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Die Kardiologie

vormals Der Kardiologe

Konsensuspapiere
Kardiologie
https://doi.org/10.1007/s12181-023-00653-w
Angenommen: 15. November 2023
Versorgung von Patienten mit
© Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- kardialer Amyloidose
und Kreislaufforschung e.V. Published by Springer
Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature Konsensuspapier der Deutschen Gesellschaft für
- all rights reserved 2023
Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V. (DGK),
AG 40 Onkologische Kardiologie, und der Deutschen
Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie
e. V. (DGHO), der Deutschen Gesellschaft für Neurologie e. V.
(DGN) und der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie e. V.
(DGfN)
Roman Pfister1 · Tim Hagenacker2 · Uwe Heemann3 · Ute Hegenbart4 ·
Bettina Heidecker5 · Sebastian Kruck6 · Fabian Knebel7,8,9 · Lorenz Lehmann10,11,12 ·
Caroline Morbach13 · Christoph Rischpler14 · P. Christian Schulze15 · Ali Yilmaz16 ·
Christian Perings17,18
1
Herzzentrum, Klinik III für Innere Medizin, Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, Universität zu Köln,
Köln, Deutschland; 2 Klinik für Neurologie und Center for Translational Neuro- and Behavioral Science,
Universitätsmedizin Essen, Essen, Deutschland; 3 Abteilung für Nephrologie, Klinikum rechts der Isar der
Technischen Universität München, München, Deutschland; 4 Medizinische Klinik V, Amyloidose-Zentrum,
Universitätsklinikum, Heidelberg, Deutschland; 5 Deutsches Herzzentrum der Charité,
Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland; 6 Cardio Centrum Ludwigsburg Bietigheim, Bietigheim-
Bissingen, Deutschland; 7 Sana Klinikum Berlin Lichtenberg, Berlin, Deutschland; 8 Deutsches
Herzzentrum der Charité Berlin (DHZC), Berlin, Deutschland; 9 ACCB (Amyloidosezentrum Charité Berlin),
Berlin, Deutschland; 10 Innere Medizin III, Abteilung für Kardiologie, Angiologie, Pneumologie,
Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland; 11 Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-
Forschung (DZHK), Standort Heidelberg/Mannheim, Heidelberg, Deutschland; 12 Deutsches
Krebsforschungszentrum (DKFZ), Heidelberg, Deutschland; 13 Deutsches Zentrum für Herzinsuffizienz –
Department für Klinische Forschung und Epidemiologie & Medizinische Klinik I, Universitätsklinikum
Würzburg, Würzburg, Deutschland; 14 Klinik für Nuklearmedizin, Klinikum Stuttgart, Stuttgart,
Deutschland; 15 Klinik für Innere Medizin I, Universitätsklinikum Jena, Jena, Deutschland; 16 Klinik für
Kardiologie I Sektion für Herzbildgebung, Universitätsklinikum Münster, Münster, Deutschland; 17 Klinik
für Kardiologie, Elektrophysiologe, Pneumologie & Intensivmedizin, KLW Paulus GmbH, Klinikum Lünen,
Lünen, Deutschland; 18 Kommission für Klinische Kardiovaskuläre Medizin, Deutsche Gesellschaft für
Kardiologie, Düsseldorf, Deutschland

Hintergrund chen Anstieg von Prävalenz und Inzidenz


kardialer Amyloidosen [1, 2]. Gleichzeitig
Der Verlag veröffentlicht die Beiträge in der von Amyloidosen sind eine Gruppe heteroge- findet sich eine konstante Rate an Neuer-
den Autorinnen und Autoren gewählten Gen-
derform. Bei der Verwendung des generischen
ner, erworbener oder genetisch bedingter krankungen bei der Leichtkettenamyloi-
Maskulinums als geschlechtsneutrale Form sind Erkrankungen, die sich durch eine lokale dose (AL) [3]. Auch Daten aus Deutsch-
alle Geschlechter impliziert. oder systemische Ablagerung von fibrillä- land beschreiben eine stetige Zunahme
ren Eiweißen (Amyloidfibrillen) auszeich- von Fällen mit Amyloidose und gleichzei-
nen und von sehr unterschiedlichen Aus- tiger Herzinsuffizienz [4]. Die temporale
gangsproteinen ableiten. In den letzten Veränderung der demografischen und kli-
Jahren war eine substanzielle qualitative nischen Charakteristika dieser Patienten
und quantitative Veränderung in der De- deutet an, dass die prozentuale Häufig-
tektion der Amyloidoseerkrankungen zu keit der AL abnimmt, während die Häu-
beobachten. Bevölkerungsbasierte, admi- figkeit der Wild-Typ-Transthyretin-Amyloi-
nistrative Gesundheitsdaten zeigen über dose (wt-ATTR) deutlich zunimmt. In eine
QR-Code scannen & Beitrag online lesen die letzten 20 Jahre einen kontinuierli- ähnliche Richtung weisen Beobachtungen

