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2. KAPITEL
Beim Lunch schob Melodie lustlos ihr Essen auf
dem Teller hin und her. In Gedanken war sie damit
beschäftigt, ihre gestrige Unterhaltung mit Cole im-
mer wieder von neuem durchzuspielen. Sie hatte
das ungute Gefühl, in einer Sackgasse zu stecken.
Zwar war sie fest entschlossen, ihr Dasein als Mau-
erblümchen endlich aufzugeben, doch hatte sie kei-
nen blassen Schimmer, wie sie es schaffen sollte,
sich in die Frau zu verwandeln, vor der Cole die
Waffen streckte.
»Sag nicht, du hast keinen Hunger«, meinte ihr
Gegenüber, Coles Schwester Joelle, ungläubig.
»Du bist die einzige Frau, die ich kenne, die einen
ebenso gesunden Appetit hat wie ich – ich würde es
sehr bedauern, eine Mitstreiterin zu verlieren.«
Melodie schenkte ihrer Freundin und Kollegin ein
amüsiertes Lächeln. »Seit du schwanger bist, hat
sich dein Appetit noch verdoppelt, Jo. Wie kann ich
mit deinen ewigen Futterattacken mithalten?«
Jo rieb sich über den in Anbetracht ihrer fortge-
schrittenen Schwangerschaft erstaunlich sanft ge-
rundeten Bauch. Bis jetzt behalf sie sich mit Leg-
gings und langen, weiten T-Shirts. Umstandsmode
schien sie nicht zu benötigen. »Schwanger zu sein
liefert einem eine wunderbare Entschuldigung, um
ordentlich reinzuhauen, doch Dean ist im Moment
immer wie eine Glucke um mich herum. Er passt
auf, dass ich auch ja das Richtige esse. Das hindert
mich leider daran, mich in meinen Gelüsten frei zu
entfalten.«
Sie stöhnte in gespielter Verzweiflung. »Er be-
steht darauf, mir jeden Morgen das Frühstück und
jeden Abend das Dinner zu machen, und alles ent-
hält immer alle wichtigen Bestandteile der Ernäh-
rungspyramide. Ein Glas Milch darf natürlich auch
nicht fehlen. Die einzige Gelegenheit, meine wahren
Gelüste zu befriedigen, sind die Mittagessen, die ich
ohne ihn einnehme.«
Melodie wickelte einen Bissen Fettucini um ihre
Gabel und spießte ein Stück zartes Hühnchen auf.
»Sein fürsorgliches Verhalten lässt darauf schlie-
ßen, dass er einen wunderbaren Vater abgeben
wird.«
Joelles Blick aus ihren blauen Augen – sie hatten
dieselbe Farbe wie Coles – wurde weich. »Ja, das
wird er.«
Beide arbeiteten sich eine Weile schweigend
durch die Berge von Pasta auf ihren Tellern, bis Jo
unvermittelt fragte: »Irgendwie wirkst du heute so
geistesabwesend, auch schon vorhin im Büro.
Stimmt etwas nicht?«
Melodie schob sich einen weiteren Gabelbissen
Fettucini in den Mund und überlegte, ob es ratsam
war, Jo in ihr Dilemma einzuweihen. Sie brauchte
dringend jemanden zum Reden – eine weltkluge,
erfahrene Ratgeberin, die sich in Melodie hineinver-
setzen konnte. Melodies Mutter war leider viel zu
früh gestorben, und ihr Vater hatte nicht wieder ge-
heiratet, so war sie ganz ohne weiblichen Beistand
aufgewachsen. Natürlich hatte sie auch ein paar
Freundinnen, zum Teil noch aus der Schulzeit, doch
mit keiner war sie vertraut genug, um ihr ihre nicht
vorhandenen Verführungskünste zu gestehen.
Jo bot den Vorteil, dass sie als Coles Schwester
einen ziemlich genauen Einblick in seine Psyche
hatte. Vielleicht würde es Melodie mit ihrer Hilfe
besser gelingen zu verstehen, was für ein Mensch
er wirklich war. Außerdem betrachtete sie Jo als
Freundin und Vertraute.
Melodie tupfte sich den Mund mit der Serviette
ab, schob ihren erst halb leer gegessenen Teller
beiseite und beschloss, sich Jo anzuvertrauen.
»Können wir reden, gewissermaßen von Frau zu
Frau?«
Ein erwartungsvolles Lächeln legte sich um Joel-
les Lippen, und ihre Augen blitzten aufgeregt. »Klar
doch. Schieß los, was hast du auf dem Herzen?«
Sie verdrückte den Rest ihres Hamburgers und
spülte ihn mit einem großen Schluck Sodawasser
hinunter.
Nach kurzem Zögern bekannte Melodie: »Ich hät-
te gern deinen Rat, wie man einen Mann um den
kleinen Finger wickelt.«
Joelle ließ ihr perlendes Lachen hören. »Wie um
alles in der Welt kommst du auf die Idee, mich als
Fachfrau in Männerangelegenheiten zu betrach-
ten?«
»Schließlich hast du es geschafft, dir Dean zu
angeln.«
»Das passierte doch quasi so nebenbei.« Sie
strich sich eine blonde Haarsträhne aus dem Ge-
sicht. »Als ich Dean begegnete, war ich gar nicht
auf Männerfang.«
Melodie spürte, wie sie errötete. »Das bin ich
auch nicht«, stellte sie klar. »Es gibt nur einen
Mann, den ich will.«
Während die Kellnerin das Geschirr abräumte,
lehnte Joelle sich in ihrem Stuhl zurück und be-
trachtete ihr Gegenüber nachdenklich. Nachdem sie
sich noch ein Stück Schokoladentorte bestellt hatte,
erklärte sie unvermittelt: »Ich möchte wetten, es ist
Cole, hinter dem du her bist.«
Himmel, war das denn so offensichtlich? »Stimmt
genau«, gab Melodie zu, einerseits erleichtert, end-
lich jemanden zu haben, mit dem sie über ihre Ge-
fühle sprechen konnte. »Ist mir das denn so sehr
anzumerken?«
Die Kellnerin brachte das Stück Torte, und Joelle
zögerte nicht, sich sofort genüsslich einen großen
Bissen einzuverleiben. »Sagen wir mal so, man
kann in dir lesen wie in einem offenen Buch.«
»Hat Cole etwas gemerkt?« fragte Melodie er-
schrocken.
Joelle zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Aber
er neigt dazu, Sachen zu verdrängen, mit denen er
nicht umzugehen weiß. Gut möglich, dass du genau
in diese Kategorie gehörst«, fügte sie lächelnd hin-
zu.
»Das klingt nicht gerade besonders ermutigend.«
»So, wie ich meinen Bruder kenne, versucht er
zunächst mal alles, um seine Gefühle zu verleug-
nen. Du wirst ihn schon regelrecht zwingen müssen
zuzugeben, dass er dich attraktiv findet.« Joelle
verschlang einen weiteren Bissen der sahnigen Tor-
te. »Was genau ist denn eigentlich passiert?«
Melodie erzählte ihr vom Fall Russell und dass
Cole eine Frau brauchte, die ihn zu Thorntons
Wohltätigkeitsball begleitete. »Ich habe ihm vorge-
schlagen mitzukommen und diese Liebesbriefe für
ihn zu lesen. Ich bin sowohl mit dem Fall als auch
mit dem Metier vertraut. Im Grunde gebietet es
doch die Logik, dass ich ihm bei diesem Einsatz
helfe, aber nein, er besteht darauf, meine Talente
seien im Büro besser genutzt.«
Joelle lachte amüsiert auf. »Oh, das hat er aber
schön gesagt.«
»Außerdem behauptet er, mich nicht in eine po-
tenziell gefährliche Situation bringen zu wollen,
während er gleichzeitig bereit ist, bei einer anderen
weniger zimperlich zu sein. Als wäre das alles nicht
schon schlimm genug, benutzt er seine enge
Freundschaft mit meinem Vater als Argument, mich
von jeglicher Gefahr fern halten zu müssen, als sei
es seine Pflicht, meinen Bodyguard zu spielen. Ich
habe dieses übermäßige Behütetwerden endgültig
satt!«
»Wow, das kann ich dir nur zu gut nachempfin-
den! Mich hat Cole auch immer in Watte gepackt. Er
hat erst nach meiner Heirat damit aufgehört. Seit
dem Tag, als meine Eltern sich haben scheiden las-
sen, hat Cole es sich zur Aufgabe gemacht, den
Beschützer für die Menschen zu spielen, die ihm
nahe stehen. Als Cole nach dem Tod unseres Va-
ters die Pflicht zufiel, Noah und mich großzuziehen,
ist es noch schlimmer mit ihm geworden. Cole
nimmt seine Verantwortung stets sehr ernst.«
»Das ist nun wirklich das Letzte, was ich möchte,
dass er mich als Verpflichtung betrachtet«, versetz-
te Melodie niedergeschlagen.
Joelle beschäftigte sich intensiv mit ihrem Ku-
chen, während sie angestrengt überlegte. Plötzlich
hellte sich ihre Miene auf. »Wenn du auf dieser
Wohltätigkeitsveranstaltung die Frau an seinem
Arm sein willst, warum repräsentierst du dann nicht
genau das, was er sich vorstellt?«
»Und das wäre?« Worauf wollte Jo hinaus?
»Was genau hat er Noah gesagt? Welche Krite-
rien soll sie erfüllen?«
»Eine sexy, weltkluge, intelligente Frau will er
haben.«
»Dann wirst du ihm genau das präsentieren.«
Joelle lächelte schelmisch.
»Hey, Jo, sieh dir die Frau, die dir gegenüber
sitzt, bitte mal genauer an«, konterte Melodie iro-
nisch. »Ich triefe nicht gerade vor Sex-Appeal und
Weltklugheit.«
»Nein, aber du hast das Zeug dazu«, erklärte
Joelle zuversichtlich. »Wenn du wirklich so sein
willst, dann musst du lernen, dir diese Rolle anzu-
eignen, und ein paar hinderliche Gewohnheiten ab-
legen. Glaubst du, dass du das schaffst?«
Freudige Erregung durchströmte Melodie. Das
war genau das, was sie gebraucht hatte, eine
freundschaftliche Ermutigung, endlich von der häss-
lichen Raupe zum schönen Schmetterling zu wer-
den. »Zumindest bin ich bereit, es zu versuchen.«
»Oh, ich sehe schon, das wird lustig.« Ein mut-
williges Glitzern in Joelies Blick machte deutlich, wie
sehr sie sich für die Sache erwärmte. »Morgen ist
Sonnabend. Was hältst du davon, wenn wir beide
losziehen, und uns in die Vorbereitungen stürzen?
Du weißt schon, das ganze Programm: Friseur,
Maniküre, Pediküre und ein paar neue Outfits?«
Beim Gedanken an ihr neues, erfolgreicheres Ich
verbesserte sich Melodies Laune spürbar. »Wenn
Dean nichts dagegen hat, dass ich dich einen gan-
zen Tag mit Beschlag belege?«
»Machst du Witze?« wischte Joelle Melodies Be-
denken beiseite. »Er profitiert am Ende doch auch
davon.«
»Also, abgemacht.« Die Vorfreude ließ Melodies
Gesicht erstrahlen.
Joelle beugte sich vertraulich vor und raunte ihrer
Freundin zu: »Wetten, dass es Cole am Montag-
morgen bei deinem Anblick aus den Pantinen
haut?«
Genau das erhoffte sich Melodie. Das und noch
einiges mehr.
3. KAPITEL
Heißes Verlangen durchflutete Cole und breitete
sich in seinem ganzen Körper aus. Erst dieser eroti-
sche Liebesbrief und dann noch Melodies mehr als
eindeutiger Hinweis, wie gern sie mit seiner Fackel
spielen würde: Das war zu viel für seine Selbstbe-
herrschung. Den ganzen Tag lang schon hatte er
sein Verlangen bändigen müssen, jetzt gab er es
auf. Er würde Melodie zeigen, wie rücksichtslos er
einer derart offenen Herausforderung begegnete.
Aufstöhnend senkte er den Kopf und eroberte ih-
ren Mund in einem fordernden Kuss voller Leiden-
schaft. Überwältigt von der Intensität seiner Gefühle
seufzte sie auf, und Cole drängte seine Zunge in die
süßen Tiefen ihres Mundes. Ihre Hände immer noch
zu beiden Seiten ihres Kopfes gegen die Wand ge-
presst, hatte Cole Melodie voll und ganz in der Ge-
walt. Sie wehrte sich nicht etwa, aber sie begegnete
seiner Leidenschaft auch nicht so hungrig, wie er es
erwartet hatte. Doch gerade ihr schrittweises Auf-
tauen erregte ihn nur umso mehr. Das lockende
Spiel ihrer Zunge ließ sein Blut in den Adern rau-
schen, und er presste sich an ihren warmen, nach-
giebigen Körper, seine männliche Härte fest gegen
ihren Schoß geschmiegt. Herausfordernd ließ er die
Lenden rhythmisch kreisen, was Melodie ein sehn-
süchtiges Stöhnen entlockte.
Vergessen war sein Entschluss, sie abzuschre-
cken. Cole gab Melodies Hände frei, und sein Kuss
wurde zärtlicher, wenn auch nicht weniger verlan-
gend. Mit jedem sanften Stoß seiner Zunge signali-
sierte er, wie sehr sein ganzer Körper sich danach
verzehrte, sie zu nehmen. Er verflocht die Finger in
ihrem seidigen Haar, betörte sie mit jedem feuchten
Kuss. Und ihre wohligen Seufzer bedeuteten ihm,
wie sehr ihr dieses Spiel gefiel.
Ein überwältigendes, nie gekanntes Lustgefühl
durchströmte ihn. All seine Sinne waren aufs Äu-
ßerste gespannt. Er sog den süßen Duft ihrer Haut
ein, spürte ihren wilden Herzschlag an seiner Brust,
liebkoste ihre üppigen, weichen Brüste. Als er die
hart aufgerichteten Spitzen unter dem dünnen Stoff
ihrer Bluse und ihres BHs stimulierte, bog sie sich
ihm hingebungsvoll entgegen. Und voller Vertrauen.
Genau dieser Gedanke war es, der Cole wieder
zur Vernunft brachte. Das hier war Melodie, und ihr
Vater hatte sie ihm anvertraut. Und was machte er,
Cole? Er war drauf und dran, dieses Vertrauen
schamlos auszunutzen.
Er fuhr zurück und löste sich so abrupt aus Melo-
dies Umarmung, als hätte er sich verbrannt. Heftig
atmend betrachtete er ihr vor Erregung gerötetes
Gesicht. Er konnte kaum glauben, wie erfolgreich
sie ihn in ihre erotischen Fantasien eingesponnen
hatte, so dass er darüber fast seine Pflicht verges-
sen hätte.
Melodie öffnete die Augen und bedachte ihn mit
einem schmelzenden Blick. »Cole«, hauchte sie
und hob die Fingerspitzen an ihre vom Küssen ge-
schwollenen Lippen.
In ihrer Erregung sah sie so unglaublich sexy
aus, dass Cole um ein Haar rückfällig geworden
wäre. Es kostete ihn fast übermenschliche Anstren-
gung, dem Impuls zu widerstehen, ihren Rock
hochzuschieben und tief, ganz tief in sie einzudrin-
gen. Gleich hier an Ort und Stelle.
Rasch trat er ein paar Schritte zurück. Mit müh-
sam beherrschter Stimme brachte er hervor: »Ich
würde vorschlagen, dass du jetzt gehst, bevor wir
etwas tun, was wir beide später nur bereuen wür-
den.«
Melodie schüttelte den Kopf. »Ich zumindest
würde es nicht bereuen.«
Schweigend sahen sie einander an. Schließlich
wandte sie sich aufseufzend zum Gehen. An der
Tür drehte sie sich noch einmal kurz um und sagte:
»Um keine Zweifel aufkommen zu lassen, Cole, ich
wollte diesen Kuss.«
Daran zweifelte Cole keinen Moment. Und noch
eines stand fest: Entgegen seiner hohen morali-
schen Ansprüche begehrte er Melodie mit Leib und
Seele.
Er steckte bis zum Hals in Schwierigkeiten, das
wusste er jetzt.
»Hey, du Superweib«, Noah kam aus seinem Bü-
ro, »ich verschwinde jetzt mal.« Es war kurz vor
Feierabend am nächsten Tag.
Melodie hob den Blick von ihrem Computerbild-
schirm. »Na, noch ein heißes Date heute, was?«
neckte sie ihn.
