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G E S C H I C H T E DER VÖLKER UND STAATEN

GEORG STADTMüLLER / GESCHICHTE SÜDOSTEUROPAS


G E O R G S T A D T M Ü L L E R

GESCHICHTE
SÜDOSTEUROPAS

M I T 23 KARTEN

U N D MIT EINEM A N H A N G

VERLAG VON R. OLDENBOURG

MÜNCHEN 19 5 0
Copyright 1950 by R. Oldenbourg, Miindien. Alle Rechte vorbehalten
Gesamtherstellung : R. Oldenbourg, Graphische Betriebe GmbH., München 8
Franz Dölger

als k l e i n e s Z e i c h e n m e i n e r Dankbarkeit

zugeeignet
INHALTSVERZEICHNIS

Seite
Vorwort 9
Einleitung: Die L a n d s c h a f t als Schicksal — D e r Vielvölkerraum Südosteuropa. . . . 13
Kapitel 1: Römerherrschaft und Romanisierung 18
Kapitel 2 : Die germanische Völkerwanderung 55
Kapitel 3: Eurasische Völkerwanderung u n d H u n n e n r e i d i 67
Kapitel 4 : D a s oströmische Reich in der großen W e n d e 75
Kapitel 5 : Die slawische L a n d n a h m e (um 600) 88
Kapitel 6 : Oströmische Selbstbehauptung und Reconquista 102
Kapitel 7: Das großbulgarische Reich 121
Kapitel 8 : Die altbairische Südostkolonisation und die Großmachtstellung des
Karolrngerreidies im D o n a u r a u m 128
Kapitel 9 : Christianisierung u n d S t a a t e n g r ü n d u n g 144
Kapitel 10: D a s Zeitalter d e r Kreuzzüge 166
Kapitel 11: Venedig u n d sein ü b e r s e e r e i c h 175
Kapitel 12: Die deutsche Südostkolonisation des Mittelalters 188
Kapitel 13: D i e albanisch-rumänische W a n d e r u n g s b e w e g u n g (11.-13. J a h r h u n d e r t ) 202
Kapitel 14: D e r Ausgang der oströmischen u n d balkanslawischen Geschichte . . . . 211
Kapitel 15: D a s Erwachen des Nationalbewußtseins 225
Kapitel 16: D e r Hussitismus: die nationalkirchliche Revolution der Tschechen . . 240
Kapitel 17: Die Reformation 250
Kapitel 18: D e r Aufstieg der osmanischen W e l t m a c h t 261
Kapitel 19: Die Gegenreformation 285
Kapitel 2 0 : D e r Staat der H a b s b u r g e r 309
Kapitel 2 1 : D e r innere Verfall des osmanischen Reiches u n d die Entstehung der
orientalischen Frage 334
Kapitel 2 2 : Die Anfänge der balkanischen Unabhängigkeitsbewegung und der
griechische Freiheitskampf (1821—1829) 351
Kapitel 2 3 : Die nationalistischen Bewegungen im Rahmen des Habsburger-Reiches 378
Kapitel 2 4 : D e r Endsieg der Nationalitäten. Die V e r d r ä n g u n g d e r T ü r k e i aus
Europa u n d die Zerschlagung der österreichisch-ungarischen Monarchie 392
Anhang: Die Entwicklung der geschichtlichen Südosteuropa-Forschung 401
Anmerkungen 417
Schrifttumsverzeichnis 423
Herrschertafeln 469
Zeittafel 501
N a m e n - u n d Sachverzeichnis 513
V E R Z E I C H N I S DER K A R T E N

Seite

1. Sprache und Volkstum um 350 49


2. Vorstöße der Germanen vor 271 63
3. Wanderungen und Sitze der Germanen nach 375 66
4. Konstantinopel im Mittelalter 79
5. Gebietsverhältnisse um 550 85
6. Das mittelalterliche Thessadonike 94
7. Gebietsverhältnisse um 830 115
8. Gebietsverhältnisse um 1025 127
9. Die Strieifzüge der Madjaren (894—955) 152
10. Sprache und Volkstum um 950 153
11. Die albanische Siedlungsausbreitung 11.—20. Jahrhundert 204
12. Sprache und Volkstum um 1200 205
13. Gebietsverhältnisse um 1210 212
14. Gebietsverhältnisse um 1350 ' 218
15. Die ungarische Großmacht und ihre Nebenländer um 1380 220
16. Das Wachstum des Qsmanischen Reiches 264
17. Das türkische Sofia 273
18. Sprache und Volkstum um 1500 276
19. Gebietsverhältnisse um 1570 279
20. Die Schlacht am Kahlenberg 1683 314
21. Türkenkriege 1663—1738 315
22. Deutsche Siedlungsgebiete in Südosteuropa 326
23. Die Verdrängung des Osmanischen Reiches aus Europa 358
VORWORT

Daß bisher kein Versuch gewagt wurde, die Geschichte des gesamten
riesigen Vielvölkerraumes Südosteuropas —- von den Sudeten bis zum
Bosporus — in einer zusammenfassenden Darstellung zu behandeln, hat
seinen guten Grund zunächst in den arbeitsmäßigen Schwierigkeiten, die
sich einem solchen Unternehmen entgegenstellen. Das fachwissenschaft-
liche Schrifttum ist in mehr als einem Dutzend verschiedener Sprachen
verstreut. Manches davon war schon vor der Katastrophe des 2. Welt-
krieges in keiner deutschen Bibliothek vorhanden und mußte auf persön-
lichem Wege beschafft werden. Größer sind die inneren und grundsätz-
lichen Schwierigkeiten, mit denen jeder Versuch einer zusammenfassenden
Betrachtung zu kämpfen hat. Der vielfältig aufgegliederte Raum Südost-
europa bildet nur in sehr bedingtem Sinne eine gewisse geographische
Einheit. Das Fehlen eines geographischen Schwerpunktes hat zu allen
Zeiten auch die staatliche Zusammenfassung dieses Raumes vereitelt. Die
einzelnen Teilräume lebten ihre eigene Geschichte. Audi die Großreiche
der Oströmer, Osmanen und Habsburger vermochten es nie, den gesamten
Raum in ihrem Rahmen zu vereinigen. Freilich hoben sich unter den
Teilräumen stets zwei heraus, denen zu allen Zeiten eine überragende
Bedeutung zukam: 1. der Raum um die Ägäis, der Mutterboden des grie-
chischen Volkstums und Ausgangspunkt für die Großreichsbildungen der
Oströmer und Osmanen und zugleich der Schwerpunkt des venezianischen
überseereiches (Oltramare), 2. das pannonische (ungarländische) Becken
an der mittleren Donau, der Raum des ungarländischen Staates und das
Kerngebiet des habsburgischen Viel völkerreiches. Die großen Staats-
bildungen von bleibender Bedeutung, die in diesen beiden Teilräumen
ihre Wurzeln haben, sind daher auch die natürlichen Schwerpunkte der
Geschichte Südosteuropas.
Die Darstellung wendet sich an einen allgemeinen historisch interessierten
Leserkreis. Um aber darüber hinaus auch dem, der tiefer in diesen un-
wegsamen Bereich der Geschichtsforschung einzudringen wünscht, die
Hilfsmittel an die Hand zu geben, wurden im Anhang Anmerkungen,
Schrifttumsverzeichnis, Herrscher- und Zeittafeln sowie ein Namen-
und Sachverzeichnis beigegeben. Besonderer Wert wurde auf die reiche
Ausstattung mit Karten gelegt. Sie sollen für die verschiedenen Zeiträume
10 Vorwort

das Bild des Staatensystems und der Siedlungsverhältnisse anschaulich


machen. Dieser umfangreiche Anhang mag dem Fachmann einen gewissen
bescheidenen Ersatz für das noch fehlende Handbuch der Geschichte
Südosteuropas bieten. — Manche Anschauungen, die hier erstmals aus-
gesprochen wurden, müssen aus Raummangel zunächst ohne eingehendere
Begründung bleiben.
In Anbetracht der übergroßen Stoffülle, die hier auf einen verhältnis-
mäßig engen Raum zusammenzudrängen war, wurde darauf verzichtet,
den gesamten Geschichtsablauf mit einer einigermaßen gleichbleibenden
Breite zu behandeln. Ein solcher Versuch verbietet sich bei diesem
Gegenstand. Er würde einen ungeheuren Ballast von Tatsachen, Namen
und Zahlen notwendig machen, die Darstellung aber würde dadurch nur
um so unleserlicher werden. Es wurde statt dessen angestrebt, die großen
Bewegungen, Erscheinungen und „Epochen" der Geschichte Südost-
europas in einzelnen abgerundeten Kapiteln zu beschreiben. Das
Schwergewicht der Darstellung liegt demgemäß nicht in der Anhäufung
von Namen und Ereignissen, sondern in der Schilderung und Charak-
teristik. Meine Absicht richtete sich vor allem darauf, die wesentlichen
Erscheinungen mit bildhafter Anschaulichkeit zu schildern. Dahinter
mußte alles andere zurücktreten. Diese Dars tellungsweise muß freilich
den Nachteil in Kauf nehmen, daß manche Dinge, die ebenfalls wichtig
sind, nur kürzer oder überhaupt nicht behandelt werden können. So
konnte die politische Staatengeschichte weithin nur als Rahmen der
Volkstums- und Kulturgeschichte gezeichnet werden.

Es ist nicht zu erwarten, daß die vorliegende Darstellung auf dem


heißen Vielvölkerboden Südosteuropas uneingeschränkte Anerkennung
finden wird. Eine solche einstimmige Anerkennung von allen Seiten wäre
nach Lage der Dinge eher einem vernichtenden Urteil über das Wahr-
heitsstreben des Verfassers gleich zu erachten. Völkern, die seit Jahr-
hunderten in ihre kleinen Nachbargegensätze verkrampft sind, fehlt der
große Abstand, der .die erste Voraussetzung zur objektiven Urteils-
bildung ist. Kleinen Völkern fehlt darüber hinaus auch noch die zweite
Voraussetzung zur echten Objektivität: das Bewußtsein äußerer Ge-
sichertheit und — in unlöslichem Zusammenhang damit — die innere
Ausgeglichenheit. Daher ist der Wissenschaftler, der aus einer großen
Vorwort 11

Nation stammt und durch keinerlei innere Bande mit diesen ewigen
Nachbarschaftsgegensätzen verknüpft ist, eher berufen, ein objektives
Bild der Geschichte Südosteuropas zu zeichnen.
D a hier nicht beabsichtigt wurde, der Kritik einer chauvinistischen
Pseudowissenschaft auszuweichen oder gar ihren Beifall zu erringen,
konnten an den nationalen Mythologien und Autochthonitätsideologien
überall die notwendigen Abstriche gemacht werden. Da man Geschichte
nicht dichten darf, ist es auch nicht möglich, dem infantilen Überschwang
chauvinistischer Geschichtsausdeutung Genüge zu tun.

Das Gerippe der vorliegenden Darstellung wurde bereits im Jahre 1937


in Breslau als Vorlesung „Geschichte Südosteuropas im Überblick"
niedergeschrieben. In dem inzwischen verflossenen Jahrzehnt wurde
daran weitergearbeitet. Eine große eigene Fachbücherei und die Bücherei
des „Instituts für Geschichte und Kultur Südosteuropas" an der Univer-
sität Leipzig boten die Unterlagen. Beide sind am 4. Dezember 1943 in
Flammen aufgegangen. Im Jahre 1948 erhielt die Darstellung durch eine
erneute völlige Umarbeitung die nunmehrige Form. Die Erlebnisse des
unvergeßlichen arkadischen Sommers 1943 und der „Balkanischen
Anabasis" der deutschen Griechenland-Armee (Oktober 1944 bis Mai
1945) haben es möglich gemacht, manche Linien schärfer zu ziehen und
manches Bild aus dem persönlichen Erleben heraus anschaulicher zu
gestalten.
*

Ein W o r t des Dankes gebührt allen jenen, die mich durch Aussprache,
Rat und Mithilfe bei dieser Arbeit gefördert haben. Mit W e h m u t denke
ich daran, daß mein verehrter Lehrer Carl Patsch das Erscheinen der
Darstellung, an der er all die Jahre hindurch so starken inneren Anteil
nahm, nicht mehr erleben durfte. Er ist noch kurz vor dem Ende dieses
Krieges das Opfer eines Luftangriffes geworden.
V o r allem gilt mein Dank meinem verehrten Lehrer Franz Dölger,
in dessen Schule ich mir die philologisch-historische Methode der By-
zanz-Forschung erworben habe. Durch manchen Rat und durch die
Überlassung von Büchern aus seiner reichen Privatbibliothek, hat er
mich bei der nochmaligen Umarbeitung im Jahre 1948 in vielfacher
12 Vorwort

Weise unterstützt. Ihm sei dieses Buch als ein kleines Zeichen meiner
Dankbarkeit zugeeignet.
Die Arbeit hätte in den schwierigen Jahren 1946—1948 vielleicht
nicht weitergeführt und abgeschlossen werden können, wenn mir das
Byzantinische Institut der Benediktiner-Abtei Scheyern mit seiner einzig-
artigen Fachbücherei nicht gastfreundliche Aufahme gewährt hätte. Die
Jahre, da in den deutschen Universitätsstädten ein eigentliches wissen-
schaftliches Arbeiten kaum möglich war, konnten in Scheyern eine
geistig fruchtbare Zeit werden. So ist es mir heute eine freudige
Ehrenpflicht, Seiner Gnaden dem Hochwürdigsten Herrn Abt P. Franz
Seraph Schreyer OSB und dem Hochwürdigen Prior P. Dr. Johannes
Maria Hoeck OSB meinen geziemenden Donk zu sagen.
Durch die auswärtige Verleihung von Büchern aus den ihrer Leitung
anvertrauten Bibliotheken haben mich zu Dank verpflichtet: Herr
Bibliotheksdirektor Dr. Josef Deutsch (früher Breslau, jetzt Heidelberg),
Herr Bibliotheksdirektor Dr. Fritz Redenbacher (Erlangen), Herr Ober-
bibliotheksrat Dr. Gurt Höfner (Bamberg). — Für vielfältige biblio-
graphische Mithilfe danke ich Maria Roemmich und Ingeborg Charisius,
für Bereitstellung kartographischer Unterlagen Bernarda Oestrefcher, für
die Zusammenstellung der Zeittafel Otto Volk. Die sorgfältige Bearbei-
tung des Namen- und Sachverzeichnisses ist das Werk von Maria
Roemmich.
Für einzelne Hinweise danke ich Herrn Prof. Dr. Franz Babinger
(München) und Herrn Prof. Dr. Rudolf Sdireiber (früher Prag, jetzt
Speyer).
Besonderen Dank schulde ich auch dem großzügigen Verständnis
des Verlegers Herrn Kommerzienrat Wilhelm Oldenbourg, der die so
reiche Ausstattung des Buches mit Karten möglich gemacht hat. — Die
Ausführung der Karten lag in der Hand von Hans Kreuzkamp.

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*
EINLEITUNG

D i e L a n d s c h a f t als S c h i c k s a l

Der Vielvölkerraum Südosteuropa

F ü r den großen und vielfältig gegliederten Raum, der sich südostwärts


von der historischen deutschen Reichsgrenze bis hinunter zumAdriatischen,
Ägäischen und Schwarzen Meer erstreckt, sind im Laufe der Jahrhunderte
verschiedene Bezeichnungen üblidh gewesen. Während man in der antiken
Geographie den Großteil dieses Gebietes als Haemus-Halbinsel bezeich-
nete, waren im Spätmittelalter für die beiden großen Teilgebiete dieses
Raumes die politischen Ausdrücke „Byzantinisches Reich" und „König-
reich Ungarn" üblich. Mit der mächtigen Ausdehnung türkischer Macht
im 15. Jahrhundert weitete sich dann der staatlich-territoriale Begriff der
Türkei zur Gesamtbezeichnung Südosteuropa aus. So blieb die Bezeich-
nung „Europäische Türkei" im 16. und 17. Jahrhundert für diesen ge-
samten Raum geläufig. Als dann jedoch durch den siegreichen ersten
Türkenkrieg des Prinzen Eugen der Raum des historischen Großungarn
von der türkischen Fremdherrschaft befreit und an den abendländischen
Kulturbereich wieder angeschlossen wurde (Frieden von Karlowitz 1699),
da hörte der Ausdruck „Europäische Türkei" auf, Gesamtbezeichnung
für Südosteuropa zu sein. So haben wir seit dem Beginn <des 18. Jahr-
hunderts jene Zweiteilung Südosteuropas, die durch die Zwiefältigkeit
der Kultur und der geschichtlichen Entwicklung vorgezeichnet ist: Auf der
einen Seite stand die „Europäische T ü r k e i " , wozu die gesamte Balkan-
halbinsel und die rumänischen Donaufürstentümer der Moldau und
Walachei gehörten; auf der andern Seite stand das Gebiet des öster-
reichischen Gesamtstaates, der sich den Raum des historischen Groß-
ungarn durch die Vertreibung der Türken einverleibt hatte. Für die
„Europäische Türkei" kam schon im Laufe des 18. Jahrhunderts, vor
allem aber dann im 19. Jahrhundert, ein anderer Ausdruck auf: „Balkan-
halbinsel". Diese Bezeichnung ist offensichtlich nach dem Muster der
antiken Bezeichnung Haemus-Halbinsel geprägt, denn der antike Haemus
entspricht dem heutigen Balkangebirge. Andererseits bürgerte sich für das
14 Vielvölkerraum Südosteuropa

Gebiet des österreichischen Gesamtstaates und seiner Nadibarlandsdiaften


seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts der Ausdruck „Donauraum" ein,
der dann — vor allem in der Zeit nach dem 1. Weltkriege — eine ständig
wachsende Verbreitung erlangte und in jener Zeit auch seine besondere
politische — gegen Deutschland gerichtete — Bedeutungsfärbung an-
nahm. In der Zeit nach dem 1. Weltkriege hat man auch, ausgehend von
der arbeitstechnischen Notwendigkeit, eine praktische Gesamtbezeichnung
für den ganzen Raum südostwärts von Deutschland zu haben, dafür
immer mehr den Ausdruck „Südosteuropa" gebraucht. Er empfahl sich,
weil er als Gesamtbezeichnung unentbehrlich ist. Wir müssen uns jedoch
vor der gefährlichen und irreführenden Vorstellung hüten, als bezeichne
er eine irgendwie geartete innere Einheit des damit benannten Raumes.
Vielmehr ist der Raum Südosteuropa von einer inneren Vielfältigkeit,
Mannigfaltigkeit und Aufgegliedertheit, wie sonst kein anderer Teilraum
Europas. Dies gilt vor allem für die Balkanhalbinsel, die geradezu in
kleine und kleinste Teillandschaften aufgesplittert ist. Ebenso vielfältig
wie das Landschaftsbild ist auch die Volkstumskarte Südosteuropas. Es
wohnen dort etwa ein Dutzend Völker, nicht nur nebeneinander, sondern
vielerorts in Mischlage durcheinander, ja mancherorts sogar in sozialer
Höhenstufung übereinander. Südosteuropa ist das typische Beispiel eines
Vielvölkerraumes.
Der Vielvölkerraum Südosteuropa gliedert sich in einige große Teil-
räume, von denen sich zunächst als eine geographische Einheit der pan-
nonische oder großungarische Raum (auch Karpatenbecken genannt)
heraushebt. Er findet seine natürlichen Grenzen an dem Gebirgswall der
Karpaten im Norden und Osten, an den Berglandschaften des Nordwest-
balkans im Süden und an den Ausläufern der Ostalpen im Westen.
Von dem pannonischen Raum durch die Gebirgskette der Karpaten ge-
trennt, liegen am Unterlauf der Donau die großen Ebenen der Moldau
und der Walachei, die ebenso wie Ungarn aus schwerem, fruchtbarem
Schwemmlandboden bestehen. Südlich der Donau schließt sich an diese
großen Ebenen das Bergland der inneren Balkanhalbinsel, das aus einer
Vielfalt und Vielzahl von Gebirgslandschaften, Bergkantonen, Flußtälern
und Küstenebenen besteht. Dabei ist der gebirgige Charakter des inneren
Balkan im äußersten Westen viel schärfer ausgeprägt als im Osten; von
Westen nach Osten verliert das balkanische Binnenland stufenweise seinen
Hochgebirgscharakter. Im äußersten Westen, im Hinterland der Adria-
küste, liegen die Gebirgslandschaften Albaniens, Montenegros, Serbiens,
Landschaftsgliederung 15

Bosniens und der Herzegowina. Es sind kleine, räumlich schwer zugäng-


liche Bergkantone und Talschaften, die voneinander vielfach durch
schwer übersteigbare Gebirgsriegel abgesperrt und miteinander nur durch
mühsame und beschwerliche Gebirgswege verbunden sind. Die Hoch-
gebirgskantone sind echte Fluchtgebiete (Reliktgebiete), in denen sich
urtümlichste Lebensformen, kaum berührt von den umformenden Ein-
flüssen fremder Kulturen, bis in die unmittelbare Gegenwart hinein er-
halten haben. In diesen Fluchtgebieten des dinarischen Nordwestbalkans
haben sich bis in das 20. Jahrhundert gesellschaftliche Lebensformen, die
in dem übrigen Europa schon seit mehr als einem Jahrtausend ausge-
storben sind, lebendig erhalten. Weiter nach Osten zu wird die inner-
balkanische Gebirgslandschaft stufenweise großräumiger, niedriger und
verkehrsoffener. Mazedonien, das von vier Völkern in Anspruch genom-
men wird — Bulgaren, Griechen, Albanern, Serben — , nimmt als Herz-
land der Balkanhalbinsel auch in dieser Hinsicht eine vermittelnde
Zwischenstellung zwischen dem verkehrsunzugänglichen Westbalkan
und dem verkehrsoffenen Ostbalkan ein. Es gibt dort etwa sieben
größere Siedhingskamrnem, die bereits wesentlich umfangreicher sind als
die westbalkanischen Bergkantone und die von der Außenwelt leichter
zu erreichen sind, wenn sie auch untereinander noch durch ziemlich
breite Streifen von Siedlungsöden getrennt sind. Noch weiter nach Osten
öffnet sich die balkanische Landschaft zu den beiden großen Fluß- und
Tafelebenen: 1. Das Tafelland Nordbulgariens (Mösiens), das sich
zwischen dem 'Balkangebirge und dem Unterlauf der Donau hinzieht
und dessen nordöstlicher Teil — die Dobrudscha — eine besondere ge-
schichtliche Entwicklung erlebt hat. 1. Die Maritza-Ebene (Thrazien),
eine fruchtbare Landschaft, in der sich innerbalkanische und mediterran-
südliche Pflanzenwelt bereits begegnen. Weiter im Süden ist Griechen-
land seiner geographischen Natur nach eine Fortsetzung des mazedo-
nischen und westbalkanischen Gebirgslandes. Epirus zeigt die Natur der
westbalkanischen Reliktgebiete, während das übrige Griechenland schon
wesentlich verkehrsofTener ist.
Der gebirgige Charakter der Balkanhalbinsel bedeutet das große Ver-
kehrsproblem dieses Raumes. Es gibt nur wenige gute, von der Natur
vorgezeichnete Straßen, von denen vor allem drei wichtig sind:
1. Die sogenannte „Heeresstraße nach Konstantinopel" von Belgrad
über Nisch, Sofia, Philippopel, Adrianopel nach Konstantinopel.
2. Die Morawa-Wardar-Straße von Belgrad durch das Morawatal
16 Seeverkehr

hinauf nach Nisch, dann hinüber in das Wardartal nach Skoplje und von
dort flußtalabwärts nach Saloniki.
3.Die antike Via Egnatia,vori der albanischen Hafenstadt Durazzo durch
das Shkumbital über Elbasan nach Ochrid und von dort über Monastir
nach Saloniki.
Ungarn und die rumänischen Donaufürstentümer kennen diese schwe-
ren Verkehrsprobleme nicht. Die Donau ist eine bequeme, natürliche
Verkehrsstraße, die freilich weder in der Vergangenheit noch in der
Gegenwart von der Bedeutung gewesen ist, die man ihr in der landläufi-
gen Meinung gem zuschreibt. Auch der Gebirgswall der Karpaten ist
nicht ein so schwieriges Hindernis für den Obergangsverkehr von Sieben-
bürgen nach der Moldau und der Walachei. Es gibt zahlreiche gute Pässe
(vor allem Predeal- und Rotenturmpaß).
Während der pannonische Raum und die rumänischen Fürstentümer
auf den Binnenlandverkehr von der Natur angewiesen sind, ist für die
Balkanhalbinsel der Seeverkehr von wenigstens derselben Bedeutung. Die
Balkanhalbinsel besitzt eine überaus glückliche Küstengliederung mit
zahlreichen günstigen Naturhäfen. So hat die Küstenprovinz Dalmatien
im Adriatischen Meer zahlreiche geschützte Küstenbuchten und Inseln, an
denen sich schon in antiker Zeit bedeutende Hafenstädte entwickelten.
Noch günstiger ist die Küstengestaltung Griechenlands, dessen Bewohner
dadurch ebensosehr wie durch die Kargheit des festländischen Bodens
schon von der Natur auf die See verwiesen und zum Seefahrer- und
Händlervolk bestimmt worden sind. Der Raum des Ägäischen Meeres hat
eine unübersehbare Fülle von guten Häfen, von denen sich nur die aller-
günstigsten zu großen Handelsmittelpunkten entfalteten. Die Küste des
Schwarzen Meeres besitzt nicht eine so einzigartig reiche und günstige
Küstengliederung, aber auch sie hat in dem tief eingeschnittenen Golf
von Burgas und den ringsherumliegenden Hafenbuchten von Anchialo,
Mesembria und Sozopol sowie in der Bucht von Warna günstige Häfen.
Noch weiter nördlich entwickelte sich schon im Hochmittelalter im Mün-
dungsgebiet des Dnjestr der wichtige Hafen Cetatea Alba (Akkerman).
Das dazwischenliegende Stück der Dobrudscha hat keine guten Natur-
häfen, der moderne Hafen von Konstanza mußte mit Hilfe künstlicher
Hafenanlagen ausgebaut werden.
Die natürlichen Reichtümer Südosteuropas sind in den einzelnen Län-
dern ganz verschieden. Der Reichtum der Slowakei beruht vor allem auf
ihren riesigen Waldbeständen. Ungarn hat einen überaus fruchtbaren
Natürliche Reiditümer 17

Ackerboden, dazu kommen als Ansatzpunkte einer Industrialisierung


mächtige Lager von Bauxit und anderen Erzen. In Bosnien gibt es bei
Zenica mächtige Erzlager, die die Möglichkeit einer eigenen Hütten-
industrie bieten. Ebendort und in den Nachbarlandschaften Serbiens,
Kroatiens und Dalmatiens finden sich große Bauxitlager. In Südalbanien
gibt es verhältnismäßig beträchtliche Erdölvorkommen. Bulgarien hat
kleinere Erz- und Kohlenlager. Während alle diese Länder mit Boden-
schätzen ziemlich stiefmütterlich ausgestattet sind — am kärglichsten
das arme Griechenland — , ist Rumänien überaus reich daran. Zu dem
fruchtbaren Ackerboden der Moldau und der Walachei kommen die
riesigen Forstbestände der Karpaten und Siebenbürgens, vor allem aber
die Erzlager des Banats und als der Hauptreichtum Rumäniens die Erd-
öllager.

2 Sladtmüller, Geschichte Südosleuropas


Xapitel i

R ö m e r h e r r s c h a f t und R o m a n i s i e r u n g

Die römische Eroberung

Roms Eingreifen auf der Balkanhalbinsel wurde zuerst durch das


illyrische Korsarentum herausgefordert. Die inselreichen Küstengewässer
Dalmatiens waren seit frühgeschichtlichen Zeiten die Schlupfwinkel von
Seeräubern, die von dort aus die Schiffahrt und die umliegenden Land-
schaften unsicher machten. Das adriatische Küstengebiet bot damals
ein anderes Bild als heute. Die im Altertum noch stärker bewaldeten
Höhen sind erst in den folgenden beiden Jahrtausenden durch raubbau-
mäßige Abholzung und durch die primitive Weidewirtschaft entwaldet
worden. Dann haben die Regengüsse und die Bora die dünne Humus-
decke hinweggefegt, und die fortschreitende Verkarstung hat dafür ge-
sorgt, daß kein neuer Wald mehr entstehen konnte.
Das Gebiet um die Narenta-Mündung mit seinen vielen Inseln und
Buchten bot den illyrischen Korsaren unvergleichliche Schlupfwinkel.
Das Leben des Küstenlandes war auf den Seeraub ausgerichtet. Hoch-
gelegene Warten mit weitem Auslug über Land und Meer ermöglichten
die frühe Sichtung fremder Schiffe und sicherten das Land vor unlieb-
samen Überraschungen. Die Raubzüge der illyrischen Seeräuber gingen
in beträchtliche Fernen. Der Stamm der Ardiäer, der am rechten Ufer
der unteren Narenta saß, dehnte seine Unternehmungen zeitweilig bis
nach dem Peloponnes, ja sogar bis in das Ägäische Meer aus.
Diese illyrischen Stämme lebten an der Küste von Seeraub und
Fischerei, im Binnenlande vor allem von Weide- und Almwirtschaft. Der
„dardanische Käse" (caseus dardanicus) war noch in römischer Zeit be-
rühmt. Der Ackerbau war nicht sehr entwickelt. Es gab eine abgestufte
Sozialgliederung. Die Ardiäer und Dardaner besaßen eine zahlreiche
Leibeigenenschicht, in der wir wohl eine unterworfene Vorbevölkerung
erblicken dürfen. Auf solche Abstufung läßt die ganz verschiedene
Größe der Grabhügel schließen. Die Mitglieder großer Familien wurden
in nebeneinander liegenden Gräbern beigesetzt. Ruhmgekrönte Korsaren-
führer wurden durch mächtige Grabhügel geehrt.
Römischer Sieg über Teiuta 19

Die bewaffneten Aufgebote der illyrischen Seekrieger erreichten er-


staunliche Zahlen. Im Jahre 384/383 kamen den einheimischen Be-
wohnern der Insel Pharus (Lesina), die sich gegen die Gründung einer
griechischen Kolonie an ihrer Küste zur Wehr setzten, nicht weniger
als 10 000 Festlandsillyrier zu Hilfe (Diodor XV, 14, 2).
Nach der Ausdehnung der römischen Herrschaft über ganz Mittel-
und Unteritalien stand Rom vor der Frage, wie es sich zu dem illyrischen
Korsarentum stellen sollte. Die Raubfahrten der illyrischen Seekrieger
erstredeten sich unter 'Königin leuta, die ihrem Gemahle Agron im
Jahre 231 in der Herrschaft über die Aitiiäer gefolgt war, bis hinunter
nach dem Peloponnes, wo die Küsten von Elis und Messenien geplündert
wurden. Übergriffe illyrischer Korsaren gegen italische Kaufleute und
ein Hilferuf der griechischen Stadt Apollonia veranlaßten damals Rom,
durch eine Gesandtschaft an Teuta Beschwerde zu führen. Die Antwort
der Illyrierkönigin fiel unbefriedigend aus. Sie erklärte den römischen
Gesandten rundweg, der Seeraub sei seit alters illyrischer Brauch, und
auch sie habe nicht das Recht, ihren Illyriern die Raubfahrt zur See zu ver-
bieten. Da noch dazu einer der römischen Gesandten auf der Rückreise
von illyrischen Korsaren ermordet wurde, erklärte der Senat den Krieg.
Nach der Befreiung der griechischen Städte Kerkyra und Epidamnos
wurde der größte Teil des ardiäisdien Stammesgebietes erobert. Die
von Teuta unterworfenen Stämme huldigten den Römern. Danach wurde
das belagerte Issa entsetzt und in die römische Bundesgenossensdiaft
aufgenommen. Teuta zog sich mit einer kleinen Gefolgschaft nach dem
festen Rizon zurück (230 v. Chr.). Im Jahre 228 kam ein Friede zu-
stande. Teuta verpflichtete sich, die Korsarenfahrten zu unterlassen, die
Kriegsgefangenen freizugeben, die Überläufer auszuliefern und eine
Kriegsentschädigung zu zahlen. Illyrisdien Kriegsschiffen blieb es in Zu-
kunft verboten, südlich von Lissus (Alessio) zu erscheinen. Die Herr-
schaft Teutas blieb auf ein kleines Restgebiet in der Umgegend von
Rizon beschränkt.
*

Seitdem stand die Ostküste der Adria unter einer gewissen römischen
Kontrolle. Rom betrachtete sich als Schutzmacht der dortigen griechi-
schen Küstenstädte.
Schon bald nach diesem Zusammenstoß mit der illyrischen Seemacht
wurde Rom durch die mazedonische Politik zum erneuten Eingreifen

20 Rams Sieg über Mazedonien

veranlaßt. Der mazedonische König Philippos V. (221—179), der durch


siegreiche Kämpfe gegen Atoler und Dardaner seine Macht nach Süden
und Norden ausgedehnt hatte, beschloß auf die Nachricht von der römi-
schen Niederlage am Trasimenischen See (217), die unter römischem
Schutze stehenden griechischen Küstenstädte und illyrischen Stammes-
gebiete zu erobern. Auf dieser Grundlage kam im folgenden Jahre ein
Bündnis zwischen Philippos und Hannibal zustande.
Rom hat es damals trotz seiner verzweifelten Lage — nach der
Niederlage bei Cannae — vermocht, durch Entsendung einer Flotte die
illyrische Abwehr zu stärken und dem Mazedonierkönig Feinde unter
den griechischen Nachbarstaaten zu wecken. In dem griechischen Parti-
kularismus fanden die Römer ihren wertvollsten Bundesgenossen. Die
Atoler und andere griechische Staaten traten auf die römische Seite,
während sich die Achäer der mazedonischen Sache anschlössen, um bald
darauf freilich unter der tatkräftigen Führung von Philopoimen den Weg
einer eigenen Politik einzuschlagen.
Alle diese Kämpfe, die im Jahre 205 durch einen Frieden vorüber-
gehend unterbrochen wurden, sind mit der barbarischen Grausamkeit
eines balkanischen Volkskrieges geführt worden. Als sich im Jahre
201 die Rhodier und Attalos von Pergamon nach Rom um Hilfe gegen
Philippos wandten, kam es erneut zum Kriege, nachdem ein römisches
Ultimatum abgelehnt worden war. In diesem zweiten mazedonischen
Kriege (200—197) wurde Philippos aus Griechenland fast vollständig
verdrängt. Im Jahre 197 erlitt er dann bei Kynoskephalad (in Thessalien)
eine völlige Niederlage.
In dem folgenden Friedensvertrag (197) erhielt Philippos erträgliche
Bedingungen. Er mußte alle Gefangenen und Überläufer ausliefern, sowie
alle Kriegsschiffe bis auf 6. Ferner mußte er 1000 Talente als Kriegsent-
schädigung zahlen. Alle Griechen sollten in Zukunft „frei" sein.
Mit dieser Entmachtung der mazedonischen Großmacht war bereits
die Entscheidung über das künftige politische Schicksal der Balkanhalb-
insel gefallen. Auf dem Ostufer der Adria gab es nun keine Macht mehr,
die Rom die Vorherrschaft hätte streitig machen können. Und Rom
war der Schutzherr und Schiedsrichter der griechischen Kleinstaatenwelt.
Ein Menschenalter später folgte dann, was unvermeidlich war: die Aus-
löschung des mazedonischen Staates. Als des Philippos tatkräftiger Sohn
Perseus (181—168) daranging, die mazedonische Vorherrschaft über
Vernichtung der mazedonischen Großmacht 21

Griechenland wieder aufzurichten, kam es zum Zusammenstoß mit Rom,


das gewillt war, ein Erstarken Mazedoniens zu verhindern.
Bei Ausbruch des Krieges stand Perseus auf dem Balkan ohne Bundes-
genossen da. Nur der Odrysenfürst Kotys schloß sich seiner Sache an.
Dagegen standen fast alle griechischen Stadtstaaten ebenso wie die
Illyrier und Dardaner auf der Seite der Römer. Der dreijährige Krieg
(171—168) endete mit dem glänzenden Sieg der Römer bei Pydna. Der
mazedonische Staat hatte zu bestehen aufgehört. Mazedonien wurde
nun in vier Gebiete (¡xegldet;) aufgeteilt (mit den Hauptstädten Amphi-
polis, Thessalonike, Pella, Pelagonia). Dort saßen die Behörden, dort
tagten die Bezirksversammlungen, dorthin waren die Steuern zu ent-
richten. Einschneidende Bestimmungen verhinderten ein Wiedererstarken
Mazedoniens. Die politische Führerschicht des Landes wurde unschädlich
gemacht durch die Bestimmung, daß alle, die jemals ein Amt bekleidet
hatten, sich mit ihrer Familie nach Italien begeben mußten.
*

Nach dieser Vernichtung der mazedonischen Großmacht sah sich die


römische Balkanpolitik zunächst vor zwei Aufgaben: der Befriedung der
innergriechischen Streitigkeiten und der Ausrottung des illyrischen Kor-
sarenturns.
Die Geschichte des Unterganges der griechischen Freiheit klingt noch
in einem letzten kurzen Nachspiel aus. Als die Kräfte Roms im Westen
durch den Dritten Punischen Krieg (149—146) gebunden schienen,
führte die Unzufriedenheit mit der drückend empfundenen Römerherr-
schaft auf dem Peloponnes zu dem aussichtslosen Versuch des Achäischen
Bundes, dagegen aufzubegehren. Diese Auflehnung endete damit, daß
nunmehr auch der letzte Scheinrest der alten hellenischen Selbständig-
keit verschwand. Der Achäische Bund wurde aufgelöst. Alle Gemeinden,
die sich an der Erhebung beteiligt hatten, wurden den Römern tribut-
pflichtig. Uber den Hauptort des Achäischen Bundes, die blühende
Handelsstadt Korinth, brach ein furchtbares Strafgericht herein. Nachdem
sie geplündert und ihrer Kunstschätze beraubt worden war, wurde sie
von dem Konsul 'Mummius völlig zerstört. Diese Zerstörung von "Korinth
(146) bedeutete für den Peloponnes und für Gesamtgriechenland den
Anbruch der unmittelbaren Römerherrschaft.
Wie erschütternd dieses Ereignis auf alle griechischen Menschen ge-
wirkt hat, zeigen die ergreifenden Verse, in denen der zeitgenössische
11 Ausrottung des illyrischen Korsarentums

Dichter Antipatros von Sidon die Zerstörung des herrlichen Korinth be-
klagt hat:
„Wohin sdbwand deine Schönheit, Xorinth, die einst so berühmte?
'Wo blieb der Türme 'Kranz, wo sind die Schätze von einst ?
Wo sind die ¡Tempel der Götter, die Häuser, und wo sind die Trauen
Jus des Sisyphos Stamm, wo ist das zahllose Volk?
'."Nidht einmal eine Spur ist von dir, du Arme, geblieben.
Alles hat gierigen Griffs tödlidh vernidhtet der Krieg.
Einzig nur wir Nereiden, Okeanos' göttliche Tödbter,
Singen von deinem Leid ewig ein klagendes £ied."
Danach wurde Gesamtgriechenland (mit Einschluß von Mazedonien,
wo die vier Bezirke verschwanden) zu einer einzigen römischen Provinz
vereinigt. Thessalonike wurde der Sitz des römischen Statthalters.
*

Die Ausrottung des illyrischen Korsarentums, die schon durch den


Krieg gegen Teuta eingeleitet war, gelang erst nach schweren und lang-
wierigen Kämpfen. Der nächste große Schlag wurde im Jahre 168 durch
den Sieg über den illyrischen König Genthius geführt. Damals kam das
Gebiet südlich der Narenta unter römische Oberherrschaft. Aber auch
dadurch war das Seeräuberhandwerk, das in dem Inselgewirr Dalmatiens
einzigartige Schlupfwinkel fand, noch nicht beseitigt. Erst schritt-
weise gelang es dann in der Folgezeit den Römern, die Korsarenplage
auszurotten. Aber noch lange machte das illyrische Korsarentum den
Römern zu schaffen. Im Jahre 135 plünderten die Ardiäer im Bunde
mit den Pleräern als Piraten die römische Provinz Illyrien. Daraufhin
wurden diese Stämme durch eine starke römische Strafexpedition ge-
züchtigt. Die Ardiäer wurden, um ihnen ein für allemal das Seeräuber-
handwerk abzugewöhnen, in das Binnenland verpflanzt und gezwungen,
zum Ackerbau zurückzukehren.
Bei dem großen Aufschwung der Seeräuberei zu Beginn des 1. Jahr-
hunderts v. Chr. spielte auch die Adria wieder eine bedeutsame Rolle.
Als Pompejus zur Bekämpfung der Seeräuber das ganze Mittelmeer in
13 Flottenbezirke einteilte (67 v. Chr.), wurde auch für die Adria ein
solcher Befehlsbereich geschaffen. Aber auch in der Folgezeit erfahren
wir weiterhin dann und wann von Raubfahrten der illyrischen Korsaren.
Wegen ihrer Seeräubereien brach im Jahre 35 v. Chr. über die Bewohner
der Inseln Curzola und Meleda ein schweres Strafgericht herein. Die
Kämpfe mit den Dalmaten 23

jüngeren Männer wurden hingerichtet, die übrigen als Sklaven verkauft.


Die benachbarten Liburner mußten ihre Schiffe ausliefern. Bald danadi
errichtete Augustus in Ravenna eine große Flottenstation mit Werften
(um 20 v. Chr.), und zur straffen Handhabung der Seepolizei wurde in
Salona ein eigenes Geschwader stationiert. Damit war endlich den illy-
rischen Korsaren auf Jahrhunderte hinaus das räuberische Handwerk
gelegt. Bis in die letzten Inselbuchten hinein war die Adria im Schatten
der Vax Romana befriedet. Nun da die Schiffahrt sicher geworden war,
erlebten die Küstenlandschaften einen mächtigen wirtschaftlichen Auf-
schwung, der bis in die späte römische Kaiserzeit währte.
*

Zu noch schwereren Kämpfen führte die Eroberung und Befriedung


des Binnenlandes. Schon nach dem Siege über Genthixis war die römische
Machtausbreitung mit dem Kriegervolke der Dalmaten zusammen-
gestoßen. Diese Völkerschaft war primitiver als die anderen Küsten-
stämme. An den Äckern wurde kein Sondereigentum anerkannt, sondern
der Grund und Boden wurde alle acht Jahre neu unter die Stammes-
genossen aufgeteilt. Gemünztes Geld war unbekannt (Strabo VII, 315).
Da die Forderungen einer römischen Gesandtschaft von den Dalmaten
abgelehnt wurden, eröffnete Rom den Krieg. Aber erst nach langen
Kälmpfan konnte die dalmatische Hauptstadt Delminium (bei: Zupanjac
im Dxrvno polje) erobert werden (155 v. Chr.). Ein großer Teil der Dal-
maten wurde damals in die Sklaverei verkauft.
Nach 129 wurden die im kroatisch-krainischen Grenzgebiet sitzenden
kriegsberühmten Japoden, die ihren Hauptort in Metulum hatten, teil-
weise unterworfen. In der Folgezeit kam es dann immer wieder zu Er-
hebungen der Dalmaten, gegen die in den Jahren 119—117 und 78—76
römische Feldzüge nötig wurden. Im Jahre 51 v. Chr. griffen sie das
Nachbarvolk der Liburner an und vernichteten eine gegen sie ausgesandte
römische Abteilung. Im Winter 48—47 fand sogar ein von A. Gabinius
geführtes römisches Heer im Kampfe gegen sie den Untergang. In dem
bewaldeten und schluchtenreichen Gelände bei Sinotium (Sinjskopolje)
geriet der römische Verband in einen Hinterhalt der Dalmaten. 2000
Soldaten, 38 Centurionen und 4 Tribunen blieben auf dem Platze. Die
Feldzeichen fielen in die Hände der Feinde.
Durch diesen Sieg stieg das Ansehen der Dalmaten unter den be-
nachbarten Völkerschaften gewaltig an. Im Jahre 46 unterwarfen sie sich
24 Bellum Batantamum

freilich Caesar, stellten Geiseln und zahlten Tribute. Trotzdem brachen


noch vor dem T o d e Caesars erneute Kämpfe aus, und nach Caesars
Ermordung erhoben sie sich wiederum. Im Jahre 4 4 v. Chr. wurden von
ihnen 5 römische Kohorten vernichtet und ihre Feldzeichen erobert.
Erst nach der Beendigung -des Bürgerkrieges konnte Octavianus
Augustus darangehen, die römische Herrschaft über die Dalmaten und
ihre Nachbarstämme wiederherzustellen. Im Jahre 35 wurden die Japo-
den, im folgenden Jahre nach harten Kämpfen die Dalmaten unter-
worfen. Durch kleine befestigte Garnisonen wurde das eroberte Ge-
biet gesichert. An den Grenzen des Dalmatenlandes wurden die Festun-
gen Gardun (an der Cetina) und Burnum (an der Krka) errichtet.
Aber der trotzige Freiheitswille dieses Kriegervolkes bäumte sich
immer wieder gegen die römische Herrschaft auf. In den Jahren 16, 11
und 10 v. Chr. hatten die Römer abermals mit Aufständen der Dalmaten
zu kämpfen, die vor allem durch 'Rekrutenaushebung und Steuer-
einziehung veranlaßt worden waren. Im Jahre 6 n. Chr. brach dann
jene Erhebung los, die sich durch die Teilnahme der anderen Völker-
schaften Dalmatiens und Pannoniens zu dem großen illyrisch-pannoni-
schen Freiheitskrieg ( 6 — 9 n. Chr.) ausweitete. Der Führer dieser Er-
hebung war der Daesitiate Bato, nach dem der Krieg als „bellum Bato-
nianum" bezeichnet wurde. Auch in diesem letzten großen Versuch der
illyrischen und pannonischen Stämme, die Römerherrschaft abzuschütteln,
spielte das Dalmatenland eine wichtige Rolle. Dort dauerte der Wider-
stand bis zuletzt an. Als die Erhebung schon in allen anderen Land-
schaften vor der Übermacht römischer Kriegskunst zusammengebrochen
war, zog sich Bato nach der Festung Andetrium zurück, mit deren Fall
der Krieg im wesentlichen zu Ende war.
Dieses Beispiel der Dalmaten zeigt, auf welchen harten Widerstand
das römische Vordringen bei den kriegerischen Stämmen des illyrischen
Nordwestbalkans traf. Rom hat nicht weniger als 160 Jahre gebraucht,
um durch zahlreiche Feldzüge den Freiheitswillen dieser Völkerschaften
endgültig zu brechen.
Der Ausgang des illyrisch-pannonischen Freiheitskrieges sicherte auch
die Herrschaft Roms über Pannonien — das Gebiet zwischen Drau und
Donau. Des Augustus Feldherr Vibius vollendete die Eroberung und Kaiser
Tiberius sicherte das eroberte Land, das zur römischen Provinz wurde.
Seit dem Zusammenbruch des illyrisch-pannonischen Freiheitskrieges
war die römische Herrschaft im Nordwestbalkan und an der mittleren
Eroberung Mösiens 15

Donau unbestritten. Der Tatendrang der kriegslustigen Stämme wurde


durch Rekrutierung für Heer und Marine gedämpft. So sind auch die
Nachkommen der ehemals gefürchteten Korsaren bald zu fleißigen Bauern
geworden.
*

In den mittel- und ostbalkanischen Landschaften stieß die römische


Eroberung nicht auf solchen nachhaltigen Widerstand. Mazedonien war
seit der Auslöschung der Eigenstaatlichkeit (168) im Innern befriedet.
Von Norden und Osten her wurde es freilich ständig durch Einfälle der
Nachbarstämme — Dardaner, Skordisker, Thrazier, Mösier, Bastarner
— beunruhigt. In Abwehr dieser Grenzgefahren wurde die römische
Herrschaft genötigt, sich immer weiter vorzuschieben. Die eroberten
Landschaften wurden zunächst der Provinz Mazedonien einverleibt,
dann wurden sie nach und nach als eigene Provinzen verselbständigt.
Diese schrittweise Durchdringung der ostbalkanischen Gebiete zog sich
ein volles Jahrhundert hin. Schon um 108 v. Chr. waren die Bessen und
die übrigen Thrazier in einer großen Schlacht am Hebros (Manitza) von
den Römern besiegt worden. Aber sie konnten ihre Freiheit behaupten
und wurden in den darauffolgenden Jahrzehnten, von Mithridates auf-
gestachelt, der römischen Herrschaft wieder besonders gefährlich. Bis
nach Epirus hinein erstreckten sich damals ihre Raubzüge. Nach dem
römischen Sieg über Mithridates wurden dann auch die Thrazier ge-
züchtigt.
In jenen Jahren wurde von Mazedonien aus auch Mösien — das Ufer-
land der Donau — unterworfen (75 v. Chr.). Aber bald kam es erneut
zu einer großen Erhebung der einheimischen Stämme, in die von jenseits
der Donau auch die unter König Burebista geeinigten dazischen Stämme
und die germanischen Bastarner eingriffen. Die dazische Gefahr war da-
mals so drohend, daß Caesar alle Vorbereitungen zu einem großen
Feldzug traf und schon Truppen nach Illyrien hinübersandte, als ihn sein
früher Tod (44 v. Chr.) an der Durchführung dieses Planes hinderte.
Nach dem etwa gleichzeitigen Tode Burebistas zerfiel das großdazische
Reich wieder in mehrere Teilfürstentümer, die eingeborenen Stämme und
die Griechen Städte an der Schwarzmeerküste gewannen ihre Selbständig-
keit zurück.
Nach der Beseitigung der dazischen Gefahr war die römische Herr-
schaft auch an der unteren Donau gesichert. Mösien wurde durch
26 Eroberung Thraziens

M. Licinius Cfassus zum zweiten Male und dieses Mal endgültig unter-
worfen (29 v. Chr.). Der östliche Teil wurde zunächst mit der römi-
schen Provinz Thrazien vereinigt (ripa Jbraciae), der westliche wurde
eingeborenen Fürsten überwiesen.
Nach mehreren früheren örtlichen Aufständen kam es in den Jahren
11—9 v. Chr. zu einer großen Erhebung der Thrazier. Erst nach der
Unterdrückung dieser Freiheitsbewegung war die Ruhe an der unteren
Donau vorläufig gesichert.
Kaiser Augustus errichtete dort ein ständiges Militärkommando,
woraus sich dann die Provinz Moesien entwickelte. Als während des
illyrisch-pannonischen Freiheitskrieges (6—9 n. Chr.) die Truppenver-
bände von der unteren Donau nach Pannonien abgezogen werden muß-
ten, kam es wiederholt zu Einfällen dazischer und sarmatischer Völker-
schaften. Einem solchen Raubüberfall fiel das im Donaudelta gelegene
römische Aegisua (Tulcea) zum Opfer. Sogar das wichtige Tomi (Kon-
stanza) wurde damals durch die Geten bedroht.
Zunächst geboten im mittleren und östlichen Teil von Niedermösien
noch die getischen Stammesfürsten. Dann wurde das östliche Gebiet dem
Odrysenfürsten unterstellt, der die Verteidigung der Ripa Jbraciae und
der Scythia "Minor (Dobrudscha) gegen die Einfälle der Barbaren über-
nahm. Gegen den großen illyrisch-pannonischen Aufstand (6—9 n. Chr.)
waren beide Odrysenfürsten als römische Vasallen zu Felde gezogen.
Später gab es freilich ernste Verwicklungen mit dem Odrysenfürsten
Rhaskuporis, als dieser eine verdächtig selbständige Politik einschlug.
Trotzdem suchte Rom einen Feldzug gegen ihn zu vermeiden. In Thra-
zien lebten noch immer zahlreiche freiheitsstolze Stämme. Ihr Wider-
stand hätte einen Rückhalt an den kriegerischen Völkerschaften jenseits
der Donau gefunden und wäre daher nur unter starkem Truppenauf-
gebot zu brechen gewesen. Rhaskuporis wurde durch eine List in
römische Gefangenschaft gelockt und auf diese Weise unschädlich ge-
macht (um 18 n. Chr.).
Freilich kostete es noch viele Kämpfe, bis Thrazien wirklich befriedet
war. Die römische Rechtsprechung und die beginnende Rekruten-
aushebung schürten die Unzufriedenheit der eingeborenen Stämme. Im
Jahre 21 n. Chr. kam es zu einem großen Aufstand der Odrysen, Dier
und Koitaleten, der freilich vor dem festen Philippopel scheiterte. Ge-
fährlicher war die Erhebung des Jahres 26, die ebenfalls durch Rekruten-
aushebung ausgelöst worden war. Doch gelang es dem römischen Be-
Befriedung Thraziens 27

fehlshaber Sabinus, diesen Aufstand ebensosehr durch kluge politische


Berechnung wie durch Waffengewalt niederzuwerfen. Er erlaubte den
Thraziern des Rhoimetalkes, die an der römischen Sache festhielten, die
Plünderung des aufständischen Gebietes. Dadurch wurden sie erst recht
für die römische Sache gewonnen, in den Augen der thrazischen Frei-
heitskämpfer aber galten sie um so mehr als verabscheuungswürdige
Verräter und Überläufer. Nachdem auf solche Weise die Thrazier in
sich aufgespalten waren, erlag der thrazische Aufstand bald der Über-
macht der römischen Waffen. Trotz heldenmütigen Widerstandes wurde
die zusammenschmelzende Streitmacht der Aufständischen sdiließlidi in
einer großen, aus zahlreichen Hügeln bestehenden Fliehburg ein-
geschlossen, wohin neben den Kämpfern auch Weiber und Kinder, sowie
die Viehherden geflüchtet waren. Durch Hunger, Durst und aus-
brechende Seuchen wurde schließlich der Widerstandswille der Belager-
ten gebrochen. Ein Teil fiel bei einem letzten verzweifelten Durchbruchs-
versuch, andere machten ihrem Leben ein Ende, ein Rest ergab sich.
Damit war die römische Herrschaft in Thrazien endgültig gesichert.
Durch die örtlichen Unruhen, die auch in der Folgezeit gelegentlich
immer wieder aufflackerten, konnte sie nicht mehr erschüttert werden.
Die thrazischen Stämme — vor allem der kriegsberühmte Gebirgs-
stamm der Bessen — stellten dem römischen Reichsheer ausgezeichnete
Soldaten. Noch eine spätrömische Quelle berichtet darüber: „. . . . maxi-
mos babens viros et fortes in bellos. Vropter cjuod et frec/uenter inde
mitties toliuntur" (Expos, tot. mundi 50). Unter den römischen Auxiliar-
truppen gab es zahlreiche „cohortes" und „alae Thracum". Auch in den
hauptstädtischen Truppenverbänden und in der Reichsflotte dienten
viele Thrazier. Seit dem 1. Jahrhundert erscheinen dann auch in den
Legionen thrazische Soldaten.
*

Der Sicherung der römischen Herrschaft folgte jeweils die Errichtung


neuer Provinzen. Nachdem schon im Jahre 27 v. Chr. Griechenland als
eigene Provinz Achaia von der bisherigen Provinz Mazedonien ab-
getrennt worden war, wurde im Jahre 44 n. Chr. zur besseren Sicherung
der unteren Donau auch Mösien von Mazedonien getrennt und einem
eigenen Statthalter unterstellt. Bereits im nächsten Jahre folgte die Er-
richtung der Provinz Thrazien, wo sich der versuchte Weg einer Klientel-
herrschaft nicht aiuf die Dauer bewährt hatte. Thrazien behielt auch als
28 Trajan

Provinz seinen gesamten bisherigen /Umfang mit Einschluß des Gebietes


nördlich des Balkangebirges. Gleichzeitig erfolgte auch eine Erweiterung
der Provinz Mösien, zu der auch der letzte Abschnitt des rediten Donau-
ufers mit der Ripa Jhraciae und wahrscheinlich auch die davorliegende
Schwarzmeerküste mit den 5 alten griechischen Städten kam.
In den folgenden Jahrzehnten kam es immer wieder zu großen Ein-
fällen barbarischer Völkerschaften (Dazier, Sarmaten, Roxolanen). Die
zunehmende Gefahr, die von den Daziern drohte, führte dann unter
Kaiser Domitian (81—96) dazu, daß der Schwerpunkt der Grenzver-
teidigung vom Rhein an die Donau rückte. Die Provinz Mösien wurde
um 86 n. Chr. in die beiden Provinzen Obermösien (Moesia superior)
und Niedermösien (CWoesia inferior) geteilt. Der Statthalter von Ober-
mösien saß in Naissus (Niisch), der Statthalter von Niedermösien,
dem zunächst noch ganz Thrazien unterstand, in Totmi (Konstanza).
Der nördliche Teil der Scythia minor (Dobrudscha) wurde den Barbaren
überlassen, der südliche wurde durch einen Erdv/all und Kastelle gesichert.

Jrajan, der Vollender der römischen Herrschaft

Die bleibende Befriedung der Donauprovinzen war das große Werk


des Kaisers Trajan (98—117 n. Chr.). Er hat die dazische Gefahr, die
seit zwei Jahrhunderten wie ein Alpdruck über der römischen Herrschaft
an der unteren Donau hing, in zwei kühnen Feldzügen beseitigt.
Im ersten Feldzug wurde der Dazierkönig Decebalus durch Besetzung
der Königsburg Sarmizegetusa und des umliegenden Landes zum Frie-
densschluß genötigt (102). Als nach einigen Jahren der Kampf wieder
auflebte, eroberte Trajan in einem zweiten Feldzxxg das ganze Land.
Der Selbstmord des Deeebalus (106) beendete den Krieg. Das Land der
Dazier — Siebenbürgen und die umliegenden Gebiete — wurde als römi-
sche Provinz nach dem siegreichen Kaiser benannt: Dada Cfrajana.
Die eingeborene Bevölkerung Siebenbürgens scheint nach der Erobe-
rung großenteils ausgewandert zu sein. Die Provinz war völlig befriedet.
Wir hören nichts von Aufständen. Zur Neubesiedlung ließ Trajan aus
zahlreichen Provinzen Kolonisten zusammenholen. Die meisten kamen
aus Dalrnatien, Bosnien und Kleinasien, viele aus den Landschaften an
der mittleren und oberen Donau. Ein großer Teil der neuen Siedler
waren Bergleute, unter ihnen die Pirusten aus Dalrnatien, die im Gebiete
Dacia. Trajana 29

der Goldbergwerke angesiedelt wurden (Vicus Pirustarum). Durch die


Erbauung von Straßen und die Gründung von Städten sorgte der Kaiser
für die Erschließung und Sicherung der neugewonnenen Provinz. Auch
die Königsstadt Sarmizegetusa wurde damals zur römischen Kolonie
erhoben.
Alle die verschiedenstämmigen Elemente, die nach dem durch reiche
Gold- und Salzlager berühmten Bergbaugebiete Siebenbürgens zusammen-
strömten, wurden wie in einem mächtigen Schmelztiegel rasch zu einem
einheitlichen Volkstum verschmolzen. Da die Kolonisten aus der latei-
nischen Westhälfte des Reiches bei weitem überwogen, setzte sich die
lateinische Sprache allgemein durch. Die Ausstrahlungspunkte dieser
Romanisierung waren die Städte, unter denen Apulum und Sarmizege-
tusa hervorragten, und die zahlreichen Bergbausiedlungen.
Freilich blieb diese vorgeschobene Provinz, die wie eine Bastion in das
Feindland vorsprang, allezeit gefährdet und konnte nur durch starke
Besatzungen gegen die Raubgier der umwohnenden Barbarenstämme ge-
sichert werden. Es gab zahlreiche Kastelle und Lagerdörfer. Um die
Kernlandschaft des inneren Siebenbürgen, die von reichem munizipalen
Leben erfüllt war, legte sich ein Ring militärisch gesicherter Grenzgebiete.
Ringsum übernahmen zahlreiche Kastelle (gewöhnlich als Sperrforts an-
gelegt) die Abwehr der ständig drohenden Barbareneinfälle. Durch vier
ebenfalls durch Kastelle gesicherte Straßen war die Provinz mit dem
übrigen Reichsgebiet verbunden. Die eine führte längs der Alt (Aluta)
zur Donau, die andere von Sarmizegetusa nach Dierna (Orsova). Die
beiden anderen Straßen führten mitten durch das Barbarenland, die
eine von dem westlichen Siebenbürgen quer durch die Theiß-Ebene zur
mittleren Donau, die andere von den Ostkarpaten zum Donaiuknie
bei Braila (Noviodunum).
*

Auch im Süden der Donau wurde Trajan zum Festiger und Vollender
der römischen Herrschaft. In den Kriegen gegen die Dazier hatte Mösien
als Aufmarschgebiet für die römischen Truppen besondere Bedeutung
erlangt. Das angrenzende Stammgebiet der Roxolanen, deren Einfall den
Krieg ausgelöst hatte, wurde schon während der beiden Feldzüge der
Provinzverwaltung von Obermösien unterstellt. Andere Umgestaltungen
vollzogen sich weiter ostwärts. Die Provinz Thracia wurde nach Norden
erweitert. Das dünn besiedelte Gebiet der großen Walachei ostwärts vom
30 Sdiwarzmeerküste

Flusse Alt wurde der Provinz Niedermösien in loser Form angeschlossen.


Das Städtewesen, das in Mösien und Thrazien bis dahin wenig ent-
wickelt war, wurde von Trajan mächtig gefördert. Der Kaiser gründete
eine Anzahl neuer Städte (Tropaeum Trajani, Nicopolis ad Istrum,
Marcianopolis) und stattete viele schon bestehende mit römischem Rechte
aus. Später — seit der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts — erhielten
dann vielfach auch wichtige Dörfer das Municipalrecht oder mußten
eine Kolonie römischer Veteranen aufnehmen.
Trajans Wirken reichte noch weiter. Unter ihm griff die römische
Herrschaft von der Küste Niedermösiens aus nach den weiter nördlich
gelegenen Griechenstädten, die sich gerne der römischen Oberhoheit
unterstellten, um dadurch gegen die ewige Bedrohung aus der skythi-
schen Steppe gesichert zu sein. Unter Trajan erscheint eine römische
Garnison in Tyras (Akkerman), unter Hadrian in Olbia (Nikolajev). Als
dann unter Kaiser Antcxninus Pius (138—161) der skythische Druck gegen
Olbia wuchs, griffen die Römer auch auf dem taurischen Chersonnes
(Halbinsel Krim) ein und unterwarfen ihn ihrer Herrschaft. Der Statt-
halter von Niedermösien war nunmehr auch für die Verteidigung dieses
gesamten vorgeschobenen Küstenabschnittes verantwortlich.
Dieses starke Interesse Roms an der ukrainischen Sdiwarzmeerküste
war nicht nur in militärischen, sondern vor allem auch in wirtschaft-
lichen Erwägungen begründet. Die Getreideversorgung Niedermösiens
erfolgte von dort.
Das Leben in diesen äußersten Vorposten der griechisch-römischen
Mittelmeerwelt war hart und gefahrenerfüllt. Dion Chrysostomos von
Prusa (um 100 n. Chr.) berichtet von seinem Aufenthalt in Olbia, daß
dort die Bewohner stets in Waffen gehen und nur eine kümmerliche
griechische Mundart sprechen. Von diesen Verhältnissen an der ewig
unruhigen Barbarengrenze gibt uns ein Wandgemälde auf der Halb-
insel Krim ein anschauliches Bild: Ein Gutsherr reitet bewaffnet mit
seinem Gefolge über seinen Besitz, wo die hörigen Bauern in ärmlichen
Erdhütten hausen. Auch diese sind gezwungen, Pfeil und Bogen ständig
zur Hand zu haben, um etwa auftauchende Skythenschwärme abwehren
zu können.
Die Erschütterungen des großen Markomannenkrieges (166—180)
haben freilich auch die Gebiete an der unteren Donau nicht unberührt
gelassen. Die Grenzverteidigung der Provinz Daoia Trajana wurde
überrannt. Der Statthalter Marcus Claudius Fronto starb im Gefechte
Römische Eroberer und Hellas 31

gegen Germanen und Jazygen den Soldatentod. Damals drangen bar-


barische Völkerschaften sogar bis nach Mösien vor. Im Jahre 170 er-
scheinen daher die Provinzeit Dazien und Obermösien in der Hand eines
einzigen Statthalters vereinigt. Dann gab es unter Caracalla (211—217)
und Macrinus (217—218) auch schwere Kämpfe mit den Stämmen
freier Dazier, die im Norden der Provinz Dazien wohnten. Aber alle
diese Barbarenanstürme wurden abgeschlagen, die römische Provinz
Dazien — das Werk des großen Trajan — behauptete sich noch auf
ein weiteres Jahrhundert — bis zum Ansturm des gotischen Stämme-
bundes.
Kein anderer in der langen Reihe der römischen Kaiser bedeutete so
viel für die Festigung der römischen Herrschaft in den Donauprovinzen
wie Trajan. So prägte sich sein Name tief in die Erinnerung ein und lebt
noch heute bei den Balkanvölkern fort, gewöhnlich umgestaltet in Trojan
und manchmal auf wunderliche Weise in Verbindung gebracht mit der
Sage vom trojanischen Krieg. U n d in dem volkstümlichen Geschichts-
bewußtsein der heutigen Rumänen gilt der kaiserliche Eroberer und
Kolonisator Siebenbürgens als Ahnherr der rumänischen Nation.

Die römischen Eroberer und "Hellas

Der Partikularismus der griechischen Kleinstaaten hatte es dem


römischen Eroberer leicht gemacht, in der Rolle des Schiedsrichters und
Friedensbringers Schritt um Schritt die Macht über die griechische Welt
zu gewinnen. Diese Herrschaft wurde zunächst — wenn wir von der
barbarischen Zerstörung Korinths absehen — in maßvoller Weise aus-
geübt. Die römischen Eroberer sind rasch dem Zauber der überlegenen
hellenischen Kultur erlegen. „ Qraecia capta ferum victorem cepit et artes
intulit agresti Latio." Seit der Scipionenzeit spüren wir in Rom das
Streben, sich wenigstens dem Geiste nach zu hellenisieren. Es ist mehr
als diplomatische Klugheit, wenn damals aus römischem Munde Rom
als Schild und Schwert der Griedien bezeichnet wird.
Cäsar, der größte aller römischen Philhellenen, hat dann die Schmach
von Korinth wieder gut gemacht. Auf seinen Befehl, aber wahrscheinlich
erst kurz nach seinem Tode (44 v. Chr.) wurde Korinth als römische
Bürgerkolonie mit dem Namen £aus Julia Corinthus neu begründet. Die
rasch emporblühende Stadt wurde dann auch zum Sitze des Provinz-
32 Gründung von NJkopolis

Statthalters von Achaia. Diese philhellenisthe Politik wurde von dem


römischen Kaisertum noch entschiedener fortgesetzt. Zahlreiche Gemein-
wesen — nicht nur Athen und Sparta — waren von der Gewalt der
römischen Provinzverwaltung und von der Steuerzahlung an das Reich
ausgenommen, vor allem die durch wirtschaftliche Bedeutung oder große
Vergangenheit hervorragenden Städte. Augustus gründete als Mittel-
punkt des römischen Hellenismus an der Stelle, wo vor der Entschei-
dungsschlacht bei Aktium sein Hauptquartier gestanden hatte, die
„Siegesstadt" Nikopolis. Die Bevölkerung der neuen Stadt gewann
Augustus durch Zusammensiedlung der Bewohner aus umliegenden Ort-
schaften, so wie es ein zeitgenössischer Dichter besingt:

„An Ambrakias Statt und des amphilodhisdhen Argos,


an Jbyreions und an Anaktorions Statt
audh an Leukas' Statt und was von Städten noch ringsum
rasend des Ares Speer weiter zu Boden gestreckt,
gründet die Siegesstadt Caesar, die heilige, also dem Xönig
Pboebus Apollo mit ihr dankend den aktisdhen Sieg."
Auch die folgenden Kaiser wandten Griechenland ihre besondere Sorge
zu. So erhob Kaiser Tiberius Adiaia zur „kaiserlichen" Provinz.
Wie ein groteskes Nachspiel des augusteischen Philhellenismus mutet es
an, daß Nero zum Dank für die Anerkennung, die seine künstlerischen
Versuche in Hellas gefunden hatten, bei den isthmischen Spielen in
Korinth alle Griechen für „frei" von der römischen Herrschaft erklärte
(66 oder 67). Da es sofort allerorts zu bürgerkrilegsartigen Streitigkeiten
kam, stellte Vespasian schon nach wenigen Monatein die bisherige
Provinzialverwaltung wieder her — mit der trockenen Begründung, die
Griechen hätten es verlernt, von ihrer Freiheit den rechten Gebrauch
zu machen.
*

Die römischen Eroberer haben sich in der Rolle der Schutzherren, über
die griechische Kultur gefallen. Römische Bewunderer des griechischen
Geistes pilgerten voll Ehrfurcht nach Athen und Sparta. Auf dem Pelo-
ponnes nahm Sparta unter dem Sdiutze und mit der Begünstigung der
Römer einen Ehrenvorrang ein. Dabei verstand es jedoch die weitsichtige
römische Politik sehr geschickt, durch zeitweilige Begünstigung der pelo-
ponnesischen Nachbarlandschaften Spartas zu verhindern, daß dieses den
Gesellschaftliches und kulturelles Leben in Hellas
33

ihm eingeräumten Ehrenvorrang wieder zu einer wirklichen Vormacht-


stellung erweitere.
Sparta hatte zu jener Zeit bereits längst die alte strenge dreistufige
Gliederung in Spartiaten, Periöken und Heloten verloren. Die ehemalige
Herrenschicht der kriegerischen Spartiaten hatte ihre Vormachtstellung
und ihren Grundbesitz größtenteils eingebüßt. Viele von ihnen hatten
bescheidene Zivilberufe ergriffen. Die alten Gegensätze zu den benach-
barten Landschaften starben mehr und mehr ab, sogar zu Messenien,
das von den Römern durch einen Schiedsspruch gegen Sparta in Schutz
genommen wurde. Aber dieses merkwürdige spartanische Gemeinwesen
hielt auch weiterhin in geradezu lebensfremder Beharrlichkeit an den
altüberkommenen soldatischen Formen des öffentlichen Lebens und der
Erziehung fest, obwohl diese Formen seit dem Machtverfall des ehe-
maligen altspartanischen Kriegerstaates längst leere Gefäße geworden
waren, denen der lebendige Inhalt fehlte. W i e sehr der echtspartanische
Geist doch schon erloschen war, zeigt die Tatsache, daß auch Sparta
die damals übliche religiöse Verehrung der Kaiser übernahm: es wurden
Tempel für Caesar und Augustus errichtet.
Griechenland wurde damals das Land des Fremdenverkehrs und der
feinen Bildung. Der Strom bildungshungriger Fremden wurde an erster
Stelle natürlich von dem, noch immer glanzvollen Athen angezogen, das
von Kaiser Hadrian (117—138) und von Herodes Attikos mit neuen
Bauten verschönert wurde. Aber auch die anderen klassischen Stätten
waren vielbesuchte Ziele, vor allem Sparta, Olympia und Korinth.
Das gesellschaftliche und kulturelle Leben Griechenlands war in dieser
Zeit des erneuten Aufschwungs von inneren Gegensätzlichkeiten und
Widersprüchen erfüllt. Unvermittelt standen hier nebeneinander: krasser
Aberglaube und feinste Geistesbildung, eine Verrohung des Geschmackes
in den Massen (Amphitheater) und ein erlesener Kunstsinn bei einigen
wenigen Sammlern und Mäzenaten, ärmliche Lebensführung des Volkes
und protziger Prunk der Vornehmen, die gewaltige Geldsummen daran-
setzten, xtm sich äußere Auszeichnungen und Titel zu erkaufen. Unleug-
bar aber nahm im 1. Jahrhundert n. Chr. das allgemeine Bildungsleiben
wieder einen beachtlichen Aufschwung. Erneut erwachte der alte wissen-
schaftliche und künstlerische Sinn.
Die politische Geschichte Griechenlands unter der Römerherrschaft
war recht unerfreulich. Die Tatenlust dieses Volkes, dem eine kraftvolle
Betätigung nach außen versperrt war, drängte nach innen. Dazu kam
3 Stadtmüller, Geschichte Südosteuropas
34 Donau-Limes

die den Griechen seit jeher angeborene Sucht nach innerem Hader, der
durch die Römerherrschaft nur oberflächlich eingedämmt, aber nicht be-
seitigt und ausgerottet wurde. An die Stelle der ehemaligen Lokalkriege
zwischen den einzelnen Landschaften traten nunmehr endlose Prozeß-
streitigkeiten. Und sobald die straffe römische Herrschaft und Verwal-
tung einmal erschüttert wurde und in Unordnung geriet, loderten auch
die Kriege zwischen benachbarten Landschaften sofort wieder auf, so
als nach dem Sturze des Kaisers Nero allgemeine Thronwirren aus-
brachen. (68 n. Chr.)

Armee und Reidbsverteidigung

Die nächste Aufgabe nach der Eroberung und Befriedung der Balkan-
halbinsel war der Aufbau einer starken Grenzverteidigung. Die Reichs-
grenze gegen das nördlich angrenzende Barbarenland deckte sich bis
in die Zeit Trajans mit der Donau. Dort mußte alle Zeit mit den Ein-
fällen barbarischer Heerhaufen gerechnet werden. Der Stromlauf war
trotz seiner Breite von kleinen Feindgruppen leicht zu überschreiten, für
Verteidiger aber war eine lückenlos wirksame Kontrolle kaum möglich.
Das Flachufer auf der linken Stromseite mit seinen mächtigen Auwäldern
gewährte auch stärkeren feindlichen Aufgeboten die Möglichkeit, sich
unbeobachtet zu versammeln, und die zahlreichen bewaldeten Inseln, die
bis in die Nähe des rechten Stromufers herüberreichten, sowie die vielen
Seitenarme boten bequeme Späh- und Schlupfwinkel. Im Winter kam als
weitere Erleichterung für einen Angreifer die Eisdecke hinzu. Diese
Grenzverhältnisse waren so unsicher, daß auch volksfremde Freibeuter
sich in den Auwäldern herumtrieben, von der Aussicht auf gewinn-
bringende Raiubfahrt in römisches Provinzland angelockt.
Zur Sicherung der neugewonnenen Provinzen südlich der Donau ent-
stand ein Donau-Limes. Seine Anfänge gehen wahrscheinlich auf
Augustus zurück. In der Folgezeit wurde er dann immer stärker aus-
gebaut. An den wichtigen Punkten längs des Stromes entstanden große
Legionslager. S o in Oberpannonien Vindobona ( W i e n ) , Cannuntum
(Petronell), Brigetio (Komorn), in Unterpannonien Aquincum (Altofen),
Acumincum (wahrscheinlich Peterwardein), in Obermösien Skigidunum
(Belgrad), Viminacium (Kostolac), in Niedermösien Novae (Swischtov),
Durostorum (Silistria), Troesmis (Iglitza). Gegenüber von diesen großen
Donau-Limes 35

Garnisonen gab es auf das barbarische Feindufer vorgeschobene Brücken-


köpfe. Die einzelnen Standorte waren unter sich und mit dem rück-
wärtigen Gebiete durch gute Straßen verbunden. Auf dem Strom patrouil-
lierten die Wachtschiffe der Donauflotte, die in gewissen Abständen ihre
Stationen hatten.
In den folgenden Jahrhunderten wurde an der Verstärkung des Donau-
Limes immer weiter gearbeitet. Um die Raubüberfälle der gegenüber-
wohnenden Barbarenstämme und einzelner Banden (latruncuii), von
denen die Grenze stets unsicher gemacht wurde, zu erschweren, wurde
der Linnes zu einem engmaschigen Netz von praesidia und burtji
ausgebaut. Solange dieser Donau-Limes mit Truppen besetzt war, hat er
seine Dienste getan und den Ansturm der Barbaren festgehalten. Als
die römische Armee verfiel, war auch der Limes nicht mehr imstande, die
Springflut der germanischen Völkerwanderung abzudämmen.
In den beiden ersten Jahrhunderten nach der römischen Eroberung lag
das Schwergewicht der römischen Besatzungsmacht in dem illyrischen
Nordwestbalkan und in der vorgeschobenen Provinz Pannonden. Dann
— nach den Markomannenkriegen — verlagerte es sich an die untere
Donau, wo es den wachsenden Druck der Goten abzuwehren galt. Seit
jener Wende steigt Sirmium (bei dem heutigen Sremska Mitrovica) zu
dem wichtigsten Waffenplatz der römischen Donauprovinzen auf. Durch
die Gunst seiner Verkehrslage erlangte es als Operationsbasis für die
Feldzüge gegen die Barbaren immer größere Bedeutung. Im 3. Jahr-
hundert war es bereits die größte Stadt der Provinz Pannonien. Die
Kaiser Aurelian und Probus hatten dort ihre Heimat. Theodositus wurde
dort zum Kaiser ausgerufen. Seit der Mitte des 3. Jahrhunderts erlangte
dann auch Serdica (Sofia) eine ähnliche Bedeutung.

Die Verwaltung

Fast allerorts hat es die römische Regierung nach der Eroberung als
erste Aufgabe der sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung betrachtet,
die Besitzrechte an Grund und Boden zu überprüfen. Das Land wurde
in neue Bezirke aufgegliedert, die nun von städtischen Mittelpunkten
(Munizipien, Kolonien) aus verwaltet wurden. Die Eingeborenen in den
Dörfern hatten als Peregrine keinen Anteil an deren Verwaltung. Sie be-
zeichneten vielfach auch weiterhin ihre Herkunft nach dem Provinz- bzw-
3*
36 Römische Provinzverwaltung

Gaunamen, dagegen benannten sie sich nur selten nach ihrem Ge-
burtsorte.
In den schwer zugänglichen Berglandschaften des illyrischen Nord-
westbalkans konnten sich die bisherigen Gesellschaftsverhältnisse noch
bis tief in die römische Kaiserzeit hinein behaupten. Zunächst wurde
von den römischen Eroberem das System der „Militärverwaltung" ein-
geführt. Das gesamte Land wurde in zahlreiche örtliche Bezirke ein-
geteilt, die der Befehlsgewalt eines dazu abkommandierten Offiziers oder
Unteroffiziers unterstanden. Erst im 2. Jahrhundert konnte in diesen un-
ruhigen Berglandschaften das System der örtlichen Selbstverwaltung ein-
geführt werden. Die römische Provinzverwaltung beschränkte sich darauf,
die einzelnen Stammeskantone, die natürlichen Landschaften (Gebirgs-
kammern, Flußtälem, Inseln) entsprachen, als GaugemeAnden (civitates)
zu konstituieren. In jeder Gaugemeinde wurden als Mittelpunkte des
öffentlichen Lebens eine oder zwei Städte gegründet. Die Führung in
diesen „civitates" lag auch weiterhin bei dem alten illyrischen Stammes-
adel. So sind bei einigen illyrischen Stämmen (Dalmaten, Dokleaten,
Japoden) erbliche „Principes" noch in Inschriften der späten Kaiserzeit
bezeugt. Aus dem Kreise dieser Adelsfamilien pflegte die römische Pro-
vinzverwaltung auch den Gaiuvorsteher (Praepositus civitatis) zu er-
nennen.
In inneren Rechtsfragen blieb die einheimische Organisation zunächst
unangetastet. Dann wurde die römische Gerichtsverfassung des Con-
ventus auch auf die Stammesgebiete ausgedehnt. Die alten Stammesgaue
(civitates) wurden schrittweise in Stadtgebiete aufgelöst. Eine größere
Anzahl von Städten bildeten einen Gerichtssprengel (Conventus, Con-
ventus juridicus), der nach seinem Hauptort benannt wurde. So gab es
in der Provinz Dalmatien drei solcher Gerichtesprengel: Salona, Scar-
dona, Narona. In diesen Conventus wurde auch den einheimischen Stäm-
men, die in Decurien gegliedert waren, Recht gesprochen. So bildete
das Dalmatenland während der frühen Kaiserzeit eine in 342 Decurien
gegliederte peregrine Gaugemeinde, die zum Gerichtssprengel Salona ge-
hörte. Außerdem gehörten zum Conventus Saionitanus ferner noch: 25
Decurien der Deuri, 239 der Ditiones, 269 der Maezei, 52 der Sardeates.
Der Gau (civitas) der Japoden, der noch in der ersten Hälfte des
2. Jahrhunderts bestand, gehörte zum Conventus juridicus von Scar-
dona. Die Verwaltung des Japodengaues wurde von Praepositi ge-
leitet, die vielfach alteinheimische Adelige (principes) waren.
Römische Pravinzverwaltung 37

Die politische Kunst Roms hat sich nicht zuletzt in den Formen der
Provinzverwaltung entfaltet. Aufschlußreich ist hier das Beispiel der
Provinzen Mazedonien, Mösien und Thrazien. Mazedonien zerfiel in der
römischen Kaiserzeit in verschiedene Bezirke (/¿eg/;), von denen
jeder seinen Rat (avvedgiov) hatte. Alljährlich trat der mazedonische
Landtag (XOLVOV Motyeddvotv) zusammen, dessen Aufgabe sich im
wesentlichen auf die sakrale Pflege des Kaiserkultes beschränkte. Daher
stand an seiner Spitze der Oberpriester des provinzialen Kaiserkults
(iägxterevg rov xoivoQ Maxeöovojv). Ihm oblag die Leitung und Über-
wachung der gottesdienstlichen Handlungen, die mit dem Kaiser-
kult verbunden waren, die Verwaltung der für den Kaiserkult bestimmten
Gelder, der Vorsitz bei den provinzialen Spielen und die Verwaltung
der dazugehörigen Stiftungen. Den Ehrenvorsitz dieses mazedonischen
Bundes führte Beroia, das seit Kaiser Nerva (96—98) mit dem Titel
UrfTQonoXiQ ausgezeichnet war. Es war Sitz des Oberpriesters und In-
haber der „Neokorie", d. h. des Ehrenvorrechts, den Kaiserkult be-
sonders zu pflegen. Zwischen Beroia als dem sakralen Hauptort des
Bundes und Thessalonike als der Provinzhauptstadt kam es ständig zu
Eifersüchteleien.
Ähnlich verlief die Entwicklung in der Nachbarprovinz Mösien. Zur
Zeit der römischen Besetzung hatte Mösien aus zwei großen Stammes-
bereichen bestanden: dem dardanisch-mösischen und dem getisch-thra-
zischen. Dazu kamen dann als Randgebiet die griechischen Städte an
der Schwarzmeerküste. Sie wurden zunächst dem Statthalter von Maze-
donien unterstellt, während ihr militärischer Schutz den benachbarten
thrazischen Klientelfürsten übertragen wurde. Seit der Einrichtung einer
eigenen Provinz Mösien (44 n. Chr.) gehörten die pontisdien Griechen-
städte teils zu dieser neuen Provinz Mösien, teils (Apollonia, Anchialos,
Mesembria) zur Provinz Thrazien. Die zu Mösien gehörigen Griechen-
städte waren in dem Bund der fünf, später sechs Städte (Hexapolis,
xoivov RFJQ ¿¿¡anoP^WG TOV evojvv/xov JIOVXOV) vereinigt, der einen ziemlidi
selbständigen Verwaltungsbezirk mit eigenem Kaiserkult bildete. In
späterer Zeit gehörten zu diesem Bund Tomi, Kallatis, Odessos, Istros,
Dionysopolis, Mesembria. Der Hauptort des Bundes (/.irpQÖnohc,) war
seit Antoninus Pius Tomi.
Ähnlich war das Bild in dem benachbarten Thrazien, das im Jahre 45
n. Chr. römische Provinz geworden war. An den inneren Verhältnissen
des Landes änderte sich nicht viel. Die römische Provinzverwaltung,
38 Römische Provinzverwaltung

die von oben darübergelegt wurde, ließ die bisherigen Formen nach Mög-
lichkeit unangetastet. Der Sitz des römischen Statthalters wurde Perinth
(in nachdiakletianischer Zeit Heraclea oder Heraclea Perinthus genannt).
Neben der römischen Provinzverwaltung stand auch hier der alte
„Landtag" (xoivov Ogaxwv), der unter dem Vorsitz des 'ocqxisqsog rov
xoivov Opqxfjjv in Philippopolis zusammentrat. Seine Hauptaufgabe be-
stand wie auch in anderen Provinzen in der Pflege des provinzialen
Kaiserkultes. Als Sitz dieses Kaiserkultes erhielt Philippopolis die „Neo-
korie", seit Septimius Severus (193—211) führte es auch den Titel
[¿rjToo7io2.it; •
Die schon vorrömische Einteilung des Landes in Bezirke (arqoarjyix)
blieb bestehen. Die kleinste Verwaltungseinheit war das Dorf (vicus,
KMfirf). Mehrere Dörfer waren zu einem Dorfverband (xwß&Qxlci) zu-
sammengefaßt. Während es in vorrömischer Zeit nur im Küstengebiete
Städte gegeben hatte, entstanden unter römischer Herrschaft auch im
Binnenlande zahlreiche Städte in der Form griechischer Politien. Sie
wurden von Kaiser Trajan begründet oder von ihm mit dem römischen
Stadtredit belehnt. Daher lebte die Erinnerung an den kaiserlichen
Städtegründer noch lange in dem Beinamen Ulpia fort, den zahlreiche
Städte auf Münzen und Inschriften führten (Anchialus, Augusta Trajana,
Bizye, Nicopolis ad Istrum, Nicopolis ad Nestum, Pautalia, Plotinopolis,
Serdica, Topirus, Trajanopolis). Von Kaiser Hadrian wurde das bald
mächtig aufblühende Hadrianopolis gegründet.

Wirtschaftliche Verbältnisse

Auf wirtschaftlichem Gebiete hat sich die Römerherrschaft erst all-


mählich ausgewirkt. Zunächst bestanden die bisherigen Wirtschafts-
und Geldverhältnisse fort. So blieben im illyrischen Nordwestbalkan
die Münzen von Apollonia und Dyrrachion bis in den Beginn der
Kaiserzeit im Umlauf. Dann wurden sie durch den römischen Denar
verdrängt, der in Pannonien schon im 1. Jahrhundert v. Chr. von bar-
barischen Stämmen nachgeprägt wurde.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse Griechenlands bieten ein wider-
spruchsvolles Bild. Das Land scheint etwa unter Augustus den tiefsten
Punkt seines wirtschaftlichen und kulturellen Verfalls erreicht zu haben.
Seit dieses von der Natur so stiefmütterlich bedachte Land seine
„Verödung" und Siedlungsveriagerung in Griechenland 39

einstige Monopolstellung als Lieferant von ö l , Wein und Gewerbe-


erzeugnissen für die übrige Mittelmeerwelt verloren hatte, war auch die
ehemalige wirtschaftliche Machtstellung dahin. Aber seit dem Beginne
der römischen Kaiserzeit setzte wieder ein gewisser Aufschwung ein,
und dais 1. Jahrhundert — das klassische Zeitalter des römischen Phil-
hellenismus — brachte nochmals eine gewisse wirtschaftliche Nachblüte.
Das Bild, das die Schriftsteller der römischen Kaiserzeit von Hellas
als einem menschenleeren Lande der Ruinen zeichnen, ist durchaus ein-
seitig. Gewiß war Hellas das Land der Ruinen geworden. So schildert
der Redner Dion Chiysostomos eine Stadt auf Euböa: die Häuser stehen
leer, das Gymnasium wird nicht mehr benutzt, innerhalb der Stadt-
mauern dehnen sich Getreidefelder, zwischen den Pflasterquadem des
Marktplatzes sproßt das Gras. Aber man darf dieses Bild nicht ver-
allgemeinern. Andere Städte sind zu derselben Zeit mächtig gewachsen.
Neue Gewerbezweige blühen auf. So wird Lakonien durch die Mannor-
brüche und Patras durch die Byssos-Weberei wohlhabend.
Die angelbliche „Verödung" Griechenlands hat sich iim Lichte der
jüngsten Ausgrabungen als eine siedlungsgeschichtliche Schwerpunktver-
lagerung erwiesen. Die Siedlungen verlagerten sich aus den Bergen in
die Ebene — ebenso wie gleichzeitig in den nordbalkanischen Land-
schaften. Im Schatten der Vax Romana war das Leben in der offenen
Ebene nicht mehr so gefährlich wie einst. So entstanden vielerorts an
früher unbesiedelten Stellen in der Ebene Dörfer und Gutshäuser
(Villen). Zahlreiche Dörfer und kleine Städte in den Berglandschaften
sind damals von ihren Bewohnern verlassen worden, während in den
Ebenen viele neue ländliche Siedlungen entstanden. So sind in den
Ebenen von Messenden, Elis und Achaia Dörfer und Villen mit Wasser-
leitungen und Thermen in großer Anzahl ausgegraben worden. Diese
neuen Siedlungen im Flachland sind an Flächenauisdehnung häufig
größer als die alten Bergnester, die der Verödung anheimfielen. Dem
römischen Hellas-Pilger der Kaiserzeit, der ganz Auge war für alles,
was an die große Vergangenheit erinnerte, fielen freilich nur die Ruinen
auf, während er die Zeichen des blühenden Wohlstandes in Patras,
Korinth und in anderen Städten nicht beachtete.
Das Räuberunwesen, das zu Anfang der Kaiserzeit noch eine be-
trächtliche Landplage war, scheint diese Siedlungsverlagerung mitver-
ursacht zu haben. Manche von diesen Wegelagerern des Altertums
erinnern bereits durchaus an die volkstümlichen Haiduken der Türken-
40 Städtewesen in Griechenland

zeit, so jener Dämon Peripoltas von Chaironeia (74 v. Chr.). Als Radier
seiner persönlichen Ehre war er genötigt, seine bürgerliche Umwelt zu
verlassen. Er wurde Bandit, dann entwickelte er sich zum gemeingefähr-
lichen Straßenräuber. Schließlich waren die eigenen Mitbürger genötigt,
sich seiner durch feigen Meuchelmord zu entledigen.
Die meisten Städte scheinen in römischer Zeit eine Bevölkerungsver-
mehrung erlebt zu haben. Dies gilt vor allem von Korinth, das in
römischer Zeit glanzvoll ausgebaut wurde. An Flächenausdehnung und
Bevölkerung war es um vieles größer als die vorrömische Stadt. Ähnlich
war der wirtschaftliche Aufschwung in Patras, das in römischer Zeit sich
zu einem großen Textilzentrum entwickelte. Die Textilindustrie der
Stadt bezog ihre Rohstoffe aus dem Hinterland: die Ebenen von Elis
lieferten den Byssos, die Bergweiden Arkadiens die Schafwolle.
Athen wurde im 2. Jahrhundert mit neuen Bauten geschmückt. Der
riesige Tempel des olympischen Zeus, der bereits ein halbes Jahrtausend
früher begonnen worden war, wurde damals fertiggestellt. Die Studenten,
die aus aller Welt zusammenströmten, brachten viel Geld nach Athen.
Das damalige Athen war wenigstens ebenso volkreich wie zu irgend-
einer früheren Zeit. Die Landschaft Attika hatte freilich seit dem An-
wachsen des Großgrundbesitzes nicht mehr dieselbe Siedlungsdichte
und Bedeutung wie einst. Rund die Hälfte des Bodens soll im 1. Jahr-
hundert Eigentum des Millionärs Herades Attikos gewesen sein.
Audi alle anderen städtischen Mittelpunkte der Ebenen haben siich in
der Kaiserzeit günstig entwickelt. Nicht nur die altehrwürdigen Wall-
fahrtsorte von Olympia und Epidaiuros erhielten prächtige kaiserzeitliche
Bauten, sondern auch andere Städte: Argos, Asine, Hermione, Ägion,
Gythion. Auch die Stadt Sparta war damals ohne Zweifel volkreicher
als je zuvor. Die Entwicklung der benachbarten Marmorbrüche bedeutete
einen Zustrom des Reichtums.
Ähnlich war das Bild in Mittelgriechenland und Thessalien. Während
die kleinen Bergnester verödeten, zog sich die Bevölkerung in den
städtischen Mittelpunken zusammen, die einen beträchtlichen Auf-
schwung erlebten. Für ein starkes Bevölkerungswachstum spricht auch
die Tatsache, daß damals ein Drittel des Kopa.is-Sees trockengelegt und
in Bebauung genommen wurde.
Anders war es dagegen in Epirus. Die Besiedlung der von Augustus
neugegründeten Stadt Nikopolis ist auf Kosten des flachen Landes er-
folgt. Die dadurch hervorgerufene Entvölkerung war um so kata-
Heeresstraßen im Nordbalkan 41

strophaler, als sich Epirus auch damals noch nicht von dem römischen
Strafgericht des 1. Jahrhunderts v. Chr. erholt hatte.
In Mazedonien konnte die römische Kultur und lateinische Sprache
einen gewissen Einfluß erringen. Eine Anzahl lateinischer Städte ent-
standen. Sitz der römischen Verwaltung wurde Thessalonike, während
das wirtschaftliche Leben seinen Mittelpunkt in Beroia hatte. Neben dem
Ackerbau spielte die Waldwirtschaft eine Rolle. Holz scheint die wich-
tigste Ausfuhrware gewesen zu sein. Der Bergbau hatte an Bedeutung
verloren, fiel aber noch immer ins Gewicht.
*

Ganz anders verlief die wirtschaftliche Entwicklung in den nord-


balkanisdien Provinzen. Dort brachte die römische Kaiserzeit ein starkes
wirtschaftliches Aufblühen. Das Binnenland, dessen Städte damals ihre
Blütezeit erlebten, gewann ein zunehmendes wirtschaftliches Gewicht.
Gleichzeitig und im Zusammenhang damit verschoben sich vielerorts
in auffallender Weise die Handelswege. In vorrömischer Zeit hatten
wirkliche Straßen gefehlt. Erst von den Römern wurde ein gut ent-
widceltes Straßennetz auf dem Balkan geschaffen. Dieser Ausbau, der
nach den Ansätzen während des 1. Jahrhunderts n. Chr. im 1. Jahr-
hundert in Gang kam und unter den Severern und dann wieder in der
diokletianisch-konstantinisdien Zeit seinen Höhepunkt erreichte, war
vor allem durch Erwägungen der Landesverteidigung bestimmt. Die Not-
wendigkeit strategischer Aufmarschwege nach den bedrohten Grenzen im
Norden und Osten hat dieses einheitliche Straßensystem hervorgebracht.
Von Dalmatien aus erreichte das römische Straßennetz unter Kaiser
Tiberius die untere Donau. Schon damals entstand auch eine kunstvoll
ausgebaute Straße längs der Donau. Unter Kaiser Nero kam dann die
große Ba'lkanquerstraße Naissus—Serdica—Hadrianopolis dazu. Auch
gelang es, die gefährlichen Stromschnellen der Donau zu bezwingen. Im
1. Jahrhundert n. Chr. gab es einen durchgehenden Schiffsverkehr von
der Drau und Sawe nach dem Schwarzen Meer.
Entlang diesen Heeresstraßen entstanden dann die Etappenstationen
und Nachschublager. Während des 1. und besonders während des
3. Jahrhunderts gingen auf diesen Straßen gewaltige Truppenverschie-
bungen vor sich — mit allen wirtschaftlichen Begleiterscheinungen für die
berührten Gebiete. Dabei hatte die „Via Egnatia", der man eine zentrale
Bedeutung zuzuschreiben pflegt, in Wirklichkeit nur geringe Bedeutung
42 Wirtschaftsleben im Nondbalkan

für das Wirtschaftsleben. Die nördlich verlaufende transbalkanische


Straße Naissus—Serdica—Hadrianopolis—Byzantion war sowohl mili-
tärisch als auch wirtschaftlich ungleich wichtiger, während des 3. Jahr-
hunderts wurde sie geradezu zum Lebensnerv des römischen Reiches.
Im Schutze der Vax Romana hat sich das wirtschaftliche und kul-
turelle Leben überall rasch gewandelt. Am deutlichsten wird dies an
dem Beispiel Dalmatiens. Im ersten halben Jahrhundert der Kaiserzeit
ging von dort aus eine große Holzausfuhr nadh Italien, im zweiten blühte
der Getreidebau auf, 'im dritten war das Küstengebiet bereits in der Lage,
das bosnische Hinterland mit Wein und ö l zu versorgen. Infolge des
wirtschaftlichen Aufschwunges strömten viele italische Familien in das
Land, die Städte entwickelten sich zu vielfacher Flächenzahl und Be-
völkerungsausdehnung und wurden mit prächtigen öffentlichen Bauten
geschmückt.
In den heute so trostlosen Karstlandschaften im Hinterland der
adriatischen Küste war die Bevölkerung in römischer Zeit wesentlich
zahlreicher als heute. Wein- und Olivenanbau blühten. Der Viehzucht
standen damals noch erdreidhere, geschützte Hochweiden und beträcht-
liche Eichenwaldungen zur Verfügung. Holzausfuhr und Fischerei spielten
eine wirtschaftlich beträchtliche Rolle.
In dem mit Truppen dicht besetzten Grenzstreifen längs der Donau
entfaltete sich ein reges wirtschaftliches Leben. Im Anschluß an die
Legionslager entwickelten sich Städte von beträchtlicher Volkszahl
(Vindobona, Carnuntum, Brigetio, Aquincum). Freilich war dieser
römische Kulturstreifen längs der Donau zunächst nur von geringer
Breite. Das weite Hinterland, das sich von da bis zur Drau erstreckte,
verharrte noch bis in das 1. Jahrhundert in seinen alten Lebensformen.
An der unteren Donau lagen von Singidunum (Belgrad) an abwärts
sechs (vielleicht sieben) Legionslager. Zum Unterschied von Pannonien
entstanden hier auch im Hinterlande große Mittelpunkte städtischen
Lebens (Nikopolrs, Marcianopolis, Tropaeum Trajani u. a.), von denen
viele ihre Gründung oder Beleihung mit römischem Stadtrecht dem
Kaiser Trajan verdanken. Ähnlich waren die Verhältnisse in der gräzi-
sierten Nachbarprovinz Thrazien.
Zu Ausgang des 1. Jahrhunderts herrschte in den nordbalkanischen
Landschaften ein verhältnismäßiger Wohlstand. Die Kaiser wandten
ihre Sorge der Förderung der Landwirtschaft und der Wiederherstellung
des Kleinbesitzes zu. Thrazien und Niedermösien betrieben einen be-
Wirtschaftsleben im Nordbalkan 43

trächtlichen Getreidebau. Audi scheint es eine gewisse Getreideausfuhr


gegeben zu haben, über deren Umfang und Richtung wir jedoch nidht
klar sehen. Von der Nutzung der großen balkanischen Waldbestände
hören wir wenig. Wein und ö l wurden aus Griechenland und Klein-
asien eingeführt.
Ein starkes wirtschaftliches Aktivum des nördlichen Balkans war die
seit altersher berühmte Viehzucht, Weide- und Almwirtschaft der Thra-
zier und Illyrier (Zucht von Pferden, Rindern und Schafen, Bienenzucht).
Aus den balkanischen Gebieten fand eine umfangreiche Ausfuhr von
Tierhäuten statt. Von wirtschaftlicher Bedeutung war femer die Fischerei,
sowohl die Binnenfischerei in den Seen und Flüssen, als auch vor allem
die Meeresfischerei. Ihre Erträgnisse bildeten eine wichtige Ausfuhrware.
Von beträchtlicher Bedeutung war der Bergbau. Es gab stattliche Vor-
kommen von Gold, Silber und Eisen, geringe Vorkommen von Kupfer
und Blei. In den Bergbaugebieten Dalmatiens, Mösiens und Daziens
unterstand der Abbau der reichen Bodenschätze einer ausgebildeten
Berg- und Hüttenverwaltung. Die Goldgewinnung der Provinz Dazien
war von Bedeutung für das gesamte Imperium.
Das Handwerk war in den balkanischen Provinzen nicht sehr ent-
wickelt und arbeitete nicht für Ausfuhr, sondern nur für den Bedarf
innerhalb der Landschaft. So gab es an der Schwarzmeerküste eine ge-
wisse Fabrikation von Tonwaren. In Hadrianopolis arbeiteten staatliche
Metallwerkstätten für den Bedarf der Armee. Die Textil- und Lederver-
arbeitung hatte anscheinend nur lokale Bedeutung, abgesehen von den
Lederwaren für den Armeebedarf. Erst nach der Gründung Konstanti-
nopels hat sich in der neuen Reichshauptstadt eine blühende Textil-
fabrikation entwickelt. Die Steinwaren wurden überwiegend eingeführt,
seit der Steigerung des Wohlstandes in stetig vermehrtem Umfange.
Schließlich ist noch des Sklavenhandels zu gedenken, der lange Zeit
hindurch für den Balkan große wirtschaftliche Bedeutung hatte. Noch
bis tief in die Kaiserzeit hinein blieb die Sklavenausfuhr aus dem Balkan
ein bedeutsamer wirtschaftlicher Faktor.

Für die wirtschaftliche Entwicklung der einzelnen Provinzen war die


Zahl und Stärke der dortigen Garnisonen von größter Bedeutung. Der
ungeheure Bedarf der Armee bedeutete für die Produktion in den Pro-
vinzen einen starken Anreiz. Zur Truppenversorgung der Lager waren
44 Wirtschaftsleben und TVuppenversorgung

ausgedehnte Ackergebiete bestimmt, die nach der Eroberung den Ein-


geborenen weggenommen worden waren. Diese Ländereien wurden ge-
wöhnlich nicht von Soldaten bebaut, sondern blieben den bisherigen
Besitzern, die einen Teil ihrer Erzeugnisse an das benachbarte Lager
abliefern mußten. Die zivilen Ansiedlungen neben den Lagern (canabae,
via, municipia) kamen durch die Bedarfsdeckung der Armee zu beträcht-
lichem Wohlstand. Die Verstärkung der Garnisonen während des 2. und
zu Beginn des 3. Jahrhunderts hat ohne Zweifel dazu beigetragen, das
Wirtschaftsleben in den Donauprovinzen durch die Schaffung eines
dauernden Absatzmarktes zu begünstigen. In der Zeit nach den Marko-
mannenkriegen wurde die große Verkehrs- und Verteidigungslinie
Rhein—Donau—Nordkleinasien—Euphrat endgültig für das ganze Reich
zur Hauptschlagader des wirtschaftlichen Lebens.
Als Nachschubgeibiet großer Armeen haben die dortigen Landschaften
damals eine mächtige wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung erlebt. Dort-
hin strömten in immer größerem M a ß e die Wirtschaftserzeugnisse und
von dort nahm die große innere Umgestaltung des Reiches ihren Aus-
gang. Die schweren Erschütterungen des Reiches in der zweiten Hälfte
des 3. Jahrhunderts haben dann zwar einerseits zu einem starken wirt-
schaftlichen Rückgang, andererseits aber auch zu verstärkter Truppen-
anhäufung und damit zu einem erneuten Auftrieb für die wirtschaftliche
Entwicklung geführt. Nach der Räumung der Provinz Dazien durch
Kaiser Aurelian (271) wurde die untere Donau zur festen militärischen
Verteidigungsstellung mit Lagern und Kastellen ausgebaut. Damit wurde
die gesamte Balkanhalbinsel zum wirtschaftlichen Hinterland dieser
Festungslinie.
Die Kapitalzufuhr, die durch die Armee in das Land strömte, war be-
trächtlich. So ist für die vier donauländischen Legionen im 2. Jahrhundert
ein Soldbetrag von etwa 8 bis 10 Millionen Denaren, im 3. Jahrhundert
ein Soldbetrag von rund 2 0 Millionen anzunehmen. Dazu kam noch der
Sold der Auxiliare: im 2. Jahrhundert etwa 4 bis 5 Millionen Denare,
im 3. Jahrhundert etwa 10 bis 12 Millionen Denare oder mehr. Zu diesen
Zahlen, die freilich nur einen annähernden W e r t haben, kamen ferner
die Donative und schließlich die „praemia militiae", die dem Legionär
beim Abschied ausbezahlt wurden.
Eine folgenreiche wirtschaftliche Umwälzung fiel in die Regierungszeit
des Kaisers Septimiius Severus ( 1 9 3 — 2 1 1 ) . Die „Annona", die bis dahin
nur bei außergewöhnlichen Anlässen ausgeschrieben worden war, wurde
Kapitalzufuhr. Münzprägungsstätten 45

nun in System gesetzt und regelmäßig erhoben. Im Zusammenhang da-


mit wurden längs der Straßen feste Vorratshäuser errichtet — die oft
erwähnten „mansiones". Diese severische Annona-Reform führte freilich
zu einer verhängnisvollen wirtschaftlichen Auswirkung, die man weder
vorhergesehen noch beabsichtigt hatte: zu einem starken Anwachsen des
Steuerdruckes, das jedoch zu einem großen Teile durch die Steigerung
der Kapitalzufuhr ausgeglichen wurde. Schon vor der Militärreform des
Septimius Severus war diese beträchtlich gewesen, danach nahm sie
geradezu gewaltige Ausmaße an. Infolge dieses unaufhörlichen Kapital-
zustroms wuchs der Wohlstand der städtischen Bevölkerung an, wäh-
rend die wirtschaftliche Lage auf dem bäuerlichen Lande um vieles
schlechter war. Wie sehr in jener Zeit die militärische und im Zusammen-
hang damit auch die wirtschaftliche Bedeutung der balkanischen Land-
schaften zunahm, läßt sich an der Verteilung der Münzprägungsstätten
ablesen, die von praktischen Rücksichten, vom Bedarf des Heeres und
des Handels abhängig war. Gewöhnlich lagen die Prägungsorte in der
Nähe der wichtigsten Auszahlungsstellen. Nach der Beseitigung der
Lokalprägung durch Diokletian machten die Prägungsstätten der Balkan-
halbinsel und der benachbarten Landschaften Kleinasiens ein Viertel der
gesamten Prägungskapazität des Reiches aus. Die überraschende An-
häufung von drei und später vier Münzstätten um die Meerengen (Pro-
pontis) weist klar darauf hin, daß dort nicht nur der militärische, sondern
auch der wirtschaftliche Schwerpunkt des Imperiums lag.
Mit der Bedeutung der Heeresstraße vom Rhein zum Euphrat stieg
auch die Bedeutung der Meerengen, deren Sperrung sich schon in der
Zeit der Gotengefahr als notwendig erwies. Seit Diokletian wurden die
Meerengen zur Drehscheibe der Reichsverteidigung. Welche über-
ragende militärische und wirtschaftliche Bedeutung dieser Raum ge-
wonnen hatte, zeigte dann schlagartig die Verlegung der Hauptstadt nach
dem neuerbauten Konstantinopel (330). Dort lag nun das Kernland
der Reichsverteidigung.
*

Auf dem bäuerlichen Lande brachte das 3. Jahrhundert freilich wieder


einen großen Rückschlag. Die unaufhörlichen Thronkämpfe, von denen
das römische Weltreich in dem Zeitalter der „30 Tyrannen" erschüttert
wurde, gingen auch an den balkanischen Provinzen nicht spurlos vor-
über. Die Verwaltung lockerte sich, örtliche Beamte in der Provinz trieben
46 Notlage des bäuerlichen Landes

ihre eigene Politik, eine zügellos gewordene Soldateska gabärdete sich


als Herr im Lande. In manchem erinnert diese „illyrische Anarchie" des
3. Jahrhunderts an den „albanischen Terror" des 17. bis 18. Jahrhunderts.
Einen erschütternden Einblick in die damalige wirtschaftliche Notlage
des flachen Landes gewährt ein im Jahre 238 abgefaßtes Bittschreiben
der Dorfbewohner von Scaptoparae (bei Dschumaja in Bulgarien) an
Kaiser Gordian. Dieses Dorf, das in fruchtbarer Gegend gelegen ist, er-
freute sich früher eines beträchtlichen Wohlstandes. Dann gingen
„einige" zur willkürhaften Behandlung (Hybris) über. Die Dorf-
bewohner hatten vor allem schwer zu leiden unter den Quartierlasten
für einen in der Nähe stattfindenden „Markt" (Panegyris), sowie für
durchziehende Truppen. Durch die warmen Quellen des Dorfes wurde
die Soldateska angelockt. Schon oft hatte sich das Dorf mit seinen Be-
schwerden an die „Hegemones" von Thrazien gewandt, mit dem Hin-
weis, die Einwohnerzahl des Dorfes sei infolge der ewigen Plackereien
schon stark zusammengeschmolzen. Die daraufhin ergangenen Verord-
nungen der „Hegemones" brachten für das Dorf nur eine vorüber-
gehende Besserung, dann kehrten die alten schlimmen Quälereien
wieder. Daher wandten sich die verzweifelten Einwohner schließlich mit
einer unmittelbaren Bittschrift an den Kaiser, er möge sie durch ein
Reskript gegen die Gewalttaten durchmarschierender Truppenteile
schützen und zugleich verfügen, daß der Wortlaut dieses Reskriptes auf
einer öffentlichen Säule eingegraben werde. Die Bittschrift eröffnet einen
düsteren Ausblick in die Zukunft: Wenn die gequälten Einwohner nicht
endlich gegen diese ewige Willkür geschützt werden, so werden auch
alle bisher noch in dem Dorfe Verbliebenen über kurz oder lang von
ihrem verarmten Besitztum fliehen, das Dorf wird völlig veröden und die
Staatskasse wird einen weiteren Steuerausfall zu beklagen haben.

Die 'Romanisieruncj

Die eroberten und befriedeten Länder, die als Durchmarschgebiet von


der Adria zur Donau und von Griechenland nach Pannonien wichtig
waren, wurden überall rasch durch Straßenbauten erschlossen. Auf den
neuen Heeresstraßen folgten den Legionären bald Einwanderer aus
anderen Provinzen und Kaufleute. Sie alle kamen als Träger der Roma-
nisierung.
Romanisierung im Nordwestbalkan 47

Schritt um Schritt haben die römische Reichskultur und die lateinische


Reichssprache kraft ihrer Überlegenheit in einem Jahrhunderte dauernden
lautlosen Vordringen Sprache und Volkstum der Provinzialen eingeebnet
und eingeschmolzen. Die lateinische Sprache der Verwaltung und des
Heeres setzte sich überall durch. Die Volkssprachen starben langsam aus.
Diese Romanisierung schritt allerorts rasch voran und hatte schon im
1. Jahrhundert n. Chr. ein beträchtliches Ausmaß erreidit. Die Aus-
strahlungsmittelpunkte des römischen Kultureinflusses waren überall die
Garnisonen. Unter den Augen römischer Wachstationen mußten sidi die
Korsaren des Küstengebietes und die raub- und fehdelustigen Berg-
stämme des Innern nach und nach an das friedliche bäuerliche Leben
gewöhnen. Unbotmäßige Stämme wurden in eine andere Umgebung
verpflanzt, wo sie willfährig sein mußten. Und der Heeresdienst der
Stammesjugend sorgte dafür, daß sie mit römischer Kultur und lateini-
scher Sprache bekannt wurden.
Am frühesten drang römische Kultur und Sprache im nordwestlichen
Winkel der Adria vor. Dort war Aquileja seit dem 2. Jahrhundert
v. Chr. der mächtigste Ausstrahlungspunkt der römischen Kultur. Seine
Handelsbeziehungen, großenteils vermittelt durch den bei Emona
(Laiibach) gegründeten vicus Nauportus, umspannten bald alle Donau-
landschaften.
Dann machte die Romanisierung im Küstengebiete Dalmatiens
rasche Fortschritte. Die dortigen Städte mögen schon im 1. Jahrhundert
n. Chr. den italischen ziemlich geglichen haben. Dagegen drang die
Romanisierung in dem bosnischen Hinterlande nur sehr langsam
durch. Auch nachdem Bosnien durch ein Straßennetz erschlossen war,
blieb es noch eine Zeitlang unruhig. Starke römische Besatzungen waren
auf lange hinaus notwendig. In Burnum (westlich von Knin) lag noch
zu Ausgang des 1. Jahrhunderts n. Chr. eine kampfstarke Legion.
Die Kultur blieb in diesem Lande auch in spätrömisdier Zeit ärm-
lich, die Entfaltung des städtischen Lebens verharrte in den Anfängen.
Die altillyrische Volkskultur behauptete sich zäh.
Erst nördlich von Bosnien begann ein Gebiet höherer Kultur.
Für die Landschaften zwischen Drau und Saiwe (Krain, Kroatien, Sla-
wonien) war zunächst Emona der wichtigste Kulturmittelpunkt. Dann
wuchsen weiter ostwärts andere Städte auf: Poetovio (Pettau) und
Siscia (Sissek), in ähnlicher Weise auch die Station der Donauflotte
in Mursa (Vinkovci). Sie alle haben dieselbe typische Entwicklung
48 Romaniisierung in Pannonten

durchgemacht. Am Anfang stand ein Legionslager, im Anschluß daran


entwickelte sich eine städtische Siedlung, die sich nach der Vorverle-
gung der Garnison zur Stadt ausgestaltete.
In dem eigentlichen Pannonien — dem Lande zwischen Donau
und Drau — ist die Romanisierung zunächst nur langsam vorgedrun-
gen. Zwar haben die pannonischen Stämme der Eravisker und Azeler
schon zwischen 70 und 60 v. Chr. ihre Denare mit lateinischer Be-
schriftung geprägt. Aber danach kam die Romanisierung ins Stocken.
Nach dem Zusammenbruch des großen illyrisch-pannonischen Frei-
heitskrieges (6—9 n. Chr.) bot das Innere Pannoniens ein recht trost-
loses und rückständiges Biild. Erst zu Ausgang des 1. Jahrhunderts
waren die Verhältnisse soweit geordnet daß Rom dazu übergehen
konnte, regelrechte Steuern zu erheben. Im '1. Jahrhundert machte
dann die Romanisierung große Fortschritte. Die starken Garnisonen,
die damals längs der Donaugrenze lagen, waren Ausgangspunkte der
Stadtentwicklung, während im Hinterland Städte formalen Rechts
durch die Provinzverwaltung künstlich ins Leben gerufen wurden.
Freilich blieben diese durch Veteranensiedlung gegründeten Städte
kleine Orte in einem dünnbevölkerten Umlande. Selbst die Entwick-
lung von Scarbantia (ödenburg) und Savaria (Steinamanger) blieb in
bescheidenen Grenzen. In den östlich anschließenden Provinzen Ober-
und Niedermösien ist die Romanisierung infolge der starken Truppen-
belegung der Donaugarnisonen ebenfalls schon im 1. Jahrhundert
zum Siege gelangt.
*

Verbreitung, Ausmaß und Entwicklungsgeschwindigkeit der Roma-


nisierung läßt sich an Hand der archäologischen Funde (vor allem
Grabinschriften) und der uns erhaltenen Reste lateinischer Orts-
namengebung feststellen. Die Küstenebenen und Flußtäler, wo
römische Straßen entlangzogen, sind überall ziemlich rasch romanisiert
worden. In den Berglandschaften dauerte es länger. Die Dalmaten
hielten noch bis zum Ausgang des 1. Jahrhunderts zähe an ihren alten
Überlieferungen und Sitten fest. Bei ihnen hatten sich zu jener Zeit
auch noch die alten Adelsfamilien (principes) behauptet. In der Haupt-
sache war die sprachliche Umwälzung zu Ende des 3. Jahrhunderts
abgeschlossen. In den abgelegeneren Bergkantonen des Binnenlandes,
fernab von dem Lärm der römischen Heerstraßen, hielten sich die
alten Volkssprachen freilich noch länger.
49

oxo i^jysjh

H H B U

[Dyrrachiumj

S p r a c h e und Volkstum um 350


JHJ griechische Sprache [ j ^ ] Iramsche Reiternomaden
M Lateinische - Uralbaner (teil«, romanisiert)
" "1 ßermanische Völkerschaften

Karte 1

4 Stadtmüller, Geschichte Südosteuropas


50 Ramanisierung der innerbalkanischen Berglandschaften

Auch dort wirkte die Rornanisierung als eine ungeheure Umwäl-


zung. Die Hirtenbevölkerung der innerbalkanischen Berglandschaften
erlernte erst durch die Berührung mit den Römern die Grundlagen einer
neuen höheren Kultur. Die schrittweise Durchdringung dieser Wander-
hirtenstämme mit römischer Kultur und Sprache hat sich dadurch voll-
zogen, daß deren Winterweidegebiete in den bereits romanisderten
Küsten- und Talebenen lagen. Dort lernten sie in freundlicher und feind-
licher Berührung mit den benachbarten romanischen Siedlern die staat-
liche Organisation und die seßhaften Siedlungsformen kennen und über-
nahmen neben zahlreichen sonstigen Sachgütern die höheren Formen
des Ackerbaus.
Am zähesten behaupteten sich die alten Volkssprachen in den un-
zugänglichen Berglandschaften des illyrisdhen Nordwestbalkans. So
wissen wir, daß in Dardanien die Ramanisierung nur sehr langsam
voranschritt. Dort haben sich die vorrömischen Ortsnamen bis in das
byzantinische Mittelalter und zum Teil bis zum heutigen Tage er-
halten (z. B. Scupi-Skoplje). Nur schrittweise drang die Rornanisierung
von den großen städtischen Mittelpunkten Scupi und Ulpiana in das
Land vor.
Noch am Vorabend der slawischen Landnahme gab es in der Nähe
von Dardanien ©ine altbalkanische Mundart, die der Rornanisierung
nidit erlegen war. Während das Latein schon überall bis in die letzten
Winkel Bosniens und Serbiens hinein alle Volkssprachen verdrängt
hatte, behauptete sich in den Bergen Nordalbaniens noch die Mundart
der uralbanischen Wanderhirten in zäher Lebenskraft. Freilich war
der übergewaltige Einfluß der römischen Reichskultur auch daran nicht
spurlos vorübergegangen. Durch die Berührung mit der romanischen
Bevölkerung der Küstenebene, wo die Winterweideplätze lagen, haben
die Uralbaner zum ersten Male die höhere Kultur des seßhaften
bäuerlichen Lebens kennengelernt, aus der sie zahlreiche Kulturgüter
und deren lateinische Bezeichnungen übernahmen. So wurde die ur-
albanische Mundart zu einer teilweise romanischen Sprache, die in
ihren lateinischen Lehnwörtern diese alten Kultureinflüsse noch bis
zum heutigen Tage erkennen läßt. Die ungestörte Fortdauer römischer
Herrschaft um einige Jahrhunderte hätte genügt, um auch dem Ur-
albanischen das unausweidiliche Schicksal der anderen Volkssprachen
des römischen Reiches zu bereiten. Wie diese wäre auch es von der
lateinischen Reichssprache eingeschmolzen worden. Der Einbruch der
Reichsreligion und Volksglaube. Gräzisierung 51

Slawen (um 600) hat jedoch den weiteren Fortschritt der Romanisie-
rung jäh unterbrochen und die Sprache der Uralbaner in ihrem merk-
würdigen Zwischenzustand teilweiser Romanisierung erstarren lassen.
Zugleich mit der Sprache und der Sachkultur wurde auch die Welt
religiöser Vorstellungen durch die Romanisierung umgestaltet. Mit der
römischen Herrschaft drangen nun auch die Kulte römischer Reichs-
gottheiten überallhin vor. Und infolge der merkwürdig innigen Ver-
bindung des illyrischen Provinzpatriotismus mit dem römischen Reichs-
bewußtsein schmolzen die alteinheimischen Gottheiten in der gläu-
bigen Verehrung des Volkes rasch mit römischen Gottheiten zusam-
men, die bereits verwandte Züge aufwiesen. So ging der Name des
kleinen italischen Bauerngottes Silvanus über auf eine mächtige alt-
illyrische Schutzgottheit der Wälder und Herden. Silvanus, der oft
gemeinsam mit den als „Silvanae" bezeichneten Nymphen erscheint,
ist im römischen Nordwestbalkan wohl die meistverehrte Gottheit ge-
wesen. Andere altillyrische Gottheiten verbergen sich sicherlich unter
dem römischen Gewände des Liber und der Libera.
*

Während die Romanisierung von den adriatischen Küstenstädten


und von den großen Garnisonen an der Donau aus in das Binnenland
vordrang, rückte gleichzeitig der Einflußbereich der griechischen Sprache
und Kultur von Süden her in den inneren Balkan vor. Dort trafen sich
die beiden Kultur- und Sprachgebiete in einer schütteren Mischzone,
aus der sich schon im 3. Jahrhundert eine lateinisch-griechische Sprach-
und Kulturgrenze herausbildete. Sie verlief, wie sich aus Inschriften
Meilensteinen und Stadtmünzen ergibt, etwa von Lissus (Alessio)
quer durch Nordalbanien in das Tal des Schwarzen Drin, von dort
nach Scupi (Skoplje), dann auf der Kammhöhe des Balkan-Gebirges
bis zum pontischen Küstengebiet, wo die griechische Sprache überwog.
Während des 3. und 4. Jahrhunderts blieb dieses Nebeneinander
der beiden Sprachen und Kulturen im Gleichgewicht. Freilich war auch
im griechischen Sprach- und Kulturgebiet das Latein die ausschließliche
Amtssprache. Erst seit dem Ende des 4. Jahrhunderts — nach der
Reichsteilung von 395 — begann die griechische Sprache sich schritt-
weise die Anerkennung als Amtssprache zu erringen. Durch ein Gesetz
des Arkadios von 397 wurde es den Richtern in der Provinz erlaubt,
ihre Urteile in griechischer Sprache abzufassen. Und dann dauerte es
4*
52 Illyrier im römischen Heere

noch fast ein halbes Jahrhundert, bis die griechische Sprache auch für
letztwillige Verfügungen zugelassen wurde (durch ein Gesetz Theo-
dosios' II. von 439). Biis dahin konnten römische Bürger auch im grie-
chischen Sprachgebiet ihre Testamente nur in lateinischer Sprache
errichten.

Das Zeitalter der illyrisdben Kaiser

Die Donauprovinzen haben es in merkwürdiger Weise verstanden,


die Bewahrung ihrer altväterlichen Art mit dem stolzen Bekenntnis zum
RömertUm zu verbinden. Im 2. Jahrhundert n. Chr. haben es die bis-
her so unbotmäßigen Illyrier gelernt, sich mit Stolz als römische
Reichsangehörige zu fühlen. Die Illyrier und Pannonier wollten echte
Römer sein. Als Ausdruck dieses Bewußtseins ist auf den Grabsteinen
häufig die römische Wölfin oder Äneas und Anchises dargestellt. Eine
einheimische Schicht von Honoratioren, die durch die Schule des römi-
schen Heeresdienstes hindurchgegangen war, übernahm die örtliche
Verwaltung. Aber diese Principes, die sich ihres „Römertums" be-
wußt geworden waren, hielten auch weiterhin mit unbeirrbarer Zähig-
keit an ihrem illyrischen Brauch- und Volkstum fest.
Die Illyrier blieben auch während der ganzen Kaiserzeit ein durch-
aus bäuerliches Volk. Kein anderes Volkstum im weiten Imperium hat
seine bäuerliche Eigenart so unverfälscht durch die Jahrhunderte be-
wahrt wie die Illyrier. Auch die „principes" waren Großbauern, die sich
aus der breiten kleinbäuerlichen Masse nur wenig heraushoben. Ein
solches Volk war das ideale Rekrutenreservoir. Nach den ungeheuren
Blutverlusten der Markomamnenkriege wurden die Lücken der Legionen
mit illyrischen Bauernsöhnen aus den nordwestbalkanischen Berg-
kantonen und ihrem Vorland wieder aufgefüllt. Diese Illyrier der
Donauarmee waren für die severischen Kaiser das Machtinstrument,
mit dem diese im Kampf gegen die Senatstradition den Staat des ge-
bildeten Bürgertums ebenso wie die Ideale des römischen Hellenismus
zerschlugen. Das neue Zeitalter, das damit heraufzog, stand im Zeichen
des illyrischen Säbelregiments.
Seitdem Alexander Severus durch die Gunst der illyrischen Garde
zum Kaiser erhoben worden war (222), wußten die illyrischen und
pannonischen Truppen sich in ihrer Machtstellung zu behaupten. Nach
der Ermordung des Severus (234), erhoben die kampfgewohnten
Illyrische Kaiser 53

Legionen der Donauprovinzen im Jahre 235 aus ihren Reihen den


Truppenoffizier Maximinus zum Kaiser.
Seit dieser Thronbesteigung des Maximinus lagen die Geschicke von
Kaiser und Reich auf fast ein Jahrhundert in der Hand der illyrischen
und pannonischen Legionen. Sie waren das Rüdegrat des Reichsheeres,
eine Truppe galt im 3. Jahrhundert als um so kampfkräftiger, je stärker
der illyrische Anteil in ihr war.
Mit Maximinus, der aus Niiedermösiten stammte und vielleicht ger-
manischer Abstammung war, beginnt das Zeitalter der „illyrischen"
Kaiser, jener bildungsfeindlidien Willens- und Tatmenschen, die durch
ihre Energie den Zerfall des römischen Reiches im 3. Jahrhundert noch
einmal aufhielten. Schon das Äußere des Maximinus bot ein neues Bild.
Er besaß einen mächtigen Körper und herkulische Kräfte. Die Bildnisse
zeigen „einen harten Soldatenkopf mit langem Gesicht, kurzem Kopf-
schädel, starken Zügen, wachem, feindlichem Ausdruck". Auch nach
seiner Erhebung zum Kaiser blieb er der Troupier, der er Zeit seines
Lebens gewesen war. Auf den Feldzügen pflegte er die Kämpfe und
Strapazen seiner Soldaten wie ein Kamerad zu teilen, im Kampfe stand
er in vorderster Reihe.
Mach Maximinus' Ermordung (238) folgten einige unbedeutende
Zwischenkaiser. Dann begann mit Decius (249—251) die lange Reihe
der illyrischen Kaiser — nur unterbrochen durch den feinsinnigen und
begabten Gallienus (259—268), der nicht illyrischen Blutes war. Ihre
Regierung stand im Zeichen jener merkwürdigen Verbindung von
i'llyrischem Provinzpatriotismus und römischem Reichsbewußtstem, die
allen Illyriern eigen war. Der Romgedanke, der von den vorausgegan-
genen syrischen Kaisern zwar geduldet, aber nicht gefördert worden
war, erlebte einen großartigen Aufschwung. Decius, auf dessen
Münzen neben ausgesprochen illyrischen Emblemen auch die Bildnisse
der vergöttlichten Kaiser erscheinen, ließ sich vom Senat den bedeu-
tungsschweren Beinamen Trajan verleihen. In der stolzen Betonung
ihres Römertums waren sich diese illyrischen Kaiser ebenso einig wie
in der entschlossenen Ablehnung des Christus-Glaubens. Die christ-
liche Umdeutung der römischen Kaiseridee auf Christus als den wahren
Imperator scheint diesen zielbewußten Vertretern des Romgedankens
verhaßt gewesen zu sein.
Bereits das äußere Erscheinungsbild der neuen Herrscher war von
soldatischer Straffheit und Nüchternheit. Sie trugen Haupthaar und
54 Wesensart der ¡llyrischen Kaiser

Bart nach Soldatenweise kurz, den Schnurrbart lang. Die Gestalten,


wie sie auf den Münzbildern erscheinen, sind straff und sehnig,
mit einem Anflug von herber Strenge, das Gesicht eckig, das Profil
scharfgezeichnet, der Nacken breit und wuchtig — Männer des
Willens und der Tat, die von härterem Schlage waren, als die Künstler
und Philosophen aus der Umgebung des Gallienus, die von den geistigen
Idealen des römischen Philhellenismus erfüllt gewesen waren. In ihrer
Nüchternheit und Strenge sind diese Illyrier dem Römertum der früheren
Jahrhunderte artverwandt.
Diese illyrischen Herrscher wollten nicht nur Römer sein, sondern sie
waren es nach ihrem Bewußtsein und nach ihrem Handeln. Die Tat-
kraft, mit der sie das auseinanderbröckelnde Imperium nochmals zu-
sammenfaßten, mutet ebenso altrömisch an wie ihre nüchterne religiöse
Einstellung. Römisch war schließlich auch die von ihnen begründete
Nachfolge des Besten. Sie haben die altrömische Auffassung vom
Anrecht des Besten auf die Ausübung der Macht wieder zur Geltung
gebracht — nicht aus Wiederaufnahme römischer Tradition, sondern
aus urmännlichem Instinkt heraus und zugleich im Gehorsam gegen
das politische Gebot der Stunde. Aus den anarchischen Notständen
einer eisernen Zeit stieg dieser Grundsatz als einziger Ausweg auf. W e r
der Fähigste war, die immer schwerer werdenden Aufgaben des kaiser-
lichen Amtes zu meistern, dem stand die höchste Macht nach Fug und
Recht zu. Was sich so im Laufe einiger Menschenalter in einer langen
Folge von Usurpationen und Entthronungen, Staatsstreichen und
Herrschermorden gewohnheitsrechtlich herausbildete, hat dann Diokle-
tian, der letzte und größte dieser illyrischen Kaiser, durch seine Nach-
folgeordnung als gesetzliche Einrichtung bestätigt — aus dem sorgen-
vollen Bemühen, das Reich durch die Herrschaft des Besten zu sichern
gegen das von den Barbaren drohende Unheil, das dann doch
hereinbrach.
Xapitel 2

Die germanische Völkerwanderung

Die germanische Völkerwanderung hat nicht erst, wie es die herkömm-


liche Geschichtsforschung will, mit dem Einfall der Hunnen und dem
Untergang des großgotischen Reiches (375), sondern bereits um ein halbes
Jahrtausend früher begonnen. Die ganze Geschichte des Germanentums
bietet von den ältesten Anfängen an das Bild gewaltiger Wanderungen
und Siedlungsbewegungen. Seit die Germanen mit den Römern in Be-
rührung kamen (2. Jh. v. Chr.), rollte diese Wanderungsbewegung in
drei großen Entwicklungsabschnitten ab:
Zunächst zielte die Stoßrichtung der germanischen Ausbreitung in den
beiden letzten Jahrhunderten v. Chr. nach Südwesten, über den Rhein
hinüber, nach Gallien hinein. Sie prallte dort auf den unüberwindlichen
römischen Widerstand (Casars Sieg über Ariovist 58 v. Chr.). Infolge-
dessen wandte sich in dem zweiten Zeitabschnitt, der die beiden ersten
nachchristlichen Jahrhunderte umfaßte, die germanische Ausdehnung
nach Süden, nach den Landschaften der oberen und mittleren Donau. Auch
hier gelang es den Germanen trotz einzelner tiefer Einbrüche nicht, die
römische Reichsgrenze nach Süden zurückzudrängen. Daher verschob sich
in dem dritten Zeitraum der Druck der germanischen Ausdehnung nach
Südosten, an die untere Donau und an das Schwarze Meer. Dort haben
die germanischen Goten schließlich zu Ende des 4. Jahrhunderts die
römische Reichsgrenze durchbrochen. Damit wurde auf dem Boden Süd-
osteuropas der weltgeschichtliche Höhepunkt und Abschluß der germa-
nischen Völkerwanderung herbeigeführt: die germanische Überflutung
der römisch-griechischen Mittelmeerwelt.
*

Von den Anfängen und der ältesten Kultur der Germanen hatten wir
früher ziemlich unrichtige Vorstellungen, solange wir nur auf die grie-
chischen und römischen Berichte angewiesen waren (für die ältere Zeit
vor allem auf Cäsars „Gallischen Krieg" und auf die „Germania" des
Tacitus). Diese Berichte aber verfolgen einen publizistischen Zweck.
Cäsars Darstellung seiner Kolonialfeldzüge in Gallien ist eine Selbst-
56 Entstehung und erste Ausbreitung der Germanen

Verteidigung gegen die Angriffe innerpolitischer Gegner; Tacitus will


seinen entarteten römischen Zeitgenossen in der Schilderung der Ger-
manen wie in einem Sittenspiegel die ungebrochene Kraft und Sitten-
strenge des Barbarenvolkes als Vorbild vor Augen stellen. Im Sinne dieser
schriftstellerischen Absicht lag es, die äußere Kultur der Germanen mög-
lichst primitiv darzustellen. So ist die altgermanische Kultur bei Tacitus
ziemlich verzeichnet worden. Die Geschichtsforschung hat sich dadurch
lange den Blick trüben lassen. Erst durch die vorgeschichtlichen Ausgra-
bungen haben wir die volle Wirklichkeit des germanischen Altertums
kennengelernt: sichtbar wurde das Bild eines seßhaften Bauernvolkes
mit einer verhältnismäßig hochentwickelten Kultur.
An Hand der Ausgrabungen läßt sich die Entwicklung des germanischen
Volkstums bis in die Übergänge der jüngeren Steinzeit zur älteren
Bronzezeit verfolgen. Am Ausgang der jüngeren Steinzeit ist in Skandi-
navien durch die Verschimelziung zweier älterer nordischer Völker das ger-
maniische Volkstum entstanden. Am Beginn der Bronzezeit (um 2000 v. Chr.)
war diese Verschmelzung abgeschlossen. In der Eisenzeit (1. Jahrtausend
v. Chr.) wurden bereits die Stile der Völkerwanderung und der Wikinger-
zeit herausgebildet. Die damaligen Genmanen erscheinen im Lichte der
Bodenfunde als ein arbeitsames und wehrhaftes Bauernvolk mit einer
beachtlichen Sachkultur. Neben dem bäuerlichen Einzelgehöft — einem
rechteckigen Holzhaus — kamen schon seit der Bronzezeit Straßendörfer
vor. Bereits um 1000 v. Chr. haben die Germanen auch das Meer be-
fahren, wie wir aus den prächtigen Schiffsgräbern wissen.
Die Landnot drängte die Germanen schon frühe zur Ausdehnung. In
der älteren Bronzezeit saßen sie noch in Skandinavien, Dänemark und
dem westlichen Norddeutschland, damals wohl noch nicht in einzelne
Stämme gegliedert. In der jüngeren Bronzezeit (um 1000 v. Chr.) hielten
sie auch schon die südlichen Küsten der Ostsee besetzt. Damals bildete
sich in der Sachkultur zuerst der werdende Unterschied zwischen Nord-
germanen, Westgermanen und den durch illyrisdie Elemente mitgepräg-
ten Ostgermanen heraus. Am Ende der Bronzezeit (in Norddeutschland
erst um 800 v. Chr.) war die Südgrenze des germanischen Volkstums
bereits bis zum Nordrande der deutschen Mittelgebirge vorgerückt. Die
norddeutsche Tiefebene war schon von den Germanen besetzt. Die
Hauptausdehnungskraft lag von da an bei den Ostgermanen. Um 600
v. Chr. hatten sie bereits Schlesien und das westliche Polen besetzt und
sich längs der Karpaten bis nach Ostgalizien vorgeschoben. Der Stoß
Aufbau der germanischen Stämme 57

zielte nach dem Schwarzen Meer. Im 1. Jahrhundert v. Chr. erreichten


zwei kleine ostgemianilsche Stämme das pontische Küstengebiet : die
Bastarnen und die Skiiren. Damals gerieten auch die Nordgermanen
gen Süden in Bewegung. Zwei ihrer Stämme, die Kimbern und Teutonen,
beide aus Jütland, drangen bis zum Mittelmeer vor, wo sie nach manchen
Kämpfen schließlich doch der überlegenen römischen Kriegskunst erlagen
(Aquae Sextiae 102, Vercellae 101). Gleichzeitig wanderten die Wandalen
in Ostdeutschland und Polen ein, wo sie ein halbes Jahrtausend hindurch
eine bleibende Heimat fanden. Schlesien wurde Mittelpunkt einer wanda-
lischen Staatsbildung. Die Goten, an die sich vor allem die Geschichte
der germanischen Völkerwanderung knüpft, traten erst zuletzt auf. Erst
um den Beginn unserer Zeitrechnung kamen sie und mit ihnen der
gotische Teilstamm der Gepiden von Skandinavien herüber.
*

Die germanischen Staaten der Völkerwanderungszeit bieten ein merk-


würdiges Bild. Die Staatsgewalt als solche ist erst im Entstehen begriffen.
Der Staat (civitas„Völkerschaft") ist eine Zusammenfassung einzelner
Geschlechter. Als Unterabteilung des Staates wird der Gau (patjus) ge-
nannt, der aus verschiedenen Geschlechtsverbänden (Sippen) besteht.
Das germanische Dorf — gewöhnlich Haufendorf — war von einer oder
mehreren Sippen bewohnt.
Die Einheit des Staates (civitas) fand ihren Ausdrude in der Landes-
gemeinde (Landesthkig, concilium civitatis), der Versammlung aller
freien und und wehrhaften Volksangehörigen. Sie vertrat die höchste
Staatsgewalt. Hier wurden wichtige Wahlen (des Königs, des Herzogs,
des Landespriesters, der Gaubeamten) vorgenommen, hier wurden alle
wichtigen politischen Entschlüsse gefaßt, hier wurde über Krieg und
Frieden entschieden.
An der Spitze eines jeden Gaues stand ein Gaufürst (prineeps, iudex,
retfutus), der von der Landesgemeinde, und zwar gewöhnlich aus dem
Adel gewählt wurde. Er führte den Heerbann und verwaltete die Rechts-
pflege.. In der letzteren Tätigkeit wurde er unterstützt durch die von der
Landesgemeinde gewählten „centeni ex ptebe comités" (Tacitus), die
ihm zur 'Beratung und zur Geltendmachung der staatlichen Autorität
gegenüber den Sippen beigegeben waren. Die Machtstellung dieser „Be-
amten" zeigt bereits das Vordringen der staatlichen Gewalt gegenüber
den Geschlechtsverbänden. Die Gaue besaßen gegenüber dem Staat eine
58 Königreiche der Völkerwanderungszeit

weitgehende Selbständigkeit. So kam es häufig vor, daß sie sich von dem
Staat lossagten und sich selbständig machten.
Vorwiegend bei den Ostgermanen (besonders Goten) und den Nord-
germanen, seltener bei den Westgermanen (Friesen, Hermunduren) stand
über den Gaufürsten an der Spitze des Staates ein König (rex). Wie die
Königsgewalt, die nicht sehr weitgehend war, entstanden ist, bleibt un-
klar. Das Recht der Königswahl war auf ein bestimmtes Geschlecht der
civitas beschränkt, so daß man, wenn nicht von Erbrecht, so doch von
einem gewissen dynastischen „Geblütsrecht" sprechen kann.
Die entscheidende Gewalt lag auch in den germanischen Königreichen
bei der Landesgemeinde. Mißliebige Herrscher konnten, wie dies nicht
selten gsediehen ist, abgesetzt, vertrieben oder getötet werden. Erst unter
römischem Einfluß ist in den germanischen Reichen auf dem Boden des
Imperiums die Gewalt des Herrschers wirklich bestimmend geworden.
Die Macht der Landesgemeinde wurde freilich nur in dem Wandalen-
reiche Geiserichs völlig gebrochen.
Jeder dieser „Staaten" war nur ein loser Bund von Stämmen, Gauen
und Sippen. Ein solcher Bund konnte sich schnell auflösen und die ein-
zelnen Glieder konnten sich einem andern Bund anschließen. Dies ist
auch immer wieder geschehen. Die militärische Niederlage eines „Staates"
bedeutete häufig seine innere Auflösung. Die einzelnen überlebenden
Stämme gingen ihre eigenen Wege, ähnlich wie in den kurzlebigen Staats-
bildungen der eurasi'schen Reiternomadenvölker (vgl. unten S. 68).
Mit dem Vordringen der Germanen auf den fremden Volksboden am
Schwarzen Meer wurden auch nichtgermanische Völker und Volkssplitter
diesen „Staaten" eingegliedert, die nach dem herrschenden Volk benannt
wurden. Wir müssen uns also die Staatsbildungen der Goten und ihrer
Stammverwandten als ein buntes Völkergemenge vorstellen, das nur
durch die ordnende Kraft eines germanischen Herrschervolkes zu-
sammengehalten wurde. Eine Niederlage des herrschenden Volkes be-
deutete das Auseinanderbrechen des Staates und die Entstehung neuer
politischer Verbindungen. So kam es/ daß die damaligen Staaten so
außerordentlich unstetig und kurzlebig waren. Blitzartig konnte sich
das Kartenbild der germanischen Staatenwelt verändern. Das eine herr-
schende Volk löste das andere ab.
Die zahlenmäßige Stärke der germanischen Völkerschaften darf nicht,
wie dies vielfach geschieht, überschätzt werden. Genaue Zahlenangaben
sind selten. Die zuverlässigste haben wir über die Wandalen Geiserichs.
Donau als Reichsgrenze 59

Nachdem Geiserich von Spanten nach Nordafrika übergesetzt war, ließ er


sein ganzes Volk zählen: es waren, 80 000 Köpfe. Diese Kopfzahl der
Wandalen mag als Anhaltspunkt dienen für die Volksstärke der übrigen
germanischen Stämme jener Zeit.
*

Die Geschichte der Germanen in dem ersten halben Jahrtausend n. Chr.


ist die Geschichte der Auseinandersetzung mit dem Römischen Reiche.
Längs der Donau prallten beide aufeinander. Die Römer haben sich in
Südosteuropa in der Hauptsache auf die Donau als Reichsgrenze
beschränkt.
Schon unter Augustus war die Donau Reichsgrenze geworden. Sie
blieb es dann auf Jahrhunderte hinaus. Eine Reihe befestigter Kastelle
zog sich den Flußlauf entlang. Eine eigene Donauflotte sorgte für Ord-
nung und Sicherheit. Und da der Flußlauf zugleich auch Zollgrenze war,
bestanden das ganze Ufer entlang Zollstationen.
Militärisch war die Donau, wie die zahlreichen, meist unglücklichen
Abwehrkämpfe der Römer beweisen, eine ziemlich ungünstige Grenze.
Im Winter, wenn sie zugefroren war, konnte sie leicht von Barbaren-
horden überschritten werden. Das rechtwinklige Umbiegen der Donau
aus der Westost-Richtung in die Nordsüd-Richtung in Ungarn (Donau-
knie von Waitzen) hat zudem die römische Provinz Pannonien (West-
ungarn) immer der Gefahr von Flankenangriffen aus der ostungarischen
Tiefebene ausgesetzt, die damals von dem iranischen Nomadenvolk der
Jazygen bewohnt war.
Im 1. Jahrhundert n. Chr. war die Donau im Gegensatz zum Rhein
eine vorwiegend defensive Grenze. Die Römer haben diese ungünstige
Flußgrenze einerseits durch Befestigung und Stationierung starker Gar-
nisonen, andererseits durch politische Durchdringung des Vorgeländes
vor der offiziellen Reichsgrenze zu sichern gesucht. Dieser politischen
Durchdringung diente eine planmäßige Klientelstaatenpolitik gegenüber
den Barbarenstämmen. Rom suchte die Barbaren ganz in seinen poli-
tischen Einfluß zu bringen. Das Mittel dazu war das sogenannte Klientel-
verhältnis. W i r können es in gewisser Hinsicht mit dem Protektorat der
einzelnen europäischen Kolonialmächte über eingeborene Staaten Afrikas
und Asiens vergleichen. Der Form nach bleibt dabei zunächst die politische
Selbständigkeit dieser eingeborenen Staaten unberührt; sie wird dann
erst stufenweise mit dem Anwachsen des europäischen Einflusses ab-
60 Römische Klientelstaatenpolitik

gebaut und beseitigt. Ähnlich war es bei dem Klientelverhältnis zwischen


dem Römischen Reich und den einzelnen Barbarenstaaten an der Reidis-
grenze: das Ziel war die friedliche Durchdringung des „Barbaricum",
das später, wenn die Zeit dafür gekommen war, als römische Provinz
eingerichtet werden sollte. Das Klientelverhältnis war also Vorstufe und
Vorbereitung der Provinzialisierung. So war es wenigstens in der ersten
Zeit der römischen Herrschaft in Südosteuropa.
Das Klientelverhältnis hatte aber auch eine wichtige militärische Seite.
Die barbarischen Klientelstaaten mußten die Sicherung der Reichsgrenze
übernehmen. Sie hatten Hilfstruppen zu stellen und dafür zu sorgen, daß
durch ihr Gebiet kein feindliches Heer gegen die Reichsgrenze vordringen
konnte. Diese militärische Hilfe haben die Römer gerne mit einem statt-
lichen Jahresgehalte und mit Titelverleihungen an die Klientelfürsten
gelohnt, ähnlich wie auch heute eingeborene Häuptlinge und Kleinfürsten
von europäischen Kolonialstaaten Abfindungsgehälter beziehen. Solche
„Besoldung" bot zudem der römischen Diplomatie noch die Möglichkeit,
die Klientelfürsten als „Beamte" des Imperiums zu betrachten.
Während des 1. Jahrhunderts n. Chr. hat diese Klientelstaatenpolitik
Roms an der Donau ihre guten Dienste getan. Eine ununterbrochene Kette
von Klientelstaaten zog sich nördlich der Donau hin, von Süddeutschland
bis nach Rumänien und der Ukraine — als Prellbock gegen jeden Angriff
aus dem germanischen Norden. Diese Pufferstaaten waren folgende: die
Hermunduren im nördlichen Baiern, die Markomannen in Böhmen und
Mähren, die Quaden in der Slowakei und in der Karpatenukraine, das
Nomadenvolk der Jazygen in der ostungarischen Steppe, die Dazier in
dem heutigen Rumänien und schließlich die Roxolanen in Südrußland.
Zu Ende des 1. Jahrhunderts wurde dann eines dieser Klientelvölker,
die Dazier, so mächtig und selbstbewußt, daß Kaiser Trajan den großen
Plan faßte, dieses Gebiet dem römischen Imperium einzuverleiben. Er
unterwarf in einem schweren Feldzug den Dazierkönig Decebalus und
machte Siebenbürgen, das wegen seines Erzreichtums für Rom besonders
wertvoll war, zur römischen Provinz (105—107).
Mit der Eingliederung dieser neuen Provinz „Dada Trajana" war die
Donaugrenze offiziell aufgegeben. Es wäre nun ein Gebot der Reichs-
verteidigung gewesen, die römische Grenze an den Gebirgskamm der
Sudeten und Karpaten vorzuschieben, also auch das Gebiet der übrigen
Klientelstaaten in das Provinzialverhältnis hineinzuzwingen, zum wenig-
sten hätte das Steppengebiet der Jazygen zwischen Donau und Theiß,
Markomannenkrieg. Zusammenbruch des Klientelstaatensy&tans 61

•das wie ein spitzer Keil die römischen Provinzen Pannonien und Dazien
auseinanderhielt, unterworfen werden müssen. Dies wurde jedoch
versäumt.
Wie militärisdi unhaltbar die neue Grenzziehung war, zeigte dann
der Markomannenkrieg, der wie ein Vorspiel der kommenden gotischen
Gefahr den ganzen Ernst der Lage blitzartig beleuchtete. Die Goten hatten
um die Mitte des 1. Jhs.n.Chr. ihre bisherigen Wohnsitze im Gebiete der
Weichselmündung mächtig nach Südosten ausgedehnt und drangen nach
dem Schwarzen Meer zu vor. Dadurch wurden zahlreiche andere Völker-
schaften nach Süden und Westen abgedrängt. Sie erschienen am 'Donau-
Limes und forderten Wohnsitze auf dem Boden der römischen Provinz
Pannonien. Rom lehnte ab. Darüber kam es zum Kriege, der 14 Jahre lang
(166 bis 180) mit Erbitterung geführt und von Kaiser Marc Aurel (161
bis 180) nur mit einem großen militärischen Kräfteaufgebot siegreich be-
endigt werden konnte. Dieser Kaiser hatte auch den Plan, den ganzen
Raum bis zu den Sudeten und Karpaten — also die heutige Tschecho-
slowakei und das heutige Ostungarn — in das Imperium einzugliedern und
daraus zwei neue Provinzen zu bilden: Marcomannia und Saimatia. Die
römischen Heere hatten dieses Gebiet schon unterworfen. Marc Aurels
Nachfolger Commodus (180—192) jedoch begnügte sich im Friedensschluß
von 180 mit der Wiederherstellung der alten Klientelverhältnisse.
Dieser Markomannenkrieg hat mit erschreckender Deutlichkeit ge-
zeigt, daß das bisherige Klientelstaatensystem versagte. Es hatte so lange
gute Dienste getan, als Roms militärische Macht selbst furchterregend
dastand. Mit dem militärischen Kräfteverfall des Imperium Romanum,
der sich schon damals drohend abzeichnete, hatte sich aber auch das
Wesen des Klientelverhältnisses verschoben. Die Römer, die bisher diesen
„schutzbedürftigen" Stämmen als Schutzherren gegenübergestanden
hatten, gerieten nunmehr immer mehr in gefährliche Abhängigkeit von
den Barbaren. Bald war es so weit, daß Rom sich durch Geldzahlungen
das friedliche Verhalten der „Klientelvölker" erkaufen mußte.
*

Nach dem Markomannenkrieg verlagerte sich der eigentliche Druck


der germanischen Völkerflut an die untere Donau, in das Gebiet des
heutigen Rumänien. Nunmehr trat der ostgermanische Stämmebund der
Goten auf, der während des nächsten und großartigsten Abschnittes
der germanischen Völkerwanderung im Mittelpunkt der Ereignisse steht.
62 Auftreten der Goten

Die Goten sind ziemlich spät aus ihrer skandinavischen Heimat aus-
gewandert; erst um den Beginn unserer Zeitrechnung kamen sie und mit
ihnen der gotische Teilstamm der Gepiden über die Ostsee herüber, wie
uns die bei dem lateinischen Geschichtsschreiber Jordanes (6. Jh.) über-
lieferte gotische Stammessage erzählt (Jordanes, Getica 4, 25). Sie ließen
sich im Gebiete der Weichselmündung nieder, wo sie bis zur Mitte des
2. Jhs. n. Chr. blieben. Dort werden sie im 2. Jahrhundert von dem
römischen Geschichtsschreiber Tacitus (Germania 44) und von dem
griechischen Geographen Ptolemaios (III, 5, 20) erwähnt. Zunächst be-
setzten sie Westpreußen, Nordposen und das westliche Ostpreußen. Zu
Anfang des 3. Jahrhunderts aber drang ihre Hauptmenge weiter nach
Südosten vor und besetzte die Ukraine. Diese große Wanderung süd-
wärts führte nach der Erzählung des Jordanes durch eine Sumpfgegend —
wahrscheinlich die heutigen Pripjetsümpfe.
Noch im Laufe des 3. Jahrhunderts tauchen die Goten dann am
Schwarzen Meere auf. Nach einer Nachricht, deren Glaubwürdigkeit
freilich umstritten ist, wäre der erste Zusammenstoß mit den Römern
bereits 214 erfolgt. Kaiser Caracalla soll damals in Dazien einige Goten-
schwärme, die von der nördlichen Karpatengrenze her einen Angriff
führten, besiegt haben. Sicher bezeugt ist aber dann, daß die Goten im
Jahre 238 n. Chr. in das römische Reichsgebiet einfielen. In jenem Jahre
gerieten auch die reichen Küstenstädte Olfaia (Nikolajev) und Tyras
(Akkerman) in die Hand der Goten. Zehn Jahre später brachen diese
wiederum in Niedermösien ein. Unter Kaiser Decius (249—251) stießen
sie sogar bis nach Thrazien vor. Das wichtige Philippopel wurde erobert.
Der Kaiser selbst fiel im Jahre 251 in der Schlucht bei Abrytus. Danadi
besetzten die Goten die Halbinsel Krim.
Auch unter den folgenden Kaisern blieb die gotische Gefahr unver-
mindert. Nun begannen die in der Ukraine sitzenden Germanenstämme
unter Führung der seetüchtigen Heruler ihre Raubzüge über See. Beson-
ders die pontische Nordküste Kleinasiens hatte darunter schwer zu leiden.
Im Jahre 267 brachen gotische und herulische Raubscharen in das Reich
ein und drangen auf einem abenteuerlichen Kriegszuge bis nach Athen
vor. Gleichzeitig landete ein zweiter Heerhaufe von Goten und Herulem
an der Ostküste des Peloponnes und begann das Land zu verwüsten und
zu brandschatzen. Das bäuerliche Binnenland war wehrlos gegen diesen
Angriff. Die Städte, selbst die größeren, wie Korinth, Patras, Argos,
Tegea, Sparta, waren fast völlig unbefestigt. Im Schutze der Vax Romana
Goten im 3. Jahrhundert 63

Karte 2

war die Bevölkerung, die seit Jahrhunderten keinen Feind mehr im Lande
gesehen hatte, des Waffenhandwerks völlig entwöhnt. So konnten die
Streifscharen der Goten und Heruler, ohne einen nennenswerten Wider-
stand zu finden, die ganze östliche Hälfte des Peloponnes bis nach Arka-
dien hinein verheeren. Nach der Ausplünderung des Landes zogen sie
wieder ab. Gleichzeitig wurde der andere germanische Heerhaufe vor
Athen besiegt, wobei sich in der Leitung des griechischen Abwehrkampfes
der Geschichtsschreiber Dexippos hervortat. Und zwei Jahre später erlitt
ein großes gotisches Heer bei Naissus (Nisch) durch Kaiser Claudius II.,
den Gotensieger, eine vernichtende Niederlage (269). Audi die gleich-
zeitig ausgelaufene germanische Raubflotte mußte ohne Erfolg nach der
ukrainischen Heimatküste zurückkehren. Auf ein Jahrhundert hinaus war
der römische Reichsboden seitdem gegen germanische Einfälle gesichert.
Aber der gotische Druck gegen Dazien — die einzige römische Pro-
vinz nördlich der Donau — blieb doch auch in der Folgezeit so stark,
daß Kaiser Aurelian zwei Jahre nach dem Siege bei Naissus diese Provinz
völlig aufgab und ihre romanische Bevölkerung auf das südliche Donau-
ufer hinüberführte (271). In einem Kriege mit den Goten wäre diese
Provinz Dacia Trajana doch nur unter einem ungeheuren Aufwand
militärischer Mittel zu verteidigen gewesen. Dazu war damals bei dem
64 Wulfila. Das großgotiedie Reidi

Verfall der römischen Militärmacht gar keine Möglichkeit mehr. Die Räu-
mung von D a d a Trajana war daher eine vorbeugende Maßnahme.
Während des folgenden halben Jahrhunderts herrschte ein ziemlich
friedliches Verhältnis zwischen den Goten und dem Römischen Reich.
Erst unter Konstantin dem Großen ( 3 2 4 — 3 3 7 ) kam es wieder zum
Kriege. Die Goten wurden besiegt. Sie mußten sich zur Waffenhilfe ver-
pflichten und wurden als „foederati" des Reiches in das Kli'entelverhältnis
aufgenommen. Freilich dauerte an der ukrainischen Schwarzmeerküste
der gotische Druck an. l i m diese Zeit brachten die Goten auch die Städte
Chersonesos und Pantikapaion (Kertsch) auf der Halbinsel Krim unter
ihre Herrschaft.
Diese militärisch-politischen Erfolge Roms scheinen die Ausbreitung
des Christentums gefördert zu haben. Das Christentum war, wie auch
aus sprachgeschichtlichen Tatsachen hervorgeht, schon früher bei den
Goten eingedrungen. Unter dem Eindruck der Erfolge Konstantins
machte die Christianisierung der Goten dann weitere Fortschritte. Da-
gegen kam es zu einer Reaktionsbewegung der altheidnischen Partei. Die
gotischen Christen unter der Führung ihres Bischofs Wulfila mußten aus
dem Gotenreiche flüchten. Sie gingen über die Donau und wurden von
Kaiser Konstantius II. (337—361) in Mösien, dem heutigen Nord-
bulgarien, angesiedelt. Dort ist wahrscheinlich auch die gotische Bibel-
übersetzung des Bischofs Wulfila, das älteste Denkmal einer germanischen
Literatursprache, entstanden.
Das großgotische Reich in der Ukraine bestand daneben weiter und
schüttelte den römischen Einfluß wieder ab. Es ist die erste große germa-
nische Staatsschöpfung der Geschichte. W i r brauchen uns nur die räum-
liche Ausdehnung vor Augen zu halten. In der Zeit seiner größten Macht,
also kurz vor dem Hunneneinfall, reichte es von der Ostsee bis zum
Schwarzen Meer. Es gehörten dazu : die Ukraine mit der Halbinsel Krim,
dann der größte Teil des heutigen Polen und ein großer Teil des heutigen
Rumänien, also ein Gebiet, das etwa viermal so groß wie das Deutsch-
land von 1937 war. Die staatliche Zusammenfassung dieses weiten Raumes
war ziemlich locker. Sie beruhte vor allem auf der gotischen Oberschicht
und auf dem gotischen Herrscherhaus. Der lose, aber weitgespannte
Rahmen dieses kurzlebigen Vielvölkerreiches umspannte zahlreiche
Völkerschaften und Stämme verschiedener Sprache und Abstammung.
Am Schwarzen Meere in der unmittelbaren Berührung mit der grie-
chisch-römischen und der iranisch-skythischen Kultur haben sich die
Hunnensfcutim 65

Goten eine neue Sachkultur zugelegt. Die künstlerisch hochstehenden


Erzeugnisse gotischer Metallkunst (Prunkfibeln mit Flechtbandverzie-
rung, herrliche Tierornamentik) sind uns vor allem durch den Goldschatz
von "Pktroasa (bei Buzäu in Rumänien) bekannt. Dieser Fund, in dem
man den Goldschatz des Gotenkönigs Athanarich (gest. 381) vermutet,
umfaßt neben zahlreichen anderen Stücken prächtige Gokfedialen mit
leopardenförmigen Henkeln, eine runde Servierschüssel, einige riesige
Adlerfibeln, ein Halsband mit Runeninschrift.
Die völkische Uneinheitlidikeit des großgotischen Reiches war ein
wesentlicher Grund für seinen raschen Zerfall vor dem Ansturm der
Hunnen (375). Damit begann der nächste Abschnitt der germanisdien
Völkerwanderung, die Gründung germanischer Staaten auf ehemals
römischem Reichsboden.

5 Stadtmüller, Geschichte Südosteuropas


66

Karte 3
Kapitel 3

Eurasische V ö l k e r w a n d e r u n g und H u n n e n r e i c h

In der älteren Zeit der osteuropäischen Geschichte haben die eurasi-


schen Reiternomadenvölker eine wichtigere Rolle als die Slawen gespielt.
Unter dieser Sammelbezeichnung werden alle jene Völker zusammen-
gefaßt, die als Reiternomaden den weiten eurasischen Steppenraum im
östlichen Europa und nördlichen Asien bewohnten. Die meisten dieser
Völker sprechen eine türkische Sprache, andere gehören der finno-ugri-
schen oder iranischen Sprachfamilie an. Finno-ugrischer Sprache war die
breite Unterschicht der Madjaren, in der die türkisch sprechende Herren-
schicht schließlich aufgegangen ist. Die iranischen Reiternomadenvölker
haben nur in vor- und frühgeschichtlicher Zeit in Osteuropa eine Rolle
gespielt (Skythen, Alanen, Jazygen, Roxolanen u. a.).
Die Geschichte und Bedeutung dieser eurasischen Völker ist nur aus
ihrer Lebensweise als Reiternomaden verständlich. In der älteren Ge-
schichte treten sie immer wieder als Eroberer und Staatengründer auf.
Sie haben zu Pferde zuerst weite Räume überwunden, sie haben die große
Welt kennengelernt und damit auch Lust gewonnen, die Welt zu be-
herrschen. Die planmäßig wirtschaftende Großviehzucht hat diese No-
maden schon frühe zu fortgeschrittenen politischen und militärischen
Organisationsformen genötigt, in deren Besitz sie den umliegenden Acker-
bauern überlegen waren. Durch diese Überlegenheit ist es ihnen auch
leichtgefallen, die benachbarten Bauernvölker zu unterwerfen und sie als
Tributherren zu „bewirtschaften".
Die Heimat aller Reiternomadenvölker war Innerasien. Dort liegt das
Ausgangsgebiet der „türkischen Völkerwanderung", die sich in immer
neuen Vorstößen, fast ein ganzes Jahrtausend hindurch, abspielte. Von
dort aus sind seit dem 4. Jahrhundert immer wieder einzelne Reitervölker
hervorgebrochen und haben in dem osteuropäischen Steppenraum ihre
kurzlebigen Staaten begründet: Hunnen, Kutiguren, Awaren, Urbulgaren,
Madjaren, Rumänen (Polovtzer), Petschenegen, Seldschuken, Tataren,
Osmanen.
Diese Staatsbildungen der Reiternomadenvölker zeigen überall ein
eigenartiges Bild. Es sind „Überschichtungsstaaten", in denen eine politische
5*
68 Wesensart der eurasisdien Staatenwelt

Herrenschicht sich über eine bäuerliche Unterschicht gelagert hat. Die


Politik solcher Staaten besteht darin, möglichst viele Reichtümer zusammen-
zubringen, teils durch auswärtige Kriegsunternehmungen, die nichts sind
als große Raub- und Plünderungszüge, teils durch die planmäßige Bewirt-
schaftung und Ausbeutung der Unterschicht, die viele drückende Abgaben
und Dienste (auch Heeresfolge) leisten muß. In diesen primitiven Staaten
fehlte es nicht nur an einer Verfassung und an einem Staatsrecht, sondern
auch an einer eigentlichen Verwaltungsorganisation und an einem Beamten-
körper. Man brauchte beides nicht. Denn die Aufgaben der Verwaltung
erschöpften sich in der Eintreibung der Tribute und in der Erpressung
von Hilfstruppen. Das übernahmen die jeweiligen Beauftragten des
Herrschers. Die Gewalt des Fürsten war durch die außerordentliche
Machtstellung des Adels und durch die Stammesgewalten sehr beschränkt.
Nur im Kriege gebot er unbedingt. Sonst war er an Rat und Zustimmung
des Adels und der Stammeshäuptlinge gebunden.
Die Machtstellung dieser beiden Faktoren bedeutete eine ständige
Schwächung der Herrschergewalt. N o d i gefährlicher aber war eine andere
Tatsache: das Fehlen eines festen Thronfolgerechtes. Nach dem politischen
Denken dieser Reiternomaden war nicht der einzelne jeweilige Herrscher,
sondern das Herrscherhaus der Träger der politischen Gewalt. Starb der
Herrscher, so kam es häufig zu Thronwirren/da alle Glieder des Herrscher-
hauses grundsätzlich gleichberechtigten Anspruch auf den Thron erheben
konnten. Häufig sind infolge solcher Thronwirren die Uberschichtungs-
staaten, die gewöhnlich aus einer Anzahl verschiedenartiger Völker-
schaften und Stämme bestanden, in ihre ursprünglichen Glieder ausein-
andergebrochen, die nun ein selbständiges politisches Leben führten, bis
sie wieder von anderen politischen Faktoren, von einem anderen politischen
Mittelpunkt aus und unter einem anderen Namen zu einem neuen Uber-
schichtungsstaat zusammengeballt wurden, der im wesentlichen doch
wieder dieselben Völkerschaften umfaßte. Diese kurzlebigen und lockeren
Machtzusammenfassungen waren noch keine Staaten in unserem heutigen
Sinne. Es waren nicht klar abgegrenzte, ausgeglichene Machtgruppen,
nicht in langsamer, stetiger Entwicklung herangereifte politische Organis-
men, sondern mehr momentane politische Aggregate aus verschieden-
artigen und verschiedenvölkischen Bestandteilen, nur zusammengehalten
durch das zeitweilige machtpolitische Ubergewicht einer einzelnen Horde,
die schon morgen durch eine andere Horde in der Vorherrschaft abgelöst
werden konnte. Die politischen Verhältnisse in dieser eurasischen Staaten-
Auftreten der Hunnen 69

weit waren daher ohne jede Stetigkeit, sie waren unaufhörlich in stür-
mischer Wandlung. Die Stämme wechselten sich in der Vorherrschaft ab.
Und ständig verschoben sich auch die unbestimmten Grenzen des poli-
tischen Machtbereiches, die wir uns nicht im Sinne der heutigen Staats-
grenzen als eindeutig feste Linien vorstellen dürfen. Kaleidoskopartig
wechseln die Bilder von Jahrzehnt zu Jahrzehnt.
Wenn es solchen Horden erobernder Reiternomaden gelungen war,
ihre politische Vorherrschaft über ein Bauernvolk aufzurichten, dann
stand erst die eigentliche Schicksalsfrage aller dieser Staaten bevor: die
allmähliche Auseinandersetzung mit dem unterworfenen Volkstum. Oft
lebten die beiden Völker Jahrhunderte hindurch nebeneinander im
gemeinsamen Siedlungsraum, gewöhnlich endete das Ringen zwischen
den beiden Volkstümern schließlich mit der Einschmelzung der Herren-
schicht in die zahlenmäßig unterlegene Unterschicht.
Die eurasischen Reiternomadenvölker, vor allem Völker türkischer
Sprache, waren bis in das Hochmittelalter hinein das politisch führende
Element Osteuropas. Erst im Spätmittelalter wurden sie durch die mehr
und mehr erstarkenden Völker und Staaten der Slawen zurückgedrängt.
Von den ehemals zahlreichen Staatsgründungen der Turkvölker haben
sich nur zwei Staaten in Osteuropa bis in die Gegenwart behauptet:
Ungarn und die Türkei. Ein anderer ursprünglich türkischer Staat hat
später seinen türkischen Charakter verloren: das bulgarische Reich.

Als erster Wellenschlag der großen eurasischen Völkerwanderung


brandeten in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts die Hunnen gegen
Südosteuropa heran. Mit ihnen traten zum ersten Male die bis dahin
unbekannten Turkvölker in die europäische Geschichte ein. Ihren west-
lichen Zeitgenossen erschienen diese kleingewachsenen flinken Reiter,
die so überraschend aus den Steppen des Ostens aufgetaucht waren, als
unheimliche, halbtierische Wesen. Und man erzählte sich die grausigsten
Gerüchte über Herkunft und Abstammung des merkwürdigen Volkes.
So berichtet Jordanes, der Geschichtsschreiber des Gotenvolkes, über die
Hunnen: „Nach kurzer Zeit aber brach . . . das Volk der Hunnen, greu-
licher noch als der Gipfel der Roheit, gegen die Goten los. Von ihrer Her-
kunft berichtet alte Kunde das Folgende: Filimer, der König der Goten
und Sohn des großen Gadarich, der nach der Auswanderung von der
Insel Scandza bereits als fünfter die Herrschaft über die Goten führte,
70 Jordanes über dile Hunnen

der, wie ich oben erzählt halbe, auch in die skythischen Länder mit seinem
Volk eingedrungen war, fand unter seinem Volk gewisse Zauberinnen,
die es in heimischer Sprache Alraunen nennt, und da sie ihm verdächtig
vorkamen, jagte er sie von dannen und zwang sie, wie sie weit von
seinem Heere verscheucht waren, in der Einsamkeit umherzuirren. Als
diese Zauberinnen unreine Geister auf ihrer Streife durch die Wüste
erblickt und sich mit ihnen gepaart hatten, brachten sie dieses wüste Volk
zur Welt, das anfangs in den Sümpfen lebte, als Menschen betrachtet,
klein, greulich, schmächtig und durch keinen anderen Laut kenntlich war,
als daß es ein Schattenbild menschlicher Rede andeutete. Aus solchem
Stamme waren die Hunnen entsprossen, die nun an das Reich der Goten
herankamen. Ihr wüstes Volk, das . . . am jenseitigen Ufer des Mäotis-
Sees wohnte, kannte nur die Jagd, aber keine andere Arbeit, nur, daß es,
als es unter den Völkern herangewachsen war, durch Frevel und Raub-
züge die Ruhe der benachbarten Völker störte . . . Denn sobald sie jenen
gewaltigen See überschritten hatten, rissen sie wie ein Völkersturm Alpid-
zuren, Alcildzuren, Itimaren, Tunkarsen und Boisker, die am Ufer jenes
Skythenlandes wohnten, mit sich fort. Auch die Halanen, die ihnen im
Kampf gewachsen, aber an Gesittung, Lebensweise und Gestalt ungleich
waren, unterwarfen sie, indem sie sie durch häufige Kämpfe zermürbten.
Denn mochten sie sie auch im Kampf keineswegs bezwingen, so flößten
sie ihnen doch durch ihren scheußlichen Anblick übermäßige Furcht ein
und jagten sie durch ihre schreckliche Erscheinung in die Hucht, weil sie
ein fürchterliches, schwärzliches Aussehen und, mit Verlaub zu sagen,
kein menschliches Antlitz, sondern nur einen unförmigen Klumpen und
vielmehr Punkte als Augen im Kopfe hatten. Ihr Selbstvertrauen verriet
schon ihr finsterer Anblick." (Jordanes, Getica 24, 121 ff.) — Dies war
der Eindruck, den das unheimliche Reitervolk aus den unbekannten
Weiten des Ostens auf Germanen und Römer machte.

Die Hunnen haben im ersten Ansturm das großgotische Reich des


Königs Ermanarich überrannt (375). Die meisten germanischen und
iranischen Stämme, die bis dahin den Goten Heeresfolge geleistet hatten,
wurden nun dem neuen Großreiche der Hunnen eingefügt. Diese ver-
mochten es kraft ihrer kriegerischen Furchtbarkeit, von der alle zeit-
genössischen Berichterstatter Zeugnis ablegen, ihre Herrschaft bald auch
über die Germanenstämme des Donauraumes und der umliegenden Land-
schaften aufzurichten.

