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Der Konsum von Alkohol kann mit vielfältigen

Gefahren für unsere Gesundheit einhergehen.


In den letzten Jahren häufen sich jedoch Berichte
über mögliche protektive Eigenschaften von
moderatem Alkoholkonsum speziell im Hinblick Beiträge zur
auf Herz-Kreislauferkrankungen. Gesundheitsberichterstattung
Mit dieser Erkenntnis wurden »tolerierbare obere
Alkoholzufuhrmengen« (TOAM) erarbeitet, die des Bundes
sowohl das präventive Potenzial von Alkohol
als auch die gesundheitsschädigenden Konse-
quenzen für die Mehrheit der Bevölkerung Bundes-Gesundheitssurvey:
berücksichtigen.
Anhand der für den vorliegenden Bericht
Alkohol
vorgenommenen Analyse des Bundes-Gesund-
heitssurveys 1998 wird das Alkoholkonsum-
verhalten in der deutschen Wohnbevölkerung
unter Berücksichtigung der TOAM untersucht. Konsumverhalten in Deutschland
Dabei zeigt sich, dass in Deutschland etwa ein
Drittel der Männer und ein Sechstel der Frauen
alkoholische Getränke auf einem Niveau
konsumieren, welches mit einem erhöhten
Risiko für eine alkoholassoziierte Erkrankung in
Verbindung gebracht wird.
Da eine genaue Charakterisierung der gefährdeten
Personengruppen die Voraussetzung für ziel-
gerichtete Präventionsmaßnahmen ist, erfolgt
diese anhand der Darstellung weiterer Einfluss-
faktoren auf den Alkoholkonsum, z. B. Alter und
sozioökonomischer Status.

© Robert Koch-Institut

ISBN 3-89606-142-9
Beiträge zur
Gesundheitsberichterstattung
des Bundes

Bundes-Gesundheitssurvey:
Alkohol

Konsumverhalten in Deutschland

Martina Burger und Dr. Gert Mensink

Robert Koch-Institut, Berlin 2003


Bundes-Gesundheitssurvey: Alkohol 3

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek


Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation
Alkoholkonsum in Deutschland
in der Deutschen Nationalbibliografie.

Seit vielen Jahrhunderten ist der Konsum von rhose sowie Tumore im Bereich von Mundhöhle,
alkoholischen Getränken Teil unseres gesell- Rachen, Kehlkopf und Speiseröhre seien hier als
schaftlichen und kulturellen Lebens. Alkoholische Beispiele genannt [3, 4].
Getränke werden bei verschiedenen sozialen An- Neben alkoholassoziierten Organschäden be-
lässen, z. B. bei Festen und geschäftlichen Ver- steht bei einem anhaltend hohen Konsum von
handlungen getrunken. Sie erleichtern mit ihrer Alkohol das Risiko für eine Alkoholabhängigkeit
berauschenden Wirkung soziale Kontakte, stimu- oder für Alkoholismus.
lieren Kommunikation und Lebensfreude und sor- Eine Alkoholabhängigkeit liegt gemäß der
gen für Entspannung. Rein rechtlich betrachtet »International Classification of Diseases« (ICD-10)
gehören alkoholische Getränke zu den Genuss- dann vor, wenn in den letzten Jahren mindestens
mitteln und damit zu den Lebensmitteln. Die drei der folgenden diagnostischen Kriterien erfüllt
Kehrseite des Alkoholgenusses liegt in seinem werden:
gesundheits- sowie suchtgefährdendem Potenzial.
Um den akuten und langfristigen Gefahren von Ω starker Wunsch nach Alkoholkonsum,
Alkoholkonsum zu entgehen, ist Vorsicht im Ω verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich Be-
Umgang mit Alkohol geboten. ginn, Beendigung und Menge des Alkoholkon-
sums,
Herausgeber Ω Alkoholkonsum zur Verminderung von Ent-
Robert Koch-Institut Folgen des Alkoholkonsums zugssymptomen begleitet von entsprechend
Nordufer 20 positiver Erfahrung,
13353 Berlin Ω körperliches Entzugssyndrom,
Risiken für die Gesundheit Ω Toleranzentwicklung,
Redaktion Ω eingeengtes Verhaltensmuster im Umgang mit
Anne Starker, Dr. Thomas Ziese Die Liste möglicher Gesundheitsrisiken, die mit Alkohol,
Gesundheitsberichterstattung einem chronischen und überhöhten Alkohol- Ω Vernachlässigung anderer Interessen zuguns-
Robert Koch-Institut konsum einhergehen, ist lang. Alkohol ist eine ten von Alkoholkonsum sowie
toxische Substanz, die über das Blut im gesamten Ω anhaltender Konsum trotz nachgewiesener
Autoren Körper verteilt wird. Aufgrund ihrer wasser- so- Gesundheitsschädigung.
Martina Burger, Dr. Gert Mensink wie fettlöslichen Eigenschaften kann sie in jede
Robert Koch-Institut Körperzelle eindringen und praktisch jedes Ge- Es wird zudem zwischen psychischer und physi-
webe des menschlichen Organismus schädigen. scher Abhängigkeit unterschieden.
E-Mail: gbe@rki.de Besonders gefährdet durch den Konsum von Al- Demgegenüber beschreibt der Alkoholismus
www.rki.de kohol ist die Leber, zu deren Aufgabe der Abbau eine primäre, chronische Krankheit, an deren Ent-
Tel.: 018 88. 754-34 00 des Alkohols gehört. Zu weiteren Organschäden, stehung und Manifestation genetische, psycho-
Fax: 018 88. 754-35 13 die mit einer chronisch hohen Zufuhr von Alko- soziale und umweltbedingte Faktoren beteiligt
hol in Zusammenhang gebracht werden, zählen sind. Der Alkoholismus verläuft häufig progressiv
Satz Pankreatitis, Gastritis, Herzmuskelerkrankun- und tödlich. Kennzeichen von Alkoholismus
Gisela Winter gen, Schädigungen des Gehirns, des peripheren sind periodischer oder kontinuierlicher Kontroll-
Robert Koch-Institut Nervensystems, der Muskulatur und der Kno- verlust beim Trinken, Denken an Alkohol, Anhal-
chen sowie verschiedene Krebserkrankungen. ten des Konsums trotz Kenntnis der schädlichen
Druck Zudem steigt das Risiko für Bluthochdruck und Folgen sowie Leugnen des Alkoholkonsums (Na-
Saladruck, Berlin für eine Verstärkung verschiedener Stoffwech- tional Council on Alcoholism and Drug Depen-
gedruckt auf PROFIsilk, tcf selerkrankungen [1, 2]. Bei einigen mit Alkohol dence, USA).
assoziierten Krankheiten reichen bereits anhal- Des Weiteren kann langfristiger Alkoholkon-
ISBN tend mäßige Alkoholmengen aus, das Erkran- sum soziale Störungen nach sich ziehen. Diese
3-89606-142-9 kungsrisiko ansteigen zu lassen. Die Leberzir- können sich in Form des Verlustes sozialer Ver-
4 Bundes-Gesundheitssurvey: Alkohol Bundes-Gesundheitssurvey: Alkohol 5