Ein listiges Lächeln umspielte seine Lippen. »Der
Gentleman genießt und schweigt. Hast du zufällig
die Akte MacGregor auf deinem Schreibtisch?«
»Ja.« Sie sah rasch den Stapel Akten durch, der
sich vor ihr auftürmte. »Brauchst du sie?«
»Ich nicht, aber Cole.«
Sie horchte auf. »Falls es dir entgangen sein soll-
te, der ist doch heute gar nicht im Büro.« Und sie
hatte auch einen ziemlich eindeutigen Verdacht,
warum er sich so rar machte.
»Ich weiß. Ich war es schließlich, der sich den
lieben langen Tag mit ihm am Telefon herumschla-
gen musste. Mann, hat der eine Laune!« Er seufzte
theatralisch. »Er hat mich gebeten, ihm heute A-
bend noch die Akte vorbeizubringen, weil er morgen
früh einen Termin mit dem Klienten hat.«
Das brachte Melodie auf eine Idee. »Ich kann
das doch für dich erledigen«, erbot sie sich eifrig.
»Es macht mir nichts aus, und du hast es doch si-
cher eilig, zu deiner Verabredung zu kommen.«
»Das würdest du tun?« Noah war höchst erfreut.
»Gern. Im Gegensatz zu dir habe ich nichts Be-
sonderes vor, und es ist schließlich nicht das erste
Mal, dass ich den Kurier spiele.«
»Danke, Mel, dafür bin ich dir einen Gefallen
schuldig.« Einem plötzlichen Impuls folgend, beugte
er sich schnell über sie und drückte ihr einen
schmatzenden Kuss auf die Wange. »Du bist wirk-
lich der reinste Engel.«
Wenn du wüsstest, dachte sie ironisch. Sie
schuldete höchstens ihm Dank für die Gelegenheit,
ihren gar nicht so engelsgleichen Plan in die Tat
umzusetzen.
Noah wandte sich zum Gehen und bedachte Me-
lodie noch mit einem letzten charmanten Lächeln,
bevor er verschwand. Ȇbrigens, ein tolles Outfit,
was du da anhast. Ran an den Feind, Tiger!«
Lachend blickte Melodie an ihrem eng anliegen-
den Pulli mit Leopardenmuster und dem dazu pas-
senden braunen Wildlederrock herunter. Noahs
Kompliment erfüllte sie mit Stolz und zeigte ihr,
dass sie auf dem richtigen Weg war. Sie musste nur
weiter am Ball bleiben und verhindern, dass Cole ihr
aus dem Weg ging. Sonst war der Sieg, den sie am
vergangenen Tag errungen hatte, für die Katz. Und
was für ein köstlicher Sieg das gewesen war! Noch
jetzt erschauerte Melodie wohlig bei der Erinnerung
an Coles heiße, fordernde Lippen, die geschickten
Hände und seinen erregten Körper, der sich gegen
ihren presste. An seine Hände, die ihre Brüste um-
schlossen und die hart aufgerichteten Spitzen lieb-
kosten.
Und dann sein plötzlicher Rückzug, das abrupte
Ende seiner Zärtlichkeiten. Obwohl sie ihm mehr als
deutlich zu verstehen gegeben hatte, wie willkom-
men ihr seine Liebkosungen waren, war er stand-
haft geblieben. Das durfte sie nicht gelten lassen.
Seine Ritterlichkeit in Ehren, aber sie hatte es
gründlich satt, für Cole als unantastbar zu gelten,
nur weil er und ihr Vater befreundet waren.
Sie lächelte verschmitzt, als sie ihren Schreib-
tisch aufräumte und den Computer ausschaltete.
Gestern Abend, als sie zu aufgewühlt gewesen war,
um sofort einzuschlafen, hatte sie weitere höchst
erotische Briefe produziert. Sie trug die Briefe in
ihrer Tasche bei sich, bereit, sie Cole bei Gelegen-
heit zuzustecken. Seine heutige Abwesenheit hatte
ihr leider einen Strich durch die Rechnung gemacht,
aber das unerwartet bevorstehende Rendezvous
ließ wieder alle Möglichkeiten offen. Kein wirklich
böses Mädchen würde sich die Chance entgehen
lassen, das Objekt ihrer Begierde nach allen Regeln
der Kunst zu verführen.
Zufrieden mit sich und der Welt, schloss Melodie
hinter sich ab, setzte sich in ihren Wagen und fuhr
zu Cole. Unterwegs machte sie nur noch einmal
Halt, um bei Vince’s Deli zwei Fertigmenüs zu be-
sorgen. Eine halbe Stunde später klopfte sie an Co-
les Tür und wartete gespannt auf seine Reaktion.
Die Tür wurde ziemlich abrupt geöffnet, und Me-
lodie war überwältigt von dem Anblick, der sich ihr
bot. Wie es schien, hatte sie Cole beim Ausziehen
überrascht. Er trug nur eine ausgeblichene Jeans,
dessen oberster Knopf geöffnet war, sonst nichts.
Wow! Sie hatte ja schon immer gewusst, dass er
eine breite Brust hatte, aber diese nun nackt vor
sich zu sehen, war ein Hochgenuss. So gestattete
sie sich, diesen Genuss auch voll auszukosten.
Sein athletischer Oberkörper war muskelbepackt,
der Bauch fest und flach, und um seinen Nabel
kräuselten sich feine Härchen, die in einer schnur-
geraden Linie in seinem Hosenbund verschwanden.
Mit angehaltenem Atem registrierte Melodie die im-
posante Ausbuchtung unter seinem Hosenschlitz.
Cole war so unglaublich männlich und atemberau-
bend sexy – von Kopf bis Fuß.
»Mel? Was willst du denn hier?«
Der brüske Ton ließ sie zusammenzucken. Sie
riss sich von dem Anblick los, der sie eben noch so
verzaubert hatte, und sah auf. Coles ärgerlicher
Miene nach zu schließen, hatte er mit Noah ge-
rechnet und schien nicht gerade begeistert über
dessen Stellvertreter.
Vielleicht ist er nicht allein, sondern hat eine Frau
bei sich, überkam sie die erschreckende Erkenntnis.
Mit gepresster Stimme fragte sie: »Komme ich ir-
gendwie ungelegen?«
Cole verschränkte die Arme vor der Brust. »Nein,
ich wollte nur gerade ein Bad nehmen.«
»Allein?« schoss es aus ihr heraus.
Er hob erstaunt die Brauen. »Ja, allein«, erwider-
te er gedehnt.
Erleichtert schenkte sie ihm ein strahlendes Lä-
cheln. »Dann ist es ja gut, ich hab nämlich nur A-
bendessen für zwei mitgebracht. Für dich und
mich.« Ohne auf die Aufforderung zum Eintreten zu
warten, schlüpfte sie an ihm vorbei und strebte
sogleich auf die Küche zu.
»Abendessen?«
»Ich dachte mir, du bist vielleicht hungrig, also
hab ich von unterwegs etwas mitgebracht: Kartof-
felsalat und dein Lieblingssandwich – scharfe
Pastrami.« Sie warf einen Blick zurück über ihre
Schulter und ertappte Cole dabei, wie er ihren fes-
ten Po in dem engen Lederrock anstarrte. Sehr gut!
»Und für mich Schinken und Käse auf Sauerteig-
brot.«
Er hob den Blick, und in seinem Augenausdruck
lag so viel offenkundige Qual und Begierde, dass ihr
Herz sofort höher schlug. »Mel, hör zu, ich…«
Die unterschwellige Warnung in seiner Stimme
ließ sie aufhorchen. Ehe er zu einer Moralpredigt
darüber ansetzen konnte, warum sie nicht hier blei-
ben durfte, kam sie ihm mit einem liebenswürdigen
Lächeln und ihrer gewohnt tüchtigen Art zuvor.
»Ach, übrigens, hier ist die Akte MacGregor, die du
so dringend haben wolltest.« Sie hielt ihm die Akte
hin, wobei sie enttäuscht bemerkte, dass er seine
Hose inzwischen wieder zugeknöpft hatte. Doch
wenigstens hatte er noch kein Hemd angezogen.
Vorsichtig streckte er die Hand aus, um die Akte
entgegenzunehmen, wobei er sorgfältig vermied,
Melodies Finger zu berühren. »Wieso ist Noah nicht
gekommen, wie ich es ihm aufgetragen habe?«
Sie stellte die Papiertüte mit dem Essen auf dem
Esstisch ab und hängte ihre Handtasche über die
Stuhllehne. »Weil er Besseres zu tun hatte und es
kaum erwarten konnte wegzukommen.«
»Also hat er dich geschickt?« Cole klang verär-
gert.
»Nein, das hat er nicht. Ich habe es ihm angebo-
ten, und er hat akzeptiert. Das ist doch kein Prob-
lem«, sie neigte leicht den Kopf und sah ihn fragend
an. »Oder?«
Es war offenkundig, worauf ihre Frage abzielte.
Melodie kannte Cole gut genug, um zu wissen, dass
er nie und nimmer seine Unfähigkeit eingestehen
würde, mit seinen Gefühlen für sie umzugehen.
Dieser männliche Stolz war es, auf den sie ihr Glück
setzte.
Cole enttäuschte sie nicht. »Nein, natürlich ist es
kein Problem«, entgegnete er schroff. Er legte die
Akte achtlos auf den Tresen und fuhr sich durch das
dichte Haar. »Danke für die Akte und… das Din-
ner.«
Sie schaffte es gerade noch, sich ein zufriedenes
Lächeln zu verkneifen. »Gern geschehen. Du hast
also nichts dagegen, wenn ich dir Gesellschaft leis-
te?«
Sie sah ihm deutlich an, wie gern er sie wegge-
schickt hätte. Wahrscheinlich dachte er an den ver-
gangenen Abend und befürchtete, dass es ihr ge-
lingen würde, ihn auch heute wieder so ganz gegen
seinen Willen zu verführen. »Ich beiße nicht, keine
Angst«, scherzte sie leichthin.
»Das hatte ich auch nicht angenommen«, versi-
cherte er ein wenig zu eifrig.
Fast hätte sie laut losgelacht. »Dann bleibe ich
also zum Essen, okay?«
»Wie du willst.« Ein gleichmütiges Achselzucken,
dann machte er sich am Kühlschrank zu schaffen.
»Was möchtest du trinken?«
Sie riss sich gewaltsam vom Anblick des Spiels
seiner mächtigen Rückenmuskeln los und machte
sich daran, die Tüte mit dem Essen auszupacken.
»Irgendetwas ohne Alkohol bitte.«
Er kehrte mit einer Cola für Melodie, einem Bier
für sich selbst und zwei Papptellern zurück.
»Ah, Pappteller! Typisch Junggeselle«, meinte
sie neckend, während sie eine großzügige Portion
Kartoffelsalat auf seinen Teller häufte und das
Sandwich dazulegte. »Deshalb gibt’s bei dir also
keine Stapel schmutzigen Geschirrs.«
»Ich hasse Abwaschen.« Er setzte sich auf den
Stuhl ihr gegenüber und wickelte sein Sandwich
aus. »Wie übrigens jegliche Art von Hausarbeit.
Deshalb suche ich immer nach Bequemlichkeit, was
das betrifft.« Er hob die Bierflasche an die Lippen.
Erleichtert registrierte sie, wie er sich allmählich
entspannte. Gut so. Sie würde ihn mit ihrer unver-
fänglichen Plauderei noch weiter in Sicherheit wie-
gen. »Ich muss schon sagen, es beeindruckt mich,
wie sauber es bei dir immer ist.«
»Ich habe eine Haushälterin, die einmal wöchent-
lich kommt«, räumte er ein. »Die restliche Zeit pas-
se ich allerdings sorgfältig auf, nur ja nichts schmut-
zig zu machen.«
Sie lachte, und ihre Blicke begegneten sich.
»Und, wie kommst du mit der Sache MacGregor
voran?«
»So gut, wie man es in diesem Fall erwarten
kann«, erklärte er bereitwillig. Dies war ein berufli-
ches Thema, und da fühlte er sich auf sicherem
Terrain. »Der Kerl, der das Sorgerecht für sein Kind
beantragt hat, ist ein ehemaliger Schwerverbrecher.
Seiner Exfreundin zufolge ist er äußerst jähzornig
und hat in der Nähe eines kleinen Jungen nichts zu
suchen. Ich hoffe, dass das, was wir gegen ihn in
der Hand haben, ausreicht, um das alleinige Sorge-
recht für sie zu erstreiten und dem Kerl höchstens
ein gelegentliches Besuchsrecht einzuräumen.«
»So eine traurige Geschichte.« Melodie empfand
heftiges Mitgefühl für diese Mutter, die alles daran-
setzte, ihr Kind zu schützen. »Es muss schrecklich
für ein Kind sein, zwischen zwei Parteien hin- und
hergerissen zu werden.«
»Es ist für alle Beteiligten sehr schmerzhaft«,
versetzte er tonlos.
Sie betrachtete ihn nachdenklich. »Das sagst du
in einem Ton, als würdest du dich mit so etwas aus-
kennen.«
»Das tue ich auch.« Er sah sie an, seine wahren
Gefühle hinter einer ausdruckslosen Maske verbor-
gen. »Bevor meine Mutter starb, haben sich meine
Eltern scheiden lassen.«
»Das hatte ich ganz vergessen. Es tut mir Leid«,
murmelte sie verlegen.
»Das braucht es nicht. Es ist ja schon lange her.«
»Ich weiß, wie schwer es ist, ohne Mutter aufzu-
wachsen. Aber eine Scheidung ist vermutlich eben-
so traumatisch, es sei denn, es handelt sich um ei-
ne einvernehmliche Trennung.«
»Das war es nicht.« Er nahm einen großen
Schluck von seinem Bier. »Meine Mutter hatte eine
Affäre und hat sich dem anderen Mann zuliebe von
meinem Vater scheiden lassen. Diesen anderen
Mann hat sie dann auch geheiratet. Als sei das
nicht schon schlimm genug für meinen Vater gewe-
sen, hat sie auch noch das Sorgerecht für Joelle vor
Gericht erstritten. Die war damals erst fünf. Meine
Mutter hat sie einfach mit nach Arizona genom-
men.«
»Aber warum nur Joelle?«
»Sie ist die Einzige, die meine Mutter wollte.« In
seiner Stimme schwang tiefe Bitterkeit mit.
Melodie schmolz schier das Herz vor lauter Mit-
gefühl, doch sie hütete sich, das zu zeigen. »Was
war mit dir und Noah?« fragte sie daher so neutral
wie möglich.
»Wir lebten bei meinem Vater, und wir hätten es
auch nicht anders gewollt. Weißt du, meine Mutter
war nicht gerade der fürsorgliche Typ.« Er stieß die
Gabel in seinen Kartoffelsalat, nahm aber keinen
Bissen. »Es war fast unerträglich, als meine Mutter
Joelle damals abgeholt hat. Einfach dazustehen
und tatenlos zusehen zu müssen… Sie wollte Jo
doch nur, um meinen Vater noch mehr zu verletzen,
als sie es ohnehin schon getan hatte. Und ihr Plan
ging auf, wir waren völlig fertig. Aber was ihre Söh-
ne empfanden, das hatte sie noch nie besonders
interessiert.«
Melodie legte ihr halb verzehrtes Sandwich auf
den Teller. Was sie da soeben über Coles Vergan-
genheit erfuhr, verdarb ihr den Appetit. »Ich nehme
an, nach dem Tod deiner Mutter ist Jo zurückge-
kehrt, um mit euch zusammenzuleben?«
»So einfach war das leider nicht. Mein Vater
musste sich das Sorgerecht gegen den zweiten
Mann meiner Mutter erst vor Gericht erkämpfen.«
Ein ironisches Lächeln huschte um seine Lippen.
»Peter, so hieß der Mann, hat Joelle noch volle
sechs Monate bei sich behalten, bis der Richter sie
endlich wieder in die Obhut meines Vaters über-
gab.«
»Wow, ich hatte ja keine Ahnung.« Betroffen
senkte sie den Blick. »Du hast wirklich eine Menge
mitgemacht – erst die Scheidung deiner Eltern und
der Tod deiner Mutter und dann der deines Vaters.«
»Ich habe mein Bestes getan, sowohl für mich
als auch für meine Geschwister.« Er klang fast ein
wenig so, als müsse er sich verteidigen. »Und die
beiden sind ja auch ganz gut geraten.«
»Du hast fantastische Arbeit geleistet, Cole«, er-
klärte sie mit leiser, ernster Stimme.
»Nur, weil mir eine Menge Leute hilfreich zur Sei-
te standen, wie zum Beispiel dein Vater. Ich schulde
ihm großen Dank dafür, dass er mich nach dem Tod
meines Vaters unter seine Fittiche genommen hat.
