAbd al-Barr (gest. 463 n. Hiğra) Mālikī1177
Abū al-Walīd al Bāğī (gest. 474 n. Hiğra) Mālikī Aschʿarī
al-Lakhmī (gest. 478 n. Hiğra) Mālikī Aschʿarī
Ibn Baṭṭāl (gest. 499 n. Hiğra)
Ibn Ruschd der Großvater (gest. 520 n. Hiğra) Mālikī Aschʿarī
al-Māzurī gest. 536 n. Hiğra) Mālikī Aschʿarī
Abū Bakr Ibn al-ʿArabī (gest. 543 n. Hiğra)
al-Qāḍī ʿIyyāḍ (gest. 544. n. Hīğra) Mālikī Aschʿarī
Ibn al-Ḥāğib (gest. 646 n. Hiğra) Mālikī Aschʿarī
al-Qarāfī (gest. 684 n. Hiğra) Mālikī Aschʿarī
Ibn Ğuzay (gest. 741 n. Hiğra) Mālikī Aschʿarī
Khalīl (gest. 767 n. Hiğra) Mālikī Aschʿarī
Asch-Schāṭibī (gest. 790 n. Hiğra)
Ibn ʿArafa (gest. 803 n. Hiğra) Mālikī Aschʿarī
Birhām (gest. 805 n. Hiğra) Mālikī Aschʿarī
Ibn Nāğī (gest. 837 n. Hiğra) Mālikī Aschʿarī
al-Mawwāq (gest. 897 n. Hiğra) Mālikī Aschʿarī
Zarrūq (gest. 899 n. Hiğra) Mālikī Aschʿarī
1177
582
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Schāfiʿī-Rechtsschule
Al-Qāḍī Ḥusayn (gest. 462 n . Hiğra) Schāfiʿī Aschʾarī
Abū Isḥāq asch-Schīrāzī (gest. 467 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʾarī
al-Maḥāmilī (gest. 415 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʾarī
Imām al-Ḥaramayn (gest. 478 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʾarī
al-Ghazālī (gest. 505 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʾarī
al-Baghawī (gest. 516 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʾarī
Abū Schuğāʿ (gest. 593 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʾarī
ar-Rāfiʿī (gest. 623 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʾarī
Al ʿIzz b. ʿAbd as-Salām (gest. 660 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʾarī
al-Qazwīnī (gest. 665 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʾarī
an-Nawawī (gest. 676 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʾarī
Ibn Diqqīq al-ʿĪd (gest. 702 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʾarī
Taqiyy ad-Dīn as-Subkī (gest. 756 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʾarī
Tāğ ad-Dīn as-Subkī (gest. 771 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʾarī
Ibn ʿIllān aṣ-Ṣiddīqī (gest. 776 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʾarī
Abū Zarʿa al-ʿIrāqī (gest. 826 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʿarī
Ğalāl ad-Dīn al-Maḥallī (gest. 864 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʾarī
as-Suyūtī (gest. 911 n. Hiğra) SchāfiʿīAschʾarī
Ibn Qāsim al-Ghazzī (gest. 918 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʾarī
Zakariyya al-Anṣārī (gest. 926 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʾarī
Ibn Ḥağar al-Haythamī (gest. 974 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʾarī
al-Khaṭīb asch-Scharbīnī (gest. 977 n. Hiğra) Schāfiʿī Aschʾarī
583
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die Ḥanbalī-Rechtsschule
Abū al-Faḍl at-tamīmī (gest. 410 n. Hiğra)
Abū Yaʿlā (gest. 458 n. Hiğra)
Ibn al-Ğawzī (gest. 508 n. Hiğra)
Ibn ʿUqayl (gest. 513 n. Hiğra)
ʿAbd al-Qādir al-Ğīlānī (gest. 562 n. Hiğra)
Ibn Qudāma (gest. 620 n. Hiğra)
ʿAbd as-Salām b. Taymiyya (gest. 652 n. Hiğra)
Ibn Rağab (gest. 795 n. Hiğra)
Ibn ʿĀdil al-Ḥanbalī (gest. 880 n. Hiğra)
Al-Ḥağawī (gest. 968 n. Hiğra)
Ibn an-Nağār (gest. 972 n. Hiğra)
Marʿī Al-Karmī (gest. 1033 n. Hiğra)
Al-Bahūtī (gest. 1051 n. Hiğra)
Ibn Balbān (gest. 1083 n. Hiğra)
Ibn ʿImād al-Ḥanbali (gest. 1089 n. Hiğra)
Abū al-Mawāhib (gest. 1126 n. Hiğra)
584
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
585
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Mein Bruder, kennst du eine Gruppe oder eine Sekte, welche so viele Groß-
gelehrten auf ihrer Seite hat. Die Namen, die ich erwähnt habe, sind nicht mal ein
Tropfen von einem Ozean. Man könnte für jeden Madhab tausende von Gelehrte
erwähnen. Man kann für jede Epoche und für jeden Ort der islamischen Welt tau-
sende von Gelehrte bringen, welche dem Weg der Ahlu Sunna folgten. Diese Ge-
lehrten in den verschiedenen Zweigen des Wissens sind die wahren Erben der
frühen Generation. Jemand, der behauptet, den Salaf zu folgen oder jemand, der
den Salaf folgen will, soll sich an diesen Gelehrten festhalten, weil diese Imāme
fürwahr diejenigen sind, die uns das Wissen der Salaf erklärt und überliefert ha-
ben. Ich schwöre bei Allāh, dass die Wahhabiten in jedem Wissenszweig nicht so
eine Kette von Gelehrten bringen könnten, die sich von unserer Zeit bis auf die
Generation der Salaf streckt und, welche die gleichen Lehren wie die heutigen
Wahhabiten vertreten. Sie behaupten dann unverschämt, dass sie den Salaf fol-
gen... Möge Allah uns vor dieser Irrlehre bewahren... Amin!
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ANHANG XVI
d
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
niedrigen Charakterzüge ablegt und sie mit Tugenden schmückt. Sein anfängli-
cher Pfad ist Wissen, sein mittlerer Pfad ist Handlung und sein endender Pfad
ist göttliche Beschenkung“1184
Der Autor des Kaschf az-Ẓunūn sagte: „Es ist eine Wissenschaft, durch die
man lernt, wie sich die Menschen der Perfektion vom Rang einfacher Mensch-
lichkeit zu den Rängen der Glückseligkeit erheben…
Die Wissenschaft Sufismus kennt keiner,
Außer für seine Wahrheit bekannte Intellektuelle
Wissen tun es nicht jene, die nicht Zeuge dessen sind
Denn wie kann der Blinde das Licht der Sonne sehen?“1185
Scheich Aḥmad Zarrūq sagte in seinem Werk Qawāʿid at-Taṣawwuf: „Ṣūfīsmus
wurde auf mehr als zweitausend Arten definiert, skizziert und beschrieben. Das
Ergebnis all dieser Definitionen geht zurück auf: Wahrhaftigkeit in der Zuwen-
dung zu Allāh. Jede Definition geht hierauf zurück.”1186
Die Hauptsäule des Ṣūfīsmus ist die Reinigung und Säuberung des Herzens
vom Schmutz der materiellen Existenz. Seine Hauptaufmerksamkeit widmet sie
der Verbindung des Menschen mit seinem majestätischen Schöpfer. Der Ṣūfī ist je-
ner, der sein Herz für Allāh reinigte, dessen Umgang mit Allāh gereinigt ist, wes-
halb er im Gegensatz dazu die reine Großzügigkeit Allāhs empfängt.
588
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ANHANG XVII
d
589
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
und negativen Faktoren bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit der Hadith-Über-
lieferer oder ‛Ilm at- Tawĥīd, die Wissenschaft über die Glaubensgrundsätze des
Islam und andere wesentliche Disziplinen der Scharia. In Zusammenhang damit
sagte Imām Schāfi‛ī (204/820): „Alles, was in der Scharia eine Bestätigung (musta-
nad) findet, ist keine Bida’a, auch wenn es die früheren Muslime nicht ausgeführt
haben.“ (Ahmad al-Ghumārī, Tashnīf al-adhān, Kairo: Maktabat al-Khanjī, n.d., 133)
Dementsprechend entstand ‛Ilm at-Taśawwuf, „die Wissenschaft des Sufis-
mus“, um den besonderen Aspekt der Scharia, die Aufrichtigkeit, „Ikhlās“, zu be-
wahren und zu fördern. Es war bekannt, dass die Sunna des Propheten nicht nur
Wörter und Handlungen sind, sondern auch Stadien des Seins beinhaltet, sprich,
dass ein Muslim nicht nur einige Dinge sagen und tun muss, sondern auch etwas
sein muss. Die Scharia befiehlt, wie in einigen Koran-Ayāt und Ahadith, Allah zu
fürchten, Ihm gegenüber aufrichtig zu sein, in dem Wissen über Allah, dem Ein-
zigen, so sicher zu sein, dass man ihn so anbetet, als ob man ihn sieht, den Pro-
pheten mehr als jeden anderen Menschen zu lieben, allen Muslimen Liebe und
Respekt zu zeigen, barmherzig zu sein und, dass das Herz noch viele andere Zu-
stände hat. Es sind uns auch innere Zustände wie Neid, Bosheit, Arroganz, Liebe
zu weltlichen Angelegenheiten, Verärgerungen zum Wohle des Nafs usw. verbo-
ten. Al-Ĥakīm al-Tirmidhī berichtete mit einer starken authentischen (saĥīĥ) Über-
lieferungskette von Ibn Māğa diesen Hadith: „Zorn verdirbt den Glauben (Iman),
wie [die Bitterkeit eines] Aloesaft (Pflanzenart) den Honig verdirbt.“ (Nawādir
al-usūl. Istanbul 1294/1877. Neuauflage.)