*
Bildung eines Hunnenreiches 71

Bei ihrem ersten geschichtlichen Auftreten in Osteuropa waren die


Hunnen noch ohne eigentliche staatliche Organisation. Die verschie-
denen hunnischen Stämme gingen je ihre eigenen Wege. Einige der
hunnischen Horden fielen in römische Provinzen ein, andere kämpften
im römischen Solde gegen ihre eigenen Landsleute — Hunnen gegen
Hunnen. Es ist dasselbe Schauspiel wie bei den Germanen der Völker-
wanderungszeit: Germanen gegen Germanen.
Seit dem Ende des 4. Jahrhunderts bildete 9ich dann auch bei dem
Reitervolke der Hunnen ein Königtum heraus, wohl unter dem Einfluß
und Vorbild der germanischen Stammes- und Gefolgschaftsverfassung.
Die Führer größerer Gefolgschaften legten sich — wie bei den Germanen
— den Königstitel bei. So gab es in den einzelnen hunnischen Stämmen
mehrere Könige nebeneinander. Bald hob sich dann ein hunnischer König
an Macht und Ansehen über die anderen heraus. Seit 400 erschien an der
Donau ein Hunnenkönig Uldin, bald als Feind, bald als Bundesgenosse
Ostroms. Unter seiner Führung bildete sich im Donauraume aus
hunnischen und germanischen Stämmen ein mächtiges Reich. Schon um
430 war die Macht dieses Hunnenreiches unter König Ruas (wahrschein-
lich dem Sohn und Nachfolger Uldins) so angewachsen, daß Kaiser Theo-
dosios II. (408—450) sich genötigt sah, den Frieden mit diesen gefähr-
lichen Nachbarn durch harte und schimpfliche Zugeständnisse zu
erkaufen: Ostrom mußte die Provinz Pannonien an die Hunnen ab-
treten, auf die Anwerbung von Söldnern unter den Nordbarbaren ver-
zichten und eine jährliche Tributzahlung von 350 Pfund Gold ver-
sprechen.
Dadurch hatte sich das oströmische Reich für einige Jahre den Frieden
gesichert. Aber nach dem plötzlichen Tode des Königs Ruas (434) zeigte
es sich bald, zu welcher tödlichen Gefahr das Hunnenreich heran-
gewachsen war. In der Herrschaft über die Hunnen folgten gemeinsam
die beiden Brüder Bleda und Attila, die Söhne Mundzucs, des Bruders
des Ruas. Sie verwandten die ersten Jahre nach ihrer Thronbesteigung
auf die Ausbreitung ihrer Herrschaft. Dann kehrten sie zu der bewährten
Politik der Drohungen und Erpressungen gegen Ostrom zurück. In ihrem
achten Regierungsjähre (441) brach wieder der Krieg mit Ostrom aus.
Der äußere Anlaß war ein schwerer Grenzzwischenfall. Eine hunnische
Raubschar überfiel unter Vertragsbruch ein oströmisches Grenzkastell,
wo ein Jahrmarkt stattfand, ermordete die Händler und plünderte den
Platz aus. Nach Ausbruch des Krieges wurden die nordbalkanischen
71 Attila und Ostrom

Landschaften von den Hunnen überschwemmt. Zahlreiche feste Plätze


fielein. Die kaiserliche Regierung mußte nach verlustreichen Kämpfen
zunächst einen einjährigen Waffenstillstand abschließen. Aber bald brach
der Kampf erneut aus. Erst der weströmischen Intervention gelang es,
einen neuen Frieden zu vermitteln. Er mußte wiederum durch drückende
Zugeständnisse erkauft werden (spätestens 443). Der Kaiser mußte einen
einmaligen Tribut in der ungeheuerlichen Höhe von 432000 Solidi
bezahlen. Außerdem wurden die früheren Vertragsbedingungen wesent-
lich verschärft. Der jährliche Tribut wurde verdreifacht, der Preis für den
Loskauf eines gefangenen Römers wurde auf 12 Solidi erhöht.
Auch dieser Friede dauerte nur fünf Jahre. Im Jahre 445 oder 446
ließ Attila seinen älteren 'Bruder Bleda ermorden und riß die Alleinherr-
schaft an sich. Kurz danach — im Jahre 447 — begann er einen neuen
Krieg mit Ostrom. Die Hunnen fielen in das Reichsgebiet ein, besiegten
den kaiserlichen Feldherrn Arnegisclus, einen gebürtigen Goten, der im
Kampfe fiel, eroberten den wichtigen Waffenplatz Marcianopolis und
drangen dann raubend und mordend bis an die Thermopylen und bis
vor Konistantimopel vor. In diesen Kämpfen waren mehr als 70 Städte
in die Hand der hunnischen Barbaren gefallen. Neben Margus, Ratiaria,
Singidunum, Arkadiopolis und zahlreichen anderen kleineren Städten
befanden sich darunter auch die wichtigen Waffenplätze Sirmiium, Naissus
und Philippopel, ja vielleicht sogar Serdica.
Bei den Friedensverhandlungen stellte Attila die Forderung, das rechte
Donauufer von Singidunum (Belgrad) bis Novae (Swischtov) in einer
Breite von fünf Tagereisen von der römischen Reichsbevölkerung zu
räumen und die Reichsgrenze nach Naissus (Nisch) zurückzunehmen.
Diese Forderung, auf deren Erfüllung Attila freilich dann nicht bestand,
zielte darauf, die militärische Widerstandskraft des oströmischen Reiches
noch weiter zu schwächen. Einerseits sollte das oströmische Reich den
stark ausgebauten Donau-Limes für immer aufgeben, andererseits sollte es
dadurch auch von dem Zustrom barbarischer Söldnerrekruten, auf den
es seit langem angewiesen war, völlig abgeschnitten werden.
Wenn diese Forderung Attilas auch unerfüllt blieb, so mußte Ostrom
doch einen Frieden zu den härtesten Bedingungen abschließen. Es mußte
einen einmaligen Tribut von 6000 Pfund Gold bezahlen, dazu wurden
die Jahrestribute auf das Dreifache erhöht. Die „Überläufer" mußten
ausgeliefert werden. Damit aber waren die hunnischen Raubgelüste durch-
aus noch nicht befriedigt. Immer häufiger wurden jene hunnischen Ge-
Attilas Reidi und Hof 73

sandtschaften, die unter dem Vorwande, die Auslieferung von Überläufern


zu verlangen, immer neue Gelder für sich — die Günstlinge Attilas —
herauspreßten.
*

Das hunnisch-germanische Großreich, das in den letzten Lebensjahren


Attilas sich vom Rhein bis tief in die Ukraine, von der Ostsee bis an die
untere Donau erstreckte, blieb ein recht loses Aggregat. Die einzel-
nen Stämme und Völkerschaften regierten sich auf ihre eigene über-
kommene Art. So glich das Hunnenreich mehr einem locker gefügten
Bund von verschiedenartigen, teils turkvölkischen, teils germanischen, teils
iranischen Völkerschaften als einem straff geführten Einheitsstaat. Die
Untertänigkeit einzelner Stämme blieb zweifelhaft, da und dort flacker-
ten immer wieder die Unabhängigkeitsbestrebungen zu Aufständen auf.
Die Mittel, mit denen der Herrscher diesen Vielvölkerbund zusammen-
hielt, waren Furcht und Schrecken. Auch geringe Vergehen wurden mit
qualvollen Todesstrafen bestraft. Dazu kam die bewußte Herausstellung
seiner Herrscherwürde durch ein streng betontes Hofzeremoniell. Die
Großen des Reiches mußten sich in der Ehrenwache bei Hofe in fester
Reihenfolge ablösen. Nach dem Mahl und dem Trinkgelage ließ Attila,
wie uns der byzantinische Gesandte Priskos berichtet, durch epische Sänger
seine eigenen Taten verherrlichen. Dann traten Hofnarren auf und
erheiterten durch ihre Scherze die Tischgesellschaft. Einer versetzte durch
ein unsinniges Kauderwelsch von hunnischen, gotischen und lateinischen
Brodken alles in brüllendes Gelächter.
Attila selbst blieb von der hunnischen Prunkliebe frei. In betonter
Bescheidenheit hielt er an der schlichten väterlichen Sitte fest. Aber auch
er schleppte aus den eroberten Städten alle erreichbaren Gold- und Silber-
schätze weg. Zu der Kriegsbeute kamen die römischen Tribute. Seine
Habgier führte zu merkwürdigen Praktiken. Dem blendenden Eindruck
der überlegenen byzantinischen Kultur konnte auch er sich ebensowenig
wie seine germanischen Gefolgschaftsführer entziehen. Er ließ es sich
gerne gefallen, daß der Kaiser ihm den Titel eines „'Magister militum"
verlieh. Das Geltungsbedürfnis des Barbaren wurde dadurch befriedigt
und die oströmische Diplomatie konnte auf diese Weise die schimpf-
lichen Jahrestribute in die ehrenvoller scheinende Form des Beamten-
gehaltes kleiden.
Gegenüber Ostrom war Attilas Politik vor allem durch das Ziel der
wirtschaftlichen Ausplünderung und finanziellen Erpressung bestimmt.
74 Attila und Westram

Zu der Gewinnung von Kriegsbeute und der Ertrotzung von Tribut-


zahlungen kam noch eine andere Methode der Erpressung. Attila schickte
in gewissen Abständen Leute seiner Umgebung als Gesandte an den
Kaiserhof, die man dort, um sich das Wohlwollen des gefürchteten
Hunnenkönigs nicht zu verscherzen, wohl oder übel mit Geschenken
überhäufen mußte.
Um den hunnischen Alpdruck loszuwerden, verfiel man in Konstanti-
nopel auf den Plan, den gefürchteten Hunnenherrscher ermorden zu
lassen. 'Bezahlter Meuchelmord hatte oftmals dem Reiche im Kampfe
gegen Barbarenfürsten geholfen. Der einflußreiche Eunuche Chrysaphios
übernahm es, für die Durchführung dieses Mordplanes einen ger-
manischen Gefolgsmann Attilas zu gewinnen: Edeko, den Fürsten der
Skiren, den Vater Odoakers. Der Germane ließ sich indessen nicht be-
stechen, sondern teilte seinem Herrn diesen Mordplan mit. Fast wäre es
darüber zum Kriege gekommen.
Danach suchte Attila durch Auslieferungsforderungen auch Händel
mit dem weströmischen Reich, dessen tatsächlicher Gebieter damals der
Feldherr Aetius war. Attila forderte die Kaisertochter Honoria zur Frau,
wodurch er Mitregent des weströmischen Reiches geworden wäre. Die
Ablehnung dieser Forderung führte zum Kriege. Im Frühjahr 451 erschien
Attila mit einem gewaltigen Heere in Gallien. Dort kam es auf den
katalaunischen Feldern (bei Chälons in der Champagne) zu der welt-
geschichtlichen Entscheidungsschlacht. Auf der einen Seite stand Attila
mit seinen Hunnen, Ostgoten und Gepiden, auf der anderen Seite der
weströmische Patricius Aetius mit römischen, fränkischen, alanischen und
westgotischen Aufgeboten. Attila wurde zurückgeschlagen, erschien aber
schon im folgenden Jahre (452) mit einem neuen Heere in Oberitalien,
das er verheerte. Ein Jahr darauf (453) ist er gestorben — in der Hoch-
zeitsnacht mit einer neuen Gattin Ildico.
Nach dem Tode Attilas zerfiel sein gewaltiges Reich in einzelne Herr-
schaften seiner Söhne. Die unterworfenen Völkerschaften erhoben sich
unter Führung des Gepidenkönigs Ardarich und erkämpften sich in einer
Schlacht an einem Flusse Neda die Freiheit. Ein Teil der Hunnen ließ sich
in Römisch-Skythien ansiedeln. Die Hauptmasse wurde in die Steppen-
gebiete der Ukraine zurückgedrängt. Die bisherigen Wohnsitze der
Hunnen an der Donau fielen den Ostgoten und Gepiden zu.
Kapitel 4

D a s o s t r ö m i s c h e R e i c h in d e r g r o ß e n Wende

Zuerst prallten die Awaren und Slawen mit dem oströmischen Reich
zusammen. Dieses merkwürdige Staatsgebilde wird heute und seit langem
gewöhnlich als Byzanz bezeichnet. Dieser Name ist jedoch erst in der
Zeit des Humanismus aufgekommen. Der oströmisdie Staat hat sich
selbst immer nur als „römisch" bezeichnet, die „Byzantiner" nannten
sich „Römer" (' Pwfxtxioi), die Kaiserstadt Konstantinopel führte den
stolzen Ehrennamen „Neues Rom" {Neu Pwfirj). Wenn wir heute das
Humanistenwort „Byzanz" gebrauchen, so hat es in den meisten Ohren
einen sonderbaren Klang. Man denkt an politische Servilität und Kor-
ruption, an rückgratlose Verlogenheit, an maßlose Heuchelei. Man be-
trachtet die oströmische Geschichte vielfach als ein wüstes Durchein-
ander von Armeerevolten, Palastrevolutionen, Haremsintrigen und
Eunuchenwirtschaft. Das machtlose Kaisertum habe sich in prankvollem
Zeremonienwesen erschöpft, die Kirche sei ein willenloses und gefügiges
Werkzeug aller machtpolitischen Tendenzen gewesen, die Armee ein bunt
zusammengewürfelter Haufe von fremden Söldnern aus allen Nationen,
das Volk ein Rassengemisch. Der Zwang der Tradition hätte in einem
peinlich vorgeschriebenen Etikettenwesen das freie Leben auf allen Kultur-
gebieten erstickt.
Die geschichtlichen Tatsachen sprechen eine andere Sprache. Die
ruhmvolle Geschichte Ostroms ist die glänzendste Widerlegung solcher
falschen Anschauungen. Die mehr als tausend Jahre oströmischer Ge-
schichte sind zum größten Teile ausgefüllt durch unaufhörliche siegreiche
Abwehrkämpfe gegen äußere Feinde. Bis in das 11. Jahrhundert hinein
war Ostrom — von wenigen kurzen Schwächeperioden abgesehen — die
größte Militärmacht der damaligen Welt, sowohl zu Wasser als auch zu
Lande. Es verfügte über die reichsten Finanzen und über die beste Ver-
waltung. Durch die Fülle seiner materiellen Kultur war es bis in das Zeit-
alter der Kreuzzüge hinein dem gleichzeitigen Abendlande weit überlegen.
Neben der griechischen Geschichtsschreibung Ostroms nimmt sich die
gleichzeitige lateinische Geschichtsschreibung Deutschlands oder Italiens
geradezu unbeholfen und kümmerlich aus. Der byzantinischen Kunst
76 Ruhm Konstantinopels

konnte das Abendland erst in der Gotik des Hoch- und Spätmittelalters
etwas Gleichwertiges — wenn auch ganz Andersartiges — entgegen-
stellen. Die allgemeine Bildung stand in Ostrom unvergleichlich höher
als im Westen. Karl d. Gr. hat noch als bejahrter Mann versucht, das
Alphabet zu erlernen. In Ostrom wäre es schlechterdings undenkbar
gewesen, daß der Sproß einer alten Herrscherfamilie des Schreiibens un-
kundig gewesen wäre.
Dem lateinischen Abendland war diese Überlegenheit Ostroms bis in
die Zeit der Kreuzzüge hinein wohlbewußt. Im Westen erzählte man mit
Staunen und Bewunderung von der glänzenden Kaiserstadt am Bosporus,
von Konstantinopel mit seinen märchenhaften Sehenswürdigkeiten. Das
„Neue Rom" war bis zur Plünderung durch die Kreuzfahrer des vierten
Kreuzzuges (1204) die größte, schönste und reichste Stadt der Welt. Ihr
Ruhm drang bis hinauf nach Island, wo die altnordischen Sagas noch von
der Schönheit der „großen Stadt" (!Mikkelgard) — so heißt Konstan-
tinopel im hohen Norden — zu erzählen wissen. Noch ehrfürchtiger
standen die slawischen Völker vor dem unbegreiflichen Schauspiel des
Reichtums und der Macht Ostroms. Sie haben dieses Konstantinopel ein-
fachhin die „Kaiserstadt" (Carigrad) genannt. Für die slawischen Völker
der orthodoxen Welt gab es nur eine einzige Kaiserstadt, weil es auch
nur einen einzigen Kaiser als Stellvertreter Gottes auf Erden gab und
geben konnte.
*

Das staatliche und geistige Leben Ostroms reicht in ungebrochener


Kontinuität in die Antike zurück. Ostrom ist die Fortsetzung des römi-
schen Staates mit Konstantinopel als neuem Mittelpunkt und im Bündnis
mit der christlichen Kirche und der griechischen Kultur. Diese Kräfte
haben bei der Entstehung des oströmischen Staates und seiner Kultur
zusammengewirkt: der römische Staat, die christliche Kirche, die griechi-
sche Kultur, die Hauptstadt Konstantinopel.
Erst durch Konstantin d. Gr. (324—337) haben diese vier Elemente
ihre Vereinigung gefunden. Nach den vergeblichen Versuchen früherer
Kaiser, die staatsgefährlich scheinende neue Lehre des Christentums
gewaltsam zu unterdrücken (Christenverfolgungen), hat Konstantin d.
Gr. der christlichen Kirche zunächst die Freiheit und dann eine Vor-
zugsstellung eingeräumt, so daß sie bald zur Staatskirche werden konnte.
Derselbe Kaiser hat dann auch am Bosporus die neue Hauptstadt erbaut
Staat und Kirdie 77

(330). Sie wunde nach ihm Konstantinopel benannt und erhielt die stolze
Ehrenbezeichnung: „das Neue Rom" ('H Ne»'Pcofirj). Durch diese Taten
steht die Persönlichkeit Konstantins d. Gr. am Anfang der oströmischen
Geschichte.
Der Staat war in Ostrom durchaus römisch. Die Verfassungs- und Ver-
waltungseinrichtungen der römisdien Kaiserzeit fanden hier ihre grad-
linige Fortsetzung. Es gab einen Senat, der freilich nur noch repräsentative
Aufgaben hatte. Jahrhundertelang ernannte man auch noch Jahr für Jahr
zwei Konsuln. Die Stadt- und Provinzialverwaltung blieb die römische.
Das römische Recht wurde übernommen und fortgebildet. Im oströmi-
schen Reich erst erhielt es auf Veranlassung Kaiser Justinians eine
zusammenfassende Kodifikation in dem „Corpus juris civilis". Die Mili-
tärorganisation ruhte bis in das Hochmittelalter hinein auf den ererbten
römischen Grundlagen. Sogar die staatliche Amtssprache blieb bis in das
7. Jahrhundert hinein das Latein. Bis zum Ausgange der frühbyzan-
tinischen Zeit war das Lateinische in der Armee, bei Hofe, in der Ver-
waltung und Justiz die Amtssprache, auf den Münzen blieben die
Aufschriften lateinisch. So erschien schon durch die sprachliche Fassade
des Latein der ältere oströmische Staat als unmittelbarer Nachfolger des
römischen Staates.
Seit Konstantin d. Gr. war der bisherige erbitterte Kampf zwischen
Kirdie und Staat durch ein freundschaftliches Verhältnis abgelöst wor-
den, das bald in ein Bündnis überging. Die Kirche wurde dem Staat
eingegliedert. Sie wurde Staatskirche und blieb dies in Ostrom für immer.
Beide Gewalten — Kirche und Staat — haben sich im Osten auf Gedeih
und Verderb miteinander verschworen. Der gewaltige Kampf zwischen
Kaisertum und Papsttum, der sich im abendländischen Mittelalter ab-
spielte, wäre in Ostrom undenkbar gewesen. Kein Patriarch durfte es
wagen, dem Kaiser entgegenzutreten. Die wenigen, die es versuchten,
wurden kurzerhand abgesetzt. Auch die Leitung der Kirche war dort von
der Macht des Kaisers nicht ausgenommen. Dadurch wurde die Reichs-
politik freilich auch, ob sie wollte oder nicht, in das Getriebe dogmatischer
Streitigkeiten hineingezogen. Der Kaiser mußte dazu Stellung nehmen;
war es doch im Sinne jener Zeit eine seiner Hauptaufgaben, die Recht-
gläubigkeit der Kirche zu schützen. Die Konzilien erhielten ihre wirk-
liche Autorität erst durch die Staatsgewalt, die Konzilienbeschlüsse wurden
als Reichsgesetze bestätigt und verkündigt, wodurch sie erst rechtskräftig
wurden. Damit wurde die religiöse Eigenmeinung, die „Häresie", zur
78 Hellenistisches Geisteserbe

staatsfeindlichen Haltung gestempelt und als solche verfolgt und bestraft.


Die Kirche war Reichskirche.
Dem Staat hat dieses Eingreifen in innerkirchliche Auseinandersetzungen
im 4. bis 6. Jahrhundert viele Schwierigkeiten und auch manche Nieder-
lagen eingebracht. Aber es war bei der damaligen engen Verquickung
staatlicher und kirchlicher Verhältnisse einfach unumgänglich. Die Kirche
war auch ein zu wertvolles Werkzeug; die Politik wollte und konnte
darauf nicht verzichten. Erst recht nicht, seit die Kirche begann, durch
die Missionierung der nichtchristlichen Nachbarvölker zugleich auch die
Einflußsphäre des oströmischen Reiches weiter auszudehnen.
Die Kultur des oströmischen Reiches war aus dem Wurzelboden des
Hellenismus erwachsen. Bis zum Anfange des 7. Jahrhunderts behauptete
sich freilich noch das Latein als Amtssprache, dann trat 'das Griechische
an seine Stelle. Das gesamte geistige Leben, Literatur, Kunst, Philosophie,
Wissenschaft ging unmittelbar auf das griechische Geistesleben des aus-
gehenden Altertums zurück. Die Macht dieser hellenistischen Tradition
im Gesamtbereiche des Geisteslebens war so stark, daß daneben eine
freie eigenschöpferische Entwicklung nur schwer möglich war. Das Schwer-
gewicht einer großen Vergangenheit ließ keinen Platz für unbekümmerte
Eigenentwicklung. Die Nachahmung klassischer Vorbilder aus der Ver-
gangenheit war das Leitgesetz für alles geistige und künstlerische Schaffen.
So beschränkte man sich in der Literatur vielfach darauf, antike Vor-
bilder einfach nachzuahmen. Daher zeigt das byzantinische Schrifttum
bis zum Aufbruch einer volkssprachlichen Dichtung im 11. Jahrhundert
ein epigonenhaftes Gepräge.
Konstantinopel, die „gottbehütete" Hauptstadt des oströmischen
Reiches, war zugleich der Mittelpunkt alles politischen, kirchlichen, kul-
turellen und wirtschaftlichen Lebens. Ostrom war ähnlich zentralisiert
wie etwa das heutige Frankreich, wo Paris alles bedeutet. Aber Konstan-
tinopel hatte zugleich auch eine einzigartige militärische Bedeutung. Es
war die größte und stärkste Festung des Reiches, ja der mittelalterlichen
Welt überhaupt. Bereits Konstantin d. Gr. hat die neugegründete Stadt
mit einer Festungsmauer umgeben. Im 4. Jahrhundert ist dann die Stadt
darüber hinausgewachsen. Und zu Anfang des 5. Jahrhunderts hat Kaiser
Theodosiös II. die erweiterte Stadt durch eine neue gewaltige Be-
festigungslinie gesichert. An der Seeseite zog unmittelbar am Gestade
eine etwa 10 Meter hohe und mehrere Meter breite Mauer entlang. An
der Landseite war die Stadt durch einen doppelten Ring gewaltiger
„Die gottbehütete Kaiserstadt" 79

Mauern und einen davor liegenden breiten Wassergraben gesichert. So


war die Reichshauptstadt eine Riesenfestung, die für die mittelalterliche
Belagerungstechnik zu Wasser und zu Lande uneinnehmbar war. Ein
Jahrtausend lang ist Konstantinopel auch von keinem äußeren Feind ein-
genommen worden. Germanen, Awaren, Slawen, Araber, Bulgaren haben

sich erfolglos an den Riesenmauern die Köpfe blutig gerannt. Die Kreuz-
fahrer des vierten Kreuzzuges (1204) haben die Stadt zwar gewaltsam,
aber doch mit Unterstützung einer inneren Partei eingenommen. Um
diesen Platz mit bewaffneter Hand nehmen zu können, bedurfte es einer
ganz neuen Belagerungswaffe: des Pulvergeschützes. Erst mit Hilfe der
Artillerie ist es den Osmanen im Jahre 1453 gelungen, eine Bresche in
die Mauern zu schießen und so in die Stadt einzudringen. Bis dahin
war Ostrom militärisch nicht zu vernichten gewesen, weil alle feindlichen
Angriffe bestenfalls bis zu den Mauern von Konstantinopel vordringen
konnten. Dort prallten sie ab.
80 Kampf der Religionen im 3.—4. Jahrhundert

Dies waren die Lebenselemente und Kraftquellen Ostroms: Der


römische Staat, die christliche Kirche, die griechische Kultur, die befestigte
Hauptstadt Konstantinopel. Aus ihrem Zusammenwirken erklärt sich
die bewundernswürdige Lebenskraft, die dieses stets allseits von Fein-
den bedrohte Reich ein Jahrtausend hindurch bewiesen hat.
*

Nachdem Kaiser Konstantin d. Gr. die christliche Kirche mit dem


römischen Staate versöhnt und dann in das Reichsgefüge eingeordnet
hatte, blieb es der weiteren Entwicklung des 4. Jahrhunderts vorbe-
halten, das Christentum durch Zurückdrängung des alten Heidentums
Schritt um Schritt zur Vorherrschaft weiterzuführen. Der Glaube an die
alten Götter hatte die Anziehungskraft, die er in früheren Zeitaltern
besessen, längst verloren. Auf dem bäuerlichen Lande herrschten noch
die alterenbten enchorischen Kulte, während in den Städten sich fatalisti-
scher Aberglaube und Sterndeuterei oder zersetzender Skeptizismus 'breit-
machten und vom Orient her die Erlösungsreligionen eingedrungen waren.
Unter ihnen hatte der Mithras-Kult die größte Verbreitung und Be-
deutung. Der persische Sonnengott Mithras war im 3. Jahrhundert zu
immer größerer Bedeutung aufgestiegen und schließlich zum römischen
Reichisgott (Sol invictus) erklärt worden. Sein Kult war seit Kaiser
Aurelian amtlicher Reichskult geworden. Im 3. Jahrhundert war Mithras
der einzige der alten Götter, der sich mit dem neuen Gott der Christen
an Verbreitung des Kultes messen konnte. Gerade unter den kleinen
Leuten, unter den Bauern und Soldaten in den römischen Donauproviinzen
rangen beide Religionen um Anerkennung und Vorherrschaft.
Die Gebildeten wurden von diesem Ringen nicht sehr berührt. Diese
in dem antiken Bildungserbe verwurzelte Schicht stand dem alten Götter-
kult ebenso wie den aus dem Orient einflutenden Erlösungsreligionen
mit philosophischer Kritik scharf ablehnend gegenüber. Sie zog sich in
die Philosophie zurück. Edle Einzelne klammerten sich einfach an das
leuchtende Ideal der stoischen Pflichterfüllung, die Meisten, soweit sie
nicht in einem platten freidenkerischen Skeptizismus versanken, bekann-
ten sich im 4. Jahrhundert zu jener mächtigen philosophischen und
religiösen Strömung, die wir als Neuplatonismus zu bezeichnen pflegen.
Die neuplatonische Philosophie war schon im 3. Jahrhundert zu der
letzten Auffangstellung antiker Religiosität und Geistigkeit geworden.
Nach dem Siege der christlichen Kirche unter Konstantin übernahm sie
Sieg des Christentums 81

die geistige Verteidigung des alten in das Philosophische umgedeuteten


Götterglauibens. Ober die Niederringung — und teilweise Einverleibung
— dieser neuplatonischen Philosophie stieg das Christentum zur geistigen
Alleinherrschaft empor.
Das junge Christentum hat im Verlaufe des 4. Jahrhunderts alle diese
Gegner endgültig überwunden. Sein Vordringen wurde dadurch er-
leichtert, daß seine Lehren einem allgemeinen Bewußtsein und Bedürfnis
jener Zeit entgegenkamen. Die. religiösen Strömungen des ausgehenden
Altertums haben alle die Sehnsucht nach Offenbarung, Erlösung und
Unsterblichkeit gemeinsam. Das Christentum erschien zunächst nur als
eine unter den verschiedenen Religionen, die diese Sehnsucht zu be-
friedigen versprachen. Dazu kam die neue soziale Moral, die auch im
Zuge der Zeit lag. Entscheidend für den Sieg aber war wohl eine andere
Tatsache: Das Christentum verfügte als einzige der orientalischen Reli-
gionen, die in römischer Kaiserzeit in das Reich eingedrungen waren,
über eine geschlossene organisatorische Gliederung. Es war eine Kirche
mit einer hierarchisch abgestuften Verfassung. Darin lag seine unver-
gleichliche Überlegenheit im Kampfe mit allen anderen Religionen.
Im 4. Jahrhundert ist noch einmal der Versuch gemacht worden, den
schon entschiedenen Sieg der christlichen Kirche wieder rüdegängig zu
machen. Kaisei- Julian der „Apostat" (361—363), der ein begeisterter
Anhänger der neuplatonischen Philosophie war, unternahm es, durch
Verschmelzung des Neuplatonismus mit dem Mithras-Kult und durch
die Nachahmung christlicher Organisationsformen eine Art von heid-
nischer Staatskirche zu schaffen. Sein früher Tod hat jedoch diesen Plan
vereitelt.
Die Zeit nach Julian brachte dann die äußere Vollendung der Chri-
stianisierung. Zu Ende des 4. Jahrhunderts wurden zahlreiche berühmte
Tempel des Heidentums zerstört. Im Jahre 391 wurde auf Anordnung
des Kaisers Theodosios I. der Serapis-Tempel (Serapeion) in Alexandria
zerstört, etwa in derselben Zeit der große Marnas-Tempel (Marneion)
zu Gaza. Damit war zu Ende des 4. Jahrhunderts der äußere Sieg des
Christentums abgeschlossen. Die Stadtbevölkerung hatte so ziemlich
überall das Christentum angenommen, wenigstens äußerlich. Auf dem
Lande aber lebten Anschauungen und Kultformen des Heidentums noch
jahrhundertelang fort. Die breiten Massen des Heidentums blieben noch
lange heidnisch.
*

6 Stadtmüller, Geschichte Siidosteuropas


82 Theologische Lehrstreitigkeiten 4 . — 5 . Jh.

Kaum hatte die christliche Kirche durch Konstantin d. Gr. die öffentlidie
Duldung erlangt, da brachen auch schon in ihrem Schöße jene großen
theologischen Lehrstreitigkeiten aus, deren Austrag die Theologie des
griechischen Ostens Jahrhunderte hindurch beschäftigte. Die unermüd-
liche Fragelust des hellenischen Geistes hat sich in diesen dogmatischen
Erörterungen nodimals ausgelebt. Zunächst drängten sich die Fragen
nach dem Verhältnis der drei Personen Vater, Sohn und Geist zu der
einen ewigen göttlichen Wesenheit hervor. Die Theologen des 4. Jahr-
hunderts, unter denen vor allem Athanasios v. Alexandria und die drei
großen Kappadokier (Basileios d. Gr., Gregorios v. Nazianz, Gregorios
v. Nyssa) hervorragten, haben diese Fragen unter Zuhilfenahme der
neuplatonischen Philosophie geklärt, nachdem durch die Verurteilung
des Arius auf dem I. ökumenischen Konzil (Nikäa 325) bereits die
Richtung der weiteren Lehrentwicklung gewiesen war. Der Arianismus
blieb das ganze 4. Jahrhundert hindurch ein gefährlicher Gegner der
Reichskirche und lebte, nachdem er im Innern des oströmischen Reidies
niedergerungen war, noch zwei Jahrhunderte länger in den Germanen-
staaten des Westens fort.
Im 5. Jahrhundert drehte sich dann die theologische Erörterung um
das Verhältnis des Göttlichen und Menschlichen in dem Gottmenschen
Christus. Die Lehren des Nestorios (III. ökumenisches Konzil zu Ephesos
431) und des Eutyches (IV. ökumenisches Konzil zu Chalkedon 451)
wurden unter dem Einfluß des römischen Papsttums, das damals unter
Papst Leo I. d. Gr. (440—461) seinen ersten weltgeschichtlichen Höhe-
punkt erstieg, verurteilt, aber damit begann der theologisdie Streit erst
zum kirchenpolitischen Kampf zu werden. Die Anhänger des Nestorios
und des Eutydies gründeten ihre eigenen Volkskirchen (Nestorianer,
Monophysiten), denen in Syrien, Palästina und Ägypten bald der Groß-
teil der Bevölkerung anhing.
Solche theologischen Erörterungen haben im 4. bis 9. Jahrhundert (bis
zum Ausgang des Bilderstreits) nicht nur die Theologen, sondern die
gesamte öffentliche Meinung leidenschaftlich beschäftigt und die kaiser-
liche Politik fast ununterbrochen in Atem gehalten. An ihnen ist schließ-
lich die Reidisgewalt in den wichtigen Ostprovinzen Syrien und Ägypten
tatsächlich zerbrochen, bevor noch der Sturm der Araber die organisa-
torischen Formen der oströmischen Herrschaft hinwegfegte. Daß diese
christlichen Streitigkeiten dem Reich zum Verhängnis wurden, ist unbe-
streitbar. Aber es wäre durchaus ungeschichtlich, in den theologischen
Neuaufleben der Gotengefahr 83

Erörterungen, deren politische Folgen wir bedauern, nur „Theologen-


gezänk" sehen zu wollen. Die Menschen jener Zeit nahmen in ihrem
tiefsten Innern daran leidenschaftlichen Anteil; denn bei den Mysterien
der Christologie ging es zugleich auch um die Heilsgewißheit jedes Ein-
zelnen. Auch das einfädle Volk war allerorts von einer Leidenschaft f ü r
die theologischen Fragen erfaßt, die uns Menschen eines anderen Zeit-
alters unbegreiflich erscheint. So schildert zu Ausgang des 4. Jahrhunderts
ein Zeitgenosse in ironischer Weise die dogmatische Streitlust der simplen
Bürger von Konstantinopel:

„Diese Stadt ist voll von Handwerkern und Sklaven, die alle tief-
gründige Theologen sind und in den Läden und auf den Straßen
predigen. W e n n du von einem M a n n e ein Geldstück gewechselt
haben willst, wird er zunädist dich darüber belehren, worin der
Unterschied zwischen Gott-Vater u n d Gott-Sohn besteht; und wenn
du nach dem Preis von einem Laiib Brot fragst, wird man dir an Stelle
einer Antwort erklären, d a ß der Sohn dem Vater untergeordnet ist;
und wenn du wissen willst, ob dein Bad fertig ist, wird der Bade-
meister dir antworten, der Sohn sei aus dem Nichts geschaffen
worden . . . "
*

Dies war die innere Geschichte des Reiches. Nach außen waren die
ersten drei Viertel des 4. Jahrhunderts an der Donaugrenze ziemlich ruhig
gewesen. Erst der große Hunneneinfall (375) brachte neue gefährliche
Völkerbewegungen. Die geschlagenen Goten flohen auf das Reichsgebiet.
Bei Adrianopel wurde Kaiser Valens von den Westgoten vernichtend
geschlagen (378). N u r die gewaltigen Stadtmauern schützten Konstan-
tinopel vor der Einnahme durch die siegreichen Goten. Im Jahre 395
wurde das Reich in eine westliche und östliche Hälfte geteilt. In dieser
M a ß n a h m e fand das allmähliche Auseinanderwachsen der beiden Reichs-
hälften, das vor allem seit Diokletian eingesetzt hatte, seinen sichtbaren
politischen Ausdrude.
In dem ganzen Jahrhundert nach der Schlacht bei Adrianopel wurde
das Reichsgebiet immer wieder durch Plünderungszüge germanischer
Völkerschaften heimgesucht. Infolge dieser Verheerungen war das offene
Land zu Ende des 5. Jahrhunderts in weiten Teilen der Balkanhalbinsel
verödet. Schon in den vorausgegangenen Jahrhunderten hatte sich die
Zahl der Bevölkerung beträchtlich verringert. Zunächst hatte die Land-

84 Justinian I. ( 5 2 7 — 5 6 5 )

bevölkerung infolge der allgemeinen Verstädterung, die für die gesell-


schaftliche und wirtschaftliche Entwicklung der römischen Kaiserzeit
kennzeichnend ist, bedeutend abgenommen. Dann aber war auch die
Stadtbevölkerung zusammengeschrumpft. Vielerorts mußte aus Mangel
an Bewohnern der Mauerring verengert werden. So bot das ganze Land
ein trübseliges Bild, als Kaiser Justinian I. (527—565) zur Regierung kam.
Er entstammte einem Bauerndorf aus den rauhen Gebirgslandschaften
des illyrischen Westbalkan, woher seit dem 3. Jahrhundert so viele
tüchtige Generäle und Kaiser gekommen waren (vgl. oben S. 51—54).
Seine Regierung war eine Glanzzeit der oströmischen Geschichte.
Im Osten wurden die Reichsgrenzen durch mehrfache siegreiche Feld-
züge gegen die Perser gesichert. Nach Westen griff das Reich weit aus.
Im Jahre 534 wurde das Wandalenreich in Nordafrika unterworfen,
dann in einem zwanzigjährigen wechselvollen Kampfe ( 5 3 5 — 5 5 5 ; Schlacht
bei Taginae 551) auch das Ostgotenreich in Italien vernichtet. Weiterhin
gerieten damals auch die Südostküste Spaniens, die Inseln Sizilien, Sar-
dinien, Korsika und die Balearen in oströmische Hand. Damit besaß
die Flotte Ostroms die unumstrittene Alleinherrschaft über das ganze
Mittelmeer, das durch die Vernichtung der Ostgoten und Wandalen
geradezu zu einem oströmischen Binnenmeer geworden war.
Auf dem Balkan freilich gab es schwere Rückschläge. Während in
Italien der langwierige Krieg mit den Ostgoten geführt wurde, brachen
die Slawen seit der Jahrhundertmitte wiederholt in das Reichsgebiet ein
und plünderten weite Gebiete. Erst nach der Beendigung des Goten-
krieges (555) gelang es, an der Donau verschiedene Völkerschaften an-
zusiedeln, die im Klientelverhältnis die Grenzverteadigung übernehmen
mußten. Als Rückhalt für die Grenztruppen wurden Kastelle und mächtige
Festungen erbaut. Im tiefen Binnenland wurden zahlreiche Städte neu
befestigt. Der Kaiser scheint geradezu den Plan gehabt zu haben, das
ganze Reich in ein einziges großes Festungssystem umzuwandeln.
Auch auf innenpolitischem Gebiet hat Justinian segensreich gewirkt.
Am bekanntesten ist er der Nachwelt geworden durch sein großes Gesetz-
gebungswerk, das „Corpus juris civilis", das in vier Teilen eine Zu-
sammenfassung der im Laufe der Jahrhunderte unübersehbar gewordenen
Masse der Rechtsquellen gibt. Ein anderes Zeugnis des kaiserlichen
Kulturwillens sind seine prächtigen Bauwerke. Damals entstand das
wundervolle Gebäude der Sophienkirche (Hagia Sophia), die neun Jahr-
hunderte später durch die osmanischen Eroberer in eine Moschee (Aja
Carnuntum
:
Aquincum''

Sabana

Noviodunum
herna
Singidunum Marisca

tononia
« 0 0

fMopohs VAxrói

Brundisium, 'Jipo/loma,

'JVikopolis

'AthenSt

'Syrakus « A

Sebietsverhältnisse um 550

Karte 5
86 Die drei Völkerwanderungen

Sofja) umgewandelt wurde. Ähnliche Bauten erhoben 9idi in anderen


Städten. Und allerorts begann das kulturelle Leben kraftvoll empor-
zublühen. Und doch war die justinianische Glanzzeit nur ein Zwischen-
spiel zwischen den notvollen Zeiten, die vorausgegangen waren, und den
Katastrophen, die bald folgten. Als Kaiser Justinian im Jahre 565 starb,
stand das Reich am Vorabend gewaltiger Katastrophen, die das Antlitz
der Mittelmeerwelt völlig änderten.
*

Diese drei furchtbaren Katastrophen, die in den beiden Menschen-


altern nach dem Tode Justinians über das Reich hereinbrachen, erwiesen
mit erschreckender Deutlichkeit, daß die äußerlich so glanzvolle Stellung
des Reiches unter Kaiser Justinian doch auch ihre verborgenen Schwächen
gehabt hatte. Sicherlich mag die imperialistische Außenpolitik Justinians
die wirklichen militärischen und finanziellen Kräfte des Reiches stark
überschätzt und durch ihre rücksichtslose Anspannung erschöpft haben,
so daß unter seinen Nachfolgern ein Rückschlag unvermeidlich war.
Ein anderer Grund aber lag wohl darin, daß das Heer zum größten Teile
aus Barbaren bestand und daher nicht zuverlässig war.
Schon in den zwei Jahrhunderten seit dem großen Hunnensturm hatte
sich das staatliche, völkische und kulturelle Bild der Mittelmeerwelt
stark gewandelt. Als erste Völkerwanderung sind die Germanen gegen
das Reich angerannt, sind in einzelne Landschaften, teils als angesiedelte
Klientelstämme, teils als Eroberer eingedrungen und haben schließlich
die ganze Westhälfte des Imperium Romanum überflutet und dort ihre
neuen Staaten gegründet. In den zwei Menschenaltern nach Justinians Tode
sind zwei weitere Völkerbewegungen gegen das oströmische Reich an-
gestürmt und haben ihnen die meisten und besten Provinzen entrissen:
Slawen und Araber. In diesen drei Völkerwanderungen der Germanen,
Slawen und Araber ging die antike Welt und ihre einheitliche Kultur
unter. Die uralte Dreiteilung der Mittelmeerwelt, die seit einem Jahr-
tausend durch den gleichförmigen Einfluß von Hellenismus und Römer-
herrschaft oberflächlich übertüncht worden war, wurde nun, als die
Firnisdecke barst, plötzlich wieder sichtbar. Die äußerlich einheitliche
griechisch-römische Mittelmeerwelt löste sich wieder in drei verschiedene
Kulturwelten auf: semitischer Osten, griechische Mitte, lateinischer
Westen. Dieser Untergang der antiken Mittelmeerwelt fällt in das
Ende des 6. und in die erste Hälfte des 7. Jahrhunderts. Drei Katastrophen
Langobarden — Awaren und Slawen — Araber 87

haben dabei zusammengewirkt: der Einbruch der Langobarden in das


oströmische Italien (568), die Landnahme der Awaren und Slawen im
binnenländischen Balkan (zu Ende des 6. Jahrhunderts) und der Einfall
der Araber in die reichen Ostprovinzen (nach 632).

Die Langobarden, die unter dem Drucke der Awaren ihre bisherigen
Wohnsitze in Pannonien räumten, fielen unter ihrem König Alboin 568
in Oberitalien ein, wo sie nach und nach fast alle Landschaften und
Städte eroberten. Das oströmische Herrschaftsgebiet schrumpfte unter
ihren Angriffen rasch zusammen. Das ganze Binnenland ging innerhalb
weniger Jahrzehnte an die Langobarden verloren. Nur Ravenna, der Sitz
des oströmischen Statthalters, konnte bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts
behauptet werden.
Unmittelbar nach dem Langobardeneinfall in Italien begann die große
Slawen flut.
Xapitel 5

D i e s l a w i s c h e L a n d n a h m e (um 6 0 0 )

Wie ein gewaltiger Sturmwind hatte die germanische Völkerwande-


rung im 4. und 5. Jahrhundert die römische Herrschaft auf der Balkan-
halbinsel bis in die Grundfesten hinein erschüttert. Aber dieser
Sturm war gewitterartig vorübergebraust, ohne die völkischen und
kulturellen Verhältnisse auf die Dauer umzugestalten. Die geringen
„ Germanenreste" — Reste gotischen Volkstums —, die in einigen Berg-
landschaften zurückgeblieben waren, nahmen in den folgenden Menschen-
altern die lateinische oder griechische Sprache an und gingen so in dem
einheimischen Volkstum unter.
Ganz anders waren Verlauf und Folgen der slawischen Landnahme.
Durch eine mäditige Wanderungsbewegung slawischer Völkerschaften
wurde im Verlaufe des 6. und 7. Jahrhunderts der ganze Raum Südost-
europas — abgesehen von den schmalen Küstenrändern und den gering-
fügigen binnenländischen „Germanenresten" — zum slawischen Volks-
tumsboden. Wie sich aus gewichtigen Lehnwortbeziehungen erschließen
läßt, hat sich diese „slawische Völkerwanderung" unter der politischen
Führung eurasischer Reiternomadenvölker türkischer Sprache vollzogen.
Im Spiegel dieser Lehnwortbeziehungen zeigt es sich, daß die Slawen
von den Turkvölkern zahlreiche Begriffe des staatlichen und kulturellen
Lebens entlehnt haben. Zu derselben Erkenntnis führen auch archäolo-
gische Tatsachen. Die ältesten Erzeugnisse slawischer Töpferei und
Schmiedekunst sind noch Lehnformen der höher entwickelten Kunst-
fertigkeit der Turkvölker (mancherorts auch der Ostgermanen).
Die „Urheimat", d. h. die älteste erkennbare Heimat der Slawen lag
nach Ausweis sprachgeschichtlicher Tatsachen (Lehnwörter) in der west-
lichen Ukraine, und zwar in der Nähe der großen Pripjetsümpfe (Pod-
lesie), dort wo sich heute das ukrainische, weißrussische und polnische
Sprachgebiet berühren. Es gehörten dazu die Flußgebiete der oberen
Weichsel, des mittleren Dnjepr und der Pripjet, des oberen Sereth, Prath,
Dnjestr und Bug. Dort saßen die slawischen Völkerschaften während der
ganzen „urslawischen" Zeit (rund 400 v. Chr. bis 400 n. Chr.) als Nach-
barn baltischer, germanischer und iranischer (skythischer) Stämme. Mit
Kultur und Religion der Urslawen 89

den finnischen Völkerschaften, die damals ganz Nordrußland innehatten,


bestand in jener Zeit noch keine Berührung.
Die Sachkultur der urslawischen Zeit war sehr primitiv. Die meisten
Geräte waren aus Holz. Die kunstlosen Holzhäuser waren tief in den
Boden eingesenkt. Die vorwiegende Siedlungsform war vielleicht das
Rundlingsdorf (?). Die einzige politische Organisationsform war der
locker gefügte Stamm. Der Verteidigung dienten als Fluchtburgen für
Mensch und Vieh die zahlreichen kleinen Rundwälle mit Mauern und
Gräiben. D a die Urslawen keine eigenen Staaten bildeten, müssen sie als
bäuerliche Unterschicht unter der Herrschaft der Skythen, Sarmaten und
später der Goten gelebt haben. So erklärt sich auch das Schweigen der
griechischen und römischen Berichte, die nur jeweils den N a m e n der herr-
schenden u n d nach außen in Erscheinung tretenden Völker erwähnen.
O b w o h l die Urslawen durch die dazwischen siedelnden Völkerschaften
der Skythen, Dazier und Goten von der unmittelbaren Berührung mit
dem Imperium Romanum abgeschlossen waren, fanden griechisch-römische
Kultureinflüsse ihren W e g auch in das tiefe Binnenland. Vielleicht be-
fanden sich unter den Völkerschwärmen von „Barbaren und Sarmaten",
die im 3. und 4. Jahrhundert auf römischem Reichsboden angesiedelt
wurden, auch Slawen. So erklären sich vielleicht die merkwürdigen Über-
einstimmungen, die bereits zwischen der ältesten recht kunstlosen
Töpfereiware der Urslawen und den Funden in den spätesten Kastellen
des Trajanswalles (Dobrudscha) aus dem 4. Jahrhundert n. Chr. festzu-
stellen sind. Aus dem Süden d r a n g auch die Verwendung des Silbers
als Werkstoff für Schmuckwaren und als Tauschmittel ein.
Die älteste Religion der Slawen war Natur-, Ahnen- u n d Seelenver-
ehrung. Die ganze Welt galt als erfüllt von Elfen, Kobolden u n d anderen
Geisterwesen. Totenfeier (strava) und Seelenspeisung dienten dazu, die
Verstorbenen wohlwollend zu stimmen und sie davon abzuhalten, als
„Wiedergänger" (Werwölfe) den Lebenden zu schaden. Die Verehrung
der Ahnen machte die Blutrache zur sittlichen Pflicht, ü b e r H a u s und Hof
wachten die Hausgeister. Der Lebensweg des Menschen wurde von be-
sonderen Schidcsalsgeistern bestimmt. O b sich über dieser Welt von
Geisterwesen schon in der ältesten slawischen Vorstellungswelt persönlich
aufgefaßte Götter erhoben, bleibt zweifelhaft. Wahrscheinlich ist —
ebenso wie früher bei den Illyriern u n d Thraziern — dieser Fortschritt
erst nach der Berührung mit der Mittelmeerwelt eingetreten.
*
90 Hunnen und Awaren

D e r große Hunnensturm des Jahres 3 7 5 , der das großgotisdie Reich,


in dessen Rahmen die Urslawen lebten, hinwegfegte, hat vielleicht schon
den ersten Anstoß gegeben zur slawischen Siedlungsausbreitung. W a h r -
scheinlich ist das slawische Element um 4 0 0 unter Anführung der Hunnen
an die obere Weichsel vorgedrungen. Ein Menschenalter später erreichte
die slawische Ausbreitung schon die W a r t h e . U m 4 9 0 begann die sla-
wische Besiedlung der rumänischen T i e f e b e n e . Im hunnischen Großreiche
Attilas (5. Jahrhundert) scheinen die Slawen schon eine gewisse Rolle
gespielt zu haben. D i e Tatsache, daß die Leichenfeier für Attila im J a h r e
453 mit dem slawischen N a m e n strava bezeichnet wird (Jordanes),
weist darauf hin.
Im 5. und 6. Jahrhundert lebten die slawischen Völkerschaften unter
der Herrschaft von Turkvölkern, die das Erbe der Goten und Hunnen
angetreten hatten, zunächst der Kut(r)iguren (um 5 0 0 n. C h r . ) , dann der
Awaren. Die Awaren, unter deren politischer Führung die eigent-
liche slawische Landnahme sich vollzog, waren um 4 0 0 aus Mittelasien
nach dem osteuropäischen Steppenraum vorgedrungen. Ihr Führer schlug
im Jahre 4 0 0 die stammverwandten Uiguren, im J a h r e 4 0 2 die westlichen
Hunnen. D a n n nahm er den Herrschertitel „ C h a g h a n " ( d . h . „ Z e r s p a l t e r " )
an. D e r Volksname „ A w a r e n " ist persischen Ursprungs, seine Bedeutung
unsicher (vielleicht mißverstanden und entstellt aus „ O g u r e n " ) . Zunächst
hatten die Awaren das westsibirische Flachland am Irtysch erobert, danach
drangen sie in die Steppen zwischen dem unteren D o n und dem Kaspi-
S e e vor und unterwarfen die dortigen hunnobulgarischen Stämme. Unter
dem Druck anderer T u r k v ö l k e r zogen sie weiter nach W e s t e n und er-
schienen schon 5 5 7 landsuchend an der G r e n z e des oströmischen Reiches.
Justinian befriedigte sie durch Zahlung von Jahrgeldern und lenkte ihren
Angriff auf andere Völkerschaften ab. Im J a h r e 5 6 7 griffen sie in einen
Streit zwischen Gepiden und Langobarden auf seiten der Langobarden
ein. Die Gepiden wurden besiegt und unterworfen. Im folgenden Jahre
zogen es aber auch die Langobarden vor, nach Italien auszuwandern
( 5 6 8 ) . D a m i t waren die Awaren die unbestrittenen Herren des mittleren
Donauraumes. D o r t lag seitdem der Mittelpunkt ihres weiten Reiches, dem
als Hilfsvölker die Bulgaren und zahlreiche Slawenstämme Untertan waren
(die befuici Fredegars). Durch unaufhörliche Kriegszüge, bei denen
die Slawen die V o r h u t bilden mußten, wurden die umliegenden Länder —

Ostrom, Italien, das Frankenreich — in Schrecken gesetzt.

*
Einfälle der Slawen 91

Das awarische Eindringen in den Donauraum hat auch die slawische


Landnahme ausgelöst. Zwar hatten slawische Schwärme schon seit zwei
Menschenaltenn immer wieder das oströmische Reich bedroht und die
Grenzprovinzen überrannt. Nunmehr aber begann die bleibende slawische
Besiedlung der Balkanhalbinsel.
Die ersten bestimmten Nachrichten über slawische Völkerschaften
haben wir in der oströmischen Geschichteschreibung aus dem 6. Jahr-
hundert. Damals werden die beiden Slawenstämme der „Sklawinen"
und „Anten" ( = „Wenden") erwähnt. Spätestens zu Beginn des 6. Jahr-
hunderts hatte die slawische Ausbreitung bereits das Gebiet der Donau-
mündung erreicht. Den ersten großen Einfall unternahmen diese Slawen
noch zu Lebzeiten des Kaisers Justin I. (518—527). Sie erlitten eine
schwere Niederlage und wurden über die Donau zurückgeworfen. Auch
bei den großen Einfällen der „Hunnen" in den Jahren 529 und 530
werden wohl slawische Hilfsvölker beteiligt gewesen sein. Dann ging
Chilbudios, der oströmische Befehlshaber in Thrakien („magister militum
per Ibraciam") zur angriffsweisen Verteidigung der Donaugrenze über.
Drei Jahre lang (531—534) gelang es, die slawische Flut zurückzudäm-
men. Als dann durch einen erneuten großen Einfall der „Hunnen" die
gesamte Balkanhalbinsel bis zum Adriatischen und Ägäischen Meere ver-
wüstet wurde (540), siedelte Kaiser Justinian die Anten an der unteren
Donau als 'Joederati an mit der Verpflichtung der Grenzverteidigung
gegen die „Hunnen". Dann hören wir im Jahre 545 davon, daß es einer
herulischen Truppe im Dienste Ostroms gelang, eine Raubhorde von
„Sklawinen" unschädlich zu machen. Im Jahre 548 verwüsteten die
„Sklawinen" die nordwestbalkanisdien Landschaften bis gegen Dyrra-
chion hin. Im folgenden Jahre wiederholte sich der Einfall. Damals er-
schienen die Slawen als Fußtruppen, mit Schild und Lanze, Bogen und
vergifteten Pfeilen bewaffnet, aber ohne Panzer. Nunmehr kühner ge-
worden, stellten sie sich auch zum Kampf im offenen Felde und wagten
sich sogar an die Belagerung von Städten. Bis dahin hatte es sich nur um
kurze vorübergehende Raubzüge gehandelt. Nun machten die slawischen
Eindringlinge Miene, im Lande zu bleiben. Den Winter 550/51 ver-
brachten sie zum ersten Male auf Reichsboden. Im Jahre 551 besiegten
sie ein oströmisches Heer bei Adrianopel und verheerten ganz Thrazien
bis in die Nähe von Konstantinopel. Dann gelang es den Anstrengungen
Justinians, die Grenzverteidigung an der unteren Donau wieder so zu
verstärken, daß die slawische Gefahr etwas zurücktrat.
92 Beginn der slawischen Landnahme

Nach dem T o d e Justinians ( 5 6 5 ) wurde die Slawengefahr noch furdit-


barer. Die Awaren faßten die Kräfte der einzelnen slawischen Völker-
schaften in ihrem Großreidie zusammen und führten sie bald zu großen
Angriffen gegen Ostrom. Zwar kam es im W i n t e r 5 7 4 / 7 5 zum Frieden
zwischen Ostrom und den Awaren. Aber die Gegensätze brachen bald
wieder aus. Mehrmals forderten die Awaren von Kaiser Tiberius ( 5 7 8
bis 5 8 2 ) die Abtretung des wichtigen Waffenplatzes Sirmium und die
Erhöhung der ihnen gewährten Jahrgelder. Als die „Sklawinen" im Jahre
578 das oströmische Reich angriffen, da fiel der Awarenchan, der
damals im Einverständnis mit dem Kaiser stand, ihnen in den Rücken
(ein Hinweis darauf, daß es einzelhen slawischen Stämmen gelungen
war, sich der awarischen Oberherrschaft zu entziehen). Trotzdem gelang
es den Slawen, ihren Plünderungszug durch die Balkanhalbinsel vier
Jahre lang auszudehnen. Das J a h r 581 war der Höhepunkt der Slawen-
not. Auch der awarische Chagan Bajan wandte sich damals gegen Ostrom
und eroberte Sirmium. Dalmatien wurde von awarischen Raubsdiaren
verheert. Diese awarischen Raubzüge in das Innere des oströmischen
Reiches dauerten nun ein halbes Jahrhundert lang fort.

Seit jener Zeit erscheinen die Slawen wieder als Untertanen der
Awaren. So unternahmen sie 5 8 5 einen großen Plünderungszug durch
Thrazien bis in die Nähe von Konstantinopel. Der slawische Drude wurde
nur dadurch etwas gemildert, daß die gewandte oströmische Diplomatie
die Völkerschaften der „Anten" und „Sklawinen" gegeneinander aus-
spielte. Im Jahre 591 wagten die Slawen den ersten Angriff auf das feste
Thessalonike (Saloniki). Nach diesen vorübergehenden Raubzügen gingen
siedann zu Ausgang des 6. Jahrhunderts an die dauernde Besitzergreifung
des offenen Landes. Die slawische Landnahme begann, während weiter-
hin schwere Kämpfe tobten. In den Jahren 591—593 stand Kaiser Mau-
rikios im Kampf gegen die Slawen, wobei die germanischen Gepiden als
Verbündete Ostroms erscheinen. Dann kam es seit 598 wiederum zum
Krieg mit den Awaren. In den Jahren 598—600 wurden die Küsten-
provinzen Istrien und Dalmatien von Awaren, Langobarden und „Skla-
winen" überrannt. Damals (bald nach 5 9 8 ) ist auch Epidaurum, die
Mutterstadt Ragusas, zerstört worden, nachdem die wichtige Handels-
stadt Narona schon um 5 8 0 dem slawischen Angriff erlegen war.
Unter der Regierung des unfähigen Kaisers Phokas (602—610) vollzog
sich dann die eigentliche slawische Landnahme. Damals ist die europäische
Reichshälfte Ostroms zusammengebrochen. Nunmehr kamen ganze sla-
Slawische Überflutung des inneren BaJkans 93

wische Volksmassen in das Land, politisch organisiert und geführt von


der Erobererschicht der Awaren. Auch das tiefere Binnenland fiel jetzt
in die Hand slawischer Siedler. Um die Jahrhundertwende erloschen zahl-
reiche Bistümer. Die kirchliche Organisation wurde von der slawischen
Flut hinweggeschwemmt. Neben anderen Städten erlag bald nach 602
auch die blühende Stadt Doclea (im Küstengebiet Montenegros) dem
Ansturm der Barbaren. Das umliegende Land verödete. Die römische und
griechische Bevölkerung floh in die befestigten Küstenstädte und auf die
Inseln, wo sie unter dem Schutze der oströmischen Reichsflotte sicher
waren. Die wichtigsten Küstenplätze hielten dem Anprall der slawischen
Flut stand, vor allem Dyrrachion und Saloniki. Andere Städte gingen
damals unter.
Diese Jahrzehnte waren wohl die düstersten in derlangen Geschichte des
oströmischen Reiches. Im Jahre 604 beschwichtigte der schwache Kaiser
Phokas die Awarengefahr durch Zusicherung höherer Jahrgelder. Die
Slawengefahr war dadurch nicht beseitigt. Im Jahre 609 wurde abermals
der ganze innere Balkan von den Slawen verheert. N u r die Waffenplätze
Saloniki und Dyrrachion trotzten wiederum dem Ansturm. Einige Jahre
später (wohl zwischen 612—614) wurde auch Salona, die Hauptstadt
Dalmatiens, von den Slawen eingenommen und zerstört. Audi andere
wichtige Städte Dalmatiens gingen damals unter. Die Bewohner flüchteten
an feste Punkte, wo neue Städte entstanden (Antivari, Cattaro,
Ragusa u. a.).
Im Jahre 611 wurden oströmische Truppen in Istrien von den „Skla-
winen" besiegt. Damals drang ein slawischer Vorstoß zum ersten Male
auch bis in das südliche Griechenland vor. Vor Saloniki erschienen fünf
Slawenstämme mit Weib und Kind. Z u ihnen stieß ein vom Chagan ent-
sandtes Hilfsheer aus Awaren, Slawen und Bulgaren. Aber wiederum
berannten die Barbaren vergeblich zu Lande und zu Wasser die Riesen-
festung. Das Hilfsheer zog ab. Das gläubige Griechenvolk schrieb die
Rettung der Stadt dem wundertätigen Eingreifen des Stadtpatrons, des
hl. Demetrio«, zu. Die fünf Slawenstämme siedelten sich in der Um-
gebung von Saloniki an.
Im Sommer 626 kam es dann zu der großen Belagerung Konstantinopels
durch die verbündeten Awaren und Perser. Das Heer des Chagan, das
aus Awaren, Slawen, Gepiden, Bulgaren und anderen barbarischen
Völkerschaften bestand, führte den Angriff von der europäischen Seite,
während die Perser von der asiatischen Seite her den Ring der Belagerung
94 Kampf uni Thessalonike

schlössen. Der Angriff scheiterte an den unbezwinglichen Mauern der


Riesenfestung. Dabei kam es zu schweren inneren Zerwürfnissen zwischen
Awaren und Slawen.
*

Mittlerweile waren, aus dem Karpatengebiet her kommend, die Ser-


ben und „Chrowaten" in den awarischen Maditbereich eingedrungen
und hatten Dalmatien und sein Hinterland besetzt. Unter dem Eindruck
dieser Schläge gegen die bisher unangefochtene Machtstellung der Awaren
Abschluß der slawischen Landnahme 95

kam es ringsum zu einer Erhebung aller untertänigen Hilfsvölker. Die


slawischen Stämme der Mährer, Tschechen und Karantanier (Slowenen),
die Bajuwaren und die „Hunnobulgaren" schüttelten die awarisdie
Zwingherrschaft ab.
Bis dahin hatten die Awaren einen gewaltigen Raum beherrscht. Sie
selbst hatten als Viehzüchter nur die zur Weidewirtschaft geeigneten
Ebenen Pannoniens behalten. Die umliegenden bergigen Randlandschaften
der Karpaten, der Sudeten und des Balkans wurden von den slawischen
Adeerbauern besetzt. Schon vorher waren in diese Gebiete Slawen-
schwärme eingedrungen. Dann war unter der politischen und militärischen
Führung des awarischen Herrenvolkes die eigentliche Landnahme, d. h .
die einmalige erobernde Besitzergreifung des Landes erfolgt.
*

Bereits um die Mitte des 7. Jahrhunderts war die slawische Landnahme


im wesentlichen abgeschlossen. Die gesamte Balkanhalbinsel mit Aus-
nahme der Küstenstriche und einzelner befestigter Plätze im Binnenland
war von slawischen Bauern besiedelt, die von awarischen Zwingherren
beherrscht und ausgebeutet wurden.
So war das ganze Südosteuropa mit Ausnahme des ungarischen Tief-
landes, das den Awaren vorbehalten blieb, slawischer Volksboden ge-
worden. Von Schlesien und Böhmen bis in die Südspitze Griechenlands
war alles von den slawischen Ackerbauern besetzt. Die slawisch-
deutsche Volkstumsgrenze zog damals viel weiter westlich als heute. In den
östlichen Grenzlandschaften des heutigen Nordbaiern siedelten Slawen.
Audi das mächtige rumänische Siedlungsgebiet von heute war damals von
Slawen bewohnt. Die Rumänen sind erst ein halbes Jahrtausend später
aus den innerbalkanischen Berglandschaften in das karpatische Wald-
gebiet eingewandert. Ebenso hatten die Slawen damals den allergrößten
Teil des heute albanischen und griechischen Volkstumsbodens besetzt.
Im 8. Jahrhundert wohnten unweit des antiken Athen und Sparta Slawen.
Das griechische Festland war weithin slawisches Siedlungsgebiet und
blieb es Jahrhunderte hindurch, wie die zahlreichen noch heute erhal-
tenen slawischen Ortsnamen bezeugen. Unter awarischer Führung gelang
es den Slawen sogar, einige feste Plätze einzunehmen. So scheint nach den
jüngsten Ausgrabungen Korinth von der Mitte des 7. Jahrhunderts bis
zur zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts in der Hand der Awaren bzw.
Slawen gewesen zu sein. Audi auf das Meer wagten sie sich hinaus. 623
96 Folgen der slawischen Landnahme

plünderten sie Kreta. Und im 7. Jahrhundert scheinen sie sich sogar auf
der Insel Korfu niedergelassen zu haben.
In kultureller und politischer Hinsicht bedeutete die slawische Land-
nahme auf Jahrhunderte hinaus einen Rückfall in die Barbarei. Als die
Slawen in einzelnen Bauern schwärmen unter der Führung derKut(r)iguren
und dann der Awaren in den Donauraum und in das balkanische Binnen-
land einbrachen, standen sie kulturell und politisch nodi auf einer recht
tiefen Stufe (großenteils noch Holzkultur). Eine entwickelte staatliche
Organisation fehlte. So kam es, daß sie — zum Unterschied von den Ger-
manen und den Arabern — in den eroberten Gebieten keine größeren
Staaten bildeten, sondern weiterhin als einzelne Stämme dahinlebten.
Die größeren Staaten der werdenden slawischen Welt — Bulgarien, der
Warägerstaat von Kiew, Kroatien, Polen — sind nachweislich von nicht-
slawischen Oberschichten begründet worden. Das Erbe der Antike wurde
von den Slawen nur langsam und unvollkommen übernommen. Politisch
und kulturell gerieten die slawischen Völker in den Strahlungsbereich
zweier benachbarter Großmächte: des oströmischen Reiches und des deut-
schen Karolingerreiches. So haben die westlichen Slawen unter deutschem
(und italienischem) Einfluß vom Abendland her, die östlichen Slawen
von Byzanz her ihre politischen und kulturellen Ideen und Lebensformen
empfangen.
Auf der Balkanhalbinsel bedeutete die slawische Landnahme nicht nur
einen kulturellen Absturz, sondern auch eine politische Wende von un-
absehbarer Bedeutung. Die ausschließliche Vormachtstellung des ost-
römischen Reiches auf dem Balkan erhielt einen vernichtenden Stoß. Ja
das Reich selbst schien zum Untergang verurteilt zu sein, als wenige
Jahrzehnte nach der slawischen Landnahme eine ebenso große Katastrophe
im Osten eintrat: der Einbruch der Araber.
*

Von der europäischen Reichshälfte Ostroms hatten nur einzelne


Küstenstriche den großen Slawensturm überstanden. Dort bildeten sich
um feste Küstenplätze und mit dem Rückhalt an der Reichsflotte die
neuen Wehrkreise (Themata), auf denen dann die militärische Wider-
standskraft des mittelbyzantinischen Reiches beruhte. Das Binnenland
als Ganzes wurde slawischer Siedlungsboden. Nur vereinzelte feste
Plätze vermochten sich noch eine Zeitlang zu behaupten. Eine Ausnahme
bildete der mächtige WafTenplatz Serdica (das heutige Sofia), der sich
Frühalbamer und Frührumänen 97

zwei volle Jahrhunderte hindurch — bis zum Jahre 8 0 9 — wie eine Insel
mitten im Meere des slawischen Volkstums hielt.
Ein anderer Teil der vorslawischen Balkanbevölkerung flüchtete vor
den eindringenden Slawen nicht an die Küsten, sondern in die Berge
und wurde dort unter dem Druck der neuen wirtschaftlichen Umwelt-
bedingungen aus Ackerbauern oder halben Ackerbauern wieder zu Hir-
ten : die Vorfahren der heutigen Albaner und Rumänen. Dieser Vorgang,
von dem keine erzählenden Geschichtsquellen berichten, ist nur im
Spiegel sprachgeschichtlicher Tatsachen erkennbar. Die slawischen W ö r -
ter, die zugleich mit Sachentlehnungen in das Albanische und Rumänische,
eingedrungen sind, geben wichtige Hinweise auf die sozialen und kultu-
rellen Nachbarschaftsbeziehungen, die sich in dem dunklen halben Jahr-
tausend nach der slawischen Landnahme zwischen der in die Berge ge-
flüchteten Altbevölkerung und der slawischen Neubevölkerung entwickel-
ten. Es ergibt sich daraus die Schlußfolgerung, daß die ganz oder teilweise
romanisierte Altbevölkerung der nördlichen Balkanhalbinsel nach ihrem
Rückzug in die Berglandschaften einem schweren kulturellen Rückschritt
verfiel. Als sich dann nach einigen Menschenaltern ein friedliches Nach-
barschaftsverhältnis zu den slawischen Eindringlingen herausbildete, er-
scheinen die „wlachischen" Wanderhirten als kulturell durchaus unter-
legen. Dann aber haben sie allmählich im Laufe der Jahrhunderte — so
lange dauerte es — von den Slawen wieder den Ackerbau und die bäuer-
liche seßhafte Lebensweise erlernt. Die „Uralbaner" und „Urrumänen"
verdanken nach Ausweis der slawischen Lehnwörter einen großen Teil
ihrer Sachkultur der Entlehnung von den Slawen. Diese Entlehnungen
betreffen zunächst die Bereiche von Haus, Hof und Hausrat. Die meisten
Ausdrücke für Haus und Hof und ihre Teile sowie viele Ausdrücke für
den Hausrat und für die Brotbereitung wurden von den Slawen über-
nommen, ebenso manche Ausdrücke für den Pflug und seine Teile. Von
den Slawen lernten die Wlachen und Albaner ferner kennen: die W a l d -
rodung, die künstliche Bewässerung, das Dreschen, die Wiesenwirtschaft
und die Getreidemaße, ferner Handwerk und Gewerbe, insbesondere die
Weberei, die Töpferei, die Tischlerei, das Schmiede- und Waffenhand-
werk, die Flechtkunst, den Mauer- und Hausbau, die Mühle und
Walkmühle.

Besonders zahlreich sind ferner die slawischen Lehnwörter auf dem


Gebiete der Gesellschafts- und Staatsverfassung. So werden von den Al-
banern mit slawischen Lehnwörtern bezeichnet: clie Ausdrücke für Ge-
7 Stadtmüller, Geschichte Südosteuropas
98 Frühalbaner und Frührumänen

wohnheitsrecht, Eidhelfer, Adel, Steuereinnehmer, Leibeigener und


Halbspänner (Teilbauer) und zahlreiche Beamtenbezeichnungen (Statt-
halter, Dorfvorsteher, Befehlshaber u. a.). Die zahlreichen Steuern und
Abgaben tragen ausnahmslos slawische Namen, ebenso folgende 'Beschäf-
tigungen: Wächter, Feldhüter, Kutscher, Schmied, Holzfäller, Toten-
gräber, Gastwirt, Kellermeister. Audi der „väterliche Hof" wird mit einem
slawischen Wort bezeichnet. Aus diesen Entlehnungen wird ersichtlich,
wie tief der slawische Kultureinfluß auf die Albaner eingewirkt hat.
Diese slawischen Entlehnungen in ihrer Gesamtheit beweisen, daß die
frühalbanischen Wanderhirten durch die Berührung mit slawischen
Adeerbauern die seßhafte Siedlung (Haus, Hof, Hausrat), den Ackerbau
(Pflug und andere Werkzeuge, Ausdrücke für Feld, Wald u. a.), den
Garten, Obst- und Weinbau kennenlernten. Ein großer Teil dieser
Kulturgüter war den Uralbanern bereits durch die Berührung mit den
Römern bekannt geworden. Dann hatte die slawische Landnahme jenen
fruchtbaren Kulturzusammenhang zerrissen und die teilweise schon
romanisierten Wanderhirten des inneren Balkans in ihrer kulturellen Ent-
wicklung um ein großes Stück zurückgeworfen. Die folgenden dunklen
Jahrhunderte bedeuteten daher in der kulturellen Entwicklung der in die
Berge geflüchteten Altbevölkerung einen ausgesprochenen Rückschlag.
Erst mit dem Einsetzen eines engen kulturellen Zusammenlebens mit der
slawischen Adeerbaubevölkerung der Ebenen begann auch wieder der
befruchtende Zustrom höherer Kulturgüter.
Ähnlich war es bei den „Wladien" (Frührumänen), die ebenfalls die
bäuerliche Sachkultur erst wieder durch die Berührung mit den Slawen
erhielten. Die beiden übereinanderliegenden Lehnwortsdiichten aus den
Begriffsfeldern des Ackerbaus, der seßhaften Siedlung und des kirch-
lichen Lebens spiegeln in beiden Sprachen — im Albanischen und im
Rumänischen — diese Entwicklung: über eine lateinische Lehnwortschicht,
die mehr die allgemeineren Ausdrücke umfaßt, hat sich später eine sla
wische Lehnwortschicht gelegt, die Ausdrücke weniger allgemeiner Art
enthält. Diese sprachgeschichtliche Schichtung ist der Ausdrude der drei
großen Entwicklungsabschnitte der frühalbanischen und frührumänischen
Volkskultur zwischen der Römerherrschaft und dem Hochmittelalter:
Einfluß der Romanisierung in spätrömischer und frühbyzantinischer Zeit,
kultureller Stillstand und Rückschlag in den dunklen Jahrhunderten nach
der slawischen Landnahme, jüngerer slawischer Kultureinfluß.
*
Slawische Landnahme kn Donauraum 99

Den stärksten Widerstand trafen die slawischen Einwanderer auf


griechischem Volkstumsboden, dort wurden sie auch am vollständigsten
im Laufe der folgenden Jahrhunderte durch die Gräzisierung im Bunde
mit der Christianisierung aufgesogen. Am beispielhaftesten ist diese Ent-
wicklung auf dem Peloponnes sichtbar (vgl. unten S. 116).
*

Ähnlich hat sich die slawisdie Landnahme auch im Donauraum und in


den östlichen Randgebieten Mitteleuropas abgespielt. Dabei sind vielfach
— ebenso wie bei der germanischen Völkerwanderung — einzelne Völker-
schaften in verschiedene Teile auseinandergerissen worden. So kommen
die Stammesnamen „Serben", „Kroaten", „Dudleben", „Obodriten",
„Dregowitschen" u. a. in ganz verschiedenen Landschaften ohne geo-
graphischen Zusammenhang vor.
Bereits um die Mitte des 6. Jahrhunderts müssen in Dazien und im
mittleren Donauraum (Pannonien) beträchtliche Mengen von Slawen
angesiedelt gewesen 9ein. Zu Ende des 6. Jahrhunderts erschienen dann
die Slawen, geführt von den Awaren, im Räume der Ostalpen. In den
nordostdeutschen Raum drangen sie zu einer Zeit ein, da dort noch
Germanenreste saßen. Nur so ist die slawische Übernahme germanischer
Ortsnamen (z. B. „Schlesien" aus: „Silingen"; „Graudenz" aus: „Greu-
tungen") zu erklären.
Die wichtige Zwischenlandschaft Böhmen war nach dem Abzug der
Markomannen, der späteren Bajuwaren, zu Ende des 6. Jahrhunderts von
slawischen Stämmen unter awarischer Herrschaft besiedelt worden. In
das Gebiet der Ostalpen fielen die Slawen und Awaren um 590 ein. Vor
ihrem Vordringen drauaufwärts brach die Festungslinie des spätrömischen
Limes, die bis dahin behauptet worden war, endgültig und für immer
zusammen. Die nun im südlichen Ostalpengebiet einsetzende slawische
Landnahme hat ein räumlich sehr weites Gebiet erfaßt und auch vieles
vernichtet, die Zahl der Siedler kann jedoch nicht allzugroß gewesen
sein. Die Siedlungsausbreitung der Slawen folgte den Flußläufen auf-
wärts, wo das Vieh günstige Tränke hatte. Die Viehzucht spielte neben
dem Ackerbau noch eine sehr große Rolle. Darum brauchten die Slawen
weite Räume.
Vor die Landschaften, die nun zu geschlossenem slawischen Siedlungs-
boden wurden, schob sich eine bis zum Tauernkamm und 'bis zum Puster-
tal reichende Zone schütterer slawischer Streusiedlungen, die schon im
7*
100 Zusammenbruch der awarischen Macht

frühen Mittelalter durdi das Vordringen des bairischen Stammes wieder


eingedeutscht wurden (vgl. unten S. 135).
Ähnlich wie in dem Ostalpenraum war es auch in den übrigen ger-
manisch-slawischen Grenzlandschaften weiter nördlich. Eine klare Grenz-
linie fehlte. Germanische und slawische Siedlung begegneten sich in einer
schütteren Mischzone von wechselnder Breite.
Der große Aufstand der slawischen Hilfsvölker gegen die awarische
Zwingherrschaft, der durch die awarische Niederlage vor Konstantinopel
(626) ausgelöst wurde, hat dann auch in diesem Gebiet die awarisdie
Herrschaft beseitigt. Die slawischen Hilfsvölker ( b e f u i c i ) hatten von
ihren bisherigen Herren und Unterdrückern so viel gelernt, um sich selb-
ständig machen zu können. Awarisdi-slawische Mischlinge erregten den
Aufstand. In den Sudetenländern trat an die Spitze dieser Erhebung der
fränkische Kaufmann Samo, dessen geschichtliche Persönlichkeit wahr-
scheinlich der sagenhaften Gestalt des böhmischen Staatsgründers Premysl
zugrunde liegt. Samo gelang es, ein slawisches Reich zu begründen, das
einen beträchtlichen Umfang gehabt haben muß. Mit Glück verteidigte
er sich auch gegen einen Angriff des Frankenkönigs Dagobert. Seit jener
Schlacht bei der „Wogastisburg (631) suchten slawische Raubzüge audh
die deutschen Grenzlandschaften (msibesondere Thüringen) heim. Frei-
lich brach diese kurzlebige Herrschaft eines Franken über slawische
Völkerschaften schon nach dem Tode Samos und der Teilung seines
Reiches unter seine zahlreichen Söhne in viele Stammesherrschaften aus-
einander.
Als um 750 die Macht der Awaren nochmals zu erstarken begann und
auf die benachbarten slawischen Stämme einen Druck ausübte, erkannten
die Alpenslawen — die Vorfahren der heutigen Slowenen — aus Furcht
vor dieser awarischen Gefahr die Oberherrschaft des bairischen
Herzogs an (vgl. unten S. 135). Schließlich griff Karl der Große gegen die
Awaren ein. Im Jahre 796 wurden sie von Pippin, dem Sohne Karls
des Großen besiegt und unterworfen. Die Westhälfte des Awarenreiches
wurde als „Pannonische Mark" in das Karolingerreich eingegliedert. Die
Osthälfte wurde im Jahre 803 von dem Bulgarenchan Krurn erobert. Die
letzten Reste des ehemals so stolzen Volkes der Awaren fristeten in einer
„Reservation" in der Nähe cles Neusiedlersees noch fast ein Jahrhundert
lang ein kümmerliches Leben. Nach 826 verschwanden sie für immer aus
der Geschichte.

*
Urbulgaren als Erben der Awaren 101

Die slawische Landnahme unter Führung der Awaren hat Südost-


europa zum überwiegend slawischen Volkstumsboden gemacht. Eine
politische Rolle vermochten die Slawen freilich auch nach dem Sturz der
awarischen Machtstellung nicht zu spielen. Die Entstehung des bulgari-
schen Reiches am Ende des 7. Jahrhunderts und seine gewaltige Aus-
weitung im Laufe des 8. und 9. Jahrhunderts haben die größere östliche
Hälfte des ehemaligen Großreiches der Awaren unter bulgarische Herr-
schaft gebracht. Die turkvölkisehen Urbulgaren sind — machtpolitisch ge-
sehen — die eigentlichen Erben der Awaren geworden.
Kapitel 6

Oströmische Selbstbehauptung und Reconquista

Das Wüstengebiet der arabischen Halbinsel spielt in der Völker-


geschichte eine ähnliche Rolle wie Innerasien. Immer wieder sind von
Zeit zu Zeit daraus kleinere oder größere Völkerwanderungen hervor-
gebrochen und haben die benachbarten Kulturländer überflutet. So in
der Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. die kanaanitische Wanderung, in
der Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr. die aramäische Ausbreitung und
dann im 7. Jahrhundert n. Chr. der große Arabersturm. Die Araber lebten
seit alters, in zahlreiche Stämme zersplittert, in ihrer kargen Wüsten-
heimat als viehzüchtende Nomaden. Das römische Imperium hat sich
schon frühzeitig gegen die Raubzüge dieser Beduinenstämme durch den
Aufbau einer festen Grenzverteidigung („Limes Orientis") sidiern
müssen. Im syrisch-arabischen Grenzgebiet um das Hauran-Gebirge
bildete sich unter oströmischer Oberhoheit der arabische Pufferstaat der
Ghassaniden. Daran prallten die Angriffe der innerarabischen Stämme
gegen die römische Provinz Syrien jahrhundertelang ab.
Wie die Germanen am Rhein und an der Donau so waren die Araber
am syrischen Limes seit Jahrhunderten mit römischer Kultur vertraut
geworden.
Um so überraschender kam dann im 7. Jahrhundert der große Araber-
sturm. Es war ein Ereignis von unermeßlicher Bedeutung. Die aufgestaute
Volkskraft der Wüstenstämme erhielt damals durch den Religionsgründer
Mohammed einen neuen Anstoß und ein großes hinreißendes Ziel. Nach
dem Tode Mohammeds (632) fielen die arabischen Reiterscharen in die
umliegenden Länder ein. Und dann kam das völlig Unerwartete. Der
Sturm der bisher in der Geschichte unbekannten Araber fegte die ost-
römische Herrschaft in Vorderasien fast widerstandslos hinweg. 634
griffen sie zum ersten Male Syrien an. Sie schlugen die oströmisdien
Heere (Schlacht am Jarmuk), eroberten Syrien, Ägypten, Nordafrika,
Armenien. Schon 647 machten sie Raubzüge nach Kleinasien, dem Kern-
lande des Reiches. Im Besitze der ägyptischen und syrischen Häfen schufen
sie eine Flotte, eroberten Kypros (649), plünderten Rhodos (654) und
schlugen sogar die oströmische Flotte in einer denkwürdigen Seeschlacht
Araber- und Slawennot 103

an der Küste von Lykien. Die Hauptstadt Konstantinopel selbst geriet in


schwerste Gefahr. Der ganze asiatische Teil des Reiches schien verloren.
Der damalige Kaiser Konstans II. (641—668) gab Konstantinopel schon
auf. Er zog sich nach Italien zurück und verlebte dort seine letzten Herr-
schaftsjahre ( 6 6 3 - 6 6 8 ) .
In der gleichen Zeit vollendete sich die Besiedlung des balkanischen
Binnenlandes durch die Slawen. So stand Ostrom im eigentlichen Sinne
des Wortes vor dem Abgrund. Rund neun Zehntel des festländischen
Reichsgebietes waren verlorengegangen. Darunter Ägypten und Syrien,
auf denen die wirtschaftliche Kraft des Reiches beruht hatte, und die
illyrischen Landschaften des westlichen Balkans, die dem Reiche von jeher
die besten Regimenter gestellt hatten. Selbst das innere Anatolien, das
militärische Kernland des Reiches, war vorübergehend verloren. Das eine
Zehntel des früheren Reichsgebietes, das verblieben war, bestand im
wesentlichen aus einzelnen Küstenstrichen und Inseln, die im Schutze
der Reichsflotte sich halten konnten. Im Binnenland hatten sich nur
einige wenige feste Plätze behauptet. Es schien wenig Hoffnung zu be-
stehen, daß diese unzusammenhängenden Restteile sich würden längere
Zeit halten können. Der Untergang auch dieses kläglichen Rumpfstaates
schien unvermeidlich zu sein.
Dann aber geschah das Unfaßbare, das unserer rückschauenden Be-
trachtung heute wie ein Wunder anmutet. Daß der kleine Staat dem ver-
einten Druck von Slawen und Arabern standhielt und dann in zähem
Kampfe dreieinhalb Jahrhunderte hindurch beide Gegner zurückzudrän-
gen vermochte, bis unter Basileios II. (976—1025) um die Jahrtausend-
wende die ganze Balkanhalbinsel wieder in das Reich eingegliedert und
diie Ostgrenze bis zum Euphrat und Tigris vorgerückt wurde: die ost-
römisdbe Reconquista.
*

Die unerhörte politische und militärische Leistung dieser „oströmi-


schen Reconquista" war erst möglich, nachdem vorher der ganze Staat
nach den Erfordernissen der Landesverteidigung umgestaltet worden
war. In einer notvollen Zeit, da es Tag um Tag die Grenzen mit den
Waffen zu verteidigen galt, mußte der Soldat in der Wertschätzung der
öffentlichen Meinung und in der Sorge des Staates alles bedeuten. So
wurde der oströmische Rumpfstaat von der Mitte des 7. Jahrhunderts
ab für viele Menschenalter ein stehendes Heerlager. In dieser belagerten
Riesenfestung verstummten Literatur und Wissenschaft fast völlig.
104 Heeresreforim

Der Weg zu der notwendigen Heeresreform war durch den Zwang


der Verhältnisse vorgezeichnet. Unter dem Drude der Slawen und Awaren
im Westen und der Araber im Osten war das Reichsgebiet so zu-
sammengeschrumpft, daß nunmehr eigentlich jeder Fleck Erde zu be-
drohtem Grenzland geworden war. So war es natürlich, daß man in
dieser Stunde allgemeiner Not zurückgriff auf das ältere System der
Grenzverteidigung durch eine Miliz angesiedelter Bauern-Soldaten
(milites limitanei, d . h . „Grenzsoldaten"). Dieses Aufgebot bestand aus
Wehrbauern (Stratioten), die vom Staat gegen die Verpflichtung zum
erblichen Kriegsdienst ein Erbgut erhielten. An jene ältere Einrichtung,
die sich vielerorts bewährt hatte, knüpfte man nun bewußt an. Man
dehnte jenes Milizsystem, das früher auf einzelne Grenzlandschaften
beschränkt gewesen war, nun auf alle noch verbliebenen Restgebiete des
oströmischen Rumpfstaates aus. Neben dem Milizaufgebot war ein be-
sonderes stehendes Feldheer unnötig. Das Reichsgebiet beschränkte sich
auf einzelne Provinzen, die nur auf dem Seewege ständige Verbindung
untereinander hatten. So war jede Provinz zu Lande zunächst auf sich
selbst gestellt. Nur zur See hatte sie einen mächtigen Rückhalt an der
ostromischen Reichsflotte, die auch in den düstersten Tagen der Araber-
not — bis in das 9. Jahrhundert hinein — die Herrin der griechischen
Gewässer blieb.
Zur Verallgemeinerung jenes älteren Systems der Grenzmiliz kam die
Übertragung der Exarchatsverfassung, die sich in den oströmisdien
Provinzen Italien und Afrika schon nach der Rüdeeroberung unter Kaiser
Justinian ausgebildet hatte. In jenen beiden Provinzen hatten die kaiser-
lichen Statthalter („Exarchen") von Ravenna und Karthago sowohl das
militärische Kommando, als auch die Zivilverwaltung in ihrer Hand ver-
einigt. Diese Zusammenfassung der militärischen und politischen Gewalt
in der Hand eines „Generalgouverneurs" hatte sich dort so bewährt,
daß man dieses System jetzt auch auf die übrigen Provinzen des Rest-
staates übertrug. Dem Gebot der militärischen Notwendigkeiten mußte
sich damals alles unterordnen. In dem ununterbrochenen Kriegszustand,
in dem sich das Reich befand, wurde auch die Verwaltung in den Dienst
der großen Kriegsmaschine gezwungen. Die Zivilverwaltung wurde der
militärischen Befehlsgewalt untergeordnet und schließlich von dieser auf-
gesogen. Sie wurde zur Militärverwaltung. Das Reichsgebiet wurde in
eine Anzahl von Wehrkreisen (Jbemata) eingeteilt, an deren Spitze ein
kommandierender General (Strategos) mit der Summe der militärischen,
Themenverfassung 105

zivilen und jurisdiktionellen Gewalt stand. Diese „Themenverfassung"


bildete seit der Mitte des 7. Jahrhunderts bis zum Beginn des 11. Jahr-
hunderts die organisatorische Form der Landesverteidigung und sie war
zugleich der Hauptpfeiler der neuen byzantinischen Verwaltung. Die
Armee war der Staat.
Die oströmische Reichsbevölkerung bestand damals aus zwei getrenn-
ten Klassen: den Bürgern und den Soldaten. Grundsätzlich waren beide
„Stände" streng geschieden. Die einen hatten Steuern zu zahlen, die
andern hatten Heeresdienst zu leisten. Zugehörigkeit zum Soldaten-
stand und Verpflichtung zum Heeresdienst waren mit dem Besitz eines
„Soldatengutes" (argtxruurixov xifj/j,oc) verbunden. Die Größe des Soldaten-
gutes war verschieden. Die Soldatengüter der berittenen Milizen und
mancher Matrosenmilizen waren doppelt so groß als die „Soldatengüter''
der übrigen Matrosenmilizen und der Fußmilizen. Übernahme eines
„Soldatengutes" bedeutete Eintritt in den Soldatenstand.
Durch diese Themenverfassung wurde auch die wirtschaftliche und
soziale Entwicklung des byzantinischen Reiches in neue Bahnen gelenkt.
Die planmäßige staatliche Förderung des Standes der landansässigen
Stratioten führte auch zu einer Stärkung des freien Bauerntums, dessen
Nachwuchs sich vor allem aus den nachgeborenen Söhnen der Wehr-
bauern (Stratioten) rekrutierte. Die bisher brachliegenden Ländereien,
die nun wieder m Bearbeitung genommen wurden, gaben dem wachsen-
den Freiibauemtum neuen Lebensraum. So steht die mittelbyzantinische
Zeit vom 7. Jahrhundert an im Zeichen des Bauerntums, während in
frühbyzantinischer Zeit der Großgrundbesitz überwogen hatte.

In der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts war diese Umgestaltung,


die im wesentlichen das W e r k des großen Kaisers Herakleios ( 6 1 0 — 6 4 1 )
war, abgeschlossen. Und schon begann der Sieg sich wieder an die ost-
römischen Fahnen zu heften. Die Araber erlitten im Kampfe gegen das
neugeschaffene Heer schwere Niederlagen. Schon um 6 6 8 waren sie durch
Kleinasien bis Konstantinopel vorgedrungen. Dann bestürmten sie fünf
Jahre lang ( 6 7 4 — 6 7 8 ) die ost römische Hauptstadt zu Wasser und zu
Lande. Alle ihre Angriffe wurden abgeschlagen. Die oströmische Flotte
zeigte sich überlegen — vor allem mit Hilfe des „griechischen Feuers"
— und schlug das arabische Geschwader in die Flucht. Audi zu Lande
in Kleinasien waren die kaiserlichen Truppen siegreich. Im Jahre 6 7 8
106 Ostroms Selbstbehauptung. Sieg von 6 7 8

mußte der Kalif Moawijah einen unvorteilhaften Frieden unterzeichnen.


Kleinasien, das Kernland des oströmischen Reiches, das unerschöpfliche
Reservoir der Truppenaushebung, blieb unter der Herrschaft des Kaisers.
Damit war die tödliche Gefahr zunächst abgewendet. Der Chronist Theo-
phanes berichtet nach diesem Doppelsieg: „Bs trat ein ungetrübter Friede
ein, im Osten wie im Westen".
In der Tat kam diesem oströmischen Sieg von 678 eine weltgeschicht-
liche Bedeutung zu. Der arabischen Sturmflut, die bis dahin keinen
Widerstand gefunden hatte, war zum ersten Male Einhalt geboten wor-
den. Es war die erste unter den drei glänzenden Waffentaten, in denen
die christliche Welt das arabische Vordringen zurückschlug. Der zweite
Sieg war die abermalige Verteidigung Konstantinopels im Winter 717/18,
der dritte Sieg wurde von dem fränkischen Hausmeier Karl Martell über
die Araber bei Poitiers erfochten (732). Unter diesen drei Waffentaten
war der Sieg von 678 nicht nur die erste, sondern auch die größte.
Wenn damals Konstantinopel dem arabischen Ansturm erlegen wäre, so
wäre nach menschlichem Ermessen den Arabern die Herrschaft über die
gesamte Mittelmeerwelt zugefallen.
Mit dem Wüterich Justinian II. (685—695, 705—711) endete die
Dynastie des Herakleiios, die den schwersten Teil des oströimisdien
Selbstbehauptungskampfes durchzustehen hatte. Nach hartem Ringen
war es gelungen, wenigstens die Kernländer des Reiches zu behaupten
und so die Großmachtstellung zu sichern.

Während dieses Selbstbehauptungskampfes traten die Kaiser wieder


als Feldherren in Erscheinung. Sie fühlten sich weiter als universale Herr-
scher des gesamten Imperium Romanum. Aber dieses Imperium ist seit
Herakleios aus einem römischen zu einem griechischen geworden. Herak-
leios steht am Beginn des griechisch-byzantinischen Mittelalters. Zwar
bleibt der Staatsgedanke römisch, aber in Sprache und Kultur erringt
nun das griechiischie Erbe wieder die Herrschaft. Ostrom wird (Jriedbiscb.
Dieses an staatspolitischen Leistungen so schöpferische Zeitalter war
in kultureller Hinsicht wenig fruchtbar. Inter arma silent musae. In einer
Welt, die von Waffen klirrt und von Blut trieft, tritt griechische Bildung
hinter dem Ethos des Glaubenskampfes zurück. Das öffentliche Leben
steht im Zeichen einer asketischen Frömmigkeit. Die Herrscher selbst
Sieg von 717/18 107

erscheinen als Vonbilder des Glaubenseifers: Herakleios — der „Befreier


des heiligen Landes", Konstantin IV. — der „Leuchter der Rechtgläubig-
keit", Justinian II. — der „Diener Gottes".
Das Soldatische vermählt sich mit dem Mönchischen. Unter dem Druck
des Selbstbehauptungskampfes wird das Rumpfreich nicht nur militari-
siert, sondern auch verkirchlicht. Das Ansehen der Kirche ist im Stei-
gen. Mönche und Bischöfe spielen auch im politischen Leben eine große
Rolle. „Das Stratiotentum und das Mönch tum geben dem byzantinischen
Reich nunmehr das Gepräge. Es ist ein Reich von Kriegern und von
Mönchen."
Die doppelte Bedrohung des oströmischen Rumpfreiches stieg zu Be-
ginn des 8. Jahrhunderts auf einen neuen Höhepunkt. Es war ein Glück,
daß damals in Konstantinopel ein bedeutender Herrscher saß: Leo III.
(717—741). Ein halbes Jahr nach seiner Thronbesteigung erschienen
die Araber zu Wasser und zu Lande vor der „gottbehüteten Kaiser-
stadt". Wie vor 40 Jahren, so gelang es wiederum den Oströmem, mit
Hilfe des „griechischen Feuers" die feindliche Flotte in Brand zu setzen,
während der arabische Landangriff vor dem uneinnehmbaren Mauerring
zusammenbrach. Auch hatte das Heer der Belagerer schwer unter der
winterlichen Kälte zu leiden (717/18). Als dann noch ein bulgarisches
Hilfsheer die Araber angriff, wurde die arabische Belagerung am
15. August 718 aufgehoben. Konstantinopel und mit ihm das oströmische
Reich waren gerettet.
Zu Lande dauerte der Krieg in Anatolien fort. Erst im Jahre 740 ge-
lang es durch den Sieg bei Akroinon (unweit von Amorion), Anatolien
von den Feinden zu säubern Damit war der Höhepunkt der Arabernot
vorbei und bald konnten oströmische Heere wieder zum Angriff über-
gehen.
*

Der äußere Abwehrkampf sollte durch innere Staatsreformen unter-


stützt werden. Ordnung des Finanzwesens, Reorganisation der gesam-
ten Verwaltung und Belebung der Wdrtschaft waren die Hauptziele, auf
die der Kaiser hinarbeitete. An Stelle der munizipalen Kurien, die mit der
Aufbringung der Steuern beauftragt und dafür verantwortlich waren,
wurden kaiserliche Finanzbeamte eingesetzt. Durch diese Bestimmung
wurde den Großgrundbesitzern auch, der bisherige Einfluß auf die kleinen
Bauern und auf die Dorfgemeinden genommen. Das Bauerntum gewann
108 L e o III. Biiderstreit

dadurch bessere Lebensbedingungen. Wie sehr dieser Kaiser auch darauf


bedacht war, die notwendige Rechtssicherheit im bäuerlichen Lebenskreis
mit allen Mitteln zu gewährleisten, zeigt das von ihm erlassene „Bauern-
gesetz". In kasuistischer Weise werden hier die Rechtsverhältnisse des
bäuerlichen Lebens (insbesondere Veräußerung und Schadenersatz bzw.
Tierhalterhaftung) durch genaue Einzelbestimmungen geregelt und durch
drakonisch harte Strafandrohung (Verstümmelung u. a.) eingeschärft.
So steht Leo III. als überwinder der arabischen Gefahr und als Ge-
setzgeber bedeutend da. Doch hat er auf einem anderen Gebiete eine
unheilvolle Rolle gespielt: durch seinen Kampf gegen die Verehrung der
heiligen Bilder hat er eine schwere innenpolitische Machtprobe herauf-
beschworen, von der das Reich länger als ein Jahrhundert erschüttert
wurde. Längst hatte es in den Ostprovinzen des Reiches eine bilder-
feindlidie Strömung gegeben, auf die ohne Zweifel Einflüsse der Mono-
physiten, der Paulikianer und des Islams wirksam geworden waren. In
ihr sind ganz verschiedenartige Kräfte zusammengeflossen: einerseits
eine strenge christliche Auffassung, die eine Verehrung Gottes nur „im
Geist und in der Wahrheit" für erlaubt hielt, andererseits die Lehren
bilderfeindlidier Sektierer und das noch immer fortwirkende Gedanken-
erbe der alten dhristologischen Häresien, schließlich der Einfluß der jüdi-
schen und insbesondere der islamischen Bilderfeindlichkeit. Dadurch ist
der Bilderstreit (Ikonoklasmus) zugleich ein Kapitel aus der großen gei-
stigen Auseinandersetzung zwischen Orient und Byzanz.
Nachdem der Kalif Jezicl im Jahre 723 die Beseitigung der Bilder aus
allen christlichen Kirchen des arabischen Reiches befohlen hatte, ging
Kaiser Leo III. im Jahre 726 offen gegen die Bilderverehrung vor — unter
Einwirkung der bilderfeindlichen Bischöfe Anatoliens. Diese Politik des
Kaisers stieß jedodi in den europäischen Westprovinzen auf starken
Widerstand. Im griechischen Mutterlande, wo die hellenische Freude an
der bildhaften Darstellung des Göttlichen auch im christlichen Zeit-
alter unvermindert fortlebte, war dieser Widerstand am stärksten. In
Hellas wurde ein Gegenkaiser ausgerufen, der mit seiner Flotte nach
Konstantinopel ausfuhr, um die Herrschaft an sich zu reißen. Zwar
scheiterte dieser Versuch, aber das Volk blieb weiterhin feindselig gegen
die kaiserliche Religionspolitik. Auch Papst Gregor II. und Johannes von
Damaskus, der gefeiertste Theologe seiner Zeit, sprachen sich für die
Verehrung der Bilder aus. So verschärften sich die Gegensätze zwischen
den beiden Richtungen. Schließlich wurde durch ein kaiserliches Edikt
Höhepunkt und Ende des Bilderstreites 109

die Vernichtung aller Heiligenbilder angeordnet (Januar 730). Damit be-


gann der eigentliche Bildersturm.
Unter Leos III. Sohn und Nachfolger Konstantin V. (741—775)
steigerte sich der Bilderstreit zu größter Erbitterung. Ein von den „Bilder-
verehrern" unterstützter Gegenkaiser konnte von Anatolien aus sogar die
Kaiserstadt Konstantinopel besetzen und sich ein Jahr lang behaupten
(742/3). Konstantin V. ging immer schärfer gegen die Bilderverehrung vor.
Im Jahre 754 trat in Konstantinopel ein Ikonoklastenkonzil zusammen,
das den Anspruch erhob, als ökumenisches Konzil zu gelten. Da die
Mönche die Vorkämpfer der Bilderverehrung waren, richtete sich der
Bildersturm schließlich vor allem gegen das Mönchtum. Es kam soweit,
daß der Kaiser sogar die Anrufung der Heiligen und der Muttergottes
verbot. Erst nach seinem Tode ebbte der Bildersturm ab, und das VII.
ökumenische Konzil zu Nikäa (787) konnte in feierlicher Weise die
Bilderverehrung gutheißen und dadurch dem Bilderstreit ein vorläufiges
Ende machen
Doch lebte der Ikonoklasmus im 9. Jahrhundert nochmals auf. Wäh-
rend er aber in seinen schwungvollen Anfängen unter Leo III. und Kon-
stantin V. eine echte geistige Bewegung von ursprünglicher Kraft ge-
wesen war, erscheint der zweite Ikonoklasmus des 9. Jahrhunderts nur
noch als ein schwächlicher Reaktionsversuch. Er konnte sich nicht mehr
auf eine geistige Strömung der Zeit berufen, sondern mußte seine aus-
schließliche Zuflucht zu den staatlichen Machtmitteln nehmen. Im Jahre
843 wurde dann auf einer Synode zu Konstantinopel die Bilderverehrung
feierlich wiederhergestellt. Die Erinnerung an diesen Sieg des wahren
Glaubens wird in der orthodoxen Kirche alljährlich durch das „Fest der
Rechtgläubigkeit" gefeiert.

In diesem Jahrhundert des großen Bilderstreites dauerte zugleich auch


der militärische Selbstbehauptungskampf des Reiches gegen die äußeren
Feinde fort: Im Osten und auf den Gewässern des Mittelmeeres gegen
die Araber, im Westen gegen die Langobarden, im Norden gegen die
Slawen. Im Westen kam es zu schweren Machtverlusten. Kaiser Leo III.
hatte das Papsttum, das sich als Hauptvorkämpfer der Bilderverehrung
erwies, dadurch zu treffen gesucht, daß er die illyrische Präfektur, der die
westlichen zwei Drittel der Balkanhalbinsel zugehörten, ebenso wie das
oströmische Herrschaftsgebiet in Unteritalien und Sizilien der päpst-
110 Entfremdung zwischen Altrom und Neurom

lidien Jurisdiktion entzog und dem ökumenischen Patriarchate von Kon-


stantinopel unterstellte (731). Die Wirkung war, daß das Papsttum,
das von Konstantinopel auch keine Hilfe gegen die Langobardengefahr
zu erwarten hatte, sich nun von Ostrom ab und dem jungen aufstreben-
den Franken reiche .zuwandte. Im Jahre 751 wurde Ravenna, wo der
kaiserliche Statthalter Reidisitaliens seinen Sitz hatte, von den Lango-
barden erobert. Drei Jahre später kam Papst Stephan II. mit dem
Frankenherrscher Pippin zusammen, und es wurde zu Ponthion jenes
weltgeschiditliche Bündnis zwischen dem römischen Papsttum und dem
fränkischen Königtum abgeschlossen, das den gesamten weiteren Gang
der abendländischen Geschichte in so schicksalhafter Weise bestimmen
sollte.
Im 9. Jahrhundert ging dann auch das reiche Sizilien verloren. Nach-
dem die Sarazenen im Jahre 827 auf dem Westteil der Insel Fuß ge-
faßt hatten, eroberten sie eine Stadt nach der anderen, schließlich im
Jahre 902 auch Taormina, den letzten oströmischen Stützpunkt.
Nach diesem Verluste der Besitzungen in Italien und Sizilien wurde
die universale Reichsidee Ostroms endgültig zur Fiktion. Im Gefolge
der politischen Trennung wuchsen auch die lateinische und die grie-
chische Kirche noch stärker auseinander. Nach der Überwindung der
ikonoklastischen Krise trat das ökumenische Patriarchat von Konstan-
tinopel dem Papsttum von Altrom als ebenbürtiger Gegenspieler gegen-
über. Der kirchenpolitische Machtkampf entbrannte, der dann Schritt
um Schritt zur endgültigen Kirchentrennung (11. Jahrhundert) führte.
W a s das oströmische Reich und die orthodoxe Reichskirche im Westen
verloren, konnten 9ie durch Neugewinn unter den slawischen Völker-
schaften der Balkanhalbinsel und des Donauraumes wettmachen. Dabei
haben kaiserliche Politik und kirchliche Missionierung eng zusammen-
gearbeitet.
*

W i e sich slawische Landnahme und oströmische Reconquista abspiel-


ten, läßt sich an dem Beispiele der Landschaft Peloponnes deutlich er-
kennen.
Vielleicht haben sich schon zu Ende des 6. Jahrhunderts die ersten
Slawenschwärme ständig im Peloponnes — zunächst vor allem in Elis und
im nordwestlichen Arkadien — niedergelassen. Im 7. Jahrhundert erfolgte
dann ein weiterer laufender Zustrom slawischer Einwanderer. Nunmehr
Slawische Landnahme auf dem Peloponnes tlt

gingen die Slawen auch daran, mit ihren Einbaumgeschwadem die Küsten
und Inseln des Ägäisdien Meeres zu beunruhigen. So unternahmen sie
im Jahre 675 einen großen Raubzug nach den ägäisdhen Inseln und nach
den Küsten des Peloponnes.
Um diese Zeit muß die slawische Landnahme auf dem Peloponnes schon
beträchtliche Ausmaße erreicht haben. Freilich scheint das Griechentum
noch bis in die Mitte des 8. Jahrhunderts das zahlenmäßige Übergewicht
behauptet zu haben. Zu Beginn des 8. Jahrhunderts mag der Peloponnes
etwa folgendes Bild geboten haben: Die slawische Einwanderung, die
bereits seit mehr als einem Jahrhundert auf der Halbinsel Fuß gefaßt
hatte, sickerte weiterhin da und dort tropfenweise ein. Die griechische
Verwaltung in Verbindung mit den schwachen vorhandenen Milizen ver-
suchte wohl, die weitere Ausbreitung der Slawen nach Möglichkeit ein-
zudämmen. Aber mit der vollzogenen Tatsache der slawischen Ansiedlung
mußte man sich endgültig abfinden.
Nachdem sich die Slawen einmal in ganzen Landstrichen festgesetzt
hatten, scheint das Zusammenleben mit den Griechen zeitweilig recht
friedlich gewesen zu sein. Die einzelnen Slawenstämme werden wohl
auch die Oberhoheit des oströmischen Kaisers anerkannt haben. Für die
weitere Auseinandersetzung zwischen griechischem und slawischem Volks-
tum wurde es entscheidend, daß die slawischen Stämme im Peloponnes
und in Mittelgriechenland nicht zu einer zusammenfassenden staatlichen
Machtbildung gelangten, sondern auch weiterhin nur als einzelne — viel-
fach untereinander verfeindete — Stämme auftraten. Dem Geld und der
Diplomatie Ostroms fiel es nicht schwer, die einzelnen Stämme gegen-
einander auszuspielen und Bundesgenossen zu gewinnen.
Daß das griechische Volkstum auf dem Peloponnes und in Mittel-
griechenland auch zu Anfang des 8. Jahrhunderts zahlenmäßig noch
ziemlich stark gewesen sein muß, zeigt die Tatsache, daß es eine große
Erhebung gegen die kaiserliche Zentralgewalt unternehmen konnte (726).
Die Empörung, die sich vor allem gegen das kaiserliche Verbot der Bilder-
und Heiligenverehrung richtete, war so allgemein, daß sogar die im Lande
stehenden Garnisonen davon fortgerissen wurden. Ein Gegenkaiser wurde
aufgestellt und eine Flotte der Aufständischen segelte zum Angriff gegen
die Reichshauptstadt Konstantinopel aus. Doch brach diese Erhebung
rasch wieder zusammen.
Um die Mitte des 8. Jahrhunderts errang dann das slawische Volkstum
auf dem Peloponnes die Oberhand. In den Jahren 746—748 wurde die
112 Slawen und Griechen auf dam Peloponnes

griechische Bevölkerung durch eine Pest stark gelichtet. Nicht nur die
Zahl, sondern auch die Widerstandskraft des griechischen Volkstums
scheint damals empfindlich geschrumpft zu sein. Die Slawen, die weiter
nördlich saßen, nutzten diese Gelegenheit und drangen in Massen nach
dem Peloponnes vor, wo sie genug verödete Ländereien als neue
Wohnsitze besetzen konnten. Der oströmische Kaiser war durch stän-
dige schwere Kämpfe mit den Bulgaren außerstande, diese slawische Ein-
wanderung mit Waffengewalt zu verhindern. Viele Griechen, die vor den
andrängenden Slawen geflohen waren, wurden damals nach Konstanti-
nopel überführt, um die durch die Pest verödete Hauptstadt wieder zu
bevölkern. So gewannen im Peloponnes die Slawen erst recht das Über-
gewicht. Zu Ende des 8. Jahrhunderts und zu Anfang des 9. Jahrhunderts
hat dann das slawische Volkstum auf dem Peloponnes offensichtlich seine
größte Ausdehnung erreicht.
Es bildeten sich eine Anzahl slawischer Stammesgaue heraus, von
denen sich einige bis in das Hochmittelalter erhielten, so derGauderMilin-
gen im nördlichen Taygetos, der Gau der Ezeriten zwischen dem Tay-
getos und dem Unterlauf des Eurotas, ferner der Kanton Skorta, der die
wilden Berglandschaften Westarkadiens um den Oberlauf des Alpheios
umfaßte. Außerdem war der gesamte mittlere und westliche Peloponnes
fast völlig von Slawen besetzt. Dort behaupteten sich die Griechen nur in
einzelnen Küstenorten, vor allem in der unmittelbaren Umgebung der
Festungen Patras und Arkadia (Kyparissia).
Die griechische Bevölkerung des Binnenlandes war vor dem Drude der
slawischen Einwanderung in die Küsten!andschaften zurückgewichen.
Hier boten die großen Seefestungen sicheren Schutz. Von der Behaup-
tung dieser Waffenplätze hing das Schicksal des peloponnesischen
Griechentums während der dunklen Jahrhunderte des slawischen An-
sturmes ab. Der stärkste unter ihnen war Korinth mit seinem unein-
nehmbaren Burgberg Akrokorinth, wo ein kaiserlicher General (Strategos)
als Befehlshaber des Wehrkreises (Jhema) Peloponnes saß. Weitere
Stützpunkte der oströmischen Herrschaft waren die Küstenfestungen
Patras, Nauplion, Monemwasia, Arkadia, Methone und Korone, die wie
eine eiserne Klammer das slawisch gewordene Binnenland des Peloponnes
umspannten.
Patras, Nauplion und Methone waren schon in spätantiker Zeit be-
deutende Küstenplätze gewesen. In der Zeit der Slawennot gelangten
sie dann zu ihrer großen militärischen Bedeutung. Die anderen Seefestun-
Griechische Fluchtsiedlungen 113

gen — Monemwasia, Arkadia, Korone — sind überhaupt erst als Flucht-


burgen gegen die andrängenden Slawen entstanden.
Als sich vor den nachdrängenden Slawen die alteinheimische griechische
Bevölkerung des südöstlichen Peloponnes an die Küsten flüchtete, da bot
die natürliche Felsenfestung Monemwasia (nordwestlich vonKapMaleas),
die nur durch einen schmalen Zugang halbinselartig mit dem Festlande
zusammenhing (der Name Monemwasia bedeutet „einziger Eingang")
eine uneinnehmbare Zuflucht. So entwickelte sich dort in Abwehr der
slawischen Gefahr eine der stärksten Seefestungen des östlichen Mittel-
meers, die ihre überragende Bedeutung bis zum Beginn der Neuzeit be-
hauptet hat (von den Venezianern „Malvasia" genannt).
Gleichzeitig entstand auch im südwestlichen Peloponnes durch die
Flucht der griechischen Binnenbevölkerung an die Küste eine ähnliche
Festung als Fluchtsiedlung: Arkadia. Die Bevölkerung der Landschaft
Arkadien war vor dem Drude der Slawen vor allem nach Südwesten aus-
gewichen, wo sie in der Küstenlandschaft Triphylien, insbesondere in der
Umgebung der antiken, damals in Ruinen liegenden Stadt Kyparissia
sich niederließ. Oberhalb der Ruinen von Kyparissia entstand an steilem
Bergeshange eine befestigte Fluchtsiedlung, die nunmehr nach der Her-
kunft ihrer Bevölkerung einfach mit dem Landsdiaftsnamen Arkadia
bezeichnet wurde. Für das Flußtal, das als natürliche Verbindungsstraße
von dort ostwärts in das Binnenland hineinführt, kam die Bezeichnung
Arkadeika auf.
Andere befestigte Fluchtsiedlungen entstanden damals rings um den
messenischen Golf. So gründeten arkadische Flüchtlinge aus Mantinea
dort (südostwärts von Kaiamata) eine Siedlung, die sie ebenfalls Man-
tinea nannten. Aus dem alten Korone (bei dem heutigen Petalidion ge-
legen), das gegen den slawischen Ansturm auf die Dauer nicht verteidigt
werden konnte, zogen sich die Einwohner auf den weiter südlich ge-
legenen, damals verödeten Festungsberg von Asine zurüdc und gründeten
dort das neue wohlbefestigte Korone. An der Stelle des früheren Pharai
entstand die neue befestigte Stadt Kaiamata. Im äußersten Südwesten
Messeniens behauptete sich das feste Methone, das seit den Tagen des
klassischen Altertums eine der wichtigsten peloponnesischen Hafenstädte
war, auch in der schwersten Slawennot.
Im östlichen Drittel des Peloponnes hat sich das griechische Volkstum
viel besser behauptet als in der Mitte und im Westen. Dort konnten drei
Landschaften ihre griechische Besiedlung in ununterbrochener Fortdauer
£ Stadtmüller, Geschichte Südosteuropas
114 Slawen und Griechen auf denn Peloponnes

bewahren: 1. in dem Gebiet der Städte Korinth, Argos und Nauplion


sowie in der Halbinsel Argolis und auf den vorgelagerten Inseln Hydra,
Poros und Spetsä. 2. in der schwer zugänglichen Landschaft des Pamon-
Gebirges (ostwärts vom Eurotas-Tale). Die Bewohner dieses Gebietes
(vor allem um Leonidion), die sog. Tsakonen, haben bis zum heutigen
Tage eine besonders altertümliche Mundart bewahrt, in der die Züge der
altspartanischen Mundart unverkennbar sind. 3. Im südlichen Teile des
Taygetos-Gebirges in der Landsdhaft Mani (Maina). Dort hat der kriegs-
tüchtige Stamm der Maniaten (Mainoten) in ständigen Kämpfen gegen
die slawischen Nachbarstämme seine Freiheit, seine griechische Sprache
und sein griechisches Volkstum behauptet. Daher haben an den Küsten-
rändern des südlichen Taygetos auch einige antike Städte mit ihren alten
Namen den Sturm der slawischen Landnahme überlebt (z. B. das antike
Oitylos, heute Witilon).
Der planmäßige Versuch, die Slawen zurückzudrängen, wurde erst
von Kaiserin Irene (780—802) gemacht, die als gebürtige Athenerin für
die Not Mittelgriechenlands und des Peloponnes ein besonderes Ver-
ständnis hatte. Aber ihr Plan, die in Griechenland eingedrungenen Slawen
wieder zu unterwerfen, scheiterte daran, daß die militärischen Kräfte
des oströmischen Reiches an anderen gefährdeten Fronten festgehalten
waren. In den Jahren 781 und 782 wurde es sogar notwendig," die balka-
nischen Provinzen weitgehend von Truppen zu entblößen. Dadurch mag
sich den slawischen Stämmen die erwünschte Möglichkeit geboten haben,
den letzten Schein der Unterordnung unter die oströmische Reichsgewalt
abzuwerfen und verschiedene griechische Städte anzugreifen. Als dann
im Jahre 783 mit den Arabern ein Friede abgeschlossen worden war,
unterwarf der oströmische Feldherr Staurakios in einem mehrmonatigen
Feldzug zwar die Slawen Mittelgriechenlands. Ein kurzer Zug durch den
nördlichen Peloponnes führte aber nicht zur dauernden Unterwerfung
dieser Berglandschaften.
Zu Anfang des 9. Jahrhunderts kam es dann zu jener großen Erhebung
der peloponnesiischen Slawenstämme, die für Hellas den Höhepunkt und
zugleich die Wende der Slawennot bedeutet. Die peloponnesischen Sla-
wen machten damals den planvollen Versuch, die griechischen Küsten-
festungen, die sich noch rings um den Peloponnes behaupteten, zu er-
obern (805 oder 807). Der Hauptstoß richtete sich gegen die Nordküste.
Vielleicht ist Ägion damals slawisch geworden — das slawische Wostitsa.
Um das wichtige Patras entbrannte ein erbitterter Kampf. Die Slawen
115

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K a r t e 7
116 Unterwerfung der pelopormesisehen Slawen

berannten die Stadt auf der Landseite, während gleichzeitig arabische


Korsaren den Hafen von der Seeseite her blockierten. Da gelang es
jedoch den Belagerten, durch einen todesmutigen Ausfall den Ring der
feindlichen Belagerung zu sprengen und die Slawen in die Flucht zu
schlagen. Als dann drei Tage danach ein Entsatzheer unter dem kaiser-
lichen General von Korinth eintraf, konnte der große Sieg wirksam für
die Sicherung der oströmischen Herrschaft ausgenutzt werden.
Durch diese glänzende Waffentat, die von den wundergläubigen Zeit-
genossen dem übernatürlichen Eingreifen des hl. Andreas, des Schutz-
patrons der Stadt Patras, zugeschrieben wurde, war der Anfang zur
Unterwerfung der peloponnesischen Slawenstämme gemacht. Schon
unmittelbar nach dem Siege bei Patras scheint die ganze Westküste des
Peloponnes wieder der oströmischen Herrschaft unterworfen worden zu
sein. Die oströmische Politik aber ging nunmehr daran, die Slawen ganz
fest der Provinzverwaltung einzufügen. Das Reich fand dabei in der
orthodoxen Reichskirche seinen wertvollsten Bundesgenossen.
Ähnlich war es auch in anderen von slawischen Stämmen besiedelten
Landschaften. Unter der neuen slawischen Völkerwelt Osteuropas er-
öffnete die byzantinische Missionstätigkeit seit dem 9. Jahrhundert neue
Einflußgebiete. So wurde die Welt Ostroms unter dem Patriarchen Pho-
tios und den Slawenaposteln Kyrillos (Konstantin) und Methodios wieder
groß und weit.
*

Schwer, aber schließlich von Siegen gekrönt, war der oströmische


Selbstbehauptungskaimpf im Osten. Bereits Kaiser Konstantin V. hat hier
die große Wende gebracht. Zu Wasser und zu Lande gelang es ihm,
entscheidende Siege über die Araber zu erringen. Damit war der eigent-
liche Selbstbehauptungskampf Ostroms siegreich durchgefochten. An
seine Stelle traten nunmehr einzelne Grenzkriege, wobei die oströmi-
schen Trappen gewöhnlich die Angreifer waren. Das Reich konnte nach
den verzweifelt harten Abwehrkämpfen des 7. und 8. Jahrhunderts aus
seiner bisherigen Verteidigungsstellung heraus wieder zum Angriff über-
gehen. Nun zeigten Heer und Flotte Ostroms in den Kämpfen an der
Ostgrenze wieder einen Geist verwegener Kühnheit.
Zur See dauerte die arabische Gefahr bis in das 10. Jahrhundert an.
Der schwerste Schlag für die Seegeltung Ostroms war es, als die wichtige
Insel Kreta von arabischen Korsaren besetzt wurde (827 oder 828). Zwar
Siegreiche Kämpfe gegen die Araber 117

unternahm ein oströmisches Geschwader im Jahre 853 einen Vorstoß


an die Küste Ägyptens, wo es gelang, die Festung Damiette einzu-
nehmen und niederzubrennen, aber die Gewässer wurden weiterhin von
arabischen Seeräubern unsicher gemacht, und Kreta blieb auf andert-
halb Jahrhunderte ein gefürchtetes Korsarennest. Im Jahre 904 wurde
auch das reiche Saloniki von arabischen Korsaren eingenommen und
geplündert.
Der Kampf gegen die Araber trat in ein entscheidendes Stadium, seit
mit dem Tode des Zaren Symeon (927) die bulgarische Gefahr ver-
schwunden war. Die militärischen Kräfte konnten nun ganz auf den
Kampf gegen die Araber verwandt werden. So reihten sich die ost-
römischen Waffenerfolge aneinander. Die wichtige Grenzstadt Melitene
wurde im Jahre 931 zum ersten Male, im Jahre 934 endgültig erobert.
Nach der Mitte des 10. Jahrhunderts nahm die oströmische Reconquista
unter den beiden Soldatenkaisern Nikephoros II. Phokas (963—969)
und Johannes I. Tzimiskes (969—976) noch viel größere Ausmaße an.
Nikephoros Phokas, der in seinem Leben und in seiner Persönlichkeit
die Tapferkeit des Soldaten mit der asketischen Frömmigkeit des Mön-
ches verband, hat seine ganze Regierungszeit dem Kampfe gegen die
Araber gewidmet und sich durch seine Siege den Namen „der bleiche
Tod der Sarazenen" verdient. Ein Zeugnis seiner ebenso frommen wie
kriegerischen Sinnesart war seine Forderung, die Krieger, die im Kampfe
gegen den Islam gefallen waren, sollten in aller Form zu Märtyrern er-
klärt werden.
In den Jahren 960—961 wurde die wichtige Insel Kreta zurückerobert,
womit die Korsarengefahr für das Ägäisdie Meer beseitigt war. Es war
dies seit Jahrhunderten der folgenreichste Sieg Ostroms. Im Jahre 962
gelang dann auch die Eroberung von Aleppo, womit der Weg nach
Syrien für die kaiserlichen Heere offenlag. Im Jahre 969 folgte die Ein-
nahme Antiochias. Kaiser Johannes I. Tzimiskes war seinem von ihm
ermordeten Vorgänger als Feldherr ebenbürtig. Nachdem er Ostbulgarien
erobert hatte (vgl. unten S. 125), wandte er sich der Ostgrenze zu. Im
Jahre 975 eroberte er Damaskus, das mittlere Syrien, Galiläa und das
Küstenland von Palästina, während Jerusalem noch in der Hand der
Sarazenen blieb.
*

Mit dem militärischen Vorrücken der Reconquista ging auch das Neu-
erwachen der geistigen Kräfte Hand in Hand. Das kulturelle Leben,
118 Erstarken der Aristokratie

das in den Notzeiten des großen Selbstbehauptungskampfes erloschen


schien, regte sich. Seit der Mitte des 9. Jahrhunderts wird es aus vielen
Zeichen ersichtlich, daß auch auf geistigem Gebiete ein neuer Aufstieg
anhebt. Der Cäsar (d. h. Mitherrscher) Bardas, der in den Jahren 856
bis 866 der eigentliche Herr des Reiches war, gründete am Magnaura-
Palast eine Hochschule, die seitdem der Mittelpunkt aller weltlichen Stu-
dien des oströmischen Reiches wurde. Die folgenden Kaiser waren nicht
nur Förderer des geistigen Lebens, sondern teilweise selbst Gelehrte und
Schriftsteller — so Leo VI. der Weise (886—912) und Konstantin VII.
Porphyrogennetos (913—959).
*

Eine verhängnisvolle innenpolitische Entwicklung bahnte sich seit dem


9. Jahrhundert durch das Erstarken der Aristokratie an. Durch die Macht-
stellung der grundbesitzenden Magnaten war das wehrpflichtige Frei-
bauerntum, auf dem die Reichsverteidigung seit Jahrhunderten vornehm-
lich beruhte, einer beständigen Bedrohung durch den Großgrundbesitz
ausgesetzt.
In diese Zeit fällt freilich auch das Erstarken der oströmischen Aristo-
kratie. Die ersten Anfänge dieser nachmals so verhängnisvollen Ent-
wicklung wurden bereits im 8. Jahrhundert sichtbar. Im 7. und zu An-
fang des 8. Jahrhunderts hatte es in der oströmischen Reichsbevölkerung
noch keine ständische Abstufung gegeben. Unter Leo VI. war aber die
Aristokratie bereits eine bevorrechtete Sonderschicht. Dieser Kaiser
empfahl daher in einer von ihm verfaßten militärwissenschaftlichen
Schrift („Taktika"), das Amt des Strategen und die höheren Offiziers-
stellen mit Angehörigen dieser vornehmen und reichen Oberschicht zu
besetzen. Auch auf wirtschaftlichem Gebiet leistete die kaiserliche Regie-
rung den Bestrebungen dieser Aristokratie zunächst Vorschub
Seitdem bildeten die Großgrundbesitzer und die Beamten eine zu-
sammenhängende Kaste (Ardbonten) Die Beamten waren darauf be-
dacht, in der Provinz ein Landgut zu erwerben, die Grundbesitzer waren
bestrebt, durch Übernahme einer Beamtenstellung oder wenigstens durdh
Erwerb eines Beamtentitels in die Beamtenschicht aufzusteigen, was ihnen
die erforderlichen Beziehungen zu Regierungskreisen und die erwünschte
gesellschaftliche Geltung verschaffen sollte. Der „Mächtige" (dvrvoc)
jener Zeit war gewöhnlich Beamter und Grundbesitzer in einer Person.
Ein mächtiger Großgrundbesitzer, der die kleinen Bauern der Um-
gebung in wirtschaftlicher Abhängigkeit halten konnte, vertrug sich nicht
Kaiserlidie BauemschutzpoJitik 119

mit der Zielsetzung der oströmischen Bauern- und Wehrpolitik. Wir sehen
daher immer wieder, wie die oströmischen Kaiser als Beschützer des
Bauerntums gegenüber dem landhungrigen Großgrundbesitz auftreten.
Die Macht dieser Großgrundbesitzer war um so gefährlicher, als sie
meistens zugleich als Inhaber eines staatlichen oder kirchlichen Amtes
erschienen. Die straffe Zentralisierung der gesamten Verwaltung hat es
den Kaisern lange ermöglicht, die gefährlichen Ausdehnungsbestrebungen
des Großgrundbesitzes in Schranken zu halten.
Der Großgrundbesitz hatte in diesem Kampf mit dem Kaisertum
einen wertvollen Bundesgenossen in dem Steuerdrude, der sich vor allem
gegen den kleinen 'Bauern auswirkte. Was die steuerlichen Lasten
in die Höhe trieb, waren ja nicht die Forderungen des Fiskus, sondern
das Bereicherungsstreben der Steuerbeamten, die sich durch ungerechte
Steuereinschätzung und durch Einforderung von zusätzlichen Leistungen
die Taschen zu füllen wußten. Der Großgrundbesitzer konnte sich schon
auf Grund seiner tatsächlichen Macht dagegen leichter schützen als der
kleine Bauer.
So begann schon in mittelbyzantinischer Zeit eine verhängnisvolle
Entwicklung, die später zum Ruin des freien Bauerntums führen sollte:
der freie Bauer begab sich als Höriger in den Schutz eines Groß-
grundbesitzers. Er wurde unfrei, hatte nunmehr aiber wenigstens Schutz
vor ungerechtem Steuerdruck. Vielfach eigneten sich die Großgrund-
besitzer, gestützt auf ihre amtliche oder wirtschaftliche Machtstellung
fremde Ländereien auch durch gewaltsame Usurpation an. Die kleinen
Bauern fanden sich mit solchen Gewaltakten ab und wurden Hörige.
Die Kaiser des 9. und 10. Jahrhunderts haben sich mit allen Mitteln
gegen das Ausdehnungsbestreben des Großgrundbesitzes eingesetzt.
Kaiser Basileios I. (867—886) verschaffte auch den unbemittelten Klein-
bauern die Möglichkeit, gegen Großgrundbesitzer wegen rechtswidriger
Aneignung von Liegenschaften Klage zu erheben. Die gemeinsamen
Kaiser Konstantinos VII. und Romanos Lekapenos veröffentlichten 922
ein Gesetz, durch das den „Reichen" verboten wurde, die Liegen-
schaften von „Armen" und von „Soldaten" zu erwerben, unter welchen
Rechtsformen auch immer dies geschehe (Adoption, Schenkung auf den
Todesfall, Testamentsverfügung, Nießbrauch, Pacht, Tausch).
Mit besonderer Tatkraft nahm sich Kaiser Basileios II. (976—1025)
des Bauerntums an. In einer Novelle verfügte er, daß die Steuern, die
von den „Armen" nicht aufgebracht werden könnten, von den benach-
120 Basileios II. als Gegner des Großgrundbesitzes

harten „Reichen" zu bezahlen seien. Dies war ein schwerer Schlag für
die großgrundbesitzenden Magnaten. Aus einer einzelnen Urkunde wis-
sen wir, mit welch rücksichtsloser Härte der Kaiser in einzelnen Fällen
landhungrige Großgrundbesitzer bestrafte. Wie Friedrich II. von Preußen
oder Joseph II. von Österreich, war auch Basileios II. viel unterwegs, um
in seinem Lande nach dem Rechten zu sehen und um die Bauern gegen
die Habgier der Großgrundbesitzer und gegen die Willkürherrschaft der
Beamten zu schützen. Der rücksichtslose Gerechtigkeitssinn des harten
Herrschers, dem die zeitgenössischen Geschichtsschreiber wegen seiner
grausamen Maßnahmen in den Bulgarenkriegen den Beinamen „Bulgaren-
schlächter" gegeben hatten, hat auf diesen Inspektionsreisen wohl man-
ches abschreckende Exempel statuiert. Von einem Fall berichtet der
Kaiser selbst in einer Urkunde: „Wir sind auf den Fall des Philokales
aufmerksam geworden, der ursprünglich zu dem niederen Volke der
Bauern gehörte, später aber zu den Angesehenen und Reichen aufstieg.
Solange dieser noch unten war, vertrug er sich gut mit seinen Mitbauern
und schädigte sie nicht. Nachdem ihn aber Gott erhöht hat zur Würde
eines Hebdomadarios, dann eines Koitonites und schließlich eines Proto-
bestiarios, da eignete er sich das ganze Dorf nebst dem Vorwerk an,
indem er sogar den Namen dieses Dorfes änderte. Daher hat unsere
kaiserliche Majestät, die den Ort durchreiste und auf die Anklage der
Armen (d. h. der Bauern) hin die Sache untersuchte, jenem nur das ge-
lassen, was er von Anfang an besaß, und ihn so wieder zu einem der
Bauern gemacht."
Alle diese kaiserlichen Schutzmaßnahmen blieben gegenüber der wirt-
schaftlichen Übermacht des Großgrundbesitzes auf die Dauer wirkungs-
los, wie schon daraus ersichtlich wird, daß es die Kaiser immer wieder
für notwendig hielten, diese Gesetzesbestimmungen von neuem einzu-
schärfen. Das Anwachsen des Großgrundbesitzes dauerte an, und im
1 1 . Jahrhundert hatten die Großgrundbesitzer solche politische Macht,
daß auf ihr Betreiben die Bauemschutzgesetzgebung und die Reste der
Themenverfassung beseitigt wurden (vgl. unten S. 166).
Xapitel 7

Das großbulgarische Reich

Die türkischen Urbulgaren (Protobulgaren) waren nahe Verwandte


der Chasaren und der türkisdien Oberschicht der Madjaren. W i e alle
Reiternomadenvölker, so erscheinen auch sie im Lichtkreis unserer Quellen
zuerst in der Ukraine. Dann wurden sie durch den Drude anderer Völker-
schaften an die untere Donau abgedrängt. Im Jahre 679 gründete der
bulgarische Führer Asparuch (Isperich) den donaubulgarischen Staat mit
der Hauptstadt Pliska (bei dem heutigen Dorfe Aboba in der Süd-
dobrudscha). Der ursprüngliche Machtbereich umfaßte Donaubulgarien
und die Dobrudscha. Im Jahre 803 eroberte dann der Chan Krum die
Osthälfte des Awarenreidies dazu.
Audi dieses Reich der Urbulgaren (das sog. I. Bulgarische Reidi) war
wie alle Staatsgründungen der eurasischen Reiternomadenvölker ein
typisdier öberschichtungsstaat. Uber einer breiten Unterschicht slawi-
scher Bauern saß die zahlenmäßig viel dünnere Oberschicht der urbulga-
rischen Eroberer. Dann erfolgte allmählich die Verschmelzung der beiden
Völker. Im 9. Jahrhundert ging die Herrenschicht in der slawischen Masse
auf. Die endgültige Entscheidung darüber fiel in der Regierungszeit des
Zaren Boris-Midiael (853—888). Boris begünstigte offen das slawische
Volkstum und im Zusammenhang damit die unter den Slawen bereits
verbreitete christliche Religion, er trat als erster bulgarischer Herrscher
zum Christentum über (865) und nahm den christlichen Namen Michael
an. Zugleich gründete er, um mit der alten heidnischen Staatstradition
völlig zu brechen, eine neue Hauptstadt: Preslav. Seitdem ist Bulgarien
ein slawischer und christlicher Staat. Von der ehemaligen Oberschicht
lebt nur noch der Name „Bulgaren" fort, der auf das slawisch sprechende
neue Gesamtvolk übergegangen ist.

Schon seit der Niederlassung auf balkanischem Boden waren die


Bulgaren in einen Kampf auf Leben und Tod mit Byzanz geraten, einen
Kampf, der mit Unterbrechungen dreieinhalb Jahrhunderte dauerte und
schließlich mit dem völligen Untergang des I. Bulgarischen Reiches endete.
122 Aufstieg der bulgarischen Macht

Im Laufe dieses Ringens wechselten sich die beiden Gegner in der Rolle
des Angreifers und Verteidigers ab. Zunächst befanden sich die Bulgaren
auf ein Jahrhundert lang in Verteidigung, dann gingen sie auf mehr als ein
Jahrhundert — von Krum bis Symeon — zum Angriff über und bedrohten
ernstlich die oströmische Machtstellung. Erst nach dem Tode Symeons
des Großen wurden die Bulgaren dann wieder in die Verteidigung zurück-
gedrängt. Der Ausgang dieses jahrhundertelangen Kampfes stand also
durchaus nicht von vornherein fest. Vielmehr schienen die Bulgaren unter
Krum und Symeon sogar die Oberhand zu behalten.
Die Bulgaren, sind der oströmischen Macht dadurch besonders ge-
fährlich geworden, daß sie die an sich unpolitischen Slawen staatlich zu-
sammenfaßten und organisierten, wodurch zum ersten Male im Binnen-
lande der Balkanhalbinsel eine große staatliche Macht entstand.
Der Aufstieg des jungen bulgarischen Staates vollzog sich außerordent-
lich schnell. Schon im Jahre 705 — also 26 Jahre nach der Einwanderung —
intervenierte ein bulgarischer Chan in einem innerbyzantinischen Thron-
streit. Er erreichte bei dieser Gelegenheit die Abtretung von Grenzgebieten
und die völkerrechtliche Anerkennung durch den byzantinischen Kaiser-
hof. Damals bildete sich vorübergehend ein gutes Einvernehmen zwischen
Byzanz und Bulgarien heraus. Im Jahre 716 wurde sogar ein Freund-
schaftsvertrag zwischen beiden Mächten abgeschlossen. Dann machte
aber Kaiser Konstantin V. Kopronymos (741—775) den großangelegten
Versuch, Bulgarien niederzuringen. Militärische Unternehmungen und
politische Interventionen sollten zu diesem Ziel führen. Die oströmische
Diplomatie vermochte es auch, durch Bestechungsgelder in Bulgarien eine
kaiserfreundliche christliche Partei zu gründen, die den bulgarischen Staat
von innen her unterwühlen sollte. Im Jahre 774 gelang es aber dem Chan
Telerig durch eine List, die Umtriebe dieser Partei aufzudecken und sie
zu vernichten. Im folgenden Jahre (775) starb auch Kaiser Konstantinos V.
Kopronymos. Damit war der Höhepunkt dieser Gefahr überschritten.
Ein Vierteljahrhundert später begann mit dem eroberungslustigen
Chan Krum (802—814) das Zeitalter der bulgarischen Offensive und
Expansion nach allen Seiten. Krum verleibte die Osthälfte des zerfallen-
den Awarenreiches, das nach der Vernichtung durch Karl den Großen
herrenloses Gebiet darstellte, seinem Reiche ein, das dadurch sich nun-
mehr auch über das heutige Rumänien und Ostungarn erstreckte. Dann
ging er an den Kampf gegen Ostrom. Im Jahre 809 eroberte er Serdika
(das heutige Sofia), den wichtigsten noch in oströmischer Hand verblie-
Christianisierung der Bulgaren 123

benen Waffenplatz im balkanischen Binnenland. Damit war für die


Bulgaren auch der Weg nach Mazedonien frei. Bei seiner Eroberungs-
politik arbeitete Krum nicht nur mit militärischen, sondern auch mit poli-
tischen Mitteln. Offensichtlich war es die Absicht dieses noch von allen
barbarischen Gewaltinstinkten erfüllten Eroberers, Ostrom und das
Griechentum nicht nur militärisch zu besiegen, sondern auch politisch
völlig zu vernichten. Dem dienten auch die umfangreichen Zwangs Um-
siedlungen griechischer Bevölkerung in andere Landschaften. Im Jahre 813
versuchte Krum sogar den Angriff auf die Reichshauptstadt Konstanti-
nopel. Er scheiterte an den uneinnehmbaren Mauern dieser Riesenfestung.
Zur Wiederholung des Angriffes unternahm Krum gewaltige Rüstungen.
Aber schon im folgenden Jahre (814) starb er mitten unter diesen Vor-
bereitungen.
Die entscheidende Auseinandersetzung mit Ostrom war also wiederum
vertagt, sie blieb noch auszutragen. Diese Auseinandersetzung war eine
um so drängendere Notwendigkeit, als durch das Eindringen des grie-
chischen Christentums in die slawische Unterschicht des bulgarischen
Reiches das Verhältnis zu Ostrom auch eine innenpolitische Frage zu
werden drahte. Die Verquickung von Griechentum und Christentum war
im Umkreis des oströmischen Reiches so eng, daß die christliche Partei
in Bulgarien zwangsläufig ihre Augen und Herzen nach der „gottbehüte-
ten" Kaiserstadt Konstantinopel wandte. Die „Christenverfolgungen" in
Bulgarien, von denen die damalige byzantinische Geschichtsschreibung
berichtet, weisen jedenfalls darauf hin, daß die Ausbreitung des Christen-
tums für den bulgarischen Staat eine innere Gefahr bedeutete — wenn er
in bewußter Ablehnimg des Christentums verharrte.

Im Jahre 865 gelangte das Christentum auch bei den Bulgaren zum
Stege. Der Chan Boris (Bogoris) ließ sich taufen. Nach anfänglichem
Schwanken schloß er sich nicht der lateinischen Westkirche, sondern der
griechischen Ostkirche an. Damit vollzog er zugleich die geistige Einord-
nung Bulgariens in den byzantinischen Kulturkreis. Um auch nach außen
hin sichtbar zu machen, daß nun ein neues Zeitalter in der bulgarischen
Geschichte begann, legte Boris, der in der Taufe den Namen Michael
erhalten hatte, den heidnisch-bulgarischen Herrschertitel „Chan" ab und
nahm den christlichen Herrschertitel „Zar" an. Zugleich baute er als
124 Entstehung einer christlich-bulgarischen Kultur

Mittelpunkt des christlichen Bulgarenreiches eine neue großartige Haupt-


stadt: Preslav (in Nordostbulgarien).
Die Bulgaren haben als erstes slawisches Volk das byzantinische
Christentum angenommen. Das gab ihnen auf Jahrhunderte hinaus einen
geistigen Vorsprung vor den übrigen slawischen Völkern des byzantini-
schen Kulturkreises. Dazu kam die Tatsache, daß die altbulgarisdie
Sprache durch die Übersetzertätigkeit der beiden „Slawenapostel" Kyrill
und Method zur gesamtslawischen Kirchen- und Literatursprache erhoben
wurde (das „Kirchenslawische"). Auf diesem Umwege über die kirchen-
slawische Sprache sind alle anderen slawischen Völker des orthodoxen
Osteuropa auf Jahrhunderte hinaus unter bulgarischen Einfluß geraten,
der so stark wirkte, daß sogar die byzantinischen Einflüsse zum größten
Teile nur über bulgarische Vermittlung den Weg zu den anderen Völkern
fanden.
Bei der Entstehung einer eigenen altbulgarischen Literatur ist der
byzantinische Einfluß zunächst durchaus vorherrschend gewesen. Die
altbulgarische Literatur war eine ästhetisch nicht sehr hochstehende Über-
setzungsliteratur biblischen und erbaulichen Charakters. Subjektive
Freiheit und arteigene Ursprünglichkeit fehlten durchaus. Aber diese
Tatsache stellte in dem literarischen Empfinden jener Zeit durchaus keinen
Mangel dar.
Mit der Entwicklung der Literatur ging die Blüte der Kunst Hand in
Hand. In den Hauptstädten Preslav und Ochrid entstanden prachtvolle
Paläste und Kirchen. Auch auf künstlerischem Gebiete blieb der byzan-
tinische Einfluß für die kommenden Jahrhunderte herrschend. Ebenso
übermächtig war das byzantinische Vorbild auf dem Gebiete des politi-
schen Denkens. Die Bulgaren sind für immer in seinen Bann geraten. In
der Auffassung des byzantinischen Mittelalters galt der Kaiser, der in der
Idee immer den Anspruch auf die Liniversalherrschaft erhob, als Nach-
folger Christi, als „irdischer Christus" und damit als Stellvertreter Gottes
auf Erden. Dieser sakrale Nimbus, der in Ostrom den Herrscher umgab
und durch das prunkvolle Zeremonienwesen besonders unterstrichen
wurde, hat alle Nachbarvölker geblendet und gelockt. Am stärksten die
Bulgaren. Zar Symeon d. Gr. (893—927), der bedeutendste unter den
altbulgarischen Herrschern, hat im Laufe einer langen Regierung unnach-
giebig und mit allen Mitteln versucht, den byzantinischen Kaisertitel und
dadurch den Anspruch auf die Weltherrschaft zu erringen. Durch Feld-
züge gegen Konstantinopel wollte er die Zustimmung der verfassungs-
Untergang des bulgarischen Staates 125

mäßigen Faktoren der Kaiserwahl — Senat, Heer und Volk — erzwingen.


Diese Kriegszüge scheiterten an den uneinnehmbaren Mauern der Kaiser-
stadt, so wie einst der Angriff Krums. Mit seinen immer wiederholten
Versuchen, den Kaisertitel zu erlangen, erinnert Symeon an die deutschen
Könige des Mittelalters, die mit ihrem bewaffneten Aufgebot immer
wieder nach Rom zogen, um die römische Kaiserkrone zu gewinnen. Mit
dem Tod dieses großen Zaren (927) war der bulgarische Versuch, Byzanz
zu vernichten und die Alleinherrschaft auf dem Balkan zu erringen, vorbei.
Symeons stolzer Traum, das Erbe Ostroms anzutreten, war ausgeträumt.
Seine Nachfolger beschieden sich mit der Idee eines bulgarischen Zar-
tums.
*

Nach Symeon wurde Bulgarien völlig in die Verteidigung gedrängt.


Diese Zeit der Abwehr leitete bald über zu Verfall und Untergang.
Mehrere fähige Soldatenkaiser erneuerten in dieser Zeit die alte Macht-
stellung des byzantinischen Reiches: Nikephoros II. Phokas (963—969),
Joannes I.Tzämiskes (969—976), Basileios II. (976—1025). Dieser erneute
Aufstieg des oströmischen Reiches bedeutete den Untergang Bulgariens.
Im Jahre 972 erlag Ostbulgarien dem byzantinischen Angriff. Es wurde
byzantinische Provinz. Der verbleibende westbulgarische Reststaat mit
der Hauptstadt Ochrid behauptete sich noch fast ein halbes Jahrhundert
lang. Der letzte Verteidigungskrieg unter Zar Samuel wurde von beiden
Seiten mit furchtbarer Grausamkeit geführt. In diesem Volkskrieg brach
die jahrhundertealte Erbfeindschaft der beiden Völker in grenzenloser
Wildheit auf. Basileios II. hat unter Strömen von Blut den bulgarischen
Widerstand niedergeworfen. Ein oströmischer Geschichtsschreiber, an
dessen Glaubwürdigkeit kein Zweifel besteht, erzählt von jener grausigen
Rache, die der Kaiser über bulgarische Gefangene verhängte. Nach der
Schlacht bei Kljutsch (1014) waren 15000 Bulgaren in oströmische Ge-
fangenschaft geraten. Der Kaiser ließ diese Gefangenen blenden und
schickte sie an den Zaren zurück, jede blinde Hundertschaft geführt von
einem Einäugigen. Als Zar Samuel diesen Zug des Grauens kommen
sah, wie diese Armee von Blinden dahermarschierte in Reih und Glied,
da wurde er von Herzkrämpfen befallen und starb bald darauf.
Im Jahre 1018 fiel auch die bulgarische Hauptstadt Ochrid in die Hand
der Oströmer. Nach jahrelangen blutigen Feldzügen war das bulgarische
Reich ausgelöscht. Kaiser Basileios II. unternahm einen Zug nach Athen,
126 Bulgarien als oströmische Provinz

um dort in der Muttergottes-Kathedrale des Parthenon in feierlicher Weise


Gott Dank zu sagen. Danach hielt er — im folgenden Jahre (1019) —
seinen triumphalen Einzug in die Kaiserstadt Konstantinopel. Im Triumph-
zug des Siegers wurden die Verwandten des letzten bulgarischen Zaren
mitgeführt. Basileios wurde seitdem von den oströmischen Geschichts-
schreibern mit dem Beinamen „Bulgaroktonos", das heißt „Bulgaren-
scKlächter", gefeiert.
So war nach einer ruhmvollen Geschichte das I. Bulgarische Reich in
einem Strom von Blut und Tränen untergegangen. Die düsteren Erinne-
rungen an den griechisch-bulgarischen Vernichtungskrieg blieben als
blutige Sdiatten der Vergangenheit dem politischen Bewußtsein der beiden
Völker eingeprägt, sie standen und stehen bis zum heutigen Tage trennend
zwischen beiden Völkern.
Basileios II. machte Bulgarien zur oströmischen Provinz. Mit Härte,
aber auch mit weitschauender Klugheit gab er dem Lande eine neue
politische Form, die unnötige Reibungen vermied. Seine Nachfolger
waren politisch weniger geschickt. Eine Kette von bulgarischen Aufständen
im 11. und 12. Jahrhundert ist ein Beweis dafür, daß die Bulgaren sich mit
der byzantinischen Herrschaft nicht auf die Dauer abgefunden haben.
127

Böhmen
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Gebietsverhältnisse um 1025
ra^ , Slawen

Karte 8
Xapitel S

Die altbairische Südostkolonisation und die G r o ß m a c h t -


s t e l l u n g des K a r o l i n g e r r e i c h e s im D o n a u r a u m

Die Erweiterung des Siedlungsraumes eines Volkes kann in einer zwie-


fachen Weise geschehen: durch Landnahme oder durch Kolonisation. Eine
Landnahme liegt dann vor, wenn ein ganzes Volk, eine ganze Völker-
schaft oder ein ganzer Stamm sich auf die Wanderschaft begibt und —
gewöhnlich durch Waffengewalt — ein neues Land besetzt. Das Wesent-
liche bei diesem Vorgang ist die einmalige Übersiedlung einer geschlosse-
nen Bevölkerung in eine neue Heimat. Eine solche Landnahme war die
Niederlassung der germanischen Stämme der Völkerwanderungszeit auf
römischem Reichsboden oder die Besetzung Südosteuropas durch die
Slawen an der Wende des 6. und 7. Jahrhunderts. Eine Kolonisation
hingegen ist eine allmähliche, im wesentlichen friedliche Besiedlung infolge
der Einwanderung vieler einzelner Siedler und Siedlergruppen, eine
langsame Durchdringung eines Gebietes mit neuen Siedlern. Ein solcher
unmerklich langsamer friedlicher Besiedlungs- und Durchdringungsvor-
gang war auch die deutsche Ostkolonisation des Mittelalters—die Helden-
chronik des unbekannten deutschen Bauern und Bürgers.
Die deutsche Ostkolonisation als Ganzes bietet das Bild eines ständigen
Vordrängens und Vorquellens deutschen Volkstums nach dem Osten. Das
7. Jahrhundert hatte mit dem Abschluß der slawischen Landnahme das
weiteste Vordringen der Slawen nach dem Westen und damit die weiteste
Zurückdrängung des deutschen Volkstums gebracht. Nach dem Stillstand
der slawischen Ausbreitung, die in die Mitte des 7. Jahrhunderts fällt,
setzte dann schon bald eine deutsche Gegenbewegung nach Osten ein,
die mit verschiedenen großen Vorstößen und kleineren Rückschlägen
eigentlich bis in das 19. Jahrhundert gedauert hat. Es begann ein unmerk-
liches, lautloses Ringen der beiden Volkstümer.
Die deutsche Ostkolonisation hat sich in drei gewaltigen Vorstößen
abgespielt, die wie mächtige Flutwellen weit in den fremden Volkstums-
raum vordrangen, um dann nach einiger Zeit abzuebben und ein Stüde
zurückzuweichen. Jedem Vorstoß folgte ein sdiwädierer Rückschlag. Der
erste Vorstoß war die altbairische Stammeskolonisation der Karolinger-
Ebbe und Flut der deutschen Ostkolonisation 129

zeit, die im 8. und 9. Jahrhundert das Gebiet der Ostalpen und einen
Teil Westungarns erfaßte. Der Einbruch eines neuen Reiternomaden-
volkes, der Madjaren, zu Ende des 9. Jahrhunderts, hat dann das Fort-
schreiten dieser Kolonisation jäh unterbrochen und ihre Außenposten
vernichtet. Die Madjarengefahr mußte erst beseitigt werden, bevor die
Ostkolonisation wieder aufgenommen werden konnte. Dies geschah durch
die Christianisierung Ungarns. So sehen wir denn, wie nach der Annahme
des Christentums durch den ungarischen König Stephan d. Hl. sofort
wieder ein Vorfluten des Deutschtums nach Osten einsetzt. Damit be-
gann im Rahmen der großen abendländischen Ostbewegung der zweite
und größte Vorstoß: die Ostkolonisation des Hochmittelalters. Bereits
im 11. Jahrhundert setzte sie in Ungarn mit verhältnismäßig schwachem
Zuzug deutscher Ritter und Dienstmannen ein, griff im 12. Jahrhundert
auf die Sudetenländer und auf Nordostdeutschland über und steigerte
sich zu planmäßiger Städtegründung und Bauernsiedlung. Der Menschen-
zustrom deutscher Siedler dauerte bis etwa in die Mitte des 14. Jahr-
hunderts an, dann stockte er und versiegte bald völlig. Und es setzte ein
ungeheurer Rückschlag ein. Die jungen Völker des Ostens und Süd-
ostens, deren nationales Selbstbewußtsein durch die Auseinandersetzungen
zwischen Reformation und Gegenreformation mächtig gesteigert wurde,
nahmen Front gegen das Deutschtum und drängten es an vielen Stellen
ein bedeutendes Stück zurück. Den dritten großen Vorstoß brachte dann
das 18. Jahrhundert. Die beiden absolutistischen Staaten Österreich und
Preußen trieben zur wirtschaftlichen Erschließung ihrer neugewonnenen
Provinzen in Ungarn bzw. in Posen und Westpreußen eine planmäßige
Siedlungspolitik. Dieser Vorstoß dauerte bis in die Mitte des 19. Jahr-
hunderts. Dann begann ein schwerer Rückschlag. Der neuerwachte Natio-
nalismus der jungen Völker zog vielerorts die deutsche Bildungsschicht
der deutschen Siedlungsinseln zu sich hinüber, am stärksten in Ungarn.
Dies ist das Gesamtbild der Ostkolonisation in ihren drei Entwicklungs-
abschnitten. Dem deutschen Volkstumsraum hat diese Siedlungsbewegung
eine gewaltige Erweiterung gebracht. Zwei Fünftel des deutschen Volks-
tumsbodens, wie er bis zum Vorabend des 2. Weltkrieges bestand, sind
erst durch die friedliche Kulturarbeit des deutschen Bauern und Bürgers
im Verlaufe der Ostkolonisation gewonnen worden. So erscheint einer
rückschauenden Betrachtung die deutsche Ostkolonisation als die größte
und bleibendste abendländische Leistung des deutschen Volkes.
An dieser kolonisatorischen Großtat der deutschen Geschichte haben
9 Stadtmüller, Geschichte Südosteuropas
130 Altbairische Starrrmeskolonisation

alle deutschen Stämme mitgewirkt. Die Südostkolonisation der Karo-


lingerzeit ist getragen von der überquellenden Volkskraft des bairisdien
Stammes, an der Ostkolonisation des Hochmittelalters sind Baiern,
Franken und Niedersadisen gleichmäßig beteiligt. An der staatlichen
Kolonisation des 18. Jahrhunderts haben vor allem die Schwaben und
Franken Anteil.
Damit eine große Kolonisationsbewegung Zustandekommen soll,
müssen verschiedene Voraussetzungen gegeben sein. Zum ersten müssen
Kolonisten vorhanden sein: Leute, die gewillt und entschlossen sind, das
W agnis einer Auswanderung in das Kolonialland und die überaus harte
Arbeit der ersten Jahre mit ihren unvermeidlichen Enttäuschungen und
Rückschlägen auf sich zu nehmen. Sie werden für dieses mutige Wagnis
nur zu gewinnen sein, wenn ihnen auf dem Kolonialland bessere Lebens-
bedingungen geboten werden als in der alten Heimat. Der Zuzug von
Kolonisten muß irgendwie angelockt und organisiert sein. Und vor allem
bedarf ihre Ansiedlung einer überlegten Planung und Führung. Diese
Planung lag überwiegend bei den kleinen Grundherrschaften. Ihre aus-
führenden Beamten oder Agenten waren besondere Kolonisationsunter-
nehmer, die „Lokatoren", denen es oblag, die Kolonisten anzuwerben
und anzusiedeln. Zum dritten aber war der Schutz einer politischen Macht
für die ungestörte Entwicklung der Siedlungsbewegung erforderlich. Dies
war in späterer Zeit weniger die Gewalt des deutschen Reiches, als viel-
mehr die Gewalt der einzelnen Landesfürstentümer, die die Kolonisten
unter ihren Schutz nahmen und mit einer bevorzugten Rechtsstellung aus-
statteten.
*

Der erste Vorstoß der deutschen Ostkolonisation setzte in der Karo-


lingerzeit im Südosten ein: die altbairische Stammeskolonisation der
Karolingerzeit. Träger dieser Südostkolonisation waren die (Überschüssige
Volkstumskraft des bairisdien Stammes, die bairische Kirche und die
karolingische Reichsgewalt. Dazu kamen in späterer Zeit die weltlichen
Grundherrschaften.
Die Baiern (Bajuwaren) sind wahrscheinlich die ehemaligen Marko-
mannen, die während der römisdien Kaiserzeit und bis in das 5. Jahr-
hundert in Böhmen saßen. Dann verließen sie bei der allgemeinen Ab-
wanderung der Germanenstämme nach Westen ihre böhmische Heimat
und zogen nach Baiern. Um 530, also während der ostgotisdien Vor-
herrschaft und etwa zur Zeit des Unterganges des Herulerreiches,
Bairisdie Wesensart 131

scheinen sie den Grenzstrich längs der Donau von Regensburg bis zum
Wienerwald besetzt zu haben. Die Fortdauer römischer Städte und
Kastelle, wenigstens zwischen Passau und Lorch, spricht dafür, daß diese
bajuwarische Landnahme nicht gewaltsam erfolgt ist. Wahrscheinlich
wurden die Bajuwaren in friedlicher Weise aufgenommen und als
loederati zur Verteidigung des übernommenen Grenzstriches verpflichtet.
Das damalige Siedlungsgebiet hat die fruchtbare oberbairische Hochfläche
zwischen Donau und Alpen umfaßt. Nach Westen scheint der bajuwa-
rische Siedlungsboden nicht viel über den Starnberger See hinausgereicht
zu haben. Nördlich der Donau gehörte zum bajuwarischen Stammes-
gebiet später noch der sogenannte Nordgau, der das Gebiet zwischen
Donau, Bairisdiem Wald und der Linie Regensburg—Nürnberg umfaßte.
Schon im 6. Jahrhundert begannen die Bajuwaren ihren Lebensraum
mächtig auszudehnen, und zwar nach Süden und Osten; innerhalb von
drei Jahrhunderten haben sie langsam in friedlichem Vordringen das
ganze Gebiet der Ostalpen, also das heutige Österreich, besetzt, ein Ge-
biet, das etwa viermal so groß ist wie der ursprüngliche Siedlungsraum
im Alpenvorland. Es ist dies fürwahr eine gewaltige Leistung, nur zu
erklären aus einer besonderen kolonisatorischen Kraft dieses Stammes.
Der bairisdie Stamm zeigt eine stark ausgeprägte Eigenart, unter den
deutschen Stämmen unserer Gegenwart wohl die stärkste. Die Hauptzüge
dieses Stammescharakters weisen die Baiern als einen ausgesprochen
bäuerlichen Stamm aus. Zähes Festhalten am guten Alten, eine starke
innere Ausgeglichenheit, eine starke Lebensbejahung, die den großen
Reichtum an Volksfesten und festlichen Volksbräuchen geschaffen hat,
vor allem aber eine starke Liebe zum heimatlichen Boden. Dort liegen
die Wurzeln seiner Kraft und seines geruhsamen Glückes. Dort lebt
dieser Stamm noch heute, zähe am ererbten Boden haftend. Dort in dem
engen heimatlichen Lebenskreis, lebt er zufrieden. Mehr will er nicht.
Dem bairischen Stamme fehlt das starke äußere Geltungs- und Macht-
bedürfnis, das anderen Stämmen eigen ist; er lebt in seiner eigenen
inneren Welt. Das Stadtleben liebt er überhaupt nicht. Das Städtewesen
war auf bairischem Stammesgebiet immer geringer entwickelt als in den
anderen deutschen Landschaften. Und noch heute zeigt der Stil des
städtischen Lebens dort ein merkwürdig bäuerliches Gepräge. Die
Kraft des bairischen Bauernstammes beruht in etwas anderem: in der
zähen Beharrlichkeit, mit der er alles Ererbte festhält: den heimatlichen
Boden, den heimischen Brauch, die heimische Mundart; in dieser Zähig-
132 Bairische Kirche

keit und Beharrlichkeit kommt ihm kein anderer Stamm gleich. Die
fremden Einflüsse gleiten wirkungslos ab. Der Ausstrahlung der bairischen
Eigenart aber kann sich auf die Dauer niemand, der längere Zeit damit
in Berührung kommt, entziehen.
Die Siedlungsausbreitung des bairischen Stammes zeigt ganz die ent-
sprechenden Züge. Es ist ein friedlicher — man möchte fast sagen: un-
politischer — Vorgang. Es hat sich hier nicht der scharfe Gegensatz
zwischen dem deutschen Herrn und der slawischen Unterschicht heraus-
gebildet, wie er in dem nordostdeutschen Kolonialgebiet vorliegt. Der
bairische Kolonist trat dem slawischen Altsiedler nicht als Herr, sondern
als Erzieher gegenüber. Dazu kam noch ein anderes: der bairische Kolo-
nist hat wenig Städte gegründet, während im nordostdeutschen Kolonial-
gebiet die deutschen Städte bekanntlich die Stützen und Mittelpunkte
der ganzen Kolonisationsbewegung wurden.
*

Der zweite Träger der großen bairischen Südostkolonisation war die


bairische Xirdbe, die einen gewaltigen Einfluß auf die Eindeutschung des
Ostalpengebietes ausübte. W o , wann und wie die Baiern Christen wurden,
wissen wir nicht. Vielleicht hat die arianische Missionspolitik, die von
den zu Ende des 4. Jahrhunderts auf dem Balkan sitzenden Ostgoten
ausging, im 5. Jahrhundert bereits die Sudetenländer erreicht und hier
noch die Markomannen vor ihrem Abzug aus Böhmen christianisiert. Die
spätere Zugehörigkeit zur katholischen Kirche geht wahrscheinlich auf den
Einfluß der romanischen Bevölkerungsreste an der Donau zurück. Aber
erst im 7, Jahrhundert erblühte reges kirchliches Leben infolge der Tätig-
keit der Wanderbischöfe wie Emmeram, Rupert und Korbinian, die als
Gründer der späteren Bistümer Regensburg, Salzburg und Freising
gelten. Seit dem 8. Jahrhundert gründeten Wandermönche verschiedene
Klöster zunächst als einzelne Zellen im Waldland. So entstanden am
Nord- und Südrand der altbairisdien Siedlungslandschaft eine Reihe von
Rodeklöstern: im Süden Wessobrunn, Benediktbeuern, Schlehdorf, Tegern-
see, Schliersee, Chiemsee; im Norden vor allem das ehrwürdige Nieder-
altaich und Metten. Alle diese Klöster sind von den Söhnen des hl. Be-
nedikt zunächst auf Ödland angelegt worden. St. Wolfgang am Abersee
lag noch im 10. Jahrhundert in der Einöde. Andere Klöster lagen noch in
späteren Jahrhunderten hart am Rande mächtiger Waldungen.
Die Missionierung ging im 8. Jahrhundert von den Klöstern aus. Auch
Missionstätigkeit der Klöster und Bistümer 133

Herzog Tassilo III. ( 7 4 8 — 7 8 8 ) gründete systematisch Klöster zur


Slawenbekehrung; so in Innichen, von wo aus das Gebiet des mittleren
Pustertales, und in Kremsmünster, von wo die T ä l e r der Krems und
Steyr missioniert wurden. In dem ferner liegenden karantanisdien Gebiet
ist dieses System der Missionierung durch Zellenklöster nicht mehr zur
vollen Entfaltung gekommen. Führend war hier das Bistum Freising,
welches das von Tassilo III. gegründete Kloster Innichen erwarb und in
Kärnten drei neue kirchliche Mittelpunkte schuf: St. Peter im Holz bei
Spittal an der Drau, Maria W ö r t h am W ö r t h e r See und St. Maximilian
bei Völkermarkt.
Diese klösterliche Organisation der Missionierung scheint bis zum
T o d e Karls des Großen vorherrschend gewesen zu sein. Daneben trat
dann die Missionsarbeit der Bistümer. Herzog Tassilo III. und nach ihm
die karolingischen Könige haben sie durch Übergabe der auf slawischem
Fürstengut gegründeten Eigenkirchen gefördert. V o n großer Bedeutung
war vor allem die Wirksamkeit des salzburgischen Weihbistums in
Maria Saal, das nicht nur die karantanisdie, sondern auch die pannonische
Mission und Salzburgs niederösterreichische Kirchen, aber nicht Ober-
kärnten und das Ametal betreuten. Seit etwa 8 4 0 griff die Missionstätig-
keit des Erzbistums Salzburg auch auf das heutige Ungarn über. In der
dortigen Fürstenresidenz Moosburg (Zalavär) wurde als Missionsmittel-
punkt das Kloster des hl. Adrianus gegründet.
W ä h r e n d wir über die Wirksamkeit Freisings und Salzburgs klar
sehen, bleibt der Anteil Passaus an der Missionsarbeit im Dunkel. Es
war das einzige bairische Bistum, das nicht auf klösterlicher Grundlage,
sondern wahrscheinlich auf spätantiken Voraussetzungen entstand. In
die Mission griff Passau erst nach den Klöstern und nach Salzburg ein.
W i e stark der eindeutschende Einfluß der bairischen Mission gewesen
ist, zeigt die Tatsache, daß die deutsche Ostkolonisation es nicht ver-
mochte, über die Grenze der bairischen Kirchenprovinz hinaus in den
benachbarten italienischen Kirchensprengel von Aquileja einzudringen.
Die heutige deutsch-slowenische Sprachgrenze, die im wesentlichen dem
Oberlauf der Drau entlang zieht, entspricht ungefähr der alten Grenze
zwischen der bairischen Kirchenprovinz Salzburg und der italienischen
Kirchenprovinz Aquileja. Nur im Gailtal ist ein zum Patriarchat Aquileja
gehörendes Gebiet eingedeutscht, um das Kloster Arnoldstem und die
deutschen Märkte des Kanaltales sind größere deutsche Sprachinseln
entstanden. Entscheidend scheint in beiden Gebieten die verschiedene
134 Bairisdier Siedlungsvorstoß

Entwicklung während des 9. Jahrhunderts gewesen zu sein. Nachdem


Karl der Große durch einen Schiedsspruch von 811 die Grenze der beiden
Sprengel so abgegrenzt hatte, wurde in dem weiten Gebiet südlich der
Drau die Missionsarbeit von den Patriarchen von Aquileja durchgeführt.
Die bairische Kolonisation bis um 900 war im Gegensatz zu der Ost-
kolonisation des Hochmittelalters stets Dorfsiedlung auf gutem Adker-
boden. Nur im altbairischen Stammesgebiet hat man schon damals da
und dort den Siedlungsboden durch Waldrodung erweitert. Daß der
bairische Herzog im 8. Jahrhundert solche Rodungen befohlen hat, ist
möglich. In der Zeit nach dem Madjareneinfall ging dann Anordnung und
Planung der Rodungstätigkeit auf den Grundherrn über. In den Jahr-
hunderten, die mittlerweile vergangen waren, hatte sich der deutsche
Bauer bei der Rodung der binnendeutschen Waldgebiete die nötige Ar-
beitserfahrung erworben.

Nachdem der Höhepunkt der slawischen Westausbreitung überschritten


war, begann schon in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts ein germa-
nisches Vordringen nach Osten. Als um 630 die mit den Franken verbün-
deten Langobarden gegen Samo zogen, gliederten sie das Gailtal
(Kärnten) dem Langobardenreich an. In der 1. Hälfte des 7. Jahrhunderts
entstand in Kärnten ein Vasallenherzogtum mit langobardisdier Ver-
fassung. Noch ein Jahrhundert lang zahlten dort die Kärntner Slawen
(Slowenen) den Langobarden Tribute. Im letzten Viertel des 7. Jahr-
hunderts setzte dann ein großer Siedlungsvorstoß der Bajuwaren ein,
der bis zum Wienerwald vordrang und die schmale slawische Siedlungs-
zone, die wie eine Brücke den Siedlungsraum der späteren Tschechen im
Norden mit dem Siedlungsraum der Slowenen im Süden verband,
durchstieß.
In der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts machte sich das slawische
Herzogtum Karantanien (so benannt nach der damaligen Hauptstadt
Carantana — Karnburg) von den Langobarden unabhängig. Damals
scheinen die Slawen nochmals einen vorübergehenden Vorstoß gemacht
zu haben. Zu Anfang des 8. Jahrhunderts sind sowohl Julium Carnicum
(Zuglio) in Oberitalien als auch das um 700 gegründete Zellenkloster
Bischofshofen im Pongau wahrscheinlich von ihnen zerstört worden.
Dann aber setzte etwa im zweiten Viertel des 8. Jahrhunderts ein großer
Gegenstoß der Bajuwaren ein. Das Enns-, Liesing- und Paltental wurden
Eindeutschung Karantanierts 135

noch vor 750 den karantanischen Slawen entrissen und besiedelt. Be-
günstigt wurde das bairische Vordringen dadurch, daß die Karantanier
auf der anderen Seite sich gegen den starken awarischen Drude verteidi-
gen mußten. Um 750 wurde dieser Drude so stark, daß der karantanisdie
Herzog Boruth die Hilfe der Baiern anrief. Durch dieses Bündnis wurde
die Angliederung Karantaniens (also Kärnten, Obersteier ohne Ennstal,
Osttirol und Lungau) angebahnt und eingeleitet. Bis 772 herrschte noch
ein karantanisches Herzogsgeschlecht, dann verwalteten bairische Grafen
das Land.
Die Eindeutschung dieses Gebietes vollzog sich völlig friedlich, durch
die Kulturarbeit des bairischen Bauern im Bunde mit der Missionstätig-
keit der bairischen Kirche. Bairische und slawische Siedler saßen jahr-
hundertelang friedlich nebeneinander und durcheinander. Die damalige
bairische Siedlungsweise bestand darin, daß man einzelne Nester deut-
scher Dörfer mitten in der slawischen Umgebung gründete. Von hier aus
drang dann die Eindeutschung infolge der kulturellen Überlegenheit des
deutschen Volkstums in das slawische Gebiet vor. Dabei war es wichtig,
daß sich die Deutschen und die Slawen nicht als abgeschlossene Ober-
schicht und Unterschicht gegenüberstanden. In der Oberschicht überwogen
die Deutschen, in der Unterschicht die Slawen. Die Ansätze einer deut-
schen Unterschicht wurden sehr wichtig. Denn gerade diese bäuerliche
Unterschicht hat eindeutschend gewirkt.
*

Die Eingliederung des Herzogtums Baiern in das karolingische deutsche


Reich durch Karl den Großen (788) und die gleichzeitige Ausbreitung der
deutschen Reichsmacht bis an die Adria (Besetzung des byzantinischen
Istrien 788) brachte der bairischen Südostkolonisation nunmehr den
Rüdchalt an der mächtig gesteigerten Reidbsgewait. Zunächst ging es um
die Beseitigung der Awarengefahr, die das Haupthindernis für die Missio-
nierung und Durchdringung des Donauraumes war.
788 waren die Awaren als Verbündete des Baiemherzogs Tassilo gegen
Karl den Großen in Baiern erschienen. Und in demselben Jahre hatten
sie durch das ihnen wieder unterworfene Krain einen Zug nach Friaul,
also auf Reichsgebiet, gemacht. Um sie dafür zu züchtigen, unternahm
Karl der Große — der Eiserne Karl, wie ihn die Sage nennt — im Jahre 791
einen großen Feldzug nach Ungarn. Die Ringwälle der Awaren am Kamp
und bei St. Andrä wurden erstürmt, das Heer drang bis zur Raab vor.
136 Unterwerfung der Awaren

Die Jahre 795 und 796 brachten dann die völlige Unterwerfung der
Awaren. 795 vernichtete Herzog Erich von Friaul die awarisdie Madit
in Südungarn. Im Awarenreiche brachen innere Wirren aus, die Fürsten
wurden ermordet. Im folgenden Jahre zog Karls Sohn Pippin von Italien
aus siegreich nadi Ungarn, ließ sich von den Awaren huldigen und er-
beutete ihre Schätze. Wegen eines Vertragsbruches der Awaren mußte
er in dem darauffolgenden Jahr 797 nochmals nach Ungarn ziehen, um
die Verhältnisse zu ordnen. Das Ende der ehemals so gewaltigen Awaren-
madit war dann sehr kläglich. Die Slawen erhoben sich gegen ihre bis-
herigen Bedrücker. Das Reich mußte sie in Schutz nehmen. 803 wurde
das gesamte Westungarn bis in die Nähe des heutigen Belgrad als
„Pannonische Mark" dem Reich eingegliedert. Im Jahre 805 wurden die
Awarenreste als friedlicher Volkssplitter zwischen Carnuntum (Petronell)
und Sabaria (Steinamanger) in dem heutigen Burgenland angesiedelt.
Ihr Fürst (Chan) ließ sich taufen. Der Streit zwischen Awaren und
Slawen dauerte freilich noch eine Weile fort. Noch 826 hörte man davon.
Dann verschwinden die Awaren aus der Geschichte.
Durch diese Vernichtung des Awarenreidies und die Eingliederung
Westungams als „Pannonische Mark" in das Reidi wurde die deutsdie
Vormachtstellung im Donauraum begründet.