Ihm habe ich es zu verdanken, dass ich so erfolg-
reich ins Detektei-Geschäft einsteigen konnte. Ihm
und seinen ausgezeichneten Beziehungen, die er
für mich spielen ließ.«
»Er hat eine sehr hohe Meinung von dir.«
»Das beruht auf Gegenseitigkeit.«
Und genau hier lag die Krux des Problems zwi-
schen ihr und Cole – der Respekt und die Bewun-
derung für ihren Vater, die ihm verboten, mit dessen
Tochter zu schlafen. »Ja, ich weiß«, seufzte sie.
Schweigen senkte sich über sie, bis Cole schließ-
lich mit rauer Stimme bemerkte: »Wie um alles in
der Welt sind wir denn bloß auf ein so deprimieren-
des Thema gekommen?«
Melodie bedauerte das Gespräch keineswegs, im
Gegenteil, sie fand es sehr aufschlussreich. Jetzt
begriff sie endlich, wie Cole ein derart dynamischer,
eisern entschlossener Charakter werden konnte,
der die Menschen, die ihm anvertraut waren, so
vehement zu beschützen bereit war. Doch sie hatte
auch einen Einblick in sein verletzliches Inneres
gewonnen, das sich unter seiner harten Schale
verbarg. Und diese Verletzlichkeit machte ihn in
ihren Augen nur noch attraktiver.
Das Klingeln des Mobiltelefons auf dem Küchen-
tresen zerriss die Stille, und Cole stand nur zu be-
reitwillig auf. Eine willkommene Abwechslung! Be-
vor er das Gespräch entgegennahm, wandte er sich
Melodie zu: »Das wird Bobby Malone sein. Ich
fürchte, es wird eine Weile dauern.« Er zog eine
bedauernde Grimasse. »Danke fürs Abendessen.«
Damit verschwand er in den Tiefen seines nebenan
liegenden Arbeitszimmers.
Die Botschaft war unmissverständlich: Melodie
sollte verschwinden.
Blieb bloß die Frage, würde sie darauf eingehen
oder nicht?
Melodie entschied sich für Letzteres. Sie grinste
frech. Noch vor wenigen Tagen, als das liebe, brave
Mädchen, hätte sie sich jetzt taktvoll zurückgezo-
gen. Nicht so die neue Melodie.
Früher oder später musste Cole ja wieder aus
seinem Arbeitszimmer auftauchen, und dann waren
noch alle Möglichkeiten offen für eine interessante
Nacht.
4. KAPITEL
Zufrieden beendete Cole das Telefonat mit Bob-
by Malone. Jetzt hatte er genug Informationen bei-
sammen, um sicherzustellen, dass Sarah MacGre-
gor ihren kleinen Sohn bei sich behalten durfte – für
immer.
Er ließ sich in seinen Ledersessel sinken, wäh-
rend seine Gedanken zu dem Gespräch mit Melodie
zurückkehrten. Es erstaunte ihn selbst, mit welcher
Offenheit er ihr seine traurige Kindheitsgeschichte
erzählt hatte. All die schmerzlichen Erinnerungen,
die er in den hintersten Winkel seines Bewusstseins
verdrängt hatte. Er musste sogar eingestehen, dass
er es als sehr erleichternd empfunden hatte, endlich
mal über all das zu reden. Seinen Geschwistern
gegenüber war dieses Thema nämlich tabu, er woll-
te auf keinen Fall, dass sie seinetwegen Schuldge-
fühle entwickelten. Sie hatten schon genug durch-
gemacht, besonders Joelle.
Bis jetzt war ihm noch keine Frau nahe genug
gekommen, um ihm derartige Geständnisse zu ent-
locken. Doch Melodie schien sich aufrichtig für alles
zu interessieren, was ihn betraf, das hatte er deut-
lich gespürt. So wünschte er jetzt einerseits, dass
sie nebenan auf ihn wartete. Andererseits war ihm
seine Unabhängigkeit immer heilig gewesen. Er
brauchte niemanden, schon gar keine Frau. Und er
beabsichtigte eigentlich nicht, seine Ansicht darüber
zu ändern.
Dennoch musste er eingestehen, dass er sich
vorhin in Melodies Gesellschaft sehr wohl gefühlt
hatte. Nach dem gestrigen Ausrutscher schien der
Status quo wieder hergestellt. Und doch… etwas
war hängen geblieben, eine bohrende Sehnsucht.
Er schüttelte diesen unwillkommenen Gedanken
ab und beschloss, da weiterzumachen, wo er bei
Melodies unerwartetem Auftauchen aufgehört harte:
dem heißen Bad. Das war jetzt genau das Richtige
– in heißes Wasser abzutauchen und sich die ver-
spannten Muskeln von den Massagedüsen lockern
zu lassen.
Cole ging in die Küche und stellte mit einem lei-
sen Anflug von Enttäuschung fest, dass Melodie
tatsächlich gegangen war. Doch sie hatte ihre
Handtasche vergessen, die hing einsam über der
Stuhllehne. Und dann entdeckte er den Zettel auf
dem Küchentisch – nein, eigentlich war es eher ein
Brief, fein säuberlich mit Melodies geschwungener
Handschrift bedeckt. Neugierig nahm er den Brief
auf und begann zu lesen:
Ich liebe das Gefühl von Wasser auf meiner
Haut, wie es weich und seidig meine Brüste um-
spielt, meinen Bauch und meine Schenkel. Das Rie-
seln des Wassers lässt meine Brustknospen ganz
hart werden, und auch das gefällt mir. Sehr sogar.
Wenn ich mit den Fingern über die vor Sehnsucht
schmerzenden Spitzen streife, stöhne ich laut auf,
so empfindsam sind sie. Wie sehr ich doch wünsch-
te, meine Hände wären Deine!
Wenn ich Dich schon nicht bei mir haben kann,
muss ich mich anderweitig behelfen. Ich stelle mir
vor, wie Du meinen nassen, glatten Körper berührst,
überall, an Stellen, die vor Verlangen erbeben. Du
erkundest mit Deinen Händen meine heiße, glän-
zende Haut, während Du mit Mund und Zunge mei-
ne lustvolle Qual noch steigerst. Langsam, ganz
langsam leckst Du die Wassertropfen von meinem
Körper, und ich erbebe vor Lust, nein, ich zerfließe
förmlich. Kannst Du schmecken, wie sehr ich Dich
begehre?
1
Kleine Bemerkung vom k-leser: das ist doch unsagbar unglaub-
würdig, welcher Mann würde da Nein sagen? Also ehrlich!
»Doch, ich will«, brachte er hervor. Wozu lügen,
wo sie doch den Beweis seines Verlangens in der
Hand hielt? »Aber wir können nicht zusammen
schlafen.« Und er war nicht in der Stimmung für
einen Alleingang, während sie zuschaute.
»Wir?« In ihrer Stimme lag ein frustrierter Unter-
ton. »Cole, ich kann für mich selbst sprechen. Ich
bin eine erwachsene Frau, die das Recht hat, mit
einem Mann zu schlafen. Sogar mit dir.«
Das hatte sie ja heute deutlich genug demonst-
riert. So ruhig wie möglich erwiderte er: »Mel, ich
habe keine Kondome im Haus.«
Er war sich nicht sicher, ob sie ihm glaubte, aber
es entsprach der Wahrheit. Seit seiner letzten Affä-
re, die Monate zurücklag, hatte er keine Veranlas-
sung gesehen, sich welche zu besorgen. Das kam
ihm jetzt sehr gelegen, hielt es ihn doch davon ab,
einen großen Fehler zu begehen.
Sie schloss ihre Hand fester um seine Erektion
und strich mit der Zungenspitze über seinen Hals
bis zu seinem Ohr. »Dann lass mich… Ich verspre-
che dir, es wird auch so schön für dich…«
Das glaubte er ihr aufs Wort, und schon bewegte
er sich instinktiv in ihrer Hand. Doch noch war sein
Verstand nicht gänzlich ausgeschaltet, und so zog
er sich energisch zurück. Dann hob er Melodie hoch
und schob sie auf ihren Sitz zurück. »Du machst
mich noch ganz verrückt«, stöhnte er.
»Warum willst du denn nicht?« fragte sie leise.
»Weil…« Er fuhr sich mit der Hand durchs feuch-
te Haar. »Weil ich dir nicht geben kann, was du
brauchst.«
In ihren Augen blitzte es amüsiert auf. »Aber das
hast du doch gerade getan.«
Er schüttelte den Kopf. Noch immer konnte er
nicht fassen, in was für eine lockende Sirene sich
seine brave und anständige Melodie verwandelt
hatte. Es war offensichtlich, dass sie nicht bereit
war aufzugeben. Dann blieb ihm nichts anderes
übrig als schonungslose Ehrlichkeit. »Ja, sicher,
körperlich habe ich dich befriedigt, aber auf emotio-
naler Ebene kann ich das nicht. Ich will keine Be-
ziehung, Mel, mit niemandem.« Und besonders
nicht mit ihr. Er würde seinen Junggesellenstatus
und sein freundschaftliches Verhältnis zu ihrem Va-
ter nicht für eine heiße Liebesnacht aufs Spiel set-
zen.
Sie ließ sich tiefer ins Wasser gleiten, bis es ihre
Schultern umspülte. »Wenn ich mich recht erinnere,
habe ich das auch nicht verlangt. Ich habe dich le-
diglich gebeten, dich zu dieser Wohltätigkeitsveran-
staltung begleiten zu dürfen.«
»Was heute Abend zwischen uns passiert ist,
wird meine Meinung darüber nicht ändern«, versetz-
te er scharf.
Sie seufzte resigniert. »Dann habe ich mich wohl
noch nicht genug angestrengt.«
Cole fasste diese Worte als versteckte Drohung
auf. Melodie würde also ihre erotischen Spielchen
weitertreiben, was bedeutete, dass er im wahrsten
Sinne des Wortes harten Zeiten2 entgegensah. Oh-
ne ein weiteres Wort kletterte er aus dem Becken
und sprang in den angrenzenden Pool. Der Schock
des kalten Wassers war genau das, was er brauch-
2
Sicher, was hier hart wird, ist wohl klar ;-)
te, um wieder klar denken zu können. Doch leider
richtete er nichts gegen den Tumult seiner Hormone
aus und gegen das Verlangen, das er für Melodie
empfand. Was hatte sie bloß auf die fixe Idee ge-
bracht, seine schön geordnete Welt auf den Kopf zu
stellen!
Mit zunehmender Erschöpfung zog er seine Ban-
nen, bis er sich einigermaßen abgekühlt hatte. Als
er den Kopf hob, um tief durchzuatmen, bemerkte
er, dass Melodie nicht mehr im Heißwasserbecken
saß.
Sie war gegangen, wie er es gewollt hatte3.
Warum war er dann plötzlich so enttäuscht, allein
zu sein?
5. KAPITEL
Am Donnerstagabend nach der Arbeit ging Cole
ohne Umweg in sein Stammlokal, Murphy’s Bar and
Grill. Sogleich entdeckte er viele bekannte Gesich-
ter, und er nickte grüßend in die Runde.
»Was darf’s sein, Sommers?« rief ihm Murphy
hinter seiner auf Hochglanz polierten Theke aus
Messing und Mahagoni zu. »Das Übliche?«
»Das Übliche, danke.« Er schenkte dem Mann
ein freundliches Grinsen, obwohl ihm eigentlich gar
nicht besonders fröhlich zu Mute war. Suchend ließ
er den Blick durch den Raum schweifen und ent-
deckte in einer der hinteren Nischen, nach wem er
suchte: Richard Turner. Richard hatte ihn angerufen
3
Ich sag ja, Cole ist ein Trottel.
und um dieses Treffen gebeten. Am Telefon hatte
er ziemlich besorgt geklungen, wollte aber nicht
damit herausrücken, was er auf dem Herzen hatte.
Cole, das schlechte Gewissen in Person, hatte
natürlich sofort an Melodie gedacht. Deshalb sah er
dem bevorstehenden Gespräch auch mit äußerst
gemischten Gefühlen entgegen.
Jetzt hatte auch Richard ihn entdeckt und winkte
ihm grüßend zu. Dann also auf in den Kampf, dach-
te Cole grimmig und gesellte sich zu seinem Freund
und Mentor in den hinteren Teil der Bar. Etwas um-
ständlich quetschte er sich in die enge Nische, für
die seine Beine immer viel zu lang schienen.
Nach einer kurzen Begrüßung kam Richard Tur-
ner ohne Umschweife zur Sache. »Es geht um Me-
lodie.«
Genau das hatte Cole befürchtet. »Was ist los,
habt ihr Probleme?«
»Das nicht gerade.« Richard blickte nachdenklich
vor sich hin. »Weißt du, Cole, nach dem Tod ihrer
Mutter habe ich mir alle Mühe gegeben, ihr das Ge-
fühl zu geben, geliebt zu werden. Ihr sollte es an
nichts mangeln. Weibliche Gesellschaft war das
Einzige, womit ich ihr nicht dienen konnte, also
schickte ich sie auf die besten privaten Mädchen-
schulen. Dort wähnte ich sie unter Gleichgesinnten,
die ihr die Probleme des Erwachsenwerdens leich-
ter machen würden. Ich wollte, dass eine intelligen-
te, vernünftige Frau aus ihr wird, die selbstständig
ihr Leben meistert.«
»Das ist sie ja auch«, ermutigte Cole sein Ge-
genüber. »Sie ist eine sehr talentierte junge Frau.«
In mancher Hinsicht allerdings zu talentiert, für sei-
nen Geschmack.
»Ja, das ist wahr«, stimmte Richard stolz zu, a-
ber der besorgte Unterton in seiner Stimme war un-
verkennbar. »Und doch frage ich mich, ob ich bei
ihrer Erziehung nicht etwas falsch gemacht habe.
Sie hat sich meinem Entschluss, sie ausschließlich
auf Mädchenschulen zu schicken, nie widersetzt,
aber ich fürchte fast, dass es sie in ihrer normalen
Entwicklung behindert hat. Womöglich hat sie sich
wie in einen Kokon eingehüllt gefühlt, abgeschnitten
vom wirklichen Leben und von den normalen Ver-
gnügungen der Jugend.«
Cole horchte auf. Die Unterhaltung behagte ihm
zwar immer noch nicht, doch sie erklärte so man-
ches. »Wie kommst du auf diese Idee?« fragte er
widerstrebend.
»Gestern Abend war ich mit Melodie zum Dinner
verabredet, und ich bin fast vom Stuhl gekippt, als
sie im Restaurant auf mich zukam. Sie hat eine
ganz neue Frisur, irgendwie frech und fransig, und
ihre Kleidung erst! Sie trug so etwas wie eine Le-
derhose und ein Top…« Er wurde rot und fuhr mit
gesenkter Stimme fort: »… mit einem viel zu offen-
herzigen Dekollete. Verdammt, ich hab meine eige-
ne Tochter beinahe nicht wiedererkannt!« Er kippte
den Rest seines Martinis in einem Zug hinunter.
Mit Genugtuung stellte Cole fest, dass er nicht
der einzige Mann war, den Melodie mit ihrer Trans-
formation in einen Vamp aus dem Gleichgewicht
gebracht hatte.
»Versteh mich nicht falsch«, fuhr Richard grim-
mig fort, »jede Frau hat das Recht, ihre… Reize so
gut wie möglich zu präsentieren, aber so eine radi-
kale Veränderung! Wenn es nur die Kleidung und
die Frisur wären! Auch Melodies Benehmen hat sich
geändert, ihr ganzes Auftreten.«
Oh ja, sie war definitiv selbstbewusster, an-
spruchsvoller und freimütiger. Sie war ein völlig
neuer Mensch. Das konnte Cole nur bestätigen.
Richard schob sein leeres Glas zum Tischrand,
damit die Kellnerin es abräumte. »Du musst die
Veränderungen an ihr doch auch bemerkt haben,
Cole.«
»Das kann mal wohl sagen.« Die Worte waren
heraus, bevor er registrierte, dass er seine Gedan-
ken laut ausgesprochen hatte.
Stirnrunzelnd bedachte Richard ihn mit einem
Blick, der ihm die Schweißperlen auf die Stirn trieb.
»Ich meine, wie sollte man so eine drastische Ver-
änderung übersehen?« verbesserte er sich rasch.
»Du weißt doch, wie unberechenbar Frauen sind.
Ich bin sicher, es ist nur eine Laune.«
Richard nickte bedächtig. »Ich kann nur hoffen,
dass du Recht hast. Ich befürchtete nämlich schon,
dass…«
»Was?« fuhr Cole scharf dazwischen.