Die Kardiologie 1
Konsensuspapiere Zusammenfassung

Amyloidosen zählten historisch zu den seltenen Erkrankungen und wurden oft


in Referenzzentren für Amyloidoseerkran-
zentralisiert in wenigen spezialisierten Zentren versorgt. Resultierend aus den
kungen und aus einem großen deutschen
Fortschritten in der nichtinvasiven kardialen Diagnostik sowie gesteigerter Krank-
Amyloidoseregister, die einen steilen An-
heitswahrnehmung und vorangetrieben durch die erstmalige Verfügbarkeit von
stieg an Erstvorstellungen von wt-ATTR- kausalen Therapieoptionen, kam es in den letzten Jahren zu einer deutlich häufigeren
Fällen berichtet haben [5]. Ergänzend zei- Detektion der Amyloidose mit einem Anstieg der Inzidenz bei Transthyretin-Kardio-
gen aktuelle Screeningstudien konsistent myopathien. Angesichts der neuen, wenngleich kostenintensiven medikamentösen
5–16 % ATTR-Kardiomyopathien bei älte- Therapieformen macht diese Entwicklung eine Versorgungsausweitung notwendig.
ren Patienten mit Herzinsuffizienz und er- Dies muss unter Einbezug der kardiologischen Primärversorger und interdisziplinärer
haltener Ejektionsfraktion oder seniler Aor- Amyloidosenetzwerke mit Implementierung transsektoraler Netzwerkstrukturen
tenklappenstenose [6, 7], sodass in den ak- erfolgen, um die flächendeckende Versorgung dieser Patienten mit hohen Prozess- und
tuellen Inzidenzziffern das volle Ausmaß Qualitätsstandards sicherzustellen. Das hier vorgelegte Konsensuspapier beschreibt
unerkannter kardialer ATTR-Fälle vermut- die Voraussetzungen für den Aufbau dieser Versorgungsstrukturen mit dem Ziel,
lich noch nicht voll abgebildet ist. eine hochqualitative und zeitgerechte Behandlung von Patienten mit Amyloidose zu
Die Deutsche Gesellschaft für Kardio- ermöglichen.
logie – Herz- und Kreislaufforschung e. V.
Schlüsselwörter
(DGK) hat 2020 erstmalig ein Positionspa-
MRT · HFpEF · Kardiomyopathie · Netzwerk · Primärversorgung
pier zur kardialen Amyloidose veröffent-
licht [8]. Darin wurde der aktuelle Wissens-
stand zu Pathophysiologie, Klinik, Diagno-
se und Therapie zusammengefasst, um für die verfügbaren, kostenintensiven Be- lang nicht und ist auch nicht Anspruch
das Bewusstsein für die Erkrankung zu handlungsoptionen bei Amyloidose klare dieses Papiers. Im Sinne dieses Konsen-
stärken und Empfehlungen für die prakti- Selektionskriterien für Patienten mit ho- suspapiers beschreibt der Begriff „Amyloi-
sche Umsetzung der spezifischen Diagnos- hem Therapienutzen wie auch Kriterien dosenetzwerk“ eine interdisziplinäre Ver-
tik und Therapie zu liefern. Die im selben für das evtl. Beenden der Therapie. bundstruktur mit diagnostischer und the-
Zeitraum erfolgte Zulassung des ersten Ziel des hier vorgelegten Konsensuspa- rapeutischer Expertise auf dem Gebiet der
Prognose-verbessernden Medikaments für piers ist es, a) Anforderungen an Diagnose- Amyloidose. Das Netzwerk sollte über ei-
die Behandlung der ATTR-Kardiomyopa- stellung, Therapieinitiierung und Überwa- ne Infrastruktur für Diagnose und Therapie
thie in Deutschland steigerte sprunghaft chung zu beschreiben, b) damit die Vor- der Amyloidoseerkrankungen sowie deren