Die Awarenpolitik Karls des Großen war nur ein Teil seiner groß-
angelegten Ostmarkenpolitik. Die Grenzmark gegen die Awaren mußte
zuerst gesidiert werden, weil die awarisdie Gefahr am drohendsten war.
Dann ging Karl daran, auch die übrigen Abschnitte der Ostgrenze zu
ordnen. Ausgehend von der bairisdien Ostmark und der neuerworbenen
pannonischen Mark schritt seine Ostpolitik von Süden nadi Norden
fort. Zunächst kam Böhmen an die Reihe.
Nachdem Thüringen und Baiern dem Karolingerreiche eingegliedert
waren, und nachdem im Norden — unter viel Blut — die trotzigen Sadhsen
und die Elbslawen unterworfen waren, war Böhmen von drei Seiten her
von Reichsgebiet umgeben. Die kleinen böhmischen Stämme, in sich
uneinig, konnten der gewaltigen Macht Karls des Großen keinen ernst-
lichen Widerstand entgegensetzen. Wahrscheinlich wurde schon gegen
788 an der Westgrenze Böhmens der bairische Nordgau als Mark unter
dem Grafen Gerold eingerichtet. Als Karl der Große 791 zum erstenmal
gegen die Awaren zog, nahm das Nordheer aus Sachsen und Thüringen
Unterwerfung Böhmens 137

den geraden Weg mitten durdi Böhmen. Vielleicht haben die dortigen
Slawen also schon damals die deutsche Oberhoheit anerkannt; wenig
später gerieten audi die slawischen Stämme Mährens und das slowenisch-
kroatische Gebiet südlich davon unter Karls Oberherrschaft. So stand
ein Viertel des heutigen Südosteuropa unter deutscher Oberhoheit
Mähren, Westungam und der nordwestliche Balkan. Nur Böhmen fehlte
noch. Um es zu unterwerfen, unternahm Karl der Große im Jahre 805
mit drei Heersäulen einen konzentrischen Angriff. Die Slawen nahmen
den offenen Kampf nicht auf, sondern flüchteten in die Wälder. Daher
wurde die förmliche Unterwerfung des Landes nicht erreicht. Im folgen-
den Jahre (806) kam es zu einem neuen großen Angriff. Der Erfolg ist
unbekannt. Jedenfalls waren weitere Feldzüge nicht mehr notwendig.
Der Widerstand der Slawen war gebrochen. Sie galten seitdem nicht
mehr als gefährlich. Es wird dies ersichtlich aus einer kaiserlichen Ver-
fügung von 807 über das Sachsenaufgebot. Darin wird bestimmt, daß
für den Krieg gegen die Sorben das allgemeine Aufgebot zu ergehen
habe. Bei Unruhen in Böhmen aber brauche nur jeweils der dritte Mann
auszurücken, den die beiden andern ausrüsten müßten. Es kam aber in
der Folgezeit nicht zu solchen Unruhen. Böhmen blieb unterworfen.
Es wurde jedoch nicht Reichsland in dem üblichen Sinne. Fränkische
Verwaltung und Verfassung wurden nidit eingerichtet, sondern die
tschechischen Häuptlinge (duces, subreguli, reguli) verblieben in ihrer
Herrschaft. Sie hatten einen Jahrestribut zu zahlen und wurden von
einem benachbarten Reichsbeamten beaufsichtigt. Sie waren noch keine
Reidisfürsten. Nur gelegentlich erschienen sie bei Hofe. So ist uns über-
liefert, daß vor Kaiser Ludwig auf dem Reichstag zu Paderborn im
Jahre 815 und auf dem Reichstag zu Frankfurt im Jahre 822 „alle" Fürsten
der Slawen persönlich oder durch Gesandte erschienen, um zu huldigen,
Geschenke zu überbringen und die Befehle des deutschen Herrschers ent-
gegenzunehmen.
*

Die Gestalt Karls des Großen leitet ein neues Zeitalter ein. Er hat
durch seine gewaltigen Feldzüge die Großmachtstellung des Deutschen
Reiches im Donauraum begründet und zugleich durch die Eingliederung
Westungarns dem deutschen Siedler das Tor dorthin aufgestoßen. Der
Eindruck seiner gewaltigen Persönlichkeit, der Klang seines gefürchteten
Namens wirkte bei den Slawen so nach, daß der Name „Karl" zur Be-
zeichnung des Königs schlechthin wurde (kral, korol).
138 „Pannonisdie Made"

Die weiten neugewonnenen Gebiete konnten nur durch Missionierung


innerlich für das Reich gesichert werden. Dieser Missionierung wandte
Karl der Große daher auch alle seine Sorge zu. Nach der endgültigen
Unterwerfung der Awaren setzte er es bei dem Papste durch, daß das
Bistum Salzburg zum Erzbistum erhoben wurde (798). Es bildete nun-
mehr zusammen mit den ihm unterstellten bairischen Suffraganbistümem
eine selbständige bairische Kirchenprovinz.
*

Nach der Niederwerfung der Awaren durch Karl den Großen (791,
795/796) war das ganze Gebiet Westungams dem Reiche als „Panno-
nische Mark" lose eingegliedert worden. Ein deutscher Markgraf über-
nahm die Oberleitung des Landes. Aber neben ihm und unter ihm
herrschten slawische Fürsten weiterhin. Zu Ende der zwanziger Jahre
scheinen die Bulgaren auch einen Teil des Gebietes ihrer Herrschaft ein-
gegliedert zu haben. In den vierziger Jahren erhielt dann der Slawenfürst
Priwina von Neutra, der durch Moimir vertrieben worden war, nach
einem unsteten Flüchtlingsleben das ganze Land zwischen Raab und
Drau als reichsuntertäniges Fürstentum. Slawen müssen also dort noch
die Mehrheit der Bevölkerung gebildet haben. Großenteils hatten sie dort
schon unter der Awarenherrschaft als zinsbare Unterschicht gesessen.
Dann war nach der Vernichtung der Awarenherrschaft ein neuer Slawen-
zustrom in das Land gekommen, während gleichzeitig deutsche Siedler
das Gebiet westlich der Raab besetzten.
Das Land muß damals ganz dünn bevölkert gewesen sein. Die Zahl
der Awaren war so gering, daß sie schon 805 in ein kleines Gebiet in der
Nähe des späteren Neusiedler Sees verpflanzt werden konnten. Es scheint
sich um aussterbende Reste gehandelt zu haben, die damals in eine Art
„Reservation" eingewiesen wurden, um sie vor dem Drude der Slawen
zu schützen. Die Bevölkerungsleere Pannoniens wird auch von Einhard
bezeugt. In seiner Lebensbeschreibung Karls des Großen spricht er von
einem „menschenleeren Pannonien".
Priwina begann also von allen Seiten Siedler herbeizuholen, um sein
menschenarmes Fürstentum zu bevölkern. Diese Siedler waren teils
Slawen, teils Deutsche. Unter ihnen haben die Deutschen wohl wesent-
lich überwogen. Die Namen der Orte, an denen Kirchen gebaut wurden,
sind deutscher Herkunft.
Als Residenz ließ sich Fürst Priwina in einem Sumpf der Zala vor ihrer
Missionierung und Kolonisation in Pannoniai 139

Einmündung in den Plattensee eine Festung erbauen, die bald den Namen
Moosburg erhielt (wahrscheinlich unweit des heutigen Zalavär). In An-
lehnung an diese Burg entwickelte sich bald ein ansehnlicher Ort. Schon
nach einigen Jahren ließ Priwina deutsche Handwerker und Künstler aus
Salzburg berufen und von ihnen in Moosburg drei Kirchen erbauen
(Marien-, Hadrian- und Johanniskirche). Audi andernorts wurden da-
mals in dem Fürstentume Priwinas zahlreiche Kirchen erbaut, die den
Mittelpunkt deutscher Ansiedlungen bildeten. Demgegenüber erscheinen
nur drei Orte mit slawischen Namen: Dudleipa (bei Radkersburg), Ussitin
und Businiza, außerdem noch der antike Name Bettovia für Pettau
(Poetovio). Dieses Bild wird durch die Urkunden jener Zeit bestätigt.
Zahlenmäßig muß freilieft die slawische Bevölkerung jenes Gebietes
auch weiterhin mächtiger gewesen sein als die deutsche Kolonistenbevöl-
kerung. Anders ließe es sich gar nicht erklären, daß die zu Ende des
9. Jahrhunderts einwandernden Madjaren die ersten entscheidenden An-
regungen zur staatlichen und kulturellen Weiterentwicklung nicht von
den Deutschen, sondern von den dort seit der slawischen Landnahme
sitzenden Slawen erhalten haben.
Die deutsche Kolonisation in Priwinas Fürstentum war in erster Linie
das Werk der Geistlichkeit, die es auf Ansuchen des Fürsten übernommen
haben mag, die Siedler herbeizubringen. So wissen wir, daß der Erz-
bischof von Salzburg deutsche Handwerker sandte. Neben der Geistlich-
keit spielte der Adel und der große weltliche Grundbesitz damals noch
gar keine Rolle.
Die Siedlrungspolitäk wurde nach dem Tode Priwinas von seinem
Sohne Chezil (Kozel) fortgeführt. Durch das Erscheinen der sogenannten
„Slawenapostel" Kyrillos und Methodios am Hofe Chezils (867) wurde
aber die ganze Lage vollständig verändert. Unter ihrem Einfluß ging Chezil
daran, eine von Deutschland unabhängige Kirche zu errichten. Er erreichte
es sogar beim Papste, daß Methodios zum Erzbisdiof des neuerrichteten
pannonischen Kirchensprengels von Sirmium ernannt wurde. Damit war
die kirchliche Unabhängigkeit von Salzburg erreicht. Und mit der geist-
lichen Herrschaft der bairischen Kirche war zugleich auch der Fortgang
der deutschen Kolonisation in dem Lande jenseits der Raab schwer be-
droht. O b und wie sich die deutsche Siedlung in Chezils Fürstentum
weiter entwickelt hat, wissen wir nicht.
Diesseits der Raab war die deutsche Kolonisation stärker und nach-
haltiger. Dieses Gebiet zerfiel damals in zwei Grafschaften, deren Grenze
140 Entstehung des großmäihrisehen Reiches

etwa der Grenze der heutigen Komitate von Eisenburg und Odenburg
entsprochen haben mag. Hier hatte neben der Geistlichkeit auch der
höhere Adel einen beträchtlichen Anteil an der Besiedlung des Landes.
Es scheint, daß Karl der Große selbst schon Anordnungen über die plan-
mäßige Besiedlung getroffen hat. Wenigstens erzählt eine Urkunde
Ludwigs des Deutschen für Niederaltaich vom Jahre 863, Karl der Große
habe seinen (geistlichen) Untertanen die Erlaubnis gegeben, sich in
Pannonien Land anzueignen, was auch vielerorts geschehen sei.

Die Nachfolger des großen Karl vermochten es nicht, das von diesem
geschaffene politische W e r k zu behaupten. 819 brach im Südosten ein
gefährlicher Aufstand des kroatischen Fürsten Ljudevit aus, der erst nach
jahrelangen schwierigen Kämpfen niedergeschlagen werden konnte. Dann
wurde das Reich immer wieder mit den Bulgaren in Kämpfe um die
Grenzgebiete an der mittleren Donau verwickelt. In 'Böhmen lockerte sich
die deutsche Oberherrschaft bedenklidi. Als 8 4 0 der jüngere Ludwig auf
der Flucht vor seinem kaiserlichen Vater von Thüringen durch Böhmen
nadi Baiern zog, mußte er sich den Durchzug durch Geschenke an die
böhmischen Häuptlinge erkaufen.
Um das Jahr 8 4 0 aber vollzog sidi jene große Veränderung, wodurch
die Großmachtstellung des Deutschen Reiches im Donauraum schwer
erschüttert wurde. In Mähren bildete sich, ausgehend vom Gebiete der
March, ein neuer, mächtiger slawischer Staat, das großmährische Reich.
Moimir, einer der dortigen Häuptlinge, beseitigte alle übrigen und er-
richtete einen straffen Einheitsstaat. Das Deutsche Reich konnte infolge
der damaligen inneren Wirren nichts dagegen unternehmen. Man be-
gnügte sich damit, einen der vertriebenen mährischen Häuptlinge, den
schon genannten Priwina, der Christ geworden war, aufzunehmen und
zum Fürsten der reichsuntertänigen Slowenen Pannoniens zu machen.
Nach der Reichsteilung von Verdun ( 8 4 3 ) aber ging Ludwig der Deutsche
daran, das gesunkene Ansehen des Reiches im Osten wiederherzustellen.
8 4 5 kamen die böhmischen Häuptlinge nach Regensburg. 14 von ihnen
ließen sich dort taufen, was einer feierlichen Anerkennung der Reichs-
hoheit gleichkam. Im folgenden Jahre ( 8 4 6 ) wurde der mährische Fürst
Moimir beseitigt und sein Neffe Rastislav durch den deutschen König als
Nachfolger eingesetzt.
Kampf um Böhmen und Mähren 141

In den folgenden Jahren kam es zu Kämpfen mit den Böhmen. Auf


der Rückkehr durch Böhmen wurde König Ludwig überfallen und erlitt
schwere Verluste. 8 4 9 erlitten die Deutschen eine schwere Niederlage,
infolge deren es zu allgemeinen Unruhen der slawischen Grenzstämme
kam. 853 schüttelte der mährische Fürst Rastislav mit bulgarischer Unter-
stützung die Reichshoheit wieder ab. Die inneren Wirren hinderten das
Reich länger als ein Jahrzehnt, die Kräfte gegen den mährischen Staat
einzusetzen. Erst 8 6 9 war es möglich, die Mährer zu schlagen. Sofort
unterwarfen sich nun auch die Böhmen wieder. D e r Mäihrerfürst
Rastislav wurde 8 7 0 durch seinen Neffen Zwentibald (Svatopluk) an
König Karlmann ausgeliefert. Er wurde zum T o d e verurteilt, aber dann
zur Blendung begnadigt und in ein Kloster verwiesen. Im Jahre 871
schwenkte auch Zwentibald vom Reiche ab. D e r bairisdie Heerbann, der
in Mähren lag, wurde überfallen und bis auf wenige klägliche Reste ver-
nichtet. Gleichzeitig fielen die Tschechen wieder in das Reichsgebiet ein.
Nach manchen Kämpfen kam es dann 8 7 4 zu dem Friedensschluß von
Forchheim. Die Mährer und Böhmen erkannten die Reichshoheit an
und verpflichteten sich zu Tributzahlungen.
Zwentibald war in seiner Ausdehnungspolitik durch die äußere An-
erkennung der Reichshoheit nicht behindert. Er sicherte sich die Herr-
schaft über die gesamten Sudetenländer (mit Böhmen und Schlesien) und
über das mittlere Ungarn. Gleichzeitig gelang es ihm trotz des Wider-
spruches der bairischen Bistümer, in Anlehnung an die griechische Kirche
in Konstantinopel eine mährische Nationalkirche zu errichten. Die W i r k -
samkeit des griechischen Bischofs Methodios stieß jedoch auf erbitterten
Widerstand der bairischen Bischöfe. 8 7 0 wurde er sogar als Eindringling
in die bairische Kirchenprovinz zur Rechenschaft gezogen und ein-
gekerkert. Erst nach Jahren gelang es dem Papste, seine Freilassung
durchzusetzen. Nach dem T o d e des Methodios ( 8 8 5 ) kam es zu einem
großen kirchlichen Umschwung. Die bairische Kirche siegte auf der
ganzen Linie. Die slawische Liturgie wurde abgeschafft und die lateinische
Liturgie wieder eingeführt; die Schüler des Methodios wurden einge-
kerkert und dann aus dem Lande verwiesen.
Die Missionsarbeit in Mähren wurde von dem Erzbistum Salzburg
und dem Bistum Passau getragen, die Mission in dem benachbarten
Böhmen von dem Bistum Regensburg. In Böhmen war die Missionstätig-
keit der griechischen Missionare sicherlich ohne große Bedeutung ge-
wesen, wenn auch die alte Uberlieferung glaubwürdig zu sein scheint,
142 Ergebnis und Ende der bairischen Südostkolonisation

nach der ein böhmischer Herzog Borivoj und seine Gemahlin von
Methodios getauft wurden. Die Regensburger Kirche hat es in den
damaligen Streitigkeiten gar nicht für nötig gehalten, ihre Ansprüche
auf das böhmische Missionsgebiet zu verteidigen.
Der kraftvolle König Arnulf von Kärnten (887-899), der Onkel
Ludwigs des Deutschen, machte noch einmal den Versuch, die Ober-
hoheit des deutschen Königs über das großmährische Reich in der alten
Form wiederherzustellen. In schweren Kämpfen (892—894) wurde dieser
Versuch von Zwentibald abgewehrt. Nach Zwentibalds Tod (894) aber
zerfiel das großmährische Reich. Die untertänigen Randvölker fielen ab,
darunter schon im Jahre 895 auch die Stämme Böhmens. In demselben
Jahre erkannten diese auf dem Regensburger Reichstag auch die Ober-
hoheit des Deutschen Reiches wieder feierlich an. 897 und 900 kämpften
Baiem und Böhmen gemeinsam gegen die Mährer.

So stieg kurz vor dem Ausgang des 9. Jahrhunderts der deutsche Ein-
fluß im Donauraume wieder mächtig an. Die Gesamtleistung des deut-
schen Kolonisationswerkes stand eindrucksvoll da. Im Verlauf von zwei
Jahrhunderten war der Ostalpenraum eingedeutscht und der vorgelagerte
westungarische Raum mit deutschen Siedlungen überzogen worden. Das
gesamte Gebiet zwischen Wienerwald und Drau schien für immer
deutsches Bauernland zu werden. Nach der Vertreibung der Methodios-
Schüler (885) war auch ein kirchliches Erstarken des Slawentums aus-
geschlossen.
Da trat wenige Jahre später ein Ereignis ein, das alle bisherigen poli-
tischen und kulturellen Verhältnisse über den Haufen warf: der Einfall
eines neuen Reiternomadenvolkes aus dem Osten, der Madjaren. Sie
haben die Vormachtstellung des Deutschen Reiches im Donauraum end-
gültig vernichtet, das deutsche Kolonisationswerk in Westungarn zerstört
und die Fortsetzung der großartigen bairischen Südostkolonisation auf
mehr als anderthalb Jahrhunderte hinaus unmöglich gemacht.
Die deutsche Siedlung des 9. Jahrhunderts in dem ehemaligen awa-
rischen Westungarn hat nur zu einem geringen Teile den Madjaren-
einfall überlebt. Diese Reste deutscher Siedlung haben dann freilich
manches zu den Grundlagen von Kultur und Staat bei den Madjaren
beigetragen.
Ungarnpolitik und Missicmsgedanke 143

Bleibend war noch ein anderer Ertrag jenes Zeitalters. Die Züge Karls
des Großen gegen Awaren und Slawen leiteten eine neue Epoche in der
nationalpolitischen Entwicklung des Deutschen Reiches ein. Mit jenen
Feldzügen war in der deutschen Geschichte zum ersten Male eine plan-
mäßige Ostpolitik aufgetaucht. Sie stand ganz im Zeichen der Awaren-
und Slawengefahr. Ungarn war und blieb während des ganzen 9. und
10. Jahrhunderts der wichtigste Nachbarraum des Deutschen Reiches.
Die Politik des Reiches war vor allem Ungarnpolitik. Sie stand in unlös-
licher Verbindung mit dem Gedanken der christlichen Mission. An den
politischen, kolonisatorischen und missionarischen Aufgaben, die Karl
der Große im Osten und Südosten aufgegriffen hatte, entwickelte sich
zuerst ein über den einzelnen Stämmen stehendes gesamtdeutsches Be-
wußtsein, das bereits im Hochmittelalter lebendiger und stärker heran-
gewachsen war als das Sonderbewußtsein der einzelnen Stämme.
Kapitel 9

C h r i s t i a n i s i e r u n g und S t a a t e n g r ü n d u n g

Südosteuropa ist für die allgemeine Religionsgeschidite ein ebenso


schwieriges wie dankbares Forschungsgebiet. Die Schwierigkeit liegt in
der Vielfältigkeit der Quellen und Literatur sowie in der Vernachlässigung
durch die bisherige Forschung, die Bedeutung in der Möglichkeit, auf
diesem Boden, wo sich uralte Erscheinungen bis in die jüngste Ver-
gangenheit lebendig bewahrt haben, die Entwicklung sehr weit zurück-
zuverfolgen. Unter diesem letzteren Gesichtspunkt muß gerade der
dinarische Nordwestbalkan — vor allem Albanien und seine Nachbar-
landschaften — als ein einzigartig verheißungsvoller Boden bezeichnet
werden. Hier liegt der archimedische Punkt, von wo aus die religions-
geschichtlichen Forschungsaufgaben Südosteuropas am ehesten bewältigt
werden können. Dort sind die ältesten — vorslawischen und vorrömi-
schen — Schichten religiöser Vorstellungen und sozialer Formen noch am
klarsten erkennbar: illyrisch-thrakischer Volksglaube, griechischer Götter-
glaube, römische Reichsreligion, erste Christianisierung, slawischer Volks-
glaube, zweite Christianisierung von Osten und Westen her, Katholisie-
rung, Islamisierung, neugriechische, deutsche und italienische Einflüsse.
Die Vielzahl übereinanderliegender Schichten bietet der religionsgeschicht-
lichen Forschung ein einzigartiges Beobachtungsfeld.
*

Die Christianisierung Südosteuropas ist dadurch merkwürdig, daß sie


auf dem größten Teile dieses Raumes, nämlich auf dem gesamten Gebiet
südlich der Donau, zweimal erfolgt ist. Die Landschaften südlich der
Donau — für anderthalb Jahrhunderte (106—271) auch Siebenbürgen
(Dacia Trajana) — gehörten zum Römischen Reich und erlebten in den
vier ersten christlichen Jahrhunderten ihre allmähliche Christianisierung —
die erste Christianisierung, die der Romanisierung nachfolgte. Dann kamen
die Stürme der germanischen Völkerwanderung (4. bis 5. Jahrhundert)
und schließlich die Flut der slawischen Landnahme (um 600 n. Chr.) und
vernichteten das christlich gewordene Provinzialromanentum. Südost-
Erste Christianisierung 145

europa wurde erneut heidnisch. Erst nach Jahrhunderten ist es dann


wiederum christlich geworden — die zweite Christianisierung. Ein kleiner
Teilraum Südosteuropas hat sogar eine dreimalige Christianisierung er-
lebt: Westungarn. Als Provinz Pannonien ist es im Rahmen des Römischen
Reiches zum ersten Male christianisiert worden. In der germanischen
Völkerwanderung und in der awarisch-slawischen Landnahme ging
dieses Christentum wieder unter. Durch Karl den Großen wurde dann
Westungarn als Pannonische Mark dem Deutschen Reiche eingegliedert,
im Laufe des 9. Jahrhunderts großenteils mit bairischen Kolonisten be-
siedelt und christianisiert. Dann hat die madjarische Landnahme (895)
auch das Werk dieser zweiten Christianisierung großenteils vernichtet.
Im 10. und 11. Jahrhundert mußte Westungarn durch die dritte Christiani-
sierung nochmals und dieses Mal endgültig für das Christentum ge-
wonnen werden.
Die erste Christianisierung ist im Rahmen des Römischen Reiches und
im Gefolge der Romanisierung erfolgt. Die Wege, auf denen der neue
Glaube eindrang, sind die großen Verkehrsstraßen gewesen. Seine ersten
Bekenner gewann er in den Handelsstädten an der ägäischen, adriatisdi-
jonischen und pontischen Küste, dann auch in den Garnisonstädten an
der Donau. Solange das Christentum dabei noch im Kampfe mit dem
römischen Staat lag (1. bis 3. Jahrhundert), war die Zahl seiner Bekenner
auch in den Provinzen Südosteuropas ziemlich klein. Der Sieg des bisher
verfolgten Christentums unter Kaiser Konstantin und sein Aufstieg zur
Staatsreligion (4. Jahrhundert) haben dann den neuen Glauben auch in
Südosteuropa zum herrschenden gemacht. Die vorchristlichen Anschau-
ungen freilich behaupteten sich zähe und waren noch im 6. Jahrhundert
ziemlich stark.
Noch bevor diese erste Christianisierung lange genug gewirkt hatte,
um das Volkstum innerlich zu erfassen und umzuformen, wurde das
junge Christentum der Donauprovinzen durch die awarisdh-slawische
Landnahme (um 600) nahezu völlig vernichtet. Diese große Siedlungs-
ausbreitung der Slawen unter awarischer Führung, die gegen die Mitte
des 7. Jahrhunderts zum Abschluß kam, machte das gesamte Gebiet
Südosteuropas mit Ausnahme der wenigen und kleinen Küstenstriche,
die sich im Schutze der oströmischen Reichsflotte behaupten konnten,
slawisch. Dadurch wurde das Christentum im Binnenlande vernichtet.
Und es dauerte zwei volle Jahrhunderte, bis die abermalige Christiani-
sierung dieses Gebietes sichtbare Fortschritte machte.
10 Stadtmüller, Geschichte Südosteuropas
146 Zweite Christianisierung

Die Anfänge der zweiten Christianisierung gingen von den da und


dort im Lande verbliebenen Resten christlicher Bevölkerung aus. Von der
früheren germanischen, romanischen und griechischen Bevölkerung Süd-
osteuropas hatten nur trümmerhafte Reste den Sturm der awarisch-
slawischen Landnahme überdauert: die Germanen als vereinzelte Reste
in abgelegenen Berglandschaften (vor allem Krim, Siebenbürgen, Bosnien,
Dalmatien), die Romanen in den Städten an der Adria und in einzelnen
Städten im Binnenland, die Griechen an der Küste des Ägäisdken
und Schwarzen Meeres. Die Germanenreste, die nicht das katholische
sondern das arianische Christentum angenommen hatten, scheinen auf
die Christianisierung der Slawen keinen Einfluß ausgeübt zu haben. D a -
gegen 'haben die romanischen und griechischen Städte der Küstenland-
schaften die Slawen des Binnenlandes zuerst mit der neuen Religion
bekannt gemacht.
Diese Anfänge der zweiten Christianisierung sind uns nur in schatten-
haften Umrissen erkennbar. Die Entwicklung verlief zu langsam, zu un-
merklich, es fehlte an großen politischen Ereignissen im Zusammenhange
mit dieser geistigen Umwälzung. Daher bringen die zeitgenössischen
Geschichtsschreiber darüber auch nur gelegentliche Andeutungen. Sicher
ist, daß das Christentum im 7. und 8. Jahrhundert sich von den Rand-
gebieten aus nach dem Innern des großen binnenländischen Raumes
ausgedehnt hat. Am frühesten bei den Kroaten und Slowenen, wo zum
Teil Missionare aus den bairischen Bistümern, zum Teil italienische
Missionare aus der Kirchenprovinz Aquileja wirkten.

Die Entwicklung dieser zweiten Christianisierung ist nur im Rahmen


der allgemeinen politischen Geschichte verständlich. D e r Übergang zum
Christentum war für die damaligen nichtchristlichen Völker geradezu
eine politische und kulturelle Notwendigkeit, eine Forderung der politi-
schen Selbstbehauptung.
In der christlichen Völkerrechtsgemeinschaft der damaligen Zeit war
kein Platz für einen heidnischen Staat. Es war freilich nicht so, daß die
damaligen völkerrechtlichen Anschauungen ein heidnisches Volk oder
einen heidnischen Staat überhaupt als außerhalb des Völkerrechtes stehend
betrachtet hätten. Aber der heidnische Staat hatte neben oder mitten unter
den christlichen Nachbarstaaten eine schwierige Lage. Im Falle eines
Krieges mit dem deutschen oder oströmischen Reiche konnte er nur
Triebkräfte der Christianisierung 147

schwer auf die Bündnishilfe eines anderen Staates rechnen. Dagegen


konnte ein christlicher Staat leicht einen kirchlichen Rückhalt an Rom
oder Byzanz gewinnen.
Wohl noch schwerer wog damals die kulturelle Überlegenheit der
christlichen Völker. Diese waren die Erben der antiken Kultur, die nun
im Westen von der jugendlichen Kraft der Germanen übernommen, um-
geprägt und weiterentwickelt wurde. Die nichtchristlichen Völker —
Slawen und Madjaren — standen an äußerer Kultur ungleich tiefer.
Kulturelle Überlegenheit pflegt aber stets eine magnetische Anziehungs-
kraft auf den kulturell Unterlegenen auszustrahlen.
Alle diese Tatsachen und Erwägungen spielten in der Geschichte der
zweiten Christianisierung eine bedeutsame Rolle. Sicherlich gab es damals
Einzelmenschen, deren Hinwendung zu dem neuen Glauben nur auf
religiösen Beweggründen beruhte. Aber dies kann nicht von der An-
nahme des Christentums durch die breiten Volksmassen und erst recht
nicht von der folgenschweren Entscheidung gelten, die damalige Fürsten
und Staatsmänner mit dem offiziellen Übergang zum Christentum voll-
zogen. Bei der geschichtlichen Entscheidung für die Annahme des Christen-
tums spielten politische und kulturelle Gründe eine wichtige Rolle. Sie
mußten für einen Staatsmann jener Zeit tatsächlich zwingend sein. Die
Annahme des Christentums als Staatsreligion war eine schicksalhafte
Notwendigkeit, sie war in einer christlich gewordenen Umwelt die ein-
zige Möglichkeit politischer Selbstbehauptung.
Die Entwicklung der folgenden Jahrhunderte zeigt dies ganz klar.
Diejenigen Stämme und Völker, deren Fürsten rechtzeitig die neue Re-
ligion angenommen haben, konnten ihre staatliche Unabhängigkeit be-
haupten: Tschechen, Polen, Madjaren, Kroaten, Serben, Bulgaren. Jene
aber, die sich der Annahme des neuen Glaubens erbittert widersetzten,
wurden mit dem Schwert unterworfen und verschwanden schließlich
völlig: die elibslawischen (wendischen und sorbischen) Stämme zwischen
Elbe und Oder.
Jede Umwälzung von einem solchen Ausmaß wird nicht durch einen
einmaligen Umschwung verwirklicht, sie braucht einen langen Zeitraum.
Die Christianisierung, die das religiöse, politische und kulturelle Leben
umgestaltete, hat in Südosteuropa Jahrhunderte gebraucht. Die Jahr-
hunderte von 600 bis 1000 waren durch diesen unmerklich langsamen
Vorgang ausgefüllt. Er begann nach der Besetzung des ganzen Raumes
durch Awaren und Slawen mit der allmählichen Einwirkung des Christen-
10»
148 Wege der Christianisierung

tums durch die zurückgebliebenen Reste der früheren christlichen Bevöl-


kerung dieses Gebietes, also durch die Romanen und Griechen, die sich
in den Küstengebieten behauptet hatten. Von dort aus sickerte das
Christentum ganz allmählich in das slawisch-heidnische Binnenland ein.
Dabei haben christliche Kaufleute und Kriegsgefangene manches zur Ver-
breitung des Christentums beigetragen. In späterer Zeit kam dann noch
etwas anderes dazu: die Heiraten der Fürstenhäuser. Sich eine Gemahlin
aus den kulturell höher stehenden christlichen Nachbarländern — aus
Deutschland, Italien oder Byzanz — zu holen, galt als vornehm. O f t
waren solche Heiraten auch mit Bündnis- und Freundschaftsverträgen
verknüpft, also ausgesprochen politischer Art. Auf diesem Wege ist die
neue Lehre in die meisten Fürstenhäuser eingedrungen. Neigte aber
einmal das Fürstenhaus dem Christentum zu, so war die große Entschei-
dung schon gefallen. Der übertritt des Fürsten bedeutete überall zugleich
auch die Christianisierung des Landes und Volkes. Das Christentum
wurde Staatsreligion. Der persönliche Entschluß des Fürsten, wobei die
politischen und kulturellen Beweggründe am schwersten ins Gewicht ge-
fallen sein mögen, entschied den Sieg des Christentums.
*

Um die Christianisierung des Volkes durchzusetzen, haben sich die


kaum christlich gewordenen Fürsten vielfach recht handfester Mittel be-
dient. Und auch die Missionare arbeiteten mancherorts mit ähnlichen
Methoden. So erzählt die „Conversio Bagoariorum et Carantanorum", die
unsere Hauptquelle für die Missionsgeschichte der slowenischen Land-
schaften ist, folgende bezeichnende Geschichte von der Wirksamkeit
eines bairischen Missionars am Ende des 8. Jahrhunderts bei den Slo-
wenen: „Er rief die Knechte, die den Glauben angenommen hatten, zu
sich zu Tisch. Deren ungläubige Herren aber ließ er sich wie Hunde vor
der Türe niedersetzen und setzte ihnen Brot und Fleisch und dunkle
Gefäße mit Wein vor. Die Knechte aber ließ er aus vergoldeten Bechern
trinken. D a fragten ihn die ersteren, die vor der Türe sitzen mußten:
»Warum behandelst du uns so?« Er sagte: »Ihr mit euren unreinen
Leibern seid nicht würdig, mit denen Gemeinschaft zu haben, die durch
den heiligen Taufbrunnen wiedergeboren sind; sondern wie Hunde sollt
ihr außerhalb des Hauses die Nahrung zu euch nehmen.« Darauf ließen
diese sich schnell im heiligen Glauiben unterrichten und beeilten sich ge-
tauft zu werden. U n d so wuchs in der Folgezeit die christliche Religion."
Karl d. Gr. als Förderer der Mission 149

Die christliche Mission zögerte auch nicht, den Neubekehrten den


reichen Segen des Himmels schon für das Diesseits zuzusichern. So er-
mahnte Papst Johannes VIII. im Jahre 879 die Kroaten: „Seid nur
dessen eingedenk, wie hold das Glück euren Vorgängern war, solange
sie demütigen Herzens an die Schwelle des Himmelspförtners kamen,
welchen Gefahren ihr dagegen bis zur Stunde ausgesetzt seid, da ihr sie
wie Fremdlinge meidet."
Die einmal christlich gewordene Staatsführung hat die Christianisierung
nachhaltig und mitunter mit ziemlich gewaltsamen Mitteln unterstützt.
Diese Missionsweise kennen wir aus der Lebensbeschreibung des hl. Ger-
hard, der um 1030 in Südungarn missionierte. Als er in die Stadt Marosch-
burg (im Banat) kam, befahl der dortige Gespan (Gaugraf) Tschanad
dem Volke, jeder möge eilends in Maroschburg erscheinen, um sich von
dem „Manne Gottes" taufen zu lassen. „Da strömten nun zu ihm Vor-
nehme und Niedrige, Reiche und Arme zusammen und forderten, im
Namen der göttlichen Dreifaltigkeit getauft zu werden."
*

Auch in der Christianisierung Südosteuropas bildet die machtvolle


Südostpolitik Xaris des großen einen tiefen Entwicklungseinschnitt. In
der Zeit vor ihm hat die Christianisierung nur verhältnismäßig kleine
Randgebiete erfaßt. Einerseits von Baiern (Freising), andererseits von
Oberitalien (Aquileja) und Dalmatien aus drang das Ghristentum bei den
Slowenen (Karantaniern) und Kroaten ein. Der starke bairische Einfluß
auf das slowenische Herzogtum Karantanien führte um 750 zu einem
Bündnis, das die Angliederung Karantaniens an Baiern einleitete. Bis
772 bestand noch die alte karantanische Dynastie, von da an verwalteten
bairische Grafen das Land. Erst diese Eingliederung in das Reich hat die
volle Christianisierung ermöglicht. Ebenso war es bei den Kroaten. Sie
waren schon im 8. Jahrhundert in lebhafte Berührung mit dem Christen-
tum und der romanischen Kultur der dalmatinischen Städte gekommen.
Dann gerieten alle kroatischen Stämme unter die Herrschaft Karls des
Großen. Dadurch kam ihre Christianisierung erst zum Abschluß.
Nach der Unterwerfung der Awaren und Böhmen durch Karl den
Großen wurden die neugewonnenen Gebiete das Missionsfeld der
bairischen Bistümer Regensburg, Passau, Freising und Salzburg. Um dieser
großen Missionsarbeit, die geradezu als ein Anliegen der Reichspolitik
erschien, einen gewichtigen kirchenpolitischen Mittelpunkt zu geben, er-
150 Missionierung Böhmens

wirkte Karl der Große im Jahre 798 von Papst Leo III. die Erhebung des
schon 739 gegründeten Bistums Salzburg zum Erzbistum und damit die
Errichtung einer eigenen bairischen Kirchenprovinz.
Das folgende 9. Jahrhundert war die große Zeit der bairischen ^Mission,
die von dem altbairischen Stammesgebiet aus strahlenförmig in die um-
liegenden Slawenlande hinauswirkte. Das Hauptmissionsfeld des Bistums
Regensburg war das benachbarte Böhmen. Passau, das seine hochfliegen-
den kirchenpolitischen Bestrebungen durch Urkundenfälschungen zu
stützen suchte, wirkte nach Mähren und nach der westlichen Slowakei,
Salzburg betätigte sich vor allem in Westungarn und Freising missionierte
bei den Slowenen. Die Christianisierung der Slowenen in Karantanien
und in der Pannonischen Mark schritt rasch und ohne gewaltsame Aus-
einandersetzungen voran. Langsamer ging es bei den Sudetenslawen, den
Vorfahren der heutigen Tschechen. Erst 845 ließen sich in Regensburg
vierzehn slawische Häuptlinge taufen. Im Anschluß an die bairische Kirche
und das bairische Herzogtum vollzog sich auch der Aufstieg des premys-
lidischen Fürstenhauses in Prag, von dem dann die spätere Zusammen-
fassung Böhmens zum Einheitsstaate ausgehen sollte. Freilich wandte
sich gegen die mit der Mission zusammenhängende enge Anlehnung an
Baiern eine starke nationaltschechische Reaktion, die vor allem vom Adel
getragen war. Es kam zu dem Bruderstreit zwischen Wenzel und Boleslaus.
Der tschechische Fürst Wenzel, der heilige Wenzel, wie ihn die christliche
Geschichtsschreibung später benannte, hielt in seiner Politik ganz aus-
gesprochen an der bairischen Orientierung fest. Er war selbst von einem
Priester der Regensburger Kirche erzogen worden. Wenzels Bruder
Boleslaus aber war der Führer einer nationaltschechischen Gegenpartei,
die sich von dem bairischen Einfluß völlig loslösen wollte. Bereits 922
mußte der bairische Herzog Arnulf mit seinem Heerbann in Böhmen
erscheinen, um den jugendlichen Wenzel gegen diese mächtige Gegen-
partei zu schützen. Die innertschechischen Gegensätze dauerten jedoch
fort. Als ihr Opfer fiel im Jahre 929 Fürst Wenzel, ermordet von seinem
Bruder Boleslaus.

Die kirchliche Geschichtsschreibung der späteren Zeit gibt von diesen


Vorgängen und ihren Hintergründen ein recht einseitiges Bild: Wenzel
wird als der Heilige geschildert, dessen einziges Streben es ist, den
Glauben Gottes auszubreiten. Sein Bruder Boleslaus aber erscheint als
der Erzheide, der aus Haß gegen das Christentum den frommen Wenzel
ermordete. Die literarische Porträtmanier der mittelalterlichen Geschichts-
Kyrfllos und Meth odios 151

Schreibung hat auf ihn das Klischee des „ T y r a n n u s " , das heißt des
Christenverfolgers angewandt. In Wirklichkeit ging es bei dieser Ausein-
andersetzung zwischen d e n beiden fürstlichen Brüdern nicht so sehr um
eine religiöse als vielmehr um eine politische Entscheidung. Die Frage
hieß: Sollte man sich weiterhin mit der Unterordnung unter die tatsäch-
liche Oberhoheit des bairischen Herzogs zufrieden geben? Wenzel war
dazu bereit, Boleslaus nicht. D a ß es dabei gar nicht um einen Kampf f ü r
oder gegen das Christentum ging, zeigt ganz klar die spätere Entwicklung.
Auch Boleslaus begünstigte das Christentum. Sein Versuch, sich von dem
Deutschen Reiche völlig selbständig zu machen, scheiterte freilich gegen-
über der Macht Kaiser Ottos I. Immerhin wurde die enge Bindung an
Baiern beseitigt. Im Jahre 973 oder 974 wurde in Prag ein eigenes 'Bistum
errichtet und dieses nicht mehr entsprechend der bisherigen kirchlichen
Zugehörigkeit Böhmens zum Bistum Regensburg der bairischen Kirchen-
provinz Salzburg, sondern vielmehr der Kirchenprovinz Mainz ange-
gliedert. Dies war ein beträchtlicher Erfolg der böhmischen Eigenpolitik.
Denn der fränkische oder sächsische Einfluß konnte sich in Böhmen
niemals so stark auswirken wie der Einfluß des benachbarten Baiern.
Diese neue Lösung entsprach auch den Bestrebungen d a - sächsischen
Kaiserpolitik, die sich f ü r die Z u k u n f t gegen das im 10. Jahrhundert
mehrmals gefährlich gewordene Bündnis zwischen Baiern u n d Böhmen
sichern wollte. So wurde der karolingischen Unterordnung Böhmens
unter Baiern ein Ende gemacht.
W ä h r e n d die bairische Missionsarbeit in Böhmen zwar langsam, aber
ohne große Rückschläge voranschritt, verlief sie in Mähren u n d W e s t -
ungarn schneller, erlebte aber dann zwei schwere Rückschläge. U m 840
kam es zur Qründung des ¿¡roßmährisdhen Staates. Aus dem politischen
Nachbargegensatz zum Deutschen Reich wurde die bairische Mission bald
unterdrückt. M a n wandte sich nach Konstantinopel und bat um Missionare
der griechischen Kirche. Konstantinopel war fern, der byzantinische Ein-
fluß konnte also nicht leicht eine solche politische Gefahr werden wie der
deutsche Einfluß. Im Jahre 863 erschienen die beiden griechischen Mis-
sionare Kyrillos (Konstantinos) und Methodios in Mähren. Ihre W i r k -
samkeit war von großem Erfolge und hat ihnen im M u n d e der Nachwelt
den Beinamen der „Slawenapostel" eingetragen. Der deutsche Einfluß
wurde unterdrückt. Dagegen setzte sich die bairische Kirche in Verteidi-
gung ihrer bisherigen Stellung zur W e h r . Nach dem T o d e der beiden
„Slawenapostel" wurden ihre Schüler eingekerkert und des Landes ver-
152
153

Karte 1 O
154 Landnahme der Madjaren

wiesen. Der deutsche Einfluß auf kirchlichem, kulturellem und politischem


Gebiete wurde wiederhergestellt. Und die Missionsarbeit machte weitere
Fortschritte.
So hatte dieser kirchenpolitische Kampf zwischen der Ostkirche und
der Westkirche auf dem Boden Großmährens mit dem Siege der West-
kirche geendet. Dafür wurde die Ostkirche reichlich entschädigt durch
die Gewinnung Bulgariens, das sich iim Jahre 865, nachdem auch hier ein
wechselvoller kirchenpolitischer Kampf zwischen Westen und Osten
vorausgegangen war, für die Übernahme des Christentums von Kon-
stantinopel her entschied.
*

Nach diesen großen Fortschritten der äußeren Christianisierung in


der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts warf der Einbruch eines neuen
heidnischen Volkes das christliche Missionswerk nochmals um ein Jahr-
hundert zurück. Die Landnahme der ¡Madjaren (895) hat alle Verhält-
nisse in Südosteuropa erneut umgestaltet. Nach langen Kämpfen und
zahlreichen Raubzügen, auf denen sie die umliegenden christlichen Länder
in Schrecken setzten, wurden sie schließlich durch die große Niederlage
auf dem Lechfelde (955) gezwungen, in der pannonischen Ebene seßhaft
zu werden. Damit wurde es für sie eine politische Notwendigkeit, mit
den christlichen Nachbarmächten in ein erträgliches Einvernehmen zu
kommen.
Der ungeheure machtpolitische Aufstieg des Deutschen Reiches unter
der kraftvollen Regierung Ottos I. d. Gr. (936—973) brachte die Mad-
jaren in eine schwierige Lage. Hielten sie am Heidentum und an ihrer
eurasischen Nomadenkultur fest, so war über kurz oder lang eine mili-
tärische Auseinandersetzung mit dem Deutschen Reich im Westen zu er-
warten, wobei die Madjaren unvermeidlich den Kürzeren ziehen mußten.
Und im Osten drohte noch immer ein anderer gefürchteter Feind: die
Petschenegen. Es war nur noch die Frage, ob der Anschluß an die
westliche Kirche, an das Abendland oder an die östliche Kirche, an
Byzanz erfolgen würde. Das östliche Christentum war noch von der Zeit
der „Slawenapostel" her im Lande stark verbreitet. Und zunächst schien
es auch so, als ob Ungarn sich der griechischen Kirche anschließen wolle.
Jürst Qeza (972—997) hat aber sich dann doch für den Anschluß an die
westliche Kirche entschieden. Die entscheidenden Gründe waren poli-
tischer Art. Ihm lag vor allem daran, mit dem Deutschen Reich ein gutes
Stephan I. d. Hl. 155

Verhältnis herzustellen. Daher schickte er an Kaiser Otto I. d. Gr. und


bat um Missionare.
Geza war noch in allem ein Vertreter des vorchristlichen nomadischen
Madjarentums. Die Legenden Stephans d. Hl. schildern ihn später rück-
schauend als einen blutrünstigen „Tyrannen". Unbestreitbar aber bleibt
seine politische Leistung. Ihm ist es gelungen, die zahlreichen Sonder-
bestrebungen in seinem Staate einzudämmen. Die Gewalt der Stammes-
häuptlinge wurde beschränkt, die bewaffnete Volksversammlung wurde
bei politischen Entscheidungen nicht mehr herangezogen. Die Festigung
des madjarischen Stämmebundes zum Staat vorangetrieben zu haben, ist
sein politisches Werk.
Sein Sohn, Nachfolger und politischer Erbe war Stephan I. d. Hl. (997
bis 1038). Er ragte über die anderen Fürsten des damaligen Osteuropa
durch die Klarheit des politischen Wollens und durch den weiten staats-
männischen Blick turmhoch empor. Als Mensch war Stephan bereits eine
ganz andere Erscheinung als Geza. Er hatte nichts mehr an sich von dem
altmadjarischen Stammeshäuptling. Er opferte nicht mehr den alten
Göttern. Er stand bereits voll und ganz in der neuen christlichen Zeit.
Die abendländische Kultur war ihm die selbstverständliche Lebensform.
Mit kraftvoller Hand ging er an die große Aufgabe, sein Land in die
Völker- und Kulturgemeinschaft des Abendlandes einzuordnen. Seine
Ehe mit der bairischen Prinzessin Gisela verstärkte die schon bestehenden
Beziehungen zu Baiern. Zahlreiche bairische Priester und Ritter kamen
an den ungarischen Königshof als Berater des Königs. Sie wurden zugleich
auch die zuverlässigsten Stützen des Königs bei den inneren Kämpfen
gegen die altheidnische Adelsreaktion.
Die königliche Gesetzgebung stellte sich planmäßig in den Dienst der
Christianisierung. So wurde durch königliche Gesetze die Erbauung von
Kirchen, die Heiligung der Sonn- und Festtage, die Kirchenzucht und
die Beobachtung der kirchlichen Fastengebote dem ganzen Volke anbe-
fohlen. Die kirchliche Eigengerichtsbarkeit wurde in vollem Umfange
anerkannt. König Stephan verordnete, daß gegen Angehörige des geist-
lichen Standes nur verheiratete Männer von unbescholtenem Lebens-
wandel als Kläger oder Zeugen auftreten durften, u n d zwar nur vor dem
geistlichen Gericht. Ein anderes wichtiges Gesetz verfügte, daß jedermann
den Zehnten seiner Erträgnisse an die Kirche entrichten solle.
Gegen diese Umgestaltung des öffentlichen Lebens im christlichen
Sinne kam es zu mehreren gefährlichen Aufständen einer Gegenpartei,
156 Stephan I. d. Hl. als Staatsmann

in der sich Adel und Heidentum zu einer reaktionären Fronde vereinigt


hatten. Erst nach der blutigen Niederwerfung dieser Widerstände konnte
Stephan an sein politisches Aufbauwerk gehen. Dabei waren vor allem
zwei große Aufgaben zu lösen: Zunächst mußten im Innern die alten
Stammesgewalten beseitigt und die gesamte Staatsmacht in der Hand des
Königs zusammengefaßt werden. Stephan d. Hl. hat die alten Stammes-
verbände planmäßig zerschlagen und eine ganz neue Einteilung des
Landes geschaffen, um die alten Stammeseinheiten bewußt auseinander
zu reißen: die Komitate oder Gespanschaften, die einerseits an die
slawische Burgbezirksverfassung, andererseits und vor allem an die karo-
lingische Gaugrafschaftsverfassung anknüpfen. Diese neugeschaffenen
Koonitate unterstanden unmittelbar dem König.
Dann nahm der König die große außenpolitische Aufgabe in die H a n d :
Ungarns staatliche Unabhängigkeit nach außen zu sichern. Das benach-
barte Böhmen, eine Zeitlang auch Polen, waren dem Deutschen Reiche
tributpflichtig geworden. Stephan wich dieser Möglichkeit eines über-
mächtigen deutschen Einflusses mit kirchenpolitischen Mitteln aus. Es
gelang ihm, für seinen Staat eine eigene, von Deutschland unabhängige
Kirdienorganisation durchzusetzen. Zwei Erzbistümer (Gran, Kalocsa)
und mehrere Bistümer wurden errichtet. Damit war die ungarische Kirche
für alle Zukunft unabhängig von der bairischen Kirchenprovinz Salzburg,
eine etwaige politische Interventionsmöglichkeit von dieser Seite aus war
beseitigt.
Noch wichtiger war etwas anderes: König Stephan erreichte es, daß
ihm im Jahre 1000 Papst Silvester II. die Königskrone übersandte. Nicht
aus den Händen des deutschen Kaisers — wie der spätere König von
Böhmen — erhielt er die Krone, sondern unmittelbar von Rom. Damit
wurde die staatsrechtliche Unabhängigkeit und Selbständigkeit Ungarns
gegenüber dem Deutschen Reiche erneut gesichert.
Angesichts solcher staatsmännischer Großtaten wird es begreiflich, daß
Stephan schon bald nach seinem Tode in der bewundernden Erinnerung
seines Volkes zu der heiligen Idealgestalt des christlichen Herrschers
emporwuchs. Die Krone des heiligen Stephan wurde zum Symbol der
nationalen Selbständigkeit und Eigenstaatlichkeit. An diese heilige Krone
knüpfte später die Entwicklung eines ungarischen Staatsrechtes an. U n d
bis in unsere Tage hinein blieb in Ungarn die heilige Krone der Inbegriff
aller Staatsgewalt. Audi die von Stephan geschaffene Komitatseinteilung
hat sich bis heute erhalten.
*
Altmadjarische und christliche Herrsdieridee 157

Mit Stephan d. Hl. und dem Sieg des Christentums in Ungarn war die
äußere Christianisierung Südosteuropas nach einer zweihundertjährigen
bewegten Entwicklung zum Abschluß gekommen. Damit brach für Süd-
osteuropa ein neues Zeitalter an. Die durch die Christianisierung ver-
mittelten neuen Anschauungen, die zunächst nur auf der gesellschaft-
lichen und geistigen Oberfläche herrschend geworden waren, drangen
von dieser Oberfläche aus langsam in das Innere vor. So folgte der
äußeren Christianisierung die allmähliche innere Christianisierung, deren
Gegenstand die Auseinandersetzung der fremden christlichen Anschau-
ungen mit den arteigenen überkommenen Auffassungen darstellt. Diese
Auseinandersetzung spielte auf einer doppelten Ebene: in der politischen
Gedankenwelt und im Volksglauben.
Im politischen Bereich stießen alte und neue Anschauungen unver-
mittelt und kompromißlos aufeinander in der Auffassung der Herrscher-
gewalt. Die Madjaren, über die wir in dieser Hinsicht am klarsten sehen,
hatten aus ihrer früheren eurasischen Umwelt die Vorstellung mitge-
bracht, daß die Herrschergewalt auf dem Rechte des Blutes beruht. Das
Herrscherhaus rechtfertigte seine Herrschaft aus dem Geblütsrecht. Es
wußte sich in einer mystischen 'Beziehung zum großen Himmelsgott, von
dem es die Herrschergewalt auf der Erde erhalten hatte. Darum galt als
Träger der Herrschergewalt das Herrscherhaus als ganzes, das heißt in
allen seinen Gliedern. Der einzelne König war nur der jeweilige Inhaber.
W i r haben hier ein (Jeblütsredhtlidhes Qottesgnadentum des Herrscher-
hauses. Daher fehlte in jener Staatsauffassung der eurasischen Reiter-
nomadenvölker auch eine feste Thronfolgeordnung. Zur Herrschaft be-
rechtigt war an und für sich jeder vom Geblüte des gottbegnadeten
Herrscherhauses.
Das Christentum hat eine neue politische Anschauung in diese Welt
hereingebracht, die der altüberkommenen madjarischen Herrscheridee
völlig entgegengesetzt war. Als Herrscher berechtigt gilt nicht, wer das
Blut des gottbegnadeten Herrscherhauses in seinen Adern hat, sondern
wer dazu moralisch würdig (idoneus) in dem neuen christlichen Sinne
dieses Wortes ist, wer dem Idealbild des christlichen Königs entspricht.
Dieses Idealbild im Frühmittelalter ist der rex pius, justus atcjue pacißcus,
der fromme und gerechte Friedensherrscher. Nur wer diese drei von dem
christlichen Zeitbewußtsein geforderten Herrschertugenden aufweist, kann
christlicher König werden. Dies ist die christliche Theorie, die das Früh-
mittelalter entwickelt hat. Sie steht in einem ausgesprochenen Gegensatz
158 Kirche und Staat

zu der altmadjarischen geblütsrechtlichen Herrscherauffassung. Die beiden


Anschauungen standen sich zunächst einander schroff gegenüber. Die
Schlagworte der beiden Ideen wurden zu Schlachtrufen der alten und der
neuen Partei. Die alte Partei forderte die „norma nobilitatis in sancjuine",
den „Adel des Blutes", die neue Partei forderte die „norma justitiae in
moribus", die „Gerechtigkeit und Tugendhaftigkeit des Charakters".
Stephan d. Hl. hat sich bewußt auf die Seite der neuen christlichen
Auffassung gestellt. Nur so konnte er im Bunde mit der Kirche die land-
schaftlichen Gewalten der Stämme und des Adels brechen und seinen
königlichen Einheitsstaat aufrichten. Seine Staatsauffassung scheint rein
christlich zu sein. Die Autorität des Königs entspringt dem (christlich
aufgefaßten) Gottesgnadentum und der „Idoneität". In den Mahnungen
dieses Königs vernehmen wir den Widerhall der christlichen Herrscher-
auffassung, in seiner Regierung den Versuch zur Verwirklichung der
neuen christlichen Gedanken.
Nach den langen in das 11. Jahrhundert fallenden Kämpfen zwischen
der christlichen Reformpartei und der heidnisch-altmadjarischen Reaktion
brachte dann die Zeit der Könige Ladislaus I. d. Hl. (1077—1095) und
Kolomans (1095—1116) die Versöhnung der christlichen Staatsauffassung
Stephans mit den staatsrechtlichen Vorstellungen, die die Madjaren aus
ihrer innerasiatischen Heimat mitgebracht hatten: Dynastie- und Ge-
blütsrecht. Im Grunde hat dabei die alte arteigene Herrscherauffassung
den Sieg errungen. Das altmadjarische Geblütsrecht blieb in Kraft, es
wurde nur mit christlichen Ausdrucksformen umkleidet.
Der Einfluß christlicher Gedanken wirkte sich nicht nur in der Auf-
fassung der Herrschergewalt, sondern auch auf anderen Gebieten des
politischen Lebens aus. Es begann die innere Auseinandersetzung zwischen
Xirdbe und Staat. Stephan d. Hl. hat wie Karl d. Gr. mit kraftvoller Hand
die Kirche seinem Staate eingefügt und die ziemlich unbeschränkte
Kirchenhoheit ausgeübt. Das ausgehende 11. Jahrhundert jedoch brachte
einen großen Gegenschlag von kirchlicher Seite. Die kluniazensischen
Reformideen, die zunächst die vollständige Befreiung der Kirche von
staatlichen Einflüssen forderten, haben bald auch in Ungarn zu einem
langedauernden Investiturstreit geführt, der schließlich mit dem Sieg der
kirchlichen Ideen endete. Während unter Stephan d. Hl. die Kirche
dem Staate eingefügt gewesen war, wurde nunmehr unter König
Koloman (1095—1116) das Politische verkirchlidit. Am klarsten wird dies
in der ungeheuren Ausdehnung der kirchlichen Gerichtsbarkeit (Archi-
Sieg der gregorianischen Kirchenreform
159

diakonatsgerichte). Nach und nach büßte das weltliche Gericht jede Ge-
walt über die Person der Geistlichen ein. Ein Kleriker konnte nur noch
vor dem geistlichen Gericht verklagt werden, sogar in güterreditlichen
und strafrechtlichen Angelegenheiten. Die staatliche Organisation schien
weithin aufgelöst und durch die kirchliche ersetzt zu werden.
Wenn das so mächtige ungarische Königtum der kirchlichen Gerichts-
barkeit einen solchen Herrschaftsraum zugestand, so müssen die kirch-
lichen Zeitideen, die damals das ganze Abendland überfluteten, über-
mächtig gewesen sein. Dazu kamen innere Wirren, in denen die Kraft des
Staates geschwächt wurde. In inneren Kämpfen und Bürgerkriegen ver-
armte der „Hof" des Königs und verlor an Macht und Ansehen. Um das
Königtum gegen diese inneren Widerstände zu stärken, suchte sich
Koloman auf die gregorianische Bewegung zu stützen, die von den sieg-
haften Ideen des Zeitbewußtseins getragen war. Aber die Notlage der
königlichen Krone war so groß, daß sogar Koloman, der überzeugte An-
hänger der gregorianischen Kirchenreform sich gezwungen sah, zur
Festigung der königlichen Macht eine Säkularisation des Kirchengutes
durchzuführen.

Noch stärker wird dieses Ringen der inneren Christianisierung mit den
altüberkommenen volkstümlichen Anschauungen sichtbar im Bereich des
Volksglaubens und Volksbrauches. Wie die volkskundliche Forschung
gezeigt hat, war der vorchristliche Volksglaube überall sehr langlebig.
Das Volk hielt an den liebgewordenen religiösen Überlieferungen der
Ahnen zäh fest, über Jahrhunderte, ja über ein Jahrtausend hindurch.
Vielerorts leben vorchristliche Zauberbräuche bis zum heutigen Tage im
Volksglauben weiter, längst unverstanden und vielfach ganz entstellt.
Manche vorchristliche Gottheiten wurden in christliche Heilige umge-
deutet.
In Südosteuropa können wir diese religionsgeschichtliche Entwicklung
leider nur in den allgemeinsten Umrissen erkennen. Nur auf griechischem,
madjarischem und serbischem Volkstumsboden ist das Dunkel durch die
eifrige Arbeit der volkskundlichen Forschung bereits einigermaßen ge-
lichtet. Bei den Qrtedhen lebt der alte vorchristliche Volksglaube vor
allem unter der Hülle der kirchlichen Heiligenverehrung weiter. Die
Christianisierung vollzog sich in der Seele des Volkes in der Weise, daß
an die Stelle vorchristlicher Gottheiten nunmehr christliche Heilige traten,
160 Heiligen- und DämonenvereKrung

in deren volkstümlichem Vorstelkmgsbild die alten vorchristlichen Züge


noch deutlich erkennbar sind. An den Tempelstätten dieser alten Gott-
heiten erhoben sich nunmehr die Kirchen und Kapellen christlicher
Heiligen. So wurden die beiden Heilgötter Kastor und Pollux, das Ge-
schwisterpaar der Dioskuren, „ersetzt" durch die beiden christlichen Wun-
derärzte Kosmas und Damian (die „Anargyroi"). An dieStelle desMeeres-
gottes Poseidon trat in der volkstümlichen Vorstellung der heilige Nikolaos,
der zum Schutzheiligen der Schiffer wurde. Seine Kirchen und Kapellen
erhoben sich in den Hafenstädten und auf den Vorgebirgen Griechen-
lands. Der Sonnengott Helios wurde durch den heiligen Elias „ersetzt",
dessen Kapellen — wie einst die Heiligtümer des Helios — die Höhen der
Berge einnahmen. So wurden die alten Gottheiten im Bewußtsein des
Volkes von christlichen Heiligen verdrängt, die bereits ähnliche Züge auf-
wiesen oder nunmehr erhielten. Die Namen der großen und kleinen
Götter der Antike verschwanden. Nur ein einziger Name hat sich ge-
halten: der des Charon, der als Fährmann die toten Seelen über den
Unterweltstrom übersetzt. Er heißt heute Charos und wird in zahlreichen
neugriechischen Volksliedern besungen als der Gott des Todes (vergleich-
bar dem deutschen „Schnitter Tod").
Bei den Albanern ist das Bekenntnis zum Christentum (bzw. Islam)
nur ein dünner äußerlicher Firnis, unter dem sich der altbalkanische
Volksglaube in ursprünglicher Kraft erhalten hat. Die ganze Welt besteht
aus guten und bösen Dämonen, die im Kampfe gegeneinander liegen.
Jeder Mensch, aber auch alle Tiere, Quellen und Flüsse, haben einen
Schutzgeist, über alles, was geschieht, waltet unerbittlich das Schicksal.
Die Seele des Menschen gleicht einem Schmetterling. Daher wehrt man
nachts die Falter vom Feuer ab, damit sie nicht Schaden leiden. Die Seele
des Verstorbenen hat auf der Wanderung zum Jenseits einen weiten
Weg mit Fährnissen zu überwinden. Daher steckt man dem Toten eine
Münze in den Mund und legt ihm als Wegzehr Früchte auf die Brust.
Die Angehörigen stimmen die Totenklage an und zerkratzen sich das
Gesicht. Um die Seele des Verstorbenen von der Gewalt dämonischer
Mächte zu befreien, wird ein Hammel oder Bode geopfert. Dann wird der
Leichenschmaus gefeiert. Der Verstorbene lebt nun in der Geisterwelt
und geht als Gespenst um.
Von ähnlicher Stärke ist der vorchristliche Volksglaube der Serben.
Schon die Tatsache, daß dort die christlichen Taufnamen wenig verbreitet
sind, weist darauf hin, daß die Christianisierung an der Oberfläche blieb.
Kirche und Volksglaube 161

Die serbisch-orthodoxe Kirche hat es nur in geringem Maße vermocht,


den vorchristlichen Volksglauben und Brauch im christlichen Sinne umzu-
prägen. Die gentilpatriarchale Gesellschaftsordnung der serbischen Berge
hat wie ein schützendes Gefäß die alten volkstümlichen Anschauungen
bewahrt. Der Mittelpunkt des serbischen Volksglaubens ist der Ahnen-
kult, dessen jährliches Fest im Kreise der Sippe (Slava oder Xrsno
Jme genannt) auch die Christianisierung überdauert hat. Es nahm äußer-
lich eine christliche Form an. Der mythische Ahnherr wurde in einen
christlichen Schutzheiligen umgedeutet. In dieser Form feiern die Serben
bis zum heutigen Tage ihr altes Sippenfest. Ähnlich, wenn auch nicht in
dieser ungebrochenen Stärke, hat sich der vorchristliche Volksglaube
bei den Bulgaren bewahrt.
Auch bei den Rumänen weist der noch lebendige Volksglaube eine
starke Schicht vorchristlicher Anschauungen auf, obwohl gerade bei diesem
Volke das vorchristliche Brauchtum besonders stark in kirchliche Riten
umgeprägt wurde. Aber unter dieser kirchlichen Hülle tritt der dualistische
Grundzug des altbalkanischen Dämonenglaubens noch deutlidi hervor.
Bei den Völkern, die sich der lateinischen Westkirche angeschlossen
haben (Madjaren, Slowaken, Tschechen, Kroaten, Slowenen) ist Volks-
glaube und Volksbrauch der vorchristlichen Zeit viel stärker durch den
kirchlichen Einfluß umgeformt worden. Audi auf diesem Gebiete erweist
es sich, daß die westliche Kirche den ihr zugehörigen Völkern mit einem
viel stärkeren Erziehungs- und Führungsanspruch zu allen Zeiten gegen-
übertrat.
*

Auf die Frage nach der Stärke und Tiefe der inneren Christianisierung
ist auch die T)idbtuncl der einzelnen Völker berufen, eine Antwort zu
geben. Jede echte und große Dichtung ist das getreue Spiegelbild der
Volksseele. Die religiösen Kräfte, die im Leben der Völker wirksam wer-
den, äußern sich daher auch in ihrer Dichtung. W o in der Volksseele
das Christliche einen wesentlichen Einfluß gewonnen hat, da wird dies
auch die Dichtung zum Ausdrude bringen.
Bei den Märchen Südosteuropas fällt von vornherein auf, daß eine
ausgesprochen christliche Haltung zum wenigsten außerordentlich selten

11 Stadtmüller, Geschichte Südosteuropa


162 Christlidies Ethos in der Dichtung

ist. Viel häufiger ist dagegen der Fall, da ein vorchristlicher Stoff in das
Christliche umgebogen oder umgedeutet wird. Vielfach tritt das christ-
liche Element dabei nur in einem einzelnen Motiv auf: in einer moralischen
iNJutzanwendung, die am Schluß angefügt wird, in der Erwähnung von
Priestern, Einsiedlern u. a.
Die Gegenwartsdichtung der Völker Südosteuropas zeigt schon bei
einer flüchtigen Durchmusterung, daß bei den Völkern, die sich der
Westkirche angeschlossen haben, der Einfluß der inneren Christianisie-
rung ungleich tiefer ist als im ostkirchlichen Einflußbereich. Im west-
kirchlichen Räume ist es viel häufiger, dkß ein Dichter einen christ-
lich-religiösen Stoff behandelt. Viel entscheidender aber ist die Tatsache,
daß hier das religiöse, und zwar das eigentlich christliche Ethos in der
Dichtung viel tiefer und stärker lebt. Am sichtbarsten ist dies bei den
Slowaken und Slowenen, die als besonders religiöse Völker gelten können.
Aber auch bei Madjaren, Kroaten und einem Teil der Tschechen (Süd-
böhmen) wird dies deutlich. Bei allen diesen Völkern, die durch die west-
liche Kirche und die abendländische Kultur geformt wurden, sind starke
religiöse Kräfte im geistigen Leben und insbesondere in der Dichtung
wirksam.
Dagegen ist die Dichtung jener Völker, die im Einflußbereich der Ost-
kirche leben — Serben, Bulgaren, Griechen, Rumänen — offensichtlich in
geringerem Maße von einem religiös-christlichen Ethos [bestimmt. Am
wenigsten wohl bei den Serben und nächst ihnen bei den Bulgaren,
stärker bei den Griechen und vor allem bei den Rumänen.
*

Der Verlauf der Christianisierung war von grundlegender Bedeutung


für die geistige Zweiteilung Europas in eine lateinisch-katholische West-
hälfte und eine byzantinisch-orthodoxe Osthälfte. Im Abendlande
herrschte die römische Kirche mit ihrer lateinischen Weltsprache. Im
Osten herrschte die griechische Kirche, die byzantinische Kultur, das
Griechische oder Kirchenslawische als Kultur- und Kirchensprache. Die
Grenze zwischen beiden Kulturwelten lag seit dem Abschluß der äußeren
Christianisierung an der Ostgrenze der beiden noch durchaus zum Abend-
land gehörigen Länder Polen und Ungarn.
Für die unterschiedliche Entwicklung des politischen Bewußtseins im
eigentlichen Osteuropa — jenseits der abendländisch-lateinischen Kultur-
ausstrahlung — war es nun von entscheidender Bedeutung, daß jene
Westkirdie und Ostkirche 163

W e l t des byzantinisch-slawischen Osteuropa niemals einen eigentlichen


Kampf zwischen Kirche und Staat gekannt hat. Im byzantinisch-slawischen
Osten ist die Kirche von Anfang an und bis heute dem Staate ein- und
untergeordnet. Sie war immer Staatskirche, im 19. Jahrhundert wurde sie
zugleich Nationalkirche. Es kam noch etwas anderes dazu. Die lateinische
Kirche des Westens trat dem Einzelmenschen und den Völkern und
Staaten seit jeher mit einem ungeheuer starken Herrschafts- und Er-
ziehungsanspruch entgegen.Sie hat demAbendland ihre Ideen anerzogen.
An dem inneren Gegensatz, an dieser geistigen Auseinandersetzung
zwischen den fremden Ideen und dem arteigenen Fühlen sind die abend-
ländischen Völker viel früher zum Bewußtsein ihrer Eigenart gereift. N u r
bei ihnen hat sich das unbewußte Volksgefühl zum klaren National-
bewußtsein und dann zur nationalstaatlichen Ideologie weiterentwickelt.
Die Völker Osteuropas, das heißt jene Völker, die in den Kulturkreis
der östlichen Kirche gehören, haben dann im 19. Jahrhundert den Ge-
danken des Nationalstaates von W e s t e n her übernommen, so wie man
eine neue Erfindung importiert.
Die orthodoxe Kirche des Ostens hat niemals einen solchen Herr-
schafts- und Erziehungsanspruch an die Menschen und Völker gestellt.
Die ethische Erziehung war nicht ihre Hauptaufgabe. Es ist bezeich-
nend, daß die östliche Theologie keine eigentliche Moraltheologie her-
vorgebracht und sich niemals überhaupt mit jenen am Rande der Moral-
theologie liegenden Problemen beschäftigt hat, um die das theologische
Denken des Abendlandes seit Augustinus kreist: Willensfreiheit, Erlösung,
Gnade. Die Heilsgewißheit des einzelnen hängt nach der klassischen
Lehre der abendländischen Theologie von dem geheimnisvollen Zu-
sammenwirken der menschlichen Willensfreiheit und der göttlichen
Gnade ab. Dieses Mysterium suchte die lateinische Theologie daher vor
allem zu durchdringen. Im Abendlande drehten sich alle tiefen theologi-
schen Auseinandersetzungen um diese Begriffe, die auf die Lebensführung
des einzelnen Menschen von unmittelbarem Einfluß sind. Im orthodoxen
Osten waren dies überhaupt keine Denkprobleme. Dort suchte man seine
persönliche Heilsgewißheit zu finden in der Anschauung der Mensch-
werdung des Logos in Christus. So wurde es zur erschütternden Grund-
frage des religiösen Denkens, wie es möglich war, daß Gott Mensdi
wurde. Alles theologische Denken findet dort seine Wesensmitte in dem
Bemühen, das unbegreifliche Mysterium der Christologie doch irgendwie
zu durchdringen. Auch alle jene vielerörterten theologischen Streitfragen,

Ii*
164 Wesensart der Ostkirche

die davon fernab zu liegen scheinen — wie der Bilderstreit im 8. bis


9. Jahrhundert und der Hesydiastenstreit im 14. Jahrhundert — enthüllen
bei näherer Betrachtung doch ihren engen Zusammenhang mit der
Christologie. In solchen dogmatischen Erörterungen hat sich die ganze
Kraft der östlichen Kirche ausgelebt. Diese Einstellung beschränkte sich
nicht auf die Geistlichkeit, sie hatte auch die weltliche Bildungsschicht
ergriffen und war bis tief in die breiten Volksmassen eingedrungen
(oben S. 83).
Diese ostkirchliche Glaubenshaltung, die noch heute vielerorts lebendig
ist, hat nie den bewußten Versuch gemacht, in der sittlichen Ordnung
der diesseitigen Welt durch bewußtes Handeln eine religiöse Aufgabe
zu sehen. Die Notwendigkeiten der politischen Tageswirklichkeit waren
aus solcher Betrachtung ausgeschlossen. Daher fehlt im ostkirchlichen
Bereich auch jeder Versuch, Sinn, Aufgaben und Grenzen der Politik von
dem theologischen Standort aus zu bestimmen. Freilich war es auch im
byzantinisch-slawischen Osteuropa nicht so, daß man keine politische
Idee gehabt hatte. Das oströmische Reich hat eine große Staatsidee von
bewunderungswürdiger Geschlossenheit besessen. Aber dieser Gedanke
stand seit dem Begründer des christlichen Römerreiches Konstantin d. Gr.
unverändert fest. Es war eine Art politisches Dogma, an das man glaubte,
das man ohne Kritik, ohne Erörterung, ja ohne Nachdenken hinnahm.
Eine Weiterentwicklung des politischen Bewußtseins, wie sie im latei-
nischen Abendland vor sich ging, war im Osten unmöglich. Dazu kam,
daß es im Osten zwar gelegentliche Streitigkeiten zwischen Kaisern und
Patriarchen gab. Aber machtpolitische Kämpfe zwischen Kirche und
Staat, die Jahrzehnte gedauert hätten wie die fast unaufhörlichen Aus-
einandersetzungen zwischen Kaisertum und Papsttum im abendländischen
Mittelalter, waren in Byzanz zu allen Zeiten unmöglich. Im Osten konnte
die Kirche nicht mit dem Rechte des Gleichberechtigten dem Staate gegen-
übertreten, sie hat es gar nicht versucht, sondern sie blieb dort stets das,
was sie von Anfang an gewesen war: dem Staate ein- und untergeordnet.
Und meistens sogar mehr als das: sie war ein willfähriges Instrument der
staatlichen Politik. Was in dem Ablaufe der byzantinischen Kirchen-
geschichte diesem Gesamtbilde zu widersprechen scheint, das Aufbegehren
des einen oder anderen mutigen Patriarchen gegen dieses System der
kaiserlichen Kirchenherrschaft, blieb stets nur ein episodenhaftes Zwi-
schenspiel, das an der festen Einordnung der Kirche in den Staat nichts
zu ändern vermochte.
Westkirdie und politisches Bewußtsein 165

Im Abendland war die Entwicklung ganz andere Wege gegangen. Das


weströmische Kaisertum war nach einem Schattendasein im 5. Jahrhun-
dert untergegangen. Das Papsttum stand ohne einen starken staatlichen
Gegenspieler da und konnte zu einer ungeheuren Machtfülle empor-
wachsen. Die lateinische Kirche des Westens, zusammengefaßt und
geführt durch das Papsttum, konnte dem Staate mit einem geistigen
Führungsanspruch entgegentreten. Daraus entstanden alle jene Kämpfe
zwischen Kaisertum und Papsttum, die das Abendland immer wieder
erschüttert haben. Dieses Ringen zwischen den beiden höchsten
Gewalten der abendländischen Welt wurde vor allem auf geistigem Ge-
biet ausgefochten: in einer unübersehbaren Masse von Flugschriften
(libelli de Ute), die das Verhältnis von Kirche und Staat vom juristischen,
politischen oder theologischen Gesichtspunkt aus erörterten. Durch diese
erregte Auseinandersetzung, die das ganze Hoch- und Spätmittelalter
erfüllte, wurde das politische Bewußtsein der abendländischen Völker
geweckt und entfaltet. Im Osten fehlte eine solche Auseinandersetzung.
Das Verhältnis von Staat und Kirche war kein Denkproblem, da die Ein-
ordnung der Kirche in den Staat eine unbestrittene Selbstverständlichkeit
blieb.
Kapitel 10

Das Zeitalter der Kreuzzüge

Unter Basileios IL, dem „Bulgarenschlächter" ( 9 7 6 - 1 0 2 5 ) fand die


oströmische Reconquista ihren Abschluß. Im Westen war das Bulgarische
Reich vernichtet und das gesamte balkanische Binnenland wieder dem
Machtbereiche Ostroms eingefügt. Im Osten war die Reichsgrenze nach
Zurückdrängung der Araber wieder an den oberen Euphrat vorgeschoben
worden. Das Oströmische Reich hatte wieder eine Machtstellung, die fast
an das große Zeitalter Justinians erinnert.
Aber noch war kein volles Menschenalter seit dem Tode des Eroberer-
kaisers Basileios II. verflossen, da zeichnete sich schon wieder ein Ab-
sinken ab. Bei diesem Verfall der staatlichen Kräfte, der damals sichtbar
wurde, haben, wie es in der Geschichte fast stets zu sein pflegt, ver-
hängnisvolle innere Triebkräfte und unglückliche äußere Schicksalsschläge
zusammengewirkt, und es wäre verfehlt, unterscheiden zu wollen, wo
Ursache und wo Wirkung lag.
Um die Mitte des 11. Jahrhunderts wurde die Themenverfassung, die
seit dem 7. Jahrhundert die organisatorische Form der Landesverteidigung
und Verwaltung gewesen war, durch eine zivile Verwaltung abgelöst.
Und gleichzeitig verschwand auch die ruhmvolle alte Milizarmee. Die
Gründe für diese verhängnisvolle Umgestaltung liegen vor allem in inner-
politischen Machtkämpfen. Zu jener Zeit standen sich in der Innenpolitik
Ostroms zwei Machtgruppen einander gegenüber. Auf der einen Seite die
Generäle, auf der anderen Seite eine Zivilpartei, in der politisierende
Geistliche, Gelehrte und Literaten eine führende Rolle gespielt zu haben
scheinen. In dem Machtkampf zwischen diesen beiden Gruppen siegte
schließlich die Zivilpartei. Um die politische Macht der Generäle ein für
allemal zurückzudrängen, wurde nun die Themenverfassung beseitigt, auf
der der politische Einfluß der Generäle beruht hatte. Damit verschwand
auch die Milizarmee, nachdem das Wehrbauerntum schon seit langem
unter dem Druck des anwachsenden Großgrundbesitzes zusammen-
geschmolzen war. Von da an beruhte die Wehrkraft des Reiches auf
einem Heere geworbener Söldner. Diese Waffe aber war, wie die
Seldschuken- und Nomunnengefahr 167

schmerzliche Erfahrung der folgenden Jahrhunderte bewies, bald stumpf,


bald zweischneidig.
Zu dem inneren Verfall kamen schwere äußere Schidcsalsschläge. An
den Reichsgrenzen tauchten zwei neue gefährliche Feinde auf: die Seld-
schuken im Osten, die Normannen im Westen. Seit ungefähr 1060 er-
oberten die Seldschuken Armenien und drangen von dort in das innere
Kleinasien vor. Der oströmische Versuch der Rückeroberung scheiterte.
Im Jahre 1071 wurde das oströmische Heer, das aus fremden Söldnern
— Petschenegen, Uzen, Normannen, Franken — bunt zusammengewürfelt
war, bei der armenischen Stadt Mantzikert (unweit des Wan-Sees) ver-
nichtend geschlagen, Kaiser Romanos IV. Diogenes fiel in Gefangenschaft.
Seitdem blieb das innere Anatolien, das seit jeher das Kernland des
Reiches gewesen war, verloren.
Noch tödlicher schien die Gefahr, die im Westen von den Normannen
drohte. Diese hatten, seit sie 1016 in Unteritalien erschienen waren,
Schritt um Schritt die Oströmer verdrängt, 1071 — im Jahre der Schlacht
von Mantzikert — war der feste Waffenplatz Bari, der letzte Stützpunkt
oströmischer Macht auf italienischem Boden ebenfalls in die Hand der
Normannen gefallen. Schon 10 Jahre später unternahm der Normannen-
fürst Robert Guiskard einen Feldzug zur Eroberung der Balkanhalbinsel.
Er eroberte Dyrrachion (1081) und drang bis nach Larissa vor, aber
ein Aufstand in Unteritalien rief ihn zurück, und sein baldiger T o d
(1085) befreite Ostrom von diesem gefürchteten Gegner. Aber die Nor-
mannengefahr blieb drohend genug. Im 12. Jahrhundert sind nor-
mannische Heere noch zweimal tief in das oströmische Gebiet vorge-
drungen: 1147 bis Korinth und Theben, 1185 bis Saloniki.

In dieser für das oströmische Reich so bedrohlichen Lage, da an die


Seldschuken und Normannen wichtige Grenzprovinzen verlorengegangen
waren, entstand im Abendland die Kreuzzugsbewegung. Sie ist ein Teil
jenes gewaltigen abendländischen Ausgriffs nach dem Osten, von dem
das ganze Hoch- und Spätmittelalter erfüllt ist. Es ist kein Zufall, daß
wenig später auch die abendländische Ostbewegung und in ihrem Rahmen
die deutsche Ostkolonisation einsetzten.
Kreuzzüge und Ostkolonisation sind vielmehr nur zwei Erscheinungs-
weisen des einen großen Vorganges: der Ausdehnung des germanisch-
romanischen Abendlandes nach dem Osten. Einer rückschauenden uni-
168 Wurzeln der Kreuzzugsbewegung

versalgeschichtlichen Betrachtung will diese Ausdehnungsbewegung, die


dann ihre Fortsetzung in der überseeischen Kolonisation fand, als der
letzte Nachhall und Ausklang der großen germanischen Völkerwanderung
erscheinen.
Man hat früher die Entstehung der Kreuzzüge als ein ziemlich, momen-
tanes Ereignis betrachtet, das im vorausgehenden eigentlich gar nicht recht
vorbereitet gewesen sei. Die Kreuzzüge galten als Kriege zur Befreiung
des Hl. Grabes von der Türkenherrschaft, veranlaßt durch die nach der
türkischen Herrschaft plötzlich einsetzende Bedrückung der christlichen
Pilger. Die herrschende Meinung in der ganzen älteren Forschung ging
vom Wallfahrertum aus. Zwar übersah man nicht die Tatsache, daß auch
die hierarchischen Tendenzen des Papsttums und die Heidenkriege in
Südeuropa in irgendeiner Weise in der Geschichte des Kreuzzugsgedan-
kens und der Kreuzzüge eine Rolle spielten. Die eigentliche Entstehung
der Kreuzzüge aber wollte man darin sehen, daß aus jenen friedlichen
Pilgerfahrten zum Hl. Grabe, die schon seit Jahrhunderten üblich
gewesen waren, sich schließlich kriegerische Eroberungszüge entwickelten.
Daher hat die ältere Forschung vor allem die Geschichte des Wallfahrer-
tums und die Verhältnisse in Palästina erforscht, in denen man den Grund
für den Wechsel der Zielsetzung suchte. „Die Vorgeschichte des Kreuz-
zugsgedankens erschien so unter einem orientalischen Aspekt oder dodi
im Lichte der ostwestlichen Beziehungen, und die vielen, auf arideren
Schauplätzen unternommenen Kreuzzüge — gegen Ketzer und Gegner des
Papsttums ebensowohl wie gegen Heiden — galten als ,Abirrungen' und
Degenerationserscheinungen eines eigentlichen' Kreuzzugsgedankens."
(Erdmann.)
Die neuere Forschung hat diese Auffassung als einseitig erkannt. Unter
den verschiedenen Wurzeln, aus denen schließlich im ritterlichen Hoch-
mittelalter die Kreuzzüge erwuchsen, ist nicht das Wallfahrertum, sondern
vielmehr der Gedanke des heiligen Glaubenskrieges die wesentliche.
Dieser Gedanke war nicht an irgendwelche heiligen Stätten geknüpft,
sondern entstand aus der missionarischen Idee der Glaubensverbreitung.
Die eigentliche Vorgeschichte der Kreuzzugsbewegung ist daher in der
Idee des christlichen Rittertums und des Glaubenskrieges zu suchen.
Die Kreuzzugsbewegung ist zunächst aus einer innerabendländischen
Geistesentwicklung langsam herausgewachsen. Die Kirche, die in ihren
Anfängen dem Kriege und dem Waffenhandwerk durchaus ablehnend
gegenüberstand, hat sich dann dazu verstanden, den Krieg unter be-
Anfänge der Kreuzzüge 169

stimmten moralischen Voraussetzungen zu erlauben und sogar gutzu-


heißen. Die unvermeidlichen Kriege gegen nichtchristliche Völker be-
gannen als löbliche Taten im Dienste Gottes zu erscheinen. Und je mehr
die Christianisierung tatsächlich an die Voraussetzung des politischen
Einflusses der christlichen Nachbarstaaten gebunden war, desto mehr ver-
quickten sich diese Kriege gegen die Heiden mit dem Gedanken der
Glaubensausbreitung. Es entwickelte sich die Idee von dem gerechten
und heiligen Missionskrieg. Seine Schauplätze waren zunächst die Grenz-
gebiete gegen Araber und Slawen. Aber geringfügige Anlässe haben
genügt, um diese Missionskriege nach Palästina abzulenken. Und der
Schwung der gregorianischen Reformbewegung hat dem Gedanken des
heiligen Glaubenskrieges eine bis dahin nie gekannte Kraft verliehen.
Sie brauchten nur in die neue Richtung umgelenkt zu werden. „Gott
will es!"
*

Unter den sieben großen Kreuzzügen, die man gewöhnlich unter-


scheidet, haben nur die ersten vier in der Geschichte Südosteuropas eine
Rolle gespielt. Die ersten drei Kreuzzüge (1096—1099, 1147—1149,
1189—1191) haben gewaltige Rittermassen aus dem Abendland auf dem
Landweg durch Ungarn und den Balkan nach Konstantinopel geführt.
Auf dem Durchmarsch kam es zu mancherlei Mißhelligkeiten, auf dem
dritten Kreuzzug sogar zu offenem Kriegszustand zwischen den Kreuz-
fahrern und Ostrom.
Das Abendland lernte durch die Kreuzfahrer zum ersten Male Südost-
europa kennen. Bischof Otto von Freising, der Geschichtsschreiber
Friedrichs I. Barbarossa gibt einen interessanten Bericht über das fremd-
artige Land und Volk der Ungarn. Noch mehr aber staunten die abend-
ländischen Ritter über Byzanz und seine zauberhafte Kultur. Seitdem er-
scheint Konstantinopel in den Dichtungen des Abendlandes immer wieder
als die märchenhafte Stadt des Ostens, als der Inbegriff allen Reichtums
und aller Pracht.
Das Bild dieses aus römischer Wurzel erwachsenen Staates mit seiner
aus antikem Ahnenerbe stammenden feinen Kultur hat auf die abend-
ländischen Menschen jener Zeit überwältigend gewirkt. Der Glanz des
öffentlichen Lebens, die Überlegenheit der Diplomatie, die verfeinerten
Formen des geistigen, gesellschaftlichen und literarischen Lebens, das
strenge Zeremoniell der prunkvollen kaiserlichen Hofhaltung, das ganz
darauf abgestellt war, die unnahbare Erhabenheit des Basileus über alle
170 Ostrom und die Kreuzfahrer

„Barbaren" zu betonen, das geschäftige Treiben politisierender Huma-


nisten, dieses verwirrend vielfältige Schauspiel auf dem Boden der rätsel-
haft gewaltigen Kaiserstadt muß auf die abendländischen Besucher
geradezu betörend gewirkt haben.
Die Kaiserstadt am Goldenen Horn ist damals zum ersten Male in
unmittelbare Berührung mit den Abendländern gekommen. Voll Staunen,
gemischt mit Grauen, betrachtete man die riesenhaften Gestalten der
Barbaren aus dem Westen. Wie unheimlich diese Germanen den Ost-
römern waren, fühlt man aus den zeitgenössischen Berichten heraus. So
beschreibt die Geschichtsschreiberin Anna Komnene (um 1100) den
Normannenherzog Boemund von Tarent, der im ersten Kreuzzug eine
Hauptrolle spielte: Um eines Hauptes Länge überragte er, trotzdem er
eine etwas nach vorn gebückte Haltung hatte, alle wie eine nordische
Rieseneiche ihre anderen Waldgeschwister, das Urbild eines unbesieg-
baren Recken. Die Farbe seines Gesichtes, aus dem blaßrote Wangen
hervorschimmerten, war blendend weiß, die Farbe des Haupthaares, das
er nicht in üppiger Fülle, sondern bis an die Ohren geschoren trug, blond,
die Farbe des Bartes, den er jedoch rasierte, rötlich, die Farbe der Augen,
die in durchdringendem Feuer leuchteten, blau. Sein Wesen trug den
Stempel eines leidenschaftlichen, unbeugsamen Charakters. Jedes seiner
Worte war aber stets sorgfältig durchdacht und vorsichtig gestellt, sein
Lächeln sogar nidht ohne den Ausdrude verhaltenen Zornmutes. „Uni es
kurz zu sagen, dieser Mann war so, daß niemals in dem Lande der
Romäer ein solcher erblickt worden war, weder ein Barbar noch ein
Grieche."
Der deutsche Kaiser Friedrich I. Barbarossa wird mit durchaus sym-
pathischen Farben geschildert. Anders sein Sohn Heinrich VI., der große
Gegner Ostroms. Er hat auf die Oströmer am unheimlichsten gewirkt.
Der Geschichtsschreiber Niketas Choniates (um 1200) zeichnet ein
düsteres Bild dieses Staufen.
Von der Kraft und dem Mut der deutschen Ritter scheint man in
Konstantinopel viel gesprochen zu haben. Jene hübsche Geschichte von
der unglaublichen Tapferkeit eines deutschen Kreuzritters aus dem Heere
Friedrich Barbarossas, die Ludwig Uhland zu seiner Ballade „Der
Schwabenstreich" verarbeitet hat, findet sich schon in dem byzantinischen
Geschichtswerk des Niketas Choniates.
Durch die Berührung mit dem abendländischen Rittertum sind auch die
Lebensformen des westlichen Feudalismus in Byzanz bekannt geworden.
Ostram und die Kreuzzüge 171

Die ritterlichen Sitten des Westens fanden in das höfisch-gesellschaftliche


Leben Konstantinopels Eingang. Diesem abendländischen Einfluß haben
auch dynastische Beziehungen die W e g e gebahnt. Berta von Sulzbach, die
Gemahlin des Kaisers Manuel I., hat sicherlich einen wesentlichen Anteil
daran, daß ihr kaiserlicher Gemahl so ganz von den Idealen des abend-
ländischen Rittertums erfüllt war. So bereitete sich schon im 12. Jahr-
hundert jene Feudalisierung der balkanischen W e l t vor, die dann nach
dem Schicksalsjahr 1204 sieghaft durchdrang. Nun wurde das Abend-
land, das jahrhundertelang politisch und kulturell in die Lehre von Byzanz
gegangen war, zum ersten Male kraft seiner jungen Überlegenheit der
gebende Teil in den Austauschbeziehungen zwischen beiden Welten.

Die drei ersten Kreuzzüge waren auf den weiten Landweg angewiesen,
da das reiche Venedig, das allein die Transportflotte zur ü b e r f a h r t stellen
konnte, sich mit Rücksicht auf seine levantinischen Handelsinteressen von
Kreuzzugsbegeisterung und Kreuzzugspolitik fernhielt. So blieb nur der
mühselige Anmarsch zu Lande. Die drei ersten Kreuzheere nahmen diesen
W e g : zunächst donauabwärts bis W i e n , dann durch Ungarn nach Belgrad
(Griechisch-Weißenburg). Dort begann der schwierigste und gefährlichste
Teil des Marsches — quer durch die schwer zugänglichen Berglandschaften
des inneren Balkans. Hinter Belgrad kam man in den „Bulgarenwald"
(siiva Bulgarorum), das mit mächtigen Waldungen bedeckte Bergland
zwischen Belgrad und Sofia. Hier mußte das Kreuzfahrerheer ständig
auf der Hut sein vor feindlichen Überfällen. Auch nach dem Abstieg in
das Maritzatal wurden die Widerstände und Schwierigkeiten um nichts
geringer. Dort drohten nicht mehr einzelne kleine Überfälle aus dem
Hinterhalt, sondern der große Zusammenstoß mit der Armee Ostroms.
Die Kreuzzüge stellten die oströmische Staatskunst vor eine schwierige
politische Frage. Die ostkirchliche Kulturwelt, alles was kirchlich, geistig
und politisch nach Konstantinopel hin orientiert war, hatte seit dem 7. Jahr-
hundert die Idee des Glaubenskrieges nicht mehr gekannt. Mit der isla-
mischen Staatenwelt verkehrte man seit Jahrhunderten in denselben
völkerrechtlichen Formen wie mit den fränkischen „Barbaren" des
Westens. Seit langem war der Kampf zwischen Ostrom und den Arabern
zu einer gewissen Gleichgewichtslage abgeklungen. Seitdem war dem öst-
lichen Menschen der Gedanke des „Heiligen Krieges", des Waffenhand-
172 Abendländische Feindschaft gegen Ostrom

werks im Dienste der Religion, im innersten fremd. Die Kreuzzugs-


begeisterung fand dort keinen Widerhall.
Die Kreuzzüge mußten in Konstantinopel als Eroberungsunterneh-
mungen erscheinen. Wie sollte man sich dagegen verhalten? Da man den
gewaltigen Kreuzfahrerheeren nicht gut den Durchmarsch verweigern
konnte, war man in Konstantinopel bestrebt, die Kraft dieser abend-
ländischen Ritter in den Dienst Ostroms zu stellen. Die Führer des ersten
Kreuzzuges mußten bei ihrem Durchmarsch dem oströmischen Kaiser den
Treueid als Lehnsmannen sdhwören. Alle neu zu erobernden Besitzungen
sollten die Lehnsoberhoheit des oströmischen Kaisers anerkennen. So
schien der Erfolg der Kreuzzüge ausschließlich Ostrom zugute zu kom-
men. Dieses aber lehnte jede aktive Unterstützung der Kreuzzüge ab.
Es war unvermeidlich, daß sich daraus Mißhelligkeiten entwickelten.
Boemund von Tarent nahm den Kampf gegen Byzanz auf, unterlag aber.
Auf dem dritten Kreuzzug kam es zum offenen Kriegszustand, der durch
den Friedensschluß von Adrianopel (1190) nur notdürftig geschlichtet
werden konnte.
Die Nichtbeteiligung Ostroms an der Kreuzzugsbewegung und die
wachsenden Streitigkeiten haben die öffentliche Meinung des Abend-
landes während des 12. Jahrhunderts immer mehr in eine feindliche
Stellung gegen Ostrom hineingeführt. Ostrom schien das Haupthindernis
für die Kreuzzüge und der Hauptgrund aller Fehlschläge zu sein. Und
je mehr die Mißerfolge der Kreuzzüge hervortraten, desto mehr häuften
sich die lateinischen Vorwürfe gegen Ostrom. Im Abendland drang die
Überzeugung durch, nur die „griechische Treulosigkeit" (perfidia Qrae-
corum) sei daran schuld, daß alle Tapferkeit der Kreuzzugsheere letzt-
lich doch vergeblich geblieben war. Die öffentliche Meinung des Abend-
landes wandte sich gegen Ostrom. Sie zog ihre Nahrung vor allem aus
der kirchlichen Abneigung gegen das griechische Schisma.
Seit vielen Jahrhunderten waren die lateinische Kirche des Westens und
die griechische Kirche des Ostens immer mehr auseinandergewachsen.
Schon einige Male war es zum Bruch gekommen: Im 5. bis 6. Jahrhundert
waren beide Kirchen durch das „Akakianische Schisma" getrennt, im
8. Jahrhundert eine Zeitlang durch den Bilderstreit, im 9. Jahrhundert
durch die Kirchenpolitik des Patriarchen Photios. Äußerlich war die Ein-
heit stets wiederhergestellt worden, aber innerlich dauerte die Aus-
einanderentwicklung und Entfremdung fort. Der Streit konnte sich jeder-
zeit wieder an dem römischen Primatsanspruch entzünden. Im Zusammen-
Kirchenschisma. Machtverfall Ostroms 173

stoß zwischen dem gesteigerten Herrschaftsanspruch des kluniazensischen


Reformpapsttums und der kraftvollen Persönlichkeit des Patriarchen
Michael Kerullarios (1043—1058) ist dann das Schisma im Jahre 1054
erneut ausgebrochen. Dieses Mal blieb der Bruch endgültig, trotz aller
päpstlichen Unionsbemühungen, die immer nur vorübergehend und teil-
weise zu Erfolgen führten.
Diese Kirchenspaltung hat die Griechen in den Augen der lateinischen
Abendländer mit dem Flecken des Irrglaubens belastet. Seitdem war das
Papsttum ein entschiedener Gegner des schismatisdien Byzanz.
*

Zu Ausgang des 12. Jahrhunderts lag im Abendland der Gedanke in


der Luft, zunächst müsse Konstantinopel erobert werden, um eine sichere
Ausgangsbasis für die Kreuzzüge zu gewinnen. Da und dort tauchte das
Schlagwort von der „perfldia Qraecorum" auf. Und es konnte nur zweifel-
haft sein, welche abendländische Macht den Eroberungskrieg gegen
Byzanz unternehmen würde.
Zunächst schien den Normannen diese Rolle zuzufallen. Auf drei großen
Feldzügen (1081, 1147, 1185) haben sie die Unterwerfung des oströmi-
schen Reiches versucht, sind aber daran gescheitert. Dann hat Barbarossas
Sohn, Heinrich VI., diesen großen Plan aufgegriffen und durch gewaltige
Rüstungen den tödlichen Schlag gegen Ostrom vorbereitet. In Ostrom
sah man den Angriff mit unheimlicher Furcht kommen, unfähig, einen
nennenswerten Widerstand zu leisten. Ein Ultimatum des verhaßten
Staufen erzwang die Zahlung eines gewaltigen Tributes, der nur durch
Ausschreibung einer besonderen „Deutschensteuer" CAhxuocvwöv), durch
Ausplünderung der Kaisergräber und andere schonungslose Maßnahmen
aufgebracht werden konnte. Bevor jedoch Heinrich VI. den geplanten
Feldzug gegen Ostrom ausführen konnte, starb er (1197). So wurde
Ostrom nochmals für einige Jahre vor dem Untergang gerettet.
Der innere Kräfteverfall des oströmischen Reiches war damals schon
so weit vorgeschritten, daß im Felde kein Widerstand gegen ein starkes
abendländisches Heer geleistet werden korinte. Nach dem Tode des
Kaisers Manuel I. Komnenos (1180) hatten die serbischen und bosnischen
Fürsten die oströmische Oberhoheit abgeschüttelt. Wenige Jahre später
erhoben sich die Bulgaren unter Führung der Brüder Peter und Asen und
errangen sich ihren eigenen Staat. Ostrom konnte dies nicht mehr hindern.
So war wiederum der Großteil des balkanischen Binnenlandes verloren-
174 Innere Zersetzung der oströmisdien Macht

gegangen. Und die jungen Staaten der Serben und Bulgaren schickten sich
an, erobernd weiter auszugreifen.
Gleichzeitig mit der äußeren Bedrohung vollzog sich zu Ende des
12. Jahrhunderts auch die innere Zersetzung des Reiches durch die
Sonderbestrebungen mächtiger Archontenfamilien und ehrgeiziger Statt-
halter. Es schien nur noch eine Frage der Zeit, daß dieses morsch-
gewordene griechische Reich, das nach innen seine Autorität, nach außen
seine Widerstandskraft verloren hatte, durch die landschaftlichen Sonder-
bestrebungen auseinandergesprengt werden und sich in eine Anzahl von
kleinen, untereinander verfeindeten Territorialstaaten auflösen würde.
Außere Schicksalsschläge beschleunigten die Wirkung dieses inneren
Zerfalls. Das oströmische Reich schien reif als Beute für einen Eroberer.
Diese Eroberung aber war das Werk der Handelsrepublik Venedig, die
es verstand, die Begeisterung des vierten Kreuzzuges in den Dienst der
eigenen Machtpolitik zu zwingen.
Kapitel i i

V e n e d i g und sein überseereich

Die Kreuzzüge hatten schon am Anfange die Frage aufgeworfen, wie


der weite Anmarschweg nach dem Heiligen Lande zu überwinden sei. Es
gab zwei Möglichkeiten: Seeweg und Landweg. Der einfachere Weg
wäre der Seeweg gewesen. Den Organisatoren der Kreuzzüge, den
Päpsten sowie den französischen und italienischen Fürsten, fehlte jedoch
die nötige Transportflotte. Nur die Seemacht Venedig — teilweise auch
Genua — hätte hier aushelfen können. Die Kaufleute von Venedig aber
wahrten sich inmitten der allgemeinen Kreuzzugsbegeisterung den kühlen
Kopf. Sie dachten gar nicht daran, ihre Flotte den Scharen der abend-
ländischen Kreuzfahrer zur Verfügung zu stellen. Vielmehr blieb es ihre klug
beredinende Politik, gute politische Handelsbeziehungen zu Byzanz und
zu den islamischen Mächten zu wahren. Diese nüchterne Realpolitik der
Venezianer konnte durch die Kreuzzüge nur gestört werden. So kam es,
daß sich die Republik Venedig von Anfang an von der Kreuzzugsstim-
mung fernhielt und dann in der Folgezeit stets bereit war, die päpstliche
Kreuzzugspolitik zu vereiteln, sobald es das eigene Staatswohl erforderte.
Das einzige Mal aber, da Venedig sich äußerlich in den Dienst der Kreuz-
zugspolitik stellte — beim vierten Kreuzzug — da war es in Wirklichkeit
so, daß die venezianische Diplomatie den Kreuzzug als Instrument zur
Erreichung der eigenen machtpolitischen Ziele benutzte.
Das geistige Weltbild und die wirtschaftlich-soziale Lebensform des
abendländischen Mittelalters, die von den Kräften der geistlichen
Hierarchie und des ritterlichen Feudalismus getragen waren, sind zuerst
in den großen italienischen Seerepubliken gesprengt worden. Hier ent-
standen im Kampf um die wirtschaftliche Expansion und in ständiger
Berührung mit dem byzantinischen und arabischen Orient neue Anschau-
ungen und Lebensformen, die bereits das Heraufziehen der Neuzeit
anzukündigen scheinen. Die Fragen der Politik und der Wirtschaft
wurden nicht mehr von der idealen theologischen Theorie her, sondern
von den kaufmännischen Interessen der Handelsstadt her gesehen. In
diesen städtischen Seerepubliken — Venedig, Genua, Pisa, Amalfi — ent-
wickelten sich nicht nur die ersten kapitalistischen Wirtschaftsformen,
176 Erste LagunensLedlxmgen

sondern auch jene kühl berechnende Staatsräson, die dann in der neu-
zeitlichen Staatenwelt allgemein herrschend geworden ist.
Keine dieser Seemächte der Mittelmeerwelt hat für die allgemeine
Geschichte eine Bedeutung erlangt, die mit der Venedigs vergleichbar
wäre. Venedig griff durch sein überseeisches Levantereich (Oltramare)
tief in den griechischen Volksboden hinüber, seine Geschichte hängt daher
unlöslich mit der byzantinischen und balkanischen Geschichte zusammen.

Der Schicksalsweg dieses Staatswesens, das sich im Laufe eines halben


Jahrtausends aus einer unscheinbaren Gruppe von unbeachteten Lagunen-
inseln zur herrschenden Seemacht des Mittelmeeres entwickelte, ist
ebenso merkwürdig wie großartig. Aus kleinsten Anfängen ist Venedig
zur herrschenden Seemacht des Mittelmeeres aufgestiegen.
Während der germanischen Völkerwanderung, zuerst nach der Zerstö-
rung der festländischen Städte (Aquileja 452) durch Attila, wurde das
venetische Festland völlig verwüstet. Zahlreiche Bewohner siedelten nach
den Lagunen an der Küste Venetiens über. Als Fischer bauten sie ihre
Pfahlhäuser mitten im Wasser. Cassiodor (6. Jahrhundert) berichtet, daß
sie wie Wasservögel ihre Häuser aus Weidengeflecht und Lehm bauen,
an den Wänden seien die Boote wie Haustiere festgebunden. Ihre Nah-
rung seien Fische, ihr Reichtum Salz, in Speise und Wohnung seien
einander alle gleich. Die Bewohner der Lagunen wurden bald von Fischern
zu Schiffern. Schon zu Anfang des 6. Jahrhunderts trieben von diesem
geschützten Inselgebiet aus meervertraute Seeleute Handel in weite
Ferne. Nach der Reichsgründung Theoderichs gehörten die Lagunen zum
Ostgotenreich. Sie wurden von den „tribuni maritimorum" befehligt.
Die Bewohner waren zum zwangsweisen Schiffstransport für den Staat
verpflichtet. Wahrscheinlich im Jahre 539, zusammen mit dem übrigen
Venetien, kam dann auch das Lagunenland unter oströmische Herrschaft.
Die strategische Bedeutung dieses „Seevenetien", wie es nunmehr im
Gegensatz zu „Landvenetien" genannt wurde, zeigte sich besonders bei
den militärischen Ereignissen des Jahres 551. Der Landweg von Aquileja
nach Ravenna war gesperrt, so zog das ganze Heer über die Sanddünen
(lidi), auf den Fahrzeugen der untertänigen Bevölkerung wurden die
„porti" überquert.
Der Einfall der Langobarden (568), von denen die Städte geradezu
planmäßig zerstört wurden, vollendete die Verwüstung des Festlandes.
Provinz Seevenetien 177

Aquileja, nach der früheren Zerstörung durch Attila „kaum mehr atmend",
wurde vollends zerstört. Die Bevölkerung floh hinter die Mauern der
Inselstadt Grado (568). Aus dem verwüsteten Concordia flüchteten die
Menschen in das benachbarte Caorle. Mit dem Langobardeneinfall begann
auch die eigentliche Besiedelung der Laguneninseln in großem Umfange.
So kann man mit gutem Recht das Jahr 568 das „Geburtsjahr Venedigs"
nennen. Nunmehr entfalteten sich in der amphibischen Landschaft des
Brenta-Deltas jene zahlreichen Lagunensiedlungen, aus deren Zusammen-
wachsen dann die Seestadt Venedig entstand. Als vorgeschobene Außen-
posten des oströmischen Reiches haben diese Lagunensiedlungen im
Schutze der oströfnischen Reichsflotte die Stürme der germanischen
Völkerwanderung (5.—6. Jahrhundert), und die Wirren der slawischen
Landnahme (6.—7. Jahrhundert) überlebt.
Das folgende Jahrhundert von 568—667 brachte dann die politische
und kirchliche Konstituierung der Provinz Seevenetien, die seit 588 die
einzige oströmische Besitzung in Oberitalien war. Durch die Übersiede-
lung des Patriarchen aus dem langobardischen Aquileja in das oströmische
Grado gewann Seevenetien eine überragende kirchenpolitische Bedeutung,
da die große Mehrzahl der Suffraganbischöfe von Grado in langobar-
dischem Gebiet lagen. Die oströmische Politik versuchte es, vermittelst
des Patriarchen Einfluß zu gewinnen auf den langobardischen Teil der
Kirchenprovinz, die langobardische Politik war bestrebt, durch die Mehr-
heit der Suffragane einen Drude auf den Patriarchen auszuüben, das er-
starkende römische Papsttum suchte mehr und mehr seinen Einfluß auch
hier geltend zu machen. So wurde Seevenetien und sein Patriardiensitz
Grado zur politischen Drehscheibe zwischen Ostrom, den Langobarden
und dem Papsttum.
Dieser kirchenpolitischen Bedeutung entsprach der gebietsmäßige Um-
fang in keiner Weise. Zu Ende des 7. Jahrhunderts war die ehemalige
Provinz „Venetia" zu einer kleinen Grenzmark zusammengeschrumpft.
Sie bestand aus zahlreichen größeren und kleineren Lagunensiedlungen,
unter denen als die wichtigsten die folgenden hervorragten: Grado, Caorle,
Heracliana, Jesolo (neben Grado der vornehmste Sitz der Inselaristo-
kratie), Torcello, Murano, Malamocco, Chioggia. Die spätere Haupt-
stadt des Lagunenlandes — Rialto — war im 7. Jahrhundert noch ohne
Bedeutung. Sie war bestenfalls eine Art Vorstadt von Malamocco.
Zu Ende des 7. Jahrhunderts hat Ostrom die Provinz Seevenetien aus
der bisherigen Verbindung mit Istrien und der Unterordnung unter den
12 Stadtmüller, Geschichte Südosteuropag
178 Dogat als Keim der venezianischen StaatsbiLdung

dortigen ¡Magister militum losgelöst und als besonderen Militärbezirk —


ducatus — dem Statthalter von Reichsitalien, dem Exarchen von Ravenna,
unterstellt. Um 700 begegnet zuerst die Einrichtung des venezianischen
Dogates, von der die venezianische Staatsbildung ihren Ausgang genom-
men hat. Die politische Gewalt dieses ältesten venezianischen Dogates
war freilich noch durchaus lokal. Alle einzelnen Laguneninseln hatten
ihre Sonderrechte und Traditionen. Der erste Sitz der Dogen (bis zur
Mitte des 8. Jahrhunderts) war Jesolo, dann siedelte in der zweiten
Hälfte des 8. Jahrhunderts der Doge nach Malamocco über, das in der
zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts einen mächtigen Aufschwung nahm.
Die Stadt vermochte damals die zuströmenden Menschenmassen nicht
aufzunehmen und gab davon an die nahegelegenen Inseln von Rialto ab.
Im Jahre 774—775 wurde auf Olivolo, der bedeutendsten Insel von
Rialto, ein besonderes Bistum errichtet. Das sind die bescheidenen ge-
schichtlichen Anfänge der Lagunenstadt Venedig.

In der Zeit Karls d. Gr. hat Venedig sich zum ersten Male politisch
nadi dem Westen orientiert. Es bildete sich eine fränkische Partei. Eine
Revolution (804) ersetzte den oströmisch gesinnten Dogen durch einen
fränkisch gesinnten. Eine oströmische Flottendemonstration (807) er-
zwang jedoch wieder die Unterwerfung Venetiens. Daraufhin eroberte
König Pippin im Jahre 809—810 das Lagunengebiet. Auch die Hauptstadt
Malamocco ist damals gefallen. Die Dogen gerieten in fränkische Ge-
fangenschaft. N u r Rialto, wohin die meisten patrizischen Geschlechter
geflüchtet waren, scheint sich damals behauptet zu haben. Venetien mußte
jedenfalls die fränkische Oberhoheit anerkennen. Aber schon zwei Jahre
später kam es an Ostrom zurück. Im Frieden von Aachen (812) verzichtete
Karl der Große gegen Anerkennung seiner Kaiserwürde auf die eroberten
Gebiete Venetiens, Istriens, Liburniens und Dalmat'iens.
Seitdem wurde Rialto, wo die Dogen ihren Sitz hatten, der neue poli-
tische Mittelpunkt. Das kirchliche Ansehen dieser Stadt wurde vor allem
durch die Übertragung der Markus-Reliquien (828) gesteigert — später
pflegte sich die Stadt mit Stolz die „Republik des hl. Markus" zu nennen.
In Rialto zog sich dann schließlich immer mehr die Bevölkerung und
Wirtschaft des ganzen Gebietes zusammen. Die übrigen Lagunenstädte
verloren daneben ihre Bedeutung. Der ursprüngliche Gebietsname „Ve-
Aufstieg zur Unabhängigkeit 179

netia" bezeichnete bald nur noch die neue mächtig aufblühende Haupt-
stadt, deren alter Name Rialto mehr und mehr in Vergessenheit geriet.
Wenn der Friede von Aachen (812) auch die Rückgliederung an das
oströmische Reich gebracht hat, so gewann Venetien doch schon im
9. Jahrhundert eine ziemliche Unabhängigkeit. Dann brachte das Ende
des 10. Jahrhunderts den Beginn des machtvollen Aufstiegs zur See-
macht. Der Doge Pietro Orseolo II. (991—1009) eroberte zahlreiche
Küstenstädte in Istrien und Dalmatien und legte so den Grund zu dem
späteren venezianischen Seereich. Im 11. Jahrhundert war die Abhängig-
keit von Ostrom bereits mehr eine staatsrechtliche Fiktion als eine poli-
tische Wirklichkeit. Die Republik von San Marco trieb längst ihre eigene
Politik, gewöhnlich im Bunde mit Ostrom, ohne sich jedoch dadurch in
einen Gegensatz zum Papsttum oder zum deutschen Kaisertum zu bringen.
Die vorsichtige und nüchterne Diplomatie Venedigs hat im 11. und 11.
Jahrhundert überall Erfolge geemtet. Schritt um Schritt stieg die Lagunen-
stadt zur Herrin der Adria auf, um dann schon darüber hinaus in den
Raum des östlichen Mittelmeeres auszugreifen. Dabei hat es die geschmei-
dige venezianische Politik verstanden, sich überall Freunde zu gewinnen.
Freilich ließ man sich geleistete Dienste gut bezahlen. Ostrom mußte
die venezianische Flottenunterstützung gegen die Normannen (1081)
mit der Handelsfreiheit im gesamten oströmischen Reiche bezahlen. Und
ein Jahrhundert später gewann Venedig durch seine Friedensvermittlung
zwischen Friedrich I. Barbarossa und Papst Alexander III. (Friedens-
kongreß zu Venedig 1177) auch die Handelsfreiheit im deutschen Reiche.

Der Handel mit dem oströmischen Reiche bildete die Grundlage für
den ungeheuren wirtschaftlichen Aufstieg Venedigs. Schon zu Ende des
11. Jahrhunderts hatten venezianische Kaufleute den Handel im ost-
römischen Reiche tatsächlich in ihrer Hand. Und dieser wirtschaftliche
Einfluß war auf dem Wege, sich zum politischen zu erweitern. Das alte
Verhältnis politischer Abhängigkeit zwischen Venedig und Ostrom schien
sich umkehren zu wollen. Wirtschaftlich war Venedig unvergleichlich
stärker. Ebenso war die venezianische Flotte der oströmischen Flotte seit
der unglückseligen Änderung der Wehrverfassung in der Mitte des
11. Jahrhunderts weit überlegen. Die oströmischen Kaiser sahen wohl die
Gefahr, daß ihr Staat auf dem Wege der wirtschaftlichen Aushöhlung
allmählich eine Wirtschaftskolonie der mächtigen Seerepublik Venedig

12«
180 Wirtschaftliche Durchdringung Ostroms und der Kreuzfahrerstaaten

werden könne. In Byzanz begriff man, daß der venezianischen Expansion


Einhalt geboten werden mußte. So hat Kaiser Johannes II. Komnenos
(1118—1143) die Erneuerung der venezianischen Handelsrechte ver-
weigert. Darüber kam es zum Kriege. Als Vergeltungsmaßnahme
plünderte 1124 eine venezianische Flotte die griechischen Inseln und
Küstenstriche. Ostrom, dessen Flotte den Entscheidungskampf mit der
venezianischen Seemacht nicht mehr wagen konnte, mußte schließlich
den venezianischen Forderungen wiederum nachgeben. 1126 wurde der
Handelsvertrag mit Venedig erneuert, die Abgabenfreiheit wurde nunmehr
auch auf die mit den Venezianern unmittelbar handelnden oströmischen
Reichsuntertanen ausgedehnt.
Hand in Hand mit dieser wirtschaftlichen Durchdringung des oströmi-
schen Reiches ging die Ausdehnung des wirtschaftlichen Einflusses nach
den neugegründeten Kreuzfahrerstaaten. Freilich trafen die Venezianer
dort von allem Anfang an auf den scharfen Wettbewerb der westlichen
Seemächte Genua, Pisa und Amalfi. Für alle diese italienischen Seestädte
hatten die Kreuzzüge gewaltige Möglichkeiten der überseeischen Handels-
ausbreitung gebracht. Sie haben sidi ihre militärischen Hilfeleistungen
für die Kreuzritterheere (Truppentransporte, Nachschub, Blockadehilfe)
gut bezahlen lassen. In den eroberten Küstenstädten Palästinas und
Syriens ließen sie sich für ihre Kaufleute Handelsquartiere einräumen,
denen die Selbstverwaltung unter eigenen Jurisdiktionskonsuln zuge-
standen wurde. Solche Quartiere umfaßten immer eine Kirche und um-
fangreiche Magazine, oft auch ein festes Kastell. Wegen dieser Vorrechte
kam es zwischen den italienischen Seemächten häufig zu schweren Gegen-
sätzen, aus denen sich einige Male richtige Kriege entwickelten.
Nach dem Muster dieser Handelsquartiere waren auch die Nieder-
lassungen venezianischer Kaufleute auf oströmischem Reichsboden orga-
nisiert und mit von der Mutterstadt verliehenen oder von dem Gaststaat
Byzanz ertrotzten Vorrechten ausgestattet.
*

Gegen die Mitte des 12. Jahrhunderts begann die öffentliche Meinung
des Abendlandes, 'Byzanz — die „treulosen Griechen" — für die schweren
Rückschläge im Heiligen Land verantwortlich zu machen. Es verbreitete
sich die Überzeugung, zunächst müsse das schismatische Konstantinopel
erobert werden. Der Gedanke eines solchen Angriffs lag irgendwie in
der Lirft. Es war nur die Frage, wer den vernichtenden Schlag aus-
Venedig und Ostram 181

führen würde: Venedig, das deutsche Kaiserreich, die Normanrien oder


Ungarn.
1147 führten die Normannen erneut einen Angriff gegen Ostrom. Die
Insel Korfu und ein großer Teil Griechenlands mit den Städten Theben
und Korinth wurde erobert. In dieser Not vereinigten sidi Venedig und
Ostrom gegen den gemeinsamen Feind. Im Jahre 1149 wurde die nor-
mannische Flotte von dem verbündeten venezianisch-oströmischen Ge-
schwader auf der Höhe von Kap Malea (an der Südostspitze des Pelopon-
nes) vernichtend geschlagen. Gleichzeitig wurde audiKorfu zurückerobert.
Die venezianische Diplomatie hatte damit ihr Ziel erreicht: das Eindringen
der Normannen in die adriatisdie Interessensphäre zu verhindern.
Im Jahre 1171 kam es dann zu dem großen Zusammenstoß zwischen
Ostrom und Venedig, den man seit langem voraussehen mußte. Kaiser
Manuel I. war entschlossen, die wirtschaftliche Vorherrschaft des vene-
zianischen Handels zu brechen. Nachdem in aller Heimlichkeit umfang-
reiche Vorbereitungen getroffen waren, ließ er am Gregoriustag, dem
12. März 1171, alle venezianischen Kaufleute im ganzen Reiche gefangen-
nehmen und ihr Vermögen einziehen. Es war ein furchtbarer Schlag für
die Handelsrepublik. Ein großer Angriff der venezianischen Flotte (1171
bis 1172) blieb erfolglos, da die Flottenbesatzung von der Pest dezimiert
wurde. Die venezianische Diplomatie betrieb nunmehr eine regelrechte
Einkreisungspolitik gegen Ostrom. Es gelang ihr, ständig neue Feinde
Ostroms als Bundesgenossen zu gewinnen: das Deutsche Reich, Pisa, die
Normannen. 1179 mußte der Kaiser Manuel aus Furcht vor dieser
Mächtekoalition nachgeben. Die Handelsprivilegien der Venezianer
wurden erneuert, eine — freilich niemals bezahlte — Entschädigungssumme
von 1500 Pfund Goldes der Republik Venedig zugesagt.
Diese Jahre sahen noch einen weiteren großen Triumph der vene-
zianischen Diplomatie. Venedig vermittelte den Frieden zwischen Kaiser
Friedrich I. Barbarossa und Papst Alexander III. Der große Friedens-
kongreß fand in Venedig selbst statt. Papst und Kaiser wandten der
Republik geradezu im Wetteifer Ehren und Vorteile zju (1177).
Bald wurden die venezianisch-oströmischen Beziehungen wiederum
durch einen schweren Zwischenfall gestört. Die Revolution des Jahres
1182 in Konstantinopel führte zu einem explosiven Ausbruch der Volks-
wut gegen die verhaßten Venezianer. Der elementare Volkshaß, der aus
dem politischen Gegensatz zwischen beiden Mächten entstanden war,
führte zu einem furchtbaren Blutvergießen. Man erschlug alle abend-
182 Enrico Dandolo und der IV. Kreuzrug

ländischen Kaufleute, deren man habhaft werden konnte. 60 000 Men-


schen sollen damals umgebracht worden sein. Dadurch wurde die end-
gültige Auseinandersetzung zwischen Ostrom und den abendländischen
Mächten immer unausweichlicher. Das politische Problem „Ostrom"
mußte irgendwie im abendländischen Sinne gelöst werden. 1185 drangen
die Normannen wieder tief in das oströmische Reich ein. In Konstanti-
nopel brach eine Revolution aus. Und gleichzeitig erhoben sich die
Bulgaren zum Aufstand und schüttelten die byzantinische Herrschaft ab.
In diesem Chaos eines allgemeinen Zusammenbruchs ließ sich Venedig
von einem schwachen Kaiser seine alten Vorrechte von neuem feierlich
bestätigen (1187). Dann griff Heinrich VI., der Sohn und Nachfolger
Friedrichs I. Barbarossas, von neuem den Plan zur Eroberung Ostroms
auf und traf alle Vorbereitungen. Aber sein früher Tod hinderte die
Ausführung des großen Planes (1197).
Wenige Jahre später gelang der venezianischen Diplomatie der ver-
nichtende Schlag gegen Byzanz. Der Doge Enrico Dandolo ist durch
diese Tat der Begründer des venezianischen Levantereiches geworden.
Etwa SOjährig wurde er zum Dogen gewählt. Das war ungewöhnlich.
Und er war blind. Es war noch ungewöhnlicher, daß man einen Blinden
zum Dogen wählte. Seinen Zeitgenossen muß er ebenso bewunderungs-
würdig wie unheimlich gewesen sein. Man rühmte seine überlegene Kunst,
Menschen zu kennen, zu behandeln und zu führen. Kühle Überlegung
paarte sich bei ihm mit einem lodernden Temperament, einem harten
Willen und einem glühenden Haß. So war er von Natur dazu geschaffen,
die geschichtliche Entwicklung seines Staates lenkend und formend zu
gestalten. Ein zeitgenössischer Geschichtsschreiber drückt dies mit den
schlichten Worten aus: „cjuae voluit in vita sua nobilissime adimplevit."
Sein politisches Lebenswerk ist die Vernichtung Ostroms und der Auf-
bau des venezianischen Kolonialreiches auf den Tümmern des oströmi-
schen Reiches. Das Mittel dazu war der vierte Kreuzzug. Enrico Dandolo
hat es in gewandter Weise verstanden, mit Klugheit und — wo es nötig
war — auch mit Drude die Begeisterung der Kreuzfahrer in das Fahr-
wasser der venezianischen Interessenpolitik zu leiten. Das Kreuzheer,
das den Fahrpreis für die venezianischen Schiffe nicht bezahlen konnte,
mußte sich verpflichten, Mithilfe zu leisten bei Züchtigung des treulosen
Ostrom. Dies sei die beste Vorarbeit für die Eroberung des Heiligen
Landes. Von Byzanz aus könne das Kreuzheer dann nach Palästina
weiterziehen.
Lateinische Eroberung Konstantmopeis (1204) 183

Die päpstliche Diplomatie Innozenz' III. sah natürlich klar, worum es


den Venezianern ging, und sie hat versucht, diesen Mißbrauch des Kreuz-
zuges für die imperialistische Politik Venedigs zu verhindern. Es ist
interessant, den diplomatischen Kampf zu verfolgen, der darüber zwischen
der Kurie und Venedig entbrannte. Die venezianische Diplomatie siegte,
das Kreuzheer zog gegen Konstantinopel. Im Jahre 1204 fiel die ost-
römische Kaiserstadt in die Hände der Lateiner. Das oströmische Reich
war vernichtet. Es brach in einzelne Landschaften auseinander.

Das Jahr 1204 ist dadurch ein Schicksalsjahr der Geschichte Südost-
europas geworden. Die politische Landkarte erhielt ein völlig neues
Aussehen. Diejenigen Teile des oströmischen Reiches, auf die die Vene-
zianer keinen Wert legten — vor allem das ganze Binnenland —, wurden
zu Fürstentümern abendländischer Barone. In Konstantinopel wurde ein
„Lateinisches Kaisertum" errichtet, das jedoch nur ein halbes Jahrhundert
hindurch (1204—1261) ein Schattendasein führte.
Auf den Trümmern des oströmischen Reiches baute Venedig sein
überseeisches Kolonialreich auf. Es besetzte die Inseln und Küstenstriche,
die für die Behauptung seiner Vormachtstellung im östlichen Mittelmeer
von Bedeutung waren. Das venezianische Levantereich, das auf diese
Weise entstand, erinnert mit seinem vielfältigen Gefüge verschieden-
artiger politischer Abhängigkeiten in mancher Hinsicht an das Britische
Commonwealth, so wie es sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts staats-
und verwaltungsrechtlich herausbildete. Sitz aller großen politischen Ent-
scheidungen in dem weiten Reiche war die Hauptstadt Venedig. Von ihr
aus wurde das oberitalienische Hinterland, die „Jerraferma", in straff
zentralistischer Weise regiert. Dagegen war die Regierung und Verwal-
tung der überseeischen Besitzungen lockerer gegliedert, sie bediente sich
auch verschiedener autonomer und halbautonomer Formen. Vielerorts
trat die venezianische Herrschaft nur in gewissen Äußerlichkeiten in Er-
scheinung, während die einheimische Selbstverwaltung unangetastet blieb.
So verwalteten die Städte Istriens und Dalmatiens auch unter veneziani-
scher Oberhoheit: weiterhin ihre Angelegenheiten selbständig unter ein-
heimischen Stadtoberhäuptern. Venedig beschränkte sidi darauf, die
Statuten der einzelnen Städte einander anzugleichen und zur Landes-
verteidigung eine einheimische Miliz, das „Vaysanaticum", aufzustellen.
184 Venedigs Levaatfereidi

Im Besitze der langen dalmatinisdien Küste war Venedig der Herr der
Adria. In diesem geschlossenen Meer („Tdare clausuni") beanspruchte
Venedig die Alleinherrschaft und volle Gewässerhoheit. So heißt es schon
im Jahre 1347 in Verhandlungen mit Ungarn: „ D a . . . unsere Ahnen
und wir selbst immer unser Herz und unseren Sinn vor allem auf die
Verteidigung und Sicherheit unseres Golfes (,culphi nostri') gerichtet
haben, auf dem unser ganzer Wohlstand und Staat b e r u h t . . . . , da wir
Verträge haben, durch die wir es ausdrücklich verboten haben, daß sie
in unseren genannten Golf mit Bewaffneten e i n f a h r e n . . . " Die Einfahrt
in die Adria war fremden Kriegsschiffen untersagt. Dort übten die vene-
zianischen „Generalkapitäne der Galeeren des Golfes" („Capitanei
generales ¿jalearum culphi") die Seepolizei aus.
Der Schiffahrtsweg aus der Adria in die Levante war durch die vene-
zianischen Küstenfestungen in Durazzo, Modon und Koron, wo vene-
zianische Besatzungen die Wacht hielten, gesichert. In den peloponnesi-
sdien Gewässern begann das eigentliche Levantereich. Sein Mittelpunkt
war die reiche Insel Kreta, die wie eine riesige Gebirgsbarriere die
ägäische Inselwelt nach Süden abschirmte, ü b e r die Sicherheit dieser
Insel wachte Venedig mit besonderer Sorgfalt. Die militärische Ansied-
lung venezianischer Auswanderer gab der venezianischen Herrschaft dort
einen starken Rückhalt gegen die stets aufruhrbereite griechische Be-
völkerung. Die Insel hatte ihre eigene Verfassung, die der der Haupt-
stadt nachgebildet war. An der Spitze stand ein Herzog (duca). Ihm
waren als Beamte untergeordnet: 1 Capitaneus, 1 Räte, 1 oder 3 Kämmerer,
4 Rektoren als Vorstände der Verwaltungsbezirke Kandia, Rethymno,
Kanea und Sithia. Beratenden Anteil an der Regierung hatten ein „großer
Rat", ein Senat und der Landtag der kretisdien Lehensleute (das „Con-
silium leudatorum").
Von Kreta aus führte der große Schiffahrtsweg über die Insel Zypern,
die erst im 15. Jahrhundert unter unmittelbare venezianische Herrschaft
geriet, nach der Küste Syriens und Palästinas. Venedig hatte seit dem
Beginn des 12. Jahrhunderts den anfänglichen Vorsprung, den Genua
und Pisa dort gewonnen hatten, rasch eingeholt und sich ein dichtes Netz
von exterritorialen Handelsquartieren entlang der Küste aufgebaut.
Dieses ganze Gebiet bildete das „Bailat Syrien". Dem venezianischen
Bailo, der in Akkon seinen Sitz hatte, waren die Vicecomites und Cón-
sules in Antiochia, Beirut, Tripolis, Tyrus und wahrscheinlich auch in
Alexandria unterstellt.
Venedigs Herrschaft im Ägäischen Meere 185

Nach dem Fall der Festung Akkon (1291) waren zunächst Zypern
und „Armenien" (d. h. das kleinarmenische Königreich der Rubeniden
in Zilizien) die Außenposten venezianischer Macht in der Levante. Dann
erlag audi der kleinarmenische Reststaat, wo eine Zeitlang ein venezia-
nischer Bailo seinen Sitz gehabt hatte, dem Anstürme der Türken ( 1 3 7 5 ) .
Nach dem Verlust der Außenbesitzungen in Palästina verlagerte sich
das Schwergewicht der venezianischen Levanteherrschaft noch stärker
in das Ägäische Meer, wo der „Herzog" von Kreta die Stellung eines
Generalgouverneurs innehatte. Auf Euböa (Negroponte) regierten die
„Dreiherren" {„Jerzieri") als Lehnsherren unter venezianischer Ober-
hoheit, während in der Hauptstadt Negroponte ein venezianischer Bailo
saß. Auf den vielen kleinen und großen Inseln des Ägäischen Meeres —
z. B. Tinos, Keos, Naxos — herrschten einzelne Grafen, Barone, Herzöge
über ihre kleinen feudalen Fürstentümer unter der losen Oberhoheit
Venedigs. In einem großen Teile seines überseereiches hat sich Venedig
auf ein System des „Indirect Rule" beschränkt. Die überkommenen
lehensrechtlichen Formen, in denen nach mittelalterlicher Auffassung
sowohl staatsrechtliche als völkerrechtliche Abhängigkeitsverhältnisse
ausgedrückt werden konnten, genügten zur Verankerung der veneziani-
schen Oberhoheit.
In Konstantinopel saß nach 1204 ein venezianischer Podesta, der 1265
zum Bailo aufrückte.
*

Seit dem Schicksalsjahre 1204 war Venedig nicht nur die vorherrschende
Seemacht im östlichen Mittelmeer, sondern auch eine europäische Groß-
macht. Jahrhunderte hindurch vermochte es, vielfach im Kampfe mit
Genua, diese Machtstellung zu behaupten, bis dann zu Beginn der Neuzeit
verschiedene Ursachen zusammenwirkten, sie zu erschüttern: das Vor-
dringen der Osmanen führte zum Verlust der Außenbesitzungen ( 1 4 7 0
Negroponte, 1571 Zypern, 1669 Kandia, 1716 Morea), die Entdeckung
des Seeweges nach Ostindien ( 1 4 9 8 ) und die osmanische Besetzung
Ägyptens (1517) unterbanden die bisherigen Handelswege, auf denen die
wirtschaftliche Blüte Venedigs beruht hatte. Freilich verstand es die
Republik des hl. Markus durch die Gewandtheit ihrer Diplomatie, ihre
staatliche Unabhängigkeit noch bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts
zu bewahren und sogar noch weiterhin eine gewisse Rolle in der großen
europäischen Politik zu spielen.
186 Stil der venezianischen Politik

Diese erstaunliche Leistung, daß der kleine Stadtstaat Venedig ein


halbes Jahrtausend hindurch die Seeherrschaft im östlichen Mittelmeer
behaupten konnte, ist nur verständlich aus der hohen politischen Erfah-
rung, die in diesem Adelsstaat von Generation zu Generation weiter-
gegeben wurde. Die venezianische Geschichte ist ein großartiges Beispiel
für die Summierung politischer Erfahrung. Aus jedem Rückschlag, aus
jeder Niederlage, aus jeder Katastrophe hat die venezianische Aristokratie,
in deren Händen die Führung des Staates lag, dazugelemt. Das vene-
zianische Staatswesen hat niemals eine Umwälzung erlebt, durch das die
einmal gelegte Grundlage in Frage gestellt worden wäre, aber an dem
Ausbau und an der Verbesserung der Verfassung wurde bis in das
15. Jahrhundert unaufhörlich gearbeitet. Eine gewisse Gewaltenteilung
und eine fein durchdachte gegenseitige Kontrolle der verschiedenen
Machtinstanzen wurde festgelegt. So entstand auf der Laguneninsel schon
im Mittelalter ein Staatswesen, das in vielen Zügen recht neuzeitlich
anmutet.
Ähnlich war es mit dem Stil der Außenpolitik. Der Gedanke einer
moralischen Bindung an die Sache der Christenheit war in Venedig (und
in den übrigen italienischen Seerepubliken) weniger lebendig und wirk-
sam als sonstwo im abendländischen Mittelalter. Die häufigen päpstlichen
Ermahnungen und Rügen haben daran nicht viel geändert. Die Politik
der „Serenissima República" des hl. Markus hielt zwar mit kauf-
männischer Korrektheit auf die Wahrung formaler Vertragstreue im
zwischenstaatlichen Verkehr. Der Grund lag jedoch nicht so sehr in
moralischen Bindungen, sondern vielmehr in jener auf das politische
Gebiet übertragenen kaufmännischen Anschauung, daß eine erfolgreiche
Vertretung der eigenen Interessen auf die Dauer nicht möglich ist ohne
Wahrung des moralischen Ansehens („riputazione") im Kreise der Nach-
barstaaten. Solche äußere Achtung völkerrechtlicher Verkehrsformen
vertrug sich in Venedig jedoch gut mit einem ziemlich skrupellosen staat-
lichen Egoismus, der in der „Staatsräson" das Gesetz des politischen
Handelns erblickte. Der geschäftstüchtige Handelsgeist wog in den Ent-
schlüssen dieser Kaufmannsaristokratie schwerer als das christliche Ge-
meinschaftsgefühl. Besonders offenkundig wurde dies in den Beziehungen
zur islamischen Staatenwelt.
Dieser eigenartige politische Stil erreichte im Spätmittelalter seine
vollendete Reife. Die venezianische Staatskunst wurde bald in der
ganzen Welt bewundert und nachgeahmt. Dieses Staatswesen hat durdi
Rulian der venezianischen Verfassung 187

die Wohlausgeglichenheit seiner Verfassung und durch die überlegene


Kunst seiner Außenpolitik den Zeitgenossen ebenso wie der Nachwelt
uneingeschränkte Bewunderung abgenötigt. Schon im 15. und 16. Jahr-
hundert hatte die venezianische Republik die allgemeine Aufmerk-
samkeit Europas auf sich gezogen. Nicht von gewöhnlichen Menschen
sei sie gegründet, sagt ein Bericht an den spanischen König Philipp II.,
sondern von Philosophen, ja von Gott selbst. Die ausländischen Beob-
achter rühmten den Geist der nationalen Solidarität, der in der gesamten
Bürgerschaft walte, die Trefflichkeit ihrer Gesetze, die innere Ausge-
glichenheit ihrer Verfassung, worin alle Regierungsformen in der rechten
Weise vereinigt seien. Damals preisen sich die Franzosen glücklich, wenn
sie aus den wilden Wirren, von denen ihr Vaterland erschüttert wird,
nach Venedig fliehen können, wo niemand Furcht oder Bedrängnis kennt,
wo jedermann wie auf einer Insel des Rechtes und der Sicherheit seine
Tage zubringe. Auch der einzelne Bürger der Markus-Republik war stolz
auf seinen Staat und von der Vortrefflichkeit seinerVerfassung überzeugt.
Kapitel 12

Die deutsche Südostkolonisation des Mittelalters

Die mittelalterliche deutsche Südostkolonisation zeigt ein völlig anderes


Bild als die altbairische Stammeskolonisation der Karolingerzeit. Ver-
schieden sind Wege, Raum, Mittel und Erscheinungsformen der Sied-
lungsausbreitung. Jene altbairische Stammeskolonisation hatte sich auf
den Raum der Ostalpen und Westungarns beschränkt, ihre Stoßrichtung
ging aus der altbairischen Stammeslandschaft — dem heutigen Ober- und
Niederbayern — nach Osten und Südosten. Dagegen griff dann die
mittelalterliche deutsche Südostkolonisation viel mächtiger aus. Sie um-
spannte die Sudetenländer, das ungarische Tiefland und die umgebenden
Berglandschaften des großen Karpatenbogens (Slowakei, Siebenbürgen).
Die äußersten Wachstumsspitzen dieser Bewegung griffen noch weit
darüber hinaus, bis an das Schwarze Meer und bis in das Innere der
Balkanhalbinsel. Die Einwanderung der deutschen Kolonisten erfolgte
auf zwei großen Siedlungsbahnen. Die eine deckte sich mit der Stoß-
richtung der altbairischen Stammeskolonisation. Sie ging von dem Ost-
alpenraum aus strahlenförmig nach Nordosten, Osten und Südosten.
Von hier aus wurden Südböhmen, Südmähren und das westungarisdie
Grenzgebiet besiedelt. Von Einwanderern aus dem Ostalpenraum wur-
den auch die meisten Städte des inneren Ungarn und ein Teil der deutschen
Volkstumsinseln in der Slowakei begründet. Noch wichtiger war die zweite
Siedlungsibahn. Sie verlief von Mitteldeutschland aus längs des Gebirgs-
zuges der Sudeten und Karpaten bis in die Moldau (Siuceava) und
Walachei, ja sogar bis an das Schwarze Meer (Weißenburg, Akkerman,
Cetatea Alba). Der Strom deutscher Siedler überstieg frühzeitig die
mächtigen Gebirgsurwälder und begleitete sie auf der Südseite. So wurde
das Gebiet nördlich und südlich des Gebirgszuges der Sudeten und Kar-
paten von deutschen Kolonisten besetzt. Auf der Nordseite wurden
Obersachsen, die Lausitz und Schlesien eingedeutscht. In Kleinpolen
(Krakau), Galizien (Lemberg) und in der Moldau entstanden deutsche
Städte und Dörfer, mitten in einem fremden Volkstum, das sich be-
hauptete. Südlich des großen Gebirgswaldes wurden Nordböhmen und
Nordmähren eingedeutscht, während in der Slowakei, in der Karpaten-
Waldrodung. Gründung von Dörfern und Städten 189

ukraine und in Siebenbürgen ausgedehnte deutsche Volkstumsinseln


entstanden.
Audi in den Mitteln und Erscheinungsformen unterscheidet sich diese
mittelalterliche Südostkolonisation ganz ausgesprochen von der alt-
bairischen Stammeskolonisation der Karolingerzeit. Dort hatte es sich um
Dorfsiedlung auf gutem Ackerboden im Bunde mit der Missionstätigkeit
der bairischen Bistümer gehandelt, hier — im Hochmittelalter — handelte
es sich bei der bäuerlichen Siedlung überwiegend um Rodungsgründungen
auf ehemaligem Waldgebiet. Die Rodung der großen Urwaldlandschaften
im Karpatenbogen war die bleibende Kulturleistung der deutschen Bauern.
Die Erinnerung daran hat sidi in einem polnischen Sprichwort erhalten:
„Setze den Deutschen in einen W a l d und es ist, als ob ein Sturmwind
hindurchbraust". U n d eine böhmische Quelle des Mittelalters nennt die
deutschen Kolonisten „Männer der Arbeit" (Jiomines laboris). Die
Rodungskolonisation vollzieht sich nicht mehr—wie in der Karolingerzeit
— im Bunde mit deutscher Missionstätigkeit und unter dem Schutze der
deutschen Reichsgewalt, sondern auf Anregung und unter Förderung der
einheimischen Landesfürsten, der Könige von Ungarn-Kroatien, Böhmen-
Mähren und Polen. Noch gewichtiger war ein anderer Zug im Erschei-
nungsbild der mittelalterlichen Südostkolonisation, durch den sie sich von
der altbairischen Stammeskolonisation unterscheidet. Neben die bäuer-
liche Dorfsiedlung trat nunmehr im Hochmittelalter noch ein anderer
Träger der deutschen Kolonisation: die deutsche Stadt, deren wirtschaft-
liche Grundlage teils im Handel, teils im Bergbau ruhte.

Die Anfänge der deutschen Südostkolonisation setzten in Böhmen


und im Burgenland schon in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts ein.
Ein Jahrhundert später hatten deutsche Siedler bereits den W e g nach
Mähren, der Slowakei und Siebenbürgen gefunden. Der Hauptzuzug
deutscher Kolonisten begann dann nach dem furchtbaren Tatareneinfall
( 1 2 4 9 ) . Fair den wirtschaftlichen Wiederaufbau der verwüsteten Gebiete
war es nötig, deutsche Kolonisten ins Land zu ziehen. Die deutschen
Siedler, die als königliche „Gäste" (bospites) in das Land kamen, wurden
daher mit Privilegien überhäuft. In dem halben Jahrhundert nach dem großen
Tatareneinfall waren die deutschen Kolonisten in allen Ländern des Ostens
vielbegehrt als Kräfte des Neuaufbaus. In Böhmen-Mähren war König
Otokar II. Premysl ( 1 2 5 3 — 1 2 7 8 ) , in Ungarn-Kroatien König Bela IV.
190 Städtegründung und Bauernsiedlung

(1235—1270) ein großzügiger Förderer der deutschen Kolonisation. In


dieses halbe Jahrhundert nach dem Tatareneinfall fiel die stärkste Ein-
wanderung der Deutschen. Allerorts entstanden deutsche Handels- und
Bergbaustädte,überall wurden dieUrwälder von deutschen Bauern gerodet.
In den Sudetenländern waren wohl schon in der Karolingerzeit ein-
zelne deutsche Elemente eingesickert, die Anschluß an die im Lande
verbliebenen Reste germanischer Siedlung gewannen. Aber eine Einwan-
derung großen Ausmaßes, die man als „Kolonisation" bezeichnen kann,
setzte doch erst in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts ein. Seitdem
flutete die deutsche Einwanderung wie ein mächtiger Strom in die
Sudetenländer ein; zuerst von Mainfranken, Baiern und Österreich aus
nach Böhmen und Mähren, dann den Gebirgszug der Sudeten entlang
nach Schlesien. Die deutschen Einwanderer kamen auf die Einladung
der einheimischen Fürsten zur Besiedlung und wirtschaftlichen Erschließung
des dünn bevölkerten Landes. Nüchterne politische Erwägungen waren
es, diie den Fürsten die deutsche Kolonisation als wünschenswert er-
scheinen ließen. Man wollte durch Vermehrung der Bevölkerung die
Landesverteidigung stärken, durch Erschließung ungenutzten Landes und
unbekannter Bodenschätze den wirtschaftlichen Wohlstand des Landes
heben und durch die Übernahme der überlegenen deutschen Kultur das
eigene Ansehen im Kreise der Nachbarvölker heben.
Die deutsche Kolonisation spielte sich in zwei Hauptformen ab, als
Städtegründung und als Bauernsiedlung. Ausstrahlungsmittelpunkt und
Träger des deutschen Kultureinflusses in Südosteuropa war die deutsche
Stadt. Sie war nach ihrem Wesen und nach ihrer politisch-wirtschaft-
lichen "Funktion etwas gänzlich Neues, das in dem Vielvölkerraum Süd-
osteuropas bisher unbekannt gewesen war. Wohl hatte es in einem
begrenzten Teile Südosteuropas immer Städte gegeben. In dem Küsten-
sauime längs des Adriatischen Meeres, der von dem Einbruch der Slawen
verschont blieb, war das Fortleben des antiken Städtewesens niemals
durch eine Katastrophe völlig unterbrochen worden. Die geschichtliche
Entwicklungslinie führte hier ohne Bruch von dem Municipium der spät-
römischen und frühbyzantinischen Zeit zu der mittelalterlichen Stadt.
Aber diese mittelalterliche Stadt Istriens und Dalmatiens aus antiker
Wurzel ist ihrer Funktion und ihrem Wesen nach etwas anderes als die
deutsche Stadt. Von dem Dorf unterscheidet sie sich grundsätzlich eigent-
lich nur dadurch, daß sie mit Mauern befestigt ist. Was das Wesen und
die Funktion der deutschen Stadt des Mittelalters ausmacht, die Wehr-
Städtegründung als allgemeine Umwälzung 191

hoheit, die Selbstverwaltung, die privilegierte Rechtsstellung, das fehlte


dem Städtewesen Istriens und Dalmatiens teils völlig, teils war es nicht
zu jener Fülle von Rechtseinrichtungen entfaltet, die der deutschen Stadt
des Mittelalters eigen waren. Zudem war dieser „antike" Stadttypus
Istriens und Dalmatiens von der Küste aus niemals in das Binnenland
vorgedrungen.
Durch die neuen sozialen Lebensformen und wirtschaftlidien Fort-
schritte, die das städtische Bürgertum mit sich brachte, wirkte die deutsche
Stadt auf dem kolonisatorischen Neuland im Südosten mit umwälzender
Kraft als der Hebel der allgemeinen Neugestaltung. Gleichzeitig brachte
die uneingeschränkte Selbstverwaltung, die der deutschen Kolonialstadt
allerorts von den einheimischen Königen eingeräumt wurde, die Durch-
löcherung und weitgehende Außerkraftsetzung der einheimischen Ver-
waltungsbezirke (Kastellanei,Komitat).So schien die Sonderrechtsstellung
der „königlichen freien Städte", die überall die Gewalt der Landesver-
waltung durchbradi, der Sprengkörper für die Auflösung des ganzen
überkommenen Staatsaufbaues zu werden. Alle diese Dinge wirkten
zusammen und machten die Gründung deutscher Städte in Südosteuropa
zu einer gewaltigen Umwälzung des staatlichen, wirtschaftlichen und
gesellschaftlichen Lebens.
Für die deutsche Kulturausstrahlung nach Südosteuropa hatten die
Städte geradezu die Funktion von Vermittlungsorganen oder Zwischen-
stufen, über die das Kulturgefälle von Deutschland her eindringen konnte.
Zwischen der kulturellen Höhe des Volkes in Deutschland und in den
Ländern des Südostens bestand ein gewaltiger Unterschied. Dieser Unter-
schied war der Übernahme der höheren Kultur in vielfacher Hinsicht
hinderlich, da für die höhere Kultur jeder Ansatzpunkt fehlte. Bei der
Anspruchslosigkeit der einheimischen Bevölkerung und ihrer geringen
Kaufkraft fehlte der Antrieb des sozialen Aufstiegs. Mit dem Entstehen
einer deutschen Städtekultur in Südosteuropa wurde aber ein geeignetes
Vermittlungsglied eingeschaltet, das gewissermaßen ein Sammelbecken
des westlichen Kulturgefälles bildete, von wo sich die westliche Hoch-
kultur stufenweise über das ganze Land verteilte.
Die wirtschaftliche Grundlage der deutschen Kolonialstädte ruhte teils
im Handel, teils im Bergbau. Die Handelsstädte lagen an den großen
Verkehrsstraßen, auf denen sich der Fernhandel abspielte. Die Bergbau-
städte lagen an den Fundorten der bisher ungenutzten Bodenschätze, vor
allem in der Slowakei und in Siebenbürgen.
192 Kultur der deutschen Bürgerstädte

Die Bürger und Kaufleute der deutschen Stadt waren im mittelalter-


lichen Südosteuropa die Bringer der höheren Kultur, die deutschen Städte
waren die Träger und Mittelpunkte alles geistigen und wirtschaftlichen
Lebens. Hier sorgte der Fleiß deutscher Handwerker für den Bedarf des
ganzen Landes, in den Hallen deutscher Kaufleute strömten die Erzeug-
nisse des offenen Landes zusammen. Hier wurde der Handel von
Deutschland nach Polen, nach dem Schwarzen Meer und nach dem Orient
vermittelt. Die deutsche Bürgerschaft wurde dabei reich. Und dieser
äußere Reichtum gab auch die Möglichkeit zur Entfaltung einer regen
künstlerischen und literarischen Kultur.
In den deutschen Städten regten sich schon früh die Anfänge einer
bodenständigen Literatur. Zunächst waren es religiöse Erbauungsschriften,
die in den Klöstern der deutschen Städte schon im 14. Jahrhundert nach-
weisbar sind. In den deutschen Städten gab es ein blühendes Schulwesen,
in den größeren Städten wurden deutsche Marienspiele aufgeführt. Die
Gotik verbreitete sich durch deutsche Baumeister bis nach Siebenbürgen.
Die Kultur der jungen Völker konnte sich auf allen Gebieten des Lebens
der Einwirkung des deutschen Vorbildes nicht entziehen. Von den
deutschen Städten aus drangen alle Formen einer höheren Kultur in das
fremdvölkische bäuerliche Umland ein.
Der Gründung deutscher Städte ging die Dorfgründung voraus, über-
all war es so, daß die deutsche Kolonisation mit der Gründung bäuer-
licher Siedlungen einsetzte. Die Entstehung eines deutschen Kolonisten-
dorfes spielte sich ähnlich ab wie die Gründung einer deutschen Stadt.
Der Landesherr wies den zu besiedelnden Boden einem Unternehmer,
dem „£ocator" zu, der für die Gewinnung von Siedlern sowie für die
Gründung und Finanzierung der Siedlung zu sorgen hatte. Rechtlich
war freilich die Stadt völlig verschieden von dem Dorf. Sie besaß
Wehrhoheit und Selbstverwaltung. Beides fehlte dem Bauerndorfe.
*

In den Sudetenländern hat die deutsche Kolonisation vor allem den


mächtigen Gebirgswald gelichtet. In einer mühsamen Arbeit von zwei
Jahrhunderten drangen deutsche Bauern mit der Axt in den Urwald ein,
der von den slawischen Bewohnern mit ihren primitiven Werkzeugen
bisher gemieden worden war. Durch die Arbeit ganzer Generationen
wurden die Waldlandschaften an den Sudetenhängen in fruchtbaren
Ackerboden verwandelt. So kommt es, daß die tschechische Altbevölke-
Sudeten- und Karpatenländer 193

rung die fruchtbaren Ebenen und Hügellandschaften des inneren Böhmen


und Mähren bewohnt, während die deutschen Neusiedler sich mit den
kärgeren Landschaften am Gebirgsrande abfinden mußten.
Auf drei Wegen drang der Strom der deutschen Einwanderer nach
Böhmen und Mähren ein: Zunächst von Westen her über den Kamm
des Böhmerwaldes in den Waldgürtel am inneren Rand des böhmischen
Kessels. Dann ging eine mächtige deutsche Siedlungsbahn durch Qber-
sadisen und Schlesien dem Zuge des Sudetenbogens entläng und drang
auch von hier aus über den Gebirgskamm nach Böhmen und Mähren
hinüber. Ein dritter Siedlungsstrom ging von Niederösterreich aus nach
Nordosten und spannte über Mähren hinweg in weitem Bogen die Brücke
nach dem deutschwerdenden Oberschlesien. Unter den deutschen Sied-
lungen, die in Böhmen und Mähren entstanden, waren zahlreiche Berg-
baukolonien, Dörfer wie auch Städte. Die Zahl der Bergbaustädte über-
wog in den Sudetenländern die der ausgesprochenen Handelsstädte bei
weitem, da die großen Fernhandelsstraßen fast alle um Böhmen und
Mähren herumführten.
Von den Sudetenländern aus griff die deutsche Kolonisation nach
Ungarn über. Um die Bodenschätze des Landes durch den Bergbau zu
heben und um die dünnbevölkerten Grenzlandschaften im Karpaten-
bogen zu besiedeln, wurden deutsche Bauern und Bergleute ins Land
gerufen. So entstanden zunächst in Oberungarn (Slowakei) ausgedehnte
deutsche Siedlungslandschaften. Das Gebiet von Kremnitz und Schem-
nitz in der mittleren Slowakei ist ein ausgesprochenes Bergbaugebiet. Das
Zipser Siedlungsgebiet am Fuße der Hohen Tatra findet seine wirtschaft-
liche Grundlage teils im Bergbau, teils im Ackerbau, teils in der Vermitt-
lung des Orienthandels nach Deutschland und Polen. Auf diesem Handel
beruht auch die Blüte der großen deutschen Städte in den östlich an-
schließenden Komitaten Scharosch (Preschau-Eperies, Bartfeld) und Abauj
(Kaschau).
Von Oberungarn aus war der Strom der deutschen Siedlung weiter
nach Südosten vorgedrungen, wo in zwei Landschaften Siebenbürgens
neue deutsche Volkstumsinseln entstanden. Das nördliche deutsche Sied-
lungsgebiet umfaßt <den Nösnergau um Bistritz. Dort bot der Abbau
reicher Erzlager eine breite wirtschaftliche Grundlage. Das zweite
Siedlungsgebiet umfaßt den südlichen Grenzraum Siebenbürgens an den
Karpaten gegen die Walachei (mit den Städten Hermannstadt und
Kronstadt). Der südöstliche Winkel dieses Grenzraumes, das „Burzen-
13 Stadtmüller, Geschichte Südosteuropas
194 Städtegründungen in Ungarn

Iand", wurde von dem ungarischen König vorübergehend dem deutschen


Ritterorden zur Grenzwadit übertragen (1211). Jedoch wurden die
Deutsdiritter wegen ihres Bestrebens, sich einen selbständigen Ordens-
staat zu schaffen und die ungarische Oberherrschaft abzuschütteln, bald
wieder vertrieben (1225), von ihrer Aufbauarbeit aber zeugen noch heute
die Ruinen ihrer gewaltigen Burgen an den Karpatenhängen und in der
Walachei.
Durch diese Vertreibung der selbstbewußten Deutschordensritter
wurde die deutsche Kolonisation auf ungarischem Boden als Ganzes
überhaupt nicht in Mitleidenschaft gezogen. In Westungarn, in Ober-
ungarn und Siebenbürgen, allerorts blühte das deutsche Städtewesen in
immer reicherer Fülle auf. Die wichtigsten dieser deutschen Städte waren
Preßburg, ödenburg, Steinamanger, Komorn, Gran, Schemnitz, Neusohl,
Sillein, Leutschau, Kesmark, Bartfeld, Presdia«, Kaschau, Bistritz, Klausen-
burg, Schäßburg, Hermannstadt, Kronstadt. Alle aber überstrahlte bald
an Glanz und Reichtum das herrliche Ofen (Buda).
Die allgemeine Verwüstung Ungarns durch den Tatareneinfall (1241)
machte dann die Mithilfe der Deutschen für den wirtschaftlichen
Wiederaufbau des Landes doppelt unentbehrlich. In der Zeit nach
dem Tatareneinfall entstanden in dem ganzen Lande noch weiterhin
zahlreiche neue deutsche Städte, die von den Königen mit Privilegien und
Vorrechten ausgestattet wurden. Das deutsche Bürgertum entfaltete sich
machtvoll überall. Die deutschen Städte waren die Hauptträger des
geistigen und wirtschaftlichen Lebens. Für das ungarische Königtum
waren sie aber zugleich auch ein wertvoller innenpolitischer Rückhalt. Sie
waren nicht nur Träger des Handels und Gewerbes, Grundlage der
öffentlichen Finanzen und Stützpunkte der Landesverteidigung, sondern
vor allem auch die unentbehrlichen und zuverlässigen Bundesgenossen
gegen die Selbständigkeitsbestrebungen des machtbewußten madjarischen
Adels. Von einem ungarischen König wurde es geradezu in einer feier-
lichen Urkunde ausgesprochen (1320), sie seien „diejenigen Bürger des
Reiches, auf deren Kraft die Sicherheit der Grenze wie auf festen Säulen
ruhe, und deren unwandelbare Treue die Erfahrung fortdauernd rühm-
lich bewähre".
*

Die deutsdien Städtegründungen des 12. Jahrhunderts haben in den


deutsch-ungarischen Kulturbeziehungen einen neuen Entwiddungsab-
schnitt eingeleitet. Vorher waren die gestaltenden Kräfte des deutschen
Deutsch-ungarische Kulturgemeinschaft 195

Kultureinflusses nur feudal-gesellschaftlicher und kirchlicher Art gewesen.


Durch die deutschen Städtegründungen und die deutschen Bauernsied-
lungen wurde erst eine schicksalhafte volkstumsmäßige Verbundenheit
hergestellt zwischen dem deutschen und ungarischen Kulturraum, dem
deutschen Volke und den Völkern des Königreiches Ungarn.
Freilich blieb neben diesem durch die deutsche Kolonisation ver-
mittelten Einfluß die höfisch-ritterliche Kultur Deutschlands auch im
13. Jahrhundert noch weiterhin in Ungarn wirksam. Seit dem Anfang
jenes Jahrhunderts kamen deutsche Spielleute in steigender Anzahl nach
Ungarn. Auch die deutsche Ritterdichtung fand Zugang nach Ungarn.
Die westungarischen Ritterburgen mögen ihre hauptsächlichen Pflege-
stätten gewesen sein. Namhafte deutsche Dichter wie Oswald von
Wolkenstein und Heinrich von Mügeln hielten sich vorübergehend in
Ungarn auf.
Die enge deutsch-ungarische Kulturgemeinschaft, die durch die Ent-
stehung deutscher Städte und Bauern Siedlungen auf ungarischem Staats-
boden begründet wurde, spiegelte sich in den deutschen Lehnwörtern,
die damals in die madjarische Sprache übernommen wurden. Die
Handelsbeziehungen haben ihre sprachliche Spur hinterlassen in der
Bezeichnung zahlreicher Tuchsorten nach den deutschen Herkunfts-
städten. So bedeutet in der madjarischen Sprache „cjenti" ein Tuch aus
Gent, „löbi" ein Tuch aus Löwen, „äbi" ein Tuch aus Aachen, „melti"
ein Tuch aus Mecheln. Noch wichtiger sind die Lehnwörter aus dem
Kreise des bürgerlichen Lebens. Alle diese sprachlichen Entlehnungen in
ihrer Gesamtheit beweisen, daß das Madjarentum Begriffe und Lebens-
formen eines höher entwickelten gesellschaftlichen Zustandes von dem
deutschen Siedlungselement übernahm. Diese Steigerung der Kulturver-
mittlung setzte spätestens in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ein
und erreichte ihren Höhepunkt am Ausgang des 13. und am Anfang des
14. Jahrhunderts. Sie vollzog sich dadurch besonders rasch, daß in
manche deutsche Städte bereits im 14. Jahrhundert das madjarische Ele-
ment eindrang.
Es war natürlich, daß audi die höhere Geistigkeit der Madjaren sich
dem beherrschenden deutschen Einfluß nicht entziehen konnte. Mit der
Entstehung deutscher Universitäten in Prag (1348) und Wien (1365)
wandten sich die ungarländischen Studenten, die bisher die Pariser
Universität und im 14. Jahrhundert vor allem die italienischen Universi-
täten besucht hatten, den deutschen Universitäten zu. Es ist auch
13*
196 Dynastische und kirchliche Beziehungen

bemerkenswert, daß alle kurzlebigen Versuche, auf ungarischem Boden


eine Hochschule ins Leben zu rufen, sich in Transdanubien (West-
ungarn) abspielten, wo der deutsche Kultureinfluß am stärksten war.
Audi dynastische und kirchliche Beziehungen vermittelten viele deutsche
Kultureinflüsse. Man braucht nur die heilige Elisabeth zu nennen, um
klarzumachen, wie eng die deutsch-ungarische Kulturdurchdringung im
Hoch- und Spätmittelalter war. Diese Heiligengestalt, die Gemahlin eines
Landgrafen von Thüringen, die den Weg zu Gott in der helfenden Tat
für die Armen suchte, stammte aus dem ungarischen Königshause der
Arpaden. Solche dynastische Verbindungen waren damals nicht selten.
Bis in das 13. Jahrhundert hinein kamen auch noch hochpolitische Heiraten
zwischen Deutschland und Byzanz vor.
Noch auf zwei anderen Wegen sind damals deutsche Siedler nadi
dem Südosten eingewandert. Zuerst aus dem bairisch-österreichisdien
Alpenraum, einerseits von Niederösterreich aus nach Westungarn, anderer-
seits von dem oberen Steiermark und dem oberen Kärnten aus in das
slowenische Sprachgebiet. Von den deutschen Städten, die dort entstan-
den (Marburg, Pettau, Laibach, Cilli) reichte der Einfluß der deutschen
Stadtrechtsverfassung und der deutschen Bürgerkultur bis hinunter nadi
Agram und Fünfkirchen.
*

Von Ungarn aus fand die deutsche Kolonisation und mit ihr die
deutsche Kultur ihren Weg zu den Rumänen, ja in einzelnen verstreuten
Vorläufern sogar bis nach Bulgarien,Serbien und Bosnien. Schon zur Zeit,
da die Rumänen sich als Volk herauszukristallisieren begannen, traten sie
in den Bannkreis der abendländischen Kultur. Der Ausstrahlungskraft
der deutschen Städte, die in den benachbarten Landschaften Sieben-
bürgens und der nördlichen Moldau (Bukowina) während des 13. Jahr-
hunderts entstanden waren, konnten sich die jungen rumänischen
Fürstentümer der Moldau und der Walachei nicht entziehen. Die rumä-
nische Sprache übernahm damals aus der Berührung mit dem Bürgertum
der deutschen Städte zahlreiche deutsche Lehnwörter, die ein getreues
Spiegelbild des deutschen Einflusses geben. Es ist bezeichnend, daß unter
diesen Lehnwörtern völlig solche fehlen, die auf engere geistige Beziehun-
gen schließen ließen. Die selbstgewollte Abschließung der Siebenbürger
Sachsen in ihre „Sächsische Nation" hat zwischen Deutschen und Rumänen
eine breite völkische, soziale und religiöse Kluft bestehen lassen. So
Rumänien, Bulgarien, Serbien, Bosnien 197

konnte es damals noch nicht zu einer eigentlichen geistigen Berührung


kommen. Die deutschen Einflüsse und Anregungen beschränkten sidi
auf das Gebiet der äußeren Sachkultur.
Von Siebenbürgen und der Bukowina aus war die deutsche Städte-
gründung auch in die rumänischen Fürstentümer Walachei und Moldau
eingedrungen. Am Süd- und Ostabhang der Karpaten entstanden ver-
schiedene deutsche Städte: Campulung in der Walachei, Baia, Cotnar,
Targul-Neamt, und andere in der Moldau. Die Städte an den Karpaten-
pässen — vor allem Hermannstadt, Kronstadt und Bistritz — unterhielten
lebhafte Handelsbeziehungen zu den benachbarten rumänischen Fürsten-
tümern und bis an das Schwarze Meer. Als einer der Baumeister der
Klosterkirche von Curtea de Argesch, die als der herrlichste altrumänisdie
Kirdienbau gilt, wird ein Vitus genannt, also wohl ein Deutscher namens
Veith. Die Keramik an den moldauischen Kirchen des Spätmittelalters
stammt aus siebenbürgisch-sächsischen Werkstätten. Aus Siebenbürgen
sind wohl auch die gotischen Fenster- und Torbögen in die altrumänisdie
Kunst eingedrungen. Siebenbürgisch-sächsische Goldschmiede arbeiteten
für die rumänischen Fürsten. So wissen wir, daß sächsische Meister dem
moldauischen Fürsten Stephan II. d. Gr. (1457—1504) ein Prachtschwert
nach „walachischer Art" fertigten, das dem Fürsten sehr gefiel.
Die südlichen Wachstumsspitzen der deutschen Südostkolonisation
reichen noch weiter, bis nach Bulgarien, Serbien und Bosnien hinein.
Sächsische Bergleute, die wahrscheinlich aus Siebenbürgen stammten,
ließen sich in Tschiprovtzi in dem nordwestlichen Bulgarien nieder. Ein
dortiger Dorfname Sasa hat bis zum heutigen Tage die Erinnerung an
jene Sadisen bewahrt. In ihrer Abgeschiedenheit wurden diese deutschen
Bergbausiedlungen bald von ihrer bulgarischen Umwelt eingeschmolzen,
doch behielten sie ihre katholische Religion auch inmitten der orthodoxen
Umgebung bei. In Serbien entstanden während des 13. Jahrhunderts
ebenfalls verschiedene deutsche Bergbausiedlungen, die bis in die Gegend
des Amselfeldes (Neuenberg-Novobrdo) sich erstreckten. Durch die
Türkenherrschaft wurden sie schon zu Ende des 14. Jahrhunderts ver-
nichtet. Dasselbe Schicksal hatten die sächsischen Bergbausiedlungen, die
sich an den reichen Silberlagern Bosniens (Srebrenica d. h. „Silberstadt")
entwickelt hatten.
*

Bis in das frühe 14. Jahrhundert dauerte die Neugründung von


Siedlungen an. Sie steigerte sich gegen die Jahrhundertwende (1300) zu
198 Erlöschen des deutschen Kolonistenzustroms

einem wahren Gründungsfieber, das die wirtschaftlichen Entwicklungs-


möglichkeiten des kolonialen Neulands weit überschätzte. So kam es,
daß zahlreiche dieser neugegründeten Siedlungen nidit lebensfähig waren
und schon zu Ende des Mittelalters wieder verschwanden („Wüstungen").
Um die Mitte des 14. Jahrhunderts war die gewaltige Flutwelle der
deutschen Ostkolonisation zu Ende. Der Kolonistenzustrom aus Binnen-
deutschland stockte und versiegte dann jäh. N u r da und dort sind in
vereinzelten Landschaften noch schwache Nachschübe deutscher Kolo-
nisten eingetroffen. In der Hauptsache aber ist damals der Zustrom
deutscher Siedler versiegt. Das Kolonistenfieber, das seit zwei Jahrhun-
derten das riesige Dreieck zwischen Ostsee, Adria und Schwarzem Meer
mit einer wimmelnden Unruhe erfüllt hatte, war endgültig erloschen.
Staunend und fragend steht der historische Betrachter vor diesem
rätselhaften Schauspiel. W a s an „Ursachen" für dieses plötzliche Erlah-
men der kolonisatorischen Kraft gewöhnlich angegeben wird, erweist sich
bei näherer Prüfung nur als äußerliches Symptom, das selbst nach Er-
klärung verlangt. Der Historiker muß sich damit bescheiden, diese Sym-
ptome aufzuzählen und zu beschreiben, sich aber dabei stets bewußt zu
bleiben, daß an diesem vielschichtigen Wurzelgeflecht von Symptomen
nur ein geheimnisvolles Erlahmen der völkischen Lebenskraft zum
Ausdruck kommt, dessen hintergründige letzte Ursache dem mensch-
lichen Verstehen verschlossen bleibt.
Dieses Nachlassen der Lebenskraft war nicht auf das deutsche Volk
beschränkt, sondern eine gesamtabendländische Erscheinung. Damals war
es in allen Ländern Mittel- und Westeuropas so, daß die ungeheure
Bevölkerungsvermehrung, die seit Jahrhunderten angedauert hatte, um
diese Zeit ziemlich plötzlich zum Stehen kam, um erst nach 1600 wieder
aufzuleben.
Das Erlahmen der deutschen kolonisatorischen Kraft in Südosteuropa
zeigte sich in vielfältigen Symptomen. Die großen Geschlechter der
Grundherrn und werdenden Landesfürsten, von denen bis dahin die
Siedlung vor allem ausgegangen war, starben aus. Das bäuerliche Land
trat an wirtschaftlicher und militärischer Bedeutung hinter den reichen
und wohlbefestigten Städten zurück. Im großen Pestjahr 1348 raffte der
Schwarze T o d Hunderttausende von Menschen hinweg. Aber hinter all
diesen und anderen Anzeichen einer W e n d e steht eine für uns letztlich
unfaßbare hintergründige Ursache. Es war, als ob die Lebenslinie des
deutschen Gesamtvolkes, das Jahrhunderte hindurch in mächtigem Aus-
Ertrag der deutschen Südastkolonisation 199

greifen und Aufsteigen gewesen, durch rätselhafte Schicksalskräfte


wieder abwärts geführt würde. Die großen äußeren und inneren Kata-
strophen, die seit dem 13. Jahrhundert über das Deutsche Reich und
Volk hereinbrachen, sind nur die oberflädhenhaften Anzeichen dieser
rätselhaften Schicksalswende.
*

Dem deutschen Volkstumsboden hat die Kolonisationsbewegung des


Hochmittelalters eine gewaltige Erweiterung gebracht. Einerseits wurde
die Grenze des Binnendeutschtums um ein mächtiges Stück vorgeschoben,
andererseits entstanden außerhalb des geschlossenen deutschen Volks-
tumsboden im fremdvölkischen Vorgelände eine Anzahl größerer oder
kleinerer deutscher Volkstumsinseln. Am umfangreichsten und bedeu-
tendsten war die Vorschiebung der geschlossenen deutschen Volkstums-
grenze. Weite Landschaften wurden bleibend eingedeutscht. So der
Grenzstrich zwischen Westungarn und Niederösterreich (das „Burgen-
land" am Neusiedler See), ferner Südmähren, Südböhmen, Westlböhmen
mit dem Egerland, Nordböhmen, Schlesien. Diese Gebiete bildeten von
da an ein unlösliches Ganzes mit dem binnendeutschen Volkstumskörper.
Und auch die Stürme der folgenden Jahrhunderte mit ihren Wirtschafts-
nöten und den Entnationalisierungsbestrebungen haben das Deutschtum
dieser Gebiete nicht nennenswert zu schwächen vermocht. Erst die
Katastrophe von 1945 hat in vielen dieser Landschaften die abend-
ländische Kulturleistung deutscher Einwanderer vernichtet.
Anders war es mit den deutschen Volkstumsinseln in der fremd-
völkischen Umwelt. Sie waren ohne Zusammenhang mit dem Binnen-
deutschtum und blieben daher während der folgenden schweren Jahr-
hunderte auf ihre eigene Selbstbehauptungskraft angewiesen. Diese aber
hat vielfach nicht ausgereicht. Die vorgeschobenen deutschen Volkstanz-
gruppen sind daher in den nächsten Jahrhunderten "ziemlich geschwächt
worden. Städte und Bauernsiedlungen haben dabei ein verschiedenes
Volkstumsschicksal gehabt. Die vorgeschobenen Städte, die ganz ver-
einzelt mitten im andersvölkischen Umland lagen, sind während der
nächsten Jahrhunderte langsam im Meere des fremden Volkstums unter-
gegangen. Sie sind der allmählichen Unterwanderung erlegen. Das
fremde Volkstum ist von der bäuerlichen Umgebung in die Stadt ein-
gesickert, zunächst in die Unterschicht, um dann von dort aus schrittweise
auch in die Oberschicht aufzusteigen. So sind die deutschen Städte durch
200 Schicksale des Spradiiinseldeirtsdituaiis

den steigenden Zuzug vom Lande her im Laufe der Jahrhunderte unmerk-
lich langsam entdeutscht worden.
Die vereinzelten deutschen Bauernsiedlungen hatten ein anderes
Schicksal. Sie gaben ihr Volkstum nicht auf. Die deutschen Kolonisten-
bauern blieben in ihrem engen bäuerlichen Lebenskreis unter sich. Hier
lag kein Anreiz und keine Notwendigkeit dafür vor, sich dem fremden
Volkstum anzupassen. Anders war dies für alle jene, die aus dem
geschlossenen bäuerlichen Lebenskreis hinaufstrebten in die gesellschaft-
liche Oberschicht. Dort, wo die Oberschicht fremdvölkisch war, mußte
der emporstrebende Deutsche sein Volkstum zwangsläufig verlieren. So
war es vor allem im neuzeitlichen Ungarn, wo das bäuerliche Deutschtum
in Südungarn zwar auf dem Dorfe sein Volkstum zähe behauptete, aber
es nicht vermochte, eine Volksdeutsche Oberschicht hervorzubringen. Die
gesellschaftliche und politische Oberschicht im Königreiche Ungarn war
madjarisch, dachte und fühlte madjarisch. W e r dorthin aufstieg, mußte
im Madjarentum aufgehen, er wurde Madjare. Die deutschen Bauern-
söhne, die während des 19. Jahrhunderts in ungarische Beamtenstellungen
einrückten, haben im allgemeinen schon in der ersten Generation ihr
Deutschtum aufgegeben. Dies war die tiefe Tragik der vereinzelten
bäuerlichen Volkstumsinseln: das Deutschtum erhielt sich auf dem Dorfe,
aber bei dem Fehlen einer Oberschicht kam es nicht zum völkischen und
politischen Bewußtsein seiner selbst.
Glücklicher war die Lage dort, wo deutsche Volkstumsinseln von einer
gewissen Ausdehnung sowohl Bauernsiedlungen als auch Städte um-
faßten. Stadt und Dorf haben sich hier gegenseitig gestützt. Die deutsche
Stadt blieb von fremdvölkischer Unterwanderung verschont, denn der
Zuzug vom Lande war deutsch, da die bäuerliche Umgebung der Stadt
deutsch war. Umgekehrt hatte das deutsche Bauerntum die Möglichkeit,
in der nahen deutschen Stadt mit ihren deutschen Schulen sich eine eigene
Oberschicht heranzubilden.
So bestätigt sich auf dem heißen Vielvölkerboden Südosteuropas jene
uralte Einsicht: Ein Volkstum kann sich nur dann in seinem biologischen
Bestände behaupten, wenn es eine starke Grundschicht hat. Es kann aber
nur dann zu einem politisch selbstbewußten Volkskörper werden, wenn
die geistige Führung einer eigenvölkischen Oberschicht anvertraut ist.
Dieses Zusammenwirken von Stadt und Land bei der Erhaltung und
politischen Führung des Volkstums war in der Geschichte des vorge-
schobenen Sprachinseldeutschtums ein seltener Idealfall. Er ist Wirklich-
Schicksale des Spradiinseldeutsditams 201

keit gewesen in den beiden mährisdien Sprachinseln von Iglau und


Mährisch-Trübau, abgeschwächt in den beiden slowakischen Sprachinseln
von Kremnitz-Schemnitz-Deutschproben und der Zips, vor allem aber in
den beiden großen siebenbürgischen Sprachinseln. Dort hat sich das
Deutschtum daher überall sehr gut gehalten, nur in der Zips ist es am
Ende des 19. Jahrhunderts im Gefolge der Madjarisierung abgebröckelt
und zusammengeschrumpft.
Xapitei i3

Die albanisch-rumänische Wanderungsbewegung


(1 l . - l 3. J a h r h u n d e r t )

Die Volkstumskarte Südosteuropas wurde im Hoch- und Spätmittel-


alter durch zwei große Siedlungsbewegungen völlig umgestaltet: vom
Westen her durch die deutsche Kolonisation, die im Zuge der großen
abendländischen Ostbewegung eindrang, und gleichzeitig, aber in um-
gekehrter Richtung — vom Südosten her — durch die albanisch-rumänische
Siedlungsausbreitung.
Ein halbes Jahrtausend vorher hatte die awarisch-slawische Landnahme
(um 600) den geschlossenen Volkstumsblock der Balkanromanen auf-
gesplittert. Die Massen der slawischen Ackerbauern waren über die Donau
herübergekommen und hatten das offene Land besetzt. Die balkanroma-
nische Bevölkerung wurde verdrängt. Ein Teil flüchtete nach den befestig-
ten Städten, vor allem in den Küstenstrichen längs des Schwarzen und
Adriatisch-Jonischen Meeres. Dort konnten sie sich viele Jahrhunderte
lang behaupten. Erst im Hoch- und Spätmittelalter gewann dann das durch
Unterwanderung vordringende slawische Volkstum in den romanischen
Städten Dalmatiens die Vorherrschaft, während sich auf den vorgela-
gerten dalmatinischen Inseln das Romanentum noch länger hielt.
Ein anderer Teil der alten balkanromanischen Bevölkerung bewahrte als
Hirten in den Bergen Sprache und Volkstum. Dies waren die Vorfahren
der heutigen Albaner und Rumänen. Beide Völker haben vom 7. bis
11. Jahrhundert als schweifende Viehzüchter auf den Bergen gelebt ohne
eine äußere staatliche Geschichte. Erst seit der Jahrtausendwende werden
sie bei den byzantinischen Geschichtsschreibern überhaupt erwähnt.
ö b e r ihre innere Entwicklungsgeschichte während des dunklen halben
Jahrtausends nach der slawischen Landnahme (600—1100) gibt die
kulturgeschichtliche Ausdeutung des Sprachbestandes („Wörter und
Sachen") hinlänglichen Aufschluß. Beide Völker lebten nach Ausweis ihrer
zahlreichen Sprachgemeinsamkeiten in einer engen, lange dauernden Sym-
biose. Die Heimat des uralbanischen und frühalbanischen Volkes lag in
Frühgeschichte der Albaner und Rumänen 203

vorslawischer und nachslawischer Zeit in dem nordalbanischen Bergland.