Wenn wir über diese Zustände nachdenken, sind wir verpflichtet, diese zu
erreichen oder zu beseitigen. Wir haben zur Kenntnis genommen, dass man durch
diese Veranlagungen voranschreitet. Diese Veranlagungen fehlen nicht nur in den
sündhaften Herzen und können nur mit einigen Anstrengungen erreicht werden,
daraus ergibt sich solch eine kräftige Veränderung des Menschen, sodass der Ko-
ran diese Bezeichnungen in vielen Versen erläutert. So, wie Allah in der Surat al-
A‛lā Folgendes sagt: „Wahrlich, derjenige wird Erfolg haben, der sich reinigt“ (Koran
87:14). Das Herbeiführen dieser Veränderungen resultiert aus den Bestre-
bungen in der Islamischen Wissenschaft des Sufismus und dies kann nicht als
Bid’a bezeichnet werden, weil die Scharia uns das Vollbringen dieser Verände-
rungen befiehlt.
Auf der praktischen Ebene ist die Beschaffenheit dieser Wissenschaft, die
Reinigung des Herzens (im Grunde genommen wie all die anderen traditionel-
len islamischen Disziplinen) solchermaßen, dass dieses Wissen erforderlichen-
falls nur von jenen genommen werden kann, welche auch diese Eigenschaften
besitzen. Dies ist auch der Grund, dass so viele der islamischen Gelehrten, wel-
chen Allah Tawf īq (Erfolge) in ihren Arbeiten schenkte, Sufis waren. Tatsächlich
590
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ist es so, dass wenn man jede traditionelle Arbeit der Islamwissenschaft weg-
werfen würde, deren Verfasser jene gebildete Sufis waren, so würde man 75%
der Bücher im Islam oder mehr aufgeben. Diese Menschen waren solche Ge-
lehrte wie der Hanaf ī Imām Muhammed Amin Ibn ‛Abidin, Sheikh al-Islam Zakariā
al-Ansarī, Imām Ibn Daqiq al-Eid, Imām al-‛Izz b. ‛Abd al-Salām, ‛Abd al-Ghaniyy al-
Nāblusī, Sheikh Aĥmed al-Sirhindī, Sheikh Ibrahim al-Bādschurī, Imām al-Ghazāli,
Schah Waliyy Allah al-Dahlawī, Imām al-Nawawī (der Hadith Meister, Hafiz, ca. 100
000 Hadithe aus dem Gedächtnis), ‛Abd al-‛Ażim al- Mundhirī, der Hadith Meister
Murtada al-Zabīdī, der Hadith Meister ‛Abd al-Ra’ūf al-Manāwī, der Hadith Meister
Ğalāl ad-Dīn al-Suyūtī, der Hadith Meister Taqiyy ad-Dīn as-Subkī, Imām al-Rāfi’ī,
Imām Ibn Hağar al-Haytamī, Zayn ad-Din al-Mallibarī, Ahmed b. Naqib al-Misrī
und noch viele mehr.
Imām an-Nawawīs Einstellung gegenüber dem Sufismus wird klar in seinem
Werk Bustān al-‛Ārifīn [Die Gärten der Allah Erkennenden], auch durch die durch-
gehenden Verweise auf al-Qusharyīs berühmtes Sufi-Handbuch al-Risala al-Qus-
hayriyya in seinem eigenen Werk Kitāb al-adhkār [Buch der Erinnerung an Al-
lah] und auch durch die Tatsache, dass 15 von 17 Zitaten in einem einleitenden
Abschnitt seines größten Rechts-Werkes(al-Mağmu‛: scharĥ al-Muhadhdhab 20
Bände, Kairo Neuauflage. Medina: al-Maktaba al-Salafiyya, n.d. 1.1718) über Auf-
richtigkeit (Ikhlas) und Wahrhaftigkeit (Śidq) von Sufis handeln, welche na-
mentlich erwähnt werden in al-Sullamīs Tabaqāt al-Śūfiyya [Die folgenden Gene-
rationen von Sufis]. Sogar Ibn Taymiyya (dessen Ansichten über Sufismus selbst
denen eigenartig und ungewohnt erscheinen, die ihn als ihren “Scheich al Islam“
bezeichnen) widmete Band 10 und 11 aus seinem Mağmu‛ al-Fatāwa dem Sufis-
mus, während sein Schüler Ibn Qayyim al-Ğawziyya seine drei Bände Madariğ
as-Sālikīn, als einen ausführlichen Kommentar zu Abdullah al-Anaris Manāzil as-
Sa’irīn, die Richtschnur der Maqāmāt.
„Spirituelle Stadien“ des Sufi-Weges schrieb. Diese und viele andere Muslimi-
schen Gelehrte schätzten aus erster Hand den Sufismus als eine zusätzliche Scha-
ria-Disziplin, die zur Reinigung des Herzens benötigt wird. Dies war der Grund,
dass die Umma als Ganzes den Sufismus in den Zeitaltern der Islamischen Zivi-
lisationen nicht als Bid‛a bewerteten, vielmehr erkannten sie ihn als die Wissen-
schaft des Ikhlas „Aufrichtigkeit“ an, was vordringlich von jedem Muslim benö-
tigt wird. „Der Tag, da weder Besitz noch Söhne hilfreich sein werden, sondern nur
der (gerettet werden wird), der ein heiles Herz zu Allah bringt.“ (26/88-89). Allein
Allah schenkt Erfolg.
591
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ANHANG XVIII
d
592
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
sie zu irrationaler Politik führen. Die extremste Form dieser Art von Politik wird
auch Genozid genannt.
Die Angst kann besonders gefährlich werden, wenn sie mit einer anderen
Emotion einhergeht, nämlich der Unsicherheit. Du lebst so abseits von der Wirk-
lichkeit, dass du vielleicht noch nicht bemerkt hast, dass eine große Anzahl von
Amerikanern sich momentan sehr unsicher fühlen, insbesondere die weisse Mit-
telklasse oder das, was noch von ihr übrig ist. Sie wissen nicht, ob sie schon bald
das Dach über ihren Köpfen verlieren werden, ob sie morgen noch ihre Arbeit
haben, ob ihr Geld nächste Woche noch auf der Bank sein wird, ob sie es schaf-
fen werden ihre Kinder aufs College zu schicken oder, ob ihnen ihre Rente ge-
klaut oder vollkommen entwertet wird. Diese Unsicherheit gemeinsam mit dem
Phantom des ‚muslimischen Terroristen nebenan‘ ist eine tödliche Kombination,
welche Menschen, die Demagogen genannt werden, ausnutzen, um ihren Vernich-
tungskrieg gegen Muslime zu rechtfertigen.
Diese Demagogen nutzen die Angst vor Dir, um Menschen vom Aufbau bo-
denständiger und bekannter Bewegungen abzuhalten, die notwendig sind, um die
kooperative Vergewaltigung unserer Gesellschaft und die zerstörerische Logik
des ständigen Krieges anzufechten. Erinnerst du dich beispielsweise an die an-
wachsende Bewegung gegen das aggressive Durchsuchungsprozedere der ame-
rikanischen Sicherheitsbehörde TSA an Flughäfen? Bemerktest Du, wie diese Be-
wegung sich auflöste nachdem ein Möchtegern Mujāhid in Portland sich auf den
Plan einließ, eine Weihnachtsbaumzeremonie in die Luft zu jagen? Denkst du die-
ser Moment war ein Zufall? Es ist eine Schande, dass Du und deinesgleichen sich
so unvorsichtig auf solche Pläne einlassen.