haltensweisen äußern und vom Wegfall sozialer Möglicher Nutzen für die Gesundheit durch rung des Körpergewichts, körperliche Aktivität vierter bundesweiter Gesundheitssurvey von Ende
Anbindung, des Arbeitsplatzes und der Wohnung mäßigen Alkoholkonsum und die Einstellung des Rauchens optimieren [16]. Oktober 1997 bis März 1999 durch das Robert
begleitet werden [5]. Koch-Institut durchgeführt. Die Auswahl der Teil-
Zu den akuten gesundheitsrelevanten Folgen Während die Gefahren überhöhten und chroni- nehmer und Teilnehmerinnen erfolgte aus den
von Alkoholkonsum zählen in erster Linie Unfälle schen Alkoholkonsums hinreichend bekannt Kosten des Alkoholkonsums Einwohnermelderegistern durch ein geschichte-
im Verkehr, am Arbeitsplatz und im Haushalt. sind, mehren sich in den letzten Jahren Berichte tes Zufallsverfahren. Dadurch ist die Stichprobe
Aggressivität, Gewalttaten und Kriminalität sowie in den Medien über die gesundheitsfördernde weitgehend hinsichtlich Alter, Geschlecht, Bun-
Suizid treten ebenfalls in Abhängigkeit von der Wirkung von moderaten Alkoholmengen. Ver- Insgesamt sind die gesellschaftlichen und volks- desland und Gemeindegrößenklasse repräsenta-
akuten Blutalkoholkonzentration auf. Eine äußerst schiedene Studien konnten zeigen, dass das Risi- wirtschaftlichen Schäden aufgrund von Alkohol- tiv für die deutsche Wohnbevölkerung. Neben
hohe Zufuhr von Alkohol innerhalb kurzer Zeit ko für eine koronare Herzkrankheit bei Personen konsum nur schwer zu schätzen. Das liegt zum Angaben zum soziodemographischen Hinter-
verursacht eine Alkoholintoxikation. mit geringer bis mäßiger Alkoholzufuhr unter einen an der teilweise unzureichenden statisti- grund der Teilnehmer wurden gesundheits-
demjenigen von Nichttrinkern liegt [8, 9]. Dabei schen Datenlage. Zum anderen sind die Folgekos- relevante Informationen in großem Umfang mit
scheint die kardioprotektive Alkoholwirkung in ten sehr weit gestreut und weder auf eine eindeu- Hilfe eines Fragebogens erhoben. Die in diesem
Blutalkoholkonzentration erster Linie durch den Alkohol selbst bedingt zu tig diagnostizierbare alkoholassoziierte Krankheit Beitrag verwendeten Angaben zur Altersvertei-
sein, während eine Überlegenheit eines be- noch auf die erkrankte Person selbst beschränkt. lung, zum sozioökonomischen Status, Rauchver-
Die alkoholische Belastung einer Person wird über stimmten Getränketyps bisher nicht eindeutig be- Den derzeit aktuellsten und umfassendsten Über- halten, Körpergewicht und ost- beziehungsweise
die Blutalkoholkonzentration erfasst und dient legt wurde [1, 10]. Ein verringertes Risiko für eine blick über die Kosten von alkoholassoziierten westdeutschem Wohnsitz sind diesem Fragebogen
zum Beispiel im Straßenverkehr als Indiz für die koronare Herzkrankheit wurde jedoch lediglich Krankheiten in Deutschland bietet die Arbeit von entnommen. Weitere Daten zur Gesundheit der
Verkehrstauglichkeit. Etwa 1–2 Stunden nach dem bei Personen im mittleren und höheren Alter Bergmann und Horch [17|. Teilnehmer wurden während einer medizinischen
Konsum von Alkohol erreicht die Alkoholkonzen- beobachtet, und zwar auch dann, wenn andere Den jährlichen Einnahmen aus Alkoholsteu- Untersuchung sowie im Rahmen einer ärztlichen
tration im Blut ihren maximalen Wert. Dabei Risikofaktoren für Herz-Kreislauferkrankungen ern von insgesamt 3,4 Milliarden e (2001) stehen Anamnese erfasst. Insgesamt wurden 7.124 Per-
unterliegt sie der Absorptionsrate von Alkohol. vorlagen [10, 11]. Jüngere Personen können dem- ökonomische Folgekosten durch alkoholbezogene sonen im Alter von 18 bis 79 Jahren befragt und
Diese wiederum ist entscheidend von verschiede- gegenüber ihr Risiko für Herz-Kreislauferkran- Morbidität und Mortalität von geschätzt 20,5 Milli- untersucht.
nen Faktoren abhängig, unter ihnen Alkoholmen- kungen durch moderaten Alkoholkonsum kaum arden e jährlich gegenüber [17, 5]. Im Jahr 1996 Dieser Kernsurvey wurde durch verschiedene
ge, Alkoholkonzentration, Getränkecharakteristika senken, da sie nur selten an Krankheiten des waren 17.561 Todesfälle in Deutschland eindeutig Survey-Module ergänzt, um ausgewählten Ge-
wie Kohlensäuregehalt und Temperatur, Trink- Herz-Kreislaufsystems leiden. Vielmehr besteht dem Konsum von Alkohol zuzuschreiben, 42.000 sundheitsthemen gründlicher nachgehen zu kön-