Demnach muß auch die Heimat der mit ihnen benachbarten rumänischen
Hirtenstämme unweit davon gelegen haben.
Aus diesen Erkenntnissen läßt sich die Frühgeschichte der Albaner und
Rumänen in ihren Hauptlinien zurückverfolgen: Die allgemeine Romani-
sierung hatte im Verlauf der römischen Kaiserzeit den gesamten inneren
Balkan erfaßt und umgestaltet. Von der adriatischen Küstenzone und
von den großen Garnisonen an der Donaugrenze aus wurde allmählich
das ganze Binnenland romanisiert. Zunächst ging die Bevölkerung der
Städte zum Gebrauch der lateinischen Reichssprache über, es folgten die
Bauern des offenen Landes und schließlich auch die Hirten der Berge. Die
Stämme der Wanderhirten haben sich auf ihren Bergen am längsten der
Romanisierung entzogen. Noch im 6. Jahrhundert wurde die thrazische
Mundart der Bessen vereinzelt gesprochen. Im nordalbanischen Mati-
Gau, durch schwer übersteigbare Gebirgswälle von der zersetzenden Be-
rührung mit der römischen Reichskultur und der lateinischen Reichs-
sprache geschützt, konnten die uralbanischen Hirten ihre angestammte
Sprache noch behaupten. Aber dem übermächtigen Einfluß der Romani-
sierung wäre auch die Mundart der Uralbaner mit der Zeit erlegen. Schritt
um Schritt drangen lateinische Elemente auch in das Uralbanische ein.
Die Romanisierung war im ständigen Vordringen. Hätte diese Entwick-
lung noch ein Jahrhundert angedauert, dann wären audi die Uralbaner
zu Balkanromanen geworden. N u r die slawische Landnahme hat die Ur-
albaner vor dem Versinken im Meere des Balkanromanentums bewahrt.
Der Einfluß der Romanisierung wurde durch das Eindringen der Slawen
plötzlich unterbrochen. Die uralbanische Mundart, mitten in der Romani-
sierung begriffen, erstarrte auf jener Entwicklungsstufe, die sie unter der
Einwirkung der Romanisierung zur Zeit der slawischen Landnahme er-
reicht hatte. (Das heutige Albanische besteht noch etwa zu einem Viertel
aus lateinischen Lehnworten.)
Nach der slawischen Landnahme haben die Albaner und die stamm-
verwandten Rumänen ( „ W l a c h e n " ) nahezu ein halbes Jahrtausend
hindurch ein fast gesdiichtsloses Leben geführt. W ä h r e n d die fruchtbaren
Ebenen und Hügellandschaften von slawischen Adeerbauern besetzt
waren, lebten die Wanderhirtenschwärme der Albaner und Rumänen in
der Mattenregion der Hochgebirge, wo ihre Herden die besten Weide-
möglichkeiten vorfanden. Zu Anbruch der kalten Jahreszeit gaben sie
ihre Alm- und Sennereiwirtschaft auf den Bergen auf und zogen mit ihren
204

Novipazar

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^••MVi
[MirditaAV.V.

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.Saloniki

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THESSALIEN

Chalkis
Naupakios (Leointo)

Patras

Korinth

DIE ALBANISCHE
SIEDLUNGSAUSBREITUNG
11- 20.3h
Grenze der geschlossenen Verbreitung des
fhxmd Albanischen als Muttmprache um 1312
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Sprache und Volkstum um 1200


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Rumänische [ ö S ] Albaner £ > )
(walachische)
•Wandtrhirtcn

Karte 1 2
206 Siedlungsausbreitung der Albaner

Herden wieder talwärts, um in wärmeren Flußtälern oder in der Küsten-


ebene zu überwintern.
So verlief die Geschichte dieser Wanderhirtenschwärme Jahrhunderte
hindurch — Geschichte abseits der Weltgeschichte. Die Raubinstinkte
dieser Hirtenstämme waren gebändigt durch das großbulgarische Reich,
in dessen Rahmen sie lebten. Solange das balkanische Binnenland unter
bulgarischer Herrschaft zusammengefaßt war, mußten auch die Albaner
und Rumänen wohl oder übel Ruhe halten. Als aber dann zu Ende des
10. Jahrhunderts das großbulgarische Reich unter den Schlägen der ost-
römischen Armeen auseinanderbrach, da war die geschichtliche Stunde
der beiden Hirtenvölker gekommen. Nun treten sie zum ersten Male in
der Mittagshelle der Geschichte hervor. Und es dauerte nur zwei kurze
Jahrhunderte, da waren beide Völker bereits zu gewichtigen politischen
Faktoren auf der Balkanhalbinsel geworden.

Die Albaner erscheinen im 11. Jahrhundert zum ersten Male in den


Berichten zeitgenössischer Geschichtsschreiber — schon damals in jener
Rolle, die sie seitdem fast ununterbrochen gespielt haben: als Söldner
im Dienste fremder Herren. Schon bald darauf muß ihre große Siedlungs-
ausbreitung eingesetzt haben. Die aufgestaute Volkstumskraft quoll über
die Gebirgsränder des Mati-Gaues heraus. Im 11. und 12. Jahrhundert
wurde das Küstenland Niederalbaniens, im 13. Jahrhundert West-
mazedonien und Südalbanien besiedelt. Und als nach dem Tod des
Serbenzaren Stephan IV. Duschan (1331—1355) das großserbische Reich
auseinanderbrach, da setzte ein mächtiges Vordringen der Albaner auch
nach Süden ein. Zunächst wurde Epirus besiedelt, dessen nördlicher und
westlicher Teil (Südalbanien und Tschamerija) noch heute albanischer
Volkstumsboden ist. Dann ging die albanische Ausbreitung weiter nach
Akarnanien, Ätolien und von hier aus einerseits über den Golf von
Korinth nach Morea hinüber, andererseits nach Böotien und Attika. Im
Zuge der venezianischen Siedlungspolitik wurden dann sogar auf die
Inselwelt des Ägäischen Meeres Albaner verpflanzt.
Rund die Hälfte des griechischen Volkstumsbodens wurde damals von
den Albanern besetzt. In welchem zahlenmäßigen Verhältnis griechische
Altsiedler und albanische Neusiedler zueinander standen, und wie sich
das Zusammenleben der beiden Völker gestaltete, bleibt unklar. Im Laufe
der Jahrhunderte hat dann das Griechentum durch seine kulturelle über-
Wladren iim inneren Balkan 207

legenheit und vor allem durch die kulturelle Wirksamkeit der orthodoxen
Kirche das verlorene Gebiet Schritt für Schritt zurückgewonnen. Die
orthodoxen Albaner nahmen unter kirchlichem Einfluß die griechische
Sprache an und begannen bald, sich selbst als Griechen zu fühlen.
Die Albaner des Mutterlandes sind im 13. und 14. Jahrhundert stark
unter den abendländischen Kultureinfluß geraten, der durch das angio-
vinisdie Königreich Neapel und die benachbarten venezianischen Be-
sitzungen vermittelt wurde. Im 15. Jahrhundert wurden sie dann durch
die anbrechende Türkenherrschaft zu einer erneuten Siedlungsausbrei-
tung veranlaßt. Die neue Auswanderung spielte sich in verschiedenen
Formen ab: Zunächst verließen größere Massen Albaner als Flüchtlinge
ihre Wohnsitze in Albanien und Morea und siedelten sich in Italien
(Sizilien, Kalabrien, Basilicata, Apulien, Rosciano) an.
*

Die mit den Albanern spradwerwandten Rumänen haben eine größere


und reichere Geschichte. Im 10. Jahrhundert werden die „wlachischen"
Wanderhirten zum ersten Male in der Gegend von Kastoria, also im
Grenzgebiet Thessaliens und Mazedoniens erwähnt. Der mächtige Ge-
birgsstock des Pindus war schon damals von Rumänen besiedelt. Aber
auch überall sonst, wo in der Hochregion der Berge günstige Weideplätze
vorhanden waren, gab es rumänische Hirten. So in Mazedonien, Serbien,
Bulgarien und in den Bergen Dalmatiens (Maurowlachen, d. h. „schwarze
Wlachen", später „Morlakken" genannt). Daneben aber scheint es am
Unterlauf der Donau damals seßhafte Romanen gegeben zu haben, die
Nachkommen der balkanromanischen Bevölkerung der Donaustädte, die
an der Kulturentwiddung des großbulgarischen Reiches im Frühmittelalter
einen bedeutenden Anteil gehabt hat. Nach der Eroberung dieses Ge-
bietes durch die Oströmer (972) wurde es dem oströmischen Reich als
Provinz Paristrion einverleibt. Dann tauchten um 1100 auf dem rechten
Ufer der Donau — in der heutigen Dobrudscha — örtliche Kleinherrschaf-
ten auf, deren Führer turkvölkische (kumanische oder petschenegische)
Namen tragen. Die rumänisdie Bevölkerung wurde hier also von einer
turkvölkisdhen Herrenschicht politisch organisiert.
Die große Ausbreitung des rumänischen Volkes in das damals noch
unersdilossene Urwaldgebiet der Karpaten ging aber nicht von den seß-
haften Romanen des Paristrion, sondern von den „wlachischen" Wander-
hirten der innerbalkanischen Berglandschaften aus. Auch ihre Führer
208 Gründung der Fürstentümer Walachei und Moldau

nördlich der Donau tragen zu einem guten Teile kumanische Namen. Die
Kumanen scheinen also an dieser großen waladiisdien Nordwanderung
einen beträchtlichen Anteil gehabt zu haben.
U m 1210 werden die Rumänen zum ersten Male sicher in Siebenbürgen
erwähnt, und zwar in der Gegend von Fogarasch im südwestlichen Sieben-
bürgen. Dort hat sich um jene Zeit am Südhang der Karpaten unter
der Schutzherrsdiaft des ungarischen Königs auch das älteste rumänische
Staatswesen entwickelt. Wie die Namen zeigen, war die Herrenschicht
wenigstens zu einem guten Teile turkvölkischer Abstammung. Die Haupt-
stadt war zuerst Argesch, dann Campulung, schließlich Targovischte. Im
14. Jahrhundert war dieser von Ungarn bisher abhängige Staat schon
so erstarkt, daß sein Herrscher, der den türkischen Namen Basarab trug,
es wagen konnte, die ungarische Oberherrschaft abzuschütteln. In dem
Krieg, der darüber ausbrach, gelang es Basarab, das ungarische Heer in
den Karpaten zu umzingeln und zu vernichten (1330). Audi dem mäch-
tigen ungarischen König Ludwig dem Großen (1342—1382) gelang die
Unterwerfung der Walachei nur auf kurze Zeit. Bald rissen sich die
Walachen wiederum los. 1369 wurde ein ungarisches Heer in der
Waladiei vernichtet. Damit war die Selbständigkeit des rumänischen
Fürstentums der Walachei gesichert.
Im 14. Jahrhundert entstand das zweite rumänische Staatswesen. Um
1360 gründete der ungarische König eine Grenzmark Moldau, die rumä-
nischen Woiwoden zur Bewachung gegen die von Osten drohenden
Tataren anvertraut wurde. Ausgangspunkt dieser Staatsbildung war die
Berglandschaft von Marmarosch (Maramuresch). Aber schon im Jahre
1365 riß sich dieses Vasallenfürstentum vom ungarischen Staate los und
machte sich zum selbständigen Staate, dessen Schwergewicht sich nun-
mehr ostwärts an die große Handelsstraße Lemberg—Suceava—Akkerman
verlegte. Unter ständigen Kämpfen mit den Polen und Tataren wurde das
Staatsgebiet, dessen älteste Hauptstadt das kirdien- und klosterreiche
Suceava war, nach Norden und Osten ausgedehnt. — Die weitere macht-
politische Entfaltung der beiden rumänischen Fürstentümer wurde sehr
dadurch gehemmt, daß im 15. Jahrhundert beide in ständige gegenseitige
Kämpfe verwickelt waren.
*

Um die Achse des großen Karpatenbogens hatte sich im 13. bis 15.
Jahrhundert der mächtige rumänische Volkstumsblodk herausgebidet.
Aber die rumänische Siedlungsausbreitung beschränkte sich nicht auf das
Waladiisdne Stedlurngsausbreitung 209

Gebiet beiderseits des Karpatenbogens — Siebenbürgen, Moldau, W a -


lachei — , sondern sie erfaßte von Siebenbürgen aus auch die Nachbar-
landschaften Ostungams. Dabei scheint diese Ausbreitung zunächst
ausgegangen zu sein von drei Kerngebieten, die von den walachischen
Wanderhirten zuerst besiedelt worden waren: Fogarasch, Marmarosch
und Bihar. Diese drei Berglandschaften, deren Hochregion reich an aus-
gezeichneten Weideplätzen ist, scheinen die einwandernden Walachen be-
sonders angelockt zu haben. Von dort aus wurde zunächst Siebenbürgen
besiedelt, dann folgte die Ausbreitung von Siebenbürgen aus einerseits
über die Karpaten nach der Walachei und der Moldau hinüber, anderer-
seits nach Nordwesten, dem Südhange der Karpaten entlang durch die
Karpatenukraine und die Slowakei bis nach Mähren und bis an die
Grenze Oberschlesiens. In Mähren erinnert an diese große walachische
Siedlungsbewegung noch heute die Landschaftsbezeiehnung der „mähri-
schen Walachei". Nachkommen walachischer Hirten sind wahrscheinlich
auch die „Goralen", ein an der schlesisch-kleinpolnischen Grenze in der
Hochregion der Karpaten sitzender Volkssplitter, der heute polnisch
spricht, aber auf Grund anthropologischer und volkskundlicher Tatsachen
auf die Walachen zurückgeführt werden muß. In den älteren Quellen
werden die Goralen auch noch als Valadbi -bezeichnet. Die walachische
Wanderungsbewegung hat weiterhin den größten Teil Galiziens erfaßt
und darüber hinaus sind einzelne walachische Hirtenschwärme quer
durch die Ukraine sogar bis nach Nordkaukasien vorgedrungen.
Diese „walachische" Ausbreitung als geschichtliche Gesamterscheinung
darf freilich nicht restlos mit der Ausbreitung des rumänischen Volkstums
gleichgesetzt werden. Der Name „Walache" bezeichnete damals nicht nur
denjenigen, der rumänisch sprach, sondern einen jeden, der dieselbe
soziale Lebensform wie die rumänische Hirtenbevölkerung hatte und der
im Besitze des „walachischen Rechtes (jus valadhicum, jus valadhale) war.
Dieses walachische Recht sicherte den Wanderhirten eine gewisse Vor-
rechtsstellung. Sie besaßen unter ihren Woiwoden und Knesen eigene
Verwaltung und eigene Rechtsprechung. Sie hatten nur geringe Abgaben
zu entrichten und unterstanden unmittelbar der Finanzverwaltung der
königlichen Kammer. Solche Vorrechte, die das ungarische Königtum den
Walachen einräumte, übten eine ungeheure Anziehungskraft aus. Sie
wirkten wie eine gewaltige Saugpumpe, durch die immer neue Schwärme
walachischer Wanderhirten aus ihrer innerbalkanischen Heimat über die
Donau herüber auf ungarischen Boden gezogen wurden. Hier konnte der
14 Stadtmüller, Geschichte Südosteuropas
210 Jus valachicum

apostolische König von Ungarn die walachisdien Hirten zur Besiedlung


der menschenleeren Grenzlandschaften gut gebrauchen. Den rumänischen
Wanderhirten haben sich dann ukrainische und slowakische Gruppen an-
geschlossen. In den zeitgenössischen Quellen werden diese verschiedenen
Gruppen nicht nach der Sprache unterschieden. Alle werden gleichmäßig
als „Walachen" bezeichnet. Die Nachbarstaaten — Böhmen-Mähren und
Polen-Litauen — haben durch Übernahme des „walachischen Rechtes"
die walachisdien Hirtenschwärme auch auf ihr Staatsgebiet zu locken
versucht, jedoch nicht mit demselben Erfolge wie Ungarn.
Kapitel i4

Der Ausgang der oströmischen u n d balkanslawischen


Geschichte

Das Lateinische Kaiserreich von Konstantinopel (vgl. oben S. 183)


war wenig lebenskräftig gewesen. Schon nach dem Tode des zweiten
lateinischen Kaisers von Konstantinopel Heinrich (1206—1216) war
es klar, daß es sich gegen den Drude der Nachbarstaaten nicht werde be-
haupten können. Es war nur die Frage, welcher unter diesen Nachbar-
staaten in dem Wettlauf nach Konstantinopel siegreich bleiben und sich
zum neuen Herrn an den Meerengen machen würde. Zunächst schien
das bulgarische Reich von Tirnowo dazu am meisten Aussichten zu
haben. Seine Mitbewerber waren die drei byzantinischen Reststaaten
von Epirus, Nikäa und Trapezunt. Der gefährlichste Mitbewerber war
zunächst Epirus, das unter dem Herrscher Theodoras, der den Titel
„Kaiser von Saloniki" annahm, bis in die Nähe von Konstantinopel er-
obernd ausgriff. Aber allen diesen kühnen Plänen machte die große
Niederlage gegen die Bulgaren bei Klokotnica (1230) ein Ende. Epirus
wurde wieder ein kleines Fürstentum, das später in serbische und al-
banische Hand geriet, um sich in wechselnder Größe und unter ver-
schiedenen Fürstenhäusern bis zum Anbruch der Türkenherrschaft zu
behaupten.
Der griechische Reststaat von Trapezunt hat sich zwar als Kaiser-
reich bezeichnet, aber er hat nie den Besitz Konstantinopels angestrebt.
Schon die geographische Entfernung machte eine solche Zielsetzung
unmöglich. Die „Groß-Komnenen" von Trapezunt begnügten sich mit
der Herrschaft über die nördlichen Küstenlandschaften Kleinasiens. Die
Stärke dieses wenig bekannten Staatswesens lag vor allem auf wirt-
schaftlichem Gebiete, ü b e r Trapezunt führte der Femhandel von Per-
sien nach Europa. Seine Vermittler waren die genuesischen Kaufleute,
die in Trapezunt ein großes Kontor hatten. Die Politik des kleinen
Kaiserreiches hat sich in kluger Weise auf die Behauptung des Besitz-
standes beschränkt. So ist es ihm gelungen seine staatliche Existenz bis
in das 15. Jahrhundert zu behaupten. Erst im Jahre 1461 geriet auch
Trapezunt unter osmanische Herrschaft.
14*
212

Lodomirien
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Gebietsverhältnisse um 1210

Karte 13
Kaiserreich von Nikäa 213

Der dritte Staat griechischer Nation war das Kaiserreich, von Nikäa.
In unmittelbarer Nähe des Lateinischen Kaiserreiches gelegen, mußte es
sich zunächst jahrelang unter harten Kämpfen gegen die fränkischen
Angriffe verteidigen, während nach Osten gleichzeitig schwere Abwehr-
kämpfe gegen die Seldschuken zu führen waren. Unter den tüchtigen
Herrschern Theodoras I. Laskaris (1204—1222) und Johannes III.
Dukas Batatzes (1222—1254) festigte sich das kleine Staatswesen und
dehnte sich allseitig aus. Bald war das Kaiserreich von Nikäa wieder zu
solchem Ansehen in der internationalen Welt aufgestiegen, daß der
deutsche Kaiser Friedrich II. in seinem Kampf gegen das Papsttum
einen Bündnisvertrag mit Nikäa schloß und seine Tochter Konstanze
dem Kaiser von Nikäa zur Frau gab (1244?).
Erstaunlich war die Aufbauleistung des Kaisers Johannes III. Batatzes
im Innern. Er hat Verwaltung und Finanzen reformiert und alle seine
Sorgfalt an die Förderung des wirtschaftlichen Lebens gesetzt. Die
kaiserlichen Domänen wurden unter ihm zu Musterwirtschaften entwik-
kelt. So hat dieser Herrscher sich ein unvergleichliches Ansehen gewonnen.
Ein Beweis dieses Ansehens ist es, daß er ein halbes Jahrhundert nach
seinem Tode heilig gesprochen und seitdem als der „heilige Kaiser Jo-
hannes, der Barmherzige", verehrt wurde. Diese einzigartige Sonderstel-
lung in der langen Reihe der oströmischen Kaiser nähert diesen Herr-
scher den heiligen Königen aus dem Zeitalter der Christianisierung.
Sein Nachfolger, Theodoras II. Laskaris (1254—1258) war ein Mann
von ungewöhnlich vielseitiger Bildung, 'der unter seinen Zeitgenossen
und bei der Nachwelt sich als theologischer Schriftsteller Ruhm er-
worben hat. Während seiner kurzen Regierung (1254—1258) wurde
der Kaiserhof in Nikäa zum Mittelpunkt eines lebhaften geistigen
Lebens. Nach seinem Tode warf sich der Feldherr Michael Paläologos
durch einen Staatsstreich zum Regenten und schließlich nach der Er-
mordung des jungen Kronprinzen zum Kaiser auf: Michael VIII. (1261
bis 1282). Der neue Herrscher sah sich einer doppelten Aufgabe gegen-
über: Zunächst galt es noch immer, die abendländischen Angriffspläne,
die von Westen her drohten, zurückzuweisen. Dann handelte es sich
darum, die „gottbehütete Kaiserstadt" Konstantinopel zurückzugewinnen
und das oströmische Reich in seinem früheren'Umfang wieder herzustellen.
Zunächst schien es, als sollten die europäischen Besitzungen des Kaiser-
reiches von Nikäa dem Angriff einer großen Feindkoalition erliegen.
Der Hohenstaufe Manfred von Sizilien hatte sich mit dem Despoten
214 Michael Vili, und Karl von Anjou

von Epirus und dem Fürsten von Achaia zum Angriff gegen Michael VIII.
zusammengeschlossen. Aber diesem gelang es, in der Schlacht bei Pela-
gonia (1259) einen entscheidenden Sieg zu erringen. Damit waren die
westlichen Besitzungen gesichert.
Zwei Jahre später gelang dann auch die Rüdeeroberung Konstanti-
nopels fast ohne Schwertstreich. Zu einem Zeitpunkt, da der Großteil
der fränkischen Garnison zugleich mit der venezianischen Flotte von
Konstantinopel fern waren, bemächtigte sich der kaiserliche Heerführer
Alexios Strategopulos durch Handstreich der Stadt (25. Juli 1261). Am
15. August konnte Kaiser Michael in der alten Hauptstadt seinen feier-
lichen Einzug halten.
Die eigentliche Gefahr aber drohte vom Abendland. Im Jahre 1267
schloß Karl I. von Anjou, der im Jahre 1266 das staufische Erbe in
Unteritalien erobert hatte, im Einverständnis mit dem Papst zu Viterbo
ein Freundschaftsbündnis mit dem lateinischen Kaiser Balduin II. und
vereinbarte mit ihm die Teilung des zu erobernden oströmischen Reiches.
Michael VIII. hat gegen diese Gefahr die rechten diplomatischen Aus-
wege gefunden. Nach längeren Verhandlungen gewann er den Papst
durch die Zusage der kirchlichen Union, sich den Angriffsplänen des
Karl von Anjou zu widersetzen. Auf dem Konzil von Lyon (1274)
wurde diese Kirchenunion feierlich beschlossen. In Konstantinopel aber
führte der Versuch des Kaisers, die Union tatsächlich durchzuführen,
zu großen inneren Wirren. Gegen den Kaiser und den von ihm einge-
setzten unionsfreundlichen Patriarchen Johannes Bekkos stellte sich der
Großteil der griechischen Geistlichkeit. Daran ist schließlich auch diese
Union gescheitert — so wie alle ähnlichen Versuche vorher und nachher.
Nach einem neuen Wechsel auf dem Stuhle des hl. Petrus wurde die
von Westen drohende Gefahr wieder dringender. Der neue Papst
Martin IV., ein Franzose, ließ sich ganz und gar für die Politik Karls
von Anjou gewinnen. Mit seinem Einverständnis schlössen Karl und der
lateinische Titularkaiser Philipp, der Sohn Balduins II., mit der Republik
Venedig den Vertrag von Orvieto (1281) — „zur Wiederherstellung des
von dem Paläologen usurpierten römischen Imperiums". Der Papst ver-
urteilte den byzantinischen Kaiser, obwohl dieser sich noch immer zur
Union bekannte, als Schismatiker. Damit war die Unionspolitik Mi-
chaels VIII. gescheitert. Es drohte der Angriff einer großen abendländi-
schen Mächtekoalition. Michael VIII. war gegen diese Gefahr nicht
untätig geblieben.
Innerer Zerfall Ostroms 215

Durch Schürung einer sizilischen Aufstandsbewegung wußte er die


Macht Karls von Anjou — seines gefährlichsten Gegners — zu lähmen.
Diese „sizilische Vesper" (31. März 1282) war der große diplomatische
Sieg Michaels VIII. Seitdem bestand die seit langem drohende Gefahr
eines großen gegen Byzanz gerichteten abendländischen Kreuzzuges nidit
mehr. Das Unwetter, das sich seit zwei Jahrzehnten am Horizont zu-
sammengeballt hatte, war wie mit einem Blitzschlag zerstoben.
*

Die Diplomatie Michaels VIII. war nochmals Weltpolitik ganz großen


Stiles gewesen. Aber nach seinem Tode erfolgte der unausbleibliche
Rückschlag. Das oströmische Reich, dessen Kräfte überspannt worden
waren, hörte auf, ein selbständiger Faktor der großen Politik zu sein.
Die ehemalige Weltmacht sank rasch zum Kleinstaat herab, der noch
vom Ruhm seiner großen Vergangenheit zehrte, aber die großen Auf-
gaben der veränderten Gegenwart nicht mehr zu bewältigen vermochte.
Der Umfang des Reiches schrumpfte unter dem doppelten Ansturm
der Serben und Osmanen zusammen. In Ost und West gingen wichtige
Grenzlandschaften verloren. Im Innern aber wurde das Reichsgefüge
immer mehr durch die großen Grundherrschaften auseinandergesprengt.
Schon die Thronbesteigung der Paläologen hatte einen Sieg des byzan-
tinischen Großadels bedeutet. An der nun immer schlimmer werdenden
Lockerung des Reichsgefüges hat die aus dem Abendland übernommene
feudalistische Anschauung mitgewirkt, wonach das Herrschaftsgebiet ge-
wissermaßen als Privateigentum des Herrschers gilt. Es war schon ein
Zugeständnis an solche Vorstellungen, daß zu Statthaltern in den
verschiedenen Provinzen gewöhnlich Mitglieder des kaiserlichen Hauses
ernannt wurden.
Die großen Besitzungen geistlicher und weltlicher Herren gestalteten
sich zu echten Grundherrschaften aus. Neben der Steuerfreiheit er-
langten sie vielfach auch das Recht eigener Gerichtsbarkeit. Zu gleicher
Zeit ging der Kleinbesitz der Freibauern ebenso zu Grunde wie der
nichtprivilegierte Grundbesitz des Kleinadels. Die großen Grundherr-
schaften wußten sich gegen staatlichen Steuerdruck besser zu schützen
und sie konnten auch die furchtbaren Verwüstungen der feindlichen Ein-
fälle leichter überstehen.
Nach außen war das Reich im 14. Jahrhundert nahezu wehrlos, da das
Heer fast nur noch aus fremdstämmigen Söldnern bestand. Dieses Söldner-
216 Vordringen der Osmarten und Serben

wesen aber erwies sich als zweischneidige Waffe. Wie weit es damit
gekommen war, zeigt am anschaulichsten die Rolle der Xatalanisdhen
Kompanie. Im Jahre 1302 wurden für die Bekämpfung der Türken
6500 katalanische Söldner angeworben. Die Katalanen unter ihrem
Führer Roger de Flor warfen die Türken rasch zurück und retteten die
Lage. Danach aber begannen die katalanischen Sieger die umliegenden
Landschaften durch Streifzüge zu Wasser und zu Lande unsicher zu
machen und auszuplündern. Dann unternahmen sie ihren großen Plün-
derungszug durch die europäischen Provinzen bis hinunter nach Mittel-
griechenland, wo sie in der Schlacht am Kephissos die Streitkräfte der
fränkischen Herrschaften besiegten (1311).
Der Erfolg dieses abenteuerlichen Unternehmens zeigte blitzartig, wie
die Verhältnisse im Osten standen. Dort herrschte damals ein Zustand
der Machtleere. Das Söldnerheer Ostroms konnte keinem Gegner mehr
Furcht einflößen. Die osmanischen Türken waren noch nicht zu einer
bedeutenden Macht aufgestiegen. Freilich war schon um 1300 fast das
gesamte Anatolien in türkischer Hand. Nur noch einige feste Plätze und
Hafenstädte ragten wie Inseln aus der türkischen Flut (Nikäa, Ni'ko-
media, Brussa, Sardes, Philadelphia, Magnesia, Smyrna, Phokäa, Heraklia).
Es entstanden eine Anzahl von türkischen Fürstentümern, unter denen
die Herrschaft Osmans in alten Bithynien zu besonderer Bedeutung ge-
langen sollte.
Im Jahre 1326 wurde das ausgehungerte Brussa von den Türken
Osmans erobert und zur Hauptstadt gemacht. Zwischen den vordringen-
den Serben und Osmanen wurde das oströmische Restreich ebenso wie
die fränkischen und byzantinischen Teilstaaten vollends zerriöben. Die
inneren 'Bürgerkriege zwischen Andronikos II. und Andronikos III.
machten eine Zusammenfassung der kümmerlichen Verteidigungskräfte
gegen die anstürmenden Feinde unmöglich. Im Jahre 1331 eroberten die
Türken Nikäa, im Jahre 1337 Nikomedia. Im Westen siegten die Serben
bei Wel'buschd (Küstendil) über die Bulgaren. Seitdem war Serbien die
erste Balkanmacht.
Auch die Finanzen waren im Verfall. Die Steuereinkünfte des Reiches,
die schon im Frühmittelalter rund 8 Millionen vollwertiger Goldstücke
(Nomismata) betragen hatten, sanken im 14. Jahrhundert auf rund
1 Million geringwertiger Goldmünzen herab. Die hohen Tributzahlungen,
mit denen sich das wehrlos gewordene Reich den Frieden von den feind-
lichen Nachbarstaaten erkaufen mußte, waren ein gefährlicher Aderlaß
Sozialrevolutionäre Bewegung der Zeloten 217

für die Reichsfinanzen. Der zeitgenössische Polyhistor und Geschichts-


schreiber Nikephoros Gregoras brandmarkt dieses verzweifelte Aus-
kunftsmittel, indem er sagt, die Regierung hätte gehandelt „wie einer,
der in dem Bestreben, die Freundschaft der Wölfe zu erkaufen, sich an
mehreren Körperstellen die Adern aufschneiden und die Wölfe von
seinem Blute saugen und satt werden ließe."
Zwei große Bürgerkriege — in den zwanziger und vierziger Jahren
— vernichteten die Kräfte des Reiches. Der innenpolitische Machtkampf
von zwei Thronbewerbern wurde verschärft durch das Hinzukommen
sozialer und religiöser Gegensätze: die Sozialrevolutionäre Bewegung der
Zeloten in Saloniki und der theologische Ties ydb astenstreit.
Ein Krebsübel war die soziale Aufspaltung infolge der wachsenden
wirtschaftlichen Not. Gegen den Reichtum einer dünnen aristokratischen
Oberschicht wandten sich Haß und Neid der verelendenden Volksmassen.
Das in den Städten aufkommende Proletariat wurde von der einen
Bürgerkriegspartei mit teuflischer Geschicklichkeit mobilisiert.
In Adrianopel und dann in den anderen thrazischen Städten flammten
Aufstände auf. Reiche Aristokraten wurden vielerorts erschlagen. In
ganz Thrazien brach die blutige Pöbelherrschaft aus. Es wurde ge-
raubt, gebrannt, gemordet. Am längsten und wildesten aber raste diese
blutige Anarchie in der Hafenstadt Saloniki. Nur dort bildete sie eine
feste parteiartige Organisation — die Partei der „Zeloten" — und eine
revolutionäre Ideologie aus. Für eine Zeit vermochten die Zeloten in
Saloniki eine eigene Republik zu errichten, um dort durch blutigen Regie-
rungsterror und grausame Unterdrückung aller Andersdenkenden den
Anfang zur allgemeinen Weltverbesserung zu machen — so wie zwei
Jahrhunderte später die Wiedertäuferrepublik zu Münster.
Besonders verhängnisvoll war das Eingreifen auswärtiger Mächte in
den zweiten Bürgerkrieg. Die Türken standen auf der einen, die Bul-
garen und Serben auf der anderen Seite.
Während dieser byzantinischen Selbstzerfleischung hat die serbische
Macht ihren Höhepunkt erreicht. Im Jahre 1346 ließ sich der serbische
Herrscher Stephan Duschan in Skoplje feierlich zum Kaiser krönen. Die
Macht dieses Serbenherrschers reichte damals von der Donau bis tief
nach Mittelgriechenland. Zu Recht bezeichnet er sich als „Herrrn über
fast das gesamte Kaiserreich von Romanien" (fere totius Imperii Ro-
manie Dominus). Sein Endziel — die Eroberung der Kai'serstadt Kon-
stantinopel — hat Stephan Duschan freilich ebensowenig wie einst
218

K a r t e 14
Aufstieg der ungarischen Großmacht 219

der Bulgarenzar Symeon (vgl. oben S. 124 f.) erreicht. Ohne Flotte war
jeder Angriff auf die „gottbehütete" Kaiserstadt von vorneherein zum
Scheitern verurteilt.
Mit dem Ende des großen Bürgerkrieges wurde die völlige Zerrüttung
des oströmischen Staatswesens offenkundig. Es gab keinen geregelten
Staatshaushalt mehr. Die Kronjuwelen mußten nach Venedig verpfändet
werden. Das Geld, das um 1350 der Großfürst von Moskau geschickt
hatte, um die Sophienkirche renovieren zu lassen, mußte für die Besol-
dung der türkischen Hilfstruppen verwandt werden. Ehemals waren die
wohlgeordneten Finanzen und die treffliche Verwaltung die Hauptpfeiler
oströmischer Macht gewesen. Beide Pfeiler waren eingestürzt. Die Steuer-
kraft war erschöpft, die Währung verfallen, die Staatskasse leer. Die Ver-
waltung aber war in völliger Auflösung.
*

Der Verfall der ehemaligen Weltmacht Ostrom und der Wieder-


aibstieg der kurzlebigen Großmacht Serbien gaben Ungarn die Möglich-
keit, sich zur Vormacht Südosteuropas zu erheben. Seitdem das aposto-
lische Königreich Ungarn durch einen mit den kroatischen Ständen
abgeschlossenen Staatsvertrag (Pacta conventa) im Jahre 1102 das „drei-
geteilte Königreich" (regnum tripartitum) von Kroatien, Slawonien und
Dalmatien als Nebenland der Stephanskrone gewonnen hatte, spielte es
in der abendländischen Staatenfamilie die Rolle einer Großmacht. Dann
hatte die Einwanderung deutscher Kolonisten eine Steigerung des Wohl-
standes und eine Stärkung der Landesverteidigung gebracht (oben S. 194).
Ungarn war zum Goldlande Europas geworden. Der Tatarenednfall von
1241 hatte zwar furchtbare Verwüstungen angerichtet, war a)ber nur ein
vorübergehender Rückschlag geblieben. Dann brachte die Einwanderung
walachischer Wanderhirtenschwärme in die Karpatenlandschaften eine
weitere Vermehrung der Bevölkerung. Ungefähr gleichzeitig begann auch
die große Südausbreitung der ungarischen Macht. Schritt um Schritt
wurde zunächst ein Ring von Markgrafschaften längs der Südgrenze ge-
schaffen. Dann griff die ungarische Ausbreitung — nach dem Zusammen-
bruch der serbischen Vormachtstellung — darüber hinaus und errang sich
die Oberhoheit über die südlich angrenzenden Nachbarstaaten. Diese
Balkanexpansion, die bereits von König Karl I. Robert (1308—1342) ein-
geleitet worden war, gelangte unter seinem Sohne Ludwig I. dem Großen
(1342-1382) zum Abschluß. Um das Jahr 1380 war Ungarn nach Süd-
220
Griechisches Despotat von Misthra 221

osten durch einen breiten Ring von Nebenländern, Markgrafschaften und


Vasallenstaaten gesichert. An die Nebenländer Daknatien, Kroatien und
Slawonien schlössen sich von Westen nach Osten die Markgrafschaften
(Banate) Ozora, So (Tuzla), Macva (Macso), Widin (Bodony), Severin
(Szöreny). Dahinter lag der Ring der Vasallenstaaten: Bosnien (Rama),
Serbien, Bulgarien, Walachei, Moldau (vgl. Karte 15). Im Besitze dieser
Großmachtstellung schien Ungarn berufen, dem Siegeslauf der osma-
nischen Eroberer Einhalt zu gebieten.
*

Bald nach dem großen innergriechischen 'Bürgerkriege zeigte es sich, wie


verhängnisvoll die Herbeirufung türkischer Hilfstruppen gewesen war. Die
türkische Machtausbreitung machte von dem Stützpunkt Gallipoli aus
unaufhaltsame Fortschritte (vgl. unten S. 263). Zu Ende des M.Jahr-
hunderts war bereits der Großteil der Balkanhalbinsel türkisch. Die
Herrschaft des oströmischen Kaisers war im wesentlichen auf die Städte
Konstantinopel und Saloniki sowie auf den Peloponnes beschränkt.
Seit dem Jahre 1380 wurde das griechische Despotat von Misthra
als „Sekundogenitur" jeweils den nachgeborenen Söhnen des kaiserlichen
Hauses übertragen. Damit wurde der griechische Peloponnes politisch und
kulturell wieder enger an die Reichshauptstadt Konstantinopel gebunden.
Und während Konstantinopel von der vordringenden Macht der Türken
enger und enger umklammert wurde und die ehemalige kulturelle und
politische Bedeutung immer mehr verlor, stieg Misthra, die Hauptstadt
des griechischen Peloponnes, zum glanzvollen Mittelpunkt einer zum
letzten Mal aufbrechenden Spätblüte griechischer Kultur und griechischen
Geisteslebens auf. Diese Residenzstadt muß damals von geistigem und
künstlerischem Leben gesprüht haben. Um den Fürstenpalast entstanden
an den Hängen des Burgberges mehr als ein Dutzend neuer Kirchen,
jede mit herrlichen Fresken, eine schöner und eindrucksvoller als die an-
dere. Neben der Kunst blühten Wissenschaft und Literatur. Unter den
zahlreichen griechischen Gelehrten, die hier lebten und wirkten, war
einer besonders berühmt: der Humanist Georgios Gemistos Plethon (rd.
1355 — rd. 1455) — wohl der bedeutendste Gelehrte des ausgehenden
griechischen Mittelalters —, der in staatsphilosophischen und politischen
Schriften Vorschläge zur durchgreifenden Reform des politischen, sozialen
und wirtschaftlichen Lebens machte, in dem Glauben, daß sich auf dem
Peloponnes die Wiedergeburt des Griechentums zu neuer Macht und
222 Wachsende türkische Bedrohung

Größe vollziehen werde. Von einem innerlich erstarkten Peloponnes aus


könne dann auch die Weltgeltung des Griechentums wieder zurück-
gewonnen werden. So selbstverständlich war es dem Bewußtsein der
damaligen Menschen schon geworden, daß der Schwerpunkt der grie-
chischen Welt nun wieder auf dem Peloponnes lag.
Außer dem Peloponnes war seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts nur
noch die nähere Umgebung der Reichshauptstadt Konstantinopel frei
von der Türkenherrschaft geblieben. Freilich konnte auch dieser Rest-
staat seine Freiheit gegen den äußeren Feind nicht mehr mit eigenen
Kräften, sondern nur mehr mit fremden Söldnern und mit fremden Hilfs-
geldern verteidigen. Die routinierte oströmische Diplomatie hat alle ihre
altüberlieferten Künste spielen lassen, um das Leben ihres Staates zu
verlängern. Aber das Reich wäre viel früher untergegangen, wenn nicht
die Mauern von Konstantinopel gewesen wären. Diese Riesenfestung
erwies sich immer wieder als uneinnehmbar. Als die gesamte Balkanhalb-
insel bereits türkisch war, da behauptete sich Konstantinopel noch immer
als letzter Rest des ehemaligen oströmischen Weltreiches. Zu seiner Be-
zwingung bedurfte es erst einer neuen, bis dahin unbekannten Waffe:
der Artillerie. Erst mit dem Aufkommen der neuen Pulvergeschütze
hat auch Konstantinopel seine sagenhaft gewordene Uneinnehmbarkeit
verloren.
Schon zu Beginn des 15. Jahrhunderts schien der Untergang des ost-
römischen Rumpfstaates unwiderruflich gekommen. Nur ein weltge-
schichtlicher Zufall rettete ihn damals und gab ihm nochmals für ein hal-
bes Jahrhundert eine Atempause. Durch die Niederlage bei Angora (An-
kara) im Kampfe gegen den Mongolenherrscher Timur (1402) wurde
die osmanisdie Macht entscheidend geschwächt. Und es dauerte fast zwei
Jahrzehnte, bis die Osmanen auf europäischem Boden wieder zum An-
griff übergehen konnten. Eine erste Belagerung Konstantinopels im Jahre
1422 scheiterte. Dagegen wurde die Lage von Saloniki gegenüber dem
wachsenden türkischen Druck unhaltbar. Im Jahre 1423 verkaufte der
Regent von Saloniki diese von den Türken bedrohte Stadt für 50 000
Dukaten an Venedig, als ob sie sein Privateigentum wäre. Die vene-
zianische Herrschaft über Saloniki war jedoch nur ein kurzes Zwischen-
spiel. Schon im Jahre 1430 wurde Saloniki von den Türken erstürmt.
Angesichts dieser verzweifelten Lage versuchte es der byzantinische
Kaiser Johannes VIII. (1425—1448) nochmals mit dem so oft erprobten
Mittel der Kirchenunion. Auf dem Unionskonzil zu Ferrara und Florenz
Fall Konstantinopels (1453) 223

(1438—1439) wurde nach langen Beratungen der Anschluß der byzan-


tinischen Kirche an die römische beschlossen. Am 6. Juli 1439 wurde die
Union feierlich verkündet. Es war jedoch nicht möglich, sie in Konstan-
tinopel durchzuführen, da die Bevölkerung sich jedem Anschluß an die
lateinische Kirche fanatisch widersetzte, während die Türken schon vor
den Mauern standen. Die Union brachte auch nicht die erwartete abend-
ländische Waffenhilfe gegen die Türken, sie beschwor nur den Kirchen-
kampf im Innern leidenschaftlicher als je herauf.
Mit der Niederlage eines abendländischen Kreuzheeres bei Warna
(1444) schwand dann für Konstantinopel die letzte Aussicht auf Hilfe
vom Westen. Dem machtlosen Kaiser von Konstantinopel blieb nach der
Schlacht bei Warna nichts übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu
machen und dem osmanisdhen Sultan Glückwünsche zu übermitteln.
Der neue Sultan Mohammed II. „der Eroberer" (Fatih) ging sofort
nach seiner Thronbesteigung (1451) daran, Konstantinopel zu bezwin-
gen. Nochmals machten die verzweifelten Byzantiner in dieser Notlage
den Versuch, durch die Kirchenunion abendländische Hilfe zu gewinnen.
Am 12. Dezember 1452 verkündigte Kardinal Isidor von Kiew in der
Sophienkirche die Union. Auch diesesmal scheiterte sie an dem Wider-
stand des Volkes. Einer der höchsten Beamten tat damals den Ausspruch:
„Lieber möchte ich in der Mitte der Stadt den türkischen Turban sehen,
als die lateinische Mitra."
Im April 1453 schlug für Konstantinopel die Stunde der Unterwerfung
unter die türkische Herrschaft. Sultan Mohammed II. erschien mit einem
gewaltigen Heere vor den Mauern. Auf einen Verteidiger mögen damals
20 Angreifer gekommen sein. Die neuen Pulvergeschütze, die der Sultan
in großer Zahl zusammengezogen hatte, wurden das Verhängnis der
„gottbehüteten Kaiserstadt". Am 7. April begann die Belagerung. Als
die Türken versuchten, die Sperrkette des Goldenen Hornes zu sprengen,
kam es zu einer Seeschlacht, in der die kleine kaiserliche Flotte nochmals
einen Sieg errang. Als es aber den Türken gelang, eine Anzahl von Schif-
fen über Land in das Goldene Horn ziu schleifen, wurde die Stadt von
der Landseite und vom Goldenen Horn aus beschossen. Es entstanden
große Verheerungen. Nach dem Bericht des zeitgenössischen Geschichts-
schreibers Kritobulos „entschieden die Kanonen alles". Kaiser Konstan-
tin XI. Dragases gab der kleinen Schar der Verteidiger ein heldenmütiges
Vorbild. In den frühen Morgenstunden des 29. Mai begann dann der
große türkische Sturmangriff von allen drei Seiten. Im Westen in der
224 Fall Konstantinopels (1453)

Nähe des Pempton-Tores, wo die schwächste Stelle der Verteidigung


lag, gelang es den Janitscharen, nach hartem Kampfe die Mauern zu er-
steigen. Damit war das Schicksal der Stadt und ihrer tapferen Verteidiger
besiegelt. Der junge Kaiser starb, wie er gelebt: er suchte tapfer fechtend
den Tod im Handgemenge. Dann wurde die herrliche Stadt drei Tage
und drei Nächte lang von der türkischen Soldateska geplündert.
Die griechische Herrschaft auf dem Peloponnes hat den Fall der alten
Reichshauptstadt Konstantinopel (1453) nur um wenige Jahre überlebt.
Im Jahre 1460 besetzte ein türkisdies Heer das ganze Fürstentum, ohne
einen nennenswerten Widerstand zu finden. Von den beiden untereinan-
der verfeindeten fürstlichen Brüdern, unter deren Herrschaft der Pelo-
ponnes damals aufgeteilt war, flüchtete der eine — Thomas Paläologos
— nach Italien, der andere — Demetrios Paläologos — begab sich an den
Hof des türkischen Sultans. Im folgenden Jahre (1461) geriet auch Tra-
pezunt unter türkische Herrschaft. Damit waren die letzten Reste ost-
römischer Staatlichkeit hinweggefegt.
Xapitel 15

D a s E r w a c h e n des Nationalbewußtseins

Mit der deutschen Südostkolonisation des Mittelalters und mit der


gleichzeitigen albanisch-rumänischen Wanderungsbewegung hat die
Volkstumskarte Südosteuropas ihr bleibendes Bild erhalten. Damals haben
sich die Volksräume und Volkskörper Südosteuropas in ihrer endgültigen
Gestalt herausgebildet. Die Änderungen und Verschiebungen späterer
Jahrhunderte — Einwanderung der Osmanen, Ausbreitung der Serben
und 'Kroaten nach Ungarn, habsburgisdie Staatskolonisation — waren
demgegenüber geringfügig. Schon um das Jahr 1500 war die Nationali-
tätenkarte Südosteuropas im wesentlichen dieselbe wie heute.
Damit war der erste große Entwicklungsabschnitt der Volkstums-
geschichte Südosteuropas abgeschlossen: die Ausbildung der Volksräume
und die Auskristallisierung der Volkskörper. Und nun begannen diese
jungen Völker Südosteuropas, die so spät in die Mittagshelle der großen
Geschichte eingetreten waren, sich ihrer Eigenart bewußt zu werden.
Freilich ist diese Entfaltung des Volksbewußtseins schon älter. Sie führte
vom ursprünglichen Volksgefühl über das am Fremdenhaß herangewach-
sene Nationalbewußtsein zum Nationalismus als ausgereifter politischer
Ideologie. Auf diesen drei Entwicklungsstufen hat sich das politische Be-
wußtsein der Völker Südosteuropas entfaltet.
Wann und wie das „Nationalbewußtsein" der europäischen Völker
entstanden ist und sich entwickelt hat, ist seit langem strittig. Einzelne
geschichtliche Betrachter haben als Beweis dafür, daß es ein „National-
bewußtsein" immer und überall in "der Menschheitsgeschichte gegeben
habe, auf das angebliche hellenische und römische Nationalbewußtsein
verwiesen, das seinen Ausdrude gefunden habe in der schroffen Gegen-
überstellung von Hellenen und Barbaren. Andere erklärten das „National-
bewußtsein" als eine Erscheinung der politischen Ideengeschichte der
Neuzeit. Erst im 18. Jahrhundert sei es entstanden, im 19. Jahrhundert
habe es sich zur kämpferischen Ideologie fortentwickelt. Andere Meinun-
gen haben eine vermittelnde Erklärung versucht. Das „Nationalbewußt-
sein" im eigentlichen Sinne des Wortes habe nicht immer und überall be-
standen, sondern sei erst auf einer späteren Entwicklungsstufe der Völker
15 Stadtmüller, Geschichte Südosteuropas
226 Wesen des Nationalbewußtseins

greifbar in Erscheinung getreten. Freilich sei das „Nationalbewußtsein"


bereits vor dem 18. Jahrhundert entstanden, nach der einen Ansicht in
der Zeit der Reformation und Gegenreformation, nach anderer Meinung
schon im Zeitalter des Humanismus. Wieder andere wollen sogar schon
im Mittelalter ein echtes „Nationalbewußtsein" nachweisen. Schon das
deutsche Mittelalter habe ein durchaus ausgeprägtes deutsches National-
bewußtsein gehabt, so behauptet man. Und für alle diese so verschiedenen
Anschauungen konnte man aus den geschichtlichen Quellen, wenn nicht
greifbare Beweise, so doch allgemeine Anhaltspunkte beibringen.
An diesem Wirrwarr gegensätzlicher Meinungen ist vor allem die be-
griffliche Unklarheit der Forschung schuld. Unter „Nationalbewußtsein"
versteht ein Teil der Forschung eine entwickelte politische Ideologie, die
der Politik eines Staates und Volkes ihr Siegel aufdrückt, in deren Dienst
die Politik steht oder doch zu stehen vorgibt. Die Anfänge eines so ver-
standenen Nationalbewußtseins liegen am Ende des 18. Jahrhunderts.
Früher läßt es sich nicht nachweisen. Andere Forscher aber verstanden
unter „Nationalbewußtsein" ganz allgemein jenes Gefühl für die eigene
zum Unterschied von der fremden Art, das in der Geschichte aller Völker
bereits sehr früh erkennbar ist.
So sind die verschiedenen Anschauungen, die sich nur scheinbar so
stark widersprechen, miteinander in Einklang zu bringen. Das „National-
bewußtsein" ist nichts in sich Fertiges und Abgeschlossenes, das mit einem
einzigen Male in den Strom des geschichtlichen Lebens einträte, sondern
vielmehr ein Gedanke, der sich seit seinem ersten geschichtlichen Auf-
treten ständig entwickelt und weiterbildet, der aus einer mehr unbewußten
Triebkraft Schritt um Schritt im Verlaufe einer langen Entwicklung
schließlich zur bewußten Idee wird. Die im frühgeschichtlichen Dämmer-
schein des Unbewußten liegenden ersten Anfänge solcher politischen
Ideen lassen sich von der historischen Betrachtung mehr in schattenhaften
Umrissen erahnen als mit Klarheit erkennen. Am Anfang steht ein un-
merkliches Aufdämmern, das erst mit zunehmendem Hervortreten in der
politischen Wirklichkeit sichtbar wird. Die weitere Entwicklung einer Idee
ist die Geschichte eines wachsenden Einflusses auf das politische Denken
und Handeln der Menschen, bis schließlich alle Politik durch diese
neue politische Idee bestimmt oder doch aus ihr gerechtfertigt wird.
Auch das Nationalbewußtsein hat diese Entwicklung durchlebt. Nach
den ersten Anfängen wuchs und steigerte es sich an der gegenseitigen
Berührung mit einer andersartigen Außenwelt zur inneren Bewußtheit.
Entwicklung des Nationalbewußtseins 717

Das unbewußte Gefühl entfaltete sich zum klaren Bewußtsein, das dann
schon bald seinen Herrsdiafts- und Geltungsanspruch auf den gesamten
Bereich des politischen Lebens erweiterte. Das neue Bewußtsein fordert
kraft seines inneren Rechtes den Staat für sich. Mit dieser Steigerung des
Bewußtseins ging die Erweiterung des „Bewußtseinsraumes" Hand in
Hand. Immer größer wurde der Kreis jener Menschen, die von dem
neuen Nationalbewußtsein innerlich durchdrungen wurden. In früher
Vergangenheit war es mancherorts nur der Umkreis des Herrscherhauses,
dazu kam dann der Adel, später das städtische Bürgertum und schließlich
das gesamte übrige Volk.
In dieser vielfältigen Entwicklung vom Unbewußten zu klarer innerer
Bewußtheit heben sich drei große Stufen heraus: Volksgefühl — National-
bewußtsein — Nationalismus.
Das Volksgefühl ruht in dem allgemeinen, noch nicht bewußtseins-
mäßig geklärten Empfinden der eigenen zum Unterschied von der frem-
den Volksart. In der Geschichte tritt es häufig auf in der Form des Frem-
denhasses oder der Fremdenveraditung. Fremdenhaß liegt vor in der
älteren bewußtseinsmäßigen Scheidung von Tschechen und Deutschen,
Fremdenverachtung liegt vor in dem antiken Gegensatz zwischen Hellenen
und Barbaren. Dieses allgemeine Volksgefühl, das auf die Politik noch
keinen Einfluß hat, ist seit jeher allen Völkern eigen. Es ist mit der Her-
ausbildung unterschiedlicher Völker von selbst gegeben. Das abend-
ländische Mittelalter kennt viele Zeugnisse dafür.
In dem Nationalbewußtsein hat sich das Volksgefühl bereits zu einem
geklärten und gefestigten Bewußtsein fortentwickelt, das machtvoll in die
Politik eingreift. Die Ausdrücke Natio und Patria erscheinen als bedeu-
tungsschwere. Symbole des neuen Bewußtseins in der politischen Ausein-
andersetzung. Ob eine Politik gut oder schlecht sei, das wird nun danach
bewertet, ob und was sie der TJatio und der Patria, der Nation und
dem Vaterland nütze. Diese Bewußtseinsstufe wurde im Abendland erst
zu Ausgang des Mittelalters erreicht. Im Zeitalter des Humanismus, der
Reformation und der Gegenreformation hat das neue Nationalbewußt-
sein seine Ausprägung erfahren. Es war die Zeit der Emanzipation des
politischen Denkens von der bisherigen Vorherrschaft kirchlicher und
theologischer Ideen.
Der Nationalismus (Nationalstaatsgedanke) ist die geradlinige Weiter-
entwicklung des früheren Nationalbewußtseins. Zwei Dinge sind für
den neuzeitlichen Nationalismus charakteristisch und grenzen ihn von
16*
228 Nationalismus (Nationalstaatsgedanke)

den früheren Stufen der politischen Bewußtseinsentwicklung ab. Zum


ersten: Gedanke und Forderung, die Grenzen von Nation und Staat
sollten sich decken, jede Nation habe das Recht auf einen eigenen Staat.
Diese Vorstellung war dem politischen Denken früherer Zeiten durchaus
nicht selbstverständlich erschienen, ja sie wurde vielfach als Verirrung
empfunden, so wie es einst der heilige König Stephan in den Mahnungen
an seinen Sohn ausgesprochen hatte. Zum zweiten: Die Sprache wurde
nun zum eigentlichen Kennzeichen der Nation erhoben, auch dies im
Widerspruch zum politischen Bewußtsein früherer Zeiten. Diese dritte
und bisher letzte Stufe in der politischen Bewußtseinsentwicklung setzte
im 18. Jahrhundert ein, als überall mit der Betonung der Nationalsprache
auch nationalstaatliche Gedanken im modernen Sinne dieses Wortes laut
wurden.
Die Fortbildung des politischen Bewußtseins bis zum modernen
Nationalstaatsgedanken ist auf das Abendland beschränkt. Das eigent-
liche Osteuropa hat daran keinen Anteil. Alle die tiefgehenden geistigen
Auseinandersetzungen, die mit dem Durchbrach des Nationalismus im
Abendland zusammenhängen, fehlen in Osteuropa fast völlig. Solche
Verschiedenartigkeit der politischen Bewußtseinsentwicklung hier und
dort hat ihre tieferen Wurzeln in der verschiedenartigen Ausprägung,
die das kirchliche Christentum in den beiden Kulturwelten erfahren hat
(vgl. oben S. 162—165).
Diese verschiedenartige kirchliche Entwicklung der abendländischen
und der byzantinisch-slawischen Welt brachte es mit sich, daß die Weiter-
entwicklung des Volksgefühls zum Nationalbewußtsein und schließlich
zum Nationalismus auf das Abendland beschränkt blieb. Das orthodoxe
Osteuropa hat erst im 18. und 19. Jahrhundert den abendländischen
Nationalismus aus dem Westen fertig importiert und als Waffe zur
Durchsetzung der eigenen politischen Forderungen benutzt: gegen die
Türkenherrschaft, gegen den russischen Zarismus und gegen das Viel-
völkerreich der Habsburger.
*

Dem byzantinisch-slawischen Osteuropa gehört auch die eine Hälfte


Südosteuropas zu, nämlich der ganze Balkan mit Einschluß der Rumänen.
Diese balkanischen Völker haben vor dem 18. Jahrhundert kein eigenes
Nationalbewußtsein — in diesem besonderen ideologischen Sinne — aus-
geprägt. Anders war es mit den Völkern, die dem abendländischen
Fremdstämmige Könige in Böhmen und Ungarn 229

Kulturkreis zugehörten: den Madjaren, Tschechen und Kroaten. Bei


diesen drei Völkern brach in den Jahrhunderten des ausgehenden Mittel-
alters das Nationalbewußtsein aus zwei Wurzeln auf: aus der eigenen
Staatsidee und aus der feindlichen Berührung mit dem fremden Volkstum,
woraus sich ein leidenschaftlicher Fremdenhaß entwickelte. Bei der mad-
jarischen Adelsnation mit ihrer ausgesprochenen politischen Begabung
und ihrer großen staatlichen Tradition knüpfte die Entfaltung des
Nationalbewußtseins an die Staatsidee von der Heiligen Krone an. Bei
den Tschechen, denen durch eine schmerzliche Geschichte die gleiche
politische Tradition und Begabung versagt blieb, wurde ein verkrampfter
Fremdenhaß gegen alles Deutsche der Ausgangspunkt der Fortentwick-
lung des Volksgefühls zum Nationalbewußtsein.
In beiden Ländern wurde der Fremdenhaß vor allem durch die massen-
hafte Einwanderung deutscher Kolonisten und durch die Herrschaft
fremdstämmiger Könige entfacht. So herrschten in Böhmen J 310 bis
1437 die aus Westdeutschland stammenden Luxemburger, dann folgte
nach den Hussitenstürmen wieder ein deutscher König: Ladislaus Postu-
mus (1453 bis 1457), der Sohn des deutschen Königs Albrechts II.
Danach konnte sich auf ein kurzes Jahrzehnt ein Reichsverweser tschechi-
scher Abstammung in der Herrschaft behaupten: Georg von Podiebrad
(1458 bis 1471). D a n n folgten zwei Könige polnischer Herkunft: der
Jagellone Wladislaw II. (1471 bis 1516) und sein Sohn Ludwig II. (1516
bis 1526). In diesen zwei Jahrhunderten lebten die böhmischen Lande
großenteils in Personalunion mit Österreich oder mit Ungarn. Ladislaus
Postumus, Wladislaw II. und Ludwig II. vereinigten Böhmen-Mähren und
Ungarn-Kroatien in ihrer Hand. Die beiden letzteren hatten ihren ständi-
gen Sitz in Ofen.
In Ungarn kamen nach dem Erlöschen des arpadischen Herrscher-
hauses (1301) die neapolitanischen Angiovinen zur Regierung (1307 bis
1382). Dieser französich-italienischen Dynastie folgten Könige aus
deutschen Häusern: der Luxemburger Sigismund (1382 bis 1437), der
Haibsburger Albrecht II. (1437 bis 1439). Danach folgte der Deutsche
Ladislaus Postumus (1440 bis 1457), der Sohn Albrechts II., der während
der ersten Jahre seiner Herrschaft in dem Jagelionen Wladislaw einen
gefährlichen Mitbewerber hatte. Ihm folgte Matthias Corvinus (1458 bis
1490), seit langem wieder der erste König einheimischer Herkunft, dann
wurde der böhmische König Wladislaw, ein polnischer Jagellone, auf den
ungarischen Thron berufen (1490 bis 1516). Ihm folgte sein Sohn
230 Idee der Heiligen Krone

Ludwig II. (1516 bis 1526), nach diesem gelangten 1526 die Habsburger
auf den ungarischen Thron.
So sind diese beiden Jahrhunderte des ausgehenden Mittelalters für
Böhmen-Mähren und für Ungarn-Kroatien das Zeitalter der fremd-
stämmigen Könige gewesen. In jedem der beiden Staaten gab es wäh-
rend zweier Jahrhunderte nur einen einzigen Herrscher aus eigenem
Stamme. Die Herrschaft fremder Könige lieferte der allgemeinen Unzu-
friedenheit mit dem übermächtigen deutschen Einfluß neuen gefährlichen
Zündstoff.
*

In Ungarn war der Aufbruch des Nationalbewußtseins verbunden mit


der Idee von der Heiligen Krone des ersten christlichen Königs, des heiligen
Stephan (oben S. 156). Diese Lehre, die zium ersten Male im 13. Jahr-
hundert nachweisbar ist, hat am Anfang des 16. Jahrhunderts durch den
Juristen Stephan Verböczy die klassische Formulierung erhalten. Sie ist
ohne die vorausgegangene Verschmelzung christlicher und altmad-
jarischer Staatsauffassungen (oben S. 157f.) gar nicht denkbar, sie baut
auf beiden auf, aber sie überwindet beide gleichzeitig, sie ist etwas ganz
Neues und Höheres. In der altmadjarischen Auffassung hatte das Herr-
scherhaus von Gottesgnaden als Inhaber aller Staatsgewalt und als Träger
aller Politik gegolten. In der christlichen Auffassung des kluniazensischen
Zeitalters, in dessen Zeichen das Christentum in Ungarn zum Siege ge-
langte, hatten die einzelnen Völker und Staaten nur als Glieder der Kirche
Berechtigung, der Herrscher war nur der Beauftragte der Kirche. Der
richtige politische Instinkt der madjarischen Adelsnation hat aus den
Elementen dieser beiden Auffassungen eine neue nationale Staatsidee
geformt und diese in einem geschriebenen Staatsrecht verbrieft. Die neue
Staatsidee rückte in den Mittelpunkt der Politik die ewige Idee der
Nation, verkörpert in dem Symbol der Heiligen Krone. Die Heilige Krone
stand als Träger und Symbol der Souveränität über dem Adel wie über
dem „apostolischen König". Durch diese überzeitliche Idee der Heiligen
Krone wurde der Einfluß der kirchlichen Anschauungen in die überlieferte
altmadjarische Auffassung eingeschmolzen, wenn auch die Lehre von der
Heiligen Krone eine durchaus kirchliche Fassade wahrte. Sie bedeutet
aber sowohl die Einschränkung der königlichen Gewalt als auch die
politische Emanzipation des Staates von der kirchlichen Führung und
zugleich den Ansatzpunkt zur Entwicklung des Nationalbewußtseins.
Ungarisches Königtum und deutsche Bürgerschaft 231

Daneben spielte auch in Ungarn der Fremdenhaß als Quelle des


Nationalbewußtseins eine Rolle. Bereits in den Streitigkeiten nach dem
Aussterben des Arpadenhauses (1301) war die machtvolle Bürgerschaft
der deutschen Städte, insbesondere Ofens, politisch hervorgetreten. Als
Stütze der königlichen Zentralgewalt kamen die deutschen Städte da-
durch in den schärfsten Gegensatz zu dem madjarischen Adel. Die
deutschgesinnte Partei unterlag, die deutschfeindliche Partei der Anjous
siegte. Zur Regierung gelangt, haben dann die Anjous jedoch ebenfalls
die deutschen Städte als Rückhalt gegen den allzu selbstbewußten Adel
benutzt und gegen alle Angriffe des Adels in Schutz genommen. Der
traditionelle Bund zwischen Königtum und deutschen Städten knüpfte
sich wieder. Bei dem großen Entscheidungskampf zwischen König Karl
Robert (1308—1342) und der Fronde der Adeligen (1312) errang der
König überhaupt nur mit Hilfe der Zipser Sachsen den Sieg. Der Graf
der Zipser Sachsen Jordan von Gargow, fiel selbst in der Entscheidungs-
schlacht bei Rozgony (Rozhanovce) in der Nähe von Kaschau (1312).
In Dankbarkeit bestätigte der König noch in demselben Jahre alle ihre
Rechte. Er hebt hervor „Treye und Dinst", die sie ihm „demütiglich und
begirlich im Strayten . . . auf dem Felde bei Rozgony . . . gutwillig er-
wiesen haben, wo dieselbigen Cypser, unsere Getreyen, neulich stritten
und schonten nicht ihre Güter noch eigener Person, sondern sich vor
unser königlich Majestät dargeben haben in Fertigkeit". Auch den Sieiben-
bürger Sachsen und anderen deutschen Ansiedlungen bestätigte der König
ihre Rechte und verlieh ihnen neue Freibriefe.
Durch den Bund zwischen dem ungarischen Königtum und der deutschen
Bürgerschaft wurde natürlich der alte Gegensatz zwischen den deutschen
Städten und dem madjarischen Adel noch weiter verschärft. Im 15. Jahr-
hundert brach er zum ersten Male als offene Feindschaft aus. Die Er-
hebung des deutschen Fürsten Albrecht II. von Österreich auf den
ungarischen Königsthron (1437) scheint beim madjarischen Adel eine
Welle des Unwillens hervorgerufen zu haben. Schon als König Albrecht
zum ersten Male in Ofen weilte, kam es zu gewaltsamen Ausschreitungen.
Der Ofener Stadtrichter, der nach Stadtrecht ein Deutscher war, ließ
einen angesehenen Madjaren nach vorausgegangenem Verfahren und
Urteil ertränken. Daraufhin brach in der Stadt der Aufruhr aus. Mehrere
Deutsche wurden getötet, zahlreiche Häuser deutscher Kaufleute wurden
geplündert. Der deutschen Bürgerschaft wurde damals das Zugeständnis
abgepreßt, in Zukunft solle abwechselnd ein Deutscher und ein Madjare
232 Deutsdienhaß in Ungarn

zum Stadtrichter gewählt werden und die Hälfte des Rates und der
Hundertmannen sollten Madjaren sein.
Schon im folgenden Jahre kam der nationale Gegensatz zu noch
schärferem Ausbruch. Als König Albrecht bei den ungarischen Ständen
Hilfe gegen die Türken beantragte, da forderten die madjarischen Prälaten
und Adeligen gesetzliche Vorkehrungen gegen den wachsenden Einfluß
der Fremden. Den Fremden sollten keine Ämter und Besitzungen mehr
übertragen werden. Die Pachtung von Staatseinkünften solle den
Madjaren vorbehalten bleiben, die Handelsfreiheit der Kaufleute solle
beschränkt werden. König Albrecht mußte gegenüber diesen national-
madjarischen Forderungen, die sich in erster Linie gegen die Deutsdien
richteten, nachgeben. Viele deutsche Beamte wurden aus hohen Stellungen
entfernt.
Bei den Thronkämpfen in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts
standen sich eine deutsche und eine nationalmadjarische Partei schroff
gegenüber. Die deutsche Partei hielt an den Habsburgern fest, die
Nationalmadjaren stellten sich diesen Bestrebungen mit leidenschaftlicher
Entschiedenheit entgegen.
Seit dem Ausgang des 15. Jahrhunderts wurde in Ungarn der Fremden-
haß, der sich vor allem gegen das mächtige und reiche Bürgertum der
deutschen Städte richtete, zu einer starken Strömung. W i e weit es
damit schon gekommen war, erwies sich auf den Reichstagen von 1492
und 1504. Die Beschlüsse der nationalmadjarischen Stände schränkten
damals die bisherigen Vorrechte der deutschen Bürgerschaft stark ein.
Die Häuser der madjarischen Prälaten und Barone in den Städten sollten
steuerfrei sein; den Bürgern wurde die Zwangseintreibung ihrer aus-
stehenden Guthaben bei den Adeligen erschwert; zugunsten der Adeligen
wurden Handels- und Bergrechte abgeändert; das bisher den städtischen
Bürgern zustehende Recht der Preisfestsetzung wurde beschränkt.
Auf dem ungarischen Reichstag von 1505 wurde unter dem Einfluß von
Johann Zäpolya der damalige Verfall ungarischer Macht auf die verderb-
liche Regierung fremder Fürsten zurückgeführt und es wurde der ein-
stimmige Beschluß gefaßt, in Zukunft nur einen Madjaren zum König
zu wählen und jedem fremden Thronbewerber erbitterten Widerstand
zu leisten. Dieser Beschluß richtete sich natürlich vor allem gegen die
Habsburger, deren Einfluß infolge der Heiratsverbindungen mächtig war.
Der Reichstag von 1523 brachte eine weitere Verschärfung der deutsch-
feindlichen Bestimmungen. Damals erging der Beschluß, alle Lutheraner
Deutsche Bürgerschaft und imadjarischer Adel 233

sollten mit dem T o d e bestraft werden und ihre Güter sollten eingezogen
werden. Dieser Beschluß richtete sich ausschließlich gegen die Deutschen;
denn unter den Madjaren gab es damals noch keine Anhänger der Refor-
mation. Zwei Jahre später, auf dem Reichstage zu Pest (1525), stellte der
nationalmadjarisdie Adel unter der Führung von Johann Zäpolya noch viel
maßlosere Forderungen gegen das Deutschtum; die deutschen Hofleute
und Unternehmer, wie die Fugger, sollten aus dem Lande vertrieben und
durch Madjaren ersetzt werden; der kaiserliche Gesandte solle aus
Ungarn ausgewiesen werden; alle Lutheraner, deren man habhaft würde,
sollten verbrannt werden! Als der König zögerte, diese Beschlüsse zu
bestätigen, kam der Kleinadel noch in demselben Jahre bewaffnet in
Hatvan zusammen und forderte erneut die Absetzung der deutschen
Hofbeamten, die Vertreibung der Fremden, die Ausweisung und Ver-
mögenskonfiskation der Fugger. Der letzte Reichstag (1526) vor dem
Türkeneinbruch faßte auch den Beschluß, alle Schuldverschreibungen an
Fremde sollten ungültig sein.
Nach der Katastrophe bei Mohäcs (1526) wählte die deutsche Partei
entsprechend den alten Erbverträgen den Habsburger Ferdinand von
Österreich zum König. Die nationalmadjarisdie Partei rief Johann Zä-
polya, der seit langem der Wortführer des madjarischen Kleinadels ge-
wesen war, zum König aus.
In den folgenden Jahrhunderten wurde das Bürgertum der deutschen
Städte durch den madjarischen Adel ständig weiter zurückgedrängt.
Seitdem das südliche und mittlere Ungarn unter türkische Herrschaft
geraten war, boten die deutschen Städte mit ihrem starken Mauerring
die beste Zuflucht. So flüchteten auch viele madjarisdie Adelsfamilien
in die deutschen Städte der Slowakei. Diese Zuwanderer forderten nun
kraft ihrer adeligen Sonderstellung gleichen Anteil an den Vorrechten
der Bürgerschaft und Einfluß auf die Stadtregierung, ohne aber sich den
Gesetzen und Lasten, die für die alteingesessene Bürgersdiaft galten,
unterwerfen zu wollen. Sie benutzten ihren vorherrschenden Einfluß im
ungarischen Landtag dazu, um durch neue Gesetze der Rechtsstellung
der deutschen Bürgerschaft Abbruch zu tun. Die ungarischen Landtags-
beschlüsse jener Zeit sind voll von Äußerungen der Abneigung gegen das
deutsche Bürgertum, dessen kulturelle und wirtschaftliche Überlegenheit
man als drückend empfand. Es wurde gefordert, von den Beamtenstellen
sollten alle Deutschen entfernt und durch gute Madjaren ersetzt werden.
Ein anderes Mal forderte die nationalmadjarisdie Partei, der König solle
234 Tschechen und Deutsche

nur Madjaren in seinen Rat berufen. Man verwahrte sich dagegen, daß
in Angelegenheiten Ungarns Entscheidungen in der „deutschen Kanzlei"
getroffen würden. Die deutschen Söldner sollten von ungarischem Boden
verschwinden. Die madjarischen Truppenaufgebote sollten nur madjari-
schen Hauptleuten unterstehen und nur an die ungarischen Landesgesetze
gebunden sein. Solche Forderungen hielten den madjarisch-deutschen
Gegensatz stets leibendig.
*

Bei den Tschechen ist die Entwidklung des Nationalbewußtseins andere


Wege gegangen. Die Wurzeln freilich sind dieselben: Fremdenhaß und
Staatsidee. Während in Ungarn jedoch die Staatsidee im Vordergrund
steht, entspringt bei den Tschechen das Nationalbewußtsein vor allem
aus dem Fremdenhaß. Dies mag einerseits damit zusammenhängen, daß
die Tschechen nodi mehr als die Madjaren im Zeitalter der deutschen
Ostkolonisation der Gefahr der Überfremdung durch das kulturell über-
legene Deutschtum ausgesetzt waren. Der böhmische „Staat" blieb als
Reichslehen und Kurfürstentum immer ein Glied des deutschen Reiches
und daher ohne volle völkerrechtliche Souveränität. Daher konnte der
böhmische Staat nicht eine solch suggestive Anziehungskraft gewinnen
wie die ungarische Staatsidee, so daß er zum Inbegriff des National-
bewußtseins hätte werden können. Die Tschechen haben es in ihrer Ge-
schichte nicht vermocht, eine große politische Konzeption zu schaff en, die
der ungarischen Staatsidee vergleichbar wäre. Seit dem Spätmittelalter
wurde die Abwehr des als übermächtig empfundenen deutschen Einflusses
eine entscheidende Triebkraft in dem düsteren politischen Bewußtsein
dieses unglücklichen Völkchens.
Daher hat sich bei den Tschechen die Steigerung des Volksgefühls zum
Nationalbewußtsein nicht auf dem Wege über eine Staatsidee, sondern
auf dem Wege über den Fremdenhaß vollzogen, der sich in Böhmen und
Mähren ausschließlich gegen die Deutschen richtete. Die Tschechen haben
an der geistigen Entwicklung des Abendlandes durch die Vermittlung
Deutschlands vollen Anteil genommen. Die ganze Geistesgeschichte des
Tschechentums besteht seit dem Siege des Christentums (10. Jahrhun-
dert) in einem ständigen befruchtenden Austausch. Die räumliche Nach-
barschaft und die politische Zusammengehörigkeit waren die elementaren
Voraussetzungen dieser Auseinandersetzung. Seit Karl d. Gr. gehörten
Böhmen und Mähren mit gewissen Schwankungen und Unterbrechungen
Deutsdienhaß der Tschechen 235

stets in den Verband des Deutschen Reiches. Die Tschechen haben wäh-
rend des ganzen Mittelalters in dieser Reichszugehörigkeit keine politische
Demütigung gesehen. Im 12. Jahrhundert erwähnt ein tschechischer Ge-
schichtsschreiber mit Stolz, der böhmische Herzog Sobeslav I. sei der
beste und treueste Freund des Kaisers, er sei es, der die Gegner des
Romanum Imperium unter die Herrschaft der Kaiser Lothars II. und
Konrads II. gebeugt habe. Nicht an der Oberhoheit des Deutschen Rei-
ches nahmen die Tschechien Anstoß, sondern an der massenhaften Ein-
wanderung deutscher Siedler im Zuge der großen deutschen Ostkoloni-
sation. Aus dieser Abneigung gegen die deutschen Kolonisten erwuchs
bald ein fanatischer Deutschenhaß. Schon in der „Chronik der Böhmen"
des Pragers Dekans Kosmas zu Anfang des 12. Jahrhunderts findet sich
ein interessanter Beweis für den Deutschenhaß. Kosmas erzählt: Herzog
Spitignev (10. Jahrhundert) halbe sich bereits am ersten Tage seiner
Herrschaft ein großes und für alle Jahrhunderte unvergängliches Denk-
mal gesetzt, indem er innerhalb von drei Tagen alle Deutschen — Arme
und Reiche — aus dem Lande Böhmen vertrieb. Kosmas wirft den Deut-
schen auch Hochmut und Aufgeblasenheit vor, sowie ihre Verachtung der
Slawen und der slawischen Sprache. Die Erwähnung der Frage, mit wem
der bischöfliche Stuhl von Prag im Jahre 1068 besetzt werden sollte, ist
für Kosmas ebenfalls Anlaß, seiner Abneigung gegen die Deutschen
kräftigen Ausdrude zu verleihen: „Denn so ist die menschliche Natur,
daß ein jeder, in welchem Lande es auch sei, nicht nur sein eigenes mehr
als ein fremdes Volk liebt, sondern auch wenn er könnte, die fremden
Flüsse in sein Vaterland ulmlenken würde." Daher sei den Tschechen
ein Hundeschwanz oder ein Eselskot auf dem Prager Bischofsstuhl lieber
als der Sachse Lancze. — Aus solchen Zeugnissen wird ersichtlich, wie
früher schon auf dem heißen doppelvölkischen Boden Böhmens sich an
der Abneigung gegen ein fremdes Volkstum das Bewußtsein der be-
sonderen eigenvölkischen Art entfaltete.

Aus der Zeit der Marchfeldschlacht (1278) haben wir wieder ein wert-
volles Zeugnis des Volksgefühls; einen „Brief" an Polen, der vielleicht von
einem Tschechen verfaßt wurde. Darin wird eingangs betont, daß die
Polen den Tschechen am nächsten verwandt und ihnen durch gleiche
Sprache und gleiches Blut verbunden seien. Böhmen sei überdies ein
Schutz und Bollwerk für Polen. Breche dieses Bollwerk zusammen, dann
würde sich der unersättliche Schlund der Deutschen noch weiter öffnen,
in ihrer frechen Gier würden sie ihre dreisten Hände bis nach Polen
236 Reimchronik des Dalimil

ausstrecken und mit größter Härte das Land unter das Joch der Knedit-
schaft beugen.
Bald darauf erlebt der Fremdenhaß seine stärkste Steigerung in der
alttschechischen Reimchronik des Dalimil (14. Jahrhundert). Sie ist ein
erschütterndes Zeugnis dafür, wie früh dieses Völkchen vorwiegend
aus einer verkrampften Abwehrhaltung gegen das große deutsche Nach-
barvolk heraus zu leben, zu denken und zu hassen begann. Unter diesem
starren Blickwinkel wurde nun die gesamte nationale Vergangenheit um-
gedeutet. Der Grundgedanke dieser ganzen Chronik ist der Gegensatz
zwischen Deutschen und Tschechen. Der Tscheche Dalimil betrachtete
auch das Kaisertum nicht mehr als universale Weltherrschaftsform, die
es in der politischen Theorie jener Zeit ja immer noch sein wollte, son-
dern als völkische, deutsche, den Tschechen seit jeher feindliche Zwing-
herrschaft. Die Aufgabe der böhmischen Politik müsse es sein, den
deutschen Einfluß abzuwehren. Demgemäß fällt Dalimil sein Werturteil
über die altböhmischen Herrscher der Vergangenheit je nach der Stellung,
die sie zu den Deutschen eingenommen haben. Schon am Anfang der
tschechischen Geschichte soll die sagenhafte Fürstin Libusdia dem
tschechischen Volke geweissagt haben, wenn ein Fremder König würde,
dann werde sich die tschechische Sprache nicht lange behaupten können.
Dalimil überschlägt sich geradezu in seinem Deutschenhaß. So wird zur
Verherrlichung des altböhmischen Herzogs Sobeslav II. eine blutrünstige
Greuelgeschichte erzählt: Dieser Fürst soll allen Deutschen, deren er
habhaft wurde, selbst die Nase abgeschnitten haben. W e r von seinen
Untertanen einen Schild voll deutscher Nasen brachte, erhielt als Belohnung
100 Mark. Diese Greuelgeschichte erzählt der tschechische Chronist im
Tone nationaler Genugtuung zum größeren Ruhme des bömischen Her-
zogs. So geht es durch die ganze Chronik hindurch. Und sie klingt aus in
die Mahnung an den damaligen böhmischen König Johann (1306 bis
1346) — einen Deutschen — , er solle keine Fremden in das Land lassen
und die einheimische Sprache sprechen.

Aber sogar dieses Zeugnis des Deutschenhasses wurde noch überboten.


Ein ausdrücklich gegen die Deutschen gerichtetes Pamphlet aus der
ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts stellt den eigentlichen Höhepunkt dar.
Es besteht überhaupt nur noch aus Beschimpfungen der Deutschen. Die
Deutschen werden als ein höriger Stamm bezeichnet. Als Hörige und
Lehensuntertänige seien die Deutschen in die Dienste anderer Völker
getreten. So gäbe es heute überhaupt kein Land mehr, das nicht von
Deutschfeindliches Pamphlet (14. Jh.) 237

ihnen erfüllt wäre. In den verschiedenen Landschaften haibe sich ihre


Mundart durch Mischung mit anderen Sprachen gewandelt. Die deutsche
Sprache sei unschön und von unmenschlicher Rauheit, sie gleiche dem
Gebell der Hunde. Daher sei bei den anderen Völkern, die diese Laute
nicht verstehen können, der Eindruck entstanden, die Deutschen seien
stumm, weshalb die Tschechen und alle anderen slawischen Völker jeden
Deutschen nemec, das heißt „stumm" nennen. Die Hörigkeit der Deut-
schen werde auch durch den Namen Alemannia bewiesen, der nichts
anderes bedeute als „alle Mannen" ( = Lehnsmannen). Dafür muß die
alibeme Begründung herhalten, die Deutschen müßten ja dem Heiligen
Römischen Reich dienen. Die Deutschen sind ein betrügerisches und an-
maßendes Volk. In allen Ländern, wohin sie kommen, reißen sie die
ersten Stellen an sich. Als ärmliche Einwanderer kommen sie in ihre neue
Heimat. Dort dienen sie eine Weile mit heuchlerischer Bescheidenheit als
Knechte, Wirte und Schreiber. Durch Fleiß und Geschmeidigkeit machen
sie sich unentbehrlich und steigen gesellschaftlich auf. Dann, nachdem sie
einmal Einfluß gewonnen haben, reißen sie alles an sich. Sie dringen in
die Stadträte ein. Sie plündern die fremden Länder aus, indem sie Gold,
Silber und alle Kleinodien, deren sie habhaft werden können, zusammen-
raffen und heimlich in ihre alte Heimat senden. Kein Volk kann sich dieser
zudringlichen Schmarotzer erwehren. „Sie sind wie Wölfe in einer Herde,
wie Fliegen auf einer Speise, wie Schlangen am Busen, oder wie Freuden-
mädchen im Hause".
So vernichten diese Deutschen durch ihre betrügerische List den Wohl-
stand aller Nachbarländer. In den böhmischen Landen haben sie sich eine
Vorzugsstellung angemaßt, indem sie die Einheimischen zurückgedrängt
haben. Sie hätten in ihrer alten Heimat bleiben sollen. Man dürfe sie
nicht mehr länger dulden. Welch goldenes Zeitalter war es doch, als man
mit den schärfsten Mitteln sich ihrer erwehrte! Als man ihnen die Augen
ausstach, sie an den Füßen aufhing oder mit Pfeilen nach ihnen schoß!
Die Deutschen sind verlogen, überheblich und zudringlich, aber feige,
wo es zu kämpfen gilt. Keinem Deutschen, der eine Gesandtschaft über-
nehme, dürfe man Vertrauen schenken, über diese ungeschminkte
Schilderung möge der Böhme, der auch der deutschen Sprache mächtig
sei, nicht ungehalten sein, denn die Kenntnis fremder Sprachen sei ein
Geschenk Gottes und daher unverwerflich. Der Zorn des Verfassers
gelte nur jenen deutschen Zuwanderern, die aus ihrer alten Heimat her-
übergekommen sind, sich in den böhmischen Landen zunächst heuch-
238 Deutsdie Oberschicht — tschechische Unterschicht

lerisch schlau wie Füchse benehmen, dann aber wie Löwen herrschen
wollen, so daß die Einheimischen schließlich genötigt sind, sie wie Hunde
zu verjagen.
Die Fürsten sollen so klug sein, diese verächtlichen Ameisen im Sommer
ihre Vorräte sammeln zu lassen, um ihnen diese im Winter wieder abzu-
nehmen und sie aus dem Lande zu vertreiben. Vor dieser deutschen
Gefahr sollten sich alle Völker in acht nehmen: Madjaren, Dalmatiner,
Polen, Russen, Böhmen, Mährer, Kroaten, Engländer, sowie alle Slawen
und die Bewohner aller anderen nichtdeutschen Länder. Mit solcher
Warnung sdiließt die tschechische Schmähschrift des 14. Jahrhunderts.
*

Daß damals in den böhmischen Landen so viel schwelender Haß gegen


die Deutschen aufgespeichert war, erklärt sich aus der Tatsache, daß die
Deutschen damals das tatsächliche Ubergewicht im Lande hatten. Aus
der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts haben wir die Nachricht, fast in
allen Städten und am königlichen Hofe sei die deutsche Sprache üblicher
gewesen als die alteinheimische tschechische.
Der stärkste Beweis für die übermächtige Stellung des deutschen Ele-
mentes in den böhmischen Landen liegt darin, daß solche von tschechi-
scher Seite kommenden Beschimpfungen überhaupt keine deutsdie Ant-
wort fanden. Die Deutschen im sicheren Gefühl ihrer politischen und
geistigen Überlegenheit glaubten, auf eine Abwehr der tschechischen
Angriffe verzichten zu können — wenn diese ihnen überhaupt zu Ohren
kamen.
Die von einem Deutschen verfaßte Königssaaler Chronik, die bald
nach dem Dalimil entstanden ist, zeigt uns, daß die Deutschen noch nicht
einmal inmitten der fremdvölkischen Umgebung ihr eigenes Volkstum
schroff zu betonen pflegten. Von König Premysl Ottokar II., dem großen
Begünstiger der deutschen Kolonisation im 13. Jahrhundert, heißt es ganz
schlicht, er habe die Unbildung des tschechischen Volkes, das bislang in
tierischen Sitten dahinlebte, zu heben verstanden.
Die Deutschen waren sich einer geschlossenen Abwehrfront gegenüber
dem Tschechentum gar nicht bewußt. Die innerdeutschen Stammesunter-
schiede blieben auch auf dem böhmischen Koloniallboden noch sehr lange
lebenskräftig. Dies zeigt ein ergötzlicher Vergleich zwischen den Sachsen
und den Baiern, der sich in der genannten Chronilk findet. „Der Sachse
spricht geläufig, der Baier aber, wenn er seine allzugrobe und wilde
Deutsche Oberschicht — tschechische Unterschicht 239

Stimme erhebt, brüllt wie das Rind. Dem Baiern widersteht die Sprache
des Sachsen, wie dem Stein das Rauschen der Wellen, denn er versteht
sie ebensowenig wie eine Nachteule eine Elster. Sächsische Worte, süße
und herbe, erfaßt der Baier nur im Schlaf, oibwohl man beide mit gutem
Grund Deutsche nennen darf." Die Tapferkeit der Deutschen gegenüber
den Italienern wird hervorgehoben. Gegensätze zu dem Tschechentum
wenden kurz angedeutet: Schon im Jahre 1318, zu Zeiten des Königs
Johann, hat man in Böhmen von tschechischer Seite das Gerücht ausge-
streut, der König wolle alle Tschechen aus dem Lande vertreiben, damit
das Land ganz ausschließlich den Deutschen gehöre. Der deutsche Chro-
nist erledigt diese tendenziöse Nachricht mit der kurzen Bemerkung, es
sei ein „falsches Gerücht" gewesen. Dabei fällt kein Wort von einer
Beschimpfung. Der Chronist versucht sogar die feindliche Einstellung der
Tschechen zu rechtfertigen: es sei natürlich, so bemerkt er, daß kein
Volk Zuwanderer aus einem fremden Volke gut vertrage.
Die Gegenüberstellung dieser kurzen sachlichen Bemerkungen der
deutschen Chronik über das Tschechentum und der maßlosen Be-
schimpfungen der tchechischen Chronik gegen das Deutschtum bestätigt,
was wir schon wissen: die Deutschen waren Oberschicht im Lande. Sie
hielten es nicht für nötig, den von der tschechischen Unterschicht kommen-
den Angriffen überhaupt zu antworten. Dieses Verhältnis von deutscher
Oberschicht und tschechischer Unterschicht sollte sich jedoch bald ändern
durch die große nationalkirchliche Revolution des Hussitismus.
Kapitel 16

D e r H u s s i t i s m u s : die n a t i o n a l k i r c h l i c h e Revolution
der T s c h e c h e n

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts entlud sich das tschechische National-


bewußtsein, das sich seit Menschenaltern an dem Gegensatz zum Deutsch-
tum zu schärferer Bestimmtheit herausgebildet hatte, in einem großen
revolutionären Ausbruch: in der nationalkirchlichen Bewegung des Hussi-
tismus. W i e bei allen solchen Bewegungen der Menschheitsgeschichte ist
auch hier die Frage nach den letzten Ursachen nicht zu beantworten. Eine
wichtige Triebkraft war sicherlich der seit langem schwelende Haß gegen
alles Deutsche. Dazu kamen dann am Anfang auch eigentlich religiöse
Beweggründe. Von der allgemeinen Kirchenkrise der Zeit wurde auch
Böhmen erfaßt. Da und dort verband sidi soziale Unzufriedenheit und
Reformlust damit. Und alle diese Faktoren haben in derselben Richtung
gewirkt und die kirchliche und nationale Revolution der Tschechen herauf-
beschworen, die sich in gleicher Weise gegen die alte Kirche und gegen
das Deutschtum richtete. Der Sieg dieser hussitisdien Revolution hat da-
her Böhmen auf einige Zeit politisch und kulturell von dem übrigen Abend-
land losgerissen und dadurch in seiner allgemeinen Entwicklung zurück-
geworfen.
Das 14. Jahrhundert war die große Zeit des vorherrschenden deutschen
Einflusses in Böhmen und Mähren gewesen. Politisch war das Königreich
Böhmen-Mähren dem Verband des Deutschen Reiches fest eingeordnet.
Die deutsche Sprache galt im ganzen Lande als die allgemeine Kultur-
und Verkehrssprache, während das Tschechische fast nur gesprochene
Volkssprache war. Die deutsche Literatur beherrschte das Geistesleben.
Was es damals im 14. Jahrhundert an tschechischer Literatur gab, das
waren größtenteils Ubersetzungen deutscher literarischer Werke aus dem
13. Jahrhundert. Das tschechische Schrifttum war noch in der Entfaltung,
eine eigenschöpferische Selbständigkeit begann sich erst zu regen. Das
tschechische Schrifttum blieb in allem von der deutschen Geistesentwick-
lung abhängig und hinkte in der übersetzenden und bearbeitenden
Übernahme der deutschen Literaturwerke hinterDeutschlandum ein volles
Jahrhundert zurück, so wie dieses hinter Frankreich. Das Schauspiel des
14. Jahrhundert als Glanzzeit der böhmisdien Geschichte 241

westöstlichen Kulturgefälles wird an diesem Beispiel besonders ein-


dringlich.
Jenes 14. Jahrhundert, das Zeitalter des vorherrschenden deutschen Ein-
flusses, war zugleich die goldene Glanzzeit der gesamten böhmischen
Geschichte. Das in Böhmen herrschende Königshaus der Luxemburger
hatte auch die deutsche Kaiserkrone inne. Prag wurde zur glanzvollen
Residenzstadt. Es erhielt im Jahre 1348 durch Karl IV. die erste Uni-
versität im Gebiet des Deutschen Reiches. W i e innig Prag und Böhmen
damals dem deutschen Kulturbereich zugehörten, geht schon daraus her-
vor, daß in der Prager Kanzlei Karls IV. die ersten Anfänge der neuhoch-
deutschen Schriftsprache entstanden sind. Die von der Prager Kanzlei
gebrauchte hochdeutsche Mundart wurde dann von 'der obersächsischen
Kanzlei in Meißen übernommen. In jener Form des Meißener Deutsch
hat sie Martin Luther kennengelernt und als geeignete Sprachform be-
nützt, um in seinen zahlreichen Schriften zu allen Deutschen zu sprechen.
So stand in der Mitte des 14. Jahrhunderts unter Karl IV. das Deutsch-
tum in Böhmen in voller, ja später Blüte, während sich der jugendlich-
stürmische Aufstieg des tschechischen Volkstums schon ankündigte.
Dieser übermächtige deutsche Einfluß wurde dann in überraschend
kurzer Zeit durch die nationaltschechische Revolution des Hussitentums
gebrochen. Jener leidenschaftliche Deutschenhaß, der sich schon im 14.
Jahrhundert unter der Oberfläche der deutschen Vorherrschaft auf-
gestaut hatte, führte zu Anfang des 15. Jahrhunderts zu einer großen
nationaltschechischen Abwehrbewegung. Die äußere Entstehung dieser
Revolution, in der verschiedenartige Faktoren nebeneinander und gegen-
einander wirksam waren, hat ihren Ausgang von ganz anderen Anlässen
genommen.
*

In dem damaligen Streit um das päpstliche Schisma bekannte sich der


deutsche und böhmische König Wenzel (1378—1419) anfänglich zur
Obödienz des römischen Papstes. Später änderte er seine Stellung und
erklärte sich für neutral in dem Kampfe zwischen dem römischen Papst
und dem avignonesischen Gegenpapst. Zugleich forderte er in Böhmen
allgemeine Annahme dieses Standpunkts. Bei der Geistlichkeit, die
größtenteils dem avignonesischen Gegenpapst anhing, traf er starke
Widerstände. Noch schwieriger war es bei der Universität. Die damalige
Prager Universität bestand nach dem Vorbild der Pariser Universität aus
16 Stadtmüller, Geschichte Südosteuropas
242 Universitätsstreit in Prag

vier Nationen: den „Böhmen", zu denen die Deutschen und Tschechen


aus allen 'böhmischen Landen gehörten, den „Baiern", die die Studenten
aus Westdeutschland und Süddeutschland umfaßten, den „Sachsen",
worunter alle norddeutschen Studenten verstanden wurden, und schließ-
lich den „Polen", wozu auch die deutschen Studenten aus Schlesien und
den deutschen Städten Polens gehörten.
König Wenzels Forderung, die ganze Universität solle sich in der Frage
der päpstlichen Obödienz neutral erklären, fand nur bei der böhmischen
Nation Zustimmung, von den übrigen drei Nationen wurde sie abgelehnt.
Nachdem langwierige Verhandlungen nicht zu dem gewünschten Er-
gebnis geführt hatten, erließ König Wenzel am 19. Januar 1409 das
„Kuttenberger Dekret", wodurch die bisherige Universitätsverfassung
völlig zugunsten der „Böhmen" umgestaltet wurde. In Zukunft sollte
die böhmische Nation allein drei Stimmen, die anderen drei Nationen
zusammen nur eine einzige Stimm« haben. Diese Maßnahme wurde mit
einer Begründung versehen, aus der schon das tschechische National-
bewußtsein spricht. Die deutsche Nation (natio Jeutonica), worunter
die drei bisherigen Nationen der Baiern, Sachsen und „Polen" zu-
sammengefaßt werden, besitze im Königreich Böhmen überhaupt kein
Heimatrecht (jure incolatus ... prorsus expers), w ä h r e n d die böhmische
Nation (natio Bohemica) die rechtmäßige Erbin dieses Königreiches sei
Ceiusdem regni justa her es).
Die Wirkung dieser Änderung der Universitätsverfassung war eine all-
gemeine akademische Auswanderung. Die Schüler und Lehrer der drei
unterlegenen Nationen wandten sich großenteils nach Leipzig, wo in
demselben Jahre von dem sächsischen Kurfürsten eine neue Universität
gegründet wurde. Die Deutschen aus den böhmischen Landen — die
Sudetendeutschen — werden wohl in Prag geblieben sein, wo sie freilich
in Zukunft gegenüber den Tschechen in der Minderheit waren.
In diesem Universitätsstreit, der von der Auseinandersetzung um das
päpstliche Schisma ausgegangen ist, trat auch Johannes Hus hervor, neben
Albrecht von Wallenstein und Johann Arnos Cornenius die einzige welt-
geschichtliche Figur, die Böhmen hervorgebracht hat. Er war zwischen
1365 und 1370 geboren, studierte an der Prager Universität und wurde
ebendort 1396 Magister, d. h. Dozent. 1400 erhielt er die Priesterweihe,
1401 wurde er Dekan, 1402 Rektor der Universität. Und zugleich über-
nahm er die Stelle eines Predigers an der Bethlehemkirche, wo er an
Sonn- und Feiertagen tschechisch zu predigen hatte.
Johannes Hus 243

Diesem Manne kamen bereits 1398 die theologischen Streitschriften


des englischen Theologen und Kirchenreformators John Wiclif ( t 1384)
in die Hand, worin die weltliche Herrschaft des Papsttums und der welt-
liche Besitz der Kirche scharf abgelehnt wird. Hus wurde unter der mäch-
tigen Einwirkung dieser Gedanken einer der eifrigsten Verteidiger Wiclifs.
Zur Zeit des Universitätsstreites bekannte er sich als Anhänger des Königs
Wenzel. Er begrüßte die Änderung des Stimmenverhältnisses und pries
von der Kanzel herab den König wegen seiner Liebe zum Volke. Er
wurde dann auch der erste Rektor der umgestalteten Universität.
Das Papsttum ging um diese Zeit schärfer gegen die Wiclifsdien Ideen
vor. 1410 wurden die Wiclif sehen Schriften, die überall als ein gefähr-
licher Zündstoff für die allgemeine Unzufriedenheit mit den kirchlichen
Mißständen wirkten, feierlich verbrannt, wo man ihrer habhaft werden
konnte. Obwohl Hus die in seinem Besitze befindlichen Schriften
Wiclif« auslieferte, verfiel er dem Predigtverbot. Er kümmerte sich
nicht darum, sondern predigte öffentlich weiter. Eine Vorladung der
Kurie, er solle zur Rechtfertigung nach Rom kommen, ließ er unbefolgt.
Auch eine erneute Erklärung des Kirchenbannes (1411) war wirkungs-
los. Erst die Verhängung des großen Kirchenbannes (Interdiktes) über
Prag veränderte die Lage. Hus mußte Prag verlassen (1412). In den fol-
genden Jahren lebte er auf dem Lande, wo er seine Gedanken durch
schriftstellerische und predigende Tätigkeit zu verbreiten suchte. Uber
seine damalige Wirksamkeit schrieb er selber: „Ich predige in Fledcen und
Burgen, auf den Gassen der Städtlein und Dörfer, in Feld und Wald,
zwischen Hecken und unter den Linden."
Die Bewegung der Kirchenreformer schwoll in Böhmen durch die Wirk-
samkeit des Hus so mächtig an, daß sich das Konstanzer Konzil (1414
bis 1418) damit beschäftigen mußte. Hus wurde vor das Konzil vor-
geladen. Da der böhmische König dieses Mal die Vorladung unterstützte,
blieb ihm kein Ausweg. Unter dem Schutze eines königlichen Geleit-
briefes begab er sich nach Konstanz. Auf dieser Reise zeigte es sich, daß
der Hussitismus damals noch keine nationaltschechische Angelegenheit
war. Hus wurde auf deutschem Boden überall sehr freundlich aufgenom-
men. Am 20. Oktober 1414 schrieb er von Nürnberg aus: „Ich bin bisher
auf keinen Feind gestoßen . . . Ich gestehe also, daß nirgends die Feind-
schaft gegen mich größer ist, als bei meinen böhmischen Landsleuten."
In Konstanz wurde er gefangengesetzt, wobei er ziemlich unwürdig
behandelt worden sein soll. Erst nach halbjähriger Haft, im Juni 1415,
16*
244 Ausbruch der hussitisdien Bewegung

kam es zum Verhör vor dem Konzil. Man forderte von Hus das Bekennt-
nis, geirrt zu haben, Abschiwörung seiner Irrtümer, öffentlichen Widerruf
und die Annahme der Gegenlehre. Hus erklärte, er könne nicht Sätze
widerrufen, die er nie behauptet habe, das verbiete ihm sein Gewissen.
Darauf wurde er am 6. Juli 1415 verurteilt und nodi am gleichen Tage
vor dem Tore der Stadt Konstanz verbrannt. Johannes Hus, der sidi im
Verlaufe des ganzen Prozesses als aufrechter Charakter erwiesen hatte,
bewährte seine unverzagte Seelenhaltung auch im Angesicht des Todes.
Er ist auf dem Scheiterhaufen tapfer gestorben.
*

Die Nachricht von der Verbrennung des Hus rief in den böhmischen
Landen eine ungeheure Aufregung hervor. Ein großer Teil des tschechi-
schen Adels schickte eine Protestschrift an das Konzil. Darin hieß es, die
Verurteilung des Hus sei „zur dauernden Schmach und zum Brandmal für
Böhmen und Mähren" geschehen. Nachdem Hus nun als Märtyrer seiner
religiösen Überzeugung gestorben war, wurde sein Name ein politisches
Programm. Die Partei der böhmischen Kirchenreformer nannte sich nun
nicht mehr „Wiclifiten" sondern „Hussiten". Zugleich kamen zwei
andere Bezeichnungen auf: Utraquisten und Kalixtiner. Hus hatte zuletzt
auch den Gedanken gebilligt, das Abendmahl sei unter beiden Gestalten
(sub utracjue specie), d. h. als Brot und Wein den Gläubigen zu spenden.
Daher wählten nun die „Hussiten" den Kelch (calix) zum kirchlichen
Symbol ihrer Reformbestrebungen. Man nannte sich Utraquisten oder
Kalixtiner.
Dieser kirchlich-revolutionären Bewegung, die in den böhmischen Lan-
den rasch wie ein fressendes Feuer um sich griff, stellte sich nun alles ent-
gegen, was an der alten Kirche festhalten wollte, im Adel, in der Ritter-
schaft, in den Städten. Als Führer dieser altkirchlich-katholischen Partei
ging das böhmische Königtum im Auftrag des Konzils an die gewaltsame
Unterdrückung des Hussitismus. Hussitisdhe Beamte und Geistliche wur-
den aus ihren Stellungen entfernt. 1419 erhielt die Prager Neustadt einen
ausschließlich katholischen Rat. Als diese katholischen Räte noch im glei-
chen Jahre eine hussitische Prozession störten und verhöhnten, brach der
Aufruhr aus. Die Hussiten stürmten das Neustädter Rathaus und warfen
sieben katholische Ratsherren zum Fenster hinaus auf die Spieße der be-
waffneten Volksmenge. Dies war das Zeichen zum allgemeinen Aufruhr,
zunächst in Prag, dann im ganzen Lande. An diesem Tage wurde der
Hussitenkriege 245

Hussitismus aus einer theologischen, religiösen und kirchlichen Reform-


bewegung zu einer politischen Revolution, die bald gewaltige Ausmaße
annehmen sollte.
Im ganzen Lande brachen örtliche Erhebungen aus. Allerorts kam es
zur Erstürmung und Zerstörung von Kirchen und Klöstern. Die Gewalt
des Königtums brach zusammen. Mitten im Atisbruch dieser Wirren
starb König Wenzel.
König Sigismund, der Bruder König Wenzels, wurde von den Hussiten
nicht als König anerkannt. Das hussitische Böhmen riß sich aus dem Ver-
bände des Deutschen Reiches los. Aber viele Städte — vor allem in
Westböhmen — hielten auch fürderhin zum Reich und zur alten Kirche.
In den beiden anderen „böhmischen Landen" waren die Hussiten von
vornherein in einer aussichtslosen Minderheit geblieben. Mähren blieb
großenteils, Schlesien ganz katholisch. König Sigismund machte nun
den Versuch, das aufrührerische Land mit Waffengewalt zu unter-
werfen. Daraus entwickelten sich die „Hussitenkriege", die fast zwei
Jahrzehnte lang dauerten. Alle deutschen Angriffe scheiterten an der
Tapferkeit und Begeisterung der Hussiten (1420—1427), die schließlich
zum Angriff übergingen und die umliegenden deutschen Landschaften
durch ihre Einfälle verheerten. Ihr Fußvolk blieb gegen die schwere
deutsche Reiterei im Feld stets siegreich. In Ziska und Prokop erstanden
ihnen bedeutende Führer. Diese Kämpfe und Wirren, die von den Ver-
tretern der tschechischen Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts als
das nationale Heldenzeitalter verherrlicht wurden, waren in Wirklichkeit,
wie sich aus den zeitgenössischen Zeugnissen ergibt, ein erschreckender
kultureller und moralischer Rückfall in der Geschichte der böhmischen
Lande. Der Hussitismus war schon gleich nach Ausbruch der Erhebung
aus einer kirchlichen zu einer nationalen Bewegung geworden, die den
Kampf gegen das Deutschtum auf ihre Fahnen schrieb. Zahlreiche deutsche
Städte wurden damals von hussitischen Heerhaufen zerstört. Die Prager
Kleinseite lag noch ein halbes Jahrhundert später in Trümmern. Auf den
Hussitenzügen hat sich vielerorts blinde Zerstörungswut ausgerast. So
erzählt ein zeitgenössischer Bericht über die Zerstörung der deutschen
Stadt Komotau im Jahre 1420:
„Im Jahre 1421 bewegte sich das ganze Heer (der Hussiten) von Pilsen
nach Komotau, wo man am 15. März anlangte und es mächtig einschloß.
Die Deutschen verlästerten das sich lagernde Heer von den Mauern und
drängten es am ersten Tage zurück. Am folgenden, einem Sonntag, machte
246 Utraquisten und Taboriten

das Heer einen Angriff von allen Seiten gegen Graben und Mauern.
Trotzdem die Einwohner der Stadt flüssiges Pech und siedendes Wasser
auf die Angreifer schütteten, drangen die Prager von der einen, die Ta-
boriten von der anderen Seite in die Stadt und Burg ein und begannen
einen Raubzug durch diese, wobei sie soviel Reichtümer nahmen, wie nie
vorher irgendwo. Alle Männer der Stadt wurden ermordet oder verbrannt,
nur etwa dreißig zurückgelassen, die die Toten zu begraben hatten. Und
sie begruben mehr als 3500, nicht mitgerechnet die verbrannten Krieger,
Bürger, Priester und Juden. Die feindseligen Taboritenweiber begingen
ein schreckliches Verbrechen. Sie führten die Frauen und Mädchen, die
ihre Männer und Väter beweinten, vor die Stadt, nachdem sie ihnen freien
Abzug versprochen hatten; draußen angekommen, beraubten sie sie aber
vorerst ihrer Kleider, ihrer Wäsche, ihres Geldes und aller anderen ihrer
mitgenommenen Habe, sperrten sie in eine Weinberghütte und verbrann-
ten sie, nicht einmal der Schwangeren schonend.
Gegen solche Greueltaten wandte sich überall die öffentliche Meinung.
So war es möglich, daß ein Kreuzzug gegen die böhmischen Ketzer ver-
kündet werden konnte. Nachdem aber auch dieses von dem päpstlichen
Legaten Cesarini geführte Heer von den Hussitten geschlagen wurde (bei
Taus 1431), ließ sich das Baseler Konzil zu Verhandlungen herbei. Die
innere Uneinigkeit der hussitischen Bewegung machte eine Verständi-
gung möglich. Die Hussiten hatten sich schon von Anfang an in zwei
Gruppen aufgespalten. Neben die gemäßigten „Utraquisten", die auch
„Kalixtiner" oder „Prager" genannt wurden, trat die radikale Partei der
„Taboriten"', geführt von Ziska (Zizka). Die gemäßigten Hussiten ge-
lang es nun durch das Zugeständnis des Laienkelches („Prager Kompak-
taten" 1433) für die Rüdkkehr in die alte Kirche zu gewinnen. Die „Ta-
boriten", die diesen Friedensschluß verwarfen, erlitten bald darauf im
Kampfe gegen die Utraquisten und Katholiken eine vernichtende Nieder-
lage (Schlacht bei Lipan 1434).
Damit war das Zeitalter der Hussitenkriege zuEnde.DieKompaktaten
wurden auf dem Landtage zu Iglau von den böhmischen Ständen bestätigt
und von König Sigismund beschworen, dem daraufhin die Stände als
ihrem König huldigten. So kehrten die böhmischen Lande wieder in den
Verband des Deutschen Reiches zurück.
Freilich waren die böhmischen Wirren dadurch nur vorübergehend
beigelegt worden. Die Versuche König Sigismunds und seines Nach-
folgers Albrecht II. (1437—1439), die den Hussiten gewährten Zugestand-
Peter Ghdoidcy 247

nisse wieder rückgängig zu machen, scheiterten, aber auch der Versuch des
Königs Georg von Podiebrad ( 1 4 5 8 — 1 4 7 1 ) , eines Utraquisten, in gutem
Einvernehmen mit dem deutschen Nachbarn die Kompaktaten gegen den
Willen des Papstes zu behaupten. D e r katholische tschechische Adel
und Matthias Corvinus von Ungarn brachte sein Königtum zu Falle.
Mähren und Schlesien fielen für zwei Jahrzehnte an Ungarn, Böhmen
kam unter Wladislaw II. den Jagellonen und war schwächer als j e zuvor
oder nachher.
Nach allen kirchlichen Wirren erwies sich die Rückkehr zu den Kom-
paktaten als die einzig mögliche Lösung. Ein Landtag zu Kuttenberg
(1485) bestätigte die Kompaktaten und ein Reichstag von 1512 gewährte
den Katholiken und den Utraquisten kirchliche Gleichberechtigung. Aber
schon ein Menschenalter später brach die böhmische Kirchen frage erneut
in blutigem Zwist aus.
*

Aus jenen strengeren Hussiten, die den „Baseler Kompaktaten" nicht


zustimmten, bildeten sich überall im Lande verstreut religiöse Sonde-
rungen, die als einzelne, kleine Gemeinden weiterhin an 'den Lehren von
Hus festhielten. Z u geschichtlicher Bedeutung kam die Gemeinde des
Peter Cheicidky (um 1440). Er war ein gewöhnlicher Bauer (nicht ein
Schuster, wie gegenreformatorische Schriftsteller später behauptet haben).
Seine ganze literarische Bildung beruhte auf der Kenntnis der Bibel und
der Schriften des Johannes Hus. Unter den volkstümlichen Schriften
Chelcickys, die alle in tschechischer Sprache verfaßt sind, wurde am
wichtigsten „Das Netz des Glaubens". Darin entwickelt Chelcicky seine
Anschauungen über das wahre Christentum, dessen Wesen er in Frie-
densliebe und humanitärer Gesinnung sieht. Man soll im Sinne der
Bergpredigt dem Unrecht nicht mit Gewalt widerstehen, sondern es
geduldig erleiden. Nur dadurch sei die Überwindung des Bösen möglich.
Dies war der Kern seiner Lehre, die in vielem an die Gedanken des
Russen Leo Tolstoi anklingt.
Aus den Anhängern Ghelcickys entwickelte sich die böhmische Brüder-
gemeinde. Im Sinne ihres Gründers haben die böhmischen Brüder nach
den Geboten der Bergpredigt in Ablehnung jeglicher offiziellen Kirchen-
organisation ein stilles religiöses Leben geführt. Sie lehnten den Eid, den
Kriegsdienst und die Übernahme staatlicher Ämter ab. Und trotz des
härtesten politischen Druckes konnten sie sich behaupten. W i e bei allen
248 Briiderumtät

solchen Bewegungen, die einem ins äußerste gesteigerten ethischen Ideal


nachstreben, tat sich bald der Abgrund zwischen Ideal und Wirklichkeit
auf. Innere Spaltungen entstanden. Äußere Notwendigkeiten geboten das
Kompromiß des strengen Ideals mit der nüchternen Wirklichkeit. Gegen
eine strengere Gruppe siegte 1494 eine gemäßigte Richtung, die von
Lukas von Prag geführt wurde, die sogenannte „Brüderunität". Mit der
deutschen Reformation trat diese Richtung schon früh in enge Fühlung.
Im Schmalkaldischen Kriege verweigerten die Anhänger dieser Brüder-
unität den Kriegsdienst und wurden daher 1548 ihrer Kirchen beraubt
und vielerorts auch vertrieben. Die im Lande verbleibenden Reste ver-
einigten sich 1575 mit Kalixtinern, Lutheranern und Reformierten zur
Abfassung einer gemeinsamen Bekenntnissdirift, der „Confessio Hohe-
mica". Ihr letzter Bisdiof war Johann Arnos Comenius (Komensky), der
bekannte Pädagoge und Polyhistor.
Diese Brüderunität, in der die Ideen des Hussitismus in ethisch ge-
läuterter Form weiterlebten, ist drei Jahrhunderte später ebenso wie der
Hussitismus selbst von ungeheurer Bedeutung für die nationale Be-
wußtwerdung der Tschechen geworden. Hussitentum und Brüderunität
stehen in dem modernen Geschichtsbewußtsein des Tschechentums da
als die großen Ideale des tschechischen Volkes. Das Hussitentum als
heldisches und kriegerisches Ideal, die Brüderunität als ethisches und
humanitäres Ideal. Die religiöse, politische und philosophische Gedanken-
welt des tschechischen Nationalismus bis zu Masaryk und Benesch,
wurde auf das stärkste von dem im 19. Jahrhundert geprägten Idealbild
des Hussitentrufms und der Brüderiuniität bestimmt, das freilich eine
leuchtende Heroisierung einer von dunklen Flecken nicht freien Wirk-
lichkeit darstellt.
Die Tschechen sind sich damals in ihrer völligen politischen, religiösen
und geistigen Vereinsamung im 15. Jahrhundert und 16. Jahrhundert ihrer
Sonderart bewußt geworden und sie haben sich schon damals, aber noch
stärker in der späteren Zeit Gedanken gemacht über die religiöse und
politische Sendung ihres Volkes, die als Kampf für die unverfälschten
Ideale einer christlich verstandenen Humanität ausgedeutet wurde.
In dieselbe Richtung wirkte die Entwicklung einer ausdrucksfähigen
Schriftsprache. Das Tschechische des 14. Jahrhunderts war noch ziemlich
arm und unbeholfen. Hus und Chelcidky bezeichnen bereits einen Auf-
stieg. Die Brüderunität aber hat erst eine wirkliche Literatursprache ge-
schaffen. Der Bischof der Brüderunität Jan Blahoslav (1523—1571) ver-
Ausstrahlung des Hussitrsmus nach dem Südosten 249

anlaßte eine vollständige Übersetzung der Bibel in das Tschechische,


wozu der Bischof selbst die Übersetzung des Neuen Testamentes bei-
steuerte. Diese „Kralitzer Bibel" (benannt nach dem Gut Kralitz in
Mähren, wo sie entstand) wurde die Grundlage der neuzeitlichen tsche-
chischen Literatursprache. Was aber die Entwicklung einer eigenen
Literatursprache für die Nationwerdung eines Volkes bedeutet, ist klar.
Der Hussitismus hat von seinem ursprünglichen Schauplatz in Böhmen
und Mähren aus auch in die Nachbarlandschaften ausgegriffen. So sind
hussitische Ideen zu den Slowaken und von dort aus sogar zu den
Rumänen vorgedrungen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß durch diese
hussitischen Einflüsse schon damals bei den Rumänen die Anfänge einer
eigenen Literatur entstanden sind. Geringfügig und ohne bleibende Nach-
wirkung blieb dagegen die Ausstrahlung des Hussitismus nach dem
madjarischen und polnischen Volksraum.
Kapitel 17

Die Reformation

Die wesentliche und in die Tiefe gehende Auswirkung der hussitischen


Bewegung blieb auf das Tschechentum beschränkt. Viel gewaltiger griff
dann nach Südosteuropa die zweite kirchliche Umwälzung aus, die ein
Jahrhundert später einsetzte: die deutsche Reformation. Sie ergriff wie
ein Lauffeuer sofort nach ihrer Entstehung (1517) die benachbarten
Länder und überflutete die jungen Völker des Südostens mit einem Strom
von neuen Gedanken und Anregungen. Die Ausdrucksfähigkeit der
Sprachen wurde unter dem Einfluß der von der deutschen Reformation
angeregten Bibelübersetzungen bereichert. Diese Sprachen erhielten da-
mals erst jene Geschmeidigkeit, die eine Voraussetzung der literarischen
Verwendung ist. Bis dahin hatte das Schrifttum aller dieser Völker nur
ärmliche anfängerhafte Erzeugnisse hervorgebracht. Nunmehr erhielt es
einen mächtigen Auftrieb. Bei den Slowenen, Slowaken und Rumänen
entstand überhaupt erst unter der Einwirkung der deutschen Reformation
eine geschriebene Literatur. Im Gefolge dieses geistigen Aufstieges hob
sich überall auch das Selbstbewußtsein der kleinen Völker.
So bildete die deutsche Reformation einen entscheidenden Entwick-
lungsabschnitt in der Geistesgeschichte der slawischen Völker. Bei den
Tschechen und Polen begann eine literarische Blütezeit, sogar die Weiß-
russen und Ukrainer wurden von den literarischen Ausstrahlungen der
deutschen Reformation erfaßt. Die Lausitzer Wenden (Sorben), die Slo-
wenen, Slowaken und Rumänen begannen ihre Volkssprache als Schrift-
sprache zu gebrauchen. Auf dem Wege über die Slowenen griff der Ein-
fluß reformatorischer Gedanken auch auf die Kroaten über. Den tiefsten
Einschnitt aber bildete die Reformation in Ungarn. Sie hat dort die ein-
heitliche Kultur des christlichen Mittelalters aufgespalten in zwei Teil-
kulturen : eine westungarisch-katholische und eine ostungarisch-kalvinische.
Die Auswirkung der deutschen Reformation verlief in den verschie-
denen Ländern nicht auf den gleichen Wegen. Sie hatte in den einzelnen
Landschaften ein verschiedenes Schicksal. Und weil sie überall auf anders-
artige Voraussetzungen traf, hat sie im einzelnen auch verschiedenartige
Hussitismus und Reformation 251

Wirkungen ausgelöst, überall jedoch bedeutete sie einen mächtigen Zu-


strom von Ideen und eine Steigerung des Nationalbewußtseins.
Zuerst setzte der Einfluß der deutschen Reformation in den benach-
barten böhmischen Landen ein. Der Weg von Wittenberg nach Prag ist
nicht weit. Die Fortentwicklung der Reformation auf böhmischem Boden
bietet ein ganz anderes Bild als das Auftreten des tschechischen Hussitis-
mus. Zum ersten blieb die Reformation nicht auf ein einzelnes Volk
beschränkt, während der Hussitismus im ganzen gesehen eine national-
tschechische Bewegung war und außerhalb des tschechischen Volkstums-
bodens nur geringe Einflüsse ausgeübt hat. Die deutsche Reformation
verbreitete sich rasch nach dem Auftreten Luthers wie ein Brand über
fast ganz Europa. Luther hatte das zündende W o r t gefunden, auf
das seine unter den Mißständen einer verweltlichten Kirche seufzende
Zeit seit Menschenaltern gewartet hatte. So wuchs sich die deutsche
Reformation innerhalb von ein oder zwei Jahrzehnten zu einer gewaltigen
religiösen Volksbewegung aus, die vor keiner nationalen Grenze Halt
machte. Sie war nicht nur ein deutsches, sondern ein gesamteuropäisches
Ereignis.
Dazu kam ein zweiter, eigentlich theologischer Unterschied. Der
Hussitismus hatte sich darauf beschränkt, an dem furchtbaren Sittenver-
fall der alten Kirche Kritik zu üben, an der weltlichen Herrschaft des
Papstes und der Kirchenfürsten sowie an dem weltlichen Besitz und
Getriebe der Geistlichkeit, und hatte demgegenüber die entschiedene Hin-
wendung zu der apostolischen Armut des Urchristentums gefordert.
Daneben verlangte man noch nach gewissen rituellen Neuerungen, so vor
allem nach dem Laienkelch. Die deutsche Reformation griff gedanklich
viel weiter. Sie focht große Teile aus dem Lehrgebäude der alten Kirche
überhaupt an. Und wieder waren es die wenigen großen Fragen, die
seit Augustinus im Mittelpunkt aller theologischen Erörterung des Abend-
landes standen — im Gegensatz zum orthodoxen Osteuropa, wo diese
Fragen nie eine Rolle gespielt haben —: Willensfreiheit, Gnade und Er-
lösung.
Trotz dieser tiefen Unterschiede muß man Hussitismus und Refor-
mation im Vielvölkerraume Südosteuropa doch zusammen betrachten.
Der Hussitismus hat durch die Schwächung der kirchlichen Macht und
der kirchlichen Autorität der Reformation den Weg bereitet. Diesen
Zusammenhang brachte Martin Luther selbst zum Ausdruck, als er sich
gelegentlich einen „Hussiten" nannte. In den böhmischen Landen war
252 Reformation im Ungarn

es geradezu so, daß die Reformation als Erbin des Hussitismus auftrat.
Die Fortentwicklung des Hussitismus mündete unmerklich in den breiten
Strom der Reformation ein. In Böhmen flössen beide Bewegungen schon
um die Mitte des 16. Jahrhunderts zusammen. Die gemäßigten Hussiten,
die sich selber Neo-Utraquisten nannten, übernahmen die Gedanken
Luthers, und die Lutheraner gaben sich, um dem gegenreformatorischen
Druck auszuweichen, als Neo-Utraquisten aus. So wird es der historischen
Betrachtung schon um die Mitte des 16. Jahrhunderts nicht mehr mög-
lich, eine klare Unterscheidungslinie zwischen beiden Bewegungen zu
erkennen.
*

In Ungarn hat die Reformation ein ganz anderes Schicksal erlebt.


Die Lehren Luthers haben sich zuerst in den deutschen Städten verbreitet.
Auch am Hofe der Königin Maria von Habsburg, der Gattin des Königs
Ludwig II. gewannen sie Einfluß. Die nationalmadjarische Partei des
Kleinadels, die den Habsburgern feindlich gegenüberstand, lehnte daher
auch die reformatorischen Gedanken zunächst auf das schroffste ab. Der
Jurist Verböczy, der geistige Führer des Kleinadels, gab damals auf
eigene Kosten ein Buch gegen Luther heraus. Die ungarischen Reichstage
von 1523 und 1525 faßten drakonische Beschlüsse zur Unterdrückung
der lutherischen Lehre (oben S. 232f.). Die Lehre Luthers wurde wegen
ihres deutschen Ursprungs abgelehnt.
Die Katastrophe bei Mohäcs (1526) und der Einfall der Türken
machten jedoch eine Fortsetzung dieser religiösen Unterdrückungspolitik
unmöglich. So konnten sich die reformatorisdien Lehren ungehindert im
Lande ausbreiten. Eine eindeutig klare Scheidung zwischen der Refor-
mation und der alten Kirche hatte sich damals noch nicht vollzogen.
Und den Menschen jener Zeit kam im allgemeinen wohl gar nicht zum
Bewußtsein, daß die Reformation eine Ablehnung der bisherigen Kirche
sei. Die Entwicklung war damals noch völlig im Fluß. Die kirchlichen
Richtungen und theologischen Standpunkte hatten sich zunächst noch
nicht geklärt und voneinander völlig geschieden. So hat der größte Teil
Ungarns den Anschluß an die deutsche Reformation ziemlich unbewußt
vollzogen. Man sah gewöhnlich in der Reformation nur eine religiöse
Erneuerungsbewegung mit der Aufgabe, den Mißständen, die in der alten
Kirche seit langem zu beklagen waren, abzuhelfen. Der endgültigen
Trennung von der alten Kirche wurde man sich erst bewußt, als das
Kalvinismus in Ostungarn 253

Konzil von Trient durch seine Beschlüsse einen klaren Trennungsstrich


gegenüber der Reformation zog. Damit war die völlig neue kirchen-
politische Lage erst klar geworden.
In Ungarn, insbesondere in den östlichen Landschaften gewann der
Kalvinismus bald die Oberhand über das Luthertum. Die eigentlichen
Beweggründe, aus denen die Madjaren das lutherische Bekenntnis bald
mit dem kalvinischen vertauschten, bleiben im Dunkel. Vielleicht spielte
daibei eine tiefe Verwandtschaft zwischen der madjarischen Seele
und dem Puritanismus der helvetischen Konfession mit. IDiie nüchterne
Religiosität der Kalviner, die rationale Betonung äußerer Ordnung und
die Lehre von der Prädestination, die an den orientalischen Fatalismus
anklingt, diese Grundzüge des Kalvinismus mögen dem madjarischen
Empfinden näher stehen als die gemüthafte Wärme des Luthertums. Und
die demokratische Presbyterialverfassung der kalvinischen Kirchen-
gemeinden mag dem madjarischen Bedürfnis nach autonomen und kon-
stitutionellen Lebensformen entgegengekommen sein. Auch durch die poli-
tischen Verhältnisse scheint die Vertreibung des Kalvinismus in Ostungarn
mächtig gefördert worden zu sein. Die Osmanen, unter deren Oberhoheit
das Fürstentum Siebenbürgen stand, begünstigten ausgesprochen den
Kalvinismus. Im weiteren Umkreis des osmanischen Reiches fehlte ein
anderer kalvinischer Staat, mit dem die Fürsten hätten gegen den Sultan
konspirieren können. Daher konnte der Kalvinismus in Ostungarn keine
Gefahr für die osmanische Herrschaft darstellen, ganz im Gegensatz
zum Katholizismus, der ständig auf Habsburg als seine Vormacht
hinschaute.
Für das Geistesleben Ungarns war die Hinwendung der östlichen Land-
schaften zum Kalvinismus von folgenschwerer Bedeutung. Das madja-
rische Geistesleben hat sich dadurch von dem ausschließlichen deutschen
Einfluß gelöst und den geistigen Einflüssen des westeuropäischen Kalvi-
nismus den Zugang eröffnet. Seit dem 17. Jahrhundert strömte die adelige
Jugend Ostungarns auf die kalvinischen Hochschulen der Niederlande und
der Schweiz, wo sie auch mit dem französischen und englischen Geistes-
leben in Berührung kam.
Neben dem Luthertum und dem Kalvinismus sind damals auch kleine
reformatorische Sekten in Ungarn eingedrungen oder dort entstanden.
So die Unitarier, die das Trinitätsdogma ablehnten, und die Sabbatarier
oder „ Judaisierenden", die das Alte Testament für die wichtigste Urkunde
der Offenbarung erklärten.
254 Reformation in Siebenbürgen

Infolge der Kämpfe gegen die Türken und der Auseinandersetzungen


zwischen den siebenbürgischen Fürsten und den habsburgischen Königen
herrschte in Ungarn zunächst völlige Religionsfreiheit von Staats wegen.
Draußen im Lande entschied sich die religiöse Entwicklung so, daß der
Anschluß der Grundherren an die eine oder andere kirchliche Lehre auch
über die Konfession der zugehörigen Bevölkerung entschied. Die weiteste
Religionsfreiheit wurde in Siebenbürgen gewährt. Das erste Fürstenhaus,
die Bäthory, blieben katholisch; die Stände hingegen schlössen sich dem
Protestantismus an. Katholiken, Lutheraner, Kalviner und Unitarier
hatten gleichermaßen das Recht der freien Religionsübung.
Der eigentliche Reformator Siebenbürgens war Johannes Honter(us)
(1498—1549), der Stadtpfarrer von Kronstadt. Er führte in Kronstadt
und Hermannstadt, den wichtigsten Städten der Siebenbürger Sachsen,
die Reformation ein und vereinigte die Sachsen zu einem evangelischen
Kirchenverband mit einer festen Kirchenordnung. Durch die missiona-
rische Werbung der Siebenbürger Sachsen für die Sache der Reformation
wurden auch die Rumänen von der geistigen Auswirkung der deutschen
Reformation erfaßt. Unter diesem reformatorischen Einfluß entstanden
damals die Anfänge einer rumänischen Ubersetzungsliteratur. Im Jahre
1546 berichtete der Bistritzer Adalbert Wurmloch in einem Brief an den
Breslauer Reformator Johannes Heß: „Hier wohnt ein Volk, das sich von
uns nicht nur durch seine Sitten und Sprache, sondern auch durch seine
Religion unterscheidet; wir nennen es Walachen, ihre Zeremonien weichen
von den unsrigen ganz ab. Sie taufen im Flusse und nehmen das Abend-
mahl mit gesäuertem Brot und mit Wein. Das Evangelium und die Briefe
des Paulus lesen sie nicht in ihrer Sprache, sondern in einer fremden,
welche wir „razische" nennen (Kirchenslawisch); diese versteht das Volk
nur, wenn sie ihm durch seinen Geistlichen erklärt wird. Viele von uns
sind ihrer Sprache vollkommen mächtig. Der Katechismus ist in diese
walachische Sprache übersetzt und in Hermannstadt mit sogenannten
razischen Buchstaben gedruckt, welche ein wenig den griechischen Buch-
staben gleichen."
Diese in Hermannstadt erschienene rumänische Katechismusübersetzung,
die in dem Briefe erwähnt wird, ist überhaupt das älteste rumänische
Sprachdenkmal, von dem wir Kunde haben. Sie wurde gedruckt und
wahrscheinlich auch übersetzt von dem Siebenbürger Sachsen Philipp
Maler. In Kronstadt folgte durch den rumänischen Buchdrucker Coresi
eine zweite Auflage und eine rumänische Evangelienübersetzung. Durch
Kulturelle Zwiefältigkeit Ungarns 155

die Drucklegung der Evangelienübersetzung wurde Coresi, der aus


Targovischte nach Kronstadt gekommen war, zum Begründer der rumä-
nischen Literatursprache.
*

In der Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Konfessionen


bildete sich schon zu Ausgang des 16. Jahrhunderts eine klare Lage
heraus. Westungarn, das unter der Herrschaft der Habsburger stand,
blieb katholisch oder wurde wieder katholisch. Das Fürstentum Sieben-
bürgen, das damals einen größeren Umfang als früher und später hatte
und bis in die Nähe von Kaschau herüberreichte, wurde kalvinisch.
Lutherisch wurden die deutschen Städte und einzelne Teile der slowa-
kischen Bevölkerung. Dies war das religiöse Bild Ungarns zu jenem
Zeitpunkt, da gerade die ersten Anfänge der Gegenreformation sichtbar
wurden.
Ungeheuer war der Einfluß der deutschen Reformation auf die geistige
Entwicklung Ungarns. Die Kultur dieses Landes, das im Mittelalter eine
geistige Einheit gebildet hatte, spaltete sich nunmehr in zwei Sonderaus-
prägungen auf, die in den kommenden Jahrhunderten nebeneinander
standen: eine kalvinische in Ostungarn und Siebenbürgen und eine
katholische in Westungarn. Die letztere stand völlig unter dem Einfluß
des Wiener Hofes und der deutschen Kultur. Die zu Anfang des 17. Jahr-
hunderts einsetzende Gegenbewegung der Gegenreformation hat die
bestehende Spaltung noch vergrößert. Dies Nebeneinander zweier kultu-
reller Sonderprägungen hat die ungarische Geschichte mit der deutschen
gemeinsam. Deutschland und Ungarn sind die einzigen Länder Europas,
in denen der Kampf zwischen Reformation und Gegenreformation un-
entschieden blieb und schließlich mit einem Kompromiß äußerlich be-
endigt wurde.
Auch in Ungarn hat die siegreiche Reformation einen mächtigen Zu-
strom deutscher Gedanken gebracht. Die ersten Anhänger Luthers in
Ungarn waren Deutsche, wie auch die Flagge der Reformation zu aller-
erst durch die deutschen Städte in Ungarn gehißt wurde. Die begabtesten
Jünglinge Ungarns erhielten zwei Jahrhunderte hindurch ihre Hoch-
schulbildung auf deutschen Universitäten. Nach ihrer Heimkehr unter-
nahmen sie den Neuaufbau der protestantischen Schulen nach deutschem
Muster. Der größte Fürst Siebenbürgens, Gabriel Bethlen (1613—1629)
berief deutsche Sängerknaben an seinen Hof. An seinem Kollegium in
Karlsburg (Gyulafehervär, Alba Julia), von dem er selbst bedeutende
256 Konfession und Nationalität

Madjaren ausschloß, unterrichteten deutsche Gelehrte. Die Deutschen


Aisted, Bisterfeld und Opitz wirkten hier. Letzterer verfaßte in Karlsburg
sein Epos „Zlatna". Von den vier frühesten Buchdruckereien Ungarns
wurden drei durch deutsche Arbeit geschaffen. Die schreiibkundigen
ungarischen Reformatoren beschäftigten sich mit der Übersetzung deut-
scher Werke und in ihren Kirchen erklangen die Psalmen Luthers.
Der Gedanke an eine bewußte Aufsaugung fremden Volkstums lag
jener Zeit noch durchaus fern. Mit der Heranziehung deutscher Elemente
wollte man nur den reformatorischen Glauben stärken. Freilich wirkte
dieser starke deutsche Einfluß, solange er ohne Gegengewicht blieb,
nahezu übermächtig auf das madjarische Geistesleben. Die Abwendung
der Madjaren von dem deutschen Luthertum und die Annahme des
helvetischen Kalvinismus hat dann den deutschen Einfluß wieder zum
guten Teile ausgeschaltet. Das Bekenntnis zum Kalvinismus galt seit dem
17. Jahrhundert in den ostungarischen Landschaften als eine national-
madjarische Angelegenheit. So kam damals für den Kalvinismus die stolze
Bezeichnung „Ungarische Religion" auf. Auf die anderen Nationalitäten
griff der Kalvinismus nicht über. Die Bürgerschaft der deutschen Städte
und ein Teil der Slowaken hielten am Luthertum fest. Madjarische Luthe-
raner gab es nur in Westungarn und auch da nur in sehr geringer Anzahl.
Die Rumänen in Siebenbürgen und die Serben in Südungarn blieben
orthodox. Die einzelnen Nationalitäten erhielten so ihre nationale Reli-
gion. Volkstum und Konfession deckten sich fast völlig. Ein guter
Madjare war Kalviner, ein Serbe und Rumäne war orthodox. Die Ver-
bindung von Konfession und Nationalität war so stark, daß der Über-
gang zu einer anderen Konfession auch den Übergang zu der ent-
sprechenden Nationalität bedeutete. So trat zum 'Beispiel der in Sachsen
geborene lutherische Prediger Caspar Helth aus theologischer Überzeu-
gung zum Kalvinismus über. Seitdem schrieb er nicht mehr deutsch,
sondern nur noch madjarisch, obwohl er diese Sprache erst in seinem
20. Lebensjahre zu lernen begonnen hatte. Unter der madjarischen Na-
mensform Caspar Heltai nahm er dann als Prediger und Schriftsteller
einen bedeutenden Anteil an der madjarischen Reformation und an der
madjarischen Literaturentwicklung.
Die Spaltung in Konfessionen hat die Trennung der Nationalitäten
noch vertieft. Die Gleichsetzung von Konfession und Nationalität hatte
zur Folge, daß das in Entfaltung begriffene Nationalbewußtsein durch
die ungeheure religiöse Bewegung des 16. Jahrhunderts mit ganz neuen
Reformation bei den Slowenen 157

Kräften erfüllt und gesteigert wurde. Nationale Bestrebungen erschienen


damals und bis in das 18. Jahrhundert hinein häufig in konfessionellem
Gewand und forderten religiöse Toleranz für ihre Konfession. Dies aber
bedeutete gleichzeitig auch die Freiheit für die Nationalität.
*

Schon sehr früh griff die deutsche Reformation auch auf die Südslawen
über. Die österreichischen Alpenländer gingen rasch zur neuen Lehre
über und mit ihnen die in den innerösterreichischen Ländern (Kärnten,
Krain und Steiermark) siedelnden Slowenen. Mit den reformatorischen
Schriften in ihrer slowenischen Muttersprache wurden sie versorgt von
dem schwäbischen Buchdrucker Primus Jrubar, der meistens in Tübingen,
teilweise auch in Urach, Regensburg, Laibach und Wittenberg druckte.
Damals wurde auch eine vollständige slowenische Bibelübersetzung aus
der Feder von Georg Dalmatin veröffentlicht. Sie wurde 1584 zu Witten-
berg auf Kosten der Stände von Steiermark, Kärnten und Krain gedruckt.
Wie aus diesem Beschluß ersichtlich wird, ging das Deutschtum dieser
Gebiete, das in den Städten die Mehrheit hatte, in der Förderung der
Reformation mit den Slowenen völlig zusammen. In demselben Jahre wie
die slowenische Bibelübersetzung erschien auch die erste slowenische
Grammatik von Adam Boboric, einem Schüler Melanchtons. Durch diese
und zahlreiche andere slowenische Schriften, die alle mit der Reformation
in Zusammenhang standen, wurde eine eigene slowenische Schriftsprache
überhaupt erst geschaffen. Ihre lexikalische und grammatische Grund-
lage war die unterkrainische Mundart, die von Tru'bar, Dalmatin und
Bohoric gesprochen wurde. Diese Schriftsprache, die Errungenschaft der
deutschen Reformation, überdauerte auch den baldigen Sieg der habs-
burgischen Gegenreformation. Die Jesuiten, die überall von der Arbeits-
weise der refoimatorischen Prediger zu lernen wußten, haben diese
Schriftsprache bewußt benutzt und weiterentwickelt.
Zu der Zeit, da die Reformation auf ihrem Höhepunkt stand — also
am Vorabend der habsburgischen Gegenreformation — dachten Trubar,
andere Slowenen und die Stände der innerösterreichischen Länder,
namentlich die von Krain, sogar daran, in Verbindung mit den Kroaten
den ganzen slawischen Balkan bis nach Konstantinopel hinab für die
Reformation zu gewinnen. Als allgemeine balkanische Schriftsprache
versuchte man einen kroatischen Dialekt zu benutzen (überwiegend das
Tschakawische).
17 Stadtmüller, Geschichte Süd Osteuropas
258 Reformation bei den Kroaten

Auf kroatischem Boden fand die Reformation in Istrien und Dalmatien


weite Verbreitung. In Istrien gewann das Luthertum viele Anhänger,
in Dalmatien herrschte in den Städten eine starke Hinneigung zum Kal-
vinismus. In den kroatischen Hauptländern Kroatien und Slawonien
wurde freilich die reformatorische Lehre alsbald von den herrschenden
politischen Gewalten — Bischof, Banus und Landtag — unterdrückt, um
den deutschen politischen Einfluß einzudämmen. Unter den Kroaten ist
die Reformation daher nicht zur Herrschaft gelangt. Reformatorische
Druckschriften in kroatischer Sprache konnten nur von außen eindringen.
Vor allem war es Tians Vngnad, der in Urach zahlreiche reforrnatorische
Schriften in kroatischer Sprache druckte (in lateinischer, cyrillischer und
glagolitischer Schrift). Die eigentliche kroatische Schriftsprache hat frei-
lich nicht von dieser Ubersetzungsliteratur ihren Ausgang genommen.
Sie ist eine Schöpfung nicht der Reformation, sondern der Gegenrefor-
mation. Trotzdem bleibt die Bedeutung der deutschen Reformation
bei den Südslawen groß genug. Die Einflüsse der Reformation haben in
diesem Räume auch noch über den Sieg der Gegenreformation hinweg
weitergewirkt.
*

Die Einwirkungen der deutschen Reformation reichten über den Raum


der Balkanslawen hinüber bis nach Konstantinopel, dem Mittelpunkt der
orthodoxen Kirche. Zunächst haben sich Beziehungen mehr gelehrter Art
angeknüpft. Die protestantischen Theologen der Universität Tübingen
begannen im Jahre 1576 auf eine zufällige persönliche Beziehung hin einen
Briefwechsel mit dem damaligen ökumenischen Patriarchen, Jeremias II.
An Hand der Augsburger Konfession, die von den Tübingern in griechi-
scher Ubersetzung übersandt wurde, erörterte man das Verhältnis der
protestantischen und der orthodoxen Lehre. In Tübingen mag man aus
der Begeisterung der jungen Reformation heraus gehofft haben, den
Patriarchen für die Lehre Luthers zu gewinnen. Solche Erwartungen wur-
den freilich enttäuscht. Der Patriarch antwortete in höflichem Tone, hielt
aber mit überlegener Bestimmtheit an seinem Standpunkt fest. Und am
Schluß seines dritten Briefes bat er, den Briefwechsel nunmehr als abge-
schlossen zu betrachten. Dabei ließ er zwischen den Zeilen auch einen
Zweifel an der Redlichkeit der protestantischen Theologen durchblicken.
Es war schon damals so wie bei allen folgenden Versuchen einer kirch-
lichen Union zwischen Protestanten und Orthodoxen: die beiden Parteien
verstanden sich gegenseitig im tieferen überhaupt nicht.
Kyrillos Lukaris 259

Unter dem ökumenischen Patriarchen Kyrillos Lukaris (1621—1638)


schien die kirchliche Union freilich nochmals Aussicht zu haben. Dieser
Patriarch, dessen Beurteilung durch die Nachwelt bis zum heutigen Tage
starken Schwankungen ausgesetzt blieb, war eine stark ausgeprägte Per-
sönlichkeit. Er war auf der damals noch venezianischen Insel Kreta
geboren (um 1572), hatte weite Reisen bis nach Genf und nach Litauen
gemacht, war 1602 Patriarch von Alexandria und 1621 ökumenischer
Patriarch von Konstantinopel geworden. In seinen dogmatischen An-
schauungen neigte er stark zum Kalvinismus, wie sein umfangreicher
Briefwechsel mit abendländischen (aber nicht nur kalvinischen) Theologen
und Staatsmännern beweist. Er wollte sicherlich seiner Kirche die Treue
halten, aber er wollte das orthodoxe Dogma doch in unbestimmter Weise
irgendwie den kalvinischen Lehren annähern. Dies war der Zweck seines
berühmten und vielumstrittenen „Bekenntnisses". Wegen der kirdien-
politischen Bedenklichkeit mußte es im Ausland erscheinen (erst lateinisch
in Genf 1629, dann griechisch in Genf 1633). Diese Bekenntnisschrift
stand der Form nach durchaus auf dem Boden der Orthodoxie. Die Frage
der Riten wurde als indifferent betrachtet. Auf eine äußere Union mit
dem Protestantismus arbeitete Lukaris nicht hin. Er zielte wohl darauf
ab, durch seine Schrift eine geistige Bewegung hervorzurufen, die von
innen heraus reformatorisch wirken werde. Das „Bekenntnis" sollte den
Glauben aller Christen zum Ausdruck bringen, also eine geeignete Grund-
lage zur Verständigung schaffen.
Die innerkirchlichen Widerstände gegen Lukaris waren sehr stark.
Er wurde wiederholt abgesetzt, aber immer wieder rehabilitiert. Die
kirchenpolitischen Verhältnisse im damaligen Konstantinopel zeigten ein
unentwirrbares Durcheinander und Nebeneinander von orthodoxen,
protestantischen und katholischen Bestrebungen, die alle unter den
Augen der osmanischen Staatsgewalt für ihre Sache zu wirken suchten.
Die protestantischen und katholischen Mächte Europas unterhielten in
Konstantinopel Gesandtschaften mit eigenen Kirchen. Der Patriarch
Kyrillos Lukaris geriet bald in scharfen Gegensatz zu den Jesuiten, die
in Konstantinopel unter französischem Schutz Fuß gefaßt hatten. Seine
Gegner beschuldigten ihn schließlich des Hochverrats. 1638 wurde er von
dem Sultan dieses Verbrechens für schuldig befunden und hingerichtet.
Noch im selben Jahre wurden seine dogmatischen Lehren durch eine
Synode in Konstantinopel feierlich wegen der Hinneigung zum Kalvinis-
mus verurteilt. Lukaris scheint aber sehr viele Anhänger gehabt zu haben.
17*
260 Reichweite der Reformation

Die Erregung über seine Hinrichtung und über seine kirchliche Verur-
teilung war allgemein und wirkte noch lange nach. Noch zwei weitere
orthodoxe Synoden mußten sich mit der Bekenntnisschrift des Lukaris
beschäftigen: die Synode von Jassy (1642) und die Synode von Jerusa-
lem (1672). Auf der letzteren Synode, die zusammenfassend die kalvi-
nischen Lehren behandelte, setzte Patriarch Dositheos von Jerusalem als
Entgegnung auf die Schrift des Lukaris eine eigene Bekenntnisschrift auf.
Um wenigstens die Ehre des ökumenischen Patriarchenthrones zu retten,
hat man auf dieser Synode auch versucht, die Verfasserschaft des Lukaris
zu bestreiten.
Schließlich griff die Auseinandersetzung um die dogmatischen An-
schauungen des Kyrillos Lukaris auf die gesamte Ostkirche über. So
können wir schon im 17. Jahrhundert den Wellenschlag der Reformation
bis nach Palästina und Ägypten hinüber verfolgen. Der Nachfolger des
Lukaris, Patriarch Kyrillos Kontaris schloß im Jahre 1638 ein Schreiben
an den Patriarchen von Alexandria mit mahnenden Worten: „Ich habe
nur den Wunsch, daß Eure Seeligkeit die Führer der Häresie Luther und
Calvin gemäß den kirchlichen Kanones verfluche und anathematisiere,
ebenso wie ihren Anhänger Kyrillos Lukaris, der die häretischen Kapitel
schrieb." Dieses Beispiel zeigt, in welche Ferne die geistige Bewegung
der deutschen Reformation hinaus gewirkt hat: bis nach Vorderasien
und Ägypten hinüber.
*

Der Höhepunkt der deutschen Reformation liegt nach der Mitte des
16. Jahrhunderts. Seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts setzte
dann die große Gegenbewegung der alten Kirche ein: die Gegenrefor-
mation, geleitet von dem neugegründeten Orden der Jesuiten.
Xapitel 18

Der Aufstieg der osmanischen Weltmacht

Die politische Geschichte Südosteuropas in den drei Jahrhunderten


vom Ende des 14. bis zum Ausgang des 17. Jahrhunderts ist beherrscht
durch den Aufstieg der Osmanen zur Weltmacht.
Die Osmanen sind der letzte Wellenschlag der großen türkisdien
Völkerbewegung, die seit dem 4. Jahrhundert n. Chr. immer neue
Nomaden Völker aus Innerasien nach dem Westen geführt hat: im 4. Jahr-
hundert die Hunnen, im 6. Jahrhundert die Kutiguren, Awaren und
Urbulgaren, im 9. Jahrhundert die Madjaren, Petschenegen und Cha-
saren, im 11. Jahrhundert die Kumanen (Polovtzer), im 13. Jahrhundert
die Tataren. Während alle diese türkisdien Völkerschaften durch die
Ukraine nach dem Westen vorgedrungen sind, haben die Osmanen
einen andern W e g genommen. Sie sind auf dem W e g e über Persien,
Mesopotamien und Kleinasien nach dem Westen gekommen, und zwar
zunächst als Söldner im Dienste persischer und arabischer Fürsten. Die
türkischen Steppenreiter, diese geborenen Soldaten, sind schon früh in
arabischen Heeresdiensten nachweisbar. Bereits im 9. Jahrhundert stell-
ten sie die Garderegimenter des arabischen Reiches. Nach dem Verfalle
der arabischen Macht begannen sie sich im 11. Jahrhundert zu politischen
Herren Vorderasiens aufzuwerfen. Damals ist das türkische Volk der
Seldschuken auch schon in das innere Kleinasien eingedrungen (Schlacht
bei Mantzikert 1071) und hat dort eigene Fürstentümer gegründet.
In den beständigen Kämpfen der Araber und Seldschuken mit den
Oströmern und Kreuzfahrern hat sich eine Einrichtung entwickelt, die
dann zur Keimzelle der osmanischen Staatsbildung wurde: das Qhazitum.
Es stellt ein islamisches Gegenstück zu den christlichen Ritterorden der
Kreuzfahrerzeit (Templer, Johanniter, Deutschritter) dar. Einzelne für
die Religion oder für Kampf und Raubfahrten begeisterte Krieger auf
islamischer Seite widmeten sich ausschließlich der Sache des Heiligen
Krieges gegen die christlichen „Ungläubigen".
Die islamische Rechtswissenschaft (fikh) hat den heiligen Glaubens-
krieg (dsdhihäd) scharf von dem gewöhnlichen Eroberungskrieg unter-
schieden. Im Unterschied zum frühmittelalterlichen Abendland hat ja
262 Religiöses Gesetz und Glaubenskrieg

die islamische Welt eine blühende Rechtswissenschaft mit universitäts-


mäßigem Lehrbetrieb entwickelt. Die Semiten sind von jeher gute Juristen
gewesen, weil sie in ungewöhnlichem Maße das besitzen, was das
Wesen des juristisdien Denkens ausmacht: die Fähigkeit der formal-
logischen Zergliederung und der begrifflichen Abstraktion. Das islamische
Recht baut nur zum geringen Teile auf Einflüssen der spätrömischen
Rechtsentwicklung auf, viel stärker auf den orientalischen Volksrechten.
Der eigentliche Ausgangspunkt aber ist der Koran, das mit Offenbarungs-
anspruch auftretende heilige Buch des Islam. Der Prophet Mohammed
ist zum Unterschied von den meisten andern großen Religionsstiftern der
Menschheit ein ausgesprochener Gesetzgeber gewesen. Er hat das Leben
seiner Anhänger, zum großen Teil auch das bürgerliche Leben, durch
gesetzliche und rituelle Vorschriften bis in äußerliche Einzelheiten hinein
geregelt. Der Islam war infolge dieser durchaus gesetzlichen Form und
Organisation nicht nur Religion, sondern zugleich auch „Kirche". Und
der islamische Staat, der die Sache des Islam völlig zur eigenen Sache
machte, war daher zwangsläufig eine Art von Kirchenstaat. Die islamische
Theologie mußte bei der Texterklärung (Exegese) des Koran natürlich
auch auf die darin enthaltenen Rechtsfragen eingehen und sie auf das
praktische Leben anzuwenden suchen. So hat sich aus der Theologie
heraus eine eigentliche Rechtswissenschaft entwickelt. Sie hat bald eine
mächtige Blüte erlebt, wahrte aber immer, bis in unsere Gegenwart hinein,
den engen Zusammenhang mit der Theologie und Koranerklärung. In
der Welt des Islam war und blieb die Rechtswissenschaft eine theologische
Wissenschaft.

Diese Rechtswissenschaft, die sich in vier großen Schulrichtungen


(Schafi'iten, Malekiten, Hanefiten und Hanbaliten) entfaltet hat, schuf
in Anlehnung an den Koran eine eigene Theorie vom heiligen Glaubens-
krieg (dsdhihäd). Der Krieg gegen die Ungläubigen zur Ausbreitung
des wahren islamischen Glauibens gilt als ein verdienstliches Werk. (Also
ein vollständiges Gegenstück zu der Theorie von dem gerechten Missions-
krieg, die gleichzeitig im Abendland entwickelt wurde.) Durch die
Kämpfe gegen die Kreuzfahrer drang die Lehre vom Heiligen Krieg ganz
tief in das politische Bewußtsein der islamischen Welt ein. Einzelne
Männer, die für den Islam besonders begeistert waren, widmeten ihr
Leben ausschließlich dem Kampf gegen die Ungläubigen. In Syrien und
Kleinasien organisierten sich diese Ghazis in den ständigen Kämpfen
gegen Ostrom zu Männerbünden. Von den benachbarten islamischen
Anfänge der osmanisdien Macht 263

Fürsten erhielten die „Markgrafschaften" der Ghazis weitgehende Auto-


nomie. Auf oströmischer Seite bildeten sich gegenüber dieser islamischen
Militärgrenze der Ghazis zur Abwehr eine ähnliche Einrichtung heraus:
die Akriten (d. h. „Grenzkämpfer", von r\ äxqoi, „die Grenze"). Sie waren
längs der Reichsgrenze angesiedelt, mit der Verpflichtung, die Grenze zu
verteidigen. Zwischen ihnen und den Ghazis herrschte ein unaufhörlicher
Kleinkrieg.
Aus einer dieser Markgrafschaften der Ghazis in Kleinasien ist die
osmanische Weltmacht herausgewachsen.
*

Das osmanische Reich, eine der größten politischen Schöpfungen der


Weltgeschichte, hat zur Zeit seiner größten Ausdehnung (1. Hälfte des
17. Jahrhunderts) ganz Vorderasien mit Einschluß von Kaukasien und
Arabien, ganz Nordafrika bis nach Marokko hinüber und bis zum oberen
Nil hinauf, ganz Südosteuropa bis vor die T o r e Wiens und einen großen
Teil der Ukraine umfaßt. Die Entstehung dieses riesigen Vielvölker-
reiches, das sich über drei Erdteile erstreckte, hat sich in einem ähnlichen
Tempo vollzogen wie die Ausbreitung des Imperium Romanum. D e r
altosmanische Staat entwickelte sich aus den merkwürdigen halbstaat-
lichen Verhältnissen, die an der ehemaligen byzantinisch-seldschukischen
Militärgrenze im inneren Kleinasien herrschten. In jener Zone, wo zahl-
reiche kleine, selbständige, halbselbständige oder von den größeren Nach-
barmächten abhängige Fürstentümer im ständigen Wechsel aufstiegen
und vergingen, bildete sich im nordwestlichen Kleinasien um 1300 ein
kleiner türkischer Staat, der von seiner Kernlandschaft um Brussa aus
rasch um sich griff. Das ganze nordwestliche Kleinasien wurde dem
Staate, der nach dem Herrscher Osman I. (1288—1326) später als os-
manischer Staat bezeichnet wurde, einverleibt. Dann bot ein innerbyzan-
tinischer Bürgerkrieg um die Mitte des 14. Jahrhunderts die Gelegenheit,
nach Europa hinüberzugreifen, zunächst als Verbündete von der einen
byzantinischen Partei zu Hilfe gerufen ( 1 3 5 2 ) , dann schon bald als
selbständige Macht, mit eigener politischer Zielsetzung handelnd. Nun-
mehr begann jener unaufhaltsame Siegeslauf, der diesem bisher unbe-
kannten asiatischen Nomadenstamm innerhalb weniger Jahrzehnte die
Herrschaft über die ganze Balkanhalbinsel brachte. 1362 wurde das
wichtige Adrianopel erobert. Es war dann von 1365 bis zur Eroberung
Konstantinopels die Hauptstadt der Osmanen. Die 'Bulgaren (Eroberung
264

K a r t e .1,6
Osmanische Eroberung Südosteuropas 265

von Tirnowo 1393 und von Widin 1396) und die Serben (Schlacht auf
dem Amselfelde [Kosovopolje] 1389) wurden besiegt und unterworfen.
Das ehemalige oströmische Weltreich schrumpfte zu einem kläglichen
Rumpfstaat zusammen, der sich nur mehr mit zweifelhaften diplomati-
schen Praktiken zu behaupten wußte, und der sein in der europäischen
Staatengemeinschaft immer noch zäh fortlebendes Ansehen eigentlich nur
der stolzen Tradition einer großen Vergangenheit verdankte. Nach einem
kurzen Rückschlag infolge des Mongoleneinfalls in Kleinasien (Schlacht
bei Ankara 1402) setzte dann der zweite große Stoß osmanischer Macht-
ausbreitung ein. Auch die restlichen Landschaften der Balkanhalbinsel
wurden unterworfen. Nur Konstantinopel, die größte Festung der mittel-
alterlichen Welt, konnte sich noch dank seines gewaltigen Mauerringes
halten. Erst 1453 wurde es durch eine neue Erfindung der Zeit — das
Pulvergeschütz — bezwungen. Damit traten die osmanischen Eroberer
machtpolitisch und bald auch kulturell und ideologisch das Erbe der ost-
römischen Weltmacht an.
*

Unmittelbar nach der Eroberung Konstantinopels setzte ein neuer


Vorstoß der osmanischen Ausbreitung ein. Nunmehr wurden auch die
bis dahin noch freien Gebiete im äußersten Westen der Balkanhalb-
insel unterworfen. 1456 wurde Athen besetzt, 1459 wurde das nord-
seilbische Despotat, das sich bis dahin noch eine gewisse Selbständigkeit
bewahrt hatte, unterworfen. 1460 wurde das byzantinische Despotat von
Misthra, das den größten Teil des Peloponnes umfaßte, erobert. 1461
wurde der Selbständigkeit des byzantinischen Teilkaiserreichs von
Trapezunt ein Ende bereitet. 1463 wurde Bosnien osimanisch. 1468 wurde
nach dem Tode des albanischen Nationalhelden Georg Castriota (Skan-
derbeg) auch der Widerstand der albanischen Feudalherren und Berg-
stämme niedergeworfen. Um 1460 wurde auch das rumänische Fürsten-
tum der Walachei zur Anerkennung der osmanischen Oberhoheit und
zur Tributzahlung gezwungen. Um 1475 folgte das tatarische Chanat
der Krim.
Dann setzte zu Beginn des 16. Jahrhunderts ein neuer Vorstoß ein.
Das rumänische Fürstentum der Moldau wurde zur Tributbarkeit ge-
zwungen. Damit wurde das osmanisdie Reich unmittelbar Grenznachbar
der Großmächte Ungarn und Polen. Beide Mächte vermochten die osma-
nische Ausbreitung nicht zu verhindern. 1526 wurde die ungarische
266 Abschluß der osmanischen Eroberungen

Heeresmacht bei Mohäcs vernichtend geschlagen. Schon 1529 standen die


Osmanen vor Wien, mußten jedoch unverrichteter Dinge wieder ab-
ziehen. 1541 fiel die ungarische Landeshauptstadt Ofen in türkische
Hand, der größte Teil Ungarns wurde türkische Provinz (Ofen Sitz des
türkischen Pasdia), Siebenbürgen (mit benachbarten Landschaften Ost-
ungarns) wurde ein der Pforte tributbares Fürstentum; nur ein kleines
Restgebiet im Norden und Westen behauptete sich unter der Herrschaft
der Habsburger. Gleichzeitig damit vollzog sich eine ebenso gewaltige
Machtausbreitung in Vorderasien, im Mittelmeerraum und in Nord-
afrika. Unter Mohammed II. wurde die anatolische Reidishälfte durch die
Eroberung von Karaman und Trapezunt abgerundet. Selim I. begründete
dann durch die Eroberung von Syrien (1516) und Ägypten (1517) und
durch die Übernahme des Kalifats die osmanische Weltmachtstellung in
Vorderasien und im Mittelmeerraum. Die Eroberung der wichtigen
ägäischen Inseln Rhodos (1522) und Chios (1566) und der „Barbaresken-
staaten" Tripolis, Tunis und Algier unter Sultan Süleiman II. vollendete
diese Eroberungen. Zwei Drittel der Küstenländer des Mittelmeeres
waren damals in osmanischer Hand. Damit kam um die Mitte des
16. Jahrhunderts die osmanische Machtausbreitung bereits im wesent-
lichen zum Stillstand. Im Nordwesten hatte das Scheitern des ersten
osmanischen Angriffs auf Wien (1529) gezeigt, daß die osmanische Ex-
pansionskraft ihre natürlichen Grenzen erreicht hatte. Im Osten gebot
Persien, im Westen Nordafrikas das machtvolle Sultanat von Marokko
einer weiteren osmanischen Ausbreitung Halt.