Jetzt denkst Du, dass die Mujāhidīn ein Vernichtungskrieg gegen die Ame-
rikaner gewinnen können. Schau doch, was die Mujāhidīn ihnen in Afghanistan
antun. Es tut mir leid, aber Vernichtungskriege gleichen nicht dem in Afghani-
stan. Ich werde dir einen Abriss geben von dem Aussehen eines solchen Vernich-
tungskrieges. Erinnerst du dich, als vor einigen Jahren die Israelis den Gazast-
reifen bombardierten und die palästinensischen Muslime, trotz ihrer Courage,
nichts Anderes tun konnten als sich an die Mächte außerhalb zu wenden, um die-
sem Blutbad ein Ende zu bereiten? Oder einige Jahre vorher, als Jenin dem Erd-
boden gleich gemacht wurde? Jetzt stell dir vor, dieses Ausmaß der Vernichtung
trifft alle großen Städte der muslimischen Welt. Stell dir vor, die USA entwirft
eine neue Generation ‚taktischer‘ Nuklearwaffen, die speziell gegen muslimische
Ziele genutzt werden sollen und, die auf muslimische Großstädte herabregnen,
während es keine muslimischen strategischen Abschreckungsmittel gibt, sie da-
von abzuhalten. AK-47s und RPGs werden dann nicht von Nutzen sein. Stell dir
die Aufrufe an Menschenrechtsorganisationen vor, damit diese diesem Massaker
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ein Ende bereiten und wie diesen Rufen kein Gehör geschenkt wird, weil die neo-
faschistischen Mächte, die Deine Idiotie losgelöst hat, diese Organisationen in ih-
rem wahnsinnigen Treiben vernichteten.
Ich habe gehört, wie du widersprichst, dass ein solches Argument die Mani-
festation eines mangelnden Glaubens sei. Gott habe den Gläubigen den Sieg ver-
sprochen. Wahrlich, das hat Er, jedoch ist es sehr anmaßend von Dir zu denken,
dass sich anmaßende ungestrafte Mörder von Frauen, Kindern und Unschuldi-
gen im Namen Gottes die Gläubigen seien, denen der Sieg versprochen sei. Er hat
den Sieg den Gläubigen versprochen, doch dieser Sieg ist nicht ohne Bedingun-
gen. Gott wird den Sieg nicht jenen gewähren, die in Seinem heiligen Namen un-
schuldige Menschen ermorden.
Ich applaudiere deiner Courage, doch mich verwirrt wie sie sich zeigt. Du
hast die Courage durch die halbe Welt zu fliegen und dich einem bewaffneten
Kampf anzuschließen, aber du hast nicht die Courage an die Tür deines Nach-
barn zu klopfen, um ihm den Islām zu eröffnen oder ihm deine Hilfe in weltli-
chen Angelegenheiten anzubieten. Ebenfalls bin ich erstaunt darüber, wie du in
sein Gesicht lächeln kannst, während du aber bereit bist ihn in die Luft zu jagen,
wenn er zur falschen Zeit am falschen Ort ist. Welchen Maßstab besitzt du, um
der Annahme zu verfallen, dass er sich deine Botschaft nicht anhört? Was hat er
dir angetan, dass er die Zielscheibe deines Blutdurstes wird?
Du behauptest ein geläutertes Verständnis über Islām zu haben, so rein, dass
du große Entscheidungen in Bezug auf Leben und Tod machen kannst, Entschei-
dungen, die eine große strategische Bedeutung haben – doch du scheinst nichts
wahrzunehmen über die göttliche Weisheit deines Daseins in diesem Land. Du
hast die Möglichkeit ein Erzieher zu sein in einer Zeit, in der die Menschen nach
neuen Wegen suchen. Du hast die Möglichkeit ein Führer zu sein in einer Zeit, in
der die Menschen neue Richtungen suchen. Du hast die Möglichkeit Quelle spiri-
tuellen Trostes zu sein in einer Zeit, in der die Menschen verwirrt, wütend und
ängstlich sind. Du hast die Möglichkeit ein feuriger Verteidiger der Wahrheit in
einer Zeit zu sein, in der Lügen das Bild deiner Religion verzerren und die Rich-
tung deines Landes verändern. Du hast die Fähigkeiten, die Beherrschung der
Sprache, das Wissen über die Menschen, um all dies und mehr zu tun, doch du
entscheidest dich lieber von diesem Kampf zu fliehen und dich einem anzuschlie-
ßen, von dem du nicht einmal weißt, wer ihn anführt.
Sagte ich das schon? „Dich einem Kampf anzuschließen, von dem du nicht
einmal weißt, wer ihn anführt“? Nein! Ich habe es noch nicht gesagt. Denkst du,
dass, wenn das FBI falsche Mujāhids in die Moscheen in ganz Amerika einschleu-
sen kann, um verletzliche und verwirrte Muslime zu finden, mit ihnen gefälschte
594
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die folgenden Fragen wurden mir von vielen Individuen als Antwort auf meine
Schrift ‚Brief an den Möchtegern-Mujāhid‘ zugesandt. Ich hoffe, diese Antworten, von
denen einige lang sind, werden behilflich dabei sein Fragen zu beantworten, welche
für viele unserer jungen Geschwister verwirrend sind.
Frage: Deine Nicht-Gewalt verweigert Muslimen das Recht ihre Heimatlän-
der zu verteidigen und die Besatzer zurückzuschlagen.
Antwort: Ich betone definitiv die Nicht-Gewalt für Muslime, die in plurali-
stischen Gesellschaften im Westen leben. Dies ist eine fundamentale islamische
Verantwortung. Doch Muslime in mehrheitlich muslimischen Ländern haben jeg-
liches Recht ihr Land, ihre Rohstoffe, ihre Häuser sowie ihre Familien zu vertei-
digen, wenn ihre politischen und religiösen Anführer diese Verteidigung als das
für sie angemessenste Vorhaben sehen. Die Angelegenheit die ich besprach war
nicht das universell anerkannte Recht der Selbstverteidigung, welches für Mus-
lime und für alle anderen Menschen gilt. Ich spreche mich dagegen aus, dass Mas-
senmord an Zivilisten ein Teil des Islāms sein soll. Dies ist moralisch verwerflich
595
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Fakhr ad-Dīn ar-Rāzī ist expliziter in der Betonung der Rolle des Intellekts,
um die Botschaft des Qurʾān zu verstehen. Über die Aussage: „Aber nur diejeni-
gen, die Verstand haben, lassen sich mahnen“ sagt er:
„Dies ist ein Lob Allāhs für jene, die sagen: „Wir glauben daran“, was bedeu-
tet: Niemand wird überzeugt von dem, was der Qurʾān übermittelt, außer den-
jenigen, die einen reifen Intellekt besitzen. Diese Aussage ist ein Hinweis darauf,
dass sie ihren Intellekt nutzen, um den Qurʾān zu verstehen.
Unser Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – sprach: „Für wen Allāh -
Erhaben und Makellos ist Er – etwas Gutes wünscht, dem gibt Er tiefes Verständ-
nis über die Religion…“ (Bukhārī, 71; Muslim, 1037) Verständnis ist sehr wichtig,
um zur Wahrheit dieser Religion zu gelangen. Jemand, der Mangel an Verständ-
nis hat, wird verdammt sein sich und andere irrezuführen, was vom Propheten -
Segen und Friede seien auf ihm – auch als eine der Zustände beschrieben wurde,
die auftreten werden, wenn die Gelehrten verschwinden:
„Allāh entfernt das Wissen nicht plötzlich, indem Er es den Dienern entreißt,
sondern er entfernt es, indem er die Gelehrten nimmt bis nicht ein einziger Ge-
lehrter mehr bleibt. Die Menschen nehmen dann Unwissende als ihre Führer. Sie
werden gefragt und sie antworten ohne Wissen. Sie sind in der Irre und sie lei-
ten andere in die Irre.“ (Bukhārī, 100)
Unkritischer Buchstabenglaube führte dazu, dass der Jihād sich von einem
Mittel, um die Interessen des göttlichen Gesetzes zu erlangen und durchzuset-
zen, wandelte und zum End- und Selbstziel wurde. In den Worten eines der füh-
renden Theoretiker der Jihād-Bewegung, Abdus-Salaam Faraj, ist es die verlorene
Pflicht (al-Fariḍa al-Ghāʾiba). Diese Verwandlung führte dazu, dass viele glauben
dass sie zu kämpfen haben, einerlei was die Konsequenzen sein, ob nun durch ihr
Kämpfen die Interessen der Umma vorankommen oder einen Rückschlag erleben.
Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – wies daraufhin, dass der
Jihād nicht ein End- und Selbstziel ist. Tatsächlich kann der Jihād sogar mit fal-
schen Gründen vorgenommen werden. Ein Beispiel hierfür finden wir im Ḥadīth
des Abū Ayyub al-Anṣārī. Er berichtet folgendes: „Der Gesandte Allāhs wurde
gefragt über einen Mann, der kämpft, um seinen Mut zu zeigen, über einen, der
kämpft aufgrund seiner Stammeszugehörigkeit und einen anderen, der mit sei-
nem Kampf angeben will. Wer von ihnen sei auf dem Weg Allāhs? Der Gesandte
Allāhs - Segen und Friede seien auf ihm – sprach: „Derjenige der kämpfte, damit
das Wort Allāhs am allerhöchsten ist. Dieser ist auf dem Weg Allāhs.“ (Bukhārī,
7458; Muslim, 1904)
Wie der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – uns erinnert, gibt es auch
weltliche und außerweltliche Konsequenzen für das Kämpfen, insbesondere für
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
die falschen Gründe. Beispielsweise erzählt uns der Prophet über einen Mann, der
behauptet, er habe auf dem Weg Allāhs gekämpft und sei auf diesem Weg gestor-
ben, welcher dennoch in die Hölle geworfen wird. Er - Segen und Friede seien auf
ihm – sagte: „Die erste Person am Tag des Gerichts, die zur Rechenschaft gezogen
wird, ist der Märtyrer. Er wird nach vorne gebracht und Allāh erinnert ihn an
die Segnugen, die er erhielt und er wird sie bestätigen. Er wird fragen: „Was hast
du getan für diese Segnungen?“, und der Mann wird antworten: „Ich kämpfte für
dein Wohlgefallen bis ich zum Märtyrer wurde.“, und Allāh wird erwidern: „Du
lügst, denn du kämpftest, damit es heißt, dass du mutig warst, und dies wurde
auch gesagt.“ Dann wird befohlen, dass er auf seinem Angesicht ins Höllenfeuer
geschliffen wird und dort hineingeworfen wird.“ (Muslim, 1905)
Oftmals werden die Hinweise der Buchstabengläubigen – auch Literalisten
- nicht vollständig durchdacht. Wenn wir Beispielsweise den Ḥadīth beachten:
„Verlangt nicht danach dem Feind zu begegnen, sondern fragt Allāh um Wohl-
ergehen. Wenn ihr dem Feind jedoch begegnet, dann harrt aus und wisset, dass
das Paradies im Schatten des Schwertes liegt.“ (Bukhārī, 2965; Muslim, 1742)
In diesem Ḥadīth warnt uns der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – da-
vor, nach den Heimsuchungen des Konflikts zu verlangen und befiehlt seiner Ge-
meinschaft das Beten für Frieden und Wohlergehen. Dieses Gebet stimmt überein
mit der Basis (asl) der menschlichen Beziehungen, welches Friede und Wohler-
gehen ist. Krieg und Seuchen widersprechen diesem Wohlergehen. Dann sagt
er, wenn Du dem Feind begegnest, dann sollst du ausharren. Eines der Manife-
stationen des Ausharrens im Konflikt ist das Einhalten der Grenzen Allāhs und
seines Gesandten, wie das Versichern der Sicherheit der Unschuldigen und Zivi-
listen. Daraufhin sagt er, und dies ist der Punkt, den ich im Kontext der Erörte-
rung des Buchstabenglaubens betonen will: „…und wisse, dass das Paradies im
Schatten der Schwerter liegt.“ Unser Prophet - Segen und Friede seien auf ihm –
sagte, dass das Paradies im Schatten der Schwerter liegt. Gemäß diesem Ḥadīth,
wenn wortwörtlich verstanden, liegt es nicht im Schatten der AK-47s und RPG-
7s oder anderen modernen Waffen. Der einzige Weg, um diesen Ḥadīth auf mo-
derne Kämpfe auszuweiten, ist durch metaphorische Interpretation oder das Her-
anziehen eines anderen Textes.
Dies ist ein kleines Beispiel für die beschränkte Effektivität des Buchsta-
benglaubens beim Verstehen der göttlichen Texte. Letztlich wird der Buchsta-
benglaube in diesem Bereich nur dazu dienen vorherige Schlussfolgerungen zu
verstärken nämlich, dass der Massenmord ein fester Bestandteil des Islāms ist.
Wenn es jedoch seine Befürworter mit Dilemmata des Verständnisses konfron-
tiert, die nur durch die Ablehnung dieser Sache gelöst werden können, ist das üb-
liche Verfahren das einfache Ignorieren dieses Dilemmas.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Und vertrau auf Allah! Er ist der, der (alles) hört und weiß.“ (8:61), sei aufgeho-
ben durch den ‚Vers des Schwertes‘. Imām Qurtubī erörtert in einer langen Aus-
arbeitung warum dieser Vers nicht aufgehoben ist. Im Kontext seiner Erörterung
sagt er, dass dieser die Basis dafür ist, dass die Muslime ein Friedensvertrag mit
den Nicht-Muslimen schließen können, der ewig währt.
Imam Ṭabarī lehnt gleichermaßen die Ansicht ab, dass dieser Vers aufge-
hoben wurde. Er sagt: „Und jene, welche die Aussage des Qatada und der ande-
ren ständig wiederholen über die Aufhebung dieses Verses, so sind diese Worte
unfundierte Aussagen, die keinen Halt haben im Qurʾān, der Sunna und dem ge-
sunden Verstand.“ Ibn Kathīr lehnt diese Ansicht besonders ab, nachdem er die
Meinungen darlegt, dass der Vers aufgehoben sei. Er sagt: „Hier gibt es keinen Wi-
derspruch, (tanafi), keine Aufhebung (nāskh) und keine Spezifizierung (takhsis).“
Zusätzlich zu den Ansichten, dass der ‚Vers des Schwertes‘ selbst abrogiert
ist und, dass er nicht die Verse abrogiert, die Zurückhaltung, Friede und Tole-
ranz zwischen Muslimen und den Gemeinschaften anderer Glauben betonen,
sind viele Gelehrte der Ansicht, dass dieser Vers sich nicht einmal auf die Juden
und Christen bezieht. Somit kann es nicht als Beweis dafür benutzt werden, dass
der Qurʾān die willkürkliche Ermordung von Juden und Christen gutheißt. Bei-
spielsweise sagt Imām al-Qurtubī, bekannt für sein Qurʾānerläuterungswerk mit
Rechtsurteilen: „… Es ist zulässig zu verstehen, dass die Aussage „Polytheisten“
nicht die Juden und Christen (Ahl al-Kitāb) miteinschließt.“ Diese Meinung wird
verstärkt durch die Interpretation eines Ḥadīth: „Mir wurde anbefohlen die Men-
schen zu bekämpfen bis sie bezeugen, dass es keine Gottheit außer Allāh gibt…“
Imam Nawawī erwähnt in seinem Kommentar über den Ḥadīth: „Al-Khaṭṭābī
sagte: „Es ist sehr wohl bekannt, dass hier die Menschen der Götzendienerei ge-
meint sind und nicht die Leute des Buches, die Juden und Christen.“ Imām Abū
Ḥanīfa, Imām Aḥmad, und viele andere Gelehrte sind der Ansicht, dass nur die
Polytheisten gemeint sind mit dem ‚Vers des Schwertes‘, die zur Zeit der Offen-
barung auf der Arabischen Halbinsel lebten. Gemäß dieser Ansicht bezieht sich
dieser Vers nicht auf die Polytheisten außerhalb der Arabischen Halbinsel.
Frage: Du zitierst ständig den Vers: „…Wenn jemand einen Menschen tö-
tet ohne, dass dieser einen Mord begangen hätte oder ohne, dass ein Unheil im
Lande geschehen wäre, es so sein soll als hätte er die ganze Menschheit getötet;
und wenn jemand einem Menschen das Leben erhält, es so sein soll als hätte er
der ganzen Menschheit das Leben erhalten. … (5:32)”, doch du zitierst nie den
darauffolgenden Vers: „Der Lohn derer, die gegen Allah und Seinen Gesandten
Krieg führen und Verderben im Lande zu erregen trachten, soll sein, daß sie ge-
tötet oder gekreuzigt werden oder, daß ihnen Hände und Füße wechselweise
abgeschlagen werden oder, daß sie aus dem Lande vertrieben werden. Das wird
601
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
für sie eine Schmach in dieser Welt sein und im Jenseits wird ihnen eine schwere
Strafe zuteil.“(5:33)
Antwort: Die Wichtigkeit des Verses: „Wenn jemand einen Menschen tö-
tet…“, ist zu groß, als dass man sie einfach ignorieren könnte. Jedoch werde ich
nicht lange darauf eingehen und mich mit zwei Kommentaren der zwei größten
Qurʾānkommentatoren zufrieden geben:
Imām Fakhr ad-Dīn al-Rāzī sagt über diesen Vers: „Wenn er (ein Mörder)
die Absicht fasst, eine unschuldige Person zu töten, hat er die Anordnungen sei-
nes Blutdurstes und seines Zornes denen Allāhs vorgezogen. Wenn diese Neu-
ordnung der Prioritäten geschieht, fasst er in seinem Herzen die Absicht, wenn
er könnte, jeden zu töten, der sich seinem Wunsch entgegenstellt.“
Imām al-Qurtubī sagt: „Die Bedeutung ist, dass, wenn jemand es als erlaubt
erklärt einem unschuldigen Menschen das Leben zu nehmen, er es für erlaubt er-
klärt hat, allen Menschen das Leben zu nehmen, denn er hat das göttliche Gesetz,
welches das Verbot des Tötens des Unschuldigen enthält, abgelehnt.“
Es sollte eine ausreichende Warnung für jeden sein, dass die absichtliche Er-
mordung eines unschuldigen Menschen von den größten Gelehrten in der islami-
schen Geschichte als eine Ablehnung der islamischen Gesetzgebung erachtet wird.