»Meine größte Sorge ist, dass sie sich irgendei-
nem Kerl zuliebe so verändert hat. Falls das so ist,
wer weiß, wie weit sie noch geht, um seine Auf-
merksamkeit zu erregen.«
Cole wusste genau, zu welchen Extremen Melo-
die fähig war, um seine Aufmerksamkeit zu erregen,
doch dieses kleine Geheimnis behielt er wohl bes-
ser für sich. »Was schlägst du vor?«
Richard bedachte Cole mit einem durchdringen-
den Blick. »Ich möchte, dass du mir einen Gefallen
tust. Bitte hab an meiner Stelle ein Auge auf Melo-
die.«
Sein Ton machte deutlich, dass es sich eher um
einen Befehl als um eine Bitte handelte. Cole sah
keine Chance, sich aus der Affäre zu ziehen. »Ich
soll sie beschatten?« fragte er ungläubig.
»Sozusagen.« Richard setzte eine verlegene
Miene auf, doch es war unverkennbar, dass er kei-
nen Rückzieher machen würde. »Mir ist klar, Mel
würde mich umbringen, wenn sie das wüsste, aber
ich kann einfach nicht anders. Ich mache mir große
Sorgen um sie, und du bist der Einzige, dem ich
zutraue, sie im Auge zu behalten und zu verhindern,
dass irgendein übler Bursche sie ausnutzt.«
Na, großartig! Cole verschluckte sich fast an der
Erdnuss, die er sich gerade in den Mund gesteckt
hatte. Wenn Richard wüsste, dass er diesem üblen
Burschen geradewegs gegenübersaß… »Richard,
Melodie ist eine erwachsene Frau…«
Der ältere Mann hob die Hand, um Coles Vortrag
im Keim zu ersticken. »Ich weiß, ich weiß. Das habe
ich mir selbst schon hundert Mal gesagt, aber als
Vater, der völlig vernarrt ist in seine Tochter, kann
ich nicht untätig zusehen, wie jemand sie verletzt.
Glaub mir, du wirst das verstehen, wenn du selbst
erst einmal Kinder hast.«
Das würde noch lange auf sich warten lassen,
wenn es überhaupt jemals dazu kam. Cole hatte
schon ausreichend Gelegenheit gehabt, Vaterpflich-
ten an seinen beiden Geschwistern zu erfüllen, das
reichte erst einmal. Obwohl es häufig auch viel
Spaß gemacht hatte, wie er sich sofort eingestehen
musste.
»Ich möchte nur sichergehen, dass Melodie sich
nicht in eine Situation hineinmanövriert hat, die sie
überfordert«, redete Richard weiter eindringlich auf
ihn ein. »Wirst du mir helfen?«
Was blieb ihm anderes übrig? Er schuldete Ri-
chard so viel. »Ja, natürlich«, brachte er gepresst
hervor.
Ein dankbares Lächeln erhellte Richards Züge,
und er seufzte erleichtert. »Ich wusste, dass ich auf
dich zählen kann.«
Cole leerte sein Bierglas in großen Zügen und
machte der Kellnerin ein Zeichen, ein neues Glas
zu bringen. Fast hätte er laut losgelacht. Melodie
vor sich zu schützen mochte ja noch zu bewerkstel-
ligen sein. Aber wer, um Himmels willen, schützte
ihn vor Melodie?
6. KAPITEL
Cole bahnte sich seinen Weg durch die dichte
Menschenmenge, die sich an diesem Freitagabend
im Paxton’s amüsierte. Der stampfende Rock-
Rhythmus dröhnte durch seinen erschöpften Körper
und ließ das dumpfe Pochen in seinen Schläfen
anschwellen. Stroboskoplampen blitzten im Rhyth-
mus der Musik auf, was das Pochen in einen aus-
gewachsenen Kopfschmerz verwandelte. Außer-
dem konnte man in dem flackernden Licht kaum
sehen.
Hier tobte das Leben, aber die überschallmäßig
laute Musik und die Zurschaustellung nackter weib-
licher Haut waren eigentlich eher etwas für Noah als
für den introvertierten Cole. Dieser zog einen ruhi-
gen Abend zu Hause oder ein Bier bei Murphy bei
weitem diesem ohrenbetäubenden Vergnügen vor.
Die herausfordernden Blicke der Frauen, die ihm
das Gefühl gaben, ein Bonbon zu sein, das nur dar-
auf wartete, vernascht zu werden, ließen ihn kalt.
Und in dem ganzen Gewusel von erhitzten Leibern
keine Spur von Melodie.
Alle mehr oder weniger deutlichen Annäherungs-
versuche ignorierend, setzte Cole mit einer Selters
in der Hand die Suche fort. Zwanzig Minuten später
wurde er endlich fündig. Melodie stand an einem
der drei Tresen, wie Cole mit Erleichterung regist-
rierte. Sie hatte also auf Noah gehört und sich nicht
auf eigene Faust irgendwo anders ins Nachtleben
gestürzt.
Im Schutz der Menge schob Cole sich etwas nä-
her an sie heran, um sie besser im Blick zu haben.
Gerade eben bestellte sie einen Drink beim Bar-
keeper. Im flackernden Stroboskoplicht blitzten die
Highlights in ihrem braunen Haar auf. Sie trug ein
hauteng anliegendes Kleid aus einem beigefarbe-
nen Rippen-Stretch. Cole ertappte sich bei der Fra-
ge, ob sie wohl überhaupt einen BH oder Slip unter
dem Fummel anhatte.
Verlangen stieg in ihm auf, doch er ignorierte
diese im Moment höchst unwillkommene Regung.
Stattdessen richtete er die Aufmerksamkeit auf ihre
Schulter. Was war denn das? Vermutlich das, wo-
nach es aussah: ein Tattoo in Schmetterlingsform.
Ein weiterer Ausdruck der Rebellion.
Im Stillen verfluchte Cole seine eigene Haltung.
Er war doch selbst Schuld an dieser Entwicklung.
Mit seiner Sturheit hatte er Melodie erst so weit ge-
trieben. Wer wusste schon, was sie als Nächstes
tun würde, um sich und der Welt zu beweisen, dass
sie eine selbstbewusste, erfahrene Frau war, die mit
allem und jedem fertig wurde?
Wie es schien, hatte sie bereits eine Eroberung
gemacht. Ein junger gut aussehender Mann mit
aschblondem Haar tauchte an ihrer Seite auf und
bezahlte ihren Drink, bevor sie das Portemonnaie
aus der Handtasche ziehen konnte. Melodie be-
dankte sich mit einem schmelzenden Lächeln, das
Cole schmerzhaft zusammenzucken ließ. Eifersüch-
tig beobachtete er, was weiter geschah.
Der andere Mann beugte sich vor, um ihr etwas
ins Ohr zu sagen, und Melodie lachte amüsiert auf.
Die Hand auf ihrem Rücken, führte er sie zu einem
der Tische im hinteren Teil des Clubs, wo bereits
zwei weitere Kerle saßen und ihre Ankunft begeis-
tert begrüßten.
Cole verlegte seinen Beobachtungsposten zum
anderen Ende des Raums, von wo aus er das Ge-
schehen weiterhin unbemerkt im Auge behalten
konnte. Als einer der Männer Melodie mit sich auf
die Tanzfläche zog, schweifte Coles Blick zwischen
dem tanzenden Paar und ihrem verwaisten Drink
auf dem Tisch hin und her. So ging es ungefähr an-
derthalb Stunden lang weiter. Zu seiner Erleichte-
rung wurde keiner der Männer in einer Weise zu-
dringlich, die sein sofortiges Einschreiten erfordert
hätte. Melodie schien sich prächtig zu amüsieren:
Sie tanzte, lachte und flirtete ausgelassen mit den
drei Männern, die völlig hingerissen von ihr schie-
nen.
Wenn Cole richtig gezählt hatte, war Melodie in-
zwischen bei ihrem sechsten Drink angelangt, was
sicherlich wesentlich zu ihrer ausgelassenen Stim-
mung beitrug. Frustriert starrte er auf sein drittes
Glas Cola und wünschte sich, zu etwas Hochpro-
zentigerem überwechseln zu können, um die verwir-
renden Gefühle zu ersticken, die ihn mit ungeahnter
Intensität heimsuchten.
Er kippte den Rest der Cola in einem Zug hinun-
ter und stellte das Glas auf den Tresen. Als er sich
wieder zu Melodies Platz umdrehte, konnte er sie
nirgends entdecken. Auch von dem blonden Jüng-
ling, der sie umgarnt hatte, und seinen Kumpeln
fehlte jede Spur. Suchend schob Cole sich durch
die Menge, scannte jeden Zentimeter mit den Bli-
cken ab, ohne Erfolg. Das konnte nur eins bedeu-
ten: Melodie hatte sich von dem Kerl abschleppen
lassen! Cole stieß einen unterdrückten Fluch aus.
Und ausgerechnet ihm hatte Richard seine Toch-
ter anvertraut! Er hatte sie nur zwei Minuten aus
den Augen gelassen, und schon war sie beschwipst
mit einem Haufen Männer abgezogen, die sie nicht
einmal kannte. Wie sollte er das bloß ihrem Vater
beibringen?
Die Konturen eines zweifelsohne weiblichen Kör-
pers pressten sich gegen seinen Rücken, und er
fühlte sich von schlanken Armen umschlungen. Die
Frau hinter ihm hob sich auf die Zehenspitzen, wo-
bei sich ihre vollen Brüste aufreizend an seinem
Rücken rieben, und hauchte ihm ins Ohr: »Suchst
du jemanden?«
Er erkannte Melodie sofort, und sein verräteri-
scher Körper reagierte auf ihren zarten Duft und die
weichen Kurven, die er inzwischen schon so gut
kannte.
Cole packte sie an den Handgelenken und drehte
sich um. In einer Mischung aus Erleichterung und
Verärgerung sah er sie an. Einerseits war er froh,
dass sie noch hier war, andererseits war er ihr böse
für das Kopfzerbrechen, das sie ihm bereitet hatte.
Melodie schmiegte sich in seine Arme und küsste
ihn sanft aufs Ohrläppchen. Cole erschauerte, als er
ihren warmen Atem auf seiner empfindsamen Haut
spürte. Sein Herzschlag beschleunigte sich, und ein
ganz bestimmtes Körperteil fing an, sich bemerkbar
zu machen.
»Du siehst ja nicht so aus, als würdest du dich
amüsieren«, rief sie, um die ohrenbetäubende Mu-
sik zu übertönen.
»Ich amüsiere mich sogar prächtig«, konterte er.
»Wo steckt denn dein Verehrer?«
»Er wollte mit seinen Freunden noch in einen an-
deren Club.« Spielerisch zupfte sie an seinem
Hemdkragen, ließ die Finger dann die Knopfleiste
hinunterwandern.
Cole unterbrach ihr aufreizendes Spiel, indem er
ihre Hand nahm und auf seiner Brust platzierte. »Ich
glaube, für dich wird es auch Zeit zu gehen.« Er
würde sie jetzt nach Hause bringen und sie ihren
Rausch ausschlafen lassen.
Sie verzog den Mund zu einem Schmollen. »Ich
will aber noch nicht gehen. Gerade jetzt, wo ich
mich so gut amüsiere! Außerdem kann es nicht
schaden, dich auch ein bisschen in Stimmung zu
bringen.«
»Das halte ich für keine gute Idee«, versetzte er
barsch.
Melodie blickte zu ihm auf, ein mutwilliges Glit-
zern in den Augen. Ihr Haar umrahmte ihr Gesicht
in einer wild zerzausten Mähne, und ihre vollen,
schimmernden Lippen weckten den Tiger in ihm4.
Sie hob die Hand und ließ die Fingerspitzen feder-
leicht über seine Wange und seinen Hals gleiten.
»Du wirkst ziemlich angespannt. Dagegen weiß ich
genau das richtige Mittel.« Sie schenkte ihm ein
verführerisches Lächeln. »Komm, tanz mit mir.«
Das hatte sie sich wohl so gedacht! Dieses Mal
würde er ihren Verführungskünsten standhalten.
»Nein.«
Doch Melodie zeigte sich wenig beeindruckt von
seiner energischen Zurückweisung. »Ich möchte
tanzen, Cole. Und zwar mit dir.« Sie hakte ihre Fin-
ger in den Bund seiner Jeans und zog ihn mit sich
in Richtung Tanzfläche. Wenn er nicht riskieren
wollte, plötzlich mit heruntergelassenen Hosen da-
zustehen, musste er ihr wohl oder übel folgen.
Plötzlich fand er sich inmitten einer schwitzenden
Menge sich windender Leiber wieder. Cole hatte nie
gern getanzt, und auch jetzt verspürte er keine Lust
dazu. So stand er ziemlich hölzern da, leidvoll ent-
schlossen, sich für einen Song zu opfern und Melo-
die ihren Spaß zu gönnen. Danach würde er sie
energisch zum Ausgang dirigieren und nach Hause
fahren.
Auf der Tanzfläche herrschte dichtes Gedränge,
was Melodie weidlich ausnutzte, um Cole ganz na-
4
Wenn ich mich nicht irre, wurde der Tiger schon im Badezuber
geweckt, aber egal – weiter im Text.
he zu kommen. Sie schlang ihm die Arme um den
Hals und zog ihn dicht an sich. Dann begann sie
sich im Rhythmus der Musik an ihm zu reiben. Sie
zog seinen Kopf zu sich herab und brachte ihren
Mund an sein Ohr. »Tanz mit mir, Cole! Ich möchte
die Bewegungen deines Körpers spüren.«
Die aufreizende Aufforderung tat ihre Wirkung.
Wieder einmal warf Cole all seine guten Vorsätze
über den Haufen und ließ sich von Melodie bezir-
zen. Er hatte keinen Schimmer, wie sie es immer
wieder fertig brachte, ihn dazu zu bewegen, Dinge
zu tun, die auf seiner Tabu-Liste standen. Wie an
jenem Abend im Jacuzzi, gab er auch heute ihren
Verführungskünsten nach und ließ sich von seinem
Verlangen leiten.
Er umschloss mit beiden Händen Melodies fes-
ten, kleinen Po, und ihre Lenden verschmolzen in
einem heißen Rhythmus. Cole schob seinen kräfti-
gen Oberschenkel zwischen ihre schlanken Beine,
ließ das Knie höher wandern, unter den Saum ihres
Kleides, bis sie sich an seinem harten Oberschen-
kel rieb. Er spürte ihre feuchte Hitze durch den Stoff
seiner Hose und stöhnte unterdrückt auf, als ihr
Verlangen auch ihn ansteckte.
»Ja.« Nur dieses eine Wort kam über ihre Lip-
pen, verlor sich in den Klängen des stampfenden
Beats. Und doch wusste Cole genau, wonach sie
sich sehnte, wusste, dass er sie dahin bringen wür-
de, wohin sie wollte. Hier und jetzt.
Der Rhythmus, in dem er sie gegen seinen
Schenkel presste, wurde härter, schneller, und ein
Blick in ihre dunkel verhangenen Augen zeigte ihm,
wie erregt sie war. Niemand um sie herum bemerk-
te ihr lustvolles Spiel, keiner registrierte, wie Melo-
die, sicher geborgen in seinen Armen, ihren ganz
eigenen Tanz tanzte.
Ihre Unbekümmertheit, sich hier mitten in der Öf-
fentlichkeit erotischen Spielchen hinzugeben, faszi-
nierte und erregte Cole. Den Blick fest auf ihr Ge-
sicht geheftet, sah er, wie ihre Lider flatterten. Fest
umklammerte sie seine Schultern und bog sich ihm
entgegen, immer heftiger und schneller. Ihr nahen-
der Höhepunkt beschleunigte seinen Atem, und er
stöhnte laut auf. Melodie ließ den Kopf zurücksin-
ken, und ihre Miene sprach von lustvoller Ekstase.
Ihre Lippen öffneten sich, und sie umklammerte mit
den Schenkeln fest sein Bein. Cole spürte, wie sie
erschauerte.
Dieser Moment war so unsagbar erotisch, so er-
regend, und doch gab es für Cole keine Befriedi-
gung. Zumindest im Augenblick nicht. Melodie öff-
nete die Augen und sah ihn mit einem sanften Lä-
cheln an. Allmählich kam wieder Leben in ihren zu-
frieden erschlafften Körper, und ihr betörendes
Spiel begann von neuem. Lockend rieb sie sich an
Cole, drehte sich in seinen Armen, presste ihren Po
an seine harte Männlichkeit, die gegen den Hosen-
schlitz spannte. Dann hob sie die Arme über den
Kopf und ließ die Hüften an seinen Lenden kreisen,
langsam und betörend. Cole fragte sich, wo zum
Teufel sie gelernt hatte, sich so zu bewegen.
Er riss sie in die Arme und presste sie fest an
sich, so dass sie seine Erektion deutlich spüren
konnte. »Wir gehen auf der Stelle«, zischte er.