die Wahrnehmung der Erkrankung in der aussetzungen für standardisierte Versor- potenzielle Komorbiditäten verfügen, die
klinischen Routine (. Tab. 1), was qualita- gungsstrukturen für Patienten mit kardia- in der Versorgung komplementär zur kar-
tiv und quantitativ neue Anforderungen ler Amyloidose angepasst an die veränder- diologischen Primärversorgung steht und
an die existierenden Versorgungsstruktu- ten epidemiologischen Anforderungen zu Abläufe vom klinischen Verdachtsmoment
ren für Amyloidosepatienten bedeutet. schaffen und c) eine qualitativ hochwerti- bis zur Therapieeinleitung beschleunigt
Bis vor Kurzem wurden Amyloidosen ge und zeitgerechte Behandlung der Pati- und vollständig abbildet. Die . Tab. 2 listet
in der Breitenversorgung meist zufällig enten zu ermöglichen. Die Inhalte richten die relevanten strukturellen Voraussetzun-
histopathologisch entdeckt und in weni- sich an Kardiologen aller Versorgungssek- gen eines Amyloidosenetzwerks auf.
gen spezialisierten Zentren behandelt. Im toren und Ärzte anderer Fachrichtungen, Transsektorale Netzwerkstrukturen ha-
Zuge der oben beschriebenen Entwick- die Patienten mit kardialer Amyloidose be- ben sich in den letzten Jahren auf Initiative
lung haben sich in den letzten Jahren handeln. der DGK im Bereich der Herzinsuffizienz
neben einigen universitär angesiedel- etabliert [9]. Die Autoren erachten es für
ten Amyloidosezentren auch regionale, Versorgungsstruktur sinnvoll, derartige Strukturen für die Ver-
oft wenig standardisierte Individualkon- sorgung von Patienten mit kardialer Amy-
zepte entwickelt, um den steigenden Getrieben durch die gestiegenen Patien- loidose, die sich klinisch überwiegend als
Versorgungsbedarf an wt-ATTR-Patienten tenzahlen im Bereich der wt-ATTR ist die Herzinsuffizienz manifestiert, auszubauen.
zu gewährleisten und einer regionalen Ausweitung der Versorgungskapazitäten Aufgrund der per Zertifizierung vorgege-
Unterversorgung entgegenzuwirken. In mit Integration der kardiologischen Pri- benen strukturellen Anforderungen an
der kardiologischen Breitenversorgung märversorger sowohl im ambulanten Be- überregionale „Heart Failure Unit“(HFU)-
besteht insgesamt noch wenig Erfah- reich als auch in Krankenhäusern ein vor- Zentren – insbesondere die Netzwerkbil-
rung und demzufolge Unsicherheit bei dringliches Ziel (. Abb. 1). Dies setzt eine dung mit Niedergelassenen und Kliniken,
der Diagnosestellung, Therapieeinleitung strukturierte, transsektorale Zusammenar- Kooperationen mit Amyloidose-relevan-
und Überwachung von Patienten mit beit zwischen Primärversorgern und inter- ten Fachdisziplinen wie Nephrologie,
kardialer Amyloidose. Zusätzlich besteht disziplinären Amyloidosenetzwerken mit Hämatologie und Neurologie und kardio-
die Herausforderung, die Diagnostik und standardisierter und klar definierter Auf- vaskulären Diagnostikeinrichtungen eines
Therapie zeitgerecht in einer interdiszipli- gabenverteilung und Patientenpfaden vo- Maximalversorgers – bietet sich die Ein-
nären Kooperation meist im ambulanten raus. Eine allgemein anerkannte Definition richtung eines Amyloidosenetzwerks dort
Setting zu koordinieren. Außerdem fehlen eines Amyloidosenetzwerks existiert bis- an [10]. Aktuell existieren allerdings noch