Es ist interessant, dass gerade ein ‚Jihadist‘ auf den darauffolgenden Vers
aufmerksam macht, denn er bezieht sich auf die Anarchie, die oft im Namen des
‚Jihād‘ geschieht, da die Erläuterer und Juristen übereinstimmen, dass dieser Vers
sich auf jene bezieht, die den öffentlichen Frieden stören (muḥaraba/ḥiraba). Die
einzige Meinungsverschiedenheit hier liegt darin, ob die Störung des öffentlichen
Friedens sich nur auf ländliche Gebiete oder auch auf die Stadt bezieht. Imām
Mālik, al-Awzāʿī, Layth b. Saʿd, al-Schāfiʿī und Aḥmad b. Ḥanbal sind der Ansicht,
dass sich diese Störung des öffentlichen Friedens auf das Land und auf die Stadt
bezieht. Doch Imām Abū Ḥanīfa und seine Schule sind der Ansicht, dass sich dies
nur auf das Land bezieht, da die Menschen in den Stadtgebieten viel leichter um
Hilfe rufen können und Hilfe erhalten können, da es Wachen und dergleichen gibt,
welche diese Verbrechen unter normalen Umständen aufhalten sollten.
Nach einer ausgiebigen Untersuchung des Offenbarungsgrundes des Verses
5:33, beschreibt Ibn Kathīr die Strafe, die in Zusammenhang mit dem Verbre-
chen steht. Er sagt:
„Die Mehrheit der Gelehrten sagt: Dieser Vers wurde für verschiedene Si-
tuationen offenbart, wie es erwähnt wurde von Abū ʿAbdullah asch-Schāfiʿī. Er
sagte: Uns wurde berichtete von Ibrāhīm b. Abī Yaḥyā, von Ṣāliḥ al-Tawʿama,
von Ibn ʿAbbās über das Verbrechen der Wegelagerei: Wenn die Verbrecher töten
und Güter klauen, werden sie getötet und gekreuzigt. Wenn sie nur töten und sie
602
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
klauen nichts, dann werden sie getötet, aber nicht gekreuzigt. Wenn sie klauen
aber nicht töteten, dann werden ihre Hände und Füße kreuzüber abgeschlagen.
Wenn sie die Menschen terrorisieren, aber ihre Güter nicht klauen, werden sie
ins Exil verbannt.“
Niemand sagt, dass diese Art der Bestrafung an jemandem angewandt wer-
den kann, der nicht direkt an den von Ibn ʿAbbās beschriebenen Verbrechen schul-
dig ist. Deswegen ist es eine haltlose Fehlinterpretation, wenn man diesen Vers
benutzt, um das Ermorden unschuldiger Zivilisten zu rechtfertigen.
Frage: Die USA, Israel und ihre Komplizen haben keine Barmherzigkeit im
Töten unschuldiger muslimischer Zivilisten, wieso sollten wir dann Barmherzig-
keit mit ihren Zivilisten haben?
Antwort: Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - sagt: „Töte das von Allāh
bewahrte Leben nicht grundlos…“ Welcher Grund kann heraufbeschworen wer-
den, um die Ermordung unschuldiger Zivilisten, die vielleicht sogar Muslime sind,
zu rechtfertigen? Die Tatsache, dass die USA und Israel oder sonst wer dies tut,
ist keine angemessene Rechtfertigung. Keiner der Qurʾānverse, welche die Ver-
geltung erwähnen, sind für diese Situation gemäß dem Ḥadīth: „Es gibt keinen
Schaden oder die Vergeltung eines Schadens…“ und die damit zusammenhän-
genden juristischen Maxime: „Schaden muss beseitigt werden.“ Das Töten un-
schuldiger Nicht-Muslime schafft einzig und allein nur eine Atmosphäre und ei-
nen Umstand, der es leichter macht, vielmehr muslimische Zivilisten willkürlich
zu ermorden. Somit zieht eine solche Handlung mehr Schaden nach sich, der je-
doch beseitigt werden soll.
Unser Gesandter - Segen und Friede seien auf ihm – sagte, dass er ein Ge-
schenk der Barmherzigkeit ist. Er sprach: „Oh ihr Menschen! Wahrlich, ich bin
eine geschenkte Barmherzigkeit!“ (Ḥākim, al-Mustadrak, 100). Er sagte auch: „Wer
keine Barmherzigkeit zeigt, wird auch keine Barmherzigkeit erleben.“ (Bukhārī,
5997; Muslim, 2318). Auch: „Wer auch immer der Menschheit gegenüber keine
Barmherzigkeit darbringt, wird von Allāh auch keine Barmherzigkeit empfangen.“
(Bukhari, 6013; Muslim, 2319). „Den barmherzigen Menschen wird Barmherzig-
keit dargebracht vom Allbarmherzigen; seid barmherzig zu jenen auf der Erde,
damit die im Himmel barmherzig zu euch sind.“ (Abū Dāwūd, 4941; Tirmidhī,
1924). „Ihr habt nicht wahrlich geglaubt, solange ihr nicht barmherzig zueinan-
der seid.“ Daraufhin sagten jene, die dies hörten: „Oh Gesandter Allāhs! Wir alle
sind Barmherzigkeit zueinander!“, worauf er - Segen und Friede seien auf ihm –
erwiderte: „Nicht die Barmherzigkeit euren Freunden und Gefährten gegenüber,
sondern die Barmherzigkeit allen Menschen gegenüber.“ Der Prophet - Segen und
Friede seien auf ihm – sprach auch: „Barmherzigkeit wird nur aus dem Herzen
603
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
eines an die Hölle gebundenen Wichtes entfernt.“ (Abu Dawud, 4942). Während
der Schlacht von ʿUhud, als seine Feinde versuchten ihn - Segen und Friede seien
auf ihm – zu töten, bat man ihn um ein Gebet, damit seine Feinde vernichtet wer-
den. Er - Segen und Friede seien auf ihm – sprach: „Ich wurde als Barmherzigkeit
gesandt und nicht, um die Menschen zu verfluchen.“
Frage: Du spornst zu freundlichen Beziehungen mit den Nicht-Muslimen an,
während Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – uns verboten hat, sie als Freunde
zu nehmen.
Antwort: Allāh erwähnt im Qurʾān: „Allah verbietet euch nicht, gegen dieje-
nigen pietätvoll und gerecht zu sein, die nicht der Religion wegen gegen euch ge-
kämpft und, die euch nicht aus euren Wohnungen vertrieben haben. Allah liebt
die, die gerecht handeln.“ (Qurʾān: 60:8). Es gibt einige, die behaupten, dass die-
ser Vers aufgehoben wurde durch den ‚Vers des Schwertes‘, jedoch sagt Imām al-
Qurtubī bei seiner Erklärung dieses Verses, dass die meisten Exegeten der Ansicht
sind, dass dieser Vers gilt und sie die Ansicht ablehnen, dass dieser Vers abro-
giert ist. Die vielen Gelehrten, die der Ansicht sind, dass dieser Vers noch gültig
ist und nicht abrogiert wurde, bauen ihre Ansicht auf der Geschichte von Asmāʾ,
der Tochter des Abū Bakr, auf. Als ihre Mutter sie in Medina besuchte, die zu der
Zeit noch eine Götzendienerin war, zögerte sie das Geschenk ihrer Mutter anzu-
nehmen und lehnte es ab sie im Haus aufzunehmen oder ihr Einlass zu gewäh-
ren. Als der Prophet dies erfuhr, spornte er sie dazu an, das Geschenk anzuneh-
men, sie zu bewirten und sie mit der besten Güte zu behandeln, auch wenn sie
eine Götzendienerin war.
Imām Ṭabarī sagt, nachdem er viele Interpretationen dieses Verses ange-
führt hat:
„Die beste und akkurateste Ansicht in Bezug auf diesem Vers sind folgende
Worte: „Mit diesem Vers sind alle Menschen jeder Lebensweise und jeder Reli-
gion gemeint: Dass du freundlich zu ihnen bist, dass du mit ihnen verkehrst und
sie gerecht behandelst.“, denn Allāh - Erhaben und Makellos ist Er - spricht hier
eine allgemeine Aussage, welche jeden umschließt, der zu der Beschreibung des
Verses passt. Allāh beschrieb oder wählte in diesem Vers nicht bestimmte Men-
schen aus und er schloss nicht bestimmte Menschen aus. Die Behauptung, die-
ser Vers sie aufgehoben, ist sinnlos.“
Ibn Kathīr lehnt diese Ansicht ebenfalls ab und auf den darauffolgenden Vers
hinweisend, sagt er:
„Vielmehr verbietet er dir, dass du jene als Freund nimmst, die dir offenkun-
dige Feindschaft dargelegt haben, dich bekämpft haben, dich vertrieben haben
604
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
oder in deiner Vertreibung mitgewirkt haben. Allāh - Erhaben und Makellos ist
Er – verbat es, diese als Freund zu nehmen.“
Wenn man die anderen Verse des Qurʾān untersucht, welche einem abraten
Freunde aus anderen Religionsgemeinschaften zu haben, wird man sehen, dass
all diese Warnungen an Bedingungen geknüpft sind, wie es Ibn Kathīr hier er-
klärte. Beispielweise ist 3:28 an die Bedingung geknüpft, dass sie den Gläubigen
gegenüber voreingenommen sind; in 3:118 gibt es die Bedingung, nicht mit je-
nen Freundschaft zu schließen, welche offenkundig ihren Hass für die Religion
kundgetan haben und, die daran arbeiten, die Religion zu vernichten. 5:57 han-
delt über die Freundschaft mit jenen, welche den Islām erniedrigen. Wenn die in
diesen Versen erwähnten Bedingungen nicht existieren, dann hat das Verbot ei-
ner gerechten, gleichgestellten und freundlichen Behandlung der Mitglieder an-
derer Religionsgemeinschaften keine Kraft.