Sofort versteifte sie sich. »Ich will aber noch hier
bleiben.«
»Zeit fürs Bett, Sweetheart.« Es gab keine ande-
re Wahl. Wenn er hier blieb, würde er früher oder
später mitten auf der Tanzfläche explodieren, das
konnte er nicht riskieren. Und allein hier zurücklas-
sen konnte er Melodie in dieser Stimmung erst recht
nicht. »Mach jetzt bitte keine Szene.« Unnachgiebig
zog er sie mit sich durch die Menge in Richtung
Ausgang. »Komm schon, ich bringe dich nach Hau-
se.«
»Aber es hat doch gerade erst angefangen, rich-
tig lustig zu werden«, schmollte sie, während sie
ihm widerstrebend folgte. »Du kannst ruhig gehen.
Ich bleibe, bis sie hier dichtmachen.«
Er warf ihr einen finsteren Blick über die Schulter
zu. Seine Erektion machte ihm schon genug zu
schaffen, da brauchte er nicht noch ihre Widerbors-
tigkeit. »Den Teufel wirst du…«
»Keiner hat dich gebeten, auf mich aufzupassen,
Cole.«
Er schnaubte verächtlich. »Einer muss doch da-
für sorgen, dass du auf dem Weg nach Hause nicht
umkippst.« Oder im Bett eines anderen Mannes
landest. Allein der Gedanke daran trieb seinen Blut-
druck gefährlich in die Höhe.
»Ich bin nicht betrunken«, konterte sie beleidigt.
Unnachgiebig pflügte er einen Weg durch die
Menge, das rot beleuchtete Ausgang-Schild fest im
Blick. »Woher auch?« Sein Ton triefte vor Ironie.
»Sechs Drinks innerhalb von zwei Stunden, wie
solltest du da betrunken sein!«
Endlich hatte er sein Ziel erreicht. Froh, der lär-
menden Hölle entkommen zu sein, stieß er die Tür
auf und atmete dankbar die klare Nachtluft ein.
»Du kannst mich nicht gegen meinen Willen mit-
nehmen!« protestierte Melodie lautstark.
Das erregte die Aufmerksamkeit eines baumgro-
ßen Türstehers, der draußen stand, um eine Ziga-
rette zu rauchen.
Cole witterte Unheil, als der massige Kerl seine
Zigarette austrat und zu Melodies Rettung heraneil-
te. Einer plötzlichen Eingebung folgend, zückte Cole
seinen Dienstausweis, hielt ihn dem Hünen unter
die Nase und erklärte in autoritätsgewohntem Ton:
»Das ist meine Schwester. Zu Ihrer Information: In
ihrem Alter hat sie in einem Nachtclub nichts verlo-
ren.«
Die Augen des Mannes weiteten sich erschro-
cken. »Hey, Mann, wir haben doch alle Ausweise
kontrolliert.«
Melodie bedachte Cole mit einem bitterbösen
Blick und zischte: »Ich bin nicht minderjährig!«
»Nein, deinem gefälschten Ausweis nach nicht«,
erwiderte Cole streng. Er steckte seinen Dienst-
ausweis wieder ein und wandte sich drohend an
den Türsteher. »Dieses Mal will ich noch ein Auge
zudrücken, aber wenn so etwas noch mal passiert,
kann Ihr Boss den Laden bald dichtmachen!«
Eine Entschuldigung vor sich hin murmelnd, trat
der Hüne auf der Stelle den Rückzug an.
Ehe Melodie noch eine weitere Szene machen
konnte, zog Cole sie zu seinem Wagen und bug-
sierte sie unsanft auf den Beifahrersitz.
»Das ist doch wohl nicht wahr, was du da soeben
getan hast!« empörte sie sich mit funkelnden Au-
gen.
Cole zuckte gleichmütig die Achseln. »Ich kann
weiß Gott nicht noch mehr Ärger mit dir gebrau-
chen«, versetzte er ungerührt.
»Ärger? Mit mir?« Ihre Stimme überschlug sich
fast, so außer sich’ war sie. »Es war doch alles in
schönster Ordnung, bis du plötzlich auf der Bildflä-
che aufgetaucht bist.«
Cole schnaubte verächtlich. Er mochte nicht ein-
mal daran denken, was alles hätte passieren kön-
nen, wenn er nicht aufgetaucht wäre. Hätte sie ih-
rem blonden Verehrer dieselben Freiheiten gestattet
wie vorhin ihm, Cole? Allein die Vorstellung brachte
sein Blut vor Wut zum Kochen.
Er wollte gerade den Motor einschalten, als Me-
lodie die Beifahrertür aufstieß und aus dem Wagen
sprang. »Ich fahre nirgends mit dir hin«, erklärte sie
dickköpfig und zog den Saum ihres Kleids herunter,
der in gewagte Höhen gerutscht war.
Coles Kiefermuskeln verkrampften sich. Er war
kurz davor, die Beherrschung zu verlieren. Den An-
blick ihrer langen, nackten Beine vermeidend, kam
er entschlossen um den Wagen herum und drückte
Melodie wieder auf ihren Sitz. Eine Hand auf ihre
Schulter gedrückt, blockierte er mit seinem Körper
die Tür. Mit der anderen Hand öffnete er die Klappe
zum Handschuhfach und holte ein Paar Handschel-
len heraus, die er für Notfälle dort deponiert hatte.
Und dies war definitiv ein Notfall. Er schob die
Handschellen durch den Handgriff am Armaturen-
brett und klickte die Stahlschellen um Melodies
Handgelenke. Dann schloss er sorgfältig die Tür
und schob sich hinter das Lenkrad.
Als er den Wagen in aller Seelenruhe vom Park-
platz steuerte, fauchte sie: »Das ist doch wohl nicht
dein Ernst! Du kannst mich doch nicht wie eine ge-
wöhnliche Kriminelle behandeln!« Aufgebracht zerr-
te sie an den Handschellen, doch vergeblich.
»Ich sorge nur für deine Sicherheit, da du dazu
offensichtlich nicht mehr in der Lage bist.«
»Das ist unglaublich!« Sie schüttelte den Kopf
und starrte nach draußen in die Dunkelheit. »Was
passiert mit meinem Wagen?«
»Den holen wir morgen ab. Dein Vater würde
mich umbringen, wenn du heute Nacht womöglich
in eine Verkehrskontrolle geraten wärst.«
»Wie bitte?« Sie wirbelte herum, und ihre Blicke
schienen ihn zu durchbohren.
Verdammt. Jetzt hätte er sich fast verraten. Sollte
Melodie je von dem Komplott zwischen ihm und
ihrem Vater erfahren, dann konnten beide Männer
ihr Testament machen. Er warf ihr einen unschulds-
vollen Seitenblick zu. »Ich meine, dass ich auf jeden
Fall vermeiden wollte, dass du in eine Verkehrskon-
trolle gerätst.«
Ihre Augen verengten sich misstrauisch, aber zu
Coles Erleichterung ließ sie das Thema auf sich
beruhen. »Ich bin nicht betrunken«, behauptete sie
stattdessen. »Und ich kann sehr wohl auf mich al-
lein aufpassen. Jetzt bring mich nach Hause.«
Das hatte er ursprünglich vorgehabt, doch inzwi-
schen fragte er sich, ob es klug war, sie in dieser
aufmüpfigen Stimmung allein zu lassen. Würde sie
ins Bett kriechen und ihren Rausch ausschlafen
oder sich womöglich ein Taxi rufen und zum Nacht-
club zurückfahren?
Du bist der Einzige, dem ich zutraue, sie im Auge
zu behalten5, klangen die Worte ihres Vaters ihm in
den Ohren. Sein Entschluss stand fest. Sich inner-
lich gegen einen weiteren Streit wappnend, schlug
er den Weg nach Hause ein. Seinem Zuhause.
Ihren Gedanken nachhängend, starrte Melodie
aus dem Seitenfenster. Sie konnte es noch immer
nicht fassen, dass Cole tatsächlich zu so einem ex-
tremen Mittel gegriffen hatte wie sie zu fesseln. Und
es ärgerte sie unsäglich, dass er sich einbildete, sie
vor sich selbst schützen zu müssen. Aus irgendei-
nem unerfindlichen Grund schien er sich zu ihrem
Retter berufen zu fühlen.
Melodie seufzte resigniert. Der Abend entwickelte
sich ganz und gar nicht nach ihren Vorstellungen.
Aber war das nicht immer so, wenn Cole im Spiel
war?
Eigentlich hatte doch alles ganz viel verspre-
chend begonnen. Nachdem sie sich nach anfängli-
chem Zögern dazu durchgerungen hatte, allein ins
Paxton’s zu gehen, hatte sie Matt und seine Freun-
de kennen gelernt, was ihr einen Großteil ihrer Ner-
vosität genommen hatte. Sie hatten zusammen ge-
lacht und getanzt, aber der sprichwörtliche Funke
war nicht übergesprungen. Wie sollte er auch, wenn
jeder Mann im Vergleich mit Cole den Kürzeren
zog?
Dass Cole ihr ins Paxton’s gefolgt war, hatte sie
nicht wirklich überrascht. Sie hatte sich sogar über
sein plötzliches Auftauchen gefreut, denn in seiner
Anwesenheit fühlte sie sich sicher und geborgen.
Es war seine ungehobelte Art, mit ihr umzusprin-
5
Im Auge zu behalten, nicht im eigenem Bett zu halten.
gen, als sei sie eine dumme, kleine Gans, die sie
auf die Palme brachte.
Obwohl Melodie ihm immer noch böse war, stahl
sich ein versonnenes Lächeln um ihre Lippen, als
sie an ihre frivole Eskapade auf der Tanzfläche zu-
rückdachte. Einige wenige kostbare Momente hatte
er ganz allein ihr, Melodie, gehört, eingehüllt in ei-
nen Kokon aus Lust und Leidenschaft. Diese Be-
gegnung war zweifellos eine der erotischsten Erfah-
rungen ihres ganzen Lebens gewesen. Bis Cole
alles kaputtgemacht hatte, indem er mit erhobenem
Zeigefinger beschloss, dass es an der Zeit sei, sie
nach Hause zu bringen.
Verwirrt und verletzt hatte sie sich ihm widersetzt.
Es war ihr unbegreiflich, wie Cole es fertig brachte,
sie von einer Sekunde zur anderen von sich zu sto-
ßen. Selbst jetzt noch bebte ihr Körper in der Erwar-
tung nach Erfüllung, und da saß Cole neben ihr,
undurchdringlich wie ein Stein.
Melodie fragte sich, was wohl dazu gehörte, ihn
zu knacken. Den zutiefst sinnlichen Mann zu ent-
fesseln, auf den sie während der vergangenen Wo-
che zumindest einen Blick erhascht hatte. Die Vor-
stellung faszinierte und erregte sie, und sie spürte,
wie ihr ganz heiß wurde. Doch der Gedanke an die
Realität ernüchterte sie sofort. Coles Abwehrme-
chanismen waren noch längst nicht zusammen-
gebrochen. Das würde noch ein Stück Arbeit kos-
ten.
Der Wagen kam zum Stehen, und Cole schaltete
den Motor ab. Jetzt erst registrierte Melodie, dass er
nicht den Weg zu ihrer Wohnung genommenen hat-
te. Ein Blick aus dem Fenster bedeutete ihr, dass
der Wagen auf seiner Auffahrt parkte.
»Was wollen wir denn hier?«
»Heute Nacht bleibst du bei mir«, erwiderte er in
einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. Er zog
den Schlüssel aus dem Zündschloss und sah sie
an. »Ich möchte sichergehen, dass du dich in dei-
nem angetrunkenen Zustand nicht zu einer Dumm-
heit hinreißen lässt.«
»Ich bin nicht betrunken«, wiederholte sie frust-
riert. Seufzend musste sie sich eingestehen, dass
es keinen Sinn hatte. Er würde ihr ja doch nicht
glauben. Es war reine Zeitverschwendung zu ver-
suchen, ihn vom Gegenteil zu überzeugen. »Meine
Hände und Arme tun weh, Cole«, stöhnte sie. »Be-
frei mich endlich.« Sein unverkennbares Zögern
brachte sie erneut in Rage. »Verdammt noch mal,
Cole! Es ist nicht nötig, mich zu fesseln.«
»Weißt du, ich erinnere mich an eine Zeit, da
warst du nett und umgänglich, und ich wäre nie auf
die Idee gekommen, dir Handschellen anzulegen«,
erwiderte er spöttisch. »Aber jetzt weiß ich ehrlich
gesagt nie, was du als Nächstes tun wirst.«
Ihre ehemalige Passivität hatte ihr nicht das Ge-
ringste eingebracht, und sie war stolz auf ihre neu
gewonnene Selbstsicherheit. Auch wenn das Cole
nicht passte. »Was hast du vor?« versetzte sie iro-
nisch. »Willst du mich ans Bett fesseln, damit ich
nicht weglaufen kann?« Erst nachdem die Worte
heraus waren, wurde Melodie sich ihrer Doppeldeu-
tigkeit bewusst.
Sein sinnlicher Blick bedeutete ihr, dass auch
ihm das nicht entgangen war. »Führ mich nicht in
Versuchung«, warnte er sie mit rauer Stimme.
Sie verspürte ein köstliches Ziehen im Bauch bei
der Vorstellung, ganz seiner Gnade ausgeliefert zu
sein. Als wenn das je passieren würde! Cole mit
seinem Ehrenkomplex würde sie vermutlich ans
Bett gekettet die ganze Nacht sich selbst überlas-
sen.
»Nimmst du mir jetzt bitte diese Dinger ab?« ver-
legte sie sich aufs Schmeicheln.
Er beugte sich vor und schloss die Handschellen
auf. »Bleib schön brav.«
Sie rieb sich die schmerzenden Handgelenke.
»Danke«, meinte sie schnippisch. Nachdem sie
ausgestiegen war, kehrte sie seinem Haus den Rü-
cken zu und marschierte Richtung Straße.
Fluchend sprang Cole aus dem Wagen. »Wo
willst du hin?« donnerte er.
»Nach Hause, wo du mich hättest hinbringen sol-
len«, erwiderte sie, ohne sich umzudrehen. Bevor
sie noch dazu kam, ihr Handy aus der Tasche zu
nehmen, um ein Taxi zu rufen, hatte sich Cole dro-
hend vor ihr aufgebaut. Sie öffnete den Mund, um
ihm zu sagen, wo er sich hinscheren sollte, da
bückte er sich und schwang sich die völlig verblüffte
Melodie wie einen Mehlsack über die Schulter.
Keuchend rang sie nach Luft und versuchte sich
freizustrampeln. Vergeblich. Das Blut stieg ihr zu
Kopf, machte sie schwindelig. Mit beiden Händen
krallte sie sich in Coles T-Shirt fest, in dem Versuch,
ihren Körper so zu verlagern, dass sie ihm ins Ge-
sicht sehen konnte. Das einzige Resultat war ein
beunruhigendes Knirschen ihrer Halswirbelsäule.
»Was hast du vor?«
Den Arm wie eine eiserne Klammer um ihre Bei-
ne geschlungen, setzte er festen Schrittes seinen
Weg fort. »Ich bringe dich ins Haus.«
Sie spürte die Spannung seiner kräftigen Schul-
ter- und Rückenmuskeln, und sein männlich anima-
lischer Duft betörte ihre Sinne. »Du kannst mich
doch nicht einfach so behandeln!«
»Das würde ich auch nicht, wenn du nur einmal
tätest, was ich dir sage«, erwiderte er ungerührt.
Einen empörten Wutschrei ausstoßend, stram-
pelte sie mit den Beinen in der Luft und bearbeitete
Coles Rücken mit ihren Fäusten, während sie im-
mer wieder verlangte, abgesetzt zu werden. Doch
er dachte gar nicht daran. Stattdessen verlagerte er
seinen festen Griff von ihren Knien zu ihren Fesseln
und packte mit der anderen Hand ihre bloßen
Schenkel, damit sie nur ja nicht entkommen konnte.
Die unerwartete Berührung ihrer empfindsamen
Haut jagte Melodie einen elektrisierenden Schauer
durch den Körper, und sie schnappte hörbar nach
Luft. Vor Wut kochend, stieß sie hervor: »Pass auf,
ich beiße dich!«
»Ich beiße zurück«, warnte er sie, während er mit
dem Daumen über ihre zarte Haut strich. »Denk
lieber zwei Mal nach, bevor du etwas Unüberlegtes
tust. Ich habe hier nämlich Zugang zu einer Menge
nackter Haut.«
Schlüssel klimperten, als er die Haustür auf-
schloss. Mit seiner süßen Last auf der Schulter trat
Cole ein und knipste das Licht an. Dann stieg er
schnurstracks die Treppe in den ersten Stock hin-
auf.