2 Die Kardiologie
Tab. 1 In Deutschland zugelassene Therapien für Amyloidose (Stand 9/2023)
Wirkstoff (Präparat) Indikation
®
Tafamidis-Meglumin (Vyndaqel ) 20 mg/Tag p.o. ATTR-Amyloidose mit Polyneuropathie Stadium I
®
Tafamidis (Vyndaqel ) 61 mg/Tag p.o. ATTR-Amyloidose mit Kardiomyopathie
®
Inotersen (Tegsedi ) 284 mg s.c./Woche Hereditäre ATTR-Amyloidose mit Polyneuropathie Stadium I und II
®
Patisiran (Onpattro ) 300 μg/kg i.v. alle 3 Wochen Hereditäre ATTR-Amyloidose mit Polyneuropathie Stadium I und II
®
Vutrisiran (Amvuttra ) 25 mg s.c. alle 3 Monate Hereditäre ATTR-Amyloidose mit Polyneuropathie Stadium I und II (und Progress zu III
unter laufender Therapie)
Daratumumab (Darzalex )® In Kombination mit Cyclophosphamid, Bortezomib und Dexamethason bei systemischer
AL-Amyloidose
AL Leichtkettenamyloidose, ATTR Transthyretin-Amyloidose

Tab. 2 Expertenkonsensus für die Anforderungen an ein Amyloidosenetzwerk


deutlich weniger Amyloidosenetzwerke
Zu beteiligende Hämatologie/Onkologie (Expertise in Plasmazell- und B-Zell-Erkrankungen,
Fachrichtungen ggf. Stammzelltransplantation) als überregionale HFU-Zentren.
Humangenetik Die Versorgung von Amyloidosepati-
enten in Netzwerken mit strukturierter
Kardiologie (Expertise in Bildgebung, Herzinsuffizienz, interventioneller
Kardiologie, Elektrophysiologie) Aufgabenteilung wird auch im aktuellen
Nephrologie Positionspapier der Europäischen Gesell-
Neurologie (Expertise in Erkrankungen des peripheren Nervensystems und
schaft für Kardiologie (ESC) empfohlen
genetisch basierten Therapieverfahren) [11]. Die Ausgestaltung des Netzwerkes
Nuklearmedizin muss sich in Analogie zu den Herzinsuf-
Pathologie (Expertise in Subtypisierung von Amyloidosen) fizienznetzwerken den regionalen Vor-
Techniken Bildgebung (Echokardiographie inklusive Deformationsbildgebung, Kardio-
aussetzungen anpassen [9]. Die regionale
MRT, Skelettszintigraphie) Verfügbarkeit und Expertise im Bereich
Gewebeprobeentnahmen (Myokardbiopsie, Bauchfettbiopsie, Knochen- der erweiterten Bildgebung (Nuklearme-
markpunktion, Magen-Darm-, Nieren-, Nervenbiopsie) dizin, Kardio-MRT) sollte dem ambulanten
Neuroelektrophysiologie Primärbehandler bekannt und mit dem
Therapien Leitlinienbasierte Systemtherapie (Onkopedia) kooperierenden Amyloidosenetzwerk ab-
Dialyse gestimmt sein, um Zeitverzögerungen
Organtransplantationen (Niere, Herz, Stammzellen), ggf. über strukturierte
in der Diagnostik zu vermeiden. Kom-
Kooperationen mit Transplantationszentren munikationswege für konsiliarische An-
Alle zugelassenen spezifischen Amyloidosetherapien (s. . Tab. 1) fragen, Befundübermittlung, Konzeptbe-
Struktur Regelmäßige interdisziplinäre Fallbesprechungen und deren Dokumentation sprechungen und Patientenvorstellungen
Standard Operating Procedures zu Diagnose- und Behandlungspfaden
müssen unter Berücksichtigung von tech-
nischen Voraussetzungen und der Größe
Teilnahme an Therapiestudien
des Einzugsgebietes eingerichtet werden,
Fortbildungsveranstaltungen
damit die Diagnostik zeitgerecht ablau-
Netzwerkbildung
fen und die bestmögliche Behandlung
für den einzelnen Patienten gefunden
wird. Eine wesentliche Limitation für das
Primärversorgung Diagnosk Amyloidosenetzwerk Durchführen virtueller Fallbesprechungen
(Tab. 3) (Tab. 2) oder telefonisch bzw. per E-Mail erstell-
ter Konsile stellen bislang noch fehlende
Kardiologische interdisziplinäre Verbundstruktur mit
Klinik Vergütungsstrukturen dar.
ausgewiesener diagnosscher und
Tab. 4 therapeuscher Experse auf dem
Gebiet der Amyloidose, inklusive Primärversorgung
hoch spezialisierter Diagnoskmodalitä-
Kardiologische
ten und Therapiekonzepte Diagnostik
Praxis
Therapie
Bei der Initiierung der Diagnostik kommt
dem Primärversorgenden eine Schlüssel-
Abb. 1 8 Interaktionen im Amyloidosenetzwerk rolle zu (. Tab. 3). Aktuell ist der Trigger
für eine weiterführende Diagnostik meist
eine auffällige Verdickung des Myokards.
Die Schwelle hierfür liegt oft hoch. Pati-