Es ist hier angemessen zu erwähnen, dass ein muslimischer Mann eine nicht-
muslimsche Frau heiraten darf. Dies abzulehnen ist unmöglich. Allāh - Erhaben
und Makellos ist Er - erwähnt im Qurʾān: „Und zu seinen Zeichen gehört es, daß
er euch aus euch selber Gattinnen geschaffen hat, damit ihr Frieden bei ihnen fin-
det. Und er hat bewirkt, daß ihr einander in Liebe und Güte zugetan seid. Darin
liegen Zeichen für Leute, die nachdenken.“ (30:21) Allāh - Erhaben und Makellos
ist Er – sagt, dass er Liebe und Güte zwischen Ehemann und Ehefrau gelegt hat,
während die letztere eine Jüdin oder Christin sein könnte. Soll er jetzt die Liebe
und Güte oder die Freundschaft seiner Ehegattin ablehnen und sich blind an das
angebliche Verbot der Befreundung mit Andersgläubigen halten?
Frage: Was soll eine Person, welche genug von der willkürlichen Ermordung
der Muslime in der gesamten Welt von Seiten der USA hat, tun?
Antwort: Dies ist eine korrekte und wichtige Frage. Ich werde hier einige
Ratschläge geben.
1. Realisiere, dass nicht du das Durcheinander, die Schwäche und die politi-
sche Inkompetenz der muslimischen Welt geschaffen hast und auch nicht du die
Verantwortung trägst, dies zu korrigieren und auch nicht fähig dazu bist. Oftmals
werden wir von Dingen gestresst, die außerhalb unserer Macht liegen. Der Pro-
phet - Segen und Friede seien auf ihm – sagte: „Das Gute vom Islām eines Men-
schen ist, dass er sich nicht in Dinge einmischt, die ihn nichts angehen.“ Dinge,
über die wir keine Kontrolle haben, gehen uns nichts an. Doch es gibt viele Dinge,
die zu tun wir fähig sind, aber oftmals vernachlässigen wir diese Dinge. Wir ren-
nen weg von Situationen, auf die wir maßgebend Einfluss nehmen könnten und
die wir mitgestalten könnten zu Ereignissen, über die wir keine Kontrolle haben.
Dies ist dann das Rezept zur Frustration und zur ineffektiven Handlung.
605
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
2. Ziehe Nutzen aus den Bildungsmöglichkeiten, die du hast und übe dich
darin, etwas Sinnvolles für die Muslime und für die Menschheit im Allgemeinen
zu tun. Viele Menschen in der durchschnittlichen muslimischen Gemeinschaft ha-
ben nicht die Möglichkeit eine hohe Bildung zu bekommen. Hier in der westlichen
Gesellschaft haben wir diese Möglichkeit. Anstelle über die Situation der Mus-
lime in den verschiedenen Teilen dieser Welt uns verzweifelte Gedanken zu ma-
chen, sollten wir uns bilden, damit wir die Fähigkeit haben etwas Bedeutungs-
volles mit unserem Leben zu tun, damit wir einen Wechsel für das Leben dieser
Muslime bewirken können. Es ist bewiesen, dass Wissen Macht bedeutet und wir
sollten uns damit beschäftigen, uns Macht anzueignen.
3. Leiste in sinnvoller Weise etwas zu der Diskussion, welche das Islambild
der Amerikaner maßgeblich beeinflusst. Wir sollten nicht annehmen, dass je-
der in diesem Land von Geburt an gegen die Muslime ist. Wenn wir jedoch nicht
anfangen unsere Mitbürger über unsere Religion, unsere Gemeinschaft, die An-
strengung unseres Volkes aufzuklären, dann wird ein immer größerer Teil der
Bevölkerung dem Islām gegenüber voreingenommen sein und wir werden es sehr
schwer dabei haben, diese Haltung zu korrigieren. Du kannst Nachforschungen
anstellen, um dabei behilflich zu sein, verleumderische und beleidigende Ansich-
ten über die islamischen Prinzipien und den islamischen Glauben zu widerlegen.
Du kannst etwas schreiben oder bloggen. Du kannst den Menschen Islām lehren
in formeller oder informeller Weise. Du kannst Sitzungen, Seminare oder Unter-
richte arrangieren an öffentlichen Plätzen wie in Bibliotheken, Gemeinschafts-
häusern und ähnlichen Orten. Du kannst private Veranstaltungen organisieren,
in denen du deine Nachbarn, Freunde und Verwandte einlädst. Du kannst Buch-
clubs ansprechen und dort Lesungen und Diskussionen von Büchern vorschla-
gen, die den Islām akkurat darstellen.
4. Lerne eine Fähigkeit, die in der muslimischen Welt gebraucht wird und
verbringe deine Zeit damit, anderen Menschen in anderen Ländern zu dienen.
Solche Fähigkeiten können Medizin, Krankenpflege, Informatik, Gesundheits-
pflege, Sanierungstechniken, Umweltwissenschaften, Psychologie (auf der Basis
therapeutischer Beratung), Automechanik etc. sein. Indem du in diesen Bereichen
dienst, kannst du zu der Stabilität der muslimischen Gesellschaft, welche beschä-
digt und zerrüttet ist durch die Dekaden des Krieges, beisteuern.
5. Helfe den Gefangenen, den neuen Immigranten, den Armen, den Älteren und
anderen Bevölkerungsgruppen, deren Leben durch den Staat zerrüttet wurde. Das
Bauen von Brücken zwischen diesen Bevölkerungsgruppen wird ein Schlüsselfak-
tor in späterer Zeit sein, die Koalitionen schafft, welche wirkungsvoll die hegemo-
niale soziopolitische Maschine zurückdrängen können, die versucht unser gesam-
tes Leben einzunehmen. Je ernster die Finanzkrise des kapitalistischen Staates
606
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
wird, desto mehr Menschen werden Dienste benötigen. Dies ist eines der größten
Dinge, die wir tun können, um gegen die Anti-Muslim Propaganda zu arbeiten.
6. Schließe dich den Organisationen an, deren politischen Visionen es sind,
die Menschen zusammenzubringen und Spaltungen und Unterschiede zu über-
brücken, welche sie voneinander getrennt haben. Eine solche Arbeit kann im
Kontext des politischen Wahlsystems sein und im Kontext fundamentaler poli-
tischer Bildung und grundlegender Organisationen. Es gibt auch viele muslimi-
sche Gruppen. Schließe dich diesen Gruppen an und helfe ihnen finanziell und
mit deinem Dasein.
7. Schließe dich den Bewegungen an, die versuchen die Muslime näher an die
Mehrheitsgesellschaft mit muslimischer Kunst und Kultur zu bringen. Diese Be-
wegung ist mächtig und gewinnt immer mehr an Bedeutung. Die Bereiche dieser
effektiven Kommunikation schließen Film, Kunst, akzeptable Formen der Musik,
Dichtung und viele andere Dinge ein.
8. Schließe dich den Antikriegsbewegungen an. Antikriegsbewegungen wa-
ren fundamental am Ende des Vietnam-Krieges beteiligt und sie sind die einzige
Dinge, welche den angeblichen Krieg gegen den Terror beenden werden. Es gibt
viele Organisationen und Onlineinitiativen, welche Hilfe benötigen, um ihre Effizi-
enz zu stärken. Muslime sollten sich solchen Gruppen in großer Anzahl anschlie-
ßen, wenn sie aufrichtig sind in ihrem Wunsch den Krieg zu beenden, der zum
Tod tausender Muslime und zur Vernichtung muslimischer Gesellschaften führt.
Dies sind nur einige Ratschläge und es gibt noch viele andere Sachen. Nicht
ein einziger junger Muslim ist entschuldigt, um daheim geplagt von Langeweile
herum zu sitzen und nicht zu wissen, was er tun soll, nur um dann später in eine
reaktionäre Schiene zu geraten, welche nur dazu führt, dass die Muslime in die-
sem Land und anderswo unterdrückt werden.
Ich hoffe, dass diese Antworten ein wenig Klarheit schufen und eine Rich-
tung zeigten für jene, die diese Fragen gestellt haben und für jene, die ebenfalls
diese Fragen im Kopf hatten. Letztlich ist kein Erfolg möglich ohne die göttli-
che Unterstützung durch Allāh. Wir bitten Ihn darum, uns zu unterstützen und
dass Er unsere Segel mit dem Wind seiner Unterstützung und Seiner Liebe füllt
in diesen schweren Zeiten. Möge Allāh euch alle segnen, ob Freund oder Feind.