geschwindigkeit und Füllzustand des Magens bzw. bei ihnen eine erhöhte Gefahr für akute Folgen Todesfälle waren mit Alkohol assoziiert [17]. Unter nen. Eines dieser Module ist der Ernährungssur-
die Zusammensetzung des Speisebreis. durch Alkoholkonsum, beispielsweise von Unfäl- den alkoholassoziierten Krankheiten stellen alko- vey, an dem 4.030 Personen (1.763 Männer und
Auch der Abbau des Blutalkohols unterliegt len und Gewalttaten [12, 13]. holische Leberzirrhose und Alkoholabhängigkeit 2.267 Frauen) aus dem Kernsurvey teilnahmen.
zahlreichen Einflüssen, so dass nur grobe Schät- Ob eine Person von der kardioprotektiven die häufigsten Todesursachen dar. Im Jahr 1996 Der Ernährungssurvey liefert ausführliche Daten
zungen zur Alkoholabbaurate vorliegen. Bei Wirkung des Alkohols profitieren kann, ist indivi- beliefen sich alkoholbedingte Sterbefälle durch über das Ernährungsverhalten einschließlich
Männern kann von einer Eliminationsrate von duell sehr verschieden. Denn eine Vielzahl von Leberzirrhose auf 9.695 Fälle. Im gleichen Jahr des Alkoholkonsums in Deutschland. Als Ernäh-
etwa 0,1 g pro Kilogramm Körpergewicht pro Faktoren beeinflusst die Wirkung des Alkohols, starben etwa 5.473 Menschen mit der Diagnose rungserhebungsinstrument wurde das Computer-
Stunde und bei Frauen von etwa 0,085 g pro Kilo- unter ihnen soziodemographische Charakteristika, Alkoholabhängigkeit [17]. Die Deutsche Hauptstel- programm DISHES 98 (Dietary Interview Soft-
gramm Körpergewicht pro Stunde ausgegangen Lebensstil, kultureller Hintergrund, psychologische le gegen die Suchtgefahren geht von derzeit rund 2,5 ware for Health Examination Studies) eingesetzt,
werden [6]. Dies bedeutet für eine Frau, die Merkmale und genetische Eigenschaften [14, 15]. Millionen behandlungsbedürftigen Alkoholkran- mit dessen Hilfe die Modul-Teilnehmer über ihre
60 kg wiegt und zwei Gläser Wein à 0,125 l trinkt Nach den Ergebnissen einer Arbeitstagung der ken aus. übliche Ernährung in den letzten vier Wochen be-
(11,0 Vol. %), dass sie für den Alkoholabbau mehr Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren fragt wurden. Um das Erinnerungsvermögen zu
als vier Stunden veranschlagen muss (22 g Alko- ist die Risikoverminderung durch moderaten stützen, wurden standardisierte Fragen zu den
hol / 0,085 x 60 kg ≅ 4 h). Die Alkoholelimination Alkoholkonsum im Vergleich zu anderen Risiko- Datenbasis für die Auswertungen jeweils üblichen Mahlzeiten der Teilnehmer ein-
derselben Alkoholmenge dauert bei einem 75 kg faktoren für Herz-Kreislauferkrankungen wie gesetzt. Dabei wurden die konsumierten Lebens-
schweren Mann hingegen 3 Stunden. Als Faustre- Rauchen oder erhöhte Blutfette, relativ gering [1].
zum Alkoholkonsum in Deutschland mittel und Getränke, ihre Verzehrshäufigkeit und
gel kann eine stündliche Abbaurate in Höhe von Zudem überwiegen bei der Einnahme verschie- ihre durchschnittliche Verzehrsmenge erfasst [20].
0,15 ‰ abgeleitet werden [7|. Wer zwei Gläser eines dener Medikamente und bei Vorliegen diverser Für die folgende Darstellung des Alkoholkonsum- Die Verknüpfung des DISHES-Programms
alkoholischen Getränks trinkt, hat in der Regel be- Erkrankungen (zum Beispiel Bluthochdruck, Herz- verhaltens in Deutschland wurde auf Daten aus mit dem Bundeslebensmittelschlüssel Version II.3
reits die im Straßenverkehrsgesetz festgelegte rhythmusstörungen und Lebererkrankungen) die dem Bundes-Gesundheitssurvey 1998 (BGS 98) ermöglichte es, die gewonnenen Informationen
Grenze von 0,5 ‰ überschritten. Gesundheitsgefahren des Alkoholkonsums. Wer zurückgegriffen [18, 19]. Der BGS 98 liefert die der- zum Konsum alkoholischer Getränke in den
sein Herz-Kreislauf-Erkrankungsrisiko minimie- zeit aktuellsten Informationen über den Gesund- durchschnittlichen täglichen Alkoholkonsum um-
ren möchte, der sollte seine Lebensführung durch heitszustand und das Gesundheitsverhalten in der zurechnen. In der Angabe zum individuellen
fettarme, fettmodifizierte Ernährung, Normalisie- deutschen Bevölkerung. Er wurde als insgesamt durchschnittlichen Alkoholkonsum ist die Auf-
6 Bundes-Gesundheitssurvey: Alkohol Bundes-Gesundheitssurvey: Alkohol 7