Melodie schlug mit der flachen Hand auf seinen
Po. »Verdammt, Cole, lass mich endlich runter!«
Ihre Stimme überschlug sich. Sie hatte genug von
der Demonstration seiner männlichen Überlegen-
heit. »Du bist nicht für mich verantwortlich.«
»So, wie du dich im Paxton’s aufgeführt hast,
musste sich doch jemand um dich kümmern.«
»Du glaubst also, meinen Schutzengel spielen zu
müssen?«
»Ich habe nie behauptet, ein Engel zu sein.« In
seinem Ton schwang eine unterschwellige Warnung
mit. »Provozier mich lieber nicht, sonst passiert
womöglich etwas, was dir gar nicht gefällt.«
»Soll das etwa eine Drohung sein?« zischte sie.
»Nein, ein Versprechen.« Oben angekommen,
wandte Cole sich nach rechts. »Ich bin nicht in der
Stimmung für deine Mätzchen.«
»Und ich bin nicht in der Stimmung für dein Ma-
chogehabe! Das ist echt ätzend, Cole!«
»Ts, ts, so spricht aber keine Dame!« tadelte er
sie spöttisch!
Sie lachte wütend auf. »Was willst du tun? Mir
den Mund mit Seife auswaschen?«
Er knipste die Nachttischlampe an, und Melodie
blickte blinzelnd ins Licht. Endlich ließ Cole sie her-
unter, wobei ihre Tasche zu Boden fiel. Auf ihren
Stilettos schwankend, war Melodie kurz davor hin-
zufallen, doch Cole hielt sie am Arm fest. Nachdem
sie das Gleichgewicht wiedergefunden hatte, ließ er
sie los und setzte sich auf die Bettkante. In seinen
dunklen Augen lag ein spöttischer Blick. »Am liebs-
ten würde ich dich übers Knie legen und dich tüchtig
versohlen.«
Ehe Melodie bewusst wurde, was geschah, fand
sie sich bäuchlings auf seinen kräftigen Schenkeln
liegend wieder.
7. KAPITEL
Doch statt des erwarteten Klatschens begann
Cole, sanft Melodies Po zu massieren. Während der
Balgerei war ihr Kleid hochgerutscht, so dass sich
ihm jetzt ihre nackten Schenkel präsentierten. Me-
lodie hörte, wie sich Coles Atem beschleunigte.
Seine machtvolle Erektion presste sich gegen ihre
Hüfte, und er strich mit den Fingern sanft die Innen-
seite ihrer Schenkel entlang.
Melodie erschauerte wonnevoll, doch sie sagte
kein Wort, wollte den Zauber nicht zerstören, der sie
beide gefangen hielt. Unter Coles liebkosenden
Händen öffnete sie instinktiv leicht die Beine. Cole
ließ die Hand unter den Saum ihres Kleides gleiten,
ertastete ihren zarten Seidenslip. Dem Zentrum ih-
rer Weiblichkeit entströmte eine feuchte Hitze, ein
deutliches Zeichen ihrer Erregung. Aufstöhnend
legte er die Finger auf den feuchten Stoff und rieb
mit sanft kreisenden Bewegungen über den Hügel
der Lust.
Der Höhepunkt, den sie bereits auf der Tanzflä-
che erlebt hatte, schien Melodies Hunger nicht ge-
stillt, sondern ihn im Gegenteil noch angestachelt zu
haben. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis ein
weiterer Höhepunkt ihren Körper erschauern ließ.
Instinktiv hob und senkte sie ihre Hüften im Rhyth-
mus von Coles Liebkosungen, krallte die Hände in
die stahlhart gespannten Muskeln seiner Schenkel.
Doch so berauscht sie auch war, empfand sie doch
keine wirkliche Befriedigung. Sie wollte mehr, wollte
Cole in sich spüren.
Melodie wandte ihm ihr erhitztes Gesicht zu. Sei-
ne Züge spiegelten deutlich sein Verlangen wider,
sein Blick war dunkel vor Leidenschaft. Auch er
wollte sie, das war offensichtlich. »Cole, bitte…«
Er blinzelte, als würde er aus einem Traum erwa-
chen. »Nein«, erwiderte er in gequältem Ton. Mit
etwas festerer Stimme wiederholte er: »Nein«, als
müsse er sich selbst überreden, sie loszulassen.
Mit einem sanften Schubs beförderte er sie vom
Schoß, und sie kniete sich zu seinen Füßen nieder.
»Cole?« Sie wollte eine Erklärung für seinen plötzli-
chen Rückzug.
Er schloss die Augen und massierte seinen Na-
senrücken. Seine Brust hob sich unter einem tiefen
Atemzug. »Das darf nicht sein.«
Dieselbe alte Geschichte, doch heute Nacht woll-
te Melodie nicht kampflos aufgeben. Sie zog seine
Hand weg, zwang ihn, sie anzusehen.
»Wenn du es nur zulässt, dann darf es auch
sein.« Mit sanfter Gewalt drückte sie die muskulö-
sen Schenkel auseinander und kuschelte sich in
seinen Schoß. »Noch nie habe ich einen Mann so
sehr gewollt wie dich, Cole.«
Melodie nutzte ihre günstige Position und öffnete
den obersten Knopf seiner Hose. Als sie Anstalten
machte, den Reißverschluss über seine machtvolle
Erektion herunterzuziehen, packte Cole sie bei den
Handgelenken und stoppte sie.
»Mel…«
Doch sie ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Weise
mich nicht zurück, Cole, nicht heute Nacht.« Sie
beugte sich vor und drückte einen Kuss auf den
stark gespannten Stoff seiner Hose. Genüsslich rieb
sie ihre Wange an seiner harten Männlichkeit, sog
seinen moschusartigen Duft ein. »Ich will das, und
ich will dich.«
»Du bist beschwipst und kannst nicht klar den-
ken«, versetzte er heiser.
Sie hob den Kopf, warf die zerzauste Haarmähne
zurück. »Ich war nie klarer als jetzt.«
Er lachte auf. »Wohl kaum. Du hast einen Drink
nach dem anderen gekippt.«
Sie legte ihm die Hände auf die Brust. Wie sehr
sie sich danach sehnte, endlich seine nackte Haut
zu berühren! »Ich war durstig.«
»Du bist betrunken, und das werde ich nicht aus-
nutzen«, beharrte er stur auf seinem Standpunkt.
Sosehr sie seine Ehrenhaftigkeit auch schätzte,
im Moment erwies sie sich als äußerst störend. Es
wurde Zeit, ihn ins rechte Bild zu setzen. »Ich habe
Gingerale mit Zitrone getrunken.«
Er glaubte ihr nicht, das las sie in seinen Augen.
Da blieb nur eine Möglichkeit, ihn von der Wahrheit
zu überzeugen. Melodie zog seinen Kopf zu sich
herab und küsste ihn. Sanft drückte sie seine Lip-
pen auseinander, ließ die Zunge in seinen Mund
gleiten und ihn das Zitronenaroma schmecken.
Diesmal war sie es, die sich von seinen Lippen
löste, was sie als gutes Zeichen wertete. »Siehst
du?« hauchte sie atemlos. Unter ihrer Handfläche
spürte sie seinen rasenden Herzschlag. Der Kuss
hatte ihn offensichtlich ebenso sehr erregt wie sie.
»Kein Tropfen Alkohol.«
»Tut mir Leid, dass ich behauptet habe, du bist
betrunken«, entschuldigte er sich.
Diese Worte klangen wie Musik in ihren Ohren.
»Ein verständlicher Irrtum, den ich dir gern verge-
be«, meinte sie großzügig. »Aber merk dir für die
Zukunft, keine falschen Schlüsse zu ziehen, bevor
du dich nicht von den Tatsachen überzeugt hast.«
Er zog spöttisch die Brauen hoch. »Spielst du
damit auf meine Glaubwürdigkeit als Privatdetektiv
an?«
»Ich möchte nur sichergehen, dass du nicht
ständig meinst, für mich denken zu müssen.« Zwi-
schen seinen Schenkeln kniend, sah sie ihm in die
Augen, während sie seinen festen Bauch streichel-
te. Diesmal versuchte Cole nicht, sie zu stoppen.
»Und noch eins, Cole Sommers. Da ich freiwillig mit
dir schlafen möchte, läufst du nicht Gefahr, mich
auszunutzen.«
Er setzte zu einer Antwort an, doch sie legte ihm
den Zeigefinger auf die Lippen. »Keine Ausflüchte
mehr.« Diesmal würde sie ihm keine Gelegenheit
bieten, sie zurückzuweisen. Sie zupfte sein Hemd
aus dem Hosenbund und zog es ihm über den Kopf,
wobei sie erleichtert registrierte, dass er willig die
Arme hob, um ihr zu helfen.
Sein Widerstand schien also zu schmelzen. Gut
so. Das musste sie ausnutzen. »Ich weiß, dass du
es genauso sehr willst wie ich«, flüsterte sie verfüh-
rerisch. Mit dem Zeigefinger strich sie herausfor-
dernd über die Ausbuchtung unter dem Hosenstoff.
»Vielleicht sogar noch mehr. Habe ich Recht?«
»Das Offensichtliche lässt sich schwerlich leug-
nen«, brachte er mit rauer Stimme hervor.
Melodie betrachtete dieses Eingeständnis als
grünes Licht weiterzumachen. Berauscht von dem
Gefühl der Macht, die sie über ihn hatte, zog sie
den Reißverschluss herunter und befreite seine har-
te Männlichkeit anschließend aus dem Slip. Cole
zuckte merklich zusammen und drängte ihr seine
Lenden entgegen, als sie anfing, ihn ganz sanft zu
streicheln. Fasziniert von der samtweichen heißen
Haut, wurden ihre Liebkosungen kühner, fordern-
der. Coles lustvolles Stöhnen erregte sie, und sie
verspürte ein sehnsuchtsvolles Ziehen im Unterleib.
Melodie sah zu ihm auf, und sein vor Begehren ge-
rötetes Gesicht und die halb geschlossenen Lider
seiner Augen sagten ihr, welche Lust sie ihm berei-
tete.
»Ich… ich habe das noch nie zuvor gemacht«,
hauchte sie. »Sag mir, was ich tun soll. Sag mir,
was du magst.«
Er nahm ihre Hand und hob sie an die Lippen,
um ihre Handfläche und ihre Finger mit der Zunge
zu befeuchten. Dann legte er ihre Hand wieder um
seine Erektion und bedeutete ihr, mit festem Griff
rhythmisch auf und ab zu massieren. Mit geschlos-
senen Augen lehnte er sich zurück, stützte die Arme
nach hinten auf und überließ sich ganz Melodies
nun kundigen Händen. Spielerisch ließ sie die Fin-
ger um die Spitze seiner männlichen Härte kreisen,
und er erschauerte.
Endlich hatte sie Gelegenheit, die Fantasien aus-
zuleben, die sie seit Wochen Tag und Nacht ver-
folgten. Sie reckte sich vor und strich mit den Lip-
pen forschend über Coles breite Brust. Bei seinen
hart aufgerichteten Brustspitzen verweilte sie und
umkreiste diese mit der Zunge, was Cole ein heise-
res Stöhnen entlockte. Kühner werdend, setzte sie
ihre Erkundung weiter nach unten fort, küsste sei-
nen festen Bauch, schmeckte die salzige Haut und
den erregend männlichen Duft.
Endlich war sie am Ziel ihrer spielerischen Er-
kundung angekommen, und sie fuhr mit der Zunge
über die Spitze seiner Erektion.
Sein Körper erbebte, und Melodie blickte fragend
zu ihm auf. »Sag mir, was dir gefällt, Cole.«
Er zog ihren Kopf dichter an seinen Schoß und
stieß mit rauer Stimme hervor: »Nimm mich in dei-
nen Mund. So tief du kannst.«
Melodie öffnete die Lippen und nahm ihn in sich
auf, liebkoste ihn mit der Zunge. Cole verflocht die
Finger in ihrem Haar und drängte ihren Kopf dichter
an sich heran.
Melodie verstand und sog ihn noch tiefer in den
Mund. Instinktiv bewegte er rhythmisch die Lenden
vor und zurück, und ihr Saugen passte sich diesem
Rhythmus an. Schließlich stöhnte Cole laut auf und
zog ihren Kopf sanft zurück. Sein Brustkorb hob und
senkte sich, während er schwer atmete. Melodie
zog ihm rasch die Jeans und den Slip aus. Beim
Anblick seines nackten Körpers durchströmte sie
heißes Verlangen, und sie beugte sich vor, um Co-
les männliche Härte erneut zu liebkosen. Doch Cole
hielt sie zurück, packte sie unter den Armen und
legte sie auf sein breites Bett.
Melodie stützte sich auf die Ellbogen und sah ihn
an, wie er groß und kräftig vor dem Bett stand, ei-
nen besitzergreifenden Blick in den Augen, der sie
vor Vorfreude schier vergehen ließ. »Ich fühle mich
ein bisschen overdressed«, meinte sie mit einem
schelmischen Lächeln.
»Keine Sorge, darum kümmere ich mich sofort.«
Er zog ihr den Schuh vom Fuß und fuhr mit dem
Daumen leicht über ihre Fußsohle, bis sie vor Be-
hagen seufzte. Diese Prozedur wiederholte er auch
mit dem anderen Fuß. Auf allen vieren kam er über
sie, geschmeidig wie ein Panter. Dann setzte er
sich rittlings auf sie und presste seine Knie gegen
ihre Mitte, wobei er sorgfältig darauf achtete, sie
nicht mit seinem vollen Gewicht zu belasten. Melo-
die genoss das Gefühl, ihrem geliebten Cole jetzt
völlig ausgeliefert zu sein, ein williges Opfer seiner
erotischen Fantasien.
Er beugte sich über sie und strich mit den Lippen
über die empfindsame Haut ihres Halses, während
er die Finger unter die Träger ihres Kleides gleiten
ließ. Zentimeter für Zentimeter streifte er ihr das
Kleid von den Schultern, küsste jeden Flecken
nackter Haut. Als er die Zunge zwischen ihren
Brustansatz gleiten ließ, sog Melodie scharf die Luft
ein und riss sich das Kleid so weit herunter, bis ihre
Brüste entblößt waren. Mit beiden Händen um-
schloss sie Coles Gesicht, führte seine Lippen an
die hart aufgerichteten Spitzen. Sanft knabberte er
an den rosigen Knospen, saugte daran und ließ ver-
führerisch die Zunge kreisen, bis Melodie das Ge-
fühl hatte, vor Wonne dahinzuschmelzen.
Sie schrie leise auf, und Cole setzte sein aufrei-
zendes Spiel mit neu entfachtem Eifer fort. Stöh-
nend wand sich Melodie unter ihm, gefangen in ih-
rer Lust. Cole schälte sie Stück für Stück aus ihrem
Kleid, strich mit der Zunge über ihren erbebenden
Bauch, umkreiste ihren Bauchnabel mit der Zun-
genspitze und hakte die Daumen schließlich unter
den Bund ihres Slips.
In einem Anflug von Scham umfasste Melodie
seine Handgelenke, um ihn zurückzuhalten.
Cole sah ihr mit brennendem Blick in die Augen.
»Du hast damit angefangen«, brachte er rau hervor.
»Auch ich möchte dich schmecken. Überall.«
Auf einmal war es gar nicht mehr schwer, sich
vertrauensvoll seinen Zärtlichkeiten zu überlassen.
Melodie gab seine Hände frei, und Cole streifte ihr
den Slip ab. Dann öffnete er leicht ihre Beine, fuhr
mit den Lippen über ihre Waden, küsste die emp-
findsamen Kniekehlen und liebkoste die Innenseite
ihrer Schenkel mit der Zunge.
Als er sich dem Zentrum ihrer Weiblichkeit näher-
te, bäumte Melodie sich ihm aufstöhnend entgegen.
Sie spürte, wie er mit einem Finger in sie eindrang,
hart und tief. Ein Vorgeschmack auf die zu erwar-
tenden Wonnen. Als Cole mit dem Daumen über
den kleinen Hügel der Lust strich, gefolgt von seiner
forschenden Zunge, biss Melodie sich auf die Lip-
pen, um einen lauten Schrei zu unterdrücken. Sie
war mittlerweile derart erregt, dass nur wenige
Liebkosungen genügten, sie einen atemberauben-
den Höhepunkt erleben zu lassen. Die Hände in die
Bettdecke gekrallt, überließ sie sich dem Sinnen-
rausch, der ihren Körper immer wieder erbeben
ließ.