Dein Bruder im Islām,
Imām Zaid Shakir
1/20/11
607
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ANHANG XIX
d
608
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Und es scheint, dass der erste, der Bidʽa in dieser Weise unterteilt hat,
Sayyiduna ʽOmar raḍīyallāhu ʿanhu war, als er die Menschen zum Tarāwīḥ-Gebet
in der Moschee sammelte und sagte: „Welch gute Bidʽa das ist!“
Und nach ihm sagte Imām Schāfiʿī raḥimahullāh: „Bidʽa besteht aus zwei Ka-
tegorien: Gute und schlechte Bidʽa – alles, was der Sunna entspricht, ist gut und, was
ihr entgegensteht, ist schlecht.“
Und ebenso hat er gesagt:
„Erneuerungen sind in zwei Kategorien einzuteilen:
- Was dem Quran, der Sunna, einer Tradition der ersten Generationen (’aṯar)
oder dem Konsens der Gelehrten widerspricht, nennt man bidʽat aḍ-ḍalāla (Bidʽa
der Irreführung)
- Was an Gutem neu eingeführt wurde und nicht einen dieser Quellen wider-
spricht, nennt man bidʽa maḥmūda (lobenswerte, gute bidʽa).“
2. Die zweite Methode, Bidʽa zu verstehen, spezifiziert das Wort Bidʽa als
Fachbegriff (im Gegensatz zur bloßen wörtlichen Bedeutung) und schränkt den
Begriff auf die verbotene Kategorie der Erneuerungen ein – damit werden die
Kategorien von verpflichtender, erwünschter, erlaubter und verpönter Neuerung
NICHT bidʽa genannt (so wie es al-ʽIzz ibn ʽAbd as-Salām machte).
Diese Methode geht auf Ibn Raǧab al-Ḥanbalī zurück, der sagte: „Unter Bidʽa
versteht man jede Erneuerung, die keine auf sie hinweisende Grundlage in der Scharīʿa
hat. Aber jene Neuerungen, die eine auf sie weisende Grundlage in der Scharīʿa ha-
ben, sind nicht als bidʽa zu bezeichnen, auch wenn sie linguistisch mit diesem Wort
bezeichnet werden.“
Wenn man die beiden Methoden betrachtet, stellt man fest, dass es in Wirk-
lichkeit keinen grundlegenden Unterschied zwischen ihnen gibt, da beide einig
sind, dass jede Neuerung, die keine auf sie weisende Grundlage in der Scharīʿa
hat – bzw. einen Primärtext oder Konsens widerspricht - als unerlaubte Bidʽa zu
bezeichnen ist.
Diejenigen, die der zweiten Methode folgen, verwenden den Begriff Bidʽa -
im Gegensatz zu den Anhängern der ersten Methode - nur für jene Arten von
Bidʽa, die verboten sind.
Die Meinungsverschiedenheit hier stellt also nur einen terminologischen Dis-
kurs dar, der nicht von essentieller Bedeutung ist.
Es gibt drei Aḥādīth, die in Betracht gezogen werden müssen, um die Mis-
sverständnisse zu beseitigen, welchen jene verfallen sind, die für alles das Wort
Bidʽa verwenden.
609
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
1) Der Gesandte Allahs ṣallallāhu ʿalayhi wa sallam hat gesagt: „Wer etwas
Neues in dieser Angelegenheit von uns erfindet, der ist zurückzuweisen.“ Al-Buḫārī
2) Der Gesandte Allahs ṣallallāhu ʿalayhi wa sallam sagte: „Wer im Islam eine
gute Gewohnheit begründet, der bekommt deren Lohn und den Lohn all derer, die
ihr nachgehen ohne, dass ihnen etwas von ihrem Lohn genommen wird und wer im
Islam eine schlechte Gewohnheit begründet, der trägt deren Schuld und die Schuld
all derer, die ihr nachgehen ohne, dass ihnen etwas von ihrer Schuld abgenommen
wird.“ Muslim
3) Der Gesagte Allahs ṣallallāhu ʿalayhi wa sallam sagte: „Ich warne euch
vor den neu eingeführten Dingen, denn jede Neuerung ist Bidʽa, und jede Bidʽa ist Ir-
releitung.“ At-Tirmiḏī
Aus dem Hadith von at-Tirmiḏī ist zu verstehen, dass jede neu eingeführte
Angelegenheit nach dem Propheten ṣallallāhu ʿalayhi wa sallam als Bidʽa zu be-
zeichnen ist, und der erste Ḥadīth verstärkt diese Meinung.
Wenn wir beide Aḥādīth nur nach ihrer äußeren Bedeutung betrachten, dann
verstehen wir, dass alles, was neu eingeführt wird, abzulehnen ist und eine Bidʽa
und eine Irreleitung darstellt. Das Problem ist aber, dass diese Interpretation
dem Ḥadīth von Muslim widerspricht. Denn jemand, der im Islam eine Gewohn-
heit begründet, hat etwas Neues eingeführt und damit das gemacht, vor dem der
Hadith von Tirmiḏī warnt.
Weil aber die Aussagen des Gesandten Allahs - ṣallallāhu ʿalayhi wa sallam
- weit über alle Arten von Widerspruch erhaben sind, da er nicht aus seinen per-
sönlichen Neigungen heraus spricht, ist es notwendig, diejenige Bidʽa, welche als
Irreleitung zu bezeichnen und zurückzuweisen ist, auf jene Arten von Neuerun-
gen einzuschränken, die dem Qurʾān, der Sunna und dem Konsens der Rechtsge-
lehrten widersprechen. Alle anderen Arten von Erneuerungen stellen keine Ir-
releitung dar und sind nicht zurückzuweisen – so haben es die Gelehrten dieser
Umma verstanden.1189
Ibn al-Aṯīr sagt in seiner Erklärung der Aussage von Sayyiduna ʿOmar („Welch
gute Bidʽa das ist!“):
1189 So sagt Imam al-Nawawī zu diesem Ḥadīth:
و
ا
Und in diesem Ḥadīth liegt die Beschränkung der Aussage des Propheten:„
„Jede Neuerung ist eine Bidʿah und jede Bidʿah ist eine Irreleitung.“ Damit ist die falsche und verpönte
Erneuerung gemeint. Das wurde schon im Kapitel über Ğumʿa Gebet behandelt. Wir sagten dort, dass
die Bidʿah fünf Kategorien sind: Notwendig, Empfohlen, Verboten, Verpönt und Erlaubt.“ In seinem
).Scharḥ Ṣaḥīḥ Muslim (Anm. d. R
610
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Bidʽa besteht aus zwei Kategorien, und zwar Bidʽa von Rechtleitung und Bidʽa
von Irreleitung. All das, was den Befehlen von Allah und seinem Gesandten wi-
derspricht, ist abzulehnen, und all das, was sich im allgemeinen Bereich dessen
befindet, wozu Allah und sein Gesandter aufgerufen haben, ist als lobenswert zu
betrachten. Das, dem noch kein Beispiele vorangegangen ist, sowie bestimmte
Formen von Großzügigkeit und Freigiebigkeit und guten Taten, gehört zu den lo-
benswerten Handlungen, wenn es nicht dem heiligen Gesetz widerspricht, denn
der Gesandte Allahs hat dafür Belohnung versprochen, als er gesagt hat: „Wer im
Islam eine gute Gewohnheit begründet,…“
Und in diesem Sinn hat Sayyiduna ʿOmar gesagt: „Welch gute Bidʽa das ist“.
Weil diese Handlung (das Tarāwīḥ-Gebet in der Moschee) zu den guten Taten ge-
hört und in den Bereich der lobenswerten Dinge gehört, hat er sie Bidʽa genannt
und sie gelobt. Der Prophet - ṣallallāhu ʿalayhi wa sallam - hat diese Sunna nicht
eingeführt, sondern er hat sie bestimmte Nächte gebetet und dann gelassen, ohne
sie kontinuierlich weiterzuführen und er hat die Menschen nicht zu diesem An-
lass versammelt. Und ebenso gab es diese Gewohnheit in der Zeit von Abu Bakr
- raḍīyallāhu ʿanhu - nicht, sondern erst ʿUmar - raḍīyallāhu ʿanhu - hat die Men-
schen dazu versammelt und sie dazu aufgerufen, und dies auch Bidʽa genannt. In
Wirklichkeit handelt es sich dabei auch um eine Sunna, entsprechend der Aus-
sage des Propheten - ṣallallāhu ʿalayhi wa sallam: „Haltet euch fest an meine Sunna
und die Sunna der rechtgeleiteten Kalifen nach mir“ und „Folgt nach mir Abu Bakr
und Omar“.
Und dieser Erklärung zufolge ist unter dem Ḥadīth: „Jede Neuerung ist Bidʽa“
zu verstehen, dass damit jede Neuerung gemeint ist, die den Grundlagen der
Scharīʿa widerspricht und die durch keine Sunna gestützt ist.“
Für die unterschiedlichen Kategorien von Bidʽa gibt es folgende Beispiele:
1) Verbotene Bidʽa: Alles, was dem Qurʾān und der Sunna und dem Kon-
sens der Gelehrten widerspricht, gilt als verbotene Bidʽa, zum Beispiel das, was
die Schulen der Marji’a, der Khawāriǧ, der Qadariya und der Ğabariya hervorge-
bracht haben.