nahme geringfügiger Alkoholmengen über ein- Wenn in den nachfolgenden Darstellungen Abbildung 1 wurde ein Pro-Kopf-Verbrauch an alkoholischen
zelne Lebensmittel wie Fruchtsaft, Kefir oder Pra- von einem Alkoholkonsum oberhalb der tolerier- Alkoholkonsum in Deutschland Getränken in Höhe von 152,8 l festgestellt. Dies
Anteile in Prozent
linen inbegriffen. Im Folgenden werden jedoch zu baren oberen Alkoholzufuhrmenge die Rede ist, Quelle: BGS 98
entspricht einem Verbrauch von 10,5 l reinem
den Nichttrinkern ausdrücklich alle Personen ge- ist eine Alkoholaufnahmemenge oberhalb von Alkohol je Einwohner [23]. Damit bewegt sich
zählt, die angegeben haben, keinen Alkohol über 20 g pro Tag für Männer bzw. 10 g pro Tag für Männer Frauen Deutschland im weltweiten Vergleich unter den
alkoholische Getränke aufzunehmen. Dabei wur- Frauen gemeint. Spitzenreitern der Alkoholkonsumenten (Tabelle 1).
den die zu vernachlässigenden Alkoholdosen in Nur in Luxemburg, Irland, Portugal und Frank-
60
Lebensmitteln nicht berücksichtigt. Alle Auswer- reich wird mehr Alkohol konsumiert. In den letz-
tungen erfolgten unter Verwendung eines Ge- Mit einem Glas alkoholischen Getränks werden ten zehn Jahren sind in Deutschland jedoch einige
50
wichtungsfaktors, der die Repräsentativität der folgende Mengen Alkohol aufgenommen: Veränderungen zu beobachten gewesen. Insbe-
1
Daten des Ernährungsmoduls verbessert . sondere Anfang der 90er Jahre ging der Alkohol-
40
0,33 l Bier etwa 13 g Alkohol verbrauch je Einwohner deutlich zurück. Betrug er
0,125 l Wein etwa 11 g Alkohol im Jahr 1991 noch 12,4 l, so sank er innerhalb von
30
Grenzwerte für die Alkoholzufuhr 0,1 l Sekt etwa 9g Alkohol 4 Jahren auf 11,1 l [23]. Derzeit scheint jedoch der
4 cl Schnaps (Doppelter) etwa 11 g Alkohol in den neunziger Jahren zu verzeichnende rück-
20
läufige Trend im Alkoholverbrauch zu stagnieren.
Die möglichen ungünstigen wie auch günstigen Männer, die täglich mehr als zwei und Frauen, Es ist zu beachten, dass Produktions- und Ver-
10
gesundheitlichen Wirkungen von Alkohol und de- die täglich mehr als ein Glas eines alkoholi- brauchsstatistiken auf die produzierte Alkohol-
ren zum Teil widersprüchliche Auslegung durch schen Getränks trinken, setzen sich einer menge zurückgreifen, welche hinsichtlich Import,
unterschiedliche Interessengruppen hat die Erar- erhöhten Gesundheitsgefahr aus. 0 >0–20 >20 0 >0–10 >10 Export, Lagerung und Grenzverkehr korrigiert
beitung von Grenzwerten für die Alkoholzufuhr g/Tag g/Tag g/Tag g/Tag g/Tag g/Tag wird. Dagegen werden bei den Angaben zum in-
in Deutschland vorangetrieben. In einem vom Prozent Alkoholkonsum dividuellen Alkoholkonsum, wie sie auch dem
Bundesministerium für Gesundheit initiierten BGS 98 entnommen werden können, Personen
Forschungsprojekt zum Thema »Alkoholkonsum Einhaltung der Grenzwerte für die Alkoholzufuhr direkt über ihren individuellen Alkoholkonsum
und Krankheiten« wurden die tolerierbaren obe- in der Bevölkerung Der hohe Anteil an Personen mit gesund- befragt. Es können sich so Unterschiede in den
ren Alkoholzufuhrmengen (TOAM) erarbeitet [16]. heitsgefährdendem Alkoholkonsum in Deutsch- Zahlen zum Verbrauch an alkoholischen Geträn-
Die TOAM liegen für den erwachsenen Mann bei Nach den Daten des Ernährungssurveys konsu- land spiegelt sich auch in den Verbrauchszahlen ken ergeben, deren Ursachen in der abweichenden
20–24 g Alkohol pro Tag und für die erwachsene mieren 31 % der Männer und 16 % der Frauen für die Bundesrepublik wider. Für das Jahr 2001 Erhebungsmethodik zu suchen sind.
Frau bei 10–12 g Alkohol pro Tag. Es handelt sich durchschnittliche Alkoholmengen, die über den
hierbei um Zufuhrmengen, bei denen der präven- Grenzwerten von 20 g Alkohol pro Tag für Männer
tive Charakter des Alkohols weitgehend ausge- bzw. 10 g Alkohol pro Tag für Frauen liegen (siehe Tabelle 1
Gesamtalkoholkonsum (je Einwohner) in ausgewählten
schöpft wird, während gesundheitsschädigende Abbildung 1). In Deutschland konsumieren also Ländern von 1996–1999 (geordnet nach 1999)
Konsequenzen für die Mehrheit der Bevölkerung etwa ein Drittel der Männer und ein Sechstel der Angaben in Liter reinem Alkohol
unwahrscheinlich sind. Die TOAM sind gemein- Frauen alkoholische Getränke auf einem Niveau, Quelle: Produktschap voor Gedistilleerde Dranken (2000)
sam mit weiteren Richtlinien und Empfehlungen welches mit einem erhöhten Risiko für alkoholas-
im Umgang mit alkoholischen Getränken zu soziierte Erkrankungen in Verbindung gebracht Rang Land Jahr
sehen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung wird. Dabei werden die Grenzwerte zum Alkohol- 1996 1997 1998 1999
(DGE) definiert eine Alkoholzufuhr in Höhe von konsum deutlich überschritten. Bei Männern mit 1 Luxemburg 11,6 11,4 13,3 12,2
20 g pro Tag für Männer bzw. 10 g pro Tag für einer Alkoholzufuhr oberhalb der tolerierbaren
2 Irland 9,9 10,5 11,0 11,6
Frauen als Höchstmenge für einen gesundheitlich oberen Menge beträgt der Alkoholkonsum 33 g pro
3 Portugal 11,6 11,3 11,3 11,0
verträglichen Alkoholkonsum [21]. Vergleichbare Tag, bei Frauen 16 g pro Tag (Mediane der Alko-
Grenzwerte wurden auch vom World Cancer holzufuhr). 4 Frankreich 11,2 10,9 10,8 10,7
Research Fund in Zusammenarbeit mit dem 5 Deutschland 10,6 10,8 10,6 10,6
American Institute of Cancer Research festgelegt 6 Tschechische Republik 10,3 10,5 10,5 10,5
(1997) [22].
7 Rumänien 9,6 9,8 10,5 10,3