So wurde das Jahrhundert nach dem Falle Konstantinopels die größte


Zeit der osmanischen Geschichte. Die drei großen Eroberersultane, die
die Geschichte dieses Jahrhunderts zum größten Teile ausfüllten — ,
Mohammed II. „Der Eroberer" (1451—1481), Selim I. (1512—1520),
Süleiman II. „Der Große" 1520—1566) — haben den Umfang des Reiches
in einer fast ununterbrochenen Reihenfolge glücklicher Feldzüge auf etwa
das Achtfache vermehrt. Die größte Eroberergestalt unter ihnen ist Sultan
Selim I. Seine kurze, nur 8 Jahre währende Regierungszeit ist eine einzige
Kette gewaltiger Waffentaten, von denen die Eroberung Ägyptens die
bedeutendste ist. Sein ebenbürtiger Sohn und Nachfolger Süleiman der
Große wurde der Vollender und Konsolidator des Reiches. Die lange und
glückliche Regierungszeit dieses prunkliebenden und baulustigen Sultans
war die augusteische Zeit der osmanischen Geschichte.
Unter ihm stand das Reich an innerer Kraft unvergleichlich da.
Osmanäsdies Lehenswesen 267

„Mit Erstaunen und Schrecken zählte man an 30 Königreiche, bei 8000


Miglien Küste in seinem Gehorsam. Er nannte sich Kaiser der Kaiser,
Fürsten der Fürsten, Verteiler der Kronen der Welt, Schatten Gottes über
beide Erdteile, Beherrscher des Schwarzen und des Weißen Meeres, von
Asien und Europa". (Ranke.)
*

Die Wurzeln der Kraft des altosmanischen Staates — zugleich die Ur-
sachen des meteorhaften politischen Aufstiegs — sind die angeborene
Tapferkeit der Osmanen, die Militärverfassung, die einerseits auf dem
militärischen Lehenssystem, andererseits auf dem Janitscharentum be-
ruhte, die absolute monarchische Staatsführung und schließlich die von
Byzanz übernommene Reichsverwaltung.
Die osmanischen Türken, wie alle Nomaden, haben von Natur aus
eine angeborene Kriegslust und Tapferkeit und einen ausgesprochenen
politischen Machtinstinkt. In den Persönlichkeiten der altosmanischen
Eroberersultane, die ihr Leben im Feldlager zubrachten, wird dies be-
sonders offenkundig.
Das militärische Lehenswesen (das Timar-System), das stark beeinflußt
ist durch das Vorbild des spätbyzantinischen Lehenswesens, war die
Grandlage der Wehrkraft des Reiches. Nach der Eroberung des Landes
wurde der Boden in größere und kleinere Lehen (drei Größenklassen
Cbass, Ziamet, 7imar) aufgeteilt. Der Lehensträger war zur Heeres-
folge mit einem der Größe seines Lehens entsprechenden Aufgebot an
Bewaffneten verpflichtet. Die kleinsten Güter stellten einen einzigen
Bewaffneten, die größeren mehrere. Die Lehensinhaber in Küsten- und
Inselgebieten mußten eine, entsprechende Anzahl Matrosen zur Reichs-
flotte stellen. Die Mobilmachung dieser Lehens- und Flottenmilizen, die
in altosmanischer Zeit den Großteil der Wehrmacht bildeten, ging sehr
schnell vor sich. Auch der ¡militärische Wert dieser Truppen war ur-
sprünglich recht bedeutend.
Schon damals nahmen die riesigen Militärdomänen großer Provinz-
statthalter stellenweise einen Umfang an, der dem Reich hätte gefährlich
werden können. So besaß die türkische Familie der Michaloghlu an der
Donau gewaltige Ländereien mit zahlreichen Erbschlössern. In Serbien,
Bulgarien und sogar in der Walachei hatte sie eine solche Machtstellung,
daß dort nichts ohne ihr Einverständnis oder ihre Mitwirkung geschah.
In ihrer Hand waren die festen Plätze der Grenzmark an der unteren
268 Lchenstruppen und Janitsdiaren

Donau, die dieser Familie wie ein eigenes Vasallenfürstentum zu gehören


schien: Semendria, Golubac, Widin, Rachowo, Nikopolis, Russe,
Tutrakan, ja sogar Giurgiu und Klein-Nikopolis auf der linken Seite der
Donau. Mit eigenen Truppen unternahmen sie Streifzüge in die feind-
lichen Grenzgebiete. So bildeten sich hier und andernorts am Rande des
osmanischen Reiches große Markgrafschaften heraus, ein Verhältnis, das
solange tragbar war, als die Zentralgewalt in der Hand starker Sultane
lag. Später sollten diese selbständigen Gewalten in den Provinzen dem
Reiche zum Verhängnis werden.
Jedes Lehenswesen hat das innergesetzliche Bestreben, die Lehen erb-
lich zu machen. Auf diesem Wege pflegt dann das Lehen über kurz oder
lang zum persönlichen Eigentum des Inhabers zu werden. Damit aber ist
dem früheren Lehensinhaber immer die Möglichkeit gegeben, sich der
Kriegspflicht zu entziehen. Um diesem gefährlichen Erblichwerden der
Lehensgüter vorzubeugen, verfügte daher schon Süleiman II. der Große,
daß, wenn ein Sandschakbeg von einem gewissen Einkommen einen
minderjährigen (d. h. noch nicht kriegsdienstfähigen) Sohn hinterlasse,
dieser nichts empfangen solle, als ein Timar von 5000 Aspern mit der
ausdrücklichen Verpflichtung, dafür einen Berittenen zu stellen. Zahl-
reiche andere Regierungsgesetze trafen ähnliche Bestimmungen.
Zu der Lehensmiliz kam das Janitscharentum (türk. yeni $eri „neue
Truppe") als besondere Elitetruppe. Es wurde durch die „Knabenlese"
(türk. devsirme, gnedi.Thx' dofidCevfia aus besonders kräftigen und gesunden
Christenknaben rekrutiert, die dann im islamischen Glauben für den
Dienst des Sultans aufgezogen wurden. Die Janitscharen lebten als ehe-
loser Männerbund nach einem mönchsähnlichen Reglement in ihren
klosterartigen Kasernen in härtester Disziplin. Diese Kerntruppe sollte
nichts kennen als das Waffenhandwerk und niemandem gehören als
dem Sultan. In vielen entscheidenden Schlachten ist erst durch ihren
Einsatz der Sieg gewonnen worden (so in der Schlacht von Warna 1444).
Audi der kaiserlich-deutsche Feldhauptmann Lazarus Schwendi muß
ihnen dies zugestehen, und alle zeitgenössischen Berichte aus dem 15.
und 16. Jahrhundert bezeugen ihre schreckenerregende Tapferkeit.
Die byzantinische Reichs- und Provinzverwaltung wurde von den
osmanischen Eroberern nicht zerschlagen, sondern in politischer Besonnen-
heit beibehalten. Auch sie war eine wesentliche Grundlage der altosma-
nischen Machtstellung. Sie sicherte dem Reich ein geordnetes Finanzwesen,
sie gab ihm eine feingegliederte Gesandtschafts- und Kanzleiorganisation.
Sultane und Thronfolge 269

Dadurch wurden die Osmanen auch in ihrem Staatsaufbau die Erben


von Byzanz.
Entscheidend aber war in diesem Staate die absolute monarchische
Spitze, von der alles abhing. Der altosmanische Staat war eine Militär-
despotie, in der alles auf der kommandierenden Gewalt beruhte. Stand
an der Spitze eine starke Persönlichkeit, so funktionierte der davon un-
mittelbar abhängige Staatsapparat. Versagte aber diese Gewalt an der
Spitze des Reiches, so war die Anarchie da. Der gewaltigen Aufgabe, das
Weltreich absolut zu regieren, waren die ersten Sultane vollauf gewachsen.
Es waren große Eroberer- und Herrschergestalten, die das Reich schufen
und ausdehnten. Die späteren Sultane (nach Süleiman II.) versagten vor
dieser Aufgabe. Auf den geschichtlichen Betrachter machen sie den Ein-
druck der Entartung. Rassischer Verfall und moralische Erschlaffung als
eine Folge des Haremslebens scheinen bei diesem Absinken des Herrscher-
hauses zusammengewirkt zu haben.
Freilich bestand an der despotisch-absoluten Spitze des osmanischen
Reiches von allem Anfang an eine starke Unsicherheit: es fehlte an einem
geregelten Thronfolgerecht. Unter den Söhnen seiner zahlreichen Frauen
pflegte der Sultan noch zu Lebzeiten einen Nachfolger zu designieren.
Immer wieder kam es aus diesem Anlaß im Innern des Harems zu stän-
digen Intrigen der verschiedenen Parteien, die sich für die Designation
des einen oder anderen Sohnes einsetzten. Um sich gegen solche Intrigen
von Seiten ihrer übergangenen Brüder zu schützen, haben fast alle Sultane
nach ihrer Thronbesteigung ihre thronberechtigten Brüder ermorden
lassen. Die „Stummen" besorgten zuverlässig solche Untaten. Es waren
dies Menschen, die des Schreibens unkundig waren und denen man die
Zunge hatte ausschneiden lassen, um an ihnen verschwiegene und ge-
fügige Werkzeuge zu haben. Der Brudermord ist in dem osmanischen
Herrscherhause geradezu eine staatsrechtliche Einrichtung zur Sicherung
gegen Usurpationsversuche geworden.
Diese grauenhafte Sitte war so eingewurzelt, daß sie jahrhundertelang
den Osmanen wie ein unwandelbares höheres Gesetz erschien — wir
würden sagen: als eine Forderung der „Staatsräson". Sultan Murad III.
hat als erster den Versuch gemacht, die Sitte des Brudermordes bei seinem
Thronantritt unbeachtet zu lassen. „Murad n u n , . . . da er von Herzen
mild war und kein Blut sehen konnte, wollte sich weder auf den groß-
herrlichen Stuhl setzen, noch seine Ankunft in der Stadt bekannt werden
lassen, ehe er die neun Brüder, die ihm im Serail lebten, vor dem Tode
270 Zweischichtiger Aufbau des altosmanischen Staates

sichergestellt hätte. Er sprach hierüber mit seinem Muallim, mit dem


Mufti, mit anderen Gelehrten. Aber so dringend schien diesen die Not-
wendigkeit, daß er sie auf keine Weise überzeugen konnte. Er selber
vielmehr, nachdem er sich 18 Stunden lang gehalten, mußte sich endlich
bequemen. Dann rief er den Vorsteher der Stummen, zeigte ihm den
Leichnam seines Vaters und gab ihm neun Tücher, die neun Brüder zu
erwürgen. Er gab sie ihm, jedoch mit Tränen." (Ranke.)
*

Der altosmanische Staat in der Zeit der großen Eroberersultane (15. bis
16. Jahrhundert) ist das klassische Beispiel eines zweischichtigen Staates.
Die Reichsbevölkerung bestand aus einer politisch bevorrechteten Herren-
schicht und aus einer politisch rechtlosen Unterschicht. Die erstere umfaßte
die Muslims, d. h. alle Bekenner der islamischen Religion, gleichgültig
welchen Volkstums und welcher Abstammung sie waren. Als Angehörige
der herrschenden Oberschicht waren sie steuerfrei und durften Waffen
tragen. Sie allein bildeten die politische Reichsnation. Unter ihnen und
von ihnen durch einen Abgrund sozialer, rechtlicher und wirtschaftlicher
Unterschiede getrennt, lebten als politisch rechtlose Unterschicht die
Nichtmuslims, die Rajab, gleichgültig welchem Volkstum und welcher
Volkskirche zugehörig. Sie mußten Kopf- und Grundsteuer zahlen. Das
Waffentragen war ihnen verboten.
Die Osmanen kümmerten sich im Sinne des islamischen Fremden-
rechtes grundsätzlich nicht um die inneren Verhältnisse der unter-
worfenen Völker, sondern überließen diese sich selbst. Mohammed II.
bestätigte nach der Eroberung Konstantinopels (1453) den byzantinischen
Patriarchen, der nun unter osmanischer Herrschaft zugleich die Aufgabe
erhielt, alle orthodoxen Religionsgemeirtden des osmanischen Reiches
zu leiten, nicht nur die Griechen, sondern auch die Bulgaren, Serben und
Rumänen. Die Nationalitäten hatten unter osmanischer Herrschaft durch-
aus erträgliche Verhältnisse. Handel, Wirtschaft und Kultur erlebten
einen Aufstieg. Das 16. Jahrhundert war eine glänzende Blütezeit für den
gesamten Balkan. Die Balkanvölker hatten sich in jener Zeit mit der
altosmanischen Herrschaftsordnung abgefunden. Es kam damals nicht
zu Aufständen. Etwaigen revolutionären Bewegungen hätten allerdings
auch die Führer gefehlt. Die alle fünf Jahre stattfindende Aushebung der
Christenkinder nahm den besten Teil des Nachwuchses, der zur Führung
des Volkes berufen gewesen wäre, hinweg.
Gesellsdiaftsaufbaiu und Rechtspflege

Für die Bulgaren, Serben, Bosnier und Albaner bedeutete die os-
manische Herrschaft eine soziale Nivellierung, ja Prknitivisierung. Der
alte Feudaladel, der ehedem die politische Führerschicht gewesen war,
ging entweder zum Islam über — so in Albanien und Bosnien — oder er
verschwand, d. h. er flüchtete oder wurde ausgerottet — so bei den Bul-
garen und Setiben —, seine Stelle nahmen türkische Lehensträger ein. Der
abgestufte Gesellschaftsaufbau der spätmittelalterlichen Balkanstaaten
wurde durch diese Beseitigung des Adels eingeebnet. So kam es, daß die
Balkanvölker als rein bäuerliche Völker, ohne eine adelige Oberschicht,
ohne Bürgertum, ohne Intelligenz in das Zeitalter der nationalen Frei-
heitsbewegungen eintraten. Anders vollzog sich diese Entwicklung bei den
Rumänen, wo sich der alte Bojarenadel erhielt, aber kulturell durch die
Gräzisierung überfremdet wurde und mit dem Verlust seiner politischen
Funktion zu einer feudalen Parasitenschicht entartete, sowie bei den
Griechen, die kein bäuerliches, sondern ein Handel und Schiffahrt trei-
bendes Volk sind, und die, gestützt auf ihre wirtschaftliche Tätigkeit,
auch in der Bürokratie des Reiches eine bedeutsame Rolle spielten
(Phanarioten).
In den lokalen Autondmien der Berglandschaften und Inseln behauptete
sich auch das balkanische patriarchale Volksrecht. Die osmanischen
Eroberer halben auf den Balkan ihr eigenes Recht mitgebracht. Es war
das heilige Recht des Islam flikb), das sie bereits in Anatolien über-
nommen hatten. Die altosmanischen Sultane errichteten eine straffe staat-
liche Organisation der Rechtspflege, es wurde ein hierarchisch geordneter
Richterstand mit einheitlicher Ausbildung geschaffen. Ein hoher Staats-
beamter, der oberste Mufti, der den Titel Scheidt-ül-Jslatn führte, hatte
für die Befolgung des heiligen Gesetzes im öffentlichen Leben zu sorgen,
über wichtige Staatshandlungen gab er sein Gutachten (7etwa) ab,
ob diese im Einklang standen mit dem heiligen Gesetz. Da das heilige
Recht natürlich nur einen gewissen Teil der Rechtsfragen (Sozialverhält-
nisse, Strafrecht) erschöpfte, erließen die Sultane über die übrigen
Rechtsfragen besondere Reichsgesetze (Xanun-TJameb).
Dieses osmanische Reichsrecht — heiliges Recht und Reichsgesetze —
galt nicht für die inneren Verhältnisse der Rajahvölker. Diese lebten
nach dem kanonischen Recht ihrer Volkskirche oder — in den Auto-
nomien— nach ihrem alten Gewohnheitsrecht. Dieses Gewohnheits-
recht der patriarchal-gentilen Stämme weist auf dem Gesamtbalkan so
weitgehend übereinstimmende Züge auf, daß man von einem gesamt-
272 Volksrecht. Orientalisierung

balkanischen Volksrecht sprechen kann. In einzelnen natürlichen Ver-


harrungsgebieten, wo sich die Stämme bis in die Gegenwart oder in die
jüngste Vergangenheit behauptet haben, ist es für die rechtsgeschicht-
liche Forschung klar greifbar. Vor allem in Montenegro, wo mit dem
im Jahre 1888 veröffentlichten „Allgemeinen Gesetzbuch über Vermögen
für das Fürstentum Montenegro", der Versuch gemacht wurde, das bal-
kanische Volksrecht in einer modernen zusammenfassenden Kodifikation
zu formulieren — ein einmaliger Vorgang in der Rechtsgeschichte der
balkanischen Nationalstaaten, deren sonstige Kodifikationen auf Rezep-
tionen beruhen. Femer in Nordalbanien, wo das Volksrecht im dem
,,Xanuni £ek Dukacjjinit" (Gesetzbuch des Alexander Duikagjin) über-
liefert ist, in dem Stammesrecht der Maniaten in Morea und dem Stam-
mesrecht der Sphakioten auf Kreta. Die rumänischen Wanderhirten
hatten das altbalkanische Volksrecht mit in ihre neue Heimat nördlich
der Donau hinübergenommen und haben es sich hier auf ungarischem
(zum Teil später auch polnischem) Staatsgebiet als „Jus valadhicum"
oder „Jus valadbale" durch Privilegien bestätigen lassen (vgl. oben S. 209).

Die osmanische Herrschaft bedeutete für die Balkanvölker nicht nur


eine politische, kulturelle und soziale Einebnung und Senkung, ein
Zurücksinken in die fast geschichtslosen Lebensformen eines nur bäuer-
lichen Volkstums, sondern auch die Überfremdung durch die Orientali-
sierung. ü b e r das ganze Reich zog sich ein gleichförmiger orientalischer
Kulturfirnis. Träger dieser Orientalisierung waren Verwaltung und
Armee, ferner vor allem die Stadt, das agrarfeudale Magnatentum und
die Islamisierung. Die Stadt war im ganzen südosteuropäischen Räume
ein fremdvölkisches Sozialgebilde — im Donauraum (bis zu den Karpa-
ten) deutschen Ursprungs, auf dem Balkan spätantik-byzantinischen oder
osmanisch-orientalischen Ursprungs. Im Gefolge der osmanischen Herr-
schaft drang der Typ der osmanisch-orientalischen Bazarstadt (Jsdbar-
sdhija) in den Balkan ein. Diese Stadtform ist vor allem gekennzeichnet
durch die Bazarstraßen und das Nebeneinanderstehen besonderer Viertel,
wo die einzelnen Nationalitäten für sich abgeschlossen lebten. So gab es
z.B. in dem osmanischen Sofia besondere Nationalitätenviertel der Türken
(die etwa vier Fünftel der Stadt innehatten), Bulgaren, Armenier, Juden,
Zigeuner. Das einheimische Volkstum spielte in allen diesen Städten keine
Überfremdung der Städte 273

wesentliche Rolle. Handel und Gewerbe waren in den Händen der


Türken, Griechen, Armenier und Aromunen. Wer vom bäuerlichen Land
in die Stadt kam, der stieg vielleicht sozial auf. Aber dieser Aufstieg be-
deutete doch unter dem Zwang der fremden Sozialumwelt eine Ent-

fHÜ Türken-Viertel
IS'fol Bulgaren- ••
HB Duden-
t=S Z i g e u n e r - ••
Das türkische Sofia (1879) ISSM Armenier- -
(nach Wilhelmy) E S Gärten
500 m
r.."l Weiden

Karte 17

volkung. Das Schicksal für die Zuwanderer hieß entweder Vertürkung


oder Gräzisierung. Erst im 19. Jahrhundert haben die erstarkten Balkan-
völker durch Zuwanderung, nunmehr gestützt auf ihr erwachtes kultu-
relles Selbstbewußtsein, die fremden — vertürkten oder gräzisierten —
Städte für das eigene Volkstum zurückzugewinnen vermocht.
18 Stadtmüller, Gcschichte Südostcuropas
274 Islamisierung in Bosnien und Albanien

Das agrarfeudaie Magnatentum ist ebenfalls ein wichtiger Träger der


Orientalisierung geworden. Das Beispiel dieser Oberschicht hat zur Nach-
ahmung verlockt. Und die prächtigen Herrenhäuser auf den adeligen Land-
gütern haben als starke Mittelpunkte der Orientalisierung gewirkt. Den
breitesten und tiefsten Einbruch der Orientalisierung in den Raum der
balkanischen Volkstümer aber brachte die Islamisierung („Vertürkiung"),
die allein den Angehörigen der Rajah den Weg zum politischen Aufstieg
und den Zugang zur osmanischen Reichsnation eröffnete. Einzelüber-
tritte waren bereits seit dem 15. Jahrhundert sehr häufig. Im 16. und 17.
Jahrhundert war die Schicht dieser „Renegaten" — vor allem Albaner,
Bosnier, Griechen — in der hohen Verwaltung und bei den Reichsbehörden
in Konstantinopel tonangebend. Besondere Verbreitung erlangte die
Islamisierung im Nordwesten der Balkanhalbinsel. Schon unmittelbar
nach der osmanischen Eroberung ging ein großer Teil des dortigen Adels
(vor allem in Bosnien, aber auch in Albanien) zum Islam über, um seinen
Grundbesitz zu retten. Bereits im den ersten Jahrzehnten nach der
Eroberung Bosniens (1463) vollzog sich dort die massenhafte Aus-
breitung des Islam. Die bogomilische Bevölkerung nahm aus ihrer alten
kirchenfeindlichen Einstellung heraus freiwillig und leicht den neuen
Glauben an.
Dann setzte seit dem Ende des 16. Jahrhunderts auch die Islamisierung
Albaniens ein. Bei den Albanern war das Bekenntnis zum kirchlichen
Christentum immer nur eine äußerliche Form gewesen, die den altheid-
nischen Volksglauben nur oberflächlich verdeckte. Daher fiel es dem Islam
dort besonders leicht, Boden zu gewinnen. Nach und nach gingen
Dorf um Dorf, Gau um Gau zu der islamischen Religion der türkischen
Herren über. Mancherorts traten die Geistlichen zugleich mit ihren Ge-
meinden über. Die kirchlichen Visitationsberichte machen es möglich,
diese Entwicklung in ihrem zeitlichen Ablauf und in ihren wirtschaftlichen
und politischen Hintergründen genau zu verfolgen. Die fortschreitende
Ausbreitung des Islam war auf dem Boden Albaniens ausschließlich durch
politische und wirtschaftliche Verhältnisse bedingt. Man nahm den Islam
an, um der Zahlung der Kopfsteuer zu entgehen. Der Religionswechsel
blieb daher äußerlich und führte zu einem merkwürdigen Synkretismus,
worin islamische und christliche Anschauungen und Bräuche sich unzer-
trennlich verschmolzen haben. So haben die „vertürkten" Albaner viel-
fach auch weiterhin an der gewohnten Heiligenverehrung festgehalten und
sind auch fernerhin zu christlichen Heiligtümern wallfahren gegangen.
Griechische Kaufmannsfanülien 275

In politischer Hinsicht bedeutete die Islamierung eine Verbreiterung


und Umgestaltung der muslimischen Reidisnation, die nunmehr auch
balkanische Volkskräfte aufnahm. Unter diesen spielten die Albaner und
nächst diesen die Bosnier und die Griechen eine bedeutsame Rolle.
Das Griechentum hatte auch unter der Türkenherrschaft seine beson-
dere Geschichte. Soziale Einebnung und Orientalisierung fehlen hier. Audi
in osmanischer Zeit konnte sich das reiche griechische Bürgertum nicht
nur behaupten, sondern sogar ungehindert entfalten. Die großen grie-
chischen Kaufmannsfamilien beherrschten den Handel des Reiches.
Manche bauten sich prächtige Paläste und hielten eigene Privatgarden.
Durch die Pacht der Reichszölle erwarben sie gewaltige Vermögen. So
jener Michael Kantakuzenos, dem die Pacht der Reichszölle und die Aus-
pressung der rumänischen Donaufürstentümer, die mehr und mehr zu
einer Wirtschaftskolonie der griechischen Kaufleute wurden, so viel
eintrug, daß er dem Sultan jährlich 160 000 Taler zahlen konnte. Sein
Reichtum wurde ihm wie manchem anderen großen Vertreter dieser grie-
chischen Plutokratie zum Verhängnis. Auf Befehl des Sultans wurde er
erdrosselt, sein Vermögen konfisziert (1576).
*

Ihre bisherigen Siedlungsräume konnten die Balkanvölker in altosma-


nischer Zeit zwar nicht ganz, aber doch zum größten Teile behaupten; die
Siedlungsveränderungen, die sich im Gefolge der osmanischen Herrschaft
in Südosteuropa vollzogen, hatten nicht das riesenhafte Ausmaß der deut-
schen Südostkolonisation oder der rumänisch-albanischen Wanderungs-
bewegung. Sie spielten sich im landschaftlichen Rahmen ab. Die wichtig-
sten dieser völkischen Verschiebungen waren die folgenden:
1. das Eindringen einer starken osmanischen Herrenschicht und die
Ansiedlung türkischer Bauern aus Anatolien,
1. die Ausbreitung der Albaner,
3. die Ausbreitung der orthodoxen Serben nach Südungarn,
4. die Ansiedlung von Tataren und verwandten Völkern.
Zunächst wurden die Städte von Türken überflutet. Aber audi türkische
Bauern drangen aus Anatolien nach dem Ostbalkan vor, wo sie die ver-
kehrsoffenen Landschaften besiedelten. Sie haben die slawischen Alt-
siedler, die die offenen Terassenflächen und die Talsiedlungen in mehr
oder minder gerodeten Waldgebirgen bewohnten, nicht etwa mit Gewalt
vertrieben, sondern vielmehr die mächtigen, schwer urbar zu machenden
18«
276

5Lemberg
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•1 l^Konstantinopelj,

jlsmanen
(Turksn)

K a r t e 18
Türkische und albanische Siedhingsausbreitimg 277

Auwälder in den Niederungen erschlossen. Auch die Gutswirtschaft


(Cfsdhiftlik) hat viel zur Erschließung von Neuland beigetragen. Erst nach
und nach drangen die türkischen Kolonisten dann nach den Terassen-
flächen vor. Die dort sitzende slawische Altbevölkerung wich diesem
Druck, gab ihre alten Siedlungen auf und zog sich etappenweise nach dem
Gebirge zurück. Die Dörfer wurden aus den Tälern und von den großen
Straßen wegverlegt. Aber der Grund dieser Verschiebung war nicht nur
der Druck der osmanisch-türkischen Kolonisation. Die Rückzugsbewegung
der Altsiedler, die nach und nach die offenen Landschaften räumten,
dauerte auch in mittelosmanischer Zeit noch an, also zu einer Zeit, da der
Zustrom türkischer Kolonisten längst nachgelassen hatte. Sie war in
späterer Zeit vor allem durch das Fehlen jeder Rechtssicherheit in der
Provinz verursacht. Die Bauern in den Dörfern, entlang den großen Stra-
ßen, waren es müde, jedem durchziehenden Heerhaufen Quartier und
Verpflegung und dazu noch Hand- und Spanndienste leisten zu müssen.
Solche Lasten bedeuteten für die betroffene Bevölkerung eine periodisch
wiederkehrende Ausplünderung. So verlagerten sich die Siedlungen von
den großen Straßen weg, in eine Abseitslage, vielfach sogar in eine aus-
gesprochene Verstedklage.
Größere Ausmaße hatten die albanische und serbisdie Siedlungsaus-
breitung. Die albanischen Bergstämme wurden seit ihrer „Vertürkung"
von der osmanischen Staatsgewalt begünstigt und konnten so ihre Sied-
lungsausbreitung, die schon früher eingesetzt hatte, ungestört fortsetzen.
Sie plünderten zunächst durch unaufhörliche Raubzüge die Nachbarland-
schaften aus, dann besetzten sie Westmazedonien und die Gebiete „Alt-
serbiens" (Rasziens). Kleine albanische Schwärme drangen damals sogar
bis nadi Bulgarien und auf die griechischen Inseln vor. Die Albaner (Ar-
nauten) stellten auch einen beträchtlichen Teil der osmanischen Armee
und der in der Reichsverwaltung führenden „Renegatenklasse".
Der größte Teil der Albaner wurde unter der Türkenherrschaft nach
und nach islamisch (vertürkte „Arnauten") und spielte seitdem eine wich-
tige Rolle im osmanischen Reich. Zahlreiche Staatsmänner (z. B. Ali T e -
pelenli von Janina, Mehmed Ali von Ägypten) und hohe Verwaltungs-
beamte waren Albaner. Allerorts in dem weiten osmanischen Weltreich
gab es arnautische Garnisonen und mancherorts auch arnautische Militär-
kolonien. Die albanischen Stämme, die den Islam angenommen hatten,
konnten sich ungehindert nach Nordosten ausbreiten. Im 17. Jahrhundert
wurde durch dieses Vordringen der „vertürkten" Albaner die serbische
278 Serbische Nordwanderung

Bevölkerung aus den altserbischen Beckenlandschaften (Raszien, Dar-


danien) langsam abgedrängt. Ihre Stelle nahmen albanische Zuwanderer
ein. Dieses unaufhaltsame Vordringen des albanischen Volkstums in den
altserbischen Landschaften scheint erst am Ende des 19. Jahrhunderts zum
Stillstand gekommen zu sein.
Die mächtige Ausdehnung der Albaner nach Nordosten übte einen
ständigen Druck auf die dort siedelnden Serben aus. Infolgedessen begann
das serbische Volkstum sich in osmanischer Zeit langsam nach Norden
zu verschieben. Im Hochmittelalter hatte der Schwerpunkt des serbischen
Siedlungsraumes zwischen dem heutigen Albanien, Serbien und Maze-
donien gelegen. Der serbische Volkstumsboden erreichte im Norden noch
nicht einmal die Donau. Das Gebiet an der Donau und nördlich davon
scheint damals überwiegend von Madjaren besiedelt gewesen zu sein.
Heute wohnt auf diesem Gebiet des geschichtlichen Südungarn die Hälfte
des serbischen Volkes. Erst seit dem Ausgang des 14. Jahrhunderts
hat sich diese mächtige serbische Nordwanderung vollzogen. Einer-
seits — wie schon gesagt — unter dem von Süden kommenden Drude
der albanischen Ausdehnung, andererseits durch die planmäßige Sied-
lungspolitik der Osmanen. D i e Landesverteidigung des ostnanisdien
Reiches bediente sich von jeher des Mittels der militärischen Siedlungs-
politik. Die bedrohten Grenzbezirke wurden planmäßig mit einer fremd-
völkischen Bevölkerung besiedelt, die als Grenzmiliz im Dienste der
Landesverteidigung organisiert war. Dabei nahm man nie die altansässige
Bevölkerung, sondern verpflanzte von andersher eine Bevölkerung, die in
der neuen und völlig fremden Umgebung politisch zuverlässig sein mußte.
So siedelte man orthodoxe Serben längs der kroatischen und südungari-
schen Grenze an, in der immer bedrohten Dobrudscha setzte man Tsdier-
kessen und Tataren ein, das südliche Bessarabien wurde als besonderer
Militärbezirk mit dem Namen Budsdbak organisiert und mit Tataren be-
siedelt. Am wichtigsten war die serbische Ausbreitung nach Ungarn. Süd-
ungarn bis in die Gegend von Fünfkirchen hinein wurde serbisch. Fünf-
kirchen war zu Ende des 17. Jahrhunderts überwiegend von Serben be-
wohnt. Und die serbische Siedlungsbewegung griff noch darüber hinaus.
Eine Zone volksstarker serbischer Siedlungen zog sich donauaufwärts,
soweit die türkische Herrschaft reichte. In Budapest, Gran und Komom
gab es eigene sogenannte „Raitzenstädte". Und die serbischen Volks-
lieder jener Zeit wissen zu erzählen von der schönen Stadt Budim (Buda,
O f e n ) w o der türkische Pascha seinen Sitz hat.
179

Karte 19
280 Übergang der Wanderhirten zum Ackerbau

Die Ansiedlung serbischer Kolonisten („Raitzen") in dem neueroberten


Ungarn wurde von der osmanischen Reichsgewalt planmäßig gefördert,
um ein Gegengewicht gegen die habsburgische Militärgrenze zu schaffen.
Die orthodoxen Serben waren der Zusammenarbeit mit der katholischen
Habsburgermacht weniger verdächtig als die katholischen Kroaten und
Madjaren. Nur unter dem Schutze des osmanischen Reiches konnte sich
die gewaltige Ausweitung des serbischen Volkstumsbodens nach Norden
im 16. und 17. Jahrhundert vollziehen.
Mit dem Untergang der osmanischen Herrschaft in Ungarn (1686 Rück-
eroberung von Ofen) war auch das Ende dieser von den Osmanen ge-
förderten serbischen Siedlungsausbreitung gekommen. Und bald setzte
infolge der habsburgischen Siedlungspolitik wieder eine gewisse rück-
läufige Bewegung ein. Die nach Mittelungarn vorgeschobenen „Raitzen-
siedlungen" verschwanden größtenteils bereits während des 18. Jahr-
hunderts.
Eine andere bedeutsame sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Verände-
rung der altosmanischen Zeit war die Zurückdrängung der Viehzucht
durdb den Ackerbau. Durch das Vordringen der türkischen Bauernkoloni-
sation, die teils privater Initiative entsprang, teils von den großen Guts-
wirtschaften (Tschiftliks) durchgeführt wurde, war der Lebensraum der
balkanischen Wanderhirten beträchtlich eingeengt worden. Im Zu-
sammenhange damit hat sich auch die wirtschaftliche Lebensform jener
beiden Balkanvölker gewandelt, die im Spätmittelalter noch überwiegend
auf der Stufe der Wanderhirten standen: der Albaner und der Rumänen.
Die albanischen Hirtenstämme sind nach der Besiedlung der westmaze-
donischen und altserbischen Kulturlandschaften (17. bis 18. Jahrhundert)
zum Ackerbau übergegangen. Nur die Stämme in den Bergkantonen
Hochalbaniens blieben weiterhin Hirten. Auch die rumänischen Wander-
hirten sind in ihrer neuen Heimat nördlich der Donau nach und nach
Ackerbauern geworden. Diese Entwicklung vollendete sich dann zu Be-
ginn des 19. Jahrhunderts mit der Aufsiedlung der bisherigen Weide-
gebiete in der Walachei und der Moldau.

Nach der Eroberung Ungarns ging im 16. und 17. Jahrhundert der
Kampf der Osmanen um die Behauptung und Erweiterung des ge-
wonnenen Gebietes. Wien war das erstrebte Ziel. Auf dem Wege dorthin
entschied sich im Kampf zwischen Habsburg und den Osmanen das
Zerreißung Ungarns 281

Schicksal Ungarns. Südungarn, das ostungarische Tiefland und der größte


Teil Westungarns (Transdanubien) war unbestritten in osmanischer
Hand. In Ofen saß ein osmanischer Pascha. Von den) Gebiet der Heiligen
Krone waren einstweilen noch die folgenden Landschaften frei: die
Komitate an der österreichischen Grenze, die Slowakei, die Karpaten-
ukraine und Siebenbürgen. Für die weitere Entwicklung Ungarns war es
verhängnisvoll, daß sich auch dieses Restungarn nicht einig blieb. Nach
dem Tode Ludwigs II. wählte eine deutschfreundliche Partei den Habs-
burger Ferdinand I. zum König; die nationalmadjarische Partei stellte in
Johann Zäpolya einen Gegenkönig auf. Siebenbürgen und die benach-
barten Komitate der Karpatenukraine hielten zu dem letzteren, die
übrigen Gebiete erkannten den Habsburger an.
So war das Gebiet der Heiligen Krone in drei staatlich verschiedene
Teile zerrissen: die türkische Provinz (das Paschalik Ofen), das Fürsten-
tum Siebenbürgen, das bald ebenfalls die wenigstens formale Oberhoheit
des Sultans anerkannte, und das „Königreich Ungarn" in der Hand der
Habsburger. Die Lage der Madjaren war verzweifelt, um so mehr als
durch die ständigen Kriege das ganze südliche und mittlere Ungarn in
eine Wüstenei verwandelt wurde. Trotzdem haben es die Madjaren ver-
mocht, über diese furchtbare Zeit der Zerrissenheit und der Fremdherr-
schaft, die länger als anderthalb Jahrhunderte dauerte, den Gedanken der
nationalen Einheit und Unabhängigkeit hinüberzuretten und zu be-
haupten. Es ist dies eine bedeutende politische Leistung, die nur ver-
ständlich wird aus der Statsidee von der Heiligen Krone. Im Besitze
dieser Staatsidee waren die Madjaren an nationaler Geschlossenheit und
Stärke des politischen Bewußtseins allen andern Völkern Südosteuropas
weit überlegen. Die Idee von der Heiligen Krone, die im ungarischen
Staatsrecht verankert war, war die eiserne Klammer, die die politisch
auseinandergerissenen Teile Ungarns wenigstens im nationalen Bewußt-
sein zusammenhielt. Diese Staatsidee saß zu tief in den Herzen der Men-
schen, als daß eine auch noch so lange Fremdherrschaft sie hätte aus-
löschen können. Man hat die türkisch gewordenen Gebiete niemals auf-
gegeben, und betrachtete sie nur als „besetztes Gebiet". Der ungarische
Reichstag befaßte sich mit Angelegenheiten des türkischen Gebietes, ja
aus diesem kamen sogar Abordnungen. Auch die Politik der sieben-
bürgischen Fürsten liefert einen Beweis dafür, wie stark überall das Be-
wußtsein der politischen Einheit war. Die siebenbürgischen Fürsten haben
sich nie zu ungarischen Königen erklärt, obwohl dies doch ein sehr ge-
282 Venezianisch-griechische Mischkultur

schickter Schachzug gegen ihre Erbfeinde, die Habsburger, gewesen wäre,


die offiziell den Titel des ungarischen Königs führten. Gabriel Bethlen, der
größte der siebenbürgischen Fürsten, hat es sogar abgelehnt, sich zum
König krönen zu lassen, obwohl er die Heilige Krone, das Symbol der
rechtmäßigen Staatsgewalt, in seinen Händen hatte. Man wollte nicht den
Weg verbauen zur kommenden politischen Vereinigung. Schließlich hat
die politische Zähigkeit der Madjaren nach einer Trennungszeit von mehr
als anderthalb Jahrhunderten wieder die staatliche Vereinigung durch-
gesetzt. 'Dann gelang es der madjarischen Adelsnation, in einem hart-
näckigen Abwehrkampf die ungarische Selbständigkeit und Eigenstaat-
lichkeit auch gegenüber dem eigenen König aus fremdem Hause, gegen-
über dem Habsburger, zu verteidigen. Es war dies unzweifelhaft das
Zeugnis einer bewundernswerten politischen 'Begabung, die in dem Viel-
völkerraum Südosteuropa zu jener Zeit unvergleichlich dastand.
*

Der zweite große Gegner des osmanischen Reiches war die Seemacht
Venedig. Das venezianische Levantereich hatte selbst den Sturm der türki-
sdien Eroberung ziemlich gut überstanden. Während des 15. Jahrhunderts
waren nur einige Plätze verlorengegangen (so das wichtige Negroponte
im Jahre 1470). Die Großzahl der Inseln des Ägäischen Meeres, vor allem
das reiche Kreta, blieben bis in das 17. Jahrhundert unangefochten in
venezianischem Besitz. Dort entwickelte sich ebenso wie auf den jonischen
Inseln jene merkwürdige venezianisch-griechische Mischkultur, deren
Spuren sich der Sprache und dem Landschaftsbilde unverlierbar ein-
geprägt haben. Noch heute sieht mah an den griechischen Küsten und auf
den griechischen Inseln vielerorts die Zeichen der venezianischen Herr-
schaft und des venezianischen Einflusses. An den großen Hafenplätzen
stehen noch die alten venezianischen Kastelle. Vielfach trifft man noch
venezianische Barockkirchen, die dann äußerlich den Bedürfnissen des
orthodoxen Gottesdienstes angepaßt wurden. Manche Städte zeigen
venezianische Bauweise mit einer viereckigen Piazza in der Mitte, wo
sich das öffentliche Leben abspielt. Die neugriechische Sprache hat in
zahlreichen italienischen Lehnwörtern noch die Zeichen und Spuren der
Venezianerherrschaft bewahrt. Bezeichnenderweise handelt es sich dabei
überwiegend um Ausdrücke der Schiffahrt. Die in der griechischen Volks-
sprache abgefaßte Literatur besteht in älterer Zeit größtenteils aus Über-
setzungen oder Bearbeitungen italienischer Dichtungen. Auf dem venezia-
Abstieg Venedigs 283

nischen Kreta hat die neugriechische Literatur damals ihre erste Blütezeit
erlebt. Dort hat Xornaros unter venezianischem Einfluß das berühmte
Epos „Erotokritos" gedichtet, das dann eine solche Verbreitung und An-
erkennung erlangte, daß man es geradezu den neugriechischen Homer
nennen könnte.
Mit dem Aufstieg der Osmanen geriet Venedig zwangsläufig in Gegen-
satz zu der neuen Macht. Solange seine Herrschaft zur See unbestritten
blieb, konnten die Osmanen nicht gefährlich werden. Die klugen Kauf-
leute und Diplomaten von Venedig haben es im Gegenteil verstanden,
sich mit den Osmanen in gutes Einvernehmen zu setzen. Anders wurde
dies, als die Osmanen sich im 16. Jahrhundert eine große Seemacht
schufen. Damals schlössen sich Venedig und Spanien zur See zusammen.
1571 siegte die vereinigte spanisch-venezianisch-päpstliche Flotte in der
Seeschlacht bei Lepanto (Naupaktos) über die osmamsche Flotte. Für
einige Zeit war damit die osmanische Gefahr abgewendet. Aber im 17.
Jahrhundert begann es dann doch stark von dem venezianischen Ko-
lonialreich abzubröckeln. D a und dort fielen Plätze und Inseln in die Hand
der Osmanen. Dann kam es nochmals zu einer großen Machtprobe
zwischen beiden Staaten: zum langjährigen Krieg um den Besitz der Insel
Kreta (1645—1669). Die Osmanen blieben Sieger. Im Jahre 1669 er-
oberten sie die Hauptstadt Kandia. Damit war der Abstieg Venedigs be-
reits besiegelt. Einige Jahrzehnte später hat es nochmals im Bunde
mit Habsburg versucht, die verlorenen griechischen Besitzungen zurück-
zugewinnen. Es ist nur auf kurze Zeit gelungen. Im 18. Jahrhundert war
das ehemalige venezianische Kolonialreich auf die Restbesitzungen am
Adriatischen und Jonischen Meer zusammengeschrumpft. Napoleon hat
dann dem venezianischen Staat überhaupt ein Ende gemacht.
*

Schon zu Mitte des 17. Jahrhunderts waren die Zeichen des drohen-
den Machtverfalles innerhalb des osmanischen Reiches unverkennbar.
Dann setzte nochmals auf ein Menschenalter eine Erneuerung des Reiches
ein. Sie war das W e r k der Wesire aus der Familie der Köprülü (die
„Restauration der Köprülü"). Mohammed Köprülü, der nach einer aben-
teuerlichen Laufbahn schließlich zum Großwesir aufstieg, hat während
der fünf Jahre ( 1 6 5 6 — 1 6 6 1 ) , da er die Macht in Händen hielt, die
Selbständigkeitsbestrebungen der Provinzstatthalter und des Provinz-
adels gebrochen, durch die Siege gegen Venedig und Siebenbürgen die
284 Restauration und Abstieg der osmanisdien Madit

Grenzen gesichert und im Innern sogar den Versuch gemacht, gegen die
Verschwendungssucht des Serais und des Harems einzuschreiten. Sein
Sohn und Nachfolger Achmed wurde der Eroberer Kretas (1669) und
Podoliens (1672) und der Erneuerer des Bündnisses mit Frankreich.
So bezeichnete das Ende des 17. Jahrhunderts nochmals einen Höhe-
punkt osmanischer Macht. Emeut wagten damals die Osmanen den
Angriff auf Wien. 1683 erschienen sie mit einem gewaltigen Heeresauf-
gebot vor der Stadt. Aber diese Belagerung scheiterte und endete durch
das Eingreifen eines Entsatzheeres aus deutschen und polnischen Truppen
mit einer schweren türkischen Niederlage. Der deutsche Gegenstoß drang
in den folgenden Jahren bis an die Karpaten vor. Der Friedensschluß
von Karlowitz (1699) brachte dem osmanischen Reiche den Verlust des
ganzen mittleren Donauraumes, der dem habsburgischen Gesamtstaat
einverleibt wurde. Damit war der Abstieg der osmanisdien Weltmacht
besiegelt.
Xapitel 19

Die Gegenreformation.

Die Gedanken der deutschen Reformation hatten in kürzester Zeit fast


ganz Europa erobert. England, die nordischen Länder und Deutschland
standen zum überwiegenden Teil auf seiten der Refonmation. Ebenso
war es bei den Slowenen, die dem deutschen Kulturbereich zugehörten.
Und ähnlich war es auch bei den Tschechen, wo das Bekenntnis zum
Luthertum sich in die Form des Utraquismus hüllte, der seit den Baseler
Kompaktaten eine in den böhmischen Landen staatlich zugelassene Kon-
fession war. In Ungarn, Polen und Frankreich war die Partei des Pro-
testantismus zunächst wohl ebenfalls stärker als die katholische Partei,
vor allem in der Oberschicht. Darüber hinaus waren die Gedanken der
deutschen Reformation auch nach dem südlichen Europa vorgedrungen,
bis nach Spanien, Italien, ja sogar bis nach Konstantinopel (oben S. 259).
Die geistige Herrschaft der mittelalterlichen Kirche blieb zunächst eigent-
lich nur in Spanien und Italien unerschüttert und unbestritten. Das mitt-
lere und nördliche Europa schien für immer der Sache der Reformation
zu gehören.
Aber gerade in jener für die alte Kirche so bedrohlichen Lage zeigte
es sich wieder, welch unerklärlich zähe Lebenskraft dem Organismus
dieser Kirche seit jeher innewohnt. Schon um die Mitte des 16. Jahr-
hunderts setzte eine große Gegenbewegung der alten Kirche ein, um die
eigenen Kräfte zu sammeln — die „katholische Restauration" — und um
dann das Verlorene zurückzuerobern: die „Gegenreformation".
Die beiden großen gegensätzlichen kirchlichen Bewegungen der Refor-
mation und Gegenreformation bieten ein völlig verschiedenartiges Bild.
Die deutsche Reformation war weithin eine religiöse Volksbewegung,
die sich mit elementarer Gewalt Bahn brach, erwachsen aus dem Proteste
gegen Mißstände der alten Kirche, getragen von dem Schwung des neuen
Zeitgeilstes, begrüßt als Befreiung von den Fesseln der überkommenen
Kirchlichkeit, freilich vielerorts auch gefördert durch selbstsüchtige Eigen-
bestrebungen der Fürsten und des Adels. Die Gegenreformation war
nach Ursprung und Verlauf mehr ein planmäßig geleiteter und wohl-
organisierter Feldzug zur Rüdegewinnung der verlorenen Gebiete. Die
286 Wesen und Wirkung der Gegenreformation

Leitung dieses Feldzuges saß in Rom, sein Vortrupp war der neugegrün-
dete Orden der Jesuiten. Die festen Stützpunkte, von denen diese Rück-
eroberung ausging, waren die Gymnasien, Kollegien und Hochschulen
der Gesellschaft Jesu.
Freilich richtete sich dieser Felidzug nicht nur und nicht in erster Linie
gegen die deutsche Reformation. Vielmehr war er nur eine von verschie-
denen Äußerungen jener gewaltigen inneren Erneuerungsbewegung, durch
die es der alten Kirche gelang, sich der bisherigen Mißstände zu ent-
ledigen, ihre Verfassung zu straffen und ihre Kräfte neu zusammenzu-
fassen, um dann nach außen wieder allseitig erobernd auszugreifen: gegen
den Protestantismus als Gegenreformation, gegen die Orthodoxie als
Kampf für die Kirchenunion, gegen den Islam und das Heidentum in den
neuentdeckten überseeischen Ländern als Missionstätigkeit. Alle diese
Erscheinungen gesteigerter Lebenskraft der alten Kirche sind nur die
verschiedenen Seiten jenes einen großen Schauspiels der katholischen
Restauration.
Endergebnis und Leistung der Gegenreformation waren — vom Stand-
punkte der alten Kirche her gesehen — gewaltig. Zwar blieben England
und die nordischen Länder verloren. Aber Deutschland, das fast ganz
protestantisch gewesen war, wurde beinahe zur Hälfte zurückgewonnen,
vor allem die westlichen und südlichen Landschaften. Ähnlich wurde in
Ungarn der Protestantismus zurückgedrängt. In Frankreich, Böhmen und
Polen sowie bei den Slowenen wurde die Sache der Reformation bis auf
unbedeutende Reste völlig vernichtet. In Spanien und Italien waren die
schwachen Ansätze reformatorischen Ideeneinflusses schon am Anfange
unterdrückt worden. Und überall, in den behaupteten und in den zurück-
gewonnenen Gebieten, wuchs eine neue Generation heran, die der kirch-
lichen Sache in unbedingter Anhänglichkeit zugetan war.
Zu diesen großen äußeren Erfolgen der Gegenreformation wirkten vor
allem zwei Faktoren zusammen: die innere Kirchenreform und der neu-
gegründete Orden der Jesuiten. Die Befreiung der Kirche von den ihr
anhaftenden Mißständen war seit Jahrhunderten Wunsch und Sehnsucht
der 'Besten gewesen. Der bedenkliche Sittenverfall des kirchlichen Lebens,
der im ausgehenden Mittelalter vielerorts um sich griff, hat immer wieder
die Forderung nach einer inneren Kirchenreform laut werden lassen. Die
„Gravamina der deutschen Nation" hatten die Forderung erhoben. Kon-
zilien und Synoden hatten sich damit beschäftigt. Geschehen aber war
nichts. Die Reformation zwang nun zu Reformen. Das Konzil von Trient,
Konzil von Trient 287

das mit Unterbrechungen 18 Jahre lang tagte (1545—1563), versuchte


diese Aufgabe zu lösen. Es wurde in den Beratungen dieses Konzils ein-
mal der ganze Bau der alten Kirche auf Risse und Bauschäden durch-
geprüft. Von dem überkommenen Dogmengebäude und von der in der
Entwicklung eines erfahrungsreichen Jahrtausends herangewachsenen
Kirdienverfassung ward nichts preisgegeben. Man madite hierin den
neuen Ideen keine Zugeständnisse, sondern legte die eigene Lehrauffassung
in den strittigen Fragen in noch klarerer Formulierung fest. Nur in den
praktischen Fragen der Kirchendisziplin und des religiösen Lebens wurden
Änderungen verfügt. Nur insoweit kann man also von einer innerkirch-
lichen Reform sprechen.
Dieses Reformwerk des Konzils von Trient war Vorarbeit und Voraus-
setzung für die Gegenreformation. Damit war der bisherigen Vielfältig-
keit und Vieldeutigkeit der verschiedenen kirchlichen Anschauungen, die
glaubten, die Form der alten Kirche mit dem Gedankeninhalt der neuen
reformatorischen Ideen erfüllen zu können, ein Ende gemacht. Das Tisch-
tuch zwischen der Reformation und der alten Kirche war endgültig zer-
schnitten. Und es war zugleich eine eindeutig klare Plattform geschaffen
worden, auf der sich die geistige Auseinandersetzung zwischen Refor-
mation und Gegenreformation abspielen mußte. Die vielen, die noch un-
entschlossen zwischen beiden Lagern standen, mußten sich nun ent-
scheiden, wohin sie eigentlich gehören wollten.
Die Führung der Gegenreformation hat bald der von dem spanischen
Adeligen Don Inigo (Ignatius) de Loyola (1491—1556) gegründete Orden
der Jesuiten (Societas Jesu = „Gesellschaft Jesu") übernommen. Die
Gesellschaft Jesu richtete von vornherein alle ihre Anstrengungen auf die
missionarische Arbeit in der Welt. Erziehung, Schule, Predigt und Volks-
mission waren ihre Hauptaufgaben. Dabei wandte man sich bewußt vor
allem den oberen Schichten zu, aus der klugen Erwägung, daß deren
Gewinnung die geistige Führung eines Landes und Volkes bedeutet.
Die praktische Weltklugheit, die schon der Ordensgründer eingeschärft
hatte, brachte den Jesuiten große Erfolge und rasche Ausbreitung. Bei
regierenden Fürsten waren sie als Erzieher und Ratgeber bald beliebt
und angesehen. Mancherorts haben sie ihren so gewonnenen Einfluß
dazu benutzt, um auch die staatlichen Machtmittel in den Dienst der
Gegenreformation, d h. in den Dienst vielfach recht gewaltsamer Katho-
lisierungsmaßnahmen zu stellen (in Böhmen und in den innerösterreichi-
schen Landen). Diese Verstrickung in die staatliche Politik führte später
288 Vielfältige kirchliche Verhältnisse in Böhmen

auch zu ihrem Sturz. Im 18. Jahrhundert mußte der Orden auf Drängen
der Regierungen von Portugal, Spanien und Frankreich durch den Papst
aufgehoben werden (1773).
Das Zeitalter der Gegenreformation umfaßt in der gesamteuropäischen
Geschichte das Jahrhundert von 1547—1648, vom Ende des Schmalkal-
dischen Krieges bis zum Westfälischen Frieden. Der Schmalkaldische
Krieg (1546—1547) hatte zum ersten Male die katholische Partei wieder
im siegreichen Vordringen gezeigt, der Westfälische Friede (1648) be-
endigte das im Dreißigjährigen Krieg mit den Waffen ausgetragene
Ringen zwischen Reformation und Gegenreformation. Damals bildete
sich zwischen beiden Mächten in Deutschland und in Europa endgültig
jener Gleichgewichtszustand heraus, der dann blieb und erstarrte.
In Südosteuropa dauerte das Vordringen der Gegenreformation noch
ein Jahrhundert länger an. In dem Großteile Ungarns und in Sieben-
bürgen konnte die Gegenreformation erst zu Ende des 17. Jahrhunderts
einsetzen, als diese Gebiete, die bis dahin unter türkischer Herrschaft
gestanden hatten, an das habsburgische Reich kamen.
*

Am dramatischsten ist der Kampf zwischen Reformation und Gegen-


reformation auf dem heißen Zweivölkerboden Böhmens verlaufen.
Während die nationalen Gegensätze in diesem Zeitalter zwar abebbten,
aber immer noch in Kraft waren, kam nun zu den religiösen Lehrunter-
schieden der Kampf zwischen dem habsburgischen Gesamtstaatsgedanken
und dem Landespatriotismus der böhmischen Stände dazu, um das Bild
der Entwicklung noch unübersichtlicher zu machen. Daher ist der Unter-
gang der böhmischen Eigenstaatlichkeit zugleich auch das Ende der Re-
formation geworden.
In Böhmen setzte die Gegenreformation am frühesten ein. Dort waren
die kirchlichen Verhältnisse besonders vielfältig. Der strenge Hussitismus
lebte fort in der böhmischen Brüderunität, die im tschechischen Geistes-
leben jener Zeit die führende Schicht darstellte. Die Katholiken waren eine
bedeutungslose Minderheit. Die gemäßigten Hussiten, die den „Baseler
Kompaktaten" zugestimmt hatten, machten als „Utraquisten" den Groß-
teil der Bevölkerung aus. Vor allem bei ihnen fanden die Lehren Luthers
weite Verbreitung. Da das offene Bekenntnis zum Luthertum durch die
böhmischen Landesgesetze verboten war, nannten sich die Anhänger
Luthers „T^eo-Vtracjuisten". Neben ihnen schrumpfen die „Alt-Vtra-
Strafgericht über die böhmisdieii Stand« (1547) 289

cjnisten" an Zahl und Bedeutung bald sehr zusammen. So trat das Luther-
tum das eigentliche Erbe des Utraquismus an.
Der habsburgische König Ferdinand I. (als König von Böhmen 1526
bis 1564) war nicht gewillt, der kirchlichen Neuerung in seinen Ländern
irgendwelche Zugeständnisse zu machen. Ein Schreiben an Johann von
Pernstein sprach dies klar aus (1539): Er, der König, wolle in Böhmen
nur zwei Bekenntnisse dulden: Katholizismus und Utraquismus, in den
übrigen Provinzen aber nur den Katholizismus. Der übertritt vom Katho-
lizismus zum Utraquismus sei für alle, insbesondere jedoch für die Hof-
leute verboten. Das Luthertum und das gesamte übrige Sektenwesen
werde unter keiner Bedingung zugelassen werden. Die Irrlehre, daß jeder
nach seinem eigenen freien Ermessen glauben und leben könne, lehne er
unerbittlich ab. Hier sehen wir noch einmal ganz klar die Formulierung
des alten Standpunktes: aus der mittelalterlichen Verbindung von Kirche
und Staat ergibt sich die Ablehnung der neuen Forderung nach Glaubens-
freiheit des einzelnen. Im Zusammenhang mit der angeführten Äußerung
sprach König Ferdinand auch das düstere Wort aus, er werde seine
eigenen Kinder hassen, wenn sie vom rechten Glauben abfielen..
Freilich zu einer gewaltsamen Unterdrückung der Reformation in
Böhmen war damals die Zeit noch nicht gekommen. Da die reformato-
rische Partei zu mächtig war, wagte es der König nicht, an die heikle reli-
giöse Frage zu rühren. Er beschränkte sich darauf, Wenzel Mitmanek,
den Führer des Neo-Utraquismus, des Landes zu verweisen (1544).
Im Schmalkaldischen Kriege (1546—1547) verweigerten die böhmischen
Stände ihrem König die Stellung von Hilfstruppen gegen die befreundeten
protestantischen Fürsten. Der Sieg des Kaisers bei Mühlberg entschied
damit auch gegen sie. Ein zeitgenössischer Chronist erzählt, auf die Nach-
richt vom Siege der katholischen Partei sei oben in der Prager Burg von
den katholischen Deutschen das T e Deum, unten in der Prager Stadt von
den neo-utraquistiscihen Tschechen das Requiem gesungen worden. Die
böhmischen Stände mußten ihrem König erneut huldigen. Die Stadt Prag,
die bis zuletzt Widerstand leistete, wurde schwer bestraft. Sie verlor alle
ihre Privilegien und Einkünfte, schwere Steuerlasten wurden ihr auf-
gebürdet. Ähnlich ging es zahlreichen anderen Städten. Fünfunddreißig
Herren und Ritter wurden angeklagt und zu leichteren oder schwereren
Strafen verurteilt, die meisten verloren einen Teil ihrer Güter. Einige
vornehme Herren wurden auf dem Hradschin hingerichtet. Andere konn-
ten sich durch die Flucht retten. So waren durch das königliche Straf-
19 Stadtmüller, Geschichte Südosteuropas
290 Anfänge der Gegenreformation in Böhmen

geridit die Stände in ihrer politischen und wirtschaftlichen Selbständigkeit


schwer getroffen. Der Adel war tief gedemütigt. Es war ein Vorspiel zu
der großen Niederlage der böhmischen Stände in der Schlacht am Weißen
Berge (1620). Die Sache der Reformation und der Ständefreiheit hatte
einen vernichtenden Schlag erhalten. Tschechen und Deutsche waren
davon in gleicher Weise betroffen. Diese Ereignisse haben in ganz
Böhmen einen furchtbaren Eindruck gemacht. Ein zeitgenössischer
Chronist klagt: „Da sank der Ruhm des Königreiches dahin, besonders
der der Prager Herren —, kläglich und unwiederbringlich."
Gewaltsame kirchliche Veränderungen wurden damals noch nicht vor-
genommen. Zur strafferen Verwaltung des Landes setzte König Fer-
dinand seinen zweiten Sohn Ferdinand als Statthalter ein, in der Über-
zeugung, daß, wie er selber erklärt, „dadurch verhoff entlich . . . künftige
Ufruhr und Ungehorsam verhüt und uns gepürender Gehorsam ge-
leistet werde".
König Ferdinand ging in der religiösen Frage recht behutsam vor und
suchte durch Verhandlungen eine Union zwischen Nichtkatholiken und
Katholiken zuwege zu bringen. Doch scheiterten diese Bemühungen an
der Festigkeit der neo-utraquistischen Stände. Der mährische Landes-
hauptmann, Wenzel von Ludanitz, antwortete im mährischen Landtag
auf das Ansinnen des Königs (1550): „Für uns alle steht es fest, nicht um
Haares Breite von unserer Uberzeugung abzugehen, vielmehr werden wir
versuchen, sie zu verteidigen, wenn es nicht anders sein könnte, mit dem
Einsätze unseres Lebens, der W ü r d e und unserer ganzen H a b e . . . .
Blut und Gut und auch das Leben schulden wir dem Könige und werden
es für sein und seiner Kinder Heil gerne vergießen und hingeben. Die
Seele aber haben jvir vom Schöpfer empfangen, ihm müssen wir sie un-
befleckt und unversehrt aufbewahren und zurückgeben, ü b e r sie gebührt
dem Könige durchaus keine Herrschaft."
So mußte König Ferdinand I. seinen Versuch aufgeben, mit Hilfe der
Stände die religiösen Verhältnisse umzugestalten. Aber schon wenige
Jahre später begann die Gegenrefonmation auch in Böhmen Fuß zu
fassen. Im Jahre 1555 kam der niederdeutsche Jesuit Petrus Canisius, ein
hervorragender Gelehrter und Schulmann, nach Prag, um das Klemens-
Kolleg in der Altstadt aufzubauen. Im folgenden Jahre hielten die ersten
zwölf Jesuitenpatres unbemerkt ihren Einzug in Prag. Im ehemaligen
Klemens-Kloster der Dominikaner an der Karlsbrücke gründeten sie ein
Gymnasium und eine philosophisch-theologische Akademie, die einen
Confessio Bohémica 291

raschen Aufschwung nahmen. In dem folgenden Jahrzehnt kam die Re-


katholisierung Schritt um Schritt in Gang. Im Jahre 1561 erhielt Prag
nach langwierigen Verhandlungen wieder einen katholischen Erzbischof,
den ersten seit den Hussitenkriegen. Dies war ein wichtiger Macht-
zuwachs für die katholische Sache. Schon im folgendein Jahre (1562)
wurde durch einen feierlichen Stiftsbrief das Prager Jesuitenkloster fest
begründet. Die philosophisch-theologische Akademie wurde zur Uni-
versität ausgebaut. In Mähren legte 1568 die große von den Jesuiten ge-
leitete Diözesansynode von Olmütz die Grundlinien für die künftige
Rekatholisierung fest. So begann überall in den böhmischen Landen die
Vorarbeit für die Rekatholisierung, während der Protestantismus äußer-
lich noch bis in die 80er Jahre des 16. Jahrhunderts im Vordringen war.
Auf dem heißen Boden Prags und Böhmens kam die religiöse Frage
nicht zur Ruhe. Sie war das Kernproblem der böhmischen Politik. Eine
Einigung der beiden Parteien war unmöglich, und angesichts der Schärfe,
zu der sich die Gegensätze gesteigert hatten, sahen alle einsichtigen Zeit-
genossen mit düsteren Befürchtungen in die Zukunft. D e r Prager Erz-
bischof schrieb in einem Briefe vom 1. Januar 1575: man sehe betreffs
der religiösen Angelegenheiten großen Kämpfen und Tragödien (concer-
tationes et tracjoedias) entgegen. In dieser Lage hatte sich der große
Prager Landtag von 1575 mit der Glaubensfrage zu befassen. Er beschloß
nach langen Auseinandersetzungen eine „böhmische Bekenntnisschrift"
(confessio bobemica), die dem Kaiser und König vorgelegt werden sollte.
In dieser Bekenntnisschrift, die sich stark an die Confessio Augustana
anlehnte, haben alle religiösen Strömungen, von denen das tschechische
Volkstum seit anderthalb Jahrhunderten ergriffen worden war, ihren
Ausdruck gefunden. Sie ist das Bekenntnis der hussitisdhen Kirchenbewe-
gung, die dann durch die lutherisch-melanchthonische Reformation, zum
kleineren Teil auch durch kalvinische Gedanken umgeprägt worden war.
Kaiser Maximilian genehmigte, nachdem er die Gutachten katholischer
und utraquistischer Theologen eingeholt hatte, die „Böhmische Kon-
fession", forderte aber sofort nach der Genehmigung durch ein Mandat
die Unterdrückung der Brüderunität, die — ebenso wie die Städte — von
der Religionsfreiheit ausgenommen blieb. Durch diese versöhnliche Hal-
tung des Kaisers war der Sturm vorläufig beschworen. Freilich hörten
die religiösen Streitigkeiten, Verfolgungen und Verdächtigungen nicht auf.
Das konfessionelle Bild Böhmens war zu Ausgang des 16. Jahrhunderts
durchaus verworren. Von insgesamt 1600 Pfarreien bekannten sich nicht
19*
292 Wiedervordringen der alten Kfrdie

weniger als 1200 zur „Confessio Bohemica", aber diese waren ohne zu-
sammenfassende kirchliche Organisation und in sich durdb scharfe Gegen-
sätze zwischen Lutheranern, Kalvinern und „Brüdern" aufgespalten. 200
utraquistische Pfarreien unterstanden dem utraquistischen Administrator,
200 römisch-katholische Pfarreien dem Erzbischof von Prag. So zeigte
es sich, daß die utraquistische Konfession, die noch vor einem Menschen-
alter in Böhmen vorgcherrscht hatte, in der Auseinandersetzung zwischen
Katholizismus und Protestantismus mehr und mehr zerrieben wurde.
Mittlerweile war auf den Jesuitenschulen eine neue Generation heran-
gewachsen, die mit der Gegenreformation vollen Ernst machte. Die ade-
ligen Jesuitenschüler wurden als Grundherren die Förderer der Rekatholi-
sierung auf ihren Gütern. Durch den Eifer katholischer Adelsfamilien
wurden nun auch draußen auf dem Lande Jesuitenklöster gegründet. Mit
ihnen suchten die wiedererstarkenden Klöster der alten Orden zu wett-
eifern. So war die alte Kirche schon zu Ausgang des 16. Jahrhunderts
wieder in sichtlichem Vordringen. Der in zahlreiche Richtungen aufge-
spaltene Protestantismus war durch das Fehlen einer einheitlichen kirch-
lichen Organisation in hoffnungsloser Unterlegenheit.
Die Zeit schien reif für den entscheidenden Feldzug gegen den Pro-
testantismus. Schon im Jahre 1584 entwarf der päpstliche Nuntius
Malaspina den Plan, das geistige Leben sei durch strenge Bücherzensuren
zu überwachen, die katholischen Pfarreien und Klöster seien durch kaiser-
liche Visitationen zu überprüfen. Mittelpunkt des katholischen Geistes-
lebens müsse die Prager Universität sein. Daher solle entweder die von
den Utraquisten beherrschte alte Karls-Universität (Carolinum) im katho-
lischen Sinne erneuert oder es solle die Akademie der Jesuiten zu einer
Volluniversität ausgebaut werden. „Pikarden" und Lutheraner sollten
aus dem Lande verwiesen, die Utraquisten zur Union mit Rom genötigt
werden.
Die große Prager Diözesansynode von 1605 glich bereits einer Heer-
schau des siegreich vorrückenden Katholizismus, während ringsum die
Nichtkatholiken in die Verteidigung gedrängt waren und um ihren Be-
stand zu ringen hatten. Im Jahre 1602 war es zu einer erneuten und
dieses Mal noch schwereren Verfolgung der böhmischen Brüder gekom-
men. Schulen und Bethäuser wurden geschlossen, die Prediger vertrieben.
Damals verfaßte Wenzel Budowetz von Budow, der geistige Führer der
Brüderunität, eine Schrift zu deren Verteidigung, die dem Kaiser unter-
breitet wurde. Durch das Eintreten der böhmischen Stände für die Sache
Entscheidungsschlacht am Weißen Berge (1620) 293

der Brüderunität wurde auch erreicht, daß die offizielle Verfolgung auf-
hörte. Im kleinen ging freilich auf den herrschaftlichen Gütern die Re-
katholisierung weiter.
Im Jahre 1609 haben die Stände dann dem Kaiser Rudolf den be-
rühmten Majestätsbrief abgerungen, durch den in gewissen Grenzen die
Glaubensfreiheit verbürgt wurde. Den evangelischen Utraquisten wurde
darin die Universität und das utraquistische Konsistorium zugesprochen.
Dem Lande sollte durch den „Majestätsbrief" der religiöse Friede wieder-
gegeben werden, aber gerade aus dem Streit um seine Auslegung ent-
wickelten sich bald Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und
Protestanten, die schließlich zum Dreißigjährigen Kriege führten und von
Böhmen aus ganz Mitteleuropa in Flammen setzten.
Der Streit über die Auslegung drehte sich darum, ob zu den „königlichen
Gütern", auf denen protestantische Kirchen gebaut werden durften, auch
die geistlichen Güter gehörten. Die konfessionellen Gegensätze ver-
schärften sich. 1617 kam es an einem Ort zur Schließung, an einem
anderen Ort zur Niederreißung einer protestantischen Kirche. Beide
Kirchen standen auf geistlichem Boden. Nach katholischer Auffassung lag
hier keine Verletzung des „Majestätsbriefes" vor. Die Protestanten sahen
jedoch darin einen Bruch des kaiserlichen Versprechens. Im ganzen Lande
entstand eine ungeheure Erregung. In Prag kam es zum Aufruhr. Zwei
katholische oberste Landesbeamte, denen man die Schuld ziuschob, wur-
den auf der Prager Burg aus dem Fenster gestürzt (1618). Der katholische
Erzlbischof mußte fliehen, die Jesuiten wurden vertrieben.
Dieser „Prager Fenstersturz" war der äußere Anlaß zu dem furcht-
baren Dreißigjährigen Kriege. Die böhmischen Stände wählten den
protestantischen Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz zum König. Aber
schon 1620 wurde das böhmische Heer am Weißen Berge westlich von
Prag von den kaiserlichen Truppen geschlagen.
Das war das Ende der böhmischen Eigenstaatlichkeit. Der mit dem
Hussitismus anhebende nationaltschechische Versuch, das böhmisch-
mährische Kernland Mitteleuropas aus dem Rahmen des Deutschen
Reiches herauszureißen und sich unter Verleugnung der ganzen früheren
Entwicklung geistig, politisch und wirtschaftlich abzusondern, dieser Ver-
such, der das politische Bewußtsein des tschechischen Volkes seit zwei
Jahrhunderten erfüllt hatte, war nun durch den Gang der Ereignisse end-
gültig widerlegt worden.
Zunächst brach ein furchtbares Strafgericht über die Böhmen herein.
294 Rekatholisierung iii Böhmen

Einundsedizig Adelige und Bürger in Prag und im Lande wurden als


Rädelsführer der Empörung verhaftet. V o r einem eigens eingesetzten
Gerichtshof mußten sie sich wegen Hochverrats und anderer Verbrechen
verantworten. Achtzehn wurden zu schweren Freiheitsstrafen oder Kör-
perstrafen verurteilt, einer hatte Selbstmord verübt oder war auf der
Flucht umgekommen. Die übrigen siebenundzwanzig Angeklagten, unter
ihnen zwölf ehemalige Direktoren der aufständischen Regierung, wurden
auf dem Altstädter Ring vor dem Rathaus durch das Beil oder den Strang,
einige noch in verschärfter Form hingerichtet ( 1 6 2 1 ) . Ihre Güter und die
Güter zahlreicher anderer Adeliger wurden eingezogen. Eine weitgehende
Enteignung des böhmischen Adels fand statt. Kaisertreue Offiziere (unter
ihnen Wallenstein), konnten damals um ein Spottgeld gewaltigen Groß-
grundbesitz erwerben.
*

Der Kaiser und König entschied sich entgegen dem Rat einsichtiger
und maßvoller Männer, die eine vorsichtige Politik friedlicher Rekatholi-
sierung empfahlen, für die Anwendung gewaltsamer Maßnahmen. Die
nichtkatholischen Bekenntnisse wurden schrittweise verboten und unter-
drückt. Der Herrscher zerschnitt eigenhändig den „Majestätsbrief" von
1609. Unmittelbar nach dem Sieg am Weißen Berge wurden alle Prediger
der Kalviner, der evangelischen Utraquisten und der Brüderunität, gleich-
gültig welchen Volkstums sie waren, durch kaiserlichen Befehl des
Landes verwiesen. Im Jahre 1622 mußten dann auch die deutschen
lutherischen Geistlichen das Land verlassen, obwohl der sächsische Kur-
fürst nachdrücklich dagegen Verwahrung einlegte. Es folgte die Vertrei-
bung der Schulmeister. Dann wurden 1624 alle freien Bürger durch ein
kaiserliches Qeneralpatent vor die W a h l gestellt, entweder katholisch zu
werden oder innerhalb einer kurzen Frist auszuwandern. Den unfreien
„Untertanen" blieb sogar dieser Ausweg der Auswanderung verschlossen.
Im Jahre 1627 wurde dann auch der Adel vor die Entscheidung zwischen
Auswanderung und Ubertritt gestellt. Insgesamt sind damals rund 30 0 0 0
Familien aus den böhmischen Landen ausgewandert. D i e meisten wand-
ten sich nach Sachsen und Schlesien. Diese böhmischen „Exulanten" be-
schäftigten im 17. Jahrhundert zahlreiche Buchdruckereien in Zittau,
Dresden, Halle, Wittenberg/Magdeburg, Berlin, Amsterdam sowie einige
in der ungarischen Slowakei mit dem Druck von tschechischen Büchern.
Unter den „Exulanten" befand sich auch der große tschechische Schrift-
steller Johann Arnos Comenius ( 1 5 9 2 — 1 6 7 0 ) .
Katholische Generalaktion 295

überall wurden durch die Rekatholisierungs-Kommissionen die prote-


stantischen Kirchen und Schulen geschlossen. Die Bürgerschaft der Städte
wurde durch die Einquartierung von kaiserlichem Militär zum übertritt
genötigt. Ein heuchlerischer Scheinkatholizismus breitete sich aus. Und
darüber hinaus schritt die siegreiche katholische Partei jetzt auch zur
Unterdrückung der Utraquisten. 1621 hob der Papst das Kelchprivileg
für Böhmen auf.
Prag wurde die Hochburg der nun einsetzenden katholischen General-
aktion. Als Zeichen des Sieges wurde auf dem Altstädter-Ring, wo die
Führer des böhmischen Aufstandes von Henkershand gestorben waren,
eine Mariensäule errichtet. 1622 wurde den Jesuiten auch das Carolinum
übergeben und zugleich die damit verbundene oberste Zensur. Welchen
Einfluß die Gesellschaft Jesu in der Öffentlichkeit errungen hatte, das
zeigte noch im gleichen Jahre die unerhört prunkvolle Feier, mit der die
Heiligsprechung des Ordensgründers Ignatius und seines Schülers Franz
Xaver begangen wurde. Für anderthalb Jahrhunderte beherrschten die
Jesuiten, die in jeder Weise von den Habsburgern begünstigt wurden,
das geistige und künstlerische Leben des Landes.
Neben die Jesuiten traten die anderen Orden. Die Klöster der alten
Orden (vor allem der Franziskaner, Benediktiner, Prämonstratenser) er-
starkten wieder und suchten sich an der Rekatholisierung zu beteiligen.
Von den im 16. Jahrhundert neugegründeten Orden gewannen die Kapu-
ziner großen Einfluß auf das Volk, während der von dem Spanier Joseph
von Calasanza gegründete Schulorden der Piaristen (Patres piarum
sdhoiarum) durch seine Gymnasien bald in Wettbewerb mit den Jesuiten-
schulen trat.
über die Maßnahmen, die zur Durchführung der katholischen Ge-
neralaktion ergriffen werden sollten, bildeten sich zwischen Staat und
Kirche und innerhalb der verschiedenen kirchlichen Gruppen starke
Meinungsverschiedenheiten heraus. Der Erzbischof, die Kapuziner (unter
ihnen der heiligmäßige Valerian Magni), sowie zahlreiche einsichtige
Prälaten und Staatsfbeamte waren für Milde und rieten, auf die An-
wendung staatlicher Machtmittel möglichst zu verzichten. Der Kaiser
aber war entschlossen, den Protestantismus, der ihm nach den gemach-
ten Erfahrungen als reichsfeindlich galt, mit Stumpf und Stiel auszu-
rotten. Dabei fand er in den Jesuiten seine Bundesgenossen. So trieb der
Kaiser die katholische Generalaktion im Sinne der Jesuiten voran. Durch
Einsatz von Militär und andere gewaltsame Maßnahmen wurden massen-
296 Äußerliche Vernichtung dos Protestantismus

hafte Scheinbekehrungen erzielt. Der Prager Erzbischof, mit dem der


Kaiser im Befehlston zu verkehren beliebte, konnte dieses verfehlte Vor-
gehen nicht verhindern.
Die äußerlichen Erfolge der Rekatholisierung waren schon in dem
ersten Jahrzehnt nach der Schlacht am Weißen Berge gewaltig. Im Jahre
1636 waren die Städte wieder zum größten Teile katholisch, während
das bäuerliche Land noch an dem Protestantismus in seinen verschiede-
nen Formen festhielt. Auf dem Lande kam die Rekatholisierung erst nach
dem Ende des dreißigjährigen Krieges in Gang.
Bis zum Ausgang des 17. Jahrhunderts gelang es dem Bündnis von
Staat und Kirche, den Protestantismus fast völlig zu vernichten. In dem
Jahrzehnt 1700—1710 stand der Katholizismus auf seinem Höhepunkt.
Danach stieg die Zahl der verkappten Protestanten unter dem aus
Schlesien und Sachsen herüberdringenden pietistischen Einfluß wieder an.
Die öffentliche Ausübung eines nichtkatholischen Bekenntnisses blieb
verboten. Durch die Halsgerichtsordnung Josephs I. (1711) wurde das
Bekenntnis zu einer nichtkatholischen Religion mit der Todesstrafe be-
droht. Seit 1721 kam es zu einer neuen Verfolgungswelle, durch die
protestantische Bauernaufstände in Ostböhmen (1733) heraufbeschwo-
ren wurden. Auch außerhalb Böhmens wurde man auf diese Verfolgun-
gen aufmerksam. Im Jahre 1735 bat das Corpus Evangelicorum auf dem
Regensburger Reichstag den Kaiser, für Böhmen freie Religionsausübung
zu gewähren.
Trotz dieses Einsatzes aller staatlichen Machtmittel blieb die Rekatho-
lisierung der böhmischen Lande unvollständig. Zwar waren die Städte
äußerlich katholisch geworden, aber der Protestantismus hielt sich als
Bauernreligion auf dem Lande, wohin er verdrängt worden war.

An der Oberfläche des öffentlichen Lebens entfaltete die siegreiche


Gegenreformation ihren neuen künstlerischen Stil der Zeit: den Barock.
An die Stelle der nationalböhmischen Kultur, die von hussitischen und
reformatorischen Ideen getragen war, trat nun die von Wien her ein-
flutende Barockkultur. Die Bewertung dieses vollständigen geistigen Um-
bruches, der sich nach der Schlacht am Weißen Berge vollzog, ist in der
herkömmlichen Geschichtsbetrachtung sehr strittig. Die tschechische Ge-
schichtsschreibung sieht in den zwei Jahrhunderten des Hussitismus und
der Reformation gewöhnlich das nationale Heldenzeitafter des tschedii-
Aufschwung des kirchlichen Lebens 297

seilen Volkes, in der Gegenreformation die Zeit der schmerzlichen De-


mütigung und des tiefsten Abstieges. Auch ein Teil der deutschen Ge-
schichtsschreibung hat diese Anschauung — mit nur geringen Abschwä-
chungen — übernommen.
Daß diese Anschauung einer starken Berichtigung bedarf, zeigt ein
Blick auf die kulturelle Blüte, die die böhmischen Lande im Zeitalter der
Gegenreformation erlebten. Nach der Wende am Weißen Berge setzte
ein völliger Generationswechsel ein. Eine neue Seelenhaltung ergriff die
Menschen. Das kirchliche Leben entfaltete sich in aller Öffentlichkeit zu
üppiger Fülle. Die gesteigerte Religiosität der Zeit fand ihren Ausdruck
in der Marienverehrung, in Wallfahrten, Prozessionen, Bruderschaften,
marianischen Kongregationen. Im kirchlichen Gottesdienst ward ein nie-
gesehener Prunk entfaltet. In den Dienst der religiösen Erziehung trat
auch das Theater. An keinem Jesuitengymnasium fehlte die Bühne.
Auch die Wissenschaften standen im Zeichen dieses gegenreforma-
torischen Enthusiasmus. Die Geschichtsforschung, unter deren Vertretern
vor allem der Jesuit B. Baibin zu nennen ist, stellte sich die Aufgabe, die
glanzvolle katholische Vergangenheit der böhmischen Lande zu verherr-
lichen. Von hier war es nur noch ein Schritt, daß die pragmatische Ge-
schichte in den Dienst der religiösen Erbauung trat. So entwickelte sich
auch eine literarisch recht tief stehende populärhistorische Literatur, deren
Verfasser halb Geschichtsschreiber, halb asketisch-erbauliche Erzähler
waren. Das Hauptwerk dieser volkstümlichen Geschichtsschreibung des
gegenreformatorischen Zeitalters war die tendenziöse Chronik (bis 1527
reichend) des Wenzel Hajek von Libotschan ( t 1553), die bis in die Zeit
der Aufklärung das geschichtliche Volksbuch der Tschechen blieb.
An den Kollegien und Fakultäten entwickelte sich die Philosophie zu
einer Vielfalt von Schulmeinungen: die Jesuiten waren Anhänger des
spanischen Nachscholastikers Suarez, die Dominikaner vertraten die alt-
ehrwürdige Tradition des Thomismus, die Franziskaner, die auch an
dem erzbischöflichen Seminar lehrten, waren Scotisten. Auf mathema-
tischem und naturwissenschaftlichem Gebiete wirkte der Einfluß des
großen Johannes Kepler stark nach Böhmen herein.
Die Prunkliebe war das beherrschende Kennzeichen des barocken Zeit-
alters. Die Äbte und die weltlichen Grundherren waren der Bauwut der
Zeit verfallen. Prächtige Kirchen und Schlösser entstanden. Und neben
der kirchlichen und weltlichen Baukunst, die in den österreichischen und
böhmischen Landen in verschwenderischer Fülle aufblühte, stand eine
198 Anfänge der Gegenreformation in Ungarn

großartige Barockmusik, ein prächtiges Barocktheater und eine beacht-


liche Barockliteratur — vor allem das „Jesuitendrama"—, deren Eigen-
art und Eigenwert erst in den drei letzten Jahrzehnten wieder richtig ge-
würdigt worden ist. Diese künstlerische Kultur des Barock erreichte erst
vom Beginne des 18. Jahrhunderts ab ihren Höhepunkt, während die
religiöse Begeisterung schon um 1680 abzunehmen begonnen hatte.

In Ungarn ist die Gegenreformation andersartig verlaufen. Sie setzte


erst ein halbes Jahrhundert später ein als in Böhmen und Mähren und
stieß auf einen viel hartnäckigeren Widerstand. Die überlegene Kraft
der madjarischen Eigenstaatlichkeit und die politische Rücksichtnahme
auf den madjarischen Adel, auf dessen Treue man im Kampfe gegen die
Türken angewiesen war, haben der habsburgischen Gegenreformation
die Anwendung der gewaltsamen Rekatholisierung unmöglich gemacht.
So spielte sich in Ungarn der Kampf zwischen Reformation und Gegen-
reformation mehr als geistige Auseinandersetzung ab. Was diesem Schau-
spiel an machtpolitischer Wucht und Tragik fehlte, das ersetzte es durch
geistige Tiefe und literarische Vollendung.
Am Ende des 16. Jahrhunderts hatte der Protestantismus auch in
Ungarn durchaus die Vorherrschaft gewonnen. Im Jahre 1590 erschien
die erste vollständige madjarische Bibelübersetzung, das Werk des Pro-
testanten Caspar Xärotyi. Diese Bibelübersetzung, deren Kosten durch
madjarische adelige Herren aufgebracht worden waren, war ein Mark-
stein in der Entwicklung der madjarischen Sprache und Literatur. Sie er-
langte eine gewaltige Verbreitung und erlebte im Laufe von drei Jahr-
hunderten mehr als siebzig Auflagen. Die im Jahre 1625 veröffentlichte
katholische Bibelübersetzung des Jesuiten Georg Käldi übte nur geringen
Einfluß aus. In zwei Jahrhunderten erreichte sie bloß vier Auflagen.
Die Tätigkeit der Gegenreformation hatte zunächst in dem bei Habs-
burg verbliebenen Westungarn begonnen, wo Preßburg (Pozsony, Bra-
tislava) und ödenburg (Sopron) die 'beiden großen Mittelpunkte des
deutsch-ungarländischen Protestantismus waren. Der Erfolg der Gegen-
reformation war bald beträchtlich. Während sich die deutsche Bürger-
schaft von Preßburg und ödenburg noch zu Anfang des 17. Jahrhunderts
ganz überwiegend zur Reformation bekannt hatte, kehrte sie im Verlaufe
dieses Jährhunderts etwa zur Hälfte zum Katholizismus zurück. Und
Protestantische madjarisdie Literatur 299

auch in der Folgezeit wurde der Protestantismus noch immer weiter


durch den erstarkenden Katholizismus zurückgedrängt. Neben der alt-
eingesessenen deutsch-protestantischen Kultur entfaltete sich in West-
ungarn schon zu Anfang des 18. Jahrhunderts eine reich emporblühende
deutsch-katholische Kultur, die ein vielfältiges religiöses Schrifttum her-
vorbrachte.
Die bedeutendsten Vertreter der protestantischen madjarischen Lite-
ratur im 16. Jahrhundert waren Kaspar Heltai, der in Klausenburg eine
eigene Buchdruckerei unterhielt, Franz David, der Führer der sieben-
bürgischen Unitarier, und vor allem Peter Bornemissza. Dieser hatte in
Deutschland studiert und war dann auch in Frankreich und Italien herum-
gekommen. Neben Dramen, Flugschriften u. a. verfaßte er vor allem
Predigten, die er in fünf mächtigen Foliobänden in eigener Druckerei her-
ausgab. Diese Predigten, denen der Verfasser seine Wirkung auf die
Zeitgenossen und seinen Ruhm in der Nachwelt verdankt, beschränken
sidi nicht nur auf religiöse Ermahnungen und theologische Erörterungen,
sondern sie sind das subjektive Spiegelbild seiner reichen und vollen,
aber ungestümen und leidenschaftlichen Persönlichkeit. Er war der erste
madjarische Prosaschriftsteller, aus dessen Welt der Verfasser als Mensch
von Fleisch und Blut sichtbar wird. Seine Beredsamkeit arbeitete nicht
mit dem BeispielstofT gelehrter Vorgänger, sondern schöpfte aus der Fülle
eigener Erfahrungen und Erlebnisse. So breitet sich vor dem Hörer und
Leser dieser Predigten das abenteuerlich-wechselvolle Leben des Ver-
fassers aus: Seine Reisen und Irrfahrten, seine Familienkatastrophen,
seine Gewohnheiten, seine Freunde und Hausgenossen. Wie Martin
Luther, so nahm er sich die gesprochene Volkssprache zum Muster, in
deren bildhaften Reichtum er je und je den glücklichen Griff zu tun
wußte. Obwohl er sich an ausländischen Universitäten eine überlegene
wissenschaftliche Bildung erworben hatte, verharrte er sein ganzes Leben
hindurch in den gläubigen Anschauungen seines Volkes. Der Teufel war
auch ihm die große widergöttliche Versuchermacht, deren Uberwindung
ihm selbst wie jedem einzelnen Menschen als Aufgabe gestellt war. Auch
in manchen abergläubigen Lehren blieb der große Prediger trotz der
Höhe seiner Bildung befangen. Dadurch sind seine Predigten auch eine
wichtige Quelle für die Erkenntnis von Volksleben und Volksglauben im
damaligen Ungarn.
Im 16. Jahrhundert spielten die Katholiken in der madjarischen Lite-
ratur noch keine Rolle. Die religiösen Streitigkeiten wurden von den ver-
300 Peter Päzminy

schiedenen protestantischen Parteien untereinander ausgetragen. Z u -


nächst kämpften die Lutheraner mit den Kalvinern, dann beide gegen die
Unitarier.
D a n n trat als literarischer Vorkämpfer der katholischen Sache Miklös
Jelegdi auf. Als Bauernbursche in Bihar geboren, stieg er in der geist-
lichen Laufbahn bis zum Bischof von Fünfkirchen auf. Durch seine über-
legene Gemessenheit, Überzeugungskraft und durch die klare Sprache
errang er eine noch stärkere W i r k u n g als Bornemissza. Mit Telegdis
Tätigkeit setzte die Gegenreformation in Ungarn ein. Ihre wichtigsten
Träger wurden auch hier die Jesuiten. Z u Ende des 16. Jahrhunderts
übernahmen sie unter königlichem Schutze die Leitung der Schule von
T y r n a u (Nagyszombat, in der westlichen Slowakei), die von nun an der
geistige Mittelpunkt des ungarländischen Katholizismus wurde.
Unter den Jesuiten ragte bald Peter Väzmäny (1570—1637) hervor.
Er war der Söhn einer kalvinischen Adelsfamilie aus Bihar u n d w a r zeit-
lebens auf diese seine Abstammung stolz. Noch in späteren Jahren be-
tonte er es, daß seine Ahnen „angesehene Hochadelige des Landes"
waren. In kürzester Zeit legte er eine glänzende Laufbahn zurück. Er
war Jesuitenschüler, Theologe in Rom, Professor in Graz, Fürstprimas
in Ungarn (seit 1616) u n d Kardinal (1629). Durch die gewaltige Macht
seiner Persönlichkeit, in der sich die hinreißende Kraft der Rede mit tiefer
Bildung, mit sittlicher Lauterkeit des Charakters und mit einem glühen-
den Eifer paarte, hat er die Gegenreformation in Ungarn zum Siege ge-
führt. Er gründete in Wien eine nach ihm benannte theologische Anstalt
(Pazmaneum 1623), Priesterseminarien z u Preßburg, T y r n a u u n d Sath-
mar, dann in T y r n a u eine katholische Universität, deren Leitung die
Jesuiten übernahmen (1635), und ebendort eine Universitätsdruckerei,
die die einzige katholische Druckerei Ungarns war. Durch seine W i r k -
samkeit als Seelsorger, Prediger, Schriftsteller u n d Kirchenfürst gelang
es ihm, nach u n d nach dreißig hochadelige Familien dem Katholizismus
zurückzugewinnen.
Päzmänys Schriften hatten in ganz Ungarn eine gewaltige W i r k u n g .
Der hinreißenden Sprache, über die dieser große Prediger u n d Schrift-
steller verfügte, hatten die Protestanten nichts Gleichwertiges entgegen-
zustellen. Das neue sieghafte Selbstbewußtsein und der Angriffswille der
Gegenreformation spricht aus allen seinen Schriften. Sein bedeutendstes
W e r k ist: „Der Führer zur göttlichen W a h r h e i t " (1613), das unerreichte
W e r k der madjarischen polemischen Literatur. Darin gab er eine apolo-
Vordringen der Gegenrefoittiation in Ungarn 301

getische Darstellung der katholischen Glaubenslehre und eine scharfe


Kritik der entgegenstehenden reformatorischen Lehren. Das ganze theo-
logische Wissen jener Zeit spiegelt sich in diesem Werke.
*

Die Wirksamkeit Päzmänys brachte der Gegenreformation das Über-


gewicht in Ungarn. Auf dem Reichstage zu Preßburg (1619) waren die
katholischen Stände zum ersten Male wieder in der Mehrheit und konn-
ten einen katholischen Palatin wählen. Die von Päzmäny gegründete
Universität, die später nach Pest verlegt wurde, wurde die geistige Hoch-
burg des Katholizismus. Die Protestanten besaßen keine eigene Univer-
sität, ihre Oberschicht geriet dadurch in Gefahr, der neuen katholischen
Bildungsschicht unterlegen zu werden. Dazu kam noch, daß die Habs-
burger als ungarische Könige den Fortgang der Gegenreformation mit
Hilfe aller politischen Mittel, auch mit gewaltsamen Maßnahmen förder-
ten. Religiöse und politische Anschauungen und Parteiungen waren da-
mals unlöslich miteinander verquickt. Die Protestanten waren überall
Gegner des habsburgischen Zentralismus. Die Habsburger sahen darin
Grund genug, die Protestanten als staatsgefährlich und reichsfeindlidi zu
verdächtigen und ihnen unter solchen politischen Anklagen auch die freie
religiöse Betätigung zu erschweren und praktisch unmöglich zu machen,
oder gar grundsätzlich und in aller Form zu verbieten. So wurden zahl-
reiche deutsche protestantische Städte in Ungarn entrechtet. Sie ver-
loren ihre Selbstverwaltung, ihre Regierung wurde kaiserlichen Kommis-
saren übergeben. Mancherorts wurden auch die städtischen Kirchen den
Protestanten gewaltsam weggenommen und den Katholiken überwiesen.
Der Protestantismus sank zu einer bloß geduldeten Konfession herab.
In den deutschen Städten der Slowakei (Zips und „Bergstädte") setzte
die Tätigkeit der Gegenreformation erst in den siebziger Jahren des
17. Jahrhunderts ein. Jesuiten und andere Orden leisteten die Vorarbeit,
durchgeführt wurde die katholische Restauration dann von dem Zipser
Propst Georg Barsony. Die Maßnahmen der Rekatholisierung waren hier
zum Teil ebenso gewaltsam wie in Westungarn und in derselben Weise
politisch verkleidet. Die meisten protestantischen Prediger wurden aus
dem Lande vertrieben. Sie wandten sich vor allem nach Schlesien und
Sachsen, wohin die deutschen Städte der Slowakei seit alters enge Be-
ziehungen unterhalten hatten. Dort entstand nun aus der Feder dieser
„Exulanten" ein umfangreiches Schrifttum, das großenteils aus auto-
302 Gegenreformation in Siebenbürgen

biographischen Erzählungen des mühseligen Predigerlebens 'besteht.


Form und Inhalt dieser zahlreichen Predigerleben, die als Flugschriften
im protestantischen Norddeutschland verbreitet wurden, sind fast stets
gleichbleibend. Sie schildern in der schwulstigen Barockprosa der Zeit —
mit vielen formelhaft abgegriffenen Bildern und mit gemütstiefer Red-
seligkeit — die leidvollen Erlebnisse armer heimatvertiiebener Prediger.
Die eigenen Geschicke und der Gang der großen Welt weiden in das
übernatürliche Licht der biblischen Betrachtung hinaufgehoben.
In Ungarn kam die katholische Restauration um das zweite Jahrzehnt
des 18. Jahrhunderts zum Abschluß. Um die Mitte dieses Jahrhunderts
besaßen die Jesuiten eigene Schulen in folgenden deutschen Städten:
Güns, Oeden'burg, Preßburg, Neusohl, Schemnitz, Leutschau und
Preschau (Eperies).
In Siebenbürgen begann die Gegenreformation erst noch später und
noch schwächer zu wirken. Im 17. Jahrhundert konnte sich das sieben-
bürgisch-sächsische Geistesleben noch vollständig frei entfalten. Freilich
litt es auch unter den ständigen Kämpfen jener Zeit. Die Vereinigung
mit Habsburg (1686 bzw. 1697), die von den Siebenbürger Sachsen
anfangs mit Hoffnung auf eine bessere Zukunft begeistert begrüßt wor-
den war, brachte weitere Erschwerungen. Die überlieferten Rechte der
Sachsen wurden verkürzt. Mit dem Einsetzen der Gegenreformation
begannen auch Versuche, die religiöse Freiheit zu beschränken, was die
Siebenbürger Sachsen nach der bisherigen Religionsfreiheit schmerzlich
empfinden mußten. Freilich hatten die Rekatholisierungsversuche bei den
Siebenbürger Sachsen überhaupt keinen Erfolg. Auch das sächsische
Geistesleben blieb davon unberührt.
Der' ungarländisch-deutsdie Protestantismus geriet im Laufe des
17. Jahrhunderts mehr und mehr in eine schwierige Lage. Auch die wirt-
schaftlichen und sozialen Verhältnisse der von Deutschen bewohnten
Städte veränderten sich völlig. Das protestantische Deutschtum war ge-
nötigt, zur Verteidigung seiiner bedrohten Stellung stets auf der Hut zu
sein. Daher gewährten die deutschen protestantischen Städte auch den
national-madjarischen Widerstandsbewegungen und Aufständen gegen
Habsburg ihre Unterstützung, weil sie darin eine Verteidigung der
gemeinsamen protestantischen Sache gegen den Angriff der Gegen-
reformation sahen. So konnten die national-madjarischen Vorkämpfer
Stephan Bocskay, Gabriel Bethlen und die Fürsten Räkoczy bei ihren
Aufständen sich auf die wirtschaftlichen Kraftquellen der, deutschen
Verfall der ungarländisdi-deutsdien Städte 303

Städte Oberungarns stützen, deren protestantische Bürger in diesen


madjarischen Führern die Verfechter konfessioneller Freiheit verehrten.
Dieses Bündnis deutscher und madjariischer Protestanten gegen die habs-
burgische Gegenreformation ließ den Protestantismus in den Augen der
Wiener Regierung erst recht als reichsfeindlich erscheinen. Das Mißtrauen
auf beiden Seiten steigerte die vorhandenen Gegensätze zu immer größe-
rer Schärfe. Zur Unterdrückung des „politischen Protestantismus" wandte
der Wiener Hof gewaltsame Mittel an: politische Verfolgungen und
Prozesse, die Entrechtung der deutschen Städte — so durch Einsetzung
kaiserlicher Kommissare oder durch die Verleihung des Nieder-
lassungsrechtes an katholische Slowaken. Dieser Druck zerstörte unauf-
haltsam Macht und Wohlstand der deutschen Städte, deren Kräfte schon
infolge der schweren Opfer und Verluste während der Türkenkriege und
der madjarischen Aufstände zusammengeschmolzen waren. Dazu kam
das Gefühl der politischen Unsicherheit gegenüber diesem habsburgischen
Staat. So kam es, daß das Deutschtum der ungarländischen Städte jetzt
in Verfall geriet. Dem mächtigen Aufschwung während der ersten Jahr-
zehnte der Reformation folgte seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts der
Stillstand und dann — ein Menschenalter später — der Verfall. Der
Kampf, den die deutschen protestantischen Städte einzeln — fast jede
für sich allein — gegen die habsburgische Gegenreformation, das mad-
jarische Nationalbewußtsein und die Volkskraft der Slowaken und
Rumänen durchzukämpfen hatten, war auf die Dauer zu schwer. Die
Kräfte des Deutschtums wurden zerrieben. In die deutschen Bürgerstädte
drangen Madjaren und Slowaken ein. Und an den Rändern der
deutschen bäuerlichen Siedlungsinseln bröckelte es ebenfalls ab. Seuchen
und anderes Naturverhängnis machten die Not der deutschen Städte
noch größer. So wurden gegen Ende des 17. Jahrhunderts die deutschen
Städte Oberungarns von der Pest verheert. Die Reihen der Bürger wurden
damals grausam gelichtet. Erst im zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts
trat in den deutschen Städten wieder eine gewisse Besserung ein.

Träger des deutsch-protestantischen Geisteslebens in Ungarn waren


die deutschen Schulen. Die herrschende Schulform war die meist sechs-
klassige Lateinschule, die Vorläuferin des heutigen Gymnasiums. Die
Blütezeit dieses Schulwesens füllt noch den größten Teil des 17. Jahr-
hunderts aus. Mit der Zurückdrängung des Protestantismus unter dem
Druck der Gegenreformation war es dann auch um das protestantische
Schulwesen geschehen. Viele Schulen wurden geschlossen, die Lehrer
304 Geistige Folgen der Reformation

vertrieben und an ihre Stelle traten die vorzüglichen Schulen der Jesuiten
und Piaristen. Diesen vermochte der zusammengeschrumpfte und er-
schöpfte Protestantismus auch dann nichts Ebenbürtiges mehr entgegen-
zustellen, als sich um die Mitte des 18. Jahrhunderts wieder eine Mög-
lichkeit zu freier Betätigung eröffnete.

Die Auswirkungen von Reformation und Gegenreformation auf die


Schicksale des Deutschtums im Vielvölkerraum Südosteuropa war nach
Landschaften und Zeitabschnitten recht verschiedenartig. Für den ganzen
Raum und für die zweieinhalb Jahrhunderte von der Ausbreitung der
Reformation bis zum Toleranzedikt Josephs II. läßt sich nur in sehr vor-
sichtiger Weise ein allgemeines Bild geben.
Die deutsche Reformation hat einen mächtigen Strom neuer Gedan-
ken nach dem Südosten geführt. In dem Deutschtum Südosteuropas
wurden dadurch ungeahnte geistige Kräfte ausgelöst. Das deutsche
Schrifttum, das deutsche Schulwesen und das deutsche Theater erlebten
ihren großen Aufschwung. Von den deutschen Städten aus fanden die
neuen Gedanken dann den Weg zu den umwohnenden Völkern, ge-
tragen durch Übersetzungen deutscher reformatorischer Werke. Das
deutsche Geistesleben gewann dadurch plötzlich einen breiten fremd-
völkischen Resonanzboden. Die jungen Völker des Südostens erhielten
überhaupt erst unter dem Einfluß der Übersetzungsliteratur reformato-
rischer Schriften eigene Schriftsprachen, oder wo solche schon bestanden,
wurden sie weiter vervollkommnet. Die Entwicklung eiiner eigenen
Schriftsprache aber bedeutete bei allen diesen jungen Völkern einen
mächtigen Aufschwung des völkischen Selbstbewußtseins.
Die habsburgische Gegenreformation hat diesem Zustrom reformato-
rischer Gedanken und dem bewunderungswürdigen Aufschwung des
reformatorischen Geisteslebens in den deutschen Städten Böhmens,
Mährens, Ungarns und Siebenbürgens ein Ende gemacht. Damit ist
freilich die Führungsrolle des deutschen Einflusses im Vielvölkerraum
Südosteuropa nicht beseitigt worden. An die Stelle der deutsch-prote-
stantischen Kultur trat nunmehr die Kultur des habsburgischen Staates,
die in ihren wesentlichen Elementen ebenfalls durch eine deutsche Ober-
schicht bestimmt war (unten S. 313). Die Gegenreformation hat daher
den deutschen Einfluß nicht beseitigt, sondern nur seine Form, seine
Richtung und seine Zielsetzung verändert.
Gegenreformation bei den Südslawen 305

Aber auch dem deutschen Volkstum in Südosteuropa hat das Zeitalter


der Gegenreformation mittelbar eine weitere Stärkung gebracht. Denn in
einem gewissen — wenn auch lockeren — Zusammenhang mit der Gegen-
reformation stand auch die große habsburgische Siedlungspoltitik des
18. Jahrhunderts.
*

Besonders tief drang die Gegenreformation bei den Südslawen vor.


Die Slowenen hatten durch den Anschluß an die Reformation auf dem
Wege über eine reformatorische öbersetzungsliteratur eine eigene
Schriftsprache erhalten, die sich auch nach dem Siege der Gegenrefor-
mation behauptete. Die Kroaten hatten sich aus dem politischen Gegen-
satz gegen den deutschen Einfluß der deutschen Reformation verschlossen.
Der katholischen Restauration öffneten sie dann um so bereitwilliger die
Tore. Kroatien wurde im östlichen Europa eine der wichtigsten Stützen
der Gegenreformation, die von hier aus in der einen Richtung nach Un-
garn, in der anderen Richtung quer durch den türkischen Balkan bis nach
Bulgarien vordrang. Träger der Gegenreformation waren neben den
Jesuiten die Franziskaner. Die Jesuiten wirkten mehr auf habsburgischem
Boden, die Franziskaner mehr im osmanischen Machtbereich. Schrift-
steller aus beiden Orden haben ein umfassendes südslawisches Schrift-
tum hervorgebracht.
Die Gegenreformation verwandte viele Kräfte auf das Jllyrtcum
sacrum". 1580 wurde in Loreto ein eigenes von den Jesuiten geleitetes
„Collegium Illyricum" zur Heranbildung südslawischer Priester gegrün-
det. Die Stadtrepublik Ragusa (Dubrovnik) wurde ein Mittelpunkt des
gegenreformatorischen Geisteslebens. Die goldene Zeit der ragusanischen
Literatur (Gundulitsch) war getragen von dem geistigen Schwung der
Gegenreformation. Ebenso wichtig war die Tätigkeit der Franziskaner.
In Bosnien haben diese durch ihre Tätigkeit als Schriftsteller und Über-
setzer einen wesentlichen Beitrag zur Herausbildung einer einheitlichen
serbokroatischen Schriftsprache geleistet. Sie übernahmen die Mission
im ganzen osmanischen Gebiet bis nach Bulgarien hinüber, wo ihnen die
Gewinnung der Paulikianer gelang. Auch auf Orthodoxe und Muslimanen
war die religiöse Literatur der Franziskaner nicht ohne Einfluß. Die
schlichten serbokroatischen Drucke, die damals von der römischen Pro-
paganda-Kongregation herausgegeben und von den Franziskanern ver-
breitet wurden, bilden die bescheidenen ersten Anfänge einer neuzeit-
20 Stadtmüller, Geschichte Südosteuropas
306 Rumänische Kirchenunion

liehen bulgarischen Literatur. Diese Wirksamkeit der Franziskaner im


Zeitalter der Gegenrefonmation hat die cyrillische Schrift nicht, wie viel-
fach behauptet wurde, zurückgedrängt, sondern vielmehr gerade diese
Schriftart wegen ihrer Verbreitung bis hinüber zu den Bulgaren beson-
ders gefördert. Die bosnischen Franziskaner haben die cyrillische Schrift
erst im 19. Jahrhundert gegen die lateinische Schrift aufgegeben.
Die Schaffung einer gemeinsamen serbokroatischen Schriftsprache war
eine bleibende Leistung der Gegenreformation auf südslawischem Ge-
biete. Die Protestanten hatten für ihre Schriften den tschakawischen
Dialekt angewandt, die älteste Literatur der Gegenreformation schrieb
die dalmatinische Mundart. Der Jesuit Bartul Kaschitsch (Bartholomäus
Cassius), der Übersetzer und Verfasser zahlreicher Werke, wurde der
Schöpfer dieser neuen serbokroatischen Schriftsprache. Seine Heimat-
mundart war das Tschakawisch-Dalmatinische. In seinen Werken wandte
er jedoch die schtokawische Mundart an, und zwar nicht die literarisch
ausgebildete von Ragusa, sondern die bosnisch-herzegowinische, die ihm
wegen ihrer weiten Verbreitung als die verständlichste erschien. Seitdem
wurde die tsdhakawische Literatursprache Ragusas langsam zurückge-
drängt und verschwand schließlich völlig aus dem literarischen Gebrauch.

Die katholische Restauration im Bunde mit der kaiserlichen Politik zielte


auch auf die kirchliche Wiedervereinigung der orthodoxen Serben,
Rumänen (Walachen) und Ukrainer (Ruthenen) mit Rom. Der einfluß-
reiche Förderer dieser Unionsbemühungen war Leopold Graf von Kollo-
nitsch, Erzbischof von Gran und Kardinalprimas von Ungarn.
Unter den Serben Slawoniens und Südungarns konnte die Union freilich
keine Wurzel fassen. Anders war es bei den Rumänen Siebenbürgens, wo
sich seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die rumänische Kirchen-
sprache durchgesetzt hatte. Im Jahre 1697 unterzeichnete der rumänische
Bischof Theophilus von Weißenburg (Alba Julia) eine Unionserklärung,
der sich dann auch sein Nachfoger Athanasius anschloß (1698 und 1700").
Durch diese Union wurden nahezu 200 000 Rumänen für die römische
Obödienz gewonnen. Im Jahre 1721 wurde das unierte Bistum Fogarasch
gegründet, dessen Bischöfe — vor allem Bischof Klein (Micu) — die Vor-
kämpfer der rumänischen Volksrechte wurden.
Junge siebenbürgische Rumänen wurden nun zum Theologiestudium
nach Rom geschickt, von wo sie als nationale Erwecker ihres Volkes
Kirchenunion in der Karpaten-Ukraine 307

zurückkehrten. In Siebenbürgen entstanden unierte Schulen und Drucke-


reien. Blasendorf (Blaj, Baläzsfalva) wurde zum geistigen Mittelpunkt
der siebenbürgischen Rumänen. Kaiserin Maria Theresia förderte alle
diese Bestrebungen durch Bereitstellung von Mitteln. Auf ihre Anregung
wurde im Jahre 1777 ein zweites uniertes Bistum in Groß wardein
errichtet.
Die Ukrainer in den nordöstlichen Grenzlandschaften Ungarns (Kar-
paten-Ukraine) hatten sich schon früher der römischen Kirche an-
geschlossen. Unter der Herrschaft des Kalviners Gabriel Bethlen (1613
bis 1629) lockerte sich dann dieser kirchliche Zusammenhang, ohne daß
er völlig abriß. Nachdem der Bischof von Munkäcs (Mukacevo) Peter
Parthenius bei der Feier eines ungarischen katholischen Nationalkonzils
zu Tyrnau (1649) den Wunsch nach der Union ausgesprochen hatte,
wurde diese am 24. April 1649 zu Ungvär (Uzhorod) unterzeichnet. Im
Jahre 1692 wurden die ruthenisch-unierten Geistlichen durch ein Man-
dat Kaiser Leopolds I. den katholischen gleichgestellt. Diese Entwicklung
kam zum Abschluß durch die Gründung eines unierten Bistums Munkäcs
(1771).
*

Die Gegenreformation hat auch die geistigen Einheitsbestrebungen


der Reformation als Erbe übernommen. Aber sie ging darüber hinaus.
Sie hat ein eigenes gegenreformatorisches Geschichtsbild und Geschichts-
bewußtsein geschaffen. Dadurch, daß sie die gesamte slawische Ge-
schichte in dem verklärenden Lichte der katholischen Missionsidee sah
und bis nach Moskau hinüber reichende Unionsbestrebungen ins Auge
faßte, löste sie, ohne es zu wissen und zu wollen, in der slawischen
Ideengeschichte tiefverborgene Triebkräfte aus, die dann bald auch in
den politischen Bereich hinüberzuwirken begannen. Die Gegenrefor-
mation hat bei den Südslawen den Gegensatz zu den Deutschen aus-
gespielt und mancherorts mit Überlegung an die Gemeinsamkeit aller
slawischen Völker appelliert. Der Katholizismus wurde als die nationale
Religion der Slawen zum Unterschied von der Reformation als der Re-
ligion der Deutschen hingestellt. So keimten aus gegenreformatorischer
Wurzel die ersten Anfänge des Panslawismus empor, der dann im 19. Jahr-
hundert die Herrschaft über das politische Denken aller slawischen Völ-
ker gewann. Der kroatische Jesuit Jurij Xrisdhanitsdh (1618—1683) war
der Schöpfer dieses gesamtslawischen Geschichtsbewußtsems im Zeichen
an •
308 Jurij Krischanitsch

der Gegenreformation. In seinen Schriften vertrat er den Gedanken einer


notwendigen kirchlichen Union Rußlands mit Rom. Er betrachtete die
Russen als Verführte der schismatischen Griechen und wies in ausführ-
licher Darlegung die Beleidigungen zurück, die von den Griechen der
römischen Kirche und „uns Slawen" angetan wurden. Die Gesamtheit
der Slawen nannte er „Slovenci, Slovinci", die Südslawen „zadunajski
Stovenci" (d. h. „Slawen jenseits der Donau"). Das von Krisdianitsch
aufgestellte Programm einer Einigung aller slawischen Völker gegen die
Deutschen im Westen und die Turkotataren im Osten beschränkte sich
freilich darauf, allgemeine ideelle Forderungen aufzustellen, und vermied
es durchaus, zu den Fragen der Gegenwartspolitik Stellung zu nehmen.
So leitete die Gegenreformation in der geistigen und völkischen Ent-
wicklung der Südslawen ein neues Zeitalter ein. Was nun begann, war
noch nicht ein Höhepunkt der südslawischen Geschichte, aber doch eine
Zeit fruchtbarer Vorbereitung, ohne die der spätere Aufstieg gar nicht
denkbar wäre. Die nächste Stufe in der geistigen und politischen Auf-
wärtsentwicklung der südslawischen Völker konnte an das anknüpfen,
was die Gegenreformation bereits erreicht hatte: die serbokroatische
Schriftsprache und Literatur und das neue Bewußtsein der Schicksals-
verbundenheit aller slawischen Völker.

So hat sich die Gegenreformation bei den jungen Völkern Südost-


europas in dreifacher Weise ausgewirkt: in der Zurückdrängung und
Unterdrückung des Protestantismus, in der Gewinnung orthodoxer Volks-
kirchen für die Union mit Rom und in der weiteren Steigerung des
nationalen Selbstbewußtseins.
Kapitel 20

Der S t a a t der Habsburger

In den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts sind die Habsburger


•zur Höhe der Weltmachtstellung emporgestiegen. Das habsburgische
Haus, noch im 14. Jahrhundert eine bescheidene süddeutsche Landes-
herrschaft, gewann in Karl V. den spanischen Thron (1516) und zugleich
clie römisch-deutsche Kaiserkrone (1520). Und wenig später — im Jahre
1526 — erweiterte sich die habsburgische Hausmacht durch Erwerbung
von Böhmen und Ungarn zum Donaustaat. Schon im Spätmittelalter war
der ganze Donauraum einmal unter einer einzigen Herrschaft zusammen-
gefaßt worden. Der ungarische König Matthias Corvinus (1458—1490)
hatte seinem ungarischen Königreich noch die böhmischen und öster-
reichischen Länder hinzuerworben. Doch blieb dieses Donaureich unter
ungarischer Führung nur ein kurzlebiges Zwischenspiel. Nach dem Ein-
fall der Osmanen und der ungarischen Katastrophe bei Mohäcs (1526)
brachte dann die Wahl des Habsburgers Ferdinand I. zum ungarischen
König die Personalunion zwischen den österreichischen Ostalpenländern,
Böhmen und Ungarn. So entstand die Schicksalsgemeinschaft der Donau-
völker unter deutscher Führung.
Die habsburgische Monarchie stellte eine gewaltige Zusammenballung
von Machtmitteln dar. Dem entsprach freilich auch die Last der politi-
schen Aufgaben. Das römische Kaisertum verpflichtete im Sinne des
mittelalterlichen Weltbildes zur Niederwerfung der kirchlichen Neue-
rungen, die mit der Reformation hervortraten. Und die tatsächliche Lage
der habsburgischen Hausmacht — einerseits am Oberrhein und in den
Niederlanden, andererseits an der Donau — hat zu einem jahrhunderte-
langen Zweifrontenkrieg gegen die Osmanen und gegen Frankreich ge-
nötigt. Darin lag die große deutsche Leistung Habsburgs. Es hat nicht
nur Deutschland und das Abendland vor der türkischen Gefahr be-
schützt, sondern es hat auch vom 16. Jahrhundert bis zum Ende des
18. Jahrhunderts im Westen den Verteidigungskampf gegen die franzö-
sische Expansionspolitik geführt. Die Erfüllung dieser gewaltigen Auf-
gaben macht den Inhalt der habsburgischen Außenpolitik aus.
310 Herausbildung des habsburgischen Donaustaates

Die Verbindung der habsburgischen Hausmacht mit dem römisch-


deutschen Kaisertum hat es mit sich gebracht, daß die Habsburger so-
wohl dem Reiche als ihrem eigenen Hausmachtstaate dienen mußten.
Daher war es zu allen Zeiten die Grundfrage der habsburgischen Außen-
politik, wie die Verpflichtung gegenüber dem Reiche in Einklang mit
den Interessen des eigenen Hausmachtstaates gebracht werden könne.
In seinen Anfängen — im 16. Jh. — blieb der österreichische Staat noch
im Schatten von Spanien und im Rahmen der habsburgischen Welt-
monarchie. Von der Auseinandersetzung mit Frankreich wurde Öster-
reich damals nur mittelbar berührt. Offensichtlich wog in dem politischen
Bewußtsein des damaligen Österreich der deutsche Kaisergedanke noch
schwerer als der österreichische Staatsgedanke. Im 17. Jh. vollzog sich
dann — nach dem Abstiege der spanischen Weltmacht — im großen
Zweifrontenkrieg gegen Frankreich und die Osmanen der machtvolle
Aufstieg des „Hauses Österreich". Nunmehr trat der österreichische
Staatsgedanke hervor und gewann mehr und mehr das Übergewicht über
den deutschen Reichsgedanken.
*

Für Österreich stand die türkische Gefahr zunächst durchaus im Vor-


dergrunde. 1526 hatten die Osmanen das ungarische Heer bei Mohäcs
geschlagen und den Großteil Ungarns erobert. König Ludwig II. von
Ungarn und Böhmen war nach dieser Schlacht umgekommen. Nach einem
Erbvertrag folgte ihm derHabsburgerFerdinandl.auf dieThroneUngarns
und Böhmens. Das Jahr 1526 ist daher das Geburtsjahr der österreichi-
schen Großmacht. Die Habsburger mußten jetzt die Verteidigung des
Abendlandes gegen die Osmanen übernehmen, die bereits im J. 1529 vor
Wien erschienen. Die Belagerung scheiterte. Nun folgten anderthalb Jahr-
hunderte hindurch fast ununterbrochene Kämpfe. 1568 wurde der Friede
von Adrianopel geschlossen, zu dessen Bedingungen man in der Folge-
zeit trotz aller Vertragsbrüche doch immer wieder zurückkam. Im Frie-
den von Zsitvatorok (1606) gestand der Sultan dem Kaiser die politische
Gleichstellung zu, die er ihm bisher hartnäckig bestritten hatte. Zugleich
fiel die bisherige Jahrestributzahlung Österreichs an die Pforte weg. Das
war das Anzeichen, daß der Höhepunkt der türkischen Gefahr eigentlich
schon vorüber war. Das nächste große Ereignis in der Entwicklungsge-
schichte des habsburgischen Staates war die Schlacht am Weißen Berge
(1620), die das Ende der böhmisch-mährischen Eigenstaatlichkeit brachte
Albrecht von Wallenstein 311

(oben S. 293). Die Niederlage der böhmischen Stände in der Schlacht am


Weißen Berge bedeutete den Sieg der Krone über die Stände und des
Einheitsstaates über die Sonderrechte der auseinanderstrebenden Länder,
den Triumph der alten Kirche über die reformatorische Glaubensneue-
rung. Das Ende der böhmisch-mährischen Eigenstaatlichkeit und die
Gleichstellung Böhmens und Mährens mit den anderen österreichischen
Ländern wurde durch die „Verneuerte böhmische Landesordnung" von
1627 verfügt. Diese Wende in der staatlichen Entwicklung fand ihren
Ausdruck in der Umgestaltung der österreichischen Zentralverwaltung.
Seit jener Zeit werden die österreichischen Staatsbehörden klar von den
kaiserlichen Reichsbehörden unterschieden. Der habsburgische Donau-
staat wurde zentralistischer ausgestaltet. Der mittelalterliche Reichsge-
danke begann hinter dem neuzeitlichen Staatsgedanken zurückzutreten.

Dem emporstrebenden österreichischen Staat erwuchs damals ein


großer Staatsmann und Feldherr: Albrecht von Wallenstein (1583 bis
1634). Als Staatsmann ließ er sich von einer durchaus gesamtdeutschen
Auffassung leiten. Was ihm als Ziel der Reichsemeuerung vor Augen
schwebte, war die Aufrichtung einer starken kaiserlichen Zentralgewalt.
Im Dienste dieses Gedankens unternahm er den entschlossenen Versuch,
durch die Zusammenfassung der ostdeutschen Gebiete eine mächtige
Länderbrücke von der Ostsee bis zur Adria im Süden zu schaffen.
Dieses weite Gehiet in der Hand des Kaiserhauses sollte durch sein
Übergewicht über die auseinanderstrebenden deutschen Einzelfürsten
die Reichseinheit nach innen sichern und zugleich einen Schutzwall
nach Osten 'darstellen. Ein mächtiger ostdeutscher Staat der Habs-
burger sollte Gebieter auf der Ostsee und auf der Adria sein. Daher
schien die Vernichtung der schwedischen Ostseeherrschaft und die Ein-
gliederung Venedigs in den habsburgischen Machtbereich unentbehrlich.
Der Hausmachtstaat der Habsburger in der riesenhaften Ausdehnung,
wie ihn Wallenstein plante, hätte beide Bekenntnisse umspannt und wäre
stark genug gewesen, um die deutsche Reichseinheit gegen alle Kräfte
der Zwietracht zu behaupten und die vereinigte Macht aller deutschen
Stämme zu einem entscheidenden Feldzug gegen den türkischen Erbfeind
der Christenheit einzusetzen. So wäre mit der habsburgischen und deut-
schen Sache zugleich auch die Sache des christlichen Abendlandes zum
Siege geführt worden. In dem Wallensteinschen Plan der Reichserneue-
312 Österreich und die Türkengefahr

rang war für den Gedanken, die Einheit des religiösen Bekenntnisses
durch staatliche Maßnahmen der Rekatholisierung zu verwirklichen, kein
Raum. Die Idee der Reichseinheit stand diesem Böhmen, der in seinem
eigenen Lebenswege die beiden sich grimmig befehdenden Bekenntnisse
durchschritten hatte, höher als alle kirchlichen Erwägungen. Es war dies
eine der Ursachen, aus denen die Entfremdung zwischen Wallenstein
und seinem kaiserlichen Herrn erwuchs.
Wallensteins Traum und Sehnsucht von einer starken deutschen
Reichsgewalt ging nicht in Erfüllung. Der Dreißigjährige Krieg und der
unwürdige Westfälische Friede (1648) bedeuteten im Gegenteile den
endgültigen Todesstoß für den alten Reichsgedanken. Zwei fremde
Großmächte drangen tief in das Reich ein: Frankreich am Rhein, Schwe-
den an der Ostsee. Das Haus Österreich — domus Austriae, wie es seit
jener Zeit heißt — zog sich nun mehr und mehr auf seine Hausmacht
zurück und wandte alle Kräfte dem Ausbau seines Donaustaates zu.
*

Das Ansehen des Deutschen Reiches war bei den Nachbarvölkern im


Südosten während der kirchlichen Kämpfe mehr und mehr verblaßt. In
ihrem politischen Bewußtsein trat der habsburgische Hausmachtstaat an
die Stelle des Deutschen Reiches. Während die Einheit des alten Reiches
in den konfessionellen Wirren und Kämpfen auseinanderbröckelte, stieg
der neue habsburgische Gesamtstaat immer machtvoller auf.
Was die drei Hauptteile dieses habsburgischen Donaustaates — Öster-
reich, Böhmen, Ungarn — zusammenhielt, war zunächst die alle gleich-
mäßig bedrohende Türkengefahr. Das „Haus Österreich" begann im
politischen Bewußtsein des Abendlandes als „Vormauer der Christen-
heit" (Antemuraie dhristianitatis) zu gelten. Es wuchs an der Aufgabe
der Türkenabwehr zur Führung der Donauvölker empor. Im Laufe der
Jahrhunderte wurde dann die innere Einheit des habsburgischen Gesamt-
staates immer enger. Schon der erste gemeinsame Herrscher, Ferdinand I.
(1526—1564), richtete Zentralbehörden ein. Ferdinand II. (1619—1637)
verstärkte die Zusammenfassung des Gesamtstaates durch die Beseiti-
gung der böhmischen Eigenstaatlichkeit. Schwerer war die Einfügung
Ungarns in den habsburgischen Gesamtstaat. Sie ist auf verschiedenen
Wegen von Wien aus immer wieder angestrebt worden und niemals
völlig gelungen. Der Gedanke der ungarischen Eigenstaatlichkeit erwies
sich nach jeder Machtprobe mit der Dynastie schließlich doch als stärker.
Wien als kultureller Brennpunkt 313

Hand in Hand mit der inneren Festigung und Vereinheitlichung des


habsburgisdien Gesamtstaates ging sein Hinauswachsen aus dem „Hei-
ligen Römischen Reich". Aber Habsburg hat trotz der wachsenden Auf-
gaben im Donauraum seine Stellung und Verpflichtung im Deutschen
Reich weder aufgegeben noch vergessen. Auch im Westen hatte es die
Last der Reichsverteidigung gegen Frankreich zu tragen, das vom 16. bis
18. Jahrhundert mit den Türken zusammenarbeitete. Diese Leistung der
Reichsverteidigung ist um so erstaunlicher, als sie großenteils durch die
innerdeutschen konfessionellen Auseinandersetzungen gehemmt war.
Die deutsche Führung, unter der das habsburgische Vielvölkerreich
stand, mußte zwangsläufig zu einer erneuten starken Durchdringung der
Donauvölker mit der deutschen Kultur führen. Die deutsche Sprache war
die Amtssprache der gemeinschaftlichen Zentralregierung in Wien und
des kaiserlichen Heeres, das wie eine eiserne Klammer die verschiedenen
Völker des weiten Reiches zusammenhielt. Die Hauptstadt Wien wurde
zur Herzkammer alles geistigen und kulturellen Lebens. Auf dem Wege
über die Kaiserstadt, die schon im 16. Jh. eine der größten Städte Euro-
pas war, vollzog sich der geistige Verkehr des habsburgischen Reiches
mit der Außenwelt. In Wien erlebten alle fremden Kulturbeziehungen
zuerst ihre deutsche Umprägung, bevor sie von da in den habsburgi-
schen Ländern wirksam wurden. Diese europäische Vermittlungsaufgabe
Wiens wurde dadurch erleichtert, daß sich dort mit der Zeit auch die
geistige und politische Auslese des madjarischen und tschechischen Adels
versammelte. Der blendende Glanz der kaiserlichen Residenzstadt wirkte
wie ein Magnet, der auch das geistige und gesellschaftliche Leben der
Provinzen an sich zog.
Bis in die zweite Hälfte des 17. Jhs. war der habsburgische Staat im
Kampfe gegen die Osmanen in die Verteidigung gedrängt. Zwar hatte
der glänzende Sieg des Feldmarschalls Raimund Momtecuccoli (1609 bis
1680) bei St. Gotthard an der Raab (1664), dem der 20jährige Waffen-
stillstand von Eisenburg (Vasvär) folgte, Westungarn auf einige Zeit
gegen die Türken gesichert, doch folgte bald ein türkischer Angriff furcht-
barer als alle früheren. Im Juli 1683 erschien ein riesiges türkisches Heer
vor Wien. Die Stadt wurde von der Bürgerschaft und einer kleinen Be-
satzung unter Rüdiger Graf Starhemberg entschlossen verteidigt, während
der kaiserliche Hof nach Passau geflohen war. Ein christliches Entsatz-
heer, das zu drei Vierteln aus deutschen, zu einem Viertel aus polnischen
Truppen bestand, marschierte unter der persönlichen Führung des pol-
314 Türkenbelagerung Wiens 1683

nisdien Königs Johann Sobieski und unter dem Kommando des Herzogs
Karl von Lothringen heran und befreite durch den Sieg am Kählenberge
die schwer bedrängte Stadt von der türkischen Gefahr. Bei dieser Be-
lagerung von Wien zeigte sich nochmals die Stärke des gesamtdeutsdien
Reichsbewußtseins in glanzvoller Weise — über den trennenden Graben

der konfessionellen Verschiedenheit hinweg. Alle deutschen Stämme


waren durch ihre Streitkräfte an der Entsetzung Wiens und an den sieg-
reichen Kämpfen in Ungarn beteiligt.
Nach der Befreiung Wiens begann ein unaufhaltsamer Siegeszug der
österreichischen Waffen nach Südosten. 1686 wurde die ungarische Lan-
deshauptstadt Ofen erobert. Dann trat an die Spitze der siegreichen
Heere "Prinz Eugen von Savoyen (1663—1736), der italienischer Ab-
stammung und französischer Erziehung war, aber mit seinem politisdien
Bewußtsein als Feldherr und Staatsmann ganz in den Dienst am Deut-
schen Reiche und an seinem kaiserlichen Herrn hineinwuchs. Unter seiner
315
316 Rückeroberung Ungarns

Führung ist zu Ende des 17. Jahrhunderts der ganze mittlere Donau-
raum — das geschichtliche Großungarn — zurückerobert worden. Durch
den Sieg bei Zenta (1697) wurden die Osmanen genötigt, im Frieden
von Karlowitz (1699) die Abtretung Ungarns zuzugestehen.
Der Widerhall dieser ruhmvollen Waffentaten im Südosten des Rei-
ches war überall ungeheuer. Truppenteile aus allen Stämmen kämpften
in Ungarn mit, seit 1686 haben sich besonders die Brandenburger aus-
gezeichnet. Das Bewußtsein der nationalen Einheit aller Deutschen ist
damals — erst ein Menschenalter nach dem furchtbaren religiösen
Bruderkrieg — gegenüber dem äußeren Feind wiederum mächtig auf-
gelebt.
Die Rückeroberung Ungarns bedeutete eigentlich schon den Abschluß
in der Herausbildung des habsburgischen Donaustaates. Das weite Ge-
biet bis an die siebenbürgisdien Karpaten und das Eiserne Tor, ja zeit-
weilig noch darüber hinaus (Nordserbien, Kleine Walachei), wurde
diesem habsburgischen Gesamtstaate eingegliedert. Eine Anzahl neuer
Völker wurden damit Randvölker des Reiches: die Serben in Südungarn,
die Rumänen in Siebenbürgen, die Ukrainer in „Oberungarn" (Karpaten-
Ukraine). Der Schwerpunkt des Gesamtstaates verlagerte sich aus den
österreichisdien Erbländern in den ungarischen Raum. An diesem Bilde
des habsburgischen Donaustaates haben die beiden folgenden Jahr-
hunderte nur weniges geändert (1772 Erwerbung Galiziens, 1774 bzw.
1775 Erwerbung der Bukowina, 1878 bzw. 1908 Erwerbung von Bosnien
und Herzegowina).

Nach dieser Rückeroberung des mittleren Donauraumes entstand die


Frage, wie diese neugewonnenen Gebiete politisch zu ordnen und zu
regieren seien. Sofort zeigte sich wieder die ganze Schwere des ungari-
schen Problems, das von nun an die Hauptbelastung der habsburgischen
Innenpolitik bildet. Der Gegensatz zwischen Ungarn und Wien war
schon zwei Jahrhunderte alt. Die Geschichte der staatlichen Vereinigung
Ungarns mit den österreichischen Ländern war von allem Anfang an
die Chronik einer unglücklichen Ehe, die eigentlich ununterbrochen von
Mißtrauen und Eifersucht beherrscht war. Auch die gelegentlichen „Ver-
söhnungsszenen" hatten für die Dauer an diesem Verhältnis nichts
ändern können. Die Madjaren wachten mißtrauisch über die Unantast-
barkeit ihrer alten Eigenstaatlichkeit, die sie durch die zentralistisdi-
Habsburgischer Gesamtstaat und ungarische Eigenstaatlichkeit 317

gesamtstaatlichen Bestrebungen der Dynastie bedroht wußten. Darüber


kam es immer wieder zu nationalmadjarischen Erhebungen gegen die
Habsburger. Der jahrelange Aufstand des Franz II. Raköczy am Anfange
des 18. Jahrhunderts, der die Ausmaße eines regulären Krieges annahm,
wurde der größte und gefährlichste dieser Aufstände. Die ungarische
Staatsidee und das ungarische Staatsrecht in Einklang zu bringen mit
der habsburgischen Gesamtstaatsidee und dem österreichischen Gesamt-
staatsrecht, das wurde von nun an noch mehr als je die eigentliche
Lebensfrage der Monarchie, und daran ist sie schließlich zerbrochen.
Die ungarische Frage hatte schon ein Menschenalter früher zu einer
Machtprobe geführt. Nach dem Friedensschluß von Eisenburg (Vasvär)
(1664) schlössen sich einige Magnaten als Führer einer national-
madjarischen Bewegung zusammen, um Kaiser Leopold I. zur Achtung
der verfassungsmäßigen Eigenstaatlichkeit Ungarns zu zwingen. Der
Kaiser sollte gefangengenommen und dann zur Bewilligung der national-
madjarischen Forderungen genötigt werden: Gewährung der Religions-
freiheit, Zurückziehung der deutschen Söldnertruppen, Entlassung der
den Madjaren mißliebigen Ratgeber. Diese Verschwörung, in die neben
dem Palatin Franz Wesselenyi die Magnaten Nädasdy, Frangipani,
Tököly, Zrinyi und Räkoczy verwickelt waren, wurde aufgedeckt und
blutig unterdrückt (1671).
In Wien hat man verschiedene Wege zur Lösung der ungarischen
Frage versucht. Leopold I. (1658—1705) wollte Ungarn zu einem Kur-
fürstentum machen (wie Böhmen) und es so dem Verbände des „Heiligen
Römischen Reiches" einfügen. Die Verwirklichung des Planes, durch den
Ungarn auf die Stufe der anderen Erbländer herabgedrückt worden wäre,
scheiterte an dem erbitterten Widerstande des madjarischen Adels. Frei-
lich hat die Dynastie damals immerhin einen bedeutenden Erfolg erreicht:
der ungarische Reichstag mußte 1687 die Erbfolge der ungarischen Krone
im habsburgischen Mannesstamme anerkennen.
Nach der Rüdeeroberung Ungarns brachen die alten Gegensätze
unverhüllt aus. In Wien war man gewillt, das neugewonnene Gebiet als
eroberte Provinz zu beträchten und damit völlig nach eigenem Gutdünken
zu verfahren. In Ungarn aber stellte man sich auf den Boden des histo-
rischen Staatsrechtes und forderte die uneingeschränkte Achtung der
ungarischen Eigenstaatlichkeit. Der Widerstand gegen die zentralistischen
Bestrebungen Wiens war um so stärker, als damals die habsburgische
Staatskolonisation begann, massenhaft deutsche Kolonisten in den er-
318 Pragmatische Sanktion

oberten Gebieten Südungarns anzusiedeln. Man fürchtete — diese Ab-


sicht schrieb man dem Kardinal Kollonitsch zu — W i e n wolle „Ungarn
erst arm, dann deutsch und schließlich katholisch machen".
W i e groß damals der nationalmadj arische Widerstand gegen die habs-
burgische Herrschaft war, zeigte die große von Frankreich unterstützte
Erhebung unter Franz II. Räköczy, der sich die meisten Landschaften
Nord- und Ostungarns anschlössen. Vorübergehend schien es, als ob
ganz Ungarn den Habsburgern wieder verloren gehen werde (Unab-
hängigkeitserklärung von Onod 1707), aber dann kam es nach einigen
habsburgischen Kriegserfolgen zu Verhandlungen und schließlich zu dem
Frieden von Sathmar ( 1 7 1 1 ) , durch den der Habsburger als König von
Ungarn anerkannt wurde. Seitdem blieb es in Ungarn äußerlich ruhig.
Unter Karl VI. ( 1 7 1 1 — 1 7 4 0 ) und Maria Theresia ( 1 7 4 0 — 1 7 8 0 ) kam
es zu keinen nationalmadjarischen Erhebungen mehr.
Bald darauf gelang es, durch das habsburgische Hausgesetz der
„Pragmatischen Sanktion" die ewige Unteilbarkeit aller Länder des Ge-
samtstaates festzulegen. Dies war ein wichtiger Schritt zur strafferen
Zusammenfassung des habsburgischen Gesamtstaates. Kaiser Karl VI.
( 1 7 1 1 — 1 7 4 0 ) , der ohne männliche Nachkommen war, bestimmte in
diesem Gesetz, daß alle unter der Herrschaft des Hauses Habsburg ver-
einigten Provinzen und Länder auf ewig ungeteilt zusammenbleiben und
beim Fehlen männlicher Nachkommen auf die weiblichen Nachkommen
des Kaisers nach dem Rechte der Erstgeburt übergehen sollten. Eine
solche Regelung der weiblichen Erbfolge wurde zuerst 1703 von den
kroatischen Ständen vorgeschlagen. 1713 erließ Kaiser Karl VI. die
„Pragmatische Sanktion" als Hausgesetz. In den folgenden Jahren
wurde sie von den Landtagen der einzelnen österreichischen Länder be-
stätigt. 1722 gab auch der ungarische Landtag seine Zustimmung unter
dem Vorbehalt, daß dadurch die Bestimmungen des ungarischen Staats-
rechtes nicht verletzt würden. Am 6. Dezember 1724 konnte die
„Pragmatische Sanktion" als Grundgesetz des habsburgischen Gesamt-
staates verkündet werden.

So wurde die riesige Ländermasse des Erzhauses Österreich, die vom


Oberrhein bis nach Rumänien und Serbien reichte, zum ersten Male zu
einem unteilbaren staatlichen Ganzen zusammengefaßt. Aus dem Ge-
samtstaat, der noch eng mit dem „Heiligen Römischen Reich" ver-
flochten gewesen war, wurde ein neues Reich, das selbständig neben
dem „Heiligen Römischen Reich" stand, mit diesem nur verbunden
Militärgrenze 319

durch die in den deutschen Reichsverband gehörigen österreichischen und


böhmischen Länder.
*

In ihrem Verhältnis zum ha'bsburgischen Gesamtstaat nahmen die


Kroaten unter allen Randvölkem eine besondere Stellung ein. Sie halfen
die Hauptlast der Türkenabwehr mittragen. Die von der kroatischen
Bauernmiliz (Qranicari — „Grenzer") verteidigte Militärgrenze (Confines
militares, Vojnicka cjranica) in Kroatien und Slawonien, auf der die
Sicherheit der südlichen Grenzabschnitte beruhte, hat dem Gesamtstaat
unschätzbare Dienste geleistet. Sie hat zugleich diese waffentüchtige
Grenzbevölkerung ständig zur Verteidigung des Gesamtstaates bereit
gehalten und dadurch auch zur Reichstreue erzogen. So kam es, daß
neben den Deutschen vor allem die kaisertreuen Kroaten an der Last
des Gesamtstaates mittrugen.
Die Ausgestaltung der gesamten Militärgrenzverfassung war ebenfalls
ein Glied aus dem Neuaufbau Ungarns. Seit dem 16. Jahrhundert hatten
sich in den kroatischen und slawonischen Grenzlandschaften gegen das
türkische Bosnien besondere Formen der Landesverteidigung heraus-
gebildet. Christliche Flüchtlinge, die vor der türkischen Zwingherrschaft
auf häbsburgisches Gebiet geflohen waren, wurden längs der Grenze
als Wehrbauem zu einer bevorzugten Rechtsstellung angesiedelt. Nach
dem Frieden von Karlowitz (1699) wurde dieses System der „Militär-
grenze" weiter ausgebaut. Es wurden drei Grenzgeneralate (Karlstadt,
Warasdin, Banat) gebildet. 1702 kam dazu noch der slawonische und
der Theiß-Maroscher Grenzbezirk. Während des ganzen 18. Jahr-
hunderts folgten weitere Maßnahmen, um die verfassungsmäßige
Sonderstellung und die militärische Schlagkraft der „Grenze" zu stärken.
Mit diesem Ausbau der Militärgrenze wollte die Wiener Regierung
nicht nur die Landesverteidigung stärken, sondern sie verfolgte damit
unausgesprochen auch eine wichtige innenpolitische Absicht. Die kaiser-
treuen Grenzregimenter an der Südgrenze Ungarns waren ein gefügiges
Machtinstrument, das sich jederzeit auch gegen die madjarischen Sonder-
bestrebungen einsetzen ließ. Daher wurde die Aufhebung der Militär-
grenze später eine der hauptsächlichen Forderungen des madjarischen
Nationalismus.

*
320 Absolutistische Wirtsdhafts- und Siedhrngspolitik

N a d i der Vertreibung der Türken aus Ungarn w a r es notwendig, die


neugewonnenen Gebiete in den habsburgischen Gesamtstaat einzufügen,
w o f ü r der ungarische Kardinal Leopold Qraf Xollonitsdh ( 1 6 3 1 — 1 7 0 7 ) ,
ein überzeugter Anhänger des Hauses Österreich, einen eigenen Plan
aufstellte (das „Kollonitschsche Einrichtungswerk"). D i e Neuorganisation
Ungarns hatte sich zunächst mit der wirtschaftlichen Erschließung z u be-
fassen. D e r mittlere und südliche Teil Ungarns w a r infolge der stän-
digen Kriege weithin verödet und fast menschenleer. Für den wirt-
schaftlichen N e u a u f b a u des Landes w a r daher vor allem eine planmäßige
Siedlungspolitik notwendig. Solche innere Kolonisation lag durchaus im
Z u g e jener Zeit. D e r absolutistische Staat des 18. Jahrhunderts w a r be-
herrscht von den wirtschaftspolitischen Gedanken und Forderungen des
Merkantilismus. Nach jenen Anschauungen beruht die Macht eines
Staates auf seinem wirtschaftlichen Wohlstand, dieser aber ist letztlich
bestimmt durch den Besitz an Edelmetallen. D i e erstrebte Mehrung des
Edelmetallbestandes ist durch gesteigerte Warenausfuhr möglich, diese
aber setzt eine Steigerung der Erzeugung voraus. D a z u aber bedarf es
vieler schaffender Hände. Daher verfolgte die merkantilistische Politik
des absoluten Staates das Ziel, die wirtschaftlichen Kräfte des Landes
und die Zahl der Bevölkerung mit Hilfe einer einheitlich geleiteten,
rational verfahrenden Wirtschafts- und Bevölkerungspolitik zu ver-
mehren. Das angestrebte Ideal der merkantilistischen Wirtschaftspolitik
war das einheitlich zusammengeschlossene Staatsgebiet, das seinen
eigenen Warenbedarf z u dedcen und darüber hinaus noch stattliche
Überschüsse auszuführen vermag, das in einem ständigen Wettlauf von
Bevölkerungsvermehrung und Produktionssteigerung einen immer macht-
volleren Aufstieg nimmt.

Im Dienste dieses Zieles stand auch eine planmäßig betriebene innere


Kolonisation. Denn als die eigentliche Grundlage des wirtschaftlichen
Wohlstandes galt die Arbeitskraft und Arbeitsleistung der Bevölkerung.
Daher hat schon das 18. Jahrhundert die Ansätze einer wissenschaftlichen
Bevölkerungslehre entwickelt, die man damals „Populationistik" nannte.
Alle großen absolutistischen Staaten jener Zeit haben eine planmäßige
Bevölkerungs- und Siedlungspolitik getrieben. Nicht nur der habs-
burgische Staat, sondern auch der preußische Staat unter Friedrich II.
und der russische Staat unter Katharina II. Die Nachfrage nach Kolo-
nisten w a r damals so stark, daß diese drei Staaten sich gegenseitig z u
überbieten suchten in der Steigerung der Vorrechte für Einwanderer.
Kolonisten aus allen Nationen
321

Andererseits suchte man die eigenen Grenzen streng gegen jede Aus-
wanderung zu verschließen.
Die Gründe jener absolutistischen Siedlungspolitik des 18. Jahr-
hunderts waren rein wirtschaftlicher Art. Die Siedlungspolitik war frei
von irgendwelchen nationalistischen Bestrebungen, sie war weiter nichts
als „Menschenökonomie". Nationalistische Zielsetzungen traten in der
Siedlungspolitik erst im 19. Jahrhundert hervor. Daß die Kolonisten,
die in den drei genannten Staaten angesiedelt wurden, zum ganz über-
wiegenden Teile Deutsche waren, hatte seinen Grund nicht in einer be-
wußt nationalpolitischen Auswahl, sondern in der Tatsache, daß deutsche
Siedler wegen ihres größeren Fleißes und wegen ihrer höheren Kultur
mehr bevorzugt wurden. Von ihnen vor allem erwartete man eine
Hebung der Landeskultur und des allgemeinen Wohlstandes. Daneben
wurden aber auch andersvölkische Kolonisten angesetzt. In dem alten
Südungarn, das durch die habsburgische Siedlungspolitik des 18. Jahr-
hunderts bevölkert wurde, fand sich geradezu eine Mustersammlung
der verschiedenartigsten Nationalitäten zusammen. Neben den Deut-
schen, Madjaren und Serben, den drei Grundelementen der Bevölkerung
gab es dort: Kroaten, Albaner, Bulgaren, Rumänen, Ukrainer, Slowaken,
Tschechen, Franzosen, Italiener, daneben noch die Splittergruppen der
Bunjewatzen und Schokatzen. Alle diese Nationalitäten fanden sich
auf einem Räume, der nicht größer ist als die Provinz Schlesien. An
einem solchen Beispiel erweist es sich, daß die absolutistische Siedlungs-
politik die Siedler aus jedwedem Volkstum nahm, woher sie zu be-
kommen waren.

Die deutsche Siedlungsbewegung des 18. Jahrhunderts, die durch das


Ausgreifen der ostdeutschen Staaten Österreich, Preußen und Sachsen
überhaupt erst ermöglicht wurde, bietet ein durchaus anderes Bild als
die große deutsche Ostbewegung des Hoch- und Spätmittelalters. Die
deutschen Kolonisten des Mittelalters waren von den Fürsten Ungarns,
Böhmens und Polens als die Bringer höherer Kultur in das Land gerufen
worden. Sie waren als kleine und größere Gruppen unter Führung von
Unternehmern nach dem Osten gezogen und hatten sich dort ihre
neuen Siedlungen gegründet. Eine einheitliche Leitung hatte damals
gefehlt. Im 18. Jahrhundert war es anders. Der absolutistische Staat des
18. Jahrhunderts stellte im Dienste seiner merkantilistischen Wirtschafts-
politik einen großartigen Plan der inneren Kolonisation auf, der dann
durch die staatliche Verwaltung durchgeführt wurde.

21 Stadtmüller, Geschiclilc Sürlosteuropas


322 Anwerbung der Kolonisten

Die neue Kolonisationswelle erhielt durch gleichzeitige Fortschritte


der damaligen Landwirtschaft einen besonderen Schwung. Vom süd-
westlichen Europa verbreitete sich der Anbau von Kartoffel und
Tabak. Von Holland her kam die Anlage von Fehnkolonien auf. Die
Kolonisten waren die Bringer dieser neuen landwirtschaftlichen Fort-
schritte. Dazu kam die neue Städtebaukunst mit ihren schachbrett-
förmigen Grundrissen, die zunächst in Innerdeutschland ausgeformt
(z. B. Mannheim, Karlsruhe, Erlangen) und dann in die neuen Sied-
lungsgebiete des Ostens übertragen wurde.
Freilich hat die Gründung von Städten im 18. Jahrhundert nicht jene
große Rolle gespielt wie in der Ostkolonisation des Mittelalters. Die
wenigen neugegründeten Städte sind nie zu größerer Bedeutung gelangt.
Die Staatskolonisation des 18. Jahrhunderts zielte vor allem auf die An-
lage von Bauerndörfern, für die ebenfalls eine geometrische Grundriß-
gestaltung (Liiniendörfer und Schachbrettdörfer) allgemein üblich war.
Die Leitung der habsburgischen Staatskolonisation in Ungarn unter-
stand der kaiserlichen Hofkammer in Wien. Ihr Ausführungsorgan war
die Kameralverwaltung in Ofen. Durch die Hofkammer wurden Agenten
ausgesandt, die, um Kolonisten anzuwerben, mit glänzenden Ver-
sprechungen und Schilderungen, wie herrlich es in dem neueroberten
Ungarnlande sei, nicht sparten. In den Einwanderungsaufrufen, die seit
1689 erlassen wurden, sicherte die Regierung den Kolonisten große
Rechte zu: Freizügigkeit, Freiheit von Untertanenlasten, Bauhilfe,
Gleichberechtigung der Nationen und Konfessionen, steuerliche Gleich-
stellung der städtischen Bewohner. Der Hauptstrom der Auswanderungs-
lustigen kam aus den kleinen geistlichen und weltlichen Fürstentümern
Südwestdeutschlands, vor allem aus dem Bodenseegebiet, aus der Rhein-
pfalz und von der Mosel. Die größeren Staaten haben sich durch Aus-
wanderungsverbote dagegen zu schützen gewußt. Anders als bei der
großen Ostkolonisation des Mittelalters entsprang die Auswanderung
oft genug nicht einem Überschuß an Bevölkerung, sondern vielerorts
der heimatlichen Not, der man durch die Auswanderung nach dem Osten
— oder nach Amerika — zu entfliehen suchte.
Die Auswanderungslustigen zogen in einzelnen Trupps nach Wien,
die meisten von Ulm an mit den „Ulmer Schachteln" genannten Schiffen
clon au abwärts. In Wien wurden sie durch eine Kommission der kaiser-
lichen Hofkammer geprüft und registriert. Von dort aus ging dann
von Zeit zu Zeit ein größerer Transport — der „Wasserschub" —
Anfänge des deutschen Kolonistenzustrams 323

auf Schiffen die Donau hinunter. Als Siedler bevorzugte man zunächst
katholische Deutsche, weil an deren Staatstreue von vornherein kein
Zweifel bestand. W o diese nicht in genügender Anzahl verfügbar waren,
zog man später auch protestantische Deutsche herbei. Die Deutschen
wurden auch weiterhin als Kolonisten wegen ihres Fleißes bevorzugt.
Allerdings sprachen bei dieser Begünstigung des deutschen Elementes
auch politische Erwägungen mit. Durch eine deutsche Kolonistenbevöl-
kerung auf ungarischem Boden wollte man ein Gegengewicht schaffen
gegen die in Wien als Unbotmäßigkeit empfundene madjarische Forde-
rung voller Eigenstaatlichkeit. So hatte schon Kardinal Kollonitsch in
seinem „Einrichtungswerk des Königreiches Ungarn" den Zuzug deut-
scher Kolonisten gefordert „damit das Königreich oder wenigstens ein
großer Teil desselben nach und nach germanisiert werde und das hun-
garländische zu Revolutionen geneigte Geblüt mit dem teutschen
temperiert werde".
Auch nichtdeutsche Bauern wurden in den menschenleeren Wüsteneien
Südungarns angesiedelt: Slowaken, Ukrainer, Rumänen, Kroaten, Tsche-
chen, in vereinzelten Fällen sogar Italiener, Franzosen und Spanier. So
bildete sich auf dem jungen Kolonialland ein buntes Mosaik vieler
Völkerschaften heraus. Die kleineren dieser Volksgruppen sind in den
folgenden Menschenaltern durch Einschmelzung in den umwohnenden
stärkeren Volksgruppen aufgegangen. Aber auch nadi dieser Ein-
schmelzung blieb das Bild der Volkstumskarte noch buntfarbig genug.

Die Einwanderung deutscher Kolonisten begann schon mit dem Vor-


dringen der deutschen Heere nach Ungarn hinein. Bereits nach 1683
wanderten Siedler aus Schwaben in das Gebiet der Heidebauern ost-
wärts des Neusiedler Sees ein. Dann trat nach der Rückeroberung Un-
garns Prinz Eugen von Savoyen als Befürworter einer planmäßigen
Siedlungspolitik hervor. Er wies auf die politische Notwendigkeit einer
planmäßigen Besiedlung der verödeten Gebiete hin. Dabei ging er selbst
mit gutem Beispiel voran, indem er auf seinen eigenen Gütern in Süd-
ungarn und auf der Donauinsel Csepel Kolonisten ansetzte. Andere
Großgrundherren folgten seinem Vorbilde. So zogen die Magnaten
Kärolyi deutsche Siedler nach ihren Gütern in Ostungarn (Sathmar),
die Grafen Kollonitsch und die Fürsten Esterhäzy sowie der Bischof
21*
324 Kolonisation im Banat und im ungarischen Mittelgebirge

von Veszprem im Bakonywald, der Bischof von Fünfkirchen in Süd-


ungarn. Bald herrschte in der Anwerbung der Kolonisten ein lebhafter
Wettbewerb zwischen dem Fiskus und den großgrundbesitzenden Hoch-
adelsfamilien.
Dabei behielt die staatliche Siedlungspolitik immer einen großen Vor-
sprung. Als Förderer dieser Staatskolonisation ragte neben dem Prinzen
Eugen vor allem der Gouverneur des Banates hervor: Claudius florimund
Qraf v. THercy, ein Lothringer ( 1 6 6 6 — 1 7 3 4 ) . Er hat in zielbewußter
Arbeit von Jahrzehnten aus der Sumpf- und Steppenlandschaft des
Banates ein fruchtbares Land als Heimatboden schwäbischer Bauern
geschaffen. Dutzende von Dörfern entstanden. Am Ostrande des Banates
begann man mit dem Bergbau, im Temesvär entstand eine deutsche
Bürgergemeinde mit Zünften. Das ganze Land wurde durch Kanäle
entwässert und durch Straßen für den Verkehr erschlossen. Auch in
den anderen dünnbesiedelten Landschaften Süd- und Mittelungarns
setzte rasch der Zustrom der Kolonisten ein. Um den Neusiedlern über
die Schwierigkeiten der ersten Jahre hinwegzuhelfen, wurde ihnen eine
Anzahl von Freijahren eingeräumt, ferner blieben sie vom Heeresdienst
und von anderen öffentlichen Leistungen befreit.
Die Rückschläge und Fehlschläge dieser staatlichen Siedlungspolitik
waren am Anfang groß. Viele Kolonisten starben schon in den ersten
Jahren hinweg, andere rissen aus, als sie sich in ihren glänzenden
Erwartungen getäuscht sahen. Erst die zweite oder dritte Kolonisten-
generation konnte die Frucht unsäglicher Mühe ernten, so wie es ein
Kolonistensprichwort aussagt:

„Der erste hat den T o d ,


der zweite hat die Not,
der dritte hat das Brot".

Im ungarischen Mittelgebirge (Bakonywald, Schildgebirge, Ofener


Berge) und in seinem Vorland hatten nur vereinzelte madjarische,
slowakische und serbische Siedlungen die ganze Türkenzeit überdauert.
Nach der Vertreibung der Türken setzte der Zustrom neuer Kolonisten
zunächst noch in durchaus planloser Weise ein. Aus den benachbarten
Landschaften wanderten Bauern zu. Unter ihnen befanden sich auch
Deutsche aus dem Wieselburger Komitat. Dann erfolgten in der offenen
Niederungslandschaft die ersten planmäßigen Dorfgründungen und
schließlich legten deutsche Rodebauern auch im Waldgebirge neue Dörfer
Verlauf und Ende des Kolonistenzustroms 325

an. So entstand durch Waldrodung, die noch das ganze 18. Jahrhundert
hindurch fortdauerte, ein breiter deutscher Siedlungsboden, um den sich
noch zahlreiche kleinere deutsche Streusledlungen gruppierten. Audi
zwei Klöster hatten dort großen Anteil an der Ansiedlung deutscher
Kolonisten: die Benediktinerabtei Martinsberg (Pannonhalma) und die
Zisterzienserabtei Zirc, deren Mutterkloster Heinrichau in Schlesien
ebenfalls Siedler nach Ungarn sandte. Die deutschen Siedler im ungari-
schen Mittelgebirge stammten aus verschiedenen Landschaften: Schwa-
ben, Baiern, Österreich, Steiermark, Kärnten, Schlesien, Mähren.
Der Aufstand des Fürsten Räköczy (1703) und die folgenden Kämpfe
bedeuteten eine schwere Störung des Siedlungswerkes. Erst nach dem
Frieden von Sathmar (1711) kam es wieder in Fortgang. In den folgen-
den Jahren stimmten sogar die ungarischen Stände neuen kolonisten-
freundlichen Gesetzen zu. Gegen die Mitte des 18. Jahrhunderts er-
reichte dann der Kolonistenzustrom seinen Höhepunkt. Seit 1734 wurden
die evangelischen Bauern aus den Ostalpenländern nach dem Südosten
„transmigriert". Dann wurde die Einwanderung zwar durch den öster-
reichischen Erbfolgekrieg (1741—1748) unterbrochen, setzte aber danadi
im verstärkten Maße wieder ein. Nach dem Hubertusburger Frieden
(1763) erfolgte dann ein nochmaliges Ansteigen des Kolonistenzustroms.
Die folgenden anderthalb Jahrzehnte waren die große Zeit der theresia-
nischen Kolonisation, die auch auf die neuerworbenen Provinzen Galizien
(1772) und Bukowina (1775) ausgriff.
Unter Joseph II. (1780—1790) nahm der Zustrom deutscher Siedler
nach Ungarn ab. Zwar suchte auch dieser Kaiser durch verschiedene
Maßnahmen (Aufhebung der Leibeigenschaft und Ansiedlungspatent
1781) die Staatskolonisation in Ungarn, für die hohe Aufwendungen
gemacht wurden, zu fördern, aber die neuen Provinzen Galizien und
Bukowina zogen nun die Auswanderungslustigen dorthin. 1786 wurde
die Staatskolonisation eingestellt, seitdem blieb die Siedlung der privaten
Initiative überlassen. Auch ihre Leistung in Galizien und der Bukowina
blieb erstaunlich. Uber das ganze Land hin entstanden blühende deutsche
Bauerndörfer, in den Städten wuchs ein wohlhabendes deutsches Bürger-
tum auf. In der Bukowina trug die Ansiedlung der Deutschen großen-
teils gewerblichen Charakter. Die dortigen deutschen Siedlungen ent-
standen vielerorts um Bergwerke, Glashütten und Salzsiedereien. Die
Wachstumsspitzen dieser großen deutschen Siedlungsausbreitung griffen
über die Karpaten hinüber. Seit dem Anfang des 18. Jahrunderts ent-
326
Zwei Gruppen des ungarländisdien Deutschtums 327

standen in den Städten der Moldau und der Walachei wieder Kolonien
deutscher Handwerker und Kaufleute.
*

Das Gesamtergebnis dieser habsburgischen Siedlungspolitik auf unga-


rischem Boden ist wahrhaft bewundernswürdig. Weite Gebiete wurden
damals der wirtschaftlichen Nutzung überhaupt erst erschlossen: ein
großer Teil Südungarns, nämlich die Landschaften Baranya (Schwäbische
Türkei), Batschka und Banat, ferner die mittelungarischen Bergland-
schaften des Bakonyer Waldes und der Ofener Berge sowie das ost-
ungarische Gebiet von Sathmar und die vereinzelten deutschen Siedlungs-
inseln in der Karpaten-Ukraine.
Das ungarländische Deutschtum erhielt dadurch einen mächtigen
zahlenmäßigen Zuwachs. Die Bevölkerung der neuen Siedlungen hat sich
in den nächsten Menschenaltern sprunghaft vermehrt. (Am Vorabend
des zweiten Weltkrieges belief sich die Gesamtzahl aller „Donau-
schwaben" auf rund anderthalb Millionen.) Doch fand dieses neue
Deutschtum nicht den Weg zur Fühlungnahme mit dem seit dem Mittel-
alter ansässigen Deutschtum. Der Grund war vor allem die konfessionelle
Verschiedenheit. Das alte Deutschtum, das sich aus dem Mittelalter
erhalten hatte, war ganz überwiegend protestantisch, das neue, im
18. Jahrhundert entstandene Deutschtum war fast ausschließlich katho-
lisch. Schon daß die Ansiedlung dieses katholischen Deutschtums von
dem habsburgischen Staate — dem Vorkämpfer der Gegenreformation
— ausging, genügte, um es von dem alteingesessenen protestantischen
Deutschtum zu trennen. Dazu kam eine andere Tatsache: Das neuange-
siedelte Deutschtum kam unter den schweren Lebensbedingungen des
Kolonistendaseins während der ersten Generation auch gar nicht dazu,
ein eigenes Geistesleben zu entwickeln. Es hatte zunächst um die Erhal-
tung des Lebens zu ringen. Erst ganz allmählich bahnte sich die Fühlung-
nahme mit der alteingesessenen deutsch-ungarländischen Kultur an. Zur
kulturellen Verschmelzung des alten und des neuen Deutschtums kam
es zuerst in der ungarischen Landeshauptstadt Ofen. Dort waren die
Voraussetzungen besonders günstig, weil auch das altansässige Deutsch-
tum größtenteils katholisch war. In Ofen entstand daher schon in der
ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts infolge des Zusammenwachsens der
beiden Kolonistenschichten ein reich emporblühendes deutsches Geistes-
leben.
328 Industrieller Aufschwung in den Sudetenländern

Auf die geistige und politische Entwicklung des ungarländischen


Deutschtums haben die jungen deutschen Bauemsiedlungen in Mittel-
und Südungarn keinen Einfluß erlangt, da sie im Gegensatz zu den alten
deutschen Städten in der Slowakei und in Siebenbürgen nicht zu einem
Volksgruppenbewußtsein und dadurch zu einer geschlossenen politischen
Willensbildung gelangten, die für die Selbstbehauptung des ungarländi-
schen Deutschtums in dem kommenden Zeitalter des Nationalismus hätte
von Bedeutung werden können.
Für alle diese deutschen Kolonisten im Donauraum hat sich bald der
gemeinsame N a m e „Schwaben" eingebürgert, obwohl die meisten von
ihnen aus fränkischen Landschaften stammten. D a s schwäbische Stam-
mesbewußtsein hat sich auf diesem Kolonialboden als stärker erwiesen.

In den schon seit dem Mittelalter dichtbesiedelten Landschaften Böh-


mens und Mährens war eine weitere Aufnahme bäuerlicher Kolonisten
nicht möglich. D a f ü r erlebte dort das deutsche Element eine mächtige
Verstärkung durch den industriellen Aufschwung. Die seit alters in den
Sudetenländern betriebene Leinenweberei wurde in der Zeit Maria
Theresias und Josephs II. zu einer eigentlichen Textilindustrie ausgebaut.
Gleichzeitig wurden Glas- und Porzellanindustrie eingeführt. Aus den
sudetendeutschen Randgebieten, aber auch aus innerdeutschen Land-
schaften wanderten damals zahlreiche deutsche Handwerker nach Böh-
men und Mähren ein.

Der habsburgischen Siedlungspolitik des 18. Jahrhunderts verdankte


Ungarn überhaupt erst den notwendigen wirtschaftlichen Neuaufbau.
Die entvölkerten Gebiete wurden mit fleißigen Kolonisten besetzt, die
Verkehrs- und Polizeiverhältnisse verbessert. Der madjarische Adel be-
obachtete freilich diesen wirtschaftlichen Aufschwung des Landes unter
habsburgischer Herrschaft nur mit gemischten Gefühlen, da durch den
Zustrom deutscher Siedler das madjarische Volkstum im südlichen und
mittleren Ungarn überflügelt zu werden drohte, während gleichzeitig die
Selbstherrlichkeit der kaiserlichen Regierung sich nicht viel um die unga-
rische Eigenstaatlichkeit kümmerte.
Durch den verlorenen Kampf gegen Friedrich II. von Preußen (die
drei schlesischen Kriege) und den Verlust der wichtigen Provinz Schle-
Maria Theresia 329

sien wurde der habsburgische Hausmachtstaat damals noch stärker


aus dem Deutschen Reichsverband heraus und nach Südosten abge-
drängt. Angesichts dieser Lage gewann die ungarische Frage an Ge-
wicht für die Politik Wiens. Ungarn war nunmehr geographisch der
Kemraum des Donaustaates geworden. Die schwierigen politischen
Fragen dieses Kernlandes Ungarn zu meistern, hat Maria Theresia in
einer ihr eigenen — man möchte sagen „weiblichen" — Weise unter-
nommen. Die Kaiserin hat es einzigartig verstanden, sich die Liebe der
Madjaren zu gewinnen. Sie wußte an den Stolz der Madjaren und
an den dieser Nation eigenen Sinn für äußere Formen zu appellieren.
Mit Sorgfalt hat sie die Formen des ungarischen Staatsrechtes ein-
gehalten. Sie nannte sich gerne „apostolischer König" von Ungarn und
bildete sich aus den Söhnen des madjarischen Adels ihre Leibwache,
um diesen noch enger an das Kaiserhaus zu binden. So blieben die
überlieferten Formen gewahrt. In Wirklichkeit aber hat Ungarn auch
unter Maria Theresia keine eigene politische Rolle gespielt. Der katho-
lische Hochadel Westungarns war unter dem Einflüsse des Wiener Hofes
daran, völlig in dem österreichischen Reichsadel aufzugehen. Schon zu
Anfang des 18. Jahrhunderts lebte ein großer Teil der madjarischen
Magnaten — vor allem aus dem katholischen Westungarn — in Wien,
das damals der Mittelpunkt der sich erneuernden madjarischen Litera-
tur wurde. Aber auch der ländliche Kleinadel, der in Ungarn seit alters
der eigentliche Träger der Staatsidee war, konnte damals keinen Wider-
stand gegen Wien leisten. Das heikle Problem des Verhältnisses zwischen
dem habsburgischen Reichszentralismus und der ungarischen Eigenstaat-
lichkeit ließ sich auf solche Weise freilich nicht lösen, aber immerhin, es
blieb unangetastet — es galt der Grundsatz: Quieta non movere!
Diese Lage änderte sich völlig unter Joseph II. Was Maria Theresia
mit kluger Geduld betrieben hatte — die kampflose Einschmelzung
Ungarns in den Verband des habsburgischen Gesamtstaates —, das
wollte ihr Sohn Joseph II. mit der stürmischen Ungeduld des auf-
geklärten Reformers auf einmal und restlos durchführen. Der junge
Herrscher, der im inneren Widerspruch zu der selbstherrlichen kaiser-
lichen Mutter aufgewachsen war, suchte, als er — nach seiner eigenen
Meinung viel zu spät — zur Regierung kam, mit überstürzter Be-
schleunigung die Ideen des aufgeklärten Absolutismus in seinem Staate
zu verwirklichen.
Eine merkwürdige Ungeduld war diesem jungen Kaiser eigen, als
330 Joseph II.

habe er es geahnt, daß ihm nur eine kurze Regierungszeit beschieden


sei. Z u Pferd und zu Wagen durchreiste er selbst sein weites Reich,
um überall nach dem Rechten zu sehen. Die Reformbefehle überstürzten
sich geradezu. Mit der geistigen Erbschaft der späten Gegenreformation
wurde aufgeräumt. Schon 1781 erließ der Kaiser sein Toleranzpatent,
wodurch den Protestanten überall freie Religionsausübung eingeräumt
wurde. Dann unternahm er es sogar, die katholische Kirche in seinem
Reiche im Sinne der aufklärerischen Gedanken nach eigenem Ermessen
und aus eigener Machtvollkommenheit zu reformieren. Die beschaulichen
Orden und zahlreiche kirchliche Einrichtungen und Stiftungen wurden
aufgehoben. Auch durch andere Maßnahmen wurde der Einfluß und
die Bewegungsfreiheit der Kirche beschränkt. In diesem seinem unge-
stümen Reformeifer ließ sich der Kaiser auch durch den Widerspruch
des Papstes nicht beirren. Gleichzeitig ging Joseph II. an die zentra-
listische Zusammenfassung seines Vielvölkerreidies. Seine Politik zielte
auf die gesamtstaatliche Vereinheitlichung unter Beseitigung der Sonder-
rechte und Privilegien, auf deren Besitz die einzelnen Kronländer seit
alters so stolz waren. Im ganzen Reiche — auch in Ungarn — wurde die
deutsche Amts- und Schulsprache eingeführt. Und überall sorgte der
Kaiser für die Hebung der Bildung, da er als echtes Kind der Auf-
klärung davon auch den entscheidenden politischen Fortschritt zur
Humanität erhoffte.
Dieser aufklärerische Zentralismus des Kaisers stieß nur bei den
Madjaren auf stärkeren Widerstand. Der Aufklärer auf dem Throne
glaubte sich auch in Ungarn über die Satzungen des altehrwürdigen
Staatsrechtes hinwegsetzen zu können. Er regierte das apostolische
Königreich wie eines seiner anderen Erbländer, ohne Beschlüsse des
ungarischen Landtages einzuholen. Auf die Krönung zum apostolischen
König von Ungarn verzichtete er, um nicht durch den Krönungseid die
Wahrung der ungarischen Verfassung geloben zu müssen — wodurch
er sich bei den Madjaren den spöttischen Beinamen „Der König mit
dem Hute" zuzog. Die Aufhebung der ungarischen und der böhmischen
Eigenstaatlichkeit bekundete er in symbolischer Weise vor aller Welt
durch die Verbringung der ungarischen Stephanskrone und der böhmi-
schen Wenzelskrone in die Wiener Hofburg. Dies war das sichtbare
Zeichen dafür, daß nunmehr auch die ungarische Eigenstaatlichkeit'in
aller Form als abgeschafft zu gelten habe, so wie dies in Böhmen schon
seit 1627 Tatsache war.
Wiener Zentralismus und ungarische Eigenstaatlichkeit 331

Des Kaisers politisches Ideal war ein von Wien aus straff regierter
Einheitsstaat, worin alle Völkerschaften des weiten Reiches unter deutscher
Führung friedlich zusammenleben sollten. Diese bewußte Förderung des
deutschen Elementes und die Erhebung des Deutschen zur allgemeinen
Amtssprache ließ im Bewußtsein der anderen Völker die Gefahr der „Ger-
manisierung" auftauchen. In Wirklichkeit war dem Kaiser jedoch das Be-
streben zu germanisieren, durchaus fremd, weil es dem politischen Denken
des Aufklärungszeitalters überhaupt noch unbekannt war. Auch die ein-
schneidenden Reformen Josephs II. waren nur ein Mittel zur staatlichen
Machtsteigerung. Durch den Aufbau einer zentralistischen Verwaltung,
durch die Zerschlagung der ungarischen und böhmischen Eigenstaatlich-
keit und durch die Erhebung des Deutschen zur alleinigen Amtssprache,
sollten alle inneren Grenzlinien ausgelöscht, alle zwischenvölkischen Rei-
bungen beseitigt werden. Die deutsche Amtssprache, die Dynastie und
das Heer sollten den Vielvölkerstaat zusammenhalten.
Diese zentralistische Politik Josephs II. ist an den Madjaren ge-
scheitert. Der Widerstand, auf den die kaiserlichen Reformen in Ungarn
stießen, war um so gefährlicher, als die Madjaren schon seit langem in
ihren Auseinandersetzungen mit Habsburg auswärtige Bundesgenossen
— die Türkei, Frankreich, Schweden oder Preußen — zu gewinnen
wußten. Die madjarischen Revolutionäre — sie selbst nannten sich
„Freiheitskämpfer", in Wien sprach man von „Rebellen" — fanden
ihren Rückhalt fast immer an einer auswärtigen Macht. Mit dem
Hervortreten des österreichisch-preußischen Gegensatzes rissen die poli-
tischen Fäden zwischen Preußen und Ungarn nicht mehr ab. In den
nationalmadjarischen Widerstandsbewegungen gegen Habsburg spielte
die preußische Gesandtschaft in Wien oft eine größere Rolle als der
madjarische Landtag in Preßburg und später in Budapest. In der
preußischen Gesandtschaft liefen häufig die Fäden zusammen, und von
dort aus wurde die nationale Unzufriedenheit der Madjaren geschürt.
Aus dem Gegensatz gegen Habsburg ist damals in madjarischen
Magnatenkreisen wiederholt der Gedanke aufgetaucht, den preußischen
König zum apostolischen König von Ungarn zu wählen. Da dieser aber
nicht recht geneigt schien, die ungarische Krone anzunehmen, hat man
einmal auch daran gedacht, Karl August von Weimar, den Gönner
Goethes, zu wählen. Er hat ebenfalls abgelehnt.
In Wien war man immer gut im Bilde über die Sonderbestrebungen
der „malkontenten" Madjaren. Doch die ständige preußische Inter-
332 Sieg der ungarischen Eigenstaatlichkeit

ventionsdrohung hat es unmöglich gemacht, damit aufzuräumen. Auch


Josephs II. großer Versuch, die Eigenstaatlichkeit Ungarns auszulösdien,
konnte nur unternommen werden, nachdem von Preußen keine Gefahr
mehr bestand (Begegnung zu Neiße 1769). Er scheiterte an dem ge-
schlossenen Widerstand der „ungarischen Nation" d. h. des madja-
rischen Adels. Die Einführung der deutschen Amtssprache und die Ver-
schleppung der Heiligen Krone nach Wien hat im madjarischen Adel
eine ungeheure Empörung ausgelöst. Der Kaiser wollte diese Wider-
setzlichkeit in den Wurzeln treffen: er beseitigte die ungarische Komi-
tatsverfassung, auf der vor allem die politische Macht des Adels beruhte.
In Ungarn wurde eine neue Provinzeinteilung eingeführt. Der ungarische
Landtag wurde nicht mehr einberufen. So wurde die Erbitterung künst-
lich niedergehalten, erstickt aber wurde sie nicht. Der passive Wider-
stand des madjarischen Adels erwies sich auf die Dauer stärker als der
überstürzte Zentralismus des Kaisers. Die Ungarnpolitik Josephs II. be-
schwor einen Kampf auf Leben und T o d zwischen dem Habsburgerreich
und dem madjarischen Adel herauf. Der madjarische Widerstand konnte
nicht gebrochen werden, im Rücken aber drohte noch immer die preußi-
sche Gefahr.
So mußte der Kaiser schließlich doch vor dem madjarischen Wider-
stand zurückweichen und Schritt um Schritt fast alle Maßnahmen seiner
Ungarnpolitik wieder rückgängig machen. Als er auf dem Sterbebett
lag, brachten ungarische Adelsbanderien in feierlichem Zuge die Heilige
Krone wieder nach Ungarn zurück. Es war der symbolhafte Beweis
dafür, daß die alte Staatsidee der madjarischen Adelsnation stärker
war als der junge habsburgische Gesamtstaatsgedanke.