2) Notwendige Bidʽa: So zum Beispiel Beweisführung gegen irregeleitete
Gruppierungen oder die Beschäftigung mit Grammatik mit dem Ziel, das Buch
Allahs und die Aussagen seines Gesandten - ṣallallāhu ʿalayhi wa sallam - zu ver-
stehen.
3) Empfohlene Bidʽa: So wie das Erbauen von Schulen, das gemeinsame
Tarāwīḥ-Gebet in der Moschee hinter einem Imam, das Vormittags-Gebet (Ḍuḥā)
in der Moschee in der Gemeinschaft. Es wird von Muǧāhid überliefert: ʽUrwa ibn
Zubayr und ich sind in die Moschee gekommen und da war ʽAbdullah ibn ʽOmar,
611
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
der in Richtung des Zimmers von ʽAischa saß und die Leute beteten in der Mo-
schee das Ḍuḥā-Gebet, und wir haben ihn nach diesem Gebet gefragt, und er
sagte: „Bidʽa“. (Buḫārī und Muslim). Hier handelte es sich um Bidʽa, weil die Men-
schen sich zu diesem Gebet versammelten, während das Vormittagsgebet an sich
keine Bidʽa darstellt, denn der Gesandte Allahs hat dieses Gebet verrichtet und
dazu aufgerufen.
4) Erlaubte Bidʽa: z. B. das Händeschütteln nach dem Gebet und die Vermeh-
rung der Arten von Genuss beim Essen, Trinken, Kleidung, usw..
5) Verpönte Bidʽa: z. B. das Ausschmücken von Moscheen.
Dies ist es, was ich hier in aller Kürze erwähnen wollte und ich hoffe, dass
jene, die andere Menschen der Lasterhaftigkeit und der Bidʽa bezichtigen, die
Rechtstexte korrekt lesen und zum besseren Verständnis das lesen, was die Ge-
lehrten der aufrichtigen Salaf geschrieben haben.
612
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
ANHANG XX
d
613
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
1.1.1. Weil der Prophet (möge Allah ihm Heil und Frieden schenken) es
nicht zu ihrer Sitte gemacht hatte, sich gemeinsam dafür zu versam-
meln.
1.1.2. Noch war es Sitte während der Zeit von Abū Bakr (Allahs Barmher-
zigkeit sei auf ihm)
1.1.3. Es wurde nicht im ersten Teil der Nacht verrichtet.
1.1.4. Noch wurde es jede Nacht verrichtet.
1.1.5. Noch wurde diese Anzahl von Rak’āt verrichtet.
Neuerung kann entweder verpflichtend, empfohlen, erlaubt, verpönt oder
verboten sein. Der Hadīth: „Jede Innovation ist Irreführung“ ist ein genereller,
der spezifiziert werden muss. ‘Umar (Allahs Barmherzigkeit sei auf ihm) beur-
teilte diese Neuerung wünschenswert mit den Worten: „Dies ist eine vorzügli-
che Innovation.“ Ni’ama ist ein Wort, das alles beinhaltet, das gut ist, wie bi`isa
alles beinhaltet, das schlecht ist.
614
DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
Die ursprüngliche Bedeutung von Bid`a ist, das, was ohne vorheriges Beispiel
auftritt. In der Scharī`a ist es entgegengesetzt zur Sunna und damit tadelnswert.
Die Wahrheit ist, dass es als gut erachtet wird, wenn es Teil dessen ist, was in der
Scharī`a als gut betrachtet wird und als hässlich, wenn es Teil dessen ist, was in
der Scharī`a als hässlich betrachtet wird. Anderenfalls fällt es in die Kategorie
des Erlaubten (mubah). Es wird in fünf Regeln aufgeteilt.
Al-Qastallānī sagte zum selben Thema: „Andere glauben, dass das Gebet al-
leine zuhause besser ist, da der Gesandte Allāhs darauf bestand und Er starb,
während die Angelegenheiten sich so verhielten bis weit ins Kalifat von ‚Umar.“
‚Umar gab zu, dass es so bevorzugt wurde, was bestätigt wurde. Imam Mālik,
Abū Yūsuf und einige Schāfi`īs sagen das ebenfalls.
An diesen Texten können sie sehen, dass ‚Umar mit Bid‘a gesetzmäßige, nicht
linguistische Bid‘a meinte und, dass einige Gelehrte eine Erhöhung der Anzahl
der Rak’āt begründeten wie Imam Mālik, der wusste, dass der Gesandte nicht 39
Rak’āt gebetet hatte. Dies ist eine Bestätigung dafür, dass mit den Worten von
‚Umar: „eine vorzügliche Neuerung“, eine gesetzmäßige, nicht linguistische Neue-
rung gemeint war. Wir sprechen von einer gesetzmäßigen Regelung, da ‚Umar von
einer gesetzmäßigen Regelung bezüglich des Tarawih sprach. Wenn das Tarawih-
Gebet, das im Ramadan fortgesetzt wird, keine gesetzmäßige Neuerung wäre,
warum sind sich dann Gelehrte uneinig darüber und warum gibt es unterschied-
liche Ansichten bezüglich der Anzahl und den Gebräuchen seiner Verrichtung?
Wenn es eine unveränderliche Sunna des Gesandten gewesen wäre, wären Ge-
lehrte und Imame darüber und über die Anzahl nicht unterschiedlicher Meinung.
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DIE LEUCHTE IN DER FINSTERNIS
nicht existierte. Des Weiteren wird Innovation in fünf Regelungen unterteilt. Der
Hadīth: ‚Jede Neuerung ist Irreführung‘ ist allgemeingültig und wurde dann spe-
zifiziert. Sobald die Gefährten darüber mit ‚Umar einig waren, wurde die Bezeich-
nung Neuerung dafür entfernt.
Imam al-Ubbī erwähnte folgenden Hadīth in Sahīh Muslim, Bd. 3, S. 152: „Je-
der, der im Islam eine gute Sunna kreiert, bekommt seine Belohnung und die Be-
lohnung aller, die ihm darin nachfolgen, bis zum Tag der Auferstehung“ mit fol-
gendem Isnād: Muhammad ibn Muthannā al-`Anāzī bezog sich auf Muhammad
ibn Dscha‘far über Schu‘ba, ‚Awn ibn Abī Dschuhayfā, al-Mundhir ibn Dscharīr,
der auf seinen Vater, der sagte:
„Einmal waren wir zu Tagesbeginn mit dem Gesandten Allāhs zusammen,
als einige Leute kamen; barfuß, unbekleidet, gestreifte Kleider oder Mäntel, be-
waffnet mit Schwertern, tragend. Die meisten von ihnen waren aus Mudar. Das
Gesicht des Gesandten Allāhs zeigte Besorgnis über die extreme Bedürftigkeit,
die er an ihnen sah. Er ging nach innen, kam dann heraus und wies Bilāl an, den
Ādhān und die Iqāma zu rufen. Er betete und dann sprach er und sagte: „Oh,
Menschheit! Fürchte Deinen Herrn, der Dich aus einem einzigen Selbst erschaf-
fen hat...“(4:1) und die Ayāt in al-Haschr, „Fürchte Allāh! Lass jedes Selbst darauf
blicken, was es für morgen vorausgeschickt hat.“ (59:18)
„Lass einen Mann selbst von seinen Dināren, von seinen Kleidern, von dem
Anteil seines Weizen, vom Anteil seiner Datteln geben.“ […] ein Mann der Ansār
brachte eine Tasche, die er kaum mit den Armen umfassen konnte, tatsächlich
schaffte er es nicht. Dann kamen die Leute einer nach dem anderen, bis ich zwei
Haufen Essen und Kleider sah und ich sah das Gesicht des Gesandten glänzen,
wie wenn es angestrahlt worden wäre. Der Gesandte Allāhs sagte: „Jeder, der
im Islam eine gute Sunna erschafft, bekommt seine Belohnung und die Beloh-
nung von jedem, der es nach ihm tut, ohne darin dessen Belohnung in irgendei-
ner Weise zu schmälern. Jeder, der im Islam eine schlechte Sunna erschafft, trägt
seine Bürde und die Bürde eines jeden, der danach handelt, ohne die Bürde des-
sen in irgendeiner Weise zu verringern.“
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Wir sehen, dass die Gelehrten das eingeführt haben. Scheich al-Mālikī nahm
die Feier des Mawlid des Propheten als eine der empfohlenen Neuerungen auf.
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wir ihm das dar, was er sagte, gefolgt von den Worten Allāhs : „Sprich: ‚Hat Allāh
Euch befugt, das zu tun oder erfindet Ihr Lügen gegen Allāh?‘“(10:59)
Auslassung ist in unserer Scharī`a kein Beweismittel.
Es erfordert kein Verbot oder macht etwas verpflichtend.
Wer immer ein Verbot wegen der Auslassung unseres Propheten herbeisehnt
und es als wahres Urteil und korrekt betrachtet, derjenige ist vom Pfad aller Be-
weise in die Irre geleitet worden.
Er täuscht sich in der fehlerfreien Entscheidung und versagt.
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Bibliografie
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