1 Nähere Informationen zum BGS 98 sowie zum Ernäh- 8 Spanien 9,3 10,2 10,1 9,9
rungssurvey können den Beiträgen zur Gesundheits- 9 Ungarn 10,3 10,1 10,2 9,7
berichterstattung des Bundes »Bundes-Gesundheitssur-
vey – Bausteine der Gesundheitssurveillance Deutschland« 10 Dänemark 10,0 9,9 9,5 9,5
und »Was essen wir heute?« entnommen werden.
8 Bundes-Gesundheitssurvey: Alkohol Bundes-Gesundheitssurvey: Alkohol 9

Alkoholkonsumverhalten in Alter trinkern. Demgegenüber weisen nahezu 24 % Sozioökonomischer Status


Deutschland aller 18- bis 24-jährigen Männer und über 11 %
Das Alter stellt ein sehr bedeutsames Merkmal für aller gleichaltrigen Frauen einen Alkoholkonsum Zur Einstufung der Probanden als Zugehörige
die Höhe des Alkoholkonsums dar. Im Rahmen oberhalb der tolerierbaren oberen Menge von 20 g eines geringen, mittleren oder hohen sozioökono-
Der Konsum von Alkohol variiert deutlich in Ab- von zwei groß angelegten deutschen Studienkol- beziehungsweise 10 g pro Tag auf (siehe Abbil- mischen Status flossen Informationen zu ihrer
hängigkeit von soziodemographischen Faktoren, lektiven konnte gezeigt werden, dass sich die Kon- dung 2). Das Risiko für gesundheitsschädigende Bildung, ihrem Beruf und dem Nettohaushalts-
insbesondere von Geschlecht, Alter und sozioöko- sumgewohnheiten im Laufe des Lebens ändern Konsequenzen durch Alkoholkonsum ist demzu- einkommen ein [26].
nomischem Status. Auch Verhaltensweisen wie [24]. Ein typisches Trinkverhalten von jungen Er- folge bei jungen Männern deutlich höher als bei Bei den Frauen zeigt sich, dass die Zugehö-
das Rauchen und die körperliche Aktivität sowie wachsenen ist eine kurzfristige und gleichzeitig jungen Frauen. rigkeit zu einer Personengruppe mit höherem
persönliche Merkmale wie der Body Mass Index exzessive Alkoholaufnahme (zum Beispiel das Wo- In der mittleren Altersgruppe ist der Anteil sozioökonomischen Status mit einem höheren
(BMI) sind mit dem Konsum von Alkohol ver- chenendtrinken) [15]. Ein solches Trinkverhalten an Männern und Frauen mit einem Alkoholkon- Alkoholkonsum einhergeht. Während 9 % aller
knüpft. Ein Wohnsitz in Ost- beziehungsweise wird mit einem erhöhten Risiko für verschiedene sum oberhalb der definierten Grenzwerte am Frauen mit geringem sozioökonomischen Status
Westdeutschland könnte ebenfalls das Alkohol- Krankheiten, Sozialfolgen und Unfällen in Ver- größten. Bei den 35- bis 44-jährigen sowie den angeben, mehr als 10 g Alkohol täglich aufzuneh-
konsumverhalten beeinflussen. bindung gebracht [16, 10, 25]. Des Weiteren ist in 45- bis 54-jährigen Männern trinken 34 % bzw. men, sind es in der mittleren Gruppe 14 % und in
Die Vermutung liegt nahe, dass sich Perso- der Literatur vereinzelt ein Zusammenhang zwi- 39 % im Durchschnitt mehr als 20 g Alkohol der hohen sogar 30 %.
nen mit einem Alkoholkonsum oberhalb der tole- schen dem Konsum von Alkohol und dem er- täglich. Unter den Frauen zählen 22 % im Alter
rierbaren oberen Menge von Personen mit gerin- höhten Sterberisiko bei jungen Erwachsenen be- von 45 bis 54 Jahren zu den Personen mit gesund-
gerem oder keinem Alkoholkonsum in ihren schrieben worden, ein Zusammenhang, der auf heitsgefährdendem Konsum. In dieser Alters- In der Personengruppe mit hohem sozioöko-
soziodemographischen Eigenschaften und ihrem das verhältnismäßig hohe Risiko für alkohol- gruppe ist auch die durchschnittliche Alkoholauf- nomischen Status wird die gesundheitlich
Lebensstil unterscheiden. bedingte Unfälle und Gewalttaten zurückzufüh- nahme am höchsten. Hier werden Zufuhrmengen verträgliche Alkoholzufuhrmenge besonders
ren ist [12, 13]. Wünschenswert ist daher, dass in Höhe von 13 g pro Tag bei Männern und 4 g pro häufig überschritten.
junge Menschen möglichst wenig oder keinen Tag bei Frauen erreicht (Mediane der Alkoholzu-
Alkohol trinken [16]. Nur 10 % der jungen Männer fuhr).
und 17 % der jungen Frauen im Alter von 18 bis 24 Auch bei den Männern ist der Anteil an Per-
Jahren zählen sich jedoch selber zu den Nicht- sonen mit einem Alkoholkonsum oberhalb der
tolerierbaren oberen Menge bei denjenigen mit
Abbildung 2 hohem sozioökonomischen Status relativ groß
Alkoholkonsum oberhalb der Grenzwerte von 20 g/Tag für (35 %). In der Personengruppe mit mittlerem
Männer und 10 g/Tag für Frauen nach Altersgruppen
sozioökonomischen Status konsumieren 29 %
Angaben in Prozent
Quelle: BGS 98 und in der Personengruppe mit geringem sozio-
ökonomischen Status 32 % der Männer mehr als
Männer Frauen 20 g Alkohol pro Tag.

35 Abbildung 3
Alkoholkonsum nach sozioökonomischem Status
Anteile in Prozent
30
Quelle: BGS 98

25 Männer Frauen

20 60

15 40

10 20

0 g/Tag >0–20 g/Tag >20 g/Tag 0 g/Tag >0–10 g/Tag >10 g/Tag
Prozent Alkoholkonsum
18–24 25–34 35–44 45–54 55–64 65–79 18–24 25–34 35–44 45–54 55–64 65–79
Prozent Altersgruppe gering mittel hoch
10 Bundes-Gesundheitssurvey: Alkohol Bundes-Gesundheitssurvey: Alkohol 11