Die Kardiologie 3
Konsensuspapiere
Tab. 3 Aufgabenbereiche der kardiologischen Primärversorgung bei der Versorgung von Amy- zen innerhalb von Risikogruppen sollte
loidosepatienten (Expertenkonsensus) das Konzept des Screenings auf kardiale
Zielpopulation Myokarddicke ≥ 12 mm (ohne erklärende unzureichend kontrollierte Hyper- Amyloidose als wichtige Maßnahme für
für Screening tonie oder Hochleistungssport) das Identifizieren von frühen Stadien der
auf kardiale PLUS mindestens eines der folgenden Kriterien:
Amyloidose Erkrankung unterstützt werden. Bei der
Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion
Patientenselektion für das Screening soll-
Senile Aortenklappenstenose/Z. n. TAVI
te pragmatisch frühzeitig der potenzielle
Weitere suggestive Risikofaktoren für das Vorliegen einer kardialen ATTR („Red
Flags“) sind: Nutzen einer spezifischen Amyloidosethe-
Alter ≥ 65 Jahre rapie im Kontext der Gesamtmorbidität
Beidseitiges Karpaltunnelsyndrom (cave: bei OP an Histologie denken) des Patienten und des Stadiums der
Lumbosakrale Spinalkanalstenose Herzinsuffizienz berücksichtigt werden.
Spontane Bizepssehnenruptur
Neben den bekannten „Red Flags“ in EKG
Rasch progrediente, immobilisierende Polyneuropathie
und Echokardiographie kann bei grenz-
Basisdiagnostik Biomarker (BNP/NT-proBNP, hochsensitives Troponin)
wertigen Fällen mit geringer Myokard-
Immunfixation Serum/Urin und quantitativ freie Leichtketten Serum
verdickung (12–13 mm) die Bestimmung
Erweiterte Bildgebung: Skelettszintigraphie oder Kardio-MRT der Biomarker für die Entscheidung zum
Therapieweiter- Berücksichtigung von regionalen Ausnahmeregelungen der Budgetrelevanz Screening hilfreich sein. Bei Troponin T
verordnung
<14 ng/l und NT-proBNP <180 pg/ml [16]
Therapiemonito- Verträglichkeit der Therapie
kann eine kardiale Amyloidose mit hoher
ring Kriterien für Progress (6-monatlich: klinischer Gesamtzustand u. a. bei All- Wahrscheinlichkeit (99,5 % negativ prädik-
tagsaktivitäten, Anzahl Hospitalisierungen, 12-monatlich: EKG, Echokardio-
graphie) tiver Wert) ausgeschlossen werden, sodass
eine Befundkontrolle nach 6 Monaten als
Diagnostik und Behandlung von kardialen Amyloidosekomplikationen
(Herzinsuffizienz, Rhythmusstörungen) Primärkonzept vertretbar ist.
Genetik Bei erkranktem Indexpatienten als Basis für mögliches Familienscreening/ Die wesentlichen Zeitverzögerungen
humangenetische Beratung und Therapieentscheidung zwischen Verdachtsäußerung im Rahmen
Prädiktoren für genetische Ursache bei Älteren > 70 Jahre: weibliches Ge- einer kardiologischen Untersuchung und
schlecht, extrakardiale Manifestationen der definitiven Diagnose einer Amyloidose
Laborüberweisungsschein 10 (Budget neutral!) ergeben sich meist aus fehlender Diagnos-
Abkürzungen: wie in . Abb. 2 und . Tab. 1 tik auf eine monoklonale Gammopathie,
Unsicherheiten in Bezug auf die Metho-
denwahl der weiterführenden Bildgebung,
enten werden im Mittel 2,5 Jahre unter einer unkontrollierten arteriellen Hyper- fehlenden Kapazitäten/Kostenerstattung
der Diagnose „hypertrophe Kardiomyopa- tonie). des Kardio-MRTs im ambulanten Setting
thie“ geführt, bevor eine kardiale Amy- Die Wahrscheinlichkeit für das Vorlie- und unnötiger Durchführung von Biopsien
loidose diagnostiziert wird [12]. Viele Pa- gen einer kardialen Amyloidose hängt zusätzlich zur schon eindeutigen Bildge-
tienten werden deshalb erst im fortge- stark von den klinischen Begleitumstän- bung. Entscheidend für eine zeitgerechte
schrittenen Krankheitsstadium behandelt. den ab. Sie liegt bei Patienten mit zu- Diagnosestellung ist somit ein struktu-
Generell ist die kardiologische Basisdia- sätzlich vorliegender Herzinsuffizienz und rierter Algorithmus kombiniert mit einer
gnostik mit EKG und Echokardiographie erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF), seni- niederschwelligen Kommunikation mit
im frühen Krankheitsstadium wenig spe- ler Aortenklappenstenose/Zustand nach einem Amyloidosenetzwerk bei den un-
zifisch für eine Amyloidose [13]. Die Emp- TAVI oder bilateralem Karpaltunnelsyn- ten beschriebenen Befundkonstellationen
findlichkeit neuerer Parameter wie dem drom bei über 10 % [7]. Der stärkste, (. Abb. 2). Die Untersuchung auf eine mo-
regionalen Verteilungsmuster des longi- krankheitsunabhängige Prädiktor einer noklonale Gammopathie sollte direkt mit
tudinalen Strains („apical sparing“) ist in kardialen Amyloidose ist das Patien- der Verdachtsäußerung einer kardialen
frühen Krankheitsstadien ebenfalls einge- tenalter. In verschiedenen Empfehlungen Amyloidose beim primär behandelnden
schränkt [14]. Aktuelle Empfehlungen der wurde deswegen ein Altersgrenzwert zwi- Arzt erfolgen, weil der laborchemische
ESC betonen deshalb für Risikopopulatio- schen 60 und 65 Jahre für ein Screening Verdacht auf eine AL-Amyloidose (Nach-
nen den zeitnahen Beginn eines Amyloi- auf kardiale Amyloidose mit erweiterter weis einer monoklonalen Gammopathie
dosescreenings auch ohne Vorliegen ein- Bildgebung bei Patienten mit unerklär- entweder in der Immunfixation oder
deutig wegweisender Befunde in der kar- ter Myokarddicke ≥12 mm und HFpEF erhöhte freie Immunglobulin-Leichtket-
diologischen Basisdiagnostik [11]. Grund- oder Aortenstenose aufgeführt [8, 11]. tenspiegel im Serum mit abnormalem
sätzlich muss jede Verdickung des links- Studien zur Screeningeffektivität bei un- Kappa/lambda-Quotienten) das weitere
ventrikulären Myokards auf 12 mm oder terschiedlichen Risikopopulationen gibt diagnostische Vorgehen beeinflusst und
mehr als abklärungsbedürftig aufgefasst es nicht, bis auf einen Bericht, der sich eine umgehende hämatologische Vorstel-
werden, sofern sie nicht durch eine Druck- auf TAVI-Patienten bezieht [15]. Trotz der lung indiziert. Dies ist von herausragender
belastung erklärbar ist (z. B. im Rahmen nur indirekten Evidenz über Prävalen- Bedeutung, da bei AL-Amyloidose mit fort-