Cole schob sich über sie, barg sie in seinen kräf-
tigen Armen, hauchte federleichte Küsse auf ihre
Augenlider, die Schläfen, die Wangen. An seinen
warmen, muskulösen Körper gekuschelt, beruhigte
Melodie sich allmählich. Ihr keuchender Atem wurde
ruhiger, und das Zittern ihres Körpers ebbte ab.
»Verdammt«, stieß Cole hervor und machte An-
stalten aufzustehen.
Alarmiert hielt sie ihn zurück. »Was ist los, Co-
le?« Sie waren so weit gegangen, und sie hatte
nicht vor, jetzt aufzuhören.
»Tut mir Leid, Mel. Ich habe keine Kondome da-
bei.«
Ein mutwilliges Lächeln umspielte ihre Lippen.
Einer Vorahnung folgend, hatte sie sich reichlich mit
Kondomen eingedeckt. »Aber ich.«
»Ach?«
»In meiner Handtasche.« Spielerisch wanderte
sie mit den Fingerspitzen sein Rückgrat entlang.
»Ein halbes Dutzend.«
Seine erschrockene Miene ließ sie amüsiert auf-
lachen. »Ich hatte gehofft, heute Abend mit dir ins
Bett zu gehen«, erklärte sie, damit er nicht auf fal-
sche Gedanken kam. »Und ich wollte vorbereitet
sein.«
Er bohrte seinen Blick in ihren. »Wie konntest du
wissen, dass wir miteinander schlafen würden?«
»Ich hab es nicht gewusst. Nenn es reines
Wunschdenken.« Lächelnd zerzauste sie ihm das
Haar. Ȇbrigens, deine Fragerei killt die Stim-
mung.«
Er erwiderte ihr Lächeln, und in seinen Augen
blitzte es auf. »Das wollen wir doch nicht riskieren,
oder?« Mit einem Griff fischte er eine Hand voll
Kondome aus ihrer Tasche und deponierte sie auf
dem Nachttisch.
Melodie rekelte sich wohlig auf der Bettdecke
und beobachtete fasziniert, wie er eines der Kon-
dome über seine machtvolle Erektion streifte. Er
spreizte ihre Schenkel und legte sich auf sie, wobei
er eine Hand unter ihre Hüften schob. Ohne weite-
res Vorspiel drang er mit einem kräftigen Stoß tief in
sie ein. Aufstöhnend bog sich Melodie ihm hinge-
bungsvoll entgegen. Es war ein unbeschreiblich
sinnliches Erlebnis, derart von seiner harten Männ-
lichkeit ausgefüllt zu werden. Er war so groß, so
heiß und so tief in ihrem Schoß.
Cole erstarrte. »Oh, nein.« Er suchte ihren Blick.
»Sag mir, dass du keine Jungfrau mehr bist.«
»Keine Sorge, das bin ich nicht. Es ist nur schon
so lange her.«
Zärtlich strich er ihr eine schweißfeuchte Haar-
strähne aus dem Gesicht. »Wie lange?«
»Mehr als drei Jahre. Außerdem liegt es wohl
weniger an mir als an dir.«
»Wie bitte?« meinte er verwirrt.
»Nicht, dass ich mich beklagen will, aber die Na-
tur hat dich ziemlich großzügig ausgestattet. Doch
ich gewöhne mich schon daran«, erwiderte sie mit
einem schelmischen Lächeln.
»Gott sei Dank! Du fühlst dich unglaublich toll an,
so heiß und eng… ich kann nicht länger warten…«
Er drang noch ein Stück tiefer in sie ein und regist-
rierte aufstöhnend die leichten Kontraktionen ihrer
Muskeln.
Melodie schlang ihm die Beine um den Rücken
und hob ihm die Hüften entgegen. Cole schloss die
Augen. Sein Körper brannte regelrecht vor Verlan-
gen, und er begann sich hart und tief in ihr zu be-
wegen. An ihrem Liebesspiel war nichts Zärtliches
mehr, nichts Sanftes. Ihre Körper, in wilder Ekstase
miteinander verschlungen, waren nass vor
Schweiß, ihre Münder fanden sich zu einem leiden-
schaftlichen Kuss.
Immer härter, schneller wurde der Rhythmus ih-
rer Vereinigung, und Melodie wand sich aufstöh-
nend unter Coles muskulösem Körper. Und dann
wurde sie von einem Höhepunkt hinweggerissen,
der sie alles um sich her vergessen ließ. Ihre Mus-
keln krampften sich um Coles Erektion, und er warf
mit einem rauen Aufschrei den Kopf zurück. Mit ei-
nem letzten kräftigen Stoß verströmte er sich in ihr
und ließ sich dann erschöpft auf sie sinken.
Melodie hielt ihn fest umschlungen, ihr keuchen-
der Atem mischte sich mit seinem. Sie schloss die
Augen, wollte den kostbaren Augenblick so lange
wie möglich festhalten. Die Realität würde sie früh
genug wieder einholen, dessen war sie sich be-
wusst.
Mit Cole zu schlafen war die Erfüllung all ihrer
Träume gewesen. Aber wie sollte es nun weiterge-
hen? Er war nicht der Typ für eine feste Bindung,
daran hatte er nie einen Zweifel gelassen.
Doch jetzt, da sie ihn besessen hatte, konnte sie
ihn nie wieder aufgeben, das wusste sie mit
schmerzlicher Gewissheit.
Oh, Mann!
Er hatte mit Melodie geschlafen. Nicht nur ein
Mal, auch nicht zwei Mal, sondern ganze unglaubli-
che drei Mal! Und die Erektion, mit der er erwacht
war, bedeutete, dass er sie schon wieder wollte.
Diese Erkenntnis brachte Komplikationen auf,
denen er sich nicht gewachsen fühlte. Was erwarte-
te Melodie jetzt von ihm, da sie nicht länger nur
Freunde, sondern ein Liebespaar waren? Wie wür-
de sich ihre neue Beziehung auf die Arbeit auswir-
ken? Und wie würde Richard reagieren, wenn er je
davon erfuhr, was Cole mit seiner Tochter angestellt
hatte?
Auf all diese Fragen wusste Cole keine Antwort.
Seufzend rieb er sich das stoppelige Kinn. Wie
hatte er sich nur derart gehen lassen können, mit
Melodie zu schlafen? Alle guten Vorsätze hatte er
über den Haufen geworfen. Und doch konnte er
nicht leugnen, dass es sich gut und richtig angefühlt
hatte, mit ihr zusammen zu sein – genau gesagt
war es sogar die Erfüllung seiner Träume gewesen.
Zwischen ihnen stimmte die Chemie, sie harmonier-
ten in jeder Beziehung miteinander, sexuell und ge-
fühlsmäßig. Melodie weckte Emotionen in ihm –
sehnsüchtige und besitzergreifende –, die er bei
sich nicht für möglich gehalten hatte.
Er fuhr tastend über die leere Fläche neben sich.
Das Bettlaken war ganz kühl. Melodie musste also
schon eine Weile weg sein. Vermutlich hatte sie
sich ein Taxi genommen und sich zum Paxton’s
fahren lassen, um dort ihren Wagen abzuholen.
Cole schüttelte den Kopf, erstaunt über Melodies
wenig forderndes Verhalten. Sie hatte ihm alles ge-
geben und nichts dafür gefordert. Das steigerte sei-
ne Hochachtung für sie noch. Und eigentlich könnte
er jetzt auch erleichtert sein. Ohne irgendwelche
Zukunftsversprechen hatten sie beide eine wunder-
schöne Nacht miteinander verbracht, mehr nicht.
Das war doch ganz in seinem Sinn. Warum fühlte er
sich dann nur so fürchterlich einsam, leer und ent-
täuscht, weil Melodie nicht mehr da war?
Cole setzte sich auf, und sein Blick fiel auf einen
Zettel auf dem Kopfkissen neben sich. Als er die
Notiz aufnahm, erkannte er Melodies Handschrift.
8. KAPITEL
»Wie um alles in der Welt hast du es geschafft,
meinen Bruder dazu zu überreden, dich mitzuneh-
men?« staunte Joelle, während Melodie mit vier
Kleidern über dem Arm zur Anprobe in der Umklei-
dekabine verschwand.
»Alles eine Frage der Überzeugungskraft. Ich
habe ihm anschaulich demonstriert, dass ich die
Richtige für den Job bin.« Es waren nur noch drei
Tage Zeit bis zur Benefiz-Veranstaltung, und Melo-
die hatte bis jetzt kein passendes Kleid gefunden.
»Glaub mir, das hat eine Menge Spaß gemacht.«
»Darauf wette ich!« meinte Joelle fröhlich. »Alle
Achtung, Mel! Cole ist schwer umzustimmen, wenn
er sich erst einmal etwas in den Kopf gesetzt hat.
Aber um die Verwandlung, die mit dir vorgegangen
ist, zu ignorieren, hätte er schon halb tot sein müs-
sen.«
Oh nein, von ignorieren konnte wahrlich nicht die
Rede sein! Cole hatte Melodie sehr viel mehr zur
Kenntnis genommen, als sich jemand vorstellen
konnte. Er hatte sie nackt gesehen, mit vor Verlan-
gen erhitzter Haut, vor Lust laut aufstöhnend, wäh-
rend sie sich unter seinem harten, männlichen Kör-
per wand. Sie hatte ihm Facetten ihrer Persönlich-
keit offenbart, die anderen Männern zuvor verbor-
gen geblieben waren, hatte sich ihm von ihrer in-
timsten und verletzlichsten Seite gezeigt.
Offensichtlich war es ihm gelungen zu akzeptie-
ren, dass sie nicht länger nur die liebe, brave Sekre-
tärin war, sondern eine selbstbewusste Frau, die
sich ein erfülltes Sexleben wünschte. Und Melodie
hätte schwören können, dass ihm diese neue, fas-
zinierende Mischung auch gut gefiel. Dennoch frag-
te sie sich, wie es wohl nach Abschluss des Rus-
sell-Falls mit ihnen weitergehen würde. Dann würde
keine Notwendigkeit mehr bestehen, Cole derart
offensiv zu umgarnen. Würde er sie trotzdem wei-
terhin attraktiv finden? Oder war er lediglich von
dem hemmungslos fordernden Vamp fasziniert, den
sie während der vergangenen anderthalb Wochen
herausgekehrt hatte?
Denn eines war klar: Ewig so weitermachen
konnte sie nicht. Sie konnte ihren wahren Charakter
nicht ständig verleugnen. Okay, es gab einiges, was
ihr an der frechen, sinnlichen Frau gefiel, in deren
Rolle sie geschlüpft war. Jetzt galt es, die richtige
Balance zwischen ihrem alten und ihrem neuen Ich
zu finden.
Melodie schlüpfte in ein hautenges Glitzerkleid.
Der kühle metallische Stoff kratzte leicht auf der
Haut. Eigentlich bevorzugte sie seidige, fließende
Materialien wie die Luxuswäsche, die sie sich in
letzter Zeit gönnte. Der weiche Stoff auf ihrer Haut
erinnerte sie immer an Coles forschende Lippen auf
ihrem Bauch und ihren Schenkeln und erregte sie.
Selbst jetzt, beim Gedanken an Cole, durchfuhr
sie eine Hitzewelle, und ihre Brustspitzen richteten
sich hart auf. Melodies Hunger nach Cole war ein-
fach nicht zu stillen.
»Das schwarze Glitzerkleid steht mir nicht«, rief
sie Joelle über die geschlossene Kabinentür zu.
»Ich probiere das nächste an.«
»Okay.« Joelle unterdrückte ein Gähnen. »Lass
dir ruhig Zeit. Der Stuhl hier ist so bequem, dass ich
direkt ein Nickerchen machen könnte.«
Melodie lachte. »Das Baby liefert dir wirklich
prächtige Ausreden zu essen und zu schlafen.«
»Ich schlafe schon mal vor. Es heißt doch immer,
wenn das Baby erst da ist, ist es mit der Ruhe vor-
bei.«
Melodie schlüpfte aus dem schwarzen Kleid und
wählte ein Kleid aus elastischer Spitze, das zwar an
genau den falschen Stellen Falten warf, aber ein
fantastisches Dekollete zauberte. Mit den Finger-
spitzen strich Melodie sich über die wohlgerundeten
Brüste und schloss die Augen. Sie stellte sich vor,
Cole wäre mit ihr hier in der Kabine und stellte lau-
ter aufregende Dinge mit ihr an.
Es war jetzt fünf Tage her, seit sie miteinander
geschlafen hatten, doch weder sie noch Cole hatten
das Thema auf diese unvergessliche Nacht ge-
bracht. Das hieß jedoch nicht, dass es nicht zwi-
schen ihnen knisterte, im Gegenteil. Ein triumphie-
rendes Lächeln um die Lippen, dachte Melodie an
die erotische Spannung, die Tag für Tag im Büro
herrschte.
Aber mehr hatte Melodie nicht zugelassen. Man
sagte doch, dass Männer immer das wollen, was
sie nicht so leicht haben können. An diesen Rat-
schlag hielt sie sich. Sie hatte Cole gezeigt, welche
Gipfel der Lust ihn mit ihr erwarteten, aber jetzt woll-
te sie die Initiative ihm überlassen. Außerdem wollte
sie ihm Zeit geben, sich an die neue Melodie zu
gewöhnen.
Oh, es hatte nicht an Gelegenheiten gemangelt,
Cole zu verführen, doch sie hatte tapfer widerstan-
den. Das hatte die Vorfreude auf die erneute Erfül-
lung ihrer Sehnsucht deutlich gesteigert. Außer zu-
fälligen Berührungen ließ sie keine Zärtlichkeiten
zwischen ihnen zu, forderte Cole jedoch immer wie-
der mit tiefen, schmachtenden Blicken heraus.
Außerdem hatte sie sorgfältig darauf geachtet,
ihm keinen Vorwand zu liefern, sich zurückzuziehen
und seine alten Schutzmauern wieder aufzubauen.
Als Resultat hatte sich ein zartes Band zwischen
ihnen gebildet. Immerhin, für den Anfang nicht
schlecht. Melodie hoffte, dieses Band zu festigen,
bis eine echte Beziehung daraus entstand.
Seufzend verwarf sie auch das zweite Kleid und
startete den dritten Versuch: ein Kleid im Bandeau-
Stil. Sie verließ die Kabine, um sich von Joelle be-
gutachten zu lassen.
»Hm, nicht gerade umwerfend.« Joelle rieb sich
den Bauch an der Stelle, wo das Baby sie in letzter
Zeit häufig trat. »Ich denke, du könntest etwas
Schöneres finden.«
Joelies Offenheit war der Grund, warum Melodie
die Freundin zum Kleiderkauf mitgenommen hatte.
Da sie, Melodie, keine Mutter oder Schwester hatte,
vertraute sie Joelles Rat.
»Mir gefällt es auch nicht besonders.« Sie zupfte
an der steifen Seidenkorsage. »Ich glaube, es ist
diese schreiend bunte Blume, die mich stört. Das
Kleid erinnert mich irgendwie an einen Fummel für
einen High-School-Ball.«
»Mich auch«, stimmte Joelle amüsiert zu.
Melodie tauchte wieder in die Umkleidekabine ab
und zog das Kleid aus. Jetzt war nur noch eins üb-
rig, ihr Favorit, den sie sich bis zum Schluss aufbe-
wahrt hatte. Hoffentlich stand es ihr.
»Was gibt’s eigentlich Neues im Fall Russell?«
wollte Joelle wissen. »Letzte Woche hab ich Elena
ein paar Mal im Büro gesehen.«
Da das Kleid, das sie anprobieren wollte, einen
tiefen Rückenausschnitt hatte, legte Melodie den
BH ab. »Sie hat uns einen Grundriss des Anwesens
gegeben und uns darüber informiert, wo wir das
Kästchen mit den Briefen höchstwahrscheinlich fin-
den werden.«
»Muss ja ziemlich pikant sein, der Inhalt, wenn
sie unbedingt verhindern will, dass Cole die Briefe
liest.«
Melodie nahm das schicke schwarze Samtkleid
mit dem rückenfreien Oberteil vom Bügel und zog
es sich behutsam über den Kopf. »Die Briefe sind
bestimmt so intim, dass sie sie wohl am liebsten
niemandem zu lesen geben möchte.« Das konnte
sie Elena aus tiefster Seele nachempfinden. Auch
Melodies Briefe an Cole offenbarten ihre geheims-
ten Gefühle und waren nur für ihn bestimmt. Es
würde ihr gar nicht gefallen, wenn jemand anderes
sie in die Hände bekäme.
Das schwarze Samtkleid raschelte an ihrem Kör-
per hinunter. Ein Blick in den Spiegel bedeutete Me-
lodie, dass es wie angegossen saß. Das perlenbe-
stickte Oberteil schmiegte sie, vorteilhaft um ihre
Brüste. Der lange Seitenschlitz gab bei jedem
Schritt den Blick auf ein wohlgeformtes Bein frei.