Rauchverhalten Körpergewicht wechselweg, das Geschlecht und der Ernährungs- Vergleich zwischen Ost- und Westdeutschland
zustand als auch die Ernährung insgesamt schei-
Für viele Beziehungen zwischen Alkoholkonsum Alkohol zählt aufgrund seines kalorischen Wertes nen dabei entscheidend zu sein [28]. Trotz einer gewissen Angleichung im Alkohol-
und Gesundheitsrisiken ist das Rauchverhalten zu den energieliefernden Lebensmitteln. Die Auf- Die Auswertungen des BGS 98 verdeutlichen, konsumverhalten von Ost- und Westdeutschen
ein wichtiger Einflussfaktor. Wer nicht nur Alko- nahme von 1 g Alkohol wird mit einer Energie- dass der Anteil der Personen mit einem Alkohol- [29] gibt es immer noch Unterschiede. Ostdeut-
hol trinkt, sondern auch raucht, erhöht sein Er- zufuhr von ca. 7 kcal (29 kJ) berechnet. Damit be- konsum oberhalb der tolerierbaren oberen Menge sche Männer, vor allem mittleren Alters, konsu-
krankungsrisiko um ein Vielfaches [27]. Nach den wegt sich der Energiegehalt von Alkohol zwischen bei übergewichtigen und adipösen Männern grö- mieren im Durchschnitt mehr Alkohol als west-
Daten des BGS 98 zählen sich 34 % der Alkohol dem der Kohlenhydrate bzw. Eiweiße und dem der ßer ist als bei normalgewichtigen. Bei den Frauen deutsche Männer (Median Ost: 12,6 g pro Tag;
trinkenden Männer und 27 % der Alkohol trin- ist es genau umgekehrt: Der Anteil derer mit ei- Median West: 10,6 g pro Tag). Dies resultiert aus
kenden Frauen zu den täglichen oder gelegent- nem Alkoholkonsum oberhalb der tolerierbaren dem prozentual höheren Anteil der wenig trin-
lichen Rauchern (siehe Abbildung 4). Der Anteil Als Indikator für das Körpergewicht dient der oberen Menge ist bei übergewichtigen und adipö- kenden Männer im Westen, wohingegen im Osten
der Personen, deren Alkoholkonsum die tolerier- Body Mass Index (BMI): sen Frauen relativ gering. verhältnismäßig mehr Männer einen Alkohol-
bare obere Menge überschreitet, ist unter Rau- konsum oberhalb der tolerierbaren oberen Menge
chern höher als unter Nichtrauchern. Knapp 37 % aufweisen.
Körpergewicht (in kg) x
der rauchenden Männer gegenüber 12 % aller BMI = Abbildung 5
Größe (in m zum Quadrat) Alkoholkonsum nach Body Mass Index (BMI)
Männer trinken im Durchschnitt zu viel Alkohol.
Angaben in Prozent
Bei den Frauen sind es 19 % gegenüber 5 %. Quelle: BGS 98
Ein BMI von 20 bis unter 25 gilt im Allge-
meinen als normal. Übergewichtig ist, wer
Männer Frauen
Ein Alkoholkonsum oberhalb der tolerierbaren Werte von 25 bis unter 30 aufweist. Liegen
oberen Menge und Rauchen gehen häufig Werte von mindestens 30 vor, wird von einer
60
Hand in Hand. Adipositas (Fettleibigkeit) gesprochen.
40

Eine weitere Aufschlüsselung nach Alter Fette. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass sich
20
zeigt, dass ein Alkoholkonsum oberhalb der unter höherem Alkoholkonsum ein höheres Kör-
tolerierbaren oberen Menge sowohl bei Rauchern pergewicht entwickelt. Inwieweit jedoch der Alko-
als auch bei Raucherinnen im mittleren Alter hol als Energielieferant die Energiebilanz des 0 g/Tag >0–20 g/Tag >20 g/Tag 0 g/Tag >0–10 g/Tag >10 g/Tag
(45–54 Jahre) besonders häufig anzutreffen ist. Menschen beeinflusst, ist bis heute nicht voll- Prozent Alkoholkonsum
ständig geklärt. Sowohl die konsumierte Alkohol-
menge sowie, dadurch bedingt, der Alkoholstoff- BMI 20–<25 BMI 25–<30 BMI >=30

Abbildung 4 Abbildung 6
Alkoholkonsum nach Rauchverhalten Alkoholkonsum in Ost- und Westdeutschland
Angaben in Prozent Angaben in Prozent
Quelle: BGS 98 Quelle: BGS 98

Männer Frauen Männer Frauen

60 60

40 40

20 20

0 g/Tag >0–20 g/Tag >20 g/Tag 0 g/Tag >0–10 g/Tag >10 g/Tag 0 g/Tag >0–20 g/Tag >20 g/Tag 0 g/Tag >0–10 g/Tag >10 g/Tag
Prozent Alkoholkonsum Prozent Alkoholkonsum