Die zentralistische Politik Josephs II. mit ihrer vermeintlichen Ger-


manisierungstendenz hat die schlummernden nationalen Bestrebungen
der Donauvölker aufgerüttelt. Bisher war die geistige Vormachtstellung
des Deutschtums in Ungarn eigentlich nur durch den madjarischen
Adel bedroht gewesen. Dieser hatte aus Gründen der inneren Macht-
politik bereits seit dem 16. Jahrhundert das Ziel verfolgt, die Selbständig-
keit der Städte, die der dem Adel ausgelieferten Komitatsgewalt nicht
unterstanden, um jeden Preis zu vernichten. In der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts kam zu diesen machtpolitischen Adelsbestrebungen,
die sich gegen die deutschen Städte richteten, noch das Erwachen des
Ende des „Heiligen Römischen Reiches" 333

vollen Nationalgegensatzes unter allen Donauvölkern. Wenn bisher


Stimmen des Deutschenhasses laut geworden waren, so waren sie doch
auf die Kreise des Adels beschränkt geblieben. Jetzt flammte dieser
Deutschenhaß plötzlich allgemein empor. Die Politik Josephs II. hatte
ihn geweckt. Da und dort wurden nun Stimmen vernehmlich gegen alles,
was deutsch hieß.
Das ungarische Problem blieb ungelöst. Und dadurch war Österreich
stärker denn je nach dem Südosten hin festgelegt. Die Entwicklung
führte den habsburgischen Staat aus dem Deutschen Reidie heraus. Die
napoleonischen Kriege brachten den Verlust der oberrheinischen und
niederländischen Besitzungen. Das westliche Gegengewicht, durch das
Österreich bisher unlöslich an das Deutsche Reich geknüpft worden
war, fiel hinweg. Die österreichische Politik zog auch nach außen hin
die Schlußfolgerungen. 1804 nahm Kaiser Franz den Titel „Kaiser von
Österreich" an. Und zwei Jahre später (1806) — nach der Gründung
des „Rheinbundes" — legte er die deutsche Kaiserwürde nieder. Es
war das äußere Ende des römischen Reiches deutscher Nation. Öster-
reich war in einer jahrhundertelangen Entwicklung aus dem Deutschen
Reich herausgewachsen in den fremdvölkischen Raum Südosteuropa,
an dessen Gestaltung es nun alle seine Kraft setzen mußte. Denn dort
tauchte bereits im 18. Jahrhundert die orientalische Frage auf. Sie sollte
während des 19. Jahrhunderts die europäische Diplomatie ständig in
Atem halten.
Xapitel 2i

D e r i n n e r e V e r f a l l des o s m a n i s c h e n Reiches u n d die


Entstehung der orientalischen Frage

(Unter Sultan Süleiman II. d. Gr. (1520-1566), dem Eroberer Ungarns,


hatte das osmanische Reich den Höhepunkt innerer Kraft erreicht. Unter
seinen Nachfolgern wurden zwar nach außen noch einige Eroberungen
gemacht, doch war der innere Höhepunkt bereits überschritten. Im
Frieden von Zsitvatorok (1606) gestanden die Osmanen bereits dem
Hause Österreich als erster auswärtiger Macht die völkerrechtliche An-
erkennung zu — ein sichtbares Zeichen, daß der unbändige Aus-
dehnungsdrang des Eroberervolkes zu erlahmen begann. Denn mit
dieser völkerrechtlichen Anerkennung wurde die islamische Welt-
herrschaftsidee, die Fiktion, alle fremden Staatswesen seien dem Sultan
als dem Kalifen, d. h. Nachfolger des Religionsgründers Mohammed,
tributbar und untertänig, an einem wichtigen Punkte aufgegeben. Der
Sultan mußte sich damit abfinden, daß an den Grenzen seines Reiches
Mächte blieben, deren Unterwerfung nicht gelang: im Westen Österreich,
Polen, Venedig, Spanien; im Osten Persien. Seitdem ging es mit der
Macht des Sultanreiches bereits abwärts. Die „Reichserneuerung der
Köprülü" (oben S. 283) unterbrach diesen Abstieg nur für einige kurze
Jahrzehnte. Nach der Niederlage vor Wien (1683) und dem Verluste
Ungarns begann dann jener ununterbrochene und unaufhaltsame Ab-
stieg, der den Inhalt der osmanischen 'Geschichte bis zur national-
republikanischen Revolution Kemal Atatürks ausmacht.
Dieser Machtverfall zeigte sich vor allem auf innerem Gebiet. Solange
das osmanische Reich unter starken Sultanen in voller Kraft dagestanden
hatte, bestand in den Provinzen straffe Ordnung und eine erstaunliche
Rechts- und Polizeisicherheit. Aber bereits nach dem Tode Süleirnans II.
(1566) wurden in den Provinzen innere Zersetzungserscheinungen be-
merkbar. Der Agrarfeudalismus, der sich im Laufe des 17. und 18.
Jahrhunderts dann zum eigentlichen Krebsübel des Reiches auswuchs,
rüttelte bereits damals an dem inneren Gefüge des Reiches. Die Lehen,
die in altosmanischer Zeit nur persönlich unter Verpflichtung des Lehens-
inhabers zum Kriegsdienst verliehen worden waren, wurden nun erblich.
Agrarfeudaiismus. Entartung der Sultandynastie 335

Damit entstand die Gefahr, daß die großen Lehen, die mitunter ganze
Landschaften umfaßten, sich, wie in der deutschen Geschichte, zu Terri-
torialherrschaften weiterentwickelten. Gegenüber der landschaftlichen
Machtstellung solcher Magnaten, in deren Hand auch mehr und mehr
die Provinzverwaltung geriet, vermochte sich die Zentralgewalt in den
einzelnen Provinzen nicht mehr voll durchzusetzen. Seit dem Anfange
des 17. Jahrhunderts begann der Einfluß der Zentralgewalt in den
Provinzen nahezu völlig zusammenzubrechen, und die Rebellionen der
Provinzstatthalter wurden fast zur Regel.
Das osmanische Reich war eine absolute Militärdespotie, aufgebaut
auf dem Zusammenwirken der unbeschränkten Sultansmacht mit dem
Sklavengehorsam der Untertanen. In einem solchen Staate hängt alles
davon ab, daß der Despot ein wirklicher Herrscher ist, der mit kraft-
voller Hand die Zügel des Reiches führt. Die ältesten Sultane waren
solche Herrschergestalten gewesen, die Abgötter ihrer Soldaten. Ihr
Leben spielte sich draußen im Feldlager ab. Aber schon die Sultane
nach Süleiman II. hatten nichts mehr gemeinsam mit jenen wahr-
haft weltgeschichtlichen Persönlichkeiten, welche die Größe und Macht-
stellung des osmanischen Reiches begründet hatten. Es waren Schatten-
herrscher, die ihr Leben im Harem und in den weiten Palastgärten des
Serai zubrachten. Eine rassische Entartung der Sultansdynaistie ist unver-
kennbar. Am meisten dazu beigetragen haben wohl die überfeinerte
Zivilisation des Sultanshofes, die verweichlichend wirken mußte, und
das ausschweifende Haremsleben. So kam es, daß bei den Nachkommen
der großen Sultane ausgesprochene Verfallserscheinungen feststellbar sind.
Einer von ihnen war geradezu blödsinnig und konnte nur zusammen-
hangloses Zeug stammeln, so daß man in sein sinnloses Gestammel sogar
inspirierte Orakel hineindeuten konnte.
Daß unter solchen Schattenherrschern ein Vielvölkerreich, das seinem
ganzen Aufbau nach auf despotisch strenge Führung angewiesen war, in
schlimmste Unordnung, ja in Chaos und Anarchie geraten mußte, war
unvermeidlich. Die Verwaltung wurde korrupt und unzuverlässig. In den
Provinzen lockerte sich die straffe osmanische Herrschaftsordnung.
Rebellionen ehrgeiziger Statthalter und Revolten unbotmäßiger Truppen-
teile wechselten sich ab. Infolge der ständigen Finanznöte mußte die
Steuerschraube immer unbarmherziger angezogen werden. Dagegen
regte sich die Erbitterung der unterworfenen christlichen Völker, deren
nationales Selbstbewußtsein wieder zu erwachen begann. Die Armee
336 Verfall der Janitscharentruppe

verfiel, der Sollbestand stand nur noch auf dem Papier. Das Janitscharen-
korps, dieser Kern der Armee, verlor seinen Elitecharakter. Es wurde eine
Prätorianergarde, die der eigenen Regierung gefährlicher ward als dem
äußeren Feind. Die schwache Zentralgewalt, entnervt durch das -Weiber-
und Eunuchenregiment des Harems, ließ sich von den Janitscharen und
anderen Gewalten vielfach deren Willen aufzwingen. So verweigerten
schon zu Anfang des 17. Jahrhunderts die Janitscharen vor Beginn eines
Feldzuges offen den Gehorsam. Der damalige Sultan (Osman II.) wurde
von ihnen entthront, eingekerkert und schließlich erdrosselt (1622). Im
Jahre 1648 wurde dann wiederum ein Sultan (Ibrahim I.) unter An-
wendung „staatsrechtlicher" Formen von den Janitscharen im Zusammen-
wirken mit den Spahis und Ulema abgesetzt und dann getötet. Infolge
dieser inneren Anarchie, die im 18. Jahrhundert immer schlimmer wurde,
reichten die Kräfte des osmanischen Reiches nach außen bestenfalls aus,
um den von den großen Eroberersultanen errungenen Besitzstand zu
verteidigen.

Die osmanische Verwaltung hatte die byzantinische Erbschaft ange-


treten. Der Verwaltungsapparat des spätbyzantinischen Beamtenstaates
war von den Osmanen nicht zerschlagen, sondern übernommen worden.
Aber diesen feingegliederten und unendlich vielfältigen Apparat wirklich
zu bedienen, zu lenken und zu beherrschen, dazu waren die osmanischen
Eroberer zunächst auf lange Zeit hinaus nidit imstande. Die Verwaltung
des osmanischen Reiches blieb daher in den Händen von Nichttürken.
Ursprünglich waren es die Nachkommen der hohen byzantinischen Be-
amtenaristokratie, die teilweise zum Islam übergetreten waren. Dazu
kamen dann andere „Renegaten".
Ein großer Teil der sich so bildenden Renegatenklasse entstammte
der „Knabenlese" (türkisch devsirme; griechisch TTociöo/m^Eviijx). Alle fünf
Jahre wurde im ganzen Reiche eine Aushebung von Christenkindern
vorgenommen. Diese kamen nach Konstantinopel, wo sie unter den
Augen des Sultans eine sehr sorgfältige Ausbildung erhielten. Die be-
sonders begabten wurden für den höheren Staatsdienst erzogen. Sie
wuchsen zu jenen Männern heran, denen die Leitung des Staates vor-
behalten blieb. Losgerissen von ihren Eltern, von ihrer Heimat, von
ihrer angestammten Religion, wurden sie zum ausschließlichen Dienste
für den Staat erzogen. So wuchs eine zu allem entschlossene Führer-
Korruption 337

schicht heran, die dem Sultan unbedingt ergeben war. Dieses System der
Janitscharenheranbildung, eine der Grundlagen osmanischer Macht, ge-
riet nun im Verlaufe des 17. Jahrhunderts auch in Verfall. Die Aus-
hebung von Christenkindern und ihre Ausbildung für den Staatsdienst
kam damals »allmählich außer Übung.
Dafür drangen nun in immer steigendem Maße viele andere Rene-
gaten in den Staatsdienst ein; damit griff die Korruption reißend um
sich. Die strenge altosmanische Auffassung von dem Amt als Dienst für
den Sultan kam in Verfall. Nunmehr wurde jedes Amt als Geschäft
und Einnahmequelle betrachtet. Als tüchtiger Beamter galt jener, der es
am besten verstand, sich seine Taschen zu füllen. Die Ämter wurden
käuflich. Die Summe, die ein Bewerber für den Kauf eines Amtes aus-
gab, wurde ein Kapital, das möglichst rasch möglichst hohe Zinsen ab-
werfen mußte. Dieses „Bakschisch-System" ist im Verlauf des 17. Jahr-
hunderts völlig zur Herrschaft gelangt.
*

Das 17. Jahrhundert brachte ferner einen schlimmen Verfall des Heer-
wesens. Die Osmanen sind wie alle türkisdien Völker infolge ihrer an-
geborenen Veranlagung und ihrer Geschichte ein ausgesprochen kriege-
risches Volk. Nur kraft ihrer überragenden soldatischen Fähigkeiten
haben sie es vermocht, als Eroberer ein gewaltiges Weltreich zu be-
gründen. Der zweischichtige Aufbau dieses Reiches war derselbe wie in
allen Erobererstaaten. Um die inneren Angelegenheiten der nichtmusli-
mischen Unterschicht kümmerte sich der osmanische Staat nicht. Ent-
sprechend den Grundsätzen des islamischen Rechtes blieb es den ver-
schiedenen Religionsgemeinschaften (millet) überlassen, für die Er-
ziehung und Rechtssprechung ihrer Angehörigen zu sorgen. Das
osmanische Nationalitätenrecht — wenn wir hier diesen modernen Aus-
druck überhaupt anwenden können — beruhte also durchaus auf dem
Prinzip der Personalität.
Ein solcher Erobererstaat kann sich nur halten, wenn er ständig
kriegsbereit ist. Die ehemals so straffe Heeresverfassung, auf der die
Kraft des osmamischen Reiches beruht hatte (vgl. oben S. 267 f.), war im
17. Jahrhundert längst in Verfall geraten. Für die Entwicklung der
Lehensmiliz (Timar-System) erwiesen sich zwei Tatsachen als verhäng-
nisvoll. Eine Miliz ist nur vollwertig, wenn sie in Übung bleibt. In der
älteren osmanischen Zeit war dies .infolge der ständigen Kriege so ge-
22 Stadtmüller, Geschichte Südosteuropas
338 Verfall der Lehensmiliz und der Janitsdiarentruppe

wesen. In späterer Zeit aber fehlte es daran. Der Kampfwert der Lehens-
milizen wurde dadurch sehr beeinträchtigt. Eine zweite Tatsache/ die
auch aus der Geschichte des abendländischen Lehenswesens bekannt ist,
kam dazu, um den Verfall des osmanischen Lehenswesens zu vollenden.
Jedes Lehen hat das Bestreben, erblich zu werden. Die Kriegstauglichkeit
des Inhabers, die ursprünglich die wesentliche Voraussetzung der Be-
lehnung war, ward bald gar nicht mehr in Erwägung gezogen. So
lockerte sich die Verbindung von Kriegsdienstpflicht und Lehensbesitz.
Und bald vermochten es die Lehensinhaber, sich der Kriegsdienstpflicht
zu entziehen. Diese Entwicklung hat im osmanischen Reiche im. 17. Jahr-
hundert verhängnisvolle Fortschritte gemacht. Der militärische Wert der
Lehensmilizen war schon zu Ausgang des 17. Jahrhunderts sehr gesunken.
Bereits in derselben Zeit ging es auch mit der stehenden Infanterie
der Janitscharen abwärts. Im 17. Jahrhundert war sie nicht mehr der
Schrecken der Feinde, sondern eine Plage für den eigenen Staat. Dieser
Verfall hängt mit der Lockerung der alten Janitscharendisziplin zusam-
men. Die Eheschließung wurde schon im 16. Jahrhundert in einzelnen
Fällen, im 17. Jahrhundert dann allgemein erlaubt. Die Janitscharen setz-
ten es durch, daß auch ihre Kinder in das Janitscharenkorps aufge-
nommen wurden. Die alte strenge Ausbildung im Rahmen des soldatisdi-
mönchischen Männerbundes wurde durch die Familiengründung unmög-
lich gemacht. Die Janitscharen wurden zu einer bevorrechtigten Parade-
truppe. Auch geborene Türken, die die strenge Ausbildung der Jani-
tscharen nicht durchlaufen hatten, fanden Aufnahme. Bald hatten sie auch
das Vorrecht erwirkt, einen Zivilberuf auszuüben. Damit war es mit
der alten militärischen Tüchtigkeit vollends vorbei. Die Janitscharen
wurden eine Prätorianergarde, die bald durch ihr eigenmächtiges Willkür-
regiment eine innere Gefahr für den Staat und eine beständige Drohung
für die Sultane wurde.
Je unfähiger sie zum Kampf gegen äußere Feinde wurden, desto
tyrannischer spielten sie sich im Innern des Reiches als die wahren
Herren auf. Sie konnten ungestraft ihnen mißliebige Pasdias und andere
hohe Beamte ermorden. Im Jahre 1648 entthronten sie sogar einen
Sultan und ersetzten ihn durdi einen andern, der ihnen genehmer war.
Und nach dem völligen Scheitern des zweiten Feldzuges gegen Wien
(1683) wurde auch Sultan Mohammed IV. von den Janitscharen gemein-
sam mit der Geistlichkeit abgesetzt (1687; starb 1691 im Gefängnis).
Haktuken. Innere Anarchie 339

Infolge des allgemeinen Verfalles von Ordnung und Sicherheit im


Lande entwickelten sich gewisse Einrichtungen der bewaffneten Selbst-
hilfe. Die jungen kräftigen Männer — seitdem die Aushebung von
Christenkindern abgesdiafft war, fehlte es daran nicht — gingen in die
Berge und schlössen sich dort zu Bünden unter der Führung eines
Hauptmannes zusammen. Ihre Aufgabe war der Kampf gegen die Türken
und die mit den Türken verbündeten Arnauten und Renegaten. Man
nannte diese Freiheitskämpfer "Haiduken, Armatolen oder Xlepbten.
Der letztere Ausdrude („Diebe") zeigt schon, wie wir uns diese Bünde
vorzustellen haben: als Räubermannschaften, die im Bewußtsein ihres
inneren Rechtes den türkischen Zwingherren durch Raub und Plünde-
rung möglichst viel zu schaden suchten. Diese Freischärler hatten ihr
eigenes Gesetz, das dem Rechtsbewußtsein des Volkes entsprach. Das
Volk sah in ihnen die Vorkämpfer seiner Sache gegenüber den verhaßten
Türken. Und die Volksdichtung hat diese Haiduken und Klephten in
ihren schönsten Liedern besungen.
Im 17. Jahrhundert kam es vielerorts zu anarchischen Zuständen.
Kriegerische Bergstämme, die nie eigentlich unterworfen gewesen waren,
machten sich nun vollends selbständig. So die Stämme Montenegros und
Nordalbaniens. Im 18. Jahrhundert steigerte sich dieses innere Chaos
im osmanischen Reiche noch. Raubzüge der albanischen Stämme ver-
breiteten Furcht und Schrecken in den umliegenden westbalkanischen
Landschaften. Ehrgeizige Provinzstatthalter machten sich von der Pforte
völlig selbständig. So hat von der Mitte des 18. Jahrhunderts an
die albanische Familie der Busdiatlija das Paschalik Skutari innege-
habt; die Pforte war nicht imstande, diese mächtigen Statthalter zu
vertreiben.
*

Zu diesen inneren Schwächen kam riesengroß die äußere Gefahr: die


europäischen Großmächte machten Miene, sich zum Schutze der „Rajah"
in die inneren Verhältnisse des osmanischen Reiches einzumischen. Die
Selbständigkeitbestrebungen der einzelnen Provmzstatthalter und der
unterworfenen Völker wurden geschickt durch die Diplomatie Venedigs
und Halbsiburgs geschürt. Von beiden erwartete man die Befreiung.
Venedigs Eingreifen war an zwei' Stellen von großer Bedeutung für das
nationale Erwachen der Balkanvölker: in Montenegro und Morea.
In Montenegro (Crncujora) hat das Eingreifen Venedigs eigentlich
22«
340 Montenegro. Herzog von Nievers

erst die Entstehung eines selbständigen Staates ermöglicht. In dem


Lande der „Schwarzen Berge" hat sich unter Anlehnung an das be-
nachbarte venezianische Süddalmatien die geistliche Gewalt eines
Bischofs zunächst zu einer Art von Kirchenstaat fortentwickelt, aus dem
sich dann durch Beseitigung der entgegenstehenden Stammesgewalten ein
unabhängiger weltlicher Staat mit innerer und äußerer (völkerrecht-
licher) Souveränität herausbildete.
Auch das Gebiet von Montenegro war zu Ende des 15. Jahrhunderts
unter osmanische Herrschaft geraten. Von jenem Zeitpunkt an wurde
der orthodoxe Bischof von Cetinje der Vertreter und Wortführer der
montenegrinischen Gebirgsstämme gegenüber dem türkischen Statt-
halter (Pascha), der in dem benachbarten Skutari saß. In dem Gebiet
von Cetinje (Nieder-Montenegro) ließen sich auch bald zahlreiche
Muslimanen nieder, die der Gerichtsbarkeit ihrer eigenen "Kadis unter-
standen. Die kriegerischen Bergstämme Ober-Montenegros blieben da-
gegen frei. Die Pforte begnügte sich zunächst mit einer nominellen An-
erkennung ihrer Oberhoheit. Als dann ein türkisches Heer den Versuch
machte, auch diese Bergkantone zu unterwerfen, erlitt es eine schwere
Niederlage (1604). Auch weitere türkische Feldzüge blieben erfolglos.
Die „Schwarzen Berge" behaupteten ihre Freiheit. Damals tauchte sogar
schon der Plan auf, von Montenegro aus alle christlichen Balkanvölker
zu befreien. Der Urheber dieser Bestrebungen war ein merkwürdiger
politischer Abenteurer: der Herzog von Nevers, der mit der Behauptung,
er stamme von dem byzantinischen Kaiser Andronikos II. Paläologos ab,
Ansprüche auf den byzantinischen Kaiserthron erhob. Im Jahre 1614 be-
schloß eine Versammlung serbischer und albanischer Großen, den Papst
um Hilfe zur allgemeinen Befreiung von der türkischen Zwingherrschaft
zu bitten. Ein genau ausgearbeiteter Plan wurde aufgestellt, der auch das
Zusammenwirken mit dem kriegsberühmten Stamm der Chimarioten in
Südalbanien vorsah. Der Herzog von Nevers 'brachte tatsächlich eine
Liga der christlichen Mächte zusammen. Die Kurie, Spanien und der
Malteserorden wollten ihn mit Geld, Schiffen und Mannschaften unter-
stützein. Audi Genua war dazu geneigt. Und sogar das tapfere Bergvolk
der Maniaten in Morea wurde für die Beteiligung gewonnen. Zahlreiche
orthodoxe Bischöfe schlössen sich der Verschwörung an. Der Herzog
gründete den Orden der „christlichen Miliz" für das in Kreuzzugsform
geplante Unternehmen und erbaute aus eigenen Mitteln fünf große
Linienschiffe. So war alles zum Losschlagen bereit, als plötzlich die fünf
Aufstieg des Bisdiofs von Cetinje 341

Linienschiffe des Herzogs von unbekannter Hand vernichtet wurden.


Damit brach der ganze Plan zusammen (1620).
In der folgenden Zeit fanden die montenegrinischen Stämme in ihren
Kämpfen Unterstützung bei Venedig und Habsburg. 1687 fochten die
Montenegriner und Venezianer gemeinsam in den Bocche di Cattaro.
1688 kämpften Montenegriner mit bei der venezianischen Eroberung von
Morea. 1689 und 1690 kämpften die Montenegriner und Nordalbaner
auf österreichischer Seite in Altserbien. Nach dem Scheitern des öster-
reichischen Feldzuges schloß sich der serbische Patriarch von Petsch,
Arsenije III. Cernojewitsch mit 37000 serbischen Familien, die die Rache
der Osmanen fürchteten, dem österreichischen Rückzug an. Diese Serben
erhielten in Südungarn neue Wohnsitze zugewiesen.
Damals begann auch bereits der Aufstieg des Bischofs von Cetinje als
des politischen Führers der Montenegriner. Im Jahre 1697 wurde der
Mönch Danilo Petrowitsch Njegosch zum Bischof (Wladika) gewählt. Er
wurde der Begründer der bis zum ersten Weltkrieg regierenden montene-
grinischen Dynastie. Seine erste Tat bestand darin, daß er in einer Art
von nationaler Bartholomäusnacht am ¡heiligen Abend des Jahres 1702
alle Muslimanen in Montenegro ermorden ließ. Dadurch wurde der natio-
nale Gegensatz zwischen Montenegrinern und Türken bis zur Siedehitze
gesteigert. Die hochmütigen Montenegriner ließen es audh nicht an Ver-
achtung für die Türken fehlen. Bezeichnend ist folgender Vorfall: Im
Jahre 1706 wurden 157 Türken (darunter 36 Vornehme) gefangen. Die
Montenegriner machten ihnen den höhnischen Vorschlag, sich für 157
Schweine loszukaufen, denn: „Ein Schwein für das andere!" — gegen-
über Muslimanen, denen die Schweinezucht und das Essen von Schweine-
fleisch durch den Koran verboten ist, eine besondere schwere Beleidigung.
Den stolzen Türken blieb schließlich doch nichts anderes übrig, als auf
diese demütigende Vereinbarung einzugehen.
Die folgenden Jahrzehnte waren auch weiterhin durch unaufhörliche
Kämpfe mit den Türken ausgefüllt. Den Montenegrinern gelang es dabei,
durch Anlehnung an die auswärtigen Großmächte Venedig, Österreich
und Rußland und gestützt auf die Unzugänglichkeit ihrer Bergkantone,
ihre Freiheit zu verteidigen. Im Verlaufe dieser Kämpfe rückte der
Bischof von Cetinje bald vom geistlichen Berater zum politischen Führer
der montenegrinischen Eidgenossenschaft auf.
Noch stärker war der Einfluß Venedigs auf das Griechentum. In den
griechischen Besitzungen des venezianischen Kolonialreiches erlebte die
342 Anfänge des nationalen Erwachens bei Griechen und Serben

neugriechische Volksliteratur ihre erste große Blütezeit, zunächst auf


der Insel Kreta, wo das Epos „Erotokritos" von Vincenzo Cornaro, dem
„neugriechischen Homer"', entstand, dann auf Korfu und den anderen
jonischen Inseln. Dort hat sich die geistige Weiterentwicklung des
griechischen Volkes vollzogen, während das griechische Volkstum auf
dem Festland durch die osmanische Herrschaft noch lange von der Be-
rührung mit dem Abendlande abgeschnürt war. Auf dem Wege über
das venezianische Kolonialreich drangen die fortschrittlichen Ideen des
Abendlandes in das Bewußtsein des griechischen Volkes ein. Am stärksten
hatte in dieser Hinsicht die kurze Zeit venezianischer Herrschaft in
Morea gewirkt. In den Jahren 1684—1687 hatte der venezianische Feld-
herr Francesco Morosäni die Halbinsel für die Republik Venedig erobert.
Freilich ging sie schon im Friedensschluß von Passarowitz (1718) wieder
an die Osmanen verloren. Aber diese drei Jahrzehnte venezianischer
Verwaltung auf Morea haben genügt, um die Kultur des Landes und
seiner Bewohner mächtig zu heben und so die nationale Befreiung vor-
zubereiten. Die venezianische Herrschaft hat dort ein großes Stück kul-
tureller und politischer Erziehung vollbracht. So war es kein Zufall, daß
der große griechische Freiheitskrieg von dort seinen Ausgang nahm (vgl.
unten S. 368).

Ähnlich verdankten auch die Serben den entscheidenden Anstoß zu


ihrem nationalen Erwachen der Berührung mit der Außenwelt. Die
mächtige Entfaltung des serbischen Nationalbewußtseins, die sidi be-
reits in mittelosmanischer Zeit ankündigte, wäre ohne die ständige und
enge Berührung mit dem benachbarten Habsburgerrekhe nicht möglich
gewesen. Auf habsburgischem Boden hat sich dieses Nationalbewußtsein
zuerst geregt, nämlich in der österreichischen „Militärgrenze".
Hier lebten serbische und kroatische Milizsoldaten ganz in eigener
Selbstverwaltung, aber unter strengstem militärischen Kommando, von
den Deutschen und anderen Völkern durch diese Militärverwaltung
abgeschlossen, gegen die Türken stets zur Grenzverteidigung auf der
Wacht. Es war natürlich, daß die „Grenzer" in solcher Lage sich ihrer
nationalen Eigenart besonders bewußt werden mußten. Dieser Auf-
bruch des Nationalbewußtseins kommt besonders in der sog. Erlanger
Liedersammlung zum Ausdruck, die um 1720 im Bereiche der halbsburgi-
schen Militärgrenze entstanden ist.
Ähnliche Folgen hatte die kurze Zeit der österreichischen Herrschaft
in Nordserbien. In den zwei Jahrzehnten österreichischer Verwaltung
Arnauten in Verwaltung und Heer 343

zwischen dem Frieden von Passarowitz (1718) und dem Frieden von
Belgrad (1739) hielten deutsche Kultur und Verwaltung ihren Einzug;
die allgemeine Unsicherheit wich geordneten Verhältnissen. Belgrad
wurde eine deutsche Stadt. Diese Eindrücke der österreichischen
Herrschaft überdauerten auch den baldigen Abzug der Österreicher. In
der serbischen Bevölkerung des österreichischen Okkupationsgebietes
blieb ein starkes Selbstbewußtsein gegenüber den Türken zurück. Man
fühlte sich in einer gewissen Zugehörigkeit der Sache Österreichs ver-
bunden. Und man erwartete von Österreich die nationale Befreiung.
*

Schon in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts schien das osmanische
Reich am Rande des Abgrundes zu stehen. Da setzte nochmals eine
Erneuerung ein, die das Werk der tatkräftigen Wesire aus der Familie
der Köprülü war (die „Restauration der Köprülü"). Diese Reichserneue-
rung ging bezeichnenderweise von einer balkanischen Aufstiegsgeneration
aus. Seit Menschenaltern schon führte die Islamisierung der osmanischen
Reichsnation neue Volkstumskräfte zu. Im 16. Jahrhundert waren es
Bosnier gewesen, vom Ausgang des 16. Jahrhunderts ab begannen dann
albanische Renegaten mehr und mehr eine hervorragende Rolle in der
Verwaltung und im Heer des osmanischen Reiches zu spielen. Ge-
rade in der Armee erlangten die Albaner vermöge ihrer angeborenen
Kriegstüchtigkeit eine bedeutende Stellung. Schließlich gelangten sie als
„Arnauten" in den Ruf, die besten Soldaten des Reiches zu sein. Aber
auch in die höhere Verwaltung drangen die Albaner schon verhältnis-
mäßig früh ein. Bereits um 1590 waren zahlreiche Wesire Albaner. Im
17. Jahrhundert wurden dann die Albaner neben den Türken die wich-
tigsten Träger der osmanischen Reichsnation. Durch die Islamisierung
wurde auch eine erneute siedlungsmäßige Ausbreitung der Albaner be-
günstigt, die um 1600 stärker einsetzte, im 18. Jahrhundert ganz große
Ausmaße erreichte und bis zum Balkankrieg (1912) andauerte. Durch
diese Siedlungsbewegung wurde vor allem der größte Teil Westmaze-
doniens und der altserbischen Beckenlandschaften nach Verdrängung der
bisherigen slawischen Bevölkerung albanischer Siedlungsboden. Außer-
dem breitete sich eine diasporaartige dünne arnautische Volkstumsschicht
über das weite osmanische Reich aus. In allen Provinzen entstanden
arnautische Garnisonen. Und ebenso wie das Netz arnautischer Garni-
sonen bedeckte auch eine dünne albanische Herrenschicht (in Armee und
344 Entstehung der orientalischen Frage

Verwaltung) fast das ganze Reich (über diese albanische Siedlungsaus-


breitung vgl. Karte 11, S. 2 0 4 ) .
Albanischer Abstammung waren wahrscheinlich auch die Köprülü,
die Retter und Erneuerer des osmanischen Reiches. Mohammed Xöprüiü
schuf im Innern Ordnung, indem er die Selbständigkeitsgelüste der
großen Provinzstatthalter in Blut erstickte. Seinem Sohn und Nachfolger
Achmed Köprülü hinterließ er eine schlagkräftige Armee, so daß dieser
darangehen konnte, die osmanische Macht noch weiter auszubreiten. Es
war dies der letzte Vorstoß der osmanischen Machtausbreitung. 1664
wurde der wichtige ostungarische Waffenplatz Groß wardein genommen.
Nach einem 24jährigen erbitterten Krieg ( 1 6 4 5 — 1 6 6 9 ) wurde den
Venezianern die wichtige Insel Kreta entrissen; dann wurde im Kampf
gegen Polen auch Podolien erobert ( 1 6 7 2 ) .
Durch solche Waffenerfolge ermutigt, wagten die Osmanen im Jahre
1683 den erneuten Angriff unter dem Großwesir Xara 9/lustafa. Nach
dem Scheitern und der großen Niederlage vor Wien setzte dann der
große deutsche Gegenstoß ein, der ganz ^Ungarn den Osmanen entriß
und darüber hinaus sogar die innerbalkanischen Provinzen gefährdete
(Vordringen deutscher Truppen bis tief nach Mazedonien und Bul-
garien). Es zeigte sich, daß die Restauration der Köprülü doch zu keiner
bleibenden Reichserneuerung geführt hatte. Das osmanische Reich er-
schien nach außen wehrlos, dem Untergang geweiht und zur Aufteilung
reif. Die Frage — die „orientalische frage" — war nur, wer diese Erbschaft
antreten sollte: der habsburgische Gesamtstaat, der durch die Gewinnung
Ungarns jetzt an Umfang und Macht gewaltig angewachsen war, oder
die neue Großmacht Rußland, die sich unter Peter dem Großen im
Nordosten drohend erhob, der osmanischen Herrschaft doppelt gefähr-
lich, weil dieses orthodoxe Rußland als Schutzmacht der orthodoxen
Balkanvölker auftreten konnte.
Das 18. Jahrhundert brachte nach außen eine Anzahl Kriege mit
Österreich und der jungen russischen Großmacht, die freilich nur zu
einer einzigen Machtverschiebung von bleibender Bedeutung führten:
Rußland gewann unter Katharina II. das Chanat der Krim (umfassend
die Halbinsel Krim und die Küstengebiete zwischen dem unteren Dnjepr,
dem unteren Don und dem unteren Kuban), das bis dahin noch unter
osmanischer Oberhoheit gestanden hatte (1783). Das Schwarze Meer
hörte nunmehr auf, ein osmanisches Binnenmeer zu sein, Rußland besaß
dort seitdem die Vorherrschaft. Sonst vermochte das osmanische
Agrarfeudalismus. Derebeys 345

Reich von dem Frieden von Karlowitz (1699) bis zu Anfang des
19. Jahrhunderts seinen territorialen Besitzstand zu bewahren.
*

Im Innern kam es nunmehr zur völligen Auflösung. Alle jene reichs-


feindlichen Tendenzen, die sich bereits nach dem Tode Süleimans II.
d. Gr. gezeigt hatten, konnten sich nunmehr hemmungslos auswirken.
Der Agrarfeudalismus wurde zur riesengroßen inneren Gefahr. Die
großen Grundherren rafften mit unrechtmäßigen Mitteln gewaltige
Ländereien zusammen. Sie geboten über ganze Landschaften, ja über
große Provinzen nur kraft ihrer Gmndheirschaft. Sie hielten sich stattliche
Privatarmeen und bauten sich in der Provinz ihre prunkvollen Resi-
denzen. Die Hoheitsträger des Reiches in den Provinzen waren gegen-
über diesen Magnaten und ihrem selbständigen Treiben machtlos. Die
Reichsgewalt suchte sich dadurch zu helfen, daß sie gute Miene zum
bösen 'Spiel machte und diese Magnaten mit staatlichen Ämtern be-
lehnte. Auf ihre Treue war nicht zu bauen. Mit Gewalt aber konnten
diese Provinzmagnaten nur dadurch niedergeworfen werden, daß einer
gegen den andern ausgespielt wurde. Wo es möglich war, ließ man auch
gefährliche oder gefährlich scheinende Provinzgrößen durch bestellten
Meuchelmord beseitigen. Bei Ausbruch des großen russisch-türkischen
Krieges (1768—1774) versagte das Aufgebot der Lehensmiliz völlig. Im
Westbalkan und in Anatolien waren damals die Verhältnisse besonders
schlimm. Ein ganz riesenhaftes und für die Zentralgewalt gefähr-
liches Ausmaß nahm der Agrarfeudalismus in Anatolien an. Die großen
Grundherren, für die sich dort die nichtamtliche Bezeichnung „Derebeys",
d. h. Talfürsten, einbürgerte, gründeten geradezu eigene Dynastien.
Ihre Großgrundbesiitzungen umfaßten weite Gebiete, auf denen sie
recht beträchtliche Privatarmeen unterhielten. Die mächtigsten dieser
Deröbey-Familien waren:
1. Die Kara Osmanoglu in Aidin, Manissa und Bergama. Ihr Gebiet
umfaßte die Sandschake Sahuran und Aidin. Ihr Einfluß reichte bis nach
Smyma und Brussa. Kara Osmanoglu konnte ein Lehensaufgebot von
20 000 Panzerreitern aufstellen, aber er verweigerte dem Sultan die be-
fohlene Heeresfolge.
1. Die Tschapan (Tschapar) Oglu von Bozok, die die Sandschake
Bozok, Kaisarie, Amasia, Ankara, Nigde und zur Zeit ihrer größten
Machtfülle auch Tarsus beherrschten.
346 Selbständigkeitsstreben der Provinzstatthalter

3. Die Familie des Ali Pasdia von Dschanik in Trapezunt und Um-
gebung.
4. Die Eliasoglu von Kuschadasi (bei Ephesus), die das Sandsdiak
Mentesche beherrschten.
Zu Anfang des 19.Jahrhunderts war es in dieser verhängnisvollen
Entwicklung so weit gekommen, daß im gesamten Anatolien nur noch
die Statthalterschaften (Eyalete) Karaman und Anadolu von Statthaltern
der Pforte verwaltet wurden. Erst der Reformsultan Mahmud II. hat die-
sen Zuständen ein Ende gemacht.
Zu dem Ausgreifen des Agrarfeudalismus kam das Selbständigkeits-
streben der großen Provinzstatthalter, die fern von der Reichshauptstadt
ihre tatsächliche Unabhängigkeit behaupteten. Sie stützten sich auf den
Grundbesitz, der* sie zusammenrafften, auf ihr Söldnerheer und auf das
Bündnis mit anderen, ebenso unabhängigen Provinzstatthaltern. Ihre
Agenten in Stambul wußten durch Bestechungsgelder oder auch durch
Meuchelmord dafür zu sorgen, daß der Statthalter trotz allem die Gunst
des Hofes nicht völlig verlor. So lebten die Provinzen ihre eigene Ge-
schichte; die Randprovinzen formten unter der Decke der Reichs-
zugehörigkeit ihre spätere Staatlichkeit aus. Die bedeutendsten dieser
selbständigen Provinzstatthalter — Ali Pascha von Janina und Mehmed
Ali Pascha von Ägypten — beide waren Albaner — haben eine wirkliche
Staatlichkeit mit Territorium, Verwaltung, Armee und Gesandtschafts-
wesen geschaffen, die auch in die große europäische Geschichte hinein-
spielte. Der diplomatische Entscheidungskampf zwischen Napoleon und
England wurde auch an diesen beiden Paschahöfen ausgetragen. In
Skutari hatte die Familie Buschatlija — ebenfalls albanische Empor-
kömmlinge — fast ein volles Jahrhundert (1752—1832) die Pascha-
würde inne, ein Erbfürstentitm der Buschatlija schien sich herauszubilden.
Die Versuche der Sultane, diese Paschadynastie zu beseitigen, waren
vergeblich. In seiner Provinz war der Pascha stärker als die Zentral-
gewalt in der fernen Reichshauptstadt. Die unbequeme und gefährliche
Paschadynastie in Skutari mußte ein Jahrhundert lang geduldet werden.
Ein weiterer verhängnisvoller Faktor, der zur fortschreitenden inneren
Auflösung des Reiches mitwirkte, war die Entfesselung der kriegerischen
Bergstämme an den Grenzen des Reiches — im Westen der Albaner, im
Osten der Kurden. Jahrhunderte hindurch hatte eine starke Zentral-
gewalt die angeborene Rauflust dieser Stämme gebändigt. Mit der zu-
nehmenden inneren Anarchie in den Provinzen war für diese Raub-
.Konföderation von Anarchien" 347

Stämme die Möglichkeit gekommen, die umliegenden Landschaften in


ständigen Plünderungszügen heimzusuchen und das eigene Volks-
gebiet terrorartig auszubreiten. So haben die Albaner iim 17. und 18. Jahr-
hundert Westmazedonien und die altserbischen Beckenlandschaften be-
setzt. In Armenien übten die großen Kurdenhäuptlinge eine geradezu
schrankenlose Willkürherrschaft aus. Die gelegentliche Anwendung von
drakonisdien Mitteln war nicht imstande, der Autorität allgemeine und
ständige Anerkennung zu schaffen. Dazu kamen an der Wende des
18. und 19. Jahrhunderts in Anatolien und Rumelien die Raubzüge irre-
gulärer Banden. (Xrdsdhatien, T>agblien), die ganze Landschaften zur
Wüste machten. Die Bekämpfung dieser Zersetzungserscheinungen hat
erst der Reformsultan Mahmud II. mit Entschlossenheit und Erfolg
unternommen.
So bot das osmanische Reich gegen Ende des 18. Jahrhunderts ein
merkwürdiges Bild: es bröckelte langsam in einzelne Gebiete auseinander,
die Statthalterschaften und die großen Grundherrschaften der Provinzen
zeichneten sich bereits als werdende Landesfürstentümer hinter der
äußerlich noch eindrucksvollen Fassade des Reiches ab. Das Reich schien
nur noch eine lose zusammenhängende „Konföderation von Anarchien"
(Lamartine), zusammengehalten mehr durch das Trägheitsmoment, das
allem Bestehenden innewohnt, als durch eine wirksame Reichsgewalt.
Auch in der Reichshauptstadt hatte der Sultan nicht mehr alle Macht
in der Hand. Die Janitscharen hatten mittlerweile mit dem Verfall ihrer
strengen Männerbundverfassung längst ihren Elitecharakter verloren,
und sich aus ihrer großen Vergangenheit nur ihr Maditbewußtsein be-
wahrt, das sich nun nicht mehr gegen den äußeren Feind, sondern gegen
die eigene Zentralgewalt wandte.
*

Nur aus dieser inneren Anarchie sind die Aufstände der Balkanvölker,
ihr Erfolg und ihre Staatsbildung verständlich. Während das Reich in
innerer Auflösung lag, erstarkten die unterworfenen Balkanvölker ständig.
Im Kampf an der Volkstumsgrenze war das balkanische Bauerntum
schon zu Ende des 18. Jahrhunderts im Vordringen; das türkische
Bauerntum, das in altosmanischer Zeit kolonisierend eingedrungen war,
begann nun zurückzuweichen. Gleichzeitig stieg das Selbstbewußtsein
der Balkanvölker durch die Rüdebesinnung auf die eigene Geschichte
(Otec Paisi) und durch die Berührung mit den neuen Ideen, die von
348 Osmaniisdie Refonmbewegung

Westen her eindrangen. So bereiteten sich die Völker zum Freiheits-


kampfe vor, unterstützt von den fremden Großmächten: Habsburg —
Venedig — Rußland.
Gegen diese drohende Gefahr erhob sich in Konstantinopel die Re-
formbewegung, deren Anfänge im Schatten der französischen Revolu-
tionsideen liegen. Der erste Reformer auf dem Sultansthron, Selim III.
(1789—1807), war bei seinen Reformen beraten von General Sebastiani,
dem Gesandten Napoleons I. Sein Ziel war es, das osmanische Reich
durch die Übernahme von fortschrittlichen westlichen Einrichtungen
(Militärreform, Finanzreforrn, Verwaltungsreform) zu einem modernen
Staat zu machen. Seine Bestrebungen scheiterten an dem Widerstand
der Janitscharen, des reaktionären Klerus und der reaktionären Hof-
partei. Der Sultan wurde wegen seiner Reformen als Glaubensneuerer
und Ketzer verschrien; unter der Parole der Gläubensverteidigung sam-
melte sich die Reaktion. Eine Empörung zwang ihn zur Rücknahme der
Reformgesetze. Damit aber war die Reaktion nicht zufrieden. Er wurde
in aller Form abgesetzt. Ein Fetwa des Scheich-ül-Islam erklärte ihn als
Ketzer des Thrones verlustig (1807). Bald darauf wurde er erdrosselt
(1808).
Der notwendige Gang der Entwicklung aber ließ sich nicht mehr
aufhalten. Was Selim III. so unglücklich begonnen, das wurde von
seinem mittelbaren Nachfolger Mahmud II. (1808—1839) mit Um-
sicht, Klugheit, Zähigkeit und mit mehr Glück durchgesetzt. Er wurde der
Bahnbrecher der Reformen (Jansimat), er steht am Beginn der hundert-
jährigen Ära der Reformen, an deren Ende als Vollender Kemal Atatürk
steht. Wie Peter I., mit dem er sich gerne verglich, so war auch Mah-
mud II. ein Gewaltmensch. Nur mit rücksichtslosen Gewaltmitteln —
Meuchelmord durch Staatsorgane war eines der geläufigsten Mittel — ist
es ihm gelungen, der Anarchie in den Provinzen einigermaßen Herr zu
werden. Die großen Feudalherren, deren Macht vor allem in Anatolien
und im Westbalkan bedeutend war, wurden niedergeworfen. Sie unter-
warfen sich oder der Reihe nach trafen ihre Köpfe in Konstantinopel
ein. Am entscheidendsten aber war die Militärreform. Der Sultan hatte
sich .dieses Mal die Unterstützung der Geistlichkeit verschafft. Und als
sich die Janitscharen wiederum gegen die Reformen empörten, da hatte
sich das Blatt gewendet. Diesesmal wurden sie als Ketzer erklärt, der
heilige Glaubenskrieg wurde gegen sie ausgerufen. "Das Janitscharen-
korps wurde durch ein Massaker buchstäblich ausgerottet (1826). Damit
Refonmen (Tansvmat) 349

war grundsätzlich der Sieg der Reform entschieden. Aber in der Praxis
waren die Reformen nur schrittweise möglich. Nur langsam konnte das
Trägheitsmoment des Bestehenden überwunden werden. Und die Un-
zulänglichkeit der Verwaltung, d. h. die Korruption, trug am meisten
dazu bei, die Reformen praktisch zu verlangsamen. Was in der Haupt-
stadt an Neuerangen beschlossen wurde, blieb in der Provinz noch lange
Theorie. Mahmud II. begann mit der Reform des Heeres, das nach
europäischem Muster umgewandelt werden sollte. Preußische Instruk-
tionsoffiziere unterstützten ihn (Hauptmann v. Moltke, der später e
Feldmarschall damals in der Türkei). Ein allgemeines Reichsgesetz,
der Jiatti-i-sdherif von Qüihane (1839) bedeutete den ersten Anfang
einer verfassungsmäßigen Regierungsweise. Die Nachfolger Mahmuds II.
führten langsam, zögernd, schrittweise die Reformen auf dem einmal
beschrittenen Wege weiter. 1856 sicherte ein neues Reichsgesetz, der
yiatti-i-Jlumajun, den Christen die volle Gleichberechtigung zu. Zahl-
reiche andere Reformgesetze folgten.
Diese Reformen haben indes die innere Krise des Reiches nicht be-
hoben, sondern nur in ihrer ganzen Schärfe aufgedeckt. Sie nahmen
einen Stein nach dem andern aus dem alten Bau, ohne daß wirklich
tragkräftige neue Steine eingemauert wurden. Denn die Übernahme
westlicher Anschauungen und Einrichtungen blieb doch auf halbem
Wege stehen und war daher unwirksam. So drohte gerade infolge
der Reformen dem gesamten Bau des Reiches erst recht der Einsturz.
Die Neuerungen haben eine natürliche Entwicklung nicht aufhalten können,
sondern sie haben die innere Krise des Reiches aller Welt offenkundig
gemacht und dadurch die Auflösung des Reiches nur noch beschleunigt.
Durch die Reformen wurde die Nationalitätenfrage erst recht bren-
nend. Der allgemeine Grundsatz der Zweischichtigkeit des Reiches —
Einteilung in Muslimanen und Nichtmuslimanen — wurde aufgegeben.
Damit entstand die Frage nach der politischen Rechtsstellung der christ-
lichen Reichsbevölkerung. Die Versuche der Sultansregierung, durch Re-
formen dem Nationalismus der erwachenden Balkanvölker den Wind
aus den Segeln zu nehmen, waren vergeblich. Das Reich aber konnte
den Nationalismus der Rajah nicht grundsätzlich anerkennen,. es konnte
sich auch nicht mit dem erwachenden türkischen Nationalismus identisch
erklären, denn dies hätte bedeutet, daß dann bei dem Fehlen eines über-
nationalen Bandes der Rahmen des Reiches durch den Nationalismus der
Einzelvölker, zu denen nunmehr auch das türkische Herrenvolk herab-
350 Auseinaruderhrödieln des osmanischen Reiches

stieg, auseinandergesprengt worden wäre. Eine Situation, ähnlich wie im


habsburgischen Gesamtstaat. Und so wie man dort eine österreichische
Reichsnation proklamierte, so versuchte man hier eine osmanische Reichs-
nation— Muslimanen und Ntehtmusdämanen umfassend — zu prokla-
mieren. Ein Versuch, der sdieiterte.
Das Auseinanderbrödceln des Reiches schritt weiter. Eine Randprovinz
nach der andern riß sich los. Montenegro war sdion früher tatsächlich
unabhängig geworden: als ein Bund von Bergstämmen unter der Führung
deä Bischofs von Cetinje. Es folgten die Seiiben, deren Erhebung (1804)
aus der lokalen Auseinandersetzung zwischen dem Pasdia von Belgrad
und den dortigen Janitscharen entstand. In einer Reihe von Aufständen
errangen sie sich, ihre Autonomie, die dann schrittweise zur völkerrecht-
lichen Unabhängigkeit ausgebaut wurde.
Kapitel 22

D i e A n f ä n g e der b a l k a n i s c h e n U n a b h ä n g i g k e i t s b e w e g u n g
und der g r i e c h i s c h e F r e i h e i t s k a m p f
(1821 — 1829)

Das völkische Selbstbewußtsein der Balkanvölker, seit Jahrhunderten


unterdrückt, hat unter der Oberfläche der osmanischen Herrschaft weiter-
gelebt. Seine Träger waren die Volkskirche, das nationale Haiduken-
tum und die lokalen Autonomien. Die konfessionelle Zweischichtig-
kei,t des Reiches brachte es mit sich, daß die muslümanische Herren-
schicht sich grundsätzlich überhaupt nicht um die religiös -kirchlichen
Verhältnisse der Rajah kümmerte. Die Xirdhe hatte ihre kulturelle
Autonomie. Da die Kirche im Osten aber nicht übervölkische Welt-
kirche, sondern nationale Volkskirche ist, bedeutete dies für die geistige
Selbstbehauptung der Balkanvölker ungeheuer viel. Nur im Schutze der
Kulturautonomie ihrer Volkskirchen konnten die Balkanvölker ihr eigenes
geistiges Leben in bescheidener Form weiterretten. Die Bischöfe waren
die Wortführer und Vertreter des Volkes gegenüber dem Staat. Aus dieser
politischen Mittlerrolle des Bischofs zwischen Rajah und Pascha konnte
sich in Montenegro ein bischöflicher Kirchenstaat entwickeln, der dann
im 19. Jahrhundert zu einem modernen europäischen Territorialstaat
wurde. Das Eingreifen der griechisch-orthodoxen Reichskirche im Dienste
der kulturellen Gräzisierung und ihre Angriffe auf die nationalen Volks-
kirchen hat nicht viel daran zu ändern vermocht. Denn das Mönditum,
das im ostkirchlichen Bereich als religiöser Führer des Volkes eine be-
sondere Rolle spielt, blieb immer national und von der Gräzisierung
verschont.
Die rHaiduken (bei den Griechen Xlephten genannt) sind Räuber, die
aus der Feindschaft gegen die Fremdherrschaft in die Berge gehen, dort
Banden bilden und durch Überfälle und Raubzüge dem fremden Unter-
drücker zu schaden suchen, wo es geht. Die Gloriole des nationalen
Vorkämpfers umgibt sie, und zahllose Volkslieder singen von ihren
Heldentaten. Sie sind Rächer und Helfer des Volkes gegen die Fremd-
herrschaft, sie raüben den türkischen Pascha aus, um mit dem geraubten
Gut dem armen Volksgenossen zu helfen. Haidukentum ist heldische Be-
352 Valkdkirdie — Hakkiken — lokale Autonomie

Währung im Kampfe gegen den nationalen Feind. Das Haidukentum


ist dadurch eine wesentliche Voraussetzung der späteren nationalen
Freiheitskämpfe geworden.
Ein anderer Träger völkischer Selbstbehauptung in osmanischer Zeit
war die lokale Autonomie. Einzelne Dörfer (Kriegerdörfer, Paßwächter-
dörfer, Falknerdörfer, Sultansdörfer u. a.) und Gaue (Bergkantone und
Talschaften) behielten auch unter osmanischer Herrschaft ihre innere
Selbstverwaltung unter eigenen Knesen und Häuptlingen. W i e selb-
ständige Kleinstaaten lebten sie ihre eigene Geschichte, abseits von der
Weltgeschichte und nur wenig berührt von der Reichsgeschichte. Vor
allem war dies so in der Gebirgszone des dinarischen Westbalkans, wo
die Stämme von der Provinzverwaltung praktisch unabhängig blieben.
Im 18. Jahrhundert rührte sich unter den balkanischen Völkern überall
der Wille zur Wiedererringung der verlorenen Freiheit. D e r zunehmende
innere Verfall des osmanischen Reiches und die Siege der benachbarten
christlichen Großmächte Österreich, Venedig und Rußland rückten die
Hoffnung auf das Ende der verhaßten Zwingherrschaft in greifbare
Nähe. Ini Anlehnung an Venedig hatten sich die Montenegriner und die
peloponnesischen Griechen bereits früher für ihre Freiheit erhoben
(vgl. oben S. 341 f.). Die Serben hatten in der kurzen Zeit der öster-
reichischen Herrschaft die Luft der Freiheit atmen gelernt. So wandte
sich die Sehnsucht der Balkanvölker nach dem Westen.
Auch bei den Rumänen ist der nationale Aufbruch von der Berührung
mit Österreich ausgegangen. In Siebenbürgen hat sich das rumänische
Nationalbewußtsein zuerst herausgebildet. Die dortigen Rumänen waren
neben den drei geschichtlichen „Nationen" — Madjaren, Szekler, Sachsen
— eine politisch rechtlose Unterschicht. Ihre orthodoxe Volkskirche
wurde zwar stillschweigend geduldet, aber nicht gesetzlich anerkannt.
Der einzige W e g zur Erringung politischer Rechte führte über die kirch-
liche Union mit Rom, die nach der Rückgewinnung Siebenbürgens eifrig
durch die habsburgische Gegenreformation betrieben wurde. Auf den
Unionssynoden von 1697 und 1698 wurde die Wiedervereinigung der
rumänisch-orthodoxen Kirche Siebenbürgens mit Rom feierlich be-
schlossen. Gleichzeitig sicherten kaiserliche Versprechungen den Rumänen
eine erträgliche politische Lage zu. Diese Zusagen wurden jedoch nie
Wirklichkeit. D e r madjarische Adel wußte dies zu verhindern. D e r erste
Bischof der rumänisch-unierten Kirche ]oan "Micu (Baron Klein) ver-
zehrte sich im Kampfe um die seinem Volke versprochenen Rechte.
Siebenbürgische Rumänen 353

Schließlich legte er voller Resignation seine Bischofswürde nieder (1751).


In der dankbaren Erinnerung seines Volkes lebt er als nationaler Heros
fort unter dem Ehrennamen episcopul nostru („unser Bischof").
Auch nach seiner Abdankung hörte die politische Unruhe unter den
siebenbürgischen Rumänen nicht mehr auf. Man forderte im Namen
der Gerechtigkeit soziale und politische Reformmaßnahmen. Die Priester
— sowohl die orthodoxen als die unierten — wurden die Führer des
Volkes. Der Sprachgewaltigste unter ihnen, der Doctor Sofronie von
Cioara, mußte verhaftet werden, weil man eine allgemeine Erhebung des
rumänischen Landvolkes befürchtete.
Die Ausdehnung der Militärgrenzverfassung auf die rumänischen Land-
schaften Siebenbürgens (1761) schien den Rumänen die Verbesserung
ihrer sozialen Lage zu bringen. Die Rumänen sollten in Zukunft in den
kaiserlichen Grenzwachtregimentern dienen und dafür von allen fron-
bäuerlichen Lasten befreit sein. Eine gewaltige Steigerung des rumäni-
schen Selbstbewußtseins war die Folge dieser kaiserlichen Erklärung.
Auf Betreiben der madjarischen Grundherren wurde jedoch diese Ver-
ordnung rückgängig gemacht. Die Enttäuschung der rumänischen Bauern
entlud sich in einem Aufstand, an dessen Spitze Ursu Tioria trat (1784).
Diese Erhebung wurde im Blute erstickt und alles blieb beim alten. Nach
dem Tode Kaiser Josephs II. (1790) wagten die Rumänen erneut einen
Schritt, um die kaiserliche Regierung auf ihre schlimme Lage aufmerksam
zu machen. Sie überreichten dem neuen Kaiser Leopold II. eine Bittschrift
„Supptex libellus Vaiadborum transsylvaniensium", worin sie in aller
Ehrerbietung ihre Forderungen niedergelegt hatten. Wie bescheiden diese
Wünsche damals noch waren, geht schon aus der Tatsache hervor, daß
d.ie siebenbürgischen Rumänen es in dieser Bittschrift noch nicht wagten,
sich als „Nation" zu bezeichnen.
Auch die Forderungen dieses „Supplex libellus" wurden von dem
kaiserlichen Hof abgewiesen. Die Rumänen gaben nunmehr ihre bis-
herige Hoffnung auf, daß ihnen Wien gegen die madjarischen Magnaten
helfen würde. Sie ergriffen jetzt die Initiative auf geistigem und kulturel-
lem Gebiete. Nicht umsonst waren seit fast einem Jahrhundert junge
Rumänen als Zöglinge der Kirchenunion in den Seminarien Roms heran-
gebildet worden. Dort hatten sie nicht nur das päpstliche Rom, sondern
auch das antike Rom kennengelernt, das Rom Trajans, der Dazien
erobert und kolonisiert hatte. Diese jungen rumänischen Theologen
stellten nach der Rückkehr in ihre siebenbürgische Heimat bewußt
23 Stadtmüller, Geschichte Südosteuropas
354 Griechische und serbische Freiheitsbewegung

Trajan an den Anfang der rumänischen Geschichte. Auf sie geht eine
historische Tendenzliteratur zurück, die zunächst nur der nationalen
Erweckung und Aufklärung zu dienen hatte, dann aber schließlich auch
mit dem Anspruch der „Wissenschaftlichkeit" auftrat. Es entstanden
rumänische Volks- und Priesterschulen. Rumänische Druckereien wurden
errichtet. Verschiedene volkstümliche rumänische Zeitschriften begannen
zu erscheinen, alle demselben Ziele gewidmet: das rumänische Volk
zu nationaler Bewußtheit wachzurütteln.
Am Anfang des 19. Jahrhunderts griff dann das junge rumänische
Nationalbewußtsein von Siebenbürgen aus in die beiden Donaufürsten-
tümer hinüber. Auch dort ging die nationale Erweckung von einem
siebenbürgischen Rumänen aus: Qheortjhe Lazar.
*

Während so überall das Nationalbewußtsein der unterworfenen Völ-


ker aufloderte, war das osmanische Reich bereits in vollem Verfall. Das
nationale Räubertum der Haiduken, Armatolen und Klephten be-
herrschte die Gebirgslandschaften. Da und dort rebellierten in fast
ununterbrochener Folge einzelne Provinzstatthalter. Die osmanische Zen-
tralgewalt wußte sich in den Provinzen überhaupt nicht mehr oder nur
noch mit den zweifelhaftesten Mitteln Geltung zu verschaffen. Aber
diese Paschas, die ihre Provinzen vielfach wie unabhängige Landes-
fürsten regierten, waren für die Pforte nicht so gefährlich, wie die natio-
nalen Bewegungen in der Rajah, um so mehr als diese Bewegungen jetzt
von den auswärtigen Großmäditen unterstützt wurden.
Seit dem Anfang des 18. Jahrhunderts begannen die orthodoxen Bal-
kanvölker ihre Blicke nach dem glaubensverwandten Rußland, der neu-
auf steigen den Großmacht im Nordosten zu wenden. Als im Verlaufe
eines neuen russisch-türkischen Krieges (1768—1774) eine russische Flotte
im Ägäischen Meere erschien, da brach ein allgemeiner griechischer Auf-
stand aus. Im Frieden von Kütschük Kainardsche (1774) kam der
Ägäische Archipel zwar wieder unter osmanische Herrschaft, den auf-
ständischen Griechen wurde jedoch ausdrücklich volle Amnestie zuge-
sichert. Als Joseph II. in einen Krieg mit der Türkei geriet (1788), kämpf-
ten serbische Freischaren wieder auf österreichischer Seite mit. überall
brachen damals an den Rändern des osmanischen Reiches die nationalen
Bewegungen auf, sie entzündeten sich an der Berührung mit der Außen-
welt und in Anlehnung an die fremden Großmächte.
Anfänge der serbischen Erhebimg 355

Als erstes unter allen balkanischen Völkern erhoben sich die Serben
zum bewaffneten Aufstand, der sich freilich zunächst nicht gegen die
Herrschaft des Sultans, sondern gegen das Schreckensregiment der Jani-
tscharen richtete.
In Belgrad waren zu Ausgang des 18. Jahrhunderts die Janitscharen die
eigentlichen Herren. Der osmanische Pascha war ihnen gegenüber ohn-
mächtig. Am klarsten hatte sich dies schon darin gezeigt, daß Kaiser
Joseph II. lieber mit den Janitscharenführern, die sich nach deni Vorbild
der nordafrikanischen (barbaresken) Deys Vabi nannten, verhandelte,
als mit dem Pascha von Belgrad. Schließlich gelang es einem neuen
Pascha, das Oberhaupt der Janitscharen durch einen Meuchelmörder zu
beseitigen und danach die Janitscharen aus Serbien zu vertreiben. Sie
fanden jedoch einen Rückhalt an dem benachbarten Pascha Paswan
Ogblu von Widin, der nunmehr Serbien mit Krieg überzog. Der Pascha
von Belgrad Jiadsdhi !Mustafa, wußte sich bei der Schwäche der ihm
zur Verfügung stehenden Truppen gegen diese Gefahr nur dadurch zu
helfen, daß er die serbische Rajah bewaffnete. Es war ein folgen-
schwerer Schritt. Die Rajah im Besitz von Waffen, das war ein neues
und unerhörtes Bild. Das nationale Selbstbewußtsein der Serben mußte
dadurch mächtig steigen. Noch mehr trugen dazu die Siege der Serben
bei. Das Heer, das die serbischen Schulzen (Knesen) aufgestellt hatten,
blieb im Felde siegreich. Nachdem aber so die Janitsdiarengefahr ab-
gewehrt war, kehrten die Janitscharen doch wieder auf Grund eines
Mufti-Spruches nach Serbien zurück. Sie ermordeten den Pascha von
Belgrad und übten von neuem eine unbeschränkte Willkürherrschaft aus.
Zur Behauptung gegen die Pforte und deren Bestrebungen auf Her-
stellung einer starken Zentralgewalt bildete sich damals eine Allianz der
Janitscharen von Belgrad mit den Paschas von Bosnien und Widin —
ein Bündnis der altgläubigen Reaktion gegen die Reformbestrebungen des
Sultans Selim III.
Die alteingesessene Bevölkerung von Serbien — sowohl die Osmanen
in den Städten als auch die Serben auf dem Lande — hatten unter dieser
Willkürherrschaft schwer zu leiden. Ein Aufstand der osmanischen
Spahis wurde von den Dahis blutig unterdrückt. Nunmehr wandten sich
die serbischen Knesen mit einer Bittschrift an den Sultan von Konstanti-
nopel. Der Sultan drohte den Dahis mit der Mobilisierung der Rajah. Um
dem zuvorzukommen, beschlossen die Dahis die Ermordung aller ge-
fährlichen Rajahführer. Im Jahre 1804 wurden mit einem Schlage alle
23*
356 Karadschordsdie

vornehmen Serben niedergemacht. Ein allgemeiner Volksaufstand war


die Folge. Die Serben zogen sich in die Berge zurück, wo sie sich
militärisch organisierten. Sie wählten sich in Xaradsdhordsdhe (Cerny
Djordje d. h. „Schwarzer Georg") einen Heerführer. Und bald gelang es
ihnen, die Dörfer und kleinen Städte einzunehmen. Es folgte die Eroberung
der wichtigsten Städte: Schabatz, Passarowitz (Poscharewatz) und Semen-
dria (Smederevo). Nachdem sich der mächtige Pascha von Bosnien mit
Billigung der Pforte auf die Seite der Serben gestellt hatte, gelang auch die
Einnahme von Belgrad. Damit war der Krieg eigentlich beendigt. Die
Serben hatten die Beseitigung der Janitscharenwillkür erreicht. Und für
die osmanische Zentralgewalt war es immerhin ein großer Erfolg, die
Macht der Janitscharen in einer Provinz gebrochen zu haben. Damit
war schon ein wichtiger Anfang zur Durchsetzung der Reform im
gesamten Reichsgebiet gemacht.
Die Osmanen gedachten nunmehr, die Serben in ihrer früheren Lage
zu belassen. Es sollte sich nidits ändern. Bekir, der Pascha von Bosnien,
sagte den Serben nach der Einnahme Belgrads, sie möditen ruhig nach
Hause gehen, zu ihren Herden und an ihren Pflug. Diese aber, in dem
stolzen Bewußtsein ihrer siegreichen Waffentaten, waren nicht gesonnen,
sidh damit zufrieden zu geben, sie wollten wirkliche Wiederherstellung
von Recht und Ordnung in ihrem Lande. Dabei setzten sie nun ihre
Hoffnung auf Rußland. Sie schickten eine Gesandtschaft nach Rußland
und baten um diplomatische Fürsprache in Konstantinopel zur Herbei-
führung gerechter Verhältnisse. Da in der Festung von Belgrad noch
die Krdschalien und in den südlichen Festungen noch die Anhänger der
Dahis lagen, war es notwendig, den Krieg fortzusetzen. Um sich ein
für alle Male Sicherheit zu schaffen, forderten die selbstbewußten Ser-
ben, in Zukunft sollten alle Landesfestungen mit serbischen Truppen
besetzt werden. Auf eigene Faust setzten sie den Kampf fort und
eroberten die südlichen Festungen. Da traf der Befehl des Sultans an
den Pascha von Nisch ein, die serbische Rajah zu entwaffnen. Karad-
schordsche, der Führer der serbischen Truppen stand nunmehr vor der
schwierigen Entscheidung, wie er sich dazu verhalten sollte. Bisher
kämpften die Serben ja im Auftrage und mit Billigung des Sultans gegen
dessen rebellische Statthalter und Truppen. Nunmehr aber nahm der
Sultan Stellung gegen die Serben. Karadschordsche hatte die Möglichkeit,
sich der Entwaffmingsanordnung zu fügen und sein Heer aufzulösen;
dann waren die Serben wieder wehrlos dem guten Willen der Osmanen
Entstehung eines serbischen Staates 357

ausgeliefert. Oder aber: er konnte sich dem Befehl dies Sultans wider-
setzen; das bedeutete offene Rebellion und Krieg gegen die Macht des
osmanischen Sultans. Karadschordsche tat das letztere. Damit wurde die
serbische Erhebung erst zum wirklichen Freiheitskampf. Aus dem Kampfe
örtlicher Gewalten um die Macht in einer Provinz wurde ein Krieg
zwischen den Serben und Osmanen.
Das anrückende Heer des Paschas von Nisch wurde von Karad-
schordsche zurückgeschlagen. Wenig später gelang es, das bosnische
Heer bei Schabatz zu vernichten (1806). Sogar Belgrad wurde erobert.
Die dortigen Türken wurden niedergemacht. Nach diesen Siegen bildete
sich bereits ein serbisches Staatswesen heraus. Die eigentliche Herrschaft
lag bei den mächtigeren Anführern, die sich Woiwoden nannten. Jährlidh
hielten sie einen Landtag (Skupsdhtina) ab. Daneben entstand als be-
ratender Ausschuß ein Senat aus zwölf Mitgliedern. Die Zusammen-
arbeit in Landtag und Senat war freilich von Anfang an durch den all-
gemeinen Hader, der zwischen den einzelnen Woiwoden und Knesen
ausbrach, behindert. Aber die Macht des Anführers Karadschordsche
festigte sich trotz dieser inneren Uneinigkeit. Nur seiner klaren, ent-
schlossenen Persönlichkeit war eine einheitliche militärische und politische
Leitung des Freiheitskampfes zu verdanken.
Nachdem die Kämpfe im Jahre 1808 ziemlich geruht hatten, lebten
sie in den beiden folgenden Jahren wieder auf. Die Serben erlitten zu-
nächst schwere Niederlagen, so daß Karadschordsche schon daran dadite,
sich der österreichischen Oberhoheit zu unterstellen. Denn nur so schien
überhaupt die Wiederkehr der osmanischen Zwingherrschaft vermeidlich.
Dann aber wandte sich doch wieder das Kriegsglück. Die Serben er-
fochten von neuem Siege über die Paschas von Nisch und Bosnien.
Der innere Hader unter den serbischen Führern hinderte jedoch die
Ausnützung dieser Siege. Es kam zu einer großen Machtprobe zwischen
Karadschordsche und anderen Gospodaren. Wiederum setzte sich
Karadschordsche völlig durch. Seine Gegner wurden des Landes ver-
wiesen. Nachdem diese inneren Kämpfe glücklich überstanden waren,
stand das junge Staatswesen gefestigter da. Noch fehlte ihm freilich
die völkerrechtliche Anerkennung von außen. Diese verdankte es zuerst
der russischen Unterstützung. In dem türkisch-russischen Friedensver-
trag von Bukarest (1812) wurden auch die Rechte der Serben fest-
gelegt: innere Selbstverwaltung und mäßige Steuerlasten. Die Festungen
hingegen sollten den Türken wieder übergeben werden.
358

Kart e 2 3
Milosch Obrenawiitsdi 359

Bei der Ausführung dieser Friedensbedingungen forderten die Türken


die völlige Entwaffnung des serbischen Volkes. Öarüber kam es von
neuem zum Krieg. Die Serben wurden an allen drei Grenzen von der
türkischen Übermacht geschlagen. Die Lage war so aussichtslos, daß
Karadschordsche selbst auf österreichisches Gebiet floh. Im ganzen
Lande kehrten die türkischen Grundherren (Spabis) wieder zurück. !Mi-
losdh Obrenowitsdh, einer der serbischen Führer, stellte sich den sieg-
reichen Türken zur Zusammenarbeit zur Verfügung.
Als jedoch die Türkenherrschaft sich auch dieses Mal wieder als
Wfflkürregiment entpuppte, kam es erneut zu einer allgemeinen Volks-
erhebung, deren Führung Milosch Obrenowitsch übernahm. Die türki-
schen Verschanzungen wurden erobert, das ganze Land wurde befreit.
Der Geschmeidigkeit Miloschs gelang es dann, mit den Türken zu einem
vorläufigen Vertrage zu kommen, der recht günstig war. Die Serben
erkannten freiwillig die Oberhoheit des türkischen Sultans an, erhielten
aber dafür eigene Steuerverwaltung und Mitwirkung an der Rechts-
pflege zugestanden. Milosch, der von dem türkischen Wesir zum „Ober-
knesen" (Vrhovni knez) einiger Bezirke eingesetzt worden war, wußte
rasch die einmal gewonnene Machtstellung schlau und rücksichtslos
auszubauen. Seine Nebenbuhler starben gewaltsam. AlsKaradschordsche
auf Aufforderung der griechischen Hetärie nach Serbien zurückkehrte,
um einen neuen Volksaufstand anzufachen, ließ ihn Milosch ermorden
(1817). Danach wurde Milosch von allen Knesen des Landes als „Ober-
knes" anerkannt.
Bald lebten die alten Gegensätze zu den Türken wieder auf. Die
Türken waren nicht gesonnen, sich damit abzufinden, daß die ver-
achteten Serben Waffen trugen. Und diese wollten es nicht mehr länger
dulden, daß die türkischen Spahis im serbischen Lande grundherrsdiaft-
liche Rechte ausübten.
Milosch hat sich erfolgreich darum bemüht, die Rechtspflege und Ver-
waltung seines kleinen Staatswesens Schritt um Schritt zu verbessern.
Ein Volksaufstand gegen die Knesen wurde niedergeschlagen. Die
Machtstellung des „Qberknesen", der einem erneuten Waffengang mit
den Türken klug auszuweichen wußte, festigte sich mehr und mehr.
*

Mittlerweile vollzogen sith in anderen Teilen des osmanischen


Reiches gewaltige Veränderungen. Nach dem Ausbruch des griechischen
360 Griediisdier Freiheitskampf

Aufstandes (1821) suchte Rußland durch diplomatischen Druck Ver-


besserungen für die Lage der christlichen Balkanvölker zu erreichen. In
dieser ungeheuren Gefahr fand die Pforte schließlich auch den Mut,
die notwendige Reform des Heerwesens durchzuführen. Nach der
Vernichtung der Janitscharen in der Reichshauptstadt (1826)
wurde die osmanische Wehrmacht nach europäischem Vorbild neu-
organisiert. Das Eingreifen der Briten, Russen und Franzosen in den
griechischen Freiheitskampf (Seeschlacht bei Navarino 1827) brachte
den Sieg der griechischen Sache und zugleich das erste grundsätzliche
Zurückweichen des osmanischen Reiches vor dem Nationalbewußtsein
der Rajah.
*

Die nationalen Freiheitsbewegungen auf der Balkanhalbinsel münden


schließlich alle in diesen griechischen Freiheitskampf ein/ der viel größere
Ausmaße hatte, als die anderen Erhebungen, die sich mehr auf den
Rahmen einer einzelnen Landschaft beschränkten. Nur das Schicksal
des griechischen Volkes vermochte auch die Politik der europäischen
Großmächte in Bewegung zu setzen und zur Stellungnahme zu zwingen.
Daher kommt dem griechischen Freiheitskampf in der Geschichte Süd-
osteuropas eine besondere Bedeutung zu. Diese größere geschichtliche
Tragweite der griechischen Erhebung ist nicht nur durch das Eintreten
des Philhellenismus verursacht, der das europäische Bewußtsein auf-
rüttelte, sondern sie beruht vor allem auf der überragenden Sonder-
stellung des Griechentums, das in den Jahrhunderten der Türkenherr-
schaft geistig und wirtschaftlich weit über seinen Volkstumsboden hinaus-
gegriffen hatte.
Die Griechen waren unter allen Balkanvölkern auch das erste, das
die Forderung nach völliger nationaler Selbständigkeit ganz eindeutig
und unverhüllt aussprach. Dadurch sind sie die Wortführer der gesamt-
balkanischen Freiheitsbewegung geworden.
Das Griechentum hatte unter der Türkenherrschaft zwar die ehe-
malige politische Bedeutung verloren, dafür aber hatte es als Erbe der
byzantinisdien Hochkultur vermocht, sich in den weiten Ländergebieten
des osmanischen Weltreiches die kulturelle, kirchliche und wirtschaftliche
Vorherrschaft unter allen christlichen Völkern zu sichern. Bereits Sultan
Mohammed II. hatte nach der Eroberung Konstantinopels (1453) den
ökumenischen Patriarchen als geistliches Oberhaupt über alle Ortho-
Griedüsdie Kirche 361

doxen anerkannt. So wuchs die griechische orthodoxe Kirche, geführt


von dem ökumenischen Patriarchat in Konstantinopel, im 16.—18. Jahr-
hundert zur christlichen Reichskirche des osmanischen Reiches empor,
durch deren geistige Übermacht die alten autokephalen Volkskirchen
der Bulgaren, Serben und Rumänen beiseitegedrängt und zu einem
geistigen Winkeldasein verurteilt wurden. Der griechische Patriarch
hat unter der Türkenherrschaft eine äußere Machtfülle besessen, wie
vielleicht nie zuvor in byzantinischer Zeit.
Es war dies von größter Bedeutung für die geistige Geltung des
Griechentums, denn die orthodoxe Kirche war und blieb der stärkste
Rückhalt der griechischen Kultur. Die Kirche hat in osmanischer Zeit
dem griechischen Einfluß auf dem ganzen Balkan den Weg bereitet,
überall wurden von Konstantinopel aus griechische Bischöfe eingesetzt.
Die Hierarchie und die offizielle Kirche der Serben, Bulgaren und
Rumänen wurde gräzisiert. Der griechische Einfluß auf kirchlichem Ge-
biet brachte es mit sich, daß auch das allgemeine Geistesleben dieser
Völker durch den griechischen Einfluß überfremdet wurde. Unter dem
starken griechischen KulturfLrnis, der bald den ganzen Balkan überlagerte,
kaim ein arteigenes geistiges Leben der anderen Balkanvölker
gar nicht auf. Nur die Klöster in abgelegenen Berglandschaften blieben
die Zufluchtsstätten des geistigen Eigenlebens. Sie sind daher von ent-
scheidender Bedeutung geworden für die Erhaltung des nationalen
Selbstbewußtseins unter den Balkanslawen und Rumänen.
Der zweite Träger der griechischen Kulturausbreitung war der grie-
chische Kaufmann. Ihm öffneten sich in dem weiten osmanischen Welt-
reich unvergleichliche Entfaltungsmöglichkeiten. Er konnte — nur durch
die Konkurrenz der Armenier beeinträchtigt — fast den gesamten Groß-
handel an sich bringen. Durch solche Handelsbeziehungen verbreitete
sich die griechische Sprache und Kultur bis an die Grenzen des osmani-
schen Reiches und darüber hinaus. Das Griechische wurde weithin auch
von Nichtgriechen als Verkehrs- und Kultursprache benützt; es war unter
der Türkenherrschaft vielerorts geradezu die nichtoffizielle zweite Reichs-
sprache. Von Galizien bis an die Grenze Abessiniens, von Unteritalien
bis nach Persien wurde es damals als Sprache des internationalen Handels
und Verkehrs gebraucht und verstanden.
Im 18. Jahrhundert erreichte der griechische Handel seine größte Blüte-
zeit. Seit dem Verschwinden der venezianischen Seemacht aus den Ge-
wässern der Levante hatten die seetüchtigen Griechen selbst den über-
362 Griechischer Handel

seeischen Handel an sich gebracht. Gleichzeitig machten sie sich auch im


politischen Dienste fremder Mädite unentbehrlich. Sie stellten den euro-
päischen Mächten in der gesamten Levante die Agenten, Konsuln und
Dolmetscher.
D i e griechischen Handelsbeziehungen förderten auch die Entfaltung
des Gewerbes im griechischen Mutterland. Besonders berühmt wurde im
18. Jahrhundert die thessalische Textilindustrie.
Erst die Zugehörigkeit zu dem weiten osmanischen Weltreich hat
diese geistige und wirtschaftliche Machtstellung des Griechentums mög-
lich gemacht. Das Vordringen des Griechentums war auf dem damaligen
Balkan so stark, daß dadurch das eigene Wirtschafts- und Geistesleben
der andern Balkanvölker — vor allem der Rumänen, Bulgaren und Süd-
albaner (Tosken), aber auch der Serben — völlig überfremdet wurde.
So kam es, daß der nationale Freiheitskampf der Rumänen und Bulgaren
im 19. Jahrhundert sich nicht nur gegen die türkische Herrschaft, sondern
ebenso erbittert auch gegen die „Gräzisierung", d. h. gegen den über-
mächtigen griechischen Einfluß wandte.
Eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen der griechischen Natio-
nalerhebung war die Entwicklung einer mächtigen griechischen Handels-
marine. Dem griechischen Seehandel sind die europäischen Erschütte-
rungen infolge der französischen Revolution und der napoleonischen
Kriege sehr zugute gekommen. Einerseits haben der reformfreudige
Sultan Selim III. und der mächtige Pascha Ali von Janina aus wintschafts-
politischen Erwägungen heraus alles dazu getan, um die Industrie, den
Handel und die geistige Bildung der griechischen Rajah zu fördern.
Andererseits fiel der französische und englische Wettbewerb vollständig
aus. So kam auf lange Zeit der Getreidehandel im Mittelländischen
Meere in die Hände der griechischen Kaufleute. Die fruchtbare ukrai-
nische Ebene begann damals ihre Rolle als Kornkammer des westlichen
Europa zu spielen. Die Ausfuhr ging fast völlig über die griechische
Hafenstadt Odessa und fast ausschließlich auf griechischen Schiffen. Bald
segelten griechische Kauffahrteischiffe bis zur Meerenge von Gibraltar.
U n d nicht lange dauerte es, da wagten sie sogar die Fahrt über den
Atlantischen Ozean. Die erste überfahrt soll der hydriotische Kapitän
Demetrios Cbristophilos durchgeführt haben. Auf den Märkten Italiens
und Spaniens diktierten griechische Kaufleute die Getreidepreise, auf den
französischen und englischen Börsen spielten sie eine wichtige Rolle, auf
der Leipziger Messe erregten sie durch ihre fremdartige Tracht die Auf-
Entstehimg einer griechischen Marine 363

merksamkeit des jungen Goethe, überall in den westlichen Ländern ent-


standen reiche griechische Kaufmannskolonien, durch deren Vermittlung
das Griechentum auch mit der europäischen Kultur und den neuen west-
lichen Ideen in Berührung kam. Das nationale Selbstbewußtsein des
Griechentums hob sich mächtig. Dies war die eine Voraussetzung für
den kommenden Freiheitskampf. Ebenso wichtig aber war die andere:
durch den wachsenden Seehandel entstand eine mächtige griechische
Marine. Da damals das Mittelmeer noch vielerorts — am stärksten an
den Küsten Algeriens und Marokkos — von Seeräubern beunruhigt
wurde, waren die griechischen Kaufleute genötigt, ihre Schiffe mit
Kanonen zu bestücken. Bald baute man auch größere, gut bewaffnete
Schiffe, die bis zu zwanzig Kanonen hatten. Im Jahre 1816 schätzte man
die griechische Handelsmarine auf mehr als 600 Schiffe mit 17 000
Matrosen und 6000 Kanonen.
Die Griechen des Archipels haben im 18. Jahrhundert den Seehandel
des ganzen östlichen Mittelmeeres in ihre Hand gebracht. Während die
Jonischen Inseln damals im Zusammenhang mit dem allgemeinen Nieder-
gang Venedigs ihre ehemalige Bedeutung einbüßten, erlebten die Inseln
des Ägäischen Meeres einen stolzen Aufschwung. Chios und Tinos waren
schon früher wichtige Mittelpunkte des Handels und Gewerbes gewesen.
Jetzt traten auch einige andere Inseln hervor, vor allem Hydra und
Spetsä vor der Küste der Halbinsel Argolis. Beide Inseln waren in der
ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts überwiegend von Albanern besiedelt
worden, die sich hier bald zu tüchtigen Seeleuten entwickelten. Sie
brachten ihre Stadtverfassung aus Morea mit herüber. Jedoch lag auf
diesen „Schifferinseln" die Hauptmacht bei den reicheren Schiffskapitänen
und Reedern.
*

Politisch wichtig wurde die Rolle des Griechentums in nissischen


Diensten. Während der russischen Okkupation des Ägäischen Archipels
(1770—1774) hatten sich die Griechen dieser Inselwelt gegen die Türken
erhoben. In dem Frieden von Kütsdiük Kainardsche (1774) hatte ihnen
Rußland eine allgemeine Amnestie erwirkt, seitdem erwarteten sie
ihre Befreiung von Rußland her, das sich auch schon ziemlich
offen ajs Schutzmacht der Griechen aufspielte. In Mykonos ließ sich der
russische Generalkonsul für den Archipel einen festungsartigen Palast
erbauen, der die Macht Rußlands eindrucksvoll bekunden sollte. In dem
364 Russische Griechenlandpolitik

russisch-türkischen Handelsvertrag von 1783 erhielten die Griechen des


Archipels das Recht, unter russischer Flagge zu fahren. Immer allgemeiner
wurde es üblich, daß die russischen Konsuln ihren griechischen Schütz-
lingen einen Berat (Diplom) ausstellten, der ursprünglich nur für
osmanische Untertanen im Dienste fremder Diplomaten bestimmt war.
Der Inhaber eines solchen Berat war als exterritorial zu behandeln, seine
Schiffsladung galt als Gut der fremden Schutzmacht. Zu Ende des
18. Jahrhunderts wurde mit der massenhaften Erteilung solcher Berate ein
schlimmer Mißbrauch getrieben. Die russischen „Beratare" wuchsen zu
ungeheurer Zahl an. Gleichzeitig gründete der russische Fürst Potemkin
in Petersburg eine Militärschule für junge Griechen, die später als rus-
sische Offiziere oder als Konsuln und Dolmetscher in der Türkei ver-
wendet wurden.
Diese Begünstigung durch Rußland war eine wichtige Vorbedingung
für das mächtige Aufblühen des griechischen Seehandels. Rußland
hatte im Friedensvertrag von Kütschük Kainardsche (1774) das Recht
erhalten, nicht nur Konsuln und Vizekonsuln anzustellen, sondern auch
mit seinen Handelsschiffen in den osmanischen Gewässern und Häfen
frei zu verkehren und die Meerengen zu durchfahren. Solche Vorzugs-
bedingungen haben sich vor allem die griechischen Seefahrer und Kauf-
leute zunutze gemacht. Die russische Balkanpolitik suchte damals die
Griechen ganz planmäßig als Bundesgenossen zu gewinnen und sie gegen
die Pforte aufzuwiegeln. Die russischen Konsuln, zu denen vielfach
Griechen ernannt wurden, dienten weniger den russischen Handelsinter-
essen als vielmehr der politischen Unterwühlung der türkischen Herr-
schaft. Diese Konsuln konnten nun überall unter russischer Flagge dem
Seehandel nachgehen, während ihnen früher der englische und fran-
zösische Wettbewerb große Schwierigkeiten gemacht hatte. Auch die ver-
ständige Politik des damaligen Großadmirals (Kapudanpascha) "Hasan
Qazi hat den wirtschaftlichen Wohlstand der griechischen Inseln be-
trächtlich gefördert. Es war derselbe, der auch die griechische Bevölke-
rung Moreas von der Schreckensherrschaft albanischer Horden be-
freite (1779).
So hat das Griechentum zu Ausgang des 18. Jahrhunderts überall
eine wirtschaftliche Blütezeit erlebt. Mit diesem wirtschaftlichen Wohl-
stand ging ein kultureller Aufschwung Hand in Hand. Dafür waren die
reichen griechischen Kaufmannskolonien im Ausland von besonderer Be-
deutung. In allen wichtigen Handelsstädten des Auslandes gab es kleinere
Adamantios Kora'is 365

oder größere Kolonien griechischer Kaufleute. So in Venedig, Tiiest,


Marseille, London, Liverpool, Antwerpen, Wien, Budapest und zahl-
reichen anderen Orten. Sogar in Breslau bestand zwischen 1742 und
1785 eine griechische Kolonie, die bis zu fünfzig Seelen zählte. Die im
Jahre 1794 gegründete Handelsstadt Odessa war von Anfang an ganz
überwiegend von Griechen bewohnt. Auf dem W e g e über diese reichen
Auslandskolonien ist das Griechentum zuerst mit den neuen Ideen der
Zeit bekannt geworden.

W a s diese Berührung mit dem Westen für die kulturelle Entwicklung


des Griechentums bedeutete, das bezeugt die Gestalt des großen Philo-
sophen, Philologen und Publizisten Adamantios Xorais ( 1 7 4 8 — 1 8 3 3 ) ,
der eigentlich der geistige Vorbereiter des nationalen Erwachens geworden
ist. In Smyrna war er als Sohn eines reichen Kaufmanns aus Chios ge-
boren, dann studierte er Medizin, Theologie und Philologie. Mehr als
50 Jahre bis zu seinem T o d e (1833) lebte er in Paris, von wo aus er in
jeder Weise für die geistige Hebung seines Volkes zu wirken suchte.
Die beiden Hauptleitungen des großen Mannes, der in stolzer Ein-
fachheit sein Leben verbrachte, war die Herausgabe der Prosa-Autoren
des klassischen Altertums und dann vor allem seine Arbeiten zur neu-
griechischen Schriftsprache, deren eigentlicher Schöpfer er geworden ist.
Zahlreiche kleinere Schriften schrieb Korais unmittelbar, um die Sache
der nationalen Wiedergeburt zu fördern. Er wußte auch die Opfer-
freudigkeit der Reichen und Gebildeten unter seinen Landsleuten für
die Sache der Volksbildung zu entflammen. Aber er dachte nicht nur
an die geistige Wiedergeburt, sondern auch bereits an die politische Be-
freiung seines Volkes. Schon früh plante er eine gewaltige Erhebung
gegen die Türken. Als Patriarch Anthimos von Jerusalem ein „väterliches
Rundschreiben" gegen die neuhellenische Bewegung und für die unbe-
dingte Anerkennung des osmanischen Staates veröffentlichte ( 1 7 9 8 ) , da
antwortete Korais scharf ablehnend mit einem „brüderlichen Rund-
schreiben". Vielleicht ist er auch der Verfasser der 1801 in Paris er-
schienenen „Kriegstrompete" des „Atrametos von Marathon". Seine Be.
arbeitung des berühmten Werkes von Beccaria „Dei delitti e delle pene"
(Paris 1802) zeigt jedenfalls sein politisches Programm schon ganz klar:
die politische Befreiung Griechenlands müsse durch die geistige Wieder-
366 Rigas Pheraos Welestinliis

geburt erst vollbereitet werden, diese geistige Wiedergeburt aber werde


dann unfehlbar zur politischen Befreiung führen. Um die Öffentlichkeit
auf die geistige Erneuerung des Griechentums aufmerksam zu machen,
veröffentlichte er im Jahre 1803 zu Paris eine „Denkschrift über den
gegenwärtigen Zustand der Kultur von Griechenland" („Mémoire sur
l'état actuel de la civilisation dans la Qrèce"), worin er die herrschende
Meinung von dem Verfall des Griechentums bekämpfte und die Fort-
schritte der Griechen während der letzten Jahrzehnte darlegte.
Während so Korais in ruhiger gelehrter Arbeit die geistige Vorbe-
reitung für die nationale Wiedergeburt leistete, erhob der junge grie-
chische Dichter Rigas Pberäos Welestinlis (1757—1798) bereits offen
den Ruf zum bewaffneten Aufstand. Wegen Tötung eines Türken hatte
er aus seiner thessalischen Heimat fliehen müssen. Einige Zeit lebte er
auf dem Athos, dann trat er in die Dienste der phanariotischen Fürsten
Alexander Hypsilantis und Nikolaos Maurojenis. Dort wurde er auch
mit den neuen freiheitlichen Ideen bekannt. Er ging dann nach Frank-
reich und schließlich nach Wien, wo er in Anlehnung an die dortige
stattliche Griechenkolonie für die nationale Befreiung seines Vaterlandes
zu wirken suchte. In zahlreichen Schriften entwickelte er seine Gedanken
über die nationale Erhebung zum großen Freiheitskampfe. Schließlich
wollte er sich nach den damals noch unter venezianischer Herrschaft
stehenden Jonischen Inseln begeben, um von dort aus noch besser für
die nationale Sache wirken zu können. Vor der Abreise wurde er von
der österreichischen Polizei verhaftet und schließlich zusammen mit
sieben Genossen an die „befreundete Türkei" ausgeliefert. In Belgrad
starben im Jahre 1798 alle durch Henkershand.
Rigas hat am tiefsten und nachhaltigsten durch seine volkstümlichen
Lieder gewirkt. Mit ihren schwermütigen und doch zugleich stürmisch
aufpeitschenden Weisen verbreiteten sie sich rasch überall, wo Men-
schen griechischer Zunge wohnten. In einem seiner schwungvollsten
Lieder fordert er seine unglücklichen Landsleute auf, nunmehr die
Schmach der vielhundertjährigen Unterjochung zu sühnen un3 zum
Sturme auf die „Stadt der sieben Hügel" (Konstantinopel) sich zu er-
heben. Es schließt mit der klassischen Erinnerung an Leonidas und die
Thermopylen. Noch volkstümlicher wurde sein „Kampflied" (nolsui-
orfiQiov). Es ist ein hinreißend leidenschaftlicher Aufruf zum Freiheits-
kampf. Die Einleitung gibt ein grelles Gemälde der griechischen Knecht-
schaft unter der Türkenherrschaft:
Hetärie der Philiker 367

„ W i e lang noch Pallikaren, wollt in den Schluchten ihr


W i e Löwen einsam weilen im Feld- und Bergrevier?
W i e lang in Höhlen hausen, im dunklen Waldeszelt,
In Furcht der bittern Knechtschaft entfliehn dem Licht der W e l t ?
W i e lang die Brüder lassen, Eltern und Vaterland,
Die Freunde und die Kinder, des Hauses ganzen Stand?
Ist schöner eine Stunde des freien Daseins doch,
Als lange tausend Jahre in hartem Sklavenjoch!"

Und die Schlußverse zeichnen das leuchtende Bild der freien Zu-
kunft:
„Das Kreuz des Heilands leuchte
Hoch über Land und See,
Gerechtigkeit erscheine,
Des Feindes Macht verweh!
Der Knechtschaft harte Geißel
Sei aus der W e l t verbannt!
Als Freie laßt uns wohnen
Im freien Vaterland".

Durch diese Lieder hat Rigas bleibend weitergewirkt. Sie waren sein
politisches Vermächtnis. Die Nachwelt hat ihm darum den Ehrennamen
des „thessalischen Tyrtaios" verliehen.

Die organisatorische Vorbereitung des griechischen Freiheitskampfes


wurde von der „Hetärie der "Philiker" durchgeführt. Dieser im Jahre
1814 zu Odessa gegründete Geheimbund überzog nach und nach alle
europäischen Provinzen des türkischen Reiches mit einem Netz von
Agenten, die den balkanischen Freiheitskampf unter griechischer
Führung vorzubereiten hatten. Im Jahre 1821 brach dieser Aufstand
gleichzeitig an zwei Stellen aus: in den rumänischen Donaufürstentümern
und auf dem Peloponnes. Während die erste Erhebung ziemlich rasch
zusammenbrach, wuchs sich die zweite zu dem großen griechischen Frei-
heitskampfe aus, der im wesentlichen auf dem Boden der peloponnesi-
schen Halbinsel durchgefochten und entschieden wurde.
Die Aufstandsbewegung auf dem Peloponnes ging von zwei Land-
368 Ausbruch des griechischen Freiheitskampfes

Schäften aus, die seit alters durch die natürliche Abgeschlossenheit


und durch die Kriegstüchtigkeit ihrer Bewohner die Herde jeder natio-
nalen Freiheitsbewegung gegen die Fremdherrschaft gewesen waren:

1. das Stammgebiet der tapferen Maniaten im südlichen Taygetos,


2. die unzulängliche Gebirgslandschaft Jdhaia im Hinterland von Patras
und Ägion (Wostitsa), vor allem das Gebiet um Kalawrita.
Im Verlauf der Freiheitskriege kamen dann als weitere hauptsächliche
Widerstandsgebiete dazu:
3. die Gebirgslandschaft am oberen Alpheios, vor allem das Gebiet
zwischen Karitäna und Dimitsana,
4. die Halbinsel Argolis mit den vorgelagerten Inseln Hydra und Spetsä.

Am 13. März 1821 brach nach einer Versammlung der führenden


Persönlichkeiten Achaias in dem Kloster Ajia Lawra bei Kalawrita unter
dem Vorsitz des tatkräftigen Metropoliten Germanos von Patras derAuf-
stand in dem Bergland von Achaia aus. Drei Wochen später—am 4. April
1821—wurde das reiche Kaiamata von den aufständischen Maniaten ein-
genommen. Nun erhob sich die ganze Halbinsel zum Kampfe gegen die
Zwingherrschaft. Schon zu Ende April sahen die Türken ihre Herrschaft
auf Tripolitsa (Tripolis) und auf einige befestigte Küstenplätze beschränkt.
Der muslimanische Albanerstamm der Bardunioten mußte vor dem Auf-
stand sein Gebiet räumen und nach Tripolitsa flüchten, wohin alle
Türken des peloponnesischen Binnenlandes, die der griechischen Rache
entrinnen konnten, zusammenströmten.
Die orthodoxen Albaner, die zu dieser Zeit schon griechisch fühlten,
und zum Teil bereits der griechischen Sprache mächtig waren, wurden
durch diesen Aufbruch des griechischen Nationalbewußtseins mit in den
Kampf gegen die türkische Fremdherrschaft gerissen, an dem sie — vor
allem die albanischen Bewohner der Schifferinseln Hydra und Spetsä —
entscheidenden Anteil nahmen. Der griechische Freiheitskrieg ist dadurch
zugleich zum albanischen Bruderkrieg geworden; denn gegen die ortho-
doxen Albaner auf griechischer Seite standen die muslimanischen Albaner
auf türkischer Seite.
Der Reihe nach fielen die von Türken noch verteidigten Plätze. Der
türkische Widerstand zog sich vor allem auf die drei großen Stützpunkte
Tripolitsa, Nauplion und Patras zurück. Zunächst entbrannte der
Kampf um Tripolitsa, dessen Besitz die Herrschaft über das ganze pelo-
ponnesische Binnenland bedeutete. Nach schweren wechselvollen Kämp-
Griechisdvtürkisdie Kämpfe 1821—1824 369

fen fiel die Stadt im Oktober 1821, wobei unter Bruch der Kapitulations-
bedingungen die türkische Besatzung und Bevölkerung größtenteils
niedergemacht wurden. Nur den tapferen Amauten gelang es, sich nach
Norden durchzuschlagen. Damit war zu Ende des Jahres 1821 bereits
der gesamte innere Peloponnes in der Hand der Aufständischen.
Zu Anfang des folgenden Jahres fiel dann auch Korinth. Nur noch
Nauplion, Patras und die messenischen Festungen Methone und Korone
leisteten Widerstand. Im folgenden Jahre kapitulierte auch Nauplion.
Durch diese Schläge sahen sich die Türken in die Verteidigung ge-
drängt. In den Jahren 1823—1824 fehlte es an größeren Kampfhand-
lungen. Der bisherige Kriegsverlauf hatte gezeigt, daß die gewaltsame
Niederwerfung dieser großen gesamtgriechischen Aufstandsbewegung
die militärischen Machtmittel des damaligen Sultansreiches überstieg. Der
Sultan wandte sich daher um Hilfe an den halbunabhängigen Statthalter
von Ägypten, Mehmed Ali, der die türkische Sache bisher nur durch
Entsendung von Kriegsschiffen unterstützt hatte. Damit trat der
griechische Freiheitskampf emeut in eine kritische Phase ein.
*

Daß das kleine griechische Volk aus eigener Kraft den immer noch
beträchtlichen Machtmitteln des türkischen Reiches standhalten konnte,
verdankte es der Begeisterung und Opferbereitschaft für die große
nationale Sache, von der es beseelt war. Die tatkräftige Kriegführung
der Aufständischen war aber dadurch gelähmt, daß die oberste Befehls-
gewalt des J'heodoros Xolokoironis sich nur teilweise und nur unter
schweren Reibungen gegen die Rivalitäten der andern Führer durdi-
setzen konnte. Diese Schwierigkeiten wuchsen sich nach und nach zu ge-
wichtigen innergriechischen Gegensätzen aus. Die Kraft der Aufstands-
bewegung wurde dadurch aufgespalten und geschwächt. Zu dem Gegen-
satz zwischen Kolokotronis und den andern militärischen Führern kam
bald der gegenseitige Streit der „Schifferinseln" und dann der lang-
jährige, schwere Kampf zwischen den politischen und den militärischen
Führern. Geradezu erstaunlich ist es daher, daß es den Aufständischen
trotz dieses Mangels an Einigkeit gelungen war, in den Jahren 1822 bis
1824 den Krieg zu Wasser und zu Lande im wesentlichen siegreich
durchzuführen.
Mit der Landung einer starken ägyptischen Truppenmacht bei
Methone zu Anfang des Jahres 1825 geriet die Aufstandsbewegung in
24 Stadtmüller, Geschichte Südosteuropas
370 Klepfhtenkrieg auf dem Peloponnes

ihre zweite und gefährlichste Krise. Die innergriechischen Verhältnisse


kamen dem Angriff des äußeren Feindes zu Hilfe. Der Gegensatz
zwischen den beiden Machtgruppen der „Peloponnesier" und der
„Rumelioten" erzeugte allgemeine Uneinigkeit und Verwirrung. Der
alte Held Kolokotronis wurde von seinen politischen Gegnern auf der
Insel Hydra gefangengehalten. Die militärische Führung lag in wenig
erfahrenen Händen. So konnte Ibrahim Pasdia, der Sohn des Mehmed
Ali, ziemlich rasch das gesamte Binnenland des südwestlichen Peloponnes
besetzen. In dieser verzweifelten Notlage entschloß man sich dazu, dem
gefangengehaltenen Kolokotronis die Freiheit wiederzugeben und ihm
den Oberbefehl über alle peloponnesischen Truppen zu übertragen.
Kolokotronis, dem von allen Seiten wieder die Mitkämpfer zuströmten,
gab Tripolitsa auf und zog sich in die Landschaft Argolis zurück. Dort
gelang es ihm, dem Vormarsch des Ibrahim Pascha Halt zu gebieten.
Dieser mußte sich darauf beschränken, durch Streifzüge die Landschaften
des inneren Peloponnes zu verheeren. Kolokotronis aber verlegte sich
angesichts der feindlichen Übermacht und im Hinblick auf die lockere
Kriegszucht seiner eigenen Mannschaften auf jenen Kleinkrieg, wie er
sich bei den Klephten in einer Erfahrung von vielen Jahrhunderten aus-
gebildet hatte. Drei Jahre lange dauerte dieser Klephtenkrieg. Den
ägyptischen Truppen Ibrahims wurden dadurch zwar beträchtliche Ver-
luste beigefügt, aber es konnte nicht verhindert werden, daß das ganze
Land verwüstet wurde, und die verkehrsoffenen Landschaften weiterhin
von den Türken beherrscht wurden. Der Volkskrieg nahm immer härtere
Formen an. D a aber Ibrahim einsah, daß er durch den Einsatz mili-
tärischer Machtmittel allem des Klephtenkrieges niemals Herr werden
würde, versuchte er es, durch ein großzügiges Verhalten die Bevölkerung
der wieder unterworfenen Gebiete zu gewinnen. In der Tat gelang es ihm
dadurch auch, den friedliebenden Teil des Landvolkes von der griechi-
schen Widerstandsbewegung zu trennen. So geriet die Sache des natio-
nalen Aufstandes zu Beginn des Jahres 1827 in eine fast aussichtslos
scheinende Lage, die nur noch durch das Eingreifen von außen
gerettet werden konnte.
Unter den europäischen Großmächten hatte nur das orthodoxe Ruß-
land bereits beim Ausbruch des griechischen Freiheitskampfes eine wohl-
wollende Haltung eingenommen. Österreich und England verhielten sich
ausgesprochen ablehnend, Frankreich und Preußen waren uninteressiert.
Aber unter dem Druck der europäischen öffentlichen Meinung mußten
Seeschlacht bei Navarino (1827) 371

nach und nach alle diese Mächte auf eine griechenfreundliche Politik
umschwenken. Seit 1823 waren in den meisten großen Städten West-
und Mitteleuropas Vereinigungen der „Phiibellenen", d . h . Griechen-
freunde, gegründet worden, um die öffentliche Meinung ihrer Länder
zugunsten der Griechen aufzurufen. Dem machtvollen Einfluß dieser
philhellenischen Strömung konnte sich auch die amtliche Politik auf die
Dauer nicht verschließen. Im Jahre 1827 einigten sich die Großmächte
Rußland, England und Frankreich auf die Errichtung eines unabhängigen
griechischen Staates. Als ihre Forderung nach einem Waffenstillstand für
die Griechen von der türkischen Regierung abgelehnt wurde, kam es,
ohne daß der Krieg erklärt worden wäre, zum bewaffneten Austrag der
Gegensätze. In der Seesdhladbt bei Navarino wurde im Oktober 1827
das türkisch-ägyptische Geschwader von der vereinigten britisch-fran-
zösisch-russischen Flotte völlig vernichtet.
Durch diese große türkische Niederlage war der griechische Freiheits-
kampf im wesentlichen entschieden. Die Griechen gingen wieder allge-
mein zum Angriff über. Ibrahim Pascha wurde so bedrängt, daß er im
Frühjahr 1828 die Stadt Tripolitsa verbrannte und sich nach Messen ien
zurückzog. Mit Hilfe eines gelandeten französischen Expeditionskorps
unter dem Befehl des Generals Maison wurden die ägyptischen Truppen
dann aus den letzten festen Plätzen des Peloponnes verdrängt. Nach
dem offenen Eintritt Rußlands in den Krieg gegen die Türkei (1828)
gelang es auch, die Landschaften Mittelgriechenlands von der türkischen
Zwingherrschaft zu befreien.
Bereits seit dem Sommer 1828 führte Griechenland praktisch das
Leben eines selbständigen Staates. Durch den zwischen Rußland und
der Türkei abgeschlossenen Friedensvertrag von Adrianopel (1829) und
durch die Londoner Konferenz der Großmächte (1830) wurde dann in
aller Form die Errichtung eines unabhängigen griechischen National-
staates vollzogen.
*

Die Entstehung eines griechischen Nationalstaates war von grund-


sätzlicher Bedeutung für die politische Weiterentwicklung des Gesamt-
balkans. Mit der Einräumung der vollen staatlichen Unabhängigkeit an
das aufständische Griechenland war der Anfang gemacht zu der eigen-
staatlichen Loslösung der fremdvölkischen Randprovinzen.
Das griechische Volk konnte nunmehr im eigenen Nationalstaat sein
24«
372 Entstehung eines griechischen Nationalstaates

politisches Schicksal selbst in die Hand nehmen. Aber es verlor rasch


jene kulturelle und wirtschaftliche Weltgeltung, die es im Rahmen des
osmanischen Vielvölkerreiches bis dahin innegehabt hatte. Mit der Ent-
stehung, Ausbreitung und Festigung des griechischen Nationalstaates
ging Schrumpfung und Verlust der ehemaligen übervölkischen Führer-
stellung Hand in Hand. Diese beiden Vorgänge, so gegensätzlich sie auch
erscheinen, hängen doch ursächlich zusammen. Seine einzigartige über-
völkische Vermittlerrolle konnte das Griechentum nur so lange spielen,
als es keinen eigenen Nationalstaat hatte. Mit der Entstehung eines
eigenen Nationalstaates wurde es ein Volk neben anderen, während
es bisher — kulturell und wirtschaftlich — ein Volk zwischen und über
vielen anderen gewesen war.
*

Die Rumänen, die ebenfalls durch den Frieden von Adrianopel (1829)
ihre (zunächst formell noch beschränkte) Selbständigkeit erlangten,
haben eine ganz andere nationale Entwicklung durchlebt. Ihre soziale
und politische Lage war auch unter der türkischen Herrschaft völlig ver-
schieden von der der andern Balkanvölker. Während in den balkan-
slawischen Landschaften südlich der Donau der alte Bojarenadel von den
Türken vernichtet worden war, konnte er sich bei den Rumänen be-
haupten, wenn er freilich auch durch die Gräzisierung dem einheimischen
Volkstum entfremdet wurde. Auch ein gewisses politisches Eigenleben
konnten sich die Rumänen unter türkischer Herrschaft bewahren. Die
Moldau und die Walachei bildeten eigene Fürstentümer, freilich unter
der Oberhoheit des Sultans. Fair die politische Entwicklung war es auch
sehr wichtig, daß die beiden Donaufürstentümer die oströmische Kaiser-
idee nach dem Falle Konstantinopels bewußt übernahmen. W i e ehemals
die byzantinischen Autokratoren, so betätigten sich nunmehr die rumäni-
schen Hospodare durch Stiftung zahlreicher Kirchen und Klöster als
Schutzherren der orthodoxen Kirche (Jorga: „Byzance après Byzance").
Die eigentliche Gefahr für das Rumänentum in jenen Jahrhunderten
war die Qräzisierung. Die politische, kulturelle und gesellschaftliche
Oberschicht im ganzen Lande war griechisch oder bediente sich der
griechischen Sprache und Kultur. Die Bischöfe und die hohen Beamten
waren im 18. Jahrhundert ausschließlich Griechen. Ein dicker griechischer
Kulturfirnis lag jahrhundertelang über dem ganzen öffentlichen Leben
und versperrte dem rumänischen Volkstum den W e g zur arteigenen
Rumäniens Weg zum Nationalstaat 373

Entfaltung. Besonders stark wurde der griechische Einfluß im 18. Jahr-


hundert, seit die Pforte von sich aus vornehme Griechen — die ,,Pha-
narioten" — auf die rumänischen Fürstenthrone einsetzte.
Durch den Frieden von Adrianopel (1829) wurde den Rumänen, d. h.
dem rumänischen Bojarenadel, die eigene Fürstenwahl zugestanden. Das
war ein Fortschritt, wenn freilich auch die beiden rumänischen Fürsten-
höfe noch auf Jahnzehnte hinaus im Banne der griechischen Kultur-
tradition blieben.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts brach auch das rumänische National-
gefühl auf. In den vergangenen Jahrhunderten hatte sich das Gefühl für
die eigene Wesensart nur da und dort zaghaft geregt. Seine Heimstätte
waren die rumänischen Klöster gewesen. Die Weiterentwicklung des
rumänischen Nationalbewußtseins ging freilich nicht von den beiden
Fürstentümern, sondern von dem habsburgischen Siebenbürgen aus, wo
die Rumänen schon seit einem Jahrhundert zu einem ausgeprägten
Nationalbewußtsein gelangt waren. Von dort aus griff es durch die
Tätigkeit des nationalen Erweckers Qbeorghe £azar über die Karpaten
nach den beiden Fürstentümern hinüber. In den Hauptstädten Bukarest
und Jassy entfaltete sich der junge rumänische Nationalismus, der bald
auch seine politischen Forderungen anmeldete: Befreiung von der türki-
schen Oberherrschaft, von dem griechischen Einfluß und von der russi-
schen Bevormundung. Ein halbes Jahrhundert des Kampfes war noch er-
forderlich, bis diese Ziele erreicht waren. Erst im Jahre 1878 war die
Entwicklung der Rumänen zur politischen Nation abgeschlossen: Rumä-
nien war ein unabhängiger und einheitlicher Nationalstaat geworden.

Als letztes aller Balkanvölker sind die Bulgaren zur nationalen Selb-
ständigkeit gelangt. Es lag dies nicht an der geringeren politischen Be-
fähigung dieses Volkes, sondern vielmehr durchaus an äußeren Um-
ständen. Die Bulgaren im Osten der Balkanhalbinsel waren von der
unmittelbaren Berührung mit dem Abendland, woher die neuen natio-
nalen Ideen kamen, stärker abgeschlossen als die übrigen Balkanvölker.
Und andererseits lagen sie in unmittelbarer Nähe des osmanischen
Kräftezentrums, der Reichshauptstadt Konstantinopel, so daß ein natio-
naler Aufstand hier von vorneherein weniger Aussicht auf Erfolg hatte,
als in den entlegenen und schwer zugänglichen Bergkantonen Montene-
374 Nationales Erwachen der Bulgaren

gros. Noch viel schwerer aber wog eine andere Tatsache: die Bulgaren
waren nicht mehr Herren im eigenen Hause. Bulgarien war weithin von
Griechen und Türken überfremdet. Die Griechen beherrschten die offi-
zielle Kirche, die Literatur, den Handel und die Wirtschaft. Die Städte
waren zum großen Teile türkisch oder gräzisiert. Das literarische und
das gesamte kulturelle Leben der Bulgaren spielte sich damals in griechi-
scher Sprache ab. Die bulgarische Sprache galt nicht als gesellschafts-
fähig. Man schrieb griechisch; oder wenn man das Griechische nicht be-
herrschte, bulgarisch mit griechischen Buchstaben. Die gebildete Schicht
war auch bewußtseinsmäßig gräzisiert und dem eigenen bulgarischen
Volkstum entfremdet. Man schämte sich des bulgarischen Namens und
nannte sich „Bulcjarophonoi heüenes" (bulgarisch sprechende Griechen).
Der griechische Einfluß hat bei den Bulgaren damals ebensosehr zu einem
Verfall der arteigenen Kultur und des nationalen Selbstbewußtseins ge-
führt wie gleichzeitig bei den Rumänen.
Gegen die griechische Überfremdung und gegen das würdelose Ver-
gessen der eigenen Art und Überlieferung wandten sich dann die großen
nationalen Erwecker, allen voran der Mönch Otez Paisi, der 1762 seine
rasch berühmt gewordene „Slawisch-bulgarische Chronik" veröffentlichte,
um mit diesem volkstümlichen Geschichtsbuch für Schule und Haus das
nationale Selbstbewußtsein der Bulgaren durch den Appell an die ruhm-
reiche Vergangenheit wachzurütteln. Seine „Chronik" hat eine unge-
heure Wirkung gehabt; sie hat die große Geschichte des bulgarischen
Mittelalters zum ersten Male wieder in das Gedächtnis des bulgarischen
Volkes zurückgerufen und hat dem bulgarischen Volke wieder das Be-
wußtsein geschichtlicher Gleichwertigkeit gegenüber dem Griechentum
verliehen.
W a s Otez Paisi als vereinzelter Vorkämpfer der nationalen Wieder-
geburt eingeleitet hatte, wurde von den nationalen Erweckern des 19. Jahr-
hunderts fortgesetzt und zu Ende geführt. Wasil Aprilov, der die Gefahr
der Gräzisierung in seiner eigenen Seele durchlebt und überwunden hatte,
und darüber zum bewußt nationalen Bulgaren geworden war, gründete in
seiner Heimatstadt Gabrowo die erste moderne bulgarische Schule (1835),
der sich bald andere Gründungen anschlössen.
Paisi und Aprilov sind die großen nationalen Erwecker der Bulgaren
geworden. Sie halben die Grundlagen für die nationale Wiedergeburt
ihres Volkes gelegt. Ihr nationales Erziehungswerk im Kampfe gegen
griechische Überfremdung ist vergleichbar dem Wirken Lessings und
Entstehung eines bulgarischen Nationalstaates 375

Fidites, die in ähnlicher Weise das deutsche Geistesleben von der fran-
zösischen Überfremdung befreiten.
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die Griechen schritt-
weise aus allen bisherigen Machtstellungen verdrängt: aus dem Schul-
wesen durch die Gründung bulgarischer Schulen, aus der Kirche durch
die Vertreibung der griechischen Bischöfe, aus dem allgemeinen Geistes-
leben durch die Entwicklung einer bulgarischen Literatur und durch die
Gründung bulgarischer Zeitungen und Zeitschriften. Diese literarische
Tätigkeit der Bulgaren konnte sich freilich zunächst nur im Auslande
ungehemmt entfalten. Die erste bulgarische Zeitung, der „Bulgarski Orel"
(„Bulgarischer Adler") erschien 1846 in Leipzig. In der Folgezeit ent-
wickelte sich Bukarest zu dem eigentlichen Mittelpunkt des bulgarischen
Geisteslebens.
Ebenso bedeutsam war es, daß in diesen Jahrzehnten die Bulgaren
auch ihre von Griechen und Türken überfremdeten Städte auf dem
Wege der Unterwanderung zurückgewannen und die Vorherrschaft im
Handel zurückerlangten. Gleichzeitig begann auch die Abdrängung der
türkischen und tatarischen Bauernbevölkerung aus Ostbulgarien. Die
bäuerlichen Landschaften im Hinterland des Schwarzen Meeres und in
der Maritza-Ebene waren seit dem 15. Jahrhundert in immer stärkerem
Maße von türkischen und dann auch von tatarischen Bauern besiedelt
worden. Diesen Pfahl im eigenen Fleisch zu beseitigen, war die nächste
große Aufgabe. Ihre schrittweise Bewältigung dauerte ein Jahrhundert,
fast bis in die unmittelbare Gegenwart hinein.
Die gesamten Fortschritte des bulgarischen Volkstums in jenem Zeit-
alter der nationalen Wiedergeburt sind um so erstaunlicher, als sie ohne
den Staat vollbracht wurden, ja gegen die herrschende Staatsgewalt
erkämpft werden mußten. Der äußere Sieg in dem großen Zweifronten-
kampf gegen Griechen und Türken wurde in den Jahren 1870 und
1878 erfochten. Im Jahre 1870 wurde das bulgarische Exarchat errichtet,
womit die kirchliche und kulturelle Unabhängigkeit der Bulgaren von
dem griechischen Patriarchat in Konstantinopel gesichert wurde. Im Jahre
1878 wurde dann mit russischer Waffenhilfe die politische Unabhängig-
keit Bulgariens und die Errichtung eines eigenen Nationalstaates er-
kämpft. So haben die Bulgaren insgesamt ein volles Jahrhundert —
seit Otez Paisi — gebraucht, um sich von der doppelten Überfremdung
freizumachen.
*
376 Sieg des nationalstaatlichen Gedankens

Das halbe Jahrhundert von dem Frieden von Kütschük Kainardsche


(1774) bis zum Frieden von Adrianopel (1829) war das Zeitalter des
nationalen Erwachens der Balkanvölker. Ausgelöst wurde der Aufbruch
des Nationalbewußtseins durch das Eindringen der neuen westlichen
Ideen. In ihrem Gefolge wandelte sich auch im osmanischen Machtbereich
der Begriff der „Nation" vollständig. Bisher war die „Nation" dort mit
der Religionsgemeinschaft (türkisch mittet, slawisch vera) gleich-
gesetzt worden. Die Konfession war das unterscheidende Kennzeichen
gewesen. So war es noch im griechischen Freiheitskampf, wo orthodoxe
Griechen und orthodoxe Albaner gemeinsam gegen muslimanische Türken
und muslimanische Albaner gekämpft hatten. Mit dem Eindringen des
westlichen Nationsbegriffes trat an die Stelle der Konfession die Sprache
als Merkmal der nationalen Zugehörigkeit. Damit war erst die gedank-
liche Voraussetzung geschaffen zur Entstehung moderner National-
staaten auf der Balkanhalbinsel.
Der Friede von Adrianopel (1829) bedeutete bereits den grundsätz-
lichen Sieg des nationalstaatlichen Gedankens. Griechenland, Monte-
negro, Serbien und die rumänischen Donaufürstentümer wurden eigene
Staaten, wenn freilich zunächst Serbien und die Donaufürstentümer
noch nicht die volle völkerrechtliche Souveränität erhielten. Die europä-
ische Türkei schrumpfte zusammen auf Bosnien-Herzegowina, Albanien,
Mazedonien, Thrazien, Bulgarien und Nordgriechenland. Auch dieser
Restbesitz war durch den unverkennbaren Ausdehnungsdrang der neuen
christlichen Staaten stets bedroht. Die weitere Entwicklung wurde da-
durch beschleunigt, daß die nationalen Kämpfe, die sich innerhalb des
Habsburgerreiches abspielten, auch auf den Balkan übergriffen. Es war
dies eine natürliche Folge der Tatsache, daß der rumänische und der
serbische Volkskörper sowohl der habsburgischen Monarchie als auch
dem damals türkischen Balkan angehörten. Die Verzahnung der beiden
Volkskörper hat daher als natürliches Bindeglied gewirkt.
Nur in zwei Provinzen der europäischen Türkei kam es während des
ganzen 19. Jahrhunderts nicht zu einer im Volke verwurzelten nationalen
Unabhängigkeitsbewegung: in Bosnien und in Albanien. Die weitgehende
„Vertürkung" beider Länder durch die Islamisierung hatte auch das
politische Bewußtsein der Bevölkerung umgeformt. An Stelle eines natio-
nalen Volksbewußtseins faßte dort das übervölkische osmanisdie Reichs-
bewußtsein tiefe Wurzeln. So kam es, daß diese beiden Länder sich
nicht aus eigenem Wollen vom osmanischen Reiche lossagten, sondern
Sonderstellung Bosniens und Albaniens 377

durch den Spruch der europäischen Großmädite abgetrennt wurden.


1878 wurde Bosnien-Herzegowina von Österreich-Ungarn im Einver-
ständnis mit den übrigen Großmächten besetzt, 1912 wurde Albanien
durch die Großmächte als eigener Staat erklärt. Die Errichtung eines
albanischen Staates war durch die Entstehung selbständiger Staaten
ringsum und durch die Unterbrechung des gebietsmäßigen Zusammen-
hanges mit dem kleinen verbliebenen Restgebiet der Europäischen Türkei
unvermeidlich geworden.
Die beiden Balkankriege (1912—1913) ließen dem osmanischen
Reiche von dem ehemals so gewaltigen Besitze nur noch Ostthrazien.
Aber noch immer hielt der Sultansstaat an dem religiösen Gedanken des
übervölkischen Reiches fest. In seinem Rahmen lebten neben den Türken
noch Griechen, Armenier, Kurden, Perser, Araber.
Kapitel 23

D i e n a t i o n a l i s t i s c h e n B e w e g u n g e n im R a h m e n
des H a b s b u r g e r - R e i c h e s

Die Regungen des Nationalbewußtseins der unterworfenen Völker im


osmanischen Reidie kamen immer vom Rande her; denn die neuen natio-
nalistischen Ideen und Schlagworte entwickelten sich im Westen. Die öst-
liche Kulturwelt, die geistig von Byzanz geprägt worden war, hat
keine der westlichen vergleichbare politische Ideenentwicklung erlebt, sie
hat nach dem Erlöschen des oströmischen Reiches (1453) keine eigenen
politischen Ideen hervorgebracht, sondern teils die oströmische Reidis-
idee wie eine schattenhafte Fiktion weitergeschleppt, teils die neuen
nationalen Ideen aus dem Westen halbverstanden importiert.
Die neuen nationalen Ideen haben in den beiden Vielvölkerstaaten
Österreich und Türkei wie Sprengkörper gewirkt. Dabei schlug die Ent-
wicklung in beiden Staaten ganz verschiedene Wege ein. Das osmanische
Reich war ein ausgesprochener Erobererstaat mit einer scharfen Gegen-
überstellung einer herrschenden Erobererschicht und einer unterworfenen
Unterschicht (Rajah). Ein solcher Staat, dem der straffe Zentralismus,
zusammengefaßt in der despotisch-absoluten Sultansgewalt, das eigent-
liche Lebensprinzip war, konnte mit den neuen politischen Gedanken
aus dem Westen überhaupt nicht paktieren. Jede Einräumung von Rech-
ten an die Nationalitäten hätte den Verzicht der türkischen Oberschicht
auf die Macht im Staate bedeutet. Die Nationalitäten des osmanischen
Reiches konnten sich daher nur durch gewaltsame Loßreißung ihr Recht
erkämpfen. So fiel denn während des 19. Jahrhunderts ein Randgebiet
nach dem andern von der Türkei ab, bis diese durch den Ausgang des
ersten Weltkrieges auf Kleinasien und Ostthrazien beschränkt wurde.
Ganz anders verlief die Entwicklung im Habsburger-Reich, das nicht
durch Eroberungen, sondern vor allem durch Erbverträge und politische
Heiraten zusammengekommen war. „Bella Qerant allii, Ju, felix Justria
nube!" Aus dieser allmählichen Entstehung erklärt es sich, daß das Habs-
burger-Reich nicht nur in völkischer und sprachlicher sondern auch in
staatsrechtlicher Hinsicht ein so merkwürdiges Aggregat aus den ver-
schiedenartigsten Bestandteilen bildete. Fast jedes der Länder war auf
Vielfältigkeit des habsburg ¿sehen Gesamtstaates 379

andere Weise und mit einem andern Rechtstitel an das Haus Habsburg
gekommen. Daraus ergab sich seine staatsrechtliche Individualität und
Sonderstellung.
Die verschiedenen Rechte, Sonderrechte und Vorrechte der einzelnen
Länder sollten gewahrt, aber doch auch in Einklang gebracht werden
mit der Politik des Gesamtstaates. Die Kunst, Gegensätze durch ein
Kompromiß zu überbrücken, oder zu vertagen, ist durch die Politik
dieses Staates — durch die Außenpolitik wie durch die Innenpolitik —
zu einer methodischen Kunst entwickelt worden, die man mit Virtuosität
handhabte. Man könnte geradezu von einem habsburgischen Stil in der
Politik sprechen.
Die Sonderstellung der einzelnen Länder im Rahmen des habsburgi-
schen Gesamtstaates gab den einzelnen Nationalitäten eine staatsrecht-
liche Plattform, von der aus sie ihre neuen Forderungen verfechten
konnten: die Tschechen in Böhmen und Mähren, die Slowenen in Krain
und Steiermark, die Polen in Galizien usw. Es war also — ganz anders
als im osmanischen Reiche — die Möglichkeit zu einer inneren Aus-
einandersetzung gegeben. Dort fehlte diese Plattform. Für das osmanische
Reich war die Nationalitätenfrage überwiegend eine Frage der Außen-
politik; die nationalen Forderungen wurden in den Grenzgebieten er-
hoben und von den auswärtigen Großmächten — Venedig, Österreich,
Rußland — unterstützt. Für den Staat der Habsburger dagegen, war die
Nationalitätenfrage zunächst eine ausschließlich innenpolitische An-
gelegenheit. Man versuchte im Inneren den Forderungen der Nationali-
täten entgegenzukommen, um ein erträgliches Zusammenleben der ver-
schiedenen Völker im Rahmen des Gesamtstaates zu ermöglichen. Die
verschiedenen Wege, die dabei versucht wurden, versagten schließlich
alle gegenüber dem steigenden Selbstbewußtsein der Nationalitäten.
Letztlich wurde der Gesamtstaat durch die Forderungen der Nationali-
täten auseinandergesprengt. Die Entwicklung verlief also ganz anders
als im osmanischen Reich, wo das Reich durch den allmählichen Ver-
lust einzelner Grenzprovinzen nach und nach immer mehr zusammen-
schrumpfte.
*

Zu Ausgang des 18. Jahrhur.derts hat das politische Bewußtsein


der europäischen Völker eine neue Entwicklungsstufe erreicht: das
Nationalbewußtsein wandelte sich zum kämpferischen Nationalismus.
380 Herauswachsen Österreichs aus dem Deutschen Reiche

Diese Bewußtseinswandlung hat sich in mehreren großen Wellenschlägen


vollzogen: von Frankreich her haben Aufklärung und Revolution, von
Deutschland her Herder und die Romantik in dieser Richtung gewirkt.
Dazu kam dann eine neue Wissenschaft, deren große geistesgeschicht-
liche Auswirkung man gewöhnlich übersieht: die Sprachvergleichung.
Schon die Entwicklung des 18. Jahrhunderts hatte den häbsburgischen
Gesamtstaat um ein Stück aus dem deutschen Reichsverbande heraus-
gedrängt. Durch den Verlust Schlesiens an Preußen wurde das deutsche
Element im habsburgischen Staate empfindlich geschwächt. Daß sidi
Österreich nicht schon damals ausschließlich nach dem Südosten orien-
tierte und zu einem „Donaustaate" wurde, hing nur damit zusammen,
daß immer noch ein beträchtlicher Teil seiner Besitzungen am Rheine
lag: der Breisgau („Vorderösterreich") und die Niederlande. Dadurch
blieb es am Westen interessiert. Schon zur Verteidigung der eigenen Be-
sitzungen mußte es dort die Wacht am Rhein für Gesamtdeutschland
halten.
Dann gingen auch diese westlichen Besitzungen infolge der französi-
schen Revolutionskriege verloren. Seitdem wandte sich Österreich völlig
dem Südosten zu. Nunmehr erst wurde es im vollen Sinne des Wortes
zum „Donaustaat". Dieses Herausgleiten aus dem bisherigen deutschen
Reichsverband fand seinen Ausdruck in der Veränderung des Herrscher-
titels. Als Bonaparte, bis dahin erster Konsul, sich zum „Kaiser der Fran-
zosen" ausrief (1804), nahm der Deutsche Kaiser Franz II. den Titel
eines „Kaisers von Österreich" (als Franz I.) an, mit der Erklärung, daß
seine sämtlichen „Königreiche und anderen Staaten vorbesagter Maßen
in ihren bisherigen Benennungen und Zustande ungeschmälert zu ver-
bleiben haben". Der dritte Koalitionskrieg (Kapitulation des Generals
Mack in Ulm, Dreikaiserschlacht bei Austerlitz, Friede von Preßburg
1805) schwächte die Stellung Österreichs im Reiche und in Europa noch
mehr. 1806 wurde dann unter Napoleons Protektorat der „souveräne"
Rheinbund gegründet. Napoleon als Protektor teilte die Gründung dem
Regensburger Reichstage mit. Mit dieser offenen Lossagung zahlreicher
mächtiger Landesfürsten wurde das Deutsche Reich vollends zum macht-
losen Schattengebilde. Darauf legte Kaiser Franz in aller Form die
deutsche Kaiserkrone nieder. Er entband die noch übrigen Reichsstände
ihrer Eide und Pflichten gegen ihn mit der Erklärung, er sei es seinen
Grundsätzen und seiner Würde schuldig, auf die Krone zu verzichten
(1806). Der Doppeladler, der bisher das Hoheitszeichen des Deutschen
Mettemichsdre Ära 381

Reiches gewesen war, wurde nunmehr das Wappen des österreichischen


Kaiserreiches.
Mit diesem Schritt wurde vor aller Welt ausgesprochen, was längst
schon Wirklichkeit war. Das Deutsche Reich war tot. Habsburg ver-
legte seine Macht ausschließlich und endgültig an die Donau. Auch der
siegreiche Ausgang des Entscheidungskampfes gegen Napoleon änderte
nichts mehr daran. Die Wacht am Rhein blieb bei Preußen, dem durch
den Wiener Kongreß das Rheinland als neue Provinz zugesprochen
wurde.
*

Die europäische Politik in den Jahrzehnten nach dem Sturze Napo-


leons stand im Zeichen der Heiligen Allianz. Im Jahre 1815 hatten in
Paris die drei Herrscher von Österreich, Rußland und Preußen diesen
Bund gegründet zur gegenseitigen Freundschaft und Unterstützung und
mit dem Vorsatz, ihre Länder nach den Geboten des Christentums in
Liebe und Gerechtigkeit zu regieren. Die drei großen konservativen
Mächte Europas fanden sich zur Sicherung der neuaufgerichteten Welt-
ordnung gegen die nationalen und revolutionären Bestrebungen zusam-
men. Der bedeutendste europäische Staatsmann jener Zeit, Clemens
Lothar 7ürst von THetternidh, der als leitender österreichischer Minister,
dem Zeitalter vom Wiener Kongreß (1815) bis zur Märzrevolution
(1848) den Namen galb („Metternichsche Ära"), sah im siegreichen Aus-
gang des Kampfes mit Napoleon den Beweis für die Berechtigung und
innere Kraft der alten, auf dem Grundsatz der monarchischen Legitimität
ruhenden staatlichen Ordnung. Er hat daher mit allen Mitteln des Poli-
zeistaates (Karlsbader Beschlüsse 1819) die revolutionären, konstitutio-
nellen und freiheitlichen Bewegungen unterdrückt. Auch außerhalb der
eigenen Staaten griff die Heilige Allianz gegen umstürzlerische Be-
wegungen ein, so in Spanien und in den italienischen Kleinstaaten (Kon-
gresse von Troppau, Laibach, Verona).
Metternich geriet durch seine Politik bald in Gegensatz zu den
Madjaren. In diesem alten Kampf, der nun wiederum einem dramati-
schen Höhepunkt zustrebte, wurde erneut die eigentliche Lebensfrage
des habsburgischen Gesamtstaates sichtbar.
Nach dem schweren Ringen mit der zentraliistischen Politik Josephs II.
hatten die Madjaren auf dem Reichstage von Preßburg 1790 die grund-
sätzliche Anerkennung ihrer Eigenstaatlichkeit erreicht. Freilich änderte
382 Spannung zwischen Wien und Ungarn

dies nichts an der Regierungspraxis Wiens. In den Kriegen gegen Napo-


leon leisteten die Madjaren treue Waffenhilfe. Danach aber brach der
alte Kampf wieder aus. Die ungarische Forderung nach Angliederung
Dalmatiens und Fiumes an Kroatien und damit an die „Länder der
Stephanskrone" wurde in Wien abgelehnt. In der Folgezeit mißachtete
Wien offen die Bestimmungen der ungarischen Verfassung. Ungarische
Angelegenheiten wurden vor den österreichischen Staatsrat gezogen.
Einschneidende Verfügungen wurden ohne Befragung der ungarischen
Stände veröffentlicht. Der ungarische Reichstag wurde überhaupt nicht
mehr einberufen. Wien konnte die erforderlichen Bewilligungen leichter
bei den einzelnen Komitaten durchsetzen. Infolge dieser zentralistischen
Maßnahmen wuchs die Erbitterung in Ungarn so allgemein, daß sich
die kaiserliche Regierung genötigt sah, seit 1825 wieder ungarische
Reichstage abzuhalten.
*

Seit etwa 1830 begann die Loslösung der Donauvölker von der bis-
herigen deutschen Führung sichtbarer zu werden. Etwa gleichzeitig voll-
zog sich die Loslösung der Balkanvölker von der griechischen Führung.
Die ersten Anfänge dieser „nationalen Wiedergeburt", wie sie im Ge-
schidhtsbewußtsein jener Völker genannt wird, verlieren sich in einem
vielfältigen Wurzelgeflecht verschiedenartiger Ursachen, hinter der sich
eine rätselhafte geschichtliche Triebkraft birgt, die alle Völker zwingt,
den W e g zu gehen, den der Geist des Zeitalters fordert. Am Anfang
stand überall die geistige Rückbesinnung auf die eigene nationale Ver-
gangenheit. An ihr entzündete sich das Selbstbewußtsein, den Deutschen
gleichwertig zu sein. Daraus entstand das soziale Aufstiegsbestreben, das
zur Bildung einer eigenen Intelligenz führte, die dann den irredentisti-
schen Kampf um einen eigenen Nationalstaat aufnahm. Das Kernstück
dieser Entwicklung war wohl die Entstehung einer eigenen Billdungsschicht.
Bis dahin hatte diesen Völkern eine eigene Intelligenz und ein städtisches
auf Handel und Gewerbe beruhendes Bürgertum gefehlt. Das städtische
Bürgertum war bis in den Anfang des 19. Jahrhunderts hinein überall
deutsch. Nun begann sich bei allen diesen Völkern eine solche städtische
Oberschicht herauszubilden, die dann bald die Führung im nationalen
„Befreiungskampfe" übernehmen sollte. Diese Entwicklung eines „Dritten
Standes" knüpfte bei den einzelnen Völkern an verschiedene Ansätze
an: bei den Slowaken und Slowenen war es die Landgeistlichkeit, bei
Nationalismus der aufstrebenden Donauvölker 383

den Tschechen die Beamten der großen Güter und die in die Stadt wan-
dernden Bauernsöhne, bei den Madjaren der Kleinadel und die Juden.
Dabei haben die Madjaren kraft ihrer großen staatspolitischen Über-
lieferung von allem Anfang an einen großen Vorsprung vor den übrigen
Donauvölkern besessen.
Die „Ideen", mit denen die aufstrebenden Donauvölker ihre Forde-
rung nach Gleichberechtigung mit den Deutschen begründeten, ent-
hüllen sich in rückschauender Betrachtung als vertauschbare Schlagworte.
Hinter den „geistigen" Kämpfen stehen als dunkle Triebkräfte der Ent-
wicklung Machtwille und Lebensbehauptung der Völker, und es wäre,
angesichts eines solchen Ineinander von Wesenszusammenhängen ver-
fehlt, die Frage zu stellen, was Ursache und was Wirkung sei.
W a s in dem Wandel der Erscheinungen blieb, war der triebhaft
dunkle Drang der kleinen Völker, die deutsche Führung abzuschütteln.
Die Schlagworte, mit denen dieser Kampf geführt wurde, wechselten
ebenso wie ihre ideologischen Verbrämungen. Jede Idee, jedes Schlagwort
war gerade so lange brauchbar, als man damit die deutsche Führung
bekämpfen konnte. Der Gegensatz zur deutschen Oberschicht bestimmte
die jeweilige ideologische Haltung der Donauvölker. Gegen die auf-
klärerische Bürokratie Josephs II. und Franz" I. beriefen sich die Madjaren
und Tschechen auf ihre eigene romantische Vergangenheit, wobei man
vor poetischen Geschichtsfälschungen nicht zurückschreckte, und gegen
die Ideen Herders haben dann die Madjaren mit einer starken Front-
schwenkung in ihrem Kampf gegen den Bachschen Absolutismus sich zu
Verfechtern der liberalen Gedanken gemacht. Auch noch nach dem
ungarisch-österreichischen Ausgleich von 1867 blieb die politische Ge-
schichte Österreichs ganz von diesem Gesetz bestimmt. Die werdende
Oberschicht der Donauvölker griff je und je mit triebhafter Sicherheit
nach jenen deutschen Ideen, die als Waffen im Kampf gegen den deut-
schen Führungsanspruch und gegen die augenblicklich gerade herrschende
deutsche Schicht gebraucht werden konnte.
Die Anfänge dieser nationalen Loslösungsbewegung der Donauvölker
wurden wesentlich durch deutsche Kräfte bestimmt. Der Widerstand
gegen den aufklärerischen Zentralismus Josephs II. und Franz' I. wurde
gerade von dem deutschen und eingedeutschten Adel in Ungarn, Böhmen
und Krain geführt. So ergab sich eine nur aus dem Geiste jener Zeit ver-
ständliche Bundesgenossenschaft dieses Adels mit den werdenden Ober-
schichten der Donauvölker. Im Gefolge solcher Beziehungen ist sehr viel
384 Madjarisdier Nationalismus

deutsches Blut in die neuen Oberschichten der jungen Völker hinüber-


geflossen. Der Anlaß zu solchem Anschluß an fremdes Volkstum lag
manchmal freilich auch in dem sozialen Absinken innerhalb der deut-
schen Umwelt.
*

Nach der napoleonischen Zeit begann in Ungarn im Zeichen des er-


wachenden Nationalismus die große innere Auseinandersetzung um die
Ziele der ungarischen Politik. Als geistiger und politischer Führer des
madjarischen Volkes trat zunächst Stephan Szédhenyi (1792—1860), der
„größte Ungar" hervor. Er hat durch zahlreiche Schriften (vor allem:
A keleti nép, d. h. „Das Volk des Ostens", A hit él, d. h. „Der
Kredit"), das Nationalbewußtsein gehoben und auf die bestehenden
schweren Mängel im politischen, geistigen und wirtschaftlichen Leben
Ungarns hingewiesen. Auf seine persönliche Stiftung geht die Gründung
der „Ungarischen Akademie der Wissenschaften" zurück. Auch Handel
und Wirtschaft verdankten seiner Anregung wertvolle Förderung. Die
politischen Anschauungen Széchenyis waren durchaus konservativ. Er
erwartete alles von einer allmählichen gesunden Aufwärtsentwicklung des
Landes.
Eine ganz andere Persönlichkeit war Ludwig Xossuth (1802—1894),
der politische Gegenspieler Széchenyis. Er erhoffte das Heil Ungarns in
einem revolutionären Umbruch. Er war ein unvergleichlicher Propa-
gandist, ja Demagoge. Gegenüber dem vornehmen, besonnenen Aristo-
kraten Szédienyi war es ihm leicht, sich die Gunst der breiten Öffentlich-
keit zu erwerben. Széchenyi wurde mehr und mehr in den Hintergrund
gedrängt, seine Warnungen vor revolutionären Experimenten verhallten
ungehört.
Kossuth und seine Anhänger entfesselten eine leidenschaftliche Agi-
tation gegen Wien. Die Wiener Regierung wurde des Verfassungsbruches
beschuldigt. Man forderte Pressefreiheit, regelmäßige Einberufung /des
Reichstages und Einsetzung eines verantwortlichen Ministeriums in
Ungarn.
Im Kampfe gegen die Forderungen des madjarischen Nationalismus
stützte sich die Dynastie auf die anderen Nationalitäten Ungarns. Die
Slowaken und die Deutschen schieden dabei aus, denn die Slowaken
waren damals noch nicht zu einem eigenen politischen Bewußtsein ge-
langt, die Deutschen aber in ihrer Vereinzelung und Zerrissenheit waren
Nationalismus der Südslawen und Tschechen 385

bereits dem Banne des Madjarentunis verfallen. So blieben als Gegen-


gewicht gegen die madjarischen Sonderbestrebungen die Rumänen, die
Serben und die Kroaten.
Am wichtigsten war die Rolle der Serben und Kroaten. Bereits die
geistige Auseinandersetzung zwischen Reformation und Gegenreforma-
tion hat dort das Nationalbewußtsein geweckt. In der habsburgischen
Militärgrenze und während der Feldzüge der napoleonischen Zeit hatte
sich dieses Nationalbewußtsein weiter entfaltet. Im Frieden von Schön-
brunn (1809) wurde aus slowenischen und kroatischen Gebieten von
Kärnten bis nach Dalmatien und Slawonien ein einheitliches Verwal-
tungsgebiet „Illyrische Provinzen" geschaffen (1809—1814), das dann
in einem „Königreich Illyrien" (1816—1849) im Rahmen des Habsburger-
Reiches seine Fortsetzung fand. Die politische und verwaltungsmäßige
Zusammengehörigkeit stärkte das nationale Gemeinschaftsbewußtsein.
Zur Pflege der geistigen Gemeinschaft aller „Südslawen" entstand damals
die illyrisdje Bewegung, deren Führer der kroatische Schriftsteller und
Politiker £judevit Qaj (1809—1872) war. Gaj strebte vor allem die
weitere Vereinheitlichung der gemeinsamen Schriftsprache an. 1830 ver-
öffentlichte er zu diesem Zweck seine Xratka osnova brvatsko-slavens-
ko$a pravopisanja („Kurze Grundlage der kroatisch-slawischen Recht-
schreibung")- Auf Gajs Anregung fand sich damals in Agram ein anti-
madjarischer Kreis zusammen. Der Gegensatz zwischen Madjaren und
Südslawen wurde so scharf, daß die Dynastie im Falle eines Zusammen-
stoßes mit Sicherheit auf die Unterstützung der Südslawen rechnen
konnte.
Auch bei den Tschechen vollzog sich während der Metternichschen
Ära schrittweise das nationale Erwachen. Das Nationalbewußtsein war
zunächst noch durchaus patriotisch, nicht völkisch; es bezog sich auf
das „Vaterland", nicht auf das Volk. Der Vormärz war die Zeit des
böhmischen Landespatriotismus. Er fand seinen sichtbaren Ausdruck in
dem Beschluß der böhmischen Stände von 1829, den jungen Tranz
Vaiadky mit einer Darstellung der böhmischen Geschichte zu beauf-
tragen. Neben Palacky, der immer mehr der geistige Führer des
Tschechentums wurde, sind unter den Wortführern des böhmischen
Patriotismus zu nennen: 7ranz Ladislaus Freiherr von TUeQer und der
Publizist "Havlicek. überall begann man dam'als mit Stolz und Begeiste-
rung sich mit der böhmischen Geschichte zu beschäftigen. Deutsche und
Tschechen wetteiferten darin unterschiedslos. Es ist bezeichnend, daß

15 Stadtmauer, Geschichte Südosteuropas


386 Märzrevoüution 1848

selbst ein nüchterner Gelehrter, wie der deutsche Rechtshistoriker Emil


Iranz Roßt er damals gemütstiefe Gedichte über die ruhmvolle Ver-
gangenheit der „böhmischen" d. h. tschechischen Nation verfaßte. Der
tschechische Schriftsteller Wenzel Uanka versuchte sogar, dieser Ver-
gangenheit durch seine berüchtigten Handschriftenfälschungen (Hand-
schriften von Königinhof und Grünberg) noch mehr Glanz zu ver-
leihen.
*

Das Revolutionsjahr 1848 brachte für das Habsburger-Reich schwere


Erschütterungen. Auf die Kunde von der Revolution in Paris entstanden
damals auch vielerorts in Deutschland revolutionäre Bewegungen, vor
allem in Baden, Preußen und Österreich. Zunächst siegten diese Bewe-
gungen überall ziemlich widerstandslos. In Wien mußte der Kaiser unter
dem Druck der Volksmeinung eine Verfassung ankündigen. Metternich
dankte ab. Pressefreiheit wurde zugelassen. Ein verantwortliches Mini-
sterium wurde ernannt. Gleichzeitig wurden auch die madjarischen For-
derungen nach einem verantwortlichen Ministerium bewilligt. Die Ein-
führung der Verfassung kam aber bereits zu spät. Schon war die offene
Revolution ausgebrochen. Die italienischen Provinzen waren bis auf die
Festungen Mantua und Verona abgefallen. In Galizien, Böhmen und
Ungarn schien die Revolution unmittelbar bevorzustehen. Die deutsche
Bürgerschaft befand sich überall in einem wahren Freiheitstaumel.
Im Deutschen Reich ging man im Geiste der neuen Ideen an eine
Reichsreform. Eine kleine Schar idealistischer deutscher Politiker berief
das Frankfurter Vorparlament zusammen, das einen Fünfziger-Ausschuß
einsetzte, der die Wahlen in die Frankfurter Nationalversammlung vor-
bereiten sollte. Alle Völker und Länder, die dem Deutschen Bunde zu-
gehörten, sollten daran teilnehmen, ganz gleichgültig, welcher Sprache
sie seien. Als Vertreter der Tschechen nahm man Palacky in Aussicht
und schickte ihm ein amtliches Einladungsschreiben zu.
Jxanz Palacky beantwortete es schon nach wenigen Tagen mit einem
berühmt gewordenen offenen Briefe, der bald überall in Zeitungen ab-
gedruckt und als Flugblatt veröffentlicht wurde. In der Folgezeit wurde
er für die Tschechen geradezu eine politische Programmschrift. Palacky
lehnte entschieden die Teilnahme an der deutschen Nationalversammlung
ab: „Ich bin kein Deutscher, fühle mich wenigstens nicht als solcher" . . .
„Ich bin ein Böhme slawischen Stammes und habe midi dem Dienste
Palacky für den österreichischen Gesamtstaat 387

meines Volkes ganz und für immer gewidmet." Dann gibt er eine ge-
schichtliche Darstellung des Verhältnisses des tschechischen Volkes in
Böhmen zu Deutschland und zum Deutschtum. Darauf beruhe zu aller-
erst seine Ablehnung der Einladung. Sein zweiter Beweggrund sei die
Überzeugung, daß Österreichs „Erhaltung, Integrität und Kräftigung"
notwendig sei, während durch die Frankfurter Nationalversammlung
vermutlich Österreich als selbständiger Kaiserstaat unheilbar geschwächt,
ja unmöglich gemacht werde. Der Bestand eines starken Österreich
sei vor allem notwendig zur Abwehr der schweren Gefahr, die ganz
Europa durch die Aufrichtung einer russischen Umversalmonarchie drohe.
Wie unentbehrlich ihm ein starkes Österreich als Gegengewicht gegen
Rußland erschien, zeigt sein Ausspruch: „Wahrlich existierte der öster-
reichische Kaiserstaat nicht schon längst, man müßte im Interesse
Europas, im Interesse der Humanität selbst sich beeilen, ihn zu schaf-
fen." „Denken Sie sich", so ruft er aus, „Österreich in eine Menge
Republiken und Republikchen aufgelöst — welch ein willkommener
Grundbau zur russischen Universalmonarchie." — Wien und nicht Frank-
furt betrachtete er als das „Zentrum, welches geeignet und berufen ist,
meines Volkes Frieden, Freiheit und Recht zu sichern und zu schützen".
Sein politisches Glaubensbekenntnis formulierte er in den Worten: „Da
Österreichs Aufgehen in Deutschland eine Zumutung des Selbstmordes,
umgekehrt Deutschlands Anschluß an Österreich eine dem deutschen
Nationalgefühl gegenüber unstatthafte Zumutung sei, erübrige nichts, daß
beide sich nebeneinander gleichberechtigt konstituieren und ein ewiges
Schutz- und Trutzbündnis, allenfalls noch eine Zolleinigung ab-
schließen."
Palacky hielt an dem Gedanken des habsburgischen Gesamtstaates
aus innerster politischer Überzeugung fest. In Rußland sah er die große
politische Gefahr der Zukunft, der von dem damals aufkommenden
Panslawismus die Wege bereitet wurden. Sein Hauptvertreter im Habs-
burger-Reiche war der Slowake Jan Xollär (1793—1852), der durch
seine Schriften den Gedanken der allslawischen Gemeinsamkeit pflegte.
Freilich dachte er nur an „literarische Wechselseitigkeit zwischen den
verschiedenen Mundarten und Stämmen der slawischen Nation" — dies
war auch der Titel eines seiner Hauptwerke (1837). Ein politischer
Zusammenschluß aller Slawen schwebte ihm noch nicht vor. Trotzdem
waren seine Gedanken auf die spätere Entwicklung des von den Russen
geführten Panslawismus von großem Einfluß.
25*
388 Tschechischer Nationalismus

Der Betonung der allslawischen Brüderlichkeit bei Kollär traten Palack^


und Havlicek entgegen, die beide diese allslawlische Idee als Schritt-
macherin des russischen Imperialismus fürchteten. Beide sahen demgegen-
über in der Erhaltung eines starken Österreich die notwendige Voraus-
setzung für eine gesunde Entwicklung des tschechischen Volkes. Ein
freies selbständiges Tschechentum im Rahmen eines starken österreichi-
schen Staates, das war ihr politisches Ziel. Dafür suchten beide zu
wirken, Palacky vor allem als Geschichtsschreiber, Havlicek als Publizist.
Der letztere lenkte seit 1846 die öffendiche Aufmerksamkeit auf den
Kampf der Iren gegen England (Repeal-Bewegung), der ein Gegenstück
sei zu dem Kampfe zwischen Tschechen und Österreich bzw. dem
Deutschtum. In Prag bildete sich ein politischer Geheimbund mit dem
Namen „Repeal". Am 5. April 1848 trat Havlicek sogar mit einer
eigenen tschechischen Tageszeitung („Närodni Noviny" d. h. „National-
zeitung") hervor. Graf Adalbert T>eym hatte dazu die Mittel zur Ver-
fügung gestellt. Die erste Nummer begann mit einem schwungvollen
Appell an das tschechische Geschichtsbewußtsein . . . „Mein Volk! Ver-
giß der zwei Jahrhunderte schändlicher Erniedrigung . . . Schlag Dir
in Deiner großen Geschichte jene Blätter auf, in welchen verzeichnet
stehen die großen Taten Deiner Väter. Und damit eifre nun Deinen
Geist, Deine Seele an, damit bereite Dich gleichfalls vor zu großen
Taten . . . Jetzt oder nie! So laute die Stimme des Schicksals, die uns zu
tapferem Handeln wecken soll . . . "
Inmitten der allgemeinen Revolution von 1848 spaltete sich der böh-
mische Patriotismus auf in einen tschechischen Nationalismus und —
erst viel später — ein sudetendeutsches Volksbewußtsein. Palackys ab-
lehnende Antwort auf die Einladung nach Frankfurt war das sicht-
bare Zeichen der beginnenden Trennung.
Als Gegenkundgebung gegen die deutsche Nationalversammlung in
Frankfurt trat damals in Prag ein Slawenkongreß zusammen, der die
politischen Forderangen aller Slawen der Monarchie formulieren sollte.
Er nahm einen ruhigen Verlauf.
*

Mittlerweile verschärfte sich die Lage in Ungarn. Der ungarische


Reichstag tastete durch eigenmächtige Beschlüsse die Hoheitsrechte der
Dynastie an. Der kaiserliche Adler und die kaiserlichen Farben als
Hoheitszeichen wurden abgeschafft, madjarisches Kommando wurde bei
Krieg in Ungarn 389

der Armee eingeführt. Das bedeutete eigentlich schon den Bruch zwischen
Wien und Budapest. Aber infolge des allgemeinen Chaos konnte der
Kaiser, der sich nach dem ruhigen Innsbruck zurückgezogen hatte, noch
nicht gegen Ungarn vorgehen.
Dann aber kam der Umschwung. Galizien wurde von 7ranz Stadion
befriedet, in Prag schaffte 7ürst Windisdbcjrätz Ordnung, in Italien unter-
warf Feldmarschall Qraf Radetzky die abgefallenen Provinzen. Nunmehr
trat man auch gegenüber Ungarn mit Nachdruck auf. Der Kaiser setzte
den treuen Joseph Jellatschitsch zum Banus von Kroatien ein. Dieser fiel
bald danach — wohl auf Befehl von Wien — in Ungarn ein. Als die
Madjaren sich gleichzeitig der vom Kaiser verfügten Reichstagsauflösung
gewaltsam widersetzten, war der Bruch fertig. Uber Ungarn wurde das
Kriegsrecht verhängt.
Damals kam es in Wien nochmals zu einem revolutionären Aufstand.
Der einberufene verfassungsgebende Reichstag mußte nach Kremsier in
Mähren verlegt werden. Wien wurde von Fürst Windischgrätz mit
Waffengewalt unterworfen. Nach der weiteren Festigung ihrer Stellung
löste die Regierung den Kremsierer Reichstag auf, der bereits eine Ver-
fassung entworfen hatte. 1849 oktroyierte dann Fürst Schwarzenberg
als Staatskanzler eine einheitliche Reichsverfassung für das gesamte
Kaisertum Österreich. Danach sollte in Ungarn die bisherige einheimische
Verfassung gelten „soweit sie nicht der Reichsverfassung und dem
Grundsatze der Gleichberechtigung der Nationalitäten widerspricht".
Nunmehr kam es in Ungarn zum militärischen Entscheidungskampf.
Die nichtdeutschen Nationalitäten (Rumänen, Serben, Kroaten und der
größte Teil der Slowaken) kämpften dabei auf der Seite des Kaisers mit.
Die ungarländischen Deutschen hingegen fochten wie gute Madjaren
gegen den Kaiser. Nur die Siebenbürger Sachsen schlössen sich der Sache
des Kaisers an. Ihr Führer Samuel Ludwig Roth wurde deswegen von
den Madjaren gefangengenommen und als „Hochverräter" erschossen.
Der Kampf zwischen Kaiserlichen und Madjaren war lang und wechsel-
voll. Die zahlreichen gut ausgerüsteten und gutgeführten Heere der
Madjaren konnten schließlich nur mit russischer WafTenhilfe besiegt
werden. Erst vor den Russen kapitulierten die Madjaren unter General
Qörgei (bei Vilägos 1849). Kossuth war rechtzeitig über die Grenze
gegangen.
Ungarn mußte nun die Härte des Siegers über sich ergehen lassen.
Vor einem Militärgericht in Arad wurden die madjarischen Revolutions-
390 Bachsdie Ära

generale und der ungarische Ministerpräsident Battbyäny wegen „Hoch-


verrates" zum T o d e verurteilt und hingerichtet. Görgei wurde nur durch
persönliche Fürsprache des Zaren begnadigt.
Nach dieser völligen Niederwerfung Ungarns war die erwünschte
Möglichkeit zur endgültigen Lösung der ungarischen Frage im Sinne
Wiens und zur grundsätzlichen Neuordnung des Gesamtstaates ge-
geben. W i e n jedoch hat jene Gelegenheit nicht mit voller Entschieden-
heit ergriffen. Die nach dem Innenminister Bado benannte „Bachsche
Ära", die nun folgte, richtete in ausschließlich reaktionärer Haltung ihre
Anstrengungen nur auf die Niederhaltung der Madjaren. Im übrigen
erwartete man alles Heil im Festhalten am guten Halten und ver-
wechselte Verwaltung mit Politik. Die Notwendigkeit einer nationali-
tätenmäßigen Neugliederung des Gesamtstaates sah man noch nicht ein.
Die ungarische Eigenstaatlichkeit wurde zerschlagen. Aber an ihre
Stelle trat nicht eine föderative Vereinigung von Nationalitätengebieten,
sondern eine rein verwaltungsmäßige Einteilung. In Ofen erhielt ein
kaiserlicher Statthalter seinen Sitz. Im Lande aber wurde die deutsche
Amtssprache eingeführt und überall wurden deutsche und tschechische
Beamte (die „Bachschen Husaren") eingesetzt.
Unter den Madjaren herrschte über alle diese Maßnahmen eine
ungeheure Erbitterung, die im ganzen Lande zu einem stillschweigenden
passiven Widerstande führte. Der Habsburgerhaß und Deutschenhaß
wurde allgemein. Damals kam wohl auch das Schimpfwort „vaskalapos"
(d. h. „mit eisernem' H u t e " ) für den Deutschen auf.
Für die Dynastie war der Kampf mit Ungarn eine furchtbare Macht-
probe, für die habsburgische Außenpolitik eine schwere Belastung. Der
Kampf konnte nur dann sein Ziel, die Herabdrückung der Madjaren auf
die Ebene der übrigen Nationalitäten erreichen, wenn es gelang, ihn mit
unbeugsamer Härte wenigstens eine Generation lang durchzuhalten.
Voraussetzung für eine innenpolitische Machtprobe von diesem Ausmaß
und von dieser Zeitdauer wäre eine außenpolitische Rückendeckung ge-
wesen. Daran aber fehlte es. Die Lösung der ungarischen Frage im
Sinne Wiens ist an der preußischen und italienischen Gefahr gescheitert.
In der Auseinandersetzung mit Preußen hatte Österreich in der Olmützer
Punktation (1850) zwar noch einmal einen Sieg davongetragen. Aber die
Niederlage im Kampfe gegen Sardinien und Frankreich ( 1 8 5 9 ) nötigte
bereits zum teilweisen Nachgeben gegenüber den Madjaren, die freilich
audi weiterhin die Beschickung des österreichischen Reichsrates ablehn-
Ausgleich von 1867 3.91

ten. Die Niederlage im Entscheidungskampfe gegen Preußen (1866)


führte dann zu dem österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867. Sein
Schöpfer war der Juristenpolitiker 7ranz Deäk, der „Weise des Vater-
landes" (a baza bölcse) (daher auch „Deäkscher Ausgleich" genannt), der
sich vor allem durch seine Widerlegung der von dem Wiener Hofjuristen
Wenzel Lustkandl verfochtenen „Verwirkungstheorie" bekannt gemacht
hatte. Die Hauptbestimmungen dieses Ausgleiches, der den Ungarn die
Erfüllung aller ihrer bisherigen Forderungen brachte, waren:

1. Ungarn (mit Kroatien) wird als eigener Staat anerkannt, der mit
Zisleithanien nur durch Realunion zusammenhängt. Die gemeinsamen
Angelegenheiten werden durch gemeinsame Minister verwaltet und
alljährlich von Delegationen des ungarischen Reichstages und des öster-
reichischen Reichsrates beraten und beschlossen. Gemeinsam für beide
Reichs'hälften sind das Außen-, das Kriegs- und das Finanzministerium;
2. ein nach zehn Jahren zu erneuerndes Quotengesetz soll die jährlichen
Beiträge zu den Gesamtausgaben des Reiches bestimmen. Für das erste
Jahrzehnt sollte sich Ungarn mit 30, Österreich mit 70 Prozent be-
teiligen ;
3. ein nach je zehn Jahren zu erneuerndes Zoll- und Handelsbündnis;
4. ein nach je zehn Jahren zu erneuerndes Staatsschuldengesetz.

Da gleichzeitig auch ein verantwortliches Ministerium für Ungarn


eingesetzt wurde, bedeutete der Ausgleich den vollen Sieg der Madjaren,
denen es gelungen war, Integrität und Eigenstaatlichkeit Ungarns zu
behaupten.
Es war nun die große Frage, wie die Madjaren die Bestimmungen
des Ausgleiches in der politischen Wirklichkeit ausgestalten würden.
W i e würde sich das Verhältnis zur Dynastie und zum Gesamtstaat ent-
wickeln? Und vor allem: wie würde nunmehr in der Verwaltungspraxis
das Verhältnis der Madjaren zu ihren Nationalitäten sich weiter ge-
stalten?
Kapitel 24

D e r E n d s i e g der N a t i o n a l i t ä t e n
D i e V e r d r ä n g u n g der T ü r k e i aus E u r o p a u n d die
Z e r s c h l a g u n g der ö s t e r r e i c h i s c h - u n g a r i s c h e n M o n a r c h i e

Seit dem Frieden von Adrianopel (1829) hatte Rußland unter der
kraftvollen Regierung des Zaren Nikolaus I. (1825—1855) den vor-
herrschenden Einfluß in der Türkei.
Die schon in jenem Friedensvertrage gegebenen Ansätze einer russi-
schen Schutzherrschaft über die orthodoxen Untertanen des Sultans ver-
suchte dann die russische Diplomatie immer mehr auszuweiten, um auf
diesem Wege auch die türkische Innenpolitik zu bestimmen. Schließlich
forderte der Zar im Jahre 1853 von der Pforte in gebieterischer Weise,
es solle ihm in aller Form die volle Schutzherrschaft über die orthodoxen
Christen zugestanden werden. Diese Forderung, deren Erfüllung jeder-
zeit die Möglichkeit zur Intervention gegeben hätte, wurde von dem
Sultan abgelehnt. Daraufhin erklärte Rußland den Krieg (Krimkrieg
1853—1856). Den Russen gelang der erhoffte große Schlag nicht. Zwar
konnten sie ein türkisches Geschwader bei Sinope vernichten, aber zu
Lande konnte der türkische Feldherr Omer Pascha die Donaulinie gegen
die Russen halten, die durch die Belagerung der Festung Silistria auf-
gehalten wurden.
Mittlerweile hatten sich Frankreich und England in der Überzeugung,
daß das Fortbestehen der Türkei für das europäische Gleichgewicht
nötig sei, zum Eingreifen gegen Rußland entschlossen. Vor ihrem ver-
einigten Geschwader zog sich die russische Flotte in den Kriegshafen
Sewastopol zurück. Das russische Landheer kehrte nach der vergeblichen
Belagerung von Silistria an den Prath zurück. Gleichzeitig rückten die
Österreicher nach einem mit dem Sultan geschlossenen Vertrag in die
Donaufürstentümer ein. 1854 landete ein großes französisch-englisches
Heer, wozu dann noch sardinische Truppen kamen, auf der Halbinsel
Krim. Dort zog sich nunmehr der ganze Krieg zusammen. Das russische
Heer wurde an der Alma und bei Inkerman geschlagen, die Festung
Sewastopol fiel nach zwölfmonatiger Belagerung (1855). 1856 kam es
zum Frieden von Paris. Rußland verzichtete auf seine Vorherrschaft im
Rußland und die Balkanslawen 393

Schwarzen Meere, das dem Handel aller Nationen geöffnet wurde, und
auf die bisherige Schutzherrschaft über die Moldau und die Walachei.
Außerdem trat es einige Plätze an der Donaumündung ab. Die Türkei
dagegen sicherte den christlichen Untertanen die gleichen bürgerlichen
Rechte wie den Türken zu.
Die wichtigste Folge dieses Friedens war das Freiwerden der beiden
Donaufürstentümer. Es gelang ihnen, auch die türkische Oberherrschaft
abzuschütteln. 1861 vereinigten sie sich zu einem einzigen Fürstentum
unter dem Namen Rumänien. 1866 wurde Prinz Karl von Hohenzollern-
Sigmaringen zum Fürsten gewählt, der 1881 auch die Königskrone an-
nahm.
Rußland erholte sich wieder rasch von der Niederlage des Krim-
krieges. Seine politische Anziehungskraft auf die Balkanslawen steigerte
sich mit dem Hervortreten des Panslawismus, der alle Slawen zunächst
zu einer geistigen, später auch zu einer politischen Einheit unter russi-
scher Führung zusammenführen wollte, wie es der russische Dichter
Puschkin ausgesprochen hatte: „Alle slawischen Bäche müssen in dem
russischen Meer zusammenfließen/'
Der deutsch-französische Krieg (1870—1871) bot Rußland eine
günstige Gelegenheit, seine Forderungen in Südosteuropa wieder geltend
zu machen. Es erklärte, es werde die Beschränkung seiner Souveränitäts-
rechte im Schwarzen Meer durch den Pariser Friedensvertrag von 1856
nicht mehr länger anerkennen. Die auf Bismarcks Anregung in London
einberufene Pontuskonferenz (1871) beschloß, die Meerengen für die
russische Handelsschiffahrt zu öffnen und Rußland auch wieder die
Haltung einer Kriegsflotte auf dem Schwarzen Meer zu erlauben.
Der erneute Aufschwung der russischen Macht zeigte sich in dem
russisch-türkischen Krieg von 1877—1878. In der Herzegowina war
1875 ein von Serbien und Montenegro unterstützter Aufstand aus-
gebrochen. Gleichzeitig erhoben sich die Bulgaren. Beide Aufstände
wurden von den Türken unter schlimmen Grausamkeiten nieder-
geschlagen. Nunmehr intervenierten England und Rußland. Als die
Türkei die Forderungen dieser beiden Großmächte ablehnte, erklärte
Rußland den Krieg, „um für seine leidenden Glaubensgenossen auf
türkischem Boden die notwendigen Bürgschaften zu erkämpfen". Auch
Rumänien und Serbien traten in den Krieg ein. Nach harten Kämpfen
bei Plewen und am Sdiipkapaß besetzten die Russen Bulgarien und
Thrazien bis in die Nähe von Konstantinopel. Die Türkei mußte 1878
394 Berliner Kongreß (1878)

den Frieden von San Stefano unterzeichnen. Montenegro und Serbien


(beide vergrößert) wurden unabhängig, ebenso Rumänien. Vor allem
wichtig aber war es, daß nunmehr ein großbulgarischer Staat geschaffen
wurde, der der Pforte nur zur Zahlung eines Tributes verpflichtet sein
sollte. Diese Neuregelung der Verhältnisse auf dem Balkan hätte die
völlige Vorherrschaft Rußlands bedeutet. Dagegen erhob England Ein-
spruch. Durch Vermittlung Bismarcks kam es 1878 zum Berliner Kongreß
der Großmächte, der folgende Bestimmungen traf: es wurde ein klein-
bulgarischer Staat geschaffen, die Meerengen wurden für fremde Kriegs-
schiffe geschlossen, Österreich-Ungarn erhielt das Recht zur Besetzung
und Verwaltung von Bosnien und der Herzegowina.
Die Expansionspolitik des Zarenreiches hatte also zurückweichen
müssen. Die Russen begannen die Schuld daran Deutschland zuzu-
messen. Je enger das Bündnis zwischen Deutschland und O'sterreich-
Ungarn ausgestaltet wurde, desto mehr kam man in Petersburg dazu,
auch Deutschland als Gegner der russischen Balkanpolitik zu betrachten.
Zwei später aufgekommene Schlagworte beleuchten grell diese zu-
nehmende Feindschaft gegen das Deutsche Reich: „Konstantinopel muß
in Berlin erobert werden" — „Der Weg nach Konstantinopel führt durch
das Brandenburger Tor."'
*

Die Besetzung Bosniens und der Herzegowina durch Österreich-


Ungarn leitete einen neuen Entwicklungsabschnitt der südslawischen
Frage ein. Der serbisch-kroatische Bevölkerungsanteil der Donau-
monarchie wuchs damit mächtig an. Der Frage, welcher Reichshälfte das
besetzte Bosnien-Herzegowina anzugliedern sei, wich man durch Ein-
führung einer gemeinsamen Verwaltung aus. Die Volksgruppen der
orthodoxen Serben und der katholischen Kroaten in Bosnien-Herzego-
wina haben damals der Wiener Regierung noch keine politischen
Schwierigkeiten gemacht. Dagegen wurde die kroatische Frage sehr
brennend. Auf Grund des Ausgleichs von 1867 waren die Kroaten
auch weiterhin an Ungarn angeschlossen. Sie behielten zwar als staats-
rechtlich eigenes Land ihre innere Selbstverwaltung, aber die Budapester
Regierung hat es schrittweise versucht, auch in Kroatien stärkeren Ein-
fluß zu gewinnen. In ihrem erbitterten Widerstand gegen solche Be-
strebungen haben die Kroaten aus ihrer überkommenen „Reichstreue"
heraus versucht, in Wien Anlehnung zu finden.
Armeebefehl von Chlopy ( 1 9 0 3 ) 395

Das Kaiserhaus hatte bereits durch den Ausgleich von 1867 die Reichs-
treue der nichtmadjarischen Völkerschaften „Transleithaniens" auf eine
schwere Belastungsprobe gestellt, die sie auf die Dauer nicht aushalten
konnten. Andererseits war es nicht gelungen und konnte nicht gelingen,
die Madjaren für eine wirkliche Reichstreue (im Sinne Wiens) zu ge-
winnen. Die madjarische Generation von 1867 war zwar mit den im
Ausgleich erlangten Rechten zufrieden, dafür aber meldeten dann die
späteren madjarischen Generationen immer neue Forderungen an.
Wiederum begann zwischen Wien und Budapest der alte Kampf mit
diplomatischen Mitteln und juristischen Argumentationen: es ging um die
Auslegung und praktische Fortentwicklung der einzelnen Bestimmungen
des Ausgleichs. Um die Jahrhundertwende nahm dieser innere Kampf
Formen und Ausmaße an, daß er die Einheit des Reiches bedrohte. In
Ungarn wurden Forderungen nach einer eigenen Wehrmacht und nach
eigenen diplomatischen Vertretungen im Ausland laut. Die Lage war so
gespannt, daß Kaiser Franz Josef, der sich sonst von der Politik mög-
lichst zurückzuhalten pflegte, es für notwendig hielt, durch den berühmt
gewordenen Armeebefehl von Chlopy (17. September 1903) eine offene
und nachdrückliche Warnung an diese madjanischen Bestrebungen zu
richten. „Je sicherer begründet", so hieß es in jenem kaiserlichen Auf-
ruf, — „mein günstiges Urteil über den militärischen Wert, die hin-
gebungsvolle Dienstfreudigkeit und das einmütige Zusammenwirken
aller Teile meiner gesamten Wehrmacht ist, desto mehr muß und will
ich an deren bestehenden und bewährten Einrichtungen festhalten. Mein
Heer insbesondere — dessen gediegenes Gefüge einseitige Bestrebungen
in Verkennung der hohen Aufgaben, welche dasselbe zum Wohle beider
Staatsgebiete der Monarchie zu erfüllen hat, zu lockern geeignet wären —
möge wissen, daß ich nie der Rechte und Befugnisse midi begebe,
welche seinem obersten Herrn verbürgt sind, gemeinsam und einheitlich,
wie es ist, soll mein Jieer bleiben, die starke "Macht zur Verteidigung
der österreidhisdh-ungarisdhen Monarchie gegen jeden leind ..."
Mit der südslawischen Frage hing das Einvernehmen mit Serbien
zusammen und dieses war mit dem außenpolitischen Verhältnis zu Ruß-
land verquickt. Unter Bismarck, der es durch seine Vermittlertätigkeit
verstand, beide Großmächte im Gleichgewicht zu halten und über beide
sich eine gewisse Direktive zu wahren, war dies Verhältnis erträglich.
Zu Ende des 19. Jahrhunderts richtete sich zudem die ganze Kraft des
russischen Ausdehnungsstrebens nach Ostasien. So verloren die alten
396 Kaiser Franz Joseph

Gegensätze in der orientalischen Frage ihre bisherige Schärfe. 1903 ver-


einbarten Österreich-Ungarn und Rußland in dem Abkommen von
Mürzsteg ihr Einvernehmen in den Fragen der Balkanpolitik und stellten
einen Plan auf für die gemeinsame Ordnung der Verhältnisse in Serbien,
wo in demselben Jahr durch eine Verschwörung das Herrscherhaus
der Obrenowitsch beseitigt und durch die Karadschordschewitsch ersetzt
worden war.
Der russisch-japanische Krieg (1904—1905) brachte dann den Zu-
sammenbruch der weitreichenden russischen Ostasienpläne (Friede von
Portsmouth 1905). Diese Niederlage lenkte die russische Expansion von
Ostasien wieder nach dem Balkan zurück. Konstantinopel, das jahr-
hundertealte Ziel der russischen Außenpolitik, lockte von neuem. Damit
verschlechterten sich sofort clie Beziehungen zu Österreich. Die unmittel-
bare Folge war eine fühlbare Spannung zwischen Österreich und Serbien,
das sich längst Hoffnung auf die von Österreich-Ungarn okkupierten
Länder Bosnien und Herzegowina gemacht hatte.
Das Jahr 1908 steigerte diese Spannung zur Krise, die hart an den
Rand eines europäischen Krieges führte.
Im Mai jenes Jahres feierte Kaiser Franz Joseph sein sechzigjähriges
Regierungsjubiläum. Der greise Monarch war in seiner langen an
Kämpfen und widrigen Schicksalsschlägen überreichen Regierungszeit
schon zu einer halbmythischen Gestalt geworden — die leibhaftige Ver-
körperung des übervölkischen Gedankens der Reichseinheit. Die Wirren
der Revolution von 1848, die verlorenen Kriege gegen Frankreich (1859)
und Preußen (1866), das Zurückweichen vor den madjarischen Forde-
rungen (1867), alle diese schmerzlichen Erfahrungen hatten ihn zu
jener besonnenen Festigkeit reifen lassen, in der die Kraft seines Wesens
lag. Das schwere persönliche Leid, das ihn in seiner Familie traf — der
Selbstmord seines einzigen Sohnes und die Ermordung seiner Gemahlin
— sicherten dem vereinsamten Herrscher die Anteilnahme des einfachen
Volkes. Der Kaiser selbst war sich, wie alle Habsburger, seiner herrscher-
lichen' Würde bewußt. Die Menschen, die in seiner Jugend Einfluß auf
ihn gewannen — sein „politischer Erzieher" Schwarzenberg, dann der
Minister Kübeck, vor allem aber seine verehrte Mutter — haben diese
Uberzeugung in ihm nur bestärkt. So sah schon der junge Kaiser die
Gewähr für die Zukunft des Reiches in der Vereinigung aller Macht in
der Hand des Herrschers, in der ruhmvollen Armee, in einer zuver-
lässigen und für alle Länder einheitlichen Beamtenschaft und schließlich
Bosnische Annexionskrise (1908) 397

in der geistigen Macht der Kirche. Von solchen Erwägungen war seine
Haltung während der Revolution 1848/49 bestimmt gewesen. Und wie
sehr die Ereignisse der Zukunft ihn auch nötigten, den ursprünglichen
Versucheines „persönlichen Absolutismus" (Silvesterpatent 1851) aufzu-
geben, seinen politischen Grundanschauungen blieb er allezeit getreu.
Lebensart und äußere Erscheinung des greisen Kaisers trugen viel zu
seiner allgemeinen Beliebtheit bei. Mit seiner Pünktlichkeit, die als
musterhaft galt und bald sprichwörtlich wurde, vereinigte er eine
Korrektheit gegen alle — auch gegen seine Untergebenen —, eine ritter-
liche Höflichkeit und eine ungewollte und dadurch um so eindrucksvollere
Würde, die ihm als Erbe jahrhundertealten Herrschertums angeboren
war. So wurde die Gestalt des greisen Kaisers, der drei Menschenalter
österreichischer Geschichte erlebt hatte, das einigende Symbol, um das sich
die verschiedenen Völker des Reiches zusammenscharen konnten, zum
festen Felsen, der in der Flut aller Wandlungen unerschütterlich stand.
Zu dem sechzigjährigen Regierungsjubiläum kam der Deutsche Kaiser
Wilhelm II. und sämtliche deutsche Bundesfürsten persönlich zur Gratu-
lation nach Schönbrunn. Es waren Tage prunkvollen Glanzes für die
ganze Monarchie. Aber schon bald darauf zogen die Gewitterwolken
der Kriegsdrohung herauf. Als in der Türkei die jungtürkische Revolution
ausbrach, und Bulgarien Miene machte, seine völlige Unabhängigkeit
von der Pforte zu proklamieren, benutzte Österreich-Ungarn diese gün-
stige Gelegenheit und erklärte völlig überraschend am 5. Oktober 1908
die staatsrechtliche Einverleibung („Annexion") Bosniens und der Herze-
gowina. Der Sandschak Novipasar, der seit 1879 ebenfalls unter öster-
reichisch-ungarischer Verwaltung gestanden hatte, wurde an die Türkei
zurückgegeben. Die Türkei erhob Protest gegen die Annexion, und
Rußland, Großbritannien, Serbien und Montenegro drohten sogar mit
Krieg. Einflußreiche Kreise in Rußland trieben auch zum Kriege, aber
das Deutsche Reich ließ wissen, daß es sich an sein Bündnis mit Öster-
reich-Ungarn gebunden fühle. Vor dieser Warnung wich Rußland zurück,
da es nach dem verlorenen Krieg gegen Japan noch nicht wieder ge-
nügend für einen neuen Krieg gerüstet war. Die Spannung löste sich
zunächst. Es kam eine Verständigung zwischen Österreich-Ungarn und
der Türkei zustande. Die Türkei fand sich bereit, die vollzogene An-
nexion Bosniens und der Herzegowina anzuerkennen; Österreich-
Ungarn zahlte dafür eine Entschädigung.