4 Die Kardiologie
Therapie
Primärversorgung Amyloidosenetzwerk
• Hochrisikopaent für Screening idenfiziert Die ambulante Langzeitbehandlung von
• Klinischer V.a. kardiale Amyloidose nach Echokardiographie Patienten mit kardialer ATTR-Amyloido-
• Posive Skeleszingraphie als Zufallsbefund
se erfolgt meist unter kardiologischer
ja Führung. Hier bestehen die Aufgaben
Mulorganbefall oder chronisch inflammatorische Erkrankung Zusätzlich Suche nach
sehr seltenen in der Verordnung der Medikation, dem
Amyloidosen Erkennen und Behandeln evtl. kardialer
Basiserhebung: Komplikationen der Amyloidose (Herzin-
Normal*:
Ausschluss Biomarker: Troponin T + NTproBNP suffizienz, Klappenvitien, Rhythmusstö-
kardiale + Immunfixaon Serum + Urin, quant. auffällig Hämatologie DD: AL? rungen) und der regelmäßigen Überprü-
Amyloidose Ggf. direkt Biopsie fung der Therapieindikation respektive
Leichtkeen im Serum
eines fortbestehenden Therapienutzens.
+ Erweiterte Bildgebung: inkonklusiv Ggf. weitere
Diagnosk (Biopsie) Bislang waren viele Niedergelassene v. a.
Skeleszingraphie oder Kardio-MTR
aufgrund der hohen Kosten zurückhaltend
bei der Verordnung der Medikation. Hierzu
Diagnose ATTR-Kardiomyopathie Therapieindikaon sei angemerkt, dass für ausgewählte Prä-
parate Ausnahmeregelungen bezüglich
der Budgetrelevanz bestehen. Da sowohl
Abb. 2 8 Transsektorale Diagnostik bei kardialer Amyloidose. *Grenzwerte: Troponin T <14 mg/l und Neuzulassungen für Amyloidosemedika-
NT-proBNP <180 ng/l. AL Leichtkettenamyloidose, ATTR Transthyretin-Amyloidose, DD Differenzial-
diagnose, MRT Magnetresonanztomographie, NTproBNP N-terminales pro-Brain Natriuretic Peptid mente als auch Medikamentenbudgetre-
gelungen dynamisch sind und sich für KV-
Regionen unterscheiden können, wird an
geschrittener Herzinsuffizienz die Lebens- es zu beachten, dass in vielen Fällen zwar dieser Stelle auf die aktuellen Regelungen
erwartung unbehandelt bei ca. 6 Monaten auch die sichere Diagnose einer kardia- in der zuständigen KV-Region verwiesen,
liegt, durch frühzeitigen Therapiebeginn len Amyloidose gestellt werden kann [19, die meist auch bei den entsprechenden
aber entscheidend verlängert werden 20], aber hierfür eine ausreichende MRT- Amyloidosenetzwerken erfragt werden
kann [17]. Expertise vorliegen muss und eine allei- können.
In Bezug auf die weiterführende Bild- nig MRT-basierte Diagnose bisher für die Bei der Bewertung von Verlaufsunter-
gebung wird in den aktuellen Leitlinien Einleitung einer spezifischen Therapie un- suchungen muss berücksichtigt werden,
das Kardio-MRT und die Skelettszintigra- zureichend ist. Die Verfügbarkeit im ambu- dass die aktuell verfügbare Behandlung
phie empfohlen [8, 11]. Für eine detail- lanten Bereich und die notwendige fach- der kardialen ATTR-Amyloidose mit Tafa-
lierte Beschreibung der beiden Methoden liche Expertise für das Kardio-MRT sollten midis meist nur zu einer Verlangsamung
und ihrer Limitationen verweisen wir auf regional mit dem kooperierenden Amyloi- der Progression oder Stabilisierung der Er-
das Positionspapier der DGK [8]. Für beide dosenetzwerk besprochen werden. krankung führt [22]. Es geht also bei der
Methoden gilt: Sie können nicht zwischen Bei Diagnose einer ATTR-Amyloido- Nachsorge und dem Erfassen eines The-
AL- und ATTR-Amyloidose unterscheiden. se sollte unter dem Gesichtspunkt eines rapieansprechens nicht um den Nachweis
Dies ist nur in Kombination mit laborche- Familienscreenings und der erweiterten einer Verbesserung von Symptomatik oder
mischen Untersuchungen (Ausschluss ei- Behandlungsoptionen bei Nachweis ei- kardialer Funktion, sondern um das Erken-
ner monoklonalen Gammopathie) mög- ner genetischen Form jedem Patienten nen eines Progresses der Erkrankung. Die
lich. Sie können inkonklusive Befunde er- eine genetische Untersuchung angebo- Zeitintervalle und Art des Therapiemoni-
geben (s. . Abb. 2, z. B. Perugini-I-Stadium ten werden. Auch bei über 70-Jährigen torings sind bisher nicht validiert und un-
in der Skelettszintigraphie), und sie kön- wurde in ausgewählten Patientengruppen terscheiden sich in verschiedenen Leitlini-
nen zu falsch negativen Befunden führen (Frauen, extrakardiale Organmanifestati- en [23]. Allein aufgrund der kleinen Pa-
(z. B. Skelettszintigraphie bei einigen here- on) in bis zu 13 % eine kausale Mutation ckungsgrößen von Tafamidis (nur als N1
ditären ATTR-Formen und Kardio-MRT bei im Transthyretin-Gen gefunden [21]. Die verfügbar) ist eine regelmäßige Vorstel-
sehr frühen Krankheitsstadien), was im Ein- Gendiagnostik kann bei Patienten mit lung des Patienten notwendig. Eine Er-
zelfall die Rücksprache mit einem Amyloi- manifester ATTR jeder Arzt ohne human- hebung des klinischen Gesamtzustandes
dosenetzwerk notwendig macht. Bei ein- genetische Zusatzqualifikationen und inklusive Funktionalität mit Aktivitäten des
deutiger kardialer Anreicherung (Perugini- ohne Belastung des Praxisbudgets (direk- täglichen Lebens und Häufigkeit von Hos-
Stadium II oder III) in der Skelettszintigra- te Abrechnung zwischen Laborinstitution pitalisierungen als Basis für das Fortführen
phie kann die Diagnose ATTR-Kardiomyo- und Kassenärztlicher Vereinigung [KV]) der Therapie sollte mindestens halbjähr-
pathie bei Ausschluss einer monoklonalen einleiten. lich erfolgen. Eine kardiologische Verlaufs-
Gammopathie komplett nichtinvasiv ge- kontrolle mit EKG, Langzeit-EKG und Echo-
stellt werden, was für die Mehrzahl der kardiographie zum Erkennen von Amyloi-
Fälle zutrifft [18]. Bei dem Kardio-MRT gilt