Raucher Ex-Raucher Nieraucher Ost West


12 Bundes-Gesundheitssurvey: Alkohol Bundes-Gesundheitssurvey: Alkohol 13

Bei den Frauen übersteigt die mediane Alko- Effekte des Alkoholkonsums beschrieben werden, zufuhr ausgeglichen wird. Im Vergleich zu mäßi- Viele Fragestellungen über die Zusammen-
holzufuhr im Osten von 2,3 g pro Tag ebenfalls die- bringt die Überschreitung der Alkoholgrenzwerte gen Alkoholkonsumenten ersetzen starke Trinker hänge und Wirkungen von Alkoholkonsum sind
jenige der Frauen im Westen Deutschlands von für die Mehrheit der Bevölkerung keinen ge- (über 50 g Alkohol pro Tag) ihre Nahrung so weit ungeklärt. So scheinen die Erwartungen an die
2,1 g pro Tag. Allerdings ist die mediane Alkohol- sundheitlichen Nutzen. Für eine individuelle Be- durch Alkohol, dass Mangelernährung und Ge- alkoholische Wirkung, das soziale Umfeld und
zufuhr bei den ostdeutschen Frauen gleichmäßi- wertung des Alkoholkonsumverhaltens ist eine wichtsverlust die zwangsläufigen Folgen sind [28]. letztendlich der gesamte Lebensstil für Trink-
ger über die verschiedenen Altersgruppen verteilt. genaue Untersuchung weiterer Risikofaktoren und Im ehemaligen Osten Deutschlands trinken menge, Konsummuster und alkoholassoziiertes
Zudem ist der Anteil von Frauen mit einer Alko- des individuellen Risikoprofils erforderlich. Da jun- Männer mehr Alkohol als im Westen. Dies könn- Gefahrenpotenzial mitverantwortlich zu sein. Die
holzufuhr oberhalb der tolerierbaren oberen Men- ge Menschen ein generell geringes Risiko für Herz- te ein Zeichen dafür sein, dass sich Lebensein- Aufgabe der zukünftigen Forschung wird es sein,
ge in Ostdeutschland tendenziell geringer als in Kreislauferkrankungen aufweisen, können sie kei- stellung, Lebensgewohnheiten und gesellschaftli- möglichst konkret die Bedingungen aufzuzeigen,
Westdeutschland. nen unmittelbaren gesundheitlichen Nutzen durch ches Miteinander nach wie vor in beiden Teilen unter denen der Konsum von Alkohol zur Ge-
Alkoholkonsum erwarten. Bei ihnen ist jeglicher Deutschlands unterscheiden. sundheitsgefährdung beiträgt.
Konsum von Alkohol mit einem erhöhten Risiko
Personen in Ost- und Westdeutschland unter- für gesundheitsschädliche Folgen verbunden – un-
scheiden sich in ihrem Alkoholkonsumver- abhängig von ihrem Gesundheitsstatus [16].
halten. Entgegen der geläufigen Ansicht, dass Perso-
nen mit geringem sozioökonomischen Status re-
lativ viel Alkohol trinken, wurden Personen mit
Auch die Getränkewahl unterscheidet sich bei hohem sozioökonomischen Status als trinkfreudi-
ost- und westdeutschen Männern. Ostdeutsche ger erkannt. Hier ist allerdings zu berücksichti-
Männer trinken deutlich mehr Bier, jedoch weni- gen, dass im BGS 98 lediglich die Wohnbevölke-
ger Wein als westdeutsche [18]. rung erfasst ist. Somit liegen keine Daten über die
Alkoholzufuhr von Obdachlosen und Personen in
sozialen Einrichtungen vor.
Resümee und Ausblick Rauchen und Alkoholtrinken treten häufig ge-
meinsam auf, so ein Ergebnis dieses Beitrags. Der
Konsum von Tabak allein stellt bereits einen be-
Trotz leicht rückläufigem Trend im Alkoholver- deutenden Risikofaktor für verschiedene Erkran-
brauch in den letzten 10 Jahren [23] ist der durch- kungen dar. Als Sterbeursache an einer Krebser-