Sehr sexy! Melodie war zufrieden. Genau danach
hatte sie gesucht. In einer sinnlichen Pose hielt sie
sich das Haar auf dem Kopf hoch. Wie zufällig um-
schmeichelten ein paar Strähnen ihr Gesicht und
den Hals, was besonders erotisch wirkte.
Perfekt.
Melodie betrachtete fast ungläubig ihr Spiegel-
bild. Die äußerliche Verwandlung, die sie vollzogen
hatte, erstaunte sie immer wieder selbst. Doch in
diesem Moment wurde ihr eines bewusst: Unter
ihrer zurückhaltenden und konservativen Schale
hatte sich schon immer eine sinnliche, verführeri-
sche Frau verborgen. Wie Dornröschen hatte sie
nur auf den Prinzen gewartet, der sie zum Leben
erweckte.
Wie auch immer die Sache zwischen ihr und Co-
le ausging, Melodie würde ihm immer dankbar sein,
dass er die selbstbewusste, unabhängige Frau in ihr
befreit hatte.
9. KAPITEL
»Melodie, kann ich dich bitte in meinem Büro
sprechen?« erklang Coles Stimme durch die Ge-
gensprechanlage auf ihrem Schreibtisch.
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K-leser: also ich kann in so einem Moment gar nichts denken, Cole
scheint bemerkenswerte Fähigkeiten zu besitzen, völlig a-typisch so-
zusagen, zudem hat er sehr schnelle Finger, zuerst sind sie vorne,
plötzlich an ihrem Po – „magic Fingers“
Sein geschäftsmäßiger Ton ließ nichts Gutes ah-
nen und verstärkte die Frustration, die Melodie nach
ihrem gemeinsamen Einsatz in Thorntons Villa ü-
berfallen hatte. Danach nämlich hatte Cole sich
spürbar zurückgezogen, was für ihn an sich ja
nichts Besonderes war. Doch als sie an jenem A-
bend in der Bibliothek in Thorntons Haus miteinan-
der geschlafen hatten, hätte Melodie schwören
können, dass seine Liebkosungen irgendwie an-
ders, intensiver gewesen waren. Darum empfand
sie umso mehr Enttäuschung über seine plötzliche
Reserviertheit.
Der Fall Russell war abgeschlossen und damit
offensichtlich auch ihre Affäre.
»Ich bin gleich da«, erwiderte sie, bemüht, ihren
Ton ebenfalls neutral geschäftsmäßig zu halten. Sie
tippte rasch den Bericht über den Fall Russell zu
Ende, um ihn Cole gleich zur Unterschrift vorzule-
gen.
Seit jenem Abend hatte Melodie wohl sämtliche
Aspekte der Gefühlsskala durchlaufen. Verwirrung,
Verzweiflung und Wut über die Art und Weise, wie
Cole sie so ohne weiteres wieder aus seinem Leben
aussperrte, als sei nichts geschehen. Sie hatte alles
in ihrer Macht Stehende getan, um ihm zu zeigen,
dass das, was sie verband, weit über heißen Sex
hinausging. Okay, laut ausgesprochen hatte er sei-
ne Zuneigung nicht. Er hielt sie immer noch auf Ar-
meslänge von sich entfernt, darauf bedacht, sie
nicht an seinem Gefühlsleben teilhaben zu lassen.
Und genau danach sehnte sie sich doch so sehr!
Fest entschlossen, ihm mit ungebrochenem
Selbstbewusstsein zu begegnen, ging Melodie mit
der Akte Russell nach nebenan in sein Büro. Cole
saß hinter seinem Schreibtisch, die Hemdsärmel bis
zu den Ellbogen hochgekrempelt und mit biererns-
ter Miene. Oh, wie sehr wünschte sie, er würde ihr
entgegenlächeln, sie an sich ziehen, um sie zu küs-
sen! Es war fast so, als hätten die erotischen Be-
gegnungen zwischen ihnen nie stattgefunden. Es
ärgerte Melodie zwar, wie leicht es Cole fiel, ihre
Affäre zu verdrängen, doch wollte sie ihn anderer-
seits auch zu nichts drängen, wozu er nicht wirklich
bereit war.
»Hier sind der Abschlussbericht und die Rech-
nung im Fall Russell«, erklärte sie und platzierte die
Akte auf seinem Schreibtisch. »Elena schien sehr
glücklich, dass wir den Brief gefunden haben.«
Cole nickte und setzte seine Unterschrift unter
die Rechnung, wobei er sorgfältig darauf bedacht
war, Melodies Blick auszuweichen, wie er es schon
den ganzen Vormittag lang getan hatte. »Ich bin
sicher, dass der Brief dazu beiträgt, ihren guten Ruf
wieder herzustellen.«
»Das hoffe ich für sie«, sagte Melodie und meinte
das auch so. Sie mochte Elena und wünschte ihr
nur das Beste. »Aber ich bedaure wirklich, dass ihre
Beziehung gescheitert ist. Wie es schien, haben sie
einmal wahre Leidenschaft füreinander empfunden.
Das machte der Inhalt der Briefe deutlich.«
»Leidenschaft allein reicht nicht, um eine Bezie-
hung aufrecht zu erhalten«, erklärte Cole, während
er die Akte durchblätterte.
Sein nüchterner Ton versetzte Melodie einen
schmerzhaften Stich in der Brust. Sie wusste, seine
Bemerkung bezog sich auf sie beide. »Nein, ver-
mutlich nicht, aber es ist zumindest eine Basis, auf
der sich eine dauerhafte Beziehung aufbauen lässt.
Aus Leidenschaft kann sehr wohl Liebe werden,
wenn beide Partner bereit sind, daran zu arbeiten.«
Endlich sah Cole sie an, doch seine verschlosse-
ne Miene verriet nichts über seine Gefühle. »Das
war bei Elena und Jerry offensichtlich nicht der
Fall.«
Melodie entnahm seiner Antwort, dass er auch
für ihre Beziehung keine Zukunft sah. So einfach
hatte er das letzte zarte Band zwischen ihnen zer-
rissen, Melodies letzte Hoffnung zerstört, dass sich
doch noch alles zum Guten wenden würde.
Es war unwiderruflich aus zwischen ihnen.
Melodie hatte Mühe, etwas zu sagen, ohne dass
ihre Stimme ihren Schmerz verriet. »Du sagtest, du
willst etwas mit mir besprechen?« wechselte sie das
Thema.
»Ja, Verschiedenes.« Mit einer einladenden Ges-
te bedeutete er ihr, sich zu setzen.
Jetzt war Melodie wirklich gespannt, worauf er
hinauswollte. Bereitwillig nahm sie auf dem Stuhl
vor seinem Schreibtisch Platz.
Ein schwaches Lächeln umspielte seine Lippen.
»Ich möchte dir für deine Hilfe im Fall Russell dan-
ken und dir das hier geben.« Er schob ihr einen
Umschlag zu. »Du hast fantastische Arbeit geleistet,
und ich bewundere deine Professionalität.«
Ihre Professionalität? Mit einem beklemmenden
Gefühl griff sie nach dem Umschlag und zog einen
Scheck heraus, der auf eine enorm hohe Summe
ausgestellt war. Jetzt wusste Melodie gar nicht
mehr, was sie von Cole halten sollte. Sie bedachte
ihn mit einem durchdringenden Blick. »Wofür soll
das sein?«
»Ein Bonus für ausgezeichnete Arbeit.« Er lehnte
sich in seinem Sessel zurück, eine Geste, die die
emotionale und physische Distanz zwischen ihnen
nur noch betonte. »Du hast es dir verdient.«
Am liebsten hätte Melodie ihm den Scheck ins
Gesicht geschleudert, doch sie zügelte ihr Tempe-
rament. Sie wollte seine Dankbarkeit nicht, noch
weniger sein Geld für etwas, das für sie viel mehr
als nur ein Job gewesen war. Jetzt kam sie sich
billig und fallen gelassen vor. Melodie fragte sich,
ob dies wohl Coles Art war, seine Schuldgefühle zu
beschwichtigen, weil er seinem Verlangen nachge-
geben und mit ihr geschlafen hatte.
Trotz ihres Zorns und ihrer Verwirrung brachte
sie ein raues »Dankeschön!« hervor und machte
Anstalten aufzustehen.
Er bedeutete ihr mit einer Geste, sitzen zu blei-
ben. »Da gibt es noch etwas.« Nach kurzem Zögern
meinte er: »Wir haben am Sonnabend kein Kondom
benutzt.« Es war ihm deutlich anzusehen, wie un-
behaglich er sich fühlte.
Der abrupte Wechsel zu einem derart intimen
Thema verblüffte Melodie. Doch Coles förmlicher
Ton und die distanzierte Miene ließen die Angele-
genheit wie eine geschäftliche Transaktion wirken,
und sie erschauderte vor Kälte.
Natürlich war auch ihr nicht entgangen, dass sie
ungeschützten Sex gehabt hatten. Auch Coles
plötzlich unmissverständlich besorgter Blick war ihr
bewusst. Nachdem er sich jahrelang abgemüht hat-
te, seine Geschwister großzuziehen, war er offen-
sichtlich nicht darauf aus, die ganze Prozedur so
bald mit einer eigenen Familie noch einmal zu
durchlaufen. Das erwartete Melodie auch gar nicht
von ihm.
Er hatte ihr keine Versprechungen gemacht, und
sie würde eine ungeplante Schwangerschaft nie
dazu benutzen, einen Mann an sich zu binden.
Wenn er sich für sie entschied, dann sollte er aus
Liebe bleiben und nicht, weil er sich dazu verpflich-
tet fühlte. Doch Ersteres war er anscheinend nicht
bereit, ihr zu geben.
Zwischen Wut und Schmerz hin- und hergeris-
sen, sah sie ihn an, doch sie tat ihr Bestes, ihre Ge-
fühle vor ihm zu verbergen. »Ich kann dir ja Be-
scheid sagen, wenn ich meine Periode bekomme«,
schlug sie vor.
Er seufzte erleichtert. »Das wäre großartig.«
Cole nahm einen Stoß Papiere von einem Stapel
und reichte ihn ihr. Damit war das unbequeme
Thema für ihn anscheinend abgehakt. »Hier sind
die Zahlungsanweisungen, die ich abzeichnen soll-
te, sowie einige Aussagen zum Abheften.«
Damit war sie offensichtlich entlassen. Melodie
nahm die Papiere entgegen und kehrte an ihren
eigenen Schreibtisch zurück. Jetzt hieß es, ihren
Herzschmerz zu vergessen und zur Tagesordnung
überzugehen.
EPILOG
»Melodie, kommst du bitte in mein Büro?« sprach
Cole in die Gegensprechanlage und wartete dann
auf das prompte Erscheinen seiner tüchtigen Sekre-
tärin. In weniger als einer Minute war sie da, betrat
mit wiegenden Hüften den Raum. Ihr kurzer Rock
stachelte sofort Coles Fantasie an. Glücklicherwei-
se war es bereits nach sechs Uhr, und seine Ge-
schwister waren gegangen. So waren sie beide
ganz allein im Büro. Genau, wie er es geplant hatte.
Seit drei Monaten waren sie jetzt fest zusammen,
und Cole konnte sich keine andere Frau in seinem
Leben vorstellen. Melodie war in jeder Hinsicht ein-
fach perfekt. Sie waren einander intellektuell eben-
bürtig, sie harmonierten sexuell, wie es besser nicht
sein könnte, und sie erweckte eine solch tiefe Zu-
neigung in ihm, wie er es noch nie erfahren hatte.
Nie hielt sie mit ihren Gefühlen oder Gedanken zu-
rück, und das ermunterte auch ihn, sich allmählich
immer mehr zu öffnen.
Cole hätte es nie für möglich gehalten, ein so rei-
ches und zufriedenes Leben zu führen. Immer wie-
der erschien es ihm wie ein Wunder, dass allein
Melodie der Grund dafür war. Und wie ein noch
größeres Wunder kam es ihm vor, dass sie ihn ge-
nauso wollte wie er sie.
»Brauchst du etwas?« unterbrach sie seine Ge-
danken. Ihrem Ton war zu entnehmen, dass sie
etwas Geschäftliches erwartete.
Mit einem mutwilligen Lächeln streckte er die
Hand nach ihr aus. »Ich brauche dich.«
Sofort wurde ihr Blick dunkel vor Verlangen, und
ein sinnliches Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie
kam um den Schreibtisch herum, setzte sich zu Co-
le auf den Schoß und schlang ihm die Arme um den
Hals. Sehnsüchtig hob sie ihm das Gesicht entge-
gen, und ihre Lippen trafen sich in einem leiden-
schaftlichen Kuss. Cole wusste nur zu gut, dass
solch ein Bürogeplänkel rasch zu einer ekstatischen
sexuellen Begegnung ausarten konnte. Deshalb
löste er widerstrebend seine Lippen von Melodies,
bevor er sie womöglich gleich hier auf dem Schreib-
tisch nahm.
Sie stieß einen verträumten Seufzer aus und
zupfte spielerisch an dem kurzen Haar in seinem
Nacken. »Weißt du, die Zusatzleistungen hier wer-
den immer besser.«
»Es freut mich, das zu hören. Apropos Zusatz-
leistungen, ich habe einen Bonus für dich, als Be-
lohnung für deine ausgezeichnete Arbeit.«
Melodie versteifte sich. »Cole…«
»Schsch…« Sanft legte er ihr einen Finger auf
die Lippen und suchte ihren Blick. »Weise deinen
Bonus nicht zurück, bevor du nicht weißt, was es
ist.«
Sie wartete gespannt, während er eine Schreib-
tischschublade aufzog und eine kleine quadratische
Samtschachtel herausnahm. Als er das Kästchen
aufmachte und ein blitzender Einkarat-Solitärring
zum Vorschein kam, schnappte Melodie hörbar
nach Luft.
»Heirate mich, Melodie«, bat Cole mit vor Bewe-
gung rauer Stimme.
Sie presste sich eine Hand auf die Brust. In ihren
Augen schimmerten Tränen. »Dich heiraten?«
Das klang beinahe erschrocken, und Cole fragte
sich, ob sie vielleicht doch mit ihren regelmäßigen
Treffen zufrieden war und die Verpflichtungen, die
eine Ehe mit sich brachte, scheute. »Ich hätte nie
geglaubt, dass ich jemanden so sehr lieben könnte,
wie ich dich liebe«, erklärte er. »Und ich will alles,
was dazugehört – Eheversprechen, Hochzeit, ein
gemeinsames Dach über dem Kopf, morgens in
deinen Armen aufwachen.«
»Und was ist mit einer eigenen Familie?« hakte
sie vorsichtig nach.
Cole verstand, was sie bewegte. Er wusste, dass
sie sich eine Familie wünschte. Im Moment viel-
leicht noch nicht, aber irgendwann würde das The-
ma im Raum stehen. Er hatte die Zeit genutzt und
gründlich darüber nachgedacht. Und er hatte eine
Antwort auf ihre Frage.
»Ja, sogar ein Familie.« Er holte tief Luft. »Mit
dir.« Behutsam legte Cole ihr die Hand auf den
Bauch, stellte sich vor, wie es wohl sein würde,
wenn sie schwanger war, wenn sie ein Kind trug,
das ihre Liebe hervorgebracht hatte. »Ein Baby mit
dir zu haben wäre etwas ganz Besonderes.« Er lä-
chelte triumphierend. »Ich habe sogar bei deinem
Vater um deine Hand angehalten. Er hat mir seinen
Segen gegeben und meinte, es wird höchste Zeit,
dass ich eine ehrbare Frau aus dir mache.«
Wegen Richard hatte Cole sich ganz unnötig den
Kopf zerbrochen. Als er ihm vor drei Monaten eröff-
net hatte, dass er seine Tochter liebte, war Cole
unsagbar nervös gewesen und hatte sich vor einer
Riesen-Standpauke gefürchtet. Doch Richard hatte
sich ehrlich gefreut. Es schien, als hätte sich ein
geheimer Wunsch für ihn erfüllt.
Melodie lachte und weinte abwechselnd vor
Glück. »Oh, Cole! Das ist mehr, als ich mir je er-
träumt habe!«
Cole nahm ihre linke Hand und streifte ihr den
Ring auf den Finger. Er passte perfekt, so wie sie
perfekt in sein Leben passte. »Heirate mich, Melo-
die, gib auch mir meine Ehre zurück«, flehte er the-
atralisch.
Ihr atemlos hingehauchtes »Ja!« machte ihn zum
glücklichsten Menschen auf Erden.
- ENDE -