Die Kardiologie 5
Konsensuspapiere
Tab. 4 Kriterien für die Mitbehandlung in einem Amyloidosenetzwerk (Expertenkonsensus) Therapie mit Tafamidis bei ATTR-Nachweis
Diagnostik bei klinischem Verdacht auf kardiale Amyloidose und: nur bei Vorliegen einer Kardiomyopathie,
– negative/nicht eindeutige Befunde in Skelettszintigraphie und/oder kardialer MRT also einer Verdickung des interventrikulä-
– Nachweis einer monoklonalen Gammopathie ren Septums über 12 mm in Analogie zu
– positive Skelettszintigraphie als Zufallsbefund ohne kardialen Phänotyp
– mutmaßlicher extrakardialer Amyloidosebefall den Einschlusskriterien der Zulassungsstu-
– Hinweis auf sehr seltene Amyloidose (Dialyse oder chronisch inflammatorische Erkrankungen) die – wobei betont werden muss, dass die
Hereditäre ATTR oder Genanlageträger Kardiomyopathie auch „asymptomatisch“
Möglichkeit der Teilnahme an klinischen Studien vorliegen kann [22].
Therapie:
– Indikationsstellung bei Erstdiagnose (ggf. Erstverordnung, Evaluation von Studientherapien) Therapie
– Indikationsprüfung bei Progress unter Therapie
– Gesicherte kardiale Amyloidose mit Multiorganbefall Der Prozess der finalen Diagnose und In-
– Junge Patienten mit Potenzial für erweiterte Behandlungen (Organ- oder Stammzelltrans- dikationsstellung der Kausaltherapie soll-
plantation)
te aufgrund der Komplexität der Amyloi-
doseerkrankungen, der hohen Kosten der
dosekomplikationen sollte jährlich erfol- Diagnostik verfügbaren Therapeutika und der Dyna-
gen [8]. mik der Neuzulassungen und Verfügbar-
Patienten mit genetischer ATTR- (v- Die Notwendigkeit einer interdisziplinären keit präklinischer Präparate unter Studien-
ATTR-)Amyloidose und/oder im Vorder- Bewertung ergibt sich bei klinischen Hin- bedingungen interdisziplinär, idealerwei-
grund stehender neurologischer Beteili- weisen auf andere, seltene Amyloidosen se in einem Amyloidosenetzwerk erfolgen.
gung kann die Behandlung mit Gene- (u. a. chronisch entzündliche Erkrankun- Die Definition der Patienten mit ATTR-
Silencern angeboten werden. Diese Pa- genals möglicheUrsacheeiner Serumamy- Kardiomyopathie, die einen besonderen
tienten sollten kardiologisch begleitet loid A-abgeleiteten Amyloidose Typ AA, Nutzen einer krankheitsmodifizierenden
werden, um kardiale Manifestationen der Multiorganbefall als mögliche Ursache Therapie mit Tafamidis haben, ist auch
Amyloidose (s. oben) frühzeitig zu er- einer vom Apolipoprotein AI abgeleiteten nach erweiterten Post-hoc-Auswertungen
kennen und zu behandeln. Die kausale hereditären Amyloidose Typ AApoA-I), der ATTR-ACT-Studie bislang nicht ab-
Therapie der AL-Amyloidose erfolgt durch Nachweis einer monoklonalen Gammo- schließend geklärt [26]. Einigkeit besteht,
Hämatologen. Begleitend sollte aber auch pathie und nicht eindeutigen Befunden dass Patienten im frühen Stadium, also
hier ein kardiologisches Monitoring erfol- in der erweiterten Bildgebung (Perugini entsprechend NYHA I und II, und oh-
gen, um neben kardialen Komplikationen Stadium I in der Skelettszintigraphie oder ne relevante Komorbiditäten profitieren,
der Amyloidose mögliche kardiotoxische inkonklusiver MRT-Befund, . Tab. 4). während Patienten im sehr fortgeschrit-
Nebenwirkungen der Kausaltherapie zu Im Zuge des wachsenden Bewusstseins tenen NYHA-Stadium IV nicht profitieren
erkennen bzw. ein erfolgreiches oder um die Bedeutung der Amyloidose werden [27]. Der klinische Nutzen im NYHA-Stadi-
fehlendes Organansprechen am Herzen zunehmend Patienten mit kardialer Anrei- um III ist aufgrund der in der ATTR-ACT-
zu dokumentieren. Die Nachsorge dieser cherung in Skelettszintigraphiebefunden Studie beobachteten erhöhten kardio-
Patienten läuft oft ohnehin primär an als Nebenbefund bei rheumatologischer vaskulären Hospitalisierungsrate begrenzt
Amyloidosezentren. oder onkologischer Diagnostik oder aber und auch hinsichtlich der symptomati-
mit Amyloidnachweis aus operativ gewon- schen Stabilisierung geringer als in den
Kriterien für Mitbehandlung im nenen Biopsaten bei Patienten mit Kar- frühen NYHA-Stadien [22, 26]. Aufgrund
Amyloidosenetzwerk paltunneldekompression vorgestellt [24]. der oft unscharfen Abgrenzung der NYHA-
Auch diese Patienten sollten zunächst die Stadien II und III ist unter Berücksichtigung
Die in . Abb. 2 dargestellte strukturier- standardisierte Diagnostik in der Primär- der Konsequenz einer Therapieablehnung
te Basisdiagnostik bei Verdacht auf eine versorgung durchlaufen. Für diese Fälle eine differenzierte Bewertung notwendig.
kardiale Amyloidose ist, falls möglich, muss betont werden, dass erstens die di- Die Erstverschreibung des Präparates kann
ambulant in der Primärversorgung durch- agnostische Aussage der Skelettszintigra- im Amyloidosenetzwerk erfolgen, was die
zuführen. Die Mitbetreuung in einem Amy- phie bei Fehlen von Amyloidose-typischen Anforderung der Fachinformation nach
loidosenetzwerk sollte erfolgen, wenn die morphologischen und funktionellen Ver- einem „in der Behandlung von Patienten
Notwendigkeit von Fachdisziplin-über- änderungen am Herzen (Myokardverdi- mit Amyloidose oder Kardiomyopathie
greifenden Diagnostik- und Therapieent- ckung > 12 mm, diastolische Dysfunktion erfahrenen Arzt“ bedient und den Kol-
scheidungen besteht oder wenn hoch ≥ Grad 2 und/oder Apical Sparing des glo- legen der Primärversorgung Sicherheit
spezialisierte Diagnostikmodalitäten und balen longitudinalen Strains) nicht vali- bei der Weiterverordnung gibt. Die kli-
Therapiekonzepte erforderlich sind. diert sind und entweder eine ergänzende nische Frage eines Therapieabbruchs bei
Kardio-MRT-Diagnostik oder direkt eine bi- mutmaßlich fehlendem Nutzen kann sich
optische Sicherung für die Diagnose einer ergeben, wenn Patienten nach längerer
kardialen ATTR-Ablagerung zu fordern ist Therapie eine Verschlechterung der Herz-
[25]. Zweitens besteht die Indikation zur insuffizienz und/oder ihrer altersassoziier-