schnittliche Konsum von Alkohol in Deutschland krankung steht Tabakkonsum vor dem Konsum
nach wie vor zu hoch. Werden die Grenzwerte für anderer psychoaktiver Substanzen. Ein Verhalten,
die Alkoholzufuhr von 20 g pro Tag für Männer welches sich durch den gemeinsamen Konsum
und 10 g pro Tag für Frauen zugrunde gelegt, zeigt von Tabak und Alkohol auszeichnet, potenziert das
sich deutlich, dass ein erheblicher Teil unserer Be- Erkrankungs- und Sterberisiko [27].
völkerung Alkoholmengen trinkt, bei denen eine Überraschend erscheint, dass Frauen mit hö-
Gesundheitsgefährdung nicht ausgeschlossen herem Alkoholkonsum im Durchschnitt weniger
werden kann. In Zahlen ausgedrückt sind dies wiegen als Frauen mit geringerem Alkoholkon-
schätzungsweise 5,1 Millionen Frauen und 9,6 sum. Diese Beobachtung wird jedoch in anderen
Millionen Männer im Alter von 18 bis 79 Jahren, epidemiologischen Studien bestätigt. Bei Män-
basierend auf Angaben zur Bevölkerungsdichte nern konnte hingegen entweder keine eindeutige
in Deutschland im Jahr 1998 [30]. Die Charakte- Beziehung zwischen ihrem Alkoholkonsum und
risierung dieser Bevölkerungsgruppen ist Vor- ihrer Gewichtsveränderung hergestellt werden
aussetzung für zielgerichtete und effektive Prä- oder der Alkohol führte zu einer Gewichtszunah-
ventionsmaßnahmen und Intervention. Erste me. Im Allgemeinen scheinen moderate Alko-
Hinweise auf die Identität dieser Risikogruppen holkonsumenten den Alkohol zusätzlich zu ihren
konnten durch die statistische Auswertung der Mahlzeiten zu trinken, ohne dabei ihre normale
Daten zur Alkoholaufnahme des BGS 98 gewon- Ernährung einzuschränken. Dies würde den hö-
nen werden. heren BMI bei Männern mit höherem Alkohol-
Menschen im mittleren Alter konsumieren konsum zum Teil erklären können. Auf der ande-
besonders häufig zu viel Alkohol. Obwohl für ren Seite ist denkbar, dass bei vielen Frauen der
diese Altersgruppe in der Literatur auch günstige Alkoholkonsum durch eine geringere Nahrungs-
14 Bundes-Gesundheitssurvey: Alkohol Bundes-Gesundheitssurvey: Alkohol 15

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Consumption of alcohol may endanger our health
in various ways. In recent years, however,
a growing number of studies reported protective
effects of moderate alcohol consumption particu-
larly regarding cardiovascular diseases.
With this knowledge, »tolerable upper alcohol
intake levels« (TUAL) were derived, which take
into consideration the preventive as well as the
health-endangering impact for the majority of the
population.
According to data of the German National Health
Interview and Examination Survey 1998, alcohol
consumption behaviour in the German resident
population is examined under consideration of
TUAL. It was observed that one third of adult
men and one sixth of adult women in Germany
consume alcoholic beverages on a level, which
may lead to an increased risk for alcohol-related
disease.
A secure characterisation of risk groups is neces-
sary to focus prevention efforts. Therefore several
determinants of alcohol consumption, like age and
socio-economic status, are presented.

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