*
398 Attentat von Sarajewo

Freilich wurde das bosnische und südslawische Problem durch die


Annexion nicht gelöst. Die irredentistischen Bestrebungen großserbischer
Kreise dauerten an und wurden von Belgrad aus durch Agenten, Geld
und Propaganda gefördert. Die in jenen Jahren durchgeführten Hoch-
verratsprozesse von Agram und Banjaluka zeigten, welch gefährliches
Ausmaß diese Umtriebe bereits erreicht hatten. Die serbischen Siege
während der beiden Balkankriege und der bedeutende Gebietszuwachs,
den Serbien damals errang, gaben der irreclentistischen Bewegung neuen
Aufschwung. Die von serbischen Offizieren (Oberst Dimitrijewitsch,
Major Tankositsch u. a.) geleiteten nationalistischen Geheimorganisa-
tionen der „Narodna Odbrana" („Nationale Abwehr") und „Tscherna
Ruka" („Schwarze Hand") wühlten im ganzen Lande. Angesichts dieser
wachsenden Bedrohung entschloß sich Wien durch eine eindrucksvolle
Demonstration seiner militärischen Macht Serbien nochmals zu warnen.
Die großen Manöver des Jahres 1914 wurden für Juni in Bosnien an-
gesetzt. Als feierlicher Abschluß war der Besuch des Thronfolgerpaares
in der bosnischen Landeshauptstadt Sarajewo vorgesehen. Er fand am
28. Juni, am „St.-Veits-Tage", dem serbischen Nationalfeiertage statt.
Dabei fiel der Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand und seine Ge-
mahlin Sophie dem Attentat des bosnischen Serben Gawrilo Primcip zum
Opfer.
Der Mord machte in ganz Europa einen erschütternden Eindruck. Die
öffentliche Meinung verurteilte ihn einhellig. Hätte Österreich-Ungarn
damals sofort gehandelt und Serbien durch eine militärische Straf-
expedition gezüchtigt, so wäre dies von den übrigen Großmächten unter
dem frischen Eindruck des Verbrechens wohl ohne Einspruch hingenom-
men worden. Der sofortigen Kriegserklärung widersetzte sich jedoch
der d'amals allmächtige ungarische Ministerpräsident Stephan Tisza, der
im Interesse der madjarischen Machtstellung gegen jede Neuerwerbung
südslawischen Gebietes war. Darüber versäumte man die günstige Zeit.
Als Tisza sich schließlich überzeugen ließ, daß das schärfste Vorgehen
gegen Serbien nötig sei, da hatte sich die öffentliche Meinung Europas
schon gewandelt. Rußland stand nunmehr ganz offen hinter Serbien.
Als daher am 28. Juli 1914, vier Wochen nach dem Mord, Österreich-
Ungarn an Serbien den Krieg erklärte, da bedeutete dies den Beginn des
ersten Weltkrieges (1914-1918).
399

ANHANG

1. Die Entwicklung der geschichtlichen Südosteuropa-Forschung

1. Anmerkungen

3. Schrifttumsverzeichnis

4. Herrschertafeln

5. Zeittafel

6. Namen- und Sachverzeichnis


DIE E N T W I C K L U N G DER GESCHICHTLICHEN
SÜDOSTEUROPA-FORSCHUNG
*

Der Vielfältigkeit der geschichtlichen Entwicklung Südosteuropas entspricht der bis-


herige Mangel einer wirklich zusammenfassenden historischen Betrachtung1). Das wissen-
schaftliche Interesse galt bisher stets nur der Erforschung einzelner Zeiträume oder
einzelner Teilgebiete, die infolge politischer Ereignisse hervortraten und das öffentliche
Interesse besonders auf sich zogen. Diese Abhängigkeit der wissenschaftlichen Er-
forschung von der jeweiligen politischen Situation war bisher stets so stark, daß die
geschichtliche Südosteuropa-Forschung zu allen Zeiten geradezu ein Spiegelbild des
politischen Interesses der Großmächte an diesem Räume war. Von der großen Politik
und ihren Bestrebungen erhielt auf diesem Arbeitsgebiete auch die wissenschaftliche For-
schung die entscheidenden Anregungen für ihre Tätigkeit und ihre Fragestellung und
häufig genug hat sie sich dadurch den Blick für die Tatsachen trüben und den redlichen
Willen zur Objektivität lähmen lassen.
£

In dem Zeitalter des Humanismus und der Renaissance, da die kritische Geschichts-
forschung im heutigen Sinne des Wortes erst entstand, ist auch bereits das Interesse an
der wissenschaftlichen Erforschung Südosteuropas unter dem Eindruck großer politischer
Zeitereignisse erwacht. Der Abstieg und Untergang der ehemaligen Weltmacht des
byzantinischen Reiches, der Fall Konstantinopels (1453) und die lawinenhafte Ausbrei-
tung der türkischen Macht, die unaufhaltsam alles zu überfluten drohte, lenkten die
politische Aufmerksamkeit des Abendlandes nadi dem Balkan. Die zahlreichen griechi-
schen Gelehrten, die auf der Flucht vor den Türken ihre Heimat verlassen mußten,
brachten nach deim Westen nicht nur bessere allgemeine Kenntnisse über die byzan-
tintsch-balkamsche Welt, sondern vor allem eine Menge griechischer Handschriften. Die
Kenntnis der griechischen Sprache verbreitete sich im Abendland. Man begann, die
byzantinischen Geschichtsquellen — Geschichtsschreiber und Chronisten — zu studieren
und in gedruckten Ausgaben zu veröffentlichen. Unter den verschiedenen Gelehrten, die
sich darum bemühten, ragt besonders ein Deutscher hervor: Hieronymus Wolf.
Hieronymus Wolf (1516—1580), der Nachkomme eines altadeligen aber verarmten
Geschlechtes (geb. zu öttingen im Ries), mußte sich gegen den anfänglichen Wideretand
seines Vaters den Weg zu den humanistischen Studien erkämpfen. Unter harten per-
sönlichen Entbehrungen studierte er an den Universitäten Tübingen und Wittenberg.
Dann führte er ein Wanderleben. In Mühlhausen (in Thüringen), Nürnberg, Tübingen,
Straßburg und Basel, überall blieb er nur einige Zeit. Nach einem einjährigen Auf-
enthalt in Paris wurde er dann Sekretär und Bibliothekar im Hause Jakob Fuggers.
Bis an sein Lebensende blieb er in Augsburg, vor allem beschäftigt mit der Herausgabe
antiker Klassiker. Von diesen kam er zu den byzantinischen Historikern. Als erster

' ) Der im folgenden versuchte Überblick über die Entwicklung der geschichtlichen
Südosteuropa-Forschung kann sich nur für einzelne Teilgebiete auf Vorarbeiten stützen.
Es seien insbesondere genannt: H ö m a n (5). F l e g l e r . S t a n o j e v i e (3). O s t r o -

26 Stadtmüller, Geschichte Südosteuropas


402 ENTWICKLUNG DER SDDOSTEUROPA-FORSCHUNG

veranstaltete er eine gedruckte Ausgabe byzantinischer Historiker. Er wählte vier Ge-


schichtsschreiber aus, deren Werke aneinandergereiht eitlen Überblick über die gesamte
byzantinische Geschichte geben: Joannes Zonaras, Niketas Choniates, T^ikephoros
Qregoras und Laonikos Cbalkokandyles. Durch diese Sammelausgabe — das erste
„Corpus historiae byzantinae" — wurde Wolf der Begründer der byzantinischen Philo-
logie und Geschichtsforschung.
Nach Hieronymus Wolf fand das Studium der byzantinischen Geschichte und Philo-
logie eine gewisse Pflege an der Universität Ingolstadt. Unter den dortigen Gelehrten
ragte vor allein der Jesuit Jakob Qretser (1562—1625) durch literarische Fruchtbarkeit
und ein tiefes Wissen hervor. Unter seinen zahlreichen Schriften, deren Gesamtausgabe
(Regensburg 1731—1741) nicht weniger als 17 Foliobände füllt, befinden sich neben
theologischen Kontroversschriften auch viele Arbeiten zur byzantinischen Kirchen -
geschichte, vor allem Ausgaben griechischer kirchlicher Schriftsteller (Qregorios von
TJyssa, Jnastasios Sinaites, Qeorgios Xodinos, Xuropalates, Jheodoros Abukaras u. a.).
Auch Norddeutschland hat bereits in jener Zeit zwei namhafte Vertreter der Byzanti -
nistik hervorgebracht, Tabricius und Hanke. Der gefeierte Polyhistor Johann^ Albert
Jabricius (1668—1736) hat in seiner riesigen „Bibliotheca graeca" (1—14, Hamburg
1705—1728) auch das Schrifttum des byzantinischen Mittelalters behandelt. ^Martin
Wanke (1633—1709), Rektor des Elisabethengymnasiums und Inspektor des gesamten
städtischen Schulwesens zu Breslau, ist außer als Schulmann und Dichter auch als
Historiker berühmt. Neben zahlreichen Schriften zur schlesischen Geschichte veröffent-
lichte er auch ein zusammenfassendes Werk über die byzantinischen Geschichtsschreiber
und Chronisten, das erste dieser Art.
*

Neben der Beschäftigung miit dem byzantinischen Mittelalter trat schon im 16. Jahr-
hundert das wissenschaftliche Interesse an der aufsteigenden Macht der Osmanen hervor.
Die türkische Gefahr, die das ganze Abendland bedrohte, zwang gebieterisch dazu, sidi
mit diesem gefürchteten Gegner zu beschäftigen. So entstanden zunächst zahlreiche
politische Gelegenheitsschriften über die Türken. Diese „Türkenliteratur" war ganz
verschiedenartig und versdriedenwertig. Sie umfaßte zunächst die zahllosen durch die
Tünkenkriege veranlaßten Flugschriften jener Zeit—die sogenannten „Türkenzeitungen"—,
ferner publizistische Schriften größeren Umfanges, schließlich auch größere W e r k e von
eigentlich wissenschaftlichem Wert, in denen der Versuch gemacht wurde, ein zusammen-
fassendes Bild des osmanischen Reiches zu geben. Unter den Werken dieser letzteren Art
sind am wichtigsten jene von Crusius und Leunclavius.

Martin C. Crusius (Kraus) (1526—1607) war von 1559 bis zu seinem Tode Professor
der griechischen Sprache zu Tübingen. Er gewann als akademischer Lehrer einen solchen
Ruf, daß viele Ausländer, insbesondere auch gebürtige Griechen, zum Studium nach
Tübingen kamen. Mit dem Zustande Griechenlands unter der osmanischen Herrschaft
befassen sich seine beiden Werke „Turco-Graecia" (Basel 1584) und „Germano-Graecia"
(Basel 1585).

Johannes Leunclavius (Löwenklau) (1533—1593), Orientalist, Historiker und Philo-


loge, war unstreitig in seiner Zeit der beste Kenner der türkischen Sprache, Literatur
und Geschichte. Er unternahm, was in jener Zeit noch ganz außergewöhnlich war, große

g o r s k y (1), S. 1—13: „Entwicklung der byzantinischen Geschichtswissenschaft". Von


geringem W e r t e ist G e r l a n d (6) (auch von vielen Druckfehlem entstellt). — Bei den
einzelnen Gelehrten ist im folgenden darauf verzichtet, die Titel der W e r k e genau an-
zugeben, da diese in dem „Schrifttumsverzeichtvis" (vgl. unten) zusammengestellt a n d .
ENTWICKLUNG DER StJDOSTEUROPA-FORSCHUNG 403

Reisen m Europa und nach dein Orient. Sein Aufenthalt in Konstantinopel, seine Kenntnis
der orientalischen Sprachen und der byzantinischen Geschichtsqueillen, ferner die Be-
nutzung der in Wien vorgefundenen deutschen Ubersetzung der Annalen der osmanischen
Sultane, das alles zusammen gab ihm einzigartige Möglichkeiten, in die osmandscfie
Geschichte einzudringen. So kam Leunclavius zu einem f ü r jene frühe Zeit überraschend
richtigen und objektiven Bild der osmanischen Geschichte. In seiner eingehenden Kennt-
nis der türkischen Dinge eilte er seiner Zeit so weit voraus, daß seine Anschauungen
auf Jahrhunderte hinaus maßgeblich blieben und eigentlich erst zu Beginn des 19. Jahr-
hunderts durch die Forschungen von Tiammer-Purgstall vollständig überholt wurden.
In mehreren lateinisch und deutsch abgefaßten Werken gab er zusammenfassende Dar-
stelllungen des osmanischen Reiches, seiner Geschichte und seiner Verfassung. Die Dar-
stellung ist sachlich und gewissenhaft und in der Schilderung türkischer Verhältnisse von
einer geradezu überraschenden Objektivität; in der sprachlichen Form zeigen sich freilich
schon die ersten Anfänge jenes schwülstigen Stiles, der in der Folgezeit allgemein
herrschende Mode wurde. In den Türken sieht Leunclavius — darin ist er ein Kind
seines Jahrhunderts — eine Geißel Gottes, dazu gesandt, um die christlichen Völker und
Fürsten aufzurütteln.
Zu der eigentlichen Türkenliteratur kamen dann die großen Reisebesdireibungen, die
für das Abendland die wichtigste Quelle seiner Kenntnisse über den Balkan und das
osmanische Reich wurden. Die wertvollsten und ausführlichsten Reisebeschreibungen des
16. Jahrhunderts stammen von deutschen Reisenden: Jians T)ernsdhwam, Augier (Auge-
rius) de Busbedke, Stefan Qerladh und Salomon Schweiger. Im 17. und 18. Jahrhundert
traten dann französische Reisende in den Vordergrund.
Zu Ende des 17. Jahrhunderts wandelte sich das Bild des Türken in der politischen
Meinung Europas vollständig. Nach der großen türkischen Niederlage vor Wien (1683)
hörte das osmanische Reich auf, eine Gefahr für das Abendland zu sein. Aus einem
Gegenstand der Furcht und des Schreckens wurde der Türfee nunmehr fast ein Gegen-
stand des spöttischen Mitleides. Der seit Jahrhunderten gefürchtiete „Türkenhund" und
„Erbfeind der Christenheit" wurde seitdem zum „kranken Mann".
Diese Zeit einer geschichtlichen Wende hat eine große zusammenfassende Darstellung
der osmanischen Reichsgeschichte hervorgebracht in dem W e r k des moldauischen Poly-
histors Demetrius Cantemir (1673—1723")
*

In der geschichtlichen Erforschung Südosteuropas steht im 17. und 18. Jahrhundert


Frankreich an der Spitze. Von Franzosen stammen die großen Reisebesdireibungen
jener Zeit über den Balkan und den Vorderen Orient. Französische Gelehrte verfaßten
damals auch die maßgeblichen W e r k e über die Geschichte des byzantinischen und des
osmanischen Reiches. So erlebte die byzantinische Geschichtsforschung und Philologie
in dem Frankreich des 17. und 18. Jahrhunderts ihre Blütezeit, die vor allem das Editions-
unternehmen des „Pariser Corpus" („Corpus scriptorum historiae Byzantinae") her-
vorbrachte. Die bedeutendsten Gelehrten des damaligen Frankreich stellten sich in den
Dienst dieses Riesenwerkes: die Jesuiten Philippe Cabbé (1607—1667) und Pierre Pous-
sme (1609—1686), die Dominikaner Jacques Qoar (1601—1653) und François Combefis
(1605—1697), vor allem aber der große Charles Dufresne sieur du Cange (1610—1688),
der durch eine Geschichte des Lateinischen Kaiserreiches, eine Topographie des mittel-
alterlichen Konstantinopel, ein genealogisches W e r k und ein Wörterbuch die bleibenden
Grundlagen der historischen und philologischen Byzanzforschung gelegt hat.
Nach Ducange ragten in Frankreich noch hervor - die Benediktiner Bernard de JVfoni-
faueon (1655—1741) und Anseimo Banduri (1670—1743) sowie der Dominikaner Wichel
Lecfuien (1661—1733)
404 ENTWICKLUNG DER SODOSTEUROPA-FORSCHUNG

Diese große Zeit der französischen Byzantinistik erlebte eine gewisse Nachblüte im
18. Jahrhundert in Italien, wo vor allem Ludovico Antonia Tduratori (167 2 - 1 7 5 0 ) , der größte
italienische Geschichtsforscher seiner Zeit, sich um die Belebung dieser Studien beimühte.
Auf der Grundlage dieser Forschungsarbeit des 17. und 18. Jahrhunderts entstanden
dann die zwei großen Gesamtdarstellungen der oströmischen Geschichte von Charles
Lebeau (1701—1778) und Edward Qibbon (1737—1794). Beide Verfasser ließen sich
von der rationalistisch-aufklärerischen Verachtung gegen alles Mittelalterliche die Feder
führen. Qibbon selbst erklärte mit dem selbstsicheren Pathos seines fortschrittsgläubigen
Zeitalters, er habe in seinem Werk „den Triumph des Barbarentums und der Religion"
schildern wallen. Diese Tendenz war so stark, daß beide Geschichtsschreiber nur ein
Zerrbild der geschichtlichen Wirklichkeit zu zeichnen vermochten. Aber trotzdem hat
Qibbons Werk durch die Sprachgewalt seiner DarstellungsJcunst die herkömmliche Auf-
fassung der aströmischen Geschichte als einer fortschreitenden Entartung in unheilvoller
Weise bis in das 20. Jahrhundert bestimmt.
*

Im 18. Jahrhundert wurde auch das slawische Osteuropa von der abendländischen
Geschichtsforschung entdeckt.

August Ludwig Sdhlözer (1735—1809) studierte in Wittenberg Theologie, in Göttingen


Orientalistik. Dann war er jahrelang in äußerlich bescheidenen Stellungen in Schweden
und Rußland. Schon 1765 wurde er zum ordentlichen Mitglied der Petersburger Aka-
demie der Wissenschaften ernannt und auf zunächst fünf Jahre zum Professor der
russischen Geschichte bestellt. Im Jahre 1769 wurde er zum ordentlichen Professor an
der Universität Göttingen ernannt, wo sich nunmehr sein ganzes weiteres Leben ab-
spielte. Dort setzte er seine in Petersburg begonnenen Forschungen zur ältesten russischen
Geschichte, insbesondere über die Nestor-Chronik fort. Dabei wandte er zuerst Leibnizens
Idee, die Völker nach ihren Sprachen zu gruppieren, auf die im russischen Reiche ver-
einigten Völker an. Seine Vorlesungen — vor allem über Weltgeschichte und Staats-
wissenschaften, Statistik, Publizistik — fanden den stärksten Zulauf. In seinen letzten
Jahren hat er sich in zwei kleinen Schriften auch mit Fragen der Geschichte Südost-
europas beschäftigt.

Hans £ridb Jhunmann (1746—1778), Lehrer der Philosophie und Beredsamkeit an


der Universität Halle, ist der erste Gelehrte, der mit modernen wissenschaftlichen
Methoden sich um die Aufhellung der älteren balkanischen Geschichte bemüht hat. Auf
Grund der literarischen Quellen, zu deren Ergänzung er in scharfsinniger Weise bereits
Ortsnamen und sprachliche Tatsachen heranzuziehen wußte, beschäftigte er sich gerade
mit denjenigen beiden balkanischen Völkern, deren Geschichte am dunkelsten ist: den
Albanern und Rumänen (Walachen). Dabei reizten den Forscher Jhunmann offensicht-
lich gerade jene Zeiträume und Fragen, die noch völlig dunkel waren. Umfassende
Kenntnis der literarischen Quellen, scharfe Kritik und ein weiter geschichtlicher Blick
haben ihn befähigt, trotz der damaligen mangelhaften Kenntnis der Balkanländer und
des gänzlichen Fehlens archäologischer Erforschung für die schwierigen Fragen der
balkanischen (insbesondere albanischen und rumänischen) Geschichte fast überall schon
die richtige Lösung zu finden, wobei ihm vor allem seine für jene Zeit erstaunliche
Kenntnis der Sprachen zustatten kam. So wurde das Werk Jhunmanns ein in Anbetracht
des damaligen Erkenntnisstandes bewundernswertes Meisterwerk, das auch heute noch
beachtlich ist, obwohl der Fortschritt der Forschung im einzelnen uns fast an allen
Punkten darüber hinausgeführt hat.
ENTWICKLUNG DER SÖDOSTEUROPA-FORSGHUNG 405

Die Rückgewinnung Gesamtungams für das Habsburgerreich, das nach dem Frieden
von Karl awitz (1699) wieder den ganzen mittleren Donauraum umfaßte, hat auch diese
neugewonnenen Gebiete für das allgemeine geschichtliche Bewußtsein des Abendlandes
wieder entdeckt. Bahnbrechend haben in dieser Richtung vier Geschichtsschreiber des
18. Jahrhunderts gewirkt: Matthias Bèi, Qeorg ?ray, Stephan Xatona und vor allem
johcinn Christian von Engel.

Matthias Bei (1684—1749) studierte an der Universität Halle Medizin und Theologie,
wirkte dann als Rektor an der evangelischen Schule zu Neusohl, später als Rektor
und als Prediger der evangelisch-deutschen Gemeinde zu Preßburg. Er entwickelte eine
außerordentliche gelehrte Fruchtbarkeit, insbesondere auf geschichtlichem Gebiet. Sein
Hauptwerk, eine umfassende geschichtliche Landeskunde Ungarns („Notitia Jlungariae")
widmete er Kaiser Karl VI., der ihn zu seinem Geschichtsschreiber ernannte und in den
Adelsstand erhob.

Qeorg Vray (1723—1801) stammte aus der Tiroler Adelsfamilie Pray von Luseneck.
Seine Studien machte er zunächst in Preßburg, Wien und Raab. Nachdem er 1740 in
den Jesuitenorden eingetreten war, wirkte er später als Lehrer an verschiedenen Ordens-
kollegien. Nach der Aufhebung des Jesuitenordens (1773) wurde er von Maria Theresia
zum Historiographien des Königreiches Ungarn ernannt. Bei der Verlegung der Uni-
versität T y m a u nach Ofen (1777) und später nach Pest wurde er als erster Kustos an
die dortige Universitätsbibliothek berufen. Von Joseph II., Leopold II. und Franz H.
erhielt er Beweise allerhöchster Gunst. Seiine ausschließlich lateinisch abgefaßten Schriften
sind großenteils historischen, nur zum kleinsten Teile poetischen oder theologischen In-
halts. Am wichtigsten wurden seine zusammenfassenden Darstellungen der ungarischen
Geschichte, die sich durch Sorgfalt in den chronologischen Angaben und durch eine um-
fassende Gelehrsamkeit auszeichnen.

Stephan Xatona ( 1 7 3 2 — 1 8 1 1 ) lehrte als Professor an den Universitäten Tyrnau und


Ofen Poesie, Rhetorik, Homiletik, allgemeine Weltgeschichte, Geschichte Ungarns, Ge-
schichte Österreichs und Geschichte der deutschen Kaiser. Im Jahre 1790 wurde er zum
Präfekten der Bibliothek des Domkapitels zu Kalocsa ernannt. In seinem langen von
unermüdlicher Forschungsarbeit ausgefüllten Leben hat er neben zahlreichen kleineren
Schriften eine in lateinischer Sprache abgefaßte riesenhafte Darstellung der ungarischen
Geschichte in nicht weniger als 41 Bänden gegeben. Er hat wie kein anderer ungarischer
Geschichtsforscher vor ihm die gesamten Quellen durchforscht und so einen fast un-
übersehbaren Tatsachenstoff zusammengetragen.

Johann Christian von Engel (1770—1814), der Sohn einer deutschen Bürgerfamilie
aus Leutschau, hat sich schon in jungen Jahren dafür entschieden, sein Leben der
Erforschung der ungarischen Geschichte zu widmen. In seiner Verbindung einer deutsch
und protestantisch bestimmten Geisteshaltung mit der Begeisterung für das größere un-
garische Vaterland ist er ein echter Zipser. Er studierte an der Universität Göttingen,
wo Sdhtözer einen großen Einfluß auf ihn hatte. Dann schlug er in Wien die Beamten-
laufbahn ein. Durch seine ungewöhnliche Sprachbegabung erregte er großes Aufsehen.
Er erlernte das Kirchenslawische, Serbische, Neugriechische und Rumänische. Im Jahre
1794 wurde er zum Bücherzensor ernannt. Und im Jahre 1799 wurde ihm auch die
Zensur der „illyrischen" (d. h. serbokroatischen) und neugriechischen Bücher anvertraut.
Seine Vaterstadt Leutschau verlieh dem großen Sohne das Ehrenbürgerrecht. Im Jahre
1801 wurde er Konsistorialrat beim evangelischen Konsistorium. Im Jahre 1812 wurde
er Hofsekretär. Durch seine rastlose Arbeit hatte er sich frühzeitig ein chronisches
Lungenleiden zugezogen, das ihn immer wieder hinderte, mit ganzer Kraft der Ver-
406 ENTWICKLUNG DER SCIDOSTEUROPA-FORSCHUNG

wirklichung seiner großen wissenschaftlichen Pläne n a c h z i e h e n . Am 20. März 1814


wurde er durch einen Nierenschlag von seinen Leiden erlöst.
In seinen allgemeinen Anschauungen war Engel ein echter Vertreter der ausgehenden
Aufklärungszeit. Alles was f ü r die rationalistische Weltanschauung jener Zeit kenn-
zeichnend ist, findet sich auch bei ihm: Festhalten an Vernunftsmaximen, religiöse
Toleranz, oppositionelle Stellung gegen die Kirche. Dabei ist er ein bewußter Evolu-
tionist. Er betont, d a ß der Staatsmann mit seinen Maßnahmen langsam und besonnen
vorgehen m u ß ; darin wirkt sicherlich die Erinnerung an das gescheiterte Reformweik
Josephs II. nach. Er befürwortet die allmähliche Evolution durch Erziehung und Hebung
der Volksbildung. Den W e g zur sozialen Höherentwicklung sieht er in der freiwilligen
Selbstbeschränkung des Adels und in der gleichzeitigen Hebung des Bauernstandes.
Die freiheitliche Verfassung Englands erscheint ihm als vorbildlich. Eine starke Herr-
schergewalt betrachtet er als segensreich. Als Anhänger der aufgeklärten Toleranzidee
kämpft er leidenschaftlich gegen den Katholizismus, insbesondere gegen die Jesuiten.
„Ihn leitete ein unklares, unbestimmtes und wohl widerspruchsvolles Ideal der Völker-
verbrüderung und sogar Völkerverschmelzung im Geiste des echten rationalistischen
Kosmopolitismus" (Krupnitzky S. 12). '
Als Historiker übernahm Engel die Göttinger kritische Methode, ohne sie fortzu-
bilden. Sein Geschichtsbild ist das eines größeren Ungarn, zu dem auch alle ehemaligen
Vasallenländer, so wie sie in der ungarischen Königstitulatur aufgezählt werden, gehören.
Seine ganze Geschichtsschreibung verfolgt daher die Tendenz, die Größe des ehemaligen
ungarischen „Reiches" zu erweisen und den ungarischein Anspruch auf die ehemaligen
„Nebenländer" zu rechtfertigen. Die innere Stärke Ungarns erblickt er in zwei Voraus-
setzungen :
1. der Erbdynastie der Habsburger,- 2. der ständischen repräsentativen Verfassung.

Ignaz Aurelius Jeßler (1756—1839), ein bürgen!ändischer Deutscher, wurde von


Kaiser Joseph II. zum Professor der orientalischen Sprachen und der alttestamentlichen
Exegese an der Universität Lemberg ernannt. In einen bedenklichen Prozeß verwickelt,
floh er nach Schlesien. Dort, wo er auch zum Luthertum übertrat, begann die Zeit litera-
rischer Fruchtbarkeit. Aus seiner Feder erschienen zahlreiche geschichtliche Romane.
Dann lebte er in Berlin. Im Jahre 1809 wurde er als Professor der orientalischen Sprachen
und der Philosophie an die Alexander-Nevskij-Akademie zu Petersburg berufen und
zum russischen Hofrat ernannt. Bald gab er jedoch diese Stellung auf und ging nach
Saratov, wo er die Aufsicht über eine philanthropische Erziehungsanstalt übernahm.
Dort schrieb er die ersten fünf Bände seiner „Geschichte der Ungarn". Im Jahre 1820
wurde er evangelischer Superintendent und Konsistorialpräsident im Gouvernement
Saratov. Im höhen Alter starb er im Jahre 1839 als Generalsuperintendent und Kirchen-
rat der lutherischen Gemeinde zu Petersburg.
Sein an inneren Umbrüchen und Widersprüchen überreiches Leben ist durch eine er-
staunliche literarische Fruchtbarkeit ausgefüllt. Die verschiedenartigsten W e r k e ent-
stammen seiner gewandten Feder: Sprachlehrbücher, Dramen, geschichtliche Romane,
theologische Schriften, große historische W e r t e . Unter den historischen Werken hat
freilich nur die „Geschichte der U n g a r n " eine wirkliche Bedeutung.
Ein neues Bild der Geschichte Ungarns eröffnete sich durch die Forschungen von
Raimund Jriedridi Xaindl (1866—1930), dem Erforscher und Geschichtsschreiber des
Deutschtums in den Karpatenländern. Dieser Sohn einer deutschen Familie aus der
Bukowina, der als Professor der österreichischen Geschichte 1901—1915 an der Uni-
versität Czemowitz, dann an der Universität Graz wirkte, hat die Geschichte der kar-
patendeutschen Volksgruppen bewußt in den Dienst der politischen Willensbildung
ENTWICKLUNG DER SdDOSTEUROPA-FORSCHUNG 407

gestellt, ohne — und darin liegt vielleicht seine größte Leistung — der historischen
Objektivität Abbruch zu ton. Sein Hauptwerk, die „Geschichte des Deutschtums in den
Karpathenländem" hat in diesen verstreuten Volksgruppen überhaupt erst das Bewußt-
sein ihrer Schicksalsgemeinschaft erweckt. Der dritte Band des genannten Werkes ist der
von Xaindl ins Leben gerufenen ersten völkischen Tagung der Karpatendeutschen in
Czemcrwitz (1911) gewidmet. Xamdts Bedeutung reicht jedoch weit über den Raum des
Karpatendeutschtums hinaus. Er war einer der ersten und entschiedensten Vorkämpfer
eines gesamtdeutschen Geschichtsbewußtseins.
*

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts trat dann die geschichtliche Südasteuropa-Forschung


in einen ganz neuen Abschnitt ihrer Entwicklung ein. Durch die Entstehung einer ver-
gleichenden slawischen Philologie entstand auch die Voraussetzung zu einer ganz anders-
artigen Betrachtung der Geistesgeschichte der slawischen Völker Südosteuropas (Bulgaren,
Serben, Kroaten, Slowenen, Slowaken). Dazu kam um dieselbe Zeit das politische
Hervortreten des Balkans durch den serbischen Aufstand (1804) und durch den großen
griechischen Freiheitskampf (1821). Die politische Anteilnahme an dem Freiheitskampf
dieser Völker löste eine romantische Begeisterunf: für ihre Dichtung aus. Und so kam
es damals zu der eigentlichen literarischen Entdeckung des Balkans, ein halbes Jahr-
hundert, nachdem Ungarn in das literarische Bewußtsein des Abendlandes wieder ein-
getreten war.

Jobarm Qeorg vcm Jiabn (1811—1869), als Sohn eines landgräflich hessischen Geheim-
rates zu Frankfurt geboren, studierte zunächst an den Universitäten Gießen und Heidel-
berg Rechtswissenschaft. Dann begab er sich nach mehreren Reisen zu Beginn des
Jahres 1834 nach Griechenland und trat in die Dienste der neuen griechischen Regierung.
Fast ein Jahrzehnt lang wirkte er erfolgreich bei dem Neuaufbau eines geordneten
staatlichen Justizwesens und als Mitglied der Gerichtshöfe von Tripolitza, Nauplia und
Ghalkis. Nach der fremdenfemdlidien griechischen Bewegung von 1843 mußte er diese
AmtssteHung aufgeben. Er lebte bis 1847 als Privatmann in Athen, vorübergehend ver-
waltete er dort aiudi das preußische Konsulat. Von 1847—1851 verwaltete er dann das
neuerrichtete österreichische Konsulat in Janina. Im Jahre 1851 wurde er zum öster-
reichischen Konsul für das östliche Griechenland mit dem Sitz in Syra ernannt und
später zum Generalkonsul befördert. Von dort aus unternahm er mehrere Reisen, vor
allem im Jahre 1863 eine größere Reise durch die Türkei. Im Frühjahr 1869 wurde er
zum Generalkonsul für Albanien ernannt, aber der Tod hinderte ihn, die neue Stellung,
in der er sich politisch und Wissenschaft]ich hätte voll entfalten können, anzutreten.
Durch die übermäßige Arbeitslast, die sich der unermüdliche Forscher stets zugemutet
hatte, war seine Gesundheit früh untergraben. In Deutschiland, wo er Genesung suchte,
ereilte ihn im Jahre 1869 nach mehrmonatigem schwerem Leiden der Tod.
Jiabn war einer joner Diplomaten, die durch ihre in langjährigem Aufenthalt er-
worbenen Kenntnisse von Sprache, Land und Volk bahnbrechende Leistungen für die
geschichtliche Erforschung Südosteuropas vollbracht haben. Die dreieinhalb Jahrzehnte
seines Aufenthaltes auf griechischem und albanischem Volkstumsgebiet nutzte er dazu,
in Sprache, Brauchtum und Volksdichtung dieser beiden Völker ganz tief einzudringen.
Auf dem Gebiete der Albanienkunde, wo er kaum nennenswerte Vorgänger hatte, er-
öffnete er erst das Zeitalter systematischer Erforschung. Seine „Albanesischen Studien",
das Ergebnis seiner in Janina betriebenen Forschungstätigkeit, gaben die erste zusammen-
fassende Darstellung des Landes und des Volkes, seiner geographischen, ethnographi-
schen, wirtschaftlichen, geschichtlichen, archäologischen und religiösen Verhältnisse, vor
408 ENTWICKLUNG DER SdDOSTEUROPA-FORSCHUNG

allem aber der Sprache, von der Jiahn die erste vollständige Grammatik in deutscher
Sprache und das erste albanisch-deutsche und deutsch-albanische Wörterbuch bot. Dieses
große Werk, zu dem Hahn den gesamten Tatsachenstoff selbst, zum Teil auf beschwer-
lichen und gefährlichen Reisen, gesammelt hat, war eine wirkliche Pionierleistung, durch
die Albanien für die wissenschaftliche Forschung eigentlich erst entdeckt wurde. Die
bleibende wissenschaftliche Bedeutung dieses Werkes geht am überzeugendsten daraus
hervor, daß es auch heute, nach fast einem Jahrhundert, für den Forscher noch völlig
unentbehrlich ist.
Neben diesem Hauptwerk, durch das sich Wahn in der wissenschaftlichen Welt einen
europäischen Namen erwarb, stehen andere ebenfalls beachtliche Veröffentlichungen:
zwei Reisebeschreibungen über Mazedonien, das er als erster systematisch erforschte,
und vor allem seine große Ausgabe griechischer und albanischer Märchen, die ebenfalls
Neuland erschloß. Die diesem Forscher angeborene Entdeckerlust hat ihn auch in die
Bereiche der Mythenvergleichung und Archäologie geführt, ohne daß es ihm auf diesen
Gebieten gelungen ist, ähnlich bleibende Leistungen zu schaffen.

Jelix Philipp Kunitz (1829—1904) stammte aus einer deutsch-jüdischen Familie


Budapests. Nachdem er zunächst Illustrationszeichner geworden war, geriet er auf einer
Reise nach Montenegro (1858), wo damals gerade Kämpfe zwischen den Türken und
Montenegrinern tobten, in den Bann des Balkans. Er beschloß, sich ganz der geographi-
schen und ethnographischen Erforschung der Balkanländer zu widmen, in welchem Vor-
satz er von den Balkanforechern Ami Boue und J. Q. von Hahn bestärkt wurde. Mit
einem Feuereifer warf sich nun Xanitz, dem jede systematische wissenschaftliche Aus-
bildung fehlte, auf die Verwirklichung dieses Vorsatzes. Siebzehn Jahre lang (1859
bis 1876) hat er auf zahlreichen Forschungsreisen Serbien, Bulgarien, Montenegro und
die Herzegowina durchstreift. Manche Teilgebiete dieser Länder hat er als erster der
Wissenschaft erschlossen. Ihm verdankt man auch die ersten zuverlässigen kartographi-
schen Aufnahmen der nordbulgarischen Landschaft zwischen Donau und Balkan-Gebirge.
Für die Ethnographie wurden seine Darlegungen über die Grenzen der einzelnen Volks-
tümer wichtig. In dem ersten Abschnitt seiner Balkanforschungen beschäftigte er sich
vor allem mit Serbien, in dem zweiten mit Bulgarien. Seine zahlreichen geographischen,
ethnographischen und archäologischen Einzelveröffentlichungen faßte er zusammen in
zwei großen Werken, die den Ertrag seiner gesamten Forschungsarbeit enthalten.

Die archäologische und landesgeschichtliche Erforschung des Nordwestbalkans in illy-


risch-römischer Zeit war das Lebenswerk von Carl Patsch (1865—1945). Als Kustos am
Bosnisch-Herzegowinischen Landesmuseum in Sarajewo (1893—1918) hatte er in jungen
Jahren die Möglichkeit, auf zahlreichen Forschungsreisen das Land bis in die ent-
legensten Gebirgswinkel zu erikunden. Als Arbeitsstätte für seine Studien begründete
er im Jahre 1904 im Rahmen des Landesmuseums das von ihm geleitete „ Bosnisch-
Herzegowinische Institut für Balkanforschung in Sarajewo", das eine umfangreiche Reihe
von wissenschaftlichen Veröffentlichungen herausgab. („Zur Kunde der Bal'kanhalb-
insel" in drei Abteilungen: I. „Reisen und Beobachtungen." II. „Quellen und For-
schungen." III. „Inventare und Bibliographien.") Nach der Vertreibung aus Sarajewo
(1918) eröffnete sich ihm an der Universität Wien eine neue Wirkungsstätte. Dort er-
schien auch sein bedeutendstes Werk, die „Beiträge zur Völkerkunde von Südosteuropa",
ausgezeichnet durch die meisterhafte Beherrschung aller Methoden der archäologischen
Forschung sowie durch die unvergleichliche Kenntnis der antiken Denkmäler und schrift-
lichen Quellen der historischen Geographie und der anderen Hilfswissenschaften.
Einer der großen Meister der balkanischen Landes- und Volksforschung war auch
ENTWICKLUNG DER SCIDOSTEUROPA-FORSCHUNG 409

der U n g a r Jranz Baron ftopcsa, dessen wissenschaftliches Lebenswerk die landes- und
volkskundliche Erforschung des katholischen Nordalbanien ist.

Vatroslav JagiL ( 1 8 3 8 — 1 9 2 3 ) studierte an der Universität W i e n klassische und


slawische Philologie und war dann von 1 8 6 0 — 1 8 7 0 Lehrer der klassischen Sprachen am
kroatischen Gymnasium zu Agram. In dieser Agramer Zeit entstanden bereits mehrere
wichtige Arbeiten über Fragen der altkirchenslawischen und altserbokroatischen Philo-
logie. N a c h Gründung der Agramer „Südslawischen Akademie" wurde der junge J a g i c
eines ihrer namhaftesten Mitglieder. Im J a h r e 1871 promovierte er an der Universität
Leipzig mit einer Arbeit über slawische Sprachwissenschaft. Im folgenden J a h r e über-
nahm er an der russischen Universität Odessa die Professur für vergleichende Sprach-
wissenschaft. Schon 1874 wurde er a u f den neugegriindeten Lehrstuhl für slawische
Philologie an d e r Universität Berlin berufen. 1880 führte ihn eine Berufung nach St.
Petersburg, 1 8 8 6 folgte er Tranz Miklosidh auf dem slawistischen Lehrstuhl der U n i -
versität W i e n , 1908 wurde er emeritiert. 1923 starb er in W i e n .

Dieses Leben ist von einer rastlosen Forschungstätigkeit, die das weite Gesamtgebiet
der slawischen Philologie umspannt, ausgefüllt gewesen. U n t e r seinen zahlreichen W e r k e n
stehen an Bedeutung die kritischen Erstausgaben altslawischer T e x t e im Vordergrunde.
Sein Lieblingsinteresse galt freilich immer der Tätigkeit der beiden „Slawenapostel"
Kyrill und M e t h o d , der Entstehung der slawischen Alphabete und der kirchenslawischen
Sprache. D a h e r darf seine Entstehungsgeschichte der kirchenslawischen Sprache gewisser-
maßen aüs Zusammenfassung des wichtigsten Teiles seines Lebenswerkes gelten.

Josef Konstantin Jirecek ( 1 8 5 4 — 1 9 1 8 ) , der M e i s t e r der balkanslawischen Geschichts-


forschung, war tschechischer Abstammung, wuchs aber — ähnlich wie der K r o a t e Jagic —
geistig, kulturell und bewußtseinsmäßig so völlig in das Deutschtum hinein, d a ß er als
Deutscher gelten kann. D e r nachmals so berühmte Forscher wurde im J a h r e 1 8 5 4
zu W i e n geboren als Sohn einer Familie, in der das wissenschaftliche Interesse für G e -
schichte und Altertumskunde schon Tradition war. Sein G r o ß v a t e r w a r Paul Josef
Safarik, der berühmte Begründer der gesamtslawischen Altertumskunde und Literatur-
geschichte. Sein V a t e r — Josef Jirecek — hat sich ebenfalls einen wissenschaftlichen
N a m e n gemacht. Er g a b die handschriftlich nachgelassene „Geschichte der südslawischen
L i t e r a t u r " Safariks ( 1 — 3 , 1 8 6 4 — 1 8 6 5 ) heraus. Sein O h e i m väterlicherseits — Tier-
menegild Jirecek — war als slawischer Rechtshistoriker bekannt. D i e beiden Brüder —
Josef und Jiermenegiid — veröffentlichten auch manche Arbeiten gemeinsam.

In dieser von wissenschaftlichen Interessen erfüllten Familienwelt wuchs Jirecek auf.


So war es natürlich, d a ß auch seine geistigen Neigungen sich schon in jungen J a h r e n
der Geschichtsforschung zuwandten. Als E x t e m i s t absolvierte er das theresianische G y m -
nasium ( 1 8 6 4 — 1 8 7 2 ) . Als d e r einzige Sohn seiner Familie verlebte der junge Jirecek
hier in W i e n glückliche J a h r e . T r o t z seiner schwächlichen Gesundheit zeichnete er sich
in der Schule und zu Hause durch Fleiß und Ausdauer aus. Schon damals erregte er
durch seine ungewöhnliche Sprachbegabung allgemeines Aufsehen. Später brachte er es
so weit, tschechisch, deutsch, französisch, serbokroatisch und bulgarisch zu sprechen und
zu schreiben, italienisch und russisch zu sprechen, englisch zu lesen und sich noch in
einigen anderen Sprachen (madjarisch, türkisch, neugriechisch) wenigstens soweit aus-
zukennen, als es für die Zwecke wissenschaftlicher Forschung notwendig war. D i e
freundschaftlichen Beziehungen seines Vaters zu zahlreichen berühmten Gelehrten blieben
nicht ohne Einfluß auf seinen Entwicklungsgang. N a c h Abschluß der Gymnasialzeit
bezog er im J a h r e 1872 die Universität P r a g , wo er Ein der philosophischen Fakultät
der damals noch ungeteilten Universität bis 1875 hauptsächlich Geschichte und ge-
410 ENTWICKLUNG DER SODOSTEUROPA-FORSCHUNG

schichtliche Hilfswissenschaften, daneben aber auch klassische und moderne Philologie


studierte. In diesen Prager Studienjahren verkehrte er viel mit dem jungen französischen
Historiker £rnest Denis. Schon als Gymnasiast hatte er begonnen, durch Rezensionen
slawistisdier Neuerscheinungen hervorzutreten. Dazu kamen während der Prager
Studienjahre bereits kleinere slawistisdie Textausgaben. Lm Jahre 1874 machte er in
den Ferienmonaten seine erste Studienreise nach Kroatien und Serbien. In diesen Jahren
veröffentlichte er in tschechischer Sprache bereits zahlreiche populäre oder halbwissen-
schaftliche Aufsätze über die Landeskunde und Geschichte der slawischen Balkanländer.
Daneiben erschien im Jahre 1876 gleichzeitig in deutscher und tschechischer Sprache sein
erstes größeres Werk: eine in jugendlicher Begeisterung für den Stoff niedergeschriebene
zusammenfassende Darstellung der Geschichte Bulgariens von der Staatsgründung bis zur
Unterwerfung unter die Türkenherrschaft. Obwohl dieses Jugendwerk eigentlich nur
eine gelungene Kompilation aus der „Geschichte Griechenlands" von Carl Hopf, aus
byzantinischen Chroniken und slawischen Quellen darstellte, hat es wie eine Sensation
gewirkt. Das Buch eines 22jährigen Anfängers über ein bisher wenig bekanntes
Volk wurde in kürzester Zeit weltbekannt. Dazu trug natürlich auch die Tatsache
bei, daß das Buch in einem Augenblick erschien, da sich das allgemeine europäische
Interesse ohnedies infolge des in jenem Jahre ausbrechenden bulgarischen Freiheits-
kampfes dem bulgarischen Volke zuwandte. Dem um seine Freiheit kämpfenden bulga-
rischen Volke hat Jirecek durch dieses Buch jedenfalls, ohne freilich eine solche politische
Tendenz zu verfoJgen, einen sehr großen Dienst erwiesen.

Mit dieser „Geschichte der Bulgaren" promovierte er an der Universität Prag zum
Doktor der Philosophie. Schon im folgenden Jahre 1877 habilitierte er sich mit einer
historisch-geographischen Arbeit über die Heerstraße von Belgrad nach Konstantinopel
für das Lehrgebiet der „Geschichte des Orients" (d. h. osteuropäische Geschichte). Im
Wintersemester 1877/78 las er als erste Vorlesungen: 1. in tschechischer Sprache: „Uber
den vierten Kreuzzug und das lateinische Kaisertum in Konstantinopel", 2. in deutscher
Sprache: „Uber die Geographie der Balkanhalbinsel". 1878 und 1879 reiste er in den
Ferienmonaten nach Dalmatien, um in den Archiven von Ragusa die Quellen für die
Geschichte des mittelalterlichen Serbien und Bosnien zu sichten. Als erstes Ergebnis
dieser archivalischen Forschungen erschien schon 1879 eine Schrift über die mittelalter-
lichen Handelsstraßen und Bergwerke Bosniens und Serbiens. Dann folgten fast Jahr
um Jahr jene weiteren gewichtigen Veröffentlichungen, die ihrem Verfasser bald den
Ruhm einbrachten, der beste Kenner der balkanslawischen Geschichte zu sein.

Ludwig Jhallöczy (1857—1916), der Sohn eines deutschen Vaters (Benedikt


Strommtr) ist der Begründer der ungarischen Balkanforschung geworden. Er war ein
Schüler des ungarischen Geschichtsforschers Julius Pauler und des ungarischen Ge-
schichtsforschers und Politikers "Benjamin Kdllay, der «ine Zeitlang österreichisch-
ungarischer Reichsflnanzminister und zugleich Statthalter von Bosnien und der Herzego-
wina war. Durch das Studium der slawischen Sprachen und durch ausgedehnte Reisen
auf dem Balkan, nach Rußland und nach dem Orient hat Jhallöczy schon in jungen
Jahren sich die Grundlagen seines erstaunlich breiten und tiefen Wissens erworben.
Auf Anregung Xällays wurde er zum Direktor des Archivs des Reichsfinanzministeriums
ernannt. Wohl unter der Einwirkung Xällays machte er sich die Erforschung der ge-
schichtlichen Beziehungen Ungarns zu Bosnien und den benachbarten Balkanländem zur
Lebensaufgabe. Seine erste große Veröffentlichung aus diesem Forschungsgebiet ist das
Urkundenbuch über die Beziehungen der Republik Ragusa zu dem Königreich Ungarn,
bei dessen Vorbereitung er mit dem dalmatinischen Forscher Joseph Qelcid) zusammen-
arbeitete. Durch diese Forschungen wurde Thallöczy wieder auf einige schon fast ver-
ENTWICKLUNG DER SQDOSTEUROPA-FORSCHUNG 411

gessene Arbeiten von Qeorg Vray aufmerksam, in denen dieser auf Befehl Josephs II. die
geschichtlichen und verfassungsrechtlichen Beziehungen U n g a r n s zu seinen südlichen
Provinzen behandelt hatte. Weiterhin wurde er dadurch zur Beschäftigung mit Johann
Christian von Engel gedrängt, in dem er seinen eigentlichen wissenschaftlichen Vor-
läufer sah. D e m Leben und W i r k e n dieses Geschichtsforschers widmete e r eine eigene
Veröffentlichung. Es wurde Jhallöczys großer Gedanke, das W e r k dieser beiden Vor-
gänger — Pray und f.ncjel — fortzuführen und die Geschichte der ungarischen Schutz-
staaten und der ungarischen Großmacht des Mittelalters ziu schreiben. In einer Anzahl
von größeren W e r k e n , die immer auf eindringender Einzelforschung beruhen, beschäf-
tigte er sich mit der Geschichte der einzelnen südlichen Nachbarländer. S o g a b er zu-
sammen mit Samuel Barabas das Urlcundenbuch der kroatisch-ungarischen Familie
Blazay und das Urkundenbudh der Familie Jrangepani heraus. Zusammen mit A. Hodinka
veröffentlichte er eine Urkundensammlung ü b e r die Anfänge der Militärgrenzorgani-
sation, wodurch die älteren von Vanicek und Sdbwidker dargelegten Anschauungen über
Entstehung und Anfänge der Militärgrenze wesentlich berichtigt wurden. In besonderen
Arbeiten handelte er ferner über die ungarisch-serbischen und ungarisch-bulgarischen
Beziehungen. Sein Hauptinteresse galt freilich unverändert Bosnien. Sein Plan, eine
große zusammenfassende Geschichte Bosniens zu schreiben, blieb unausgeführt. Als Vor-
arbeiten dazu erschienen eine Untersuchung über die Anfänge des bosnischen Banates,
eine Geschichte des Banates und der S t a d t J a j c e und ein Urkundenbuch der drei benach-
barten slawonischen Kamitate Dubica, O r b a c z und S z a n a .

Als nach dem Balkankrieg ( 1 9 1 2 ) ein selbständiges Fürstentum Albanien gegründet


wurde, um das sich die Außenpolitik Österreich-Ungarns angelegentlich bemühte, da
wandte sich Jhalldczy in dem letzten Zeitabschnitt seiner W i r k s a m k e i t der geschicht-
lichen Erforschung Albaniens zu. Gemeinsam mit Sufflay und Jirecek begann er, ein
großangelegtes Quellenwerk zur Geschichte Albaniens von den Anfängen bis 1 4 7 9 (Be-
ginn der Türkenherrschaft) zu veröffentlichen, wovon zwei Bände erschienen sind. Dann
gab e r eine Sammlung von Studien z u r Geschichte und Landeskunde Albaniens heraus.
Ein früher T o d riß 1 9 1 6 den unermüdlichen Forscher aus seiner Arbeit. S o war es
ihm eigentlich nur vergönnt, Bruchstücke zu hinterlassen. Seine großen P l ä n e blieben
unverwirklicht: die Geschichte der ungarischen Großmacht des Spätmittelalters und der
ungarisch-balkanischen Beziehungen, die Landesgeschichte Bosniens. A b e r auch die
hinterlassenen Bruchstücke sind groß und bedeutsam genug, um Jhalloczy unter die
wenigen g a n z großen Forscher auf dem Gebiete der Geschichte Südosteuropas zu
rechnen. In seiner wissenschaftlichen Sonderart war er geprägt von dem Einfluß seiner
beiden Lehrer Julius Pauler und Benjamin Xällay. Von dem ersteren lernte er nicht nur
die hilfswissenschaftlichen Methoden und die Gewissenhaftigkeit im einzelnen, sondern
auch den Sinn für die Bedeutung der lokalgeschichtlichen Forschung, von dem letzteren
stammt sein bewußt politischer Standpunkt und seine politische Absicht, die allen
wissenschaftlichen Arbeiten zugrunde liegt. In diesem Sinne ist sein gesamtes wissen-
schaftliches Lebenswerk politisch bestimmt: es will durch den wissenschaftlichen N a c h -
weis des geschichtlichen Einflusses U n g a r n s auf die balkanischen Völker den politischen
Führungsanspruch U n g a r n s in diesem Vielvölkerraum begründen. Aber diese politische
„ T e n d e n z " , die dem Forscher T h a l l o c z y vielleicht nie völlig bewußt wurde, ist von
ihm mit wissenschaftlicher Gewissenhaftigkeit und mit unbestreitbarer Objektivität ver-
folgt worden.

V V
M i t Jirecek und Jhalloczy m u ß der kroatische Historiker Milan von Sufflay ( 1 8 7 9 bis
1 9 3 1 ) genannt werden. Seine Bedeutung darf nicht an dem äußeren U m f a n g seiner
Veröffentlichungen gemessen werden. Denn in noch höherem M a ß e als von Jhalloczy
412 ENTWICKLUNG DER SODOSTEUROPA-FORSCHUNG

kann man von ihm sagen, d a ß er nur Bruchstückc eines geplanten großen W e r k e s hinter-
lassen hat. W e n n Jballöczy mehr in die W e i t e ging und in seiner geschichtlichen K o n -
zeption von der Politik her stark bestimmt war, so war die Forscherpersönlidikeit
Sufflays ganz anderer Art. Sein wissenschaftliches W e r k zeigte zur Politik keinerlei
innere Beziehung. Seine Forschungspläne zielten nicht in die Weite, semdern in be-
sonnener Selbstbeschränkung darauf, ein verhältnismäßig kleines Forschungsgebiet —
Albanien — nach allen Richtungen und in die T i e f e zu durchdringen. Schon früh setzte
er sich die wissenschaftliche Lebensaufgabe, die dunkle Geschichte Albaniens zu erfor-
schen und darüber eine große zusammenfassende Darstellung zu geben. Die tragfähigen
kritischen Grundlagen dazu legte er in umfangreichen Vorarbeiten über die Entwicklung
der Städte, über die kirchenpolitischen Verhältnisse, über die Geschichte der Stammes-
verfassung, über die spätmittelalterliche Sozialgeschichte Nordalbaniens und über
andere Fragen. Er entwarf auch den Plan eines großen Regestenwerkes zur mittelalter-
lichen Geschichte Albaniens, den er dann zusammen mit Jirecek und Jballöczy teilweise
durchführte.
Die Stärke des Geschichtsforschers Sufflay lag in seinem scharfen Blick für Typen
und W e g e sozialgeschichtlidier Entwicklung, verbunden mit einer hervorragenden
Kenntnis des schwierigen und weitverstreuten Tatsachenstoffes. Die machtpolitisdien
Oberflächenbewegungen geschichtlichen Geschehens, der Kampf der großen Mächte um
das Küstenland an der Straße von Otranto, spielte in seiner Geschichtsschau keine Rolle,
weil für ihn der wesentliche Inhalt der Geschichte die Volkstums- und Sozialgeschichte
war. Im Vordergrund seiner Darstellung stehen daher die Gesellschafts-, Wirtschafts-
und Siedlungsformen, die er wie lebende Organismen in ihrer biologischen Entwicklung
zu schildern weiß. Seine Untersuchungen haben zum ersten M a l e das innere Leben der
albanischen Städte und Kleinstaaten im Spätmittelalter geschildert: die bunte Durch-
dringung und Verschmelzung der abendländisch-italienischen und der einheimischen
albanisch-slawisch-byzantinischen Kultur und die Verfassung der Bergstärnme in ihrer
sozialgeschichtlichen Bedingtheit. Diese Betrachtungsweise j s t die Stärke, in ihrer Aus-
schließlichkeit jedoch auch die Schwäche der Darstellung. Sufflay fehlt der Blick für die
Landschaft als Schicksalsfaktor und für den Staat als T r ä g e r des machtpolitisdien Aus-
dehnungswiilllens. D a z u kommt, d a ß die quellenmäßige Grundlage sich auf Geschichts-
schreibung und Urkunden beschränkt. Die übrigen, schwerer zu erarbeitenden Quellen —
archäologische Funde, kulturgeschichtliche Sprachanalyse, Ortsnamen — hat er eben-
sowenig wie seine Vorgänger benutzt. Infolge dieses Verzichtes auf die Verwertung der
„Uberreste" mußte e r sich auf das Spätmittelalter beschränken, wo seit dem 13. und
dann vor allem seit dem 14. Jahrhundert die literarischen und urkundlichen Quellen zu
fließen beginnen. F ü r die vorausgehenden zwei Jahrtausende — Illyrierherrschaft und
griechische Kolonisation, Römerherrsdhaft und Romanisierung, slawische Besiedlung und
byzantinische Rückgewinnung — mußte e r sich damit begnügen, die von allen Vor-
gängern schon angeführte Zusammenfassung der äußeren Tatsachen der politischen
Geschichte zu wiederholen.
*

M i t der Entwicklung der bailkanischen Landes- und Volksforschung und der balkan-
slawischen Geschichtsforschung hielt die Erforschung der osmanischen und byzantinischen
Geschichte Schritt. Für die Erforschung der osmanischen Reichsgeschichte leitete das
wissenschaftliche Lebenswerk von Tiammer-Vurgsiall ein neues Zeitalter ein.

Joseph. Treiben- von ^Hammer-Purgstall ( 1 7 7 4 — 1 8 5 6 ) wandte sich schon in jungen


Jahren dem Studium der orientalischen Sprachen zu und erhielt in der k. k. orientalischen
Akademie zu W i e n seine Ausbildung. Von 1 7 9 9 ab wurde er im diplomatischen Dienst
ENTWICKLUNG DER SODOSTEUROPA-FORSCHUNG 413

im Orient (Konstantinopel, Syrien, Ägypten, Jassy) verwendet. Schon im Jahre 1807


aber wurde er auf eigenen Wunsch der damaligen geheimen Haus-, Hof- und Staats-
kanzlei in Wien zugeteilt. 1811 wurde er zum Staatskanzleirat, 1817 zum Hofrat be-
fördert. Eine umfassende Sprachenkenntnis und eine erstaunliche schriftstellerische Ge-
wandtheit haben ihm früh einen großen Namen verschafft und glänzende äußere
Ehrungen und Auszeichnungen eingetragen.
In Jiammer-Purgstall überwog die Phantasie so völlig den kritischen Verstand, daß
er von Natur unzweifelhaft mehr zum Dichter als zum Forscher bestimmt war. Seine
poetische Neigung und Begabung hat er auch in zahlreichen eigenen Dichtungen und
in Nachdichtungen aus* den orientalischen Literaturen betätigt. Vor allem sind die
metrischen Übertragungen der Diwane des Persers Hafis, des Arabers Mutanabbi und
des Osmanen Baki zu nennen. Unter seinen gelehrten Schriften finden sich neben
manchen Arbeiten geringen Wertes einige große Werke von bleibender Bedeutung,
durch die er die moderne wissenschaftliche Erforschung der osmanischen Geschichte erst
eingeleitet hat. Auf Grund der orientalischen Quellen, die er aus den Handschriften wie
kein anderer zeitgenössischer Forscher kannte, gab er eine zusammenfassende Dar-
stellung der osmanisdien Reichsgeschidhte, eine Darstellung der osmanischen Literatur-
geschichte, eine „Geschichte der goldenen Horde in Kiptschak", eine „Geschichte der
Chane der Krim", und zahlreiche andere Werke (darunter den Katalog der orientalischen
Handschriften zu Wien und die von ihm begründete orientalische Fachzeitschrift „Fund-
gruben des Orients").

Johann Wilhelm Zinkeisen (1803—1863) hat dann für die Erforschung der osmani-
schen Reichsgeschichte auch die westeuropäischen ardiivalischen Quellen, vor allen die
französischen (Paris) und die venezianiisdien (Relationen) nutzbar gemacht. Nikolaus
Jorga (1871—1941) hat dieses Bild aus seiner besonderen Kenntnis der byzantinischen
und rumänischen Geschichte vertieft. Er hat auch als erster den Versuch gemacht, das
kulturelle und gesellschaftliche Leben des osmanischen Reiches in aller Breite zu schildern.
y. W. Jiasludk (1878—1920) gab wichtige Beiträge zur türkisch-islamischen Religions-
geschichte, Tranz "Babinger (geb. 1891) die zusammenfassende Darstellung der osmani-
schen Geschichtsschreibung.
*

Die Entwicklung der byzantinischen Geschichtsforschung im 19. Jahrhundert ist vor


allem mit vier Namen verknüpft: Jallmerayer, Jafel, Jlopf, Xrumbadher.

Jakob Philipp Tallmerayer (1790—1861) stammte aus einer armen Tagelöhnerfamilie


Südtirols. Seine ungeheure rezeptive und formalstilistische Begabung hat ihm rasch
den Weg zum Aufstieg gebahnt. Er wurde Professor in Landshut und dann vorüber-
gehend auch iin München. Im Revolutionsjahre 1848 wurde er als Abgeordneter zur
deutschen Nationalversammlung gewählt. Seine wissenschaftsgeschichtliche Bedeutung
beruht darin, daß er es verstand, den Stoff der byzantinischen und neugriechischen Ge-
schichte durch die sprachliche Gewandtheit seiner Darstellung einem größeren deutschen
Leserkreis nahezubringen. Seine „Geschichte des Kaiserthums von Trapezunt" und seine
„Geschichte der Halbinsel Morea während des Mittelalters" sind aber nicht nur stilistische
Meisterwerke, die sich fesselnd wie Romane lesen, sondern sie haben auch ganz neue
bisher unbeachtete Kapitel der byzantinischen Geschichte entdeckt. In den Einzelheiten
waren beide Werke schon zu jener Zeit sehr hypothetisdi und 9ind heute völlig über-
holt. Mehr als durch diese beiden historischen Werke ist Fallmerayer den Zeitgenossen
durch seine Reiseeindrücke aus dem Orient und vor allem durch seine damals viel um-
kämpfte Ansicht von der Abstammung der Neugriechen bekannt.
414 ENTWICKLUNG DER SÖDOSTEUROPA-FORSCHUNG

Qottlieb Lukas Jriedridh Jafel war der Bahnbrecher der byzantinischen Philologie
in Deutschland (1787—1860). Er war der Sohn eines Landpfarrers in der Rauhen Alb
und studierte zunächst ebenfalls Theologie. Aber schon nach einigen Jahren des Pfarr-
dienstes führte ihn seine innere Neigung immer stärker zur Philologie. 1818 wurde er
außerordentlicher Professor für alte Literatur an der Universität Tübingen und 1827
zweiter Ordinarius an derselben Universität. Er erklärte und edierte eine Anzahl antiker
griechischer Schriftsteller. Durch seine Pindarstudien wurde er auf den Kommentar des
Eustathios von Jhessalonike (12. Jahrhundert) aufmerksam. 1832 gab er die damals
erreichbaren Schriften des Eusthathios heraus. Dadurch wurde er zur Beschäftigung mit
der Topographie und Lokalgeschichte von Thessalonike geführt, der sein nächstes
Hauptwerk galt (1839). Die folgenden Arbeiten beschäftigten sich alle mit Fragen der
historischen Geographie: zwei Studien über die Via Egnatia (1837—1841), Neuheraus-
gabe und Kommentar zu den Strabo-Fragmenten über Thessalien und Mazedonien
(1844) und ein Programm „Constantini Porphyrogeniti de provinciis regni Byzantini"
(1846). Schon 1846 mußte er infolge einer Krankheit in den Ruhestand treten. Die letzten
14 Jahre seines Lebens brachte er in Ulm zu. Während dieser letzten Zeit seines Lebens
erschien noch eine ganze Reihe wichtiger Arbeitein: Zunächst veröffentlichte er einige
geschichtlich wichtige Stücke des Eustathios von Jhessalonike in deutscher Übertragung.
Dann gab er zusammen mit Q. M. Jhomas in München ein venezianisch-byzantinisches
Urkundenbuch in drei Bänden heraus. Aus den Vorbereitungen zu den geplanten, aber
nicht verwirklichten Ausgaben der Historiker Jheophanes und Chalkokandyles er-
wuchsen wenigstens einige kleine Veröffentlichungen, die geradezu eine Art fortlaufende
Kritik der Bonner Ausgabe byzantinischer Geschichtsquellen darstellen. Von diesem
Bonner Corpus hat er wiederholt geurteilt, es sei höchstens als eine lobenswerte Drude-
korrektur der älteren Editionen zu schätzen. D a ß Tafel, neben Benedikt Hase der einzige
damals lebende gründliche Kenner der byzantinischen Gräzität, sich von dem Banner
Corpus fernhielt, war verhängnisvoll; denn dies bedeutete, daß die Editionen des
Bonner Corpus völlig ungeeigneten Kräften übertragen wurden.

M i t Entschiedenheit trat Jafel für die Selbständigkeit der byzantinischen Philologie


und ihre Unabhängigkeit von der klassischen Philologie ein. „Um das Rätsel der
byzantinischen Geschichte deuten zu können, muß man selbständige Studien gemacht
haben, die sich von den antiken Studien in Sprache und Sache gewaltig unterscheiden.
Man tritt in einen neuen Lebenskreis ein, in welchen die früheren Vorstellungen, die
uns die Schule gab, nicht mehr eingefügt werden können: novus ineipit orbis."
Jafel ist der Begründer einer selbständigen byzantinischen Philologie in Deutschland.
Er hat das Programm dieser künftigen Wissenschaft entworfen und bereits selbst damit
begonnen, durch einzelne Pionierleistungen das Dunkel dieses unerforschten Gebietes
zu lichten. Die ungünstigen äußeren Arbeitsbedingungen, unter denen er zu leben ge-
zwungen war, haben ihn an großen zusammenfassenden Leistungen gehindert. Er blieb
Bahnbrecher und Anreger. Aber gerade dadurch ging seine Wirkung sehr tief.

Xarl JHopf (1832—1873) widmete sein Leben der Erforschung der byzantinischen
Geschichte im Zeitalter der „Frankenherrschaft" (13.—16. Jahrhundert). Durch seine
umfassenden Archivforschungen erschloß er ganz neues Quellenmaterial (vor allem in
Neapel, Genua, Palermo und Venedig). Auf dieser Grundlage entstand seine groß-
angelegte „Geschichte Griechenlands vom Beginn des Mittelalters bis auf unsere Zeit"
und seine zahlreichen kleinen Monographien über einzelne fränkische und venezianische
Herrschaften auf griechischem Boden. Von bleibender Bedeutung ist auch seine Sammel-
ausgabe der von ihm neuentdeckten Lokalchroniken aus der Frankenzeit („Chroniques
gréco-romanes").
ENTWICKLUNG DER SDDOSTEUROPA-FORSCHUNG 415

Xarl Xrumbadher (1856—1909) war ein Sahn des Allgäu (geboren zu Kümach bei
Kempten). Sdion in jungen Jahren wandte sich sein Interesse dem neuen Griechenland
zu. Aus seiner eigenen späteren Erzählung wissen wir, wie die Phantasie und Begeiste-
rung des Buben sich an einem Buch über den griechischen Freiheitskampf entzündete.
Vielleicht hat dieses Buch schon in frühen Jahren über den Lebensweg des künftigen Ge-
lehrten entschieden. Von 1869—1875 besuchte er das Gymnasium zu Kempten. Danach
studierte er an der Universität München klassische Philologie. In zwei Leipziger Semestern
machte er sich bei Q. Curtius und X. Brugmann mit den Methoden der vergleichenden
Sprachwissenschaft vertraut. Von 1879 bis 1891 war er in München im Gymnasialdienst.
Er selbst hat schwer unter der Last dieser Lehrverpflichtungen gelitten. Aber trotzdem
war diese Zeit die eigentlich schöpferische seines Lebens. Im Jahre 1883 promovierte er,
1884/85 machte er eine Reise in den griechischen Orient, über die er 1886 auch eine
populäre Schilderung veröffentlichte, 1885 habilitierte er sich, 1891 wurde er kurz nach
der Veröffentlichung seiner byzantinischen Literaturgeschichte zum Extraordinarius
ernannt.
Schon früh ist sich Xrumbadher ganz klar geworden über die Lebensaufgabe, die er
sich vornehmen wollte. Er wollte der „Mittel- und neugriechischen Philologie" als einer
selbständigen Disziplin die Gleichberechtigung neben der klassischen Philologie und das
Heimatrecht an den Universitäten erkämpfen. Dabei aber spannte er diesen Begriff der
mittel- und neugriechischen Philologie inhaltlich sehr weit. Ihr Gegenstand sollte die
griechische Sprache, Literatur und Kultur von der ausgehenden Antike bis zur Gegen-
wart sein. Diese geistige Weite ist das eine Kennzeichen von Xrumbadhers Gelehrten -
persönlichkeit. Das andere war die Vorliebe des Forschers für das Konkrete, Einzelne
und Volkstümliche.
In Xrumbachers Leben und Werfe war das Jahr 1891 ein scharfer Einschnitt. Zu
Anfang jenes Jahres erschien seine zusammenfassende Darstellung der byzantinischen
Literaturgeschichte, zu Ende jenes Jahres wurde er daraufhin zum Extraordinarius er-
nannt. Nach dem Jahre 1891 begann dann die zweite Epoche seines Schaffens. W a s er
in der ersten Epoche an großen schöpferischen Arbeiten entworfen hatte, das galt es
nunmehr auszubauen und mit einer Organisation zu versehen. Im Jahre 1892 wurde
als erste wissenschaftliche Fachzeitschrift dieses Forschungsgebietes die „Byzantinische
Zeitschrift" begründet. 1899 setzte Xrumbadher nach langen Kämpfen schließlich doch
die Errichtung eines besonderen Mittel- und neugriechischen Seminars an der Universität
München durch. Neben dem Ausbau dieses Seminars, neben den großen Forschungen
und Veröffentlichungen, neben der zeitraubenden Herausgebertätigkeit an der „Byzan-
tinischen Zeitschrift" entfaltete Xrumbadher auch eine sehr erfolgreiche Lehrtätigkeit
in Vorlesungen und Übungen.
Die Universalität Xrumbadhers zeigt sich besonders darin, daß er die Bedeutung des
slawischen Nachbargebietes für die Byzantinistik richtig erkannte. Er begann selbst nodi
Russisch zu lernen und hielt seit 1901 an der Universität München öffentliche Einfüh-
rungskurse in die russische Sprache ab, Ulm damit den Beweis zu erbringen, daß ein
Bedürfnis nach Errichtung einer Professur für slawische Philologie bestehe. Die von
Xrumbadher betriebene Errichtung einer slawischen Professur wurde freilich erst ein
Jahr nach seinem Tode Wirklichkeit.
Auch als Wissenschaftsorganisator hat Xrumbadher eine große Bedeutung. Als erster
erkannte er die Bedeutung der Photographie für die geisteswissenschaftliche Forschung.
Zusammen mit Jirecek stellte er den großen Plan eines Corpus der byzantinischen Ur-
kunden auf.
*
ANMERKUNGEN

Einleitung: Die Landschaft als Schicksal

Gesamtraum: Maull, H. Qroß. — Balkanhalbinsel: Cvijic 0 ) ( 2 ). — Oströmisches Reich:


Pbilippson. — Sudetenländer: Wassinger, Machatschek. — Adriaraum: Jlxxndi, März (0.
— Montenegro: Kayser. — Albanien: Louis, Stadtmüller (*), Urban. — Mazedonien:
J. H. Sdhultze, L. Sdmltze-Jena, Papenhusen. — Bulgarien : Qellert, Witbelmy, Stuben-
rauch.
Kapitel i
I. Vorrömische Zeit: Gesamtraum: Cbilde, Casson, Lebzelter. — Sudetenländer:
Mengbin, Jranz, Sdbrânil. — Slowakei: Eisner. — Dazien: Vârvan, Daicovici. —
Thrazier: 7omaschek, Kacarov. — Schwarzmeerraum: M. £bert, Jianlar. — Maze-
donien: Qeyer.
II. Römische Zeit: Patsch, Pbilippide, Stadtmüller (V.

Kapitel 2
Allgemein: Sdhmidt, Sehmsdorf, Schenk v. Stauffenberg. — Sudetenländer: Hetlinger,
Preidel. — Pannonien: Jlföldi 0). — Wandalen: Jahn. — Bastarnen und Skiren: Petersen.
— Gepiden: Diculescu (hypothesenreich). — Goten: Müller-Kuales. — Krimgoten:
R. Loewe, Vasiliev. — Arianismus : Qiesedke.

Kapitel 3
Die geschichtliche Welt der alten eurasischen Reiternomadenvölker ist vor allem von der
madjarischen Wissenschaft erforscht worden. Grundlegend ist das Werk von TJémeth sowie
das von ihm herausgegebene Sammelwerk: Attil és hdnjai. — Vgl. ferner: Älföldi (2),
Jltheim, Barthold, Ldszlô, Marcjuart 0), Spuler CT, Thompson. — Turkvölkische Sprach-
reste in byzantinischen Quellen: Moravcsik 0 ) . — Bibliographie: Moravcsik, Räsonyi.

Kapitel 4
Nach der gewichtigen Forschungsarbeit Ducange's und der Mauriner entstanden die
großen im Geiste der Aufklärung gehaltenen Gesamtdarstellungen von Lenain de 7ille-
mont, Qibbon und Lebeau. Die darstellerische Kunst von Qibbon hat das Bild der ost-

27 Stadtmüller, Geschichte Südosteuropas


418 ANMERKUNGEN

römischen Geschichte in dem europäischen Geschichtsbewußtsein bis in das 20. Jahr-


hundert hinein in unheilvoller Weise bestimmt. — Ein richtigeres Gesamtbild gaben zu-
erst die Darstellungen von Jinlay, Jierizberg O) (2) und Qelzer ('). — Hopf gab eine
durch Materialreichtum einzigartig wertvolle Darstellung des Spätmittelalters. — Grund-
sätzlich wichtig zur universalgeschichtlichen Würdigung des oströmischen Staates und
seiner Kultur sind die Studien von TJeumann TO (?) und Heisenberg 0). — Eine grund-
legende Darstellung des Zeitraumes bis in das 9. Jahrhundert gab Bury TO ( 2 ). — Wichtig
auch die zusammenfassenden Werke von Dieb/, von geringerem kritischen Werte die
schwungvollen Darstellungen von Sdblumberger. — Jetzt beste Gesamtdarstellungen:
Vasiliev 0 ) , Ostrogorsky TO, Brebier ( 5 ). — Literaturgeschichte: Xrumbacher. — Kaiser-
urkunden: Vöiger CO (2) (7). — Kaisertum: Böiger (8) (9), Jreitinger. — Kulturgeschichte:
Krause, Qelzer CT, Hunciman W, Bayrtes u. Moss. — Geschichte von Athen: Qregorovius,
Kampuroglus, Staätmüller ( 3 ). — Ausgang des Altertums und frühbyzantinische Zeit:
Seedk TO (V, Stein TO. — Untergang des Heidentums: V. Schultze, Qeffdken. — Kirdien-
geschichte: Sdnvartz (1) (3), Caspar, Lietzmann, Jvänka.— Justinian: Dieb! ( 8 ), Sdhubart.
— Konstantinopel: Qyltius, Ducange ( , b ) , A. M . Schneider, Mayr. — Hochschulen.- Jucbs.
— Bibliographie: Xrumbacher, Bladkwell. — Zeitschriften: Byz. Z., Viz. Vr., Byzantion.

Kapitel 5

Ältere romantische Anschauung von der „slawischen Altertumskunde" (Safafik, Niederle)


heute weithin widerlegt. Die Slawen sind ohne eigene staatliche Lebensformen und nur
mit einer primitiven Holzkultur in die Geschichte eingetreten. — Auf die entscheidende
Rolle turkvölkischer Herrenschichten bei der slawischen Landnahme hat zuerst die im
einzelnen verfehlte Arbeit von Peisker hingewiesen. Dagegen: Dopscb (2). — Donauraum:
Mjöldi 0), Tiemetb, Melidb. — Balkan: Zlatarski (3), Ensslin. — Kroaten und Serben:
L. Hauptmann, !Mal. — Dalmatien: Skok. — Ostgermanien: Schwarz TO, Klebel (4). —
Rassenkunde: Sdhwidetzky. — Versuche der Betrachtung vom Standpunkt des historischen
Materialismus: Derzavin, ttpsic.
Kapitel 6

Allg. vgl. oben Kapitel 4. — Bilderstreit: Schwarzlose, Ostrogorsky.

Kapitel 7

Gesamtdarstellungen: Zlatarski ( 0 0), Runciman, 'Mutajciev ( 2 ). — Frühgeschichte:


Jeher, Besevliev, Qerard. — Kunstgeschichte: Jilov. — Kirchengeschichte: Cudhlev,
Snegarov. — Altbulgarische Kirchensprache: Jagic.

Kapitel 8

Seit der großen Gesamtdarstellung der deutschen Südostkolonisation aus der Feder von
R. Fr. Xaindl hat die Forschung auf diesem Gebiete außerordentliche Fortschritte erzielt.
Der Versuch von Bretholz, die deutsche Kolonisation des Hochmittelalters zu bestreiten
und das Sudetendeutschtum als einen altansässigen „Germanenrest" zu betrachten,
wurde von Wostry u. a. widerlegt. — Wampe sowie Kötzsdhke u. Ebert gaben neue kurze
Gesamtdarstellungen, Aubin einen zusammenfassenden Bericht über den Stand der For-
ANMERKUNGEN 419

schung, Jpsen eine gedankenreiche Betrachtung. — D i e Einbeziehung volkskundlicher


Tatsachen durch Sdhier ließ neue siedlungsgeschichtliche Zusammenhänge erkennen. —
D i e Erforschung des Deutschtums im mittelalterlichen U n g a r n wurde durch die Arbeiten
von Sdtünemann mächtig gefördert. — Von der altbairischen Stammeskolonisation g a b
Xlebel eine neue Gesamtdarstellung. — Wichtige Einzelbeiträge für das 7 . - 9 . J a h r -
hundert: Dinklage, Qlauert, L . Hauptmann. — Umstritten ist das W e r k von Zibermayr.
— Pannonien im 9. J a h r h u n d e r t : !Melid>, Moor 0 ) . — Südostpolitik der Karolinger:
Brackmann 0 ) (2), Heinz 'Löwe. — Bairische Stammes- und Landschaftsgeschichte: TUez-
1 er. — B ö h m e n : Badmiann.
Kapitel 9

Eine Gesamtbetrachtung der Christianisierung in Südosteuropa fehlt. Einen Versuch


g a b : Stadtmüller C7). — D i e allgemeinen kirchengeschichtlichen Darstellungen von Qolu-
binskij und Spinka [dazu vgl. Stadtmüller < 4 )] bieten nicht viel. — Byzantinische Reichs-
kirche: Le Patriarcat Byzantin. — Kyrillos und M e t h o d i o s : Jagic, Vvornik (0 0),
Jt'inskij, Sdtaeder. — Schisma: Pfeilsdbifter, Tdiâiel, Jugie, B r é b i e r ( ' ) . — Sudetenländer:
Badmiann, TJaegle, Winter 0 ) , Svatovâclavsky Sbornik. — U n g a r n : D e é r , Väczy, Em-
lékkônyv. — Kroaten und S e r b e n : Sdbneeweis. — Bulgarien: Cudhlev, Snégarov, JCodh,
Novakovic (3). — R u m ä n e n : Vulpesco. — Griechen: Lawson. — Z u r ungarischen Ge-
schichte im allgemeinen vgl. Jiôman ( 0 (V, Jlôman u. Szekfü, Szekfü 0), Domanooszky.

Xapitel 10

Ältere Darstellungen der Kreuzzüge und des Kreuzzugsgedankens: Wilken, Trutz, Röh-
richt, Xugler, Volk, Ru ville. — J e t z t grundlegend: Erdmann, Qrousset. — Vierter Kreuz-
z u g : Norden (3). — Kreuzzüge und O s t r o m : TJeumann CO, Sdhlumberger (4). — Levante-
handel: Jieydk, Heyd, Sdhaube.
Xapitel ii

Gesamtdarstellungen: Romanin (veraltet), Xretsdhmayr ( 0 (jetzt heranzuziehen.), Sdhill-


mann (volkstümlich). — Anfänge und ältester Aufstieg: Lenel. — Loslösung von O s t r o m :
Lentz. — Verhältnis zum Deutschen Reiche: Janta, B. Sdhmeidler. — Adria im 9. J a h r -
hundert: !Manojlovic. — Verfassungsentwicklung im 12.—13. J a h r h u n d e r t : Claar. — 13.
und 14. J a h r h u n d e r t : Jlodgson. — Handelsbeziehungen zu B y z a n z : Ja fei und Jbomas.
— K r e t a : Loiret, Qerland (3) W (5), Jegerlehner, Xantbudides. — M o r e a : Ranke (2). —
Jonische Inseln: Reumont. — G e n u a : Pagano, Caro, Bratianu (V (3).

Xapitel 12

ü b e r das allgemeine Schrifttum zur Geschichte der deutschen Südostkolonisation vgl.


oben Kapitel 8. — Bibliographie: Réz 0 ) . — Sudetenländer: Bretholz ( 0 0), Wostry,
Peterka, Berger. — U n g a r n : Sdjünemann (!) (2), limon, Pukânszky. — Slowakei: 7ia-
nika, Xaser. — Siebenbürgen: Jeutsdi (1) O), Jiuß, Wallner (0. - Polen: lüde.

Xapitel 13

D i e wissenschaftliche Albanienforschung wurde von J . G . v. Hahn begründet, von Nopcsa,


Sufflay, Patsda, Jokl u. a. fortgeführt. Eine zusammenfassende Darstellung der albani-

27*
420 ANMERKUNGEN

sehen Frühgeschichte g a b d a n n : Stadtmülkr C2). — D e r Fragenkreis der rumänischen


Frühgeschichte ist besonders strittig. Grundlegend ist das W e r k von Philippide. —
Rumänisch-bulgarische Beziehungen: TAutafciev (1). — Einwanderung in den Karpaten-
bogen (Siebenbürgen und Nachbarlandschaften): Qamillsdheg, Xadlec, !Mákkai, Qáldi,
Jaberg, Moga, — Turkvölkisdie (kumanische) Herrenschicht: Rásonyi, Slekes. — Weiter-
wanderung nach W e s t e n : D r ä g a n u , Cränjalä, Bärbulescu, Xniezsa. — Urkundenaus-
g a b e n : Hurmuzaki, Panaitescu (O, Documenta. — O r t s n a m e n : Jordan. — U n t e r den
Gesamtdarstellungen der rumänischen Geschichte ist die von Qiurescu die beste. — D i e
zahllosen W e r k e von Jorga sind zwar reich an Ideen und neuen Fragestellungen, a b e r
ohne gründliche kritische Basis. — Darstellungen vom „madjarischen" Standpunkte a u s :
Jiunfalvy, Jancsó, Jamás.

Kapitel 14

Z u r oströmischen Geschichte im allgemeinen vgl. oben Kapitel 4 . — Kaiserreich N i k a i a :


Meliarakes, Qardner. — Despotat Epeiros: Romanos. — Lateinisches Kaiserreich von
Konstantinopel: Qerland (1). — Lateinischer O r i e n t : D e l a v i l l e te Rouk, Hopf, Budbon,
Riant, Rodd, Miller (O (V, Setton. — Kaiserreich T r a p e z u n t : fallmerayer W, Miller (3),
Vspenskij 0). — U n t e r g a n g des Griechentums in Anatolien: "Wächter, Arnakes. — Innere
Entwicklung der Palaiologenzeit: Stein ( 2 ). — M o r e a : Z a k y t h i n o s . — Türkenkriege und
Kreuzzugsgedanke: Atiya 0 ) (2), Waledki. - Serben:. Jirecek (1) W C5) M , Xállay 0),
:Novakovic (O, Jballóczy 0 ) . — Albanien: Sufflay, Qegaj ( m a n g e l h a f t ) , Pall 0 ) CO. —
Bosnien: Xlaic, Prelog, Corovic (2).

Xapitel 15

Allgemein: Lemberg C1), C . R e d l i d } , Zatsdhek. — Deutsche und Tschechen: K.Bittner,


Anbin (2), Pfitzner (3).
Xapitel 16

Allgemein: Lemberg 0 ) , Susta, Winter (V. — W i c l i f und H u s : Losertb ( 4 ). — T a b o r i t e n :


Pekaf (1). - Bfüderunität: Qindely CO, Bidlo 0).

Xapitel 17

Allgemein: Loesdbe (tendenziös), Pleyer. — Innerösterreich: Loserth (3), Vedic 0) —


U n g a r n : Révész, Bucsay. — Slowakei: Xvacala, Bruckner. — Siebenbürgen: Jeutsdb (3),
Lupaf (2). — R u m ä n e n : Petri. — Slowenen: Xidrio, Stökl, B . H . Z i m m e r m a n n . — Süd-
slawen (allgemein): Murko, Bucar, Hocevar.

Xapitel 18

Bibliographie: Auboyneau et Jévret. — Gesamtdarstellungen: Hammer-Purg stall ( 2 ) (3),


Zinkeisen, Jorga O), Jonc¡uiére. — Osmanische Reichsgeschichte und balkanische Volks-
geschichte: Stadtmüller W. — Geschichtsschreiber: Babinger C1). — Literaturgeschichte:
Qibb. — Religionsgeschichte: Hasludk. — Entstehung der osmanischen M a c h t in Anato-
lien: Qibbons, Langer u. Blake, Wittek (3) (4), Xöprülü. — Türkenkrieg und K r e u z -
zugsversuche: Ranke 0 ) , Silbersdhmidt, Atiyäb (') (V, MatouSek, Halecki. — Albanien:
ANMERKUNGEN 421

Çjegaj (mangelhaft), Vall 0 ) 0). — Serben: Braun W. — U n g a r n : Salamon. — Sülei-


man d. Gr.: Lybyer. — Innerbalkanische Verhältnisse in altosmanischer Zeit: Wil-
hehny, Busdh'-Zantner, TJedkoff, Duda.
Xapitel i9

Gesamtdarstellung: Loesdbe (tendenziös), Borodajkeurycz. — Sudetenländer: Winter 0),


Qindely 0), Denis 0 ) ( 3 ) . - I n n e r ö s t e r r e i c h : Dedic Od), Loserth OH3). - Ungarn: Obdl,
Mdlyusz. — P â z m à n y : Traknôi, Sdhwidker ( 3 ). — S ü d s l a w e n : Murko, Bucar. — Slo-
w a k e i : Bruckner, Oberuc, Xvacala. — S i e b e n b ü r g e n : Jeutsdh (3), bepner. — Slawische
Literatur- und Geistesgeschichte im Zeitalter der Gegenreformation: Brtdn.

Xapitel 20

Bibliographie: Xertész. — G e s a m t d a r s t e l l u n g e n : O.Redlidb, Vblirz, Sdriißler, Wantsdh,


Tradier u. v. Srbik. — S t a a t s i d e e : Bidermann. — U n g a r n : Szekfü O). — T ü r k e n j a h r
1683: R. Lorenz, K . X o e h i e r . — Karl von Lothringen: Wentzdke. — Eugen von Savoyen:
Arneth 0 ) , Oehler. — M a r i a T h e r e s i a : Arneth (2) (3), Xretsdhmayr 0 ) . — J o s e p h II.:
Arneth (3), Mitrofanow, Zieglauer, Winter W. — S t a a t s k o l o n i s a t i o n : a ) Bibliographie:
Rêz ( 2 ). — b ) a l l g e m e i n : Quellen, Xallbrunner, Craemer, Sdhünemann W . — c) M o n o -
g r a p h i e n : Vonbiz, Lutz, Nowotny, Lepudki, Seefeldt. — K i r c h e n u n i o n : Pelesz, Lu-
paf 0 ) , Hodinka. — M i l i t ä r g r e n z e : Schwidkcr W , Milleker, Sdbumadber.

Xapitel 2i

Staat u n d Verwaltung im 18. Jahrhundert: Ohsson. — Serben: ftovakovic (*). — Rumä-


n e n : Jorga (5) W, Qâldi ( 0 , Qottwald. — B u l g a r e n : Jiajek ( 0 . — M o n t e n e g r o : Qopce-
vic 0 ) , Qesemann ('). — I n n e r b a l k a n i s c h e S i e d l u n g s v e r h ä l t n i s s e : Wilbelmy ('), Urban.
— Asiatische Reichshälfte: Cuinet. — Armee: 7Aarsigli. — Bevölkerungsverhältnisse:
CWidoov. — O r i e n t a l i s c h e F r a g e : Ancel, Sorel, Hebersberger (2), Cognasso.

Xapitel 22

O s m a n i s c h e Reichskrise u n d R e f o r m e n : Moltke, Eidhmann, Rosen, Sax, Wolfgramm. —


Griechischer Freiheitskrieg und neugriechischer Nationalstaat: Mendelssohn-Bartholdy,
Pougueville Prokesdh-Osten, W . F. C . Sâimeidler, G . L . v. Maurer, Jhiersdh, Wadhs-
mutb, CrauAey, T)riault et Lhéritier. — S e r b e n : Ranke (3), Xdllay O), Novakovic (2),
Jvic. — R u m ä n e n : Hau je 0 ) , Em er it. — B u l g a r e n : Staneff, Widerszal, TJatan.

Xapitel 23

Bibliographie: Qunzenbäuser (1). — Nationalitätenfrage allgemein: Triedjung, J. Redlich,


Jlugelmann, Lades (2). — M e t t e r n i c h : v. Srbik (3) W, Molden. — Ungarn: Lustkandl,
T)eak, Eisenmann, Xornis, Spohr, v.Jarkas (V W. — D e u t s c h - Ö s t e r r e i c h : Molisdb 0 ) (3).
—Tschechen: Lodher, Lades 0 ) . — S l o w a k e n : Lodoer, Rapant. — Südslawen: Seton-
Watson, Wendel.
Xapitel 24

Umgestaltung der Türkei: Jaesibke (1) (2). — Außenpolitik Österreich-Ungarns : Sos-


nosky, Sdhinner, Jukin, Ebel. — Südslawische F r a g e : Boghitsdbewitsdh, Qiesl. — Bos-
nische Annexionskrise: 7<Iintdhitdh, Rothfels. — Kaiser Franz Joseph: v. Srbik W.
SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS

Aus der von Jahr zu Jahr unübersichtlicher anschwellenden Masse des fachwissen-
schaftlichen Schrifttums, das in mehr als einem Dutzend verschiedener Sprachen
vorliegt, ist im folgenden eine enge Auswahl getroffen. Es wurde versucht, f ü r
j e d e s Kapitel d e r Darstellung d i e w e s e n t l i c h e n Schriften (selbständige Bücher
und Abhandlungen) anzuführen (vor allem neuere Veröffentlichungen und soldie
in d e n geläufigen wissenschaftlichen Weltsprachen). — W e r k e von allgemeinerer
Bedeutung sind durch * hervorgehoben. —Hinweise auf Zugehörigkeit zu Sammel-
reihen u. ä. sind im allgemeinen nur bei Akademieveröffentlichungen gegeben.
— Infolge der mangelhaften derzeitigen Bibliotheksverhältnisse war es leider nicht mehr
möglich, alle Titel an Hand der Bücher nochmals nachzuprüfen.

ABKÜRZUNGEN DER VERLAGSORTE


A = Athen L = Leipzig R = Rom
Bg = Belgrad (Beograd) Ln = London So = Sofia (Sofija)
Bk = Bukarest (Bucurejti) Mo = Moskau S.-P. = St.-Petersburg
B1 = Berlin Mü = München (Leningrad)
Bp = Budapest N.Y. = New York St = Stuttgart
(Ofen, Pest) Pa = Paris W = Wien
Fr = Frankfurt Pr = Prag (Praha) Z = Zagreb (Agram)

ABKÜRZUNGEN
Abh. d. Ak. d. Wiss. = Abhandlungen der Am. Hist Rev. = American Historical Re-
Akademie der Wissenschaften view
ADB = Allgemeine Deutsche Biographie BA = Balkan-Archiv
AECO = Ardiivum Europae Centro- Biogr. Jb. = Biographisches Jahrbuch und
Orientalis deutscher Nekrolog
A. f. sl. Ph. = Archiv für slavische Philo- Byz.-neugr. Jbb. = Byzantinisch-neugrie-
logie chische Jahrbücher
AGÖ = Archiv für die Geschichte Öster- Byz. Z. = Byzantinische Zeitschrift
reichs CCH = Cesky Cäsopis Historicky
Alm. d.Ak.d. Wiss. = Almanach der Aka- DUHbll. = Deutsch-ungarische Heimat-
chemie der Wissenschaften blätter
424 SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS

E. d ' O . = Échos d ' O r i e n t SOF = Südost-Forschungen


Enz. d. Isl. = Enzyklopaedie des Islam Spomenik = Srpska Kraljevska
Gl. Z e m . M u z . = GlasnikZemaljskogMu- Akademija. Spomenik
zeja u Bosni i Hercegovini Studi biz. e neoell. = Studi bizantini e
Hdwb. d. G . u. A. = Handwörterbuch des neoellenici

Grenz- und Auslanddeutschtums S . Vjs = Siebenbürgische Vierteljahrs-


schrift
Hist. J b . = Historisches Jahrbuch
U n g . J b b . = Ungarische Jahrbücher
Hist. Z . = Historische Zeitschrift
Viz. V r . = Vizantijskij Vremennik
Jb. = Jahrbuch
W M B H = Wissenschaftliche Mitteilungen
Jbb. = Jahrbücher
aus Bosnien und der Herzegovina
J b b . f . G . O E s = Jahrbücher für Geschichte
Z. = Zeitschrift
Osteuropas
Z D M G = Zeitschrift der Deutschen M o r -
J b b . f. K . u. G . d. SI. = Jahrbücher für
genländischen Gesellschaft
Kultur und Geschichte der Slaven
Z . f. K G = Zeitschrift für Kirchen-
L . Vjs. f. S O E = Leipziger Vierteljahrs-
geschichte
schrift für Südosteuropa
Z . f. sl. Ph. = Zeitschrift für slavische Phi-
M I Ö G = Mitteilungen des Instituts für
lologie
österreichische Geschichtsforschung
m. n. e. = mehr nicht erschienen
BIBLIOGRAPHIEN
M Ö I G = Mitteilungen des österreichischen
Instituts für Geschichtsforschung A. Apponyi, Hungarica. Ungarn be-
M O G = Mitteilungen zur osmanischen treffende im Auslande gedruckte Bücher
Geschichte und Flugschriften. 1 - 4 . M ü 1903—1927.
O r . Chr. Per. = Orientalia Christiana Perio- G . A u b o y n e a u e t A. F é v r e t , Essai de
dica bibliographie pour servir à l'histoire de

PW = Pauly-Wissowa l'Empire O t t o m a n . Livres turcs, livres im-


primés à Constantinople, livres étrangers
R a d = Jugoslovenska Akademija. R a d .
à la T u r q u i e mais pouvant servir à son
R . d. et. sl. = Revue des études slaves
Histoire. I. Religion, moeurs et coutumes.
R H S E E = Revue historique du Sud-Est P a 1911. [m. n. e.]
Européen Black well's Byzantine H a n d List. A
R. hist. = Revue historique Catalogue of Byzantine authors and books
R I d E B = Revue Internationale des études on byzantine literature, history, religion,
balkaniques art, archaeology, etc. O x f o r d 1938.
R O C = Revue de l'Orient Chrétien R. Gragger, Bibliographia Hungariae

R O L = Revue de l'Orient Latin Histórica. Verzeichnis der 1861—192,1 er-


schienenen, U n g a r n betreffenden Schrif-
S B d. Ak. d. W i s s . = Sitzungsberichte der
ten in nichtungarischer Sprache. 1—4. B]
Akademie der Wissenschaften
u. L 1922.
Sem. Kond. = Seminarium Kondakovia-
M. Gunzenhäuser, (') Bibliographie
num
zur Geschichte Österreich-Ungarns 184-8
S O D F = Südostdeutsche Forschungen
SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS 425

bis 1914. St 1935. - (2) Bibliographie z u r L. R ä s o n y i , Ungarische Bibliographie


Geschichte der Nachfolgestaaten. St 1935. der Turkologie u n d der orientalisch-un-
garischen Beziehungen, 1926—1934. Bp
H . K â b d e b o , Bibliographie zur G e -
u. L 1935. [ = Körösi Csoma-Archivum,
schichte der beiden T ü r k e n b e l a g e r u n g e n
1. E r g ä n z u n g s b a n d , 1. H e f t ] ,
W i e n s 1529 u n d 1683. W 1876.
J. K e r t é s z , Bibliographie der H a b s b u r g - H . R é z , 0 ) Bibliographie der deutschen
L i t e r a t u r 1 2 1 8 - 1 9 3 4 . Bp 1934. Volkskunde in den K a r p a t h e n l ä n d e r n .
J. K l i k , Bibliographie vëdecké prâce o Reichenberg 1934. — ( 2 ) Bibliographie z u r
ceské minulosti za poslednich ctyricet Iet. Volkskunde der Donauschwaben. Bp
Rejstfik ceského casopisu historického 1935. — (3) Deutsche Z e i t u n g e n und Zeit-
schriften in U n g a r n vom Beginn bis 1918
1895—1934 [Bibliographie der wissen-
M ü 1935.
schaftlichen Arbeit ü b e r die tschechische
Vergangenheit innerhalb der letzten vier- M . S a e n g e r , Verzeichnis deutschspra-
zig Jahre.] P r 1935. chiger Bücher über Bulgarien: Bulgaria
É. L e g r a n d , 0 ) Bibliographie hellénique 1942, S. 3 3 5 - 3 8 2 .
ou description raisonnée des ouvrages L. S a v a d j i a n , Bibliographie balkanique.
publiés en G r e c p a r des Grecs a u X V e Pa'193'1 ff.
et XVIe siècles. 1 - 4 . Pa 1 8 8 5 - 1 9 0 6 . - W . S c h i n n e r , Bibliographie zur Ge-
0 ) Bibliographie hellénique . . . a u dix- schichte Ö s t e r r e i c h - U n g a r n s im W e l t k r i e g
septième siècle. 1 - 5 . P a 1 8 9 4 - 1 9 0 3 . - 1914—1918. St 1934.
( 3 ) Bibliographie I o n i e n n e . . . 1. 2. P a
A. V e r e s s , Bibliografia r o m ä n ä - u n g a r ä
1910. — W Bibliographie a l b a n a i s e . . .
[Rumänisch-ungarische Bibliographie]. 1
Pa 1912. — (5) Bibliographie hellénique
bis 3. Bk 1 9 3 1 - 1 9 3 5 .
. . . a u dix-huitième siècle. 1—2. P a 1918.
W . W o s t r y , Oberschau der sudeten-
1928.
deutschen Forschung 1918—1938: Z . f.
G . Fr. L i t s c h a u e r . Bibliographie z u r sudetendeutsche Geschichte 5 (1941)
Geschichte, Landes- u n d Volkskunde des 9-99.
Burgenlandes 1 8 0 0 - 1 9 2 9 . Lieferung 1 - 3 . *

Linz 193.3—1938. [ = Archiv f ü r Biblio-


graphie, Beiheft 8], [m. n. e.] Besonders ausführliche historische Schrift-
tumsverzeichnisse finden sich ferner bei:
E. L u k i n i c h , Les éditions des sources
D ö l g e r (0. K r u m b a c h e r . Macü-
de l'histoire hongroise 1854—1930. Bp
r e k . M o r a v c s i k TO. P f a n n m ü l l e r .
1931.
Uhlirz.
*N. V. M i c h o v , Naselenieto n a Turcija
i Bùlgarija p r ë z XVIII i X I X v. Biblio-
grafsko-statisticni izslëdvanija. — L a po-
pulation de la T u r q u i e et de la Bulgarie
au XVIIIc et X I X e s. Recherches biblio- F. A b e l o u s , L'évolution de la T u r q u i e
graphico-stastiques. So 1915. dans ses rapports avec les étrangers. Pa
J . M o r a v c s i k , Ungarische Bibliographie 1928.
der Turkologie u n d der orientalisch-un- A c t a et diplomata graeca medii aevi sacra
garischen Beziehungen, 1914—1925: Kö- et p r o f a n a edd. F. M i k l o s i c h et
rösi Csoma-Archivum 2 (1926) 199--236. J. M ü l l e r . 1 - 6 . W 1860-1890.
426 SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS

A c t a et diplomata res Albania e mediae A t t i l és hunjai [Attila und seine Hunnen].


aetatis illustrantia. Collegerunt et diges- Hrsg. v. Gy. N é m e t h . Bp 1940.
serunt L. de T h a l l ó c z y , C. J i r e c e k H . A u b i n , ( 0 Z u r Erforschung der deut-
et E. de S u f f l a y . 1. 2. W 1913. 1918. schen Ostbewegung L 1939. — (2) Deut-
sche und Tschechen. Die geschichtlichen
A d r i a t i c o s. R a n d i .
Grundlagen ihrer gegenseitigen Beziehun-
A. A l f öl d i , 0 ) Der Untergang der Rö- gen: Hist. Z. 160 (1939) 457—479.
merherrschaft in Pannonien 1.2. B1 u. Österreich-Ungarns A u ß e n p o l i t i k . Di-
L 1924. 1926. - (2) Funde aus der Hun- plomatische Aktenstücke des Österrei-
nenzeit und ihre ethnische Sonderung. chisch-Ungarischen Ministeriums des Äu-
Bp 1932.
ßeren. Ausgewählt von L. B i t t n e r , A.
F. A11 h e i m , Die Wanderung der Hun- F. P r i b a m , H. v. S r b i k u. H. U e b e r s -
nen: La Nouvelle Clio 1 (1949) 7 1 - 8 6 . b e r g e r . 1 - 9 . W 1930.
*
M . A m a r i , Storia dei musulmani di Si-
cilia 1 - 3 . Firence 1854-1872. F. B a b i n g e r , * (1) Die Geschichtsschrei-
ber der Osmanen und ihre Werke. L
A. M . A m m a n n S. J., Storia della chiesa
1927. - (2) Das Archiv desBosniaken Os-
russa e dei paesi limitrofi. Torino 1948.
man Pascha. Nach den Beständen der
J. A n c e l , (1) Manuel historique de la Badisdien Landesbibliothek zu Karlsruhe
question d'Orient (1792-1925). 5. éd. hrsg. u. erläutert. B1 1931.—s.a. D e r n -
Pa 1927. — (2) La Macédoine. Son évo- schwam. Hiltebrandt. Litera-
lution contemporaine. Pa 1930. turdenkmäler. Urudsch.
D. A n g y a l , C1) Die Geschichte der bos- A. B a c h m a n n , Geschichte Böhmens. 1.
nischen Krise: Ung. Jbb. 11 (1931) 410 2. Gotha 1899. 1905.
bis 418; 13 (1933) 1 9 - 5 3 . - (2) Das R. B a h r , Deutsches Schicksal im Südosten.
österreichische Staats- und Reichspro- Hamburg 1936. Volkstümlich.
bfem: Ung. Jbb. 3 (1923) 5 8 - 7 2 .
F. B a m b e r g , Geschichte der orientali-
P. A r a b a n t i n o s , Xpovorpcctpia tr^ç schen Angelegenheit im Zeitraum des
'Hirelpov. 1.2. A 1856. Pariser und des Berliner Friedens. B11888.

G . G . A r n a k e s , Ol jrpüjroi 'CKhouävoi. A. B a n d u r i, Imperium Orientale si ve an-


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SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS 427

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ten 1800—1923. Abriß der diplomatischen F r e i s i n g ] , Die germanischen Boden-
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•G. B e c k m a n n , Der Kampf Kaiser Sig- Nordmährens im 13. u. 14. Jh. Brünn
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Österreichs seit 1774. Pr 1883. - (2) A. v. B e r z e v i c z y , Der ungarische Land-
Die österreichische Politik in den Jahren tag von 1861: Ung. Jbb. .11 (1931) 15
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bis 373.
V. B e s e v l i e v , O) Pürvobulgarski nad-
F. A. B e h r n a u e r , Suleiman des Gesetz-
pisi. Uvod, tekst i komentar [Die proto-
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bulgarischen Inschriften. Einführung, Text
Wien. W 1858.
und Kommentar], So 1934. —Dazu: (2)
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rico-geographica, divisa in partes IV, qua- richtigungen], So 1936.
rum prima Hungariam Cis-Danubianam,
altera Trans-Danubianam, tertia Cis-Ti- H. I. Bi d e r m a n n , (1) Geschichte der
biscanam, quarta Trans-Tibiscanam uni- österreichischen Gesamtstaatsidee. 1526
versim XLVIII Comitatibus designatum bis 1804. 1.2. Innsbruck 1867. 1 8 8 9 . -
expromit. 1 - 4 . W . 1735-1742. [unvoll- (2) Entstehung und Bedeutung der Prag-
endet] matischen Sanktion: Z. f. das Privat-
und öffentliche Recht der Gegenwart.
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1875.
lexikon der Vorgeschichte 12 (B1 1928).
S. 251-273. J. B i d e z , Julian der Abtrünnige. Mü 1940.
E. B e n e s , (1) Der Aufstand der Natio- J. B i d l o , 0) Dijiny slovanstva [Geschichte
nen. Der Weltkrieg und die tschechoslo- des Slawentums]. Pr 1927. — (2) Jednota
wakische Revolution. B1 1928. — (2) Ge- Bratrskä v prvnim vyhnanstvi [Die Brü-
danke und Tat. Aus den Schriften und dergemeinde in der ersten Vertreibung],
Reden. 1 - 3 . Pr 1937. 1 - 3 . Pr 1900-1909.
428 SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS

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Raumes. 1. Von den A n f ä n g e n bis z u r la T u r q u i e d ' E u r o p e . 1 . 2 . W 1854.
hussitischen Kirchenerneuerung. Brünn H . B o w e n , British contributions to T u r -
1936. — (2) Deutsche u n d Tschechen. Eine kish Studies. Ln, N . Y. u. T o r o n t o 1945.
Erwiderung. Brünn 1938.
A. B r a c k m a n n , 0 ) D i e A n f ä n g e d e r
L. B i t t n e r , 0 ) Ö s t e r r e i c h - U n g a r n und Slavenmission u n d die renovatio imperii
Serbien: Hist. Z . 144 (1931) 7 8 - 1 0 4 . - des Jahres 800. B1 1931. - (2) Die An-
(2) [u. L. G r o ß] Repertorium der diplo- f ä n g e der abendländischen Kulturbewe-
matischen Vertreter aller L ä n d e r seit dem g u n g in Südosteuropa u n d deren T r ä g e r :
Westfälischen Frieden (1648). Bd. 1: Jbb. f. G . O E s 3 (1938) 1 8 5 - 2 1 5 .
1 6 4 8 - 1 7 1 5 . O l d e n b u r g u. B1 1936. -
K. B r a n d i , D e r byzantinische Kaiserbrief
s. a. A u ß e n p o l i t i k .
aus St. D e n i s : A . f . U r k u n d e n f o r s c h u n g 1
N . B . B l a c h o s : T ö ji<ike8ovikóvÚ35tpdoi^ (1908) 5 - 8 6 .
toó ávcttoXiKoC t,r)Ti^|iaT05 1878—1908. G . J. B r a t i a n u , (1) Études b y z a n t i n e s
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B l a k e s. L a n g e r . — (2) Actes des notaires génois de Péra
et de C a f f a de la fin du XIII« siècle (1281
M . B o g h i t s c h e w i t s c h , D i e auswärtige
bis 1290). Bk 1927. - (3) Recherches s u r
Politik Serbiens 1903-1914. 1-3. B1
le commerce génois dans la M e r N o i r e
1928-1931. au XIII« siècle. P a 1 9 2 0 . - W Les Véni-
B o j n i c i é s. K l a i é . tiens dans la M e r N o i r e a u X I V e siècle
après la deuxième guerre des détroits:
V. B o l o t o v , K istorii imperatora Irak-
E d ' O . 33 (1934) 1 4 8 - 1 5 9 . - (5) Privi-
Iija: [ Z u r Geschichte des Kaisers H e r a -
lèges et franchises municipales dans l'em-
kleios]: Viz. Vr. 14 (1907) 6 8 - 1 2 4 .
pire. Pa 1936. — W Empire et «démo-
E. B o n o m i , 0 ) Serbokraten im O f n e r cratie» à Byzance: Byz. Z . 37 ( 1 9 3 7 )
Bergland: S O D F 4 (1939) 5 6 - 6 9 . - 0 ) 86-111.
Die Ansiedlungszeit des O f n e r Berglan-
C. A. B r a t t e r , Die preussisch-türkische-
des: S O F 5 (1940) 4 0 3 - 4 7 2 .
Bündnispolitik Friedrichs d. G r o ß e n . W e i -
C. de B o o r , D e r Angriff der Rhos auf m a r 1915.
B y z a n z : Byz. Z . 4 (1895) 445—166. M . B r a u n , 0 ) „Kosovo." Die Schlacht auf
A. B o p p e , L'Albanie et N a p o l e o n (1797 dem Amselfelde in geschichtlicher u n d epi-
bis 1814). P a 1914. scher Überlieferung. L 1937. - (2) D i e
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J. B o r b i s , D i e evangelisch-lutherische u n g von der türkischen Herrschaft. L.
Kirche U n g a r n s in ihrer geschichtlichen 1941.
Entwicklung. N ö r d l i n g e n 1861.
H . B r a u n e r , D i e Geschichte des Slowa-
J. B o r c i a , Deutsche Sprachelemente im kentums als wissenschaftliches Problem
Rumänischen. L 1903. u n d als politische S t r e i t f r a g e : L. Vjs. f.
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Österreich: Österreich. Hrsg. v. N a d - L. B r é h i e r , (1) Le schisme oriental d u
l e r u. S r b i k , S. 2 6 3 - 3 1 4 . XI« siècle. P a 1899. — (2) Le développe-
SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS 429

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XVII e a u X X e siècle: Revue d'Auvergne u n d Gegenreformation im M u r g e b i e t u.
1901. — ( 3 ) Les colonies d ' O r i e n t a u x en im benachbarten K r o a t i e n ] . V a r a z d i n l 9 1 3 .
Occident a u commencement d u moyen-
V. B u c a r , Politicka istorija Slovenacke
âge. V e - V I I I e Siècle: Byz. Z . 12 (1903)
[Politische Geschichte Sloweniens], Bg
1—39. — ( 4 ) Histoire b y z a n t i n e (Bulletin
1939.
historique) : Revue historique 199 (1948)
252—272. (5) Le monde b y z a n t i n . 1. 2. J. A. B u c h o n , 0 ) Recherches et maté-
P a 1947. 1949. 1. Vie et mort d e By- riaux pour servir à une histoire de la do-
zance. 2. Les institutions de l'empire by- mination française dans les provinces dé-
zantin. menbrées de l'Empire grec. P a 1840. —
(2) Recherches historiques sur la princi-
L . B r e n t a n o , D e r wirtschaftende M e n s d i
p a u t é française de M o r é e . 1 . 2 . Pa 1845.
in der Geschichte. Gesammelte Reden
— (3) Histoire des conquêtes et de l'éta-
u n d Aufsätze. L 1 9 2 3 . S. 2 8 2 - 3 0 0 : „ O b e r
blissement des Français dans les États de
den vierten K r e u z z u g . "
l'ancienne G r è c e sons les Villehardouins.
*B. B r e t h o l z , 0 ) Geschichte Böhmens 1. P a 1846. [m. n . e.]
u n d M ä h r e n s . 1—4. Reichenberg 1921 bis
1923. — (2) Geschichte Böhmens u. M ä h - M . B u c s a y , D e r Einfluß der völkischen
rens bis z u m Aussterben der Premysliden Eigenart u n d des völkischen Kulturstan-
(1306) M ü u. L 1912. - (?) N e u e r e G e - des auf die Konfessionsbildung in der
schichte Böhmens. 1. G o t h a 1920. Reformationsgeschichte U n g a r n s : L. Vjs.
f . S O E 4 (1940). 6 3 - 7 7 .
J. B r o m b e r g , Toponymical a n d histo-
rical miscellanies on médiéval D o b r u d j a , E. Ch. B ü c h s e i , Die Fundamentalartikel
Bessarabia a n d Moldo-Wallachia : By- des Ministeriums Hohenwart-Schäffle von
zantion 12 (1937) 1 5 1 - 1 8 0 . 4 4 9 - ^ 7 5 ; 13 1871. Ein Beitrag z u m Problem des T r i a -
(1938) 9 - 7 1 . lismus im Habsburgerreich. Breslau 1941.
R. B r t â n , Barokovy slavizmus. P o r o v n a - F r . B u l i é , s. S t r e n a Buliciana.
vacia stüdlija z dejin slovanskej sloves-
J. B u r c k h a r d t , D i e Zeit Constantin des
nosti [Barocker Slawismus. Vergleichende
G r o ß e n . 5. Aufl. L 1927.
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schichte der Reformation u n d Gegenrefor- Ln 1912. — (2) History of t h e Later Ro-
mation in der Zips]. 1. Bp 1922 [m. n.e.] man Empire f r o m t h e d e a t h of Theodo-
sius I to the d e a t h of Justinian (A. D .
A. B r ü c k n e r , (1) R u ß l a n d s Politik im 395 to A . D . 565). 1 . 2 . Ln 1923. - (3)
Mittelmeer 1788 u n d 1789: Hist. Z . 27 T h e T u r c s in t h e 6 t h c e n t u r y : Engl. Hist.
(1872) 85—115. - (2) U n g a r n u n d Polen :
Rev. 12 (1897) 4 1 7 - 4 2 6 . — s. a. G i b -
U n g . Jbb. 4 (1924) 7 8 - 9 8 .
bon.
A. B r u n e a u , Traditions et politique de T h e T u r k i s h Letters of O g i e r Ghiselin de
la F r a n c e a u Levant. P a 1932. B u s b e c q imperial a m b a s s a d o r at Con-
F. B u c a r , Povijest reformacije i protu- stantinoble 1554—1562. N e w l y translated
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430 SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS

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ropa. Unter besonderer Berücksichtigung Oxford 1929.
der Türkenzeit. L 1938. M. G. A. F. C h o i s e u l - G o u f f i e r ,
* Voyage pittoresque de la Grèce. Pal782.
M. C l a a r , Die Entwicklung der venetia-
St. C a n k o v , Bülgarskata pravoslavna nischen Verfassung... 1172—1297. Mû
cerkva ot osvobozdenieto do nastojaste 1895.
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von der Befreiung bis zur Gegenwart],
1. Dalle origini al congresso di Berlino.
So 1939.
Torino 1934. [m. n. e.]
D. C a n t e m i r , Historia incrementorum
*V. C o r o v i é , 0) Istorija Jugoslavije [Ge-
atque decrementorum aulae othomanicae schichte Jugoslawiens]. Bg 1933. — 0 )
(engl, übers. 1734, franz. übers. 1743, Istorija Bosne [Geschichte Bosniens], Bg
deutsche Ubers. 1745). 1940.
G. C a r o, Genua und die Mächte am Mit- *R. C r a e m e r , Deutschtum im Völker-
telmeer 1257-1311. Halle 1895. raum. Geistesgeschichte der ostdeutschen
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von den Anfängen bis zur Höhe der D. C r â n j a l a , Rumunské vlivy v Karpa-
Weltherrschaft. 2. Bd. : Das Papsttum un- tech se zvlastnim zretelem k Moravskému
ter byzantinischer Herrschaft. Tübingen Valassku [Rumänische Einflüsse in den
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St. C a s s o n , Macedonia, Thrace and II- gung der Mährischen Walachei]. Pr 1938.
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lip, son of Amyntas. Oxford 1926. independence. A study of British Policy
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tion normande en Italie et en Sicile. 1. 2. 1930.
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V. C h a l o u p e c k y , (0 Staré Slovensko St. v. C s e k e y , Uber das handschriftliche
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(2) Stredovéki listy ze Slovenska. Sbirka Sanktion: Archiv des öffentlichen Rechts
listû a listin, psanych jazykem nàrodnim 36 0917) 133-230.
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Slowakei. Sammlung von Briefen und 2. verm. Aufl. übers, von M. D a r v a i .
Schriftstücken, die in der Volkssprache 1.2. B1 1899.
abgefaßt sind], Bratislava, Pr 1937. D . C u c h l e v , Istorja na bülgarskata cerkva
*E. C h a r r i è r e , Négociations de la Fran- [Geschichte der bulgarischen Kirche]. 1.
ce dans le Levant ou correspondances, So 1910. [m.n. e.]
mémoires et actes diplomatiques... 1—4. V. C u i n e t , La Turquie d'Asie. Géogra-
Pa 1848-186a phie administrative, statistique descrip-
SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS 431

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1851. bis 1740. Klagenfurt 1940.
J. C v i j i c , (0 La peninsule balcanique. J. D e é r , * 0) Heidnisches und Christliches
Geographie humaine. P a l 9 1 8 . - * ( 2 ) ßal- in der altungarischen Monarchie: Acta
kansko poluostrov i juznoslovenske zem- litt, ae scient. Reg. Univ. Hung. Fran-
lje. Osnove antropogeografije. [Die Bal- cisco- Josephinae, Sectio geogr.-hist. 1,2
kanhalbinsel und die südslawischen Län- (Szeged 1934) 33-151. - (2) Die An-
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graphie], 1.2. Bg 1922. 1931. meinschaft: AECO 2 (1936) 5—45. — 0)
B. C z e r w e n k a , Geschichte der evange- Die dalmatinische Munizipalverfassung
lischen Kirche in Böhmen. 1.2. Bielefeld unter der ungarischen Herrschaft bis zur
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C. L. v. C z o e r n i g , Ethnographie der Ol 931) 377-38.7.
Österreich-ungarischen Monarchie 1—3. J. D e l a v i l l e l e R o u l x , La France en
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E. C z u c z k a , Die kulturgemeinschaftli- E. D e n i s , 0) La Bohême depuis La Mon-
chen Beziehungen der Deutschen und
tagne Blanche. 2. éd. 1. 2. Pa 1902. 1903.
Tschechen. Weinböhla 1925.
— O) Huss et la guerre des Hussites. Pa
*
1930. — (3) Fin de l'Indépendance Bo-
A. D a b i n o v i c . Hrvatska drzavna i hême. 2. éd. 1. 2. Pa 1890.
pravna povijest [Kroatische Staats- und
D. C. D e n n e t t , Pirenne and Muham-
Rechtsgeschichte]. Z 1940.
mad: Spéculum 23 (1948) 165-190.
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der lateinischen Herrschaft in Konstan- M. D e p n e r , Das Fürstentum Siebenbür-
tinopel im Rahmen der abendländischen gen im Kampf gegen Habsburg. St 1938.
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tum. 2. Aufl. Bk 194-3. ger-Archiv hrsg. und erläutert von F. B a -
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schen Protestantismus. Sammelbericht üb. — (2) Die Wandalen und die Goten in
die Epoche 1918-1938: A. f. Reforma- Ungarn und Rumänien. L 1923.
432 SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS

L. D i e f e n b a c h , Völkerkunde Osteuro- Bl 1927. — (<) Chronologisches und Pro-


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1880. schichte des 13. Jahrhunderts: Byz. Z. 27
C h . D i e h l , *(1) Histoire de l'empire (1927) 291—320. - CT Johannes VII.,
byzantin. Pa'1920. — Manuel d'art Kaiser der Rhomäer 1390-1408: Byz. Z.
byzantin. 2. éd. 1. 2. Pa 1925. 1926 - (3) 31 (193-1) 21-36. - W Die Chronologie
Les études byzantines en France: Byz. des großen Feldzuges des Kaisers Johan-
Z. 9 (1900) 1 - 1 3 . - W Figures byzan- nes Tzimiskes gegen die Russen: Byz. Z.
tines. 1. 2. Pa 1906. 1908 - (5) Venise, 32 (1932) 275-292. (?) Die mittelalter-
une république patricienne. Pa 1915 — liche Kultur auf dem Balkan (die Periode
(6) [u. G. M a r ç a i s]. Le monde oriental von der Gründung der unabhängigen
de 395 à 1081. Pa 1936. - (?) Les grands Staaten bis zur Türkenherrschaft): RIdEB
problèmes de l'Histoire Byzantine. Pa 1 (1934/5) 446-462. - (8) Die Kaiserur-
194.3. — (8) Justinien et la civilisation by- kunde der Byzantiner als Ausdruck ihrer
zantine au VI e siècle. Pa 1901. politischen Anschauungen: Hist. Z. 159
P. D i e l s, Slaven. B. Sprache: Reallexi- (1939) 229-250. - (9) Die „Familie der
kon der Vorgeschichte 12 (BI 1928) S. Könige" im Mittelalter: Hist. Jb. 60
273-291. (1940) 397—420. - 0°) Ungarn in der
K. D i e t e r i c h , 0) Hellenistische Volks- byzantinischen Reichspolitik. Bp 1942.
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— (2) Zur Kulturgeographie und Kultur- slowenischen Gebietes], Ljubljana 1935.
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und Germanen. Bp 1938.
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' D o c u m e n t a historiam Valachorum in ale Grundlagen der europäischen Kultur-
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1400 p. Chr. Curante E. L u k i n i c h et auf Karl d. Gr. 1. 2. 2. Aufl. W 1923.
adjuvante L. G â 1 d i ediderunt A. F e - 1924. - W Die ältere Sozial- und Wirt-
k e t e - N a g y et L. M ä k k a i . Buda- schaftsverfassung der Alpenslaven. Wei-
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kunden des oströmischen Reiches von 565 das Reich. Neun Jahrhunderte deutsch-
bis 1453. 1 - 3 . Mü u. Bl 1924-1932., ukrainischer Beziehungen im Spiegel der
mehr noch nicht erschienen. — (2) Facsi- deutschen Wissenschaft und Literatur.
miles byzantinischer Kaiserurkunden... L 1942.
zusammengestellt, beschrieben, erläutert K. S. D r a g a n o v i c , Massenübertritte
und in Umschrift wiedergegeben. M ü von Katholiken zur „Orthodoxie" im
1931. —(3) Beiträge zur Geschichte der kroatischen Staatsgebiet zur Zeit der
byzantinischen Finanzverwaltung beson- Türkenherrschaft: Or. Chr. Per. 3 (1937)
ders des 10. und 11. Jahrhunderts. L u. 181-232.
SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS 433

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bis XIV pe bazä toponimiei ji a onoma- I. D u j c e v , (') Avvisi di Ragusa. Docu-
sticei. [Die Rumänen im 9—14. Jh. auf menti sull'imperio turco nel sec. XVII e
Grund der Orts- und Personennamen], sulla guerra di Candia. R 1935. - (2) Il
Bk 1933. cattolicesimo in Bulgaria nel sec. XVII se-
É. D r i a u l t , O) La question d'Orient de- condo i processi informativi sulla nomina
puis ses origines jusqu' à la paix de dei vescovi cattolici. R 1937. — ® Proto-
Sèvres (1920). 8. éd. Pa 1921. - P) [u. bulgares et Slaves (sur le problème de la
M . L h é r i t i e r ] , Histoire diplomatique formation de l'État bulgare) : Sem Kond.
de la Grèce de 1821 à nos jours. 1—5. 10 (1938) 145-154. - W Die bulga-
Pa 1925-1926. rische Geschichtsforschung während des
M . S. D r i n o v , Socinenija [Werke], 1 letzten Vierteljahrhunderts (1918 bis
So 1909) S. 1 3 9 - 3 1 6 : Zaselenie Balkan- 1942): S O F 7 (1942) 5 4 6 - 5 7 3 .
skago Poluostrova Slavjanami [Die Be- L. D u r k o w i c z - J a k s z i c z , Petar II.
siedlung der Balkanhalbinsel durch die Petrovic-Njegos ( 1 8 1 3 - 1 8 5 1 ) . W a r s -
Slawen], zawa 1938.
*Ch. D u c a n g e ( D u F r e s n e ) , (1) Hi- *F. D v o r n i k , 0 ) Les slaves, Byzance et
storia byzantina duplici commentario illu- Rome au IXe siècle. Pa 1926. - © Les
strata. Pa 1680. [Dieses noch immer un- legendes de Constantin et de Methode
entbehrliche W e r k besteht aus zwei Tei- vues de Byzance. P r 1933. — ( 3 ) T h e
len mit gesonderter Seitenzählung, die Photian shism. History and legend. Cam-
häufig auch unter ihren Sondertiteln an- bridge 1948.
geführt werden : a) Familiae augustae by-
zantinae seu stemmata imperatorum Con- E. E b e l , Rumänien und die Mittelmächte
stan. b) Constantinopolis Christiana seu von der russisch-türkischen Krise 1877/78
descriptio urbis Constantinopolitanae bis zum Bukarester Frieden vom 10. Au-
qualis extitit sub imperatoribus christia- gust 1913. B1 1939.
nis.] — ( 2 ) Histoire de l'empire de Con- H. O. E b e r l , Jakob Ph. Fallmerayers
stantinoble sous les empereurs françois. Schriften in ihrer Bedeutung f ü r die histo-
Pa 1668. — ( 3 ) Les familles d'outre-mer. rische Erkenntnis des graeko-slavischen
Pubi, par R R e y . Pa 1869. - 00 Glossa- Kulturkreises B1 1930. [Diss. Kiel].
rium ad scriptores mediae et infimae
M . E b e r t , Siidrußland im Altertum.
graecitatis. P a 1678.
Bonn n. L 1921.
L. D u c h e s n e , * ( 0 Histoire ancienne de
W . E b e r t s. K ö t z s c h k e .
l'église. 2. éd. 1 - 3 . Pa 1906-1910. - 0)
L'église an Vie siècle. Pa 1925. - (3) A. E c k h a r d t , Das Ungarnbild in Eu-
L'Illyricum ecclésiatique.-By. Z . 1 (1892). ropa: Ung. Jbb. 22 (1942) 152-185.
531-550. F. E c k h a r t , s. a. T a k ä t s
H. W . D u d a , Balkantürkische Studien. G. E d e r , Die Reformvorschläge Kaiser
W 194/9. Ferdinands I. auf dem Konzil von Trient.
1. Münster i. W . 1911.
E. D ü m m l e r , , Ober die älteste Ge-
schichte der Slaven in Dalmatien: SB d. *A. E h r h a r d , Uberlieferung und Bestand
Ak. d. Wiss. Wien, Phil.-hist. Kl. 20 der hagiographischen und homiletischen
(1856) 3 5 3 - 4 2 9 . Literatur der griechischen Kirche von den

28 Stadtmüller, Geschichte Südosteuropas


434 SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS

Anfängen bis zum Ende des 16. Jahrhun- quarti belli sacri imperiique gallo-graeci
derts. 1 - 3 . L 1936. illustrantium. 1—3. Genevae 1877 — Pa
F. E i c h m a n n , Die Reformen des osma- 1904. [Bd. 1. 2. hrsg. v. P. R i a n t , Bd. 3
nischen Reiches mit besonderer Berück- hrsg. v. F. de M e l y ] .
sichtigung des Verhältnisses der Christen J. Ph. F a l l m e r a y e r , (0 Geschichte des
des Orients zur türkischen Herrschaft. Kaisertums zu Trapezunt. Mü 1827. —
B1 1858. (V Geschichte der Halbinsel Morea wäh-
L. E i s e n m a n n , Le compromis austro- rend des Mittelalters. St und Tübingen
hongrois de 1867. Étude sur le dualisme. 1830. — (3) Fragmente aus dem Orient.
Pa 1904. 2. Aufl. St 1877.
J. E i s n e r , Slovensko v pravëku [Die A. F a n t a , Die Verträge der Kaiser mit
Slowakei in der Vorzeit]. Bratislava 1933. Venedig bis zum Jahre 983 -. MIÖG, Er-
L. E l e k e s , Die Anfänge der rumänischen gänzungsband 1 (1885) 51-128.
Gesellschaft. Versuch einer rumänischen
J. v. F a r k a s, (!) Die Entwicklung der un-
Entwicklungsgeschichte im XIII—XVI. Jh. :
garischen Literatur. B1 1934. — (V Der
AECO 7 (1941) 361-488.
Freiheitskampf des ungarischen Geistes
M. E m e r i t , Les paysans roumains de-
1867-1914. Ein Kapitel aus der Ge-
puis le traité d'Andrinople jusqu'à la li-
schichte der neueren ungarischen Litera-
bération des terres (1829-1864). Pa 1937.
tur. B1 1940. - (3) Die Struktur der füh-
' E m l é k k o n y v , Szent István király ha- renden geistigen Schichten in Ungarn,
lálának kilencszázadik évfordulóján [Ge- 1-867-1900: Ung. Jbb. 19 (1939) 11 bis
denkbuch zum 900. Todesjahr des hl. Kö- 50. — (4) Der ungarische Vormärz. Petöfls
nigs Stephan], Bp 1938. Zeitalter: Ung. Jbb. 23 (1943) 5-186.
*J. Ch. v. E n g e l , (!) Geschichte des un-
E. F a u s e 1, Das Zipser Deutschtum. Jena
garischen Reiches und seiner Nebenlän-
1927.
der. 1 - 4 . Halle 1797-1804. - G> Ge-
schichte des Königreiches Ungarn. 1—5. G. F e h e r , Les monuments de la culture
W 1812-1813. — (3) Geschichte von Ha- protobulgare et Ieurs relations hongroi-
litsch und Wladimir bis 1772. 1.2. W ses. Bp 11931. — (2) Attilas Sohn: Irnik.
1792. 1793. - (4) Geschichte des Frei- Zur Frage der ungarischen und bulgari-
staates Ragusa. W 1807. schen Hunnenüberlieferung: Ung. Jbb.
15 (1935) 408-432.
*E. E n g e l h a r d t , La Turquie et le tan-
zimat ou histoire des réformes dans l'em- G. F e j e r , Codex diplomaticus Hunga-
pire ottoman depuis 1826 jusqu'à nos riae ecclesiasticus et civilis. 1—40. Bp
jours. 1.2. Pa 1882.1884. 1827—1835. Dazu 2 Registerbände und
ein Index alphabeticus. Bp 1866.
W. E n ß l i n , (1) Slaveneinfälle: P W I I , 5
(St 1927) Sp. 697-706. - (?) Theoderich L. F e k e t e, Einführung in die osmanisch-
der Große. Mü 1947. türkische Diplomatik der türkischen Bot-
mäßigkeit in Ungarn. Bp 1926.
C. E r d m a n n , Die Entstehung des Kreuz-
zugsgedankens. St 1935. A. F e k e t e - N a g y , A Szepesseg te-
E x u v i a e sacrae constantinopolitanae. rületi es- tärsadalmi kialakuläsa [Die ge-
Fasciculus documentorum minorum, ad bietsmäßige und gesellschaftliche Ent-
byzantina lipsana in Occidentem saeculo wicklung der Zips], Bp 1934. — s. a D o -
XIIIo translata, spectantium et historiam cumenta.
SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS 435

J . F e l d m a n , Polska a sprawa wschodnia A . F o u r n i e r , Z u r Entstehungsgeschichte


1 7 0 9 - 1 7 1 4 [Polen und die orientalische der pragmatischen Sanktion Kaiser Karl's
Frage 1 7 0 9 - 1 7 1 4 ] , Krakow 1926. VI.: Hist. Z . 38 (1877) 1 6 - 4 7 .
I. A. F e s s i e r , Geschichte der U n g a r n V. F r a k n ó i , Pâzmâny Péter. 1 5 7 0 - 1 6 3 7 .
und ihrer Landsassen. 1—10. L 1815 bis Bp.1886.
1825. 2. Aufl. u. d. T . : Geschichte von E. F r a n k , K u r z e Besiedlungsgeschichte
Ungarn. 1 - 5 . 2. Aufl. L 1 8 6 7 - 1 8 8 3 . d. Sudetenländer. 2. Aufl. K a r l s b a d 1935.
N F e t t i c h , A levediai m a g y a r s â g a
L . F r a n z , Beiträge zur Vor- und Früh-
régészet megvilâgitâsâban [ D a ? M a d j a -
geschichte Böhmens. Pr 1935.
rentum von Levedia in archäologischer
Beleuchtung]: S z ä z a d o k 67 (1933) 250 Freisings. Beninger.
bis 276. 3 6 9 - 3 9 9 . * H . F r i e d j u n g , Österreich von 1848
bis 1860. 1 . 2 . St u. B1 1908. 1912.
O . F i e b i g e r u. L. S c h m i d t , Insdirif-
tensammlung zur Geschichte der Ostger- Fr. F u c h s , D i e höheren Schulen von
manen. W 1 9 1 7 . [Denkschriften der Ak. Konstantinopel im Mittelalter. L u. B1
d. Wiss. Wien, Phil.-hist. Kl 60, 3], 1926.
*
B. F i l o v , Geschichte der altbulgarischen
Kunst bis zur Eroberung des bulgarischen L. G â I d i , 0 ) Les mots d'origine néo-grec-
Reiches durch die Türken. B1 u. L 1932. que en roumain à I'e'poque des Phana-
* G . F i n l a y , A History of G r e e c e from riotes. Bp 1939. - O) L'influsso dell'uma-
its conquest by the Romans to the pré- nesimo ungherese sul pensiero rumeno:
sent time. 1—7. O x f o r d 1877. A E C O 6 (1940) 2 4 2 - 3 1 1 . - (3) Unga-
risch-rumänische Kulturbeziehungen :
A . F l e g l e r , Beiträge zur W ü r d i g u n g der
Ung. J b b . 21 (1941) 5 6 - 9 7 . - s. a. D o -
ungarischen Geschichtsschreibung- Hist.
cumenta.
Z. 17 (1867) 3 1 8 - 3 9 5 ; 18 (1867) 235
bis 282; 19 (1868) 264—346. E. G a m i 11 s c h e g , (1) Randbemerkungen
zum Rumänischen Sprachatlas. BI 1941.
M. F l i e g e n s c h m i d t , Deutschlands
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Orientpolitik im ersten Reichsjahrzehnt.
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und Südosteuropa: Kyrios 1936, S . 245 I e r jusqu'à la prise de Bari par les N o r -
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28*
436 SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS

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9 1 1 - 1 0 6 7 . - © Der Patriarchat von
poetry. 1 - 6 . Ln 1900-1909.
Achrida. L 1902. - (3) Genesis der by-
zantinischen Themenverfassung. L 1 8 9 9 . *E. G i b b o n , The history of the decline
and fall of the roman empire. Edited in
— (4) Ausgewählte kleine Schriften. L
seven volumes with introduction, notes,
1907. — (5) Byzantinische Kulturgeschich-
appendices, and index by J. B. Bury. 1—7.
te. Tübingen 1909.
Ln 1896-1900 (Erstausgabe in 6 Bän-
Chr. G e r a r d , Les Bulgares de la Volga
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races et les barbares. Pa 1939. H. A. G i b b o n s , The foundation of the
Ottoman Empire. A history of the Os-
D. G e r h a r d t , Das Gotische in der Krim :
manlis up to the death of BayezidI (1300
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bis 1403). O x f o r d 1916.
St. G e r l a c h [d. Ältere], Tage-Buch der
F. G i e s e , 0) Einleitung zu meiner Text-
. . . glücklichst-vollbrachter Gesandtschaft.
ausgabe der altosmanischen anonymen
Fr 1674.
Chroniken te'wärlh-i äl-i ' o j m ä n : M O G
E. G e r l a n d , 0) Geschichte des lateini-
1 (1921/22) 4 9 - 7 5 . - (2) Die altosmani-
schen Kaiserreiches von Konstantinopel.
schen anonymen Chroniken „Tawärih äl
1. Teil : Geschichte der Kaiser Balduin I.
' U t m ä n " . In Text und Obersetzung her-
u. Heinrich 1204—1216. Homburg 1905.
ausgegeben. Teil 1: Text und Varianten-
[m. n. e.] — ( 2 ) Die Feldzüge des Kaisers
verzeichnis. Breslau 1922. Teil 2: L 1925.
Herakleios: Byz. Z. 3 (1894) 3 3 0 - 3 7 3 .
— (3) Das Seniorat im osmanischen Herr-
— (3) Kreta als venezianische Kolonie:
scherhause: M O G 2 (1923/26) 248 bis
Hist. Jb. 20 (1899) 1 - 2 4 . - (4) Das Ar-
256. — W Die geschichtlichen Grundlagen
chiv des Herzogs von Kandia im König-
f ü r die Stellung der christlichen Unter-
lichen Staatsarchiv zu Venedig. Straß-
tanen im osmanischen Reich: Der Islam
burg 1899. — (5) Histoire de la noblesse
19 (193-1) 2 6 4 - 2 7 7 .
Cretoise au moyen âge: R O L 10 (1905)
1 7 2 - 2 4 7 ; 11 (1907) 7 - 1 4 4 . - K> D a s H.-E. G i e s e c k e , Die Ostgermanen und
Studium der byzantinischen Geschichte der Arianismus. L u. B1 1939.
vom Humanismus bis zur Jetztzeit. W . G i e s l , Zwei Jahrzehnte im nahen
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SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS 437

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vi c.
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Nach den Urkunden der Geheimarchive
P. G y l l i u s , D e topographia Constanti-
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438 SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS

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1 - 1 0 . Bp 1 8 2 7 - 1 8 3 5 . - *(3) Dasselbe. A. H a s e n c l e v e r , Die orientalische F r a -
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SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS 439

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verfassung und Bevölkerungsentwicklung P. H e r r e , Rumäniens Vertrags Verhältnis
im 19. und 20. Jahrhundert. St 1939. zum Dreibund: Hist.Z. 118 (1917) 63
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des neunten: M I Ö G 3 6 (1915) 229-287. lands von der Erhebung der Neugriechen
— (2) Prihod Hrvatov [Die Einwande- gegen die Pforte bis zum Berliner Frie-
rung der Kroaten]: Strena Buliciana — den. Gotha 1879. - Dazu für (2) u. (3)
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440 SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS

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triarchen und römische Päpste. Untersu- Uberblick über die Schicksale von Ka-
chungen und Texte. 1 - 3 . R 1928-1934. rystos auf Euböa in dem Zeiträume von
— ( 2 ) Vescovadi cattolici della Grecia. 1 2 0 5 - 1 4 7 0 : SB d. Ak. d. Wiss. Wien,
1—5. R1934—1941. — (3) II vicariato apo- Phil.-hist. Kl. 11 (1853) 5 5 5 - 6 0 6 . - <7>
SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS 441

Walther von Brienne, Herzog von Athen: 1 (1936) 147-159; 2 (1937) 119-138.
Raumers historisches Taschenbuch 1854, SOF 7 (1942) 456-469.
301—400. *

J. v. H o r m a y r , österreichischerPlutarch K. J a b e r g , Der rumänische Sprachatlas


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E. de H u r m u z a k i , Documente privitöre (1903) 78-125. - (2) Beiträge zur Ver-
la istoria Romänilor [Urkunden zur Ge- waltungsgeschichte Kandias im XIV. Jahr-
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442 SCHRIFTTUMS VERZEICHNIS

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Geschichte d. Bulgaren. Pr 1876. - (4) Die 922. — (4) Histoire des états balkaniques
Heerstraße v. Belgrad nach Konstantino- jusqu'à 1924. Pa 1925. - (5) Geschichte
pel und die Balkanpässe. Eine historisch- der Rumänen und ihrer Kultur. Hermann-
geographische Studie. Pr 1«77. - (*) Die stadt 1929. — (6) Byzance après Byzance.
Handelsstraßen und Bergwerke von Ser- Continuation de l'„Histoire de la vie by-
bien und Bosnien während des Mittelal- zantine". Bk 1935. — ( 7 ) Latins et Grecs
ters. Pr 1879. [ = Abhandlungen der Kö- d'Orient et l'établissement des Turcs en
nigl. Böhmischen Gesellschaft der Wis- Europe (1342-1362) : Byz. Z. 15 (1906)
senschaften VI. Folge, 10], - (6) Die Be- 179-222. - (8) Brève histoire de l'Al-
deutung Ragusas in der Handelsgeschichte banie et du peuple albanais. Bk 1919. —
des Mittelalters. W 1899. - (?) Die Ro- (S) La place des roumains dans l'histoire
manen in den Städten Dalmatiens wäh- universelle. 1 - 3 . Bk 1935. - *00) Hi-
rend des Mittelalters. 1 - 3 . W 1901 bis stoire des Roumains et de la Romanité
1904. [ = Denkschriften d. Ak. d. Wiss. orientale. 1 - 6 . Bk 1937-1940.
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446 SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS

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SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS 447

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SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS 455

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456 SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS

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Venedig und das Deutsche Reich von bürgens bis zum Tatareneinfall: L Vjs. f.
9 8 3 - 1 0 2 4 : Hist. Z . 151 (1935) 229 bis S O E 1,1 (1937) 1 4 - 5 3 . - 0) Der poli-
117. — ( 3 ) Die Unterwerfung Venedigs tische und kirchliche A u f b a u Siebenbür-
durch Otto II. (983) : Hist. Z . 153 (1936) gens bis zum Ende des Arpadenreiches:
538-544. L. Vjs. f. SOE 2 (1938) 1 - 5 5 .
P . E . S c h r a m m , 0 ) Kaiser, Basileus und
W . F. C. S c h m e i d l e r , Geschichte des
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129 (1924) 4 2 4 - 4 7 5 . - (2) N e u n Briefe
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berg 1877.
seiner Reise zu O t t o III. aus den Jahren
E. S c h m i d t , Die verfassungsrechtliche 9 9 7 - 9 9 8 : Byz. Z. 25 (1925) 8 9 - 1 0 5 . -
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Staates in ihrer historischen Entwicklung. und Texte zur Geschichte des römischen
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turstreit. 1.2. L I 929.
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2. Aufl. M ü 1934. [2] Die Westgerma- und Mährens. B1 u. L 192,8-1929.
nen. 1.2,1. M ü 1938. 1940. - (3) Ge- W . S c h r ö d e r , England, Europa und der
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460 SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS

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Breslau 1929. [behandelt nur die Stadt schen Landnahmezeit in Ostgermanien.
Gran], — (3) Ungarn in der Missions- Ein kritischer Überblick des derzeitigen
und Kirchenpolitik der sächsischen Kaiser: Forschungsstandes: M Ö I G 43 (1929)
D U H b l l . 1 (1929) 6 5 - 7 1 . 1 1 9 - 1 2 3 . - 187-260. - (2) Die Ortsnamen der Sude-
(4) Österreichs Bevölkerungspolitik unter tenländer als Geschichtsquelle. M ü 1931.
M a r i a Theresia. 1. B1 1935 [m. n. e.]
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recht bis zum 10. Jahrhundert: Byz. Z. 7 kata archiepiskopija-patriarchija ot pada-
(1898) 5 1 1 - 5 5 7 . neto ì pod turcitë do nejnoto unistozenie
M . S i l b e r s c h m i d t , D a s orientalische (1394-1767). [Geschichte des Erzbistums
Problem zur Zeit der Entstehung des und Patriarchats Ochrid von seinem Fall
türkischen Reiches nach venezianischen unter die Türkenherrschaft bis zu seiner
Quellen. Ein Beitrag zur Geschichte der Aufhebung 1394-1767], So 1931.
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erweitert, [m. n. e.]. — (3) Genesis des hi- B. S p u l e r , 0) Europäische Diplomaten in
storischen Begriffes „Dalmatien": S O D F Konstantinopel bis zum Frieden von Bel-
3 (1938) 6 6 7 - 6 7 3 . grad (1739): Jbb. f. K. u. G. d. SI. N . F.
V . S k a r i c , Porijeklo pravoslavnogo naro- 11 (1935) 5 3 - 1 1 5 . 1 7 1 - 2 2 2 . 3 1 3 - 3 6 6 .
da u sjeverozapadnoj Bosni [Die Her- Jbb. f. G . O E s 1 (1936) 2 2 9 - 2 6 2 . 383 bis
k u n f t der orthodoxen Bevölkerung im 440. — (2) Die Minderheitenschulen der
462 SCHRIFTTUMSVERZE1CHNIS

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bis zum Weltkrieg (mit einer Einleitung Kunststätten. A 1944. S. 42—158.
über das türkische <mohammedanische>
K. S t ä h l i n , Der diplomatische Kampf
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in der jüngsten Balkankrisis : Hist. Z. 104
Außenpolitik der Goldenen Horde. Die
(1910) 8 0 - 1 1 3 .
Horde als Großmacht in Osteuropa und
Vorderasien: Jbb. f. G. OEs 5 (1940) 1 N . S t a n e f f , Geschichte der Bulgaren.
bis 75. — (*) Die Außenpolitik der Gol- 2. Teil : Vom Beginn der Türkenzeit bis
denen Horde. Die Horde als Glied des zur Gegenwart. L 1917.
osteuropäischen Staatensystems: Jbb. f. G . St. S t a n o j e v i c , (1) Die Biographie Ste-
OEs 5 (1940) 2 7 9 - 3 6 5 . - CO Die Gol- phan Lazarevics von Konstantin dem Phi-
dene Horde. Die Mongolen in Rußland losophen als Geschichtsquelle: A . f . s l . P h .
1223-1502. L 1943. 18 (1896) 4 0 9 - 4 7 2 . - (2) Vizantija i
*H. v. S r b i k , 0 ) Österreich in der deut- Srbi [Byzanz und die Serben] 1. 2. Novi
schen Geschichte. 3. Aufl. M ü 1933. - (2) Sad 1903. 1906. [ = Knjige matice srpske
Wallensteins Ende. W 1 9 2 0 . - ( 3 ) Metter- 7—8. 14—15]. — (3) Istorija srpskog na-
nich. Der Staatsmann und der Mensch. roda u srednjem veku. I. Izvori i istorio-
1. 2. M ü 1925. — (*) Der Ideengehalt des grafija. 1. O izvorima [Geschichte des
„Metternichschen Systems": Hist. Z. 131 serbischen Volkes im Mittelalter. I. Quel-
(1925) 2 4 0 - 2 6 2 . - (5) Franz Joseph I. len und Historiographie. 1. U b e r die
Charakter und Regierungsgrundsätze: Quellen], Bg 1937. [m. n . e.]
Hist. Z. 144(1931) 5 0 9 - 5 2 6 . - W Deut-
S t a u f f e n b e r g s. S c h e n k v. S t a u f -
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Heiligen Reich bis Königgrätz. 1. 2. M ü
1935. —s. a. A u ß e n p o l i t i k . Ö s t e r - E . S t e i n , *(') Geschichte des spätrömi-
reich. schen Reiches. 1. W 1928 [m. n. e.]. - 0)
Untersuchungen zur spätbyzantinischen
G. S t a d t m ü l l e r , *0) Osmanische Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte:
Reichsgeschichte und balkanische Volks- M O G 2 (1923/25) 1 - 6 2 . - (3) Studien
geschichte: L. Vjs. f. S O E 3 (1939) 1 - 2 4 . zur Geschichte des byzantinischen Rei-
— *(2) Forschungen zur albanischen Früh- ches vornehmlich unter den Kaisern Ju-
geschichte: A E C 0 7 (1941) 1 - 1 9 6 . - (3) stinus II. und Tiberius Constantinus. St
Michael Choniates, Metropolit von Athen 1919. — ( 4 ) Die byzantinische Geschichts-
(ca. 1138—ca. 1222). R 1934. - (4) Z u r wissenschaft im letzten halben Jahrhun-
mittelalterlichen Kirchengeschichte der dert: N e u e Jahrbücher 43 (1919) 480 bis
Balkanhalbinsel: Römische Quartalschrift 493. — W Ein Kapitel vom persischen
44(1936) 1 2 3 - 1 3 1 . - W Landschaft und und vom byzantinischen Staate: Byz.-
Geschichte im albanisch-epirotischen neugr. Jbb. 1 (1920) 5 0 - 8 9 . - s. a. O s -
Raum: RIdEB 3 (1938) 3 4 5 - 3 7 0 . - (6) trogorsky.
Die albanische Volkstumsgeschichte als
Forschungsproblem: L. Vjs. f. S O E 5 H . S t e i n a c k e r , Österreich-Ungarn und
(1941) 5 8 - 8 0 . —CTDie Christianisierung Osteuropa: Hist. Z . 128 (1923) 3 7 7 - 4 1 7 .
Südosteuropas als Forsdiungsproblem: W . S t e i n h a u s e r , Die Ortsnamen des
Kyrios 6 (1943) 6 1 - 1 0 2 . - ( 8 ) Die Ge- Burgenlandes als siedlungsgeschichtliche
schichte [des Peloponnes].: D e r Pelo- Quellen: M Ö I G 45 (1931) 2 8 1 - 3 2 1 .
SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS 463

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gratulatoriae Francisco B u l i d ob XV Eine Geschichtsstudie. St 1918. — (V
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Das S u d e t e n d e u t s c h t u m . Sein We- ratur der Osmanen: Z D M G 7 7 (1923)
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2. vyd. [Zwei Bücher böhmischer Ge- lezése [Der in madjarischer Sprache ab-
schichte. Ein Stüde mittelalterlicher Ge- gefaßte Briefwechsel der Paschas von
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464 SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS

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Bp 1887. — (3) Codex diplomaticus comi-
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Philos.-hist. Cl. 128, 4. 130, 2. 131, 1],
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hundertsten Wiederkehr seines Todesta-
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Z 1916. — (8) Bruchstücke aus der Ge- A. T r a t s c h e w s k y , Das russisch-öster-
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WMBH 3 0895) 298-371.-s.a. Acta. Z . 34 (1875) 3 6 1 - 3 9 6 .
SCHRIETTUMSVERZEICHNIS 465

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C. T u k i n , Die politischen Beziehungen tion 2 (1925) S. 1 - 5 3 . - ( X ) Ocerki iz
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1739 und der Friede zu Belgrad: Hist. Z. Evropu. I. Turki. II. Mongoly. [Die Völ-
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30 Stadtmüller, Geschichte Südosteuropas


466 SCHRIFTTUMSVERZEICHNIS

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HERRSCHERTAFELN

O S T R O M (BYZANZ) TATAREN
LATEINISCHES KAISERREICH BALKANSLAWEN
VON KONSTANTINOPEL RUMÄNEN
NEUGRIECHENLAND MADJAREN
VENEDIG SUDETENSLAWEN
TÜRKEN OSTSLAWEN

O S T R O M (BYZANZ)
DIE O S T R O M I S C H E N ( B Y Z A N T I N I S C H E N ) KAISER

(nach O s t r o g o r s k y )

324—337 Konstantin I. 582-602 Maurikios


337-361 Konstantes 602-610 Phokas
361-363 Julian 610-641 Herakleios
363-364 Jovian 641 Konstantin III. und Heraklo-
364-378 Valens nas
379-395 Theodosios I. 641 Heraklonas
395-408 Arkadios 641-668 Konstans II.
408-450 Theodosios II. 668-685 Konstantin IV.
450—457 Markian 685-695 Justinian II.
457-474 Leon I. 695-698 Leontios
474 Leon II. 698-705 Tiberios II. (Apsimar)
474-475 Zenon 705-711 Justinian II. nochmals
475—476 Basiliskos 711-713 Philippikos (Bardanes)
476—491 Zenon nochmals 713-715 Anastasios II. (Artemios)
491-518 Anastasios I. 715-717 Theodosios III.
518-527 Justin I. 717-741 Leon III.
527-565 Justinian I. 741-775 Konstantin V.
565-578 Justin II. 775-780 Leon VI.
578-582 Tiberios I. Konstantinos 780-797 Konstantin VI.
470 HERRSCHERTAFELN

797-802 Irene 1071-1078 Michael VII. Dukas


802-811 Nikephoros I. 1078-1081 Nikephoros III. Botaneiatcs
811 Staurakios 1081-1118 Alexios I. Komnenos
811-813 Michael I. Rangab? 1118—1143 Johannes II. Komnenos
813-820 Leon V. 1143-1180 M a n u e l I. Komnenos
820-829 Michael II. 1180-1183 Alexios II. Komnenos
829-842 Theophilos 1183—1185 Andronikos I. Komnenos
842-867 Michael III. 1185-1195 Isaak II. Angelos
867—886 Basileios I. 1195-1203 Alexios III. Angelos
886-912 Leon VI. 1 2 0 3 - 1 2 0 4 Isaak II. (nochmals) und
912-913 Alexander Alexios IV. Angeloi
913-959 Konstantin VII. 1204 Alexios V. Murtzuphlos
920—944 Romanos I. Lakapenos 1204—1222 Theodor I. Laskaris
959-963 Romanos II. 1222—1254 Johannes III. Dukas Vatatzes
963—969 Nikephoros II. Phokas 1254—1258 Theodor II. Laskaris
969—976 Johannes I. Tzimiskes 1258-1261 Johannes IV. Laskaris
976—1025 Basileios II. 1259 bzw.
1025-1028 Konstantin VIII. 1261-1282 Michael VIII. Palaiologos
1028-1034 Romanos III. Argyros 1282-1328 Andronikos II. Palaiologos
1034—1041 Michael IV. 1328-1341 Andronikos III. Palaiologos
1041-1042 Michael V. 1341—1391 Johannes V. Palaiologos
1042 Zoe und Theodora 1341 bzw.
1042—1055 Kontantin IX. Monomachos 1347—1354 Johannes VI. Kantakuzenos
1055—1056 Theodora nochmals 1376—1379 Andronikos IV. Palaiologos
1056—1057 Michael VI. 1390 Johannes VII. Palaiologos
1057—1059 Isaak I. Komnenos 1391-1425 Manuel II. Palaiologos
1059-1067 Konstantin X. Dukas 1425-1448 Johannes VIII. Palaiologos
1068-1071 Romanos IV. Diogenes 1449—1453 Konstantin XI. Palaiologos

DIE DESPOTEN V O N EPEIROS


(nach Hopf)
H a u p t s t a d t zunächst Joannina, dann Arta, dann Thessalonike

1 2 0 4 - 1 2 1 4 Midiael I.
1 2 1 4 - 1 2 3 0 T h e o d o r o s I.
1222 Proklamation zum Kaiser von Thessalonike.
1230 Niederlage bei Klokotnica gegen die Bulgaren. Verlust der Herrschaft.
Auseinanderfallen des großepeirotisdien Reiches in zwei Teilstaaten:
I. Thessalonike und Thessalonien. II. Epeiros.

I. T h e s s a l o n i k e u n d T h e s s a l i e n
1230-1240 M a n u e l I.
1240—1242 Joannes (als Kaiser).
1242-1244 (als Despot).
1244—1246 Demetrios (durch den Kaiser von Nikaia abgesetzt).
HERRSCHERTAFELN 471

II. E p e i r o s

1 2 3 7 - 1 2 7 1 Michael II. ( H e r r von K o r f u und Epeiros).


1 2 7 1 - 1 2 9 6 Nikephoros I.
1 2 9 6 - 1 3 1 8 Thomas.
Auseinanderfallen in Kleinherrschaften. U n t e r den neuen Kleinfürsten sind
am wichtigsten:
1294—1331 Philipp von Anjou.
1318—1339 Joannes Angelos.

III. T h e s s a l i e n ( H e r z ö g e von N e o p a t r a s )

(1271 Loslösung von Epeiros.)


1 2 7 1 - 1 2 9 5 Joannes I. (dankt ab).
1295—1303 Konstantinos.
1 3 0 3 - 1 3 1 8 Joannes IL

Das Haus Orsini


(Pfalzgrafen von Kefalonia, Despoten von Epeiros)

1185—1194 Margaritone de Brindisi ( H e r r von D u r a z z o und den Jonisdien).


1194—1238 M a i o Matthias.
1260-1304 Richard.
1304-1317 Joannes I.
1317-1323 Nikolaos.
1323—1356 Joannes II. (mit einer Unterbrechung).
1356—1358 Nikephoros II. (gefallen in der Schlacht am Acheloos.)
1358— Thomais heiratet den serbischen Fürsten Symeon Urosch.

D i e s e r b i s c h e n D e s p o t e n von Epeiros (Joannina) und Thessalien


1 3 5 8 - 1 3 7 1 Symeon (Sinischa) Urosch

DIE KAISER V O N T R A P E Z U N T („GROSS-KOMNENEN")

(nach M i l l e r )

1204—1222 Alexiosl. Komnenos 1 3 3 3 - 1 3 4 0 Basileiosl.


1222—1235 Andronikos I. Gidon 1340-1341 Irene
1235—1238 Joannes I. Axuchos 1341 Anna
a
1238—1263 M a n u e l I. „der Streitbare 1341 (1344)—1349 Michael
1263-1266 Andronikos II. 1 3 4 2 - 1 3 4 4 Joannes III.
1266-1280 Georgios I. 1 3 5 0 - 1 3 9 0 Joannes Alexios III.
1280-1297 Joannes II. 1 3 9 0 - 1 4 1 2 Manuel III.
1297-1330 Alexios IL 1 4 1 2 - 1 4 4 7 (?) Basileios Alexios IV.
1330-1332 Andronikos III. 1447 (?)—1458 Kalojoannes
1332 M a n u e l II. 1458-1462 David
472 HERRSCHERTAFELN

DIE O R T H O D O X E N P A T R I A R C H E N V O N K O N S T A N T I N O P E L
(nach G e d e o n , K r u m b a c h e r , Grumel)

38-54 Stachys Apostolos 428-431 Nestorios


54—68 Onesimos 431-434 Maximianos
71-89 Polykarpos I. 434-446 Proklos
89-105 Plutarchos 446—449 Phlabianos (Flavian)
105-114 Sedekion 449-458 Anatolios
114-129 Diogenes 458-471 Gennadios
129-136 Eleutherios 472—488 Akakios
136-141 Felix 488-489 P h r a b i t a s (Fravitas)
141-144 Polykarpos II. 489-495 Euphemios
144-148 Athenodoros (Athenogenes) 495-511 M a k e d o n i o s II.
148-154 Euzoios 511-518 Timotheos I.
154-166 Laurentios 518-520 Joannes II. K a p p a d o k e s
166-169 Alypios (Olympios) 520-535 Epiphanios
169-187 Pertinax 535-536 Anthimos I.
187-198 Olympianos 536-552 Menas
198-211 Markos 552-565 E u t y chios
211-214 Philadelphos 565-577 J o a n n e s III. Scholastikos
214—230 Kyriakos (Kyrillianos) (Antiocheus)
230-237 Kastinos (Konstantinos) 577-582 Eutychios (nochmals)
237-242 Eugenios I. 582-595 Joannes IV. N e s t e u t e s ( „ d e r
2427-272 Titos Faster")
2727-303 Dometios (Dometianos) 596-606 Kyriakos
Ruphinos 607-610 T h o m a s I.
303-315 Probos 610-638 Sergios
315-3277 Metrophanes 638-641 Pyrrhos I.
3277-340 Alexandras 641-653 Paulos II.
340-341 Paulos I. 654 Pyrrhos I. (nochmals)
341-342 Eusebios 654—666 Petros
342-344 Paulos I. (nochmals) 667-669 T h o m a s II.
342-348 M a k e d o n i o s I. 669-675 Joannes V.
348-350 Paulos I. (nochmals) 675-677 Konstantinos I.
350-360 M a k e d o n i o s I. (nochmals) 677-679 Theodoros I.
360-369 Eudoxios 679—686 Georgios I.
369-379 Demophilos 686-687 Theodoros I. (nochmals)
369-370 Euagrios 688-693 Paulos III.
379-381 Gregorios 693-705 Kallinikos I.
381 Máximos 705-711 Kyros
381-397 Nektarios 712-715 Joannes VI.
398-404 Joannes I. Chrysostomos 715-730 G e r m a n o s I.
404—405 Arsakios 730-754 Anastasios
406-425 Attikos 754-766 Konstantinos II.
426-427 Sisinnios I. 766-780 N i k e t a s I.
HERRSCHERTAFELN

780-784 Paulos IV. 1156—1169 Lukas Chrysoberges


784-806 Tarasios 1169-1177 Michael III.
806-815 Nikephoros 1177—1178 Chariton Eugeneiotes
815—821 Theodotos Melissenos 1178—1183 Theodosios Boradiotes
(Kassiteras) 1183—1187 Basileios II. Kamateros
821—837 Antonios I. (Kassimatas) (Phylakopulos)
837—843 Joannes VII. Morocharzanios 1 1 8 7 - 1 1 9 0 Niketas II. Muntanes
(Grammatikos) 1190-1191 Leontios Theotokites
843-847 Methodios I. 1191-1192 Dositheos (Theodosios?)
847—858 Ignatios (Niketas) 1192-1199 Georgios II. Xiphilinos
858-867 Photios 1199-1208 Joannes X. Kamateros
867—877 Ignatios (nochmals) 1208-1212 Michael IV. Autoreianos
877-886 Photios (nochmals) 1212-1215 Theodoras II. Eirenikos
886-893 Stephanos I. (Kopas)
893—901 Antonios II. (Kauleas) 1215-? Máximos II.
901-907 Nikolaos I. Mystikos 1215—1222 Manuel I. Sarantenos
907—912 Euthymios (Charitopulos)
912—925 Nikolaos I. Mystikos 1222 (?)—1240 Germanos II.
(nochmals) 1240 Methodios
925-928 Stephanos II. 1244—1255 Manuel II.
928-931 Tryphon 1255—1260 Arsenios (Autoreianos)
933-956 Theophylaktos 1260-1261 Nikephoros II.
956-970 Polyeuktos 1261—1267 Arsenios (nochmals)
970—974 Basileios I. Skamandrenos 1 2 6 7 - 1 2 6 8 Germanos III.
974—979 Antonios III. Studites (Lazos M a r k u t z a s )
979-991 Nikolaos II. Chrysoberges 1268-1275 Joseph I.
996—998 Sisinnios II. 1275-1282 Joannes XI. Bekkos
1001-1019 Sergios II. 1282-1283 Joseph I. (nochmals)
1019-1025 Eustathios 1 2 8 3 - 1 2 8 9 Gregorios II. (Georhios)
1025—1043 Alexios Studites Kyprios
1043-1058 Michael I. Kerullarios 1289-1293 Athanasios I.
1059—1063 Konstantinos III. Leichudes 1294—1303 Joannes XII. (Kosmas)
1064-1075 Joannes VIII. Xiphilinos 1303—1311 Athanasios (nochmals)
1075—1081 Kosmas I. Hierosolymites 1311-1315 N e p h o n l .
1081—1084 Eustratios Garidas 1316-1320 Joannes XIII. Glykys
1084—1111 Nikolaos III. Kyrdiniates 1320—1321 Gerasimos I.
Grammatikos 1 3 2 3 - 1 3 3 4 Jesaias
1111—1134 Joannes IX. Agapetos 1334—1347 Joannes XIV. Aprenos
1134—1143 Leon Stypes 1347-1349 Isidoros I.
1 1 4 3 - 1 1 4 6 M i c h a e l n . Kurkuas (Oxeites) 1 3 5 0 - 1 3 5 4 Kallistos I.
1146—1147 Kosmas II. Attikos 1354-1355 Philotheos
1147-1151 Nikolaos IV. Muzalon 1355—1363 Kallistos I. (nochmals)
1151-1153 Theodotos (Theodosios?) 1364—1376 Philotheos (nochmals)
1153 Neophytos I. 1376-1379 Makarios
1154—1156 Konstantinos IV. Chliarenos 1380-1388 Neilos
474 HERRSCHERTAFELN

1389-1390 Antonios IV. 1586-1595 Jeremias II.