6 Die Kardiologie
Abstract

ten, nichtkardialen Morbidität erfahren. Care of patients with cardiac amyloidosis. Consensus paper of the
Wenngleich Kriterien zur Definition des German Cardiac Society (DGK), Working Group 40 Oncological
Progresses einer kardialen Amyloidose
Cardiology and the German Society for Hematology and Medical
vorgeschlagen wurden [28], sind diese
nicht für die Entscheidung zum Therapie-
Oncology (DGHO), the German Society for Neurology (DGN) and the
abbruch validiert. Angesichts fehlender German Society for Nephrology (DGfN)
eindeutiger Kriterien für einen Therapie- Historically amyloidosis was regarded as an orphan disease and was often treated
abbruch sollte insbesondere der klinische centralized in a few specialized centers. Resulting from advances in noninvasive
Gesamtzustand des Patienten Eingang cardiac diagnostics, increased disease awareness and first availability of causal
in die Entscheidungsfindung finden, die treatment, amyloidosis was detected more frequently in recent years and the
Argumente sollten interdisziplinär aus- incidence of transthyretin cardiomyopathy increased. In the context of new, albeit
getauscht und die Entscheidung zum cost-intensive drug treatment forms, the observed developments necessitate the
Therapieabbruch nachvollziehbar doku- expansion of amyloidosis care structures. In order to provide comprehensive care of
mentiert sein. Im Nachgang muss diese amyloidosis patients with high quality and standardized procedures, both primary
Empfehlung einfühlsam mit den Betroffe- care and interdisciplinary centers need to be embraced in transsectoral networks.
nen sowie den eingebundenen Versorgern This consensus paper describes the requirements for the implementation of such
kommuniziert werden. network structures with the aim to provide high-quality and timely care of patients
Therapien der AL und seltener Amy- with amyloidosis.
loidosen wie AA- und v-ATTR-Amyloido-
Keywords
sen werden meist an spezialisierten Zen- MRI · HFpEF · Cardiomyopathy · Network · Primary care
tren durchgeführt und nachgesorgt. Auf-
grund der hohen klinischen Relevanz der
kardialen Amyloidosebeteiligung für die
Therapierbarkeit und die Prognose sind ei- Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen 9. Luedike P, Papathanasiou M, Schmack B et al
keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. (2023) Structural components for the develop-
ne interdisziplinäre Primärbewertung und Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort ment of a heart failure network. Esc Heart Fail
Nachsorge dieser Patienten unter kardio- angegebenen ethischen Richtlinien. 10:1545–1554
logischer Beteiligung auch bei primär ex- 10. Pauschinger M, Störk S, Angermann CE et al
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Hinweis des Verlags. Der Verlag bleibt in Hinblick


auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeich-
nungen in veröffentlichten Karten und Instituts-
adressen neutral.

8 Die Kardiologie

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