1390-1391 Makarios (nochmals) 1595 Matthaios II.
1391-1397 Antonios IV. (nochmals) 1596 Gabrieli.
1397 Kallistos II. (nochmals) 1596-1597 Theophanesl.
1397-1410 Matthaios I. 1597-1599 Meletios I. Pegas
1410-1416 Euthymios II. 1599-1602 Matthaios II.
1416-1439 Joseph II. 1602-1603 Neophytos II.
1440-1443 Metrophanes II. 1603-1607 Raphael II.
1443—1450 Gregorios III. (Mammas) 1607-1612 Neophytos II.
Melissenos Strategopulos 1612 Kyrillos I. Lukaris
1450 Athanasios 1612-1621 Timotheos II.
1453—1459 Gennadios II. (Georgios 1621-1623 Kyrillos I. Lukaris
Kurtesios) Scholarios 1623 Gregorios IV.
1 4 5 9 - 1 4 6 3 Isidoros II. Xanthopulos 1623 Anthimos II.
1463—1464 Sophronios Syropulos 1623-1630 Kyrillos I. Lukaris
1464—1466 Joasaph I. Kokkas 1630 Isaak
1466-1467(?) Markos Xylokarabes 1630-1634 Kyrillos I. Lukaris
1467-1472 Dionysios I. 1634 Kyrillos II.
1472-1475 S y m e o n l . 1634 Athanasios III.
1 4 7 5 - 1 4 7 6 Raphael I. 1634-1635 Kyrillos I. Lukaris
1 4 7 6 - 1 4 8 2 Maximos III. 1635-1636 Kyrillos II.
1 4 8 2 - 1 4 8 6 Symeon I. (nochmals) 1636-1637 Neophytos III.
1 4 8 6 - 1 4 8 9 Nephon II. 1637-1638 Kyrillos I. Lukaris
1489—1491 Dionysios I. (nochmals) 1638-1639 Kyrillos II.
1491—1497 Maximos IV. Manasses 1639-1644 Parthenios I.
1497-1498 Nephon II. (nochmals) 1644-1645 Parthenios II.
1498-1502 Joachim I. 1646—1648 Joannikios II.
1502 N e p h o n II. (nochmals) 1648-1651 Parthenios II.
1503—1504 Pachomios I. 1651-1652 Joannikios II.
1504—1505 Joachim I. (nochmals) 1652 Kyrillos III.
1505—1514 Pachomios I. (nochmals) 1652-1653 Paisios I.
1514(?)—1520 Theoleptos I. 1654 Kyrillos III.
1520-1522 Jeremias I. 1652-1653 Paisios I.
1522—1523 Joannikios I. 1656-1657 Parthenios III.
1523-1537 Jeremias I. 1657 Gabriel III.
1537 Dionysios II. 1657 Theophanos II.
1537-1545 Jeremias I. 1657-1662 Parthenios IV.
1545-1555 Dionysios II. 1662-1665 Dionysios III.
1555-1565 Joasaph II. 1665-1667 Parthenios IV.
1565-1572 Metrophanes III. 1667 Klemens
1 5 7 2 - 1 5 7 9 Jeremias II. 1668-1671 Methodios III.
1579-1580 Metrophanes III. 1671 Parthenios IV.
1580-1584 Jeremias II. 1671—1673 Dionysios
1584—1585 Pachomios II. 1673-1675 Gerasimos II.
1585-1586 Theoleptos II. 1675-16(76 Parthenios IV.
HERRSCHERTAFELN 475

1676-1679 Dyonysios 1798-1801 Neophytos VII.


1679 Athanasios III. 1801-1806 Kallinikos V.
1679-1683 Jakobos 1806-1808 Gregorios V.
1683-1684 Dionysios 1808-1809 Kallinikos V.
1684-1685 Parthenios IV. 1809-1813 Jeremias IV.
1685-1686 Jakobos 1813-1818 Kyrillos VI.
1686-1687 Dionysios 1818-1821 Gregorios V.
1687-1688 Jakobos 1821-1822 Eugenios II.
1688 Kallinikos II. 1822-1824 Anthimos III.
1688-1689 Neophytos IV. 1824—1826 Chrysanthos
1689-1693 Kallinikos II: 1826-1830 Agathangelos
1693—1694 Dionysios 1830—1834 K o n s t a n t e s I.
1694—1702 Kallinikos II. 1834-1835 Konstantios II.
1702-1707 Gabriel III. 1835-1840 Gregorios VI.
1707 Neophytos V. 1840-1841 Anthimos IV.
1708—1709 Kyprianos I. 1841-1842 Anthimos V.
1709-1711 Athanasios V. 1842-1845 Germanos IV.
1711-1713 Kyrillos IV. 1845 Meletios III.
1713—1714 Kyprianos I. 1845-1848 Anthimos VI.
1714-1716 Kosmas III. 1848-1852 Anthimos IV.
1716-1726 Jeremías III. 1852-1853 Germanos IV.
1726 Kallinikos III. 1853-1855 Anthimos VI.
1726-1733 Paisios II. 1855-1860 Kyrillos VII.
1733 Jeremías III. 1860-1863 Joakeim II.
1733-1734 Serapheim I. 1863—1866 Sophronios III.
1734—1740 Neophytos VI. 1867-1871 Gregorios VI.
1740-1743 Paisios II. 1871-1873 Anthimos VI.
1743-1744 Neophytos VI. 1873-1878 Joakeim II.
1744-1748 Paisios II. 1878-1884 Joakeim III.
1748-1751 Kyrillos V. 1884-1886 Joakeim IV.
1751-1752 Paisios II. 1887-1891 Dionysios V.
1752-1757 Kyrillos V. 1891-1894 Neophytos VIII.
1757 Kallinikos IV. 1895-1897 Anthimos VII.
1757-1761 Serapheim II. 1897-1902 Konstantinos V.
1761-1763 Joannikios III. 1902-1913 Joakeim III.
1763-1768 Samuel 1913-1919 Germanos V.
1768-1769 Meletios II. 1919—1922 Dorotheos von Brussa ais
1769-1773 Theodosios II. Stellvertreter
1773-1774 Samuel 1922-1923 Meletios IV.
1774—1780 Sophronios II. 1923-1924 Gregorios VII.
1780-1785 Gabriel IV. 1924-1925 Konstantinos VI.
1785-1789 Prokopios 1925-1929 Basileios III.
1789-1794 Neophytos VII. 1929-1936 Photios II.
1794-1797 Gerasimos III. 1936-1946 Benjamin (Christodulos)
1797-1798 Gregorios V. 1946— Máximos V. (Vaportzís)
476 HERRSCHERTAFELN

LATEINISCHES KAISERREICH VON K O N S T A N T I N O P E L


DIE L A T E I N I S C H E N KAISER

1204—1205 Balduin I. von Flandern 1 2 2 9 - 1 2 3 7 Johann von Brienne


1206—12,16 Heinrich von Flandern (Angre) Regent und Titularkaiser
1217 Peter von Courtenay 1 2 3 7 - 1 2 3 8 Arseau de C a y e u x l R e g e n t e n
1217-1219 Jolanta 1 2 3 8 - 1 2 4 0 N a r j o t de Toucy J
1221—1228 Robert II. von Courtenay- 1228 ( 1 2 4 0 ) - 1 2 6 1 (1273) Balduin II.
Auxerre

Titularkaiser

1261-1273 Balduin II. 1346—1364 Robert II. von Anjou-Tarent


1273—1283 Philipp I. von Courtenay 1364—1373 Philipp III. von Anjou-Tarent
1283—1308 Katharina I. von Courtenay 1373—1383 J a k o b von Beaux
1308—1346 Katharina II. von Valois 1383—1384 Ludwig'I. von Anjou
vermählt mit Philipp II. von 1384 Ludwig II. von Anjou
Anjou-Tarent 1313—1331

DIE L A T E I N I S C H E N P A T R I A R C H E N V O N K O N S T A N T I N O P E L
(nach S a n t i f a l l e r , 17—45)

U m die Besetzung des lateinischen Patriarchates von Konstantinopel ging ein ständiger
K a m p f zwischen der venezianischen Partei und der französischen oder kaiserlichen
Partei, d. h. der Partei des lateinischen Kaisertums von Konstantinopel.

1204—1211 Thomas Morosini 1 2 3 3 - 1 2 3 5 Sedisvakanz


(Venezianer) 1234—1251 Nikolaus von Castro Arquato
1 2 1 1 - 1 2 1 5 Sedisvakanz (aus Piacenza)
1215—1219 Gervasius (kaiserlich- 1 2 5 1 - 1 2 5 3 Sedisvakanz
französische Partei) 1253—1261 Pantaleon Giustiniani
1220-1221 Sedisvakanz (Venezianer), (mußte bei der
1221—1226 Matthaeus (Venezianer) Rückeroberung Konstantino-
1226 Sedisvakanz pels durch die Oströmer 1261
1226 Johannes Halgrin (Franzose) flüchten, starb 1286 im Abend-
(vom Papst ernannt, verwei- land)
gerte aber die Annahme der
Ernennung)

Es folgen Titularpatriarchen
(nach K r u m b a c h e r , 1150)

1261—1286 Pantaleon Guistiniani 1324 (sie) Peter II.


1286—1302 Peter I. Correr oder Corrario 1 3 3 0 - 1 3 3 5 Cardinalis
(Petrus Corrarius) 1 3 3 5 - 1 3 3 8 Gozio oder Dotio Battaglia
1 3 0 2 - 1 3 0 5 Leonhard Faliero oder Battaglini (Goctius de
1 3 0 5 - 1 3 0 7 Hugolin I. Arminis)
1 3 0 8 - 1 3 3 0 Nicolaus 1338-134.1 Robert
HERRSCHERTAFELN 477

1 3 4 1 - 1 3 4 5 Heinrich 1409 (Alphons d'Exéa)


1 3 4 5 - 1 3 4 6 Wilhelm I. von Castello 1411 oder 1 4 1 2 - 1 4 1 7 Johann I. von L a
1346 Stephan Rochetaillée
1 3 4 6 - 1 3 6 1 Wilhelm II. Pustrella 1418— ? Johann II. Contarini
(oder Pusteria) 1430—1432 Franz von Conzié
1 3 6 2 - 1 3 6 6 Peter III. (oder B. Peter 1 4 3 8 - 1 4 5 3 Franz II. Condolmer(o)
Thomas) 1454 oder 1455—1459 Gregorios Melisse-
1 3 6 6 - 1 3 7 2 Paul nos ( M a m m a s )
1 3 7 2 - 1 3 7 4 Hugolin II. M a l a b r a n c a 1459—1463 Isidor von Kiev
1 3 7 6 - 1 3 7 8 J a k o b von Jtri (Jacobus 1463—1472 Bessarion
Campanus) 1 4 7 2 - 1 4 7 4 Peter Riario
1379- ? Wilhelm III. 1 4 8 0 7 - 1 4 9 7 Hieronymus Lando
? - ? ( + 1404) M a t t h a e u s II. 1497—1503 Johann Michiel (oder Michele)
1390^1405 Angelus Correr oder Corrario 1503 Johann Borgia (der Ältere)
1 4 0 5 - 1 4 0 8 Anton Correr 1503—1506 Franz von Lorris
1 4 0 6 - 1 4 1 5 (Papst Gregor XII.) 1509—1517 Thomas Baekas von Erdoed
1 4 0 9 - 1 4 1 1 Franz L a n d o 1517—1524 M a r c u s Cornaro

NEUGRIECHENLAND
1 8 3 2 - 1 8 6 2 Otto I. 1 9 2 0 - 1 9 2 2 Konstantin I. (nochmals)
1 8 6 3 - 1 9 1 3 Georg I. 1 9 3 6 - 1 9 4 7 Georg II.
1 9 1 3 - 1 9 1 7 Konstantin I. 1947— Paul I.
1 9 1 7 - 1 9 2 0 Alexander I.

VENEDIG
DIE D O G E N VON VENEDIG
(nach K r e t s c h m a y r , I, 4 0 0 - 4 0 2 . II, 5 5 6 - 5 5 7 . III, 5 7 1 - 5 7 2 )

697—717 Paulicius (Paulutius) 787-804 Johannes


717-726 Marcellus 804—8il 1 Obilierius und Beatus
726-737 Ursus 811 - 8 2 7 Agnellus (Particiacus)
737-742 827—829 Justinianus (Particiacus)
Magister militum (Dominicus) 829—836 Johannes (Particiacus) (I.)
Leo 836-864 Petrus (Trandenicus)
Magister militum Felix 864-881 Ursus (Particiacus) (I.)
Cornicula 881-887 Johannes (Particiacus) (II.)
Magister militum Deusdedi(t) (zum ersten M a l e )
Magister militum Jubianus 887 Petrus (Candianus) (I.)
Ypatus 887-888 Johannes (Particiacus) (II.)
Magister militum Johannes (zum zweiten M a l e )
Fabriacus 888-911 Petrus (Tribunus)
742-755 Deusdedi(t) Ypatus 911-932 Ursus (Paureta), (Patriciacus)
755-756 G a l l a (Gaulus) (II.)
756—764 Dominicus (Monegarius) 932-939 Petrus Candiano (II.)
764—787 Mauricius 939-942 Petrus Badoario
478 HERRSCHERTAFELN

942-959 Petrus Candiano (III.) 1 3 6 5 - 1 3 6 8 Marco Cornaro


959-976 Petrus Candiano (IV.) 1368-1382 Andrea Contarmi
976-978 Petrus Ursoyolo (Orseolo) (I.) 1382 Michele Morosini
978-979 Vitalis Candiano 1 3 8 2 - 1 4 0 0 Antonio Venier
979-991 Tribunus Meni(us) 1400-1413 Michiel Steno
991-1009 Petrus Ursyulo (Orseolo) (II.) 1414-1423 Tommaso Mocenigo
1009-1026 Otoni (Otto Orseolo) 1423-1457 Francesco Foscari
1026-1031 Petrus Centranicus . 1457—1462 Pasquale Malipiero
1031-1032 Ursus patriarcha 1462-1471 Cristoforo Moro
1032 Dominicus Ursyulus 1471-1473 Nicolo Tron
(Orseolo) 1 4 7 3 - 1 4 7 4 Nicolo Marcello
1032-1042/3 Dominicus Flabianus 1 4 7 4 - 1 4 7 6 Pietro Mocenigo
1042/3—.1071 Dominicus Contarenus 1476-1478 Andrea Vendramin
(Contarmi) 1478-1485 Giovanni Mocenigo
1071-1084 Dominicus Silvus (Silvio) 1 4 8 5 - 1 4 8 6 Marco Barbarigo
1084-1096 Vitalis Faletro (Faliero) 1486-1501 Agostino Barbarigo
Deodoni 1501-1521 Lionardo Loredano
1096-1102 Vitalis Michael (Michiele) (I.) 1521-1523 Antonio Grimani
1102-1118 Ordelafo Faletro (Faliero) 1523-1538 Andrea Gritti
1118-1130 Dominicus Michael (Michiele) 1539-1545 Pietro Landò
1130-1148 Petro Polano (Polani) 1 5 4 5 - 1 5 5 3 Francesco Donato
1148—1156 Dominicus Mauroceni 1553—1554 Marcantonio Trevisan
(Morosini) 1 5 5 4 - 1 5 5 6 Francesco Venier
1156-1172 Vitalis Michael (Michiele) (II.) 1 5 5 6 - 1 5 5 9 Lorenzo Priuli
Girolamo Priuli
1,172-1178 Sebastianus Ciani (Ziani) 1559-1567
Pietro Loredano
1178-1192 Aurio Mastropetro 1567-1570
Alvise Mocenigo
(Malipiero) 1570-1577
Sebastiano Venier
1192-1205 Henricus Dandulo (Dandolo) 1577-1578
Nicolo Daponte
1205-122,9 Pietro Ziani 1578-1585
Pasquale Cicogna
1 2 2 9 - 1 2 4 9 Jacopo Tiepolo 1585-1595
Marino Grimani
1249-1253 Marino Morosini 1595-1605
Lionardo Donato
1253-1268 R e n i e r Z e n o 1606-1612
Marcantonio Memmo
1268-1275 Lorenzo Tiepolo 1612-1615
Giovanni Bembo
1275-1280 Jacopo Contarmi 1615-1618
Nicolo Donato
1280-1289 Giovanni Dandolo 1618
Antonio Priuli
1289-1311 Pietro Gradenigo 1618-1623
Francesco Contarmi
1311-13112 Marino Zorzi 1623-1624
Giovanni Cornaro
1312-1328 Giovanni Soranzo 1625-1629
Nicolo Contarini
1329-1339 Francesco Dandolo 1630-1631
Francesco Erizzo
1339—1342 Bartolomes Gradenigo 1631—1646
Francesco Moliri
1343-1354 Andrea Dandolo 1646-1655
Carlo Contarini
1354-1355 Marino Falier 1655-1656
Francesco Cornaro
1 3 5 5 - 1 3 5 6 Giovanni Gradenigo 1656
Bertuccio Valier
1356-1361 Giovanni Dolfin 1656-1658
Giovanni Pesaro
1361-1365 Lorenzo Celsi 1658-1659
HERRSCHERTAFELN 479

1659-1675 Domenico Contarmi 1732—1735 Carlo Ruzzini


1675-1676 Nicolo Sagredo 1735-1741 Alvise Pisani
1676-1684 Alvise Contarmi 1741-1752 Pietro Grimani
1684—1688 Marcantonio Giustinian 1752-1762 Francesco Loredan
1688—1694 Francesco Morosini 1762-1763 M a r c o Foscarini
1694-1700 Silvestro Valier 1763-1778 Alvise Mocenigo (IV.)
1700-1709 Alvise Mocenigo (II.) 1779-1789 Paolo Renier
1709-1722 Giovanni Cornaro (II.) 1789-1797 Lodovico M a n i n
1722-1732 Alvise Mocenigo (III.)

V E N E Z I A N I S C H E H E R Z O G E V O N KRETA
[Für 1 3 1 3 - 1 5 0 0 nach G e r l a n d (3) 3 0 - 3 9 , f ü r die übrige Zeit H o p f und N o i r e t .
Wichtigere Abweichungen zwischen H o p f und N o i r e t sind vermerkt]
nach H o p f abweichend bei Noiret

1208—1216 Jacopo Tiepolo


1216-1218 Paolo Quirini
1218-1220 Domenico Delfino 1218 Guido Michiele
1220—1222 Guido Michiele 1220 Domenico Delfino
1222-1224 Paolo Quirini 1223 Paolo Quirini
1224—1226 M a r i n o Soranzo 1226 Marino Soranzo
1226-1228 Giovanni Michiele 1228 Giovanni Michieli
1228—1230 Giovanni Storlado 1230 Giovanni Storlado
1230-1232 Nicolò Toniste 1231 Nicolo Toniste
1232—1233 Bartolommeo Gradenigo 1234 Bartolommeo Gradenigo
1234—1236 Angelo Gradenigo 1234 Angelo Gradenigo
1236—124il Stefano Giustiniani
1241-1243 Tommaso Dandolo
1243—1245 Jacopo Barozzi
1245-1249 Giovanni Z a n e
124(9-1250 M a r i n o Falier
1250-1252 Pietro Orio
1252—1254 Tommaso Giustiniani
1254—1255 Giovanni da Canale
1255—1259 Angelo Morosini 1256 Angelo Morosini
1259—1261 Giovanni Belegno
1261-1262 Jacopo Delfino
1262-1263 Nicolò Navigajoso
1263-1265 M a r c o Dandolo
1265-1269 Andrea Zeno
1269-1271 Pietro Baduario
1271—1272 Giovanni Belegno
1272-1274 M a r i n o Zeno
1274—1276 M a r i n o Morosini
1276-1277 Pietro Zeno 1276 Pietro Zeno
480 HERRSCHERTAFELN

1277-1280 M a r i n o Gradenigo 1278 M a r i n o Gradenigo


1280-1282 Angelo Gabriele
1282—1283 M a r i n o Gradenigo (nochmals) 1282 Marino Gradenigo
1283-1285 Jacopo Dandolo 1285 Pietro Giustiniani
1285—1287 Pietro Giustiniani
1287-1290 Andrea da Molin
1290—1293 Albertino Morosini
1293-1294 Ermolao Giunto
1294—1298 Andrea Dandolo il Calvo
1298-1299 Jacopo Tiepolo 1298 Jacopo Tiepolo
1299-1301 Vitale Michieli 1300 Vitale Michieli
1301—1303 Jacopo Barozzi 1302 Jacopo Barozzi
1303-1306 Guido da Canale 1304 Guido da Canale
1306—1308 Federigo Belletto Giustiniani
1308-1310 Guido da Canale
1310—1312 Nicolò Sanudo
1312-1313 Enrico Dandolo

nach G e r l a n d
1313—1315 Marino Baduario 1357-1358 Filippo Orio
1315-13,17 Fantino Dandolo 1358-1360 Pietro Baduario
1317—1319 Nicolò Zane 1360-1362 Marino Grimani
1319—1321 Giustiniano Giustiniani 1362 Rectores
1321-1323 Thomas Dandolo 1362-1363 Leonardo Dandolo
1323-1325 Enrico Michieli 1363-1364 M a r c o Gradenigo, Gubernator
1325-1327 Filippo Belegno 1364-1366 Pietro Morosini
1327—1329 Giovanni Morosini 1366-1368 Pietro Mocenigo
1329—1331 M a r i n o Morosini 1368-1370 Giovanni Gradenigo
1331—1332 Marco Gradenigo 1370-1372 Pietro Cornario
1332 Rectores 1372-1373 Francesco Morosini
1332—1334 Biagio Zeno 1373-1374 Guiberto Dandolo, Vicaduca
1334-1336 Pietro Zeno (Rectorum)
1336—1338 Giovanni Sanuto 1374-1376 Giovanni Gradenigo
1338—1339 Giovanni Morosini 1376-1378 Andrea Geno
1339 Rectores 1378—138.1 Andrea Dandolo
1339-1341 Nicolò Priuli 1381-1383 Pietro Mocenigo
1341—134,3 Andrea Cornaro 1383-1385 Donato Trono
1343-1345 Pietro Miani 1385-1387 M a r c o Geno
Rectores 1387-1389 Donato Moro
1345-1347 M a r c o da Molin 1389-1391 Domenico Buono
1347—1348 Marco Cornaro 13911-1393 M a t t e o Giustiniani
1348—1350 Marco Grimani 1393-1395 Pantaleone Barbo
1350—1352 Pietro Gradenigo 1395-1397 Donato Moro
1352—1355 M a r i n o Morosini 1397-1399 Guglielmo Quirini
1355-1357 G o f f r e d o Morosini 1399-1401 Albano Baduario
HERRSCHERTAFELN 481

1401-1403 Marco Faletro 1492—1494 Lorenzo Venier


1403—1405 Tommaso Mocenigo 1494-1496 Domenico Bollani
1405—1407 Giovanni Bembo 1496-1498 Andrea Gabriele
1407—1409 Lodovico Morosini 1498 Priamo Trono
1409—1411 Leonardo Trevisani 1 4 9 8 - 1 4 9 9 Bernardo Giustiniani, Viceduca
14.11-1412 Leone Dandolo 1499-1500 Luigi da Mula, Viceduca
1412—1413 Francesco Bembo
1415—1417 Pietro Civrano
nach H o p f
1417—1418 Egidio Morosini
1418—1419 Jacopo Gussoni 1500-1502 Marco Barbo
1419— 1421 Giovanni Loredano 1502—1503 Giovanni Morosini
1421—1422 Andrea Cornaro 1503—1504 Luigi Venir, Viceduca
1422—1423 Lorenzo Bragadino 1503—1505 Cosmo Pasqualigo
1423—1424 Lorenzo Capello, Viceduca 1503—1504 Luigi Venier, Viceduca
1424—1427 Francesco Loredano 1506—1508 Girolamo Donato
1427-1429 Fantino Viario 1508—1510 Luigi Arimondo
1429—1432 Leonardo Caravello 1510—1512 Paolo Antonio Miani
1432—1435 Marco Giustiniani 1512 Luigi Capello
1435—1437 Marco Lippomano 1513-1514 Luigi Malipietro
1437-1439 Maffeo Donato 1514-1516 Luigi Emo
1439-1441 Luca Trono 1516-1517 Marco Orio
1441—1443 Andrea Mocenigo 1517—1519 Antonio Loredano
1443—1445 Tommaso Duodo 1519—1520 Antonio Morosini
1445—1447 Andrea Donato 1520—1521 Marco Landò, Viceduca
1447—1449 Antonio Diedo 1521—1524 Marco Minio
1450-1453 Bernardo Balbi 1524—1526 Nicolò Giorgio
1453—1456 Benedetto Vitturi 1526—1528 Bernardo Soranzo
1456-1459 Girardo Dandolo 1528—1530 Jacopo Cornaro
1459—1462 Leonardo Duodo 1530-1532 Nicolò Nani
1462—1464 Lorenzo Moro 1532—1534 Domenico Capello
1464—1465 Jacopo Cornaro 1534-1536 Pietro Boldù
1465—1466 Domenico Marcello, Viceduca 1536—1538 Antonio da M u l a
1466—1469 Bernardino Donato 1538—1540 Francesco Bernardo
1469—1472 Girolamo da Molino 1540-1542 Carlo Capello
1472-1473 Benedetto Gritti 1542-1544 Maffeo Barbarigo
1473—1475 Nicolò Cocco, Viceduca 1544 Marcantonio Contarini
1475-1477 Eustachio Balbi 1544—1546 Agostino Suriano, Viceduca
1477—1479 Giovanni Pisani 1546—1548 Dionisio Contarini
1479-1480 Jacopo Contarini 1548-1550 Sebastiano Venier
1479—1480 Marco Giustiniani 1550-1552 Luigi Renier
1481—1482 Fantino Giorgio, Viceduca 1552-1554 Luigo Gritti
1482—1484 LucaNavagero 1554-1556 Salvatore Michieli
1484-1487 Marino Garzoni 1556—1558 Girolamo Cicogna
1487-1490 Nicolò Lioni 1558—1560 Girolamo Tagliapietra
1490-1492 Bernardo Bembo 1560-1562 Antonio Clabo
31 Stadtmùller, Gesdiidite Siidosteuropas
482 HERRSCHERTAFELN

1562—1564 M a r c o Grimani 1616-1617 Carlo Belegno


1564-1566 Daniele Barbaro 1617—1619 Donato Morosini
1566—1567 Francesco Soranzo 1619—1621 Francesco Zeno
1567—1571 Pasquale Cicogna 1621-1623 Nicolò da Ponte
1571—1573 M a r c o Grimani 1623-1625 Marino Pesaro
1573-1574 Daniele Venier 1625—1627 Leonardo Foscolo
1574—1576 Luigi Giustiniani 1627-1629 M a r c o Gradenigo
1576—1578 M a r c o Cicogna 1629—1631 L a z a r o Mocenigo
1578-1580 Ermolao Tiepolo 1631—1634 Giambattista Foscole
1580—1582 Nicolò Salomone 1634—1635 Giambattista Grimani
1582-1584 Nicolò Donato 1635—1637 Giovanni da Ponte
1584—1586 Lodovico M e m o 1637-1639 Paolo Donato
1586-1588 Bernardo N a v a g e r o 1639—1641 Nicolò Lippomano
1588—1590 Alberto Loredano 1641—1644 Bernardo Marcello
1590-1592 Girolamo Capello 1644—1646 Bernardo Morosini
1592—1594 Giovan Domenico Cicogna 1646—1648 Cipriano Civrano
1594—1596 Marcantonio Venier 1648—1649 Jacopo Barbaro
1596-1598 Pellegrino Bragadino 1649—1650 L u c a Francesco Barbaro
1598—1600 Pierfrancesco Malipiero 1650—1653 Giuseppe Morosini
1600-1602 Jacopo Pesaro 1653—1655 Giovanni Andrea Pasqualigo
1602—1604 Giovanni Sagredo 1655—1657 Girolamo Lippomano
1604—1606 Giambattista Michieli 1657—1659 Giorgio Cornaro
1606—1608 Giovanmatteo Girardi 1659—1663 Zacaria Mocenigo
1608-1610 Delfino Venier 1663—1665 Jacopo Loredano
1610—1612 Agostino Michieli 1665—1667 Francesco Battagia
1612—1614 Francesco Morosini 1667—1669 Jacopo Contarmi
1614—1616 Bernardo Venier

TÜRKEN
I R A N I S C H E ODER B A G D A D ' S C H E D Y N A S T I E DER S E L D S C H U K E N

1 0 3 8 - 1 0 6 3 Togril Beg, Enkel des 1105-1117 Mohammed-Schah


Seldschuk? 1118-1131 M a h m u d II.
1 0 6 3 - 1 0 7 2 Alp-Arslan 1132-1134 Togril I.
1 0 7 2 - 1 0 9 2 Malik-Schah I. 1118-1157 Sindschar
1092 M a h m u d I. 1157-1160 Süleiman-Schah
1 0 9 2 - 1 1 0 4 Barkijarok 1160-1175 Arslan-Schah
1104 Malik-Schah II. 1175-1194 Togril II. Schah

I K O N I S C H E ODER K L E I N A S I A T I S C H E D Y N A S T I E DER S E L D S C H U K E N

1075—1086 Süleiman ben-Kutulmisch, 1116-1156 M a s u d l .


Urenkel des Seldschuk 1 1 5 6 - 1 1 9 3 Aseddin Kilidsch-Arslan II.
1 0 9 2 - 1 1 0 7 Kilidsch-Arslan I. 1 1 9 3 - 1 2 1 1 Ghajasseddin Kaichosrew I.
1 1 0 7 - 1 1 1 6 Malik-Schah (Saïsan) Jathathine
HERRSCHERTAFELN 483

1193-1202 Rukneddin Süleimän 1247-1266 Aseddin K a i k a ü s II.


1202 Aseddin Kilidsdi-Arslan III. 1247-1267 Rukneddin Kilidsch-Arslan IV.
1211-1220 Asseddin Kaikaüs I. 1267-1283 Ghajasseddin Kaichosrew III.
1220—1237 Alaeddin K a i k o b a d 1282-1297 M a s u d II.
1237-1247 Ghajasseddin Kaichosrew II. 1297-1307 Alaeddin

DIE O S M A N I S C H E N S U L T A N E

1231-1288 Ertoghrul 1 6 4 0 - 1 6 4 8 Ibrahim


1288-1326 O s m a n I. 1 6 4 8 - 1 6 8 7 Mohammed IV.
1326-1359 Urchan 1 6 8 7 - 1 6 9 1 Süleimän III.
1359-1389 M u r a d I. 1691-1695 Ahmedll.
1389-1402 Bajesid I. (Jyldyrym) 1695-1703 M u s t a f a II.
1402-1410 Süleimän I. 1703-1730 Ahmed III.
1410-1413 Musa 1730-1754 M a h m u d I.
1413-1421 Mohammed I. 1754—1757 O s m a n III.
1421-1451 M u r a d II. 1757-1773 M u s t a f a III.
1451-1481 Mohammed II. der Eroberer 1774-1789 A b d ul-Hamíd I.
1481-1512 Bajesid II. (Weli) 1789-1807 Selim III.
1512—1520 Selim I. ( J a w u s ) 1807-1808 M u s t a f a IV.
1520-1566 Süleimän II. der Große 1808-1839 M a h m u d II.
1566-1574 Selim II. ( M e s t ) 1839-1861 Abd uI-Medschid
1574-1595 M u r a d III. 1861-1876 Abd ul-Asis
1595-1603 Mohammed III. 1876 MuradV.
1603-1617 Ahmed I. 1876-1909 Abd ul-Hamíd II.
1617-1618 und 1 6 2 2 - 1 6 2 3 M u s t a f a I. 1909-1918 Mohammed V.
1 6 1 8 - 1 6 2 2 O s m a n II. 1 9 1 8 - 1 9 2 2 Mohammed VI.
1 6 2 3 - 1 6 4 0 M u r a d IV.

DIE G R O S S W E S I R E

(nach H a m m e r - P u r g s t a l l I, 684. II, 674. III, 793. IV, 7 0 0 - 7 0 1 . V, 7 4 8 - 7 4 9 .


VII, 623. Z a m b a u r 161-166)

728 (1327/8) Alaeddin Ali-Pascha 882 (1477/8) Gedik Ahmed-Pascha


bis 761 (1359/60) Süleiman-Pascha + 886 (1481/2) Mohammed-Pascha
+ 788 (1386/7) Chaireddin-Pascha 888 (1483/4) Ishak-Pascha
+ 814 (1411/2) Ali-Pascha 903 (1497/8) Daud-Pascha
+ 832 (1428/9) Ibrahim-Pascha 903 (1497/8) Hersek Ahmed-Pascha
+ (1453) Chalil-Pascha + 905 (1499/1500) Ibrahim-Pascha
872 (1467/8) Mahmud-Pascha + 907 (1501/2) Mesih-Pascha
875 (1470/1) Rum Mohammed- 909 (1503/4) Chadim Ali-Pascha
Pascha 912 (1506/7) Hersek Ahmed-Pascha
877 (1472/3) Ishak-Pascha + 917 (1511/2) Chadim Ali-Pascha
878 (1473/4) Mahmud-Pascha 917 (1511/2) Hersek Ahmed-Pascha
31»
484 HERRSCHERTAFELN

t 918 (1512/3) Chodscha M u s t a f a - 1029 (1619/20) Damad Mohammed-


Pascha Pascha
920 (1514/5) Hersek Ahmed-Pascha + 1030 (1620/1) Tschelebi Ali-Pascha
+ 923 (1517/8) Chadim Sinan-Pascha 1030 (1620/1) Hüsein-Pascha
+ 923 (1517/8) Junus-Pascha + 1031 (1621/2) Dilawer-Pascha
929 (1522/3) Mohammed Piri- 1031 (1621/2) Daud-Pascha
Pascha 1031 (1621/2) M e r e Hüsein-Pascha
+ (1539) Ajas-Pascha 1031 (1621/2) Lefkeli Mustafa-Pascha
(1541) Lutfi-Pascha 1032 (1622/3) Gürdschi Mohammed-
(1544) Süleiman-Pascha Pascha
(1553) Rüstem-Pascha M e r e Hüsein-Pascha
+ (1555) Ahmed-Pascha + 1033 (1623/4) Kemankesch Ali-Pascha
t (1561) Rüstem-Pascha + 1034 (1624/5) Tscherkes Mohammed-
t (1565) Ali (der Fette) Pascha
+ 987 (1579/80) Mohammed Sokolli 1036 (1626/7) Hafis Ahmed-Pascha
+ 988 (1580/1) Ahmed-Pascha 1037 (1627/8) Chalil
990 (1582/3) Sinan-Pascha 1041 (16Î1/2) Chosrew-Pascha
992 (1584/5) Sijawusch-Pascha 1041 (1631/2) Hafis Ahmed-Pascha
+ 993 (1585/6) Osman-Pascha 1041 (1631/2) Redscheb-Pascha
994 (1585/6) Mesih-Pascha 1046 (1636/7) Mohammed-Pascha
(1589) Sijawusch-Pascha 1048 (1638/9) Beiram-Pascha
999 (1590/1) Simon-Pascha 1048 (1638/9) Tajjar Mohammed-
1000 (1591/2) Ferhad-Pascha Pascha
1001 (1592/3) Sijawusch-Pascha + 1053 (1643/4) Kara M u s t a f a
1003 (1594/5) Sinan-Pascha 1055 (1645/6) Mohammed
1003 (1594/5) Ferhad-Pascha + 1057 (1647/8) Salih-Pascha
1004 (1595/6) Sinan-Pascha 1058 (1648) Ahmed-Pascha Hcsar-
+ 1004 (1595/6) LalaMohammed-Pascha para
+ 1004 (1595/6) Sinan-Pascha + 1059 (1649/50) Mohammed-Pascha
Ibrahim-Pascha
1005 (1596/7) 1060 (1650/1) Murad-Pascha
Tschikala Sinan-Pascha
1005 (1596/7) 1061 (1650/1) Melek Ahmed-Pascha
Ibrahim-Pascha
1006 (1597/8) 1061 (1650/1) Sijawusch-Pascha
Chadim Hasan
1006 (1597/8) Gürdschi Mohammed-
Dscherrah Mohammed 1062 (1651/2) Pascha
1007 (1598/9)
Ibrahim-Pascha
+ 1010 (1601/2) Tarchundschi Ahmed-
Jemischdschi Hasan- 1063 (1652/3) Pascha
+ 1012 (1603/4)
Pascha
Derwisch Mohammed-
+ 1013 (1604/5) Jauf Ali-Pascha + 1064 (1653/4) Pascha
+ 1015 (1606/7) Lala Mohammed-Pascha + 1065 (1654/5) Ipschir Mustafa-Pascha
+ 1015 (1606/7) Derwisch-Pascha 1065 (1654/5) Murad-Pascha
+ 1023 (1614/5) Nasuh-Pascha 1066 (1655/6) Süleiman-Pascha
+ 1020 (1611/2) Murad-Pascha 1066 (1655/6) Deli Hüsein-Pascha
1026 (1617/8) Damad Ogüf Moham- 1066 (1655/6) Surnasen M u s t a f a -
med-Pascha Pascha
1028 (1618/9) Chalil-Pascha + 1066 (1655/6) Sijawusch-Pascha
HERRSCHERTAFELN 485

1066 (1655/6) Bojnuegri Mohammed- 1143 (1730/1) Silihdar Mohammed-


Pascha Pascha
1072 (1661/2) Köprülü Mohammed 1144 (1731/2) Ibrahim-Pascha Kaba-
1076 (1665/6) Köprülü-Zade Ahmed kulak
Fadil 1144 (1731/2) Topal Osman-Pascha
1087 (1676/7) Kara Mustafa Mersi- 1148 (1735/6) Hekim-Zade Ali-Pascha
wenli 1148 (1735/6) Ismail-Pascha
1095 (1683/4) Kara Ibrahim 1150 (1737/8) Silihdar Esseid Moham-
1098 (1686/7) Süleiman med-Pascha
t 1099 (1687/8) Abaza Sijawusch 1150 (1737/8) Mühsin-Zade Abdullah-
1099 (1687/8) Nisdiandschi Ismail Pascha
1101 (1689/90) Mustafa von Rodosto 1151 (1738/9) Jegen Mohammed-
1101 (1689/90) Köprülü-Zade Mustafa Pascha
1103 (1691/2) Arabadschi Ali 1153 (1740/1) Elhadsch Aus-Zade Mo-
1104 (1692/3) Elhadsch Ali, Merziwali hammed-Pascha
1105 (1693/4) Bijikli Mustafa 1155 (1742/3) Elhadsch Ahmed-Pascha
1106 (1694/5) Defterdar Ali Sürmeli 1156 (1743/4) Hekim-Zade Ali-Pascha
1106 (1694/5) Almas Mohammed 1159 (1746/7) Hasan-Pascha
1114 (1702/3) Amudscha-Zade Hüsein 1160 (1747/8) Elhadsch Mohammed-
Köprülü Pascha Terjaki
1114 (1702/3) Daltaban Mustafa- 1163 (1749/50) Esseid Abdullah-Pascha
Pascha 1165 (1751/2) Emin Mohammed-
1115 (1703/4) Rami Mohammed- Pascha Diwitdar
Pascha 1168 (1754/5) Mustafa-Pascha
1115 (1703/4) Nischandschi Ahmed- 1168 (1754/5) Hekim-Zade Ali-Pascha
Pascha 1168 (1754/5) Naili Abdullah-Pascha
1116 (1704/5) Damad Hasan-Pascha t 1169 (1755/6) Nischandschi Ali-Pascha
1116 (1704/5) Kalailikos Ahmed- 1169 (1755/6) MohammedSaid-Pascha
Pascha 1170 (1756/7) Mustafa-Pascha
1118 (1706/7) Baitadschi Mohammed- t 1176 (1762/3) Raghib Mohammed-
Pascha Pascha
1122 (1710/1) Tschorlulu Ali-Pascha 1177 (1763/4)Hamid Hasan-Pascha
1122 (1710/1) Köprülü Numan-Pascha 1178 (1764/5)Mustafa Bahir
(der fünfte und letzte 1182 (1768/9)Mühsin-Zade
Köprülü als Großwesir) 1182 (1768/9)Hamza-Pascha
1123 (1711/2) Baitadschi Mohammed- t 1183 Nischandschi Moham-
(1769/70)
Pascha med Emin-Pascha
1124 (1712/3) Jusuf-Pascha 1183 (1769/70) Moldowandschi Ali-
1125 (1713/4) Süleiman-Pascha Pascha
1125 (1713/4) Ibrahim Chodscha 1184 (1770/1) Chalil-Pascha
t 1128 (1715/6) Damad Ali-Pascha 1185 (1771/2) Silihdar Mohammed-
Chalil-Pascha Pascha
1130 (1717/8) Nischandschi Moham- + 1188 (1774/5) Mühsin-Zade
med-Pascha 1188 (1774/5) Izzet Mohammed
+ 1143 (1730/1) Damad Ibratiim-Pascha 1189 (1775/6) Derwisch
486 HERRSCHERTAFELN

1190 (1776/7) Daréndaly Mohammed 1238 (1822/3)Silihdar Ali


1192 (1778/9) Kalfät Mohammed 1239 (1823/4)Ghalib Mohammed Said
1193 (1779/80) Silidar Sajjid Moham- 1240 (1824/5)Selim Mohammed
med 1244 (1828/9)Izzet Mohammed
1195 (1780/1) Izzet Mohammed 1244 (1828/9)Raschid Mohammed
1196 (1781/2) Jegen Elhadsch Muham- 1248 (1832/3)Mohammed Emin Rauf
med 1255 (1839/40)Chosrew Mohammed
1197 (1782/3) Chalil Hamid 1257 (1841/2) Mohammed Emin Rauf
1199 (1784/5) Schahin Ali 1257 (1841/2) Izzet Mohammed
1200 (1785/6) Jusuf 1258 (1842/3) Mohammed Emin Rauf
1203 (1788/9) Ketchuda (Tscherkes 1262 (1845/6) M u s t a f a Raschid
Abaza) Hasan 1264 (1847/8) Ibrahim Sarym
1204 (1789/90) Ghazi Hasan 1264 (1847/8) M u s t a f a Raschid
1204 (1789/90) Rustschuklu Dschaläirli 1268 (1851/2) Mohammed Emin Rauf
Hasan 1268 (1851/2) M u s t a f a Raschid
1205 (1790/1) Jusuf 1268 (1851/2) Mohammed Emin Ali
1206 (1791/2) Melik Mohammed 1268 (1851/2) Mohammed Ali
1209 (1794/5) Izzet Mohammed 1269 (1852/3) M u s t a f a Naili
1213 (1798/9) Jusuf Zija 1270 (1853/4) Kybrysly Mohammed
1220 (1805/6) Hafiz Imail 1271 (1854/5) M u s t a f a Raschid
1221 (1806/7) Hilmi Ibrahim 1271 (1854/5) Mohammed Emin Ali
1222 (1807/8) Tschelebi M u s t a f a 1273 (1856/7) M u s t a f a Raschid
1223 (1808/9) Alemdar M u s t a f a 1273 (1856/7) M u s t a f a Naili
1223 (1808/9) Memisch 1274 (1857/8) M u s t a f a Raschid
1224 (1809/10) Jusuf Zija 1274 (1857/8) Mohammed Emin Ali
1226 (1811/2) Ahmed 1276 (1859/60)Kybrysly Mohammed
1227 (1812/3) Churschid Ahmed 1276 (1859/60)Mutardschim Moham-
1230 (1814/5) Mohammed Emin Rauf med Ruschdi
1233 (1817/8) Derwisch Mohammed 1276 (1859/60) Kybrysly Mohammed
1235 (1819/20) Sejjid Ali 1278 (1861/2) Mohammed Emin Ali
1236 (1820/1) Denderli Ali 1278 (1861/2) Mohammed Fuad
1236 (1820/1) Elhadsch Salih 1279 (1862/3) Jusuf Kamil
1238 (1822/3) Abdullah

DIE K A P U D A N - P A S C H A
(„Großadmirale")
(nach H a m m e r - P u r g s t a l l )

(1453) Baltaoghlu 872 (1.467/8) Mahmud-Pasdia


Hamsa 880 (1475/6) Gedik Ahmed-Pascha
Junis, der Eroberer von Mesih Ahmed-Pascha
Enos 897 (1491/2) Göjegü Sinan-Pascha
Ismail, der Eunuche 898 (1492/3) Daudpascha
Saganos 912 (1506/7) Hersek Ahmed-Pascha
HERRSCHERTAFELN 487

+ 926 (1519/20) Dschaaferbeg t 1055 (1645/6) Jüsuf-Pascha


929 (1522/3) J a i l a k M u s t a f a - P a s c l u 1056 (1646/7) Mustafa-Pascha
Behram-Pascha M u s t a f a - P a s d i a (ein
Süleiman-Pascha anderer)
943 (1536/7) Kemankesch Ahmedbeg 1057 (1647/8) Fazli-Pascha
t 953 (1546/7) Chaireddin-Paseha (Bar- Ammarzade Moham-
barossa) 1058 (1648/9) med-Pascha
Mohammed-Pascha So- Woinok Ahmed-Pascha
kolli 1059 (1649/50) Bijikli M u s t a f a - P a s c h a
f 961 (1553/4) Sinan-Pascha Haideragazade M o h a m -
961 (1553/4) Piale-Pascha (1650) med-Pascha
(1571) Muesinzade Ali-Pascha Hosambegzade Ali-
+ 995 (1586/7) Uludsch Ali (Ocliiali) (1652) Pascha
t 996 (1587/8) Ibrahim-Pascha Derwisch Mohammed-
t 998 (1589/90) Uludsch Hasan-Pascha Pascha
1003 (1594/5) Sinan-Pascha Dschigha- (1653) Tschauschzade M o h a m -
lezade (Tschikala) med-Pascha
1006 (1597/8) Chalil-Pascha 1065 (1654/5) Murad-Pascha
t 1013 (1604/5) Sinan-Pascha Dschigha- Mustafa-Pascha Surna-
lezade sen
M u s t a f a Pascha 1066 (1655/6) ChalidschizadeMustafa-
1015 (1606/7) Derwisch-Pascha Pascha
1015 (1606/7) Dschaafer-Pascha 1066 (1655/6) Kenaan-Pascha
1017 (1608/9) Hafif Ahmed-Pascha 1067 (1656/7) Sili Ahmed-Pascha S a f e r
1018 (1609/10) Chalil-Pascha 1113 (1701/2) Hüsein-Pascha Mezzo-
1022 (1613/4) Ogiif M o h a m m e d - morto
Pascha 1114 (1702/3) Abdulfettah
1026 (1617/8) Chalil-Pascha 1115 (1703/4) Aschdschi Mohammed-
1026 (1617/8) Tschelebi Ali-Pascha Pascha
1026 (1617/8) Daud-Pascha 1116 (1704/5) Osman-Pascha
1029 (1619/20) Tschelebi Ali-Pascha 1116 (1704/5) Baitadschi Mohammed-
(1621) Chalil-Pascha Pascha
(1621) Mustafa-Pascha 1117 (1705/6) Abdurrahman-Pascha
1031 ( 1 6 2 1 / 2 ) Chalil-Pascha 1118 (1706/7) Weli-Pascha
(1623) Redscheb-Pascha 1121 (1709/10) Ibrahim-Pascha
1041 (1631/2) Hasan-Pascha Firari 1123 (1711/2) Mohammed-Pascha
1041 (1631/2) Mustafa-Pascha 1124 (1712/3) Elhadsch Ahmed-Pascha
(1634) Dschaafer-Pascha 1125 (1713/4) Ibrahim Chodscha
1045 (1635/6) Deli Hüsein-Pascha 1125 (1713/4) Süleiman-Pascha
1047 (1637/8) Kara Mustafa-Pasclu 1125 (1713/4) Scheich Mohammed-
1050 (1640/1) Deli Hüsein-Pascha Pascha
1052 (1642/3) Silihdar Mustafa-Pascha 1126 (1714/5) Süleiman-Pascha
1052 (1642/3) Sijawusch-Pascha Chodscha
+ 1054 (1644/5) Piale-Pascha 1129 (1716/7) Dschanüm Chodscha
t 1054 (1644/5) Ebubekr-Pascha Mohammed-Pascha
488 HERRSCHERTAFELN

1130 (1717/8) Kiaja Ibrahim-Pascha 1164 (1750/1) Torak Mohammed-


1133 (1720/1) Süleiman Chodscha Pascha
1143 (1730/1) Abdi-Pascha 1168 (1754/5) Mohammedbeg
1143 (1730/1) Hafif Ahmed-Pascha 1168 (1754/5) Karabaghi Süleiman-
1143 (1730/1) Dsdianüm Chodscha Pascha
1143 (1730/1) Abdi-Pascha 1171 (1757/8) Ali Kel Ahmed-
1144 (1731/2) Sdiahin Mohammed- Paschazade
Pascha 1174 (1760/1) Abdulkerimbeg
1144 (1731/2) Marabut Süleiman 1174 (1760/1) Mustafa-Pascha
Chodscha 1175 (1761/2) Hasan-Pascha
1144 (1731/2) Bekir-Pascha Mohammed-Pascha
1149 (1736/7) Dschanüm Chodscha Tursun
Ali-Pascha Karabaghi Süleiman-
+ 1153 (1740/1) Süleiman-Pascha Pascha
1156 (1743/4) Jahja-Pascha (1767) Kütschük Mohammed-
(1743) Eltschi Mustafa-Pascha Pascha
1157 (1744/5) Ahmed-Pascha 1183 (1769/70) Osman-Paschazade
1159 (1746/7) Mirachor Mustafa- Ibrahim-Pascha
Pasdia Hosameddin
1159 (1746/7) Ssoghanjemez Mahmud- Dschaafer-Pasdia
Pascha Hasan-Pascha von
1163 (1749/50) Schehsuwarzade Algier
Mustafa-Pascha Melek Mohammed
1164 (1750/1) Ebubekr-Pascha

TATAREN
DIE T A T A R I S C H E N C H A N E DER G O L D E N E N H O R D E (KIPTSCHAK)
(nach S p u l e r 453f.)

1223-1227 Dschotschi 1359-1361 Chizyr Chan


1237/1241-1256 Batu 1361 Temür Chodscha
1256-1257 Sartak 1360-1363 Mürld
1257 Ulaghtschi 1360-1362 OrduMelik
1257-1267 Berke 1362/63-1366 Abdullah
1267-1280 Möngkä Temür 1362/63-(?) Keddi Beg
1280-1287 Tudä(n) Möngkä 1362-1364/65(?) Bolod Temür
1287-1291 Telebogha um 1365 (?) Toghai
1291-1312 Toditu 1364—1366/67 Azlz
1313-1341 özbeg 1364-1366/67 Abd Ulläh (in Mittel-
1341-1342 Tlnlbeg asien)
1342-1357 Dschambek I. 1366-1367 Dsdiambek II.
1357-1359 Berdi Beg 1370— ? MehmedBüläk
1359-1360 Kulpa 1371 Aibek
1360 Newrüz 1371-1375 (?) Karin Chan
HERRSCHERTAFELN 489

1374/75-1375/76 Urus Chän 1417—1419 ( ? ) Jeremferden


1375/76 Tochtakyja 1418(?) Tschegre
1376-1377 Temür Melik 1419-1424;
1377 Chägän Beg Chän 1427-1437/38 Ulugh Mehmed
1377(?) Arabs chäh 1420-1424 Devlet Berdi
1377-1395 Tochtamysch 1422-1427 Barak
1395-1400/01 Temür Kutlugh um 1433 bis um 1465 Sajjid Ahmed I.
1400/01-1407 SchädT Bek um 1435 bis um 1465 Kütschük Mehmed
1407-1410 Püläd Chän um 1465—1481 Ahmed
1410-1412 Temür 1 4 8 1 - 1 5 0 2 Schaich Ahmed
1412 Dscheläl ed-Dln 1481 - Sajjid Ahmed II. 1 Mit-
1412-1414/17 Kerün Berdi 1481—1499 Murtezä J regenten
1414-1415 Kibäk Chän

DIE CHANE DER KRIM

Dynastie Girai

(nach H a m m e r - P u r g s t a l l )

1 4 2 8 - 1 4 6 6 Hadschil. 1 6 8 4 - 1 6 9 1 Selim I. Elhadschi


1 4 6 6 - 1 5 1 5 M e n g i i i . (seit 1475 türkische (zum 2. Male)
Oberhoheit) 1 6 9 1 - 1 6 9 2 Seadet II.
1 5 1 5 - 1 5 2 4 Mohammed I. 1692 Safa
1523 Ghazil. 1 6 9 2 - 1 6 9 9 Selim I. Elhadschi
1524-1532 Seadetl. (zum 3. M a l e )
1 5 2 3 - 1 5 3 7 Islam I. 1 6 9 9 - 1 7 0 3 Devlet II.
1 5 3 2 - 1 5 5 1 Sahib 1 7 0 3 - 1 7 0 4 Selim I. Elhadschi
1 5 5 1 - 1 5 7 7 Devlet I. (zum 4. M a l e )
1 5 7 7 - 1 5 8 4 Mohammed II. der Fette 1704 Devlet II. (zum 2. M a l e )
1 5 8 4 - 1 5 8 8 Islam II. 1 7 0 4 - 1 7 0 7 Ghazi III.
1 5 8 8 - 1 6 0 8 Ghazi II. der Sturm 1 7 0 7 - 1 7 0 8 Kaplan
1 6 0 8 - 1 6 1 0 Selamet I. 1 7 0 8 - 1 7 1 3 Devlet II. (zum 3. Male)
1 6 1 0 - 1 6 2 3 Dschanibek 1 7 1 3 - 1 7 1 6 Kaplan (zum 2. M a l e )
1 6 2 3 - 1 6 2 7 Mohammed III. 1 7 1 6 - 1 7 1 9 Seadet III.
1 6 2 7 - 1 6 2 9 Dschanibek (zum 2. M a l e ) 1 7 1 9 - 1 7 2 2 Mohammed V.
1 6 2 9 - 1 6 3 7 Inajet 1 7 2 2 - 1 7 2 5 Devlet II. (zum 4. M a l e )
1 6 3 7 - 1 6 4 1 Begadir Rezmi 1 7 2 5 - 1 7 3 0 Mengli II.
1 6 4 1 - 1 6 4 4 Mohammed IV. 1 7 3 0 - 1 7 3 6 Kaplan (zum 3. M a l e )
1 6 4 4 - 1 6 5 4 Islam III. 1 7 3 6 - 1 7 4 1 Mengli II. (zum 2. Male)
1654—1666 Mohammed IV. (zum 2. M a l e ) 1 7 4 1 - 1 7 4 4 Selamet II.
1 6 6 6 - 1 6 7 1 Aadil 1744—1753 Selim II.
1 6 7 1 - 1 6 7 8 Selim I. Elhadschi 1 7 5 3 - 1 7 5 5 Arslan
1 6 7 8 - 1 6 8 3 Murad 1 7 5 5 - 1 7 5 6 Arim
1 6 8 3 - 1 6 8 4 Hadschi II. 1 7 5 6 - 1 7 6 4 Kerim
490 HERRSCHERTAFELN

1764-1768 S e l i m l í . (zum 2. M a l e ) 1 7 7 3 - 1 7 7 4 Schahin


1768-1770 Kerim (zum 2. M a l e ) 1774 Devlet III. (zum 2. M a l e )
1770 Devlet III. 1774—1783 Schahin (zum 2. M a l e )
1770-1773 Selim II. (zum 3. M a l e )

BALKANSLAWEN
i. Mittelalter
I. K R O A T E N
(nach 5 i s i c)

um 910— 928 Tomislav 1074-1075 Slawatsch


9 2 8 - 935 T r p i m i r II. 1076—1089 Demetrius Zwonimir
935— 945 Kreschimir I. 1089-1097 S t e p h a n II. u n d P e t e r
9 4 5 - 949 Miroslav 1102 K r ö n u n g des ungarischen
949— 969 Michail Kreschimir II. Königs Koloman (1095 bis
969— 997 Stephan Drschislav 1116) z u m kroatischen
997—1000 Swetoslav, Kreschimir Su- König ( „ P a c t a conventa").
ronja (Bürgerkrieg um den Seitdem Kroatien durch
Thron) das gemeinsame Herrscher-
1 0 0 0 - 1 0 3 0 Kreschimir III. haus mit U n g a r n verbun-
um 1 0 3 0 - 1 0 5 8 S t e p h a n I. den.
1058—1074 Peter Kreschimir IV.

II. B O S N I E R
(nach C o r o v i c)

um 1150—1163 Boritsch 1 3 5 3 --1391 T w r t k o I. (1377 König)


1180-1204 Kulin 1 3 9 1 --1395 Dabischa
1233—1250 M a t t h ä u s Ninoslav 1 3 9 5 --1398 Helena
1254— nach 1287 Prijezda I., G r ü n d e r 1 3 9 8 --1404 Stephan O s t o j a
des Herrscherhauses Ko- 1 4 0 4 --1408 T w r t k o II.
tromanitsch 1 4 0 8 --1418 Stephan O s t o j a (nochmals)
Prijezda II. 1 1 4 1 8 --1421 Stephan Ostojitsch
Stephan I I S e m e ' n s a m e Herrschaft 1 4 2 1 --1443 T w r t k o II.
1 3 0 5 - 1 3 2 2 M l a d e n Schubitsch 1 4 4 3 --1461 Stephan Tomasch
um 1318—1353 Stephan II. Kotromanitsch 1 4 6 1 - •1463 S t e p h a n Tomaschewitsch

III. SERBEN
(nach J i r e c e k)

8 3 6 - 843 W l a s t i m i r 1040-1050 Stephan Wojslav


843— 890 M u t i m i r 1051-1081 Michael
890 Pribislav 1081-1082 Radoslav
891— 917 P e t e r 1082—1106 K o n s t a n t i n Bodin
917— 920 P a u l Brankowitsch 1106 Dobroslav
9 2 7 - 949 Tscheslav 1106-1115 Wladimir
949—1040 I n t e r r e g n u m 1115-1122 Jirji
HERRSCHERTAFELN 491

Dynastie der Nemanja

(1089-1122 Wukan) 1321-1322 Konstantin


1122—1136 Stephan Urosch Nemanja 1322-1331 Stephan Urosch III.
1136—1151 ?Tichom ¡1 Detschanski
1151—1195 Stephan (Symeon) Nemanja 1331—1355 Stephan Duschan
1196—1228 Stephan der „Erstgekrönte" Urosch IV.
1 2 2 8 - 1 2 3 4 Stephan Radoslav 1355-1365 Stephan Urosch V.
1 2 3 4 - 1 2 4 3 Stephan Wladislav 1365-1371 Symeon
1243-1276 Stephan Urosch I ( 1 3 6 6 - 1 3 7 1 Wukaschin)
1276-1283 Stephan Dragutin 1371-1394 M a r k o
1282-1321 Stephan Urosch II.
Milutin

Dynastie der Lazare witsch


1372-1389 Lazar I. Hrebeljanowitsch 1389-1427 Stephan Lazarewitsch
(Lazar II.)

Dynastie der Brankowitsch

( 1 3 8 9 - 1 3 9 8 ? W u k I. Brankowitsch) 1457—1471 ? Stephan Brankowitsch


(1398) 1427-1456 Georg I. Brankowitsch 1459 Serbien durch M u r a d II. er-
1456—1458 Lazar III. Brankowitsch obert

S e r b i s c h e D e s p o t e n in Südungarn
14717-1485 W u k II. Brankowitsch 1 5 0 4 - 1 5 1 4 Johann Berislawitsch
1 4 8 6 - 1 4 9 6 Georg II Brankowitsch 1515-1535 Stephan Berislawitsch
1496-1502 Johann Brankowitsch 1537 Paul Bakitsch

IV BULGAREM
(nach Zlatarski)
634— 641 Kuwrat
Erstes Bulgarisches Reich
641— 702 Asparuch (Isperich) 777- 802 Kardam
7 0 2 - 719 Terbel 802— 814 Kruni
7 2 5 - 740 Sewar 814- 831 Omurtag
740— 756 Kormisosch 831- 836 Malamir
7 5 6 - 762 Winech 836- 853 Presian
7 6 2 - 765 Teletz 853- 888 Boris I. (Michael) der erste
7 6 5 - 767 Sabin christliche Zar ( t 907)
767 Umar 888- 893 Wladimir
7 6 7 - 772 Toktu 893- 927 Symeon d. Gr.
7 7 2 - ? Pagan 927- 969 Peter
772 oder 7 7 3 - 7 7 7 Telerig 969- 972 Boris II.
492 HERRSCHERTAFELN

Westbulgarisches R e s t r e i c h von Ochrid


9 7 2 - 980 Nikola und David 1 0 1 4 - 1 0 1 5 Gabriel Radomir
9 8 0 - 1 0 1 4 Samuel 1015-1018 Johannes Wladislav

1018—1186 . O s t r ö m i s c h e Herrschaft
Bulgarische Aufstände

1040-1041 Peter Deleanos 1040-1041 Alusianos


1040 Tichomir 1 0 7 3 - 1 0 8 2 Konstantin Bodin

Zweites Bulgarisches Reich


1186-1196 Peter und Asan 1295-1321 Theodor Swetoslav
1197-1207 Kalojan (Joanitza) 1321-1323 Georg II. Terterij
1207-1218 Boril 1323-1325 Woisil
1218-1241 Iwan Asen II. 1324-1330 Michael III. Schischman
1241-1246 Kaliman I. 1330—1331 Johann Stephan Schisch-
1246-1257 Michael II. Asen man
1258-1277 Konstantin Tich 1331—1371 Johann Alexander
1277-1279 Iwailo (Lachanas) um 1350 Dreiteilung Bulgariens
1279-1280 Iwan Asen III. 1371—1393 Johann Schisdhman (in
1281-1292 Georg I. Terterij Tirnowo)
1292-1295 Smil um 1 3 6 5 - 1 3 9 6 Sratzimir (in Widin)
1295 Tschaka

2. Neuzeit
I. M O N T E N E G R O

(serb. Crna Gora, türk. Kara Dagh, griech. M a u r o b u n i o n )


(nach: C. P a t s c h , Montenegro: Enz. d. Isl. III, 635—640)

Im 10.—11. Jh. gehörte das heutige M o n t e n e g r o zu dem serbischen Fürstentum Diokli-


tien, vom 12—14. Jh. zum großserbischen Staate.

Die Balschitschi

Stracimir. 1385—1403 Georg II. Stratimirowitsch


1360—1385 Balschal. - 1 4 2 1 Balscha II.

Die Crnojewitschi

—1465 Stefan CmojewitschlVasallen 1514 Stanischa-Skender Beg Crno-


1465—1490 Ivan Crnojewitsch J Venedigs jewitsch (unter türkischer
1490—1496 G e o r g Crnojewitsch. Oberhoheit)
1496—1499 Stefan Crnojewitsch Nach 1528 wurde Montene-
Türkenherrschaft gro wieder ein Kadilyk des
HERRSCHERTAFELN 493

Sandschaks Skutari, der Bi- 1697-1735 Danilo I. Petrowitsch Njegosch


schof (Vladika) von Cetinje 1735-1782 Sawwa Petrowitsch Njegosch
während der Türkenherr- 1782—1830 Peter I. der Heilige
Schaft W o r t f ü h r e r der Stäm- 1830-1851 Peter II. (Verfasser des „Berg-
me von Zeta. kranz")
1688 Die Montenegriner unterstel- 1 8 5 2 - 1 8 6 0 Danilo II.
len sich der Schutzherrschaft 1860-1918 Nikola I. ( t 1921).
Venedigs

II. S E R B I E N

1804—1813 Karageorg (Karadschordsche)

Fürsten

1817—1839 Milosch Obrenowitsch (zum 1859—1860 Milosch Obrenowitsch (wieder


ersten M a l ) eingesetzt)
1839 Milan Obrenowitsch 1860—1868 Michael Obrenowitsch (wieder
1839—1842 Michael Obrenowitsch (zum eingesetzt)
ersten Mal) 1868-1872 Regenten
1842—1859 Alexander (Sohn Karageorgs)

Könige

1 8 6 8 - 1 8 8 9 Milan Obrenowitsch (König 1921-1934 Alexander I. Karadschordsche-


seit 1882) witsch
1889-1893 Regenten 1934— Peter II. (da minderjährig, wird
1889-1903 Alexander (letzter Obreno- Regentschaftsrat mit Prinz Paul
witsch) an der Spitze eingesetzt)
1903—1921 Peter I. Karadschordschewitsch

III. B U L C A R I E N

1 8 7 9 - 1 8 8 6 Alexander I. von Battenberg 1887-1918 Ferdinand I. zu Sachsen-Ko-


(Fürst) bürg (Fürst, von 1908 ab Zar)
1918-1943 Boris III.

RUMÄNEN
(nach N i k o l a u s J o r g a , Geschichte der Rumänen und ihrer Kultur.
Hermannstadt 1929. 3 5 8 - 3 7 1 )
I. W A L A C H E I

1 2 4 7 - 1 2 . . Seneslav ca. 1340—1364 Nikolaus Alexander


12. .—ca. 1330Ivanco, Iancu Tihomir (To- 1364—ca. 1380 Vladislav, Vlaicu oder Laico
comerius) 138.-138. Radul.
ca. 1330—ca. 1340 Basarab I. - 1 3 8 6 Dan I.
494 HERRSCHERTAFELN

1386-1418 Mircea der Alte 1 6 0 0 - 1 6 0 1 ; 1601-1602 Simeon Movilä


1394-1395 Vladl. 1 6 0 2 - 1 6 1 0 ; 1611 Radu Çerban
1418-1420 Michaeli. 1 6 0 1 - 1 6 0 2 ; 1611; 161 l - 1 6 1 6 R a d u M i h n e a
1420-1431 Dan». 1616 Gabriel Movilä
1422-1427 Radu II., der Einfache oder der 1616-1618 Alexander Elias (Ilias)
Kahle 1618-1620 Gabriel Movilä
1431 Basarab II. Laiota 1620-1623 Radu Mihnea
1431-1435 Alexanderl. (Aldea) 1623—1627 Alexander, genannt „das Kind"
1435-1446 V i a d l l . Dracul oder Draculea (Coconul)
1446-1447 D a n III. oder Danicul 1627-1629 Alexander Elias (Ilias)
1447-1456 Vladislav II. 1629-1632 Leon
1456-1462 Vlad III., Tepes (der Pfähler) 1632 Radu
1462-1474 Radu III., der Schöne 1632-1654 Matei Basarab
1473-1477 Basarab II. Laiota ( t 1480) 1654—1658 Constantin Basarab oder der
1477-1482 Basarab III., der Junge Stumpfnasige
1481 Mircea II. 1658—1659 Mihnea III. oder Michael Radu
1482-1495 Vlad IV., der Mönch 1659—1660 Ghica oder Georg Ghica
1495-1508 Radu IV., der Große 1660—1664 Gregor oder Grigorascu Ghica
1508-1510 M i h n e a l . , der Schlechte 1664—1669 Radu Leon
1510-1512 Vlad V. oder Vladu; 1669—1672 Antonius von Popejti o d e r P o -
1512-1521 Basarab IV. Neagoe pescu
1521 Theodosius 1672-1674 Gregor Ghica
1521 Vlad VI. Dragomir 1674-1678 Georg Duca
1521-1524 R a d u V . Badica 1678—1688 Serban Cantacuzino
1521-1529 Radu IV. von Afumavi 1688—1714 Constantin Brancoveanu
1523-1525 Vladislav III. 1714—1715 Stefan Cantacuzino
1529-1530 Moses 1715—1716 Nikolaus Maurokordatos
1530-1532 Vlad VII., der Ertränkte 1716—1719 Ioan Maurokordatos
1532-1535 Vlad VIII. Vintilä 1719—1730 Nikolaus Maurokordatos
1535-1545 Radu VII. Paisie —1730 Constantin Maurokordatos
1545-1554 Mircea III., der Hirte 1730-1731 Michael Racovitä
1554—1557 Peter I. oder Petrajeu der Gute 1731—1733 Constantin Maurokordatos
1558-1559 Mircea III., der Hirte 1733-1735 Gregor II. Ghica
1559-1568 Peter II. 1735—1741 Constantin Maurokordatos
1568-1577 Alexander II. 1741—1744 Michael Racovi(ä
1574 Vintilä 1744—1748 Constantin Maurokordatos
1577-1583 Mihnea II., der Türke 1748-1752 Gregor II. Ghica
1583-1585 Peter Cercel (Ohrring) 1752-1753 M a t h ä u s Ghica
1585-1591 Mihnea II. 1753—1756 Constantin Racoviça
1591 Elias 1756—J758 Constantin Maurokordatos
1591 Radu VIII. 1758-1761 Scarlat Ghica
1591-1592 Stefan der T a u b e 1761—1763 Constantin Maurokordatos
1592-1593 Alexander der Böse 1763-1764 Constantin Racoviçâ
1593-1601 Michael der Tapfere 1764-1765 Stefan Racoviçâ
1599-1600 Nikolaus II. Petrajeu 1765-1766 Scarlat Ghica
HERRSCHERTAFELN 495

1766—1768 Alexander G h i c a 1 8 1 8 - 1 8 2 1 Alexander Su?u


1768—1769 Gregor III., Alexander G h i c a 1821 S c a r l a t Kallimachi
1770—1771 Emmanuel Giani-Rosetti 1821 Revolution des T u d o r Vladi-
1769—1774 Russische Okkupation mirescu
1774 Friede vo-n Kütschük-Kainard- 1821 - 1 8 2 2 Türkische Besetzung
schi 1 8 2 2 - 1 8 2 8 G r e g o r IV. ( G h i c a )
1774—17,82 Alexander Ypsilanti 1 8 2 8 - 1 8 3 4 Russische Besetzung
1782—1783 Nikolaus C a r a g e a ( K a r a t z a s ) 1 8 3 4 - 1 8 4 2 Alexander G h i c a
1 7 8 3 - 1 7 8 6 Michael S u t u 1 8 4 3 - 1 8 4 8 Georg Bibescu
1786—1790 Nikolaus Maurogeni ( M a v r o - 1848 Provisorische Regierung
gheni) 1848 Caimacamie
1789—1791 österreichische Okkupation 1848 Provisorische Regierung
1791 Friede von Svistov 1848 Caimacamie
1 7 9 1 - 1 7 9 3 Michael S u t u 1848—1849 Caimacamie Constantin Can-
1 7 9 3 - 1 7 9 6 Alexander M o r u z i tacuzino's
1796—1797 Alexander Ypsilanti 1 8 4 9 - 1 8 5 3 B a r b u Stirbei (Stirbey)
1 7 9 7 - 1 7 9 9 Constantin Handscherli 1853—1854 Russische Besetzung
1799-1801 Alexander M o r u z i 1 8 5 4 - 1 8 5 6 Barbu §tirbei (Stirbey)
1 8 0 1 - 1 8 0 2 Michael Suçu 1856—1858 Caimacamie Alexander Ghicas
1802 Alexander Suçu 1858—1859 Caimacamie: Johann Manu,
1802—1806 Constantin Ypsilanti Emmanuel Baleanu und Jo-
1806 Alexander Su^u hann Filipescu
1806 Constantin Ypsilanti 1859 Alexander J o h a n n C u z a
1 8 0 6 - 1 8 1 2 Russische Besetzung
1 8 1 2 - 1 8 1 8 J o h a n n Georg Caragea (Ka-
ratzas)

II. M O L D A U

ca 1 3 5 2 - 1 3 5 3 Drago? 1 4 4 8 - 1 4 4 9 Peter II. ( 1 4 4 4 Prätendent)


ca 1360 Sasul 1449 Alexander II.
ca. 1360—ca. 1364 Bogdan 1 4 4 9 - 1 4 5 1 Bogdan II.
ca. 1364—ca. 1372 L a ( c u 1 4 5 1 - 1 4 5 7 Peter III. Aaron
ca. 1372—ca. 1393 Stefan I. 1 4 5 1 - 1 4 5 5 Alexander II
ca. 1 3 7 8 - c a 1393 Peter I 1 4 5 7 - 1 5 0 4 Stefan II., der G r o ß e
ca. 1 3 9 3 - 1 3 9 4 Roman I. 1504—1517 Bogdan III., der Einäugige
1394-1400 Stefani (oder II ) 1 5 1 7 - 1 5 2 7 Stefan IV., der Junge ($tefä-
1 3 9 9 - 1 4 0 0 Juga nijä)
1 4 0 0 - 1 4 3 2 Alexander I , der G u t e 1 5 2 7 - 1 5 3 8 Peter IV. Rare?
1 4 3 2 - 1 4 3 4 Elias (Ilia?) I. 1 5 3 8 - 1 5 4 0 Stefan V . Läcustä ( „ H e u -
1 4 3 4 - 1 4 3 5 Stefan II. schrecke")
1 4 3 5 - 1 4 4 3 Elias mit Stefan II. 1540-1541 Alexander III. Cornea
1 4 4 3 - 1 4 4 7 Stefan II. 1 5 4 1 - 1 5 4 6 Peter IV. Rare?
1 4 4 7 - 1 4 4 8 Roman II. 1546-1551 Elias (Ilia?) H.
1448 Alexander II. 1 5 5 1 - 1 5 5 2 Stefan V I Rare?
496 HERRSCHERTAFEI.N

1552 Johann I. Joldea 1672—1673; 1673—1674 Stefan XI. Petri-


1552—1561 Alexander IV. Läpujneanu ceicu
1561—1563 Johann II. Basilikos der Despot 1673; 1674—1675 Demetrius (Dimitraçcu)
1563-1564 Stefan VII. T o m j a Cantacuzino
1564—1568 Alexander IV. Lapuçneanu 1675—1678 Antonius Rosetti (Ruset)
1568-1572 Bogdan IV. 1678-1684 Georg III. Duca
1572-1574 Ioan III., der Schreckliche (der 1684 Stefan XI. Petriceicu
Armenier) 1684—1685 Demetrius Cantacuzino
1574-1577 Peter V., der Lahme 1685—1693 Constantin Cantemir
1577 Ioan IV. Potcoavä („Hufeisen") 1693 Demetrius Cantemir
1578—1579 Peter V., der Lahme 1693-1695 Constantin Duca
1579-1582 Jancu Sasul („der Sachse") 1695—1700 Antiochus Cantemir
1582-1591 Peter V., der Lahme 1700-1703 Constantin Duca
1591—1592 Aaron, der Tyrann 1703-1705 Michael Racovi{ä
1592 Alexander, der Böse 1705—1707 Antiochus Cantemir
1592 Peter VI., der Kosak 1707-1709 Michael Racoviçâ
1592-1595 Aaron, der Tyrann 1709—1710 Nikolaus Maurokordatos
1595—1606 Jeremias Movilä (Moghila) 1710—1711 Demetrius Cantemir
1600 Midiael, der Tapfere 1711 Caimacamie des Vornic Lupu
1606—1607 Simeon Movilä 1711 Caimacamie des Ioan Mauro-
1607 Michael (Mihailaç) Movilä kordatos
1607; 1611 Constantin Movilä (+1612) 1711—1716 Nikolaus Maurokordatos
1611-1615 Stefan IX., Tom 5 a 1716—1726 Michael Racoviiä
1615—1616 Alexander V. Movilä 1726-1733 Gregor II. M a t h ä u s Ghica
1616-1619 RaduMihnea 1733—1735 Constantin Maurokordatos
1619-1620 Kaspar Gratiani 1735-1739 Gregor II. M a t h ä u s Ghica
1620-1621 Alexander VI. Ilia? 1739 Russische Besetzung
1621-1623 Stefan IX. T o m j a 1739-1741 Gregor II. M a t h ä u s Ghica
1623-1626 RaduMihnea 1741—1743 Constantin Maurokordatos
1626—1629 Miron Barnowski Movilä 1743—1747 Ioan Maurokordatos
1629—'1630 Alexander VII. Coconul („das 1747—1748 Gregor II. M a t h ä u s Ghica
Kind") 1748—1749 Constantin Maurokordatos
1630—1631 Moses Movilä 1749—1753 Constantin Racovitä
1631—1633 Alexander VI. Ilia? 1753-1756 M a t h ä u s Ghica
1633 Miron Barnowski ca. 1756—1757 Constantin Racoviiä
1633—1634 Moses Movilä 1757-1758 Scarlat Ghica
1634-1653,1653 Basil Lupu 1758—1761 Ioan Theodor Kallimachi oder
1653; 1653-1658 Georg I. Stefan Calmäjul
1658-1659 Georg II. Ghica 1761-1764 Gregor Kallimachi
1659,1661 Constantin Basarab 1764—1767 Gregor Alexander Ghica
1659-1661 Stefan X. ( S t e f a n i e ) 1 7 6 7 - 1 7 6 9 Gregor Kallimachi
1661—1665 Eustratius Dabija 1769 Constantin Maurokordatos
1 6 6 5 - 1 6 6 6 Georg III. Duca 1769—1774 Russische Besetzung
1666—1668 Elias (Ilia?) Alexander 1774-1777 Alexander Ghica
1668-1672 Georg III. Duca 1777—1782 Constantin Moruzi
HERRSCHERTAFELN 497

1782—1785 A l e x a n d e r M a u r o k o r d a t o s I. 1806—1812 Russische B e s e t z u n g


Delibey 1 8 1 2 - 1 8 1 9 S c a r l a t Kallimachi
1785—1786 A l e x a n d e r M a u r o k o r d a t o s II. 1 8 1 9 - 1 8 2 1 Michael S u t u
Phiraris 1821 Griechische E r h e b u n g
1786—1788 A l e x a n d e r Ypsilanti 1821 C a i m a c a m i e des M e t r o p o l i t e n
1788 E m a n u e l Gianti-Rosetti 182:1—1822 C a i m a c a m i e des S t e f a n V o g o -
178S—1792 Russische B e s e t z u n g rides
1792 F r i e d e von J a s s y 1 8 2 1 - 1 8 2 2 Türkische Besetzung
1787—1791 ö s t e r r e i c h i s c h e B e s e t z u n g 1822—1828 Ioan S a n d u S t u r d z a
1791 F r i e d e von S v i s t o v 1828—1834 Russische B e s e t z u n g
1 7 9 2 - 1 7 9 3 Alexander Moruzi 1 8 3 4 - 1 8 4 9 Michael Sturdza
1 7 9 3 - 1 7 9 5 Michael S u t u 1 8 4 9 - 1 8 5 3 Gregor Alexander Ghica
1 7 9 5 - 1 7 9 9 A l e x a n d e r Kallimachi 1853—1854 Russische B e s e t z u n g
1 7 9 9 - 1 8 0 1 C o n s t a n t i n Ypsilanti 1854—1856 G r e g o r A l e x a n d e r G h i c a
1 8 0 1 - 1 8 0 2 Alexander Suçu 1856—1858 C a i m a c a m i e von T h e o d o r Bai?
1 8 0 2 - 1 8 0 6 Alexander Moruzi und Nikolaus Vogorides
1806 S c a r l a t Kallimachi 1858—1859 C a i m a c a m i e : S t e f a n C a t a r g i u ,
1807 A l e x a n d e r Handscherli Basii S t u r d z a , A n a s t a s i u s P a n u
1 8 0 7 - 1 8 1 0 S c a r l a t Kallimachi 1859 Alexander Johann C u z a

III. V E R E I N I G T E F Ü R S T E N T Ü M E R , D A N N R U M Ä N I S C H E R EINHEITSSTAAT

Fürstentum

1859—1866 A l e x a n d e r J o h a n n I. C u z a
1866 Fürstliche S t a t t h a l t e r s c h a f t : N . G o l e s c u , L a s c a r C a t a r g i u , N . H a r a l a m b i e
1866—1881 K a r l I. von H o h e n z o l l e r n - S i g m a r i n g e n

Königreich
1881—1914 Caroll.
1 9 1 4 - 1 9 2 7 F e r d i n a n d I.
1927—1930 R e g e n t s c h a f t f ü r den u n m ü n d i g e n K ö n i g M i c h a e l I.
1 9 3 0 - 1 9 4 0 C a r o l II.
1 9 4 0 - 1 9 4 7 M i c h a e l I.

MADJAREN
895 U n g a r i s c h e Landnahme
S 5 5 Schlacht a u f d e m L e c h f e l d e bei A u g s b u r g

KONICE VON UNGARN

I. D y n a s t i e der Arpäden

9 9 7 - 1 0 3 8 S t e p h a n I. d. H l . (seit 1000 als 1 0 4 4 - 1 0 4 6 Peter Urseolo (zum zweiten


König) Male)
1 0 3 8 - 1 0 4 1 Peter U r s e o l o 1 0 4 7 - 1 0 6 0 A n d r e a s I.
1 0 4 1 - 1 0 4 4 S a m u e l ( a u s der Familie A b a ) 1 0 6 0 - 1 0 6 3 Bela I.

32 StadtmiUIer, Gesdiichte Südosteuropas


498 HERRSCHERTAFELN

1063-1074 Salomon 1162-1163 Stephan IV.


1074-1077 Geza I. 1173-11% Bela III.
1077-1095 Ladislaus I. d. Hl. 1196-1204 Emmerich
1095-1116 Koloman 1205 Ladislaus III.
1116-1131 Stephan II. 1205-1235 Andreas II.
1131-1141 Bela II. 1235-1270 Bela IV.
1141-1161 Geza II. 1270-1272 Stephan V.
1161-1173 Stephan III. 1272-1290 Ladislaus IV.
1162 Ladislaus II. 1290-1301 Andreas III.

II. D i e K ö n i g e a u s v e r s c h i e d e n e n Dynastien
(A vegyeshäzi kirälyok)

1301-1304 Wenzel (von Böhmen) 1440-1444 Wladislaus I. Jagello


1304-1308 Otto (von Bayern) 1445—1457 Ladislaus V. (von Habsburg)
1308-1342 Karl I. (von Anjou) 1446—1452 Johannes Hunyadi als Reichs-
1342-1382 Ludwig I. d. Gr. (von Anjou) venveser
1383-1385 M a r i a (von Anjou) 1458-1490 Mathias I. Corvinus Hunyady
1385-1386 Karl II. der Kleine (von Anjou) 1490-1516 Wladislaus II. Jagello
1387—1437 Sigismund (von Luxemburg) 1516—1526 Ludwig II. Jagello
1437-1439 Albrecht (von Habsburg)

III. D y n a s t i e d e r Habsburger und Habsburg-Lothrini


1526-1564 Ferdinand I. 1658-1705 Leopold I.
1564—1576 Maximilian 1705-1711 Joseph I.
1576-1608 Rudolf 1711-1740 Karl III.
1608-1619 Mathias II. 1740-1780 Maria Theresia
1619-1637 Ferdinand II. 1780-1790 Joseph II.
1637-1657 Ferdinand III. 1790-1792 Leopold II.
1647-1657 Ferdinand IV. 1792-1835 Franzi.
(minderjährig zum König ge- 1835-1848 Ferdinand V.
krönt, starb noch unter der 1848-1916 Franz-Joseph I.
Regierungszeit seines Vaters 1916-1918 Karl IV.
Ferdinand III.)

FÜRSTEN VON SIEBENBURGEN

1541-1551 -Isabella 1598-1599 Andreas Bathory


1551-1556 Siebenbürgen mit U n g a r n 1603 Moses Szekcly
vereinigt 1605-1606 Stephan Bocskay
1556-1559 Isabella (zum zweiten Male) 1605—1608 Sigismund Räköczy
1559-1571 Johann Sigismund (Sohn des 1608-1613 Gabriel Bäthory
Johann Szapolyai) 1613-1629 Gabriel Bethlen
1571-1581 Stephan Bäthory 1629—1630 Katharina von Brandenburg
1 5 8 1 - 1 5 8 6 Christoph Bäthory 1630 Stephan Bethlen
1586-1598 Sigismund Bäthory 1 6 3 0 - 1 6 4 8 Georg I. Räköczy
HERRSCHERTAFELN 499

1 6 4 8 - 1 6 6 0 Georg II. Räköczy 1660-1662 Johann Kemeny


1 6 5 8 - 1 6 5 9 Franz I. Rhedey 1 6 6 2 - 1 6 9 0 Michael Apafi
1659-1660 AkosBarcsay 1705-1711 Franz IL Räköczy

SUDETENSLAWEN
HERRSCHER DES G R O S S M Ä H R I S C H E N REICHES

um 8 3 0 - 8 4 6 M o j m i r l . 8 7 0 - 8 9 4 Svatopluk
8 4 6 - 8 7 0 Rastislav 8 9 4 - 9 0 4 Mojmir II.

HERRSCHER VON BÖHMEN

Preniysliden

um 880 Borivoj I. 1109-1117 und 1121-1125 König Vla-


um 895—905 Spytihnev I. dislav I.
9 0 5 - 9 2 1 Vratislav 1125-1140 Sob&IavI.
9 2 1 - 9 2 9 Wenzel d. Hl. (Vaclav Svaty) 1140-1174 König Vladislav II.
9 2 9 - 9 6 7 Boleslav I. 1 1 7 4 - 1 1 7 9 Sobeslav II.
9 6 7 - 9 9 9 Boleslav II. 1179-1189 Friedrich
9 9 9 - 1 0 0 2 Boleslav III. Rudy 1189-1191 Konrad-Otto
1 0 0 2 - 1 0 0 4 Boleslav Chrobry von Polen 1191-1193 und 1 1 9 7 - 1 2 3 0 Premysl-
1004-1012 und 1033-1034 Jaromir Ottokar I. (seit 1198 erb-
1012-1033 Oldrich liche Könige)
1034-1055 Bretislavl. 1193-1197 Heinrich-Bretislav
1055-1061 SpytihniSv II. 1230-1253 Wenzel I.
1061-1092 König Vratislav 1253-1278 Pfemysl-Ottokar II.
1 0 9 2 - 1 1 0 0 Bretislav II. 1278-1305 W e n z e l H .
1100-1107 und 1117-1121 Borivoj II. 1 3 0 5 - 1 3 0 6 Wenzel III.
1 1 0 7 - 1 1 0 9 Svatopluk

Luxemburger

1306-1346 Johann 1411; faktisch regierte er nur


1346-1378 Kaiser Karl IV. 1436-1437)
1378-1419 Wenzel IV. (bis 1400 als W e n - 1 4 3 7 - 1 4 3 9 Albrecht
zel I. auch Kaiser)
1419—1436 Hussitenkriege 1453—1456 Ladislaus Postumus (Ladislav
1419—1437 Kaiser Sigismund (Kaiser seit Pohrobek)

Wahlmonarchie
1458-1471 Georg (Ji?i) von Podebrad Seit 1526 Habsburgische Dynastie
1 4 7 1 - 1 5 1 6 Vladislav Jagellovec (vgl. oben: Könige von U n g a r n )
1516-1526 Ludwig

32*
500 HERRSCHERTAFELN

OSTSLAWEN
R U S S I S C H E ( W A R Ä G I S C H E ) F O R S T E N V O N KIEV
Glanzzeit

879-912 Oleg 1019-1054 JaroslavMudryj („derWeise*)


912-944 Jgor 1054-1073; 1076—1078 Izjaslav I.
944-957 Olga 1073-1076 Swjatoslav II.
957—972 Swjatoslav I. Chrobryj 1078-1093 Wsewolod II.
972-979 Jaropolk I. 1093-1113 Swjatopolk II.
979—1015 Wladimir I. d. Gr., d. Hl. 1113-1125 Wladimir II. Monomach
1015-1019 Swjatopolk I. Okajannyj 1125-1132 Mstislav I. d. Gr.

Verfallszeit
1132-1139 Jaropolk II. (Monomachs Dynastie)
1139—1146 Wsewolod II. von Tschernigov 1167-1169 Mstislav II.
1146-1149; 11-50—1154 Izjaslav II. (Monomachs Dynastie)
(Monomachs Dynastie) 1169-1171 Gleb von Suzdal
1 1 5 4 - 1 1 5 5 ; 1157-1158 Izjaslav III. von 1)171 ; 1175—1176 Roman von Wolhynien
Tschernigov 1172 Michael von Suzdal
1158-1167 Rostislav 1176—1194 Swjatoslav III. von Tschernigov

FÜRSTEN VON CALIZIEN UND WOLHYNIEN

1034-1124 Wladar und Wasilko gemein- 1205-1238 Wirren


sam 1 2 0 5 - ? ; 1238-1264 Daniel
1124—1154 Wladimirko 1264-1300 Leo I.
1154—1187 Jaroslav Osmomysl 1300-1308 ( ? ) Jurij I.
1187-1199 Wladimir 1308-1323 Leo II.
1199-1205 Roman d. Gr. 1323-1340 Jurij II. Boleslav
ZEITTAFEL

Westen Osten

(Ungarn—Kroatien, Böhmen—Mähren, (Balkan, Byzanz)


Deutschland)
269 Schlacht bei Naissus

271 Räumung der Provinz Dacia Trajana

313 Mailänder 7 oleranzedikt


324—37 Konstantin der Qroße

330 Erbauung Konstantinopels

361—363 Julian der Apostat

375 Jiunnensturm
Untergang des Qroßgotisdben Reiches

378 Schlacht bei Adrianopel

395 Reidhsteilung

431 Konzil zu Ephesos

451 Konzil zu Chalkedon

453 Attila *

482 Henotikon (Unionsformel) des Kai-


sers Zeno

484—519 Akakianisdhes Sdbisma zwischen Rom


und Byzanz

527—565 Justinian

529 Corpus Juris Civilis

532 Nika-Aufstand in Konstantinopel

553 Konzil zu Konstantinopel


502 ZEITTAFEL

um 550 Hervortreten der Xut(r)teuren (Bulgaren)


565 Justinian +

567 Sieg der Awaren und Langobarden


über die Gepiden

568 Abwanderung der Langobarden nadh Italien


Ende der germanischen Völkerwanderung

568 „Gründung" Venedigs


592 Eindringen der Awaren und Slawen
in Tirol
Vm 600 Stawisdhe Landnahme: das Binnenland der
Balkanbalbmsel wird von den Slawen besetzt

6 1 0 - 6 4 1 Herakleios I.

614 Persische Eroberung Jerusalems

622 Hidschra: Flucht Muhammeds von


M e k k a nach Medina

623 Plünderung Kretas durch Slawen

626 Belagerung Konstantinopels durch


Awaren und Araber

628 Rückgewinnung des hl. Kreuzes

632 Tod Muhammeds

635 Arabische Eroberung von Damaskus

638 Arabische Eroberung von Jerusalem

642 Arabische Eroberung von Alexandreia

641—668 Kaiser Konstans II.

717/8 Arabische Belagerung von Kon-


stantinopel

654 Plünderung von Rhodos

679 Gründung des donaubulgarischen


Staates durch Asparuch

680 Xonzil zu Xonstantmopet (Trullanum)


679—1018 I. Bulgarisches Reich, Haupt-
stadt zuerst Pliska, dann Preslav,
schließlich Ochrid
ZEITTAFEL 503

7 ! 7 Arabische Belagerung von Konstan-


tinopel

um 720—730 Ennstal von Bajuwaren er- 726 I. Edikt Leos III. gegen die Bilder-
obert Verehrung

Sârisma zwischen Horn und Byzanz

7 6 8 - 8 1 4 Karl der G r o ß e
780—802 Kaiserin Irene
788 Awareneinfall in Baiern
A b s e t z u n g des Baiernherzogs T a s -
silo III. u n d Besetzung des byzantini-
schen Istrien durch K a r l d. Gr.

789 Konzil z u N i k ä a
791 Karls erster Feldzug nach U n g a r n

796/797 Zweiter fränkischer Feldzug nach


U n g a r n : U n t e r w e r f u n g der Awaren

8 0 2 - 8 1 4 K r u m , C h a n der Bulgaren

803 W e s t u n g a r n wird „Pannonische 803 Bulgarische Eroberung der östlichen


Mark" H ä l f t e des Awarenreiches

809 Eroberung von Serdika (Sofia) durch


Krum

827 (828?) Arabische Eroberung Kretas

8 3 0 - 8 9 4 Großmährisches Reich 842 „Synode der Rechtgläubigkeit"


W i e d e r e i n s e t z u n g der Bilderver-
ehrung

8 5 7 - 8 8 6 Patriarch Photios

Tbotianisches Schisma zwisdhen Rom und Byzanz

8 5 3 - 8 8 8 Z a r Boris-Michael
E i n f ü h r u n g des Christentums in
Bulgarien

863 Kyrillos u n d Methodios in M ä h r e n

874 Friede von Forchheim

8 8 7 - 8 9 9 Arnulf von K ä r n t e n
8 9 3 - 9 2 7 Z a r Symeon der G r o ß e
504 ZEITTAFEL

894 Zwentibald (Swatopluk) t


Auflösung des Großmährischen
Reiches

895 Deutsche O b e r h o h e i t von Böhmen


anerkannt

895 M a d j a r i s c h e L a n d n a h m e
904 P l ü n d e r u n g Salonikis durch saraze-
nische Korsaren
9 0 7 Schlacht bei P r e ß b u r g
D e r bairische H e e r b a n n von den
M a d j a r e n vernichtet
955 Schlacht auf dem Lechfeld bei Augs-
burg 957 Besuch der russischen Fürstin Olga
( H e l e n a ) in Konstantinopel

961 Byzantinische Rückeroberung von


Kreta

9 7 2 - 9 9 7 Fürst G e z a 972 Ostbulgarien byzantinische Provinz

9 7 6 - 1 0 2 5 Basileios II., der „Bulgaren-


schlächter"

988 T a u f e W l a d i m i r s des Heiligen


9 9 7 - 1 0 B 8 S t e p h a n der Hl., König von
Ungarn

1000 G r ü n d u n g des Erzbistums G r a n

1000 Besetzung Dalmatiens durch Venedig

1014 Schlacht bei Kljutsch

1018 Byzantinische Eroberung Ochrids


1034 M ä h r e n endgültig mit Böhmen ver- Ende des westbulgarischen Rest-
einigt reiches

1054 Endgültiges Schisma zwischen West- und Ostkirche


(Patriarch ^Michael Xerullarios)
1071 Normannische Eroberung von Bari 1071 Schlacht bei M a n t z i k e r t

1 0 7 7 - 1 0 9 5 Ladislaus I. der Hl. König von


Ungarn

1095—1116 Koloman, König von U n g a r n


1096—1099 Erster Xreuzzug
1102 K r o a t i e n mit U n g a r n vereinigt
(Pacta conventa)
ZEITTAFEL 505

1147—1149 Zweiter Xreuzzug

1166 Oströmischer Einfluß ü b e r Bosnien

1171 Konfiskation der Venezianer im byzantinischen


Heidi durdb Manuel I.

1177 F r i e d e n s v e r m i t t l u n g Venedigs zwi-


schen Friedrich I. Barbarossa u n d
P a p s t A l e x a n d e r III.

um 1180 Beginn des deutschen Kolonisten- 1180 M a n u e l l , t


Zustroms nach d e r Slowakei und Erschütterung der oströmisdien
nach S i e b e n b ü r g e n H e r r s c h a f t durch innerbalkanische
Unabhängigkeitsbestrebungen

1180—1204 Ban Kulin in Bosnien


Bosnien wird selbständig

1 1 8 5 - 1 3 9 3 II. Bulgarisches Reidi


(Hauptstadt Tirnowo)

1189—1191 Dritter Xreuzzug

1204 Vierter Xreuzzug: Lateinische Eroberung


Xotistantiiiopels und Aufteilung des oströmisdien
Reiches

1204—1261 Lateinisches Kaiserreich

1222 „Goldene Bulle" ( G r u n d l a g e des


ungarischen Staatsrechtes)
um 1210 erstes A u f t r e t e n der walachischen
W a n d e r h i r t e n in Siebenbürgen
1 2 3 3 - 1 2 7 0 Bela IV. K ö n i g von U n g a r n

1241 Jatareneinfatl nad} Ungarn


SdMacht bei !Mobi

1243/1244 Ansiedlung d e r K u m a n e n u n d
J a z y g e n an d e r T h e i ß

1251 „ G o l d n e Bulle f ü r die ungarischen


Juden"

1 2 5 3 - 1 2 7 8 O t t o k a r II. Premysl, König


von Böhmen
1261 Oströmische Rüdeeroberung Kon-
stantinopels
1278 Schlacht bei Dürnkrut auf dem
Marchfeld
506 ZEITTAFEL

1301 Aussterben des ungarischen Herr-


scherhauses der A r p a d e n 1288—1326 O s m a n I.

1 3 0 8 - 1 3 4 2 Karl I. Robert
Wiederherstellung der ungarischen
Königsmacht 1331—1355 Z a r S t e p h a n Duschan
Großserbisches Reich als balkarische
Vormacht

1342—1382 Ludwig I. der Qroße von Ungarn


Höhepunkt der ungarisdben Qroßmadbtstellung
nach 1350 Aufhören des deutsdhen Xolonistenzustroms

1 3 4 7 - 1 3 7 8 Karl IV. der L u x e m b u r g e r

1348 G r ü n d u n g der Universität P r a g

1356 „Goldene Bulle" ( W a h l o r d n u n g des 1352 Ü b e r g a n g der O s m a n e n nach Europa


deutschen Königs u n d römischen
Kaisers) 1361 Türkische Eroberung Adrianopels

1365 G r ü n d u n g der Universität W i e n 1365 M o l d a u wird selbständiges Fürsten-


tum
1367 G r ü n d u n g der Universität Fünf-
kirchen
1369—1415 Johannes H u s
1389 Schlacht auf dem Amselfeld
1386 Vereinigung Polens u n d Litauens
1393 Türkische Eroberung Tirnowos
1396 Türkische Eroberung W i d i n s
U n t e r g a n g der bulgarischen Eigen-
staatlichkeit

1402 Schlacht bei A n k a r a


1419—1434 Hussitenkriege

1440 Peter Chelcicky, G r ü n d e r der


„Brüdergemeinde"
1451—1481 M o h a m m e d II., der „Eroberer"

1453 Türkische Eroberung Xonstantinopels

1456 Türkische Besetzung Athens


1458—1490 M a t h i a s Corvinus von U n -
garn, Förderer des H u m a n i s m u s
1459 Eroberung von Semendria
ZEITTAFEL 507

1460 Eroberung von Misthra

1463 Besetzung Bosniens


1479 Venedig verliert Negroponte
146S Tod Skanderbegs: Ende des
albanischen Freiheitskampfes

1498—1549 Johannes Hontems, Reforma-


tor Siebenbürgens

1508 Einführung des Buchdrucks in der


Walachei

1512-1520 Selim I.

1516 Eroberung Syriens

1517 Eroberung Ägyptens

1 5 2 0 - 1 5 6 6 Süleiman II. der Große

1522 Eroberung von Rhodos.


1523-1571 Jan B'ahoslav

1526 Habsburg (Ferdinand I.) erwirbt Böh-


men-Mähren und Ungarn-Kroatien

1526 Jürkischer Sieg bei Tftohäcs


1529 I. Jürkisdhe Belagerung "Wiens
1541 Jürkisdhe Eroberung Ofens

1546—1547 Schmalkaldischer Krieg


1566 Türkische Eroberung von Chios

1568 Friede von Adrianopel


1 5 7 0 - 1 6 3 7 Peter Päzmäny
1571 Türkische Eroberung von Zypern
1576—1586 Stefan Bathory, König von
Polen, Fürst von Siebenbürgen
1583-1634 Albrecht von Wallenstein

1585 Gründung der Universität G r a z

1606 friede von Zsitvatorok


1618 Prager Fenstersturz
1618—1648 Dreißigjähriger Krieg
1620 Schlacht am Weißen Berge
508 ZEITTAFEL

1621—1638 Kyrillos Lukaris, ökumen.


1627 „Erneuerte Landesordnung": Böh- Patriarch von Konstantinopel
men den österreichischen Ländern
gleichgeordnet

1 6 3 1 - 1 7 0 7 Karl Leopold Graf Kollonitch


„Kollonitch'sches Einrichtungswerk"

1645—1669 Kampf um Xreta

1648 Westfälischer Friede

1658-1705 Leopold I.

1663—1736 Prinz Eugen von Savoyen

1664 Schlacht bei St. Gotthard an der


Raab

1666—1734 Claudius Florimund, Graf von


Mercy, Gouverneur des Banats

1669 Eroberung Xandias durdh Osmanen

1683 II. Jiirkische Belagerung Wiens


CKara Mustafa)

1685187 Venezianische Eroberung Koreas

(Francesco Morosini)

1688 Habsburgische Erbfolge auf dem


ungarischen Thron von dem unga-
rischen Reichstag anerkannt

1686 Ende der osmaniscben Herrschaft in Ungarn


Ofen zurückerobert

1701-1713 (1714) Spanischer Erbfolge-


krieg

1697 Sieg bei Zenta

1697 Rumänische Kirchenunion in


Siebenbürgen

1699 Jriede von Xarlowitz

1703 Aufstand des Fürsten Räköczy


ZEITTAFEL 509

1711 Jriede von Sathmar

1713 (bzw. 1723) Pragmatische Sanktion

1716 Venedig verliert Ttlorea

1718 friede von Passarowitz

1739 friede von Belgrad

1740-1780 Maria Theresia

1740—1748 österreichischer Erbfolgekrieg

1748—1833 Adamantios Korais, griechi-


scher Polyhistor und nationaler Er-
wecker

1752—1832 Buschatlija, Paschadynastie in


Skutari

1757-1798 Rigas Pheräos Welestinlis


1763 Friede von Hubertusburg
1768—1774 Russisch-türkischer Krieg

1770—1774 Russische Okkupation des


ägäischen Archipels

1774 Friede von Kütschük Kainardsche


1775 Besetzung der Bukowina durch öster-
reichische Truppen

1780-1790 Joseph II.

1781 Aufhebung der Leibeigenschaft durch


Joseph II.
1781 Ansiedlungspatent Josephs II.
1783 Rußland erwirbt die Krim
1790 Reichstag in Presburg
„Supplex libellus Valachorum"

1790 Reichstag in Preßburg 1794 Gründung von Odessa

1804 I. Serbischer Aufstand

1806 Schlacht bei Schabatz

Eroberung Belgrads

1808-1839 Machmud II.


1809 Friede von Schönbrunn
510 ZEITTAFEL

1809 Verwaltungsgebiet „Illyrische Pro-


vinzen"
1812 Friede von Bukarest zwischen Ruß-
land u n d der Türkei

1814 „ H e t ä r i e der Philiker" gegründet


1815 W i e n e r Kongreß

1 8 1 6 - 1 8 4 9 Königreich Illyrien

1792—1860 S t e p h a n Szechenyi der „größte


Ungar"

1802—1894 Ludwig Kossuth — Gegner


Szechenyis

1 8 0 9 - 1 8 7 2 Ljudevit Gaj, kroatischer Poli-


tiker

182i—i829 Griechischer Freiheitskampf

1825—1855 Zar Nikolaus I.

1826 Vernichtung des Janitscharenkorps

1827 Seeschlacht bei N a v a r i n o

1829 Friede von Adrianopel

1830 Londoner Konferenz, Erridbtung des


unabhängigen griechischen Nationalstaates

1839 Reichsgesetz Hatti-i-scherif von Gül-


hane

1 8 5 3 - 1 8 5 6 Krimkrieg

1855 Einnahme von Sewastopol

1850 O l m ü t z e r Punktation 1856 H a t t i - i - h u m a j u n

1856 Friede von Paris

Anerkennung des Osmaniscfhen Reidhes


als Mitglied der europäisä)en Völkerredhtsgeweinsdbaft

1866 Niederlage Österreichs im K a m p f e


gegen P r e u ß e n
Friede von Nikolsburg — Ausschei-
den Österreichs aus dem Deutschen
Bund

1867 österreichisch-ungarischer Ausgleich


(Deäk'scher Ausgleich)
ZEITTAFEL 5U

1870/71 Deutsch-französischer Krieg

1871 Pontus-Xonfcrenz zu London

1 8 7 7 - 1 8 7 8 Russisch-türkischer Krieg

1878 friede con San Stefano


1878 Berliner Kongreß

Errichtung des bulgarischen N a t i o n a l -


staates. Völlige U n a b h ä n g i g k e i t Rumä-
niens
1903 Armeebefehl von Chlopy

1903 Abkommen von Mürzsteg


zwischen Ösierreidh-Vngarn und Rußland

1904—1905 Russisch-japanischer Krieg

1905 Friede von Portsmouth

1508 Bosnisdbe Jnnexionskrise

1912—1913 Balkankriege
1914 (28.6.) Ermordung von Erzherzog IranzJerdinand
und Sophie

¡914—1918 I. Weltkrieg
NAMEN UND SACHVERZEICHNIS

s. = siehe, s. a. = siehe Aidin 345 AU Pascha (Tepelenli)


anch. Wichtige Stellen Ajia Lawra 368 von Janina 277, 346,
sind durch * bezeichnet. Akakianisches Schisma 362
172 Allslawisch 387, 388
A Akarnanien 206 Alma 392
Akkermann s. Cetatea Alpenländer ggf., 130 bis
Aachen (Fr. v.) 178 f. Alba 1 3 5 . 1 4 8 - l 8 8 - 1 9 & , 257,
(Tuch) 195 Akkon 184, 185 325
Abauj 193 Akriten 263 Alpenslawen 100, s. a.
Abendland 76, 86, 176 Akroinon 107 Slowenen
Aboba 121 Akrokorinth 1 1 2 Alpheios 368
Abrytus 62 Aktium 32 Alpidzuren 70
Achäer 20, 2 1 'A?Mfiotvix6v 173 Alstaedt 256
Achaia 27, 31, 39, 214, Alanen 67, 74 Alt (Aluta) 29, 30
368 Alba Julia (Gyulafehör- Altbulgarisch s. Kirchen-
Acumincum 34 var, Siebenbürgisch- slawisch
Adria 14, 16, 18—20, 22, Weißenburg, Karls-
burg) 255, 256, 306 Altofen 34
23, 42, 46, 47, 91, 135, Aluta s. Alt
146, 179, 184, 190, Albaner s. a. Gegen, Tos- Amalfi 175, 180
198, 202, 203, 283, ken
Amasia 345
311 Albaner (Arnauten) 15, Amorion 107
Adrianopel 15, 83, 91, 46, 97f.*, 160, 202 bis Amphipolis 2 1
172, 2 1 7 , 263, 310, 207*, 265, 271, 274f., Amselfeld (Kosovopolje)
37 1 —373. 3 7 6 , 392 2 7 7 I , 280, 321, 339, 197, 265
Adrianus, hl. 133 343f.. 346f., 362, 363, Amsterdam 294
Aegisus 26 364, 368, 369, 376 Anatolien (Kleinasien) 28,
Agäische Inseln (Archi- Albanien 14, 50, 51, 95, 43, 44, 45, 62, 102 bis
pel) i n , 254, 266, 144, 203, 2o6f., 271, 109, 167, 2 1 1 , 216,
.. 363 f- 272, 274, 278, 280,
339, 34°, 341, 344. 261—263, 265, 266,
Ägäisches Meer 13, 16, 18, 271, 275, 345—347.
91, m , 1 1 7 , 146, 185, 37&f-
Alboin 87 378
206, 282, 354, 363 Anchialos 16, 37, 38
Aetius 74 Albrecht I I . 229, 2 3 1 f., Anchises 52
Afrika 104 246 Andetrium 24
Ägion 40, 1 1 4 , 368 Alcildzuren 70 Andreas, hl. 1 1 6
Äneas 52 Alemannia 237 Andronikos I I . 216, 340
Ätoler 20 Aleppo 1 1 7 Andronikos I I I . 2 1 6
Ätolien 206 Alessio s. Lissus
Angora s. Ankara
Agram (Zagreb) 196, 385, Alexander I I I . 179, 1 8 1 Anjou (Angiovinen) 207,
398 Alexander Severus 52
Alexandria 81, 82, 259, 214, 2 1 5 , 229, 2 3 1
Agron 19 Ankara (Angora) 222,265,
Ägypten 82, 102, 103, 260
345
1 1 7 , 185, 260, 266, Algerien 363 Anna Komnene 170
277. 346, 369—37 1 Algier 266
Aja Sofya s. Sophien- Annona 44
Ali Pascha von Dschanik Antemurale christianitatis
kirche 346 312
33 Stadtmüller, Geschichte Südosteuropas
514 NAMEN- U N D SACHVERZEICHNIS

Anten 91, 92 Athos 366 Barbaren 169, 171, 225


Anthimos, Patriarch 365 Attalos 20 Barbareske Deys 355
Antiochia 117, 184 Attika 40, 206 Barbaricum 60
Antivari (Bar) 93 Attila 71—74*, 90, I7öf. Barbarossa s. Friedrich I.
Antoninus Pius 30, 37 ,,Augsburger Konfession" Bardas, Cäsar 118
Antwerpen 365 258, 291
Bardunioten 368
Apollonia 19, 37, 38 Augusta Trajana 38
Aprilov, Wasil 374 Augustus, Kaiser 23, 24, Bari 167
Apulien 207 26, 32, 33, 34, 38,40,59 Barock 296—298
Apulum 29 Aurelian, Kaiser 35, 44, Barsonj, Georg 301
Aquileja 47, 133f., 146, 63, 80 Bartfeld 193, 194
149, 176, 177 „Ausgleich" (1867) 391 Bartholomäusnacht
Aquincum 34, 42 Austerlitz (Schlacht) 380 (Montenegrinische)
Araber (Sarazenen) 79, Autonomie,lokale 271,352 34i
82, 86f., 96, 102 bis Awaren 67, 75, 79, 87, 90 Basarab 208
110*, 114, n 6 f . , 166, bis 95*, 99—101, 104, Baseler Konzil 246, s. a
169, 171, 175, 261 121 f., 135I*, 138, Kompaktaten
•Arad 389 142f., 145— T 47. I 49, Basileios d. Gr. 82
Aramäer 102 202, 261 Basileios I. 119
Archonten 118, 174 Azeler 48 Basileios II. 103, 119,
Ardarich 74 120, 125, 126, 166
Ardiäer 18f., 22 B Basilicata 207
Argesch 197, 208 Bastarnen 25, 57
Argolis 114, 363, 368, 370 „Bachsche Ä r a " 383, 390 Batatzes s. Johannes III,
Argos 40, 62, 114 Baia 197 Bäthory 254
Arianismus 82, 132 Bajan 92 Bato 24. — s. a. Illyrisch-
Arius 82 Baiern (Bajuwaren) 95, pannonischer Frei-
Arkadeika 113 99, 100, 128—135*, heitskrieg
Arkadia 112, 113 136, 138. M 1 - H5, Batschka 327
Arkadien 40, 63, 110, 112, 146, 148, 149—151*, Batthyäny 390
113, 368 155. l 8 8 f - J 9°. 238,Beccaria 365
Arkadiopolis 72 239, 242, 325 befulci 90, 100
Arkadios 51 Bakonywald 324, 327 Beirut 184
Armatolen 339, 354 Balazsfalva s. Blasendorf Bekir 356
Armee s. Heer Baibin, B. 297 Bekkos, Joh. 214
Armenien, Armenier 102, Balduin I. 214 Bela IV. 189
167, 185, 272, 273, Balearen 84 Belgrad 15, 34, 42, 72,
347, 361, 377 Balkangebirge 13, 15, 28, 136, 171, 343, 350,
Arnauten s. Albaner 41» 5i 355—357. 366, 398
Arnegisclus 72 Balkan (halbinsel) 1 3 — 1 6 Bellum Batonianum s.
Arnoldstein 133 Balkankriege 343, 377, Illyrisch-pannonisch.
Arnulf, bair. Herzog 150 398 Freiheitskrieg
Arnulf von Kärnten 142 Balkanromanen 202, 203, Benediktbeuren 132
Aromunen 273 207 Benediktiner 132, 295,
Arpaden 196, 229, 231 Balkanslawen 258, 361, 325
Arsenije III. Cernoje- 372, 393 Benesch, Ed. 248
witsch 341 B a l k a n Völker 228, 2 70 bis Berat (Diplom) 364
Asen 173 273, 275, 280, 339, Bergama 345
Asine 40, 113 340, 344, 347, 349, Berlin 294
Asparuch (Isperich) 121 35i. 352, 354. 355. Berliner Kongreß 394
Atatürk 334, 348 360—362, 372, 373, Beroia 37, 41
Athanarich 65 37 6 . 382 Berta v. Sulzbach 171
Athanasios v. Alexandria Banat 17, 149, 221, 319, Bessarabien 278
82 324, 327 Bessen 25, 27, 203
Athanasius, rumänischer Banjaluka 398 Bethlen, G. 255, 282, 302,
Bischof 306 Bar s. Antivari 307
Athen 32, 33, 40, 62, 63, Baranya (Schwäbische Bettovia 139
95. 114. 125, 265 Türkei) 327 Bihar 209, 300
NAMEN- UND SACHVERZEICHNIS 515

Bilderstreit (Ikonoklas- Breslau 365 Byzantinisches (oströmi-


mus) io8f. Brigetio 34, 42 sches) Reich 71—74,
Bischof shofen 134 Bronzezeit 56 75—87*, 90—97, 102
Bismarck 393—395 Brüderunität s. Böhmi- bis 120*, 1 2 1 — 1 2 6 ,
Bisterfeld 256 sche Brüder 151, 166—174, 176
Bistritz 193, 194, 197, 254 Brussa 216, 263, 345 bis 183, 207, 2 1 1 bis
Bithynien 216 Buda s. Ofen 224*, 262—265, 268,
Bizye 38 Budapest 278, 331, 389, 33 6 - 34°. 37 2 - — s- a -
Blahoslav, J . 248 394- 395- — s. a. Ofen Konstantinopel
Blasendorf (Blaj, Baläzs- Budim 278 Byzantion 42
falva) 307 Budowetz, Wenzel 292
Bleda 71, 72 Budschak 278 C
Bocche di Cattaro 341 Bug 88
Bocskay, St. 302 Bukarest 357, 373, 375 Caesar 24, 25, 31, 33, 55
Bodony s. Widin Bukowina 196, 197, 316, Campulung 197, 208
Böhmen, Böhmische 325 Canabae 44
Lande, Böhmen-Mäh- Bulgaren, Bulgarien 15, Canisius, Petrus 290
ren 60, 95, 99, 130, 17, 46, 69, 79, 90, 93, Cannae 20
132, 136, 137, 140 bis 96, 101, 107, 112, 117, Caorle 177
142*, 1 4 9 — 1 5 1 * , 156, 121—126*, 138, 140, Capitanei 184
189, 190, 193, 210, 14 1 . !47> !54. l 6 l > Caracalla 31, 62
229, 230, 234—239*, 162, 166, 173, 174, Carantana 134
240—249*, 251 f., 288 182, 196, 197, 206, Carigrad 76
bis 298*, 304, 309, 207, 2 1 1 , 216, 217, Carnuntum 34, 42, 136
310, 3 1 1 f., 317, 319, 221, 263, 267, 270, Carolinum 292, 295
328, 330, 331, 379, 271, 272, 277, 305, Cassiodor 176
383, 385, 386, 387. 306, 321, 344, 361, Cassius s. KaSic
388. — s. a. Tschechen 362, 373—375*. 376, Castriota s. Skanderbeg
Böhmische Brüder 247, 393.394. 397- — s. a. Cattaro (Kotor) 93, 341
248, 292, 294 Urbulgaren Cerny Djordje s. Kara-
„Böhmische Konfession" ,, Bulgarenschlächter' ' dschordsche
248, 291, 292 120, 126 Cesarini 246
Boemund v. Tarent 170, Bulgarenwald 171 Cetatea Alba (Akkerman)
172 Bulgarisch 374L — s. a. 16, 30, 62, 188, 208
Böotien 206 Ki rchenslawisch Cetina 24
Bogomilen 274 Bulgaroktonos 126 Cetinje 340, 341, 350
Bogoris s. Boris Bulgarophonoi hellenes Chaghan 90, 93
Bohoric, Adam 257 374 Chaironeia 40
Bojaren 271, 372 Bulgarski Orel 375 Chalkedon 82
Boisker 70 Bunjewatzen 321 Chälons (Schlacht) 74
Boleslaus 150, 151 Burebista 25 Chan (Titel) 123
Boris (Bogoris) Michael Burgas 16 Charon, Charos 160
121, 123 Burgenland 136, 189, 199 Chasaren 121, 261
Borivoj 142 burgi 35 Chass 267
Bornemissza, Peter 299 Burnum 24, 47 Chelcicky, Peter 247 t.
Boruth 135 Burzenland 193 Chersonesos 64
Bosnien, Bosnier 15, 17, Buschatlija 339, 346 Chezil (Kozel) 139
28, 42, 47, 50. 173, Businiza 139 Chiemsee 132
196, 197, 221, 265, Buzau 65 Chilbudios 91
271, 274, 275, 305, Byzantin. Flotte 93, 102, Chimarioten 340
306, 316, 319, 343, 105, 145, 177, 178, 179 Chioggia 177
355. 356, 357. 376, Byzantin. Heer 103 bis Chios 266, 363, 365
377. 394. 396—398 105*, i 6 6 f . , 2 i 5 f . Chlopy 395
Bozok 345 Byzantin. Kirche 116, Choniates, Niketas 170
Braila 29 124, 162—165*, 173, Christianisierung 77f.,
Brandenburger 316 223, 270 80—83, 144—165
Bratislava s. Preßburg Byzantin. Kultur 75 bis Christophilos, Demetrios
Brenta-Delta 177 78*, 123, 124, 162, 360 362

33*
516 NAMEN- U N D S A C H V E R Z E I C H N I S

Chrowaten 94 Dämon Peripoltas 4 0 Donaufürstentümer, ru-


Chrysaphios 74 Dándolo, Enrico 182 män. 13, 354, 367,
Cilli 196 Danilo Njegosch 341 372f.*, 376, 392, 393
Civitas 36, 57, 58 Dardaner 18, 20, 21, 25 Donau-Limes 3 4 ! * , 44,
Claudius I I . Dardanien 37, 50, 278 47. 48, 52, 5 9 — 6 I , 72,
Clementinum 290 David, F r a n z 299 83. 9i
Comenius, J . A. 242, 248, Dazien, Dazier 2 5 — 3 1 * , Donaumündung 393
294 43, 44, 60—63, 89, Donauprovinzen, röm.
Commodus 61 99. 353- — s - a - Dacia 25—31
concilium civitatis 57 Deák, F r a n z 391 Donauschwaben 322 bis
Concordia 177 Decebalus 28, 60 328
Confessio Augustana 258, Decius 53, 62 Dositheos 260
291 Drau 24, 41, 42, 47, 48,
Decurien 36
Confessio Bohémica 248, Delminium 23 133, 134, 138, 142
291, 292 Demetrios, hl. 93 Dregowitschen 99
Confines militares s. Mili- „Dreiherren" s. Terzieri
Demetrios Paläologos 224
tärgrenze Dreißigj ähriger Krieg 288,
Consilium Feudatorum Denare 48
Derebeys 345 293. 296, 312
184 Dresden 294
conventus juridicus 36 Deutschenhaß 231—239*,
Drin, Schwarzer 51
Coresi 254 f. 241. 333. 390 Dschanik 146
Cornaro, Vincenzo 283, Deutsches R e i c h 135 bis dschihäd 261 f.
143, 149—155- 169, D s c h u m a j a 46
342 1 7 0 1 , _ 309—333- —
Corpus juris civilis 77, 84 Dubrovnik s. Ragusa
s. a. Osterreich duca 184
Corvinus s. Matthias Cor- Deutschordensritter 194,
vinus ducatus 178
261 duces 137
Cotnar 197 Deutschproben 201
Crassus 26 Dudleben 99
Deutschtum 128—143, Dudleipa 139
Crnagora s. Montenegro 188—201, 229—239,
Csepel 323 Dukagjin, Alexander 272
240—256, 289—305, Durazzo 16, 184
culphus noster 184 309—328, 382—384.
Curtea de Argesch 197 Durostorum 34
devsirme 268, 336 Duvno polje 23
Curzola 22 Dexippos 63
Cyrillische Schrift 258, Dyrrachion (Epidamnos)
Deym, Adalbert 388 19, 38, 91, 93. 167
306 Deys 355
Dier 26
D Dierna 29 E
Dimitri j e witsch 398
Dacia T r a j a n a 28, 30, 60,
Dimitsana 368
63, 64 Edeko 74
Diodor 19 Egerland 199
Daghlien 347
Dagobert 100 Diokletian 45, 54, 83 Egnatia, via 16, 41
Dahi 355 f. Dion Chrysostomos 30, 39 Eisenburg (Vasvär) 140,
Dalimil 236 Dionysopolis 37 313. 317
Dalmaten 2 3 ! , 36, 48 Dioskuren 160 Eisenzeit 56
Dalmatien i 8 f . , 22—25*, Ditiones 36 Eisernes T o r 316
28, 36, 41, 42*, 43, 47, D n j e p r 88, 344 Elbasan 16
92—94*, 146, 149,178, D n j e s t r 16, 88 Elbslawen 136, 147
179, 1 8 3 ! * , I90f.,202, Dobrudscha 15, 16, 26, Elias, hl. 160
207, 219, 221, 238, 28, 89, 121, 207, 278 Eliasoglu 346
257. 258. 3 4 ° . 3 8 2 , Doclea 93 Elis 19, 39, 40, 110
385 Dokleaten 36 Elisabeth, hl. 196
Dalmatin, Georg 257 Dominikaner 290, 297 E m m e r a m , hl. 132
Dalmatiner 238 Domitian 28 E m o n a 47
Dalmatinisch 306 domus Austriae 312 England 183, 238, 253,
Damaskus 108, 1 1 7 Don 90, 344 285, 286, 346, 360,
Damian, hl. 160 • Donau 14—16, 3 4 t . , 5 9 b i s 362, 364, 370, 371,
Damiette 117 61, 7 1 — 7 4 , 322 f., 392 388, 392
NAMEN- U N D SACHVERZEICHNIS 517
Ennstal 134, 135 Franz II., Kaiser 380 Geten 26, 37
Eperies s. Preschau Franz Ferdinand 398 Geza 154, 155
Ephesus 82, 346 Franz Josef I. 395f. Ghassaniden 102
Epidamnos s. Dyrrachion Franz Xaver, hl. 295 Ghazi 261—263
Epidauros 40 Franziskaner 295, 297, Gisela 155
Epidaurum 92 305. 306 Giurgiu 268
Epirus 15, 25, 40, 41, 206, Fredegar 90 Glagolitische Schrift 258
211, 214. — s. a, Freising 132, 133, 149, Görgei, General 389Í.,
Tschamerija 169 Goldenes Horn 170
Eravisker 48 Friaul 135, 136 Golubac 268
Erich v. Friaul 136 Friedrich I. Barbarossa Góralen 209
Erlanger Liedersamm- 169, 170, 173, 179, 181 Gordian 46
lung 342 Friedrich II., Kaiser 213 Goten 31, 35, 45, 57, 58,
Ermanarich 70 Friedrich II. v. Preußen 61—65*, 69, 70, 72,
„Erotokritos" s. Cornaro 320, 328
Esterhazy 323 83, 84, 88, 89, 90
Friedrich V . von der Pfalz Gotik 76, 192
Euböa 39, 185 293
Eugen v. Savoyen 13, Grado 177
Fronto, M. Cl. 30 Gräzisierung 51, 99, 273,
314, 323. 324 Fünfkirchen 196, 278, 35 1 ' 362, 3 7 2 - 3 7 5
Euphrat 44, 45, 103 300, 324 Gran 156, 194, 278, 306
Eurasische Reiternoma- Fugger 233 Granicari 319
den 67—69*, 88, 121 Graudenz 99
Eurotas 114 G
Eutyches 82 Graz 300
Exarchen 104 Gabinius, A . 23 Gregor II., Papst, 108
Exulanten 294, 301 Gabrowo 374 Gregoras, Nikephoros 217
Eyalete 346 Gadarich 69 Gregorianische Kirchen-
Ezeriten 112 Gaj, Ljudevit 385 reform 159, 169
Gailtal 133, 134 Gregorios v. Nazianz 82
F Galiläa 117 Gregorios v. Nyssa 82
Ferdinand I. 233, 281, Galizien 188, 209, 316, Greutungen 99
289, 290, 309, 310, 312 325» 379, 386, 389 Griechen, Griechenland
Ferdinand II. 312 — s. a. Ostgalizien 31—34. 5 l f -> bis
Ferrara 222 Gallien 55, 74 116, 360—372. — s. a.
Fetwa 271 Gallienus 53, 54 byzant. Reich
Feudalismus s. Groß- Gallipoli 221 Großgrundbesitz 118 bis
grundbesitz, Pronoia, Gardun 24 120, 345 f.
Timar Gargow, Jordan von 231 „Groß-Komnenen" 211
Fikh 261, 271 Gaza 81 Großmähren 140—142*,
Filimer 69 Gegenreformation 285 bis 151.. 154
Finnen 89 308* Großwardein 307, 344
Finno-Ugrier 67 Geiserich 58, 59 Grünberg 386
Fiume 382 Genf 259 Gülhane 349
Florenz 222 Gent 195 Güns 302
foederati 64, 91, 131 Genthius 22, 23 Robert Guiskard 167
Fogarasch 208, 209, 306 Genua 175, 180, 184, 185, Gundulitsch 305
Forchheim 141 211, 340 Gythion 40
Frangipani 317 Georg v. Podiebrad 229, Gyulafehérvár s. Alba
Frankfurt 386, 387, 388 247 Julia
Frankreich 240, 253, 259, Gepiden 57, 62, 74, 90,
284, 285, 286, 288, H
92, 93
299, 3°9> 3 IO > 312, Gerhard, hl. 149 Habsburger 288—304,
313, 318, 321, 323, Germanen 55—65*, 69 309—333. 378—398
331, 348, 360, 362, bis 74,83 f. s. a.Völker- Hadrian, Kaiser 30,33,38
364, 366, 370, 371, wanderung Hadrianopolis 38, 41, 42,
375. 380, 390, 392, Germanenreste 146
396 43
Germanos v. Patras 368 Hadschi Mustafa 355
Franz I., Kaiser 333, 383 Gerold, Graf 136 Haemus-Halbinsel 13
518 NAMEN- U N D SACHVERZEICHNIS

Hagia Sophia s. Sophien- Hubertusburger Frieden Innichen 133


kirche 325 Innozenz III. 183
Haiduken 39, 339, 351 f. Hunnen 55, 64, 65, 67, 69 Innsbruck 389
Hajek, Wenzel 297 bis 74*, 83, 86, 90, 91, Johann, König v. Böh-
Halanen 70 261 men 236, 239
Halle 294 Hunnobulgaren 90, 95 Johannes V I I I . v. Byzanz
Hanbaliten 262 Hus, Joh. 242—244 222
Hanefiten 262 Hussitismus 229, 239, 240 Johannes v. Damaskus
Hanka, Wenzel 386 bis 249*, 250—252, 108
Hasan Gazi 364 288, 291, 293, 296 Johannes I. Tzimiskes
Hatti-i-Humajun 349 Hydra 114, 363, 368, 370 117.
Hatti-i-scherif von Gül- Hypsilantis, Alexander Johannes II. Komnenos
hane 349 366 180
H a t v a n 233 I Johannes III. Dukas Ba-
Hauran-Gebirge 102 tatzes 213
Havlicek 385, 388 Janina 277, 346, 362. — Johannes V I I I . , P a p s t 149
Hebros (Maritza) 25 s. a. Ali Pascha Johanniter (Malteser)
Hegemones 46 Janitscharen 224, 268*, 261, 340
Heilige Allianz 381 336, 338*. 347. 348 Jonische Inseln 282, 342,
Heinrich V I . , Kaiser 170, Japoden 23, 24, 36 363. 366
173, 182 Jarmuk (Schlacht) 102 Jonisches Meer 202, 283
Heinrichau 325 Jassy 260, 373 Jordan v. Gargow 231
Helios 160 Jazygen 31, 59, 60, 67 Jordanes 62, 69f., 90
Hellas 31—34, 39, 108, Ibrahim I., Sultan 336 Joseph I. 296
114 Ibrahim Pascha 37of. Joseph II. 304, 325, 328,
Hellenen, Hellenismus 21, idoneus 157 329—333*, 353. 354.
31, 32, 78, 82, 86, 225 Jelatschitsch, Joseph 389 355. 381, 383
Heloten 33 Jeremias II. 258 Iranier 59,64,67,70,73,88
Helthai (Helth), Caspar Jerusalem 117, 260 Irene, Kaiserin 114
256, 299 Jesolo 177, 178 Isidor v. Kiew 223
Helvetische Konfession s. Jesuiten 257, 259, 260, Islam 102 f.*, 108, 117,
Kalvinismus 286, 287f.*, 290, 291, 160, 175, 186, 262,
Heraclea Perinthus 38 292, 293, 295, 297, 270, 274, 334, 337. —
Heracliana 177 298, 300, 301, 302, s. a. Araber
Herakleios 105, 106, 107 304. 305 Islamisierung („Vertür-
Heraklia 216 Jezid 108 kung") 273, 2 7 4 I * ,
Herder 380, 383 Iglau 201, 246 277. 376
Hermannstadt 193, 194, Iglitza 34 Isperich s. Asparuch
Ignatius v.Loyola 287,295 Issa 19
197. 2 54
Hermione 40 Ikonoklasmus s. Bilder- Isthmische Spiele 32
Hermunduren 58, 60 streit Istrien 92, 93, 135, 178,
Herodes Atti kos 33, 40 Ildico 74 183, 190, 191, 258
Heruler 62f., 91, 130 Illyricum sacrum 305 Istros 37
Herzegowina 15, 306,316, Illyrien, Illyrier 18—25*, Italien 99*
376, 377. 393, 394. 35. 36. 38, 43. 46, 47. Italiker im römischen
39t>, 397 50, 51, 52—54*. 56, Balkan 19, 42
Heß, Joh. 254 84, 89, 103, 109, 144 Itimaren 70
Hesychastenstreit 217 ,,Illyrische Bewegung" Judaisierende 253
Hetärie 359, 367 385 Juden 245, 272, 383
Hexapolis 37 Illyrische Kaiser 52—54 iudex 57
Hohenstaufen 170, 173 Illyrisch-pannonischer Julian, Kaiser 81
Holland 322 Freiheitskrieg 24, 26, Julium Carnicum 134
Homines laboris 189 48 Jungtürkische Revolu-
Honoria 74 Inkerman 392 tion 397
Honterus, Joh. 254 Innerasien 67, 90, 102, Justin I., Kaiser 91
Horia, Ursu 353 158, 261 Justinian I. 77, 84—86*
hospites 189 I nnerösterreich. Länder 90, 91 f., 104
Hospodare 372 257, 287 Justinian II. 106, 107
NAMEN- U N D SACHVERZEICHNIS 519

Jus valachale (valachicum) Karlowitz 13, 284, 316, Königinhof 386


209, 272 319, 345 Königssaaler Chronik 238
KarlsbaderBeschlüsse 381 Köprülii, Großwesire
K Karlsburg 255, 256 283f.. 343i-
Karlstadt 319 Koitaleten 26
Kärnten 133—135, 196, Karls-Universität s. Caro- Kollar, Jan 387, 388
257< 325. 385 linum Kollonitsch, L. v. 306,
Kahlenberg (Schlacht) Karnburg (Carantana)i34 318, 320, 323
314 Karolingerreich 135—143 Kolokotronis, Th. 369,
Kaisarie 345 Károlyi, Caspar 298, 323 37°
Kaisertitel 380 Karpaten 29, 207—209 Koloman 158, 159
Kalabrien 207 Karpatenukraine 60, 188, Kolonisation, deutsche
Kaiamata 113 209, 281, 307, 316, 128—143, 188—201,
Kalawrita 368 327 320—328
Kdldi, Georg 298 Karst 18 Komensky s. Comenius
Kalixtiner 244, 246, 248 Karthago 104 Komotau 245
Kallatis 37 Kaschau 193, 194, 231, Komorn 34, 194, 278
Kalocsa 156 255 Kompaktaten 246, 247,
Kalvin 260 Kasic (Cassius), B. 306 285, 288
Kalvinismus 253*, 254, Kastor 160 Konrad II. 235
255, 256, 258, 259, Kastoria 207 Konstans II. 103
291, 292, 294, 300 Katalanen 216 Konstantin d. Gr. 64, 76
Kanaltal 133 Katalaunische Felder 74 bis 78, 80, 82, 145, 164
Kandia 184, 185, 283 Katharina II. 320, 344 Konstantin IV. 107
Kanea 184 Katholische Kirche s. La- Konstantin V. 109, 116,
Kantakuzenos, Michael teinische Kirche 122
275 Katholizismus 285—288 Konstantin V I I . Porphy-
Kanuni Lek Dukagjinit Kaukasien 20g, 263 rogennetos 118, 119
Kemal Pascha s. Atatürk Konstantin X I . Dragases
272
Keos 185 223
Kanun-Nameh 271 Kephissos 216 Konstantin, Slawenapo-
Kappadokier 82 Kepler, Johannes 297 stel s. Kyrillos
Kapuziner 295 Kerkyra 19 Konstantinop. 76f., 7 8 ! * ,
Karadschordsche 356 bis Kertsch 64
359 93 f -. i o 5» I »7. I2 3>
Kerullarios, Michael 173 124L, 183, 223f>*
Karaman 266, 346 Kesmark 194 Konstantius II. 64
Kara Mustafa 344 Kiew 96, 223 Konstanza 16, 26, 28
Karantanier 95, 133 bis Kirche und Staat 163 bis Konstanze 213
*35. i 4 8 f - . ! 5 0 165 Konstanzer Konzil 243 t.
K a r a Osmanoglu 345 Kirchenslawisch 124, 162, Kontaris, Kyrillos 260
Karitäna 368 Kopais-See 40
254
Karl 137 Klausenburg 194, 299 Korais, Adamantios 365
Karl d. Gr. 76, 100, 122, Korbinian, hl. 132
Klein (Micu), Joh. 306,
! 3 3 — * 3 8 * , !40, 143. Korfu 96, 181, 342
352
H5. *49, I 5°- r 58, Korinth 21, 22, 31, 32, 33,
I 7 8 . 234 Kleinarmenien 185 39, 40, 62, 95, 112,
Karl IV. 241 Kleinasien s. Anatolien 114, 116, 167, 181,
Karl V . 309 Klein-Nikopolis 268 206, 369
Karl V I . 318 Kleinpolen 188 Kornaros s. Cornaro
Karl I. v. Anjou 214, 215 Klemens-Kloster 290 koroV 137
Karl I. v. Rumänien 393 Klephten 339, 351, 354, Koron(e) 112, 113, 184,
Karl v. Lothringen, Her- 37° 369
Klientelstaaten, röm. 59 Korsika 84
zog 314
bis 61 Kosmas v. Prag 160, 235
K a r l August von Weimar Kljutsch 125
331 Kosovopolje s. Amselfeld
Klokotnica 211 Kossuth, Ludwig 384,389
K a r l Martell 106 Kluniazenserbewegung
158, 173. 230 Kostolac 34
Karl I. Robert 219, 231 Knin 47 Kotor s. Cattaro
Karlmann, König 141
520 NAMEN- U N D SACHVERZEICHNIS

K o t y s 21 L Limes s. Donau-Limes
Kozel s. Chezil Limes orientis 102
Krain 47, 135, 257, 379, Ladislaus I. d. Hl. 158 Lipan 246
383 Ladislaus Postumus 229 Lissus (Alessio) 19, 51
Krakau 188 Laibach (Ljubljana) 47, Litauen 210, 259
196, 257, 381 Ljudevit 140
kral 137
Lakonien 39 Liverpool 365
Kralitzer Bibel 249 Locator 192
Lamartine 347
Krdschalien 347, 356 Löwen 195
Lancze 235
Kremnitz 193 Landschaft 1 3 — 1 7 London 365, 393
Krems 133 Langobarden 87, 90, 92, Londoner Konferenz 371
Kremsierer Reichstag 389 Lorch 131
109, 110, 134, 176, 177
Kremsmünster 133 Larissa 167 Loreto 305
K r e t a 96, n 6 f . , 184*, Laskaris s. Theodor I., Lothar II. 235
185, 259, 272, 282 bis Theodor II. Loyola s. Ignatius v. —
Lateinisches Kaiserreich Ludwig d. Deutsche 140,
284, 342, 344 141
Kreuzzüge 166—174 183, 2 1 1 — 2 1 4
Lateinische Kirche 110, Ludwig d. Fromme 137
Krim, Halbinsel 30, 62,
123, 141, 161—165*, Ludwig d. Gr. 208, 219
64, 146, 265, 344, 392 Ludwig II. v. Ungarn229,
Krimkrieg 392 f. 172, 223. — s. a. Chri-
stianisierung 230, 281, 310
Krimtataren 265 Lukaris, Kyrillos 259 f.
„Lateinischer Orient" 183
Krischanitsch, Jurij 307f. bis 185 Lukas v. Prag 248
Kritobulos 223 Lateinische Sprache 41, Lungau 135
K r k a 24 46—52*, 77, 78. 88, Lustkandl, Wenzel 391
Kroaten, Kroatien 94, 98, 162, 203 Luther, Martin 251, 252,
146, 147, 149, 161, latrunculi 35 260
162, 219,257t., 305t.*, Lausitz 188 Lutheraner 232 f., 248,
318, 319*, 385*, 389, Lausitzer Wenden 250 252—258, 285—288,
Laus Julia Corinthus 31 289, 291, 292, 300
394 Luxemburger (Herrscher-
Kronstadt 193, 194, 197, Lazar, Gheorghe 354, 373
Lechfeld (Schlacht) 154 haus) 229, 241
254. 255 Lykien 103
Krsno Ime 161 Leipzig 242, 362
Lyon, Konzil 214
K r u m 100, 121, 122 f.*, Lemberg 188, 208
125 Leo I. d. Gr. 82
K u b a n 344 Leo III. Kaiser 107—109
Kübeck 396 Leo III., Papst 150 M
Küstendil 216 Leo V I . der Weise 118
Leonidas 366 Macrinus 31
Kütschük-Kainardsche Macva (Macsó) 221
Leonidion 114
354. 363, 364. 376 Madjaren s. Ungarn
Leopold I., Kaiser 307,
Kumanen (Polovtzer) 67, Maezei 36
207, 208, 261 317 Mähren s. Böhmen, Groß-
Kurden 346, 347, 377 Leopold II., Kaiser 353 mähren
Kuschadasi 346 Lepanto 283 Mährische Walachei 209
Kut(r)iguren 67, 90, 96, Lesina 19 Mährisch-Trübau 201
261 Leutschau. 194, 203 Mäotis-See 70
Kuttenberg 247 Levante 184, 185, 361, Magdeburg 294
362 Magister militum 73, 91,
Kuttenberger Dekret 242 178
Levantereich, venez. 183
Kynoskephalai 20 Magnaten 118—120, 174,
bis 185
Kyparissia 112, 113 Liber 51 267f., 329, 345f.
K y p r o s 102 Libera 51 Magnaura-Palast 118
Kyrillische Schrift s. Cy- Liburner 23 Magnesia 216
rillische Schrift Liburnien 178 Magni, Valerian 295
Kyrillos (Konstantin), Sla- Libuscha 236 Mahmud II. 346—349
wenapostel 116, 124, lidi 176 Maina, Mainoten s. Mani
139, 151 Liesingtal 134 Mainfranken 190
NAMEN- U N D SACHVERZEICHNIS 521

Maison, General 371 Mazedonien 19—21*, 25, Mohammed 102, 262, 334
Malamocco 177, 178 37, 41, 123, 125, 206, Mohammed II., der Er-
Malaspina 292 207,277,278,280, 343, oberer (Fatih) 223,
Malea, K a p 113, 181 344. 376 266, 270, 360
Malekiten 262 Mecheln 195 Mohammed IV. 338
Meerengen 393 f. Moimir v. Mähren 138,
Maler, Philipp 254
Mehmed Ali 277, 346, 140
Malteser s. Johanniter Moldau 13, 14, 16, 17,
Malvasia 113 3 6 9, 37°
188, 196, 197, 208,
Manfred, Hohenstaufe Meißener Deutsch 241
209, 221, 265, 280,
213 Melanchthon, Ph. 257
327. 372, 393
Mani, Maniaten 114, 340, Meleda 22
Moltke, H . v. 349
368 Melitene 117
Monastir 16
Manissa 345 Mentesche 346
Monemwasia 112, 113
Mansiones 45 Mercy, Cl. Fl. v. 324
Mongoleneinfall 265
Mantinea 113 Mesembria 16, 37
Monophysiten 82, 108
Manuel I. Komnenos 171, Messenien 19, 33, 39, 113,
Montecuccoli, Raimund
173. 1 8 1 369, 371 313
Manzikert 167, 261 Methodios, hl. 124, 139, Montenegro (Crnagora)
Maramuresch 208 i 4 i f . * , 151 93. 271, 339—341*.
Marburg 196 Metbone (Modon) 112, 376. 393. 394. 397
Marc Aurel 61 113. i 8 4 . 369 Moosburg (Zalavar) 133,
March 140 Metten 132 139
Marchfeldschlacht 235 Metternich, CI. L. v. 381, Morawa 15
Marcianopolis 30, 42, 72 385. 386 Morea s. Peloponnes
Marcomannia 61 Metulum 23 Morlakken 207
Mare clausuni 184 Michael V I I I . Paläologos Morosini, Fr. 342
Margus 72 2x3—215 Moskau 219, 307
Maria v. Ungarn 252 Michael (Boris) v. Bulga- Mügeln, Heinrich v. 195
Maria Saal 133 rien 121, 123 Mühlberg (Schlacht) 289
Maria Theresia 307, 318, Michaloghlu 267 Mürzsteg 396
325, 328L* Micu, Joan s. Klein, Joh. Mukacevo s. Munkdcs,
Maria Wörth 133 Mikkelgard 76 Mummius (Konsul) 21
Marienspiele 192 Milingen 112 Mundzuc 71
Maritza 15, 25, 171, 375 Militärgrenze (Confines municipia 44
Markomannen 60, 99,130, militares, Vojnicka Munkäcs (Mukacevo) 307
132 granica) 319, 342 Murad III. 269
Markomannenkriege 30, Milites limitami 104 Murano 177
35. 44. 5 2 . 61* millet 337, 376 Mursa 47
Markus, hl. 178 Milosch Obrenowitsch359 Muslimanen 270, 341
Marmarosch 208, 209 Misthra 221, 265 Mykonos 363
Marneion 81 Mithras-Kult 80, 81
Marokko 263, 266, 363 Mithridates 25
Marosch 319 Mitmanek, Wenzel 289 N
Maroschburg 149 Mitrovica, Sremska 35
Marseille 365 Mittelgriechenland 40, Nádasdy 317
Martin IV., Papst 214 i n , 114, 216, 217, 371 Nagyszombat s. Tyrnau
Martinsberg (Pannon- Mittelmeer 22, 30, 39, 57, Naissus (Nisch) 28, 41, 42,
halma) 325 84, 86, 89, 106, 109, 63. 72
Masaryk, T h . G. 248 1x3, 168, 176, 179, Napoleon I. 283, 346, 348,
Mati-Gau 203, 206 183, 185, 186, 266, 380—382
Matthias Corvinus 229, 362, 363 Napoleonische Kriege 333
247. 3°9 Moawijah 106 362, 384, 385
Maurikios, Kaiser 92 Modon s. Methone Narenta 18, 22
Maurojenis, Nikolaus 366 Mösien 15, 25—31*, 37, Narodna Odbrana 398
Maurowlachen 207 43. 64 Narodni Noviny 388
Maximilian, Kaiser 291 Mohäcs 233, 252, 266, Narona 36, 92
Maximinus, Kaiser 53 3°9, 310 Natio 227, 242
522 NAMEN- U N D SACHVERZEICHNIS

Nationalbewußtsein 225 Nordgriechenland 376 Ortsnamen s. a. Latei-


bis 239, 351—398 norma justitiae in moribus nische
Nationalitäten 332f., 382 158 Orvieto 214
bis 384*, 389, 394 f. Normannen 167, 173, 179, Osman I. 216, 263
Naupaktos s. Lepanto 181 Osman II. 336
Nauplion 112, 114, 369 norma nobilitatis in san- Osmanen 261—284*, 334
Navarino 360, 371 guine 158 bis 377*. 392—394
Naxos 185 Novae 34, 72 Osmanoglu 345
Ostalpen s. Alpenländer
Neapel 207 Noviodunum 29 Österreich 131—143,
Neda 74 Novipasar 397 188f., 288—304, 309
Negroponte 185, 282 Novobrdo 197 bis 333, 37 8 —398
Neiße 332 Nürnberg 131, 243 Osteuropa 67, 69, 71, 90,
netnec 237 116, 124, 155, 162 bis
Neokorie 37, 38 165*, 228, 251, 305
Neo-Utraquisten 252, 288 Ostgalizien 56
bis 290 0 Ostgermanen 56, 57, 58,
Nero 32, 34, 41 61, 88
Nerva 37 Oberitalien 74, 87, 134, Ostgoten 74, 84, 130, 132,
Nestorianer 82 149, 177, 183 176
Nestorius 82 Oberrhein 309, 318, 333 Ostrom s. Byzanz
Neuenburg (Novobrdo) Obersachsen 188, 193, Ostsee 56, 62, 64, 73, 198,
197 241, 294 3 1 1 . 3!2
Neuplatonismus 80—82 Oberschlesien 193, 209 Otez Paisi s. Paisi
Neusiedler See 138, 199, Obersteier 135 Otto I.d. Gr. 151, 154,155
323 Oberungarn s. Slowakei Otto v. Freising 169
Neusohl 194, 302 Obodriten 99 Ottokar I I . Premysl 189,
Neutra 138 Obrenowitsch 359, 396 238
Nevers, Herzog v. 340 Ochrid 16, 124, 125 Ozora 221
Nicopolis ad Istrum 30, Octavianus s. Augustus
38, 40, 42, 268 Odessa 362, 365, 367
Nicopolis ad Nestum 38 Odessos 37 P
Niederaltaich 132 Odoaker 74
Niederlande 253,309,333, Odrysen 26 Pacta conventa 219
380 pagus 57
Niederösterreich 133, 193, ödenburg 48, 140, 194, Paisi, Otez 347, 374, 375
196, 199 298, 302 Palack^, Franz 385—388
Njegosch 341 Ofen (Buda, Budim) 194, Paläologen 213—224
Nigde 345 229, 231, 266, 278, Palästina 82, 117, 168,
Nikäa 82, 109, 211, 213, 280, 281, 314, 322, 169, 180, 184, 185, 260
216 327, 390. — s. a. Buda- Paltental 134
Nikephoros II. Phokas pest Pannonhalma 325
117. I 2 5 Ofener Berge 324, 327 Pannonien 34, 42, 48
Niketas Choniates 170 Oguren 90 Pannonische Mark 138
Nikolajev 30, 62 Oitylos (Witilon) 114 bis 142
Nikolaos, hl. 160 Olbia 30, 62 Panslawismus 307, 387,
Nikolaus I., Zar 392 Olivolo 178 393
Nikomedia 216 Olmütz 291, 390 Pantikapaion (Kertsch)
Nikopolis in Epirus 32. — Oltramare 176 64
s. a. Nicopolis Olympia 33, 40 Papsttum 108, logf.*,
Nisch 15, 16, 28, 63, 72, Omer Pascha 392 139, 15°, 164^, 168,
35 6 . 357- — s - a - N a i s - Onod 318 i72f., 179, 183, 214*,
sus Opitz, Martin 256 223, 241 f., 243, 246,
Nösnergau 193 Orient 80, 108 283
Nomismata 216 Oriental. Frage 333, 396 Pariser Friedensvertrag
Nordafrika 59, 84, 102, Orientalisierung 272—275 (1856) 392 f.
263, 266, 355 Orseolo 179 Pariser Universität 195,
Nordgermanen 56—58 Orsova 29 241
NAMEN- UND SACHVERZEICHNIS 523

Paristrion 207 Philadelphia 216 praesidia 35


Parnongebirge 114 Philhellenismus 32, 360, Prag 150f., 241—243, 289
Parthenius, Peter 307 371 bis 294, 389. — s. a.
Parthenon 126 Philiker s. Hetärie Böhmen, Hus
Passarowitz (Poschare- Philipp, lat. Titularkaiser „ P r a g e r " (Kalixtiner) 246
214 Pragmatische Sanktion
watz) 342, 343, 356 318
Philippopel 15, 26, 38, 62,
Passau 131, 133, 141, 149, 72 Predealpaß 16
150. 3 i 3 Philippos V., König von Premysl 100
Paswan Oghlu v. Widin Mazedonien 20 Premysliden 150
355 Philokales 120 Preschau (Eperies) 193,
Patras 39, 40, 62, 112, Philopoimen 20 194, 302
114, 368, 369 Phokäa 216 Preslav 121, 124
Patres piarum scholarum Phokas, Kaiser 92, 93 Preßburg (Pozsony) 194,
295 Photios, Patriarch 116, 298, 300, 301, 302,
Patria 227 172 331. 380, 381
Paulikianer 108, 305 Piaristen 295 Preußen 129, 320, 321,
Pautalia 38 Pietroasa 65 328, 331, 332, 349,
P a x Romana 23, 39, 42, Pietro Orseolo II. 179 37°- 380, 381, 386,
62 Pikarden 292 390, 391, 396
Paysanaticum 183 Pilsen 245 Princip, Gawrilo 398
Pdzmany, Peter 300 f. Pindus 207 princeps, principes 36, 48,
Pelagonia 21, 214 Pippin 100, 110, 136, 178 52, 57
Pella 21 Pirusten 28 Pripjet 62, 88
Peloponnes (Morea) 110 Pisa 175, 180, 181, 184 Priskos 73
bis 116*, 184, 185,200,- Pleräer 22 Priwina 138—140
206, 221 f., 224, 342, Plethon, G. G. 221 Probus 35
364, 367—371*. — s. Plewen 393 Prokop 245
a. Mani Pliska 121 Propontis 45
Pempton-Tor 224 Plotinopolis 38 Protobulgaren s. Urbul-
Peregrine 35 Podiebrad, Georg v. 229, garen
Perfidia Graecorum 172 f. 247 Prosa 30
Pergamon 20 Podlesie 88 Pruth 88, 392
Perinth 38 Podolien 228, 344 Ptolemaios 62
Periöken 33 Poetovio 47, 139 Puschkin 393
Peripoltas 40 Polen 57, 64, 88, 96, 147, Pustertal 99, 133
Fernstem, Job. v. 289 156, 162, 189, 192, Pydna 21
Perser, Persien 84, 93, 193, 208, 210, 235,
211, 261, 266, 334, 238, 242, 249, 250,
377 265, 284, 285, 286, Q
Perseus 20 f. 313, 321, 334, 344,
Quaden 60
Pest 233, 301 379
Petalidion 113 Pollux 160
Peter, bulg. Führer 173 Polovtzer s. Kumanen R
Peter I. d. Gr. 344, 348 Pompejus 22
Petersburg 364, 394 Ponthion 110 Raab 135, 138, 139, 313
Peterwardein 34 Pontuskonferenz 393 Rachowo 268
Petronell (Carnuntum) Poros 114 Radetzky 389
34. *36 porti 176 Radkersburg 139
Petrus, hl. 214 Portsmouth (Friede) 396 R a g u s a (Dubrovnik) 92,
Petsch 341 Poscharewatz 356 93. 305. 306
Petschenegen 67, 154, Poseidon 160 R a j a h 270f.*, 336!*,339,
167, 207, 261 349, 351 f-*. 355. 378
Pettau (Poetovio) 47,139, Potemkin 364
Raitzen 278, 280
196 Pozsony s. Preßburg
Rákóczy 302, 317, 318,
Phanarioten 271, 366, 373 praemia militiae 44 325
Pharai 113 Prämonstratenser 295 Rama (Bosnien) 221
Pharus (Insel) 19 Praepositi 36 Ranke, L. v. 267, 270
524 NAMEN- U N D SACHVERZEICHNIS

Rastislav, mähr. Fürst Rupert, hl. 132 Schlesien 56, 57, 95, 99,
140, 141 Russe 268 144, 188, 190, 193,
Raszien 277, 278, 341 Rußland 219, 354, 357, 199, 242, 245, 247.
Ratiaria 72 3 6 3 ! , 367, 375, 376, 294, 296, 301, 321,
Ravenna 23, 87, 104, 110, 381, 387, 389f., 392 325. 328, 380. — s. a.
176, 178 bis 394*, 397, 398 Oberschlesien
„ R a z i s c h " 254 Ruthenen 306, 307 Schlesische Kriege 328
Reformation 250—260. Schliersee 132
— s. a. Kalviner, Lu- Schmalkaldischer Krieg
theraner S 248, 288, 289
Reformen s. Tansimat Schönbrunn 385, 397
Regensburg 131, 132, 140, Sabaria 136 Schokatzen 321
141, 142, 149, 151, Sabbatarier 253 Schtokawisch 306
257. 296, 380 Sabinus 27
regnum tripartitum 219 Schwäbische Türkei s. Ba-
regulus 57, 137 Sachsen s. Obersachsen ranya
Reichsteilung (395), 51, Sahuran 345 Schwarzenberg, Fürst
Salona 23, 36, 93 3 8 9, 396
83
Reiternomaden 67—74 Saloniki (Thessalonike) Schwarzes Meer (Pontus)
Repeal-Bewegung 388 16, 21, 22, 37, 41, 92 13, 16, 25, 28, 30*, 37,
Rethymo 184 bis 94*, 117, 167, 211, 41, 43, 51, 55, 57, 58,
rex 58, 157 217, 221, 222 61, 62f.*, 64, 145, 146,
Rhaskuporis 26 Salzburg 132, 133, 138, 188, 192,197, 198, 202,
Rhein 28, 44, 45, 55, 59, 139, 141. 149, 150. 267, 344- 375. 399f-*
73, 102, 312, 380, 381. 151, 156 Schweden 311, 312, 331
— s. a. Oberrhein Samo 100, 134 Schweiz 253
Rheinbund 333 Samuel, bulg. Zar 125 Schwendi, Lazarus 268
Rhodier 20 Sankt s. St. Scotisten 297
Rhodos 102, 266 San Stefano 394 Scupi 50, 51
Rhoimetalkes 27 Sarajewo, Attentat 398 Scythia Minor 26, 28
Rialto 177, 178, 179 Sarazenen s. Araber Sebastiani, General 348
Rieger, Fr. L. v. 385 Sardeates 36 Seevenetien 176 f.
Rigas Pheräos 366 f. Sardes 216 Seldschuken 67, 167, 213,
Ripa Thraciae 26, 28 Sardinien 84, 390, 392 261
Rizon 19 Sarmaten 26, 28, 89 Selim I. 266
Rodung 99* Sarmatia 61 Selim III. 348 355, 362
Römerherrschaft 18—54 Sarmizegetusa 28, 29 Semendria (Smederevo)
Rößler, E. Fr. 386 Sasa 197 268, 356
Roger de Flor 216 Sathmar 300, 318, 323, Septimius Severus 38, 44,
Romanos I. Lekapenos 325. 327 45
X19 Savaria 48 Serapeion 81
Romanos I V . 167 Sawe 41, 47 Serben, Serbien 88, 171,
Rosciano 207 Scandza 69 173, 196, 2x7—219*,
Rotenturmpaß 16 Scaptoparae 46 265, 278—280*, 342f.,
Roth, S. L. 389 Scarbantia 48 354—359*, 376. 385.
Roxolanen 28, 29, 60, 67 Scardona 36 389, 3 9 3 3 9 7 f -
Rozgony (Rozhanovce) Schabatz 356, 357 Serdika (Sofia) 35, 38, 41,
231 Schäßburg 194 42, 72, 96, 122, 186
Ruas 71 Schafi'iten 262 Sereth 88
Rubeniden 185 Scharosch 193 Severer 41, 52
Rudolf II. Kaiser 293 Scheich-ül-Islam 271, 348 Severin (Szorény) 221
Rumänen (Walachen) Schemnitz 193, 194, 201, Severus, Alexander 52
97 f., 202—210*, 249, 302 Sewastopol 392
254L, 256, 265, 306f., Schifferinseln 363, 369 Shkumbi 16
321,352—354*, 372f.*, Schildgebirge 324 Siebenbürgen 28f.*, 63,
389. 393 Schipkapaß 393 193 f., 197, 208 bis
Rumelien 347 Schisma 172?. 210*, 2 5 4 ! * , 281, 299,
Rumelioten 370 Schlehdorf 132 302, 328, 373, 389
NAMEN- U N D SACHVERZEICHNIS 525

Sigismund, König 229, Sophie (Chotek) 398 Sudetendeutsche 242,


245, 246 Sophienkirche (Hagia 328, 388
Silva Bulgarorum 171 Sophia) 84, 86, 219, Sudetenländer 100, 129,
223 132, 141, 188, 190,
Silingen 99
Sopron s. Odenburg 192, 193. 328
Silistria 34, 392 Sorben 147, 250 Sudetenslawen 150
Sillein 194 Sozopol 16 Südslawen s. Bulgaren,
Silvanus, Silvanae 51 Spahi 336, 359 Kroaten, Serben, Slo-
Silvester, Papst 156 Spanien 59, 84, 283, 285, wenen
Silvesterpatent (1851) 286, 309, 310, 323, Süleiman II. d. Gr. 266f.*
397 334. 34°. 362, 381 268, 269, 334, 335,
Singidunum 34, 42, 72 Sparta 32f.*, 40, 62, 95, 345
Sinjskopolje 23 114 Supplex libellus 353
Sinope 392 Spetsä 114, 363, 368 Svatopluk 141
Sinotium 23 Sphakioten 272 Swischtov 34, 72
Sirmium 35, 72, 92, 139 Spitignev 235 Symeon d. Gr. 117, 122,
Sissek (Siscia) 47 Spittal 133 124^*, 219
Sithia 184 Sprachinseln 199—201 Syrien 82, 102, 103, 117,
Sizilien 89, 109, 110, 207, Srebrenica 197 180, 184, 262, 266
.213, 215 Stadt 30, 34 f., 39, 42, 47L, Szechenyi, Stephan 384
Sizilische Vesper 215 92f., 190—192*, 207, Szekler 352
Skanderbeg 265 272 t. Szörenv s. Severin
Skandinavien 56 f., 62 St. Andrä 135
Skiren 57, 74 St. Gotthard 313
Sklawinen 91—93 St. Maximilian 133 T
Skoplje 16, 50, 51, 217 St. Peter im Holz 133
Skordisker 25 St. Wolfgang 132 Taboriten 246
Skorta 112 Stadion, Franz 389 Tacitus 55, 56, 57, 62
Skupschtina 357 Starhemberg, Rüdiger Taginae (Schlacht) 89
Skutari 339, 340, 346 313 Tankositsch 398
Skythen 30, 64, 67, 70, Staufer 170, 173, 214 Tansimat 348
88, 89 Staurakios 114 Taormina n o
Slava 161 Steiermark 196, 257, 325, Tarent 170, 172
Slawen 88—101 379 Targovischte 208, 255
,, Slawenapostel" 116, Steinamanger 48, 136, Targul-Neamt 197
124*, 139, 151 f.*, 154 194 Tarsus 345
Slawonien 47, 219, 221, Steinzeit 56 Tassilo III. 133, 135
258, 306. 319, 385 Stephan I L , Papst 110 Tataren 67, 189, 190, 194,
Slovenci, Slovinci 308 Stephan II. d. Gr. (Mol- 208, 219, 261, 275,
Slowakei (Oberungarn), dau) 197 278. — s. a. Krim-
Slowaken 61,161, 162, Stephan IV. Duschan tataren
188, 193*, 194, 209, 206, 217 Tatra 193
249, 3 Q I . 3°2, 323, Stephan d. Hl. 129, 155
389, 303 bis 158*, 228, 230 Taurischer Chersonnes 30
Slowenen 99*, 133—135*, Stephanskrone 219, 230, Taus 246
146, 148, 161, 162, 33°. 382 Taygetos 112, 114, 368
257*. 305. 379 Steyr 133 Tegea 62
Smederevo s. Semendria Strabo 23 Tegernsee 132
Smyrna 216, 345, 365 Strategopulos, Alexios Telegdi, Miklós 300
S6 (Tuzla) 221 214 Telerig 122
Sobeslav I. 235 Strategos 104, 112 Temesvàr 329
Sobeslav II. 236 Stratioten 104t.
Sobieski, Joh. 314 Templer 261
strava 89, 90
Societas Jesu 287 Suarez 297 Terraferma 183
Sofia 15, 35, 122, 171, subreguli 137 Terzieri 185
272 t.* Suceava 188, 208 Teuta 19, 22
Sofronie v. Cioara 353 Sudeten 60, 61, 95, 188, Theben 167, 181
Solinvictus 80 190 Theiß 29, 60, 319
526 NAMEN- U N D SACHVERZEICHNIS

T h e m a , T h e m a t a , The- Tripolis (Tripolitsa im P e - U l m e r Schachteln 322


menverfassung 96, loponnes) 368, 370, U l p i a 38
1 0 4 ! * , 112, 166 371 U l p i a n a 50
Theoderich d. Gr. 176 Troesmis 34 U n g a r n (Madjaren) 142 f.,
Theodoros v . E p i r u s 2 1 1 T r o j a n = T r a j a n 31 !52, 1 5 4 — J 5 9 * . 193
Theodoras I. L a s k a r i s 213 Trojanischer K r i e g 31 bis 196, 208—210,
Theodoros I I . L a s k a r i s T r o p a e u m T r a j a n i 30, 42 2 1 9 — 2 2 1 * , 229—234,
213 T r o p p a u 381 252—256, 278—282,
Theodosios I. 35, 81 T r u b a r , P r i m u s 257 298—304, 3 1 3 — 3 3 3 * .
Theodosios I I . 52, 71, 78 Tsakonen 114 381 f., 384L, 388 bis
Theophanes, Chronist 106 T s c h a k a w i s c h 257, 306 391*, 395
Theophilus, rum. Bischof T s c h a m e r i j a 206 U n g n a d , H a n s 258
306 T s c h a n a d 149 U n g v ä r (Uzhorod) 307
T h e r m o p y l e n 72, 366 T s c h a p a n (Tschapar) Oglu Unitarier 253, 254, 300
Thessalien 20, 40, 207, 345 Unteritalien 19, 109, 167,
362, 366 T s c h a r s c h i j a 272 214
Thessalonike s. Saloniki Tschechen 99 f., 136 f., U r a c h 257, 258
T h o m a s Paläologos 224 150*, 161, 162, 190, Urbulgaren 67, i o i , 121
T h o m i s m u s 297 i 9 2 f . , 234—239*, 240 bis 123*, 261
Thrazien, Thrazier 15, 25 bis 249*, 251 f., 288 Ussitin 139
bis 30*, 37, 42f., 46, bis 298*, 3 i o f . , 323, Utraquisten 244—247*,
62, 89, 91, 92, 203, 328, 330, 379, 385, 285, 288, 289, 291 bis
217- 376. 377. 393 bis 388*, s . a . B ö h m e n 295*
Thüringen 100, 136, 140, Tscherkessen 278 U z e n 167
196 Tscherna R u k a 398
Tiberius, röm. Kaiser 24, Tschiftlik 277, 280 Uzhorod s. U n g v a r
32, 41 T s c h i p r o v t z i 197
Tiberius, b y z . Kaiser 92 T ü b i n g e n 257, 258 V
Tigris 103 Türkei, T ü r k e n s. Osma-
Valachi 209
T i m a r - S y s t e m 267, 337 nen
Valens, K a i s e r 83
T i m u r 222 T u l c e a 26
vaskalapos 390
Tinos 185, 363 Tunis 266
V a s v ä r s. E i s e n b u r g
T i r n o w o 2 1 1 , 265 T u n k a r s e n 70
V e n e d i g 1 7 5 — 1 8 7 , 282L,
Tirol 135 T u r k o t a t a r e n 308 339—342
Tisza, Stephan 398 T u r k v ö l k e r 6 7 — 7 4 * , 88, vera 376
T ö k ö l y 317 90, 101, 207, 208 V e r b ö c z y , S t e p h a n 230,
T o l s t o j , L e o 247 T u t r a k a n 268 252
T o m i 26, 28, 37 T u z l a (So) 221 Verona, K o n g r e ß 38 t
T o p i r u s 38 T y r a s 30, 62 , , V e r t ü r k u n g " s. Islami-
Torcello 177 Tyrnau (Nagyszombat) sierung
T o s k e n (Südalbaner) 362 300, 307 Verwaltung 35—38
Trajan, Kaiser 28—31*, T y r t a i o s 367 Vespasian 32
34, 38, 42, 60, 353, 354 T y r u s 184, 185 V e s z p r i m 324
T r a j a n , B e i n a m e des De- Tzimiskes s. Johannes I. V i b i u s 24
cius 53 vici 44
Trajanopolis 38 V i l a g o s 389
T r a j a n s w a l l 89 U V i m i n a c i u m 34
Transdanubien (West- V i n d o b o n a (Wien) 34, 42
ungarn) 196, 281 Uiguren 90 V i n k o v c i 47
Transleithanien 395 U k r a i n e 60, 62, 64, 73, 74, V i t e r b o 214
T r a p e z u n t 2 1 1 * , 224, 265, 88, 121, 209, 261, 263, V ö l k e r m a r k t 133
266, 346 362. — s. a. K a r p a t e n - V ö l k e r w a n d e r u n g , ger-
tribuni maritimorum 176 Ukrainer (Ruthenen) 88, man. 5 5 — 7 4
Trienter K o n z i l 253, 286L 210, 250, 306, 307, V o j n i c k a granica s. Mili-
Triest 365 316, 321, 323 tärgrenze
Triphylien 113 Uldin 71 Volkskirche 351
Tripolis (Afrika) 266 U l e m a 336 Volkstumsinseln 199 b i s
Tripolis (Syrien) 184 U l m 322, 380 201
NAMEN- UND SACHVERZEICHNIS 527

Vorderösterreich (Breis- W e n z e l , hl. 1 5 0 f . Y


gau) 380 Wenzel, König 241—244
V o r r ö m i s c h e Z e i t 40,41,50 W e n z e l v . L u d a n i t z 290 yeni ceri 268
Vrhovni knez 359 W e n z e l s k r o n e 330
Wesselönyi, Franz 317
W e s s o b r u n n 132 Z
W W e s t f ä l i s c h e r F r i e d e 288,
312 Zadunajski Slovenci 308
W e s t g e r m a n e n 56, 58 Z a g r e b s. A g r a m
W a l a c h e i 1 3 — 1 7 29, 188,
W e s t g o t e n 74, 83 Z a l a 138
193. 194. J 9 6 , 197.
208, 209, 2 2 1 , 265, W e s t k i r c h e s. L a t e i n i s c h e Z a l a v a r (Moosburg) 133,
267, 280, 316, 327, Kirche 139
372, 393 W i c l i f , J o h n 243 Z ä p o l y a , J o h . 232f., 281
W a l a c h e n s. R u m ä n e n „ W i c l i f i t e n " 244 Z a r - T i t e l 123
Wallenstein, Albrecht v. W i d i n ( B o d o n y ) 221, 265, Zeloten 217
242, 294, 3 1 1 f . * 268, 355 Z e n i c a 17
W a n d a l e n 57, 5 8 f . , 84 W i e n 1 7 1 , 296, 310, 3 1 3 f . , Zenta (Schlacht) 316
W a n d e r h i r t e n 9 7 f . , 203 Ziamet 267
322, 329
bis 210, 280 Z i g e u n e r 272
W i e n e r K o n g r e ß 381
W a n - S e e 167 Zilizien 185
W i e n e r w a l d 1 3 1 , 134, 142
W a r ä g e r 96 Z i p s 193, 201, 301
W i e s e l b u r g 329
Warasdin 319 W i k i n g e r z e i t 56 Zipser S a c h s e n 231
W a r d a r 15, 1 6 Z i r c 325
W i n d i s c h g r ä t z , F ü r s t 389
W a r n a 16, 223, 268 W i l h e l m I I . 397 Z i s k a (Zizka) 245, 246
W a r t h e 90 Wirtschaft 38—46 Zisleithanien 391
W e i c h s e l 6 1 , 62, 88, 90 W i t i l o n (Oitylos) 1 1 4 Z i t t a u 294
W e i ß e n b u r g s. A l b a Julia, W i t t e n b e r g 2 5 1 , 257, 294 Z i z k a s. Z i s k a
Belgrad, Cetatea Alba W l a c h e n 9 7 f . , 203, 207 Zrinyi 317
Weißer B e r g (Schlacht) W l a d i s l a w I I . 229, 247 Z s i t v a t o r o k 310, 334
290, 2 9 3 f . * , 3 i o f . W o g a s t i s b u r g 100 Z u g l i o 134
W e i ß r u s s e n 88, 250 Wolkenstein, Oswald v, Z u p a n j a c 23
Welbuschd (Küstendil) 195 Zwentibald (Svatopluk)
216 W o s t i t s a 114, 368 1 4 1 , 142
W e l e s t i n l i s s. R i g a s W u l f i l a 64 Z y p e r n 184, 185
W e n d e n 91, 147, 250 W u r m l o c h , A d a l b e r t 259

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